Grundpfandrechte im Insolvenzverfahren [14th newly revised edition] 9783814557151

The 14th edition of this textbook once again offers the reader a systematic, up-to-date overview of how to deal with mor

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Grundpfandrechte im Insolvenzverfahren [14th newly revised edition]
 9783814557151

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Diederich Eckardt Grundpfandrechte im Insolvenzverfahren

RWS-Skript 35

Grundpfandrechte im Insolvenzverfahren 14., neu bearb. Auflage 2014

von Prof. Dr. Diederich Eckardt, Trier

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH ˜ Köln

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Vorwort Immobilien im Vermögen eines insolventen Schuldners sind so gut wie immer mit Grundpfandrechten belastet, zumeist sogar wertausschöpfend. Die durch die Verwaltung und Verwertung der Immobilie im Insolvenzverfahren ausgelösten Rechtsfragen sind daher zu einem Großteil solche, die in dem Gegeneinander der Rechtspositionen und Kompetenzen des grundpfandrechtlich gesicherten Gläubigers einerseits, der Insolvenzmasse bzw. des Insolvenzverwalters andererseits ihre Grundlage haben. Das vorliegende, von Walter Gerhardt im Jahr 1979 begründete und bis zur 11. Auflage 2005 fortgeführte Werk stellt diese Rechtsfragen unter seinem etablierten Titel „Grundpfandrechte im Insolvenzverfahren“ im Zusammenhang dar. Es wendet sich damit sowohl an den mit der Materie noch weniger vertrauten Leser, dem das nicht immer leicht verständliche Zusammenspiel der einschlägigen sachenrechtlichen, vollstreckungsrechtlichen und insolvenzrechtlichen Normen erläutert wird, als auch an den erfahrenen Praktiker, dem zugleich die überbordende Rechtsprechung und Literatur zu den angesprochenen Rechtsfragen erschlossen wird. Die nunmehr 14. Auflage bringt das Werk auf den Bearbeitungsstand von Ende Mai 2014.

Trier, im Juni 2014

Diederich Eckardt

V

Inhaltsverzeichnis Rn.

Seite

Vorwort............................................................................................................. V Literaturverzeichnis .................................................................................. XVII A. Die insolvenzrechtliche Rechtsstellung des Realkreditgebers im Überblick ............................................................................................. 1 I.

Grundpfandrechte als Kreditsicherheiten ................................... 1 1. Bedeutung des Realkredits ................................................... 1 2. Erscheinungsformen des Realkredits ................................... 4 a) Sicherungsgrundschuld ................................................. 4 b) Hypothek ..................................................................... 10

II. Der Realkreditgeber als Absonderungsberechtigter ................ 1. Privilegiertes Befriedigungsrecht ....................................... 2. Einbeziehung in das Insolvenzverfahren ........................... 3. Verwertung des belasteten Grundstücks ........................... 4. Ersatzabsonderungsrecht .................................................... 5. Verwertungszeitpunkt ........................................................ 6. Maßnahmen zur Erhaltung des Grundstückswerts in der Krise .......................................................................... III. Die Rechtsstellung des Realkreditgebers aus der Kreditbeziehung ............................................................. 1. Wirkung der Verfahrenseröffnung auf eine Kreditbeziehung .......................................................... 2. Eigenschaft als Insolvenzgläubiger und Ausfallhaftung ... 3. Stellung eines Eröffnungsantrags ....................................... 4. Verfahrensrechte des Realkreditgebers als Insolvenzgläubiger ......................................................... 5. Besonderheiten bei Mithaftung Dritter ............................. a) Teilbefriedigung bei persönlicher Mitverpflichtung .... b) Teilbefriedigung bei Sachmithaftung .......................... c) Teilbefriedigung bei lediglich partieller Mithaftung .... d) Besicherung von Gesellschafterdarlehen und Sicherheitenbestellung durch Gesellschafter .............

12 12 21 25 30 32

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20 20 20 21 22

60 ...... 23

B. Insolvenzfestigkeit des Grundpfandrechtserwerbs ............................ 25 I.

Grundpfandrechtserwerb nach Verfahrenseröffnung .............. 61 ...... 25 1. Einigung bzw. Eintragungsbewilligung nach Verfahrenseröffnung .................................................. 62 ...... 26 a) Grundsatz: Unwirksamkeit ........................................ 62 ...... 26 VII

Inhaltsverzeichnis Rn.

2.

3. 4.

5. 6.

b) Verkehrsschutz durch gutgläubigen Erwerb .............. aa) Anwendbarkeit .................................................... bb) Grundbuchsperre? .............................................. cc) Maßgeblicher Zeitpunkt ..................................... c) Schutz des Vormerkungsberechtigten ....................... d) Anfechtbarkeit ............................................................. Grundbucheintragung nach Verfahrenseröffnung ............ a) Grundsatz: Unwirksamkeit ........................................ b) Schutz der Erwerbsanwartschaft nach § 878 BGB .... aa) Voraussetzungen ................................................. bb) Anfechtbarkeit .................................................... c) Verkehrsschutz durch gutgläubigen Erwerb .............. d) Vormerkung ................................................................. Briefübergabe nach Verfahrenseröffnung .......................... Valutierung nach Verfahrenseröffnung ............................. a) Hypothek ..................................................................... b) Sicherungsgrundschuld ............................................... c) Verkehrsschutz bei der Valutierung ........................... Erweiterung des Sicherungszwecks und Sicherungspool .... Abtretung durch einen Dritten ..........................................

64 64 68 70 71 73 74 74 77 78 82 85 86 87 89 89 91 92 93 95

II. Anfechtbarer Grundpfandrechtserwerb vor Verfahrenseröffnung ............................................................ 97 1. Gläubigerbenachteiligende Rechtswirkung ..................... 100 a) Erfordernis unmittelbarer Benachteiligung ............. 100 b) Grundpfandrecht an wertausschöpfend belastetem Grundstück ............................................. 102 c) Grundpfandrecht gegen Darlehensauszahlung ........ 108 aa) Gläubigerbenachteiligung ................................. 108 bb) Bargeschäft ........................................................ 109 d) Werthaltigmachen ...................................................... 114 e) Sicherheitentausch ..................................................... 115 f) Unterdeckungnahme und Sicherungspool .............. 116 g) Bestellung einer Vormerkung ................................... 117 h) Verfügungen über Gegenstände des Haftungsverbands ............................................... 118 aa) Verfügungen zugunsten eines Grundpfandgläubigers ...................................... 118 bb) Verfügungen zugunsten eines Dritten ............ 119 i) Zahlung auf die grundpfandrechtlich gesicherte Forderung .................................................................. 120 2. Anfechtungsrechtlich maßgeblicher Zeitpunkt .............. 121 a) Grundsatz ................................................................... 121 b) Gesicherte Erwerbsanwartschaft durch Eintragungsantrag ...................................................... 122

VIII

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40 42 42 43 44 45 45 46

...... 46 ...... 46 ...... 46 ...... 46 ...... 47 ...... 47 ...... 47

Inhaltsverzeichnis Rn.

3.

4.

c) Vormerkung ............................................................... d) Valutierung ................................................................. aa) Hypothek .......................................................... bb) Sicherungsgrundschuld ..................................... e) Erwerb eines Rückübertragungsanspruchs .............. Anfechtungstatbestände ................................................... a) Allgemeine Deckungsanfechtung (§ 130 InsO) ...... b) Anfechtung inkongruenter Deckungen (§ 131 InsO) .............................................................. c) Anfechtung unmittelbar nachteiliger Rechtsgeschäfte (§ 132 Abs. 1 InsO) ...................... d) Anfechtung unentgeltlicher Leistungen (§ 134 InsO) .............................................................. aa) Besicherung eigener Verbindlichkeiten (Zwei-Personen-Verhältnis) ............................ bb) Besicherung fremder Verbindlichkeiten (Drei-Personen-Verhältnis) ............................. e) Vorsatzanfechtung (§ 133 InsO) .............................. Anfechtungsrechtsfolgen .................................................

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135 ...... 51 140 ...... 53 141 ...... 54 143 ...... 54 144 ...... 55 148 ...... 56 155 ...... 59

III. Rechtserwerb im Insolvenzeröffnungsverfahren .................... 158 ...... 60 IV. Besonderheiten des Rechtserwerbs bei Arrest- und Zwangshypotheken .................................................................. 1. Rechtserwerb nach Verfahrenseröffnung ........................ 2. Rechtserwerb in der Krise ................................................ a) Rückschlagsperre ...................................................... b) Insolvenzanfechtung ................................................. c) Sicherungsmaßnahmen im Eröffnungsverfahren ....

163 163 166 166 171 173

...... ...... ...... ...... ...... ......

62 62 63 63 65 66

V. Besonderheiten des Rechtserwerbs bei Eigentümergrundschulden ...................................................... 174 ...... 66 1. Eigentümergrundschuld als Massebestandteil ................. 174 ...... 66 2. Gesetzliche Löschungsvormerkung ................................. 177 ...... 67 VI. Die sicherungsweise Abtretung des Rückgewähranspruchs .... 179 ...... 69 C. Die Grundstücksverwertung durch freihändigen Verkauf ............................................................................. 73 I.

Wirtschaftlicher Hintergrund .................................................. 184 ...... 74

II. Verkauf vor dem Berichtstermin ............................................. 192 ...... 77 III. Abgesonderte Befriedigung ..................................................... 196 ...... 78 IV. Verwertungsvereinbarungen und Erlösaufteilung .................. 202 ...... 81 1. Fehlen gesetzlicher Kostenerstattungsansprüche ........... 202 ...... 81 2. Verwertungsvereinbarungen ............................................. 203 ...... 81

IX

Inhaltsverzeichnis Rn.

V. Steuerliche Fragen .................................................................... 206 1. Umsatzsteuer .................................................................... 206 a) Veräußerungserlös für das Grundstück ................... 206 b) Veräußerungserlös für mithaftende Mobilien .......... 210 c) Masseanteil am Verwertungserlös („Kostenbeitrag“) ...................................................... 213 2. Ertragsteuern (Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer) ..... 214

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84 84 84 86

...... 87 ...... 88

VI. Verkauf hoch belasteter Grundstücke ..................................... 215 ...... 89 1. „Lästigkeitsprämie“ ........................................................... 215 ...... 89 2. Freihändiger Verkauf an Grundpfandgläubiger .............. 219 ...... 90 D. Die Grundstücksverwertung durch Zwangsversteigerung ............................................................................. 93 I.

Zwangsversteigerung auf Antrag des Insolvenzverwalters .... 1. Allgemeines ....................................................................... 2. Beschlagnahme .................................................................. 3. Verfahrensbeteiligte .......................................................... 4. Ausgebot ............................................................................ a) Allgemeines ................................................................ b) Geringstes Gebot ....................................................... aa) Regelfall ............................................................. bb) Berechnung auf Verlangen eines Grundpfandgläubigers (§ 174 ZVG) ............... cc) Berechnung auf Verlangen des Verwalters (§ 174a ZVG) .................................................... (1) Vorhandensein beweglicher Gegenstände im Haftungsverband .................................. (2) Doppelausgebote und -gebote .................. (3) Ablösung des Anspruchs .......................... 5. Zuschlag und Erlöschen der Grundpfandrechte ............ 6. Verteilung des Erlöses ...................................................... 7. Kosten der Feststellung der mithaftenden Mobilien ...... a) Grundgedanken ......................................................... b) Verfahren .................................................................... 8. Umsatzsteuer .................................................................... a) Erlös für das Grundstück .......................................... b) Erlösanteil für mithaftende Mobilien ....................... c) Feststellungskostenpauschale ...................................

243 244 247 249 252 256 256 258 260 260 263 265

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100 100 101 102 103 104 104 105 106 106 107 107

II. Zwangsversteigerung auf Antrag eines Grundpfandgläubigers .............................................................. 1. Allgemeines ....................................................................... 2. Vollstreckungstitel ............................................................ 3. Beschlagnahmewirkung ....................................................

266 266 268 273

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108 108 109 111

X

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...... ...... ...... ...... ...... ...... ...... ......

93 93 95 96 97 97 98 98

236 ...... 98 240 ...... 99

Inhaltsverzeichnis Rn.

4.

Einstweilige Einstellung der Zwangsversteigerung auf Antrag des Insolvenzverwalters ................................. 276 a) Einstweilige Einstellung im Eröffnungsverfahren ..... 279 b) Einstweilige Einstellung im eröffneten Insolvenzverfahren .................................................... 286 aa) Einstellung vor dem Berichtstermin ................ 287 bb) Einstellung nach dem Berichtstermin .............. 288 c) Verfahren und Rechtsmittel ...................................... 294 d) Kompensation des Gläubigers .................................. 297 aa) Zinspflicht ......................................................... 298 (1) Grundsätzliches ......................................... 298 (2) Schuldrechtliche oder dingliche Zinsen? ... 302 (3) Zinspflicht bei nachrangigen Gläubigern .... 305 bb) Kompensation des Wertverlusts ...................... 309 cc) Verfahren ........................................................... 316 e) Aufhebung der einstweiligen Einstellung ................ 317

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115 115 116 118 118 119 119 120 121 122 124 124

III. Zwangsversteigerung auf Antrag eines persönlichen Gläubigers ........................................................... 319 .... 124 1. Rechtsstellung als Befriedigungsberechtigter .................. 320 .... 125 2. Wirksame Beschlagnahme früher als einen Monat vor dem Eröffnungsantrag ................................................ 321 .... 125 IV. Zwangsversteigerung auf Antrag eines Massegläubigers ........ 325 .... 126 V. Zwangsversteigerung aus einer Eigentümergrundschuld ....... 328 .... 127 VI. Beitrittsfragen ........................................................................... 1. Beitritt von weiteren Gläubigern zur Vollstreckungsversteigerung ............................................ 2. Beitritt des Insolvenzverwalters zur Vollstreckungsversteigerung ............................................ 3. Beitritt eines Gläubigers zur Insolvenzverwalterversteigerung ......................................

331 .... 128 331 .... 128 334 .... 128 336 .... 129

E.

Die Verwertung der Grundstückserträge .......................................... 131

I.

Zwangsverwaltung .................................................................... 1. Zwecke und Alternativen .................................................. a) Befriedigung aus den Erträgen des Grundstücks ..... b) Sicherung und Erhaltung der Immobilie .................. c) Konkurrierende Verwaltungsformen ....................... 2. Antragsberechtigte ............................................................ a) Zwangsverwaltung auf Antrag eines Grundpfandgläubigers ............................................... b) Zwangsverwaltung auf Antrag des Insolvenzverwalters .............................................

337 337 337 340 341 342

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132 132 132 134 134 135

342 .... 135 345 .... 136

XI

Inhaltsverzeichnis Rn.

3.

4.

5.

6.

7.

Zwangsverwaltung auf Antrag eines Massegläubigers ......................................................... d) Zwangsverwaltung auf Antrag eines persönlichen Gläubigers ............................................ Die Beschlagnahme ........................................................... a) Anordnung der Zwangsverwaltung .......................... b) Umfang der Beschlagnahmewirkung ........................ aa) Zubehör ............................................................. bb) Miet- und Pachtforderungen ............................ Bestellung des Zwangsverwalters ..................................... a) Verwaltung der Immobilie durch einen externen Verwalter .................................................... b) Mitarbeiter des Gläubigers als Zwangsverwalter (Institutsverwaltung) ................................................ c) Insolvenzverwalter als Zwangsverwalter .................. d) Eigenverwaltung durch den Schuldner ..................... Rechte und Pflichten des Zwangsverwalters im Insolvenzverfahren ...................................................... a) Einräumung des Besitzes ........................................... b) Wohnrecht des Schuldners ........................................ c) Miet- und Pachtverhältnisse ..................................... aa) Mieten ................................................................ bb) Mietkaution ....................................................... d) Prozessführung .......................................................... e) Fortführung des grundstücksbezogenen Gewerbebetriebs durch den Zwangsverwalter ......... aa) Betriebsfortführung außerhalb des Insolvenzverfahrens ................................... bb) Betriebsfortführung im Insolvenzverfahren ... cc) Stilllegungsbeschluss der Gläubigerversammlung ..................................... Einstellung der Zwangsverwaltung auf Antrag des Insolvenzverwalters .................................................... a) Grundsätzliches ......................................................... b) Einstellung im eröffneten Insolvenzverfahren ........ aa) Voraussetzungen ............................................... bb) Gläubigerschutz ................................................ cc) Verfahren ........................................................... c) Einstellung im Insolvenzeröffnungsverfahren ......... Feststellungskosten in der Zwangsverwaltung ................

Seite

c)

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II. Verwaltungsvereinbarungen zwischen Insolvenzverwalter und Absonderungsberechtigten („kalte“ Zwangsverwaltung) ........ 412 .... 159 1. Erscheinungsformen der „kalten“ Zwangsverwaltung .... 412 .... 159 2. Zulässigkeit und Wirkungen ............................................. 416 .... 160

XII

Inhaltsverzeichnis Rn.

3. 4. 5.

Seite

Vorteile .............................................................................. 418 .... 162 Aufteilung der Erträge ...................................................... 420 .... 164 Sonstiger Inhalt ................................................................. 423 .... 165

F.

Die isolierte Verwertung der mithaftenden Mobilien ..................... 167

I.

Mithaftende Mobilien ............................................................... 424 .... 167

II. Die Verwertung durch freihändige Veräußerung .................. 1. Voraussetzungen der Enthaftung von beweglichen Sachen ........................................................... a) Veräußerung und Entfernung ................................... b) Aufhebung der Zubehöreigenschaft ......................... c) Veräußerung mit Zustimmung des Grundpfandgläubigers ....................................... 2. Rechtsfolgen ...................................................................... a) Lastenfreier Erwerb ................................................... b) Rechte auf den Veräußerungserlös ........................... c) Schadensersatzansprüche .......................................... 3. Fremdzubehör ...................................................................

428 .... 170 428 .... 170 429 .... 170 431 .... 171 433 436 436 438 441 443

III. Erwerb zusätzlicher Sicherungsrechte durch den Grundpfandgläubiger ........................................................ 446 1. Rechtserwerb im eröffneten Insolvenzverfahren ............ 449 a) Nach Verfahrenseröffnung vollzogener Rechtserwerb durch Zwangsvollstreckung .............. 449 b) Vorausverfügungen über Mieten für nach Verfahrenseröffnung liegende Nutzungszeiträume ...... 453 2. Rechtserwerb in der Krise und im Eröffnungsverfahren .................................................... 456 a) Anfechtbarkeit ........................................................... 456 aa) Objektive Gläubigerbenachteiligung ............... 457 bb) Maßgeblicher Zeitpunkt bei Mieten ............... 459 b) Sicherungsmaßnahmen im Eröffnungsverfahren .... 461 3. Verwertung und Kostenbeiträge bei Doppelsicherung ..... 464

.... .... .... .... .... ....

172 173 173 173 174 175

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G. Grundpfandrechte im Insolvenzplanverfahren ................................ 187 I.

Zielsetzung und Einsatzbereich des Insolvenzplans .............. 469 .... 187

II. Möglicher Planinhalt ................................................................ 473 .... 189 1. Insolvenzplan ohne Eingriff in die Rechte der Grundpfandgläubiger ................................................. 473 .... 189 2. Insolvenzplan mit Eingriff in die Rechte der Grundpfandgläubiger ................................................ 476 .... 190 III. Abstimmung über den Insolvenzplan .................................... 479 .... 191 IV. Zustimmungsersetzung ............................................................ 483 .... 193 XIII

Inhaltsverzeichnis Rn.

Seite

V. Planrealisierung ......................................................................... 486 .... 194 VI. Besonderheiten bei Eigenverwaltung ...................................... 489 .... 195 H. Die Freigabe des belasteten Grundstücks .......................................... 197 I.

Allgemeines zur (echten) Freigabe .......................................... 1. Merkmale ........................................................................... 2. Zweck ................................................................................. 3. Zulässigkeit ....................................................................... 4. Rechtsfolge ........................................................................

II. Freigabe und Immobiliarvollstreckung durch Gläubiger ....... 1. Fortsetzung der Immobiliarvollstreckung ....................... 2. Konvaleszenz unwirksam erworbener Befriedigungsrechte .......................................................... 3. Ausfallhaftung ................................................................... 4. Zustellungen ......................................................................

492 492 494 498 501

.... .... .... .... ....

197 197 198 199 200

503 .... 201 503 .... 201 505 .... 202 506 .... 202 507 .... 202

III. Freigabe und Insolvenzverwalterversteigerung ...................... 508 .... 203 IV. Umsatzsteuer ............................................................................ 510 .... 203 I.

Besonderheiten ..................................................................................... 205

I.

Grundpfandrechte und Gesellschafterdarlehen ...................... 1. Besicherung eines Gesellschafterdarlehens durch die Gesellschaft in deren Insolvenz .................................. a) Anfechtung bei unverwerteter Sicherheit ................ b) Anfechtung nach Verwertung der Sicherheit ........... 2. Die Gesellschaftersicherheit für ein der insolventen Gesellschaft gewährtes Fremddarlehen ........................... a) Vorrangige Haftung der Gesellschaftersicherheit ...... b) Freiwerden der Gesellschaftersicherheit vor der Verfahrenseröffnung .......................................... c) Freiwerden der Gesellschaftersicherheit nach der Verfahrenseröffnung (Doppelbesicherung) ..... 3. Die Nutzungsüberlassung durch den Gesellschafter an die GmbH in der Insolvenz der Gesellschaft ............. a) Rechtslage vor dem MoMiG ..................................... aa) Diskriminierung der „kapitalersetzenden Nutzungsüberlassung“ ..................................... bb) Konflikt mit den Rechten der Grundpfandgläubiger ................................. (1) Zwangsverwaltung ..................................... (2) Zwangsversteigerung .................................

XIV

514 .... 205 516 .... 207 516 .... 207 518 .... 209 519 .... 209 520 .... 209 523 .... 210 524 .... 211 527 .... 213 528 .... 213 528 .... 213 529 .... 214 529 .... 214 532 .... 215

Inhaltsverzeichnis Rn.

b) Rechtslage nach dem MoMiG .................................. aa) Keine generelle Diskriminierung der gesellschaftsinternen Nutzungsüberlassung ... bb) Ergänzende Aussonderungssperre (§ 135 Abs. 3 InsO) .......................................... cc) Konflikt mit den Rechten der Grundpfandgläubiger ................................. (1) Zwangsverwaltung ..................................... (2) Zwangsversteigerung .................................

Seite

533 .... 216 533 .... 216 534 .... 216 539 .... 219 539 .... 219 543 .... 220

II. Grundstücksverwertung bei mehreren Mitberechtigten sowie Wohnungseigentum ....................................................... 546 .... 220 III. Grundpfandrechte im Verbraucherinsolvenzverfahren .......... 1. Befugnis zur Verwertung massezugehöriger Immobilien ........................................................................ a) Verwertung unbelasteter Grundstücke .................... b) Verwertung belasteter Grundstücke ........................ aa) Form der Verwertung ....................................... bb) Ausnahmen vom Verwertungsverbot .............. 2. Besonderheiten bei der Immobiliarvollstreckung ........... IV. Grundpfandrechte an inländischen Immobilien in ausländischen Insolvenzverfahren ....................................... 1. Anerkennung des ausländischen (Haupt-)Insolvenzverfahrens ........................................... 2. Deutsches Sekundärinsolvenzverfahren .......................... 3. Fehlendes deutsches Sekundärinsolvenzverfahren ......... a) EuInsVO .................................................................... b) Autonomes deutsches Insolvenzkollisionsrecht .....

551 .... 223 552 552 554 555 558 560

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224 224 224 224 226 226

564 .... 228 565 568 571 571 575

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228 229 230 230 231

V. Grundpfandrechte und Altlastenproblematik ........................ 578 .... 232 VI. Grundpfandrechte bei Insolvenz des Sicherungsnehmers ..... 1. Die Abwicklung der Kreditbeziehung ............................. 2. Zur Insolvenzfestigkeit des Anspruchs auf Rückgewähr der Grundschuld ................................... a) Aussonderungsrecht des Treugebers ........................ b) Vormerkungserfordernis? ......................................... c) Asset Backed Securities ............................................. d) Konsortialkredite ....................................................... e) Bauträgerfinanzierung ...............................................

582 .... 234 583 .... 235 584 584 586 590 591 593

.... .... .... .... .... ....

235 235 236 237 238 239

Stichwortverzeichnis ................................................................................... 241

XV

Literaturverzeichnis Unselbstständige Literatur und Schrifttum zu Einzelfragen wird vor den einzelnen Abschnitten nachgewiesen.

I. Kommentare 1. InsO Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier (Hrsg.) Fachanwaltskommentar Insolvenzrecht, 2. Aufl., 2014 Andres/Leithaus InsO, 3. Aufl., 2014 Berliner Kommentar Insolvenzrecht (hrsg. v. Blersch/Goetsch/Haas), Loseblatt, Stand 2014 Braun (Hrsg.) InsO, 5. Aufl., 2012 Frankfurter Kommentar InsO (hrsg. v. Wimmer), 7. Aufl., 2013 (zit.: FK-InsO/Bearbeiter) Graf-Schlicker (Hrsg.) InsO, 3. Aufl., 2012 Haarmeyer/Wutzke/Förster (Hrsg.) InsO, 2. Aufl., 2012 Hamburger Kommentar InsO (hrsg. v. A. Schmidt), 4. Aufl., 2012 (zit.: HambKomm/Bearbeiter) Heidelberger Kommentar InsO (hrsg. v. Kreft), 6. Aufl., 2011 (zit.: HK-InsO/Bearbeiter] Hess InsO, Großkommentar, 2. Aufl., 2013 Jaeger InsO (hrsg. v. Henckel/Gerhardt), 2004 ff. Kübler/Prütting/Bork (Hrsg.) InsO, Loseblatt, Stand 2014 Leonhardt/Smid/Zeuner (Hrsg.) InsO, 3. Aufl., 2010 Münchener Kommentar zur InsO (hrsg. v. Kirchhof), 3. Aufl., 2013/14 (zit.: MünchKomm/Bearbeiter, InsO) XVII

Literaturverzeichnis

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XX

A. Die insolvenzrechtliche Rechtsstellung des Realkreditgebers im Überblick Literatur (einschl. Überblicksdarstellungen): Adolphsen, Die Rechtsstellung dinglich gesicherter Gläubiger in der Insolvenzordnung, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 3. Aufl. 2009, Kap. 43; Bloß/Zugelder, Auswirkungen des insolvenzrechtlichen Nachrangs auf Sicherheiten, NZG 2011, 332; Büchler, Befriedigung von Immobiliargläubigern, ZInsO 2011, 718; ders., Eigentümergrundschuld in der Insolvenz, ZInsO 2011, 802; Eickmann und Frege Grundstücke in der Insolvenz – Chance oder Risiko?, in: Beiträge aus Wissenschaft und Praxis zu Problemen des Insolvenzrechts, 2002, S. 49 bzw. S. 67; Gerhardt, Die Sicherungsgrundschuld im Insolvenzverfahren, FS Huber, 2006, S. 1231; Görg, Zur Berechnung des Ausfalls nach den §§ 50 I und 52 InsO, KTS 2006, 151; Grub, Können bei der Berechnung der Ausfallforderung eines absonderungsberechtigten Gläubigers die nach Konkurseröffnung aufgelaufenen Zinsen berücksichtigt werden?, KTS 1982, 391; Gundlach/Frenzel/Schmidt, Die Fälligkeit von Absonderungsrechten mit Verfahrenseröffnung, DZWIR 2002, 357; Guski, Das rechtliche Interesse am Insolvenzantrag, WM 2011, 103; Heyn, Immobilien in der Insolvenz, InsbürO 2007, 226, 259; Hopfenbeck, Berücksichtigung nachinsolvenzlicher Zins- und Kostenforderungen für Absonderungsberechtigte, InsbürO 2010, 345; Jacobi, Das Grundpfandrecht der Bank bei fortdauernder Zahlung in der Insolvenz des Sicherungsgebers, ZVI 2008, 325; Keller, Grundstücksverwertung im Insolvenzverfahren, ZfIR 2002, 861; Knees, Die Bank als Grundpfandgläubiger in der Unternehmensinsolvenz, ZIP 2001, 1568; Lwowski, Verwertung unbeweglicher Gegenstände im Insolvenzverfahren – Ausgewählte Rechtsfragen zur Verwertung von Grundpfandrechten und Zubehör in der Insolvenz, WM 1999, 2336; Lwowski/Heyn, Die Rechtsstellung des absonderungsberechtigten Gläubigers nach der Insolvenzordnung, WM 1998, 473; Marotzke, Die dinglichen Sicherheiten im neuen Insolvenzrecht, ZZP 109 (1996), 429; Müller P, Der Rückgewähranspruch bei Grundschulden – Grundlagen und ausgewählte Probleme notarieller Vertragsgestaltung, RNotZ 2012, 199; Pape, Die Immobilie in der Krise, AnwBl 2008, 494; Schmidt K., Das (neue) Spannungsverhältnis zwischen Insolvenzverwalter und Grundpfandgläubiger, InVo 1999, 73; Schmidt/Büchler, Effiziente Ermittlung und Abwicklung von Aus- und Absonderungsrechten in der Insolvenz (Teile 5A, 5B, 6), InsbürO 2007, 168, 214, 293; Schwarz/Doms, Zur Behandlung der aus einem Kreditengagement herrührenden Ansprüche aus Darlehen, Grundschuld und abstrakten Schuldversprechen in der Insolvenz, ZInsO 2013, 1943; Smid, Grundpfandrechte im neuen Insolvenzverfahren, NotBZ 1998, 81; Stürner, Grundpfandrechte in der Insolvenz, FS Hagen, 1999, S. 209; Waldherr, Die Immobilie in der Insolvenz, ZfIR 2005, 833; Wenzel, Die Rechtsstellung des Grundpfandgläubigers im Insolvenzverfahren, NZI 1999, 101; von Wilmowsky, Darlehensnehmer in Insolvenz, WM 2008, 1189, 1237; Zimmermann, Rechtsposition, Handlungsalternativen und Kostenbeiträge der absonderungsberechtigten Bank im Rahmen der InsO, NZI 1998, 57.

I. Grundpfandrechte als Kreditsicherheiten 1. Bedeutung des Realkredits Kreditsicherungs- und Insolvenzrecht bilden in ihrem Zusammenwirken 1 zentrale Rahmenbedingungen einer modernen marktwirtschaftlichen Ordnung: Existenz und Werthaltigkeit von Kreditsicherheiten beeinflussen

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A. Die insolvenzrechtliche Rechtsstellung des Realkreditgebers im Überblick

in hohem Maße die Kreditvergabepraxis der Kreditinstitute.1) Für die Werthaltigkeit von Kreditsicherheiten wiederum ist nicht zuletzt der Regelungsrahmen maßgeblich, den eine Rechtsordnung für die wirksame Begründung, die „Insolvenzfestigkeit“ und die Modalitäten der Realisierung eines Kreditsicherungsrechts in der Insolvenz des Kreditnehmers zur Verfügung stellt. Eine Einführung in diesen rechtlichen Regelungsrahmen ist mit der vorliegenden Darstellung bezweckt. 2 In Gestalt der Kreditsicherung durch Grundpfandrechte (Realkredit i. w. S.2), auch: Boden-/Immobilien-/Hypothekarkredit) widmet sie sich einem Ausschnitt des Kreditsicherungsrechts, in dem diese Aspekte von herausragender ökonomischer Bedeutung sind:3) Insgesamt sind etwa die Hälfte der in Deutschland von Kreditinstituten4) an inländische Kreditnehmer gewährten Kredite grundpfandrechtlich gesichert; sie haben insgesamt ein Volumen von ca. 1,15 Billion EUR. Der Löwenanteil hieran wiederum (ca. 80 %) entfällt auf Kredite für Wohnungsbau und Erwerb von Wohnimmobilien, die so gut wie immer durch Grundpfandrechte besichert sind. Aber auch etwa 20 % der Kredite an Unternehmen und Selbstständige sind grundpfandrechtlich gesichert. Unterschiede ergeben sich hier vor allem aus der Größe des Unternehmens: Von den mittelständischen Unternehmen haben nahezu 2/3 für langfristige Bau- und Investitionskredite Sicherheiten in Form von Grundpfandrechten bestellt. In unterdurchschnittlichem Umfang wird der Realkredit lediglich von Dienstleistungsunternehmen bzw. sehr jungen oder kleinen Unternehmen genutzt.5) Dem langfristigen Realkredit kommt deshalb ökonomisch die Funktion zu, die nach wie vor vergleichsweise geringe Eigenkapitalausstattung der Unternehmen zu kompensieren. 3 Die große wirtschaftliche Relevanz des Realkredits fußt vor allem auf der spezifischen Werthaltigkeit und Wertbeständigkeit von Immobilienvermögen. Auch rechtlich ist er besonders ausgestattet, indem die Rechtsordnung einerseits durch die Bestimmungen des bürgerlichen Rechts, des Vollstreckungsrechts und insbesondere die Einrichtung des Grundbuchs und durch Grundbuchrecht den Bestand und die Durchsetzbarkeit der Grundstücksrechte in besonderem Maße sicherstellt und andererseits durch das ___________ 1)

2)

3) 4)

5)

2

Vgl. grundlegend Jackson/Kronman, 88 Yale L.J. (1979), 1143 ff.; aus der deutschen Diskussion zuletzt Brinkmann, Kreditsicherheiten an beweglichen Sachen und Forderungen, 2011, S. 50 ff., 66 ff., 225 ff. m. w. N. Der Begriff „Realkredit“ soll hier nicht im engeren bankaufsichtsrechtlichen Sinn (§ 21 Abs. 3 Nr. 1 KWG i. V. m. §§ 14, 16, 18 PfandBG), wo er vor allem an die Einhaltung der Beleihungsgrenze (60 % des Beleihungswerts) geknüpft ist, verwendet werden, sondern i. S. eines grundpfandrechtlich gesicherten Darlehens (vgl. § 503 Abs. 1 BGB). Zu den im Folgenden genannten Zahlen vgl. Statistisches Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland 2011, Tab. 17.4.1 u. Tab. 17.5, S. 445. Als Kreditgeber teilen sich beim Realkredit die derzeit noch 18 deutschen Hypothekenbanken und die privaten Kreditinstitute in die eine Hälfte des Marktes; die andere Hälfte entfällt auf Sparkassen, Kreditgenossenschaften und Landesbanken. KfW, Unternehmensbefragung 2007, S. 26 ff.

I. Grundpfandrechte als Kreditsicherheiten

PfandBG die Sicherheit von Pfandbriefen gewährleistet, durch deren Ausgabe die Finanzmittel für hypothekarisch gesicherte Darlehen aufgebracht werden. Entsprechend wichtig ist es, dass die Sicherungsfunktion der Grundpfandrechte dann auch in derjenigen Situation zum Tragen kommt, für die sie primär bestimmt sind – in Krise und Insolvenz. 2. Erscheinungsformen des Realkredits a) Sicherungsgrundschuld Bei den Grundpfandrechten, von deren Schicksal im Insolvenzverfahren über 4 das Vermögen des Grundstückseigentümers in diesem Buch die Rede sein soll, handelt es sich in der Praxis zumeist nicht um Hypotheken (§§ 1113 ff. BGB, s. Rn. 10), sondern um Sicherungsgrundschulden, also um Grundschulden, die „zur Sicherung eines Anspruchs verschafft worden“ sind (vgl. § 1192 Abs. 1a BGB, § 18 Abs. 2 PfandBG). Grundschulden, die zu anderen als Sicherungszwecken eingesetzt werden, sind in der Praxis selten; auf sie soll hier ebenso wenig näher eingegangen werden wie auf ihre Unterart, die in der Regel auf wiederkehrende Leistungen gerichteten Rentenschulden (§ 1199 Abs. 1 BGB). Die Sicherungsgrundschuld dient also zur Sicherung einer oder mehrerer 5 Forderungen des Grundschuldgläubigers, sei es gegen den Eigentümer des Grundstücks, das mit der Grundschuld belastet worden ist, sei es gegen eine dritte Person. Ebenso wie die Sicherungsübertragung von Mobilien (Sicherungsübereignung und -zession) stellt die Sicherungsgrundschuld jedoch – für Grundpfandrechte weltweit nahezu ein Unikum des deutschen Rechts6) – ein nicht-akzessorisches Sicherungsrecht dar. Dies bedeutet, dass die Grundschuld als dingliche Grundstücksbelastung „eine Forderung nicht voraussetzt“ (vgl. § 1192 Abs. 1 BGB), d. h. in Entstehung und Fortbestand nicht davon abhängig ist, ob die gesicherte Forderung entstanden ist (durch Auszahlung des Darlehenskapitals = Valutierung), ob sie noch besteht oder durch die Rückführung des Kredits ganz oder teilweise erloschen ist oder ob sie dem Inhaber des dinglichen Rechts zustand und immer noch zusteht. Der Umstand, dass die Sicherungsgrundschuld ihrem Zweck nach aber sehr 6 wohl nur „zur Sicherung eines Anspruchs verschafft worden“ ist (Rn. 4), ___________ 6)

Rechtsvergleichend zu Grundpfandrechten s. Fervers, Hypothèque rechargeable und Grundschuld, 2013 (Frankreich); Städtler, Grundpfandrechte in der Insolvenz, 1998 (Frankreich); Jungmann, Grundpfandgläubiger und Unternehmensinsolvenz, 2004 (England); Rink, Die Sicherheit von Grundpfandrechten in Deutschland und England, 2006 (England); Steven, Immobiliarsicherheiten im englischen und deutschen Recht, 2002 (England); Kircher, Grundpfandrechte in Europa, 2004 (England und Frankreich); umfassender Überblick zu Europa bei Scherber, Europäische Grundpfandrechte in der nationalen und internationalen Insolvenz im Rechtsvergleich, 2004; Stöcker/Stürner, Flexibilität, Sicherheit und Effizienz der Grundpfandrechte in Europa, 2012. Zu USA s. Böning, Grundpfandrechte in Deutschland und den USA, 2011; Stürner/Kern, FS Schlechtriem, 2003, S. 923 ff.

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A. Die insolvenzrechtliche Rechtsstellung des Realkreditgebers im Überblick

kommt stattdessen in einer besonderen Zweckvereinbarung zum Ausdruck, dem sog. Sicherungsvertrag (Sicherungsabrede). Der Sicherungsvertrag bildet den schuldrechtlichen Rechtsgrund für die Verschaffung des dinglichen Rechts; er liegt – mindestens durch stillschweigende Vereinbarung – jeder Sicherheitengewährung zugrunde. Seine wichtigste Funktion ist die Herstellung der dem Zweck der Sicherungsgrundschuld entsprechenden Verknüpfung von dinglichem Recht und gesicherter Forderung („Akzessorietätsersatz“): Er regelt, zur Sicherung welcher Forderung(en) die Grundschuld einschließlich ihrer dinglichen Zinsen7) dienen soll (Sicherungszweckerklärung), dass und unter welchen Voraussetzungen der Sicherungsnehmer zur Verwertung der Grundschuld berechtigt sein soll (Sicherungsfall) sowie schließlich, unter welchen Voraussetzungen und auf welche Weise der Sicherungsnehmer bei Erledigung des Sicherungszwecks zur Aufgabe des dinglichen Rechts verpflichtet sein soll (Freigabe- oder Rückgewährpflicht). Aufgrund dieser durch den Sicherungsvertrag begründeten Bindungen der Rechtsmacht des Sicherungsnehmers gehört die Sicherungsgrundschuld zu den fiduziarischen Rechten (Sicherungstreuhand). 7 Aus dem Sicherungsvertrag ergibt sich folglich insbesondere, dass der Sicherungsnehmer eine nicht oder nicht mehr valutierende Sicherungsgrundschuld nicht verwerten darf und das dingliche Recht dem Schuldner/Sicherungsgeber zurückgewähren bzw. „freigeben“ muss, falls und soweit sich der vereinbarte Sicherungszweck endgültig erledigt hat (d. h. wenn die gesicherten Forderungen ganz oder teilweise getilgt worden sind und eine Revalutierung nach der Sicherungszweckabrede nicht möglich ist).8) Diese an sich nur die ursprünglichen Parteien des Sicherungsvertrags bindende Beschränkung muss auch von einem Zessionar (Erwerber von Forderung und Grundschuld) durch Eintritt in den Sicherungsvertrag übernommen werden.9) 8 Die Erfüllung dieses (durch die Erledigung des Sicherungszwecks aufschiebend bedingten) Rückgewähranspruchs kann durch (ggf. anteilige) Abtretung ___________ 7)

8)

9)

4

Der ebenfalls abstrakte dingliche Anspruch auf die Zinsen (§ 1192 Abs. 2 BGB) sichert nach der Zweckerklärung typischerweise alle Haupt- und Nebenforderungen, d. h. auch den Anspruch auf das Kapital, vgl. nur BGH, Urt. v. 9.11.1995 – IX ZR 179/94, NJW 1996, 253, 256; BGH, Urt. v. 7.7.2005 – IX ZB 266/04, BGHZ 163, 344 = ZIP 2005, 1648 sub III.4.c. m. w. N. Siehe zuletzt BGH, Urt. v. 10.11.2011 – IX ZR 142/10, BGHZ 191, 277 = ZIP 2011, 2364 [Rn. 13 ff.]; BGH, Urt. v. 19.4.2013 – V ZR 47/12, BGHZ 197, 155 = ZIP 2013, 1113 [Rn. 7, 11 f., 16] m. w. N.; vgl. zum Ganzen ferner Clemente, Sicherungsgrundschuld, Rn. 287 ff., 344 ff., 514 ff., 543 ff., 611 ff.; Gaberdiel/Gladenbeck, Kreditsicherung durch Grundschulden, Rn. 723 ff.; Wenzel, Sicherungsgrundschuld, Rn. 4/2334 ff., 4/2408 ff.; Kesseler, NJW 2012, 577 ff.; Müller, RNotZ 2012, 199 ff.; Wilhelm, GS Wolf, S. 337 ff. Vgl. – mit unterschiedlichem rechtlichen Ansatz – BGH, Urt. v. 30.3.2010 – XI ZR 200/09, BGHZ 185, 133 = ZIP 2010, 1072 [Rn. 24, 34 ff.]; BGH, Urt. v. 3.12.2010 – V ZR 200/09, BKR 2011, 291 [Rn. 22]; BGH, Urt. v. 11.5.2012 – V ZR 237/11, ZIP 2012, 1549 [Rn. 5, 8 ff.]. einerseits und BGH, Beschl. v. 29.6.2011 – VII ZB 89/10, BGHZ 190, 172 = ZIP 2011, 1438 [Rn. 17 f.] andererseits.

I. Grundpfandrechte als Kreditsicherheiten

der Grundschuld an den Sicherungsgeber erfolgen, der hierdurch – falls er der Grundstückseigentümer ist – eine Eigentümergrundschuld erwirbt (s. Rn. 174 f.), aber auch durch Aufhebung (Löschung) der Grundschuld oder durch Verzicht auf die Grundschuld. Das Wahlrecht hinsichtlich der drei möglichen Rückgewährarten liegt an sich beim Gläubiger dieses Anspruchs, d. h. beim Sicherungsgeber;10) dies ist nach der (nicht überzeugenden) Auffassung des BGH auch dann, wenn die Sicherungsgrundschuld von einem Dritten zur Verfügung gestellt worden ist, aufgrund einer entsprechenden Auslegung der Sicherungsvereinbarung in aller Regel der Schuldner der zu sichernden Forderung.11) In der Praxis gehen die Kreditinstitute jedoch vielfach dazu über, den Rückgewähranspruch bereits im Sicherungsvertrag dahingehend zu beschränken, dass dem Sicherungsgeber kein Rückübertragungsanspruch, sondern lediglich ein Löschungs- bzw. Verzichtsanspruch zusteht;12) dies dürfte AGB-rechtlich allerdings unzulässig sein.13) Ist der Rückgewähranspruch hinsichtlich einer nicht mehr bzw. nicht mehr voll valutierenden Grundschuld zum Zeitpunkt des Erlöschens der Grundschuld in der Zwangsversteigerung noch nicht erfüllt, so setzt er sich am „Erlöspfandrecht“, das als dingliches Surrogat an die Stelle des Grundpfandrechts getreten ist (Rn. 15), fort.14) Als gem. der Zweckerklärung durch die Grundschuld gesicherte Forderung 9 kommt zum einen der einzelne Anspruch in Betracht, dessen Begründung den Anlass zu der Sicherungsbestellung gegeben hat (sog. „enge Zweckerklärung“), also etwa der darlehensvertragliche Anspruch auf Rückzahlung eines isolierten Darlehens zzgl. der Zinsen; dies ist AGB-rechtlich zwingend (§ 305c BGB), wenn die Grundschuld nicht durch den persönlichen Schuldner, sondern einen Dritten bestellt wird.15) Zum anderen bedient sich die Praxis im Fall der Identität von Sicherungsgeber und Kreditnehmern in der Regel, insbesondere bei der Besicherung von Krediten im Rahmen einer ___________ 10) BGH, Urt. v. 6.7.1989 – IX ZR 277/88, BGHZ 108, 237, 244 = NJW 1989, 2536. 11) (BGH, Urt. v. 20.11.2009 – V ZR 68/09, NJW 2010, 935 [Rn. 14] m. w. N. bestätigt in BGH, Urt. v. 19.4.2013 – V ZR 47/12, BGHZ 197, 155 = ZIP 2013, 1113 [Rn. 22]; zust. Müller, RNotZ 2012, 199, 203 f.; krit. z. B. Gaberdiel/Gladenbeck, Kreditsicherung durch Grundschulden, Rn. 645; Staudinger/Wolfsteiner, BGB, Vor §§ 1191 ff. Rn. 268; ders., NJW 2013, 2894; Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 1171 f., 1174f ff.; Volmer, MittBayNot 2011, 377, 378. 12) Vgl. Clemente, Sicherungsgrundschuld, Rn. 576 ff.; Gaberdiel/Gladenbeck, Kreditsicherung durch Grundschulden, Rn. 754 ff.; Wenzel, Sicherungsgrundschuld, Rn. 4/2418 ff., 4/2801 ff. 13) Zutr. Staudinger/Wolfsteiner, BGB, Vorb §§ 1191 ff. Rn. 145; Clemente, ZfIR 1997, 127, 131; Kesseler, NJW 2012, 577, 580; Müller, RNotZ 2012, 199, 203 m. w. N.; s. für den Fall des zwischenzeitlichen Eigentümerwechsels durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung auch BGH, Urt. v. 9.2.1989 – IX ZR 145/87, BGHZ 106, 375 = ZIP 1989, 700. 14) Siehe zuletzt BGH, Urt. v. 22.9.2011 – IX ZR 197/10, ZIP 2011, 2495 [Rn. 13] m. w. N. 15) Clemente, Sicherungsgrundschuld, Rn. 449 ff.; Gaberdiel/Gladenbeck, Kreditsicherung durch Grundschulden, Rn. 685 ff.; Wenzel, Sicherungsgrundschuld, Rn. 4/2310 ff.

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A. Die insolvenzrechtliche Rechtsstellung des Realkreditgebers im Überblick

bankmäßigen Geschäftsbeziehung, einer sog. „weiten Zweckerklärung“, die alle gegenwärtigen und künftigen Ansprüche des Kreditgebers gegen den Kreditnehmer erfasst.16) Parallel wird der Darlehensrückzahlungsanspruch nach verbreiteter Praxis durch ein abstraktes Schuldversprechen oder Schuldanerkenntnis gesichert, für das sich der Kreditnehmer zugleich in notarieller Urkunde der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwirft (§ 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO).17) b) Hypothek 10 Die bei der Sicherungsgrundschuld nur durch den Sicherungsvertrag hergestellte Verbindung zwischen der gesicherten Forderung und der dinglichen Kreditsicherheit ergibt sich bei der Hypothek schon aus deren gesetzlichem Inhalt (§ 1113 Abs. 1 BGB: „… zur Befriedigung wegen einer ihm zustehenden Forderung aus dem Grundstück“), auch wenn ihr ebenfalls ein Sicherungsvertrag zugrunde liegt. Demgemäß ist insbesondere die Valutierung hier unmittelbare Entstehungsvoraussetzung des dinglichen Rechts, d. h. es existiert die Hypothek als ein dem Gläubiger zustehendes dingliches Recht erst dann und nur insoweit, wie die gesicherte Forderung entstanden ist. In gleicher Weise bleibt die Hypothek nur solange und in dem Umfang als Fremdrecht in der Hand des Hypothekars bestehen, wie der gesicherte Anspruch noch besteht (anderenfalls steht sie insoweit als forderungslose Eigentümergrundschuld dem Sicherungsgeber zu, §§ 1163 Abs. 1 Satz 1, 1177 Abs. 1 BGB) und dem Hypothekar zusteht (anderenfalls geht die Hypothek auf den neuen Forderungsinhaber über, §§ 1153, 401, 412 BGB). 11 Die Hypothek ist also – ebenso wie die beiden anderen gesetzlichen Kreditsicherheiten Bürgschaft und Mobiliarpfandrecht, aber im Unterschied zu den in der Kautelarpraxis entwickelten Kreditsicherheiten Sicherungsgrundschuld, Sicherungsübereignung und Sicherungszession – in ihrem Bestand und in ihrer Zuordnung der Forderung grundsätzlich akzessorisch. In der gewerblichen Kreditvergabepraxis wird dies aus verschiedenen Gründen als nachteilig empfunden; die Hypothek ist deshalb heute so gut wie vollständig durch die nicht akzessorische Sicherungsgrundschuld (Rn. 5) verdrängt worden und hat nur noch bei nichtgewerblichen Kreditgebern, als Sicherungshypothek des Bauunternehmers (§ 648 BGB) sowie als Maßnahme der Immobiliarvollstreckung (Zwangs- bzw. Arresthypothek, §§ 867, 932 ZPO) eine gewisse Bedeutung.18) ___________ 16) Zur Zweckerklärung bei der Sicherungsgrundschuld s. zusammenfassend etwa Clemente, Sicherungsgrundschuld, Rn. 344 ff.; Gaberdiel/Gladenbeck, Kreditsicherung durch Grundschulden, Rn. 654 ff.; Wenzel, Sicherungsgrundschuld, Rn. 4/2296 ff. 17) Vgl. etwa Clemente, Sicherungsgrundschuld, Rn. 223 ff.; Wenzel, Sicherungsgrundschuld, Rn. 4/2134 ff.; ausführl., auch zum Verhältnis der verschiedenen Ansprüche zueinander, jetzt Schwarz/Doms, ZInsO 2013, 1943 ff. 18) Vgl. nur Clemente, Sicherungsgrundschuld, Rn. 41; Fleckner, ZIP 2004, 585, 588; Stöcker, Die Bank 2004, 55, 57.

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II. Der Realkreditgeber als Absonderungsberechtigter

II. Der Realkreditgeber als Absonderungsberechtigter 1. Privilegiertes Befriedigungsrecht Wie einleitend bereits angesprochen, muss sich die Sicherungsfunktion der 12 Grundpfandrechte naturgemäß in derjenigen Situation bewähren, in der es ihrer bedarf – der (Liquiditäts-)Krise bzw. Insolvenz des persönlichen Schuldners. Die Rechtsordnung muss deshalb sicherstellen, dass der gesicherte Gläubiger sich für den Ausfall, den er mit der persönlichen Forderung in der Insolvenz des Schuldners regelmäßig erleidet, an der Sicherheit schadlos halten kann. In seiner Eigenschaft als Inhaber eines dinglichen Sicherungsrechts ist der Gläubiger eines Grundpfandrechts deshalb im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Sicherungsgebers zur abgesonderten Befriedigung berechtigt (§ 49 InsO). Ob der insolvente Sicherungsgeber (= Grundstückseigentümer) mit dem Schuldner der gesicherten Forderung identisch ist, ist hierfür ohne Belang. Ist dies aber der Fall, so hat der Sicherungsnehmer im Insolvenzverfahren zugleich die Rechte eines Insolvenzgläubigers (Rn. 39 ff.). Inhalt des Absonderungsrechts ist ein Recht auf Vorzugsbefriedigung im 13 Insolvenzverfahren, d. h. ein Recht auf vorrangige Befriedigung aus dem Erlös, der bei der Verwertung bestimmter Gegenstände erzielt wird. Anders als bei den auf Aussonderung gerichteten Rechtspositionen geht es also bei den Absonderungsrechten nicht darum, einen haftungsrechtlich nicht der Insolvenzmasse zugeordneten Gegenstand oder den aus dessen Veräußerung entstehenden Gegenleistungsanspruch aus der Insolvenzmasse herauszuholen (§§ 47 f. InsO). Vielmehr gehören Gegenstände, an denen Absonderungsrechte bestehen, haftungsrechtlich an sich zur Insolvenzmasse, wenngleich überlagert von dem privilegierten Zugriffsrecht des Absonderungsberechtigten.19) Das „Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück“, das die Grundpfandrechte inhaltlich kennzeichnet (§§ 1147 BGB, 10 Abs. 1 Nr. 4 ZVG),20) gewährt also im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Grundstückseigentümers dieselbe Rechtsposition wie außerhalb des Insolvenzverfahrens (§ 49 InsO). Die grundpfandrechtliche Haftung und mit ihr die Immobiliarvollstreckung 14 erfasst Grundstücke und Miteigentumsanteile an Grundstücken, grundstücksgleiche Rechte wie Erbbaurechte, Wohnungseigentum und Bergwerkseigentum, vor allem aber – angesichts des weit ausgelegten Zubehörbegriffs mit großer wirtschaftlicher Bedeutung – das zum Haftungsverband gem. §§ 1120 ff. BGB gehörende bewegliche Vermögen (vgl. §§ 864 f. ZPO, 20 f., 148 ZVG), also die wesentlichen und unwesentlichen Bestandteile, die Er___________ 19) Vgl. nur BGH, Urt. v. 17.7.2008 – IX ZR 132/07, ZIP 2008, 1539 [Rn. 10]; BGH, Urt. v. 17.2.2011 – IX ZR 83/10, ZIP 2011, 579 [Rn. 12]; Jaeger/Henckel, InsO, § 38 Rn. 3, 19 f., § 47 Rn. 2 f., 5, 15 f., 22, Vor §§ 49 – 52 Rn. 7 ff. 20) Vgl. hierzu ausführl. Bartels, Zwangsversteigerung, S. 175 ff.

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zeugnisse und das schuldnereigene Zubehör sowie bei der Zwangsverwaltung auch die Miet- und Pachtforderungen (s. Rn. 337 ff., 424 ff.). 15 Nach erfolgter Verwertung im Wege der Zwangsversteigerung setzt sich das am Grundstück und den mithaftenden Mobilien bestehende Befriedigungsrecht des Gläubigers zunächst im Wege dinglicher Surrogation am Erlös fort („Erlöspfandrecht“)21) und bildet sodann den Rechtsgrund für die Teilhabe des Gläubigers an der Erlösverteilung. Ungedeckte Belastungen, die bei der Feststellung des geringsten Gebots nicht berücksichtigt werden, werden gelöscht (§§ 52 Abs. 1, 91 Abs. 1 ZVG). Bei der freihändigen Veräußerung bleiben dagegen alle im Grundbuch eingetragenen Rechte bestehen und belasten weiterhin das Grundstück. Praktisch kann der Insolvenzverwalter das Grundstück daher nur dann freihändig veräußern, wenn die absonderungsberechtigten Gläubiger bereit sind, in die Ablösung ihrer dinglichen Rechte am Grundstück einzuwilligen (Rn. 196 f.). 16 Ebenso wie bei den Mobiliarsicherheiten (§ 170 Abs. 1 Satz 2 InsO) besteht der Inhalt des insolvenzfesten Vorzugsrechts der Grundpfandgläubiger mithin letztlich darin, nach Abzug der Kosten vorrangig aus dem Erlös der Zwangsversteigerung bzw. Zwangsverwaltung befriedigt zu werden; dies ergibt sich, da sich die Zwangsversteigerung bzw. Zwangsverwaltung im Insolvenzverfahren nach den „gewöhnlichen“ Bestimmungen des ZVG richtet (§ 49 InsO), aus § 10 Abs. 1 ZVG, der Befriedigungsrecht und -reihenfolge gleichermaßen normiert. 17 Insoweit ist freilich ein bedeutsamer Unterschied zwischen den Rechten der Rangklassen 1 bis 4 und dem Recht aus Rangklasse 5 des § 10 Abs. 1 ZVG zu beachten: Bei den Rechten der Rangklassen 1 bis 4, darunter insbesondere die (dinglichen) Ansprüche aus Grundpfandrechten (§ 10 Abs. 1 Nr. 4 ZVG), gehört die Eigenschaft als insolvenzfestes Absonderungsrecht gewissermaßen zum Inhalt des jeweiligen Rechts; ist dieses Recht wirksam vor Verfahrenseröffnung erworben (Rn. 61 ff.) und wird es weder durch eine erfolgreiche Insolvenzanfechtung (Rn. 73, 82 f., 97 ff.) noch durch die Rückschlagsperre (nur Zwangs- und Arresthypotheken, s. Rn. 166 ff.) in seinem Bestand beeinträchtigt, so kann der Gläubiger die Zwangsverwertung des Grundstücks auch noch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens einleiten (Rn. 266 ff.). Er hat also eine gesicherte Rechtsposition inne, die es ihm ermöglicht, in der Krise seines Schuldners weitgehend gelassen abzuwarten.

___________ 21) Zur Surrogation im Zwangsversteigerungsverfahren s. ausführlich Bartels, Zwangsversteigerung, S. 401 ff. m. Nachw.; zur (fraglichen) Surrogation bei freihändiger Veräußerung s. Rn. 196 ff., 434. Bei einer dem Grundpfandgläubiger gegenüber unrechtmäßigen (aber dinglich wirksamen und lastenfreien) Verwertung, die insbesondere im Hinblick auf die mithaftenden beweglichen Sachen vorkommen kann, entsteht unter den Voraussetzungen des entsprechend anzuwendenden § 48 InsO ein Ersatzabsonderungsrecht, s. u. Rn. 30, 440.

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Ein persönlicher Gläubiger dagegen, der aus einem Titel in das Grundstück 18 vollstreckt, den er für einen rein schuldrechtlichen (Zahlungs-)Anspruch erwirkt hat, ist insoweit zunächst nicht Absonderungsberechtigter (sondern in der Regel Insolvenzgläubiger, je nach den Umständen ggf. aber auch Massegläubiger oder Neugläubiger des Insolvenzschuldners). Er erlangt die Rechtsstellung eines Absonderungsberechtigten vielmehr erst dadurch, dass er aufgrund seines persönlichen Titels die Beschlagnahme des Grundstücks erwirkt bzw. einem bereits anhängigen Verfahren beitritt (Rn. 320 f.). Hierdurch erwirbt er das Befriedigungsrecht des § 10 Abs. 1 Nr. 5 ZVG. Demgemäß kann ein solcher persönlicher Gläubiger die Immobiliarvollstreckung nicht nach der Verfahrenseröffnung noch beginnen; er muss vielmehr schon vor der Verfahrenseröffnung – im Hinblick auf Gefährdung des Rechtserwerbs durch Rückschlagsperre und Insolvenzanfechtung wegen inkongruenter Deckung möglichst sogar mindestens drei Monate vor dem Eröffnungsantrag – die Beschlagnahme des Grundstücks erwirkt haben. Das Recht auf abgesonderte Befriedigung erstreckt sich auf die Zins- und 19 Kostenansprüche des Gläubigers, und zwar nicht nur auf die rückständigen, vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelaufenen Ansprüche, sondern auch auf die nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bis zum Abschluss der Verwertung entstandenen Ansprüche.22) Unerheblich ist mithin – einem allgemeinen Grundsatz entsprechend23) –, dass diese Ansprüche ohne die dingliche Sicherung lediglich nachrangige Insolvenzforderungen wären, die in der Regel keine Aussicht auf Befriedigung haben (§ 39 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 InsO). Allerdings gilt dieses Privileg natürlich nur, soweit die dingliche Sicherheit reicht; die Ausfallforderung, d. h. der vom Verwertungserlös nicht abgedeckte ungesicherte Forderungsrest (Rn. 40), bleibt also nachrangig. Reicht der Erlös aus der Verwertung des Grundstücks nicht zur Deckung aller gesicherten Ansprüche aus, so wird nicht zuerst die Hauptforderung getilgt;24) vielmehr gilt für die Berechnung des Ausfalls in Ermangelung einer abweichenden Vereinbarung die Anrechnungsvorschrift des § 367 BGB, nach welcher eine zur Tilgung der ganzen Schuld nicht ausreichende Leistung zunächst auf die Kosten, dann auf die Zinsen und zuletzt

___________ 22) Vgl. BGH, Urt. v. 17.7.2008 – IX ZR 132/07, ZIP 2008, 1539 [Rn. 9]; BGH, Beschl. v. 16.10.2008 – IX ZR 46/08, ZIP 2008, 2276; BGH, Urt. v. 17.2.2011 – IX ZR 83/10, ZIP 2011, 579 [Rn. 12]; Dahl, NJW 2008, 3066 f.; Hopfenbeck, InsbürO 2010, 345 ff.; MünchKomm/Ganter, InsO, Vor §§ 49 – 52 Rn. 59. 23) Vgl. BGH, Urt. v. 17.7.2008 – IX ZR 132/07, ZIP 2008, 1539 [Rn. 15]; OLG Nürnberg, Beschl. v. 15.3.2013 – 2 Ws 561/12, NZI 2013, 552 [Rn. 100]; OLG Schleswig, Beschl. v. 13.1.2012 – 4 U 57/11, ZIP 2012, 885 [Rn. 45]; MünchKomm/Ganter, InsO, Vor §§ 49 – 52 Rn. 59, § 52 Rn. 43; Uhlenbruck/Brinkmann, InsO, § 52 Rn. 8; Jaeger/ Henckel, InsO, § 52 Rn. 5; Bloß/Zugelder, NZG 2011, 332, 333. 24) So aber MünchKomm/Ganter, InsO, Vor §§ 49 – 52 Rn. 59c, § 52 Rn. 28; Uhlenbruck/ Brinkmann, InsO, § 52 Rn. 8; Dahl, NJW 2008, 3066, 3067; Görg, KTS 2006, 151 ff.; Gottwald/Adolphsen, InsR-Hdb, § 42 Rn. 83.

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auf die Hauptforderung angerechnet wird.25) Soweit sich das Absonderungsrecht nach dem Vorgesagten auf nachrangige Ansprüche erstreckt, ist besonders darauf zu achten, dass diese Wirkung nicht „versehentlich“ – aufgrund der Automatik des § 225 Abs. 1 InsO – durch einen Insolvenzplan zum Erlöschen gebracht wird (Rn. 474). 20 Die Unerheblichkeit des Nachrangs der gesicherten Forderung für das Recht auf abgesonderte Befriedigung gilt nach bisher h. M. allerdings nicht bei Sicherheiten für Gesellschafterdarlehen i. S. v. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO; diese begründeten vielmehr von vornherein kein Absonderungsrecht. Die hierfür vorgetragenen Argumente überzeugen indessen durchweg nicht. Insbesondere steht der Geltendmachung der Sicherheit nicht schon deshalb eine Einrede aus dem Sicherungsvertrag entgegen, weil sich durch den insolvenzrechtlichen Nachrang der Sicherungszweck erledigt hat; im Gegenteil wird durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Sicherungszweck gerade aktuell. Allerdings unterliegt die Besicherung eines Gesellschafterdarlehens für einen Zeitraum von 10 Jahren vor dem Eröffnungsantrag der Anfechtung gem. § 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO (s. insgesamt Rn. 516 ff.). 2. Einbeziehung in das Insolvenzverfahren 21 Ungeachtet ihrer an sich „insolvenzfesten“ Rechtsstellung werden allerdings seit der Insolvenzrechtsreform alle Absonderungsberechtigten – die Inhaber von Mobiliarsicherheiten noch weit mehr als die Grundpfandgläubiger – in das Insolvenzverfahren einbezogen. Dies bedeutet einerseits, dass sie sich gewisse Einschränkungen ihrer Rechtsposition im Vergleich zur Rechtslage außerhalb des Insolvenzverfahrens gefallen lassen müssen. Zum Ausgleich erhalten die Absonderungsberechtigten wertvolle Verfahrensrechte wie etwa das Stimmrecht in der Gläubigerversammlung (Rn. 48).26) Sinn der Einbeziehung der Absonderungsberechtigten in das Verfahren ist die Abstimmung ihres Zugriffsrechts mit der Gesamtabwicklung, wodurch insbesondere einer vorzeitigen Zerschlagung des Unternehmensverbunds und damit einer Vereitelung aller Sanierungschancen vorgebeugt werden soll. 22 Für Grundpfandgläubiger bedeuten vor allem die erweiterten Möglichkeiten zur vorläufigen Einstellung der Immobiliarvollstreckung (§§ 30d, 153b ZVG, s. Rn. 286 ff., 389 ff.) eine beträchtliche Einschränkung ihrer Befugnisse. Ihnen liegt namentlich die Vorstellung zugrunde, dass das Gemeininteresse an einer Sanierung oder Gesamtveräußerung des Schuldnerunternehmens – das durch die Einzelvollstreckung in Betriebsgrundstücke unter Umständen empfindlich gestört werden kann – das Individualinteresse an der alsbaldigen Realisierung des Absonderungsrechts in der Regel überwiege, zumal unter ___________ 25) BGH, Urt. v. 17.2.2011 – IX ZR 83/10, ZIP 2011, 579 [Rn. 10 ff.]; OLG Frankfurt/M., Urt. v. 23.4.2010 – 25 U 58/08, ZIP 2010, 2256; Jaeger/Henckel, InsO, § 52 Rn. 23; Kübler/Prütting/Bork/Prütting, InsO, § 50 Rn. 18. 26) Vgl. Begr. zum RegE-InsO, BT-Dr. 12/2443, S. 79, 68.

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Berücksichtigung der gesetzlich vorgesehenen Ausgleichszahlungen. Auch in umgekehrter Hinsicht wird die Befugnis des Gläubigers, über das Ob und Wann der Grundstücksverwertung zu disponieren, durch die Befugnisse des Insolvenzverwalters zu freihändiger Veräußerung sowie zum Betreiben der Zwangsversteigerung eingeschränkt. Dies bedeutet einen – auch rechtsvergleichend durchaus hervorhebenswerten – „Kontrollverlust“ des gesicherten Gläubigers und mit dem Aufschub der Verwertung im Einzelfall auch wirtschaftliche Einbußen. Ihren Ausdruck findet diese Einbeziehung in das Insolvenzverfahren ferner 23 darin, dass durch einen Insolvenzplan in die Rechtsstellung der Absonderungsberechtigten eingegriffen werden kann (§ 223 Abs. 1 InsO, s. Rn. 469 ff.), und dass der Insolvenzmasse im Fall der Zwangsversteigerung ein den Grundpfandrechten gegenüber vorrangiger Anspruch auf Erstattung der Kosten der Feststellung der zum Haftungsverband gehörenden beweglichen Sachen eingeräumt wurde (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a ZVG, s. Rn. 256 ff.). Weitere Abzüge zugunsten der Insolvenzmasse muss sich der Grundpfandgläubiger nicht gefallen lassen, insbesondere nicht von Feststellungs- und Verwertungskosten hinsichtlich des auf das Grundstück entfallenden Versteigerungserlöses (von dem aber natürlich ggf. die Gerichtskosten der Versteigerung einbehalten werden, § 109 Abs. 1 ZVG). Ist die belastete Immobilie nicht schon während des Insolvenzverfahrens verwertet worden – insbesondere weil der Insolvenzverwalter sie im Hinblick auf wertausschöpfende Belastungen freigegeben hat (Rn. 492 ff.) –, so bleibt der Grundpfandgläubiger auch nach der Erteilung der Restschuldbefreiung berechtigt, aus seinem Grundpfandrecht vorzugehen und die Immobilie zu verwerten (§ 301 Abs. 2 InsO). Insgesamt sind die Konsequenzen der Einbeziehung in das Insolvenzver- 24 fahren damit aber deutlich weniger tiefgreifend als bei den Mobiliarsicherheiten (= §§ 166 – 171 InsO),27) da dem Gesetzgeber der Insolvenzordnung der langfristige Bodenkredit und die Sicherheit der Pfandbriefe keine weitreichenden Einschränkungen zu vertragen schienen. Zudem sei der Mangel an Publizität der Inanspruchnahme des Schuldnervermögens für Kreditsicherungszwecke, der bei den Mobiliarsicherheiten zum Tragen komme, bei den Grundbuchrechten nicht gegeben. Dies hatte auch schon die Insolvenzrechtsreformkommission so gesehen, deren Vorschläge hinsichtlich der Einbeziehung von Mobiliarsicherheiten über das, was später in der InsO gesetzt wurde, bekanntlich weit hinausgingen, die aber die Grundpfandrechte ebenfalls unangetastet lassen wollte.28) Bereits an dieser Stelle ist aber darauf hinzuweisen, dass der Preis für die gesamtwirtschaftlich motivierte Schonung der Grundpfandrechte wie generell der dinglichen Kreditsicherheiten in einer Gerichtspraxis besteht, die die Kreditsicherheiten unter dem Aspekt der Insolvenzanfechtung insgesamt recht streng behandelt (s. u. Rn. 97 ff.) ___________ 27) Zu diesen etwa Mitlehner, Mobiliarsicherheiten im Insolvenzverfahren, Rn. 594 ff., 850 ff. 28) Erster Bericht der Kommission für Insolvenzrecht, 1985, Vor zu LS 3.5 (S. 333).

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3. Verwertung des belasteten Grundstücks 25 Im Insolvenzverfahren ist für die Kreditsicherheiten an Mobilien (beweglichen Sachen, Forderungen und anderen Vermögensrechten) das exklusive Verwertungsrecht jeweils eines der Beteiligten kennzeichnend: In den praktisch weitaus meisten Fällen – bei beweglichen Sachen, die sich in seinem Besitz befinden, sowie bei zur Sicherheit abgetretenen Forderungen – hat der Insolvenzverwalter ein ausschließliches Verwertungsrecht (§ 166 Abs. 1, Abs. 2 InsO); in allen anderen Fällen besteht dagegen eine ebenso ausschließliche Verwertungsbefugnis des Sicherungsnehmers (§ 173 InsO).29) 26 Kennzeichnend für die insolvenzrechtliche Behandlung von Immobilien sind demgegenüber die konkurrierenden Verwertungsrechte von Grundpfandgläubigern und Insolvenzverwalter; sie bringen eine Vielzahl taktischer Optionen für alle Beteiligten mit sich. Ebenso wie außerhalb eines Insolvenzverfahrens kann zunächst die Verwertung im Wege der Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung auf Antrag eines Grundpfandgläubigers (§ 49 InsO) erfolgen. Da sich die Schuldner zumeist bereits bei der Kreditgewährung bzw. Sicherheitenbestellung einer sofortigen Zwangsvollstreckung im Falle des Eintritts des Sicherungsfalles unterwerfen, verfügen die Kreditgeber über einen schnellen Vollstreckungsweg. Aus diesem Grund ist häufig bereits im Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung ein Zwangsversteigerungs- oder Zwangsverwaltungsverfahren in Bezug auf den verwertbaren Immobilienbestand anhängig. 27 Das Verwertungsrecht der Gläubiger steht dabei gleichwertig neben dem des Insolvenzverwalters. Es wird allerdings dadurch beschränkt, dass der Insolvenzverwalter eine einstweilige Einstellung der Zwangsversteigerung (§ 30d ZVG) bzw. der Zwangsverwaltung (§ 153b ZVG) herbeiführen kann. Der Insolvenzverwalter kann den Gläubiger auch durch Zahlung ablösen; unabhängig von einer etwa vorher mit dem Schuldner getroffenen Anrechnungsvereinbarung erfolgt eine solche Zahlung der Verwalters in diesem Fall stets auf die Grundschuld und nicht auf die gesicherte Forderung, sodass ohne Weiteres eine Eigentümergrundschuld entsteht und in die Insolvenzmasse fällt (Rn. 174 f., 200). 28 Der Insolvenzverwalter hat ebenfalls das Recht und nach § 159 InsO die Pflicht, massezugehörige Immobilien zu verwerten; dies gilt, wie § 165 InsO klarstellt, auch dann, wenn absonderungsberechtigte Grundpfandgläubiger vorhanden sind. Neben der ihm gleichfalls eingeräumten Option, die Verwertung in den Formen der Immobiliarvollstreckung zu betreiben (also durch Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, s. §§ 172 ff. ZVG), steht dem Insolvenzverwalter der Weg über einen freihändigen Verkauf des Grundstücks offen; dies stellt – typischerweise aufgrund vertraglicher Absprachen mit den Absonderungsberechtigten – die in der Praxis am weitaus häufigsten ___________ 29) Zum Ganzen Mitlehner, Mobiliarsicherheiten im Insolvenzverfahren, Rn. 594 ff., 850 ff.

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gewählte Form der Immobilienverwertung im Insolvenzverfahren dar. Daneben besteht bei faktisch unverkäuflichen bzw. wertausschöpfend belasteten Grundstücken die Möglichkeit der Freigabe an den Insolvenzschuldner. Für die Eigenschaft als abgesonderte Befriedigung – mit der Folge, dass 29 sich die Befriedigungsrechte der Gläubiger nach der Verwertung zunächst im Wege dinglicher Surrogation am Erlös fortsetzen und die Erlösverteilung grundsätzlich den Befriedigungsregeln in der Zwangsversteigerung folgt (Rn. 15) – soll nach h. M. unerheblich sein, in welcher Form und durch wen die Verwertung vorgenommen wird. Auch die Verwertung im Wege der Immobiliarvollstreckung soll hierfür nicht erforderlich sein: Eine abgesonderte Befriedigung liege auch dann vor, wenn es stattdessen zu einem einverständlichen freihändigen Verkauf kommt (Rn. 196). Die damit häufig identifizierte dingliche Komponente in Gestalt einer Fortsetzung der dinglichen Befriedigungsrechte der Gläubiger am Verwertungserlös ist dagegen richtigerweise nicht anzuerkennen; nach der hier vertretenen Auffassung tritt vielmehr nur im Fall der Zwangsversteigerung eine echte dingliche Surrogation ein, während man bei freihändiger Verwertung durch den Verwalter – der insoweit schlicht aufgrund seiner vom Schuldner abgeleiteten Verfügungsbefugnis veräußert – nicht von „dinglicher“, sondern allenfalls von „haftungsrechtlicher“ Surrogation sprechen kann, um die absonderungsrechtlichen Folgen teleologisch einzuordnen. 4. Ersatzabsonderungsrecht Wird die Befugnis zur abgesonderten Befriedigung unter den Voraussetzun- 30 gen des entsprechend anzuwendenden § 48 InsO vereitelt, indem der betreffende Gegenstand vor der Verfahrenseröffnung durch den Schuldner oder nach Verfahrenseröffnung durch den Insolvenzverwalter unberechtigt (aber dinglich wirksam und lastenfrei) veräußert wird, so greift hinsichtlich des Erlöses zwar keine dingliche Surrogation ein, wohl aber eine insolvenzspezifische „haftungsrechtliche Surrogation“: Der Gläubiger ist analog § 48 InsO zur Ersatzabsonderung berechtigt, d. h. er kann die Abtretung des Anspruchs auf die Gegenleistung bzw. unter bestimmten Voraussetzungen auch diese selbst verlangen.30) Daneben können in diesem Fall bei schuldhaftem Handeln des Insolvenz- 31 verwalters entsprechende Schadensersatzansprüche sowohl gegen diesen persönlich als auch gegen die Insolvenzmasse bestehen. Praktische Relevanz erlangt dies für Grundpfandrechte insbesondere bei der dem Grundpfandgläubiger gegenüber unberechtigten Veräußerung von beweglichen Sachen, die als Bestandteile des Haftungsverbands der Grundpfandhaftung unterliegen (Rn. 424 ff., 441). ___________ 30) Vgl. BGH, Urt. v. 21.1.2010 – IX ZR 65/09, BGHZ 184, 101 = ZIP 2010, 739 [Rn. 8] m. w. N.

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5. Verwertungszeitpunkt 32 Das Grundpfandrecht wird zwar immer dann, wenn sich auch die gesicherte Forderung gegen den Insolvenzschuldner richtet, zugleich mit der Darlehensforderung spätestens bei Verfahrenseröffnung fällig (analog § 41 InsO, s. Rn. 37). Dies zieht aber nicht notwendig die Verwertung des Grundpfandrechts nach sich; vielmehr gewährt das Grundpfandrecht seinem Inhaber grundsätzlich die Befugnis, unter Ausschluss aller nicht besser Berechtigten über den Zeitpunkt der Realisierung des Sicherungsrechts zu disponieren. Denn wenn der Insolvenzverwalter das belastete Grundstück freihändig veräußert oder an den Schuldner freigibt, bleiben die Grundpfandrechte nach allgemeinen Regeln bestehen. In der durch einen anderen (nachrangigen) Gläubiger betriebenen Zwangsversteigerung folgt das gleiche Ergebnis daraus, dass die dem betreibenden Gläubiger vorgehenden Rechte in das geringste Gebot aufgenommen werden und durch den Zuschlag nicht erlöschen (§§ 44 Abs. 1, 52 Abs. 1, 91 Abs. 1 ZVG). 33 Der Inhaber des besserrangigen Rechts kann also selbst bestimmen, wann er sein Grundpfandrecht realisieren möchte; erscheint die Verwertung des grundpfandrechtlich belasteten Grundstücks während des Insolvenzverfahrens nicht opportun, insbesondere im Hinblick auf die aktuelle Lage des Immobilienmarkts, so kann sie aus Sicht des Grundpfandgläubigers auch unterbleiben. Dem Interesse des Insolvenzverwalters, einen etwa erzielbaren Erlösüberschuss in die Insolvenzmasse zu bekommen, wird durch dessen eigenes Verwertungsrecht genügt, das aber die absonderungsfähigen Rechte am Grundstück grundsätzlich unberührt lässt (s. aber Rn. 240 zu § 174a ZVG). 6. Maßnahmen zur Erhaltung des Grundstückswerts in der Krise 34 Der Erlös aus der Verwertung des belasteten Grundstücks hängt von dessen Qualität im Verwertungszeitpunkt ab. In der Krise des Kreditnehmers muss der Grundpfandgläubiger dagegen zusehen, wie die finanzierte Immobilie zumeist mehr und mehr verrottet: Ist die Liquiditätslage erst einmal angespannt, werden Schönheitsreparaturen in der Regel zurückgestellt. Wird die Liquiditätslage dann wirklich ernst, werden sogar notwendige Erhaltungsmaßnahmen wie die Reparatur beschädigter Dächer und Heizungen nicht mehr ausgeführt. Es liegt daher für die Bank nahe, das hierfür notwendige Kapital mit der Zweckbestimmung zur Verfügung zu stellen, es für die Sanierung des Grundstücks bzw. des Gebäudes zu verwenden. Ein solches „Immobilien-Lifting“ kann allerdings unter dem rechtlichen Aspekt der Beteiligung an einer Insolvenzverschleppung und der Kredittäuschung zu Schadensersatzansprüchen gegen die Bank führen (§ 15a InsO i. V. m. §§ 823 Abs. 2, § 826 BGB) und sollte deshalb nur nach eingehender rechtlicher Prüfung vorgenommen werden.31) ___________ 31) Vgl. Molitor, ZInsO 2007, 1331 ff.; s. auch Förster, ZInsO 2008, 190 f.

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III. Die Rechtsstellung des Realkreditgebers aus der Kreditbeziehung

III. Die Rechtsstellung des Realkreditgebers aus der Kreditbeziehung Im Unterschied zur Rechtslage in verschiedenen ausländischen Rechtsord- 35 nungen32) beschränkt sich die Haftung des deutschen Kreditnehmers beim Realkredit nicht auf die Immobilie; vielmehr schuldet er unbeschadet der dinglichen Grundstückshaftung auch persönlich die Rückzahlung des aufgenommenen Kredits (natürlich immer vorausgesetzt, dass als Sicherungsgeber keine vom persönlichen Schuldner verschiedene dritte Person fungiert). Von der das Grundpfandrecht betreffenden Eigenschaft als Absonderungsberechtigter ist deshalb die insolvenzrechtliche Rechtsstellung des Gläubigers aus der Kreditbeziehung zu unterscheiden. 1. Wirkung der Verfahrenseröffnung auf eine Kreditbeziehung Ansprüche gegen den Insolvenzschuldner auf Rückzahlung eines valutierten 36 Darlehens werden mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur gewöhnlichen Insolvenzforderung (§ 38 InsO, s. Rn. 39); ein Wahlrecht nach § 103 InsO steht dem Insolvenzverwalter nicht zu. Tilgungskredite (Ratenkredite, Annuitätendarlehen) werden für die Zwecke der insolvenzmäßigen Haftungsverwirklichung als fällig fingiert, ohne dass es insoweit einer Kündigung bedarf (§ 41 InsO). Eine „echte“ Fälligstellung durch (außerordentliche) Kündigung der Kreditbeziehung als solcher – zu der das Kreditinstitut in der Regel nach seinen AGB sowie nach § 490 BGB berechtigt ist – ist zusätzlich möglich und im Verhältnis zu mithaftenden Dritten (Bürgen, Gesamtschuldnern) auch erforderlich, da § 41 InsO insoweit keine Anwendung findet.33) Für Kontokorrentkredite ergibt sich die („echte“) Fälligkeit der Rückzahlungsforderung bereits aus dem mit der Verfahrenseröffnung eintretenden Erlöschen des Kontokorrentvertrags (§ 116 Abs. 1 InsO).34) Ist die Darlehensrückzahlungsforderung durch ein Grundpfandrecht ge- 37 sichert, so gilt für die insolvenzmäßige Befriedigung der persönlichen Forderung (als Ausfallforderung, s. Rn. 39 ff.) unproblematisch ebenfalls die Fälligkeitsfiktion des § 41 InsO.35) Zugleich ist nach h. M. für den Fall, dass der insolvente Schuldner der persönlichen Forderung auch Eigentümer des belasteten Grundstücks ist, analog § 41 InsO das Grundpfandrecht mit Verfah___________ 32) Siehe zur Rechtslage in den USA zuletzt Böning, Grundpfandrechte in Deutschland und den USA, 2011, S. 136 ff. 33) Vgl. Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis, Rn. 5.268 ff.; v. Wilmowsky, WM 2008, 1189, 1192 ff., u. WM 2008, 1237, 1238 f., 1342 f. 34) Nutzt der Insolvenzverwalter das Schuldnerkontokorrentkonto weiter, so erfasst die Sicherungsgrundschuld deshalb nicht den diesem ausdrücklich oder stillschweigend gewährten Kontokorrentkredit, BGH, Urt. v. 13.11.1990 – XI ZR 217/89, NJW 1991, 1286, 1287. 35) Vgl. bereits BGH, Urt. v. 10.12.1959 – VII ZR 210/58, BGHZ 31, 337, 341 = NJW 1960, 675; OLG Hamm, Urt. v. 12.5.1995 – 20 U 37/95, NJW-RR 1996, 1312 (jew. zu § 65 KO); ferner OLG Köln, Urt. v. 26.11.2003 – 5 U 72/03, OLGR 2004, 2000 f.; MünchKomm/Bitter, InsO, § 41 Rn. 13.

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renseröffnung seinerseits fällig und verwertungsreif geworden;36) dies geschieht vor dem Hintergrund, dass es ohne die vorzeitige Fälligkeit des Grundpfandrechts noch schwieriger sein würde als es ohnehin schon ist, die Verwertung so rechtzeitig abzuschließen, dass die Ausfallhaftung der Insolvenzmasse noch zum Tragen kommen kann (s. Rn. 40, 42). Ist der insolvente Grundstückseigentümer dagegen nicht mit dem Schuldner der persönlichen Forderung identisch, so besteht hierfür mangels Ausfallhaftung kein Bedarf; zudem steht ja noch überhaupt nicht fest, ob im Hinblick auf den Schuldner der persönlichen Forderung – der ja keineswegs notwendigerweise ebenfalls insolvent ist – der Sicherungsfall überhaupt je eintreten wird. Deshalb ist § 41 InsO im Fall eines „isolierten Absonderungsrechts“ auch nach dieser h. M. nicht entsprechend anwendbar; die Verwertungsreife des Grundpfandrechts ergibt sich in diesem Fall mithin aus den allgemeinen Grundsätzen.37) 38 Auch wenn der Anspruch auf Rückzahlung des Kapitals für die Zwecke der insolvenzmäßigen Haftungsverwirklichung vorzeitig als fällig behandelt wird, erfolgt bei einem verzinslichen Darlehen keine Abzinsung (Umkehrschluss aus § 41 Abs. 2 InsO). Die vorzeitige Behandlung als fällig bedeutet auch nicht, dass der Anspruch auf die vertraglich vereinbarten Zinsen im Insolvenzverfahren nicht geltend gemacht werden kann; der Zinsanspruch für die vereinbarte Restlaufzeit des Darlehens ist aber – auf den Gegenwartswert abgezinst (§ 41 Abs. 2 InsO) – lediglich nachrangige Insolvenzforderung (§ 39 Abs. 1 Nr. 1 InsO) und deshalb nur auf besondere Aufforderung des Insolvenzgerichts zur Insolvenztabelle anzumelden (§ 174 Abs. 3 InsO; s. aber Rn. 19 zur Absonderungsberechtigung). 2. Eigenschaft als Insolvenzgläubiger und Ausfallhaftung 39 Im Hinblick auf die gesicherte Darlehensforderung ist der absonderungsberechtigte Gläubiger – sofern sich diese gleichfalls gegen den insolventen Schuldner richtet und nicht gegen einen Dritten – zugleich Insolvenzgläubiger (§§ 52 Satz 1, 38 InsO), und zwar grundsätzlich in deren voller Höhe.38) 40 Der Kreditgeber kann aber nicht zusätzlich zur abgesonderten Befriedigung die Quote auf die volle Insolvenzforderung verlangen. Das sonstige Vermögen des Schuldners haftet ihm vielmehr kraft gesetzlicher Anordnung nur noch subsidiär, d. h. die anteilige Befriedigung berechnet sich nach dem Be___________ 36) So die ganz h. M., vgl. OLG Köln, Urt. v. 26.11.2003 – 5 U 72/03, OLGR 2004, 2000 f.; HK-InsO/Eickmann, § 41 Rn. 3; Jaeger/Henckel, InsO, § 41 Rn. 12; FK-InsO/ Schumacher, § 41 Rn. 2; MünchKomm/Bitter, InsO, § 41 Rn. 15 f.; Städtler, Grundpfandrechte, S. 169 ff.; a. A. Kübler/Prütting/Bork/Holzer, InsO, § 41 Rn. 5; Gundlach/ Frenzel/Schmidt, DZWIR 2002, 367 ff. 37) BGH, Urt. v. 11.12.2008 – IX ZR 194/07, ZIP 2009, 228 [Rn. 20 f.]; MünchKomm/ Bitter, InsO, § 41 Rn. 14; Jaeger/Henckel, InsO, § 41 Rn. 12; Staudinger/Wolfsteiner, BGB, Vor §§ 1191 ff Rn. 201. 38) BGH, Urt. v. 6.4.2006 – IX ZR 185/04, ZIP 2006, 1009 [Rn. 16 ff.]; BGH, Urt. v. 29.3.2007 – IX ZR 27/06, ZIP 2007, 1126 [Rn. 28 ff.].

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trag, für den aus dem als Sicherheit dienenden Gegenstand keine Befriedigung erfolgt (§§ 52 Satz 2, 190 InsO, sog. Ausfallhaftung).39) Die Beschränkung der Haftung des sonstigen Schuldnervermögens auf den Ausfall dauert auch dann fort, wenn der Insolvenzverwalter das belastete Grundstück als für die Insolvenzmasse wertlos freigegeben hat (s. Rn. 492 ff.).40) Ersteigert der Grundpfandgläubiger das Grundstück unterhalb des Verkehrswerts selbst, so muss er sich darüber hinaus die Differenz zur 7/10-Grenze auf seinen Ausfall anrechnen lassen (§ 114a ZVG, s. Rn. 255). Technisch ist die Ausfallhaftung in der Weise ausgestaltet, dass die persön- 41 lichen Forderungen von absonderungsberechtigten Gläubigern gleichwohl zunächst in vollem Umfang zur Insolvenztabelle anzumelden (§§ 174 f. InsO), zu prüfen (§ 176 InsO) und festzustellen sind (§ 178 bzw. §§ 179 – 183 InsO). Die Eigenschaft als Ausfallforderung soll sich nach dem Gesetz erst im Verteilungsverfahren auswirken: Vermag der (zur Selbstverwertung berechtigte) Gläubiger seinen Ausfall nach Bekanntmachung des Verteilungsverzeichnisses nicht kurzfristig nachzuweisen, wird er ungeachtet der uneingeschränkten Feststellung bei der jeweils anstehenden Verteilung nicht berücksichtigt (siehe i. E. § 190 Abs. 1, 2 InsO).41) Der Verwalter und die übrigen Gläubiger sind daher weder berechtigt noch verpflichtet, die Forderung nur „bis zur Höhe des Ausfalls“ anzuerkennen und im Übrigen zu bestreiten. Der tatsächliche Nachweis des Ausfalls setzt die Verwertung der Immobilie 42 oder zumindest den Nachweis, dass ein ernsthafter Verwertungsversuch erfolglos unternommen wurde, bis zum Schlusstermin voraus.42) Dies wird zwar dadurch erleichtert, dass das Grundpfandrecht analog § 41 InsO mit Verfahrenseröffnung fällig und verwertungsreif wird (Rn. 37), bereitet aber vor allem bei hoch belasteten Grundstücken, die durch Versteigerung verwertet werden sollen, gleichwohl nicht selten Probleme (s. Rn. 235 ff.). Eine noch so substantiierte Schätzung genügt im Regelinsolvenzverfahren nicht; allein im Insolvenzplanverfahren kann eine Schätzung des Ausfalls erfolgen mit der Konsequenz, dass der Realkreditgeber in der Höhe der geschätzten ausgefallenen Forderung an der Verteilung gem. der Insolvenzplanquote teilnimmt (vgl. Rn. 481). Gelingt die Verwertung nicht rechtzeitig, so bleibt nur der (teilweise) Ver- 43 zicht auf das Absonderungsrecht in der jeweilig gesetzlich vorgeschriebenen Form. Im Fall des Grundpfandrechts muss dessen Aufhebung daher nach § 875 BGB erfolgen, d. h. der Grundpfandgläubiger hat die Löschungsbewil___________ 39) Zur Berechnung s. Görg, KTS 2006, 151 ff. 40) BGH, Urt. v. 2.4.2009 – IX ZR 23/08, ZIP 2009, 874 [Rn. 14]. 41) Nach BGH, Beschl. v. 11.10.2012 – IX ZB 230/09, NZI 2012, 892 [Rn. 13 f.] (dazu Budnik, EWiR 2013, 21), soll das nur für die Schlussverteilung gelten; für die Abschlagsverteilungen (sehr zweifelhaft!), das Stimmrecht im Planverfahren oder die Befugnis, die Versagung der Restschuldbefreiung zu beantragen, gelte dies nicht. 42) BGH, Beschl. v. 11.10.2012 – IX ZB 230/09, NZI 2012, 892 [Rn. 12].

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A. Die insolvenzrechtliche Rechtsstellung des Realkreditgebers im Überblick

ligung zu erteilen und das Grundpfandrecht ist im Grundbuch zu löschen.43) Der Verzicht muss also endgültig dazu führen, dass die Immobilie für die Insolvenzmasse frei wird. Der Realkreditgeber muss daher im Fall der noch ausstehenden Verwertung aufgrund bestmöglicher Sachkenntnis eine interne Schätzung des voraussichtlich zu erzielenden Verwertungserlöses vornehmen. Valutiert das eingetragene Grundpfandrecht über diesem geschätzten Erlös, kann auf den Teil des Grundpfandrechts verzichtet werden, welcher nach der Schätzung nicht werthaltig ist. 44 Eine fehlerhafte Einschätzung des Verwertungserlöses geht freilich zulasten des Realkreditgebers: Erfolgt später die Verwertung der Immobilie und wird ein höherer Erlös erzielt als vom Grundpfandgläubiger geschätzt, so steht dieser der Insolvenzmasse bzw. nach Freigabe oder Verfahrensbeendigung dem Schuldner zu. Folgerichtig ist der Grundpfandgläubiger „sicherheitshalber“ gehalten, auf das Grundpfandrecht gar nicht oder in möglichst geringer Höhe zu verzichten; denn nur so bleibt dem Grundpfandgläubiger – um den Preis einer geringeren oder gar ausbleibenden Quotenausschüttung – das Grundpfandrecht zum Zwecke der Verwertung erhalten.44) 45 Das Vorgesagte gilt auch für den Nebenanspruch auf Zinsen und Kosten für die Zeit nach Verfahrenseröffnung, aber mit der Maßgabe, dass die Insolvenzforderung nachrangig ist und deshalb nur auf besondere Aufforderung durch das Insolvenzgericht zur Insolvenztabelle angemeldet werden darf (Rn. 38). 3. Stellung eines Eröffnungsantrags 46 Auch wenn dem grundpfandrechtlich gesicherten Kreditgeber hinsichtlich der persönlichen Forderung – nicht aber hinsichtlich des Absonderungsrechts als solchen – jedenfalls die Eigenschaft als Insolvenzgläubiger zukommt (Rn. 39), ist fraglich, ob er in dieser Eigenschaft auch zulässigerweise einen Eröffnungsantrag stellen kann, wenn sein (insolvenz- und anfechtungsfestes) Grundpfandrecht unzweifelhaft die vollständige Befriedigung des Gläubigers verbürgt. Nach h. M. fehlt dem gesicherten Kreditgeber in diesem Fall in Ermangelung eines Ausfalls (Rn. 40) das Rechtsschutzbedürfnis für einen Eröffnungsantrag; seinen schutzwürdigen Interessen ist mit der Sicherhei-

___________ 43) Jaeger/Henckel, InsO, § 52 Rn. 28; MünchKomm/Ganter, InsO, Vor §§ 49 bis 52 Rn. 125; mindestens einschränkend dagegen BGH, Beschl. v. 2.12.2010 – IX ZB 61/09, ZIP 2011, 180 [Rn. 10], dazu EWiR 2011, 193 f. (Kesseler): dinglicher Verzicht möglich, aber nicht erforderlich (sondern „Verzicht auf den Sicherungszweck der Grundschuld“ ausreichend). 44) Vgl. Jacobi, ZVI 2008, 325, 329; MünchKomm/Ganter, InsO, § 190 Rn. 8 ff.; FK-InsO/ Kießner, § 190 Rn. 12 ff.

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III. Die Rechtsstellung des Realkreditgebers aus der Kreditbeziehung

tenverwertung außerhalb des Insolvenzverfahrens hinreichend gedient.45) Sei die Forderung des Gläubigers ausreichend dinglich gesichert, so bringe ihm das Insolvenzverfahren keinerlei Vorteile mehr. Nur wegen einer Forderung, die auch ohne die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens vollständig befriedigt werden könne, dürfe ein Insolvenzverfahren nicht eröffnet werden. Die Ausnutzung einer rein formalen Rechtsposition – hier der Stellung als persönlicher Gläubiger gem. § 52 Satz 1 InsO – rechtfertige für sich genommen den mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens verbundenen weitreichenden Eingriff in die Rechte des Schuldners nicht. Ob die genannten Voraussetzungen vorliegen (d. h. das Grundpfandrecht unzweifelhaft die vollständige Befriedigung des Gläubigers verbürgt), wird freilich nicht immer leicht festzustellen sein.46) „Darlegungspflichtig“ für diesen Ausnahmetatbestand bleibt zwar der Schuldner. Gelingt die Darlegung, so ist der Eröffnungsantrag hiernach aber nur dann zulässig, wenn der Gläubiger seinen voraussichtlichen Ausfall glaubhaft macht. Verbleibende Zweifel daran, ob die Grundstücksverwertung durchgeführt und einen hinreichenden Erlös erbringen wird, müssen dabei zugunsten des gesicherten Gläubigers ausschlagen.47) Die Stellung eines Eröffnungsantrags wird sich aber auch für einen lediglich 47 teilweise grundpfandrechtlich gesicherten privaten Gläubiger allenfalls nach sorgfältiger Abwägung aller Vor- und Nachteile empfehlen. So mag der Gläubiger im Insolvenzverfahren eher gewährleistet sehen, dass der Wert der Immobilie und damit seines Sicherungsrechts erhalten bleibt, oder er mag sich langfristige Vorteile aus einer Fortsetzung des im Insolvenzverfahren sanierten Geschäftsbetriebs versprechen. Wenn ein Insolvenzverfahren ohnehin wahrscheinlich erscheint, mag auch der Umstand dem (Groß-)Kreditgeber vorteilhaft erscheinen, durch einen eigenen Antrag einen gewissen Einfluss z. B. auf Bildung und Zusammensetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses (s. § 22a InsO) und des späteren Insolvenzverwalters zu gewinnen. Gegenzurechnen sind freilich insbesondere die Anfechtungsrisiken (s. Rn. 97 ff.) und die rechtlichen und faktischen Erschwernisse, denen die Realisierung des Grundpfandrechts im Insolvenzverfahren unterworfen sein kann. In die Bewertung einzustellen ist auch das sich aus § 23 Abs. 1 Satz 2 GKG ergebende Kostenrisiko des antragstellenden Gläubigers im Fall der Antragsabweisung ___________ 45) BGH, Beschl. v. 29.11.2007 – IX ZB 12/07, ZIP 2008, 281 [Rn. 11 f.]; BGH, Beschl. v. 5.5.2011 – IX ZB 251/10, ZInsO 2011, 1216 [Rn. 6]; BGH, Beschl. v. 5.5.2011 – IX ZB 250/10, NZI 2011, 632 [Rn. 6]; BFH, Beschl. v. 16.9.2010 – VII B 281/09, BeckRS 2010, 25016678; Gottwald/Uhlenbruck, InsR-Hdb, § 8 Rn. 36; HK-InsO/Kirchhof, § 14 Rn. 19 m. w. N.; vgl. auch Jaeger/Gerhardt, InsO, § 14 Rn. 7; Guski, WM 2011, 103, 108: mangelnde „potentielle Insolvenzgläubigereigenschaft“; a. A. Smid/Leonhardt, in: Leonhardt/Smid/Zeuner, InsO, § 14 Rn. 18; Lang, Das Rechtsschutzinteresse beim Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, 2003, S. 83 f. 46) Siehe dazu auch Smid, DZWIR 2009, 133, 141. 47) BGH, Beschl. v. 29.11.2007 – IX ZB 12/07, ZIP 2008, 281 [Rn. 12]; BGH, Beschl. v. 11.10.2012 – IX ZB 230/09, NZI 2012, 892 [Rn. 13].

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mangels Masse;48) hier können insbesondere die Auslagen in Gestalt der sich nach dem JVEG bemessenden Kosten des Sachverständigen (bzw. des zugleich als Sachverständigen tätigen vorläufigen Insolvenzverwalters) leicht einen vierstelligen Betrag ausmachen. 4. Verfahrensrechte des Realkreditgebers als Insolvenzgläubiger 48 Im Hinblick darauf, dass dem grundpfandrechtlich gesicherten Kreditgeber hinsichtlich der persönlichen (Darlehens)Forderung jedenfalls die Eigenschaft als Insolvenzgläubiger zukommt (Rn. 39), hat er im Insolvenzverfahren auch sämtliche Beteiligungsrechte eines Insolvenzgläubigers. Insbesondere hat unstreitig49) auch der ausreichend dinglich gesicherte Insolvenzgläubiger ungeachtet der insoweit geringen Auswirkungen des Insolvenzverfahrens auf seine Vermögenslage grundsätzlich das volle, am Betrag der gesicherten Forderung zu bemessende Stimmrecht in der Gläubigerversammlung (§ 77 InsO – anders noch § 96 KO [nur „in Ansehung ihres mutmaßlichen Ausfalls“] und nach geltendem Recht auch § 237 Abs. 1 Satz 2 InsO für die Abstimmung über einen Insolvenzplan [Rn. 482 ff.]). Bei Grundpfandgläubigern, die keine persönliche Forderung gegen den Insolvenzschuldner besitzen und deshalb nicht zugleich Insolvenzgläubiger sind, ist der Wert des Absonderungsrechts maßgeblich. Für die wirtschaftlich relativ unbedeutenden Einbußen, denen die Rechtsstellung der gesicherten Kreditgeber in der Insolvenzordnung unterworfen wurde (Rn. 21 ff.), werden diese mithin mit beträchtlichem Einfluss auf alle wichtigen Weichenstellungen des Insolvenzverfahrens mehr als entschädigt.50) 5. Besonderheiten bei Mithaftung Dritter a) Teilbefriedigung bei persönlicher Mitverpflichtung 49 Für den Fall, dass dem Kreditgeber neben dem insolventen Schuldner noch ein Dritter persönlich zur Leistung verpflichtet war – etwa als gesamtschuldnerisch haftender Mitverpflichteter oder als Bürge –, bestimmt § 43 InsO, dass der Gläubiger im Insolvenzverfahren ungeachtet einer während des Verfahrens (Rn. 56) womöglich bereits erfolgten teilweisen Befriedigung den ursprünglichen Gesamtbetrag seines Anspruchs geltend machen kann (Grundsatz der Doppelberücksichtigung). Es bleibt mithin die Befriedigung des Gläubigers aus der Leistung eines persönlichen Mitverpflichteten solange ___________ 48) Zur – rechtspolitisch denkbar unbefriedigenden – Kostentragungspflicht des antragstellenden Gläubigers im Fall der Abweisung mangels Masse s. OLG Köln, Beschl. v. 28.1.2010 – 17 W 343/09, ZIP 2010, 637; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 7.2.2009 – 10 W 123/08, ZIP 2009, 1172; LG Göttingen, Beschl. v. 14.4.2009 – 10 T 25/09, NZI 2009, 729; a. A. AG Göttingen, Beschl. v. 11.3.2009 – 71 IN 128/08, ZIP 2009, 1532. 49) Vgl. m. w. N. Jaeger/Gerhardt, InsO, § 76 Rn. 13, § 77 Rn. 24; MünchKomm/Ehricke, InsO, § 76 Rn. 24 f., § 77 Rn. 41. 50) Berechtigte rechtspolitische Kritik z. B. bei Grub, DZWIR 1999, 133 ff.; Marotzke, FS Kirchhof, 2004, S. 321, 327 ff.

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ohne Einfluss auf die zur Insolvenztabelle angemeldete Darlehensforderung, wie diese nicht vollständig gedeckt ist. Anders formuliert, ist die Insolvenzquote ohne Berücksichtigung der bereits erfolgten Teilzahlungen grundsätzlich aus dem vollen Betrag der gesicherten Forderung zu berechnen, soweit nicht die Summe aus der Leistung des persönlich Mitverpflichteten und der Insolvenzquote den Gesamtbetrag der Darlehensforderung übersteigt. Damit die Haftung der Insolvenzmasse für diese Forderung nicht doppelt in 50 Anspruch genommen wird, ist zum Ausgleich der Mitverpflichtete mit seinem Regressanspruch von der Verfahrensteilnahme ausgeschlossen (§ 44 InsO). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Berücksichtigungsfähigkeit von Teilbefrie- 51 digungen ist dabei die Verfahrenseröffnung: Der Doppelberücksichtigungsgrundsatz bezieht sich auf die Forderung in der Höhe, in der sie bei Verfahrenseröffnung bestand. Hatte ein Mitverpflichteter bereits vor Verfahrenseröffnung teilweise gezahlt, so ist diese Teilzahlung mithin grundsätzlich anspruchsmindernd auf den im Insolvenzverfahren zu berücksichtigenden Betrag anzurechnen (und kann ggf. als Regressanspruch durch den Mitverpflichteten geltend gemacht werden, ohne dass § 44 InsO entgegenstünde).51) Allerdings kann im Verhältnis des Gläubigers zu dem Mitverpflichteten – zu- 52 lässigerweise – (formular-)vertraglich bestimmt sein, dass eine Teilzahlung bis zur vollen Befriedigung des Gläubigers nur als Sicherheit angenommen wird und keine Erfüllungswirkung auslöst; ist dies der Fall, so bestand die gesicherte Forderung zum maßgeblichen Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung de iure noch in voller Höhe und wird in dieser Höhe auch vom Doppelberücksichtigungsgrundsatz erfasst.52) b) Teilbefriedigung bei Sachmithaftung Im Ergebnis nichts anderes gilt, wenn dem Gläubiger für die Darlehensforde- 53 rung gegen den Insolvenzschuldner ein Dritter ein dingliches Sicherungsrecht, also ein Grundpfandrecht oder eine Mobiliarsicherheit, bestellt hat: Auch dieser Umstand soll nicht den konkurrierenden Insolvenzgläubigern zugutekommen; der Gläubiger kann daher nicht gezwungen werden, zur Schonung der Insolvenzmasse zunächst auf die Verwertung des Grundpfandrechts an dem massefremden Grundstück zurückzugreifen, und auch eine Anrechnung des Erlöses, der bei der Verwertung dieses Grundpfandrechts erzielt wird, auf die auf den Darlehensrückzahlungsanspruch entfallende Insolvenzquote kommt deshalb nicht Betracht. Demgemäß gilt für diese Kons-

___________ 51) Jaeger/Henckel, InsO, § 43 Rn. 7, 30; MünchKomm/Bitter, InsO, § 43 Rn. 39; Noack/Bunke, FS Uhlenbruck, 2000, S. 335, 340 f.; Obermüller, NZI 2001, 225, 227. 52) MünchKomm/Bitter, InsO, § 43 Rn. 41; zu einer entsprechenden AGB-Klausel s. BGHZ 92, 374, 380 ff. = NJW 1985, 614.

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A. Die insolvenzrechtliche Rechtsstellung des Realkreditgebers im Überblick

tellation nach allgemeiner Ansicht53) in entsprechender Anwendung des § 43 InsO ebenfalls der Doppelberücksichtigungsgrundsatz (und nicht das Ausfallprinzip des § 52 InsO, der voraussetzt, dass der haftende Gegenstand zur Insolvenzmasse gehört [„Gläubiger, die abgesonderte Befriedigung beanspruchen können, …“]); ob der Dritte zugleich persönlich mithaftet, ist dafür ohne Belang. Es bleibt mithin auch die teilweise Befriedigung des Gläubigers aus einem Grundstück, das nicht zur Insolvenzmasse gehört, ohne Einfluss auf die zur Insolvenzmasse angemeldete Darlehensforderung. 54 Auch hier gilt aber: Damit die Haftung der Insolvenzmasse für diese Forderung nicht doppelt in Anspruch genommen wird, ist zum Ausgleich der Mithaftende – hier also der dritte Grundstückseigentümer, der das Grundpfandrecht für die Forderung gegen den Insolvenzschuldner bestellt hat – mit seinem Regressanspruch von der Verfahrensteilnahme ausgeschlossen (§ 44 InsO). 55 Zur Beantwortung der Frage, ob es sich um eine Sicherung aus dem Vermögen eines „Dritten“ handelt, ist wiederum auf den Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung abzustellen: War ein Grundpfandrecht an einem zur Insolvenzmasse gehörenden Grundstück bestellt und veräußert der Verwalter dieses unter Fortbestehen der Belastung an einen Dritten, so entsteht zwar eine „dingliche Mithaftung“, aber eben erst im Nachhinein; es bleibt daher beim Ausfallprinzip. Auch die Freigabe durch den Verwalter ändert an der grundsätzlichen Anwendbarkeit des § 52 InsO und der entsprechenden Anrechnungsregel nichts. 56 Umgekehrt bleibt der Doppelberücksichtigungsgrundsatz des § 43 InsO anzuwenden, wenn der Verwalter ein Grundstück, an dem für eine Insolvenzforderung ein Grundpfandrecht bestellt ist, für die Insolvenzmasse erwirbt. Unerheblich ist dagegen, ob Grundstückseigentümer und Schuldner schon bei der Bestellung des Grundpfandrechts personenverschieden waren.54) c) Teilbefriedigung bei lediglich partieller Mithaftung 57 Von dem eben behandelten Fall der lediglich teilweisen Befriedigung durch Mitverpflichtete oder Mithaftende ist der Fall zu unterscheiden, dass schon der Umfang der persönlichen Mitverpflichtung bzw. der Sachmithaftung nur zur Sicherung eines Teils der Forderung des Gläubigers diente. Denn im Hinblick auf den Gesetzeswortlaut („für dieselbe Leistung auf das Ganze haf-

___________ 53) Vgl. m. w. N. BGH, Urt. v. 9.5.1960 – II ZR 95/58, NJW 1960, 1295, 1296; BGH, Urt. v. 11.12.2008 – IX ZR 156/07, ZIP 2009, 243 [Rn. 14]; BGH, Beschl. v. 2.12.2010 – IX ZB 61/09, ZIP 2011, 180 [Rn. 7]; Jaeger/Henckel, InsO, § 43 Rn. 22; MünchKomm/ Bitter, InsO, § 43 Rn. 19 f.; Clemente, Sicherungsgrundschuld, Rn. 1030. 54) Jaeger/Henckel, InsO, § 43 Rn. 22, § 52 Rn. 9 f.; MünchKomm/Bitter, InsO, § 43 Rn. 24 ff.

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III. Die Rechtsstellung des Realkreditgebers aus der Kreditbeziehung

ten“) soll die Anwendbarkeit von §§ 43, 44 InsO jedenfalls nach h. M.55) in beiden Fällen grundsätzlich davon abhängig sein, dass alle Mithaftenden für die gesamte Forderung haften. Bestand die Mithaftung lediglich für einen Teil der gesicherten Forderung (partielle Mithaftung), so soll deshalb nicht der Doppelberücksichtigungsgrundsatz gelten, sondern das Ausfallprinzip: Der Gläubiger, der die Mithaftung durch Zahlung seitens des Dritten oder Verwertung der Sicherheit in vollem Umfang realisiert hat, damit aber noch keine volle Befriedigung der gesicherten Forderung erlangt hat, muss seine Forderungsanmeldung um das Erlangte reduzieren; statt seiner kann der Mithaftende insoweit mit seinem Regressanspruch gegen den Schuldner an dessen Insolvenzverfahren teilnehmen. Auch auf der Grundlage der h. M. müssen von dem eben Gesagten aber Aus- 58 nahmen konzediert werden: Wurde die Mithaftung des Dritten ihrerseits nur teilweise realisiert, bleibt es unstreitig bei der Geltung des Doppelberücksichtigungsgrundsatzes.56) Der Gläubiger kann dann trotz der aus der Sicherheit erlangten Teilbefriedigung seine Forderung noch in vollem Umfang zur Tabelle anmelden; im Gegenzug ist der Mithaftende mit seinem Regressanspruch von der Verfahrensteilnahme ausgeschlossen. Eine weitere Ausnahme ergibt sich dann, wenn im (formularmäßigen) Siche- 59 rungsvertrag zwischen dem Gläubiger und dem Drittsicherungsgeber vereinbart war, dass die Rückgewähr der Grundschuld erst nach vollständiger Befriedigung des Gläubigers verlangt werden kann und die Zahlungen bis dahin nur als Sicherheit gelten (Rn. 52). In diesem Fall tritt auch bei vollständiger Zahlung auf die Teilmithaftung noch keine Teilbefriedigung des Gläubigers ein, sodass die §§ 43, 44 InsO jedenfalls anwendbar bleiben.57) d) Besicherung von Gesellschafterdarlehen und Sicherheitenbestellung durch Gesellschafter Weitergehende Besonderheiten gelten, wenn die Sicherheit für ein Darlehen 60 bestellt worden ist, das von einem (GmbH-)Gesellschafter i. S. v. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO gewährt worden ist, oder wenn ein Gesellschafter eine Sicherheit für ein der GmbH gewährtes Darlehen bestellt. Hierzu sowie allgemein zu den Gesellschafterdarlehen bzw. -sicherheiten und zur Neuregelung durch das MoMiG s. ausführlich unten Rn. 514 ff.

___________ 55) Vgl. m. w. N. BGH, Urt. v. 9.5.1960 – II ZR 95/58, NJW 1960, 1295, 1296; BGH, Urt. v. 19.12.1996 – IX ZR 18/96, ZIP 1997, 372; Jaeger/Henckel, InsO, § 43 Rn. 9, 16 ff.; Clemente, Sicherungsgrundschuld, Rn. 1032; a. A. mit guten Gründen Bitter, ZInsO 2003, 490 ff.; ders. in MünchKomm, InsO, § 43 Rn. 22, 30 f.; v. Olshausen, KTS 2005, 403, 415 ff. 56) BGH, Urt. v. 9.5.1960 – II ZR 95/58, NJW 1960, 1295, 1296. 57) Vgl. m. w. N. MünchKomm/Bitter, InsO, § 43 Rn. 32.

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B. Insolvenzfestigkeit des Grundpfandrechtserwerbs I. Grundpfandrechtserwerb nach Verfahrenseröffnung Literatur: Amann, Vormerkungsschutz für Ansprüche, deren Entstehung der Schuldner verhindern kann?, MittBayNot 2007, 13; Böttcher, Notar und Insolvenzrecht, notar 2011, 183; Freckmann, Der Rückgewähranspruch bei Sicherungsgrundschulden in der Bankpraxis, BKR 2012, 133; Fischer, Der Grundschuldgläubiger und seine Pflicht, die Rechtsprechung des BGH ständig zu überwachen, ZInsO 2012, 1493; Kesseler, Die Insolvenz des Bauträgers, RNotZ 2004, 177; ders., Der Schutzumfang der Vormerkung im Insolvenzverfahren, MittBayNot 2005, 108; ders., Einseitige Eintragungsanträge des späteren Insolvenzschuldners im Grundbuchverfahren, ZfIR 2006, 117; Kesseler, Rückgewähransprüche an Hypotheken, ZIP 2007, 1297; ders., Wertlosigkeit der Abtretung von Rückgewähransprüchen an vor- oder gleichrangigen Grundschulden im Fall der Insolvenz?, NJW 2007, 3466; Kesseler, Rückgewähransprüche an Grundschulden in der Insolvenz, NJW 2012, 577; Kindler, Die Aufnahme von Ansprüchen Dritter in den Sicherungszweck der Grundschuld – Eine sachen- und insolvenzrechtliche Skizze zum Sicherheitenpool, FS Kanzleiter, 2010, S. 227; Knobbe-Keuk, Auflassungsvormerkung und vormerkungswidrige Grundpfandrechte in Konkurs und Zwangsversteigerung, NJW 1968, 476; Kreft, Insolvenzrechtliche Unwirksamkeit: Gedanken zu §§ 88, 96 Abs. 1 Nr. 3, § 103 Abs. 1 InsO, FS Fischer, 2008, S. 297; Kreuzberg, Die Insolvenzfestigkeit von Drittsicherheiten, 2013; Obermüller, Die „Insolvenzfestigkeit“ des gesetzlichen Löschungsanspruchs und des abgetretenen Rückgewähranspruchs, ZIP 2013, 299; Obermüller/Kuder, Gegenwärtige Sicherheiten für künftige Forderungen, FS Fischer, 2008, S. 385; Oepen/ Rettmann, Das Schicksal von Grundstücksübereignungen in einem Konkurs- bzw. Insolvenzverfahren über das Vermögen des Veräußerers, KTS 1995, 609; von Olshausen, „Verfügung“ statt „Rechtshandlung“ in § 81 InsO, ZIP 1998, 1093; Oster/Steinwachs, Besteht ein unentgeltlicher Anspruch der Insolvenzmasse gegen den nachrangigen Grundpfandgläubiger auf Herausgabe des Grundpfandbriefes und Abgabe der Löschungsbewilligung bei wertausschöpfender Belastung durch das vorrangige Grundpfandrecht?, ZInsO 2011, 1638; Piegsa, Der Grundstückskaufvertrag in der Insolvenz des Verkäufers, RNotZ 2010, 433; Proske/Kurzberg, Löschungs- und Rückgewähransprüche in der Insolvenz des Grundstückseigentümers, FS Wellensiek, 2011, S. 605; Reul, Insolvenzfestigkeit der Abtretung der Rückgewähransprüche bei der Grundschuld und/oder des gesetzlichen Löschungsanspruchs nach § BGB § 1179a BGB?, DNotZ 2012, 883; Schilken, Die Vollmacht in der Insolvenz, KTS 2007, 1; Scholtz, § 878 BGB in der Verkäuferinsolvenz, ZIP 1999, 1693; Schwarz/Doms, Praktische Probleme bei der Insolvenzverwalterversteigerung nach § 165 InsO im Hinblick auf den Löschungsanspruch nach § 1179a I 1 BGB, ZInsO 2013, 1292; Wieser, Eintragung von Sicherungsgrundschulden und Zwangshypotheken im Grundbuch und ihr Schicksal im Insolvenzverfahren, KKZ 2001, 25.

Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens kann der Insolvenzverwalter auf- 61 grund seiner umfassenden Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis selbstverständlich uneingeschränkt ein Grundpfandrecht zur Sicherung eines von ihm selbst aufgenommenen Darlehens (Masseschuld nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO) bestellen oder mit dem Gläubiger eines nicht mehr valutierenden Grundpfandrechts vereinbaren, dass das Grundpfandrecht nunmehr einen Massekredit absichern soll. Die folgenden Ausführungen zur Wirksamkeit bzw. Anfechtbarkeit des Grundpfandrechtserwerbs beziehen sich demgemäß allein auf Grundpfandrechtsbestellungen, die nicht auf den Insolvenzverwalter zurückgehen.

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B. Insolvenzfestigkeit des Grundpfandrechtserwerbs

1. Einigung bzw. Eintragungsbewilligung nach Verfahrenseröffnung a) Grundsatz: Unwirksamkeit 62 Materiell-rechtlich setzt die Begründung eines Grundpfandrechts – ähnlich wie die Übertragung des Eigentums an einem Grundstück – die (dingliche) Einigung über den Rechtserwerb und die Eintragung in das Grundbuch voraus (§ 873 Abs. 1 BGB). Verfahrensrechtlich muss der Eigentümer die Eintragung der Belastung zudem bewilligen (§ 19 GBO). Zu beidem ist die Verfügungsbefugnis des Veräußernden erforderlich; da sie dem Schuldner nach Verfahrenseröffnung fehlt, ist die Bestellung eines Grundpfandrechts, die nach Verfahrenseröffnung durch den Schuldner erfolgt, absolut unwirksam (§ 81 Abs. 1 Satz 1 InsO). 63 Da diese dingliche Unwirksamkeit aber nur besteht, soweit und solange der Verfahrenszweck dies zwingend erfordert, entfällt sie entsprechend § 185 BGB rückwirkend durch die Genehmigung seitens des Insolvenzverwalters. Entsprechendes gilt bei Wiedergewinnung der Verfügungsbefugnis des Schuldners (Konvaleszenz): Gibt der Insolvenzverwalter das Grundstück in die Verfügungsbefugnis des Schuldners zurück (sog. Freigabe, Rn. 492 ff.) oder wird das Insolvenzverfahren beendet, ohne dass der Gegenstand durch den Verwalter verwertet worden ist, so endet die Unwirksamkeit ohne Weiteres und das betroffene Recht des Gläubigers erstarkt – allerdings mit Wirkung ex nunc – zu voller Wirksamkeit.58) b) Verkehrsschutz durch gutgläubigen Erwerb aa) Anwendbarkeit 64 Im Interesse des Verkehrsschutzes ist die Verfügungsbeschränkung jedoch durch gutgläubigen Erwerb überwindbar (§ 81 Abs. 1 Satz 2 InsO): Die Verfügung ist wirksam, wenn die Tatsache der Verfahrenseröffnung zum maßgeblichen Zeitpunkt (Rn. 70) weder in Gestalt des Insolvenzvermerks gem. § 32 InsO im Grundbuch eingetragen noch dem Erwerber positiv bekannt war (§ 892 BGB). 65 Allerdings wird der gutgläubige Rechtserwerb in der Praxis nicht selten daran scheitern, dass sich der Veräußerer – bei Grundpfandrechten also der Sicherungsgeber – durch den beurkundenden Notar vertreten lässt und die diesem erteilten Vollmachten mit Verfahrenseröffnung nach §§ 115 f. InsO i. V. m. § 168 Satz 2 BGB bzw. nach § 117 InsO ihre Wirksamkeit verloren haben.59)

___________ 58) Vgl. m. w. N. Kreft, FS Fischer, 2008, S. 297 ff. 59) Vgl. m. w. N. BayObLG, Beschl. v. 3.9.2003 – 3 Z BR 113/03, MittBayNot 2004, 206, 207; Piegsa, RNotZ 2010, 433, 451 ff.; Schilken, KTS 2007, 1, 3 ff., 11 ff.

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I. Grundpfandrechtserwerb nach Verfahrenseröffnung

Zu beachten ist zudem, dass eine auf gutgläubige Überwindung des Insol- 66 venzbeschlags gestützte „insolvenzfeste“ Vollendung des Rechtserwerbs nicht notwendig auch „anfechtungsfest“ ist (§ 147 InsO, s. Rn. 73). Der Verkehrsschutz bei Grundstücksgeschäften gem. § 81 Abs. 1 Satz 2 InsO 67 gilt im Übrigen auch dann, wenn vor der Eintragung des Insolvenzvermerks und ohne Kenntnis des Gläubigers hiervon zwischen ihm und dem Schuldner irgendeine andere Verfügung über das Grundpfandrecht vorgenommen wird (z. B. Kündigung, Inhalts- oder Rangänderung): Die vom Schuldner ausgehende oder an ihn gerichtete Kündigung, die von ihm bewilligte Inhaltsoder Rangänderung usw. wirkt auch zulasten der Insolvenzmasse (§ 893 BGB). bb) Grundbuchsperre? Ob das Grundbuchamt die Eintragung vollziehen und damit den nach § 892 68 BGB wirksamen Rechtserwerb herbeiführen darf, ist allerdings für den Fall streitig, dass dem Grundbuchamt bei der Bearbeitung des Antrags auf Eintragung des Grundpfandrechts bereits die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bekannt ist. Nach überkommener Auffassung60) darf das Grundbuchamt nicht sehenden Auges daran mitwirken, durch seine Eintragungstätigkeit einen Rechtserwerb herbeizuführen, der nur kraft guten Glaubens erfolgen kann; deshalb bewirkt die Verfahrenseröffnung in diesem Fall eine Grundbuchsperre, d. h. das Grundbuchamt muss – vorbehaltlich des § 878 BGB (Rn. 77) – ungeachtet des § 17 GBO den zeitlich zuerst gestellten Eintragungsantrag des Gläubigers zurückweisen und zunächst den Insolvenzvermerk eintragen. Die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit gutgläubigen insolvenzbeschlagsfreien Erwerbs läuft dadurch für diese Fälle weitgehend leer; sie kommt praktisch nur noch in Betracht, wenn die Existenz des Grundvermögens dem Verwalter auch während des Eröffnungsverfahrens verborgen geblieben ist und deshalb auch eine Eintragung des Insolvenzvermerks zunächst unterblieben ist. Mit der heute ganz h. L.61) ist demgegenüber anzunehmen, dass auch das Er- 69 suchen des Insolvenzgerichts auf Eintragung des Insolvenzvermerks in der Reihenfolge des § 17 GBO abzuarbeiten ist und dass die sog. Grundbuchsperre erst mit Eintragung des Insolvenzvermerks eintritt. Wegen der Prioritätsregelung der §§ 17, 45 GBO gilt die Grundbuchsperre trotz des § 892 Abs. 2 BGB aber auch für Eintragungsanträge, die zwischen dem Eingang des Ersuchens oder Antrags nach § 32 InsO und der Eintragung des Insolvenzvermerks beim Grundbuchamt eingegangen sind. ___________ 60) Vgl. zuletzt BayObLG, Beschl. v. 30.5.2003 – 2 ZB 129/02, ZfIR 2003, 776; OLG Schleswig, Urt. v. 27.11.2003 – 2 W 173/03, FGPrax 2004, 264; Palandt/Bassenge, BGB, § 892 Rn. 1; Demharter, GBO, § 13 Rn. 12, § 19 Rn. 59. 61) Häsemeyer, InsR, Rn. 10.08; Kübler/Prütting/Bork/Lüke, InsO, § 81 Rn. 14; Uhlenbruck/ Uhlenbruck, InsO, § 81 Rn. 15; MünchKomm/Ott, InsO, § 81 Rn. 23; Oepen/Rettmann KTS 1995, 609, 621 ff.; Jaeger/Schilken, InsO, § 32 Rn. 30 ff.; Windel ebd. § 80 Rn. 19.

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B. Insolvenzfestigkeit des Grundpfandrechtserwerbs

cc) Maßgeblicher Zeitpunkt 70 Der für die Redlichkeit des Erwerbers maßgebende Zeitpunkt ergibt sich aus § 892 Abs. 2 BGB: Wenn zum Erwerb nur noch die Eintragung erforderlich ist (§ 873 Abs. 1 BGB), kommt es auf die Stellung des Antrags auf Eintragung an, anderenfalls – also wenn außerdem z. B. noch die Valutierung (nur bei der Hypothek) oder die Briefübergabe fehlt – ist die Vollendung des Rechtserwerbs maßgebend. c) Schutz des Vormerkungsberechtigten 71 Ist der Anspruch auf Bestellung eines Grundpfandrechts durch eine wirksam erworbene Vormerkung gesichert, so kann dieser Anspruch gem. § 106 InsO auch im eröffneten Insolvenzverfahren durchgesetzt werden. Für die insolvenzrechtliche Wirksamkeit des Vormerkungserwerbs gilt das Vorgesagte entsprechend, d. h. auch insoweit ist Verkehrsschutz durch gutgläubigen insolvenzbeschlagsfreien Erwerb möglich (s. auch Rn. 77 zur Maßgeblichkeit der Antragstellung).62) 72 Allerdings kann der Erwerb der Vormerkung noch an § 91 Abs. 1 InsO scheitern, wenn der gesicherte Anspruch erst nach Verfahrenseröffnung entsteht. Zwar ist ein künftiger Anspruch, der durch eine vor Verfahrenseröffnung eingetragene Vormerkung gesichert ist, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich insolvenzfest.63) Dieser Rechtsprechung liegt die Wertung zugrunde, dass der vom Gesetz zugelassene Vormerkungsschutz für künftige Ansprüche (§ 883 Abs. 1 Satz 2 BGB) sinnentleert wäre, wollte man ihn erst von dem Zeitpunkt an eintreten lassen, in dem die gesicherten Ansprüche entstehen. Der Bundesgerichtshof hat die Insolvenzfestigkeit des vormerkungsgesicherten künftigen Anspruchs indes nicht generell anerkannt, sondern davon abhängig gemacht, dass der Anspruch nicht nur möglich, sondern der für dessen Vormerkungsfähigkeit zwingend erforderliche sichere Rechtsboden bereits gelegt ist. Im Einzelnen ist hier noch vieles ungeklärt;64) bei Grundpfandrechten sollte deshalb nur dann von einer insolvenzfesten Rechtsstellung ausgegangen werden, wenn sowohl der Anspruch (aus dem Sicherungsvertrag) auf Eintragung des Grundpfandrechts als auch die durch das Grundpfandrecht gesicherte Darlehensforderung schon vor Verfahrenseröffnung entstanden sind.

___________ 62) Vgl. m. w. N. Kesseler, ZNotP 2006, 133 ff.; Jenn, ZfIR 2009, 174, 178 f.; Wagner, ZfIR 2009, 345, 352 ff. 63) BGH, Urt. v. 14.9.2001 – V ZR 231/00, BGHZ 149, 1, 6 ff. = ZIP 2001, 2008; BGH, Urt. v. 9.3.2006 – IX ZR 11/05, BGHZ 166, 319, 323 f. = ZIP 2006, 1141 [Rn. 11 ff.]. 64) Vgl. m. w. N. Jaeger/Windel, InsO, § 81 Rn. 63, § 91 Rn. 68 f.; Jenn, ZfIR 2009, 174, 179; Muthorst, ZIP 2009, 1794; Preuß, AcP 201 (2001), 580, 588 f.; dies., DNotZ 2002, 283, 286; Wagner, ZfIR 2009, 345, 352 f.

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I. Grundpfandrechtserwerb nach Verfahrenseröffnung

d) Anfechtbarkeit Zu beachten ist, dass der den Insolvenzbeschlag überwindende gutgläubige 73 Erwerb gem. § 147 InsO u. U. noch der Insolvenzanfechtung unterliegt, d. h. zwar „insolvenzfest“ ist, nicht notwendig aber zugleich „anfechtungsfest“. Der Bestimmung bedarf es deshalb, weil die Insolvenzanfechtung an sich nur diejenigen masseschädlichen Rechtswirkungen erfasst (das Gesetz spricht etwas ungenau von „Rechtshandlungen“, § 129 Abs. 1 InsO65), die vor Verfahrenseröffnung stattgefunden haben; daran fehlt es in diesen Fällen, da sich die Vollendung des Rechtserwerbs und damit der Eintritt der gläubigerbenachteiligenden Rechtswirkung (§ 140 Abs. 1 InsO) nach Verfahrenseröffnung vollzogen hat. Hat der Begünstigte also nach §§ 81 Abs. 1 Satz 2 InsO, 892 BGB gutgläubig die Grundschuld (oder die Vormerkung) erworben, ist der Rechtserwerb zwar wirksam, gleichwohl aber nach § 147 i. V. m. §§ 130 ff. InsO anfechtbar, sofern die Anfechtungsvoraussetzungen (zu ihnen Rn. 97 ff.) vorliegen. 2. Grundbucheintragung nach Verfahrenseröffnung a) Grundsatz: Unwirksamkeit Ist der Eintragungsantrag zugunsten des Gläubigers vor dem Antrag bzw. das 74 Ersuchen auf Eintragung des Insolvenzvermerks beim Grundbuchamt eingegangen, so führt das grundbuchrechtliche Prioritätsprinzip (§§ 17, 45 GBO) dazu, dass zunächst das Grundpfandrecht eingetragen wird. Da die Verfügungsbefugnis des Veräußerers in derartigen Fällen eines mehraktigen („gestreckten“) Rechtserwerbs nach allgemeinen Grundsätzen – vorbehaltlich insbesondere des § 878 BGB (Rn. 77) – bis zur Vollendung des Rechtserwerbs, d. h. bis zum letzten erforderlichen Teilakt vorliegen muss, ist der Rechtserwerb auch in diesem Fall grundsätzlich absolut unwirksam. Sedes materiae für diese Aussage ist richtiger Ansicht nach66) die Bestimmung 75 des § 81 Abs. 1 InsO, da es um die Wirksamkeit der in dieser Rechtsnorm angesprochenen „Verfügung“ des Schuldners geht: Legt man § 81 InsO seinem Zweck, die Konsequenzen aus dem Verlust der Verfügungsmacht zu ziehen, entsprechend aus, dann liegt, wie § 140 Abs. 1 InsO es für die Anfechtung ausspricht, eine nach Verfahrenseröffnung vorgenommene Verfügung (§ 81 Abs. 1 Satz 1 InsO) des Schuldners auch dann vor, wenn nur ihre Rechtswirkungen nach diesem Zeitpunkt eintreten. ___________ 65) Zur denkbar weiten Interpretation dieses Begriffs vgl. aber BGH, Urt. v. 12.2.2004 – IX ZR 98/03, ZIP 2004, 620; BGH, Urt. v. 5.2.2004 – IX ZR 473/00, ZIP 2004, 917; BGH, Urt. v. 14.12.2006 – IX ZR 102/03, ZIP 2007, 191 [Rn. 10]; BGH, Urt. v. 3.2.2011 – IX ZR 213/09, ZIP 2011, 531 [Rn. 5, 8]: jedes Tun oder Unterlassen, das eine rechtliche Wirkung auslöst. 66) OLG Dresden, Urt. v. 26.1.2006 – 13 U 1924/05, ZInsO 2006, 1057, 1058; MünchKomm/ Ott/Vuia, InsO, § 81 Rn. 9 f.; vgl. bereits Eckardt, ZIP 1997, 957, 962 f., 964.

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B. Insolvenzfestigkeit des Grundpfandrechtserwerbs

76 Demgegenüber ordnet die h. M.67) diese Fälle des gestreckten Rechtserwerbs generell der Bestimmung des § 91 Abs. 1 InsO zu. Für die unmittelbare Rechtsfolge ist diese Streitfrage vordergründig unerheblich, da beide Bestimmungen mit der Folge absoluter Unwirksamkeit des Rechtserwerbs den Bestand der Insolvenzmasse zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung schützen (und beide zumindest auch den Verkehrsschutz durch gutgläubigen Erwerb gewährleisten). Von großer Bedeutung ist die Streitfrage aber für die Wirksamkeit des gestreckten Rechtserwerbs im Insolvenzeröffnungsverfahren, da hier bei Anordnung von Verfügungsbeschränkungen gem. §§ 21 Abs. 2 Nr. 2, 24 Abs. 1 InsO zwar die Bestimmung des § 81 InsO anwendbar ist, nicht aber § 91 InsO (Rn. 161). b) Schutz der Erwerbsanwartschaft nach § 878 BGB 77 Für den wichtigsten Fall des gestreckten Rechtserwerbs, die Vollendung des Erwerbs eines Grundstücksrechts durch Grundbucheintragung, hat die Zuordnung des gestreckten Rechtserwerbs zu § 91 Abs. 1 InsO demgegenüber den Vorteil, dass sich die Insolvenzfestigkeit der geschützten Rechtsposition nach § 878 BGB zwanglos aus der ausdrücklichen Erwähnung in § 91 Abs. 2 InsO ergibt. Allerdings hat diese Bestimmung insofern allein klarstellende Bedeutung, da sich die Überwindung der insolvenzrechtlichen Verfügungsbeschränkung bereits aus § 878 BGB ergibt;68) es bestehen deshalb keine durchgreifenden Bedenken, diese Rechtsfolge auch in den Fällen des § 81 Abs. 1 InsO zur Anwendung zu bringen. Zu beachten ist allerdings, dass eine nach § 878 BGB geschützte Erwerbsanwartschaft anerkanntermaßen nur dann vorliegt, wenn nur noch die Eintragung zur Vollendung des Rechtserwerbs fehlt; dies schließt insbesondere die Fälle aus, in denen bei Verfahrenseröffnung außerdem noch die Briefübergabe oder (bei der Hypothek) die Valutierung des gesicherten Darlehens für den Rechtserwerb erforderlich ist. aa) Voraussetzungen 78 Die Anerkennung einer insolvenzrechtlich geschützten Anwartschaft nach § 878 BGB setzt zunächst eine bindend gewordene Einigung der Parteien i. S. v. § 873 Abs. 2 BGB voraus. Praktische Bedeutung hat insofern bei Grundpfandrechten allein die Aushändigung der notariell beglaubigten Eintragungsbewilligung vom Verfügenden an den Begünstigten; sie geschieht etwa durch Übersendung seitens des hierzu besonders bevollmächtigten Notars.69) ___________ 67) BGH, Urt. v. 26.4.2012 – IX ZR 136/11, ZIP 2012, 1256 [Rn. 10 ff.] = ZfIR 2012, 547 m. Anm. Kesseler; Jaeger/Windel, InsO, § 81 Rn. 2 f., 43, § 91 Rn. 117; HK-InsO/ Kayser, § 81 Rn. 17 f. 68) Zutr. Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, § 81 Rn. 6; Kesseler, RNotZ 2004, 176, 179; Piegsa, RNotZ 2010, 433, 434. 69) Vgl., auch zu anderen Ausgestaltungen, Gottwald/Eickmann, InsR-Hdb, § 31 Rn. 73 ff.

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I. Grundpfandrechtserwerb nach Verfahrenseröffnung

Erforderlich ist ferner ein wirksam vor der Verfahrenseröffnung beim Grund- 79 buchamt – d. h. der konkreten Geschäftsstelle (!) – eingegangener Eintragungsantrag. Anders als für die Frage der „Anfechtungsfestigkeit“ (§ 140 Abs. 2 Satz 1 InsO, s. dazu Rn. 82 f., 121 ff.) ist es nach dem Wortlaut des § 878 BGB nicht erforderlich, dass der Erwerber (= der „andere Teil“) den Eintragungsantrag selbst gestellt hat. Hatte allein der Verfügende – hier also der Schuldner – den Antrag gestellt, kann er ihn auch selbst wieder zurücknehmen, sodass gegen die Annahme einer gesicherten und deshalb schutzwürdigen Erwerbsanwartschaft in diesem Fall Bedenken bestehen; dies hat den Reformgesetzgeber der InsO dann auch bewogen, für die „Anfechtungsfestigkeit“ einen eigenen Antrag des Erwerbers zu verlangen (§ 140 Abs. 2 InsO). Trotzdem ist der klare Gesetzeswortlaut des § 878 BGB nach zutreffender h. M. nach wie vor zu respektieren.70) Ein eigener Antrag sichert den Erwerber aber jedenfalls vor einer Antrags- 80 rücknahme, die nicht nur vor Verfahrenseröffnung durch den Schuldner erfolgen konnte, sondern jedenfalls nach h. M.71) auch noch nach Verfahrenseröffnung durch den Insolvenzverwalter erfolgen kann (solange nicht die Eintragung erfolgt ist!); schon deshalb sollte der Erwerber den Antrag immer selbst stellen bzw. dafür sorgen, dass der Notar – wie es in der Praxis auch üblich ist – den Antrag jedenfalls auch im Namen des Erwerbers stellt. Der Schutz erlischt auch dann, wenn der Antrag vom Grundbuchamt zurück- 81 gewiesen wird; erfolgt die Eintragung schließlich doch aufgrund erfolgreicher Beschwerde gegen die Zurückweisung, so kann dies den Rechtserwerb nur dann retten, wenn die Beschwerde nicht auf neuen Tatsachen beruhte.72) bb) Anfechtbarkeit Zu beachten ist erneut, dass eine auf § 878 BGB gestützte „insolvenzfeste“ 82 Vollendung des Rechtserwerbs nach Verfahrenseröffnung nicht zwingend „anfechtungsfest“ ist: Die durch § 147 InsO eröffnete Anfechtungsmöglichkeit bei einem wirksamen Rechtserwerb nach Verfahrenseröffnung, der durch gutgläubige Überwindung des Insolvenzbeschlags gem. §§ 81 Abs. 3, 91 Abs. 2 InsO, 892 f. BGB stattfindet (s. Rn. 73), gilt nach h. M.73) ebenso ___________ 70) Vgl. Oepen/Rettmann, KTS 1995, 609, 615 ff.; Kesseler, ZfIR 2006, 117 ff.; Scherer, ZIP 2002, 341, 343 f.; Jenn, ZfIR 2009, 174, 178 f.; Jaeger/Windel, InsO, § 91 Rn. 118; MünchKomm/Breuer, InsO, § 91 Rn. 84. 71) Jaeger/Henckel, KO, § 15 Rn. 64; Gottwald/Eickmann, InsR-Hdb, § 31 Rn. 72; MünchKomm/Breuer, InsO, § 91 Rn. 84; Raebel, ZInsO 2002, 954, 955; a. A. im Hinblick auf den Schutzzweck des § 91 Abs. 2 InsO Jaeger/Windel, InsO, § 91 Rn. 118; Scholtz, ZIP 1999, 1693, 1697 ff.; Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, § 91 Rn. 49. 72) Vgl. BGH, Urt. v. 17.6.1997 – XI ZR 119/96, BGHZ 136, 87, 91 ff. = ZIP 1997, 1585 = JZ 1998, 158 m. zust. Anm. Gerhardt; Jaeger/Windel, InsO, § 91 Rn. 118. 73) Vgl. m. w. N. HK-InsO/Kreft, § 147 Rn. 5; MünchKomm/Kirchhof, InsO, § 147 Rn. 7; Uhlenbruck/Hirte, InsO, § 147 Rn. 10; Clemente, Sicherungsgrundschuld, Rn. 1038; a. A. Jaeger/Henckel, InsO, § 147 Rn. 13; Scherer, ZIP 2002, 341, 345; Gerhardt, FS Greiner, S. 31, 39 f.; ders., FS Huber, S. 1231, 1243 f.

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B. Insolvenzfestigkeit des Grundpfandrechtserwerbs

für die Fälle des § 878 BGB, auch wenn diese im Gesetzeswortlaut des § 147 InsO – bewusst – nicht angesprochen sind. Denn nach der Vorstellung der Gesetzesredakteure sollte sich die Nichterwähnung des § 878 BGB daraus rechtfertigen, dass der Rechtserwerb in den Fällen des § 878 BGB gem. § 140 Abs. 2 InsO als vor Verfahrenseröffnung eingetreten gilt, wenn der Eintragungsantrag zu diesem Zeitpunkt bereits gestellt war; wäre dies richtig, so wäre eine Schutzlücke in der Tat nicht vorhanden. Dabei wurde indessen übersehen, dass der Anwendungsbereich des § 878 BGB (i. V. m. § 91 Abs. 2 InsO) größer ist als der des § 140 Abs. 2 Satz 1 InsO, indem dort anders als unter dem Aspekt der Anfechtbarkeit gerade kein vom Erwerber gestellter Antrag vorausgesetzt wird (Rn. 79). Hatte der Schuldner den Eintragungsantrag gestellt und wurde dieser auch nicht zurückgenommen, so kann nach Verfahrenseröffnung ein wirksamer Rechtserwerb gem. §§ 91 Abs. 2 InsO, 878 BGB eintreten, ohne dass zugleich über § 140 Abs. 2 Satz 1 InsO die Anfechtung ermöglicht wird. Dies ist jedenfalls unerträglich: Der sich erst später vollendende Rechtserwerb darf bei sonst übereinstimmenden Gegebenheiten natürlich erst recht nicht „insolvenzfest“ sein. 83 Die Frage ist gleichwohl, wie – bis zu einer wünschenswerten Auflösung des Dilemmas durch den Gesetzgeber – mit dieser Situation umzugehen ist. Richtigerweise sollte die Interpretation des § 878 BGB auch für die Handhabung der §§ 140 Abs. 2, 147 InsO maßgeblich sein. Solange man mit der ganz h. M. daran festhält, dass eine Überwindung des Insolvenzbeschlags nach § 878 BGB auch dann möglich ist, wenn der Erwerber den Eintragungsantrag nicht selbst gestellt hat (Rn. 79), muss dies auch im Anfechtungsrecht gelten; § 140 Abs. 2 Satz 1 InsO sollte deshalb teleologisch dahin korrigiert werden, dass in zeitlicher Hinsicht auch dann auf den Antrag abzustellen ist, wenn dieser nicht vom Erwerber gestellt worden ist (Rn. 125). 84 Im Hinblick auf die insoweit abweichende h. M. muss aber „hilfsweise“ wenigstens ein Gleichlauf zwischen § 140 Abs. 2 InsO und § 147 InsO hergestellt werden, indem auch in den Fällen eine Anfechtung ermöglicht wird, in denen aufgrund eines vom Schuldner gestellten Eintragungsantrags nach Verfahrenseröffnung wirksam das Recht erworben wird (§§ 91 Abs. 2 InsO, 878 BGB); insoweit ist dann eben in Überstimmung mit der h. M. (Rn. 82) die Bestimmung des § 147 InsO teleologisch zu korrigieren. c) Verkehrsschutz durch gutgläubigen Erwerb 85 Liegen die Voraussetzungen des § 878 BGB nicht vor, so ist natürlich auch im Falle eines sich nach Verfahrenseröffnung durch Grundbucheintragung vollendenden Grundpfandrechtserwerbs noch der Verkehrsschutz durch gutgläubigen insolvenzbeschlagsfreien Erwerb möglich (vgl. § 91 Abs. 2 InsO i. V. m. §§ 892 f. BGB); insoweit gilt das oben Gesagte entsprechend (Rn. 64).

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I. Grundpfandrechtserwerb nach Verfahrenseröffnung

d) Vormerkung Ist der Anspruch auf Bestellung eines Grundpfandrechts durch eine wirksam 86 erworbene Vormerkung gesichert, so kann dieser Anspruch gem. § 106 InsO auch im eröffneten Insolvenzverfahren durchgesetzt werden (Rn. 70). Für die insolvenzrechtliche Wirksamkeit des Vormerkungserwerbs gilt das Vorgesagte entsprechend, d. h. auch insoweit wird die Erwerbsanwartschaft nach § 878 BGB geschützt (s. auch Rn. 71 zum Verkehrsschutz durch gutgläubigen insolvenzbeschlagsfreien Erwerb).74) Eine nach der Verfahrenseröffnung eingetragene Vormerkung hat daher Bestand, wenn zum Eröffnungszeitpunkt eine bindende Bewilligung vorlag und ihre Eintragung beantragt war. 3. Briefübergabe nach Verfahrenseröffnung Die Parteien müssen sich entscheiden, ob sie das Grundpfandrecht als Buch- 87 oder Briefgrundpfandrecht ausgestalten wollen. Das Gesetz sieht als Regelfall das Briefrecht vor (§ 1116 Abs. 1 BGB), d. h. sollten die Parteien keine andere Vereinbarung treffen und ins Grundbuch eintragen lassen, so erwirbt der Sicherungsnehmer das Pfandrecht erst, wenn ihm der Brief übergeben wurde (§ 1117 Abs. 1 BGB). Die Kreditpraxis bevorzugt eindeutig das Buchrecht, vor allem aus Kostengründen und um den mit der mit der Briefaufbewahrung verbundenen Verwaltungsaufwand und das Risiko eines Briefverlusts (mit der Folge eines Aufgebotsverfahrens, § 1162 BGB, §§ 433 ff. FamFG) zu vermeiden.75) Handelt es sich aber um ein Briefgrundpfandrecht, so gehört die Briefüber- 88 gabe an den Gläubiger zum Entstehungstatbestand für das Fremdrecht; demgemäß ist kein wirksamer Rechtserwerb mehr möglich, wenn die Übergabe des Briefes erst nach Eröffnung des Verfahrens erfolgt (s. Rn. 75 f. zur Rechtsgrundlage der Unwirksamkeit bei gestrecktem Rechtserwerb). Auch § 878 BGB vermag in diesem Fall nicht zu helfen, da die Bestimmung anerkanntermaßen dahin auszulegen ist, dass nur noch die Eintragung zur Vollendung des Rechtserwerbs fehlen darf. War die Verfahrenseröffnung zum Zeitpunkt der Briefübergabe noch nicht im Grundbuch vermerkt und dem Erwerber des Grundpfandrechts nicht bekannt, so gilt aber auch insoweit der Gutglaubensschutz nach § 892 BGB.76)

___________ 74) Vgl. BGH, Urt. v. 19.3.1998 – IX ZR 242/97, BGHZ 138, 179, 186 = ZIP 1998, 836; BGH, Urt. v. 10.2.2005 – IX ZR 100/03, ZIP 2005, 627 = ZfIR 2005, 424 m. Anm. Grziwotz; Jaeger/Windel, InsO, § 91 Rn. 118 m. w. N. 75) Vgl. Clemente, Sicherungsgrundschuld, Rn. 41, 43; Fleckner, ZIP 2004, 585, 587 f.; Stöcker, Die Bank 2004, 55, 57. 76) Vgl. nur Jaeger/Windel, InsO, § 91 Rn. 123 m. w. N.; Clemente, Sicherungsgrundschuld, Rn. 1021.

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B. Insolvenzfestigkeit des Grundpfandrechtserwerbs

4. Valutierung nach Verfahrenseröffnung a) Hypothek 89 Handelt es sich bei dem Grundpfandrecht um eine Hypothek, so ist aufgrund der Akzessorietät Voraussetzung für einen insolvenzfesten Rechtserwerb, dass auch die zu sichernde Forderung vor Verfahrenseröffnung zur Entstehung gelangt ist. Erfolgt die Valutierung nach Verfahrenseröffnung durch Auszahlung an den Schuldner, so scheitert der Erwerb eines Fremdgrundpfandrechts in der Insolvenz am zwischenzeitlichen Verlust der Verfügungsbefugnis; Rechtsgrundlage ist wiederum die Bestimmung des § 81 Abs. 1 Satz 1 InsO (nach h. M. § 91 Abs. 1 InsO, s. Rn. 76).77) Der Schutz der Erwerbsanwartschaft nach § 878 BGB vermag hier wiederum nicht zu helfen, da die Bestimmung anerkanntermaßen dahin auszulegen ist, dass nur noch die Eintragung zur Vollendung des Rechtserwerbs fehlen darf (Rn. 88). 90 Erfolgt die Valutierung nach Verfahrenseröffnung durch Auszahlung an einen Dritten, namentlich etwa an den gewerblichen Zwischenfinanzierer, gilt im Ergebnis nichts Abweichendes: Ist dem Schuldner vor Verfahrenseröffnung ein Zwischenkredit gewährt worden gegen Abtretung eines Anspruchs auf Auszahlung des Hypothekenkredits, so wird durch die Auszahlung des Zwischenkredits nicht die Hypothek valutiert. Zahlt der endgültige Kreditgeber den Kreditbetrag nach Verfahrenseröffnung an den Zwischenfinanzierer aus, so hindert § 81 Abs. 1 Satz 1 InsO (nach h. M. § 91 Abs. 1 InsO, s. Rn. 76) die Umwandlung der vorläufigen Eigentümergrundschuld in eine Fremdhypothek.78) b) Sicherungsgrundschuld 91 Gleiches gilt im Ergebnis für die nachträgliche oder erneute Valutierung einer Sicherungsgrundschuld, obwohl diese auch ohne Forderung entstehen und bestehen kann (Rn. 5); der durch die Verfahrenseröffnung bedingte Verlust der Verfügungsbefugnis beeinflusst deshalb nicht ihre wirksame Entstehung. Solange die Grundschuld nicht valutiert, kann ihr der Eigentümer aber aufgrund der Bestimmungen des Sicherungsvertrags (Rn. 7) die Einrede entgegenhalten, dass die Grundschuld nur zur Deckung der zu sichernden Forderung geltend gemacht werden darf („Einrede der Nichtvalutierung“); in der Zwangsversteigerung kann der Eigentümer mit der Widerspruchsklage gegen den Teilungsplan (§ 115 Abs. 1 ZVG i. V. m. § 878 ZPO) durchsetzen, dass ihm der auf das Grundpfandrecht entfallende Erlösanteil zugeteilt wird.79) Würde das Darlehen ausgezahlt und damit die Grundschuld nachträglich valutiert, so ginge der Insolvenzmasse diese Einrede verloren (und mit ihr der ___________ 77) Vgl. nur HK-InsO/Kayser, § 91 Rn. 24; Jaeger/Windel, InsO, § 91 Rn. 41; Muthorst, ZIP 2009, 1794, 1797, jeweils m. w. N. 78) MünchKomm/Breuer, InsO, § 91 Rn. 32; Jaeger/Windel, InsO, § 91 Rn. 30 m. w. N. 79) BGH, Urt. v. 20.12.2001 – IX ZR 419/98, ZIP 2002, 407 m. w. N.

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I. Grundpfandrechtserwerb nach Verfahrenseröffnung

in der Zwangsversteigerung auf die Grundschuld entfallende Erlösanteil); dies ist ein Rechtsverlust, wie er nach Verfahrenseröffnung durch den Insolvenzbeschlag verhindert werden soll.80) Die rechtskonstruktive Begründung hierfür ist richtigerweise stets in § 81 Abs. 1 InsO zu sehen (s. Rn. 75 f.), während andere teils § 91 Abs. 1 InsO anwenden wollen,81) teils danach differenzieren, ob die Valutierung durch Auszahlung an den Schuldner – dann § 81 InsO – oder durch Auszahlung an einen Dritten – dann § 91 InsO – erfolgt.82) Der Verwalter kann deshalb in diesem Fall von dem Grundschuldinhaber nach §§ 1192 Abs. 1, 1169 BGB den Verzicht auf die Grundschuld verlangen, da der Geltendmachung der Grundschuld diese Einrede auf Dauer entgegensteht. c) Verkehrsschutz bei der Valutierung Da die Valutierung bei der Hypothek eine Voraussetzung des Rechtserwerbs 92 darstellt, ist hierauf, wenn die Valutierung in Unkenntnis der Verfahrenseröffnung an den Schuldner erfolgt, ebenfalls die Gutglaubensschutz-Bestimmung des § 892 BGB anwendbar. Aus den eben (Rn. 91) genannten Gründen gilt Entsprechendes aber auch für die Sicherungsgrundschuld.83) 5. Erweiterung des Sicherungszwecks und Sicherungspool Ebenso wie die nach Verfahrenseröffnung erfolgte Valutierung der Siche- 93 rungsgrundschuld (Rn. 92) sind die Fälle zu behandeln, in denen nach Verfahrenseröffnung die Sicherungsfunktion der Grundschuld erweitert wird, insbesondere also weitere Forderungen – seien es Forderungen Dritter (nach erfolgter Abtretung), seien es zusätzliche Forderungen des Gläubigers gegen den Schuldner (durch entsprechende Erweiterung des vereinbarten Sicherungszwecks) – unter die Deckung genommen werden mit der Folge, dass die nicht bzw. nicht mehr valutierenden Teile der Grundschuld durch die neu hinzugekommenen Forderungen gewissermaßen „aufgefüllt“ werden.84) Von Bedeutung ist dies insbesondere für den Sicherungspool:85) Dessen In- 94 solvenzfestigkeit steht zwar an sich außer Frage,86) sodass der dingliche Si___________ 80) A. A. (Rechtserwerb wirksam!) wohl nur Obermüller/Kuder, FS Fischer, S. 385, 390 ff. 81) So die h. M., vgl. BGH, Urt. v. 30.10.1974 – VIII ZR 81/73, NJW 1975, 122; BGH, Urt. v. 20.12.2001 – IX ZR 419/98, ZIP 2002, 407, 408; BGH, Urt. v. 21.2.2008 – IX ZR 255/06, ZIP 2008, 703 [Rn. 13 f.]; Clemente, Sicherungsgrundschuld, Rn. 1023. 82) So z. B. Gerhardt, FS Huber, S. 1231, 1235 f.; HK-InsO/Kayser, § 91 Rn. 25; Jaeger/ Windel, InsO, § 91 Rn. 41; MünchKomm/Breuer, InsO, § 91 Rn. 3; Muthorst, ZIP 2009, 1794, 1798. 83) Gottwald/Eickmann, InsR-Hdb, § 31 Rn. 53; Jaeger/Windel, InsO, § 91 Rn. 123; Häsemeyer, InsR, Rn. 10.30; Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, § 91 Rn. 52. 84) BGH, Urt. v. 30.10.1974 – VIII ZR 81/73, NJW 1975, 122; BGH, Urt. v. 21.2.2008 – IX ZR 255/06, ZIP 2008, 703 [Rn. 10 ff., 13]; Jaeger/Windel, InsO, § 91 Rn. 41, 31. 85) Dazu etwa Mitlehner, Mobiliarsicherheiten im Insolvenzverfahren, Rn. 877 ff. 86) MünchKomm/Ganter, InsO, § 47 Rn. 189; Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis, Rn. 6.136; ders., FS Lüer, 2008, 415, 421; Gundlach/Frenzel/Schmidt, NZI 2003, 142, 144; Peters, ZIP 2000, 2238, 2241; Riggert, NZI 2000, 525, 526 f.; Berner, Sicherheitenpools, S. 90 ff.; a. A. Smid, Kreditsicherheiten, § 24 Rn. 21; ders., NZI 2000, 505, 511.

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B. Insolvenzfestigkeit des Grundpfandrechtserwerbs

cherungsnehmer auch insoweit ein wirksames Absonderungsrecht erwirbt, wie die Sicherheit ausschließlich Forderungen Dritter absichert. Für den Fall einer nach Verfahrenseröffnung erfolgten Begründung oder Erweiterung des Pools scheitert der Erwerb eines Absonderungsrechts aber an § 91 Abs. 1 InsO, wenn die nicht bzw. nicht mehr valutierenden Teile der Grundschuld eines Poolmitglieds durch die Forderungen eines anderen Poolmitglieds „aufgefüllt“ werden (s. auch Rn. 116 zur Parallelfrage für die Anfechtbarkeit).87) Bei voll valutierenden Grundschulden fällt die Poolbildung dagegen nicht unter § 91 Abs. 1 InsO, da der Wert der Grundschuld der Insolvenzmasse ohnehin entzogen war. 6. Abtretung durch einen Dritten 95 Der nach Verfahrenseröffnung erfolgende Grundpfandrechtserwerb durch Abtretung eines bereits bestehenden Rechts seitens eines Dritten (bisherigen Grundpfandgläubigers) fällt grundsätzlich nicht in den Anwendungsbereich des § 91 Abs. 1 InsO, da dadurch die Masse nicht geschmälert wird. Unter der Voraussetzung entsprechender insolvenzfest getroffener Sicherungsvereinbarungen (Rn. 93) ermöglicht dies insbesondere die in der Praxis bewährte Kombination eines üblichen grundpfandrechtlich gesicherten Bankdarlehens mit einem etwas anders strukturierten Bauspardarlehen, wobei beide Finanzierungen sich ergänzen oder zeitlich gestaffelt aufeinander aufbauen (z. B. als sog. „Finanzierung aus einer Hand“). Die Besicherung erfolgt durch eine Grundschuld auf dem Beleihungsobjekt, deren Kapitalbetrag sich am Gesamtfinanzierungsbedarf orientiert und deren Sicherungszweckerklärung sämtliche Forderungen der Bank ebenso wie der Bausparkasse von Anfang an umfasst (sodass die Bank als Zedentin die Grundschuld also von Anfang an zugleich bereits treuhänderisch für die Zessionarin gehalten hatte, vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 BausparkG).88) 96 Zu beachten ist aber stets, dass dies eine insolvenzfeste Sicherungszweckvereinbarung voraussetzt, die auch und gerade die Forderung des Zessionars der Grundschuld erfasst. Hieran fehlt es, wenn der Insolvenzschuldner durch Abtretung einer noch nicht oder nicht mehr (voll) valutierenden Grundschuld an einen bis dahin ungesicherten Gläubiger die Einrede der Nichtvalutierung verliert. Der Verlust dieser Einrede stellt eine Masseschmälerung dar und un-

___________ 87) Vgl. BGH, Urt. v. 21.2.2008 – IX ZR 255/06, ZIP 2008, 703 [Rn. 18]; MünchKomm/ Ganter, InsO, Vor §§ 49 – 52 Rn. 92; Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis, Rn. 6.144; ders., FS Lüer, 415, 422 f.; Cranshaw, WM 2009, 1682, 1688; Kindler, FS Kanzleiter, S. 227 ff.; Reuter, NZI 2010, 167, 170 ff. 88) BGH, Urt. v. 20.12.2001 – IX ZR 419/98, ZIP 2002, 407; BGH, Urt. v. 21.2.2008 – IX ZR 255/06, ZIP 2008, 703 [Rn. 12]; Steinwachs, NJW 2008, 2231, 2233 f.; Fischer, ZInsO 2008, 477 ff.

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II. Anfechtbarer Grundpfandrechtserwerb vor Verfahrenseröffnung

terfällt dadurch dem Tatbestand des § 91 Abs. 1 InsO (aus den gleichen Erwägungen wie im Fall der erstmaligen Valutierung, s. Rn. 91).89) II. Anfechtbarer Grundpfandrechtserwerb vor Verfahrenseröffnung Literatur: Alff, Der BGH und der gesetzliche Löschungsanspruch – Alles zurück auf Anfang, Rpfleger 2012, 417; Alff/Hintzen, Die wiederauferstandene Zwangshypothek, ZInsO 2006, 481; Berger, Der Zeitpunkt des anfechtungsrechtlichen Wirksamwerdens eines Pfandrechts zur Sicherung künftiger Forderungen durch § 140 InsO, NZI 2007, 566; Berger, Insolvenzanfechtung der Nachbesicherung von Krediten, ZIP 2010, 841; Bork, Die Renaissance des § 133 InsO, ZIP 2004, 1684; Bork, Wiederaufleben von Sicherheiten nach Anfechtung der Erfüllungsleistung, FS Kreft, 2004, S. 229; Bork, Grundtendenzen des Insolvenzanfechtungsrechts, ZIP 2008, 1041; ders., Anfechtungsrisiken bei der Sicherheitenbestellung, in: Notarielle Gestaltungspraxis im Insolvenzrecht, 2008, S. 65; ders., Ökonomische Analyse des Insolvenzanfechtungsrechts, in: Internationalisierung des Rechts und seine ökonomische Analyse, 2008, S. 593; Böttcher, Löschungsanspruch nachrangiger Grundpfandrechtsgläubiger gem. § 1179a BGB in Zwangsversteigerungs- und Insolvenzverfahren, ZNotP 2012, 282; Büttner, Die Unentgeltlichkeit in der Rechtsprechung des BGH bei Anfechtung von Tilgung und Besicherung fremder Verbindlichkeiten nach § 134 InsO, InsVZ 2010, 323; Eckardt, Vorausverfügung und Sequestration, ZIP 1997, 957; Eckardt, Anfechtung und Aussonderung – Zur Haftungspriorität des Anfechtungsanspruchs im Verhältnis zu den Eigengläubigern des Anfechtungsgegners, KTS 2005, 15; Eckert, Probleme des für die Insolvenzanfechtung maßgeblichen Zeitpunkts nach § 140 InsO, 2003; Eickmann, Die Verfügungsbeschränkungen des § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO und der Immobiliarrechtsverkehr, FS Uhlenbruck, 2000, S. 149; Fischer G, Der maßgebliche Zeitpunkt der anfechtbaren Rechtshandlung, ZIP 2004, 1679; Fischer P, Gefahrenstellen für Kreditinstitute in der Insolvenz ihrer Kunden – Konkretisierungen des BGH, ZInsO 2013, 1969; Fischfinger, Aktuelle Fragen der Zwangshypothek, §§ 867f. ZPO, WM 2009, 637; Gerhardt, Zum maßgeblichen Zeitpunkt bei mehraktigem Rechtserwerb – Eine Vision vom Gleichklang in §§ 91 Abs. 2, 140 Abs. 2, 147 und 88 InsO, FS Greiner, 2005, S. 31; Grell/ Schormair, Anfechtbarkeit der Nachbesicherung eines Darlehens gem. § 134 InsO, NZI 2009, 625; Grothe, Die vollstreckungsrechtliche „Rückschlagsperre“ des § 88 InsO, KTS 2001, 205; Haarmeyer, Grenzen zulässiger Verwertungs- und Abwicklungsmaßnahmen im Insolvenzeröffnungsverfahren, FS Kreft, 2004, S. 279; Heidbrink, Zum Wiederaufleben von Sicherheiten nach Insolvenzanfechtung, NZI 2005, 363; Hintzen, Zwangsvollstreckung in den Grundbesitz im Insolvenzeröffnungsverfahren, ZInsO 1998, 318; Jacoby F, Die Anfechtbarkeit von Deckungen durch Zwangsvollstreckung und auf Grund von Zwangsvollstreckungsdruck, KTS 2005, 37; Jacoby F, Zur Bedeutung des § 133 InsO im System der Insolvenzanfechtungsgründe, KTS 2009, 3; Jungmann, Die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung im Insolvenzeröffnungsverfahren, NZI 1999, 352; Kayser, Die Insolvenzanfechtung nach § 134 InsO – Auswertung der Anfechtbarkeit von Drittleistungen?, WM 2007, 1; Keller, Die Umsetzung der Rückschlagsperre des § 88 InsO im Grundbuchverfahren, ZIP 2000, 1324; ders., Die Wirkungen der Rückschlagsperre des § 88 InsO auf die Sicherungshypothek nach §§ 866, 867 ZPO, ZIP 2006, 1174; Kesseler, Grundschuldbestellung in Krisensituationen, in: Schröder (Hrsg.) Notarielle Gestaltungspraxis im Insolvenzrecht – aktuelle Fragen, 2008, S. 37; ders., Die Insolvenzfestigkeit des gesetzlichen Löschungsanspruchs aus § 1179a BGB, NJW 2012, 2240; ders., Die freien Teile von Grundschulden als Massebestand-

___________ 89) BGH, Urt. v. 21.2.2008 – IX ZR 255/06, ZIP 2008, 703 [Rn. 13]; Jaeger/Windel, InsO, § 91 Rn. 8. Allgemein zur treuhänderischen (Mit-)Besicherung von Ansprüchen Dritter s. Clemente, Sicherungsgrundschuld, Rn. 302 ff.; Gaberdiel/Gladenbeck, Kreditsicherung durch Grundschulden, Rn. 685 ff.; Wenzel, Sicherungsgrundschuld, Rn. 4/2224 ff.

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B. Insolvenzfestigkeit des Grundpfandrechtserwerbs teil, ZIP 2014, 110; Kirchhof, Anfechtbarkeit von Sachsicherheiten insbesondere der Banken in der Insolvenz des Kunden, ZInsO 2004, 465; Klinck, Die Grundlagen der besonderen Insolvenzanfechtung, 2011; Kreft, Insolvenzrechtliche Unwirksamkeit: Gedanken zu §§ 88, 96 Abs. 1 Nr. 3, § 103 Abs. 1 InsO, FS Fischer, 2008, S. 297; ders., Die Gläubigerbenachteiligung – Eine unterschätzte Anfechtungsvoraussetzung?, KTS 2012, 405; Lenenbach, Sicherungsmaßnahmen im Insolvenzeröffnungsverfahren, 2003; Molitor, Anfechtbarkeit von Banksicherheiten in der Insolvenz des Kreditnehmers, ZInsO 2006, 23; Obermüller, Die "Insolvenzfestigkeit" des gesetzlichen Löschungsanspruchs und des abgetretenen Rückgewähranspruchs, ZIP 2013, 299; Raebel, Antragsrücknahme statt Insolvenzanfechtung – ein Schlusspunkt?, ZInsO 2002, 954; Reul, Vermeidung des Anfechtungsrisikos durch Vertragsgestaltung, MittBayNot 2010, 363; ders., Insolvenzfestigkeit der Abtretung der Rückgewähransprüche bei der Grundschuld und/oder des gesetzlichen Löschungsanspruchs nach § BGB § 1179a BGB?, DNotZ 2012, 883; Scherer, Insolvenzanfechtung bei eintragungspflichtigen Rechtsgeschäften, ZIP 2002, 341; Thietz-Bartram, Keine Sperre durch die Rückschlagsperre – Zur Heilung der Unwirksamkeit von gegen § 88 InsO verstoßenden Vollstreckungen, ZInsO 2006, 527; Thietz-Bartram/Spilger, Rückschlag für die Rückschlagsperre – begrenzte Unwirksamkeit des § 88 InsO, ZInsO 2005, 858; Thole, Grundfragen und aktuelle Problemstellungen der Anfechtung unentgeltlicher Leistungen, KTS 2011, 219; Wittig, Die Bedeutung der „Schenkungsanfechtung“ (§ 134 InsO) für das Kreditgeschäft, NZI 2005, 606.

97 Vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens kann der Schuldner grundsätzlich wirksame Verfügungen vornehmen, also beispielsweise auch ein Grundpfandrecht bestellen. In Gestalt der Insolvenzanfechtung eröffnet das Gesetz aber dem Insolvenzverwalter nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Möglichkeit, aus der Phase vor Verfahrenseröffnung herrührende nachteilige Rechtswirkungen aller Art wieder rückgängig zu machen, sofern die in den gesetzlichen Anfechtungstatbeständen normierten Merkmale eines minder schutzwürdigen Erwerbs vorliegen. Die Rechtsordnung hat damit ein Instrument geschaffen, dessen Nützlichkeit und Notwendigkeit zur Korrektur irregulärer Transaktionen aus der häufig chaotischen Phase vor der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens von völlig unbezweifelbarer Evidenz ist. Es handelt sich aber zugleich um ein Instrument, das unter dem Aspekt der Privatautonomie und des Verkehrsschutzes nicht unbeträchtliche Einbußen an zentralen Elementen der marktwirtschaftlichen Ordnung mit sich bringt: Indem mittels Anfechtung gewissermaßen rückwirkend in bereits abgeschlossene Transaktionen eingegriffen werden kann, kassiert man zugunsten der Insolvenzmasse die Ergebnisse privatautonomer Rechtsgestaltung aus einer Phase, in der die Fähigkeit des späteren Insolvenzschuldners zu privatautonomer Regelung seiner Vermögensverhältnisse eben noch nicht durch einen angemessen publizierten Hoheitsakt für alle sichtbar eingeschränkt war. Mit diesem Instrument muss deshalb „sensibel“ umgegangen werden, d. h. unter sorgfältiger Berücksichtigung der normierten Wertentscheidungen des Gesetzgebers wie auch der schutzwürdigen Belange der Beteiligten und des Rechtsverkehrs. 98 Die Angreifbarkeit speziell von Kreditsicherheiten gehört unter diesem Aspekt zu den am meisten problematischen, teilweise bis ins Grundsätzliche hinein ungeklärten Fragen des Insolvenzanfechtungsrechts. Denn zwar sind der Bestellung von Kreditsicherheiten die gläubigerschädigende Tendenz und

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II. Anfechtbarer Grundpfandrechtserwerb vor Verfahrenseröffnung

das Bewusstsein der Beteiligten, im Insolvenzfall die konkurrierenden Gläubiger zu benachteiligen, geradezu immanent. Nicht minder gewiss ist jedoch, dass das Anfechtungsrecht die Wertentscheidung für die Legitimität der Kreditsicherheiten und ihre Bestandskraft gerade auch im Insolvenzfall respektieren muss.90) Diese prinzipielle Wertentscheidung ist nicht zuletzt durch die Insolvenzordnung in einem sehr weiten Umfang gegenüber restriktiveren Gegenentwürfen rechtspolitisch bestätigt worden.91) Der daraus resultierende Zielkonflikt zwischen dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Gläubiger auf der einen Seite, der Anerkennung der Kreditsicherheiten andererseits wird zugleich bei den zahlreichen Detailfragen sichtbar, die bei der Anfechtbarkeit von Sicherheiten bestehen. Es ist deshalb – unbefriedigenderweise – nicht immer leicht, sichere Antwor- 99 ten auf die Frage nach der Anfechtungsfestigkeit des Sicherheitenerwerbs zu geben.92) Hinzu kommt, dass Anfechtungsprozesse häufig viel Zeit benötigen und in diesem Zeitraum zumindest eine freihändige Veräußerung des Grundstücks durch den Insolvenzverwalter faktisch blockiert ist. Eine vergleichsweise Einigung mit dem Anfechtungsgegner (Grundpfandgläubiger) wird daher im Einzelfall auch bei an sich aussichtsreichem Anfechtungsprozess nicht selten das – jenseits der offensichtlichen Insolvenzzweckwidrigkeit rechtlich grundsätzlich unbedenkliche93) – Mittel der Wahl sein, um eine wirtschaftlich günstige Verwertungsmöglichkeit für das Grundstück oder gar den Gesamtbetrieb nicht vorübergehen lassen zu müssen. 1. Gläubigerbenachteiligende Rechtswirkung a) Erfordernis unmittelbarer Benachteiligung Nach der Grundnorm des § 129 InsO sind nur solche Rechtshandlungen an- 100 fechtbar, die die Insolvenzgläubiger benachteiligen. Dem Begriff der „Rechtshandlung“ kommt dabei nur insofern Bedeutung zu, als es für einzelne Anfechtungstatbestände, namentlich die Vorsatzanfechtung, explizit einer vom Schuldner vorgenommenen Rechtshandlung als Anknüpfungspunkt bedarf (s. deshalb unten Rn. 172 zur Anfechtung von Zwangs- und Arresthypothe___________ 90) Vgl. etwa BGH, Urt. v. 5.3.2009 – IX ZR 85/07, BGHZ 180, 98 = ZIP 2009, 922 [Rn. 13]; BGH, Urt. v. 7.11.2013 – IX ZR 248/12, ZIP 2013, 2368 [Rn. 18]. 91) Vgl. BGH, Urt. v. 7.11.2013 – IX ZR 248/12, ZIP 2013, 2368 [Rn. 18]; Jaeger/Henckel, InsO, Vor §§ 49 bis 52 Rn. 4; MünchKomm/Ganter, InsO, Vor §§ 49 bis 52 Rn. 9; Karsten Schmidt/Thole, InsO, § 49 Rn. 1; s. auch BGH, Urt. v. 1.12.2011 – IX ZR 11/11, BGHZ 192, 9 = ZIP 2011, 2417 [Rn. 16] zum verfassungsrechtlichen (Art. 14 GG) Schutz der Absonderungsrechte. 92) Vgl. nur BGH, Urt. v. 17.2.2011 í IX ZR 91/10, ZIP 2011, 1114 [Rn. 7]; Kreft, FS Karsten Schmidt, 2009, S. 965 m. w. N. 93) Vgl. BGH, Urt. v. 7.11.2013 – IX ZR 248/12, ZIP 2013, 2368 [Rn. 18]; Jaeger/Henckel, InsO, Vor §§ 49 bis 52 Rn. 4; MünchKomm/Ganter, InsO, Vor §§ 49 bis 52 Rn. 9; Karsten Schmidt/Thole, InsO, § 49 Rn. 1; s. auch BGH, Urt. v. 1.12.2011 – IX ZR 11/11, BGHZ 192, 9 = ZIP 2011, 2417 [Rn. 16] zum verfassungsrechtlichen (Art. 14 GG) Schutz der Absonderungsrechte.

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B. Insolvenzfestigkeit des Grundpfandrechtserwerbs

ken); im Übrigen ist anfechtungsrechtlich nicht ein Tun oder Unterlassen durch welche Person auch immer maßgeblich, sondern die hierdurch ausgelöste gläubigerbenachteiligende Rechtswirkung (§ 140 Abs. 1 InsO, s. Rn. 121). Eine objektiv94) gläubigerbenachteiligende Rechtswirkung liegt dann vor, wenn die Rechtswirkung Nachteile für das haftende Vermögen (= die spätere Insolvenzmasse) auslöst. Im Regelfall genügen hierfür mittelbare Nachteile. Dies bedeutet, dass es ausreicht, wenn die betreffende Rechtswirkung erst im weiteren Verlauf der Dinge durch Hinzutreten zusätzlicher Umstände nachteilige Effekte für die spätere Insolvenzmasse auslöst. Maßgeblicher Zeitpunkt in diesem Sinne ist die letzte mündliche Verhandlung in den Tatsacheninstanzen des Anfechtungsrechtsstreits.95) 101 Anders als im Regelfall (Rn. 100) genügt für eine Anfechtung nach §§ 132 Abs. 1, 133 Abs. 2 InsO keine mittelbare Gläubigerbenachteiligung, vielmehr ist erforderlich, dass die angefochtene Rechtswirkung unmittelbare Nachteile für das haftende Vermögen (= die spätere Insolvenzmasse) herbeiführt. Dies erfordert, dass ohne Hinzutreten weiterer Umstände die Befriedigungsmöglichkeiten aus dem Schuldnervermögen beeinträchtigt wurden.96) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Frage der objektiven Gläubigerbenachteiligung ist in diesem Fall deshalb der Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts. Bei mehraktigen Rechtsgeschäften ist dies an sich der Zeitpunkt, in dem die Rechtswirkung des Rechtsgeschäfts ausgelöst wird, u. U. aber stattdessen der Zeitpunkt der Antragstellung (Rn. 121 ff.). b) Grundpfandrecht an wertausschöpfend belastetem Grundstück 102 Durch die Anfechtung soll die Zugriffslage wiederhergestellt werden, die ohne die angefochtene Rechtswirkung für die Gläubiger bestanden hätte. Deshalb ist eine Rechtswirkung nur anfechtbar, wenn durch sie die Befriedigungsmöglichkeit aus dem Schuldnervermögen beeinträchtigt wird. Dies ist bei der Bestellung eines werthaltigen Grundpfandrechts selbstverständlich der Fall, da das dadurch entstehende privilegierte Befriedigungsrecht des Gläubigers in der Grundstücksverwertung einen entsprechenden Anteil am Erlös verbürgt, der der Insolvenzmasse damit fehlt. 103 Eine Gläubigerbenachteiligung durch Bestellung eines Grundpfandrechts kommt dagegen nicht in Betracht, wenn das Grundstück bereits zuvor mit wirksamen und insolvenz- sowie anfechtungsfesten dinglichen Rechten wert___________ 94) Wer irrig einen Sachverhalt annimmt, bei dem es an der objektiven Benachteiligung fehlen würde, handelt ohne Benachteiligungsvorsatz, vgl. nur BGH, Urt. v. 6.10.2009 – IX ZR 191/05, BGHZ 182, 317 = ZIP 2009, 2009 [Rn. 12]; BGH, Urt. v. 9.2.2012 – IX ZR 48/11, NZI 2012, 514 [Rn. 4]. 95) Siehe etwa BGH, Urt. v. 11.11.1993 – IX ZR 257/92, ZIP 1994, 40; BGH, Urt. v. 3.5.2007 – IX ZR 16/06, ZIP 2007, 1326 [Rn. 17]; BGH, Urt. v. 19.5.2009 – IX ZR 129/06, ZIP 2009, 1285 [Rn. 29]; Jaeger/Henckel, InsO, § 129 Rn. 77. 96) Siehe etwa BGH, Urt. v. 23.11.2006 – IX ZR 126/03, ZIP 2007, 588, 589 [Rn. 19]; BGH, Urt. v. 19.5.2009 – IX ZR 129/06, ZIP 2009, 1285 [Rn. 18].

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II. Anfechtbarer Grundpfandrechtserwerb vor Verfahrenseröffnung

ausschöpfend belastet ist und eine Verwertung durch den Insolvenzverwalter deshalb nicht zu einer – auch nur teilweisen – Besserstellung des Gläubigers geführt hätte.97) Dies ist vor allem dann der Fall, wenn der in der (freihändigen)98) Verwertung des Grundstücks erzielbare Erlös die Belastungen zzgl. der Verwertungskosten nicht übersteigt.99) Zur Ermittlung des Umfangs der vorrangigen dinglichen Belastungen ist nicht 104 auf deren nominelle Höhe abzustellen, sondern auf den Umfang ihrer Valutierung, d. h. die tatsächliche Höhe der durch sie gesicherten Forderungen. Dies versteht sich bei der Hypothek im Hinblick auf deren Akzessorietät (Rn. 10) von selbst; jedoch gilt auch bei der Sicherungsgrundschuld nichts anderes, da hinsichtlich des nicht valutierenden Teils ein Rückgewähranspruch des Eigentümers besteht, den dessen Gläubiger pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen können. Konsequent ist dann eine Gläubigerbenachteiligung in voller Höhe der dinglichen Belastung zu bejahen, wenn mit dem Grundstück auch gleichzeitig die Ansprüche auf Rückgewähr noch nicht valutierender Teile der Grundschuld abgetreten werden.100) Für das Vorliegen einer Gläubigerbenachteiligung ist die Form entscheidend, 105 in der das Grundstück konkret übertragen wird, denn genau in dieser Form wird es dem Zugriff der Gläubiger entzogen. War zu dieser Zeit das Grundstück wertausschöpfend belastet, kommt eine Gläubigerbenachteiligung nicht in Betracht, selbst wenn der Schuldner später vertragsgemäß die Belastungen beseitigt.101) Ist der Grundstückserwerber gleichzeitig durch andere Sicherheiten (z. B. 106 Abtretung der Ansprüche aus einer Lebensversicherung) gesichert, wird dies selbst dann nicht berücksichtigt, wenn er dadurch übersichert ist, da sich diese nicht auf den Erlös der Zwangsversteigerung des belasteten Grundstücks auswirken können. Der Sicherungsnehmer hat ein Wahlrecht, welche der Sicherheiten er freigeben will und welche er behalten möchte, ein Anspruch gerade auf Freigabe der Grundschuld besteht nicht.102) ___________ 97) BGH, Urt. v. 12.11.1992 – IX ZR 237/91, ZIP 1993, 271, 274; OLG Frankfurt/M., Urt. v. 15.11.2012 – 3 U 70/12, ZIP 2013, 329; OLG Karlsruhe, Urt. v. 20.12.2012 – 9 U 79/06, ZfIR 2013, 561 m. Anm. Riedel; Bork/Bork, Hdb. Insolvenzanfechtungsrecht, Kap. 15 Rn. 17; Clemente, Sicherungsgrundschuld, Rn. 1041. 98) OLG Brandenburg, Urt. v. 19.11.2008 – 7 U 150/06, ZInsO 2009, 240, 241; MünchKomm/Kayser, InsO, § 129 Rn. 152b; Kreft, KTS 2012, 405, 414; anders zumindest für die Einzelgläubigeranfechtung BGH, Urt. v. 20.10.2005 – IX ZR 276/02, ZIP 2006, 387 [Rn. 7]; BGH, Urt. v. 31.1.2011 – IX ZR 13/07, ZIP 2011, 440 [Rn. 6]. 99) BGH, Urt. v. 20.10.2005 – IX ZR 276/02, ZIP 2006, 387; BGH, Urt. v. 23.11.2006 – IX ZR 126/03, ZIP 2007, 588, 590; BGH, Urt. v. 3.5.2007 – IX ZR 16/06, ZIP 2007, 1326. 100) BGH a. a. O. 101) BGH, Urt. v. 19.5.2009 – IX ZR 129/06, ZIP 2009, 1285 [Rn. 20, 25]. 102) BGH, Urt. v. 23.11.2006 – IX ZR 126/03, ZIP 2007, 588 [Rn. 31 f.].

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107 Die schlichte Behauptung einer wertausschöpfenden Belastung reicht nicht aus. Die Darlegungs- und Beweislast für die „Gläubigerbenachteiligung“ (= die Beeinträchtigung des haftenden Vermögens durch die anfechtbare Rechtswirkung) und somit auch für das Nichtvorliegen einer wertausschöpfenden Belastung liegt nicht bei dem Anfechtungsgegner, sondern bei dem Anfechtenden. Da die Gläubigerbenachteiligung zwingende Voraussetzung jedes Anfechtungsanspruchs ist, gehört sie zu den Klage begründenden Umständen. Diese Last kann jedoch erleichtert werden. Muss eine Partei Umstände darlegen und beweisen, die zu dem ihrem Einblick entzogenen Bereich des Prozessgegners gehören, ist zu prüfen, ob es dem Prozessgegner im Rahmen seiner Erklärungslast nach § 138 Abs. 2 ZPO zuzumuten ist, dieser Partei eine prozessordnungsgemäße Darlegung durch nähere Angaben über die zu ihrem Wahrnehmungsbereich gehörenden Verhältnisse zu ermöglichen. Kennt der Prozessgegner alle wesentlichen Tatsachen und ist es ihm zumutbar, nähere Angaben zu machen, kann von ihm ein substantiiertes Bestreiten verlangt werden. Kommt er dieser sekundären Darlegungslast nicht nach, gilt der sonst als nicht hinreichend substantiiert anzusehende Vortrag des Prozessgegners als zugestanden. Für den Anfechtungsgegner ist der Umfang der von ihm übernommenen grundpfandrechtlich gesicherten Verbindlichkeiten ohne Weiteres ersichtlich. Ihm ist daher auch zuzumuten, detailliert zum Valutierungsstand im fraglichen Zeitpunkt vorzutragen.103) c) Grundpfandrecht gegen Darlehensauszahlung aa) Gläubigerbenachteiligung 108 Objektiv gläubigerbenachteiligend kann die Grundpfandrechtsbestellung auch dann sein, wenn sie gleichzeitig oder in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Auszahlung der Darlehenssumme erfolgt ist. Von unmittelbarem Nachteil ist die Grundpfandrechtsbestellung hier zwar nicht: Da von dem Grundpfandrecht, sei es Hypothek oder Sicherungsgrundschuld, jedenfalls nur im Umfang der Valutierung Gebrauch gemacht werden kann, wird die durch die Grundpfandrechtsbestellung entstandene Schmälerung des haftenden Vermögens zunächst vollumfänglich durch die der Insolvenzmasse zugeflossene objektiv wertäquivalente Darlehenssumme ausgeglichen. Weil jedoch für die hier praktisch allein in Betracht kommenden Tatbestände der Deckungs-, Vorsatz- und Schenkungsanfechtung eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung genügt (Rn. 100), führt schon der Umstand, dass die empfangene Darlehenssumme „flüchtiger“ ist als das Weggegebene, also – wie typischerweise bei einer in Geld bestehenden Gegenleistung – leichter als dieses verheimlicht, verbraucht oder zur (inkongruenten) Befriedigung anderer Gläubiger verwendet werden kann und deshalb bei Verfahrenseröffnung ___________ 103) BGH, Urt. v. 20.10.2005 – IX ZR 276/02, ZIP 2006, 387 [Rn. 9 ff.]; BGH, Urt. v. 19.5.2009 – IX ZR 129/06, ZIP 2009, 1285.

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nicht oder nicht mehr vollständig vorhanden ist, zu einer relevanten Gläubigerbenachteiligung.104) bb) Bargeschäft Auch wenn der Umstand, dass der Insolvenzmasse für das Grundpfandrecht in 109 Gestalt der Darlehenssumme unmittelbar ein haftungsrechtlich äquivalenter Gegenwert zugeflossen ist, den Eintritt einer (mittelbaren) Gläubigerbenachteiligung nach dem Vorgesagten gerade nicht ausschließt, kann er sich jedoch in der Einstufung als „Bargeschäft“ i. S. v. § 142 InsO in der Weise anfechtungseinschränkend auswirken, dass die Sicherheitenbestellung der Anfechtung wegen kongruenter Deckung (§ 130 InsO) entzogen ist (Rn. 113). Um ein Bargeschäft nach § 142 InsO handelt es sich, wenn das Grundpfand- 110 recht als „Gegenleistung“ für das empfangene Darlehen angesehen werden kann. Dies setzt vor allem voraus, dass das Grundpfandrecht im Gegenzug für die Kreditgewährung gestellt wird, die Sicherheit also nicht zur Nachbesicherung von Altkrediten oder zur Besicherung von Krediten Dritter (einschließlich der „Auffüllung“ der Sicherheit mit Forderungen der anderen Mitglieder eines nachträglich gebildeten Sicherungspools, s. dazu Rn. 94) verwendet wird.105) Insofern kommt anfechtungsrechtlich auch eine Aufteilung in Betracht, vorausgesetzt, es kann eindeutig festgestellt werden, inwiefern sich das Grundpfandrecht auf ältere oder neue Forderungen bzw. eigenen und fremden Kredit bezieht. Sichert das Grundpfandrecht nach der Zweckvereinbarung zugleich einen Altkredit, so bleibt gleichwohl ein Bargeschäft denkbar, wenn die Sicherheit primär für den neu gewährten Kredit haften soll und nur für dessen Tilgung ausreicht.106) Das Stehenlassen der Darlehensforderung bedeutet keine ausgleichende 111 Gegenleistung, weil durch das bloße Unterlassen der Rückforderung dem Schuldner kein neuer Vermögenswert zugeführt wird; der Schuldner hat ihn vielmehr bereits durch die Darlehensgewährung erhalten.107) Erforderlich ist ferner, dass zwischen der Auszahlung des Darlehens und 112 der Grundpfandrechtsbestellung ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang besteht; denn dem Schuldner darf kein Kredit gewährt werden. Maßstab ist der übliche Bearbeitungszeitraum. Speziell bei Grundpfandrechten ___________ 104) Vgl. Bork/Ehricke, Hdb. Insolvenzanfechtungsrecht, Kap. 4 Rn. 36; Eckardt, ZIP 1999, 1422, 1425 ff.; Jaeger/Henckel, InsO, § 129 Rn. 101, 196 ff., 202, § 142 Rn. 19; missverständlich BGH, Urt. v. 21.2.2008 – IX ZR 255/06, ZIP 2008, 703 [Rn. 20]; unrichtig OLG Saarbrücken, Urt. v. 10.5.2011 – 4 U 297/10, ZIP 2011, 1480, 1481 f. 105) Vgl. BGH, Urt. v. 12.11.1992 – IX ZR 236/91, ZIP 1993, 276, 278; BGH, Urt. v. 19.3.1998 – IX ZR 22/97, ZIP 1998, 793, 798; Bork/Bork, Hdb. Insolvenzanfechtungsrecht, Kap. 15 Rn. 34; Clemente, Sicherungsgrundschuld, Rn. 1049 f.; Jaeger/Henckel, InsO, § 129 Rn. 238 ff. 106) Vgl. BGH, Urt. v. 12.11.1992 – IX ZR 236/91, ZIP 1993, 276, 278. 107) BGH, Urt. v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297 = ZIP 2008, 183 [Rn. 41].

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ist aber analog § 140 Abs. 2 InsO auch eine mehrmonatige Verzögerung zu akzeptieren, sofern der Erwerber zeitnah seine Eintragung beantragt hatte (was in den Zeiten des elektronischen Grundbuchs freilich ein seltener Ausnahmefall sein sollte).108) Verzögert sich umgekehrt die Auszahlung der Darlehensvaluta, erbringt also der Schuldner mit der Grundpfandrechtsbestellung eine Vorleistung, sollte dies der Annahme eines Bargeschäfts dagegen nicht entgegenstehen, zumal vor der Valutierung eine wirtschaftliche Einbuße der Insolvenzmasse nicht vorhanden ist.109) 113 Schließlich ist dem Begriff des Bargeschäfts nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs immanent, dass es sich um eine kongruente Deckung handelt;110) zu prüfen ist deshalb stets, ob die gewährte Sicherheit dem entspricht, was vor der Krise vereinbart worden war (Rn. 135 ff.). Im Ergebnis ist deshalb bei einem Bargeschäft auch nur die Anfechtung nach § 130 InsO ausgeschlossen, nicht aber – wenngleich insoweit am Gesetzeswortlaut und der Regelungsabsicht des Gesetzgebers vorbei – die Anfechtung wegen inkongruenter Deckung und natürlich die Vorsatzanfechtung. Möglich ist dies, weil die Eigenschaft als Bargeschäft eben nicht stets die (mittelbare) objektive Gläubigerbenachteiligung ausschließt (Rn. 108); wäre dies anders, müssten alle Anfechtungstatbestände in gleicher Weise ausgeschlossen sein. d) Werthaltigmachen 114 Zu den Mobiliarsicherheiten, insbesondere zur Sicherungszession, existiert eine mittlerweile etablierte Rechtsprechung, wonach auch das unter Verwendung massezugehöriger Mittel erfolgte „Werthaltigmachen“ der Sicherheit eine zur Insolvenzanfechtung führende gläubigerbenachteiligende Wirkung darstelle, sodass die mit Massemitteln erfolgte Wertschöpfung zugunsten der Masse auszugleichen sei.111) Folgt man dem, so müsste dies – was in der Rechtsprechung allerdings bisher keinen Niederschlag gefunden hat – für das Werthaltigmachen von Grundpfandrechten ebenso gelten; hierzu kann es ___________ 108) Vgl. BGH, Urt. v. 26.1.1977 – VIII ZR 122/75, NJW 1977, 718; BGH, Urt. v. 21.5.1980 – VIII ZR 40/79, ZIP 1980, 518, 519; BGH, Beschl. v. 8.5.2008 – IX ZR 116/07, MittBayNot 2009, 61 [Rn. 5] m. Anm. Kesseler; MünchKomm/Kirchhof, InsO, § 142 Rn. 18, 20; Bork/Bork, Hdb. Insolvenzanfechtungsrecht, Kap. 15 Rn. 36. 109) Vgl. HK-InsO/Kreft, § 142 Rn. 6. 110) BGH, Urt. v. 17.6.2004 – IX ZR 124/03, ZIP 2004, 1509, 1510; BGH, Urt. v. 13.4.2006 – IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190, 198 f. = ZIP 2006, 1261 [Rn. 36]; BGH, Urt. v. 8.3.2007 – IX ZR 127/05, ZIP 2007, 924, 926 [Rn. 22]; BGH, Urt. v. 10.5.2007 – IX ZR 146/05, ZIP 2007, 1162, 1163 [Rn. 10]; Bork/Ehricke, Hdb. Insolvenzanfechtungsrecht, Kap. 4 Rn. 48 m. w. N.; a. A. z. B. Eckardt, ZIP 1999, 1417, 1422 ff.; differenzierend Jaeger/Henckel, InsO, § 142 Rn. 8 ff. 111) Vgl. BGH, Urt. v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297, 300 f., 309 f. = ZIP 2008, 183 [Rn. 12 f., 36 f.]; BGH, Urt. v. 29.11.2007 – IX ZR 165/05, ZIP 2008, 372 [Rn. 15]; BGH, Urt. v. 26.6.2008 – IX ZR 47/05, ZIP 2008, 1437 [Rn. 22]; BGH, Urt. v. 26.6.2008 – IX ZR 144/05, ZIP 2008, 1435 [Rn. 17 f.]; BGH, Urt. v. 19.9.2013 – IX ZR 4/13, ZIP 2013, 2113 [Rn. 10]; dazu z. B. Bork, ZIP 2008, 1041, 1045; Gehrlein, ZInsO 2010, 1857, 1859; Jacoby, ZIP 2008, 385, 386 f.; Mitlehner, ZIP 2008, 189, 190.

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II. Anfechtbarer Grundpfandrechtserwerb vor Verfahrenseröffnung

etwa kommen, indem der Wert des Grundpfandrechts durch Verbesserung des Grundstücks bzw. der aufstehenden Gebäude oder durch Erweiterung des Haftungsverbands durch hinzuerworbene Zubehörstücke unter Verwendung von Massemitteln erhöht wird.112) e) Sicherheitentausch An einer Gläubigerbenachteiligung fehlt es, wenn lediglich eine vollwertige, 115 wirksam und unanfechtbar bestellte Sicherheit durch eine gleichwertige andere ersetzt wird, ohne dass damit für das Schuldnervermögen ein zusätzlicher Rechtsverlust verbunden wäre (Sicherheitentausch oder SicherheitenKette).113) Bei Grundpfandrechten ist ein solcher Fall aber schwer vorstellbar; lässt der Gläubiger sich im Austausch ein Grundpfandrecht an einem anderen Grundstück bestellen, dann doch in der Regel gerade wegen höherer Befriedigungsaussichten. Ob sich die Fallgruppe nicht ohnehin auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen die Ersatz-Sicherheit im üblichen Geschäftsverkehr am selben Objekt oder an dessen Surrogat bestellt wird (wie etwa beim verlängerten Eigentumsvorbehalt), kann daher hier dahinstehen.114) f) Unterdeckungnahme und Sicherungspool Gläubigerbenachteiligend ist auch die „Unterdeckungnahme“ einer Forde- 116 rung, die dadurch bewirkt wird, dass eine bislang ungesicherte Forderung an den Gläubiger einer nicht mehr (voll) valutierenden, mit weiter Zweckerklärung gewährten Sicherungsgrundschuld abgetreten wird (oder umgekehrt eine solche Sicherungsgrundschuld dem Gläubiger einer ungesicherten Forderung abgetreten wird); denn durch diese Form der manipulativen Revalutierung verliert der Schuldner die Einrede der Nichtvalutierung, was einen nach § 140 Abs. 1 InsO anfechtbaren Rechtserwerb darstellt.115) Für den Fall einer nachträglichen, innerhalb der anfechtungsrelevanten Zeiträume erfolgten Bildung oder Erweiterung eines Sicherungspools ergibt sich aus dem zuvor Gesagten, dass der Erwerb des Absonderungsrechts der Anfechtung unterliegt, wenn und soweit hierdurch eine nicht mehr voll valutierende Grundschuld mit Forderungen anderer Poolmitglieder „aufgefüllt“ wird (s. bereits Rn. 94 zur Poolbildung nach Verfahrenseröffnung).116) Bei voll valutierenden Grund___________ 112) Zutr. Molitor/Hild/Bosold, Immobilien in der Insolvenzrechtspraxis, Rn. 505 ff. 113) Vgl. BGH, Urt. v. 2.6.2005 – IX ZR 181/03, ZIP 2005, 1651. 114) Vgl. Jaeger/Henckel, InsO, § 129 Rn. 103; s. allg. Kirchhof, ZInsO 2004, 465, 469; Molitor, ZInsO 2006, 23, 24. 115) Zutr. Molitor/Hild/Bosold, Immobilien in der Insolvenzrechtspraxis, Rn. 505 ff.; s. auch BGH, Urt. v. 21.2.2008 – IX ZR 255/06, NJW-RR 2008, 780; dazu Uhlenbruck/ Brinkmann, InsO, § 51 Rn. 55; Kindler, FS Kanzleiter, S. 227, 233; P. Fischer, ZInsO 2008, 477 ff.; Griesbeck, ZIP 2008, 1813 ff.; Steinwachs, NJW 2008, 2231 ff. 116) Siehe etwa Buchalik/Rinker, in: Buth/Hermanns, Restrukturierung, Sanierung, Insolvenz, § 4 Rn. 26 ff.; Peters, ZIP 2000, 2238, 2246; Steinwachs, NJW 2008, 2231, 2232 f.; Berner, Sicherheitenpools, S. 81; May, Bankenpool, S. 108 f.

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B. Insolvenzfestigkeit des Grundpfandrechtserwerbs

schulden ist die Poolbildung dagegen mangels objektiver Gläubigerbenachteiligung nicht anfechtbar, da der Wert der Grundschuld der Insolvenzmasse ohnehin entzogen war.117) g) Bestellung einer Vormerkung 117 Ist der Anspruch auf Bestellung eines Grundpfandrechts durch eine ihrerseits unanfechtbar bestellte Vormerkung gesichert, scheidet aufgrund der Insolvenzfestigkeit des vormerkungsgesicherten Anspruchs (§ 106 InsO) eine Gläubigerbenachteiligung an sich aus. Zu fragen ist aber selbstverständlich, ob nicht die Bestellung der Vormerkung ihrerseits nach allgemeinen Regeln angefochten werden kann, da die gesicherte Rechtsposition, die sie bewirkt, eine selbstständig anfechtbare gläubigerbenachteiligende Rechtswirkung darstellt; ist dies der Fall, so unterliegt die Gesamttransaktion der Anfechtung (s. Rn. 127). h) Verfügungen über Gegenstände des Haftungsverbands aa) Verfügungen zugunsten eines Grundpfandgläubigers 118 Problematisch ist die Gläubigerbenachteiligung auch, wenn sich ein Grundpfandgläubiger zugleich einzelne Forderungen bzw. Zubehörstücke, die Bestandteile des Haftungsverbands sind (§§ 1120 ff. BGB, s. Rn. 424 ff.), zur Sicherheit übertragen lässt oder Miet- und Pachtforderungen pfändet bzw. die hierauf eingehenden Zahlungen mit der Forderung gegen den Schuldner verrechnet; dies wird unten (Rn. 456 ff.) im Zusammenhang erörtert. bb) Verfügungen zugunsten eines Dritten 119 Wenn der Schuldner vor Verfahrenseröffnung Gegenstände des Haftungsverbands mit enthaftender Wirkung an einen Dritten veräußert, der nicht Grundpfandgläubiger ist, oder wenn ein Dritter im Wege der Zwangsvollstreckung auf solche Gegenstände zugreift, so fragt sich, ob hierdurch die Insolvenzmasse oder die Grundpfandgläubiger benachteiligt sind; auch dies wird unten (Rn. 445) im Zusammenhang erörtert. i) Zahlung auf die grundpfandrechtlich gesicherte Forderung 120 Eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung liegt nicht vor, wenn der persönliche Schuldner und Eigentümer auf die persönliche Forderung des Grundpfandgläubigers zahlt, sofern der Gläubiger ein unanfechtbar erworbenes Absonderungsrecht hat und den gezahlten Betrag durch Verwertung des Grundstücks hätte erlangen können, weil die Insolvenzmasse dann nicht benachteiligt wird: Bei der Hypothek liegt das daran, dass gem. § 1163 Abs. 1 ___________ 117) BGH, Urt. v. 12.11.1992 – IX ZR 237/91, NJW-RR 1993, 235, 237; May, Bankenpool, S. 109.

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II. Anfechtbarer Grundpfandrechtserwerb vor Verfahrenseröffnung

BGB eine Eigentümergrundschuld entsteht und die Insolvenzmasse deshalb einen Gegenwert erhält. Für die Sicherungsgrundschuld kann im Ergebnis nichts anderes gelten, da die Zahlung auf die Forderung dort bedeutet, dass die Grundschuld nicht mehr im nominellen Umfang geltend gemacht werden kann und der Insolvenzmasse auf diesem Wege keine Nachteile entstehen (s. auch § 1192 Abs. 1a BGB zum Ausschluss des „gutgläubigen Wegerwerbs“ der Nichtvalutierungseinrede).118) 2. Anfechtungsrechtlich maßgeblicher Zeitpunkt a) Grundsatz Der Zeitpunkt, zu dem eine potentiell anfechtbare „Rechtshandlung“ im 121 Rechtssinne als vorgenommen gilt, ist für deren Anfechtbarkeit enorm wichtig, da hiervon abhängt, ob sie von den vom Eröffnungsantrag aus zurückberechneten tatbestandlichen Entstehungsfristen (insbesondere bei der Deckungsanfechtung) erfasst wird. Das Gesetz ordnet hierzu in § 140 Abs. 1 InsO an, dass eine Rechtshandlung dann als vorgenommen gilt, wenn ihre rechtlichen Wirkungen eintreten. Bei Rechtshandlungen, die – wie die Bestellung von Grundpfandrechten – zu ihrer Wirksamkeit der Eintragung in das Grundbuch bedürfen, ist also grundsätzlich dieser Zeitpunkt maßgeblich, und hierbei bleibt es auch, wenn die besonderen Voraussetzungen des § 140 Abs. 2 InsO (Rn. 122 ff.) nicht vorliegen. b) Gesicherte Erwerbsanwartschaft durch Eintragungsantrag Für den mehraktigen Erwerbstatbestand bei Grundstücksrechten ordnet 122 § 140 Abs. 2 Satz 1 InsO eine Ausnahme an: Eine Handlung gilt danach bereits in demjenigen Zeitpunkt als vorgenommen, in dem die übrigen für das Wirksamwerden erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind, die vom Schuldner abgegebene Willenserklärung für ihn bindend geworden ist und der Erwerber (= der „andere Teil“) den Eintragungsantrag gestellt hat. Das Gesetz knüpft hiermit an den Umstand an, dass der Erwerber in diesem Fall eine gesicherte, vom Veräußerer nicht mehr einseitig zerstörbare Erwerbsanwartschaft erworben hatte; dies rechtfertigt es, für die Anfechtbarkeit ebenfalls bereits auf diesen früheren Zeitpunkt abzustellen.119) Problematisch ist freilich, dass § 878 BGB insofern geringere Anforderungen 123 stellt und auch den allein vom Veräußerer (= Schuldner) gestellten Eintragungsantrag genügen lässt, was im Rahmen der Überwindung des Insolvenzbeschlags nach § 91 Abs. 2 InsO auch allseits akzeptiert wird (Rn. 79). Denn ___________ 118) BGH, Urt. v. 11.7.1991 – IX ZR 230/90, ZIP 1991, 1014, 1017; BGH, Urt. v. 21.3.2000 – IX ZR 138/99, ZIP 2000, 898; BGH, Urt. v. 22.1.2004 – IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350, 353 = ZIP 2004, 513; BGH, Urt. v. 9.11.2006 – IX ZR 133/05, ZIP 2007, 35 [Rn. 8]; Jaeger/Henckel InsO, § 130 Rn. 27. 119) Clemente, Sicherungsgrundschuld, Rn. 1037.

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B. Insolvenzfestigkeit des Grundpfandrechtserwerbs

dies bringt nicht nur einen bedenklichen Wertungswiderspruch zwischen „Insolvenzfestigkeit“ und „Anfechtungsfestigkeit“ der Erwerbsanwartschaft bei Grundstücksrechten mit sich. Es hat vor allem auch die Konsequenz, dass die Bestimmung des § 147 InsO zur Anfechtung eines nach Verfahrenseröffnung wirksam gewordenen Erwerbs lückenhaft geworden ist und nicht mehr „passt“ (Rn. 82 f.). 124 Die ganz h. M. ignoriert freilich zumindest im Rahmen des § 140 Abs. 2 InsO diese Wertungswidersprüche und wendet die Bestimmung ihrem Wortlaut gem. an. Soweit Korrekturbedarf gesehen wird, soll diesem nach Ansicht der meisten Vertreter dieser h. M. nicht im Rahmen des § 140 Abs. 2 InsO Rechnung getragen werden, sondern bei § 147 InsO, der um die Fälle des § 878 BGB ergänzt werden soll (Rn. 83).120) 125 Vorzugswürdig erscheint demgegenüber eine Lösung, die den teleologisch allein befriedigenden Gleichklang der §§ 878 BGB, 91 Abs. 2, 140 Abs. 2, 147 InsO herbeiführt; hierzu sollte § 140 Abs. 2 InsO in Richtung auf § 878 BGB teleologisch korrigierend ausgelegt werden mit dem Ergebnis, dass entgegen dem Wortlaut der Bestimmung auch der allein vom Veräußerer gestellte Antrag ausreicht. Solange sich diese Auffassung nicht durchsetzt, ist aber „hilfsweise“ jedenfalls die von der h. M. präferierte Korrektur des § 147 InsO zu akzeptieren (Rn. 84 f.). 126 Nach den Gesetzesmotiven sollte als Eintragungsantrag des Erwerbers auch derjenige Antrag gelten, den in dessen Namen (oder im Namen beider Beteiligter) der Notar gestellt hatte, da auch in diesem Fall eine einseitige Antragsrücknahme durch den Veräußerer ausscheide. Diese Begründung ist aber in denjenigen Fällen nicht zutreffend, in denen der Notar kraft Gesetzes ermächtigt ist, den von ihm gestellten Antrag mit Wirkung gegenüber dem Erwerber zurückzunehmen (z. B. § 24 Abs. 3 BNotO i. V. m. § 15 GBO). Folgerichtig ist dann – auf der Grundlage der eben dargestellten h. M. – auch die Anwendbarkeit von § 140 Abs. 2 Satz 1 InsO zu verneinen.121) c) Vormerkung 127 Für den Fall, dass das Recht des Grundpfandgläubigers zunächst durch eine Vormerkung gesichert worden war, gilt das zuvor Gesagte mit der Maßgabe, dass es in zeitlicher Hinsicht auf den Antrag auf Eintragung der Vormer___________ 120) BGH, Urt. v. 2.2.2006 – IX ZR 67/02, BGHZ 166, 125, 133 = ZIP 2006, 578 [Rn. 28]; BGH, Beschl. v. 8.5.2008 – IX ZR 116/07, MittBayNot 2009, 61 m. Anm. Kesseler; HK-InsO/Kreft, § 140 Rn. 9; MünchKomm/Kirchhof, InsO, § 140 Rn. 39, 41, 49; Gerhardt, FS Greiner, 2005, S. 31, 39; Raebel, ZInsO 2002, 954 f.; a. A. Kesseler, ZfIR 2006, 117 ff.; Scherer, ZIP 2002, 341, 346. 121) BGH, Urt. v. 26.4.2001 – IX ZR 53/00, ZIP 2001, 933; BGH, Urt. v. 2.2.2006 – IX ZR 67/02, BGHZ 166, 125, 133 = ZIP 2006, 578 [Rn. 28]; BGH, Beschl. v. 8.5.2008 – IX ZR 116/07, MittBayNot 2009, 61 m. Anm. Kesseler; HK-InsO/Kreft, § 140 Rn. 10; MünchKomm/Kirchhof, InsO, § 140 Rn. 41; Gerhardt, FS Greiner, S. 31, 39.

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kung (§ 140 Abs. 2 Satz 2 InsO) ankommt. Denn die Vormerkung stellt im Hinblick auf ihre Sicherungswirkung (§ 106 BGB) einen selbstständig gläubigerbenachteiligenden Effekt dar, für dessen Anfechtung in zeitlicher Hinsicht zunächst § 140 Abs. 1 InsO gilt, ebenso unter den o. a. Voraussetzungen auch Abs. 2 (wie dessen Satz 2 klarstellt).122) Ist aber die Vormerkung anfechtbar erworben, kann im Ergebnis auch die anfechtungsrechtliche Rückgewähr des auf ihrer Basis eingetragenen Grundpfandrechts gefordert werden. d) Valutierung aa) Hypothek Bei der Hypothek gehört die Valutierung zu den Wirksamkeitsvoraussetzun- 128 gen für die Entstehung eines Fremdrechts (Rn. 10). Wurde zugunsten eines Gläubigers eine Hypothek in unkritischer Zeit bestellt und diese erst in der Krise valutiert, so ist für die Anfechtung der Zeitpunkt entscheidend, in dem die Forderung entstanden ist. Dies ergibt sich aus § 1163 BGB, denn solange die Forderung noch nicht zur Entstehung gelangt ist, hat der Schuldner eine Eigentümergrundschuld, welche ihm – bzw. der Insolvenzmasse – durch Valutierung entzogen wird. Unproblematisch ist deshalb gem. § 140 Abs. 1 InsO auch anfechtungsrechtlich kein früherer Zeitpunkt maßgeblich als der der Valutierung; die Prinzipien zur Ermittlung der „Insolvenzfestigkeit“ des Erwerbs (zu ihr s. Rn. 89) und zur Ermittlung der „Anfechtungsfestigkeit“ laufen also konform. bb) Sicherungsgrundschuld Nichts anderes gilt im Ergebnis auch für die Sicherungsgrundschuld, aller- 129 dings nicht aufgrund § 1163 BGB, da dieser nicht auf die nicht akzessorische Grundschuld anwendbar ist (Rn. 5). Folgte bei einer Sicherungsgrundschuld die Valutierung der Grundschuldbestellung nach, wurde die Grundschuld also zunächst für eine künftige Forderung bestellt, so ist für den Zeitpunkt der Beurteilung der Anfechtungsvoraussetzungen unstreitig123) nicht auf die Bestellung des dinglichen Rechts abzustellen, sondern auf das Entstehen der gesicherten Forderung: Vor der Valutierung ist die Insolvenzmasse im Hinblick auf die Nichtvalutierungseinrede wirtschaftlich noch nicht belastet; diese Einrede würde der Insolvenzmasse durch Valutierung entzogen werden. Auch insoweit laufen also die Prinzipien zur Ermittlung der „Insolvenz___________ 122) Vgl. BGH, Urt. v. 2.2.2006 – IX ZR 67/02, BGHZ 166, 125, 133 = ZIP 2006, 578 [Rn. 23]; BGH, Urt. v. 10.12.2009 – IX ZR 203/06, ZIP 2010, 339 [Rn. 7]; Gerhardt, ZIP 1988, 749, 750; Jenn, ZfIR 2009, 174, 180 ff.; Jaeger/Henckel, InsO, § 129 Rn. 79, § 140 Rn. 49, § 144 Rn. 20. 123) BGH, Urt. v. 25.9.1972 – VIII ZR 216/71, BGHZ 59, 230, 235 f. = NJW 1972, 2084; Berger, NZI 2007, 566, 569 ff.; Jaeger/Henckel, InsO, § 130 Rn. 12, § 140 Rn. 25; Clemente, Sicherungsgrundschuld, Rn. 1036.

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festigkeit“ des Grundschulderwerbs (zu ihr s. Rn. 91) und zur Ermittlung der „Anfechtungsfestigkeit“ konform. 130 Wiederum analog zu diesen Prinzipien (s. insoweit Rn. 93 f.) ist auch die Abtretung der Grundschuld an einen bis dahin ungesicherten Gläubiger in der Krise dann und nur dann anfechtungsfrei möglich, wenn dies bereits in der vor der Krise getroffenen Sicherungszweckvereinbarung vorgesehen war, der Zedent die Grundschuld also von Anfang an zugleich treuhänderisch für den Zessionar gehalten hatte („Finanzierung aus einer Hand“, s. a. § 7 Abs. 1 Satz 2 BausparkG).124) e) Erwerb eines Rückübertragungsanspruchs 131 Hat eine Handlung des Schuldners nicht unmittelbar zum Rechtserwerb des Anfechtungsgegners geführt, so ist maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen der Anfechtungsvoraussetzungen nicht die letzte vom Schuldner vorgenommene Handlung, sondern der Zeitpunkt, zu dem der Anfechtungsgegner eine derart gesicherte Rechtsposition erlangt hat, dass sie ihm nicht mehr einseitig ohne seinen Willen entzogen werden kann.125) Eine solche gesicherte Rechtsposition hat der Inhaber einer gegenüber dem vorgemerkten Rückübertragungsanspruch eines Grundstücksverkäufers nachrangigen Grundschuld bereits zur Zeit der Sicherstellung und nicht erst zur Zeit des Rücktritts vom Kaufvertrag, jedenfalls, wenn ihm mit der Grundschuld auch der Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises abgetreten wurde.126) 3. Anfechtungstatbestände 132 Eine Anfechtung im Zusammenhang mit der Kreditsicherung durch Grundpfandrechte kommt auf der rechtlichen Grundlage aller Anfechtungstatbestände der §§ 130 – 134 InsO in Betracht (s. ferner Rn. 516 ff. zur Anfechtung nach § 135 InsO bei gesellschaftsinternen Finanzierungen in der GmbH). a) Allgemeine Deckungsanfechtung (§ 130 InsO) 133 Nach §§ 130, 131 InsO kann eine Rechtshandlung angefochten werden, die einem Insolvenzgläubiger in den letzten drei Monaten vor dem Eröffnungsantrag eine Sicherung oder Befriedigung (= Deckung) ermöglicht hat. § 130 InsO erfasst dabei sowohl kongruente als auch inkongruente Deckungen und stellt insoweit den Grundtatbestand der Deckungsanfechtung dar. Die Anfechtung einer Grundpfandrechtsbestellung nach dieser Bestimmung setzt voraus, dass es sich hierbei nicht um ein sog. Bargeschäft handelte (§ 142 InsO, ___________ 124) BGH, Urt. v. 21.2.2008 – IX ZR 255/06, ZIP 2008, 703 [Rn. 23]. 125) Siehe zuletzt BGH, Urt. v. 10.11.2011 – IX ZR 142/10, BGHZ 191, 277 = ZIP 2011, 2364 [Rn. 18] m. w. N. 126) BGH, Urt. v. 11.12.2008 – IX ZR 194/07, ZIP 2009, 228; s. auch BGH, Urt. v. 14.6.2007 – IX ZR 56/06, ZIP 2007, 1507; BGH, Urt. v. 19.5.2009 – IX ZR 129/06, ZIP 2009, 1285.

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s. Rn. 109) und dass der Gläubiger die Umstände kannte (§ 130 Abs. 2 InsO), die auf die – natürlich auch objektiv bestehende – Zahlungsunfähigkeit schließen ließen; diese Kenntnis wird vermutet, wenn der Gläubiger i. S. v. § 138 InsO die Stellung eines „Insiders“ innehatte. Gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO liegt Zahlungsunfähigkeit vor, wenn der 134 Verein nicht mehr in der Lage ist, die fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Auf das Merkmal der Dauerhaftigkeit hat der Gesetzgeber bei dieser Legaldefinition bewusst verzichtet, doch ist nach der Rechtsprechung keine Zahlungsunfähigkeit, sondern lediglich eine vorübergehende Zahlungsstockung gegeben, wenn der Schuldner voraussichtlich in der Lage ist, sich innerhalb von drei Wochen die zur Begleichung der fälligen Verbindlichkeiten notwendigen Mittel zu beschaffen.127) Ferner darf der Anteil der offenen Verbindlichkeiten nicht ganz unwesentlich sein; der BGH toleriert insoweit regelmäßig eine im Drei-Wochen-Zeitraum nicht zu beseitigende Liquiditätslücke von bis zu 10 % der fälligen Gesamtschulden.128) Nach § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO wird die Zahlungsunfähigkeit dann widerleglich vermutet (mit der Folge, dass die an sich erforderliche Liquiditätsbilanz entbehrlich ist), wenn der Verein seine Zahlungen eingestellt hat. Zahlungseinstellung ist jedes nach außen hervortretende Verhalten des Schuldners, in dem sich nach der Verkehrsanschauung die Tatsache dokumentiert, dass er nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen; hierfür kann bereits die Nichterfüllung einer einzigen Forderung genügen, wenn diese der Höhe nach nicht unerheblich ist.129) b) Anfechtung inkongruenter Deckungen (§ 131 InsO) Demgegenüber sind inkongruente Deckungen in subjektiver Hinsicht ohne 135 Weiteres (im letzten Monat vor dem Eröffnungsantrag) oder doch stark erleichtert (im zweiten und dritten Monat vor dem Eröffnungsantrag) anfechtbar, und auch das Bargeschäftsprivileg kommt ihnen nach ganz h. M. nicht zugute (Rn. 113). Denn durch die Inkongruenz einer gewährten Sicherung wird offenbar, dass der Schuldner sich infolge der Verschlechterung seiner Vermögenslage bereits zu Maßnahmen gezwungen sieht, die seinen eigenen früheren, noch privatautonom getroffenen Dispositionen nicht mehr entsprechen; dies macht die erlangte Deckung einer besonderen Begünstigungstendenz verdächtig und rechtfertigt die an die Einstufung als inkongruent geknüpfte Erleichterung der Anfechtung. Die grundsätzliche Akzeptanz in___________ 127) Vgl. m. w. N. zuletzt etwa BGH, Urt. v. 7.5.2013 – IX ZR 113/10, ZIP 2013, 2323 [Rn. 15 ff.]; BGH, Urt. v. 18.7.2013 – IX ZR 143/12, ZIP 2013, 2015 [Rn. 9 ff.]; s. a. BGH, Urt. v. 21.8.2013 – 1 StR 665/12, ZIP 2013, 2469 [Rn. 13 f.]. 128) Vgl. m. w. N. zuletzt etwa BGH, Urt. v. 6.12.2012 – IX ZR 3/12, ZIP 2013, 228 [Rn. 19]; BGH, Urt. v. 7.5.2013 – IX ZR 113/10, ZIP 2013, 2323 [Rn. 15]. 129) Vgl. m. w. N. zuletzt etwa BGH, Urt. v. 30.6.2011 í IX ZR 134/10, ZIP 2011, 1416 [Rn. 10 ff.]; BGH, Urt. v. 15.3.2012 í IX ZR 239/09, ZIP 2012, 735 [Rn. 8 ff.]; BGH, Urt. v. 18.7.2013 í IX ZR 143/12, ZIP 2013, 2015 [Rn. 8 ff.].

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solvenzfester Kreditsicherheiten schließt es freilich aus, die Erlangung einer Sicherheit bzw. die Befriedigung aus dieser ohne Weiteres als „atypische Tilgungsform“ der verschärften Anfechtung wegen inkongruenter Deckung zu unterwerfen. Entspricht die erlangte Sicherung, wie in der Regel, den außerhalb der kritischen Phase getroffenen Verabredungen, so ist sie gleichsam unverdächtig; sie ist deshalb nur dann inkongruent, wenn der Gläubiger speziell die Sicherheit „nicht, nicht in der Art oder nicht zu der Zeit“ zu beanspruchen hatte. 136 Hieraus folgt allerdings, dass es eines besonderen, in hinreichend bestimmter Weise gerade auf die erlangte Sicherung gerichteten Anspruchs bedarf; er muss Umfang und Art der Sicherheit sowie die Auswahl der Sicherungsgegenstände festlegen.130) Geringfügige Abweichungen vom Vereinbarten schaden freilich nicht; hierzu gehört etwa auch die Bestellung einer Grundschuld anstelle einer Hypothek.131) 137 Da es darauf ankommt, ob die gewährte Deckung mit den zu unverdächtiger Zeit getroffenen Dispositionen übereinstimmt, ist ferner vorauszusetzen, dass der Sicherungsanspruch seinerseits außerhalb der kritischen Phase entstanden ist.132) Wird ein Anspruch auf Sicherung in demselben Vertrag eingeräumt, durch den der gesicherte Anspruch selbst entsteht, liegt in der späteren Gewährung der Sicherheit eine kongruente Deckung, weil von Anfang an ein Anspruch auf die Sicherung bestand. Wird hingegen eine bereits bestehende Verbindlichkeit nachträglich besichert, wird darin in der Regel eine inkongruente Deckungshandlung liegen, sofern nicht die Anspruchsvoraussetzungen und der Sicherungsgegenstand ausnahmsweise bereits in unkritischer Zeit genau festgelegt waren.133) Auch die nachträgliche Besicherung eines Kredits auf der Grundlage des formularmäßig vereinbarten Nachbesicherungs- bzw. Verstärkungsanspruchs nach Nr. 13 AGB-Banken/Nr. 22 AGB-Sparkassen wird einhellig als inkongruent eingestuft, da der Nachbesicherungsanspruch dem Schuldner unter allen als Sicherheit in Frage kommenden Vermögensgegenständen die freie Wahl lasse und es deshalb der getroffenen Vereinbarung an der Bestimmtheit der auszureichenden Sicherheit mangele; das Gleiche gilt für den Sicherungsanspruch des Bauhandwerkers ___________ 130) BGH, Urt. v. 19.3.1998 – IX ZR 22/97, BGHZ 138, 291 = ZIP 1998, 793, 798; BGH, Urt. v. 2.12.1999 – IX ZR 412/98, ZIP 2000, 82, 83; BGH, Urt. v. 2.6.2005 – IX ZR 171/03, ZIP 2005, 1651, 1652; restriktiver jetzt BGH, Urt. v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297 = ZIP 2008, 183 [Rn. 18 ff., zur Globalzession]; Jaeger/Henckel, InsO, § 131 Rn. 3, 32. 131) Bork/Bork, Hdb. Insolvenzanfechtungsrecht, Kap. 15 Rn. 20. 132) BGH, Urt. v. 25.9.1972 – VIII ZR 216/71, BGHZ 59, 230, 235 = NJW 1972, 2084; BGH, Urt. v. 13.6.1975 – V ZR 171/73, WM 1975, 948; BGH, Urt. v. 30.9.1993 – IX ZR 227/92, BGHZ 123, 320, 325 = ZIP 1993, 1653, 1655. 133) BGH, Urt. v. 25.9.1972 – VIII ZR 216/71, BGHZ 59, 230, 235 f. = NJW 1972, 2084; BGH, Urt. v. 4.12.1997 – IX ZR 47/97, NJW 1998, 1561, 1563; BGH, Urt. v. 11.3.2004 – IX ZR 160/02, ZIP 2004, 1060 [Rn. 20]; MünchKomm/Kayser, InsO, § 131 Rn. 19; Bork/Bork, Hdb. Insolvenzanfechtung, Kap. 15 Rn. 28.

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II. Anfechtbarer Grundpfandrechtserwerb vor Verfahrenseröffnung

gem. § 648a BGB.134) Begibt ein Schuldner eine Sicherung zugleich sowohl für künftige Forderungen als auch für bereits bestehende Verbindlichkeiten und hat der Gläubiger jedenfalls auf letztere Sicherung keinen Anspruch, handelt es sich um ein insgesamt inkongruentes, in vollem Umfang nach § 131 InsO anfechtbares Deckungsgeschäft, wenn nicht festgestellt werden kann, ob und in welchem Umfang sich die Sicherung auf bestimmte Ansprüche bezieht.135) Vereinbaren der Sicherungsnehmer und der Sicherungsgeber in unkritischer 138 Zeit, dass eine Grundschuld der Sicherung aller Ansprüche des Sicherungsnehmers gegen den Sicherungsgeber dienen soll, und zwar auch für Ansprüche aus abgetretenen Forderungen Dritter, so ist die Sicherung als inkongruente Deckung anfechtbar, wenn die Abtretung in kritischer Zeit erfolgte (sog. Auffüllen von Sicherheiten).136) Praktisch überaus wichtig und potentiell auch für den Erwerb von Grund- 139 pfandrechten relevant ist die Fallgruppe der „Vollstreckungsinkongruenz“: Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist auch ein Rechtserwerb inkongruent, der durch Zwangsvollstreckung (s. Rn. 171 zur Zwangshypothek) oder auch nur durch Drohung mit einer unmittelbar bevorstehenden Zwangsvollstreckung oder einem Insolvenzantrag erzwungen wurde.137) c) Anfechtung unmittelbar nachteiliger Rechtsgeschäfte (§ 132 Abs. 1 InsO) Begründet die Bestellung des Grundpfandrechts eine unmittelbare Benachteili- 140 gung der Insolvenzmasse (Rn. 100 f.), so kommt ferner eine Anfechtung gem. § 132 Abs. 1 InsO in Betracht; dies soll etwa dann der Fall sein, wenn für eine Darlehensverbindlichkeit eine Grundschuld mit sehr viel höherem Nominalbetrag bestellt wird.138) Indessen überzeugt dies kaum, da der nicht valutierende ___________ 134) BGH, Urt. v. 3.12.1998 – IX ZR 313/97, ZIP 1999, 76, 78 f.; BGH, Urt. v. 18.11.2004 – IX ZR 299/00, ZIP 2005, 769, 771; BGH, Urt. v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297 = ZIP 2008, 183 [Rn. 17]. 135) BGH, Urt. v. 18.11.2004 – IX ZR 299/00, ZIP 2005, 769, 771; BGH, Urt. v. 14.2.2008 – IX ZR 38/04, ZIP 2008, 706 [Rn. 31]; BGH, Beschl. v. 8.12.2011 – IX ZR 57/08, NZI 2012, 81 [Rn. 3]; OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.4.2013 – 12 U 45/12, ZInsO 2013, 1195; HK-InsO/Kreft, § 131 Rn. 12. 136) BGH, Urt. v. 25.9.1972 – VIII ZR 216/71, BGHZ 59, 230, 235 = NJW 1972, 2084; BGH, Urt. v. 25.6.1975 – VIII ZR 71/74, WM 1975, 947, 948; BGH, Urt. v. 30.10.1974 – VIII ZR 81/73, NJW 1975, 122; BGH, Urt. v. 11.3.2004 – IX ZR 160/02, ZIP 2004, 1060; krit. Jaeger/Henckel, InsO, § 131 Rn. 45 f. 137) BGH, Urt. v. 15.5.2003 – IX ZR 194/03, ZIP 2003, 1304, 1305, dazu EWiR 2003, 831 (Eckardt); BGH, Urt. v. 18.12.2003 – IX ZR 199/02, BGHZ 157, 242, 248 ff. = ZIP 2004, 319; zuletzt BGH, Urt. v. 25.10.2012 í IX ZR 117/11, ZIP 2012, 2355 [Rn. 10 f.]; BGH, Urt. v. 7.3.2013 – IX ZR 216/12, ZVI 2013, 241 [Rn. 12 ff.]; HK-InsO/Kreft, § 131 Rn. 9; a. A. m. w. N. Gerhardt, FS Kreft, S. 267 ff.; Jacoby, KTS 2005, 371, 380 ff; Marotzke, ZInsO 2006, 7 ff. 138) LG Potsdam, Urt. v. 2.9.1998 – 8 O 106/98, DZWIR 1999, 40, 41; MünchKomm/Kayser, InsO, § 132 Rn. 11.

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B. Insolvenzfestigkeit des Grundpfandrechtserwerbs

Teil des Grundpfandrechts haftungsrechtlich neutral ist: Zahlungen darauf erfolgen weder in der Zwangsversteigerung noch bei der Ablösung des Grundpfandrechts im Rahmen einer freihändigen Veräußerung, und auch eine Abtretung der Grundschuld an einen Dritten unter gutgläubigem „Wegerwerb“ der Nichtvalutierungseinrede ist wegen § 1192 Abs. 1a BGB n. F. nicht mehr möglich. Auf dieser Basis hat § 132 Abs. 1 InsO im Rahmen der Kreditsicherung durch Grundpfandrechte mithin keinen nennenswerten Anwendungsbereich. d) Anfechtung unentgeltlicher Leistungen (§ 134 InsO) 141 Von besonderer praktischer Bedeutung ist die Möglichkeit, den Erwerb eines zur Kreditsicherung bestellten Grundpfandrechts unter dem rechtlichen Aspekt der „Schenkungsanfechtung“ (§ 134 InsO) anzugreifen. Denn diese reicht nicht nur mit ihrer vierjährigen Rückrechnungsfrist bezogen auf den Eröffnungsantrag so weit zurück wie kein anderer Anfechtungstatbestand (die zehnjährige Frist der Vorsatzanfechtung steht im Hinblick auf deren subjektive Tatbestandsvoraussetzungen nur auf dem Papier). Vor allem aber ist das Vorliegen einer unentgeltlichen Leistung – also der Umstand, dass der Anfechtungsgegner für das auf Kosten des haftenden Vermögen Erlangte keine wertäquivalente Kompensation erbracht hat – hier die einzige Tatbestandsvoraussetzung; es bedarf also nicht des Nachweises bestimmter Kenntnisse insbesondere auf Seiten des Anfechtungsgegners, der die Anfechtung nach anderen Tatbeständen typischerweise sehr erschwert. 142 Für das Vorliegen der danach erforderlichen unentgeltlichen Leistung kommt es bei der Anfechtung von Kreditsicherheiten nach gegenwärtigem Stand der Rechtsprechung darauf an, gegen wen sich die gesicherte Forderung richtete.139) aa) Besicherung eigener Verbindlichkeiten (Zwei-Personen-Verhältnis) 143 Für das Zwei-Personen-Verhältnis vertritt der Bundesgerichtshof140) von jeher die Auffassung, dass die Besicherung einer entgeltlich begründeten eigenen Verbindlichkeit nie eine unentgeltliche Leistung darstelle, und zwar auch dann nicht, wenn die Besicherung nachträglich im Gegenzug für das Stehenlassen der Darlehensforderung vereinbart wird. In diesem Fall unterliegt die Nachbesicherung mithin nicht der zeitlich weit zurückgreifenden Schenkungs___________ 139) Siehe zum Folgenden m. w. N. etwa Berger, ZIP 2010, 2078 ff.; Berner, ZVI 2010, 215 ff.; Büttner, InsVZ 2010, 323 ff.; Fischer, ZInsO 2011, 1042 ff.; Ganter, WM 2006, 1081 ff.; Grell/Schormair, NZI 2009, 625 ff.; Herrlich/Merkel, WM 2010, 2343; Huber, ZInsO 2010, 977; Kayser, WM 2007, 1 ff.; Thole, KTS 2011, 219 ff. 140) Siehe nur BGH, Urt. v. 22.7.2004 – IX ZR 183/03, ZIP 2004, 1819; BGH, Urt. v. 11.12.2008 – IX ZR 194/07, ZIP 2009, 228 [Rn. 14]; BGH, Urt. v. 18.3.2010 – IX ZR 57/ 09, ZIP 2010, 841 [Rn. 9 f.]; BGH, Beschl. v. 6.12.2012 í IX ZR 105/12, NZI 2013, 81 [Rn. 3]; zuletzt BGH, Urt. v. 7.11.2013 – IX ZR 248/12, ZIP 2013, 2368 [Rn. 6]; s. aus der Lit. dazu Bork, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 134 Rn. 72; Jaeger/Henckel, InsO, § 134 Rn. 4; Uhlenbruck/Hirte, InsO, § 134 Rn. 31; Herrlich/Merkel, WM 2010, 2343, 2344.

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II. Anfechtbarer Grundpfandrechtserwerb vor Verfahrenseröffnung

anfechtung, sondern nur oder immerhin bis mindestens einen Monat vor der Antragstellung der Anfechtung wegen inkongruenter Deckung (s. Rn. 137). bb) Besicherung fremder Verbindlichkeiten (Drei-Personen-Verhältnis) Für das Drei-Personen-Verhältnis, also die Besicherung einer fremden Ver- 144 bindlichkeit (häufiger Fall: Besicherung von Verbindlichkeiten der Anteilseigner, insbesondere der Muttergesellschaft in einem Konzern, sog. aufsteigende oder Upstream-Sicherheit), soll nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dagegen zu differenzieren sein: Diese soll dann und nur dann als entgeltlich anzusehen und mithin von der Schenkungsanfechtung ausgenommen sein, wenn die Bestellung der Sicherheit im Zusammenhang mit der Valutierung des Darlehens erfolgte (anfängliche Besicherung einer fremden Verbindlichkeit).141) Dem liegt die Annahme zugrunde, dass es für die „Entgeltlichkeit“ einer Leistung in Dreipersonenverhältnissen ausreichend sei, wenn die Gegenleistung vereinbarungsgemäß an einen Dritten erbracht wird.142) Eine entgeltliche Besicherung ist danach anzunehmen, wenn das Kreditinstitut den Kredit nur gegen Bestellung des Sicherungsrechts ausgezahlt hat. Dem steht der Fall gleich, dass die Sicherheit im Gegenzug für eine Erhöhung der Darlehenssumme gewährt wird. Die nachträgliche Besicherung einer fremden Verbindlichkeit soll dagegen 145 in aller Regel als unentgeltlich angesehen werden und folglich der Schenkungsanfechtung unterliegen, und zwar unabhängig davon, ob die Forderung auf Rückzahlung des stehengelassenen Darlehens – folgerichtig ebenso zu behandeln ist das explizit verlängerte bzw. gestundete Darlehen143) – zu diesem Zeitpunkt noch vollwertig war oder nicht.144) Hiernach wird also weder der ursprünglichen Valutierung des Darlehens noch dem „Stehenlassen“ die Eigenschaft eines die Unentgeltlichkeit ausschließenden eigenen Vermögensopfers beigemessen. Da der Sicherungsnehmer in diesem Fall nicht zugleich Insolvenzgläubiger ist, scheidet die Deckungsanfechtung hier allerdings auch aus, sodass die Anfechtung wegen unentgeltlicher Leistung in der Regel als einzi___________ 141) BGH, Urt. v. 3.3.2005 – IX ZR 441/00, BGHZ 162, 276, 279 ff. = ZIP 2005, 767; BGH, Urt. v. 1.6.2006 – IX ZR 159/04, ZIP 2006, 1362 [Rn. 10]; BGH, Urt. v. 19.4.2007 – IX ZR 79/05, ZIP 2007, 1118 [Rn. 16]; BGHZ 174, 228 = ZIP 2008, 125 [Rn. 8]; BGH, Urt. v. 7.5.2009 – IX ZR 71/08, ZIP 2009, 1122 [Rn. 6]; BGH, Urt. v. 20.12.2012 – IX ZR 21/12, ZIP 2013, 223 [Rn. 25, 33]. 142) BGH, Urt. v. 4.3.1999 – IX ZR 63/98, BGHZ 141, 96, 99 f; BGH, Urt. v. 3.3.2005 – IX ZR 441/00, BGHZ 162, 276, 279 ff. = ZIP 2005, 767; zuletzt BGH, Urt. v. 13.2.2014 – IX ZR 133/13, ZIP 2014, 528 [Rn. 14]. 143) Zutreffend Berger, ZIP 2010, 2078, 2081 m. w. N. 144) BGH, Urt. v. 1.6.2006 – IX ZR 159/04, ZIP 2006, 1362 = NZI 2006, 524 [Rn. 14] m. Anm. Henkel (für nicht werthaltige Forderung); ebenso für vollwertige Forderung jetzt BGH, Urt. v. 7.5.2009 – IX ZR 71/08, ZIP 2009, 1122 [Rn. 6]; BGH, Urt. v. 26.4.2012 – IX ZR 149/11, ZIP 2012, 1254 [Rn. 21]; BGH, Beschl. v. 6.12.2012 í IX ZR 105/12, NZI 2013, 81 [Rn. 3]; BGH, Urt. v. 20.12.2012 – IX ZR 21/12, ZIP 2013, 223 [Rn. 31]; dazu z. B. MünchKomm/Kayser, InsO, § 134 Rn. 33a; Berger, ZIP 2010, 2078, 2080 f.; Grell/Schormair, NZI 2009, 625, 627 ff.

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B. Insolvenzfestigkeit des Grundpfandrechtserwerbs

ger Anfechtungstatbestand in Betracht kommt; dies mag der tiefere Grund für die ansonsten schwer nachvollziehbare Differenzierung sein. 146 Eine die Unentgeltlichkeit ausschließende Gegenleistung ist bei der nachträglichen Besicherung einer Drittschuld allerdings dann gegeben, wenn der Sicherungsgeber zur Bestellung der Sicherheit auf Grund einer entgeltlich begründeten Verpflichtung gehalten war. Die Besicherung beruht auf einer entgeltlichen Vereinbarung, wenn dem Sicherungsgeber für seine Leistung die Kreditgewährung an den Dritten versprochen wird. Denn eine die Unentgeltlichkeit ausgleichende Gegenleistung kann auch an einen Dritten bewirkt werden.145) In zeitlicher Hinsicht reicht es aus, dass der Vollzug der Schenkung innerhalb der Anfechtungsfrist erfolgte. Hat sich der spätere Insolvenzschuldner zur unentgeltlichen lastenfreien Übertragung eines Grundstücks verpflichtet, ist die innerhalb der 4-Jahres-Frist erfolgende spätere Ablösung eines bei der Übertragung bestehen gebliebenen Grundpfandrechts aber selbstständig als unentgeltliche Leistung anfechtbar.146) 147 Ausgehend von dieser nunmehr als gefestigt anzusehenden Rechtsprechung ist die nachträgliche Drittbesicherung für den Kreditgeber mithin weitgehend entwertet, da sie ohne weitere Voraussetzungen wieder aufgegeben werden muss, wenn hinsichtlich des Sicherungsgebers innerhalb von vier Jahren selbst Eröffnungsantrag gestellt wird; dies ist schlechthin nicht prognostizierbar. e) Vorsatzanfechtung (§ 133 InsO) 148 Zu denken – vor allem in den von der „Schenkungsanfechtung“ nicht erfassten Zwei-Personen-Beziehungen (Rn. 143) – ist schließlich noch an die Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO; sie greift theoretisch bis zu zehn Jahre zurück, und auch praktisch können, insbesondere bei einer sich über einen langen Zeitraum hinziehenden finanziellen Krise, die Tatbestandsvoraussetzungen nicht selten immerhin für mehrere Jahre zurückliegende Transaktionen noch dargetan und bewiesen werden. Nach dem Gesetz ist hierfür erforderlich, dass der Schuldner die rechtsgeschäftliche147) Bestellung des Grundpfandrechts mit dem Vorsatz vorgenommen hatte, seine Gläubiger zu benachteiligen, und der Sicherungsnehmer zum maßgeblichen Zeitpunkt (§ 140 InsO, s. Rn. 121) den Vorsatz des Schuldners kannte.148) 149 Der Schuldner handelt mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, wenn er ihre Benachteiligung als mutmaßliche Folge seines Handelns erkannt ___________ 145) BGH, Beschl. v. 6.12.2012 í IX ZR 105/12, NZI 2013, 81 [Rn. 4] m. w. N. 146) BGH, Urt. v. 13.2.2014 – IX ZR 133/13, ZIP 2014, 528 [Rn. 14]. 147) Dazu, dass die Vorsatzanfechtung bei Vollstreckungsmaßnahmen i. d. R. an dem Erfordernis einer vom Schuldner vorgenommenen Rechtshandlung scheitert, s. oben Rn. 172. 148) Generell zur aktuellen BGH-Rechtsprechung und zur rechtspolitischen Kritik hieran vgl. Foerste, ZInsO 2013, 897 ff.; Ganter, WM 2014, 49 ff.; Gehrlein, DB 2013, 2843 ff.; Jensen, NZI 2013, 471 ff.; Kayser, NJW 2014, 422 ff.; Lau, DB 2013, 1219 ff.; Lütcke, ZInsO 2013, 1984 ff.; Marotzke, ZInsO 2014, 417 ff.; Priebe, ZInsO 2013, 2479 ff.; Strandmann, ZInsO 2014, 538 ff.; Thole, ZIP 2013, 2081 ff.

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II. Anfechtbarer Grundpfandrechtserwerb vor Verfahrenseröffnung

und gebilligt hat; ein spezifischer Benachteiligungswille, etwa in Gestalt kollusiven Zusammenwirkens, ist nicht erforderlich.149) Hierfür darf man es freilich nicht ausreichen lassen, dass es natürlich den ureigenen Sinn einer Kreditsicherheit darstellt, den Gläubiger für den Fall der Insolvenz seines Schuldners gegenüber den ungesicherten Gläubigern zu bevorzugen (s. bereits Rn. 98). Der Schuldner muss vielmehr entweder bereits wissen, dass er neben dem Anfechtungsgegner nicht alle Gläubiger innerhalb angemessener Zeit befriedigen kann – was praktisch identisch ist mit der Kenntnis der materiellen Insolvenz, insbesondere also der eigenen Zahlungsunfähigkeit –, oder den Eintritt einer Insolvenz während der Dauer des Sicherungsgeschäfts zumindest konkret für überwiegend wahrscheinlich halten.150) Hat der Schuldner in diesem Sinne Kenntnis von seiner drohenden Zahlungsunfähigkeit, kann daraus nach ständiger Rechtsprechung auf einen Benachteiligungsvorsatz geschlossen werden, es sei denn, dass er aufgrund konkreter Umstände – etwa der sicheren Aussicht, demnächst Außenstände realisieren zu können oder Kredit zu erhalten – mit einer baldigen Überwindung der Krise rechnen konnte.151) Dagegen fehlt es bei einer Anschubfinanzierung an der erforderlichen Kenntnis, wenn der Schuldner – wenn auch womöglich fahrlässig – tatsächlich davon ausging, er habe gute Chancen, sein Unternehmen am Markt zu etablieren.152) Die gleichen Erwägungen gelten spiegelverkehrt für die erforderliche Kennt- 150 nis des Gläubigers vom Benachteiligungsvorsatz des Schuldners: Kennt der Gläubiger die drohende Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, so weiß er auch, dass Leistungen aus dessen Vermögen die Befriedigungsmöglichkeit anderer Gläubiger wahrscheinlich vereiteln oder zumindest erschweren und verzögern werden. Mithin ist ein solcher Gläubiger zugleich regelmäßig über den Benachteiligungsvorsatz im Bilde (s. auch § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO). Dies gilt insbesondere, wenn der Schuldner gewerblich tätig ist, weil der Gläubiger in diesem Fall mit weiteren Gläubigern des Schuldners mit ungedeckten Ansprüchen rechnen muss.153) ___________ 149) Anders ist dies nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in den Fällen der Anfechtung gegen Leistungsmittler (BGH, Urt. v. 26.4.2012 – IX ZR 74/11, BGHZ 193, 129 = ZIP 2012, 1038 [Rn. 27]; BGH, Urt. v. 24.1.2013 – IX ZR 11/12, ZIP 2013, 371 [Rn. 23 f., 30 f.]); indessen beruht das auf den Besonderheiten dieser Fallgruppe und ist nicht verallgemeinerungsfähig. 150) Vgl. etwa BGH, Urt. v. 10.7.1997 – IX ZR 161/96, ZIP 1997, 1596, 1600; BGH, Urt. v. 5.3.2009 – IX ZR 85/07, BGHZ 180, 98 = ZIP 2009, 922 [Rn. 13]; BGH, Urt. v. 19.9.2013 – IX ZR 4/13, ZIP 2013, 2113 [Rn. 14]; BGH, Urt. v. 7.11.2013 – IX ZR 248/12, ZIP 2013, 2368 [Rn. 18]. 151) Vgl. zuletzt etwa BGH, Urt. v. 22.11.2012 – IX ZR 62/10, ZIP 2013, 79 [Rn. 7]; BGH, Urt. v. 10.1.2013 – IX ZR 13/12, ZIP 2013, 174 [Rn. 14]; BGH, Urt. v. 24.1.2013 – IX ZR 11/12, ZIP 2013, 371 [Rn. 23 f.]; BGH, Urt. v. 25.4.2013 – IX ZR 235/12, ZIP 2013, 1127 [Rn. 24]; BGH, Urt. v. 5.12.2013 – IX ZR 93/11, ZIP 2014, 183 [Rn. 9 f.]. 152) Vgl. m. w. N. zuletzt BGH, Urt. v. 22.11.2012 – IX ZR 62/10, ZIP 2013, 79 [Rn. 7]; BGH, Urt. v. 20.12.2012 – IX ZR 21/12, ZIP 2013, 223 [Rn. 15]; BGH, Urt. v. 10.1.2013 – IX ZR 13/12, ZIP 2013, 174 [Rn. 14 f.]. 153) Vgl. m. w. N. BGH, Urt. v. 29.9.2011 – IX ZR 202/10, WM 2012, 85 [Rn. 14]; BGH, Urt. v. 25.10.2012 – IX ZR 117/11, ZIP 2012, 2355 [Rn. 30]; BGH, Urt. v. 20.12.2012 – IX ZR 21/12, ZIP 2013, 223 [Rn. 15].

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B. Insolvenzfestigkeit des Grundpfandrechtserwerbs

151 Wegen der gleichwohl fortbestehenden Schwierigkeiten, die erforderlichen Kenntnisse der Beteiligten zu beweisen, wird eine Vorsatzanfechtung bei der Grundpfandrechtsbestellung insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die gewährte Sicherung inkongruent war; dies bildet nach der Rechtsprechung des BGH ein Beweisanzeichen für den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners und für die Kenntnis des Gläubigers von diesem Vorsatz, wenn die Wirkungen der Rechtshandlung zu einem Zeitpunkt eintraten, als zumindest aus der Sicht des Empfängers der Leistung Anlass bestand, an der Liquidität des Schuldners zu zweifeln.154) Die Einstufung einer inkongruenten Deckung als Beweisanzeichen eines Benachteiligungsvorsatzes beruht darauf, dass nach allgemeiner Erfahrung im Geschäftsverkehr Schuldner regelmäßig nicht bereit sind, anderes oder gar mehr zu leisten, als sie schulden, und eine solche Begünstigung folglich bei dem Empfänger den Verdacht wecken muss, dass wegen seiner Bevorzugung für andere Gläubiger entsprechend weniger übrigbleibt. Verdächtig wird die Inkongruenz nach der Rechtsprechung allerdings erst, wenn ernsthafte Zweifel an der Zahlungsfähigkeit des Schuldners auftreten, die Gegenmaßnahmen gut informierter und durchsetzungskräftiger Gläubiger auslösen, welche in einer späteren Insolvenz die Gleichbehandlung aller Gläubiger durchbrechen. Der auslösende Umstand für die von einer inkongruenten Deckung vermittelte Indizwirkung liegt danach in einer ernsthaften Besorgnis bevorstehender Zahlungskürzungen oder -stockungen des Schuldners, weil sich damit die Gefährdung der anderen, nicht in gleicher Weise begünstigten Gläubiger aufdrängt.155) 152 Zum Begriff der Inkongruenz gilt im Grundsatz das zu § 131 InsO Ausgeführte (s. o. Rn. 135 ff.). So stellt es in der Regel ein starkes Beweisanzeichen für einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners und die Kenntnis des Gläubigers hiervon dar, wenn die nachträgliche Besicherung durch die Drohung mit einem Insolvenzantrag bewirkt worden war.156) Dem steht es gleich, wenn der Gläubiger durch die Zahlung zur Rücknahme eines bereits gestellten Eröffnungsantrags bewegt werden soll.157) Freiwillig geleistete Sicherungen oder Befriedigungen zur Abwendung der Einzelzwangsvollstreckung (Rn. 139) führen dagegen außerhalb des Drei-MonatsZeitraums (= Anwendungsbereich des § 131 InsO) nicht mehr zur Indizwirkung der Inkongruenz.158) ___________ 154) Vgl. zuletzt BGH, Urt. v. 25.10.2012 – IX ZR 117/11, ZIP 2012, 2355 [Rn. 13]; BGH, Urt. v. 6.12.2012 – IX ZR 3/12, ZIP 2013, 228 [Rn. 46]; BGH, Urt. v. 19.9.2013 – IX ZR 4/13, ZIP 2013, 2113 [Rn. 14]; BGH, Urt. v. 7.11.2013 – IX ZR 248/12, ZIP 2013, 2368 [Rn. 12] m. w. N. 155) Vgl. zuletzt BGH, Urt. v. 7.11.2013 – IX ZR 248/12, ZIP 2013, 2368 [Rn. 12] m. w. N. 156) BGH, Urt. v. 25.10.2012 – IX ZR 117/11, NZI 2012, 963 [Rn. 10]; BGH, Urt. v. 7.3.2013 – IX ZR 216/12, ZVI 2013, 241 [Rn. 12 f.] m. w. N. 157) BGH, Urt. v. 25.10.2012 – IX ZR 117/11, ZIP 2012, 2355 [Rn. 10 ff.]. 158) BGH, Urt. v. 18.12.2003 – IX ZR 199/02, BGHZ 157, 242, 250 ff. = ZIP 2004, 319; BGH, Urt. v. 18.6.2009 – IX ZR 7/07, ZIP 2009, 1434 [Rn. 6]; BGH, Urt. v. 8.12.2011 – IX ZR 156/09, ZIP 2012, 137 [Rn. 11].

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II. Anfechtbarer Grundpfandrechtserwerb vor Verfahrenseröffnung

Dieses Beweisanzeichen wird allerdings entkräftet, wenn Umstände festste- 153 hen, welche den Benachteiligungsvorsatz in Frage stellen und darauf hindeuten, dass die angefochtene Sicherheitsbestellung oder -erweiterung von einem unbedenklichen Willen geleitet wurde. Der Schluss von der Inkongruenz auf den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners kann insbesondere dann ungerechtfertigt sein, wenn die Gewährung der inkongruenten Deckung Bestandteil eines ernsthaften, wenn auch letztlich fehlgeschlagenen Sanierungsversuchs ist.159) Die bloße Hoffnung des Schuldners, das Unternehmen zu sanieren, genügt dabei jedoch nicht; vielmehr muss ein schlüssiges Konzept vorliegen, das jedenfalls in den Anfängen schon in die Tat umgesetzt wurde und infolgedessen die ernsthafte Annahme des Erfolges rechtfertigt. Bis zu zwei Jahre vor den Eröffnungsantrag zurückgreifend kann der erfor- 154 derliche Vorsatznachweis zudem im Fall der Anfechtung von Verträgen unter nahen Angehörigen (§ 133 Abs. 2 InsO) erleichtert werden: War ein entgeltlicher Vertrag – dies erfasst auch die Besicherung eines gleichzeitig ausgereichten Darlehens, während die nachträgliche Besicherung von der Anfechtung unentgeltlicher Leistungen gem. § 134 InsO erfasst wird (Rn. 141 ff.) – von unmittelbarem Nachteil für das haftende Vermögen (Rn. 101), so kehrt sich die Beweislast um und der Erwerber muss seinerseits dartun und beweisen, dass der Schuldner entweder schon keinen Benachteiligungsvorsatz (Rn. 149) hatte oder ihm hiervon jedenfalls nichts positiv bekannt war. 4. Anfechtungsrechtsfolgen Anfechtbarer Rechtserwerb ist haftungsrechtlich unwirksam, was sich vor 155 allem im gesetzlichen Rückgewähranspruch gem. § 143 InsO ausdrückt. Im Falle eines anfechtbar erlangten Grundpfandrechts bedeutet dies Rückgewähr durch Abtretung, Verzicht (§ 1168 BGB) oder Löschung (Letzteres aber nur, wenn keine nachrangigen Belastungen im Grundbuch eingetragen sind)160). Die bei der Gläubigeranfechtung außerhalb des Insolvenzverfahrens bestehende Option des Anfechtungsgegners, den Gläubiger durch Zahlung eines Geldbetrags entsprechend § 1142 BGB abzulösen,161) besteht bei der Insolvenzanfechtung nicht. War der Anfechtungsschuldner vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens schon von einem einzelnen Gläubiger erfolgreich nach dem AnfG in Anspruch genommen worden, scheidet in diesem Umfang ein Anspruch auf Rückgewähr zur Insolvenzmasse aus.162) Der Rückgewähranspruch verjährt mit Ablauf des dritten vollen Kalender- 156 jahres nach der Ermittlung der anspruchsbegründenden Umstände durch den Insolvenzverwalter (§ 146 Abs. 1 InsO, §§ 195, 199 Abs. 1 BGB). Sollte der ___________ 159) Vgl. m. w. N. BGH, Urt. v. 5.3.2009 – IX ZR 85/07, BGHZ 180, 98 = ZIP 2009, 922 [Rn. 17]; Hagemann, NZI 2014, 210 ff. 160) BGH, Urt. v. 3.12.1998 – IX ZR 313/97, ZIP 1999, 76; Jaeger/Henckel, InsO, § 143 Rn. 69. 161) Vgl. BGH, Urt. v. 3.1.2011 – IX ZR 13/07, NZI 2011, 144 [Rn. 12]. 162) Vgl. BGH, Urt. v. 15.11.2012 – IX ZR 173/09, ZIP 2013, 131 [Rn. 15 ff.].

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B. Insolvenzfestigkeit des Grundpfandrechtserwerbs

Rückgewähranspruch ausnahmsweise verjährt sein, kann der Insolvenzverwalter immer noch mit der Anfechtungseinrede nach § 146 Abs. 2 BGB der Geltendmachung des Grundpfandrechts entgegentreten. Er kann sich in diesem Fall gegenüber dem Inhaber eines anfechtbar erlangten Grundpfandrechts zudem auf § 1169 BGB berufen.163) 157 Hat der Insolvenzverwalter erfolgreich eine Zahlung des Schuldners auf eine grundpfandrechtlich gesicherte Verbindlichkeit angefochten, so muss der Gläubiger das Erlangte zurückgewähren. Tut er dies, so lebt seine Forderung (§ 144 Abs. 1 InsO) und mit ihr ggf. die Hypothek wieder auf; bei einer noch bestehenden Sicherungsgrundschuld lebt entsprechend ihr Sicherungszweck wieder auf, während eine bereits gelöschte oder zurückgewährte Sicherungsgrundschuld in diesem Fall neubestellt bzw. erneut zurückabgetreten werden muss (und kann).164) III. Rechtserwerb im Insolvenzeröffnungsverfahren 158 Die Wirksamkeit des Rechtserwerbs nach Stellung des Eröffnungsantrags hängt von der Art der vom Insolvenzgericht angeordneten Sicherungsmaßnahmen ab. Wird dem Schuldner dabei kein Verfügungsverbot auferlegt, gelten die gleichen Regeln wie vor der Antragstellung, d. h. der Rechtserwerb ist grundsätzlich wirksam, wenngleich natürlich nach allgemeinen Regeln anfechtbar (s. Rn. 97 ff.). 159 Die Insolvenzanfechtung findet grundsätzlich auch dann statt, wenn im Eröffnungsverfahren ein („schwacher“) vorläufiger Insolvenzverwalter ohne allgemeine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis und ohne entsprechende Einzelermächtigung bestellt worden war und dieser der Grundpfandrechtsbestellung zugestimmt hatte.165) Allerdings steht die Anfechtung hier in besonderem Maße unter dem Vorbehalt von Treu und Glauben: In der Regel wird der schwache vorläufige Verwalter durch seine Zustimmung einen Vertrauenstatbestand begründet haben, an den auch die spätere Insolvenzmasse gebunden bleibt. Das gilt nur dann nicht, wenn sich der vorläufige Insolvenzverwalter die spätere Anfechtung vorbehalten hat, wenn die Sicherung oder Befriedigung nicht im Zusammenhang mit einer neuen Leistung des Gläubigers an die Insolvenzmasse steht oder sich der vorläufige Insolvenzverwalter zunächst der Zahlung widersetzt, seinen Widerstand dann aber ___________ 163) Jaeger/Henckel, InsO, § 143 Rn. 69 i. V. m. § 146 Rn. 75; a. A. MünchKomm/Kirchhof, InsO, § 143 Rn. 44. 164) Vgl. m. w. N. OLG Brandenburg, Urt. v. 24.8.2000 – 5 U 5/00, WM 2001, 626, 628; OLG Frankfurt/M., Urt. v. 25.11.2003 – 9 U 127/02, ZIP 2004, 271; MünchKomm/ Kirchhof, InsO, § 144 Rn. 10 ff.; Jaeger/Henckel, InsO, § 144 Rn. 18; Ganter, WM 2011, 245, 249; a. A. Kübler/Prütting/Bork/Jacoby, InsO, § 144 Rn. 46; Bork, FS Kreft, 2004, S. 229, 237 ff. 165) Vgl. m. w. N. BGH, Urt. v. 13.3.2003 – IX ZR 64/02, BGHZ 154, 190, 193 ff. = ZIP 2003, 810; einschr. BGH, Urt. v. 15.12.2005 – IX ZR 156/04, BGHZ 165, 283, 286 ff. = ZIP 2006, 431; BGH, Urt. v. 29.11.2007 – IX ZR 165/05, ZIP 2008, 372, 374 [Rn. 33 f.].

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III. Rechtserwerb im Insolvenzeröffnungsverfahren

aufgrund der Marktmacht des Gläubigers aufgegeben hat.166) Bei der Absicherung eines von dem vorläufigen Insolvenzverwalter gewährten Massekredits wird zudem in aller Regel ein Bargeschäft vorliegen (Rn. 109 ff.). Ordnet das Insolvenzgericht hingegen gem. § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO ein allge- 160 meines Verfügungsverbot an, so versteht sich zunächst nahezu von selbst, dass eine Verfügung, die auf den (nunmehr „starken“, also mit Verwaltungsund Verfügungsbefugnis ausgestatteten) vorläufigen Insolvenzverwalter zurückgeht, nicht der Anfechtung unterliegen kann. Für eine allein auf den Schuldner zurückgehende Grundpfandrechtsbestellung gelten nach § 24 Abs. 1 InsO die §§ 81, 82 InsO entsprechend, sodass grundsätzlich hier auf die Rechtslage im eröffneten Verfahren verwiesen werden kann (s. Rn. 61 ff.). Ein bedeutsamer Unterschied besteht aber darin, dass die nicht zuletzt auf 161 den gestreckten Rechtserwerb im Grundstücksrecht gemünzte Bestimmung des § 91 InsO in § 24 Abs. 1 InsO nicht in Bezug genommen ist und deshalb nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs167) im Insolvenzeröffnungsverfahren weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar sein soll. Das mag so sein, kann aber – entgegen der Annahme des Bundesgerichtshofs 162 – doch nicht bedeuten, dass sich trotz erklärtermaßen fehlender Verfügungsbefugnis des Schuldners im Fall einer „starken“ Insolvenzverwaltung (§ 22 Abs. 1 Satz 1 InsO) ein gestreckter Rechtserwerb etwa im Grundstücksrecht noch soll vollenden dürfen; denn die Verfügungsbefugnis muss nach allgemeinen Grundsätzen (vorbehaltlich der §§ 161 Abs. 1 Satz 2, 878 BGB) bis zur Vollendung des Rechtserwerbs vorliegen. Legt man § 81 InsO seinem Zweck, die Konsequenzen aus dem Verlust der Verfügungsmacht zu ziehen, entsprechend aus, dann liegt, wie § 140 Abs. 1 InsO es für die Anfechtung ausspricht, eine nach Verfahrenseröffnung vorgenommene Verfügung (§ 81 Abs. 1 Satz 1 InsO) des Schuldners auch dann vor, wenn nur ihre Rechtswirkungen nach diesem Zeitpunkt eintreten.168) § 91 Satz 1 InsO ist damit für die Fälle gestreckten Rechtserwerbs auf eine klarstellende Funktion reduziert, und die fehlende Verweisung auf diese Vorschrift für das Eröffnungsverfahren wäre nicht weiter schädlich (s. Rn. 75 f. m. w. N.). ___________ 166) Vgl. m. w. N. insbes. Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 134 Rn. 61 u. Anh. I zu § 147 Rn. 47; restriktiver noch BGH, Urt. v. 19.3.1998 – IX ZR 22/97, ZIP 1998, 793, 802 (insoweit nicht in BGHZ); OLG Köln, Urt. v. 24.1.2000 – 16 W 29/99, ZInsO 2000, 156, 157; Wittig, NZI 2005, 606, 612. 167) BGH, Urt. v. 14.12.2006 – IX ZR 102/03, BGHZ 170, 196 = ZIP 2007, 191 [Rn. 8]; BGH, Urt. v. 22.10.2009 – IX ZR 90/08, ZIP 2009, 2347 [Rn. 9 ff.]; BGH, Urt. v. 5.5.2011 – IX ZR 144/10, ZIP 2011, 1419 Rn. 15; BGH, Urt. v. 26.4.2012 – IX ZR 136/11, ZIP 2012, 1256 [Rn. 6]. 168) Zutr. MünchKomm/Ott/Vuia, InsO, § 81 Rn. 10; Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 10.29 ff.; Eickmann, FS Uhlenbruck, 2000, S. 149, 151 f.; Kesseler, ZfIR 2012, 548, 550; a. A. m. w. N. BGH, Urt. v. 26.4.2012 – IX ZR 136/11, ZIP 2012, 1256 [Rn. 6]; HK-InsO/ Kayser, § 81 Rn. 17 f.; Jaeger/Windel, InsO, § 81 Rn. 43; HambKomm/Kuleisa, InsO, § 81 Rn. 8.

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B. Insolvenzfestigkeit des Grundpfandrechtserwerbs

IV. Besonderheiten des Rechtserwerbs bei Arrest- und Zwangshypotheken 1. Rechtserwerb nach Verfahrenseröffnung 163 Nach Verfahrenseröffnung – d. h. vorbehaltlich einer sich an das Insolvenzverfahren anschließenden Wohlverhaltensperiode bis zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens169) – kann die Eintragung einer Zwangs- und Arresthypothek (§§ 866 f., 932 ZPO) in der Regel aus einem doppelten Grund nicht mehr wirksam erfolgen: Verfahrensrechtlich verbietet § 89 Abs. 1 InsO die Zwangsvollstreckung in Gegenstände der Insolvenzmasse; die Bestimmung betrifft allerdings nur Insolvenzgläubiger. Materiell-rechtlich steht zudem § 91 Abs. 1 InsO dem vollstreckungsrechtlichen Erwerb eines dinglichen (Absonderungs-)Rechts an einem massezugehörigen Grundstück entgegen; die Bestimmung verhindert ergänzend vor allem die Vollstreckung von Neugläubigern, für die § 89 Abs. 1 InsO nicht gilt. 164 Der Verwalter kann die verbotswidrig eingetragene Zwangs- bzw. Arresthypothek nicht mit der Vollstreckungserinnerung nach § 766 ZPO angreifen, da das Eintragungsverfahren Grundbuchsache ist; ebenso wenig kann Beschwerde oder Erinnerung unmittelbar gegen die Eintragung eingelegt werden (§§ 71 Abs. 2 Satz 1 GBO, 11 Abs. 3 RPflG). Allerdings kann nach allgemeinen Grundsätzen wegen Verstoßes gegen eine wesentliche Verfahrensvorschrift keine materiellrechtlich wirksame Zwangs- oder Arresthypothek zur Entstehung gelangen, auch nicht als Eigentümerrecht; das Grundbuch wird daher mit der Eintragung unrichtig und kann, da die Verfahrenseröffnung durch den Eröffnungsbeschluss unproblematisch in der vorgeschriebenen Form (§ 29 Abs. 1 GBO) nachgewiesen werden kann, auf Antrag des Insolvenzverwalters (bzw. bei insolvenzfreien Grundstücken auf Antrag des Schuldners) nach § 22 GBO berichtigt werden.170) Darüber hinaus ist von Amts wegen ein Widerspruch einzutragen (§ 53 Abs. 1 Satz 1 GBO), was ggf. mit der Beschwerde (§§ 71 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 GBO, 11 Abs. 1 RPflG) durchgesetzt werden kann. 165 Maßgeblich für die Feststellung, ob eine Zwangs- oder Arresthypothek nach Verfahrenseröffnung erlangt wurde, ist der Zeitpunkt der Vollendung des Erwerbstatbestands, also die Eintragung des Rechts im Grundbuch. Umstritten ist, ob § 140 Abs. 2 InsO (bzw. § 878 BGB) in der Weise unmittelbar oder entsprechend auf die Zwangsvollstreckung anwendbar ist, dass es bei eintragungspflichtigen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen genügt, wenn der Antrag vor Verfahrenseröffnung gestellt wurde, die Eintragung aber erst nach Verfahrenseröffnung erfolgt. Dagegen sprechen indes nicht nur Wortlaut und Regelungsabsicht des § 140 Abs. 2 InsO (s. Rn. 122), sondern auch der Umstand, dass § 89 Abs. 1 InsO im Gegensatz zu § 91 Abs. 2 InsO nicht ___________ 169) Siehe KG, Beschl. v. 8.7.2010 – 1 W 249/10, 304/10, ZIP 2010, 2465 zum Vollstreckungsverbot nach § 294 InsO. 170) OLG Hamm, Beschl. v. 7.12.2011 – 15 W 26/11, FGPrax 2012, 54; Jaeger/Eckardt, InsO, § 89 Rn. 72, jew. m. w. N.

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auf § 878 BGB verweist. §§ 140 Abs. 2 InsO, 878 BGB sollen lediglich solche Nachteile abwenden, die bei einem Rechtserwerb eintreten, der neben dem rechtsgeschäftlichen Tatbestand noch der Eintragung bedarf. Sie finden daher keine Anwendung in denjenigen Fällen, in denen der Rechtserwerb allein auf der Eintragung beruht; es gilt deshalb gerade nicht überall der Rechtssatz, dass schon der Eintragungsantrag eine insolvenzfeste Anwartschaft auf das mit der Eintragung entstehende Recht schafft.171) 2. Rechtserwerb in der Krise a) Rückschlagsperre Die Eintragung einer Zwangs- und Arresthypothek (§§ 866 f., 932 ZPO) 166 führt zu einer von der Rückschlagsperre gem. § 88 InsO betroffenen Sicherung. § 88 InsO erfasst die durch Zwangsvollstreckung erworbenen Sicherungen, wenn sie im letzten Monat vor dem Eröffnungsantrag oder nach dem Antrag erlangt wurden; in einem auf Schuldnerantrag eingeleiteten Verbraucherinsolvenzverfahren beträgt die Frist sogar drei Monate (§ 312 Abs. 1 Satz 3 InsO, für die ab 1.7.2014 beantragten Verfahren geregelt in § 88 Abs. 2 InsO i. d. F. des Gesetzes zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens etc. vom 16.5.2013). Entsprechend § 139 Abs. 2 InsO ist bei mehreren Eröffnungsanträgen der erste zulässige und begründete Eröffnungsantrag maßgeblich, auch wenn das Verfahren aufgrund eines späteren Antrags eröffnet worden ist. Ist nur ein Antrag gestellt worden und hat dieser letztlich zur Verfahrenseröffnung geführt, so ist dieser Antrag auch dann maßgeblich, wenn er zunächst mangelhaft war und nachgebessert werden musste. Für die Frage, ob eine Zwangs- und Arresthypothek innerhalb der Monatsfrist 167 erlangt wurde, kommt es allein auf den Zeitpunkt der Eintragung an, nicht dagegen, da der durch § 878 BGB bewirkte Schutz der Erwerbsanwartschaft auf Zwangsvollstreckungsmaßnahmen keine Anwendung findet (Rn. 165), auf die Stellung des Antrags auf Eintragung.172) Dies gilt auch für die Arresthypothek, da § 932 Abs. 3 ZPO ausdrücklich nur für die besonderen arrestverfahrensrechtlichen Fristen den Eintragungsantrag für maßgeblich erklärt, nicht aber generell die Entstehung des Arresthypothek auf den Zeitpunkt der Antragstellung fingiert. Betroffene Zwangs- und Arresthypotheken werden mit Eröffnung des Insol- 168 venzverfahrens absolut unwirksam (es entsteht also nicht etwa eine Eigen___________ 171) BGH, Beschl. v. 17.4.1953 – V ZB 5/53, BGHZ 9, 250, 252 f.; OLG Hamm, Beschl. v. 7.12.2011 – 15 W 26/11, FGPrax 2012, 54; Jaeger/Eckardt, InsO, § 89 Rn. 72; Jaeger/ Henckel, InsO, § 140 Rn. 47; s. auch Gerhardt, FS Greiner, 2005, S. 31 ff., 37 ff.; a. A. Kübler/Prütting/Bork/Lüke, InsO, § 89 Rn. 18. 172) OLG Brandenburg, Beschl. v. 9.9.2010 – 5 Wx 19/10, ZInsO 2010, 2097, 2098; Jaeger/ Eckardt, InsO, § 88 Rn. 41, 47; MünchKomm/Breuer, InsO, § 88 Rn. 22; Weidmüller, S. 127 f.; a. A. Kübler/Prütting/Bork/Lüke, InsO, § 88 Rn. 17; offen gelassen in BGH, Beschl. v. 12.7.2012 – V ZB 219/11, BGHZ 194, 60 = ZIP 2012, 1767 [Rn. 17] m. w. N.

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tümergrundschuld).173) Die insolvenzrechtliche Unwirksamkeit ist hier allerdings ebenso inhaltlich begrenzt wie im Fall des § 81 InsO (Rn. 62): Zwangssicherungen, die dergestalt (schwebend) unwirksam geworden sind, können deshalb ohne Neueintragung – wenngleich ggf. mit verändertem, im Grundbuch entsprechend zu verlautbarenden Rang174) – ipso iure wieder wirksam werden, wenn sie als Buchposition erhalten geblieben sind; praktisch bedeutsame Anwendungsfälle bilden etwa die Freigabe des belasteten Grundstücks durch den Insolvenzverwalter (Rn. 492 ff.) oder die Beendigung des Insolvenzverfahrens ohne Veräußerung des Grundstücks.175) 169 Trotz dieser Maßgaben ist mit der Verfahrenseröffnung das Grundbuch unrichtig geworden und auf Antrag des Insolvenzverwalters zu berichtigen, um die Veräußerung des Grundstücks zu erleichtern.176) Die Grundbuchberichtigung kann dabei nach zutreffender h. M. nicht nur aufgrund einer – von dem Insolvenzverwalter notfalls gem. §§ 894 BGB, 894 ZPO einzuklagenden – Bewilligung des eingetragenen Gläubigers (§ 19 GBO), sondern grundsätzlich auch aufgrund Unrichtigkeitsnachweises (§ 22 Abs. 1 GBO) erfolgen.177) Praktisch verspricht dieses Vorgehen aber nur dann Erfolg, wenn die Eintragung im letzten Monat vor Verfahrenseröffnung erfolgte (und § 878 BGB entsprechend der h. M. nicht angewendet wird, s. Rn. 167), da dies durch den Eröffnungsbeschluss in grundbuchmäßiger Form (§ 29 Abs. 1 GBO) bewiesen werden kann, während eine solche Nachweismöglichkeit bezogen auf ___________ 173) BGH, Urt. v. 19.1.2006 – IX ZR 232/04, BGHZ 166, 74, 78 = ZIP 2006, 479 [Rn. 16]; BGH, Beschl. v. 12.7.2012 – V ZB 219/11, BGHZ 194, 60 = ZIP 2012, 1767 [Rn. 8]; OLG München, Beschl. v. 25.8.2010 – 34 Wx 68/10, ZIP 2010, 1861 f.; OLG Köln, Beschl. v. 14.7.2010 – 2 Wx 86/10, ZIP 2010, 1763; OLG Brandenburg, Beschl. v. 9.9.2010 – 5 Wx 19/10, ZInsO 2010, 2097; OLG Stuttgart, Beschl. v. 30.8.2011 – 8 W 310/11, ZIP 2011, 1876; Fischinger, WM 2009, 637 ff.; Jaeger/Eckardt, InsO, § 88 Rn. 56, 59 ff., 63 f.; vgl. auch BGH, Beschl. v. 19.5.2011 – IX ZB 284/09, ZIP 2011, 1372 [Rn. 11]; a. A. Keller, ZIP 2006, 1174 ff. u. ZfIR 2006, 499 ff. 174) BGH, Urt. v. 19.1.2006 – IX ZR 232/04, BGHZ 166, 74, 80 = ZIP 2006, 479 [Rn. 24]; BGH, Beschl. v. 12.7.2012 – V ZB 219/11, BGHZ 194, 60 = ZIP 2012, 1767 [Rn. 9 f.]. 175) BGH, Urt. v. 19.1.2006 – IX ZR 232/04, BGHZ 166, 74, 80 = ZIP 2006, 479 [Rn. 20 ff.] BGH, Beschl. v. 19.5.2011 – IX ZB 284/09, ZIP 2011, 1372 [Rn. 11]; BGH, Beschl. v. 12.7.2012 – V ZB 219/11, BGHZ 194, 60 = ZIP 2012, 1767 [Rn. 9]. 176) BGH, Urt. v. 19.1.2006 – IX ZR 232/04, BGHZ 166, 74 = ZIP 2006, 479 [Rn. 13, 22]; BGH, Beschl. v. 12.7.2012 – V ZB 219/11, BGHZ 194, 60 = ZIP 2012, 1767 [Rn. 11 ff.]; Jaeger/Eckardt, InsO, § 88 Rn. 63 f., 69; einschr. HK-InsO/Kayser, § 88 Rn. 40, 44; Kreft, FS Fischer, 2008, S. 297, 303 ff.; ders., FS Pannier, 2010, S. 109, 114: Grundbuchberichtigung zur Wahrung der Rechte des Gläubigers erst bei unmittelbar bevorstehender Verwertung. 177) BGH, Urt. v. 19.1.2006 – IX ZR 232/04, BGHZ 166, 74 = ZIP 2006, 479 [Rn. 13, 22]; BGH, Beschl. v. 12.7.2012 – V ZB 219/11, BGHZ 194, 60 = ZIP 2012, 1767 [Rn. 11 ff.]; OLG Köln, Beschl. v. 14.7.2010 – 2 Wx 86/10, ZIP 2010, 1763; OLG Brandenburg, Beschl. v. 9.9.2010 – 5 Wx 19/10, ZInsO 2010, 2097; OLG München, Beschl. v. 27.10.2011 – 34 Wx 435/11, ZIP 2012, 382; s. a. Jaeger/Eckardt, InsO, § 88 Rn. 65; Böttcher, NotBZ 2007, 86, 89 u. NotBZ 2011, 417 ff.; Keller, ZIP 2006, 1174, 1179; a. A. OLG Stuttgart, Beschl. v. 30.8.2011 – 8 W 310/11, ZIP 2011, 1876 [Rn. 24 ff.].

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den Zeitpunkt des Eingangs des Eröffnungsantrags nicht besteht.178) Von Amts wegen kann das Grundbuchamt nicht tätig werden, da die Voraussetzungen der §§ 53, 84 GBO nicht vorliegen. Rechtsgeschäftlich bestellte Grundpfandrechte unterfallen dagegen nicht 170 der Rückschlagsperre gem. § 88 InsO, da diese nur auf Vollstreckungsmaßnahmen anwendbar ist. Dies gilt selbst dann, wenn die Bestellung des Grundpfandrechts unter Vollstreckungsdruck erfolgte; allerdings kann der Erwerb des Grundpfandrechts in diesem Fall als inkongruente Deckung gem. § 131 Abs. 1 InsO angefochten werden (Rn. 139).179) b) Insolvenzanfechtung Soweit nicht schon die Rückschlagsperre des § 88 InsO eingreift, im Regel- 171 insolvenzverfahren praktisch also vor allem bei einer Zwangs- oder Arresthypothek, die im zweiten oder dritten Monat vor dem Eröffnungsantrag eingetragen worden ist (Rn. 166 f.), kommt eine Anfechtung des Rechtserwerbs in Betracht. Da ein im Wege der Zwangsvollstreckung oder unter Vollstreckungsdruck erfolgter Rechtserwerb von Rechtsprechung und h. M. für die Anwendung des § 131 InsO als stets inkongruent qualifiziert wird,180) unterliegt eine in dieser Phase eingetragene Zwangs- oder Arresthypothek ohne Weiteres, insbesondere ohne zusätzliche subjektive Voraussetzungen, der Anfechtung wegen inkongruenter Deckung nach § 131 InsO. In zeitlicher Hinsicht ist erneut darauf hinzuweisen, dass ein Schutz der Erwerbsanwartschaft nach §§ 878 BGB, 140 Abs. 2 InsO bei Vollstreckungserwerb nicht stattfindet (Rn. 165); die Zwangs- oder Arresthypothek wird also bereits dann von den Rückrechnungsfristen des § 131 Abs. 1 InsO erfasst, wenn nur die Eintragung innerhalb der Frist erfolgte. Wurde die Zwangs- oder Arresthypothek zu einem noch länger zurückliegen- 172 den Zeitpunkt eingetragen (also mehr als drei Monate vor dem Eröffnungsantrag), so scheidet eine Anfechtung aus, da die insofern allein in Betracht kommende Vorsatzanfechtung (§ 133 InsO, s. Rn. 148) eine Rechtshandlung des ___________ 178) BGH, Beschl. v. 12.7.2012 – V ZB 219/11, BGHZ 194, 60 = ZIP 2012, 1767 [Rn. 16 ff.]; OLG München, Beschl. v. 25.8.2010 – 34 Wx 68/10, ZIP 2010, 1861 f.; Böttcher, NotBZ 2007, 86, 89 u. 2011, 417 f.; Keller, ZfIR 2006, 499, 501 u. FGPrax 2010, 278 f.; a. A. OLG Brandenburg, Beschl. v. 9.9.2010 – 5 Wx 19/10, ZInsO 2010, 2097 [Rn. 16] (Nachweis durch öffentlich beglaubigte Ablichtung der Insolvenzantragsschrift möglich); OLG Köln, Beschl. v. 14.7.2010 – 2 Wx 86/10, ZIP 2010, 1763 (Nachweis durch dienstliche Erklärung des Insolvenzrichters möglich). 179) Zur Teleologie s. Jaeger/Eckardt, InsO, § 88 Rn. 6 ff.; vgl. auch BGH, Beschl. v. 12.7.2012 – V ZB 219/11, BGHZ 194, 60 = ZIP 2012, 1767 [Rn. 20]: „der Insolvenzanfechtung sachlich zuzuordnen“. 180) Grundlegend BGH, Urt. v. 9.9.1997 – IX ZR 14/97, BGHZ 136, 309, 311 ff.; s. zuletzt etwa BGH, Urt. v. 20.1.2011 – IX ZR 8/10, ZIP 2011, 385 [Rn. 6 ff.]; BGH, Urt. v. 3.2.2011 – IX ZR 213/09, ZIP 2011, 531 [Rn. 5, 8, 12]; HK-InsO/Kreft, § 131 Rn. 9; Jaeger/Henckel, InsO, § 131 Rn. 49 ff.; abl. m. w. N. Jacoby, KTS 2005, 371, 380 ff; Marotzke, ZInsO 2006, 7 ff., s. auch Rn. 139, 171.

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Schuldners voraussetzt, an der es bei Vollstreckungsmaßnahmen – von ganz atypischen Konstellationen abgesehen – fehlt.181) c) Sicherungsmaßnahmen im Eröffnungsverfahren 173 Im Eröffnungsverfahren ist die Eintragung einer Zwangs- oder Arresthypothek zwar nicht wegen des routinemäßig verhängten Vollstreckungsverbots gem. § 21 Abs. 2 Nr. 3 InsO ausgeschlossen, weil dieses die Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen nicht betrifft (Alt. 2). Da die Zwangshypothek aber jedenfalls der Rückschlagsperre des § 88 InsO (und hilfsweise überdies der Insolvenzanfechtung wegen inkongruenter Deckung) unterfällt, hat die Regelungslücke wenig praktische Bedeutung.182) V. Besonderheiten des Rechtserwerbs bei Eigentümergrundschulden 1. Eigentümergrundschuld als Massebestandteil 174 Die Erledigung des Sicherungszwecks durch Rückzahlung der gesicherten Darlehensforderung kann dazu führen, dass anstelle des Fremdgrundpfandrechts eine Eigentümergrundschuld entsteht – bei der Hypothek geschieht dies ipso iure (§§ 1163 Abs. 1 Satz 2, 1177 Abs. 1 Satz 1 BGB), bei der Sicherungsgrundschuld immer dann, wenn der Grundschuldgläubiger nach Tilgung der persönlichen Forderung auf die Grundschuld verzichtet bzw. diese an den Sicherungsgeber zurücküberträgt oder wenn die Zahlung nicht auf die Forderung, sondern auf die Grundschuld erfolgt war.183) 175 Die Eigentümergrundschuld fällt im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Eigentümers/Schuldners in die Insolvenzmasse. Dies ist selbstverständlich, wenn das Eigentümerrecht bereits vor Verfahrenseröffnung entstanden ist. Es gilt aber auch, wenn die zugrunde liegende Befriedigung des gesicherten Gläubigers erst nach Verfahrenseröffnung stattfindet: Erfolgt die Befriedigung aus Mitteln der Insolvenzmasse durch den Insolvenzverwalter, so wird die Eigentümergrundschuld als „Verwaltungssurrogat“ Massebestandteil;184) erfolgt sie durch den Schuldner aus seinem insolvenzfreien Vermögen oder durch Dritte (ohne dass diese hierdurch einen Regressanspruch gegen ___________ 181) Jaeger/Henckel, InsO, § 129 Rn. 12, 18 ff., § 133 Rn. 5; s. aber z. B. BGH, Urt. v. 3.2.2011 – IX ZR 213/09, ZIP 2011, 531 [Rn. 5, 12]; BGH, Urt. v. 14.6.2012 – IX ZR 145/09, ZIP 2012, 1422 [Rn. 8]; BGH, Urt. v. 14.5.2012 – IX ZR 145/09, ZIP 2012, 1422 [Rn. 8]; BGH, Urt. v. 22.11.2012 – IX ZR 142/11, ZIP 2012, 2513 [Rn. 15]; BGH, Urt. v. 21.11.2013 – IX ZR 128/13, ZIP 2014, 35 [Rn. 7 ff.]; BGH, Urt. v. 16.1.2014 – IX ZR 31/12, ZIP 2014, 275 [Rn. 7] m. w. N. 182) Vgl. Uhlenbruck/Brinkmann, InsO, § 165 Rn. 5. 183) Vgl. Clemente, Sicherungsgrundschuld, Rn. 538, 540, 713. 184) Vgl. nur Jaeger/Henckel, InsO, § 49 Rn. 30; Mitlehner, ZIP 2012, 649, 651. Eine Zahlung des Insolvenzverwalters auf die gesicherte Forderung kommt allerdings nicht in Betracht, wenn diese nur die Qualität einer Insolvenzforderung besitzt, s. Rn. 200. Vgl. ferner OLG Brandenburg, Urt. v. 21.12.2011 – 4 U 13/11, BeckRS 2012, 01662 zum Anspruch des Verwalters auf Abtretung der gesicherten Forderung, wenn die an einem massezugehörigen Grundstück bestellte Grundschuld eine Forderung gegen einen Dritten gesichert hatte.

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den Schuldner erwerben und zu dessen Sicherung zugleich die Grundschuld beanspruchen können), so ist die Grundschuld ebenfalls Massebestandteil in ihrer Eigenschaft als Neuerwerb (§ 35 Alt. 2 InsO).185) Die massezugehörige Eigentümergrundschuld verschafft dem Insolvenzverwal- 176 ter das Recht, aus der entsprechenden Rangstelle die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung des Grundstücks zu betreiben (Rn. 328); in die Insolvenzmasse fällt dann auch der auf die entsprechende Rangstelle entfallende Teil des Erlöses. Je nach dem Rang der Eigentümergrundschuld eröffnet diese dem Insolvenzverwalter eine interessante zusätzliche Option, ein hoch belastetes Grundstück in der Versteigerung an den Mann zu bringen, da sich so ein entsprechend reduziertes geringstes Gebot ergeben kann; dies eröffnet – ähnlich wie § 174a ZVG (Rn. 240) – abgesehen von der Möglichkeit, auf diese Weise den Kostenanspruch nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a ZVG zu realisieren, auch ein gewisses Drohpotential für Verhandlungen über Verwertungsvereinbarungen. 2. Gesetzliche Löschungsvormerkung Die Eigentümergrundschuld verkörpert deshalb auch und gerade im Insol- 177 venzverfahren einen interessanten wirtschaftlichen Wert, an dem die im Rang dahinter stehenden und vom Ausfall bedrohten Grundpfandgläubiger gerne ebenfalls partizipieren würden, und zwar umso mehr, als infolge der unangemessen großzügigen Absicherung von Zinsen und Kosten durch das erstrangige Grundpfandrecht der Fall sehr häufig ist, dass der Verwertungserlös für die Abdeckung nachrangiger Grundpfandrechte an sich nicht ausreichen würde.186) Dem trägt das Gesetz heute Rechnung, indem den nachrangigen Grundpfandgläubigern als (abdingbarer) gesetzlicher Inhalt ihres Rechts ein Anspruch auf Löschung des vorrangigen Eigentümerrechts eingeräumt wird (§ 1179a Abs. 1 Satz 1 BGB).187) Dieser Löschungsanspruch des nachrangig gesicherten Grundpfandgläubigers ist in gleicher Art gesichert, wie wenn zugleich mit Eintragung des Grundpfandrechts eine Löschungsvormerkung eingetragen worden wäre (§ 1179a Abs. 1 Satz 3 BGB).188) Er besteht auch dann fort, wenn das nachrangige Grundpfandrecht durch den Zuschlag in der Zwangsversteigerung erlischt (§ 91 Abs. 4 ZVG). Entfällt in der Zwangsversteigerung ein Erlös auf die Eigentümergrundschuld, ist daher der nachrangige Grundpfandgläubiger berechtigt, sich diesen Erlös bis zur Höhe seiner Forderung zuteilen zu lassen. Diese fiktive Löschungsvormerkung ist jedenfalls dann „insolvenzfest“, 178 wenn die Eigentümergrundschuld, auf die sich der gesicherte Löschungsanspruch bezieht, vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Eigentümers entstanden ist. Nach der neuesten Rechtsprechung ___________ 185) Vgl. nur Jaeger/Henckel, InsO, § 49 Rn. 30; Stöber, ZVG, § 15 Anm. 11.3. 186) Vgl. etwa Freckmann, BKR 2012, 133, 135 f.; Kesseler, NJW 2012, 577, 579. 187) Dies gilt allerdings nicht für eine Eigentümergrundschuld, die der Eigentümer sich selbst zur Rangwahrung bestellt hat und die noch nicht an einen Fremdgläubiger abgetreten wurde (§ 1196 Abs. 3 BGB). 188) Vgl. Clemente, Sicherungsgrundschuld, Rn. 78 ff.

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B. Insolvenzfestigkeit des Grundpfandrechtserwerbs

des Bundesgerichtshofs soll sie aber auch dann insolvenzfest sein, wenn der Vereinigungsfall erst nach Verfahrenseröffnung stattgefunden hat.189) Diese Auffassung überzeugt indessen nicht. Denn der Schutz durch die Vormerkungsfiktion des § 1179a Abs. 1 Satz 3 BGB kann nicht weiter reichen als der einer existenten Vormerkung, sodass die zur Vormerkbarkeit künftiger Ansprüche entwickelten Grundsätze auf den gesetzlichen Löschungsanspruch übertragbar sind. Die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung eines künftigen Anspruchs nach § 883 Abs. 1 Satz 2 BGB ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur zulässig, wenn für die Entstehung des Anspruchs bereits ein sicherer Rechtsboden gelegt ist und die Entstehung nur noch von dem Willen des künftigen Berechtigten abhängt.190) Bis zur Vereinigung ist der nachrangige Gläubiger aber nicht vor Verfügungen des Eigentümers geschützt. Dieser kann den Rückgewähranspruch abtreten oder die Grundschuld neu valutieren. Wenn aber der nachrangige Grundpfandrechtsinhaber seine Erwerbsaussichten nicht einmal gegen die Willensentscheidung des Schuldners oder des vorrangigen Gläubigers durchsetzen kann, besteht keine Legitimation, ihn gegenüber den übrigen Gläubigern zu bevorzugen.191) Zudem bedürfte es einer teleologischen Rechtfertigung dafür, das nach Verfahrenseröffnung erfolgte „Aufladen“ einer Vormerkung anders zu behandeln als das „Aufladen“ einer dinglichen Kreditsicherheit (s. Rn. 129 f.), die aber durch den Bundesgerichtshof nicht gegeben wird und auch nicht ersichtlich ist. Mehr als ungereimt ist schließlich, dass sich die Sicherungswirkung des Löschungsanspruchs auch dann noch durchsetzen soll, wenn der vor- oder gleichrangige Grundpfandrechtsgläubiger erst nach erfolgter Zwangsversteigerung im Erlösverteilungsverfahren ganz oder teilweise auf sein Recht verzichtet, jedoch leerläuft, wenn er seinen Anspruch zunächst noch anmeldet und sich auszahlen lässt, danach aber Auszahlung des Erlangten zugunsten der Masse oder des nachrangigen Gläubigers anbietet; denn da der nachranginge Gläubiger in diesem Fall trotz der Abtretung des Rückgewähranspruchs nicht insolvenzfest gesichert ist (Rn. 181), kann der erstrangige Gläubiger in diesem Fall willkürlich über die Befriedigungschancen des nachrangigen Gläubigers disponieren. Der Rangaufstieg ist daher in diesen Fällen richtigerweise nach § 91 Abs. 1 InsO unwirksam; erfolgte die Darlehenstilgung vor Verfahrenseröffnung und innerhalb der anfechtungsrechtlichen ___________ 189) So – nach expliziter Absprache von V. und IX. Senat – nunmehr BGH, Urt. v. 27.4.2012 – V ZR 270/10, BGHZ 193, 144 = ZIP 2012, 1140 [Rn. 12 ff.] (dazu s. Böttcher, ZNotP 2012, 282 u. NJW 2013, 838; Clemente, EWiR 2012, 517 f.; Kesseler, NJW 2012, 2240 u. ZIP 2014, 110; Obermüller, ZIP 2013, 299; Preuß, JR 2013, 218; Reul, DNotZ 2012, 883; Schwarz/Doms, ZInsO 2013, 1292; Windel, KTS 2012, 457). 190) Vgl. BGH, Urt. v. 14.9.2001 – V ZR 231/00, BGHZ 149, 1, 3 = ZIP 2001, 2008; BGH, Beschl. v. 5.12.1996 – V ZB 27/96, BGHZ 134, 182, 184 f. = ZIP 1997, 420. 191) Ebenso noch vor kurzem auch der IX. Zivilsenat (der seine Auffassung auf Anfrage des V. Senats aber aufgegeben hat), vgl. BGH, Urt. v. 9.3.2006 – IX ZR 11/05, BGHZ 166, 319 = ZIP 2006, 1141; s. auch BGH, Urt. v. 22.7.2004 – IX ZR 131/03, BGHZ 160, 168, 171 f. = ZIP 2004, 1724; OLG Hamburg, Urt. v. 2.4.2009 – 11 U 200/06, NZI 2009, 556 m. Anm. Rein; OLG Hamm, Urt. v. 25.11.2010 – I-27 U 191/09, ZIP 2011, 188 f.

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VI. Die sicherungsweise Abtretung des Rückgewähranspruchs

Rückrechnungsfristen, so unterliegt der Rangaufstieg der Insolvenzanfechtung.192) VI. Die sicherungsweise Abtretung des Rückgewähranspruchs Der gesetzliche Löschungsanspruch gem. § 1179a BGB (Rn. 177) geht je- 179 doch in der Regel zunächst ins Leere, weil bei der Sicherungsgrundschuld Zahlungen üblicherweise unter Beachtung der schuldrechtlichen Sicherungsabrede nur auf die persönliche Forderung, nicht aber auf die Grundschuld geleistet werden; die Grundschuld verbleibt deshalb auch nach Beendigung des Sicherungszwecks durch Tilgung der gesicherten Forderung grundsätzlich in der Hand des Gläubigers und dem Sicherungsgeber stehen insoweit nur Ansprüche auf Rückgewähr zu (Rn. 6). Zur Ergänzung des nach § 1179a BGB bestehenden Schutzes werden deshalb diese Rückgewähransprüche in der Bank- und Grundstücksvertragspraxis vielfach sicherungsweise an die Berechtigten nachrangiger Grundpfandrechte abgetreten.193) Ziel einer solchen Abtretung ist es, dem nachrangigen Berechtigten ein „Vorrücken“ zu ermöglichen und die Gefährdung des eigenen Rechts auf denjenigen Teil des vorrangigen Rechts zu beschränken, der tatsächlich der Inanspruchnahme durch den Sicherungsnehmer unterliegt. Die Rückgewähransprüche an vorrangigen Grundpfandrechten erfassen dabei nicht nur den Nominalbetrag des Grundpfandrechts, sondern auch die Nebenrechte, namentlich die dinglichen Grundschuldzinsen.194) Die Insolvenzfestigkeit der Abtretung des zukünftigen Rückgewähran- 180 spruchs ist allerdings im Hinblick auf § 91 Abs. 1 InsO problematisch.195) Der Bundesgerichtshof hat unter Berufung auf diese Bestimmung die Insolvenzfestigkeit für die meisten Konstellationen verneint: Die Sicherungsabtretung des Anspruchs auf Rückgewähr einer Grundschuld könne im Fall einer nach Verfahrenseröffnung erfolgten Darlehenstilgung nur dann ein Recht auf abgesonderte Befriedigung im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Abtretenden begründen, wenn eine Revalutierung der Grundschuld ohne Zustimmung des Abtretungsempfängers nicht oder nicht mehr ___________ 192) Vgl. hierzu noch Obermüller, ZIP 2013, 299, 303; Obermüller/Obermüller, ZInsO 2013, 845, 853; a. A. Böttcher, NJW 2013, 838, 840; wohl auch Fischer, ZInsO 2013, 1969, 1978 ff.; Reul, DNotZ 2012, 883 ff. 193) Vgl. zur Rechtsposition des Zessionars in einem solchen Fall jetzt BGH, Urt. v. 19.4.2013 – V ZR 47/12, BGHZ 197, 155 = ZIP 2013, 1113 [Rn. 7 ff.]. 194) Vgl. Clemente, Sicherungsgrundschuld, Rn. 250 ff., 393 ff., 541 f.; s. auch Kesseler, ZIP 2007, 1297 ff. zu entsprechenden Sonderkonstellationen bei der Hypothek. 195) Die Insolvenzfestigkeit verneinend beiläufig bereits BGH, Urt. v. 9.3.2006 – IX ZR 11/05, BGHZ 166, 319 = ZIP 2006, 1141 [Rn. 20]; s. auch OLG Celle, Beschl. v. 14.7.2010 – 3 U 23/10, ZIP 2010, 1407 (als Vorinstanz zu BGH IX ZR 142/10 [s. u.]); zust. Büchler, ZInsO 2011, 802, 803 f.; OLG Hamm, Urt. v. 25.11.2010 – 27 U 191/09, ZIP 2011, 188 f.; Jaeger/ Windel, InsO, § 91 Rn. 58; abw. aber Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, § 91 Rn. 25; MünchKomm/Ganter, InsO, § 49 Rn. 75a; Jähne/Witte, Rpfleger 2011, 113 f.; Kesseler, NJW 2007, 3466; Krause, NotBZ 2006, 397, 398; Rein, NJW 2006, 3470, 3472; MünchKomm/Ott/Vuia, InsO, § 106 Rn. 9.

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B. Insolvenzfestigkeit des Grundpfandrechtserwerbs

in Betracht komme.196) Erfolgte die Darlehenstilgung vor Verfahrenseröffnung und innerhalb der anfechtungsrechtlichen Rückrechnungsfristen, so unterliegt das „Werthaltigwerden“ des abgetretenen Rückgewähranspruchs in diesen Fällen immerhin der Insolvenzanfechtung. 181 Im Einzelnen sind auf der Grundlage der neuen Entscheidung vor allem zwei Konstellationen zu nennen, in denen die Abtretung unwirksam ist: x

Die Abtretung sei unwirksam, so der Bundesgerichtshof, weil und soweit der Sicherungsnehmer nach dem Sicherungsvertrag berechtigt sei – sei es allein, sei es im Einvernehmen mit dem Sicherungsgeber oder dessen Insolvenzverwalter (etwa zur Besicherung eines Massekredits) –, die Grundschuld erneut zu valutieren („weite Sicherungszweckerklärung“); denn in diesem Fall sei der Sicherungswert der Grundschuld trotz der Abtretung des Rückgewähranspruchs aus dem Vermögen und der Insolvenzmasse des Sicherungsgebers nicht endgültig ausgeschieden. Dieser Aussage kann in der Tat nur zugestimmt werden, da die Revalutierungsoption einen wirtschaftlichen Wert verkörpert, der der Insolvenzmasse nach Verfahrenseröffnung nicht aufgrund einer zuvor durch den Schuldner vorgenommenen Verfügung entzogen werden darf.

x

Die Abtretung ist danach auch dann unwirksam, wenn der Rückgewähranspruch erst nach Verfahrenseröffnung entstanden ist.197) Dieser weiteren Aussage kann indessen allenfalls mit der Maßgabe zugestimmt werden, dass nach Verfahrenseröffnung durch Zahlung mit Mitteln der Insolvenzmasse in der Regel schon gar kein Rückgewähranspruch entsteht, weil der Insolvenzverwalter stets auf die Grundschuld zahlt (Rn. 27, 174 f.).

182 Gegenüber der Insolvenzmasse wirksam bleibt die Abtretung des Rückgewähranspruchs danach in folgenden Fällen: x

Hatte die Grundschuld infolge einer „engen“ Sicherungszweckerklärung nur eine einzelne Forderung („Anlassforderung“) gesichert und war diese Forderung vor Verfahrenseröffnung ganz oder teilweise getilgt worden, so ist der Rückgewähranspruch zu diesem Zeitpunkt als unbedingter, fälliger und durchsetzbarer entstanden; die Abtretung dieses Anspruchs verschafft dem Zessionar mithin eine gesicherte Rechtsposition, die auch

___________ 196) So BGH, Urt. v. 10.11.2011 – IX ZR 142/10, BGHZ 191, 277 = ZIP 2011, 2364 [Rn. 9 ff.] (dazu s. Clemente, ZfIR 2012, 317 f.; Fischer, ZInsO 2012, 1493 ff. u. ZInsO 2013, 1969, 1980 ff.; Freckmann, BKR 2012, 133, 138 f.; Kesseler, NJW 2012, 577 u. ZIP 2014, 110; Obermüller, LMK 2012, 327126; Rein, NZI 2012, 758 ff.; Reul, DNotZ 2012, 883, 889 ff.; Volmer, MittBayNot 2012, 239; Windel, KTS 2012, 457, 464 ff.); s. auch BGH, Urt. v. 26.1.2012 – IX ZR 191/10, ZIP 2012, 638 [Rn. 29 ff.]; BGH, Urt. v. 11.10.2012 – IX ZR 30/10, ZIP 2012, 2214 [Rn. 17]). 197) Der BGH (Urt. v. 10.11.2011 – IX ZR 142/10, BGHZ 191, 277 = ZIP 2011, 2364 [Rn. 13]) formuliert umgekehrt, eine gesicherte Rechtsposition setze u. a. voraus, dass die gesicherte Forderung vor Verfahrenseröffnung getilgt worden sei.

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VI. Die sicherungsweise Abtretung des Rückgewähranspruchs

nicht durch die spätere Eröffnung des Insolvenzverfahrens vor Durchsetzung des Rückgewähranspruchs gefährdet ist.198) x

Dem sollte der Fall gleichzustellen sein, dass eine ursprünglich weite Sicherungszweckerklärung nachträglich, aber vor Verfahrenseröffnung auf einen engen Sicherungszweck beschränkt worden ist. Dieser Fall kann durch eine vom Zessionar des Rückgewähranspruchs eingeforderte Einmalvalutierungserklärung eintreten,199) aber wohl auch dadurch, dass die Geschäftsbeziehung gekündigt ist und daher keine unter den Sicherungsvertrag fallenden Forderungen mehr entstehen können.

x

Ebenfalls helfen dürfte die rechtzeitige – d. h. insbesondere außerhalb der relevanten Anfechtungszeiträume vorgenommene – Einbeziehung der Forderungen des nachrangigen Gläubigers (= Zessionars des Rückgewähranspruchs) in die Sicherungszweckerklärung zwischen erstrangigem Grundschuldgläubiger und Schuldner.200)

Wird die Grundschuld erst vom Insolvenzverwalter durch Zahlung abgelöst, 183 so erfolgt eine solche Zahlung des Verwalters – unabhängig von einer etwa vorher mit dem Schuldner getroffenen Anrechnungsvereinbarung – stets auf die Grundschuld und nicht auf die gesicherte Forderung, sodass ohne Weiteres eine Eigentümergrundschuld entsteht und in die Insolvenzmasse fällt.201) Der Rückgewähranspruch wird damit gegenstandslos, auch wenn er abgetreten oder gepfändet ist; auch ein Löschungsanspruch gem. § 1179a BGB besteht in diesem Fall nicht (Rn. 179). Wenn die an einem massezugehörigen Grundstück bestellte Grundschuld eine Forderung gegen einen Dritten gesichert hatte, kann der Regress des Verwalters aber ggf. über die gesicherte Forderung erfolgen, zu deren Abtretung der Gläubiger – da § 1143 BGB auf die Grundschuld unanwendbar ist – aufgrund des Sicherungsvertrags verpflichtet ist.202)

___________ 198) BGH, Urt. v. 10.11.2011 – IX ZR 142/10, BGHZ 191, 277 = ZIP 2011, 2364 [Rn. 13]; zust. Freckmann, BKR 2012, 133, 138 f.; Kesseler, NJW 2012, 577. 199) Vgl. Reul, in: Reul/Heckschen/Wienberg, Insolvenzrecht in der Gestaltungspraxis, Rn. B 32. 200) Büchler, ZInsO 2011, 802, 804; Flöther, jurisPR-InsR 9/2011 Anm. 3; Neußner, EWiR 2010, 617, 618; s. a. Rendels/Körner, EWiR 2011, 159, 160. 201) BGH, Urt. v. 14.6.1994 – XI ZR 4/94, NJW 1994, 2692; OLG Brandenburg, Urt. v. 21.12.2011 – 4 U 13/11, BKR 2012, 158, 160; Gerhardt, ZIP 1980, 165, 166 f.; Wenzel, Sicherungsgrundschuld, Rn. 4/2354, 4/2699. 202) OLG Brandenburg, Urt. v. 21.12.2011 – 4 U 13/11, BKR 2012, 158, 160.

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C. Die Grundstücksverwertung durch freihändigen Verkauf Literatur: Alff, Dingliche Haftung des Käufers für Hausgeldrückstände nach freihändiger Veräußerung durch den Insolvenzverwalter, Rpfleger 2013, 15; d’Avoine, Verkauf von Immobilien in der Insolvenz an einen Grundpfandgläubiger, NZI 2008, 17; ders., Feststellung, Verwertung und Abrechnung von Sicherheitsgut als "einheitliches Geschäft" des Insolvenzverwalters, ZIP 2012, 58; Bächer, Massekostenbeiträge bei Immobiliarverwertung, ZInsO 2010, 1084; Bales, Kein dinglicher Charakter des Vorrechts aus § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG, ZInsO 2014, 182; Beck, Zur Umsatzsteuerpflicht der Verwertungskostenpauschale (§ 170 InsO) und eines vereinbarten Masseanteils bei Grundstücksveräußerungen, ZInsO 2006, 244; Becker, Beitragsforderungen in der Insolvenz des Wohnungseigentümers, ZWE 2013, 6; Depré/Lambert, Aktuelle steuerliche Aspekte bei der Verwaltung und Verwertung von Immobilien in der Insolvenz, ZfIR 2012, 1; du Carrois, Immobilien im Insolvenzverfahren, InsbürO 2012, 381, 415; Fölsing, Sicherheitenverwertung durch den Insolvenzverwalter: Gefahren und Probleme, ZInsO 2011, 2261; Förster, Das Ermessen des Insolvenzverwalters in Liquidation und Sanierung, ZInsO 2001, 391; ders, Immobilienverkauf, Feststellungskostenbeitrag und Verwaltervergütung, ZInsO 2002, 575; ders, Die Verwertung von Grundbesitz im Insolvenzverfahren und die Kostenpauschalen, ZInsO 2002, 864; Förster/Klipfel, Der Zwangsverwalter als Immobilienverkäufer? ZInsO 2013, 225; Frege/Keller, „Schornsteinhypothek“ und Lästigkeitsprämie bei Verwertung von Immobiliarvermögen in der Insolvenz, NZI 2009, 11; Ganter, Besondere Haftungsrisiken des Insolvenzverwalters bei der Verwertung von Sicherungsgut, FS Wellensiek, 2011, S. 399; Gundlach, Die Veräußerung von Zubehör durch den Konkursverwalter, DZWIR 1998, 485; Haut, Probleme der freihändigen Veräußerung einer Immobilie durch den Insolvenzverwalter bei gleichzeitig anhängiger Zwangsverwaltung, InsbürO 2009, 137; Hawelka, Außergerichtliche Verwertung von Immobilienportfolios in der Unternehmensinsolvenz – Freihändiger Verkauf, ZfIR 2010, 665; Herget/Kreuzberg, Umsatzsteuerliche Fallstricke bei der Verwertung von Kreditsicherheiten NZI 2013, 118; Jenn, Der Notverkauf – Ein insolvenzrechtliches Abenteuer für den Käufer?, ZfIR 2009, 174; Jennißen/Kemm, Die Hausgeldverpflichtung des Wohnungseigentümers – gesichert durch eine dingliche Last?, NZM 2012, 630; Johann, Qualifiziert die "freihändige Verwertung von Grundpfandrechten" in der Insolvenz als umsatzsteuerpflichtige Geschäftsbesorgung?, DStZ 2012, 127; Klomfaß, Zur freihändigen Grundstücksverwertung im Insolvenzverfahren, KKZ 2010, 121; Mitlehner, Umsatzsteuer bei Immobiliarverwertung in der Insolvenz, NZI 2002, 534; Onusseit, Die insolvenzrechtlichen Kostenbeiträge unter Berücksichtigung ihrer steuerrechtlichen Konsequenzen sowie Massebelastungen durch Grundstückseigentum, ZIP 2000, 777; Raab, Probleme bei der Immobilienverwertung aus der Sicht des Insolvenzverwalters, DZWIR 2006, 234; Reul, Grundstücksgeschäfte mit dem Insolvenzverwalter, ZfIR 2012, 569; Schmidt T, Änderungen des Kaufrechts durch die Schuldrechtsreform und deren Bedeutung für die Praxis der Insolvenzverwaltung, ZInsO 2002, 103; Schmittmann, Umsatzsteuerliche Probleme bei Immobilienverkäufen in der Insolvenz, ZInsO 2006, 1299; Schneider, Hausgeldansprüche in der Insolvenz eines Wohnungseigentümers, ZMR 2012, 749; ders., Zur dinglichen Wirkung persönlicher Hausgeldansprüche, ZWE 2014, 61; Sinz/Hiebert, § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG – Absonderungsrecht der Wohnungseigentümergemeinschaft ohne Beschlagnahme?, ZInsO 2012, 205; Smid, Zahlung von Lästigkeitsprämien aus der Insolvenzmasse, DZWIR 2008, 501; Tetzlaff, Probleme bei der Verwertung von Grundpfandrechten und Grundstücken im Insolvenzverfahren, ZInsO 2004, 521; ders., Lästigkeitsprämien für nachrangige Grundpfandgläubiger, ZInsO 2012, 726; Wagner M, Der Grundstückskauf in der Insolvenz, ZfIR 2009, 345; Wagner W, Verwertung beweglicher Sachen und Grundstücke durch Insolvenzverwalter als steuerbare sonstige Leistung?, FS Reiß, 2008, S. 185; Wäger, Umsatzsteuer bei der Verwertung von Kreditsicherheiten und Krediten, WM 2012, 769; Wedekind, Die Immobilie in der

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C. Die Grundstücksverwertung durch freihändigen Verkauf Insolvenz der natürlichen Person, InsbürO 2010, 208, 242; Weis/Ristelhuber, Die Verwertung von Grundbesitz im Insolvenzverfahren und die Kostenpauschalen, ZInsO 2002, 859; Wessel, Die Massebeteiligung der Bank zur Unterstützung des Insolvenzverwalters bei der Veräußerung von Grundvermögen aus der freien Hand, DZWIR 2013, 6.

I. Wirtschaftlicher Hintergrund 184 Soweit nicht die Gläubigerversammlung explizit für oder gegen eine bestimmte Art der Verwertung votiert hat (Rn. 188), entscheidet über die Art der Verwertung einer massezugehörigen Immobilie der Insolvenzverwalter nach pflichtgemäßem Ermessen. Der Insolvenzverwalter kann deshalb nicht nur die Zwangsversteigerung betreiben, sondern ist darüber hinaus grundsätzlich ohne weiteres berechtigt, das Grundstück freihändig zu veräußern;203) dies ist die in der Praxis dominierende Form der Grundstücksverwertung. Der Insolvenzverwalter handelt insofern auch bei der freihändigen Veräußerung im Rahmen seiner Amtspflicht zur Verwertung (§ 159 InsO). Zu einer gerade und ausschließlich auf freihändige Veräußerung gerichteten Verpflichtung wird sich diese Amtspflicht auch in Anbetracht der im Folgenden noch dazustellenden Vorteile der freihändigen Veräußerung nur in seltenen Ausnahmefällen einmal „verdichten“; in der Regel bleibt es bei dem Auswahlermessen des Verwalters und der Möglichkeit und dem Erfordernis der Abwägung mit anderen Verwertungsoptionen einschließlich der Duldung der Zwangsversteigerung durch den Grundpfandgläubiger und der bei hoch belasteten Immobilien immer diskutablen Freigabe.204) 185 Der Insolvenzverwalter wird den Aufwand und die Risiken einer freihändigen Veräußerung nur dann übernehmen, wenn sich dies für die Insolvenzmasse lohnt.205) Da aus dem Verwertungserlös de facto zunächst die Grundpfandgläubiger befriedigt werden müssen (da sie nur unter dieser Voraussetzung die Zustimmung zur lastenfreien Veräußerung erteilen, ohne die die Veräußerung praktisch nicht durchführbar ist, vgl. Rn. 13 ff., 197), ist dies an sich nur dann der Fall, wenn der zu erwartende Veräußerungserlös die vorhandenen valutierenden Belastungen signifikant übersteigt. Diese Voraussetzung wiederum ist eher selten gegeben; meist ist ein Grundstück, das sich im Eigentum eines insolventen Schuldners befindet, längst wertausschöpfend belastet. Typischerweise ___________ 203) Unstreitig, vgl. nur BGH, Urt. v. 18.2.2010 – IX ZR 101/09, ZIP 2010, 994 [Rn. 10]; BGH, Urt. v. 11.3.2010 – IX ZR 34/09, ZIP 2010, 791 [Rn. 8 ff.]; BGH, Urt. v. 3.1.2011 – IX ZR 53/09, ZIP 2011, 387 [Rn. 15]; BGH, Urt. v. 17.2.2011 – IX ZR 83/10, ZIP 2011, 579 [Rn. 8]. 204) Kübler/Prütting/Bork/Flöther, InsO, § 165 Rn. 7c; MünchKomm/Tetzlaff, InsO, § 165 Rn. 183; Hild/Paries, in: Molitor/Hild, Immobilien in der Insolvenzrechtspraxis, Rn. 722 f., 741; Ganter, FS Wellensiek, 2011, S. 399, 411 f.; Hawelka, ZfIR 2010, 665, 668; Tetzlaff, ZInsO 2004, 521, 529; Mitlehner, ZIP 2012, 649, 651; vgl. auch BGH, Urt. v. 3.1.2011 – IX ZR 53/09, ZIP 2011, 387 [Rn. 15]; BFH, Urt. v. 28.7.2011 – V R 28/09, BFHE 235, 22 = ZIP 2011, 1923 [Rn. 17]; abw. Knees, ZIP 20001, 1568, 1570; Weis/Ristelhuber, ZInsO 2002, 859, 861. 205) Siehe allgemein zur wirtschaftlichen Kalkulation du Carrois, InsbürO 2012, 381, 415; Wedekind, InsbürO 2010, 208, 242.

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I. Wirtschaftlicher Hintergrund

besteht das Interesse der Insolvenzmasse an der erfolgreichen freihändigen Veräußerung deshalb nicht in der Erwartung eines nach Ablösung der Grundpfandrechte verbleibenden Überschusses, sondern in einem im Konsens mit den Grundpfandgläubigern und auf deren Kosten vereinbarten Erlösanteil („Verwertungskostenbeitrag“) zugunsten der Insolvenzmasse (s. Rn. 213). Die Verwertung im Konsens mit den Grundpfandgläubigern und auf- 186 grund entsprechender Verwertungsvereinbarungen (Rn. 202 ff.) ist daher das hervorstechende Merkmal der freihändigen Immobilienverwertung durch den Insolvenzverwalter, zumal die Grundpfandgläubiger zur Ermöglichung der von dem Erwerber gewünschten lastenfreien Veräußerung in der Regel ohnehin ins Boot geholt werden müssen. Da der zugunsten der Insolvenzmasse vereinbarte Erlösanteil („Verwertungskostenbeitrag“) der Gemeinschaft der (ungesicherten) Insolvenzgläubiger zugutekommt, wird der Verwalter in diesem Fall selbst bei wertausschöpfend belasteten Grundstücken keineswegs allein im Interesse der Grundpfandgläubiger und aufgrund eines mit diesen geschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrags tätig, sondern zieht – seinen Aufgaben und seinem Amt entsprechend – den trotz der Belastungen noch zu realisierenden Wert des Grundstücks zur Masse.206) Eine vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens zwischen dem Schuldner und einem Grundpfandgläubiger getroffene vollstreckungsbeschränkende Vereinbarung bindet den Insolvenzverwalter deshalb auch dann nicht, wenn das Grundstück zugunsten dieses Gläubigers wertausschöpfend belastet ist.207) Der Übergang zum freihändigen Verkauf ist auch nach Beginn der Zwangs- 187 verwertung gem. §§ 172 ff. ZVG möglich, da letztere entgegen § 20 Abs. 1 ZVG wegen § 173 Satz 1 ZVG nicht zu einer Beschlagnahme führt. Das Recht zur freihändigen Veräußerung endet allerdings, sobald der absonderungsberechtigte Gläubiger dem Versteigerungsverfahren wirksam beigetreten ist oder selbst die Immobiliarvollstreckung betreibt (Rn. 266 ff., 331 ff.).208) Zum freihändigen Grundstücksverkauf bedarf der Insolvenzverwalter – aus 188 Gründen der Rechtssicherheit entgegen der h. M. selbst bei wertausschöpfend belasteten Grundstücken209) – der Zustimmung des Gläubigerausschusses, ___________ 206) Zutr. BGH, Urt. v. 3.1.2011 – IX ZR 53/09, ZIP 2011, 387 [Rn. 15]; aus der Lit. s. insbes. Hild/Paries, in: Molitor/Hild, Immobilien in der Insolvenzrechtspraxis, Rn. 751; Mitlehner, ZIP 2012, 649, 651; a. A. insbes. der BFH, s. Rn. 213 zu den Konsequenzen für die Umsatzsteuerpflicht. 207) Vgl. BGH, Urt. v. 3.1.2011 – IX ZR 53/09, ZIP 2011, 387 [Rn. 14 f.], der zugleich darauf hinweist, dass der Schuldner die der Vollstreckungsbeschränkung zugrunde liegenden Einwände – z. B. eine schwere Erkrankung, die einem Umzug entgegensteht – nach einer Veräußerung gem. § 765a ZPO auch gegen die Räumungsvollstreckung durch den Erwerber geltend machen kann. 208) Kübler/Prütting/Bork/Flöther, InsO, § 165 Rn. 7b; Nerlich/Römermann/Becker, InsO, § 165 Rn. 17, 49; a. A. Uhlenbruck/Brinkmann, InsO, § 165 Rn. 44; Hild/Paries, in: Molitor/Hild, Immobilien in der Insolvenzrechtspraxis, Rn. 726. 209) So wohl auch Molitor/Hild/Hild, Immobilien in der Insolvenzrechtspraxis, Rn. 26; a. A. insoweit (teleologische Reduktion) Braun/Esser, InsO, § 160 Rn. 12; FK-InsO/ Wegener, § 160 Rn. 5; HambKomm/Decker, InsO, § 160 Rn. 7.

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C. Die Grundstücksverwertung durch freihändigen Verkauf

hilfsweise der Gläubigerversammlung (§ 160 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 InsO). Im Berichtstermin (§ 157 InsO) können die Gläubiger den Verwalter auch zur Wahl dieser Verwertungsform verpflichten. Das Einvernehmen mit den Gläubigern hat nach § 164 InsO zwar nur im Innenverhältnis – also insbesondere für die Haftung des Insolvenzverwalters gem. § 60 InsO – Relevanz. Immerhin können das Fehlen eines Gläubigerausschusses und die häufig fehlende Gläubigerpräsenz in den Versammlungen dem Verwalter bei diesem Erfordernis Probleme bereiten. Er sollte deshalb trotz des § 160 Abs. 1 Satz 3 InsO n. F. (Unschädlichkeit der Beschlussunfähigkeit bei entsprechendem Hinweis in der Einladung) nach wie vor darauf bedacht sein, eine hinreichende Präsenz und Zustimmung zu organisieren, wie es überhaupt üblich und ratsam ist, derart wichtige Verwertungsentscheidungen möglichst im Benehmen mit Großinsolvenzgläubigern und Grundpfandberechtigten zu treffen.210) 189 In der Praxis bildet der freihändige Verkauf des belasteten Grundstück – im Konsens mit den Grundpfandgläubigern und aufgrund entsprechender Verwertungsvereinbarungen (Rn. 203) – den Regelfall, die Zwangsversteigerung die große Ausnahme. Als Nachteile der Zwangsversteigerung werden insbesondere die lange Verfahrensdauer im Gegensatz zu einer freihändigen Veräußerung sowie der erhöhte Kostenaufwand bei tendenziell signifikant geringerer Erlöserwartung genannt. Dies wird durch den Vorzug der fehlenden Gewährleistung (§ 56 Satz 3 ZVG)211) nicht aufgewogen, zumal der Verwalter sich bei der freihändigen Veräußerung in der Regel selbst schützen kann, indem er die Haftung im Kaufvertrag so weit wie gesetzlich möglich ausschließt und verbleibende Haftungsrisiken in der Verwertungsvereinbarung auf die Grundpfandgläubiger abwälzt (Rn. 203). Ein Interesse der Insolvenzmasse an einer anderweitigen Verwertung der Immobilie kann z. B. auch in der Ermöglichung einer „Gesamtlösung“ bei einer Betriebsveräußerung bestehen. 190 Den Gläubiger wiederum mag schon das „Störpotential“ des Verwalters im Hinblick auf die von einem Gläubiger betriebene Zwangsversteigerung zur Kooperation bewegen. Zudem ist der Kreditgeber keineswegs stets an einer möglichst ertragreichen Zerschlagung des Schuldnerunternehmens interessiert, sondern sieht – z. B. weil er auch Lieferanten oder Abnehmer des Schuldners mit Krediten versorgt hat und deshalb Folgeinsolvenzen fürchten muss – die Dinge in einem größeren Zusammenhang. Soweit möglich, wird daher sowohl aus Sicht des Insolvenzverwalters wie auch aus Sicht der Grundpfandgläubiger in der Regel der freihändige Verkauf vorzugswürdig sein – im Extremfall so sehr, dass ein an sich masseloses Insolvenzverfahren allein zu dem ___________ 210) Vgl. Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, § 159 Rn. 12; Lwowski/Tetzlaff, WM 1999, 2336, 2337; Raab, DZWIR 2006, 234, 235 f. 211) Diese Bestimmung kann auf die freihändige Grundstücksverwertung im Insolvenzverfahren nicht analog angewendet werden, vgl. Kesseler, RNotZ 2004, 176, 214; Marotzke, ZInsO 2002, 501, 505; Vallender, ZInsO 2002, 103, 108; Wagner, ZfIR 2009, 345, 350 ff.; einschr. Th. Schmidt, ZInsO 2002, 103, 109.

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II. Verkauf vor dem Berichtstermin

Zweck beantragt und durchgeführt wird, die zügige freihändige Veräußerung einer massezugehörigen Immobilie über die Bühne zu bringen (nicht selten mit der praktischen Konsequenz, dass der in die Masse fließende Erlösanteil (Rn. 204) allein die Verwaltervergütung abdeckt und für die ungesicherten Insolvenzgläubiger nichts übrig bleibt).212) Allerdings hängt – ebenso wie bei der „kalten“ Zwangsverwaltung (Rn. 412 ff.) 191 – in der Praxis auch viel davon ab, ob die konkrete Person des Insolvenzverwalters und das vorgelegte Konzept zur Erhaltung und Realisierung des Immobilienwerts den Vorstellungen der Gläubiger entspricht. Gerade professionelle und international tätige Finanz- und Immobilieninvestoren haben oft ganz eigene Vorstellungen von dem gebotenen Vorgehen, äußern unverhohlen die Erwartung, dass der Insolvenzverwalter dem nachkommt und reagieren im Konfliktfall nicht selten durch Ausweichen in die von der Einflussnahme Dritter weitgehend unabhängigen Wege der Zwangsverwaltung bzw. Zwangsversteigerung, die unter diesen Umständen als schnellste und kostengünstigste Möglichkeit der Sicherheitenverwertung angesehen werden.213) II. Verkauf vor dem Berichtstermin Nach § 159 InsO beginnt die Verwertung des zur Insolvenzmasse gehören- 192 den Vermögens unverzüglich nach dem Berichtstermin. Der Umkehrschluss aus § 159 InsO ergibt, dass der Insolvenzverwalter vor dem Berichtstermin zu einer Verwertung grundsätzlich weder berechtigt noch verpflichtet ist. Dies soll gewährleisten, dass die Entscheidungshoheit der Gläubiger hinsichtlich der Zukunft des Unternehmens und der Art und Weise der Verwertung nicht durch den Insolvenzverwalter ausgehebelt werden kann. Für den vorläufigen Verwalter ist eine Verwertung schon deshalb ausge- 193 schlossen, weil das Insolvenzverfahren noch gar nicht definitiv eröffnet ist und der Schuldner deshalb vor endgültigen Vermögensverlusten geschützt werden muss. Verwertungsmaßnahmen darf der vorläufige Insolvenzverwalter somit grundsätzlich – von „Notverkäufen“ abgesehen, die aber bei Immobilien nicht recht vorstellbar sind214) – nicht vornehmen (als vorläufiger Verwalter mit umfassender oder gegenständlich beschränkter Verfügungsbefugnis) bzw. hierein einwilligen (als vorläufiger Verwalter ohne Verfügungs___________ 212) Vgl. Förster/Klipfel, ZInsO 2013, 225, 226, die für diesen Fall eine freihändige Veräußerung durch einen Zwangsverwalter bevorzugen. 213) Vgl. Köchling, InsbürO 2009, 326, 333; Niering, NZI 2008, 146 ff. 214) A. A. BGH, Urt. v. 5.5.2011 – IX ZR 144/10, BGHZ 189, 299 = ZIP 2011, 1419 [Rn. 51 f.]; zust. Hild/Paries, in: Molitor/Hild, Immobilien in der Insolvenzrechtspraxis, Rn. 822 f., die einen „Notverkauf“ auch dann für denkbar halten, wenn eine günstige, sich nach Verfahrenseröffnung voraussichtlich nicht mehr bietende Verkaufsgelegenheit besteht. Hier wird indessen ein nach Verfahrenseröffnung zutreffender Argumentationstopos (Rn. 194) unzulässig auf die Eröffnungsphase übertragen, in der die Befugnis für einen derartigen Eingriff in das Schuldnereigentum eben noch nicht abschließend geklärt ist.

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C. Die Grundstücksverwertung durch freihändigen Verkauf

befugnis);215) dies gilt erst recht für Maßnahmen von großer Bedeutung wie einer Grundstücksveräußerung. Eine dennoch erfolgte Verwertungshandlung wäre nicht unwirksam, kann aber Schadensersatzansprüche gegen den Insolvenzverwalter auslösen.216) 194 Der endgültige Insolvenzverwalter ist vor dem Berichtstermin gem. § 158 InsO ebenfalls grundsätzlich zur Fortführung des Unternehmens verpflichtet; selbst wenn die Voraussetzungen einer Stilllegung vorliegen, sind ihm Verwertungshandlungen nicht gestattet, da auch die Wahl der Verwertungsform der Gläubigerversammlung nach § 157 InsO obliegt. Nach Verfahrenseröffnung trifft aber jedenfalls die Aussage zu, dass der Verwalter eine günstige, sich nach dem Berichtstermin voraussichtlich nicht mehr bietende Verkaufsgelegenheit wahrnehmen darf und unter Umständen sogar wahrnehmen muss.217) Auch für ihn gilt zudem, dass eine unerlaubte Verwertungshandlung ggf. nicht unwirksam wäre, sondern allenfalls Schadensersatzansprüche gegen den Insolvenzverwalter auslösen kann (vgl. § 164 InsO).218) 195 In beiden Fällen gilt zudem, dass, wo der Kläger fehlt, auch kein Richter ist (und ebenso, dass, wo der Schaden fehlt, auch kein Schadensersatzanspruch ist). Gerade bei Gewerbeimmobilien stehen die Kaufinteressenten häufig nicht gerade Schlange. Ergreift der Verwalter eine sich bietende Gelegenheit beim Schopfe, wird dies in der Regel unabhängig von der formaliter fehlenden Gläubigerzustimmung den Beifall sowohl der Grundpfandberechtigten als auch der übrigen Gläubiger finden und kein größeres Haftungsrisiko mit sich bringen. III. Abgesonderte Befriedigung 196 Der Insolvenzverwalter kann ein belastetes Grundstück sowohl nach einer einverständlichen Aufhebung der Grundpfandrechte als auch unter Fortbestehen der Belastungen verkaufen. Im letzteren Fall – also wenn die Grundpfandrechte vom Käufer übernommen werden –, gebührt der (ja auch um den realisierbaren Wert der Grundpfandrechte geminderte) Veräußerungserlös natürlich in vollem Umfang der Masse, sodass den Grundpfandgläubigern kein Recht auf Befriedigung aus dem Erlös zusteht. 197 Geben die Gläubiger dagegen – zur Ermöglichung einer lastenfreien Veräußerung, die in der Regel aus praktischen Gründen Voraussetzung für einen ___________ 215) Vgl. BGH, Beschl. v. 14.12.2000 – IX ZB 105/00, BGHZ 146, 165, 172 f. = ZIP 2001, 296 sub II.3.; BGH, Beschl. v. 15.11.2012 – IX ZB 130/10, BGHZ 195, 336 = ZIP 2013, 30 [Rn. 24]; BGH, Urt. v. 5.5.2011 – IX ZR 144/10, BGHZ 189, 299 = ZIP 2011, 1419 [Rn. 51]; MünchKomm/Haarmeyer, InsO, § 22 Rn. 73; Nerlich/Römermann/Becker, InsO, § 165 Rn. 1; Uhlenbruck/Vallender, InsO, § 22 Rn. 35 ff. 216) Haarmeyer, FS Kreft, S. 279, 282 ff.; Wagner, ZfIR 2009, 344, 345. 217) BGH, Urt. v. 5.5.2011 – IX ZR 144/10, BGHZ 189, 299 = ZIP 2011, 1419 [Rn. 52] m. w. N. 218) Wagner, ZfIR 2009, 344, 345.

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III. Abgesonderte Befriedigung

Verkauf sein wird – eine Löschungsbewilligung ab, so haben sie auf der Grundlage der Auffassung des Bundesgerichtshofs gleichwohl einen dinglich gesicherten Anspruch auf abgesonderte Befriedigung aus dem Erlös: Auch dann, wenn es statt einer Verwertung im Wege der Immobiliarvollstreckung zu einem einverständlichen freihändigen Verkauf komme, handele es sich im Hinblick auf die Befriedigung der Grundpfandrechte aus dem Veräußerungserlös um einen Fall von abgesonderter Befriedigung.219) Dem liegt die Auffassung zugrunde, die Befriedigungsrechte der Gläubiger setzten sich kraft dinglicher Surrogation am Erlös fort (Rn. 15, 29);220) die Erlösverteilung folge deshalb grundsätzlich221) oder gar zwingend222) den Befriedigungsregeln in der Zwangsversteigerung (§ 10 ZVG). Der bei der Aufteilung des Erlöses zwischen Insolvenzmasse und Absonderungsberechtigten auf die Masse entfallende Anteil erscheint so als eine von den Absonderungsberechtigten aus ihrem Vermögen zu zahlende Gegenleistung für die in ihrem Interesse erfolgende Verwertungstätigkeit des Insolvenzverwalters. Nach der Gegenauffassung fällt der Veräußerungserlös demgegenüber im Fall einer einverständlichen lastenfreien Veräußerung uneingeschränkt in die Insolvenzmasse; es ist deshalb vom Ansatz her genau umgekehrt allein die Verwertungsvereinbarung Grundlage des Anspruchs des Grundpfandgläubiger auf Befriedigung aus dem Veräußerungserlös (Masseschuld gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO), dessen „Aufteilung“ – unter Berücksichtigung eines dem Insolvenzverwalter verbleibenden Anteils zur Deckung der Verwertungskosten (Rn. 204) – deshalb in den Grenzen der „Insolvenzzweckwidrigkeit“ unproblematisch der Disposition der Beteiligten unterliegt (s. auch Rn. 420 zur entsprechenden Frage bei der „kalten Zwangsverwaltung“).223) Soweit eine Last i. S. v. § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG – wie dies insbesondere bei 198 Grundsteuern, Erschließungsbeiträgen oder dinglichen Erbbauzinsen der Fall ist – selbst im Falle eines explizit „lastenfreien“ Verkaufs nicht erlischt, kommt eine Befriedigung aus dem Erlös jedoch nicht in Frage: Bleiben die betreffenden Rechte erhalten, scheidet mangels eines Rechtsverlusts von vornherein eine dingliche Surrogation (Rn. 197) und mithin eine dingliche Beteiligung des Rechtslastberechtigten an dem Veräußerungserlös aus; denn da die fortbestehende Belastung kaufpreismindernd wirkt, würde anderenfalls die Belastung doppelt zum Nachteil des Veräußerers zu Buche schlagen, weil an dem infolge der Belastung ohnehin geringeren Erlös zusätzlich der Grund___________ 219) BGH, Beschl. v. 16.10.2008 – IX ZR 46/08, ZIP 2008, 2276 [Rn. 6]; BGH, Urt. v. 11.3.2010 – IX ZR 34/09, ZIP 2010, 791 [Rn. 8]; a. A. MünchKomm/Ganter, InsO, Vor §§ 49 – 52 Rn. 99b; Mitlehner, ZIP 2012, 649, 650, 651 f. 220) So auch BFH, Urt. v. 28.7.2011 – V R 28/09, BFHE 235, 22 = ZIP 2011, 1923 [Rn. 17]; a. A. Mitlehner, ZIP 2012, 649, 650, 651 f.; Hild/Paries, in: Molitor/Hild, Immobilien in der Insolvenzrechtspraxis, Rn. 780. 221) So z. B. Lwowski/Tetzlaff, WM 1999, 2336, 2337. 222) So z. B. Jaeger/Henckel, InsO, Vor §§ 49 – 52 Rn. 48, § 49 Rn. 33 m. w. N. 223) Vgl. insbes. Mitlehner, ZIP 2012, 649, 652 f.; Hild/Paries, in: Molitor/Hild, Immobilien in der Insolvenzrechtspraxis, Rn. 778 ff., 784 ff.

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C. Die Grundstücksverwertung durch freihändigen Verkauf

pfandrechtsgläubiger partizipieren würde.224) Der freihändige Grundstückskauf vom Insolvenzverwalter ist aufgrund dessen nicht ohne Risiko für den Käufer: Wenn der Insolvenzverwalter und der Erwerber übersehen, dass öffentliche Lasten auf dem Grundstück liegen, die aus dem Grundbuch nicht erkennbar sind (wie z. B. gem. § 12 GrStG die Grundsteuerforderungen gegen den Voreigentümer)225), so kann der Gläubiger die öffentliche Last im Wege eines gegen den neuen Eigentümer gerichteten Duldungsbescheides geltend machen, der also im Ergebnis in Höhe der noch auf dem Grundstück lastenden öffentlichen Last geschädigt wird; denn der Erwerber kann sich auch nicht darauf berufen, dass im Kaufvertrag seitens des Insolvenzverwalters der Erwerb „lastenfrei“ zugesagt worden sei, denn § 12 GrStG kann nicht zulasten des Fiskus abbedungen werden.226) In Betracht kommt deshalb allein ein Gewährleistungsanspruch gegen die Insolvenzmasse, der freilich typischerweise im Kaufvertrag abbedungen sein dürfte 199 Anders ist dies bei dem (zum 1.7.2007 neu eingeführten) Vorrecht gem. § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG wegen rückständiger Ansprüche auf Hausgeld („Wohngeld“, § 16 Abs. 2 WEG), das jedenfalls nach der Rechtsprechung des V. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs kein dingliches Recht der Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern nur eine Privilegierung der dort aufgeführten schuldrechtlichen Ansprüche im Zwangsversteigerungs- und Insolvenzverfahren begründet, und deshalb nach freihändigem Verkauf durch den Insolvenzverwalter nicht gegen den Erwerber fortbesteht;227) ob es sich immerhin im Wege der dinglichen Surrogation am Veräußerungserlös fortsetzen kann, ist zweifelhaft.228) 200 Wird der bei der freihändigen Verwertung erzielte Erlös aufgrund der Verwertungsvereinbarung an die Grundpfandgläubiger ausgekehrt, so zahlt der Insolvenzverwalter damit selbst dann, wenn in den AGB der Bank als Grundpfandgläubigerin vorgesehen war, dass durch Zahlung die Forderung getilgt wird,229) auf das Grundpfandrecht; denn eine derartige Vertragsklausel ist nicht imstande, den Insolvenzverwalter zu binden, da sie ihn zu einer ___________ 224) BGH, Urt. v. 18.2.2010 – IX ZR 101/09, ZIP 2010, 994 [Rn. 11]; BGH, Urt. v. 11.3.2010 – IX ZR 34/09, ZIP 2010, 791 [Rn. 8, 13]; OLG Naumburg, Urt. v. 25.3.2009 – 5 U 2/09, BeckRS 2010, 05970; a. A. OLG Braunschweig, Urt. v. 14.1.2009 – 3 U 25/08, DZWIR 2010, 304 (Vorinstanz zu BGH IX ZR 34/09); Jaeger/Henckel, InsO, § 49 Rn. 33. 225) Diese begründen unabhängig vom Entstehungszeitpunkt zudem ein Absonderungsrecht, s. BGH, Beschl. v. 6.10.2011 – V ZB 18/11, ZIP 2012, 147 [Rn. 18]. 226) BGH, Urt. v. 18.2.2010 – IX ZR 101/09, ZIP 2010, 994 [Rn. 12]; vgl. zu einem praktischen Fall, in dem sich dieses Risiko realisiert hat, etwa OVG Lüneburg, Beschl. v. 7.12.2010 – 9 ME 128/10, ZfIR 2011, 260 m. Anm. Wedekind. 227) BGH, Urt. v. 13.9.2013 – V ZR 209/12, BGHZ 198, 216 = ZIP 2013, 2122 [Rn. 8 ff.]. 228) Dafür z. B. LG Landau, Urt. v. 17.8.2012 – 3 S 11/12, ZInsO 2012, 2258, 2260; Bales, ZInsO 2014, 182, 185; offen insoweit BGH, Urt. v. 13.9.2013 – V ZR 209/12, BGHZ 198, 216 = ZIP 2013, 2122 [Rn. 26]. 229) Vgl. dazu Clemente, Sicherungsgrundschuld, Rn. 687 ff., 709 ff.

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IV. Verwertungsvereinbarungen und Erlösaufteilung

insolvenzzweckwidrigen Rechtshandlung – einer dem Gleichbehandlungsgebot widersprechenden Bevorzugung eines einzelnen Gläubigers – veranlassen würde (Rn. 27 a. E.). Rechtsfolge der Erlösauskehr an den Grundpfandgläubiger ist – wie stets im 201 Fall einer Ablösung des Grundpfandrechts durch den Insolvenzverwalter (Rn. 183) – das Entstehen einer Eigentümergrundschuld zugunsten der Insolvenzmasse.230) Der sicherungsvertragliche Rückgewähranspruch wird damit gegenstandslos, selbst wenn er abgetreten oder gepfändet ist; auch ein Löschungsanspruch gem. § 1179a BGB (Rn. 179) besteht in diesem Fall nicht. IV. Verwertungsvereinbarungen und Erlösaufteilung 1. Fehlen gesetzlicher Kostenerstattungsansprüche Verwertet der Insolvenzverwalter das Grundstück durch freihändigen Ver- 202 kauf, so handelt er – unbeschadet des Umstands, dass regelmäßig keine Verpflichtung zur Wahl gerade dieser Verwertungsform besteht – im Rahmen seiner Amtspflicht, das Grundstück als Teil der Insolvenzmasse zu verwerten (§ 159 InsO, s. Rn. 184). Hierbei trifft die Absonderungsberechtigten, auch wenn sie hiervon in wirtschaftlicher Hinsicht primär oder womöglich ausschließlich profitieren (Rn. 197), keine gesetzliche Pflicht zur Erstattung der Kosten zugunsten der Masse.231) Inwieweit der Insolvenzverwalter zumindest die der Masse realiter entstehenden Verwertungskosten sowie eine „Aufwandsentschädigung“ aus dem Erlös realisieren kann, wird daher üblicherweise in der im Folgenden behandelten Verwertungsvereinbarung zwischen Insolvenzverwalter und Grundpfandgläubiger(n) geregelt. 2. Verwertungsvereinbarungen Wie mehrfach angesprochen, wird der Insolvenzverwalter im Fall einer frei- 203 händigen Veräußerung belasteter massezugehöriger Grundstücke in der Regel ein Interesse daran haben, die Zustimmung der Grundpfandgläubiger zur lastenfreien Veräußerung des Grundstücks zu erreichen, die mit der freihändigen Veräußerung zwangsläufig verbundenen Haftungsrisiken (sowohl persönliche als auch für die Masse) auf die Grundpfandgläubiger abzuwälzen und zugunsten der Insolvenzmasse einen Anteil am Erlös zu realisieren. Hierfür bedarf es des Abschlusses einer Verwertungsvereinbarung mit den Grundpfandgläubigern. Derartige Abreden sind mittlerweile allgemein üblich und ___________ 230) A.A. Voraufl. im Anschluss an Smid, Kreditsicherheiten, § 23 Rn. 8: Erlöschen des Grundpfandrechts gem. § 1181 BGB. 231) OLG Schleswig, Beschl. v. 28.10.2011 – 5 W 46/11, DZWIR 2013, 43; OLG Köln, Urt. v. 10.2.2014 – 12 U 30/13, BeckRS 2014, 03643 [Rn. 51]; MünchKomm/Ganter, InsO, Vor §§ 49 – 52 Rn. 99d; Tetzlaff ebd. § 165 Rn. 184; Hawelka, ZfIR 2010, 665, 667; Lwowski/Tetzlaff, WM 1999, 2336, 2337, 2344 ff.; a. A. d’Avoine, NZI 2008, 17, 18 (§ 170 InsO analog).

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C. Die Grundstücksverwertung durch freihändigen Verkauf

werden für unbedenklich erachtet.232) Die absonderungsberechtigten Gläubiger werden ihnen in der Regel schon deswegen zustimmen, weil eine zwangsweise Verwertung des Grundstücks in der Regel zu einem deutlich geringeren Zufluss führt als die freihändige Verwertung selbst nach Abzug eines an die Insolvenzmasse auszukehrenden Anteils. 204 Den im Zentrum der Aufmerksamkeit stehenden häufig sog. „Verwertungskostenbeiträgen“ liegt begrifflich die Vorstellung zugrunde, es handele es sich auch de iure um einen aus dem Vermögen der Absonderungsberechtigten zu leistenden Kostenbeitrag, mit dem eine vom Insolvenzverwalter im Interesse der Grundpfandgläubiger erbrachte Leistung vergütet würde. Geht man hingegen davon aus, dass der Insolvenzverwalter mit der Veräußerung sein eigenes Geschäft der Masseverwertung wahrnimmt und den Kaufpreis(-anspruch) in vollem Umfang für die Insolvenzmasse erwirbt (s. Rn. 194 f., 197), wird hier der Sache nach genau umgekehrt vereinbart, wieviel der Insolvenzverwalter den Absonderungsberechtigten von dem Erlös abgeben muss, um diese zum Verzicht auf die gerichtliche Zwangsversteigerung und zur Mitwirkung an der lastenfreien Veräußerung zu bewegen. Die Höhe dieses in der Masse verbleibenden Erlösanteils ist deshalb auch frei verhandelbar und kann mithin den Umstand berücksichtigen, dass die Möglichkeit, einen höheren als den in der Zwangsversteigerung zu erwartenden Erlös zu erzielen, haftungsrechtlich der Insolvenzmasse zugewiesen ist und gerade nicht den Absonderungsberechtigten. Üblich ist freilich gleichwohl eine Orientierung an den tatsächlich entstehenden Feststellungs- und Verwertungskosten, da die Einforderung eines wesentlich höheren Masseanteils von den Absonderungsberechtigten als nicht mehr legitim angesehen wird und de facto nicht durchsetzbar ist; insofern hat der Sprachgebrauch vom „Verwertungskostenbeitrag“ also in jedem Fall eine gewisse wirtschaftliche Berechtigung. Die für die Insolvenzmasse im Verhandlungswege erzielbaren Erlösanteile schwanken dabei immer noch stark (i. d. R. ca. 2 – 6 %), abhängig zum einen von regional recht unterschiedlichen Usancen und in der Sache vor allem vom Transaktionsvolumen, dem für die Gewinnung von Kaufinteressenten erforderlichen Aufwand – der auch nahe Null sein kann, wenn der Gläubiger vereinbarungsgemäß den Kaufinteressenten gewinnt – und der Höhe der hierdurch eingesparten Maklergebühren, und nicht zuletzt dem eingegangenen Haftungsrisiko.233) Scheitert eine Verwertungsvereinbarung (und damit auch der Versuch, einen Erlösanteil zugunsten der Insolvenzmasse zu generieren), weil der Insolvenzverwalter nicht von einer überhöhten Forderung abrücken mochte, soll er sich u. U. sogar schadensersatzpflichtig ma___________ 232) Vgl. nur BGH, Urt. v. 3.1.2011 – IX ZR 53/09, ZIP 2011, 387 [Rn. 15]; MünchKomm/ Ganter, InsO, Vor §§ 49 – 52 Rn. 99a ff.; Nerlich/Römermann/Becker, InsO, § 165 Rn. 18; Uhlenbruck/Brinkmann, InsO, § 49 Rn. 30. 233) Vgl. Braun/Bäuerle, InsO, § 49 Rn. 22; Hild/Paries, in: Molitor/Hild, Immobilien in der Insolvenzrechtspraxis, Rn. 792 ff.; Smid, Kreditsicherheiten, § 23 Rn. 17 f.; Beck, ZInsO 2006, 244, 247; Jungmann, Grundpfandgläubiger, Rn. 149; Knees, ZIP 2001, 1568, 1753; Raab, DZWIR 2006, 234, 236; Weis/Ristelhuber, ZInsO 2002, 859, 861.

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IV. Verwertungsvereinbarungen und Erlösaufteilung

chen;234) dies ist im Hinblick auf die Verwertungspflicht des Insolvenzverwalters im Ansatz zweifellos denkbar, dürfte im Ergebnis allerdings nur für klare Fallgestaltungen diskutabel sein. Im Verhältnis zu mithaftenden Dritten (z. B. einem Bürgen) kann die Bank einen der Masse belassenen angemessenen Erlösanteil als notwendige Verwertungskosten abziehen.235) Das „Entgelt“ – also der nicht an die Absonderungsberechtigten auszukehrende Teil des Veräußerungserlöses – steht in jedem Fall der Insolvenzmasse zu und selbstverständlich nicht dem Verwalter persönlich,236) der sich eine ihm persönlich zufließende Vergütung auch nicht wirksam ausbedingen kann.237) Durch die Vergrößerung der Insolvenzmasse wirkt der Erlösanteil allerdings immerhin mittelbar vergütungserhöhend; zudem – d. h. nicht kumulativ, sondern alternativ nach Wahl des Verwalters238) – kann dies gem. § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 InsVV bei der normalen Insolvenzverwaltervergütung vergütungserhöhend berücksichtigt werden.239) Im Einzelnen kommen folgende Aspekte als Inhalt einer Verwertungsabrede 205 in Betracht:240) x

eine Verständigung über die Wirksamkeit und Valutierung der Grundpfandrechte und den Umfang des insolvenzfesten Vorzugsrechts,

x

die Verpflichtung des Grundpfandgläubigers, keinen Zwangsversteigerungsantrag zu stellen bzw. einen bereits gestellten Antrag zurückzunehmen oder das Verfahren ruhend zu stellen,

x

die Verpflichtung des Grundpfandgläubigers, der lastenfreien Veräußerung des Grundstücks zuzustimmen, ggf. zusammen mit einer Abrede zur Abwicklung der Pfandfreigabe, die die Rechtsposition der Gläubiger sicherstellt,

___________ 234) Beck/Depré/Zuleger/Wegmann, Praxis der Insolvenz, § 26 Rn. 103; Weis/Ristelhuber, ZInsO 2002, 859, 861. 235) A. A. OLG Schleswig, Beschl. v. 28.10.2011 – 5 W 46/11, DZWIR 2013, 43; Wessel, DZWIR 2013, 6 f. 236) Vgl. BGH, Urt. v. 13.1.2011 – IX ZR 53/09, ZIP 2011, 387 [Rn. 15]; MünchKomm/ Tetzlaff, InsO, § 165 Rn. 186; Mitlehner, ZIP 2012, 649, 652. 237) Mitlehner, ZIP 2012, 649, 652. 238) Vgl. BGH, Beschl. v. 23.10.2008 – IX ZB 157/05, BeckRS 2008, 23564 [Rn. 4]; BGH, Beschl. v. 10.10.2013 í IX ZB 169/11, NZI 2013, 1067 [Rn. 2 f.] m. Anm. Keller; s. auch Becker, ZInsO 2013, 2532, 2538. 239) Vgl. BGH, Beschl. v. 23.10.2008 – IX ZB 157/05, BeckRS 2008, 23564 [Rn. 4]; BGH, Beschl. v. 10.10.2013 í IX ZB 169/11, NZI 2013, 1067 [Rn. 2 f.] m. Anm. Keller; LG Heilbronn, Beschl. v. 17.10.2006 – 1 T 408/06, Rpfleger 2007, 105; LG Heilbronn, Beschl. v. 4.4.2012 – 1 T 89/12, ZIP 2012, 2077; BK-InsO/Blersch, § 1 InsVV Rn. 10; HK-InsO/Büttner, § 1 InsVV Rn. 14; Prasser/Stoffler, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 3 InsVV Rn. 94; Haarmeyer/Wutzke/Förster, Insolvenzrechtliche Vergütung, § 1 InsVV Rn. 59; Becker, ZInsO 2013, 2532, 2538. 240) Vgl. Hild/Paries, in: Molitor/Hild, Immobilien in der Insolvenzrechtspraxis, Rn. 772 ff., 801 ff.; Hawelka, ZfIR 2010, 665, 669; Mitlehner, ZIP 2012, 649, 651 ff.; Tetzlaff, ZfIR 2005, 179, 180 u. MünchKomm/Tetzlaff, InsO, § 165 Rn. 179 ff.

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C. Die Grundstücksverwertung durch freihändigen Verkauf

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im Gegenzug eine Vereinbarung über die Aufteilung des Veräußerungserlöses zwischen der Insolvenzmasse einerseits und der Gesamtheit der Absonderungsberechtigten andererseits (also der Höhe des der Masse zustehenden „Verwertungskostenbeitrags“, s. Rn. 204),

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ggf. eine Regelung zur Verteilung des auf die Absonderungsberechtigten entfallenden Erlösanteils analog zur gesetzlichen Befriedigungsreihenfolge in der Zwangsversteigerung (Rn. 29) und die Verrechnung auf die gesicherten Forderungen,

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ggf. Regelungen bezüglich der Ablösung nachrangiger Grundpfandgläubiger durch den Insolvenzverwalter (s. aber Rn. 215 ff. zur „Lästigkeitsprämie“),

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die Vereinbarung von Mindesterlösen und ggf. Regelung eines Zustimmungsvorbehalts zugunsten des Grundpfandgläubigers,

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Regelungen für den Fall einer Rückabwicklung des Kaufvertrags oder der Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen (erforderlichenfalls ergänzt um Sicherungen wie Bankbürgschaften),

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eine Vereinbarung über die Kostentragung für Unterhaltung der Immobilie bis zum Vollzug der Veräußerung (Grundsteuern, Bewachungskosten, für die Beseitigung von Umweltaltlasten entstehende Kosten u. a.),

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eine Vereinbarung für die Tragung der bei der Veräußerung anfallenden Kosten (Notar, Makler) sowie

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eine Regelung für den Fall, dass die Insolvenzmasse mit der Zahlung von Umsatzsteuer belastet wird (s. Rn. 206 ff.).

V. Steuerliche Fragen 1. Umsatzsteuer a) Veräußerungserlös für das Grundstück 206 Im Insolvenzverfahren über das Vermögen eines steuerlichen Unternehmers241) stellt die Grundstücksveräußerung als solche242) zwar eine steuerbare Lieferung dar, ist aber zugleich grunderwerbsteuerpflichtig und deshalb ___________ 241) Im Insolvenzverfahren über das Vermögen eines Nichtunternehmers (sowie in der Insolvenz eines steuerlichen Unternehmens, wenn ein nicht zum Unternehmensvermögen gehörendes Grundstück veräußert wird) kann es allerdings von vornherein zu keinem steuerbaren Umsatz kommen, s. Bächer, ZInsO 2010, 1084, 1086. 242) Bei einem Mietshaus oder einem Grundstück mit darauf bezogenen Gewerbebetrieb kann es sich aber auch um nicht eine steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen nach § 1 Abs. 1a Satz 1 UStG handeln; dies kann nicht zu einer Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG (Rn. 207) führen (s. MünchKomm/Kling/Schüppen/Ruh, InsO, Insolvenzsteuerrecht, Rn. 179, 181; Molitor/Hild/Montague, Immobilien in der Insolvenzrechtspraxis, Rn. 864 ff.), jedoch ist eine Berichtigung nach § 14c Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 3 – 5 UStG möglich.

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V. Steuerliche Fragen

grundsätzlich umsatzsteuerfrei (§ 4 Nr. 9a UStG). Steuerschuldner der Grunderwerbsteuer ist der Erwerber; der Insolvenzmasse entstehen aus der Grundstücksveräußerung deshalb an sich keine steuerlichen Belastungen.243) In vielen Fällen wird es für den Insolvenzverwalter indessen ratsam sein, 207 immer dann, wenn das Grundstück an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen veräußert wird, für einen Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung zu optieren (§ 9 Abs. 1 UStG) und zu dem Kaufpreis die Umsatzsteuer gesondert auszuweisen: Wenn das Grundstück in den zurückliegenden zehn Jahren umsatzsteuerpflichtig angeschafft worden war oder in diesem Zeitraum Vorsteuerbeträge auf bestimmte Grundstückskosten umsatzsteuermindernd geltend gemacht worden sind, müssten diese anderenfalls nach § 15a Abs. 8, Abs. 9 UStG zeitanteilig berichtigt und – jedenfalls nach der finanzgerichtlichen Rechtsprechung244) – mit der Qualität einer Masseverbindlichkeit (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO) an das Finanzamt zurückgezahlt werden.245) Der Verzicht ist nur wirksam, wenn er bereits im notariellen Kaufvertrag erklärt worden ist (§ 9 Abs. 3 Satz 2 UStG); dies stellt sicher, dass der Erwerber von der ihm zur Last fallenden Umsatzsteuer (Rn. 208) nicht überrascht werden kann. Da der Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung nur wirksam ist, wenn es 208 sich bei dem Erwerber um einen Unternehmer handelt, schuldet stets der Erwerber – und nicht etwa die Insolvenzmasse – die Umsatzsteuer (§ 13b Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Abs. 5 UStG). Der Erwerber kann aber unter Umständen in gleicher Höhe einen Vorsteuerabzug geltend machen; in diesem Fall kommt es für ihn wirtschaftlich nicht zu einer Zusatzbelastung, und er hat deshalb auch keinen Anlass, Abstriche bei der Höhe des Nettokaufpreises zu machen, den er zu zahlen bereit ist. Gerade in diesen Fällen wird es sich mithin so gut wie immer anbieten, dem 209 Risiko einer Vorsteuerberichtigung gem. §§ 15a, 9 UStG durch den Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung zu begegnen, und ggf. sogar zu einer gem. § 60 InsO haftungsbewehrten Verpflichtung des Insolvenzverwalters verdichten. Gegenüber Kaufinteressenten, die mangels eigener steuerbarer Umsätze für den Vorsteuerabzug keine Verwendung haben, hat die Umsatzsteuerbelastung aber natürlich unmittelbare Auswirkungen auf die Höhe des realisierbaren Kaufprei___________ 243) Ertragssteuerrechtlich kann ein der Masse zufließender Erlösüberschuss allerdings zu Ertragssteuern mit der Qualität einer Masseschuld führen, wenn durch die Veräußerung stille Reserven aufgedeckt werden, vgl. Depré/Lambert, ZfIR 2012, 1, 3, 5 m. w. N. 244) BFH, Urt. v. 9.2.2011 – XI R 35/09, BFHE 233, 86 = ZIP 2011, 1222 (abl. Kahlert, ZIP 2011, 1225; Köhler/Wagner, BB 2011, 1767); BFH, Beschl. v. 28.6.2011 – XI B 18/11, ZIP 2011, 2018 f.; FG Münster, Urt. v. 8.10.2009 – 5 K 1096/07 U, ZIP 2009, 2354 (abl. Waclawik, ZIP 2010, 1465). 245) Braun/Dithmar/Schneider, InsO, § 165 Rn. 12; Kübler/Prütting/Bork/Flöther, § 165 Rn. 52a; Elsner/Mohrbutter/Ringstmeier, Insolvenzverwaltung, § 24 Rn. 76; Molitor/ Hild/Montague, Immobilien in der Insolvenzrechtspraxis, Rn. 874 ff.; Ganter/Brünink, NZI 2006, 257, 258; Hawelka, ZfIR 2010, 665, 669 ff.; Onusseit, ZIP 2002, 1344, 1346.

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C. Die Grundstücksverwertung durch freihändigen Verkauf

ses, sodass sich die Veräußerung u. U. für die Insolvenzmasse nicht mehr lohnt (nämlich immer dann, wenn der bei einer Veräußerung effektiv für die Insolvenzmasse entstehende Ertrag niedriger ist als die Umsatzsteuer auf den Grundstückserlös einerseits und der anfallende Vorsteuerberichtigungsbetrag andererseits); hier besteht mithin Anlass, die Umsatzsteuer im Rahmen der mit dem bzw. den Grundpfandgläubiger(n) geschlossenen Verwertungsvereinbarung (Rn. 203) zu berücksichtigen. Notfalls wird der Insolvenzverwalter eine Freigabe des Grundstücks (Rn. 492 ff.) in Betracht zu ziehen haben.246) b) Veräußerungserlös für mithaftende Mobilien 210 Werden Gegenstände des Haftungsverbands (§§ 1120 ff. BGB, s. Rn. 424 ff.), insbesondere Betriebsinventar und anderes Grundstückszubehör, zusammen mit dem Grundstück freihändig veräußert, so ist diese Lieferung dagegen stets umsatzsteuerpflichtig, da sie nicht von der Grunderwerbsteuer erfasst wird und somit eine Steuerbefreiung zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nicht geboten ist.247) Steuerschuldner ist, wenn die Veräußerung durch den Insolvenzverwalter erfolgt, die Insolvenzmasse (Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO); § 13b Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Abs. 5 UStG greifen insoweit nicht ein. 211 Anders als bei „echten“ Mobiliarsicherheiten (§ 171 Abs. 2 Satz 3 InsO) ist nach geltender Gesetzeslage für die de iure zum Grundstück gehörenden Gegenstände des Haftungsverbands keine Regelung getroffen, die eine Belastung der Insolvenzmasse mit der auf das bewegliche Sicherungsgut entfallenden Umsatzsteuer ausschließt. Dies ist rechtspolitisch zwar kaum nachvollziehbar, ersichtlich aber so gewollt, wie sich daraus ergibt, dass im Gesetzgebungsverfahren ein gegenteiliger Regelungsvorschlag, eine Umsatzsteuerabführungspflicht für alle gesicherten Gläubiger unabhängig von der Art der Sicherheit zu begründen, durch den Rechtsausschuss des Bundestags, explizit abgelehnt wurde. Die Belastung der Insolvenzmasse mit der Umsatzsteuer muss daher, soweit es nicht im Rahmen der mit dem bzw. den Grundpfandgläubiger(n) geschlossenen Verwertungsvereinbarung (Rn. 203) zu einer abweichenden Regelung kommt, grundsätzlich hingenommen werden.248) 212 Hat der Gläubiger an den mithaftenden Mobilien zusätzlich ein Mobiliarsicherungsrecht (Sicherungseigentum, Pfändungspfandrecht) erworben, so unterliegt die Sache zugleich dem Verwertungsrecht des Insolvenzrechts des Insolvenzverwalters nach § 166 Abs. 1 InsO, was die Möglichkeit zu eröffnen ___________ 246) Vgl. Kübler/Prütting/Bork/Onusseit, InsO, Insolvenzsteuerrecht, Rn. F 234 f. 247) Allg. M, vgl. nur BGH, Urt. v. 3.4.2003 – IX ZR 93/02, BGHZ 154, 327 = ZIP 2003, 1109; MünchKomm/Kling/Schüppen/Ruh, InsO, Insolvenzsteuerrecht, Rn. 178; Mitlehner, NZI 2002, 534, 536; Onusseit, ZIP 2000, 777, 784. 248) Lwowski/Tetzlaff, WM 1999, 2336, 2345; Tetzlaff, ZInsO 2004, 521, 523; Zimmermann, NZI 1999, 57, 60; krit. Marotzke, ZZP 109 (1996), 429, 466; Mitlehner, NZI 2002, 534, 536; Onusseit, ZIP 2000, 777, 784.

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V. Steuerliche Fragen

scheint, die Verwertung dieser Gegenstände dem für Mobiliarsicherheiten geltenden Rechtsregime zu unterstellen (mit der weiteren Folge, dass auch die Bestimmungen über die Kostenbeiträge einschließlich der Umsatzsteuererstattungspflicht des § 171 Abs. 2 Satz 3 InsO eingreifen). Da jedoch die Grundpfandhaftung vorgeht (Rn. 428 ff.), kann der Insolvenzverwalter die Veräußerung nicht aus eigener Machtvollkommenheit als Verwertungsmaßnahme nach §§ 166 ff. InsO deklarieren;249) vielmehr ist dies nur dann möglich, wenn der Gläubiger zustimmt. Diese Zustimmung wird der Verwalter dem Gläubiger durch ein Entgegenkommen an anderer Stelle „abkaufen“ müssen; denn anders als bei einer Verwertung des Grundstücks im Wege der Zwangsversteigerung (Rn. 220 ff.) wird der Gläubiger bei einer ohnehin stattfindenden freihändigen Veräußerung hierzu in der Regel auch dann an sich keinen Anlass haben, wenn er die Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen kann, da die Zusatzbelastung in Höhe der Kostenpauschalen nicht durch einen höheren Verwertungserlös kompensiert werden kann. c) Masseanteil am Verwertungserlös („Kostenbeitrag“) Gleich der für die Verwertung von Mobiliarsicherheiten in § 170 Abs. 2 InsO 213 festgelegten gesetzlichen Verwertungskostenpauschale250) unterliegt der für die freihändige Grundstücksverwertung vereinbarte „Verwertungskostenbeitrag“ – also der gem. der Aufteilungsvereinbarung in der Insolvenzmasse verbleibende Teil des Verwertungserlöses (Rn. 203 ff.) – nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs als sonstige Leistung gem. § 3 Abs. 9 UStG ebenfalls der Umsatzsteuer.251) Dem liegt die Annahme zugrunde, bei der freihändigen Verwertung von Immobilien unter Vereinbarung einer Beteiligung der Insolvenzmasse am Erlös werde der Insolvenzverwalter nicht aufgrund gesetzlicher Befugnisse, sondern aufgrund des Geschäftsbesorgungsvertrags mit dem Grundpfandgläubiger tätig und erhalte dafür ein Entgelt in Form der Erlösbeteiligung; dies wird indes der Stellung des Insolvenzverwalters, der hier nur seiner gesetzlichen Verwertungsaufgabe (§ 159 InsO) nachkommt, nicht gerecht (s. Rn. 184 f., 197, 204). Geht man für die Praxis gleichwohl von der Auffassung des Bundesfinanzhofs aus, so ist Zurechnungssubjekt für den steuerbaren Umsatz natürlich nicht der Insolvenzverwalter persönlich, son___________ 249) So aber offenbar MünchKomm/Kling/Schüppen/Ruh, InsO, Insolvenzsteuerrecht, Rn. 178; Ganter/Brünink, NZI 2006, 257, 259. 250) Zu diesen jetzt ebenfalls BFH, Urt. v. 28.7.2011 – V R 28/09, BFHE 235, 22 = ZIP 2011, 1923 [Rn. 26 ff.] (insoweit unter Aufgabe von BFH, Urt. v. 18.8.2005 – V R 31/04, BFHE 211, 551 = ZIP 2005, 2119) m. abl. Anm. Mitlehner, EWiR 2011, 673, u. Schmittmann, ZInsO 2011, 1908; dazu Mitlehner, Mobiliarsicherheiten im Insolvenzverfahren, Rn. 634, 638 ff., 686 ff. m. w. N. 251) BFH, Urt. v. 28.7.2011 – V R 28/09, BFHE 235, 22 = ZIP 2011, 1923 [Rn. 14 ff.] (dazu d’Avoine, ZIP 2012, 58; Depré/Lambert, ZfIR 2012, 1; Fölsing, ZInsO 2011, 2261; Johann, DStZ 2012, 127; Marchal, BB 2011, 2789; Mitlehner, EWiR 2011, 673 u. ZIP 2012, 649, 651 ff., 653; Schmittmann, ZInsO 2011, 1908); BFH, Urt. v. 18.8.2005 – V R 31/04, BFHE 211, 551 = ZIP 2005, 2119; ebenso Abschnitt 1.2 Abs. 4 (neu) des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses i.d.F. des BMF-Schreibens vom 30.4. 2014, ZIP 2014, 995.

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C. Die Grundstücksverwertung durch freihändigen Verkauf

dern die Insolvenzmasse. Dies bedeutet, dass der Insolvenzverwalter in der Regel die Massebeiträge als Nettobeträge aushandelt und auf diese noch 19 % Umsatzsteuer vom Grundpfandgläubiger einfordert. Fehlt eine solche Regelung, ist aus dem Massebetrag der Umsatzsteueranteil herauszurechnen und vom Insolvenzverwalter in der Umsatzsteuervoranmeldung des Insolvenzschuldners (Massesteuernummer) zu erklären. 2. Ertragsteuern (Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer) 214 Die Einkommens- bzw. Körperschaftsteuerschuld, die ggf. aus der Verwertung der zur Insolvenzmasse (und zum Betriebsvermögen) gehörenden Wirtschaftsgüter resultiert – insbesondere durch Realisierung der stillen Reserven, die auf einer zum Betriebsvermögen des Schuldners gehörenden Immobilie ruhen –, ist nach Ansicht des Bundesfinanzhofs252) als sonstige Masseverbindlichkeit i. S. d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO zu qualifizieren, weil der materielle Besteuerungstatbestand durch eine Handlung nach Insolvenzeröffnung erfüllt worden ist. Dabei soll es auch keine Rolle spielen, wenn durch die Veräußerung nach Insolvenzeröffnung solche stillen Reserven aufgedeckt werden, die vor Insolvenzeröffnung aufgelaufen waren; denn für die Zwecke der Verwirklichung des Steuertatbestandes komme es allein darauf an, zu welchem Zeitpunkt die stillen Reserven de iure aufgedeckt werden. Die Einkommensteuerschuld ist dabei nach der neueren Rechtsprechung auch dann in voller Höhe Masseverbindlichkeit, wenn das verwertete Wirtschaftsgut mit Absonderungsrechten belastet war und – nach Vorwegbefriedigung der absonderungsberechtigten Gläubiger aus dem Verwertungserlös – der tatsächlich zur Masse gelangte Erlös nicht ausreicht, um die aus der Verwertungshandlung resultierende Einkommensteuerforderung zu befriedigen.253) Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn bei einer Immobilie über Jahre oder gar Jahrzehnte stille Reserven anwachsen, die aber erst nach Insolvenzeröffnung im Wege der Veräußerung aufgedeckt werden. Im Ergebnis bleibt dem Insolvenzverwalter häufig also nur die Freigabe (Rn. 492 ff.) eines solchen Grundstücks oder aber, wenn eine freihändige Veräußerung durch den Verwalter gewünscht wird, die Vereinbarung mit den Grundpfandgläubigern, die aus der Verwertung resultierende Steuerbelastung zu tragen.

___________ 252) BFH, Urt. v. 16.5.2013 – IV R 23/11, BFHE 241, 233 = ZIP 2013, 1481 [Rn. 21 ff., 29 ff.] (dazu Kahlert, DStR 2013, 1587; Onusseit, ZInsO 2014, 59, 64 ff.; Schulze, HFR 2013, 818; Wendt, BFH/PR 2013, 381); FG Düsseldorf, Urt. v. 19.8.2011 – 11 K 4201/10 E, ZIP 2011, 2070 [Rn. 56 ff.]; FG Gotha, Urt. v. 30.11.2011 – 3 K 581/09, ZIP 2013, 790. 253) BFH a. a. O. (Fußn. zuvor); anders insoweit noch BFH, Beschl. v. 29.3.1984 – IV R 271/83, BFHE 141, 2 = NJW 1985, 511.

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VI. Verkauf hoch belasteter Grundstücke

VI. Verkauf hoch belasteter Grundstücke 1. „Lästigkeitsprämie“ In der Praxis besteht nicht selten die Notwendigkeit, einen nachrangig ge- 215 sicherten Grundpfandgläubiger dazu zu bewegen, eine Löschungsbewilligung abzugeben. Auch wenn dieser Gläubiger aufgrund des Nachrangs weder im Fall eines freihändigen Verkaufs noch bei einer Zwangsversteigerung eine realistische Aussicht hätte, Erlöse aus dem betroffenen Grundstücks zu erzielen, ist er durch seine formale Rechtsposition als Grundpfandgläubiger in der Lage, einen freihändigen Verkauf der Immobilie zumindest zu erschweren oder gar – im Hinblick auf den Wunsch des Interessenten, das Grundstück lastenfrei zu erwerben – ganz zu verhindern; das an sich wertlose Grundpfandrecht hat also immerhin einen „Lästigkeitswert“. In solchen Fällen ist die Zahlung einer (über die legitime Abdeckung des Bearbeitungsaufwands hinausgehenden) sog. Lästigkeitsprämie an den Gläubiger zur Ermöglichung des freihändigen Verkaufs nicht unüblich, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jedoch – soweit dem Gläubiger nicht lediglich die Löschungskosten erstattet werden – insolvenzzweckwidrig und damit unwirksam. Zwar gesteht der Bundesgerichtshof dem Insolvenzverwalter bei der Ausübung seiner Tätigkeit einen Ermessensspielraum zu, sieht diesen aber bei Leistungen auf ein wirtschaftlich offenbar wertloses Recht als überschritten an, was für jeden verständigen Betrachter auch offensichtlich sei.254) Allerdings ist diese Aussage weniger klar als es zunächst den Anschein hat: In 216 dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall hatte der freihändige Verkauf nicht zu einem Massezuwachs geführt, sodass der Vereinbarung der Lästigkeitsprämie keine Vorteile für die Insolvenzmasse gegenüberstanden. Da aber die Insolvenzmasse in der Praxis regelmäßig einen Erlösanteil („Verwertungskostenbeitrag“, s. Rn. 204) für den freihändigen Verkauf erhält, dürfte die Zahlung der Lästigkeitsprämie als Voraussetzung für die Durchführung des freihändigen Verkaufs auch nach den Prämissen des Bundesgerichtshofs regelmäßig gerade nicht als masseschädlich und deshalb insolvenzzweckwidrig einzustufen sein.255) Ob es für den Insolvenzverwalter ratsam ist, in der gegenwärtigen Phase der Rechtsunsicherheit ein persönliches Haftungsrisiko einzugehen, ist allerdings fraglich; zumindest sollte hierfür die ausdrückliche Zustimmung der Gläubigergremien und ggf. des Insolvenzgerichts eingeholt werden.256) ___________ 254) BGH, Beschl. v. 20.3.2008 – IX ZR 68/06, ZIP 2008, 884; im Ansatz auch BGH, Urt. v. 20.3.2014 - IX ZR 80/13, ZIP 2014, 978, [Rn. 15 f., 20]; ebenso OLG Nürnberg, Urt. v. 19.11.2013 – 4 U 994/13, ZIP 2013, 2471, 2473; LG Regensburg, Urt. v. 21.9.2009 – 4 O 1442/09, ZIP 2009, 2165; krit. aber Hild/Paries, in: Molitor/Hild, Immobilien in der Insolvenzrechtspraxis, Rn. 751 ff.; Frege/Keller, NZI 2009, 11 ff.; Oster/Steinwachs, ZInsO 2011, 1638 ff.; Rein, NZI 2008, 365 f.; Smid, DZWIR 2008, 501 ff.; Tetzlaff, ZInsO 2012, 726 ff. 255) Vgl. Hild/Paries, in: Molitor/Hild, Immobilien in der Insolvenzrechtspraxis, Rn. 765. 256) So überzeugend HambKomm/Büchler, InsO, § 165 Rn. 13a; Hild/Paries, in: Molitor/ Hild, Immobilien in der Insolvenzrechtspraxis, Rn. 752 ff.; Hawelka, ZfIR 2010, 665, 667; Schulz, EWiR 2008, 471, 472.

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C. Die Grundstücksverwertung durch freihändigen Verkauf

217 Als unzweifelhaft sowohl rechtmäßige als auch praktikable Lösung erscheint jedoch die Zahlung der Lästigkeitsprämie durch dritte Personen. In Betracht kommt hier zunächst eine entsprechende Abrede mit dem Erwerber der Immobilie. Sollte sich dies nicht durchsetzen lassen, bleibt nur die Zahlung aus dem Erlösanteil des an letzter Stelle hebeberechtigten Grundpfandgläubigers;257) da dieser von dem durch die freihändige Veräußerung erzielten Mehrerlös profitiert, sollte sich eine diesbezügliche Vereinbarung in der Praxis auch organisieren lassen. 218 Jegliche Zahlung zu verweigern, bedeutet demgegenüber das Beschreiten eines zumindest steinigen Wegs. Auch wenn man dem Insolvenzverwalter in der beschriebenen Situation einen einklagbaren Anspruch auf Rückgewähr der für den Gläubiger wirtschaftlich wertlosen Grundschuld zubilligen kann (§ 242 BGB),258) wird dessen Geltendmachung mit Risiken und Zeitverzögerungen verbunden sein, an denen die geplante Grundstücksveräußerung nicht selten scheitern wird.259) Die Idee, die geforderte Lästigkeitsprämie zunächst zu zahlen und später zu kondizieren, wird in Ermangelung eines expliziten Rückforderungsvorbehalts in der Regel an § 814 BGB scheitern (und dann den Verwalter der Insolvenzmasse gegenüber schadensersatzpflichtig machen!);260) eine Zahlung mit explizitem Rückforderungsvorbehalt wird dagegen von dem Gläubiger nicht akzeptiert werden. Allenfalls mag in klaren Fällen des missbräuchlichen Einforderns einer Lästigkeitsprämie ein Schadensersatzanspruch aus dem Sicherungsvertrag gegen den „lästigen“ Grundpfandgläubiger bestehen261) (und bereits präventiv zur Abschreckung eingesetzt werden können). 2. Freihändiger Verkauf an Grundpfandgläubiger 219 Gerade bei hoch belasteten Grundstücken kann der freihändige Verkauf an einen dinglich gesicherten Grundpfandgläubiger selbst wirtschaftlich sinnvoll sein – auch und gerade aus Sicht des Gläubigers, der für den Fall der Unverkäuflichkeit des Grundstücks auszufallen droht. Naturgemäß möchte der ___________ 257) So auch BGH, Urt. v. 20.3.2014 - IX ZR 80/13, ZIP 2014, 978 [Rn. 23 f.]; FK-InsO/ Imberger, § 49 Rn. 53; Hild/Paries, in: Molitor/Hild, Immobilien in der Insolvenzrechtspraxis, Rn. 760; Heublein, EWiR 2014, 123, 124; Tetzlaff, ZInsO 2012, 726, 727. 258) Zutr. OLG Köln, Urt. v. 12.6.1995 – 16 U 102/94, ZIP 1995, 1668, 1670 f.; OLG Schleswig, Beschl. v. 23.2.2011 – 5 W 8/11, ZIP 2011, 1254, 1255; OLG Nürnberg, Urt. v. 19.11.2013 – 4 U 994/13, ZIP 2013, 2471, 2473; LG Regensburg, Urt. v. 21.9.2009 – 4 O 1442/09, ZIP 2009, 2165; LG Leipzig, Urt. v. 27.11.2013 – 5 O 3032/12, ZInsO 2014, 100; MünchKomm/Tetzlaff, InsO, § 165 Rn. 182; Oster/Steinwachs, ZInsO 2011, 1638, 1640 ff.; s. ferner Rein u. Frege/Keller, jew. a. a. O. 259) Frege/Keller, NZI 2008, 11, 12. 260) OLG Schleswig, Beschl. v. 23.2.2011 – 5 W 8/11, ZIP 2011, 1254, 1256; LG Kiel, Beschl. v. 15.9.2009 – 1 S 92/09, IBR 2010, 212 m. Anm. Fedders; Rein, NZI 2008, 365, 366; Schulz, EWiR 2008, 471, 472; vgl. auch BGH, Beschl. v. 20.3.2008 – IX ZR 68/06, ZIP 2008, 884. 261) Zutr. OLG Schleswig, Beschl. v. 23.2.2011 – 5 W 8/11, ZIP 2011, 1254, 1255.

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VI. Verkauf hoch belasteter Grundstücke

grundpfandrechtlich gesicherte Gläubiger in diesem Fall den Kaufpreis mit seiner Darlehensforderung verrechnen, was insoweit allerdings an dem zwingenden Aufrechnungsverbot des § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO scheitert. Möglich ist allerdings eine Aufrechnung gegen den Erlösanspruch, der dem Gläubiger in seiner Eigenschaft als Grundpfandgläubiger zusteht. Einer Analogie zu § 170 Abs. 1 InsO262) dürfte es hierfür nicht bedürfen; denn insoweit wäre der Absonderungsberechtigte Massegläubiger im Sinne der §§ 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, weil der Anspruch auf Auskehr des Erlöses durch eine Verwertungshandlung des Insolvenzverwalters entsteht, sodass § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO insoweit nicht entgegensteht. Eine Analogie wäre aber jedenfalls methodisch zu rechtfertigen, da die Situation beim freihändigen Immobilienverkauf mit der beim Verkauf beweglicher Gegenstände vergleichbar ist.

___________ 262) D’Avoine, NZI 2008, 17, 18; Raab, DZWIR 2006, 234, 236; s. auch HK-InsO/ Landfermann, § 168 Rn. 12 (Verrechnung von Kaufpreis und Erlös bei Mobiliarsicherheiten).

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D. Die Grundstücksverwertung durch Zwangsversteigerung Literatur: Bartels, Dogmatik und Effizienz im Recht der Zwangsversteigerung, 2010; Depré/Lambert, Aktuelle steuerliche Aspekte bei der Verwaltung und Verwertung von Immobilien in der Insolvenz, ZfIR 2012, 1; Fölsing, Sicherheitenverwertung durch den Insolvenzverwalter: Gefahren und Probleme, ZInsO 2011, 2261; Eickmann, Problematische Wechselbeziehungen zwischen Immobiliarvollstreckung und Insolvenz, ZfIR 1999, 81; Goldbach, Zusammentreffen von Immobiliarvollstreckung und Insolvenzverfahren – Besonderheiten in der Immobiliarvollstreckung bei gleichzeitiger Insolvenz des Schuldners, FoVo 2009, 172; Goldbach, Einstellung der Immobiliarvollstreckung bei Insolvenz, FoVo 2009, 189; Grziwotz, Stehengebliebene Sicherungsgrundschuld und Zwangsversteigerung, FS Wolfsteiner, 2008, S. 31; Hintzen, Insolvenz und Immobiliarzwangsvollstreckung, RPfleger 1999, 256; Hintzen, Höhe des Zinsausgleichs nach Einstellung der Zwangsversteigerung, ZInsO 2000, 205; Hintzen, Ablösung vorrangiger Feststellungskosten in der Zwangsversteigerung, FS Kirchhof, 2003, S. 209; Hintzen, Vollstreckung und Insolvenz, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 3. Aufl. 2009, Kap. 20; Keller, Die Erhaltung der „5/10-Grenze“ bei ergebnisloser Zwangsversteigerung und die Rechte des insolventen Schuldners, ZfIR 2008, 134; Kesseler, Erteilung einer Vollstreckungsklausel aus einer Grundschuld gegen den Insolvenzverwalter, RNotZ 2004, 462; Kesseler, Nachweiserfordernis bei der Umschreibung der Vollstreckungsklausel gegen den Insolvenzverwalter, ZInsO 2005, 918; Lenenbach, Sicherungsmaßnahmen im Insolvenzeröffnungsverfahren: Anordnungsvoraussetzungen und -wirkungen am Beispiel der § 21 Abs. 2 Nr. 2, 3 InsO, §§ 30d Abs. 4, 153b ZVG, 2003; Mitlehner, Umsatzsteuer bei Immobiliarverwertung in der Insolvenz, NZI 2002, 534; Mönning/Zimmermann, Die Einstellungsanträge des Insolvenzverwalters gem. §§ 30d I, 153b I ZVG im eröffneten Insolvenzverfahren, NZI 2008, 134; Muth, Die Zwangsversteigerung auf Antrag des Insolvenzverwalters, ZIP 1999, 945; Raab, Probleme bei der Immobilienverwertung aus der Sicht des Insolvenzverwalters, DZWIR 2006, 234; Schwarz/Doms, Praktische Probleme bei der Insolvenzverwalterversteigerung nach § 165 InsO im Hinblick auf den Löschungsanspruch nach § 1179a I 1 BGB, ZInsO 2013, 1292; Smid, Stellung der Grundpfandgläubiger, Zwangsversteigerung und Schuldenreorganisation durch Insolvenzplan, FS Gerhardt, 2004, S. 931; Soutier, Die Umschreibung von Vollstreckungsklauseln – eine Anleitung für die Praxis, MittBayNot 2011, 181, 275, 366; Stöber, Aufhebung der auf Antrag des Insolvenzverwalters angeordneten Einstellung der Zwangsversteigerung, NZI 1999, 439; ders., Insolvenzverfahren und Vollstreckungszwangsversteigerung, NZI 1998, 105; ders., Erlöschen der Auflassungsvormerkung und Erbbauzins-Reallast bei der Insolvenzverwalterversteigerung, NJW 2000, 3600; Tetzlaff, Probleme bei der Verwertung von Grundpfandrechten und Grundstücken im Insolvenzverfahren, ZInsO 2004, 521; Vallender, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung im Lichte des neuen Insolvenzrechts, RPfleger 1997, 353; Wäger, Umsatzsteuer bei der Verwertung von Kreditsicherheiten und Krediten, WM 2012, 769; Weis/ Ristelhuber, Die Verwertung von Grundbesitz im Insolvenzverfahren und die Kostenpauschalen, ZInsO 2002, 859.

I. Zwangsversteigerung auf Antrag des Insolvenzverwalters 1. Allgemeines Die Zwangsversteigerung einer massezugehörigen Immobilie auf Antrag des 220 Insolvenzverwalters gem. §§ 172 ff. ZVG gehört nicht zur Zwangsvollstreckung im eigentlichen Sinne; der Verwalter wird hier im Rahmen seiner Pflicht tätig, die zur Insolvenzmasse gehörenden Gegenstände zu verwerten (§ 159 InsO). Sie wird aber in den Formen und mit den Wirkungen der Im93

D. Die Grundstücksverwertung durch Zwangsversteigerung

mobiliarvollstreckung nach dem ZVG durchgeführt: Es handelt sich wie bei der Vollstreckungsversteigerung auf Antrag eines Gläubigers um ein gerichtliches Verfahren, das auf die öffentliche Veräußerung des Grundstücks zielt, um die Vollstreckungsgläubiger aus dem Stammwert des Grundstücks befriedigen zu können. Die Insolvenzverwalterversteigerung erfasst zusammen mit dem Grundstück auch die die „mithaftenden“, d. h. zum Haftungsverband gehörigen beweglichen Sachen, also insbesondere das Grundstückszubehör (§ 1120 BGB i. V. m. §§ 20 Abs. 2, 21 Abs. 1 ZVG, s. Rn. 424 ff.), ebenso wenig wie die Vollstreckungsversteigerung allerdings Miet- und Pachtforderungen (§ 1123 BGB i. V. m. § 21 Abs. 2 ZVG im Unterschied zu § 148 ZVG für die Zwangsverwaltung). Gehörte dem Schuldner nicht das ganze Grundstück, sondern nur ein Miteigentumsanteil, so kann sich auch die Insolvenzverwalterversteigerung gem. §§ 172 ff. ZVG nur auf diesen Miteigentumsanteil beziehen; hinsichtlich des Grundstücks als Ganzes kann aber auch der Insolvenzverwalter die Auseinandersetzung im Wege der Teilungsversteigerung gem. §§ 180 f. ZVG betreiben (Rn. 546 ff.). 221 Die spezifische „Insolvenzverwalterversteigerung“ findet nur auf Antrag des Insolvenzverwalters statt (§ 172 ZVG). Den gesicherten Gläubigern ist es nicht möglich, den Insolvenzverwalter zur Zwangsversteigerung zu zwingen (natürlich unbeschadet ihrer Möglichkeit, selbst und auf alleiniges eigenes Kostenrisiko die Zwangsversteigerung zu betreiben [Rn. 266 ff.]); sie können einen Antrag des Insolvenzverwalters aber auch nicht verhindern. Eines Vollstreckungstitels bedarf der Insolvenzverwalter für seinen Versteigerungsantrag naturgemäß nicht;263) es genügt der Nachweis, dass das Grundstück Teil der Insolvenzmasse ist, wofür wiederum der Eintrag des Insolvenzvermerks (§ 32 InsO) ausreicht.264) 222 Der Insolvenzverwalter kann die Zwangsversteigerung sowohl parallel zur Vollstreckungsversteigerung eines Gläubigers als auch parallel zum freihändigen Verkauf betreiben, da das Grundstück nicht beschlagnahmt wird (Rn. 227); dies ermöglicht namentlich die getrennte Veräußerung von Zubehör, Erzeugnissen und Bestandteilen. Der Insolvenzverwalter entscheidet dabei nach pflichtgemäßem Ermessen, wie er die Massegegenstände verwertet (Rn. 184). Eine vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens zwischen dem Schuldner und einem Grundpfandgläubiger getroffene vollstreckungsbeschränkende Vereinbarung bindet den Insolvenzverwalter nicht (Rn. 186 a. E.). 223 Die Zwangsversteigerung des Insolvenzverwalters hat gegenüber der freihändigen Versteigerung wie für jeden anderen Betreibenden auch den Vorteil, dass Gewährleistungsrechte nach § 56 Satz 3 ZVG und dingliche Vorkaufsrechte nach § 1098 Abs. 1 Satz 2 BGB ausgeschlossen sind und dass Grundpfandrechte nach § 52 Abs. 1 Satz 2 ZVG erlöschen. ___________ 263) Vgl. nur BGH, Beschl. v. 26.4.2012 – V ZB 181/11, ZIP 2012, 1426 [Rn. 7] m. w. N. 264) Knees, ZIP 2001, 1568, 1571.

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I. Zwangsversteigerung auf Antrag des Insolvenzverwalters

Auch der Insolvenzverwalter persönlich kann ein Interesse an einer Zwangs- 224 versteigerung haben, da er in diesem Fall vor einer Inanspruchnahme wegen eines Verkaufs der Immobilie unter Wert geschützt ist; der internen Zustimmung des Gläubigerausschusses bzw. der Gläubigerversammlung (§ 160 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 InsO: nur Veräußerungen „aus freier Hand“) bedarf es insofern nicht.265) Ein Handicap des Zwangsversteigerungsverfahrens im Vergleich zum frei- 225 händigen Verkauf besteht zwar an sich im geringsten Gebot (Rn. 235 ff.), das im Ansatz alle Verfahrenskosten, die Ansprüche aus § 10 Abs. 1 Nr. 1 – 3 ZVG sowie alle am Grundstück bestehenden Rechte – namentlich also alle Grundpfandrechte – abdecken muss; es ist deshalb oft so hoch, dass ein dementsprechendes Gebot nicht abgegeben wird und eine Verwertung über die Zwangsversteigerung scheitert. Jedoch ermöglicht insoweit in der Verwalterversteigerung die Option des § 174a ZVG (Rn. 240) praktisch die Reduzierung des geringsten Gebots auf die Verfahrenskosten, was im Vergleich zur Vollstreckungsversteigerung natürlich eine sehr viel größere Verwertungschance nach sich zieht. Von Nachteil sind jedoch jedenfalls die längere Verfahrensdauer im Gegen- 226 satz zum freihändigen Verkauf sowie der erhöhte Kostenaufwand bei tendenziell deutlich geringerer Erlöserwartung: Wegen der Überbelastung der Immobilien dürfte der Insolvenzverwalter im Regelfall bei der Verwertung im Wege der Zwangsversteigerung nichts zu erwarten haben und muss als Antragsteller noch die Kosten des Zwangsversteigerungsverfahrens aus der Insolvenzmasse vorschießen. Aus diesem Grund wird der Insolvenzverwalter selten ein Interesse an einem solchen Antrag haben. Soweit möglich, wird auch aus Sicht des Insolvenzverwalters vielmehr in der Regel der freihändige Verkauf vorzugswürdig sein (Rn. 184 ff.). 2. Beschlagnahme Abweichend von allgemeinen Grundsätzen (§ 20 Abs. 1 ZVG) bewirkt die An- 227 ordnung der Zwangsversteigerung auf Antrag des Insolvenzverwalters gem. § 173 Satz 1 ZVG keine Beschlagnahme des Grundstücks, da der Insolvenzverwalter auch die Stellung des betreibenden Gläubigers innehat, zu dessen Gunsten die Beschlagnahme wirken würde. Auch ein Veräußerungsverbot tritt nicht ein, sodass der Insolvenzverwalter das Grundstück und die mithaftenden Mobilien bis zur Durchführung des Zwangsversteigerungsverfahrens, also bis zum Beginn der Versteigerung, verwerten, d. h. auch freihändig veräußern kann (Rn. 184 ff.). Die freie Verwertungsmöglichkeit des Insolvenzverwalters endet mit dem Beitritt (Rn. 336) eines absonderungsberechtigten Gläubigers oder eines Massegläubigers (soweit dieser zur Vollstreckung be___________ 265) Stöber, ZVG, § 172 Anm. 3.1 d); FK-InsO/Wegener, § 165 Rn. 2; Jungmann, Grundpfandgläubiger, Rn. 128.

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D. Die Grundstücksverwertung durch Zwangsversteigerung

rechtigt ist, s. Rn. 325) zur Insolvenzverwalterversteigerung, ebenso natürlich im Falle der Grundstücksbeschlagnahme aufgrund einer von diesen Gläubigern beantragten Zwangsversteigerung oder -verwaltung. 228 Allerdings ist die Zustellung des Beschlusses gem. § 173 Satz 2 ZVG an den Insolvenzverwalter insofern als Beschlagnahme anzusehen, als sie i. V. m. §§ 13, 55 ZVG den Umfang der wiederkehrenden Leistungen sowie die der Versteigerung unterliegenden Gegenstände des Haftungsverbands festlegt. 3. Verfahrensbeteiligte 229 In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist auch für die Zwangsvollstreckung im Insolvenzverfahren der Umstand von maßgeblicher Bedeutung, dass die Prozessführungsbefugnis über das massezugehörige Vermögen mit der Insolvenzeröffnung auf den Insolvenzverwalter übergeht.266) Als Bestandteil der Prozessführungsbefugnis verliert der Schuldner ipso iure die aktive und passive Beteiligteneigenschaft in den massebezogenen Vollstreckungsverfahren; er ist damit weder tauglicher Adressat von Vollstreckungsmaßnahmen in die massezugehörigen Bestandteile seines Vermögens noch behält er die Befugnis, selbst Vollstreckungsmaßnahmen zur Durchsetzung massezugehöriger Ansprüche zu beantragen oder in Vollstreckungsverfahren über massezugehörige Bestandteile seines Vermögens Anträge zu stellen bzw. Rechtsmittel einzulegen. Seine Stelle wird von dem auch insoweit als Amtspartei für die Insolvenzmasse handelnden Insolvenzverwalter eingenommen.267) Hinsichtlich der verfahrensfreien Rechts- und Interessensphäre des Schuldners bleibt dieser aber ein vom Insolvenzverwalter als Amtspartei verschiedenes Verfahrenssubjekt und zugleich (selbstverständlich) auch weiterhin prozessführungsbefugt und demgemäß auch aktiv wie passiv taugliches Subjekt eines Zwangsvollstreckungsbzw. Rechtsbehelfsverfahrens.268) 230 Der Insolvenzverwalter hat folglich in dem Zwangsversteigerungsverfahren zum einen die Stellung eines betreibenden Gläubigers und zum anderen die des Vollstreckungsschuldners inne. Ihm stehen daher nicht nur die die Gläubigerrechte (z. B. § 22 Abs. 2, §§ 29, 30, § 37 Nr. 4; § 153 Abs. 1, § 161 Abs. 3 ZVG) zu, sondern auch die Beteiligtenrechte nach § 9 ZVG.269) Dagegen ist der Insolvenzschuldner (abgesehen von der Konstellation der Freigabe, die zum Rückfall aller Befugnisse auf ihn führt [Rn. 492]) nach h. M. kein Beteiligter ___________ 266) BGH, Beschl. v. 29.5.2008 – V ZB 3/08, ZIP 2008, 1795 [Rn. 8]. 267) BGH, Beschl. v. 18.10.2007 – V ZB 141/06, ZfIR 2008, 150 [Rn. 11]; BGH, Beschl. v. 29.5.2008 – V ZB 3/08, ZIP 2008, 1795 [Rn. 10]; BGH, Beschl. v. 3.2.2011 í V ZB 54/10, BGHZ 188, 177 = ZIP 2011, 926 [Rn. 8]. 268) BGH, Beschl. v. 18.12.2008 – V ZB 57/08, ZIP 2009, 781 [Rn. 9 ff.]; BGH, Beschl. v. 12.3.2009 – V ZB 155/08, ZInsO 2009, 1029 [Rn. 6]; einschr. etwa Jaeger/Windel, § 80 Rn. 198 m. w. N. 269) BGH, Beschl. v. 18.10.2007 – V ZB 141/06, ZfIR 2008, 150 [Rn. 11]; BGH, Beschl. v. 29.5.2008 – V ZB 3/08, ZIP 2008, 1795 [Rn. 10].

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I. Zwangsversteigerung auf Antrag des Insolvenzverwalters

i. S. d. § 9 ZVG;270) der Insolvenzverwalter verdrängt ihn grundsätzlich aus seiner Position. Er hat deshalb auch nicht die Möglichkeit, z. B. einen Antrag nach § 74a ZVG zu stellen oder die Verkehrswertfestsetzung anzugreifen.271) Abweichendes gilt etwa, wenn der Schuldner einen auf seine Person bezogenen Einstellungsgrund (z. B. lebensbedrohliche Erkrankung oder Suizidgefahr, §§ 30a ZVG, 765a ZPO) geltend macht272) oder bei vorgelegtem Insolvenzplan gegen die Verwertung nach § 30d Abs. 2 ZVG vorgehen will (Rn. 290).273) Der Insolvenzverwalter kann den Antrag im Fall der Aufhebung des Insol- 231 venzverfahrens, der freihändigen Veräußerung oder der Freigabe des Grundstücks zurücknehmen (§ 29 ZVG). Jedoch erlischt die Befugnis des Insolvenzverwalters zur Antragsrücknahme, wenn ein Absonderungsberechtigter dem Zwangsversteigerungsverfahren beigetreten ist (Rn. 336) und dieser den Beitritt auch nicht seinerseits zurückgenommen hat (s. § 30 ZVG). 4. Ausgebot a) Allgemeines Vor der Zwangsversteigerung setzt das Vollstreckungsgericht das geringste 232 Gebot sowie die Versteigerungsbedingungen fest. Gemäß § 44 ZVG muss das geringste Gebot alle dem Anspruch des Betreibenden vorgehenden Rechte (vgl. § 10 ZVG) sowie die aus dem Versteigerungserlös zu entnehmenden Verfahrenskosten abdecken. Realisiert wird diese Vorgabe (sog. Deckungsprinzip) dadurch, dass die bei der Feststellung des geringsten Gebots berücksichtigten (Grundpfand)Rechte bestehen bleiben, sodass der Ersteher ein mit diesen Rechten belastetes Grundstück erwirbt (§ 52 Abs. 1 ZVG).274) Das Bargebot ist der vom Ersteher im Verteilungstermin bar zu berichtigen- 233 de Betrag (§ 49 Abs. 1 ZVG). Es umfasst zum einen den bar zu zahlenden Teil des geringsten Gebots, der aus den Verfahrenskosten (§ 109 ZVG), den Ansprüchen der vorgehenden Rangklassen, Ansprüchen auf Ersatz der Kosten der Rechtsverfolgung (§§ 12 Nr. 1, 10 Abs. 2 ZVG) sowie aus Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen und Nebenleistungen (§ 12 Nr. 2 ZVG) zusammengesetzt wird. Zum anderen ist auch der das geringste Gebot übersteigende Betrag des Meistgebots einbezogen.275) ___________ 270) BGH, Beschl. v. 18.10.2007 – V ZB 141/06, ZfIR 2008, 150 [Rn. 11]; BGH, Beschl. v. 29.5.2008 – V ZB 3/08, ZIP 2008, 1795 [Rn. 5, 10]; BGH, Beschl. v. 18.12.2008 – V ZB 57/08, ZIP 2009, 781 [Rn. 11]; BGH, Beschl. v. 12.3.2009 – V ZB 155/08, ZInsO 2009, 1029 [Rn. 6]; Kübler/Prütting/Bork/Flöther, InsO, § 165 Rn. 11; Uhlenbruck/Brinkmann, InsO, § 165 Rn. 10; MünchKomm/Tetzlaff, InsO, § 165 Rn. 40. 271) BGH, Beschl. v. 29.5.2008 – V ZB 3/08, ZIP 2008, 1795 [Rn. 5, 10]. 272) BGH, Beschl. v. 18.12.2008 – V ZB 57/08, ZIP 2009, 781 [Rn. 9 ff.]; BGH, Beschl. v. 12.3.2009 – V ZB 155/08, ZInsO 2009, 1029 [Rn. 6]; a. A. die bis dahin h. M., vgl. m. w. N. Jaeger/Windel, § 80 Rn. 198. 273) MünchKomm/Tetzlaff, InsO, § 165 Rn. 41, 97. 274) Eingehend Morvilius, Zwangsversteigerung/Zwangsverwaltung, Rn. 96 ff., 281 ff. 275) Morvilius, Zwangsversteigerung/Zwangsverwaltung, Rn. 354 ff.

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D. Die Grundstücksverwertung durch Zwangsversteigerung

234 Um eine Verschleuderung zu verhindern, ist nach § 85a Abs. 1 ZVG der Zuschlag von Amts wegen zu versagen, wenn das abgegebene Mindestgebot nicht wenigstens die Hälfte des Grundstückswerts erreicht. Bleibt das abgegebene Meistgebot einschließlich des Kapitalwerts der nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleibenden Rechte unter 7/10 des Grundstückswerts, so kann ein Grundpfandgläubiger, dessen Anspruch ganz oder teilweise durch das Meistgebot nicht gedeckt ist, aber bei einem Gebot in der genannten Höhe voraussichtlich gedeckt sein würde, gem. § 74a Abs. 1 ZVG die Versagung des Zuschlags beantragen. b) Geringstes Gebot aa) Regelfall 235 Der Ablauf der Versteigerung ergibt sich aus den allgemeinen Regeln. Da der Insolvenzverwalter die Versteigerung für alle Gläubiger betreibt und ihnen daher nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 ZVG im Rang gleichgestellt ist, sind bei der Feststellung des geringsten Gebots (§ 44 ZVG) die dem Insolvenzverwalter nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 – 4 ZVG vorgehenden Rechte – also insbesondere alle Grundpfandrechte – sowie die Verfahrenskosten zu berücksichtigen. Dies hat, da die Immobilien eines insolventen Schuldners in der Regel wertausschöpfend belastet sind, ein meist sehr hohes geringstes Gebot zur Folge, sodass das Grundstück über die Zwangsversteigerung nicht verwertet werden kann. Im Insolvenzverfahren sind die verschlechterten Verwertungschancen zudem insofern besonders misslich, als der Gläubiger seinen Ausfall nachweisen muss, um wegen des ungedeckten Rests seiner gesicherten persönlichen Forderung im Verfahren Befriedigung zu erlangen (§§ 52 Satz 2, 189, 192 InsO, s. Rn. 40 ff.).276) bb) Berechnung auf Verlangen eines Grundpfandgläubigers (§ 174 ZVG) 236 Aus den zuletzt genannten Gründen räumt das Gesetz in § 174 ZVG jedem (absonderungsberechtigten) Gläubiger das Recht ein, bis zum Schluss der Verhandlung im Versteigerungstermin zu verlangen, dass bei der Feststellung des geringsten Gebots nur die ihm vorgehenden Rechte Berücksichtigung finden. Eines Titels bedarf der Gläubiger hierfür nicht, sodass zu diesem Antrag auch solche Gläubiger berechtigt sind, die sich bislang noch nicht um ihr Recht gekümmert haben; allerdings muss der Verwalter das Absonderungsrecht anerkennen. 237 Je nach dem Rang des antragstellenden Grundpfandgläubigers führt dieses Verlangen zu einer beträchtlichen Verringerung des geringsten Gebots, natürlich mit der weiteren Folge, dass umso mehr Grundpfandrechte als vom geringsten Gebot nicht erfasst in der Versteigerung zu erlöschen drohen. Für die Gläubiger im Rang nach dem Antragsteller ist dieses Vorgehen deshalb ___________ 276) Siehe Hintzen, FS Kirchhof, S. 209 ff.

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I. Zwangsversteigerung auf Antrag des Insolvenzverwalters

umso gefährlicher, je höher der Rang des nach § 174 ZVG antragenden Gläubigers ist. Ihnen ist, soweit ihre Rechte nicht in dem geringsten Gebot aufgehen, deshalb anzuraten, an dem Termin teilzunehmen, um ggf. den Antragsteller ablösen zu können.277) In diesem Fall kommt es zu Doppelausgeboten, indem ein erstes Ausgebot 238 auf das nach §§ 44 ff. ZVG festgestellte niedrigste Gebot abgegeben wird und ein zweites Ausgebot nur die nach § 174 ZVG vorgehenden Rechte berücksichtigt. Stellen mehrere Gläubiger einen Antrag nach § 174 ZVG, so ist nach h. M. insoweit nur ein geringstes Gebot auf der Grundlage des Antrags des bestranging berechtigten Antragstellers zu berechnen.278) In der Regel wird in diesem Fall nur auf das Ausgebot gem. § 174 ZVG ein 239 Gebot erfolgen. Sollten einmal ordnungsgemäße Gebote auf beide Ausgebotsarten vorliegen, so ist der Zuschlag nach dem Zweck des Gesetzes abweichend von § 81 Abs. 1 ZVG auf das nach § 174 ZVG abgegebene Gebot zu erteilen, das also praktisch den Vorrang hat;279) denn § 174 ZVG will dafür Sorge tragen, dass der Gläubiger mit seiner Ausfallforderung festgestellt wird und er am Insolvenzverfahren teilnehmen kann. cc) Berechnung auf Verlangen des Verwalters (§ 174a ZVG) Findet sich kein Grundpfandgläubiger, der den Antrag nach § 174 ZVG stellt 240 – etwa weil die Gläubiger den Verwalter damit zu einer freihändigen Verwertung nötigen wollen –, so droht die Verwertung des Grundstücks im Termin der Zwangsversteigerung mangels Bietinteressenten nach wie vor zu scheitern. Das Gesetz ermöglicht es deshalb in § 174a ZVG dem Verwalter, bis zum Schluss der Verhandlung im Versteigerungstermin – also der Zuschlagsverhandlung280) – zu beantragen, dass bei der Feststellung des geringsten Gebots nur die den Ansprüchen aus § 10 Abs. 1 Nr. 1a ZVG vorgehenden Rechte berücksichtigt werden. Praktisch bedeutet dies regelmäßig, dass in das geringste Gebot nur noch die Verfahrenskosten (§ 109 ZVG) aufzunehmen sind. Der Insolvenzverwalter – nicht aber der Schuldner im Fall der Eigenverwaltung281) – erlangt auf diese Weise bei Ausübung des Rechts nach § 174a ___________ 277) MünchKomm/Tetzlaff, InsO, § 165 Rn. 172; Stöber, ZVG, § 174 Anm. 3.11. 278) Löhnig/Kuhn, ZVG, § 174 Rn. 3; Leonhardt/Smid/Zeuner/Depré, InsO, § 165 Rn. 20; Kübler/Prütting/Bork/Flöther, InsO, § 165 Rn. 15; Steiner/Eickmann, ZVG, § 174 Rn. 15; Stöber, ZVG, § 174 Rn. 3.11; Jungmann, Grundpfandgläubiger, Rn. 130; Uhlenbruck/ Brinkmann, InsO, § 165 Rn. 14a; a. A. Dassler/Schiffhauer/Rellermeyer, ZVG, § 174 Rn. 11, 14; Muth, ZIP 1999, 945, 948: mehrere geringste Gebote. 279) Dassler/Schiffhauer/Rellermeyer, ZVG, § 174 Rn. 14; Kübler/Prütting/Bork/Flöther, InsO, § 165 Rn. 15; MünchKomm/Tetzlaff, InsO, § 165 Rn. 156; Steiner/Eickmann, ZVG, § 174 Rn. 23 f.; Stöber, ZVG, § 174 Rn. 3.11; Jungmann, Grundpfandgläubiger, Rn. 130; Uhlenbruck/Brinkmann, InsO, § 165 Rn. 14a. 280) Stöber, § 174a Rn. 2.3; Bartels, Zwangsversteigerung, S. 436. 281) Dassler/Schiffhauer/Rellermeyer, ZVG, § 174a Rn. 3; Löhnig/Kuhn, ZVG, § 174a Rn. 3; Kübler/Prütting/Bork/Flöther, InsO, § 165 Rn. 17; Stöber, § 174a Rn. 2.1.

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D. Die Grundstücksverwertung durch Zwangsversteigerung

ZVG die Stellung eines bestrangigen Gläubigers, mit der Folge, dass bei einem Zuschlag auf ein nach § 174a ZVG abgegebenes Meistgebot alle dinglichen Rechte am Grundstück erlöschen.282) 241 Das Gesetz will auf diese Weise primär erreichen, dass bei einem wertausschöpfend belasteten Grundstück zumindest die Feststellungskosten nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a ZVG der Insolvenzmasse zufließen. Hierbei handelt es sich um die Kosten der Feststellung der zum Haftungsverband des Grundpfandrechts gehörenden und deshalb mitversteigerten beweglichen Sachen, die mit 4 % des für sie geschätzten Verkehrswerts pauschaliert worden sind (Rn. 256 ff.). 242 Praktisch viel bedeutender ist aber das damit verbundene massive Drohpotential gegenüber den Grundpfandgläubigern, deren Rechte – ebenso wie an sich versteigerungs- und insolvenzfeste Rechte wie die Auflassungsvormerkung und Erbbauzins-Reallast – in der Versteigerung nunmehr sämtlich zu erlöschen drohen (Rn. 240, s. aber Rn. 247 zur Option einer Ablösung des Anspruchs). Ihnen geht überdies die Verfahrensherrschaft – bedeutsam etwa für die Schutzanträge nach § 74a ZVG oder für die Bewilligung der Einstellung nach § 30 Abs. 1 ZVG – verloren. (1) Vorhandensein beweglicher Gegenstände im Haftungsverband 243 Voraussetzung ist, dass sich die Zwangsversteigerung auch auf bewegliche Gegenstände (wie etwa getrennte Erzeugnisse oder sonstige Bestandteile sowie Zubehör, §§ 29 ff., 55 ZVG, 1120 ff. BGB) erstreckt, für deren Feststellung Kosten entstanden sind.283) Dass das Antragsrecht davon abhängt, dass die Versteigerung mindestens einen mithaftenden beweglichen Gegenstand erfasst, ist allerdings mehr als befremdlich: Es ist allein vom Zufall abhängig, ob ein einziger, möglicherweise wertloser, beweglicher Gegenstand im Haftungsverband vorhanden ist; hierauf die weitreichenden Konsequenzen einer Verminderung des geringsten Gebots zu stützen, erscheint vom Regelungszweck der Norm her wenig einleuchtend.284) Den Feststellungskosten kommt auf diese Weise zudem eine Bedeutung zu, die ihnen nicht gebührt.285) (2) Doppelausgebote und -gebote 244 Wegen des Zusammenspiels von § 174a ZVG und § 172 ZVG kommt es – wenn der Insolvenzverwalter einen Antrag nach § 174a ZVG stellt – auch hier ___________ 282) BGH, Beschl. v. 26.4.2012 – V ZB 181/11, ZIP 2012, 1426 [Rn. 16] m. w. N. 283) BGH, Beschl. v. 26.4.2012 – V ZB 181/11, ZIP 2012, 1426 [Rn. 17] m. w. N. 284) Leonhardt/Smid/Zeuner/Depré, InsO, § 165 Rn. 23; Marotzke, ZZP 109 (1996), 429, 461; Jungmann, Grundpfandgläubiger, Rn. 137. 285) Krit. im Hinblick auf die Vereinbarkeit der Regelung mit Art. 14 GG deshalb auch Muth, ZIP 1999, 945 ff.; Knees, ZIP 2001, 1568, 1579; K. Schmidt, InVo 1999, 73 ff.; Stöber, NJW 2000, 3600 ff.; ders., ZVG, § 174a Rn. 2.6.

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I. Zwangsversteigerung auf Antrag des Insolvenzverwalters

zu Doppelausgeboten, wobei ein erstes Ausgebot das nach § 44 ZVG festgestellte geringste Gebot berücksichtigt, während sich das zweite Ausgebot nur auf die nach § 174a ZVG festgestellten, den Ansprüchen aus § 10 Abs. 1 Nr. 1a ZVG vorgehenden Rechte bezieht. In der Regel wird in diesem Fall nur auf das Ausgebot gem. § 174a ZVG ein Gebot erfolgen, da sich kein Bieter finden wird, der noch auf die alten Bedingungen bietet.286) Sollten einmal Gebote auf beide Ausgebote vorliegen, so wird vertreten, dass 245 das Ausgebot nach § 174a ZVG, da das Antragsrecht des Insolvenzverwalters an das der Gläubiger anknüpfe, vorrangig sei.287) Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass dieser Lösungsweg nicht dem Sinn und Zweck des § 174a ZVG entspricht. Die Norm dient nur dazu, den Anspruch auf Ersatz der Feststellungskosten zu sichern. Dies wird aber bereits durch das geringste Barausgebot erreicht. Darüber hinaus besteht kein Rechtsschutzinteresse des Insolvenzverwalters, auf Kosten der Grundpfandgläubiger ein geringstes Gebot nach § 174a ZVG zu verlangen. Daher ist der Zuschlag nach dem höchsten Gebot zu erteilen.288) Aus gleichem Grund und weil dem Gedanken des § 174 ZVG Rechnung zu 246 tragen ist, ist der Zuschlag bei einem Mehrfachausgebot nach §§ 174 und 174a ZVG ebenfalls nach dem höchsten Gebot zu erteilen.289) (3) Ablösung des Anspruchs Eine – schon in den Gesetzesmotiven angesprochene – Konsequenz aus der 247 Abhängigkeit des Rechts aus § 174a ZVG von dem Kostenerstattungsanspruch besteht darin, dass die Gläubiger den ihnen bei der Versteigerung drohenden Rechtsverlust (Rn. 242) durch Ablösung des Kostenerstattungsanspruchs verhindern können.290) Geschieht dies, so soll der Kostenerstattungsanspruch analog § 268 Abs. 3 BGB auf den Gläubiger übergehen (ohne dass der Gläubiger allerdings hieraus die Zwangsversteigerung betreiben ___________ 286) Bartels, Zwangsversteigerung, S. 436. 287) Kübler/Prütting/Bork/Flöther, InsO, § 165 Rn. 20; Stöber, ZVG, § 174a Rn. 2.5; Hess, InsO, § 165 Rn. 23. 288) Andres/Leithaus/Andres, InsO, § 165 Rn. 15; Braun/Gerbers, InsO, § 165 Rn. 10; MünchKomm/Tetzlaff InsO, § 165 Rn. 163; Leonhardt/Smid/Zeuner/Depré, InsO, § 165 Rn. 24; Muth, ZIP 1999, 945, 951. 289) Andres/Leithaus/Andres, InsO, § 165 Rn. 15; Kübler/Prütting/Bork/Flöther, InsO, § 165 Rn. 20; MünchKomm/Tetzlaff, InsO, § 165 Rn. 166; Eickmann, ZfIR 1999, 81, 85; Muth, ZIP 1999, 945, 951. 290) Vgl. Begr. zum RegE-EGInsO, BT-Drucks. 12/3803 S. 69 f., 77; ebenso BGH, Beschl. v. 26.4.2012 – V ZB 181/11, ZIP 2012, 1426 [Rn. 17]; Dassler/Schiffhauer/Rellermeyer, ZVG, § 174a Rn. 6; Kübler/Prütting/Bork/Flöther, InsO, § 165 Rn. 21; Jaeger/Henckel, InsO, Vor §§ 49 – 52 Rn. 50; MünchKomm/Ganter, InsO, § 49 Rn. 50; Lwowski/Tetzlaff ebd., § 165 Rn. 160; Smid, Kreditsicherheiten, § 23 Rn. 20; Uhlenbruck/Brinkmann, InsO, § 165 Rn. 14a; Jungmann, Grundpfandgläubiger, Rn. 138; Keller, ZfIR 2002, 861, 869; a. A. Hintzen, ZInsO 2004, 713, 718 f.; ders., FS Kirchhof, S. 209, 215 ff.; Stöber, NJW 2000, 3600, 3605.

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D. Die Grundstücksverwertung durch Zwangsversteigerung

könnte). Damit hat der Insolvenzverwalter ein Druckmittel in der Hand, um den Kostenerstattungsanspruch zu realisieren (meist auf Kosten des erstrangigen Grundpfandgläubigers, dessen Recht hierdurch systemwidrige Einbußen erleidet)291). Die Gläubiger wiederum müssen diese Option mit den wirtschaftlichen Chancen und Risiken abwägen, die bei einer Versteigerung aufgrund des Ausgebots nach § 174a ZVG bestehen; immerhin könnte der Gläubiger auch das zu einem extrem niedrigen geringsten Gebot ausgebotene Grundstück selbst billig ersteigern und so u. U. den Verlust seines Grundpfandrechts kompensieren. 248 Allerdings wird der Gläubiger den übergegangenen Anspruch nicht immer durchsetzen können. Denn dessen Geltendmachung kommt nur dann in Betracht, wenn es tatsächlich zur Zwangsversteigerung kommt. Diese findet aber dann nicht statt, wenn kein hinreichend hohes Gebot abgegeben wird; gerade aus diesem Grund hat ja der Insolvenzverwalter den Antrag nach § 174a ZVG gestellt. Ohne Zwangsversteigerungsverfahren ist der übergegangene Anspruch in der Rangklasse des § 10 Abs. 1 Nr. 1a ZVG aber wertlos, d. h. immer im Falle einer freihändigen Veräußerung oder Freigabe des Grundstücks oder bei Beendigung des Insolvenzverfahrens ohne Verwertung des Grundstücks.292) Der Gläubiger, der die Ansprüche ablöst, geht also ein beträchtliches Risiko ein, dass er das investierte Geld nicht wiedersieht. 5. Zuschlag und Erlöschen der Grundpfandrechte 249 Wird der Zuschlag erteilt, so erwirbt der Ersteher kraft Hoheitsakts Eigentum an dem Grundstück und an allen Gegenständen, auf die sich die Versteigerung erstreckte, § 90 ZVG, mithin an allen Gegenständen, deren Beschlagnahme noch wirksam ist, sowie an im Besitz des Schuldners bzw. eines neu eingetretenen Eigentümers befindlichen Zubehörstücken, an denen der Dritte nicht rechtzeitig seine Rechte geltend gemacht hat. Rechte am Grundstück, die nach den Versteigerungsbedingungen nicht bestehen bleiben sollen (= nicht in das geringste Gebot aufgenommen worden sind), erlöschen, § 91 Abs. 1 ZVG. Dies betrifft außer dem Recht des betreibenden Gläubigers alle diejenigen Grundpfandrechte mit einem schlechteren Rang als dem des betreibenden Gläubigers. 250 An die Stelle eines durch den Zuschlag erloschenen Grundpfandrechts tritt als Surrogat das Recht am Versteigerungserlös, das den gleichen Rang hat, den das erloschene Recht gehabt hätte (Rn. 15). Um einen drohenden Rechtsverlust zu verhindern, kann es sinnvoll sein, den betreibenden Gläubiger abzulösen, was zum Übergang der Forderung einschließlich aller Neben___________ 291) Mit Recht krit. deshalb Wenzel, NZI 1999, 101, 104; Stöber, NJW 2000, 3600, 3602. 292) Vgl. Begr. zum RegE-EGInsO, BT-Drucks. 12/3803, S. 70; Dassler/Schiffhauer/ Rellermeyer, ZVG, § 174a Rn. 6; Kübler/Prütting/Bork/Flöther, InsO, § 165 Rn. 21; Stöber, § 174a Rn. 3.2; Kindler, Grundpfandrechte, S. 44; Knees, ZIP 2001, 1568, 1579; Marotzke, ZZP 109 (1996), 426, 461 f.; Smid, Kreditsicherheiten, § 23 Rn. 20; Muth, ZIP 1999, 945, 952; Vallender, Rpfleger 1997, 353, 354; Stöber, NJW 2000, 3600, 3604; Weis/ Ristelhuber, ZInsO 2002, 859, 863.

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I. Zwangsversteigerung auf Antrag des Insolvenzverwalters

und Vorzugsrechte und damit auch der Rangposition des Abgelösten nach § 268 Abs. 3 BGB führt.293) Gegen den Zuschlagsbeschluss kann der Insolvenzverwalter anstelle des In- 251 solvenzschuldners Beschwerde einlegen (vgl. § 97 ZVG). Dies folgt bereits aus seiner allgemeinen Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis gem. § 80 InsO. Dagegen kann er nicht die Versagung des Zuschlags nach § 74a ZVG beantragen.294) Betreibt er die Zwangsversteigerung selbst, so ermöglicht ihm die Stellung als Betreibender nicht den Versagungsantrag, da er nur die Interessen der Gläubigergesamtheit, nicht aber einzelne Gläubiger in ihren Antragsbefugnissen vertritt. Wird das Verfahren von einem absonderungsberechtigten Gläubiger betrieben, kann er schon deshalb nicht nach § 74a ZVG vorgehen, weil der Schuldner nicht Beteiligter des Verfahrens ist. Eine Ausnahme gilt dann, wenn eine Eigentümergrundschuld innerhalb der 7/10-Wertgrenze liegt und vom Ausfall bedroht ist. Andernfalls kann der Insolvenzverwalter die Versagung des Zuschlags nur herbeiführen, indem er als „betreibender Gläubiger“ den Antrag auf Zwangsversteigerung zurücknimmt oder die Aufhebung des Versteigerungstermins bzw. die einstweilige Einstellung der Versteigerung bewilligt (§ 29, 30, 33 ZVG).295) 6. Verteilung des Erlöses Die Reihenfolge der Verteilung des nach Abzug der Kosten (§ 109 ZVG) 252 verbleibenden Erlöses richtet sich nach § 10 ZVG, d. h. primär zu berücksichtigen sind – nach den öffentlichen Lasten (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG) – die Rechte der Grundpfandgläubiger (§ 10 Abs. 1 Nr. 4 ZVG), soweit sie nicht dem Recht des betreibenden Gläubigers vorgehen und deshalb nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleiben, sowie eines ggf. mitbetreibenden persönlichen Gläubigers (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 ZVG). In die Insolvenzmasse fällt auch bei der Insolvenzverwalterversteigerung neben 253 der Kostenpauschale nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a ZVG (Rn. 256) nur der nach Abzug aller auf die Rangklassen des § 10 ZVG verbleibende Überschuss des Versteigerungserlöses sowie ggf. derjenige Betrag, der auf eine Eigentümergrundschuld des Schuldners entfällt; die Beträge, die ansonsten dem Schuldner und Eigentümer zufließen würden, werden also im Verteilungsverfahren der Insolvenzmasse zuteil. Gegen einen Teilungsplan kann der Insolvenzverwalter Widerspruch ein- 254 legen, § 115 Abs. 1 ZVG.296) Dies kommt in Betracht, wenn ein im Plan auf___________ 293) Eingehend Morvilius, Zwangsversteigerung/Zwangsverwaltung, Rn. 307 ff., 327 ff., 437 ff. 294) Kübler/Prütting/Bork/Flöther, InsO, § 165 Rn. 13; MünchKomm/Tetzlaff, InsO, § 165 Rn. 38 f., 170; Stöber, ZVG, § 74a Rn. 2.1, 3.7; a. A. Nerlich/Römermann/Becker, InsO, § 165 Rn. 24. 295) MünchKomm/Tetzlaff, InsO, § 165 Rn. 38 f.; Uhlenbruck/Brinkmann, InsO, § 165 Rn. 16. 296) MünchKomm/Tetzlaff, InsO, § 165 Rn. 171; Uhlenbruck/Brinkmann, InsO, § 165 Rn. 16.

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D. Die Grundstücksverwertung durch Zwangsversteigerung

geführtes Recht nicht begründet oder zugunsten der Insolvenzmasse wieder aufgegeben wurde bzw. aufgrund erfolgreicher Insolvenzanfechtung in die Insolvenzmasse zurückzugewähren ist. Der Widerspruch kann ausnahmsweise auch zugunsten eines Dritten in Frage kommen, wenn die Insolvenzmasse ein rechtliches Interesse an dessen Befriedigung hat; dieses kann etwa daraus hergeleitet werden, dass der Dritte anderenfalls die Insolvenzmasse in Anspruch nehmen würde. 255 Auch im Insolvenzverfahren ist § 114a ZVG zu beachten, der verhindern soll, dass ein grundpfandrechtlich gesicherter Gläubiger oder der die Vollstreckung betreibende persönliche Gläubiger gewissermaßen doppelt profitiert, indem er zuerst auf Kosten der Insolvenzmasse das Grundstück unangemessen billig (= zu einem Betrag unterhalb der 7/10-Grenze) ersteigert und dann auch noch den Ausfall, also den ungedeckt verbleibenden persönlichen Restanspruch als Insolvenzforderung geltend macht (§§ 52 Satz 2, 190 InsO, s. Rn. 40 ff.). Der Differenzbetrag zwischen dem Meistgebot (einschließlich des Kapitalwerts der bestehen bleibenden Rechte) und der 7/10-Grenze ist deshalb auf den Ausfall anzurechnen. Soweit es hierfür auf die Verkehrswertfestsetzung (§ 74a Abs. 5 Satz 3 ZVG) ankommt, kann diese nur vom Insolvenzverwalter, nicht aber vom Schuldner angefochten werden.297) 7. Kosten der Feststellung der mithaftenden Mobilien a) Grundgedanken 256 Hinsichtlich des Aufwands zur Feststellung der zum Haftungsverband gehörenden beweglichen Sachen (Rn. 424 ff.) werden die absonderungsberechtigten Gläubiger nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a ZVG bei der Zwangsversteigerung – im Ansatz ebenso wie bei der Verwertung der Mobiliarsicherheiten nach §§ 170 f. InsO – mit der Vorwegentnahme eines Betrages zur Kostendeckung aus dem Erlös belastet. Zum Haftungsverband gehörende Forderungen werden allerdings nicht berücksichtigt.298) Die Vorschrift greift zudem nur dann ein, wenn ein Insolvenzverwalter tätig geworden ist, d. h. nicht im Fall der Eigenverwaltung (mit Sachwalter).299) 257 Insofern werden also gem. dem „Kostenverursachungsprinzip“ diejenigen Belastungen von der Insolvenzmasse auf die absonderungsberechtigten Gläubiger zurückverlagert, die ausschließlich aus der Verwaltertätigkeit im Interesse der dinglich am Grundstück Berechtigten herrühren. Dass sich dies im wirtschaft___________ 297) Siehe dazu BGH, Beschl. v. 18.10.2007 – V ZB 141/06, ZfIR 2008, 150; BGH, Beschl. v. 29.5.2008 – V ZB 3/08, ZIP 2007, 1795 [Rn. 10 ff.]; Keller, ZfIR 2008, 134 ff.; eingehend Morvilius, Zwangsversteigerung/Zwangsverwaltung, Rn. 393 ff. 298) Dassler/Schiffhauer/Rellermeyer, ZVG, § 10 Rn. 15; Löhnig/Fischinger, ZVG, § 10 Rn. 36; Stöber, ZVG, § 10 Anm. 3.2; Kindler, Grundpfandrechte, S. 94 f.; a. A. z. B. Onusseit, ZIP 2000, 777, 782. 299) Dassler/Schiffhauer/Rellermeyer, ZVG, § 10 Rn. 16, § 174a Rn. 3; Löhnig/Fischinger, ZVG, § 10 Rn. 33; Stöber, ZVG, § 10 Anm. 3.8.

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I. Zwangsversteigerung auf Antrag des Insolvenzverwalters

lichen Ergebnis aber keineswegs zulasten aller befriedigungsberechtigten Gläubiger auswirkt, sondern nur zulasten des letzten hebungsberechtigten Gläubigers (und, falls alle nach § 10 ZVG Berechtigten voll aus dem Erlös befriedigt werden können, sogar zulasten der Insolvenzmasse!), entspricht der Logik des immobiliarrechtlichen Rangprinzips; insofern gilt wirtschaftlich nichts anderes als für die übrigen Kosten der Zwangsvollstreckung (§ 109 ZVG).300) b) Verfahren Der (damit mittelbar ebenfalls in § 10 Abs. 1 Nr. 1a ZVG geregelte)301) An- 258 spruch auf Kostenerstattung steht der Insolvenzmasse zu. Umsatzsteuer ist hierauf nicht zu zahlen (Rn. 206). Der Insolvenzverwalter muss den Kostenerstattungsanspruch – da er aus dem Grundbuch nicht ersichtlich ist – gem. §§ 45, 37 Nr. 4 ZVG spätestens im Versteigerungstermin vor der Aufforderung zur Abgabe von Angeboten anmelden, widrigenfalls die Rangklasse 1a verloren geht (§ 110 ZVG). Ein eigenes Betreibungsrecht gewährt dieser Anspruch nicht,302) nur das in § 174a ZVG geregelte Recht auf abweichende Berechnung des geringsten Gebots (Rn. 236). Die Kosten müssen nicht konkret beziffert werden, da § 10 Abs. 1 Nr. 1a ZVG 259 sie auf 4 % des Verkehrswerts der beweglichen Gegenstände pauschaliert. Als Grundlage der Berechnung dient dabei nicht der tatsächliche Versteigerungserlös, sondern der Wert, der zu Beginn des Versteigerungsverfahrens wegen etwaiger Versagung des Zuschlags auf ein zu geringes Meistgebot festzusetzen ist. Er wird nach § 74a Abs. 5 Satz 2 ZVG vor der Zwangsversteigerung neben dem Verkehrswert festgesetzt. Gesondert anfechtbar ist diese Festsetzung nicht, jedoch kann die Festsetzung des gesamten Grundstückswerts durch sofortige Beschwerde angegriffen werden. Die Feststellung sollte zum Zeitpunkt der Versteigerung rechtskräftig sein, damit der Kostenbeitrag auch tatsächlich berücksichtigt werden kann. Ändern sich die Wertverhältnisse bis zum Versteigerungstermin, so setzt das Vollstreckungsgericht den Wert nach Anhörung aller Verfahrensbeteiligten erneut fest.303)

___________ 300) Krit. Eickmann, ZflR 1999, 81, 85. 301) Marotzke, ZZP 109 (1996), 429, 459 f.; Jaeger/Henckel, InsO, Vor §§ 49 – 52 Rn. 48, 50; Bartels, Zwangsversteigerung, S. 435. 302) Böttcher, ZVG, § 10 Rn. 14g; Dassler/Schiffhauer/Rellermeyer, ZVG, § 10 Rn. 18; Löhnig/ Fischinger, ZVG, § 10 Rn. 29; Stöber, ZVG, § 10 Rn. 3.7; Bartels, Zwangsversteigerung, Rn. 435 f.; Hintzen, ZInsO 2004, 713, 716 f.; s. auch BGH, Beschl. v. 26.4.2012 – V ZB 181/11, ZIP 2012, 1426 [Rn. 15 ff.]; a. A. Tetzlaff, ZInsO 2004, 521, 523; ders., in: MünchKomm, InsO, § 165 Rn. 120 f. 303) Kübler/Prütting/Bork/Flöther, InsO, § 165 Rn. 19; Uhlenbruck/Brinkmann, InsO, § 165 Rn. 14a f.; Jungmann, Grundpfandgläubiger, Rn. 137.

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D. Die Grundstücksverwertung durch Zwangsversteigerung

8. Umsatzsteuer a) Erlös für das Grundstück 260 Zur Umsatzsteuerpflicht gilt grundsätzlich das zur freihändigen Veräußerung Ausgeführte entsprechend (Rn. 206 ff.): Der Insolvenzverwalter führt mit der Zwangsversteigerung eine steuerbare Grundstückslieferung nach § 3 Abs. 1 UStG an den Erwerber aus, die aber nach § 4 Nr. 9a UStG umsatzsteuerbefreit ist. Steuerschuldner der stattdessen auf den Erlös – soweit dieser auf das Grundstück selbst entfällt (Rn. 263) – anfallenden Grunderwerbsteuer ist der Meistbietende; der Insolvenzmasse entstehen aus der Zwangsversteigerung deshalb an sich keine steuerlichen Belastungen. 261 Jedoch wird der Insolvenzverwalter aus den gleichen Gründen wie bei freihändiger Veräußerung (Rn. 207) häufig eine Option zur Umsatzsteuer (§ 9 Abs. 1 UStG) in Betracht ziehen müssen, um eine Inanspruchnahme der Insolvenzmasse aus einer Vorsteuerberichtigung gem. § 15a UStG zu vermeiden.304) Damit der Ersteher – der die Umsatzsteuer in diesem Fall zu zahlen haben wird (Rn. 208) – hiervon nicht überrascht werden kann, lässt § 9 Abs. 3 Satz 1 UStG den Verzicht auf Steuerbefreiung nur noch bis zur Aufforderung zur Abgabe von Geboten (also unmittelbar vor Beginn der Bietstunde) zu; das Vollstreckungsgericht muss in den Versteigerungsbedingungen auf die ausgeübte Option hinweisen. Der Verzicht ist mithin zu erklären, bevor feststeht, ob das Grundstück durch einen steuerlichen Unternehmer für sein Unternehmen ersteigert wird; selbstverständlich löst er aber nur in diesem Fall die Wirkungen des § 9 Abs. 1 UStG aus und geht für den Fall, dass eine Privatperson das Grundstück ersteigert, ins Leere.305) 262 Liegen die Voraussetzungen einer wirksamen Option zur Umsatzsteuer vor, so stellt die Verwertung im Wege der Zwangsversteigerung eine steuerbare Leistung des Schuldners an den Ersteher dar. Für die Berechnung der Umsatzsteuer ist als Nettobetrag das Meistgebot zugrunde zu legen.306) Sofern die Voraussetzungen für eine wirksame Option zur Umsatzsteuer vorliegen (d. h. Lieferung an einen Unternehmer), sind aber wiederum stets zugleich die Voraussetzungen gegeben, unter denen die Lieferung unmittelbar und ausschließlich die Steuerpflicht des Erstehers begründet (§ 13b Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5 Satz 1 UStG). Sofern der Meistbietende durch die Umsatzsteuer im Hinblick auf die eigene Vorsteuerabzugsberechtigung wirtschaftlich nicht ___________ 304) Vgl. Farr, Die Besteuerung in der Insolvenz, 2005, Rn. 410; Depré/Lambert, ZfIR 2012, 1, 2 f.; Ganter/Brünink, NZI 2006, 257, 258; Hawelka, ZfIR 2010, 665, 670; Maus, ZIP 2000, 339, 342; Tetzlaff, ZInsO 2004, 521, 524. 305) Dies wird in der insolvenzrechtlichen Literatur nicht immer richtig gesehen, zutr. aber z. B. Braun/Dithmar/Schneider, InsO, § 165 Rn. 15; Depré/Lambert, ZfIR 2012, 1, 2 f. 306) So jedenfalls zur Rechtslage vor Schaffung des § 13b UStG BGH, Urt. v. 3.4.2003 – IX ZR 93/02, BGHZ 154, 327 = ZIP 2003, 1109; zum geltenden Recht Ganter, in: Schimanski/ Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 90 Rn. 161; Schmittmann, ZInsO 2006, 1299, 1302.

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I. Zwangsversteigerung auf Antrag des Insolvenzverwalters

belastet wird, führt die Option zur Umsatzsteuer auch zu keinem abweichenden Bietverhalten und damit zu einem geringeren Erlös; sie ist folglich, da das Risiko einer Inanspruchnahme nach § 15a UStG nur schwer abschätzbar ist, in der Regel auch hier so gut wie immer ratsam. b) Erlösanteil für mithaftende Mobilien Hinsichtlich des auf die mithaftenden Mobilien entfallenden Erlösanteils 263 liegt ohne Weiteres eine steuerbare und nicht umsatzsteuerbefreite Lieferung des Schuldners an den Ersteher vor (Rn. 210); diese Steuerbelastung trifft, da § 13b Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5 Satz 1 UStG hier nicht anwendbar sind und in der Zwangsversteigerung eine Abwälzung auf den Ersteher praktisch nicht möglich ist, also stets die Insolvenzmasse als Masseverbindlichkeit (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO). Zugleich existiert keine dem § 171 Abs. 2 Satz 2 InsO entsprechende gesetzliche Möglichkeit, die Umsatzsteuer vorweg dem Versteigerungserlös zu entnehmen und so auf den von dem Erlös profitierenden zuletzt hebeberechtigten Gläubiger abzuwälzen (Rn. 211). Haben die mithaftenden Mobilien einen besonders hohen Wert, so mag allein 264 dies dem Insolvenzverwalter Anlass geben, nach Kräften auf eine andere Form der Verwertung hinzuwirken. Hat ein Grundpfandgläubiger etwa an besonders werthaltigem Zubehör zugleich eine Mobiliarsicherheit erlangt (s. Rn. 446 ff., z. B. durch Sicherungsübereignung), so kann der Verwalter das Zubehör separat nach §§ 166 ff. InsO freihändig verwerten mit der Folge, dass Kostenpauschalen und Umsatzsteuer vorweg dem Verwertungserlös entnommen werden können; dies geht – natürlich – nur im Konsens mit dem zuletzt hebeberechtigten Gläubiger (Rn. 185 f.), der hierzu aber auch bereit sein könnte, wenn die Erlöserwartung bei freihändiger Verwertung des Zubehörs höher ist als im Fall der Mitversteigerung. Notfalls muss der Verwalter zur Vermeidung einer persönlichen Schadensersatzpflicht (§ 60 InsO) das Entstehen einer die Insolvenzmasse schädigenden Umsatzsteuerverbindlichkeit durch Freigabe des Grundstücks zu verhindern suchen (Rn. 492 ff.). c) Feststellungskostenpauschale Auf die Feststellungskostenpauschale, die zugunsten der Insolvenzmasse auf 265 den Wert der mithaftenden beweglichen Sachen berechnet wird (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a ZVG, s. Rn. 256 ff.), fällt nach bisheriger Auffassung allerdings keine Umsatzsteuer an.307) Zwar hat der Bundesfinanzhof zur Verwertungskostenpauschale (§ 171 Abs. 2 InsO) bei der Verwertung von Mobiliarsicherheiten seine Rechtsprechung jüngst spektakulär geändert und nimmt nunmehr eine Umsatzsteuerpflicht an,308) will dies für die Feststellungskostenpauschale ___________ 307) Kindler, Grundpfandrechte, S. 97 m. w. N. 308) BFH, Urt. v. 28.7.2011 – V R 28/09, BFHE 235, 22 = ZIP 2011, 1923 [Rn. 28], dazu Schmittmann, ZInsO 2011, 1908; ebenso Abschnitt 1.2 Abs. 4 (neu) des UmsatzsteuerAnwendungserlasses i.d.F. des BMF-Schreibens vom 30.4. 2014, ZIP 2014, 995.

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D. Die Grundstücksverwertung durch Zwangsversteigerung

(§ 170 Abs. 2 InsO) aber offenbar gerade nicht gelten lassen.309) Es spricht viel dafür, dass dies auch für die Kostenpauschale nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a ZVG gelten muss und es deshalb insoweit bei der Umsatzsteuerfreiheit bleibt. II. Zwangsversteigerung auf Antrag eines Grundpfandgläubigers 1. Allgemeines 266 Das Recht des Insolvenzverwalters, die Zwangsversteigerung zu betreiben (Rn. 220), lässt das Betreibungsrecht der Grundpfandgläubiger unberührt: Betreibt ein absonderungsberechtigter Gläubiger das Zwangsversteigerungsverfahren, so ist die Vollstreckung in ein zur Insolvenzmasse gehörendes Grundstück nach § 49 InsO auch nach Eröffnung des Verfahrens möglich. Der Gläubiger trägt in diesem Fall aber auch allein das Kostenrisiko für den Fall, dass die Versteigerung scheitert; die Insolvenzmasse haftet hierfür nicht.310) 267 Für das Betreibungsrecht ist an sich unerheblich (s. aber sogleich zu den formalen Vollstreckungsvoraussetzungen), ob der Versteigerungsantrag (§§ 15 f. ZVG) vor oder nach Verfahrenseröffnung gestellt worden ist. Denn die Beschlagnahme durch einen Grundpfandgläubiger – der, wenn das Grundpfandrecht wirksam und unanfechtbar erworben war, im Hinblick auf seine dingliche Rechtsposition eben kein „Insolvenzgläubiger“ i. S. v. §§ 88 f., 130 f. InsO ist – wird von der Rückschlagsperre (§ 88 InsO, s. Rn. 166) ebenso wenig erfasst wie vom Vollstreckungsverbot im eröffneten Verfahren (§ 89 InsO) oder von der Deckungsanfechtung (§§ 130 f. InsO); auch eine Unterbrechung des Versteigerungsverfahrens gemäß oder analog § 240 ZPO findet nicht statt.311) Zu beachten ist, dass dies hinsichtlich der parallelen schuldrechtlichen Ansprüche aus der Darlehensforderung bzw. dem Schuldanerkenntnis natürlich anders ist; hier ist schon der Antrag auf Umschreibung des Titels gegen den Insolvenzverwalter unzulässig (zwar ist § 89 Abs. 1 InsO ist auf diesen lediglich vorbereitenden Akt nicht anwendbar,312) jedoch ist dem Gläubiger das Rechtsschutzbedürfnis für diesen Antrag abzusprechen, da er niemals gegen den Insolvenzverwalter vollstrecken kann).313)

___________ 309) BFH a. a. O. [Rn. 28 a. E.]. 310) OLG Zweibrücken, Beschl. v. 26.3.2009 – 3 W 150/08, ZIP 2009, 1239, dazu EWiR 2009, 483 (Keller); OLG Hamburg, Beschl. v. 27.11.2012 – 4 W 85/12, ZIP 2013, 790. 311) Vgl. nur BGH, Urt. v. 6.4.2006 – IX ZR 185/04, ZIP 2006, 1009 [Rn. 17 f.]; BGH, Urt. v. 29.3.2007 – IX ZR 27/06, ZIP 2007, 1126 [Rn. 29]; BGH, Beschl. v. 12.2.2009 – IX ZB 112/06, ZIP 2009, 818 [Rn. 4]; Jaeger/Henckel, InsO, § 49 Rn. 38 ff.; Jaeger/Windel, InsO, § 85 Rn. 69; Jaeger/Eckardt, InsO, § 88 Rn. 15, § 89 Rn. 18 ff., 22. 312) Vgl. nur BGH, Beschl. v. 12.12.2007 – VII ZB 108/06, ZIP 2008, 527 [Rn. 13]; Jaeger/ Eckardt, InsO, § 89 Rn. 55. 313) Vgl. nur Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier/Piekenbrock, § 89 Rn. 27; Jaeger/Eckardt, InsO, § 89 Rn. 56; offen insoweit BGH, Beschl. v. 12.12.2007 – VII ZB 108/06, ZIP 2008, 527 [Rn. 14].

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II. Zwangsversteigerung auf Antrag eines Grundpfandgläubigers

2. Vollstreckungstitel Erforderlich ist – abgesehen vom Sonderfall der Vollstreckung aus einer 268 Zwangshypothek (§ 867 Abs. 3 ZPO) – ein dinglicher Titel auf Befriedigung aus dem Grundstück (Formulierungsusance: „die Zwangsvollstreckung in das Grundstücks zu dulden“, § 1147 BGB); er wird beim grundpfandrechtlich gesicherten Bankkredit in der Regel bereits im Zuge der Bestellung des Grundpfandrechts – die aus grundbuchrechtlichen Gründen ohnehin den Gang zum Notar notwendig macht (vgl. § 29 GBO) – durch notarielle Vollstreckungsunterwerfung erzeugt (§§ 794 Abs. 1 Nr. 5, 800 ZPO).314) Sofern der Gläubiger sich aus Gründen der Kostenersparnis statt der Vollstreckungsunterwerfung zunächst nur hat ermächtigen lassen, die Unterwerfung später im Namen des Eigentümers zu erklären, kann dies nur bis zur Verfahrenseröffnung geschehen (und jedenfalls nicht mehr nach Verfahrenseröffnung mit Wirkung gegen den Insolvenzverwalter).315) Unschädlich sind dagegen Verfügungen des Sicherungsnehmers über (die gesicherte Forderung und) das Grundpfandrecht, mögen sie vor oder nach Insolvenzeröffnung vorgenommen werden; allerdings kann der Zessionar aus dem Titel nur vorgehen (d. h. dessen Umschreibung auf sich erwirken), wenn er – was im Klauselerteilungsverfahren zu prüfen ist – in den Sicherungsvertrag eingetreten ist.316) Als Folge des Umstands, dass es sich bei dem Insolvenzverwalter als Amts- 269 partei um ein von dem Schuldner verschiedenes Verfahrenssubjekt handelt, muss der Titel – wenn er nicht ausnahmsweise gegen den Insolvenzverwalter erwirkt worden ist317) – gegen den Insolvenzverwalter umgeschrieben (in analoger Anwendung von §§ 727, 731 ZPO) und diesem gem. § 750 Abs. 2 ZPO mitsamt der titelübertragenden Klausel zudem (ggf. erneut) zugestellt werden.318) Dies gilt auch im Fall der Eigenverwaltung, da der Schuldner in___________ 314) Vgl. BGH, Urt. v. 30.3.2010 – XI ZR 200/09, BGHZ 185, 133 = ZIP 2010, 1072 [Rn. 24, 34 ff.]. 315) Wenzel, Sicherungsgrundschuld, Rn. 4/2125. 316) Die formularmäßige Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung in einem Vordruck für die notarielle Beurkundung einer Sicherungsgrundschuld stellt auch dann keine unangemessene Benachteiligung des Darlehensnehmers i.S. d. § 307 Abs. 1 BGB dar, wenn die Bank die Darlehensforderung nebst Grundschuld frei an beliebige Dritte abtreten kann, vgl. m. w. N. zuletzt BGH, Urt. v. 30.3.2010 – XI ZR 200/09, BGHZ 185, 133 = ZIP 2010, 1072 [Rn. 23 ff., 27, 29 ff.]. 317) Dies kann auch durch notarielle Unterwerfung seitens des Insolvenzverwalters geschehen (natürlich nicht für den Schuldner persönlich, sondern als Partei kraft Amtes im eigenen Namen, vgl. OLG Hamm, Urt. v. 3.12.2012 – I-5 U 42/12, ZIP 2013, 788 = MittBayNot 2013, 407 m. Anm. Reul), vgl. Wolfsteiner, Die vollstreckbare Urkunde, Rn. 12.60 f.; Reul, in: Reul/Heckschen/Wienberg, Insolvenzrecht in der Gestaltungspraxis, Rn. M 7 f. 318) Vgl. nur BGH, Beschl. v. 14.4.2005 – V ZB 25/05, KTS 2006, 465 [Rn. 11 f.]; BGH, Beschl. v. 3.2.2011 – V ZB 54/10, BGHZ 188, 177 = ZIP 2011, 926 [Rn. 8]; Jaeger/ Windel, InsO, § 80 Rn. 193 ff.; Jaeger/Eckardt, InsO, § 89 Rn. 22, 56; Reul, in: Reul/ Heckschen/Wienberg, Insolvenzrecht in der Gestaltungspraxis, Rn. E 2; zu Details s. Kesseler, RNotZ 2004, 462 ff.; ders., ZInsO 2005, 918 ff.; ders., DNotZ 2006, 84 ff.; Scheel, NotBZ 2001, 286, 292 ff; Schreiber, RNotZ 2013, 161 ff; Soutier, MittBayNot 2011, 366, 369 ff.

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D. Die Grundstücksverwertung durch Zwangsversteigerung

soweit als Partei kraft Amtes für die haftungsrechtlich separierte Masse handelt und deren Haftung für die titulierte Forderung im Klauselverfahren geprüft werden muss.319) Im Klauselverfahren gelten im Übrigen die allgemeinen Grundsätze, d. h. der Gläubiger hat die ihm obliegenden Nachweise mit öffentlichen oder öffentlich beglaubigten Urkunden zu führen (Vorlage der gem. § 56 Abs. 2 Satz 2 InsO erteilten Bestallungsurkunde im Original oder in öffentlich beglaubigter Abschrift); die Bekanntmachung des Eröffnungsbeschlusses nach § 9 InsO genügt nicht.320) Tritt während des Insolvenzverfahrens ein Wechsel in der Person des Verwalters ein, so bedarf es im Hinblick auf die Amtskontinuität keiner erneuten Titelumschreibung;321) dies ist für das Vollstreckungsorgan bei korrekter Parteibezeichnung im Titel („… als Insolvenzverwalter über das Vermögen des …“) auch zweifelsfrei ersichtlich. Das gleiche gilt, wenn eine Umschreibung der Vollstreckungsklausel auf oder gegen den vorläufigen Insolvenzverwalter bereits erfolgt ist, danach das Insolvenzverfahren eröffnet und der vorläufige Verwalter oder ein Dritter zum eigentlichen Insolvenzverwalter bestellt wird.322) Im Hinblick auf den hiermit verbundenen Zeitverlust empfiehlt sich deshalb für den Grundpfandgläubiger, bei drohender Insolvenz beizeiten die Beschlagnahme zu erwirken; denn dann – und nur dann – kann das bereits gegen den Schuldner anhängige Zwangsversteigerungs- oder Zwangsverwaltungsverfahren trotz des Wechsels in der Prozessführungsbefugnis ohne Titelumschreibung und erneute Zustellung fortgesetzt werden.323) 270 Ob die nach dem Sicherungsvertrag (Rn. 6) erforderlichen Voraussetzungen der Verwertungsreife – insbesondere die Fälligkeit der gesicherten Darlehensforderung – vorliegen, wird bei Vorliegen des dinglichen Titels im Vollstreckungsverfahren nicht geprüft. Im eröffneten Insolvenzverfahren können hieraus keine Probleme entstehen, da die Fälligkeit jedenfalls mit Verfahrenseröffnung eintritt; im Eröffnungsverfahren wird in der Regel jedenfalls die Kündigung wegen wesentlicher Vermögensverschlechterung nach ___________ 319) Vgl. zur Eigenschaft des eigenverwaltenden Schuldners als Partei kraft Amtes z. B. Leonhardt/Smid/Zeuner/Wehdeking, § 270 Rn. 6; Uhlenbruck/Uhlenbruck, § 270 Rn. 32; Henckel, FS Schumann, 2001, S. 211, 224 f; Smid, WM 1998, 2489, 2511; a. A. zur Titelumschreibung aber Hintzen, Kölner Schrift, Kap. 20 Rn. 30; Nerlich/Römermann/Becker, InsO, § 165 Rn. 52 a. E. 320) Vgl. BGH, Beschl. v. 5.7.2005 – VII ZB 16/05, ZIP 2005, 1474 [Rn. 10 ff.]; s. ausführlich Reul, in: Reul/Heckschen/Wienberg, Insolvenzrecht in der Gestaltungspraxis, Rn. E 3 ff. 321) Vgl. Jaeger/Windel, InsO, § 80 Rn. 197; K. Schmidt/Sternal, InsO, § 80 Rn. 59; Uhlenbruck/ Uhlenbruck, InsO, § 80 Rn. 91; Reul, in: Reul/Heckschen/Wienberg, Insolvenzrecht in der Gestaltungspraxis, Rn. E 12; für Passivtitel auch Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, § 727 Rn. 30; a. A. Nerlich/Römermann/Delhaes, InsO, § 57 Rn. 9 f.; Zöller/Stöber, ZPO, § 727 Rn. 18; Scheel, NotBZ 2001, 286, 294 f. 322) Reul, in: Reul/Heckschen/Wienberg, Insolvenzrecht in der Gestaltungspraxis, Rn. E 15. 323) BGH, Beschl. v. 14.4.2005 – V ZB 25/05, KTS 2006, 465 [Rn. 12] m. krit. Anm. Heese S. 469, 473 ff.; FK-InsO/Wegener, § 165 Rn. 7; MünchKomm/Tetzlaff, InsO, § 165 Rn. 46; Stöber, ZVG, § 15 Anm. 23.11; Uhlenbruck/Brinkmann, InsO, § 165 Rn. 3; Reul, in: Reul/Heckschen/Wienberg, Insolvenzrecht in der Gestaltungspraxis, Rn. E 2.

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II. Zwangsversteigerung auf Antrag eines Grundpfandgläubigers

den AGB der Kreditinstitute möglich sein. Sollten insoweit Bedenken bestehen, wird der (vorläufige) Insolvenzverwalter aber gleichwohl auf die Klärung dieser Frage im Wege der Vollstreckungsgegenklage verzichten und die noch zu erörternden Einstellungsoptionen (Rn. 279 ff., 407 ff.) vorziehen. Betreibt ein Gläubiger bereits während des Eröffnungsverfahrens die Zwangs- 271 verwertung, so ist die kostenträchtige Titelumschreibung nicht erforderlich, soweit ein „schwacher“ vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt wurde; denn dann behält der Schuldner die Prozessführungsbefugnis über sein Vermögen, und die Vollstreckung ist formaliter weiterhin gegen ihn zu betreiben. Wurde dagegen ein „starker“ vorläufiger Insolvenzverwalter (§ 22 Abs. 1 InsO) bestellt oder ist dem (an sich „schwachen“) vorläufigen Verwalter die Prozessführung durch Einzelermächtigung des Insolvenzgerichts übertragen worden,324) so ist eine Umschreibung erforderlich, da dann wie bei einem Insolvenzverwalter die Prozessführungsbefugnis auf den vorläufigen Verwalter als „Partei kraft Amtes“ übergegangen ist.325) Für die Vollstreckung im eröffneten Verfahren ist dann unabhängig von der Personenidentität keine nochmalige Umschreibung erforderlich, da auch im Verhältnis von vorläufigem zu endgültigem Verwalter eine „Amtskontinuität“ gegeben ist, die die Diskontinuität in der Person des handelnden Amtswalters überlagert.326) Einer (erneuten) Titelumschreibung bedarf es grundsätzlich auch dann nicht, 272 wenn der Insolvenzverwalter das Grundstück aus der Insolvenzmasse freigibt (Rn. 503). 3. Beschlagnahmewirkung Die Beschlagnahme wird für den Anordnungsgläubiger wirksam mit dem 273 früheren der beiden folgenden Zeitpunkte: x

der Zustellung des Anordnungsbeschlusses an den Schuldner (§ 22 Abs. 1 Satz 1 ZVG),

x

dem Eingang des Eintragungsersuchens beim Grundbuchamt, sofern die Eintragung dann demnächst erfolgt (§ 22 Abs. 1 Satz 1 ZVG); insoweit ist aber zu beachten, dass die Beschlagnahme und die Anordnung der Zwangsverwaltung auseinanderfallen können und die Beschlagnahme die

___________ 324) Zur Gleichstellung dieser Situation mit der des starken vorläufigen Verwalters vgl. BGH, Urt. v. 16.5.2013 – IX ZR 332/12, ZIP 2013, 1493 [Rn. 13 ff.]. 325) LG Cottbus, Beschl. v. 28.1.2000 – 7 T 549/99, ZInsO 2000, 107; LG Cottbus, Beschl. v. 20.4.2000 – 7 T 548/99, ZInsO 2000, 337, 338; Alff, Rpfleger 2001, 385, 390; Dassler/ Schiffhauer/Hintzen, ZVG, Vor § 15 Rn. 41 a. E.; MünchKomm/Ganter, InsO, Vor §§ 49 – 52 Rn. 147; Hintzen, Rpfleger 1999, 256, 258; Knees, ZIP 2001, 1568, 1572; MünchKomm/Tetzlaff, InsO, § 165 Rn. 49; a. A. LG Halle, Beschl. v. 20.9.2001 – 2 T 151/01, Rpfleger 2002, 89; Morvilius, Zwangsversteigerung/Zwangsverwaltung, Rn. 768. 326) Dassler/Schiffhauer/Hintzen, ZVG, Vor § 15 Rn. 41 a. E.; a. A. offenbar MünchKomm/ Tetzlaff, InsO, § 165 Rn. 49; Knees, ZIP 2001, 1568, 1572.

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D. Die Grundstücksverwertung durch Zwangsversteigerung

wirksame Zustellung des Anordnungsbeschlusses deshalb nicht entbehrlich macht.327) 274 Im Fall des Beitritts zu einem bereits anhängigen Zwangsversteigerungsverfahren wird sie zugunsten des Beitretenden zudem wirksam mit der Zustellung des Beitrittsbeschlusses an den Schuldner (§§ 22 Abs. 1 Satz 1, 27 Abs. 1 ZVG). 275 Der Umfang der Beschlagnahme ergibt sich aus §§ 20 Abs. 2, 21 ZVG i. V. m. 1120 ff. BGB und hängt letztlich davon ab, ob aus einem dinglichen oder persönlichen Titel vollstreckt wird. Wird aus einem dinglichen Titel vollstreckt, so bezieht sich die Beschlagnahme gem. § 20 ZVG auf das Grundstück sowie diejenigen Gegenstände, auf welche sich bei einem Grundstück die Hypothek erstreckt. Nicht Teil der Beschlagnahme sind daher Gegenstände, die zwar im Haftungsverband standen (§ 1120 BGB), aber im Zeitpunkt der Beschlagnahme bereits aus diesem ausgeschieden sind (§§ 1121 f. BGB). Wird dagegen aus einem persönlichen Titel vollstreckt, so entsteht die grundstücksmäßige Haftung des Zubehörs überhaupt erst durch die Beschlagnahme. Die Regelungen der §§ 1121 f. BGB sind daher nicht anwendbar; vielmehr werden Zubehörstücke, die vor der Beschlagnahme veräußert wurden, auch dann nicht von der Haftung erfasst, wenn sie sich noch auf dem Grundstück befinden, da die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1120 BGB zum Beschlagnahmezeitpunkt nicht erfüllt sind. 4. Einstweilige Einstellung der Zwangsversteigerung auf Antrag des Insolvenzverwalters 276 Beabsichtigt der Insolvenzverwalter das Schuldnerunternehmen zu sanieren bzw. bis zu einer Gesamtveräußerung zusammenzuhalten, kann dies zu Spannungen mit dem erstrangigen Grundpfandgläubiger führen, der eine schnelle Verwertung durchführen will, weil er ausnahmsweise einen Erwerbsinteressenten an der Hand hat: Die Zerschlagung von Verbundwerten durch die Veräußerung des Grundstücks im Wege der Zwangsversteigerung kann diesen Zwecken ebenso entgegenstehen wie eine Zwangsverwaltung (zu dieser s. Rn. 389 ff.). Ebenso wie bei beweglichen Sachen, an denen Sicherungsrechte bestehen (vgl. §§ 166 ff. InsO), müssen die an sich natürlich „insolvenzfesten“ Rechte der grundpfandrechtlich gesicherten (absonderungsberechtigten) Gläubiger nach der gesetzlichen Interessenbewertung in diesem Fall u. U. zurückstehen. Das Gesetz sieht daher verschiedene – traditionell vorhandene, aber in der Insolvenzrechtsreform ausgeweitete – Möglichkeiten vor, die Vollstreckung in das Grundvermögen einzustellen oder zumindest auszusetzen bzw. zu beschränken.

___________ 327) Vgl. BGH, Beschl. v. 2.12.2010 – V ZB 84/10, ZIP 2011, 119 [Rn. 24]; Dassler/ Schiffhauer/Hintzen, ZVG, § 22 Rn. 4 a. E.; Steiner/Teufel, ZVG, § 22 Rn. 3; Stöber, ZVG, § 22 Anm. 2.1 a. E.

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II. Zwangsversteigerung auf Antrag eines Grundpfandgläubigers

Im Regierungsentwurf der InsO war ursprünglich vorgesehen, dass alle 277 Maßnahmen der Zwangsvollstreckung (also einschließlich der Vollstreckung in Grundvermögen) durch Sicherungsanordnung des Insolvenzgerichts untersagt oder einstweilen eingestellt werden konnten (§§ 25 Abs. 2 Nr. 3, 187 – 189 RegE-InsO). Erst auf Intervention des Rechtsausschusses des Bundestags wurde diese Befugnis des Insolvenzgerichts auf Maßnahmen der Mobiliarvollstreckung beschränkt (nunmehr § 21 Abs. 2 Nr. 3 InsO) und die Zuständigkeit für eine einstweilige Einstellung der Immobiliarvollstreckung wieder vom Insolvenzgericht auf das Vollstreckungsgericht zurückverlagert (§§ 30d – 30e ZVG). Diese geänderte Kompetenzzuweisung hat bewirkt, dass die Mobiliarzwangsvollstreckung durch die Insolvenzgerichte meist gleichzeitig mit Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung im Eröffnungsverfahren untersagt oder einstweilen eingestellt wird, während die Einstellung von Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung typischerweise erst mit erheblicher zeitlicher Verzögerung durch das Vollstreckungsgericht bewilligt wird.328) Die einstweilige Einstellung stellt naturgemäß ein Instrument der „strei- 278 tigen“ Immobilienverwertung im Insolvenzverfahren dar. In der Praxis dominieren demgegenüber die konsensualen – meist freihändigen – Verwertungsformen. Die praktische Bedeutung der Einstellungsmöglichkeit besteht daher weniger darin, dass sie tatsächlich zum Einsatz kommt, als in der durch sie verbesserten Verhandlungsposition des Insolvenzverwalters. Umgekehrt sollten sich die Grundpfandgläubiger, aber auch das zur Entscheidung über den Einstellungsantrag berufene Gericht der Möglichkeit eines rein taktischen Gebrauchs dieses Instruments durch den Insolvenzverwalter bewusst sein (und z. B. zu gegebener Zeit kontrollieren, ob die unbefristete Einstellung zu Sanierungszwecken gem. § 30d Abs. 1 Nr. 2 ZVG [Rn. 288] auch entsprechend genutzt wird).329) a) Einstweilige Einstellung im Eröffnungsverfahren Bereits im Eröffnungsverfahren kann der vorläufige Insolvenzverwalter nach 279 § 30d Abs. 4 ZVG die einstweilige Einstellung der Zwangsversteigerung beantragen. Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) steht dieses Antragsrecht dem Schuldner zu, sofern nach §§ 270a Abs. 1, 270b Abs. 2 InsO n. F. ein vorläufiger Sachwalter bestellt worden ist (§ 30d Abs. 4 Satz 2 ZVG i. d. F. durch Art. 6 ESUG). Die Zuerkennung dieser Befugnis durch eine Regelung im ZVG war notwen- 280 dig, da die Befugnis zum Erlass von Sicherungsmaßnahmen im Eröffnungsverfahren gem. § 21 Abs. 2 Nr. 3 InsO dem Insolvenzgericht in Bezug auf ___________ 328) Eingehend hierzu auch Morvilius, Zwangsversteigerung/Zwangsverwaltung, Rn. 32 ff.; Jungmann, NZI 1999, 352 ff.; Mönning/Zimmermann, NZI 2008, 134 ff. 329) Vgl. K. Schmidt, InVo 1999, 73 f.

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D. Die Grundstücksverwertung durch Zwangsversteigerung

unbewegliche Gegenstände gerade keine Möglichkeit eröffnet, eine Zwangsvollstreckung zu verhindern. Eine Einstellung von Amts wegen erfolgt deshalb nicht; schon die damit notwendigerweise einhergehende Verzögerung schwächt den Schutz der zur Insolvenzmasse gehörenden Immobilien im Vergleich zu Mobilien beträchtlich ab. 281 Die Antragsbefugnis steht dem vorläufigen Insolvenzverwalter zu, und zwar – auch wenn das Gesetz dies nicht deutlich ausspricht – dem „starken“ und „schwachen“ vorläufigen Insolvenzverwalter gleichermaßen. Das Einzelermächtigungsprinzip des § 22 Abs. 2 Satz 1 InsO steht dem nicht entgegen, da sein Zweck darin besteht, die Eingriffe in die Rechtsstellung des Schuldners auf die explizit angeordneten Maßnahmen zu beschränken; dem Schuldner aber steht die Befugnis, die Einstellung der Immobiliarvollstreckung zu erwirken, jedenfalls nicht zu. Funktional tritt die Antragsbefugnis des vorläufigen Verwalters zudem an die Stelle des von Amts wegen gerichtlich angeordneten Vollstreckungsstopps nach § 21 Abs. 2 Nr. 3 InsO; wie dieser muss sie von der – inhaltlich ganz anders gelagerten – Unterscheidung zwischen „starker“ und „schwacher“ Verwaltung unabhängig sein.330) 282 Da die Regelung des § 30b Abs. 1 ZVG keine Anwendung findet (vgl. § 30d Abs. 3 ZVG), besteht keine Notwendigkeit, den Einstellungsantrag innerhalb der sonst eingreifenden zweiwöchigen Notfrist zu stellen; der Antrag kann vielmehr bis zur Verkündung des Zuschlags gestellt werden.331) 283 Der Antrag hat Erfolg, wenn der vorläufige Insolvenzverwalter glaubhaft machen kann, dass die Einstellung zur Verhütung nachteiliger Veränderungen in der Vermögenslage des Schuldners erforderlich ist. Wann eine nachteilige Veränderung vorliegt, bestimmt sich nach dem Zweck der vorläufigen Verwaltung: Der vorläufige Insolvenzverwalter soll gem. § 21 Abs. 1 Nr. 1 InsO das schuldnerische Vermögen sichern und erhalten. Daher soll ein vorzeitiges Auseinanderfallen der einzelnen Vermögensgegenstände verhindert werden, um eine effektive Verfahrensgestaltung zu ermöglichen. Im Hinblick auf den Gesetzeszweck dürfen keine zu strengen Anforderungen gestellt werden; in der Regel sollte deshalb jede endgültige Verringerung der künftigen Insolvenzmasse als nachteilige Veränderung zu verstehen sein, sofern nicht eine Verwendung des betreffenden Grundstücks für eine Reorganisation oder Gesamtveräußerung von vornherein ausscheidet.332) 284 Die Verfahrenseinstellung muss allerdings zur Verhütung der nachteiligen Auswirkungen auch erforderlich sein. Das ist nicht der Fall, wenn die ___________ 330) Vgl. Stöber, ZVG, § 30d Rn. 6.3; Klein, ZInsO 2002, 10165, 1067; Knees, ZIP 2001, 1568, 1573; Lenenbach, Sicherungsmaßnahmen, S. 270 f. 331) Morvilius, Zwangsversteigerung/Zwangsverwaltung, Rn. 32. 332) Vgl. Jungmann, NZI 1999, 352, 353; ders., Grundpfandgläubiger, Rn. 185; Städler, Grundpfandrechte, S. 235 f.; Uhlenbruck/Vallender, InsO, § 21 Rn. 31; Kübler/Prütting/ Bork/Flöther, InsO, § 165 Rn. 34; MünchKomm/Tetzlaff, InsO, § 165 Rn. 88; Eickmann, ZfIR 1999, 81, 83.

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II. Zwangsversteigerung auf Antrag eines Grundpfandgläubigers

Zwangsversteigerung auch anders als durch einen Antrag nach § 30d Abs. 4 ZVG unterbrochen werden kann, also insbesondere durch Einstellung nach §§ 75 – 77 ZVG. Darüber hinaus ist der Antrag in analoger Anwendung der für die Einstellung nach Verfahrenseröffnung geltenden Bestimmung des § 30d Abs. 1 Satz 2 ZVG (Rn. 288) abzulehnen, wenn die Einstellung dem betreibenden Gläubiger wirtschaftlich nicht zugemutet werden kann, etwa wenn ein günstiges Meistgebot abgegeben worden ist und der betreibende Gläubiger wegen der ausstehenden Forderung selbst mit existenzgefährdenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten kämpft. Wenn nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Schutzwürdigkeit der Gläubiger im Hinblick auf eine ungestörte Insolvenzabwicklung und damit eine angemessene und bestmögliche Verwertung des Schuldnervermögens anerkannt ist, dann kann vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nichts anderes gelten.333) Auch hier gilt freilich, dass diese Voraussetzungen bei dem typischen Grundpfandgläubiger kaum einmal vorliegen werden (s. Rn. 292). In jedem Fall muss die Einstellung erfolgen, wenn – sei es bei Vorgehen aus 285 einer Zwangshypothek (Rn. 166 ff.), sei es im Fall der Versteigerung auf Antrag eines persönlichen Gläubigers (Rn. 322) – das Vorliegen der Voraussetzungen einer Rückschlagsperre gem. § 88 InsO glaubhaft gemacht ist (abgesehen von der noch ausstehenden Verfahrenseröffnung). Denn in diesem Fall wird der Vollstreckungsversteigerung im Moment der Verfahrenseröffnung rückwirkend die Grundlage entzogen. Da im Eröffnungsverfahren weder ein Vollstreckungshindernis noch irgendeine andere Möglichkeit zur Verhinderung der Vollstreckung in Grundvermögen existiert, ist die vorläufige Einstellung die einzige Option zur Verhinderung eines endgültigen Rechtsverlusts.334) b) Einstweilige Einstellung im eröffneten Insolvenzverfahren Im eröffneten Insolvenzverfahren kann der Insolvenzverwalter nach § 30d 286 Abs. 1 Satz 1 ZVG ebenfalls die vorläufige Einstellung der Zwangsversteigerung beantragen; auch insofern ist keine Frist zu beachten (Rn. 282). Die Voraussetzungen variieren dabei nach den Nrn. 1 – 4, da den unterschiedlichen Schutzerfordernissen des schuldnerischen Unternehmens in den unterschiedlichen Verfahrenssituationen Rechnung getragen werden soll.335) aa) Einstellung vor dem Berichtstermin Bis zum Berichtstermin ergeht die Anordnung gem. § 30d Abs. 1 Satz 1 287 Nr. 1 ZVG auf Antrag des Insolvenzverwalters ohne weitere Bedingungen, ___________ 333) Böttcher/Böttcher, ZVG, § 30d Rn. 15; Stöber, ZVG, § 30d Rn. 6.2; ders., NZI 1998, 105, 110; Mönning/Zimmermann, NZI 2008, 134, 136; Lwowski/Tetzlaff, WM 1999, 2336, 2339; Knees, ZIP 2001, 1568, 1571; a. A. Kübler/Prütting/Bork/Flöther, InsO, § 165 Rn. 35; Hintzen, ZInsO 1998, 318, 320; Keller, ZfIR 2002, 861, 868. 334) Vgl. Stöber, ZVG, § 30d Rn. 6.3. 335) MünchKomm/Tetzlaff, InsO, § 165 Rn. 90; Lwowski/Tetzlaff, WM 1999, 2336, 2340; Eickmann, ZfIR 1999, 81, 83f.

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D. Die Grundstücksverwertung durch Zwangsversteigerung

da bis zu diesem Termin alle Möglichkeiten für die weitere Durchführung des Insolvenzverfahrens offen gehalten werden sollen. Da der Berichtstermin innerhalb von drei Monaten nach Verfahrenseröffnung stattfinden muss (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 InsO), betrifft die Regelung lediglich diesen Zeitraum. Praktisch hat der Insolvenzverwalter lediglich die Terminsbestimmung im Eröffnungsbeschluss vorzulegen.336) Das Gericht hat dann lediglich noch zu prüfen, ob das Zumutbarkeitserfordernis des § 30d Abs. 1 Satz 2 ZVG (Rn. 292), das für alle vier Einstellungsalternativen gilt, gegeben ist. bb) Einstellung nach dem Berichtstermin 288 Nach dem Berichtstermin hat der Antrag nur noch dann Erfolg, wenn das Grundstück für eine Fortführung des Unternehmens oder für die Vorbereitung der Veräußerung eines Betriebs benötigt wird (§ 30d Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZVG). Die Vorschrift setzt mithin die Existenz eines vom Schuldner betriebenen „Unternehmens“ voraus. Dass zur Insolvenzmasse z. B. eine Mehrheit von Grundstücken gehört, genügt danach nicht.337) 289 Implizit vorausgesetzt wird ferner ein entsprechender Beschluss der Gläubigerversammlung. Unerheblich ist insoweit hingegen, ob ein Insolvenzplan vorliegt oder ob die Fortführung oder Veräußerung ohne einen solchen erfolgen soll (Umkehrschluss aus § 30d Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 ZVG, s. Rn. 290). Damit liegt diese Einstellungsmöglichkeit auf einer Linie mit dem angestrebten Ziel der Insolvenzordnung, eine Unternehmensfortführung zu erleichtern. Der Vermögensverbund soll erhalten bleiben, um durch die Fortführung oder übertragende Sanierung des insolventen Unternehmens höhere Erfüllungsquoten für alle Gläubiger erreichen zu können.338) 290 Darüber hinaus kann eine Einstellung erfolgen, wenn durch die Versteigerung die Durchführung eines vorgelegten zulässigen Insolvenzplans (§§ 218 ff. InsO) gefährdet würde. Von einer Gefährdung der Durchführung des Insolvenzplans ist auszugehen, wenn die Planregelung das der Zwangsversteigerung unterliegende Grundstück mit einbezieht und die Befriedigung der beteiligten Gläubiger gefährdet wäre, wenn das Grundstück unberücksichtigt bleiben müsste. Neben dem Insolvenzverwalter kann auch der Schuldner einen Antrag nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 stellen, vgl. § 30d Abs. 2 ZVG.339)

___________ 336) MünchKomm/Tetzlaff, InsO, § 165 Rn. 92; Hintzen, Rpfleger 1999, 256, 259; Mönning/ Zimmermann, NZI 2008, 134, 135. 337) Hintzen, Rpfleger 1999, 256, 259; berechtigte Kritik bei Mönning/Zimmermann, NZI 2008, 134, 135. 338) Vgl. Begr. zu § 187 RegE-InsO, BT-Drucks. 12/2443, S. 176; Kübler/Prütting/Bork/ Flöther, InsO, § 165 Rn. 27; MünchKomm/Tetzlaff, InsO, § 165 Rn. 94; Mönning/ Zimmermann, NZI 2008, 134, 135; Jungmann, Grundpfandgläubiger, Rn. 175 f. 339) Einzelheiten bei Jungmann, Grundpfandgläubiger, Rn. 177; Mönning/Zimmermann, NZI 2008, 134, 135; Smid, Kreditsicherheiten, § 23 Rn. 30.

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II. Zwangsversteigerung auf Antrag eines Grundpfandgläubigers

Nach § 30d Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 ZVG ist außerdem eine Einstellung möglich, 291 wenn die Verwertung der Insolvenzmasse wesentlich erschwert würde. Erfasst wird nach den Vorstellungen des Gesetzgebers insbesondere der Fall, dass bei einer sofortigen Versteigerung ein erheblich geringerer Erlös zu erwarten ist als bei einer späteren Versteigerung. Erforderlich ist aber, dass konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine spätere Verwertung, die in absehbarer Zeit zu realisieren sein muss, zu einem wesentlich besseren Ergebnis führen würde. Daher liegt eine wesentliche Erschwerung der Verwertung nicht vor, wenn die Gegenüberstellung der Renditen nicht eindeutig für eine spätere Verwertung spricht. Nicht außer Acht gelassen werden darf bei dem Vergleich der Verwertungsalternativen auch, dass der bei einer späteren Verwertung möglicherweise erzielte Erlös durch die während der Verzögerung anfallenden Grundsteuern, Zinsen sowie sonstigen Unkosten geschmälert oder sogar aufgezehrt werden kann.340) Ein Antrag nach § 30d Abs. 1 Satz 1 ZVG ist nach dessen Satz 2 abzulehnen, 292 wenn die einstweilige Einstellung dem Gläubiger unter Berücksichtigung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse nicht zumutbar ist. Die Interessen der Gläubigergesamtheit sind mit den Interessen des betreibenden Gläubigers abzuwägen. Die Interessen des betreibenden Gläubigers sind z. B. dann als vorrangig anzusehen, wenn dieser die Versteigerung betreiben muss, um seinen Verpflichtungen nachzukommen. In der Regel haben aber die Interessen der Gläubigergesamtheit größere Bedeutung, zumal – mangels Existenzbedrohung – dann, wenn es sich, wie im Regelfall, bei dem betreibenden Gläubiger um ein Kreditinstitut handelt.341) Auf eine Forderungserhöhung wegen der auflaufenden Zinsen und eines 293 drohenden Ausfalls wegen der Verzögerung kann die Unzumutbarkeit nicht gestützt werden, da § 30e ZVG nunmehr einen Ausgleich für einen etwaigen Wertverlust gewährt.342) Jedoch kann der betreibende Gläubiger sich auf Unzumutbarkeit berufen, wenn der Einstellungsantrag erst nach Beginn des Versteigerungsverfahrens gestellt wurde und bereits günstige Meistgebote abgegeben wurden, sodass der Gläubiger mit einem derartigen, einen geringeren Ausfall bescherenden Versteigerungsergebnis in einer späteren Versteigerung nicht erneut rechnen kann.343) ___________ 340) Begr. zu § 187 RegE-InsO, BT-Drucks. 12/2443, S. 176; Kübler/Prütting/Bork/Flöther, InsO, § 165 Rn. 30; MünchKomm/Tetzlaff, InsO, § 165 Rn. 99; Stöber, ZVG, § 30d Anm. 2.3.d; Mönning/Zimmermann, NZI 2008, 134, 135 f.; vgl. auch Knees, ZIP 2001, 1568, 1577. 341) Vgl. Begr. zu § 187 RegE-InsO, BT-Drucks. 12/2443, S. 176; Kübler/Prütting/Bork/ Flöther, InsO, § 165 Rn. 31; Leonhardt/Smid/Zeuner/Depré, InsO, § 49 Rn. 54; Stöber, ZVG, § 30d Anm. 3; Jungmann, Grundpfandgläubiger, Rn. 190; Stöber, NZI 1998, 105, 108; Lwowski/Tetzlaff, WM 1999, 2336, 2340; Niesert, InVo 1998, 141, 143; Mönning/ Zimmermann, NZI 2008, 134, 137. 342) Jungmann, Grundpfandgläubiger, Rn. 189; Lwowski/Tetzlaff, WM 1999, 2336, 2340. 343) MünchKomm/Tetzlaff, InsO, § 165 Rn. 100; Jungmann, Grundpfandgläubiger, Rn. 191; Stöber, NZI 1998, 105, 109 f.; Lwowski/Tetzlaff, WM 1999, 2336, 2340.

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D. Die Grundstücksverwertung durch Zwangsversteigerung

c) Verfahren und Rechtsmittel 294 Das Verfahren und die Rechtsmittel richten sich gem. § 30d Abs. 3 ZVG nach den entsprechend anzuwendenden § 30b Abs. 2 – 4 ZVG, wobei eine Modifikation des § 30b Abs. 2 Satz 3 ZVG dahingehend erfolgt, dass eine Glaubhaftmachung der Einstellungsvoraussetzungen erforderlich ist. Da eine Verweisung auf § 30b Abs. 1 ZVG nicht getroffen wurde, kann der Einstellungsantrag unbefristet gestellt werden. Allerdings kann eine Antragsablehnung nach § 30d Abs. 1 Satz 2 ZVG – insbesondere im Hinblick auf Zahlungsauflagen nach § 30e ZVG – in Betracht kommen, wenn der Insolvenzverwalter die Stellung des Einstellungsantrags zu lange hinauszögert. Der Antrag kann grundsätzlich jedoch bis kurz vor der Zuschlagsentscheidung gestellt werden, wobei dann ggf. eine Entscheidung nach § 33 ZVG in Betracht kommt.344) 295 Gemäß § 30d Abs. 3 i. V. m. § 30b Abs. 2 Satz 1 ZVG ergeht die Entscheidung über den Einstellungsantrag durch Beschluss. Vor der Entscheidung sind der Schuldner und der betreibende Gläubiger zu hören, § 30b Abs. 2 Satz 2 ZVG. Als Rechtsmittel ist gem. § 30d Abs. 3 i. V. m. § 30b Abs. 3 ZVG nur die sofortige Beschwerde statthaft, eine weitere Beschwerde findet nicht statt. 296 Gegen die Einstellung der Zwangsversteigerung im Eröffnungsverfahren gibt es hingegen keinen Rechtsbehelf, da sich der Verweis auf die Rechtsbehelfe des § 30b Abs. 3 ZVG in § 30d Abs. 3 ZVG systematisch nicht auf die im folgenden Absatz geregelte Einstellung im Eröffnungsverfahren bezieht; dies entspricht zudem der Rechtslage bei den Sicherungsmaßnahmen im Eröffnungsverfahren, bei denen es allgemein kein Rechtsmittel des Gläubigers gibt (Umkehrschluss aus § 21 Abs. 1 Satz 2 InsO).345) d) Kompensation des Gläubigers 297 Die Einstellung soll den wirtschaftlichen Wert des Rechts des betreibenden Gläubigers nicht unzumutbar beeinträchtigen. Dem dienen insbesondere die in § 30e ZVG vorgesehenen amtswegigen Kompensationsanordnungen. So ist die Einstellung gem. § 30e Abs. 1 ZVG – der bei der Verwertung von Mobiliarsicherheiten eine Entsprechung in § 169 InsO findet (sowie in § 30a Abs. 3 ZVG für die Einstellung außerhalb des Insolvenzverfahrens) – stets mit der Auflage anzuordnen, dass dem betreibenden Gläubiger (aber nur diesem, nicht auch den anderen Grundpfandgläubigern) die geschuldeten Zinsen ersetzt werden. § 30e Abs. 2 ZVG statuiert zudem – analog zu § 172 Abs. 1 InsO bei der Verwertung von Mobiliarsicherheiten – eine Ausgleichspflicht für Wertverluste bei Weiternutzung des Grundstücks für die Insolvenzmasse. Der Verwalter muss also vor einem Einstellungsantrag stets be___________ 344) MünchKomm/Tetzlaff, InsO, § 165 Rn. 101; Lwowski/Tetzlaff, WM 1999, 2336, 2340; Stöber, ZVG, § 30d Anm. 5.1. 345) Jungmann, Grundpfandgläubiger, Rn. 187; Vallender, ZIP 1997, 1993, 1996.

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II. Zwangsversteigerung auf Antrag eines Grundpfandgläubigers

denken, dass er die Einstellung nicht umsonst bekommt, und die Vorteile, die er sich von der Einstellung für die Insolvenzabwicklung verspricht, mit den durch die Kompensationsansprüche für die Insolvenzmasse entstehenden Einbußen abwägen. aa) Zinspflicht (1) Grundsätzliches Der betreibende Gläubiger kann für die Dauer der einstweiligen Einstellung 298 die „geschuldeten Zinsen“ verlangen, die er aufgrund eines Rechtsverhältnisses mit dem Schuldner beanspruchen kann. Die Verzinsungspflicht ergibt sich nicht schon als gesetzliche Folge aus der Anordnung der einstweiligen Einstellung, sondern ist vom Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers als mit der Einstellung verbundene Auflage eigens anzuordnen. Ein Ermessen des Amtsgerichts hinsichtlich der Anordnung der Zinszahlungspflicht besteht jedoch nicht; die Anordnung nach § 30e Abs. 1 ZVG ist vielmehr zwingend mit dem Einstellungsbeschluss zu verbinden. Die Zinsen sind nach § 30e Abs. 1 Satz 1 ZVG a. E. aus der Insolvenzmasse 299 zu zahlen. Die Zinsverpflichtung stellt eine Masseverbindlichkeit i. S. v. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO dar.346) Sie verringert daher auf Kosten der Insolvenzgläubiger die Insolvenzmasse und ist nicht etwa – ggf. zulasten der Grundpfandgläubiger – aus dem Wert des Grundstücks aufzubringen. Denn zwar ordnet das Gericht die Zinspflicht an. Es tut dies jedoch von Amts wegen, sobald dem Einstellungsantrag des Insolvenzverwalters stattgegeben wird. Damit ist die Entscheidung des Gerichts, da diesem kein Ermessen zusteht, lediglich ein Zwischenschritt. Kann der Insolvenzverwalter die Verpflichtung im Fall der Masseinsuffizienz nicht erfüllen, so haftet er nach allgemeinen Regeln unter den Voraussetzungen des § 61 InsO persönlich auf Ersatz.347) Gemäß § 30e Abs. 1 ZVG ist die Einstellung mit der Auflage anzuordnen, 300 dass dem betreibenden Gläubiger für die Zeit nach dem Berichtstermin (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 InsO) laufend die geschuldeten Zinsen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Fälligkeit gezahlt werden. Für die Zeit vor dem Berichtstermin besteht daher kein Anspruch auf Zinszahlungen. Jedoch bedeutet dies (natürlich) nicht, dass auch die grundpfandrechtliche Haftung des Grundstücks für Zinsforderungen (Rn. 19) entfiele; sie bleibt vielmehr für die Zeit bis zur Versteigerung des Grundstücks bzw. zur Ablösung des Sicherungsrechts bestehen. Wird die Einstellung im Insolvenzeröffnungsverfahren angeordnet (§ 30d 301 Abs. 4 ZVG), so hat das Gericht ein Ermessen hinsichtlich der Festlegung ___________ 346) Dassler/Schiffhauer/Hintzen, ZVG, § 30e Rn. 16; Kübler/Prütting/Bork/Flöther, InsO, § 165 Rn. 42; MünchKomm/Tetzlaff, InsO, § 165 Rn. 105; Nerlich/Römermann/Becker, InsO, § 165 Rn. 44; Uhlenbruck/Brinkmann, InsO, § 165 Rn. 19b. 347) Uhlenbruck/Brinkmann, InsO, § 165 Rn. 19b; Hintzen/Alff, ZInsO 2008, 480, 485.

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D. Die Grundstücksverwertung durch Zwangsversteigerung

des Anfangszeitpunkts der Zinspflicht. Jedoch ist die Zinszahlung gem. § 30e Abs. 1 Satz 2 ZVG spätestens von dem Zeitpunkt an anzuordnen, der drei Monate nach der ersten einstweiligen Einstellung liegt. So wird erreicht, dass der Gläubiger nicht länger als drei Monate am Zwangszugriff gehindert ist, ohne laufend Zinszahlungen zu erhalten. Diese drei Monate ohne laufende Auszahlung lassen sich damit rechtfertigen, dass auch bei der Durchsetzung von Rechten im Wege der Zwangsvollstreckung zeitliche Verzögerungen zu erwarten sind. (2) Schuldrechtliche oder dingliche Zinsen? 302 Der Gesetzeswortlaut lässt dabei offen, ob die schuldrechtlichen oder die – typischerweise weitaus höheren – dinglichen Zinsen (Rn. 6) für eine Festsetzung maßgeblich sein sollen; die Gesetzesbegründung348) verweist auch nur auf das „Rechtsverhältnis mit dem Schuldner“, was aber nicht weiterhilft, da es sich in beiden Fällen um vereinbarte Zinsen handelt. Nach der vorzugswürdigen sog. insolvenzrechtlichen Auffassung sind hier – analog zu § 169 Satz 1 InsO bei der Verwertung von Mobiliarsicherheiten – die vereinbarten schuldrechtlichen Zinsen zu zahlen,349) denn die einstweilige Einstellung der Zwangsversteigerung soll dem Insolvenzverwalter eine „Atempause“ verschaffen, nicht aber dazu dienen, dem Grundpfandgläubiger auf Kosten der Insolvenzgläubiger vorzeitig Befriedigung zu verschaffen. Die Höhe des Zinssatzes richtet sich dabei nach den vertraglichen Vereinbarungen, hilfsweise nach den gesetzlichen Regeln (§ 288 BGB, § 352 HGB). Befindet sich der Schuldner in Verzug, so können auch Verzugszinsen verlangt werden. 303 Eine Regelung über die dinglichen Zinsen der Grundpfandrechte enthält § 30e Abs. 1 ZVG demzufolge nicht. Wären auch die dinglichen Zinsen nach § 30e Abs. 1 ZVG zu erstatten, so würde dies die durch Grundpfandrechte gesicherte Kapitalschuld verringern. Während der Einstellung soll der Gläubiger aber gerade keine Tilgungszahlungen erhalten; der Gesetzgeber ging vielmehr davon aus, dass sich die grundpfandrechtlich gesicherten Gläubiger aufgrund der vereinbarten Darlehenszinsen anderweitig ausreichend refinanzieren könnten. Es genügt deshalb dem Zweck der Regeln des Gläubigerschutzes, den wirtschaftlichen Wert der gesicherten Gläubigerrechte nicht zu ___________ 348) Begr. zu § 188 RegE-InsO, BT-Drucks. 12/2443, S. 177. 349) LG Göttingen, Beschl. v. 27.1.2000 – 10 T 1/2000, NZI 2000, 186 f.; LG Stade, Beschl. v. 19.3.2002 – 7 T 47/02, Rpfleger 2002, 472; Kübler/Prütting/Bork/Flöther, InsO, § 165 Rn. 37 f.; MünchKomm/Tetzlaff, InsO, § 165 Rn. 104 f.; Uhlenbruck/Brinkmann, InsO, § 165 Rn. 19b; Smid, Kreditsicherheiten, § 23 Rn. 38; Jungmann, Grundpfandgläubiger, Rn. 220 ff.; Knees, ZIP 2001, 1568, 1578; Mönning/Zimmermann, NZI 2008, 134, 136 f.; Pape, ZInsO 1999, 398, 399; Tetzlaff, ZInsO 2004, 521, 522; Wenzel, NZI 1999, 101, 102 f.; Vallender, Rpfleger 1997, 353, 355; a. A. (sog. vollstreckungsrechtliche Auffassung) Stöber, ZVG, § 30e Rn. 2.2; Böttcher/Böttcher, ZVG, § 30e Rn. 4, 8; Alff, Rpfleger 2000, 228 ff.; Eickmann, ZfIR 1999, 81, 83; Hintzen, Rpfleger 1999, 256, 260; ders., ZInsO 2000, 205, 206; ders., in: Dassler/Schiffhauer, ZVG, § 30e Rn. 7; B. Schmidt, InVo 1999, 73, 76.

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II. Zwangsversteigerung auf Antrag eines Grundpfandgläubigers

verringern, während umgekehrt ein Ersatz der dinglichen Zinsen die Insolvenzmasse stark belasten und den Gläubigern einen vom Gesetzgeber nicht beabsichtigten Vorteil verschaffen würde. Die dinglichen Zinsen laufen also nach Verfahrenseröffnung weiter und der Gläubiger kann, wenn sie nicht geleistet werden, nach durchgeführter Versteigerung in dem in § 10 Abs. 1 Nrn. 4, 8 ZVG genannten Umfang abgesonderte Befriedigung aus dem Erlös verlangen (für Darlehenskapital und -zinsen). Ein Streit kann aber nicht nur über die Höhe der zu zahlenden Zinsen ent- 304 stehen. Eine weitere Konfliktsituation droht zudem dadurch, dass bei den häufig mehr als wertausschöpfend belasteten Immobilien die Darlehensvaluten den Verkehrswert bei weitem übersteigen. In diesem Fall ist dann selbst der geringere schuldrechtliche Zins kaum aus der Insolvenzmasse zu begleichen. (3) Zinspflicht bei nachrangigen Gläubigern Eine Zinspflicht besteht gem. § 30e Abs. 3 ZVG nicht, wenn nach der Höhe 305 der Forderung sowie dem Wert und der sonstigen Belastung des Grundstücks ohnehin nicht mit einer Befriedigung des Gläubigers aus dem Versteigerungserlös zu rechnen ist, der Gläubiger aufgrund seines Nachrangs also keine Aussicht auf Befriedigung hatte (sog. Schornsteinhypothek). Wie der Wortlaut der Norm („soweit“) deutlich macht, ist aber, wenn eine Teilbefriedigung des Gläubigers zu erwarten ist, eine entsprechend herabgesetzte Zinszahlung anzuordnen. Die Zinspflicht orientiert sich dann am zu erwartenden Teilbetrag.350) Dabei darf der Insolvenzverwalter nicht abwarten, bis durch die Versteige- 306 rung die Höhe der Befriedigung feststeht, sondern muss sofort mit der Zinszahlung beginnen. Ein Abwarten wäre unzumutbar, und zwar sowohl für den betreibenden Gläubiger, der ansonsten womöglich Monate und Jahre keine Zinszahlungen erhalten würde, als auch für den Insolvenzverwalter, der vorsorglich Rückstellungen für eine nicht bezifferbare Zinslast bilden müsste. Wie der für die Zinspflicht danach maßgebliche Grundstückswert ermittelt 307 wird, wenn der nach § 74 Abs. 5 ZVG festgestellte Verkehrswert noch nicht festgesetzt wurde und sich Gläubiger und Insolvenzverwalter nicht einigen, ist in der InsO nicht geregelt. Für die Praxis bietet es sich – schon im Hinblick auf die Eilbedürftigkeit der Entscheidung – an, dass das Vollstreckungsgericht im Rahmen der Anordnung von Auflagen für die einstweilige Einstellung (§ 30e Abs. 1, Abs. 2 ZVG) im Wege der Schätzung darüber entscheidet, welcher Teil der Grundpfandrechte durch den mutmaßlichen Versteigerungserlös des Grundstücks gedeckt ist. Zu berücksichtigen sind ___________ 350) Vgl. Begr. zu § 188 RegE-InsO, BT-Drucks. 12/2443, S. 177; Kübler/Prütting/Flöther, InsO, § 165 Rn. 40; Uhlenbruck/Brinkmann, InsO, § 165 Rn. 19b; Jungmann, Grundpfandgläubiger, Rn. 239; Wenzel, NZI 1999, 101, 103; Stöber, NZI 1998, 105, 109.

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D. Die Grundstücksverwertung durch Zwangsversteigerung

dabei für die Bestimmung des voraussichtlichen Versteigerungserlöses auch die aus dem Erlös zu entnehmenden Kosten für die Feststellung von Zubehör (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a ZVG, s. Rn. 256) sowie die Verfahrenskosten (§ 109 ZVG). Die Anordnung des Gerichts, für welchen Teil der Grundpfandrechte Zinsen gezahlt werden müssen, hat abschließenden Charakter. Weder der Insolvenzverwalter noch der Gläubiger kann daher einen Ausgleich verlangen, wenn sich nachträglich herausstellt, dass der Gläubiger gemessen am Versteigerungserlös zu viel oder zu wenig Zinsen erhalten hat. Es empfiehlt sich daher, die Ermittlung des maßgeblichen Grundstückswerts sorgfältig zu überprüfen und ggf. sofortige Beschwerde einzulegen.351) 308 Führt § 30e Abs. 3 ZVG dazu, dass die Anordnung einer laufenden Zinszahlung unterbleibt, so bleibt der Anspruch auf die geschuldeten Zinsen dennoch bestehen, wenn es zu einer Versteigerung oder zur Ablösung des Sicherungsrechts kommt.352) bb) Kompensation des Wertverlusts 309 Gemäß § 30e Abs. 2 ZVG ist der Wertverlust, der durch die Hinauszögerung der Verwertung aufgrund der einstweiligen Einstellung entsteht, durch laufende Zahlungen aus der Insolvenzmasse an die betreibenden Gläubiger auszugleichen, wenn das Grundstück für die Insolvenzmasse genutzt wird. Erfasst ist sowohl eine Nutzung im Eröffnungsverfahren als auch im eröffneten Verfahren. Nicht betreibende Gläubiger erhalten nichts, sollten also ggf. schleunigst beitreten. 310 Ein Nutzungsentgelt für die Gebrauchsvorteile als solche ist im Gesetz allerdings nicht vorgesehen (ebenso wenig wie bei Mobiliarsicherheiten). Voraussetzung ist vielmehr, dass an der Sache selbst ein Wertverlust eingetreten ist. Dieser kann sowohl am Grundstück – insoweit geht es weniger um Grund und Boden, bei dem ein Substanzverlust kaum denkbar ist, als um die Aufbauten, bei denen es sich rechtlich um wesentliche oder unwesentliche Grundstücksbestandteile handelt – eingetreten sein als auch an den beweglichen Gegenständen, auf die sich die Versteigerung erstreckt, insbesondere am Zubehör. In der Regel entsteht durch die bestimmungsgemäße Nutzung jedoch kein nachweisbarer Substanzwertverlust.353) 311 In der Praxis stellt sich deshalb häufig die Frage, ob § 30e Abs. 2 ZVG auch Fälle erfasst, in denen es zwar nicht eigentlich durch die Nutzung selbst, aber doch während der Dauer der Nutzung zu Veränderungen des Marktwerts kommt, etwa aufgrund eines Zusammenbruchs des Immobilienmarkts oder ___________ 351) Vgl. zum Ganzen Kübler/Prütting/Bork/Flöther, InsO, § 165 Rn. 39; Lwowski/Tetzlaff, WM 1999, 2336, 2341; MünchKomm/Tetzlaff, InsO, § 165 Rn. 109; Mönning/ Zimmermann, NZI 2008, 134, 136; Jungmann, Grundpfandgläubiger, Rn. 240. 352) Kübler/Prütting/Bork/Flöther, InsO, § 165 Rn. 39; Hintzen, Rpfleger 1999, 256, 261. 353) Böttcher/Böttcher, ZVG, § 30e Rn. 7; Eickmann, ZfIR 1999, 81, 84.

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II. Zwangsversteigerung auf Antrag eines Grundpfandgläubigers

einer Änderung des Bebauungsplans. Da der Wortlaut dies zulässt, erscheint es überzeugender, auch diejenigen Fälle zu erfassen, in denen die Wertverluste nicht kausal durch die Nutzung veranlasst wurden.354) Ist die Sicherung des Gläubigers trotz eines Wertverlusts nicht gefährdet, 312 deckt der Gegenstand die Haupt- und Nebenforderungen des Gläubigers also trotz des Wertverlusts voll ab, greift § 30e Abs. 2 ZVG nicht. Zudem ist für den Anspruch auf Wertersatz wiederum die Einschränkung des § 30e Abs. 3 ZVG zu beachten; ebenso wie die Zinspflicht (Rn. 298 ff.) besteht deshalb auch der Anspruch auf Kompensation des Wertverlusts nicht, wenn der Gläubiger aufgrund seines Nachrangs ohnehin keine Aussicht auf Befriedigung hatte (sog. Schornsteinhypothek). Der Ausgleichsanspruch aus § 30e Abs. 2 ZVG entsteht im Gegensatz zum 313 Zinsanspruch aus § 30e Abs. 1 ZVG sogleich mit der vorläufigen Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens und nicht erst nach einer dreimonatigen Zwischenfrist. Beide Ansprüche stehen selbstständig nebeneinander („… weiter die Auflage an…“). Die laufenden Zahlungen sind aber erst von der Einstellung der Zwangsversteigerung an für die Zukunft zu leisten.355) In der Praxis bereitet die Berechnung des Wertverlusts oft Schwierig- 314 keiten.356) Sie muss zusammen mit dem Einstellungsbeschluss erfolgen (Rn. 298) und damit zu einem Zeitpunkt, zu dem noch nicht feststeht, ob und in welchem Umfang der festgesetzte Verkehrswert (§ 74a Abs. 5 Satz 2 ZVG) unterschritten werden wird; eine spätere Änderung ist nicht möglich (Rn. 307 a. E.). Darlegungs- und beweispflichtig dafür ist der betreibende Gläubiger, von Amts wegen wird der Wertverlust nicht ermittelt. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens muss aber möglich sein.357) Die geleisteten Ausgleichszahlungen sind nach dem Sinn und Zweck des 315 Wertausgleichs gem. § 30e Abs. 2 ZVG – den Grundpfandgläubiger durch laufende Zahlungen vor einem Wertverlust zu schützen – als Befriedigung aus dem Grundstück anzusehen. Sie führen deshalb zu einem Erlöschen des Grundpfandrechts in der entsprechenden Höhe und sind im Fall der Versteigerung auf den auszukehrenden Versteigerungserlös anzurechnen.358) ___________ 354) Lwowski/Tetzlaff, WM 1999, 2336, 2341; MünchKomm/Tetzlaff, InsO, § 165 Rn. 113; Jungmann, Grundpfandgläubiger, Rn. 234 f.; Stöber, NZI 1999, 105, 109; Niesert, InVo 1998, 141, 143 f.; a. A. Leonhardt/Smid/Zeuner/Depré, InsO, § 49 Rn. 66; Bruns, KTS 2004, 1, 2; Städler Grundpfandrechte in der Insolvenz, S. 239 f.; Smid, Kreditsicherheiten, § 23 Rn. 44. 355) Kübler/Prütting/Bork/Flöther, InsO, § 165 Rn. 46; Uhlenbruck/Brinkmann, InsO, § 165 Rn. 19b; Frings, Sparkasse 1996, 384, 385; Vallender, Rpfleger 1997, 353, 355. 356) Hintzen, ZInsO 1998, 318, 320; Wenzel, NZI 1999, 101, 103. 357) MünchKomm/Tetzlaff, InsO, § 165 Rn. 112; Jungmann, Grundpfandgläubiger, Rn. 234; Stöber, NZI 1998, 105, 109; Stöber, ZVG, § 30e Anm. 3.1. 358) Vgl. Böttcher, ZVG, § 30e Rn. 7; Eickmann, ZfIR 1999, 81, 84; Jungmann, Grundpfandgläubiger, Rn. 238.

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D. Die Grundstücksverwertung durch Zwangsversteigerung

cc) Verfahren 316 Wie auch im Rahmen des § 30e Abs. 1 ZVG ist der Anordnungsbeschluss mit dem Einstellungsbeschluss zu verbinden. § 30b Abs. 2, Abs. 3 i. V. m. § 30d Abs. 3 ZVG sind wegen des inneren Zusammenhangs der Zahlungen mit dem Einstellungsbeschluss analog anzuwenden. Die Entscheidung ist daher analog § 30b Abs. 3 ZVG anfechtbar.359) Wird sie nicht angefochten, bleibt sie auch dann maßgeblich, wenn sich die der Berechnung des Wertverlusts zugrunde gelegten Annahmen als unrichtig herausstellen; eine spätere Herauf- oder Herabsetzung der Ausgleichszahlung ist weder ex tunc noch für die Zukunft möglich.360) e) Aufhebung der einstweiligen Einstellung 317 Schließlich kann der betreibende Gläubiger die Aufhebung der einstweiligen Einstellung nach § 30f ZVG beantragen. Die Bestimmung regelt in Abs. 1 die Aufhebung der einstweiligen Einstellung im eröffneten Insolvenzverfahren, in Abs. 2 die Aufhebung im Eröffnungsverfahren. Es gilt die Sechsmonatsfrist des § 31 Abs. 1 ZVG mit der Maßgabe, dass sich der Fristbeginn nach § 31 Abs. 2 lit. c ZVG richtet; zulässig ist aber auch eine Antragstellung vor Fristbeginn. Zu beachten ist, dass die auf § 30d Abs. 1 Nr. 1 ZVG gestützte Einstellung (Einstellung bis zum Berichtstermin, s. Rn. 287) auch nach dem Berichtstermin nicht ohne Weiteres aufgehoben werden kann; vielmehr ist zunächst dem Insolvenzverwalter Gelegenheit zu geben, zu den Voraussetzungen einer Einstellung nach Nr. 2 oder Nr. 3 (Rn. 288 ff.) vorzutragen.361) 318 Der Insolvenzverwalter, bzw. im Fall des § 30f Abs. 2 ZVG der Schuldner, ist vor der gerichtlichen Entscheidung anzuhören. Die Entscheidung ist mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar, § 30f Abs. 3 i. V. m. § 30b Abs. 3 ZVG. Gegen die Beschwerdeentscheidung ist nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn das Beschwerdegericht sie zugelassen hat. Wird der Aufhebungsantrag rechtskräftig abgelehnt, so kann ein neuer Antrag des Gläubigers oder des Insolvenzverwalters nur auf neue Gründe infolge veränderter Umstände gestützt werden.362) III. Zwangsversteigerung auf Antrag eines persönlichen Gläubigers 319 Das Recht des Insolvenzverwalters, die Zwangsversteigerung zu betreiben (Rn. 220 ff.), lässt an sich auch das Betreibungsrecht der persönlichen Gläubiger unberührt. Allerdings haben die persönlichen Gläubiger im Insolvenzverfahren die Rechtsstellung eines Insolvenzgläubigers und sind als solche grundsätzlich auf die „insolvenzmäßige Befriedigung“ verwiesen, d. h. auf die ___________ 359) 360) 361) 362)

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Kübler/Prütting/Bork/Flöther, InsO, § 165 Rn. 46. Lwowski/Tetzlaff, WM 1999, 2336, 2343; Wenzel, NZI 1999, 101, 103. Stöber, NZI 1999, 439, 441; a. A. Wenzel, NZI 1998, 108, 110 u. 1999, 101, 102. MünchKomm/Tetzlaff, InsO, § 165 Rn. 117; Stöber, NZI 1999, 439, 442.

III. Zwangsversteigerung auf Antrag eines persönlichen Gläubigers

Anmeldung ihrer Forderung zur Insolvenztabelle und die Teilhabe an den Ausschüttungen des Insolvenzverwalters (§§ 38, 87, 174 ff. InsO, s. Rn. 39 ff.). Zu fragen ist deshalb stets, inwieweit die Individualrechtsverfolgung für einen persönlichen Gläubiger überhaupt noch in Betracht kommt: 1. Rechtsstellung als Befriedigungsberechtigter Läuft zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits die 320 Zwangsvollstreckung auf Antrag eines persönlichen – also nicht durch ein Grundpfandrecht gesicherten – Gläubigers, so bleibt diese wirksam (vorbehaltlich der Rückschlagsperre, Rn. 322), da auch der persönliche Gläubiger durch die wirksame Beschlagnahme als Befriedigungsberechtigter (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 ZVG) die Rechtsstellung eines Absonderungsberechtigten erlangt hat. Das Versteigerungsverfahren wird auch nicht gem. oder entsprechend § 240 ZPO unterbrochen; es kann fortgeführt werden, ohne dass eine Titelumschreibung notwendig wäre (s. Rn. 268). Allerdings muss sich der aus der Rangklasse 5 betreibende persönliche Gläubiger die Befriedigungsrechte der Rangklasse 1 – 4 vorgehen lassen, sodass seine Vollstreckung im Hinblick auf die in der Regel hohe Belastung des Grundvermögens insolventer Schuldner wenig Erfolg verspricht. 2. Wirksame Beschlagnahme früher als einen Monat vor dem Eröffnungsantrag Wird das Insolvenzverfahren dagegen noch vor dem Wirksamwerden der Be- 321 schlagnahme eröffnet, so kann die Beschlagnahmewirkung schon wegen des Vollstreckungsverbots nach § 89 InsO nicht mehr herbeigeführt werden, wenn die Zwangsversteigerung aufgrund eines persönlichen Schuldtitels betrieben werden soll.363) Voraussetzung ist allerdings nicht nur, dass die Beschlagnahme noch vor 322 Verfahrenseröffnung wirksam geworden ist; vielmehr darf auch die Rückschlagsperre des § 88 InsO nicht eingreifen. Hat ein persönlicher Gläubiger – die Beschlagnahme durch einen Grundpfandgläubiger wird von der Rückschlagsperre unstreitig nicht erfasst – die Immobiliarbeschlagnahme zur Vorbereitung der Zwangsverwaltung oder Zwangsversteigerung innerhalb des letzten Monats vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens erwirkt (bzw. im Verbraucherinsolvenzverfahren innerhalb von drei Monaten, Rn. 166), so steht ihm nach § 88 InsO gerade kein insolvenzfestes Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück zu. Fällt die Beschlagnahme danach in die Sperrfrist, so wird sie mit Verfahrenseröffnung unwirksam und das Verfahren ist vom Versteigerungsgericht von Amts wegen aufzuheben (§ 28 Abs. 2 ZVG); dies ist vom Verwalter notfalls mit der Vollstreckungserinnerung ___________ 363) Vgl. nur BGH, Beschl. v. 12.2.2009 – IX ZB 112/06, ZIP 2009, 818 [Rn. 4 ff.]; FK-InsO/ Wegener, § 165 Rn. 6; Uhlenbruck/Brinkmann, InsO, § 165 Rn. 3; MünchKomm/Tetzlaff, InsO, § 165 Rn. 54.

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D. Die Grundstücksverwertung durch Zwangsversteigerung

gem. § 766 ZPO beim Insolvenzgericht (analog § 89 Abs. 3 InsO) durchzusetzen. Bis dahin allerdings – d. h. auch während des ggf. dreimonatigen Insolvenzeröffnungsverfahrens – kann das Zwangsversteigerungs- oder Zwangsverwaltungsverfahren weiter betrieben werden, soweit nicht der vorläufige Insolvenzverwalter nach Maßgabe des § 30d Abs. 4 ZVG eine Einstellung erwirkt (Rn. 279, 407).364) 323 In zeitlicher Hinsicht ist auch für das Eingreifen der Rückschlagsperre auf das Wirksamwerden der Beschlagnahme abzustellen.365) Die Beschlagnahme wird für den Anordnungsgläubiger wirksam mit dem früheren der beiden folgenden Zeitpunkte, x

der Zustellung des Anordnungsbeschlusses an den Schuldner (§ 22 Abs. 1 Satz 1 ZVG),

x

dem Eingang des Eintragungsersuchens beim Grundbuchamt, sofern auf das Ersuchen die Eintragung demnächst erfolgt (§ 22 Abs. 1 Satz 2 ZVG),

x

ferner im Fall eines Beitritts (Rn. 331 ff.) mit der Zustellung des den Beitritt zulassenden Beschlusses an den Eigentümer bzw. Insolvenzverwalter (§ 27 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 22 Abs. 1 Satz 1 ZVG).

324 Selbst wenn der persönliche Gläubiger hiernach sein Befriedigungsrecht außerhalb der Sperrfrist erworben hat und danach wirksam die Rechtsstellung eines Absonderungsberechtigten erlangt hat, kann der Insolvenzverwalter den Erwerb des Befriedigungsrechts immer noch nach §§ 129 ff. InsO anfechten; relevant ist auch insoweit im zweiten und dritten Monat vor dem Eröffnungsantrag die Anfechtung wegen inkongruenter Deckung (§ 131 Abs. 1 InsO, s. Rn. 135 ff.). IV. Zwangsversteigerung auf Antrag eines Massegläubigers 325 Auch Massegläubiger i. S. d. §§ 53 ff. InsO sind, sofern sie einen Titel gegen den Insolvenzverwalter erwirkt haben, grundsätzlich antragsberechtigt. Allerdings sind hier verschiedene spezifische Vollstreckungsverbote zu beachten. So trifft die Gläubiger „oktroyierter“ Masseverbindlichkeiten366) ein sechsmonatiges Vollstreckungsverbot (§ 90 InsO). Sozialplangläubiger dürfen gar nicht vollstrecken (§ 123 Abs. 3 Satz 2 InsO). Nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit ist den „Altmassegläubigern“, deren Anspruch aus der Zeit vorher resultiert, ebenfalls grundsätzlich die Vollstreckung untersagt (§§ 210, 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO).367) ___________ 364) Vgl. Jaeger/Eckardt, InsO, § 88 Rn. 24, 61, 65, 87; Grothe, KTS 2001, 205, 220, 231. 365) Vgl. Kübler/Prütting/Bork/Lüke, InsO, § 88 Rn. 17; MünchKomm/Tetzlaff, InsO, § 165 Rn. 44; Mohrbutter/Mohrbutter, Hdb-InsVerw, Rn. VIII 78. 366) Vgl. dazu nur Jaeger/Eckardt, InsO, § 90 Rn. 4 ff. 367) Morvilius, Zwangsversteigerung/Zwangsverwaltung, Rn. 766 f.; vgl. BGH, Beschl. v. 13.4.2006 – IX ZR 22/05, BGHZ 167, 178 = ZIP 2006, 1004; BGH, Beschl. v. 21.9.2006 – IX ZB 11/04, ZIP 2006, 1999.

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V. Zwangsversteigerung aus einer Eigentümergrundschuld

In allen diesen Fällen ist die Unzulässigkeit der Vollstreckung von Amts wegen 326 zu beachten. Geschieht dies nicht, so muss der Insolvenzverwalter dies mit der Vollstreckungserinnerung gem. § 766 ZPO beim Insolvenzgericht (analog § 89 Abs. 3 InsO) geltend machen.368) Der Massegläubiger, der bereits die Zwangsversteigerung oder Zwangsver- 327 waltung beantragt hatte, hat mit der Beschlagnahme ebenfalls ein insolvenzfestes dingliches Befriedigungsrecht im Rang des § 10 Abs. 1 Nr. 5 ZVG erworben,369) das ihn für den Fall sichert, dass nach Eintritt und Anzeige der Masseunzulänglichkeit der Verteilungsschlüssel des § 209 InsO eingreift; denn der Gedanke einer entsprechenden Anwendung der insolvenzrechtlichen Instrumentarien wie Rückschlagsperre oder Insolvenzanfechtung auf die „Insolvenz in der Insolvenz“ hat insoweit richtiger Ansicht nach keine Berechtigung. Natürlich muss sich aber auch der betreibende Massegläubiger die Befriedigungsrechte der Rangklassen 1 – 4 vorgehen lassen, sodass seine Vollstreckung in der Regel wenig Erfolg verspricht. V. Zwangsversteigerung aus einer Eigentümergrundschuld Ist vor oder nach Verfahrenseröffnung als Folge der Tilgung der gesicherten 328 Forderung eine Eigentümergrundschuld entstanden (und unterliegt diese auch nicht nach § 1179a BGB der Löschung), so fällt sie in die Insolvenzmasse (Rn. 174). Der Insolvenzverwalter kann aus der Eigentümergrundschuld in gleicher Weise wie der Inhaber eines Fremdrechts die Immobiliarvollstreckung betreiben. Er ist insbesondere auch nicht durch § 1197 Abs. 1 BGB gehindert, die Vollstreckungsversteigerung zu betreiben; denn die Beschränkungen, denen der Grundstückseigentümer im Interesse seiner Gläubiger unterliegt, gelten für den Insolvenzverwalter nicht, da er im Interesse aller Gläubiger handelt.370) Die §§ 172 – 174a ZVG (Rn. 220 ff.) sind auf das Vorgehen des Verwalters 329 aus der Eigentümergrundschuld nicht anwendbar; die Möglichkeit, parallel die spezifische Insolvenzverwalterversteigerung zu betreiben, bleibt aber unberührt. Je nach Rang der Eigentümergrundschuld eröffnet diese dem Insolvenzver- 330 walter eine interessante zusätzliche Option, ein hoch belastetes Grundstück in der Versteigerung an den Mann zu bringen, da sich so ein entsprechend reduziertes geringstes Gebot ergeben kann. Dies eröffnet – ähnlich wie § 174a ZVG (Rn. 240) – abgesehen von der Möglichkeit, auf diese Weise den Kostenanspruch nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a ZVG zu realisieren, auch ein gewisses Drohpotential für Verhandlungen über Verwertungsvereinbarungen. ___________ 368) Jaeger/Eckardt, InsO, § 90 Rn. 17, § 89 Rn. 80, 88 m. w. N. 369) Von einem „Absonderungsrecht“ sollte man insoweit nicht sprechen, vgl. aber Jaeger/ Henckel, InsO, Vor §§ 49– 52 Rn. 16, § 53 Rn. 26; MünchKomm/Tetzlaff, InsO, § 165 Rn. 52. 370) MünchKomm/Tetzlaff, InsO, § 165 Rn. 292; Stöber, ZVG, § 15 Rn. 11.3, § 172 Rn. 5.3; Jaeger/Henckel, InsO, § 49 Rn. 24; vgl. auch BGH, Urt. v. 16.5.1975 – V ZR 24/74, BGHZ 64, 316 = NJW 1975, 1356.

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D. Die Grundstücksverwertung durch Zwangsversteigerung

VI. Beitrittsfragen 1. Beitritt von weiteren Gläubigern zur Vollstreckungsversteigerung 331 § 27 ZVG regelt die Befugnis anderer Gläubiger, einem laufenden Zwangsversteigerungsverfahren beizutreten, da in Bezug auf ein Grundstück nicht mehrere Zwangsversteigerungsverfahren nebeneinander laufen können. Beitrittsberechtigt ist jeder absonderungsberechtigte Gläubiger (und jeder zur Vollstreckung berechtigte Massegläubiger, s. Rn. 325). Insolvenzgläubiger sind nach Verfahrenseröffnung nicht mehr beitrittsberechtigt, da sie ihre Rechte nur durch Anmeldung zur Tabelle verfolgen dürfen (§§ 87, 89, 174 ff. InsO); vor Verfahrenseröffnung unterliegt ihr Beitritt den Bestimmungen über Rückschlagsperre und Insolvenzanfechtung (s. Rn. 321 ff.). 332 Ein Beitritt ist insbesondere ratsam, wenn ein nachrangiger Gläubiger die Zwangsversteigerung betreibt. Dann fallen alle Rechte, die dem betreibendem Gläubiger im Rang vorgehen, in den bestehen bleibenden Teil des geringsten Gebots (§ 52 ZVG). Tritt jedoch ein besserrangiger Gläubiger bei, so richtet sich das geringste Gebot nach dessen Anspruch. Der Zuschlag führt zum Erlöschen der nachrangigen Rechte, die ggf. ausgezahlt werden. 333 Betreibt dagegen ein Gläubiger mit einem hohen Rang die Zwangsversteigerung, so ist der Beitritt eines nachrangigen Gläubigers insoweit unerheblich, als er sich nicht auf das geringste Gebot auswirkt. Dennoch kann der Beitritt ratsam sein, da der Beitretende gem. § 27 Abs. 2 ZVG im Falle der Zulassung dieselben Rechte hat, als wenn die Versteigerung auf seinen Antrag hin angeordnet worden wäre. Für den Antrag auf Beitritt gelten dieselben Anforderungen wie für einen Antrag auf Anordnung der Zwangsversteigerung.371) 2. Beitritt des Insolvenzverwalters zur Vollstreckungsversteigerung 334 Vollstreckungsversteigerung (auf Antrag eines persönlichen oder dinglichen Gläubigers) und Insolvenzverwalterversteigerung sind getrennte Verfahren. Fallen sie zeitlich zusammen, so stellt das betroffene Grundstück eine Sondermasse innerhalb der Insolvenzmasse dar.372) 335 Ist auf Antrag eines persönlichen oder dinglichen Gläubigers bereits ein Vollstreckungsversteigerungsverfahren anhängig, so kann der Insolvenzverwalter, anstatt einen eigenen Antrag auf Zwangsversteigerung zu stellen, richtiger Ansicht nach auch dem bereits eingeleiteten Versteigerungsverfahren beitreten.373) ___________ 371) Vgl. zum Ganzen Stöber, ZVG, § 27 Anm. 3.1.; FK-InsO/Wegener, § 165 Rn. 8; MünchKomm/Tetzlaff, InsO, § 165 Rn. 65; Hintzen, ZInsO 2004, 713, 719. 372) BerlKomm/Undritz/Fiebig, InsO, § 165 Rn. 9; Kübler/Prütting/Bork/Flöther, InsO, § 165 Rn. 55; Mohrbutter/Mohrbutter, Hdb. InsVerw, Rn. 60; a. A. FK-InsO/Wegener, § 165 Rn. 8; HambKomm/Büchler, InsO, § 165 Rn. 20; Stöber, ZVG, § 172 Anm. 7.1; Knees, ZIP 2001, 1568, 1579. 373) MünchKomm/Tetzlaff, InsO, § 165 Rn. 64, 141 f.; Uhlenbruck/Brinkmann, InsO, § 165 Rn. 8; Jungmann, Grundpfandgläubiger, Rn. 145 f.; Muth, ZIP 1999, 945, 950; a. A. FK-InsO/Wegener, § 165 Rn. 8; Stöber, ZVG, § 172 Anm. 7.1; Knees, ZIP 2001, 1568, 1579; Wieser, KKZ 2000, 169, 172.

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VI. Beitrittsfragen

3. Beitritt eines Gläubigers zur Insolvenzverwalterversteigerung Umgekehrt kann auch ein Gläubiger aus Gründen der Verfahrensökonomie 336 dem Verfahren der Insolvenzverwalterversteigerung nach § 172 ZVG beitreten. Es empfiehlt sich zwar, zunächst die Vollstreckungsversteigerung durchzuführen und erst dann, wenn diese erfolglos verläuft, zur Verwalterversteigerung überzugehen,374) jedoch besteht aufgrund der Einführung des § 174a ZVG, der den Insolvenzverwalter an die Position des bestrangigen Gläubigers rückt, kein prinzipieller Vorrang des Vollstreckungsverfahrens. Wäre der Beitritt unzulässig, so müsste daher der Gläubiger hinnehmen, dass auf das Ausgebot nach § 174a ZVG geboten und der Zuschlag erteilt wird und er dadurch möglicherweise seine Rechte verliert. Ihm wäre es verwehrt, einen Nachweis seines Ausfalls gem. § 52 InsO über den vereinfachten Weg des § 174 ZVG zu führen, obwohl dies gerade den Motiven des Gesetzgebers entspricht. Das spricht dafür, den Beitritt zuzulassen.375)

___________ 374) Uhlenbruck/Brinkmann, InsO, § 165 Rn. 8; Knees, ZIP 2001, 1568, 1679. 375) Kübler/Prütting/Bork/Flöther § 165 Rn. 24; MünchKomm/Tetzlaff, InsO, § 165 Rn. 141 f.; Uhlenbruck/Brinkmann, InsO, § 165 Rn. 8; Muth, ZIP 1999, 945, 950; Smid, NotBZ 1998, 81, 84; Jungmann, Grundpfandgläubiger, Rn. 167; a. A. Dassler/Schiffhauer/ Rellermeyer, ZVG, § 172 Rn. 13; FK-InsO/Wegener, § 165 Rn. 8; Leonhardt/Smid/Zeuner/ Depré, InsO, § 165 Rn. 25 ff.; Steiner/Eickmann, ZVG, § 172 Rn. 31 ff.; Stöber, ZVG, § 172 Anm. 7.1.

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E. Die Verwertung der Grundstückserträge Literatur: Ackermann/Reck, Die Ertragsteuer des Immobilienvermögens im Spannungsfeld der Zwangs- und Insolvenzverwaltung, ZInsO 2012, 1969; App, Zur einstweiligen Einstellung eines Zwangsverwaltungsverfahrens auf Antrag des (vorläufigen) Insolvenzverwalters, KKZ 2010, 7; Bächer, Massekostenbeiträge bei Immobiliarverwertung, ZInsO 2010, 1084; Becker, Die „kalte Zwangsverwaltung“ im Vergütungssystem der InsVV, ZInsO 2013, 2532; Berger, Barkaution des Mieters in Zwangsverwaltung und Insolvenz, ZfIR 2010, 221; Bergsdorf/Thrum, Vorausverfügungen in der Zwangsverwaltung, ZfIR 2007, 164; Bork, Die „kalte Zwangsverwaltung“ – ein heißes Eisen, ZIP 2013, 2129; Bräuer, Insolvenzanfechtungsrechtliche Fragen zur „kalten“ Zwangsverwaltung, ZInsO 2006, 742; Depré/Lambert, Aktuelle steuerliche Aspekte bei der Verwaltung und Verwertung von Immobilien in der Insolvenz, ZfIR 2012, 1; Drasdo, Die Wohnraumüberlassung an den Zwangsverwaltungsschuldner, ZfIR 2013, 839; Fölsing, Sicherheitenverwertung durch den Insolvenzverwalter: Gefahren und Probleme, ZInsO 2011, 2261; Eckert, Keine Fortwirkung der Finanzierungsleistung des Mieters gegen Grundstückserwerber, Zwangs- und Insolvenzverwalter nach Abschaffung der §§ 57c, 57d ZVG, ZfIR 2008, 453; Eickmann, Probleme des Zusammentreffens von Konkurs und Zwangsverwaltung, ZIP 1986, 1517; ders., Immobiliarvollstreckung und Insolvenz, 3. Aufl. 1998; ders., Problematische Wechselbeziehungen zwischen Immobiliarvollstreckung und Insolvenz, ZfIR 1999, 81; ders., Miet- und Pachtforderungen im Zugriff von Grundpfandrechts- und anderen Gläubigern, ZfIR 2006, 273; ders., Zwangsverwaltung in der Insolvenz, ZfIR 2007, 557; Flatow, Insolvenz und Zwangsverwaltung bei Mietverhältnissen, 3. Aufl. 2012; Förster, Die Verwertung von Grundbesitz im Insolvenzverfahren und die Kostenpauschalen, ZInsO 2002, 864; ders., Zwangsverwaltung statt Insolvenzverwaltung?, ZInsO 2005, 746; ders., „Privatautonome“ vs. gesetzliche Zwangsverwaltung?, ZInsO 2008, 190; Förster/ Klipfel, Der Zwangsverwalter als Immobilienverkäufer?, ZInsO 2013, 225; Goldbach, Zusammentreffen von Immobiliarvollstreckung und Insolvenzverfahren – Besonderheiten in der Immobiliarvollstreckung bei gleichzeitiger Insolvenz des Schuldners, FoVo 2009, 172; ders., Einstellung der Immobiliarvollstreckung bei Insolvenz, FoVo 2009, 189; Haut, Probleme der freihändigen Veräußerung einer Immobilie durch den Insolvenzverwalter bei gleichzeitig anhängiger Zwangsverwaltung, InsbürO 2009, 137; Hawelka, Die problematische Inbesitznahme bei der Zwangsverwaltung, ZfIR 2005, 14; ders., Außergerichtliche Verwertung von Immobilienportfolios in der Unternehmensinsolvenz – Freihändiger Verkauf, ZfIR 2010, 665; Hintzen, Insolvenz und Immobiliarzwangsvollstreckung, RPfleger 1999, 256; Janca, Die "Kalte Zwangsverwaltung" im Insolvenzverfahren, InsbürO 2004, 377; Kahlert, Kalte Zwangsverwaltung von Grundstücken im Insolvenzverfahren und Einkommensteuer, DStR 2013, 97; Keller, Die Instituts-Zwangsverwaltung – Von der Notstandsverordnung zur Rechtsstaatswidrigkeit, NZI 2011, 1; ders., Die Voraussetzungen und der rechtliche Rahmen zur Durchführung einer so genannten kalten Zwangsverwaltung, NZI 2013, 265; Klawikowski, Änderungen in der Immobiliarvollstreckung, InVo 1999, 37; Klein, Einstweilige Einstellung der gerichtlichen Zwangsverwaltung in Massegrundstücke auch auf Antrag des vorläufigen Insolvenzverwalters?, ZInsO 2002, 1065; Köchling, Notleidende Kredite, Finanzinvestoren und Insolvenzverwaltung, InsbürO 2009, 326; Lenenbach, Sicherungsmaßnahmen im Insolvenzeröffnungsverfahren: Anordnungsvoraussetzungen und -wirkungen am Beispiel der § 21 Abs. 2 Nr. 2, 3 InsO, §§ 30d Abs. 4, 153b ZVG, 2003; Mayer G., Die Institutsverwaltung heute: Ein Plädoyer für die Abschaffung, ZfIR 2005, 809; Mette, Interessenkollision und Zwangsverwaltung, AnwBl 2003, 354; Milge, Miete und Kaution in der Zwangsverwaltung, NJW 2011, 1249; Mitlehner, Umsatzsteuer bei Immobiliarverwertung in der Insolvenz, NZI 2002, 534; ders., Verwertungsvereinbarungen im Insolvenzverfahren, ZIP 2012, 649; Mohrbutter, Zur Einschränkung der Rechtsfolgen aus § 613a BGB im Unternehmerkonkurs, NZA 1985, 105; Molitor, Haftungsgefahren des Kreditinstituts bei Vornahme einer „privatautonomen Zwangsver-

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E. Die Verwertung der Grundstückserträge waltung“ in der gescheiterten Immobilienfinanzierung, ZInsO 2007, 1331; ders., Verwaltung einer Immobilie in der Insolvenz des Eigentümers, ZInsO 2011, 1486; ders., Reformbemühungen in der Zwangsverwaltung – Verkaufsermächtigung für den Zwangsverwalter, ZfIR 2013, 192; Mönning/Zimmermann, Die Einstellungsanträge des Insolvenzverwalters gem. §§ 30d I, 153b I ZVG im eröffneten Insolvenzverfahren, NZI 2008, 134; Niering, Der zwangsverwaltende Insolvenzverwalter – Ein Lösungsansatz, nicht nur für Konfliktfälle, ZInsO 2008, 790; Nöll, Insolvenzverwalter vs. Zwangsverwalter: Grenzen haftungsrechtlicher Zuweisung von Zwangsverwaltungserlösen an Grundpfandgläubiger, ZInsO 2007, 1125; Pump/Fitkau, Der Zwangsverwalter und seine umsatzsteuerlichen Pflichten – unter Berücksichtigung der Kollision mit dem Insolvenzverwalter, DStZ 2005, 821; Raab, Probleme bei der Immobilienverwertung aus der Sicht des Insolvenzverwalters, DZWIR 2006, 234; Schmidberger, Renaissance der Institutsverwaltung, ZInsO 2007, 1137; ders., Die Einstellung der Zwangsverwaltung, ZfIR 2009, 276; ders., Zwangsverwaltung und Kaution, ZfIR 2011, 84; Schmidt-Räntsch, Betriebsfortführung in der Zwangsverwaltung, ZInsO 2006, 303; Selke, Betriebsfortführung von Managementimmobilien in der Zwangsverwaltung, ZfIR 2002, 622; Slomian, Mietsicherheit und Zwangsverwaltung, FS 10 J. MRRG, 2011, S. 468; Stengel, Zwangsverwaltung im Eröffnungsverfahren nach Gesamtvollstreckungsordnung und Insolvenzordnung, ZfIR 2001, 347; Tetzlaff, Probleme bei der Verwertung von Grundpfandrechten und Grundstücken im Insolvenzverfahren, ZInsO 2004, 521; ders., Rechtsprobleme der „kalten Zwangsverwaltung“, ZfIR 2005, 179; Thrum, Zwangsverwaltung als Vollstreckungsmaßnahme, InsbürO 2009, 57, 96; Vallender, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung im Lichte des neuen Insolvenzrechts, RPfleger 1997, 353; Wäger, Umsatzsteuer bei der Verwertung von Kreditsicherheiten und Krediten, WM 2012, 769; Weber, Die Berechtigung des Zwangsverwalters zur Veräußerung von Zubehör im Konkurs des Eigentümers, JZ 1989, 228; Wedekind/Wedekind, Zwangsverwaltung und abhandengekommene Mietkaution – Steht dem Mieter bis zur Auffüllung der Kaution ein Zurückbehaltungsrecht zu?, ZfIR 2009, 271; ders., Wohnraummietvertrag – Schuldner nicht in der Insolvenz: Zwangsverwalter muss vom Schuldner nicht ausgefolgte Kautionen neu anlegen, ZfIR 2009, 315; de Weerth, Umsatzsteuer bei der sog. „kalten Zwangsverwaltung“, NZI 2007, 329; Wieser, Zwangsversteigerung und Insolvenz des Grundstückseigentümers, KKZ 2000, 169; Wipperfürth, Nutzungsentschädigung für eine schuldnereigene Immobilie, InsbürO 2013, 88; dies., Masseverbindlichkeiten aus der Zwangsverwaltung?, InsbürO 2013, 365; Wrobel, Zum Prozessführungsrecht des Zwangsverwalters, KTS 1995, 19; Zipperer, Probleme beim Zusammentreffen von Zwangsverwaltung und Insolvenzverwaltung, ZfIR 2011, 385.

I. Zwangsverwaltung 1. Zwecke und Alternativen a) Befriedigung aus den Erträgen des Grundstücks 337 Ebenso wie die Zwangsversteigerung können sowohl der Insolvenzverwalter (§ 172 ZVG) als auch ein absonderungsberechtigter Gläubiger – d. h. ein Grundpfandgläubiger376) sowie im Fall rechtzeitiger Beschlagnahme auch ein persönlicher Gläubiger (Rn. 320) – oder ein Massegläubiger (Rn. 325) die Zwangsverwaltung des Grundstücks betreiben. Der Zweck der in den ___________ 376) Der Gläubiger einer Zwangshypothek bedarf hierfür, da § 867 Abs. 3 ZPO (Rn. 210) insoweit keine Anwendung findet, eines zusätzlichen dinglichen Titels (BGH, Urt. v. 13.3.2008 – IX ZR 119/06, ZIP 2008, 1447 [Rn. 16]; Mylich, WM 2010, 1923, 1925); anderenfalls kann er nur aufgrund des persönlichen Titels vollstrecken (Mylich a. a. O. S. 1925 f.).

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I. Zwangsverwaltung

§§ 146 ff. ZVG geregelten Zwangsverwaltung besteht darin, die laufenden, aus der ordnungsgemäßen Benutzung des von der Beschlagnahme erfassten Grundstücks stammenden Erträge zur Befriedigung des Gläubigers einzusetzen, während dem Schuldner die Substanz des Verwaltungsobjekts ungeschmälert erhalten bleibt.377) Anders als die Zwangsversteigerung zielt die Zwangsverwaltung folglich nicht auf die Realisierung des Substanzwerts des Grundstücks, sondern dient dazu, unter Erhaltung der Verwertungsoptionen im Übrigen zunächst nur die Ertragsfähigkeit des Grundstücks für die Gläubiger fruchtbar zu machen, primär im Hinblick auf die – dem Einzelzugriff nur beschränkt unterliegenden (Rn. 451 f.) – Einkünfte aus Miete und Pacht (Rn. 369), ggf. aber auch im Hinblick auf die Erträge aus einem grundstücksbezogenen Gewerbebetrieb (Rn. 377). Die Zwangsverwaltung hat zur Folge, dass die Grundstückserträge auch im 338 Fall eines parallel stattfindenden Insolvenzverfahrens nicht zur Insolvenzmasse fließen, sondern eine Sondermasse bilden, die sog. Zwangsverwaltungsmasse; diese unterliegt der alleinigen Verfügungsmacht des Zwangsverwalters. Der Zwangsverwalter hat aus der Zwangsverwaltungsmasse zunächst die getätigten Erhaltungsaufwendungen zu ersetzen (§§ 155 Abs. 2 Satz 1, 10 Abs. 1 Nr. 1 ZVG), sodann aber lediglich die wiederkehrenden Ansprüche der zur Befriedigung aus dem Grundstück berechtigten Gläubiger zu tilgen, insbesondere also die dinglichen Zinsansprüche der Grundpfandgläubiger (§§ 155 Abs. 2 Satz 1, 10 Abs. 1 Nr. 2 – 5 ZVG). Die Zwangsverwaltung stellt deshalb zumindest vorrangig, in der Regel aber sogar ausschließlich ein Instrument zur Sicherstellung der dinglich Befriedigungsberechtigten dar; ein Überschuss, von dem auch der Schuldner bzw. in dessen Insolvenz die Insolvenzmasse profitieren könnte, wird sich angesichts der typischerweise vorhandenen hohen verzinslichen Belastungen nur selten ergeben. Aus dem Vorgesagten folgt zugleich, dass der Wert einer Sicherungsgrund- 339 schuld in der Zwangsverwaltung maßgeblich durch die dinglichen Zinsen (§ 1192 Abs. 2 BGB) beeinflusst wird. Der dingliche Zinsanspruch sichert nach der sicherungsvertraglichen Zweckvereinbarung nicht nur den schuldrechtlichen Zinsanspruch, sondern typischerweise alle Haupt- und Nebenforderungen, d. h. auch den Anspruch auf das Kapital.378) Für das laufende Jahr sowie die aus den beiden letzten Jahre rückständigen Beträge gewährt er in der Zwangsverwaltung ein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück (§ 155 Abs. 2 Satz 1 und 2 i. V. m. § 10 Abs. 1 Nr. 4 ZVG). Der erstrangige Grundpfandgläubiger kann mit dem Anspruch auf die dinglichen Zinsen, der in jedem Jahr neu entsteht, mithin in der Regel permanent die laufenden Überschüsse – die Einkünfte abzüglich der vorweg abzuziehenden Kosten der Zwangsverwaltung (§ 155 Abs. 1 ZVG) – aus dem belasteten Grundstück abschöpfen. ___________ 377) BGH, Beschl. v. 24.2.2011 – V ZB 280/10, ZInsO 2011, 742 [Rn. 7]. 378) BGH, Urt. v. 9.11.1995 – IX ZR 179/94, NJW 1996, 253, 256; BGH, Urt. v. 7.7.2005 – IX ZB 266/04, BGHZ 163, 344 = ZIP 2005, 1648 sub III.4.c.

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E. Die Verwertung der Grundstückserträge

b) Sicherung und Erhaltung der Immobilie 340 Das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für die Zwangsverwaltung kann sich aber nicht allein aus der Erwartung ergeben, alsbald kostenübersteigende Erträge zu generieren. Die Zwangsverwaltung kann vielmehr auch mit der primären Zweckbestimmung genutzt werden, die Sachsubstanz zu erhalten und zu verbessern und das Grundstück so für eine spätere Veräußerung vorzubereiten.379) So ist etwa eine Zwangsverwaltung zum Zweck der Altlastensanierung denkbar (Rn. 581). Aber auch abgesehen von solchen Sonderfällen wird sich häufig eine (gerichtliche oder „kalte“) Zwangsverwaltung parallel zur eingeleiteten freihändigen Veräußerung bzw. Zwangsversteigerung als zusätzliche Maßnahme anbieten, um einer Verwahrlosung und Wertminderung des Objekts in der Übergangsphase bis zur erfolgreichen Veräußerung vorzubeugen.380) Selbst veräußern darf der Zwangsverwalter die Immobilie nach geltendem Recht aber nicht,381) und ebenso fehlt ihm die Befugnis, das Objekt durch Umbau nachhaltig zu verändern oder in die vom Schuldner dem Objekt zugedachte Nutzung in einer Weise einzugreifen, die die wirtschaftliche Beschaffenheit des Grundstücks in ihrem Gesamtcharakter berührt.382) c) Konkurrierende Verwaltungsformen 341 Die Zwangsverwaltung nach dem ZVG konkurriert mit der im Konsens von Insolvenzverwalter und Absonderungsberechtigten betriebenen Immobilienverwaltung durch den Insolvenzverwalter selbst („kalte Zwangsverwaltung“, Rn. 412 ff.) oder durch den Grundpfandgläubiger („kalte Institutsverwaltung“, Rn. 413), mit denen verglichen die gerichtliche Zwangsverwaltung häufig als in einem ganz unzweckmäßigen Maße limitiert erscheint; hingewiesen wird etwa auf die fehlende Möglichkeit zur Veräußerung oder Umgestaltung der Immobilie, auf die mangelhafte Abstimmung mit dem Insolvenzverfahren, insbesondere bei Betriebsfortführungen oder im Hinblick auf die Notwendigkeit einer Entmietung zur Vorbereitung einer Veräußerung, auf die Beschränkung jeweils einzelner Grundstücke auch bei Schuldnern mit umfangreicherem Immobilienbestand und schließlich auch auf die lange Verfahrensdauer und seine Kosten.383) Sofern sich dieser Konsens, insbesondere über die zugunsten der Insolvenzmasse einzubehaltenden Ertragsanteile („Kostenbeiträge“, s. Rn. 420), herstellen lässt, wird die konsensuale Verwaltung der Immobilie natürlich in der Regel der gerichtlichen vor___________ 379) Vgl. BGH, Beschl. v. 18.7.2002 – IX ZB 26/02, BGHZ 151, 384 = NJW 2002, 3178, 3179; Keller, ZfIR 2010, 568, 569; Thrum, InsbürO 2009, 96, 102 ff. 380) Siehe etwa Thrum, InsbürO 2009, 96, 102 ff. 381) Krit. etwa Molitor, ZfIR 2013, 192 ff. 382) BGH, Urt. v. 10.12.2004 – IXa ZB 213/03, BGHZ 161, 336 = ZfIR 2005, 886 (m. Anm. Hawelka, S. 889). 383) Vgl. zum Ganzen etwa Förster, ZInsO 2002, 864 ff., ZInsO 2005, 746 ff. u. ZInsO 2008, 190 ff.; Förster/Klipfel, ZInsO 2013, 225 ff.; Molitor, ZInsO 2007, 1331 ff., ZInsO 2011, 1486 u. ZfIR 2013, 192 ff.; ders., in: Molitor/Hild, Immobilien in der Insolvenzrechtspraxis, Rn. 584 ff.; Raab, DZWIR 2006, 234 ff.; Tetzlaff, ZfIR 2005, 179 ff.

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I. Zwangsverwaltung

zuziehen sein; sie dominiert deshalb auch in der Praxis. Ebenso wie im Hinblick auf Verwertungsvereinbarungen zur freihändigen Veräußerung des Grundstücks ist aber zu beobachten, dass auch und gerade mit hochprofessionellen Akteuren auf dem Finanz- und Immobilienmarkt ein Konsens nicht selten an festgefügten unterschiedlichen Vorstellungen scheitert und deshalb am Ende doch zur gerichtlichen Zwangsverwaltung bzw. -versteigerung gegriffen wird. Indem sich danach die gerichtliche Zwangsverwaltung vor allem als Auffangposition für den Fall mangelnder Kooperationsbereitschaft bzw. -fähigkeit der Beteiligten herausstellt, wird aber deutlich, dass die begrenzten Möglichkeiten der gerichtlichen Verwaltung eben auch Ausdruck der Notwendigkeit sind, den unvermeidlichen Eingriff in die widerstreitenden Rechte und Interessen der Beteiligten möglichst schonend zu gestalten und deshalb auf das Unabdingbare zu beschränken. Dass das Ergebnis hinter dem zurückbleiben muss, was die Beteiligten im Konsens vereinbaren können, versteht sich auf dieser Grundlage nahezu von selbst. 2. Antragsberechtigte a) Zwangsverwaltung auf Antrag eines Grundpfandgläubigers Wenn die Versteigerung oder Veräußerung der Immobilie sich hinzieht oder 342 gar wirtschaftlich für längere Zeit nicht opportun ist, haben die Grundpfandgläubiger ein Interesse daran, sich an den Grundstückserträgen schadlos zu halten und daraus – wenn schon nicht das Darlehenskapital – so doch zumindest ihren weiterlaufenden Zinsanspruch zu decken. Dem steht auch nichts entgegen, denn anders als für gewöhnliche Insolvenzgläubiger ist der Vollstreckungszugriff nach Verfahrensöffnung für die Grundpfandgläubiger nicht gesperrt:384) Abgesehen davon, dass sie im Hinblick auf ihre Eigenschaft als Absonderungsberechtigte von dem Vollstreckungsverbot des § 89 Abs. 1 InsO schon gar nicht betroffen sind, lässt sich der Bestimmung des § 49 InsO jedenfalls entnehmen, dass die Verfahrenseröffnung der Realisierung ihrer auf dem Grundpfandrecht beruhenden Rechtsstellung nicht entgegenstehen soll (s. bereits Rn. 266 f. zur Zwangsversteigerung). Der Grundpfandgläubiger kann also – in der Regel nach Umschreibung seines gegen den Insolvenzschuldner ausgestellten Vollstreckungstitels gegen den Insolvenzverwalter (Rn. 269) – die Zwangsverwaltung betreiben und auf diese Weise die Haftung der Mieten und sonstigen nach § 148 ZVG für das Grundpfandrecht realisieren. Vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen zwischen Insolvenzverwalter und 343 betreibendem Grundpfandgläubiger wird die Zwangsverwaltung sodann parallel zum Insolvenzverfahren betrieben, und die durch den Zwangsverwalter zur Zwangsverwaltungsmasse eingezogenen Mieten werden nach allgemeinen Regeln an der Insolvenzmasse vorbei an den oder die Grundpfandgläubiger ausgeschüttet (Rn. 338). Nicht entgehen kann der betreibende Grundpfand___________ 384) Vgl. nur BGH, Urt. v. 7.7.2005 – IX ZB 266/04, BGHZ 163, 344 = ZIP 2005, 1648 sub III.4.c.

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E. Die Verwertung der Grundstückserträge

gläubiger in diesem Fall allerdings dem Kostenrisiko: Bleiben die Erträge hinter den Kosten der Zwangsverwaltung zurück, so haftet er für diese als Antragsteller allein; eine Kostenhaftung der Insolvenzmasse besteht nicht (s. bereits Rn. 266 zur Zwangsversteigerung). 344 In teleologischer Hinsicht folgt hieraus, dass sich die „latente“ Haftung der Mieten für das Grundpfandrecht (Rn. 426, 458) auch dann noch gegen den Insolvenzbeschlag durchsetzen kann, wenn sie zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung nicht bereits durch die Beschlagnahme des Grundstücks (wie sie durch den Zwangsversteigerungsantrag bewirkt wird) konkretisiert und „aktualisiert” worden war. Solange die Zwangsverwaltung nicht stattfindet (und der Verwalter nichts Abweichendes mit den Grundpfandgläubigern vereinbart hat, sog. „kalte Zwangsverwaltung“ [Rn. 412 ff.]), hat aber der Insolvenzverwalter die Mieten zur Insolvenzmasse zu ziehen und nicht etwa zur Befriedigung der Grundpfandgläubiger einzusetzen. Das Gesetz (§§ 49, 165 InsO) transportiert insofern die latente Haftungszuweisung an die Grundpfandgläubiger als solche in das eröffnete Insolvenzverfahren, verändert sie aber nicht in ihrem Gehalt; ebenso wie außerhalb des Insolvenzverfahrens ist die in der Einziehung liegende Verfügung über die Mieten dem Grundpfandgläubiger gegenüber deshalb vor der Beschlagnahme grundsätzlich wirksam, soweit nicht in § 1124 BGB Gegenteiliges bestimmt ist (Rn. 356). b) Zwangsverwaltung auf Antrag des Insolvenzverwalters 345 Der Verwalter selbst kann gem. § 165 InsO i. V. m. §§ 172, 173 ZVG die Zwangsverwaltung eines Massegrundstücks betreiben oder einem bereits schwebenden Verfahren beitreten. Der Verwalter hat in diesem Verfahren ebenso wie bei der Zwangsversteigerung eine Art Doppelstellung: Er ist Antragsteller und erlangt damit formell die Stellung eines betreibenden Gläubigers, zugleich aber hat er, wie sich aus § 80 Abs. 1 InsO ergibt, die Rechtsstellung eines Vollstreckungsschuldners. Für die Kosten der durch den Verwalter beantragten Zwangsverwaltung haftet subsidiär die Insolvenzmasse, nicht aber (nach §§ 60 f. InsO) bei insuffizienter Insolvenzmasse auch der Verwalter persönlich.385) 346 Richtschnur für das Verhalten des Verwalters ist der Verfahrenszweck des Insolvenzverfahrens, d. h. die Haftungsverwirklichung zugunsten der Insolvenzgläubiger. Die Zwangsverwaltung auf Antrag des Insolvenzverwalters ist deshalb in der Praxis eine seltene Ausnahme, vor allem, weil in der Zwangsverwaltung die Miete bzw. Pacht in die Zwangsverwaltungsmasse fließt und allein den dinglich Befriedigungsberechtigten zugutekommt. Als sinnvoller Anwendungsfall einer vom Insolvenzverwalter beantragten Zwangsverwal___________ 385) So für den Parallelfall der aus einem massezugehörigen Grundpfandrecht für ein massefremdes Grundstück beantragten Zwangsverwaltung BGH, Urt. v. 10.12.2009 – IX ZR 220/08, ZIP 2013, 242 [Rn. 7 ff.] = ZfIR 2010, 251 m. zust. Anm. Keller; dazu auch Wipperfürth, InsbürO 2013, 365.

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I. Zwangsverwaltung

tung wird immerhin verschiedentlich der Fall genannt, dass ein Betriebsgrundstück zur Insolvenzmasse gehört und dessen gesonderte Verwaltung zweckmäßig ist, so etwa dann, wenn die Bildung der Sondermasse mit Rücksicht auf den Umfang des Verfahrens z. B. zur Sicherstellung laufender Einnahmen aus einem nicht im Gerichtsbezirk liegenden, bisher vom Schuldner selbst geführten Nebenbetrieb angebracht erscheint.386) Selbst dann dürfte es sich indessen in der Regel anbieten, die Verwaltung „freihändig“ durch eigene Leute des Insolvenzverwalters oder durch einen externen Dienstleister durchführen zu lassen, um Kosten zu sparen und Erträge für die Insolvenzmasse zu sichern (wenn die Erträge aus der Grundstücksnutzung an die mit eigener Zwangsverwaltung drohenden Grundpfandgläubiger abgeführt werden müssen, könnte das wenigstens eine vereinbarte Verwaltungsvergütung sein, s. Rn. 412 ff. zur „kalten Zwangsverwaltung“). Vorstellbar bliebe aber noch der Fall, dass erhebliche substanzerhaltende Investitionen erforderlich sind; sie können im Zwangsverwaltungsverfahren gem. § 10 Abs. 1 Nr. 1 ZVG vorab dem Ertrag entnommen werden und gehen so sachgerechterweise zulasten der Grundpfandrechtsgläubiger und nicht der Insolvenzmasse. c) Zwangsverwaltung auf Antrag eines Massegläubigers Ein Massegläubiger kann sich, soweit § 90 InsO nicht entgegensteht, im Wege 347 der Zwangsvollstreckung Sicherung und Befriedigung aus den Massegegenständen verschaffen und daher aufgrund eines vollstreckbaren Titels gegen den Verwalter auch die Zwangsverwaltung eines Massegrundstücks betreiben (s. o. Rn. 325 zur Zwangsversteigerung) d) Zwangsverwaltung auf Antrag eines persönlichen Gläubigers Ein persönlicher, nicht privilegierter Gläubiger kann sich dadurch, dass er die 348 Beschlagnahme der Zwangsverwaltung gem. §§ 146 Abs. 1, 20, 22 ZVG rechtzeitig vor Eröffnung des Verfahrens veranlasst, ebenfalls ein wirksames Absonderungsrecht verschaffen (§§ 80 Abs. 2 Satz 2, 49 InsO, §§ 155 Abs. 2, 10 Abs. 1 Nr. 5 ZVG). Im Übrigen gelten auch hier die Ausführungen zur Zwangsversteigerung entsprechend (Rn. 319 ff.). 3. Die Beschlagnahme a) Anordnung der Zwangsverwaltung Auf die Zwangsverwaltung sind die Vorschriften über die Anordnung der 349 Zwangsversteigerung entsprechend anwendbar, soweit sich aus den §§ 147 bis 151 ZVG nichts anderes ergibt (§ 146 Abs. 1 ZVG). Gemäß § 22 ZVG ist der Anordnungsbeschluss dem Schuldner, in diesem Fall also dem Insolvenzverwalter zuzustellen. Gleichzeitig mit Erlass des Anordnungsbeschlusses ___________ 386) Vgl. Eickmann, ZIP 1986, 1517; Jungmann, Grundpfandgläubiger, Rn. 140 f.; Lwowski/ Tetzlaff, WM 1999, 2336; Uhlenbruck/Brinkmann, InsO, § 165 Rn. 21.

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E. Die Verwertung der Grundstückserträge

hat das Gericht das Grundbuchamt um Eintragung eines Zwangsverwaltungsvermerks zu ersuchen. 350 Die Beschlagnahme wird für den Anordnungsgläubiger wirksam mit dem frühesten der folgenden Zeitpunkte:387) x

der Zustellung des Anordnungsbeschlusses an den Schuldner (§§ 22 Abs. 1 Satz 1, 146 Abs. 1 ZVG),

x

dem Eingang des Eintragungsersuchens beim Grundbuchamt (§§ 22 Abs. 1 Satz 1, 146 Abs. 1 ZVG)

x

der Besitzerlangung des Zwangsverwalters am Grundstück (§ 151 Abs. 1 ZVG).

351 Im Fall des Beitritts zu einem bereits anhängigen Zwangsverwaltungsverfahren wird die Beschlagnahme für den Beitretenden wirksam mit dem frühesten der folgenden Zeitpunkte: x

der Zustellung des Beitrittsbeschlusses an den Schuldner (§§ 22 Abs. 1 Satz 1, 27 Abs. 1, 146 Abs. 1 ZVG),

x

der Zustellung des Beitrittsbeschlusses an den Zwangsverwalter, wenn dieser sich bereits im Besitz des Grundstücks befindet (§ 151 Abs. 2 ZVG).

b) Umfang der Beschlagnahmewirkung aa) Zubehör 352 Die Anordnung hat zur Folge, dass das Grundstück und die mithaftenden Gegenstände zugunsten des betreibenden Gläubigers beschlagnahmt werden (§§ 146 Abs. 1, 23 Abs. 1, 20 Abs. 2, 21 ZVG i. V. m. §§ 1120 ff. BGB). Auch schuldnereigenes Zubehör (§§ 1120, 97 BGB, s. Rn. 424) wird daher von der Zwangsverwaltung erfasst. Sollte der Insolvenzverwalter Zubehörstücke nach Eintritt der Beschlagnahmewirkung unberechtigt veräußern oder entfernen, so steht den Grundpfandgläubigern analog § 48 InsO ein Ersatzabsonderungsrecht an der erhaltenen Gegenleistung zu (Rn. 30, 440).388) bb) Miet- und Pachtforderungen 353 Anders als bei der Zwangsversteigerung erfasst die Beschlagnahme auch und gerade die Miet- und Pachtforderungen (§ 148 Abs. 1 ZVG i. V. m. §§ 1123 BGB, 21 Abs. 2 ZVG), und zwar unabhängig davon, ob der Gläubiger Grundpfandgläubiger ist oder ein persönlicher Gläubiger des Eigentümers ___________ 387) Siehe im Übrigen die Ausführungen zur Zulässigkeit der Zwangsversteigerung (Rn. 273 ff.); ausdrücklich BGH, Beschl. v. 7.7.2005 – IX ZB 266/04, BGHZ 163, 344 = ZIP 2005, 1648. 388) BerlKomm/Undritz/Fiebig, InsO, § 165 Rn. 21; Uhlenbruck/Brinkmann, InsO, § 165 Rn. 22; Eickmann, ZIP 1986, 1517, 1520.

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I. Zwangsverwaltung

zuvor die Miet- und Pachtforderungen gepfändet hat. Für die Dauer der Zwangsverwaltung gebühren die Mieten deshalb grundsätzlich der Zwangsverwaltungsmasse und nicht der Insolvenzmasse. Dies gilt selbst dann, wenn der Mietvertrag erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und vom Insolvenzverwalter geschlossen wurde (§ 152 Abs. 2 ZVG).389) Daher wird bei vermieteten und verpachteten Objekten die Zwangsverwaltung 354 häufig auch neben der Zwangsversteigerung angeordnet, um sich die Miete bzw. Pacht bis zur Versteigerung zu sichern. Das gilt gerade auch deswegen, weil die Pfändung mithaftender Miet- oder Pachtforderungen durch absonderungsberechtigte Grundpfandgläubiger nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr zulässig ist (Rn. 449 ff.). Die Gläubiger sind mithin darauf beschränkt, ihr Absonderungsrecht an den gem. §§ 1123, 1124 BGB mithaftenden Mieten und Pachten im Wege der Zwangsverwaltung zu verfolgen. Möglich wird dies dadurch, dass ein zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insol- 355 venzverfahrens bereits bestehendes Miet- oder Pachtverhältnis über eine Immobilie gem. § 108 Abs. 1 Satz 1 InsO von der Verfahrenseröffnung unberührt bleibt, sofern der Vertrag zu diesem Zeitpunkt bereits in Vollzug gesetzt, d. h. das Grundstück dem Mieter bzw. Pächter überlassen war.390) Ein insolvenzrechtliches Sonderkündigungsrecht besteht in diesem Fall also ebenso wenig wie das allgemeine Wahlrecht des Insolvenzverwalters gem. § 103 InsO; vielmehr wird das Mietverhältnis ohne Weiteres zu den vereinbarten Bedingungen fortgesetzt. Die Insolvenzmasse schuldet deshalb als Masseverbindlichkeit (§ 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO) nicht nur die Gebrauchsgewährung als solche (§ 535 Abs. 1 Satz 1 BGB), sondern auch die Herstellung und Erhaltung eines zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustands der Mietsache (§ 535 Abs. 1 Satz 2 BGB). Als Gegenleistung hierfür ist die laufende Miete einschließlich etwaiger Nebenkostenanteile zum vereinbarten Fälligkeitszeitpunkt in die Insolvenzmasse zu entrichten.391) Etwaige Vorauszahlungen auf die nach Insolvenzeröffnung entstehenden 356 Mietforderungen, die der Mieter vor Verfahrenseröffnung an den Vermieter erbracht hat, sind der Insolvenzmasse gegenüber nur in den zeitlichen Grenzen des § 110 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 InsO wirksam. In genau gleichem Umfang ist nach Maßgabe der §§ 1123 Abs. 2, 1124 BGB auch der Grundpfandgläubiger geschützt, d. h. dem Grundpfandgläubiger gegenüber ist die Vorausverfügung nur bzw. immerhin für die ersten ein bzw. zwei Monate nach Anordnung der Zwangsverwaltung wirksam (die „Beschlagnahme” i. S. v. ___________ 389) BGH, Beschl. v. 18.2.2004 – XII ZR 196/99, ZInsO 2004, 340, OLG Brandenburg, Urt. v. 14.1.1999 – 8 U 56/98, ZIP 1999, 1533; BerlKomm/Undritz/Fiebig, InsO, § 165 Rn. 21; Uhlenbruck/Brinkmann, InsO, § 165 Rn. 21. 390) Anderenfalls greift das Wahlrecht nach § 103 InsO ein, s. zu dieser Einschränkung BGH, Urt. v. 5.7.2007 – IX ZR 185/06, BGHZ 173, 116, 120 = ZIP 2007, 2087 [Rn. 13 ff.]; Lohmann, FS Fischer, 2008, S. 333 ff. m. w. N. 391) Siehe im Einzelnen Derleder, NZM 2004, 568 ff.; Scheer-Hennings, ZfIR 2008, 831 ff., 838 ff.; Wegener, ZInsO 2005, 1259 ff.

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E. Die Verwertung der Grundstückserträge

§ 1124 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 BGB).392) Bereits erfolgte Zahlungen auf Mietund Pachtforderungen werden von der Beschlagnahme selbst dann nicht erfasst, wenn der Gegenwert noch unvermischt – z. B. auf einem Sonderkonto – beim Schuldner vorhanden ist; sie fallen also in die Insolvenzmasse. Erfolgte die Einziehung (unberechtigterweise) nach der Beschlagnahme, indem etwa Mieten in Unkenntnis der Beschlagnahme an den Insolvenzverwalter überwiesen worden sind, kommt allerdings ein Ersatzabsonderungsrecht in Betracht (Rn. 30, 440). 357 Wird auf die mithaftenden Mieten zugleich durch Pfändung oder Zession zugunsten eines Dritten zugegriffen, so gelten für das Verhältnis der hierdurch erworbenen Berechtigung zu den Rechten des Grundpfandgläubigers ebenfalls die allgemeinen Regeln. Erfolgt die Anordnung der Zwangsverwaltung erst nach Verfahrenseröffnung, so bleibt dem Sicherungsglobalzessionar bzw. Pfandgläubiger seine im Verhältnis zur Insolvenzmasse erlangte „insolvenzfeste” (und „anfechtungsfeste”) Rechtsstellung deshalb dem Grundpfandgläubiger gegenüber in gleichem Umfang erhalten wie nach § 110 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 InsO der Insolvenzmasse gegenüber. Siehe zur Anfechtung gegenüber dem Dritten Rn. 445. 358 Ist das Grundstück vermietet und war der Mieter zur Untervermietung berechtigt, so stehen diesem – und nicht etwa dem Eigentümer – die Erträge aus der Untervermietung zu. Von der Beschlagnahme werden diese Forderungen daher nicht erfasst. Sind die Erträge allerdings nur formell dem Mieter, wirtschaftlich aber dem Eigentümer zugeordnet, so greift die Beschlagnahme auf die Mietforderungen durch. Dies ist immer dann anzunehmen, wenn das Hauptmietverhältnis nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig ist, weil es nur den Zweck verfolgt, den Gläubigern den Zugriff auf die Erträge aus dem Untermietverhältnis zu entziehen.393) 4. Bestellung des Zwangsverwalters a) Verwaltung der Immobilie durch einen externen Verwalter 359 Gemäß § 150 ZVG wird durch das Vollstreckungsgericht ein Zwangsverwalter bestellt, der nach § 154 ZVG allen Beteiligten gegenüber verantwortlich ist und der Aufsicht des Gerichts untersteht. b) Mitarbeiter des Gläubigers als Zwangsverwalter (Institutsverwaltung) 360 Unter den Voraussetzungen des § 150a ZVG kann auch ein Angestellter eines der beteiligten Kreditinstitute (Sparkassen, Hypothekenbanken) als sog. (ech___________ 392) Zwar tritt die Beschlagnahmewirkung i. S. v. § 1124 Abs. 2 BGB auch bei der Pfändung der Mietforderungen aufgrund des dinglichen Titels des Grundpfandgläubigers ein (Rn. 429), jedoch ist dem Grundpfandgläubiger diese Möglichkeit vom Moment der Verfahrenseröffnung an verschlossen (Rn. 451 f.). 393) BGH, Urt. v. 4.2.2005 – V ZR 294/03, ZInsO 2005, 371, 372.

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I. Zwangsverwaltung

ter) Institutsverwalter zum Zwangsverwalter bestellt werden;394) für das Kreditinstitut bietet das u. a. den Vorteil, dass die häufig beträchtliche „hauseigene“ Kompetenz in der Verwaltung von Immobilienportfolios fruchtbar gemacht werden kann und entstehende Kosten im eigenen Haus gesteuert werden können (eine Vergütung gibt es dafür nicht, § 150a Abs. 2 Satz 2 ZVG!). Auch der Institutsverwalter untersteht der Aufsicht des Gerichts und darf insbesondere Zahlungen an „sein“ Institut nur nach Maßgabe des gerichtlichen Teilungsplans vornehmen (§§ 153, 157 ZVG). Ganz generell entspricht die Rechtsstellung des Institutsverwalters der eines externen Zwangsverwalters, sodass die Institutsverwaltung auch deren Nachteile teilt, insbesondere was die fehlenden Kompetenzen zur Umgestaltung und Veräußerung des Grundstücks und die mangelnde Abstimmung mit der Betriebsfortführung seitens des Insolvenzverwalters angeht; auch die Haftungsrisiken des Institutsverwalters (vgl. §§ 150a, 154 ZVG) fallen ins Gewicht. Demgegenüber wird die Verwaltung der Immobilie durch ein grundpfandrechtlich gesichertes Kreditinstitut bei der sog. kalten Institutsverwaltung auf der Basis einer privatautonomen Vereinbarung zwischen dem Insolvenzverwalter und dem bzw. den Grundpfandgläubiger(n) geregelt (s. Rn. 413); dies ermöglicht es, die genannten Nachteile ggf. zu vermeiden. Die Bedenken, die sich bei Dritten aus der Nähe des Institutsverwalters zum Großgläubiger und der daraus resultierenden Gefahr eines Interessenwiderstreits ergeben, können so freilich nicht ausgeräumt werden. c) Insolvenzverwalter als Zwangsverwalter Der Insolvenzverwalter kann an sich auf seinen Antrag und ohne besondere 361 Begründung auch zum („echten“) Zwangsverwalter bestellt werden; für ihn gelten dann insoweit auch die Vorschriften des ZVG und der Zwangsverwalterverordnung. Der Bestellung steht jedoch im Allgemeinen die zwischen den beiden Massen, der Insolvenz- und Zwangsverwaltungsmasse, gegebene Interessenkollision entgegen. Denn die Zwangsverwaltung erfolgt nur zugunsten der verfahrensbeteiligten Gläubiger, während das Insolvenzverfahren auf eine gleichmäßige Befriedigung aller Gläubiger ausgerichtet ist. Dies wird im Einzelfall zu unlösbaren Konfliktsituationen führen, sodass das Auftreten einer solchen Doppelfunktion tunlichst zu vermeiden ist.395) Statt dessen sollte dann, wenn die Verwaltung der Immobilie im Konsens mit den Grundpfandgläubigern durch den Insolvenzverwalter erfolgen soll, der Weg der sog. kalten Zwangsverwaltung beschritten werden, wobei die Verwaltung der Immobilie ___________ 394) Siehe etwa Molitor, in: Molitor/Hild, Immobilien in der Insolvenzrechtspraxis, Rn. 610 ff.; Weis, ZInsO 2004, 233 ff.; krit. Keller, NZI 2011, 1 ff.; Mayer, ZfIR 2005, 809 ff.; Schmidberger, ZInsO 2007, 1137 ff.; s. auch AG Leipzig, Beschl. v. 28.2.2008 – 475 L 1103/07, ZInsO 2011, 757. 395) Stöber, ZVG, § 172 Anm. 8.4; Mohrbutter/Mohrbutter, Hdb-InsVerw, Rn. VIII.83; Smid, Kreditsicherheiten, § 23 Rn. 49; Jungmann, Grundpfandgläubiger, Rn. 194; weniger restriktiv Niering, NZI 2008, 146, 147 f. u. ZInsO 2007, 790 ff.

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E. Die Verwertung der Grundstückserträge

auf der Basis einer privatautonomen Vereinbarung zwischen dem Insolvenzverwalter und dem bzw. den Grundpfandgläubiger(n) geregelt wird (s. Rn. 412 ff.). d) Eigenverwaltung durch den Schuldner 362 Möglich ist schließlich auch im Zwangsverwaltungsverfahren – zur Eigenverwaltung im Insolvenzverfahren s. unten Rn. 489 ff. – die Bestellung des Schuldners zum Eigenverwalter eines landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder gärtnerischen Grundstücks (§ 150b ZVG); dies ermöglicht es, dessen ggf. vorhandener besonderer Sachkunde bei der Bewirtschaftung der Immobilie Rechnung zu tragen. Der Schuldner darf als Verwalter über die Nutzungen des Grundstücks und deren Erlös nur mit Zustimmung einer vom Gericht bestellten Aufsichtsperson verfügen (§§ 150c, 150d ZVG); er erhält auch keine Vergütung (§ 150e ZVG). Im Wege der sog. kalten Eigenverwaltung kann wiederum im Konsens der Beteiligten eine erweiterte und praktischen Bedürfnissen eher gerecht werdende Form der Eigenverwaltung gewählt werden (s. Rn. 414). 5. Rechte und Pflichten des Zwangsverwalters im Insolvenzverfahren 363 Zwangsverwalter und Insolvenzverwalter führen die Verfahren parallel und unabhängig voneinander. Solange eine einstweilige Einstellung der Zwangsverwaltung auf Antrag des Insolvenzverwalters nach § 153b ZVG noch nicht erfolgt ist, lässt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine bereits laufende Zwangsverwaltung unberührt (§ 80 Abs. 2 Satz 2 InsO).396) In seinem Kompetenzbereich ist der Zwangsverwalter deshalb nur dem Interesse der Zwangsverwaltungsmasse verpflichtet, aus der die Grundpfandgläubiger sowie ggf. der betreibende persönliche Gläubiger befriedigt werden, und muss auf die Interessen der Gläubigergesamtheit grundsätzlich keine Rücksicht nehmen. Korrespondierend hierzu ist der Insolvenzverwalter im Umfang der Beschlagnahme nicht verwaltungs- und verfügungsbefugt und erlangt auch keinen Besitz an dem Grundstück (§ 150 Abs. 2 ZVG, s. Rn. 364). Eine freihändige Veräußerung des Grundstücks ist danach nur im Einvernehmen mit dem betreibenden Gläubiger – sowie faktisch auch mit dem Zwangsverwalter – möglich (§§ 148 Abs. 1, 23 ZVG).397) a) Einräumung des Besitzes 364 Zweck der Zwangsverwaltung ist es, die laufenden, aus der ordnungsgemäßen Benutzung des von der Beschlagnahme erfassten Grundstücks stammenden Erträge zur Befriedigung des Gläubigers einzusetzen, während dem Schuldner die Substanz des Verwaltungsobjekts ungeschmälert erhalten bleibt (Rn. 337). Um diesen Zweck zu erreichen, wird durch die Beschlag___________ 396) BGH, Beschl. v. 7.7.2010 – XII ZR 158/09, ZIP 2010, 2410 [Rn. 7]. 397) Dazu s. Haut, InsbürO 2009, 137 ff.; krit. Keller, NZI 2011, 1, 4 ff.

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I. Zwangsverwaltung

nahme dem Schuldner die Verwaltung und Benutzung des Grundstücks entzogen (§ 148 Abs. 2 ZVG). An seine Stelle tritt insoweit der Zwangsverwalter. Damit dieser die damit verbundenen Pflichten (§ 152 ZVG) erfüllen kann, muss er den unmittelbaren – oder, bei vermieteten oder verpachteten Objekten, den mittelbaren – Besitz des Grundstücks und den mitbeschlagnahmten Gegenständen erlangen (§ 150 Abs. 2 ZVG).398) Auch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach dem Wirksamwerden des Zwangsverwaltungsbeschlags berührt das Besitzrecht des Zwangsverwalters nicht: Das Besitzrecht des Zwangsverwalters bricht insofern grundsätzlich dasjenige des Insolvenzverwalters; der Insolvenzverwalter kann dem Zwangsverwalter den Grundbesitz nicht aufgrund des Eröffnungsbeschlusses (vgl. § 148 InsO) entziehen. Das Vollstreckungsgericht hat daher Sorge dafür zu tragen, dass dem Zwangsverwalter der Besitz eingeräumt wird – sei es durch Ermächtigung sich den Besitz selbst zu verschaffen (§ 150 Abs. 2 Alt. 2 ZVG, durchsetzbar im Wege der Herausgabevollstreckung)399) oder im Wege der Übergabe an ihn (§ 150 Abs. 2 Alt. 1 ZVG).400) Der Zwangsverwalter kann den Insolvenzverwalter aber auch im Wege der 365 Aussonderung (§ 47 InsO) auf Übertragung des unmittelbaren Besitzes an dem Grundstück in Anspruch nehmen bzw. einen mit diesem Ziel gegen den Schuldner anhängig gewesenen und durch die Verfahrenseröffnung unterbrochenen Prozess gegen den Insolvenzverwalter aufnehmen.401) Die Reichweite der Beschlagswirkung (Rn. 352 ff.) bestimmt auch die Befugnis 366 des Zwangsverwalters, die auf dem Grundstück befindlichen Gegenstände zu nutzen. Bestreitet der Insolvenzverwalter die Zugehörigkeit einzelner Gegenstände zur Zwangsverwaltungsmasse – insbesondere die Zubehöreigenschaft –, so ist über diesen materiellrechtlichen Streit eine Entscheidung im gewöhnlichen Zivilprozess herbeizuführen. Im Hinblick auf das Anweisungsrecht des Vollstreckungsgerichts aus § 153 ZVG und das Aufsichtsrecht des Insolvenzgerichts aus § 58 InsO genügt generell trotz im Grundsatz möglicher Leistungsklage in der Regel eine Feststellungsklage gem. § 256 ZPO.402) b) Wohnrecht des Schuldners Sofern der Schuldner eine natürliche Person ist und zum Zeitpunkt der Be- 367 schlagnahme (Rn. 350) auf dem Grundstück wohnt, genießt er gem. § 149 ___________ 398) Vgl. etwa Stöber, ZVG, § 152 Rn. 5.1, 5.2; Schmidt-Räntsch, ZInsO 2006, 303, 305; Zipperer, ZfIR 2011, 385, 386. 399) Dazu s. BGH, Beschl. v. 14.4.2005 – V ZB 6/05, NJW-RR 2005, 1032; BGH, Beschl. v. 24.2.2011 – V ZB 280/10, ZInsO 2011, 742 [Rn. 7]; Beier/Haut, DGVZ 2007, 33 ff. 400) MünchKomm/Ganter, InsO, § 49 Rn. 88; Kübler/Prütting/Bork/Flöther, InsO, § 165 Rn. 55; MünchKomm/Tetzlaff, InsO, § 165 Rn. 249; Smid, Kreditsicherheiten, § 23 Rn. 52; Stöber, ZVG, § 150 Rn. 5.2; Eickmann, ZIP 1986, 1517, 1521 f. 401) BGH, Beschl. v. 7.7.2010 – XII ZR 158/09, ZIP 2010, 2410 [Rn. 7]. 402) Eickmann, ZIP 1986, 1517, 1522; Mohrbutter, KTS 1956, 107, 109.

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E. Die Verwertung der Grundstückserträge

Abs. 1 ZVG grundsätzlich ein kaltmietefreies Wohnrecht an den für seinen Hausstand unentbehrlichen Räumen.403) Dies gilt grundsätzlich auch im Insolvenzverfahren.404) Haben jedoch die Gläubigerorgane im Rahmen ihrer Entscheidung über die Unterhaltsgewährung gem. § 100 InsO dem Schuldner die Belassung seiner Wohnräume versagt, so kann und muss der Insolvenzverwalter nach herrschender und mittlerweile durch den Bundesgerichtshof bestätigter Ansicht405) nach § 148 InsO die Räumung der Wohnung durchsetzen, um sie anschließend nach § 150 Abs. 2 ZVG an den Zwangsverwalter herauszugeben. Einer einschränkenden Auffassung zufolge soll ein derartiger Beschluss zwar nicht das Wohnrecht gem. § 149 Abs. 1 ZVG beseitigen, sondern es nur von der Zahlung einer Nutzungsentschädigung abhängig machen können, die dann aufgrund der Vorrangigkeit des Zwangsverwaltungsbeschlags an den Zwangsverwalter zu zahlen wäre.406) 368 Indessen ist die Grundstücksnutzung auch im Insolvenzverfahren haftungsrechtlich zuvörderst den dinglich befriedigungsberechtigen Gläubigern zugewiesen; sie fällt deshalb, soweit und solange diese die Zwangsverwaltung betreiben, nicht in die Insolvenzmasse und damit in die Entscheidungskompetenz der Insolvenzgläubigergesamtheit bzw. des Insolvenzverwalters. Entscheiden sich die dinglich befriedigungsberechtigen Gläubiger dafür, die Zwangsverwaltung trotz des Wohnrechts des Schuldners zu veranlassen bzw. fortzusetzen – wofür es zur Sicherstellung des Grundstückswerts gute Gründe geben mag –, so setzt sich dies richtiger Ansicht nach gegenüber der abweichenden Entschließung der Insolvenzgläubigerschaft durch.407) Um eine Nutzung durch den Schuldner zu verhindern, kann der Insolvenzverwalter allerdings nach § 153b Abs. 1 ZVG die Einstellung des Zwangsverwaltungsverfahrens beantragen (Rn. 389 ff.); er bekommt so auch nach der hier vertretenen Auffassung freie Bahn für die Durchsetzung seines Besitzrechts nach § 148 InsO. Unbenommen bleibt ihm natürlich auch die Option der Zwangsversteigerung (Rn. 220 ff.). ___________ 403) Nur solange der Schuldner in dem zwangsverwalteten Anwesen seinen zur Zeit der Beschlagnahme dort unterhaltenen Hausstand fortführt, sind auch dessen mitwohnenden Familienangehörigen die für den Hausstand unentbehrlichen Räume unentgeltlich zu belassen, vgl. m. w. N. BGH, Urt. v. 16.5.2013 – IX ZR 224/12, NZI 2013, 766 = ZfIR 2013, 740 m. Anm. Depré. 404) Vgl. BGH, Urt. v. 25.4.2013 – IX ZR 30/11, ZIP 2013, 1189 [Rn. 11] = ZfIR 2013, 596 m. zust. Anm. Engels; ebenso OLG Brandenburg, Urt. v. 20.1.2011 – 5 U 25/10, BeckRS 2013, 08911; differenzierend Dassler/Schiffhauer/Engels, ZVG, § 149 Rn. 38 a.E.; Böttcher/Keller, ZVG, § 149 Rn. 3; Wipperfürth, InsbürO 2013, 88, 89. 405) Vgl. BGH, Urt. v. 25.4.2013 – IX ZR 30/11, ZIP 2013, 1189 [Rn. 10 f.] = ZfIR 2013, 596 m. zust. Anm. Engels; ebenso OLG Brandenburg, Urt. v. 20.1.2011 – 5 U 25/10, BeckRS 2013, 08911; Leonhardt/Smid/Zeuner/Depré, InsO, § 49 Rn. 92; Haarmeyer/ Wutzke/Förster/Hintzen, Zwangsverwaltung, § 149 Rn. 7, 15; Stöber, ZVG, § 149 Rn. 4.2; Eickmann, ZIP 1986, 1517, 1521; Mohrbutter, KTS 1956, 109, 110. 406) Wedekind, InsbürO 2010, 208, 215; hiergegen Wipperfürth, InsbürO 2013, 88, 90 f. 407) Ebenso weitgehend Böttcher/Keller, ZVG, § 149 Rn. 3; Drasdo, ZfIR 2013, 839, 848 f.; Engels, ZfIR 2013, 599 f.; Zipperer, ZfIR 2011, 385, 398 f.; Wedekind/Wedekind, Zwangsverwaltung, Rn. 462 ff.

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I. Zwangsverwaltung

c) Miet- und Pachtverhältnisse aa) Mieten Für die Dauer der Zwangsverwaltung gebühren die Mieten grundsätzlich der 369 Zwangsverwaltungsmasse und nicht der Insolvenzmasse. Dies gilt selbst dann, wenn der Mietvertrag erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und vom Insolvenzverwalter geschlossen wurde (Rn. 353). Die wichtigste Aufgabe des Zwangsverwalters besteht deshalb darin, die Mieten zugunsten der Zwangsverwaltungsmasse einzuziehen (§ 152 Abs. 1 Halbs. 2 ZVG) und nach Abzug der Verfahrenskosten auf die Zinsansprüche der Grundpfandgläubiger sowie ggf. den Anspruch des betreibenden persönlichen Gläubigers auszuschütten (§ 155 Abs. 2 Satz 2 ZVG). bb) Mietkaution Die Mietkaution ist, sofern sie ordnungsgemäß aussonderungsfähig angelegt 370 war (§ 551 Abs. 3 BGB), vom Insolvenzverwalter an den Zwangsverwalter (und von diesem ggf. bei Beendigung des Mietverhältnisses an den Mieter) herauszugeben.408) Hatte der Vermieter die Kaution dagegen ununterscheidbar zu seinem sonstigen Vermögen vereinnahmt, so ist der Rückgewähranspruch des Mieters in der Vermieterinsolvenz lediglich einfache Insolvenzforderung;409) dies hat zur Folge, dass dem Mieter gegenüber dem Insolvenzverwalter im Rahmen der Fortsetzung des Mietverhältnisses auch kein Zurückbehaltungsrecht wegen seines Anspruchs auf Getrenntanlage zusteht.410) Im Fall der freihändigen Veräußerung des Grundstücks durch den Insolvenzverwalter sowie im Fall der Zwangsversteigerung geht die Verpflichtung zur Rückzahlung der Kaution gem. § 566a BGB aber auch insoweit auf den Erwerber bzw. Ersteher über, wie diese Ansprüche gegen den Insolvenzverwalter nicht durchsetzbar waren.411) Auch gegenüber dem Zwangsverwalter soll dem Mieter nach der Rechtspre- 371 chung des VIII. Senats des Bundesgerichtshofs das Recht zustehen, die an den Zwangsverwalter zu zahlenden Mieten einzubehalten, bis dieser die Kaution (auf Kosten der Zwangsverwaltungsmasse) ordnungsgemäß und insolvenzfest angelegt hat.412) Der Senat führt damit seine viel kritisierte Rechtspre___________ 408) AG Karlsruhe, Beschl. v. 24.9.2010 – 9 M 24883/10, ZfIR 2011, 113; Berger, ZfIR 2010, 221, 227 f.; Schmidberger, ZfIR 2011, 84, 90; Slomian, FS 10 J. MRRG, S. 468 ff. 409) BGH, Urt. v. 20.12.2007 – IX ZR 132/06, ZIP 2008, 469 = NJW 2008, 1152 (m. Anm. Derleder); BGH, Urt. v. 13.12.2012 – IX ZR 9/12, ZIP 2013, 179 [Rn. 7 ff.] (dazu Franken, NZI 2013, 160; Hawelka, ZfIR 2013, 211); Berger, ZfIR 2010, 221, 227 f.; Eickmann, ZfIR 2007, 557, 560; Gundlach/Frenzel/Strandmann, DZWIR 2008, 189 ff., jew. m. w. N. 410) BGH, Urt. v. 13.12.2012 – IX ZR 9/12, ZIP 2013, 179 [Rn. 8 ff.] m. w. N. 411) BGH, Urt. v. 7.3.2012 – XII ZR 13/10, NZI 2012, 383 [Rn. 10] m. w. N. 412) BGH, Urt. v. 23.9.2009 – VIII ZR 336/08, ZfIR 2009, 880 (m. abl. Anm. Depré); krit. auch Berger, ZfIR 2010, 221, 223 ff., 227 ff.; Schmidberger, ZfIR 2011, 84, 91; Slomian, FS 10 J. MRRG, S. 468 ff.; Wedekind/Wedekind, ZfIR 2009, 315, 317.

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E. Die Verwertung der Grundstückserträge

chung zur Rechtslage außerhalb der Insolvenz413) fort. Die Rückzahlung der Kaution geht hiernach im wirtschaftlichen Ergebnis selbst dann zulasten der Zwangsverwaltungsmasse, wenn sie gar nicht an den Zwangsverwalter gezahlt worden war. M. E. missachtet der VIII. Senat hier die Beschlagnahme des Grundstücks, die sich nach §§ 148 Abs. 1, 21 Abs. 2 ZVG auf die Mietund Pachtforderungen erstreckt und eine Aufrechnung gegen diese Forderungen mit Ansprüchen des Mieters gegen den Vermieter wegen §§ 146 Abs. 1, 20 ZVG, § 1125 BGB ausschließt; für ein Zurückbehaltungsrecht besteht dann ebenso wenig eine Rechtfertigung. 372 Angesichts der gerade beschriebenen unbefriedigenden Rechtslage besteht Anlass, die Rechte und Pflichten bezüglich der Kaution vertraglich besonders zu regeln; dies gilt nicht zuletzt im Fall der „kalten“ Zwangs- und Institutsverwaltung (Rn. 412 ff.), auf die die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs womöglich ebenfalls Anwendung findet.414) d) Prozessführung 373 Mit der Beschlagnahme des Grundstücks (Rn. 349 ff.) geht sowohl die aktive wie auch die passive Prozessführungsbefugnis bezüglich der der Zwangsverwaltung unterliegenden Rechte und Pflichten – insbesondere also hinsichtlich der dem Einziehungsrecht des Zwangsverwalters unterliegenden Mieten – auf den Zwangsverwalter über. Führt der Zwangsverwalter in Ausübung seiner Prozessführungsbefugnis einen Prozess, so wird er unter seinem Namen Prozesspartei, und zwar als Partei kraft Amtes. Dies trifft auch auf diejenigen Prozesse zu, in denen Zwangsverwalter und Insolvenzverwalter darüber streiten, ob ein bestimmter Gegenstand als zur Zwangsverwaltungsmasse zugehörig anzusehen ist. Davon zu unterscheiden ist die Sachlegitimation, die weiterhin dem Schuldner zusteht, da er nach wie vor als Zuordnungssubjekt der Rechte und Pflichten aus dem der Verwaltung unterstehenden Vermögen anzusehen ist; ihm ist lediglich die Verfügungs- und Benutzungsbefugnis entzogen. Materielle Berechtigung und Prozessführungsbefugnis fallen auseinander, sodass ein Fall der gesetzlichen Prozessstandschaft vorliegt.415) 374 In einem bereits durch den Insolvenzverwalter anhängig gemachten Rechtsstreit über die Mieten folgt daraus, dass die Wirkung der Beschlagnahme nach ZVG auf die prozessuale Geltendmachung der von der Zwangsverwaltung erfassten Mieten durch den Insolvenzverwalter analog § 265 ZPO zu behandeln ___________ 413) Siehe BGH, Urt. v. 16.7.2003 – VIII ZR 11/03, ZIP 2003, 1899; BGH, Urt. v. 9.3.2005 – VIII ZR 330/03, ZfIR 2005, 769; BGH, Urt. v. 11.3.2009 – VIII ZR 174/08, ZfIR 2009, 332; s. dazu Berger, ZfIR 2010, 221, 223 ff.; Schmidberger, ZMR 2010, 347 ff.; Wedekind/ Wedekind, ZfIR 2009, 271 ff. u. 315 ff. 414) Vgl. Tetzlaff, ZInsO 2004, 521, 528; Erckens/Tetzlaff, ZfIR 2003, 981, 984. 415) Vgl. zum Ganzen BGH, Urt. v. 12.3.1986 – VIII ZR 64/85, ZIP 1986, 583, dazu Gerhardt, EWiR 1986, 523; Steiner/Hagemann, ZVG, § 152 Rn. 167 f., 171; Smid, Kreditsicherheiten, § 23 Rn. 59 f.; Wrobel, KTS 1995, 19 ff., 24; MünchKomm/Lwowski/Tetzlaff, InsO, § 165 Rn. 236; Eickmann, ZIP 1986, 1517, 1522.

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I. Zwangsverwaltung

ist. Denn die Beschlagnahme einer bereits rechtshängigen Mietforderung im Wege der Zwangsverwaltung kann auf den laufenden Prozess und die prozessualen Befugnisse des klagenden Insolvenzverwalters keine anderen Auswirkungen haben, als dies gem. § 265 Abs. 2 ZPO im Falle der rechtsgeschäftlichen Abtretung oder der Pfändung und Überweisung einer rechtshängigen Forderung der Fall ist. Konstruktiv handelt es sich um eine „doppelte Prozessstandschaft“ des Insolvenzverwalters, nämlich einerseits als Partei kraft Amtes, andererseits nach § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Nach der im Prozessrecht h. M. wäre danach die Umstellung des Antrags auf Zahlung an den Zwangsverwalter erforderlich („Relevanztheorie“). Erfolgt keine Umstellung des Klageantrags, so ist die Klage nicht wegen fehlender Prozessführungsbefugnis unzulässig, sondern wegen fehlender Sachlegitimation unbegründet.416) Zur Führung von Anfechtungsprozessen im Hinblick auf Gegenstände, die 375 ohne die anfechtbare Veräußerung an sich der Zwangsverwaltungsmasse zuzuordnen wären, ist allein der Insolvenzverwalter befugt. Dennoch steht der Gegenstand haftungsrechtlich der Zwangsverwaltungsmasse zu; der Insolvenzverwalter hat deshalb die Anfechtungsklage auf Rückgewähr in die Zwangsverwaltungsmasse zu richten. Da die Insolvenzmasse nach § 52 InsO für den Ausfall der absonderungsberechtigten Gläubiger haftet, führt eine erfolgreiche Anfechtung durch den Insolvenzverwalter aber zumindest mittelbar zu einer Entlastung der Insolvenzmasse.417) Erfolgt dagegen nach § 153b ZVG die Einstellung des Zwangsverwaltungs- 376 verfahrens, so erlischt zusammen mit allen anderen Befugnissen auch die Prozessführungsbefugnis des Zwangsverwalters (Rn. 389 ff.). Es fragt sich aber, ob dies auch für diejenigen noch nicht eingezogenen Mieten gilt, die auf Mietzeiträume aus der Zeit vor der Einstellung entfallen. Der neueren Rechtsprechung des VIII. Senats des Bundesgerichtshofs zur nachwirkenden Prozessführungsbefugnis des Zwangsverwalters nach Aufhebung der Zwangsverwaltung418) dürfte es entsprechen, die Frage zu verneinen, sodass der ehemalige Zwangsverwalter diese rückständigen Mieten noch einklagen könnte. e) Fortführung des grundstücksbezogenen Gewerbebetriebs durch den Zwangsverwalter Sowohl außerhalb des Insolvenzverfahrens als auch im Fall paralleler Verfahren 377 ist von jeher sehr streitig, ob der Zwangsverwalter berechtigt oder sogar ver___________ 416) BGH, Urt. v. 12.3.1986 – VIII ZR 64/85, ZIP 1986, 583, dazu Gerhardt, EWiR 1986, 523; Steiner/Hagemann ZVG, § 152 Rn. 178; Eickmann, ZIP 1986, 1517, 1522; teilw. a. A. Smid, Kreditsicherheiten, § 23 Rn. 60. 417) Vgl. i. E. auch Eickmann, ZIP 1986, 1517, 1522; Smid, Kreditsicherheiten, § 23 Rn. 61; Steiner/Hagemann, ZVG, § 152 Rn. 38, 173. 418) Siehe zuletzt BGH, Urt. v. 11.8.2010 – XII ZR 181/08, ZfIR 2010, 731; zust. Keller, ZfIR 2011, 345 ff.; Mayer, ZfIR 2011, 635 ff.; Wedekind, ZInsO 2010, 889 ff. u. ZfIR 2011, 734 ff.; abl. aber Ganter, ZfIR 2011, 229 ff.

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E. Die Verwertung der Grundstückserträge

pflichtet sein kann, das auf dem Grundstück betriebene Unternehmen oder Gewerbe fortzuführen. aa) Betriebsfortführung außerhalb des Insolvenzverfahrens 378 Auch wenn sich die Beschlagnahme natürlich nicht unmittelbar auf den Gewerbebetrieb bezieht, ist die Grundstücksnutzung durch den Zwangsverwalter allerdings dann unproblematisch, wenn sie als solche eine gewerbliche Betätigung darstellt, wie etwa im Fall der Ausbeutung von Bodenbestandteilen (Kiesgrube) oder der Vermietung von Bodenflächen und wesentlichen Grundstücksbestandteilen (Parkplatz und Parkhaus, Tennisplätze, Campingplatz, Ferienhäuser). In all diesen Konstellationen erschöpft sich die gewerbliche Tätigkeit in der Grundstücksnutzung, sodass eine Fortführung durch den Zwangsverwalter ungehindert möglich ist. 379 Problematisch sind hingegen Fälle, in denen zu der Grundstücksnutzung weitere Elemente hinzutreten, wie etwa beim Betrieb eines Kinos oder Hotels oder wenn auf dem Campingplatz eine Gaststätte betrieben wird. Wenn man die Beschränkung der Aufgabe des Zwangsverwalters auf eine reine Grundstücksnutzung ernst nimmt, müsste ihm in der Regel die Fortführung derartiger Betriebe zu verwehren sein, zumal die nicht zum Haftungsverband gehörenden Bestandteile des Gewerbebetriebs – Buchführung und Datenbestand, Geschäftsidee und -organisation, Know-how, Goodwill, Lieferantenund Absatzbeziehungen, Immaterialgüterrechte etc. – den Grundpfandgläubigern haftungsrechtlich überhaupt nicht zugewiesen sind und von der Beschlagnahme deshalb an sich auch gar nicht erfasst werden. 380 Gleichwohl hat der Bundesgerichtshof – aus Sicht des Verfassers nicht überzeugend – im Jahr 2005 entschieden, dass der Zwangsverwalter bereits dann berechtigt sei, den Gewerbebetrieb im eigenen Namen fortzuführen, wenn der wirtschaftliche Schwerpunkt des Betriebs „unabtrennbar und erkennbar auf dem Grundstück lieg(e)“, das etwa für eine bestimmte Art der gewerblichen Nutzung dauerhaft ausgebaut worden sei. Der Zwangsverwalter habe das Recht und die Pflicht, alle Handlungen vorzunehmen, die erforderlich seien, um das Grundstück in seinem wirtschaftlichen Bestand zu erhalten und ordnungsgem. zu benutzen. Greife er allein zum Zweck der ordnungsgemäßen Nutzung des Grundstücks auf die vorhandenen Betriebsstrukturen zurück, so sei dies zulässig, weil es in aller Regel unsinnig sei, diese abzuwickeln, um anschließend einen neuen Betrieb gleicher wirtschaftlicher Prägung einzurichten. Nur so könne das Grundstück wirtschaftlich sinnvoll genutzt werden. Andernfalls müsse der Zwangsverwalter die beschlagnahmten

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I. Zwangsverwaltung

Räumlichkeiten an den Schuldner vermieten oder den Schuldner vom Grundstück verweisen.419) Der Zwangsverwalter darf allerdings mit der Betriebsfortführung auch dem 381 Bundesgerichtshof zufolge nicht in die beschlagnahmefreien Rechte des Schuldners eingreifen:420) Betreibe der Schuldner auf dem beschlagnahmten Grundstück ein gewerbliches Unternehmen, so teile sich sein Vermögen mit der Anordnung der Zwangsverwaltung in einen beschlagnahmten, insbesondere das Betriebsgrundstück nebst Zubehör umfassenden Teil und in das übrige, von der Beschlagnahme unberührte Betriebsvermögen. Der Zwangsverwalter übe die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nur hinsichtlich des beschlagnahmten Teils aus, also hinsichtlich des Grundstücks, der darauf befindlichen Gebäude und des dem Schuldner gehörenden Betriebsinventars. Ein Übergriff auf nicht beschlagnahmtes Schuldnervermögen liege aber nicht schon darin, dass der Zwangsverwalter bei Fortführung des schuldnerischen Gewerbebetriebs mittelbar auch dessen – nicht der Beschlagnahme unterliegende – immaterielle Bestandteile nutze. Geschäftsidee und -organisation, Know-how, Goodwill, Kundenstamm, Lieferantenbeziehungen und ähnliche immaterielle Betriebsmittel würden nur dann als absolutes Recht geschützt, wenn auf ihrer Grundlage ein Betrieb eingerichtet und ausgeübt werde, also nur, soweit sie Teil einer bestehenden wirtschaftlichen Einheit seien. Der damit vorausgesetzte Funktionszusammenhang der Betriebsmittel sei im Zeitpunkt der Entscheidung des Zwangsverwalters, einen auf dem beschlagnahmten Grundstück geführten Gewerbebetrieb des Schuldners fortzusetzen, jedoch nicht mehr vorhanden, vielmehr mit der Beschlagnahme des Grundstücks zerfallen. Damit sei der Schuldner außerstande, seinen Gewerbebetrieb aufrecht zu erhalten. Der Fortführung eines Gewerbebetriebs stünden Rechte des Schuldners damit nur entgegen, soweit diese unabhängig von ihrer Zugehörigkeit zum Unternehmen absolut geschützt seien, wie etwa gewerbliche Schutzrechte, Namensrechte oder das Eigentum an Geschäftsbüchern. Ihre Nutzung könne der Zwangsverwalter aber über vertragliche Regelungen mit dem Schuldner erreichen. bb) Betriebsfortführung im Insolvenzverfahren Eine höchstrichterliche Stellungnahme zur Betriebsfortführung durch den 382 Zwangsverwalter während eines eröffneten Insolvenzverfahrens gibt es bis___________ 419) BGH, Beschl. v. 14.4.2005 – V ZB 16/05, BGHZ 163, 9 = ZIP 2005, 1195 = ZfIR 2005, 560 m. Anm. Weber („Schlosshotel“); zust. BAG, Urt. v. 18.8.2011 – 8 AZR 230/10, ZInsO 2011, 2083 [Rn. 32]; OLG Celle, Beschl. v. 18.7.1989 – 4 W 108/89, NJW-RR 1989, 1200 m. zust. Anm. Bertram ZMR 1990, 325; OLG Dresden, Beschl. v. 3.6.1998 – 13 W 599/98, ZfIR 1999, 226; BerlKomm/Undritz/Fiebig, InsO, § 165 Rn. 23; Dassler/ Schiffhauer/Engels, ZVG, § 152 Rn. 39 ff., 49 ff.; Depré/Mayer, Praxis der Zwangsverwaltung, Rn. 614 ff.; Morvilius, Zwangsversteigerung/Zwangsverwaltung, Rn. 971 ff.; Förster, ZInsO 2005, 746, 747: Schmidt-Räntsch, ZInsO 2006, 303 ff., 308; Zipperer, ZfIR 2011, 385, 387 ff. 420) Krit. insoweit Zipperer, ZfIR 2011, 385, 387 ff.

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E. Die Verwertung der Grundstückserträge

lang nicht. Nach ganz h. M. sollen insofern eher strengere Maßstäbe angebracht sein: Eine Fortführung durch den Zwangsverwalter widerspreche der durch den Eröffnungsbeschluss begründeten Rechtsmacht des Insolvenzverwalters, sodass allein dieser berechtigt sei. Für eine sinnvolle wirtschaftliche Nutzung sei die Betriebsfortführung durch den Zwangsverwalter auch gar nicht erforderlich, da – anders als außerhalb des Insolvenzverfahrens – nicht zu besorgen sei, dass ohne sie eine derartige Nutzung nicht möglich wäre (weil man sie dem Schuldner nicht überlassen will); vielmehr stehe mit dem Insolvenzverwalter eine neutrale Person zur Verfügung, die gerade dazu berufen sei, den Betrieb des Schuldners fortzuführen. Nicht hinnehmbar sei überdies die Gefahr, dass der Zwangsverwalter den Insolvenzverwalter durch die Vermietung des Grundstücks an einen Dritten zwingen könne, den Betrieb frühzeitig stillzulegen. Die Bestimmung des § 153b ZVG sei deshalb als Klarstellung zu interpretieren, dass die Verwaltungsrechte des Insolvenzverwalters vorrangig seien, da er das Zwangsverwaltungsverfahren insoweit einstellen lassen könne, als es seine Tätigkeit behindere. § 153b ZVG verlagere also die Nutzungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter und räume ihm Vorrang vor dem Zwangsverwalter ein.421) 383 Demgegenüber ist im Ansatz zu betonen, dass es ausschlaggebend auf die haftungsrechtliche Zuweisung der Erträge des Grundstücks an die dinglich Befriedigungsberechtigten ankommen muss – sie kann während des Insolvenzverfahrens keinen anderen Umfang haben als außerhalb.422) Soweit sie, jedenfalls wenn man dem Bundesgerichtshof folgt, zugleich den grundstücksbezogenen Gewerbebetrieb erfasst, gilt das auch im Insolvenzverfahren und determiniert die ihr akzessorischen Befugnisse des Zwangsverwalters. Dass sich dem zuwider aus § 153b ZVG ein Vorrang der Verwaltungsbefugnisse des Insolvenzverwalters ergebe, ist zwar richtig, aber eben nur unter den dort genannten Voraussetzungen – d. h. insbesondere erst nach besonders beantragter und durch das Gericht angeordneter Einstellung der Zwangsverwaltung und mit dem zugegebenermaßen massiven Handicap der Ausgleichspflicht. Auch wenn der Insolvenzverwalter von den ihm hierdurch eingeräumten Befugnissen sehr häufig Gebrauch machen wird und machen muss, ist die Existenz von ipso iure vorrangigen Kompetenzen des Insolvenzverwalters in Bezug auf grundstücksbezogene Gewerbebetriebe deshalb richtiger Ansicht nach nicht anzuerkennen. 384 Die weiteren Konsequenzen unterscheiden sich nach der jeweils für richtig gehaltenen Grundannahme: Nach der hier vertretenen Auffassung sind es die gewöhnlichen Folgen einer Einstellung nach § 153b ZVG (Rn. 400 ff.). Das Vollstreckungsgericht muss dann die Höhe des Entgelts bestimmen, das nach § 153b Abs. 2 ZVG aus der Insolvenzmasse als Kompensation für die Grundstücksnutzung zu entrichten ist. Nach der Gegenauffassung ist der Zwangs___________ 421) Vgl. MünchKomm/Tetzlaff, InsO, § 165 Rn. 252; Smid, Kreditsicherheiten, § 23 Rn. 55; Eickmann, ZfIR 1999, 81, 85, u. ZfIR 2007, 557, 561. 422) Ebenso Zipperer, ZfIR 2011, 385, 390.

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verwalter ohne Weiteres gehindert, den Gewerbebetrieb selbst fortzuführen, bleibt aber dennoch im Amt; wie bei einer Nutzungsüberlassung des Zwangsverwalters an den Schuldner hat auch der Insolvenzverwalter nach § 5 Abs. 2 Satz 3 ZwVVO ein angemessenes Entgelt an den Zwangsverwalter für die gewerbliche Nutzung des Grundstücks und der Gegenstände des Haftungsverbands zu entrichten.423) Stellt der Insolvenzverwalter den Antrag auf Einstellung nach § 153b ZVG nicht 385 – so mag es Fälle geben, in denen die vorläufige Betriebsfortführung durch den Zwangsverwalter durchaus im Interesse des Insolvenzverwalters liegt, weil die Insolvenzmasse dadurch nicht belastet oder ggf. sogar entlastet wird – oder hat dieser keinen Erfolg, so führt der Zwangsverwalter den Betrieb fort und die Erträge sind zwischen der Zwangsverwaltungsmasse und der Insolvenzmasse in dem Verhältnis aufzuteilen, in dem der Haftungsverband einerseits, der „Gewerbebetrieb im Übrigen“ andererseits zu ihnen beigetragen haben; hierüber sollte in Ermangelung einer vertraglichen Einigung zwischen den beteiligten Verwaltern notfalls das Vollstreckungsgericht befinden müssen.424) Für den Insolvenzverwalter bietet die Fortführung durch den Zwangsverwal- 386 ter die Möglichkeit, unrentable Betriebe oder Betriebsteile dem Zuständigkeitsbereich des Zwangsverwalters zu überlassen und sie faktisch auszugliedern. Jedenfalls dann, wenn die Betriebsfortführung durch den Zwangsverwalter im Konsens mit dem Insolvenzverwalter erfolgt, wird man ohne Schwierigkeiten den Eintritt des Zwangsverwalters in bestehende Arbeitsverhältnisse nach § 613a BGB annehmen können, sodass die Personalkosten der Zwangsverwaltungsmasse zur Last fallen.425) Allerdings dürfte dies dann auch umgekehrt gelten, sodass die Insolvenzmasse für die vom Zwangsverwalter begründeten Arbeitsverhältnisse einstehen muss, wenn der Verwalter nach Einstellung der Zwangsverwaltung den Betrieb wieder selbst übernimmt.426) cc) Stilllegungsbeschluss der Gläubigerversammlung Problematisch ist die Auswirkung eines Stilllegungsbeschlusses der Gläubi- 387 gerversammlung gem. § 157 Abs. 1 Satz 1 InsO auf den Zwangsverwalter und dessen Rechte und Pflichten aus § 152 ZVG im Fall eines grundstücksbezogenen Gewerbebetriebs. Unter Hinweis darauf, dass die Zwangsverwaltungsmasse gegenüber der Insolvenzmasse lediglich Sondermasse sei, wird der Beschluss der Gläubigerversammlung aus § 157 InsO verbreitet als bindend oder ___________ 423) Leonhardt/Smid/Zeuner/Depré, InsO, § 49 Rn. 104. 424) Vgl. Smid, Kreditsicherheiten, § 23 Rn. 57. 425) Vgl., auch zur umstrittenen Rechtslage im Fall fehlenden Konsenses, etwa BAG, NJW 1980, 2148, 2149; BAG, Urt. v. 18.8.2011 – 8 AZR 230/10, ZInsO 2011, 2083 [Rn. 29 ff.]; LAG Niedersachsen, Urt. v. 25.2.2010 – 5 Sa 1567/09, BeckRS 2010, 72275; Eickmann, ZIP 1986, 1517, 1524; MünchKomm Müller-Glöge, BGB, § 613a Rn. 70; Smid, Kreditsicherheiten, § 23 Rn. 57 f.; Staudinger/Annuß, BGB, § 613a Rn. 129; Stöber, ZVG, § 152 Anm. 9.12 m. w. N. 426) Leonhardt/Smid/Zeuner/Depré, InsO, § 49 Rn. 106; krit. Zipperer, ZfIR 2011, 385, 393.

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doch zumindest als wirtschaftliche Maßnahme bezeichnet, die der Zwangsverwalter bei seinen wirtschaftlichen Entschlüssen gem. § 152 ZVG zu beachten habe; dies sei über die (im Vergleich zu § 58 InsO weiter reichende) Anweisungsbefugnis des Vollstreckungsgerichts gegenüber dem Zwangsverwalter aus § 153 ZVG durchzusetzen.427) 388 Nach der hier vertretenen Auffassung (Rn. 383 f.) ergibt sich die Antwort wiederum aus Umfang und Grenzen der haftungsrechtlichen Zuweisung der Grundstückserträge an die dinglich Berechtigten:428) Soweit diese reicht – was ja seinerseits bislang nur teilweise geklärt ist (Rn. 378 ff.) –, ist eine Rechtszuständigkeit der Gläubigergesamtheit nicht gegeben und hat sich das Handeln des Zwangsverwalters allein an den Interessen der Grundpfandgläubiger auszurichten. Gegenteilige Beschlüsse der Gläubigerversammlung dürften nichtig sein und binden jedenfalls den Zwangsverwalter nicht. 6. Einstellung der Zwangsverwaltung auf Antrag des Insolvenzverwalters a) Grundsätzliches 389 Ebenso wie die von einem Gläubiger betriebene Zwangsversteigerung ist die von einem Gläubiger betriebene Zwangsverwaltung u. U. geeignet, das Insolvenzverfahren zu stören, insbesondere weil der Zwangsverwalter das für die Betriebsfortführung benötigte Grundstück einer anderen wirtschaftlichen Nutzung zuzuführen beabsichtigt und dadurch eine vorzeitige Betriebsstilllegung zu erzwingen droht. Das Gesetz versucht dem zu begegnen, indem dem Verwalter durch § 153b ZVG die Möglichkeit gegeben wird, die Einstellung der Zwangsverwaltung zu erwirken und die Verwaltung der Immobilie selbst zu übernehmen.429) Es bringt hierdurch zum Ausdruck, dass die Interessen der Grundpfandgläubiger unter bestimmten engen Voraussetzungen hinter die Interessen der Gesamtgläubigerschaft zurücktreten müssen, relativiert aber selbst dies noch durch die Anordnung eines finanziellen Nachteilsausgleichs zugunsten der Zwangsverwaltungsmasse (Rn. 400 ff.). 390 Die Einstellung der Zwangsverwaltung wird praktisch auch dann immer in Betracht gezogen werden müssen, wenn die menschlichen Konflikte zwischen Zwangsverwalter und Insolvenzverwalter sich zum Nachteil beider Gläubigergruppen auszuwirken drohen. „Das Nebeneinander zweier gerichtlich bestellter Verwalter, denen die Wahrung durchaus unterschiedlicher Interessenlagen anvertraut ist, führt zu unerfreulichen Kompetenzstreitigkeiten, die ein alter Vollstreckungsrichter einmal mit dem lebensnahen Satz beschrieb: ___________ 427) Vgl. Eickmann, ZIP 1986, 1517, 1523, u. ZfIR 2007, 557, 561; wohl auch Stöber, ZVG, § 152 Rn. 9.1. 428) Ebenso Zipperer, ZfIR 2011, 385, 390 f.; s. a. Jaeger/Henckel, InsO, Vor §§ 49 – 52 Rn. 35. 429) Eingehend hierzu auch Morvilius, Zwangsversteigerung/Zwangsverwaltung, Rn. 871 ff.; Jungmann, NZI 1999, 352 ff.; Mönning/Zimmermann, NZI 2008, 134 ff.; Schmidberger, ZfIR 2009, 276 ff.; Tetzlaff, ZInsO 2005, 521, 526; Klein, ZInsO 2002, 1065 ff.; Hintzen, Rpfleger 1999, 256, 262 f.; Vallender, Rpfleger 1997, 353, 355.

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„Zwei Platzhirsche verträgt kein Revier“.430) Auch der Umstand, dass die Zwangsverwaltung häufig dann beantragt wird, wenn eine Einigung der Grundpfandgläubiger mit dem Insolvenzverwalter über die Modalitäten einer „kalten Zwangsverwaltung“ (Rn. 412 ff.) gescheitert ist oder wenn die Gläubiger mit der Amtsführung des Insolvenzverwalters unzufrieden sind, wird nicht selten zu Spannungen zwischen den beteiligten Personen führen. Da § 153b ZVG lediglich die Einstellung des Verfahrens regelt, wird das 391 Zwangsverwaltungsverfahren bei stattgebendem Antrag nicht aufgehoben und die Beschlagnahme durch den Zwangsverwalter bleibt bestehen. Ebenso bleibt auch der Zwangsverwaltungsvermerk im Grundbuch eingetragen. Gleichwohl ist dem Zwangsverwalter die Befugnis entzogen, wirksam Verfahrenshandlungen über das von dem Einstellungsantrag betroffene Grundstück vorzunehmen. Soweit die Einstellung reicht (d. h. in der Regel vollständig), geht die Ver- 392 waltung und Nutzung des Grundstücks auf den Insolvenzverwalter unmittelbar über, d. h. dieser muss sich darum kümmern, dass die laufenden Verträge erfüllt werden, leerstehende Wohnungen vermietet werden, Kündigungen entgegengenommen und ausgesprochen werden, die Verkehrssicherheit des Grundstücks aufrecht erhalten wird, laufende Hausgelder (Wohngelder) zur Bewirtschaftung von Eigentümergemeinschaften gezahlt werden und vieles mehr, nicht zu vergessen die Umsatzsteuervoranmeldungen. Umgekehrt muss der Zwangsverwalter unbeschadet seiner fortbestehenden Bestallung seine Tätigkeit zu einem ordnungsgemäßen (vorläufigen) Abschluss bringen, d. h. eine Zwischenabrechnung nebst Vergütungsantrag anfertigen, den Mietern, Versorgungsträgern etc. mitteilen, dass er nicht mehr zuständig ist, Überschüsse auf den Teilungsplan auszahlen, die Unterlagen und Schlüssel an den Insolvenzverwalter weiterreichen etc. Im praktischen Ergebnis kommt diese Einstellung deshalb einer Aufhebung der Zwangsverwaltung näher als einem „Ruhen des Verfahrens“.431) Hatte der Zwangsverwalter das Grundstück bereits an einen Dritten vermietet 393 oder verpachtet, bleibt der Vertrag auch nach einer Einstellung nach § 153b ZVG gegen die Insolvenzmasse wirksam und muss nach den Kündigungsvorschriften des BGB durch den Insolvenzverwalter beendet werden.432) In der Praxis wird von dem Einstellungsrecht kaum Gebrauch gemacht. 394 Denn sofern der Insolvenzverwalter zur Verwaltung der Immobilie bereit ist, vereinbaren Gläubiger und Insolvenzverwalter in der Regel die „kalte Zwangsverwaltung“ (Rn. 412 ff.). ___________ 430) Eickmann, ZIP 1986, 1517. 431) Böttcher, ZVG, § 153b Rn. 7; Mönning/Zimmermann, NZI 2008, 134, 139; Schmidberger, ZfIR 2009, 276 f.; Thrum, InsbürO 2009, 96, 98; vgl. auch OLG Dresden, Urt. v. 21.2 2001 – 13 U 1614/00, ZfIR 2001, 409. 432) Smid, Kreditsicherheiten, § 23 Rn. 56; MünchKomm/Tetzlaff, InsO, § 165 Rn. 253; Eickmann, ZfIR 1999, 81, 86.

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b) Einstellung im eröffneten Insolvenzverfahren aa) Voraussetzungen 395 Um die optimale Nutzung eines Objekts als Teil der Insolvenzmasse zu gewährleisten, kann der Insolvenzverwalter nach § 153b Abs. 1 ZVG die Einstellung der Zwangsverwaltung beantragen, wenn das Insolvenz- und das Zwangsverwaltungsverfahren zeitgleich stattfinden. Dazu muss er glaubhaft machen, dass durch die Fortsetzung der Zwangsverwaltung eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung der Insolvenzmasse wesentlich erschwert wird. Entscheidend ist nicht, ob eine einzelne Immobilie wirtschaftlich erschwert genutzt werden kann, sondern ob die Insolvenzmasse insgesamt durch die Anordnung der Zwangsverwaltung beeinträchtigt wird. Eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung liegt dann vor, wenn das Ziel der bestmöglichen Haftungsverwirklichung der Insolvenzgläubiger am besten erreicht ist. Wesentlich erschwert ist eine sinnvolle Nutzung dann, wenn die Behinderungen über das durch die Zwangsverwaltung übliche Ausmaß hinausgehen.433) 396 Deshalb rechtfertigt nicht allein der Umstand, dass der Insolvenzmasse durch die Zwangsverwaltung der Zugriff auf Miet- und Pachtforderungen genommen ist, eine Einstellung nach § 153b ZVG. Dies ist nämlich die typische Folge einer jeden Zwangsverwaltung. Ließe sich darauf ein Einstellungsbeschluss stützen, wäre den Absonderungsberechtigten ihr insolvenzfestes Befriedigungsrecht nach §§ 49 InsO, 10 Abs. 1 Nr. 4 ZVG faktisch genommen. Außerdem wird die wirtschaftliche Nutzung durch eine Minderung der Insolvenzmasse durch laufende Zahlungen aus dem mit Beschlag belegten Grundstück und den im Eigentum des Schuldners stehenden Zubehörstücken nicht wesentlich erschwert.434) 397 Ebenso wenig wird man eine wesentliche Erschwerung der Tätigkeit des Insolvenzverwalters allein deshalb annehmen können, weil das schuldnerische Unternehmen auf dem zwangsverwalteten Grundstück betrieben wird und der Insolvenzverwalter das Grundstück für die Betriebsfortführung benötigt. Solange der Zwangsverwalter nämlich bereit ist, das Grundstück an den Insolvenzverwalter zu vermieten bzw. zu verpachten, muss eine Erschwerung ausscheiden. Die Tatsache allein, dass aus der Insolvenzmasse Mieten zu begleichen sind, rechtfertigt eine Einstellung der Zwangsverwaltung nicht. Denn nach § 153b Abs. 2 ZVG ist die Einstellung ohnehin mit der Auflage zu verbinden, dass die dem betreibenden Gläubiger entstehenden Nachteile durch laufende Zahlungen aus der Insolvenzmasse auszugleichen sind. Allerdings kommt eine Einstellung nach § 153b ZVG dann in Frage, wenn der Zwangsverwalter zu ___________ 433) Kübler/Prütting/Bork/Flöther, InsO, § 165 Rn. 57 f.; Hintzen, in: Haarmeyer/Wutzke/ Förster, Zwangsverwaltung, § 153 Rn. 5; Mönning/Zimmermann, NZI 2008, 134, 137 f. 434) Leonhardt/Smid/Zeuner/Depré, InsO, § 49 Rn. 72; Stöber, ZVG, § 153b Rn. 2.3; Jungmann, Grundpfandgläubiger, Rn. 198; Kübler/Prütting/Bork/Flöther, InsO, § 165 Rn. 58.

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einer Vermietung an den Insolvenzverwalter nicht bereit ist, insbesondere weil er bereits einen Dritten als potentiellen Mieter gewonnen hat.435) Ebenso ist zu entscheiden, wenn die Zwangsverwaltung dem in der ersten Gläu- 398 bigerversammlung gem. § 157 InsO festgelegten Verfahrensziel widerspricht, z. B. wenn ein Insolvenzplanverfahren aufgrund der Zwangsverwaltung zu scheitern droht oder eine übertragende Sanierung nicht durchgeführt werden kann.436) Gleiches gilt schließlich, wenn der Insolvenzverwalter das zwangsverwaltete 399 Grundstück veräußern will und mit potentiellen Käufern in Verhandlung steht. In einer solchen Situation schwächt bereits die angeordnete Zwangsverwaltung den Insolvenzverwalter in seiner Verhandlungsposition gegenüber Interessenten empfindlich und erschwert damit eine angemessene Verwertung der Insolvenzmasse.437) bb) Gläubigerschutz Gemäß § 153b Abs. 2 ZVG ist die Einstellung mit der Auflage anzuordnen, 400 dass die Nachteile, die dem betreibenden Gläubiger aus der Einstellung erwachsen, durch laufende Zahlungen aus der Insolvenzmasse ausgeglichen werden (als Masseverbindlichkeit, § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO). Dieser Umstand rechtfertigt es, dass § 153b ZVG keine Abwägung der Interessen von vollstreckendem Gläubiger und Insolvenzgläubiger vorsieht, also im Unterschied zur einstweiligen Einstellung der Zwangsversteigerung eine Berücksichtigung der wirtschaftlichen Belange des Gläubigers nicht erfolgt. Anspruchsberechtigt sind nur diejenigen betreibenden Gläubiger, die auch in der Zwangsverwaltung eine Zahlung erhalten hätten.438) Die Ausgleichspflicht besteht, anders als im Rahmen der Zwangsversteige- 401 rung, sofort und beginnt nicht erst nach dem Berichtstermin. Für den Grundpfandgläubiger kann es daher vorteilhaft sein, neben der Zwangsversteigerung auch die Zwangsverwaltung zu beantragen.439) Im Umfang entspricht die laufende Zahlung den im Rahmen der Zwangsver- 402 waltung an den Gläubiger auszukehrenden Beträgen. Eine Ausgleichspflicht scheidet daher immer dann aus, wenn und soweit der Gläubiger auch bei Durchführung der Zwangsverwaltung keine Zahlung erhalten hätte, etwa ___________ 435) HambKomm/Büchler, InsO, § 165 Rn. 34; MünchKomm/Tetzlaff, InsO, § 165 Rn. 255; Eickmann, ZfIR 1999, 81, 86; Hintzen Rpfleger 1999, 256, 262; ders., in: Haarmeyer/ Wutzke/Förster, Zwangsverwaltung, § 153b Rn. 5; Mönning/Zimmermann, NZI 2008, 134, 138; Wenzel, NZI 1999, 101, 103; Smid, Kreditsicherheiten, § 23 Rn. 64. 436) Kübler/Prütting/Bork/Flöther, InsO, § 165 Rn. 58; Uhlenbruck/Brinkmann, InsO, § 165 Rn. 23. 437) Mönning/Zimmermann, NZI 2008, 134, 138; Knees, ZIP 2000, 1568, 1576; Böttcher, ZVG, § 153b Rn. 3; einschr. wohl LG Potsdam, Beschl. v. 18.9.2007 (zit. NZI 2008, 138 Fn. 59). 438) BT-Drucks. 12/2443, S. 177; MünchKomm/Tetzlaff, InsO, § 165 Rn. 256; Stöber, ZVG, § 153b Rn. 2.3 a. E.; Jungmann, Grundpfandgläubiger, Rn. 201, 213; Knees, ZIP 2001, 1568, 1576; Vallender, Rpfleger 1997, 353, 355. 439) MünchKomm/Tetzlaff, InsO, § 165 Rn. 257; Uhlenbruck/Brinkmann, InsO, § 165 Rn. 23; Jungmann, Grundpfandgläubiger, Rn. 245.

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weil vorrangig Verwaltungsausgaben und Verfahrenskosten hätten bedient werden müssen. Verhindert jedoch die Einstellung z. B. eine Vermietung oder Verpachtung an einen Dritten, so müssen die damit nachweisbar erzielbaren Erlöse ersetzt werden. Diese werden vom Gericht ermittelt und wiederum in der Auflage, die mit der Einstellung verbunden wird, festgelegt.440) 403 Der Nachteilsausgleich bringt insofern ein für den Insolvenzverwalter häufig nicht tragbares finanzielles Risiko mit sich. Denn das Festsetzungsverfahren durch das Vollstreckungsgericht erweist sich insbesondere bei größeren Immobilien als wenig kalkulierbar und ruft insofern für den Insolvenzverwalter nicht abschätzbare Unsicherheiten hervor.441) 404 Da die Insolvenzmasse als Folge der Einstellung ohnehin die allgemeinen Verwaltungs- und Bewirtschaftungskosten für die Grundstücke zu tragen hat, wird der zusätzlich zu zahlende Nachteilsausgleich zudem nicht selten die Einstellung der Zwangsverwaltung wirtschaftlich sinnlos machen; dies wird der Insolvenzverwalter zur Vermeidung einer persönlichen Haftung vor einem entsprechenden Antrag stets zu bedenken haben. Dabei ist allerdings auch zu berücksichtigen, dass es für den Insolvenzverwalter schon einen Vorteil bedeuten kann, wenn er sich nicht mit dem Zwangsverwalter abstimmen muss und so Entscheidungen schneller treffen kann. cc) Verfahren 405 Das Gericht hat die entstehenden Nachteile zu ermitteln und in der Auflage, die mit der Einstellung zu verbinden ist, festzulegen. Gemäß § 153b Abs. 3 ZVG sind der Zwangsverwalter und der betreibende Gläubiger vor der Entscheidung des Gerichts zu hören. Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts ist das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gem. §§ 793 ZPO, 11 Abs. 1 RPflG statthaft. Diese steht dem die Zwangsverwaltung betreibenden Gläubiger bei Stattgabe des Einstellungsantrags und dem Insolvenzverwalter bei seiner Ablehnung zu.442) 406 Nach § 153c Abs. 1 ZVG hebt das Gericht die Anordnung der Einstellung auf Antrag des betreibenden Gläubigers aber wieder auf, wenn die Voraussetzungen für die Einstellung fortgefallen sind, die Auflagen nach § 153b Abs. 2 ZVG nicht beachtet werden oder der Insolvenzverwalter der Aufhebung zustimmt. Vor der gerichtlichen Entscheidung ist der Insolvenzverwalter gem. § 153c Abs. 2 Satz 1 ZVG zu hören. Wird das Insolvenzverfahren beendet, so endet die Wirkung der einstweiligen Einstellung automatisch, § 153c Abs. 2 Satz 2 ZVG. Ein gesonderter Beschluss ist nicht erforderlich; die Gläubigeransprüche aus der Zwangsverwaltung leben wieder auf. ___________ 440) Vgl. BT-RA zu Art. 20 RegE-EGInsO, BT-Drucks. 12/7303 S. 109; Jungmann, Grundpfandgläubiger, Rn. 244; Mönning/Zimmermann, NZI 2008, 134, 139; Stöber, ZVG, § 153b Rn. 5.2. 441) Niering, NZI 2008, 146, 147. 442) Böttcher, ZVG, § 153 Rn. 6; Stöber, ZVG, § 153b Rn. 8; Mönning/Zimmermann, NZI 2008, 134, 139; a. A. Hintzen, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, Zwangsverwaltung, § 153b Rn. 8; Kindler, Grundpfandrechte, S. 82: Erinnerung nach § 11 Abs. 2 RPflG.

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c) Einstellung im Insolvenzeröffnungsverfahren Eine Einstellung der Zwangsverwaltung im Insolvenzeröffnungsverfahren – 407 und damit auf Antrag des vorläufigen Insolvenzverwalters – ist im ZVG nicht geregelt. Dies ist problematisch, ist es doch das erklärte Ziel der Insolvenzordnung, die Entscheidung über die Art und Weise der Verwertung des Schuldnervermögens bis zum Berichtstermin offen zu halten, damit allein die Gläubigerversammlung hierüber entscheiden kann. Dem würde es widersprechen, wenn der Zwangsverwalter schon während des Eröffnungsverfahrens vollendete Tatsachen schaffen könnte. Da das Eröffnungsverfahren in der Unternehmensinsolvenz (im Hinblick auf die Möglichkeit der Betriebsfortführung mithilfe der Insolvenzgeldvorfinanzierung) typischerweise ca. drei Monate dauert, ist dieses Risiko auch keineswegs gering zu veranschlagen. Daher besteht auch während des Eröffnungsverfahrens ein Bedürfnis dafür, dem Zwangsverwalter die Nutzungsbefugnis im Hinblick auf die Interessen der Gläubigergesamtheit zu entziehen. Dementsprechend war im Regierungsentwurf der InsO (§ 25 Abs. 2 Nr. 3) bestimmt worden, dass die Zwangsverwaltung auch im Eröffnungsverfahren auf Antrag eingestellt werden können sollte; Gesetz geworden ist diese Regelung jedoch nicht, sondern bei der Verlagerung dieses Regelungskomplexes in das ZVG gewissermaßen „verloren gegangen“. Auch bei der Erweiterung der Antragsbefugnis im Zwangsversteigerungsverfahren auf den vorläufigen Sachwalter durch das ESUG (Rn. 279) ist die Antragsbefugnis des vorläufigen Insolvenzverwalters im Zwangsversteigerungsverfahren nicht erkennbar bedacht worden. Teilweise wird hieraus gefolgert, dass es sich bei § 153b ZVG um eine 408 abschließende Sonderregelung handele, die sich eben nur auf das eröffnete Insolvenzverfahren beziehe, und die Möglichkeit, die Einstellung der Zwangsverwaltung zu beantragen, für den vorläufigen Insolvenzverwalter daher abgelehnt.443) Darüber hinaus sei die Unterscheidung zwischen Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung im Eröffnungsverfahren auch nachvollziehbar, da nur die Zwangsversteigerung bewirke, dass die Insolvenzmasse endgültig geschmälert werde. Dem ist jedoch nicht zuzustimmen. Im Hinblick auf den Gesetzeszweck – 409 eine nachteilige Veränderung in der Vermögenslage des Schuldners zu verhindern, bis geklärt ist, ob es zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens kommt – und angesichts des Schutzbedürfnisses der Gläubiger ist in analoger An___________ 443) LG Cottbus, Beschl. v. 28.1.2000 – 7 T 549/99, ZInsO 2000, 107; LG Cottbus, Beschl. v. 20.4.2000 – 7 T 548/99, ZInsO 2000, 337, 338; Böttcher/Böttcher/Keller, ZVG, § 153b Rn. 2; FK-InsO/Schmerbach, § 21 Rn. 215; FK-InsO/Wegener, § 165 Rn. 19; Nerlich/ Römermann/Becker, InsO, § 165 Rn. 43; Stöber, ZVG, § 153b Rn. 3; Uhlenbruck/ Vallender, InsO, § 21 Rn. 32; Smid, Kreditsicherheiten, § 23 Rn. 62; Knees, ZIP 2001, 1568, 1571; Lwowski/Tetzlaff, WM 1999, 2336, 2338 f.; Stengel, ZfIR 2001, 352 f.; Niering, NZI 2008, 146, 147; Morvilius, Zwangsversteigerung/Zwangsverwaltung, Rn. 880; Zipperer, ZfIR 2011, 385, 391.

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wendung des § 30d Abs. 4 ZVG444) oder des § 153b ZVG445) eine Einstellung der Zwangsverwaltung unter den dort genannten Voraussetzungen auf Antrag des vorläufigen Insolvenzverwalters zuzulassen. Andernfalls bliebe der Gläubigerschutz in der Insolvenzordnung hinter dem Standard der Sicherungsmaßnahmen in der GesO (vgl. § 2 Abs. 4 GesO) und in der VglO (vgl. § 13 Abs. 1 VglO) zurück, was kaum der gesetzgeberischen Intention entsprechen dürfte. Vermutlich ist daran bei der Einfügung des § 30d Abs. 4 ZVG durch den Rechtsausschuss nicht gedacht worden. Jedenfalls lässt die Gesetzgebungsgeschichte den gegenteiligen Schluss, Spezialregelungen seien erfolgt, eine Regelung für das Eröffnungsverfahren sei jedoch (bewusst) unterblieben, sodass auch die Pauschalverweisung nicht greifen dürfe, nicht zu. 7. Feststellungskosten in der Zwangsverwaltung 410 Fraglich und umstritten ist, ob der Anspruch auf Ersatz der Feststellungskosten für das Zubehör auch in der Zwangsverwaltung zu berücksichtigen ist. Dem an sich klaren Wortlaut nach greift § 10 Abs. 1 Nr. 1a ZVG nur im Falle einer Zwangsversteigerung ein. Sinn und Zweck der Regelung streiten an sich aber für die (entsprechende) Anwendung von § 10 Abs. 1 Nr. 1a ZVG in der Zwangsverwaltung. Die Frage, welche beweglichen Gegenstände vom Verfahren erfasst werden, stellt sich hier in gleicher Weise wie bei der Zwangsversteigerung, vgl. §§ 20 f., 146 Abs. 1, 148 Abs. 1 Satz 1 ZVG; der Insolvenzverwalter muss also auch hier diesbezügliche Feststellungen treffen. Wie schon vor der Einführung des § 10 Abs. 1 Nr. 1a ZVG regelt § 155 Abs. 2 Satz 1 ZVG die Verteilung des Erlöses unverändert durch Verweis auf § 10 Abs. 1 Nr. 1 – 5 ZVG. Zwar könnte dies damit erklärt werden, dass die Aufzählung in § 155 Abs. 2 Satz 1 ZVG nicht notwendig bedeute, dass die erwähnten Ränge auch tatsächlich in der Zwangsverwaltung besetzt sein können. Dies erscheint jedoch nicht als angemessen. Zentraler Gedanke der Kostentragungspflicht ist, dass die Insolvenzmasse nicht zum Nachteil der ungesicherten Gläubiger mit Kosten belastet bleibt, die ausschließlich im Interesse der gesicherten Gläubiger aufgewendet werden. Die Versagung eines Kostenausgleichs auch bei der Zwangsverwaltung ist vor diesem Hintergrund nicht sachgerecht. 411 Gleichwohl dürfte eine telelogisch korrigierende Gesetzesinterpretation methodisch nicht begründbar sein. Für das Fehlen einer planwidrigen Regelungslücke kann zudem die Systematik der Norm angeführt werden, da § 10 Abs. 1 Nr. 1 ZVG gerade auch auf die Zwangsverwaltung abstellt, während § 74a Abs. 5 Nr. 2 ZVG wiederum nur auf die Zwangsversteigerung eingeht. Das Gesetz trennt also durchaus zwischen Zwangsversteigerung und Zwangsver___________ 444) HK-InsO/Kirchhof, § 21 Rn. 47; Klein, ZInsO 2002, 1065, 1068; ähnlich (§ 146 Abs. 1 i. V. m. § 30d Abs. 4 ZVG) BerlKomm/Undritz/Fiebig, InsO, § 165 Rn. 31; Jaeger/ Gerhardt, InsO, § 21 Rn. 43; MünchKomm/Haarmeyer, InsO, § 21 Rn. 79; MünchKomm/ Tetzlaff, InsO, § 165 Rn. 261; ders., ZInsO 2004, 521, 527; Barre, Single Asset, S. 143 f.; Jungmann, Grundpfandgläubiger, Rn. 209 ff., 213; ders., NZI 1999, 352, 354. 445) Kindler, Grundpfandrechte, S. 82 ff.; Lenenbach, Sicherungsmaßnahmen, S. 289 ff.; Waldherr, ZfIR 2005, 833, 849.

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II. Verwaltungsvereinbarung („kalte“ Zwangsverwaltung)

waltung. Schließlich ist in den Gesetzesmaterialien ausschließlich die Zwangsversteigerung erwähnt. Die Feststellungskosten gehören auch nicht etwa zu den Kosten der Zwangsverwaltung, die gem. § 155 Abs. 1 ZVG aus den in der Zwangsverwaltung erzielten Erträgen vorweg getilgt werden.446) II. Verwaltungsvereinbarungen zwischen Insolvenzverwalter und Absonderungsberechtigten („kalte“ Zwangsverwaltung) 1. Erscheinungsformen der „kalten“ Zwangsverwaltung Die sog. kalte Zwangsverwaltung im Insolvenzverfahren bezeichnet privat- 412 autonome Verwaltungsvereinbarungen zwischen dem Insolvenzverwalter und dem Inhaber des erstrangigen Grundpfandrechts (bzw. allen dinglich befriedigungsberechtigten Gläubigern)447) mit dem Inhalt, dass der Grundpfandgläubiger von dem Recht, die gerichtliche Zwangsverwaltung zu beantragen, keinen Gebrauch macht und die Verwaltung der Immobilie statt dessen durch den Insolvenzverwalter wahrgenommen werden soll, der die Mieten etc. einzieht und – unter Abzugs eines gewissen Anteils als „Kostenbeitrag“ (Rn. 420) – an den bzw. die Gläubiger weiterreicht.448) Eine praktische seltenere (und rechtspolitisch nicht unbedenkliche) Variante 413 hiervon bildet die auch im Insolvenzverfahren praktizierte „kalte Institutsverwaltung“, bei der ein Grundpfandgläubiger – in der Regel der Inhaber des erstrangigen Grundpfandrechts – analog zur gerichtlich angeordneten Institutsverwaltung (§ 150a ZVG, s. Rn. 359 f.), aber eben allein aufgrund eines Geschäftsbesorgungsvertrags mit dem Insolvenzverwalter und als dessen Erfüllungsgehilfen, die Verwaltung des Grundstücks wahrnimmt (bzw. ihrerseits durch einen von ihm beauftragten externen Immobilienverwalter als weiteren Erfüllungsgehilfen wahrnehmen lässt) und die Nutzungen zieht (Rn. 341, 360).449) Der Gläubiger wird die Insolvenzmasse in diesem Fall von den Kosten und Risiken aus der Verwaltung der Immobilie freistellen und die Erträge ver___________ 446) Jungmann, Grundpfandgläubiger, Rn. 255; Marotzke, ZZP 109 (1996), 429, 460; Böttcher, ZVG, § 1 Rn. 14h; Stöber, ZVG, § 10 Rn. 3.9; a. A. Nerlich/Römermann/Becker, InsO, § 165 Rn. 32. 447) Der Versuch einer Einbeziehung aller Grundpfandgläubiger ist zumindest dann ratsam, wenn diese bei einer gerichtlichen Zwangsverwaltung selbst mit Zahlungen rechnen könnten, damit diese nicht die kalte Zwangsverwaltung durch einen eigenen Antrag auf gerichtliche Zwangsverwaltung torpedieren, vgl. Bork, ZIP 2013, 2129, 2133; Keller, NZI 2013, 265, 268; Molitor, ZInsO 2011, 1486, 1487. 448) Eine „Geschäftsbesorgung“ des Insolvenzverwalters für den oder die Grundpfandgläubiger stellt das entgegen einem verbreiteten Sprachgebrauch nicht dar, weil die Mieten in Ermangelung einer Beschlagnahme nach wie vor in die Masse fallen und ihre Einziehung deshalb originäre Verwalteraufgabe ist, s. Rn. 416, 420, ferner bereits Rn. 203 zur Parallelfrage bei der freihändigen Grundstücksveräußerung. 449) Zur Zulässigkeit im Insolvenzverfahren s. etwa OLG München, Urt. v. 9.7.1992 – 6 U 5584/91, ZIP 1993, 135, 136; Knees, ZIP 2001, 1568, 1571; Kindler, Grundpfandrechte, S. 49; Molitor, ZInsO 2011, 1486, 1487 f.; ders., in: Molitor/Hild, Immobilien in der Insolvenzrechtspraxis, Rn. 617 ff.; s. allgemein Schmidberger, ZInsO 2007, 1137 ff.; Mayer, ZfIR 2005, 809 ff.

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E. Die Verwertung der Grundstückserträge

einnahmen. In Betracht kommt dies vor allem dann, wenn nach den Umständen ohnehin nicht zu erwarten ist, dass nach der Befriedigung der Zinsansprüche des erstrangigen Gläubigers noch weitere Gläubiger aus den Erträgen befriedigt werden könnten. 414 Möglich ist auch die „kalte Eigenverwaltung“, bei der der Insolvenzverwalter analog zur gerichtlich angeordneten Eigenverwaltung (§ 150a ZVG, s. Rn. 362) den Schuldner als Erfüllungsgehilfen für die Verwaltung und Bewirtschaftung der Immobilie einsetzt,450) ebenso wie Mischformen („eiskalte“ Zwangsverwaltung), bei denen etwa die Vermarktung der Immobilie und die Finanzierung der Verwaltung von Mitarbeitern der Gläubigerbank abgewickelt werden (partielle kalte Institutsverwaltung), die Verkehrssicherung der Immobilie aber durch den vom Insolvenzverwalter beauftragten Schuldner (partielle kalte Eigenverwaltung) erfolgt.451) 415 In der Praxis hat die kalte Zwangsverwaltung in den Fällen, in denen der Insolvenzverwalter bereit ist, die Verwaltung der Immobilie selbst zu übernehmen, zur Vermeidung einer gerichtlichen Zwangsverwaltung deutlich größere Bedeutung als die Einstellung der Zwangsverwaltung nach § 153b ZVG, mit deren Anwendungsbereich sie sich bei Betriebsgrundstücken überschneiden kann. Welche der genannten Varianten die Beteiligten wählen werden, hängt stark von den tatsächlichen Besonderheiten des Einzelfalls ab; eine generelle Tendenz zur Bevorzugung einer der Varianten ist nicht auszumachen.452) 2. Zulässigkeit und Wirkungen 416 Die Zulässigkeit der kalten Zwangsverwaltung im Insolvenzverfahren steht in Rechtsprechung und Literatur außer Zweifel.453) Dies bedarf insofern der Hervorhebung, als es sich bei Lichte besehen keineswegs von selbst versteht, dass der Insolvenzverwalter die eingezogenen Mieten an der Insolvenzmasse vorbei unmittelbar an die Grundpfandgläubiger ausschütten darf. Soweit dies für unproblematisch gehalten wird, wird typischerweise außer Acht ge___________ 450) Siehe etwa Molitor, in: Molitor/Hild, Immobilien in der Insolvenzrechtspraxis, Rn. 629 ff.; ders., ZInsO 2011, 1486, 1488. 451) Siehe etwa Molitor, in: Molitor/Hild, Immobilien in der Insolvenzrechtspraxis, Rn. 645 ff.; ders., ZInsO 2011, 1486, 1488. 452) Molitor, ZInsO 2011, 1486, 1488. 453) Vgl. nur OLG Hamm, Urt. v. 14.6.2005 – 27 U 85/04, ZIP 2006, 433; LG Leipzig, B. v. 23.1.2007 – 12 T 763/06, ZInsO 2007, 148, 149; LG Heilbronn, Beschl. v. 4.4.2012 – 1 T 89/12, ZIP 2012, 2077; FG Düsseldorf, Urt. v. 10.6.2009 – 5 K 3940/07 U, ZInsO 2010, 434; aus der Lit. Dassler/Schiffhauer/Engels, ZVG, § 146 Rn. 40; Jaeger/Henckel, InsO, Vor §§ 49 – 52 Rn. 48; MünchKomm/Ganter, InsO, Vor §§ 49 – 52 Rn. 100 ff., § 49 Rn. 84; Becker, ZInsO 2013, 2532, 2534; Bork, ZIP 2013, 2129, 2134; Keller, ZfIR 2002, 861, 867 u. NZI 2013, 265, 267; Knees, ZIP 2001, 1568, 1575; Molitor, ZInsO 2011, 1486 ff. u. ZfIR 2013, 192 ff.; ders. in Molitor/Hild, Immobilien in der Insolvenzrechtspraxis, Rn. 599 ff.; Raab, DZWIR 2006, 234, 239; Tetzlaff, ZfIR 2005, 179; s. auch BGH, Urt. v. 9.11.2006 – IX ZR 133/05, ZIP 2007, 35 [Rn. 17]; BGH, Beschl. v. 24.1.2008 – IX ZB 120/07, ZIP 2008, 514 [Rn. 13]; BGH, Beschl. v. 19.11.2009 – IX ZB 261/08, ZIP 2010, 145 [Rn. 26]; BFH, Urt. v. 28.7.2011 – V R 28/09, BFHE 235, 22 = ZIP 2011, 1923 [Rn. 13, 35 f.].

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II. Verwaltungsvereinbarung („kalte“ Zwangsverwaltung)

lassen, dass die zunächst nur „latente“ dingliche Haftung der Mieten für das Grundpfandrecht an sich noch der „Aktualisierung“ durch die Beschlagnahme des Grundstücks in Gestalt der Anordnung der Zwangsverwaltung bedarf (Rn. 344). Diese aber unterbleibt hier gerade bzw. wird durch die Vereinbarung eines fiktiven Beschlagnahmezeitpunkts ersetzt (Rn. 423), der dann zugleich zur Abgrenzung der Rechte der Insolvenzmasse einerseits und der Rechte der Grundpfandberechtigten andererseits im Hinblick auf Erträge und Aufwendungen dient.454) Dies bedeutet zunächst, dass der Insolvenzverwalter – der auch insoweit natürlich nicht als Privatperson, sondern kraft Amtes für die Insolvenzmasse handelt455) – sich die rechtliche Befugnis zur Einziehung der Mieten keineswegs erst durch besondere Vereinbarung mit dem Grundpfandgläubiger verschaffen muss; diese Befugnis beruht vielmehr auf seiner Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis hinsichtlich der Gegenstände der Insolvenzmasse, in die die Mietforderungen in Ermangelung irgendwelcher förmlichen Beschlagnahmewirkungen zunächst gefallen sind.456) Zum anderen bedeutet dies, dass sich die Auskehr der Grundstückserträge an den Grundpfandgläubiger gerade nicht auf dessen dingliches Befriedigungsrecht stützen kann; denn der Grundpfandgläubiger hat in Ermangelung der Beschlagnahme zunächst nur eine Art gesicherte und insolvenzfeste „Anwartschaft“ hierauf. Dass die Vereinbarung der Auskehr der Erträge an den Grundpfandgläubiger 417 und deren Vollzug deshalb eine unzulässige, womöglich gar insolvenzzweckwidrige Verfügung über Massebestandteile darstellte, wird man hieraus allerdings nicht folgern können, will man nicht der wirtschaftlich sinnvollen Einigung der Beteiligten unangemessene Fesseln anlegen: So, wie man die freihändige Veräußerung einer massezugehörigen Immobilie im Hinblick auf die Vorzugsrechte der Absonderungsberechtigten mit der Zwangsversteigerung gleichbehandelt (Rn. 13 ff., 185, 196 ff.), sollte auch die freihändige Verwaltung der Immobilie durch den Insolvenzverwalter im Hinblick auf die Vorzugsrechte der Absonderungsberechtigten der Zwangsverwaltung gleich geachtet werden.457) Die gesicherte und insolvenzfeste „Anwartschaft“ des Grundpfandgläubigers auf die Mieten setzt sich also zwar nicht in einem Absonderungsrecht an diesen, wohl aber in der Wertung fort, dass eine Verwertungsvereinbarung, die dem Grundpfandgläubiger die Mieten in dem Umfang zuspricht, in dem er sich qua gerichtlicher Zwangsverwaltung auch im eröffneten Insolvenzverfahren aus diesen befriedigen könnte, als legitim und gerade ___________ 454) Vgl. zum Problem auch Becker, ZInsO 2013, 2532, 2534; Keller, ZfIR 2002, 861, 867 u. NZI 2013, 265, 268; Knees, ZIP 2001, 1568, 1575. 455) Bork, ZIP 2013, 2129, 2131; Keller, NZI 2013, 265, 268; Mitlehner, ZIP 2012, 649, 654. 456) Zutreffend Becker, ZInsO 2013, 2532, 2535; Bork, ZIP 2013, 2129, 2131 f.; Keller, NZI 2013, 265, 268; Mitlehner, ZIP 2012, 649, 654; a. A. insoweit Knees, ZIP 2001, 1568, 1575. 457) Zu weit gehen dagegen RG, Urt. v. 28.9.1895 – V 54/95, RGZ 35, 118, 121; OLG München, Urt. v. 9.7.1992 – 6 U 5584/91, ZIP 1993, 135 (zur KO) mit der Aussage, dass „nicht verboten sein kann, eine Forderung, deren Erfüllung erzwungen werden könnte, freiwillig zu erfüllen.“

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E. Die Verwertung der Grundstückserträge

nicht „insolvenzzweckwidrig“ einzustufen ist.458) Aufgrund der Verwertungsvereinbarung ist der Grundpfandgläubiger folglich zulässigerweise mit dem Rang einer Masseschuld (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO) vor den Insolvenzgläubigern zu befriedigen. Ein dingliches Befriedigungsrecht erwirbt er insofern aber nicht, weshalb er in der Situation der Masseinsuffizienz nicht wie ein Absonderungsberechtigter vorweg zu befriedigen ist, sondern nur nach Maßgabe des § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO anteilig mit den anderen Massegläubigern;459) es ist auch rechtlich nicht möglich, vertraglich einen die zwingenden gesetzlichen Befriedigungsmodalitäten in der Masseinsolvenz überlagernden Vorrang der Grundpfandgläubiger zu vereinbaren.460) 3. Vorteile 418 Für die Insolvenzmasse kann die Vereinbarung einer „kalten“ Zwangsverwaltung im Vergleich zur „echten“ Zwangsverwaltung verschiedene Vorteile bieten:461) x

Sie liegen zunächst in dem frei verhandelbaren Anteil an den Grundstückserträgen („Verfahrenskostenbeitrag“, s. Rn. 422), den die Insolvenzmasse durch Vorwegabzug aus der mit den Grundstückserträgen gebildeten Sondermasse erhält.

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Für den Insolvenzverwalter stellt es zudem einen praktischen Vorteil von Gewicht dar, nicht durch eine dritte Person in seinen Dispositionen eingeschränkt zu werden, sondern „aus einer Hand“ ein Konzept zur bestmöglichen Verwaltung und Verwertung der Immobilie entwickeln und ggf. zusammen mit einer etwaigen Betriebsfortführung realisieren zu können. Die Verwaltungsvereinbarung kann dann mit einer Verwertungsvereinbarung (Verkaufsvereinbarung i. S. v. Rn. 403 ff.) verbunden werden.

x

In jedem Fall wird die freihändige Veräußerung des Grundstücks nicht durch ein anhängiges Zwangsverwaltungsverfahren real und nicht zuletzt auch psychologisch (in Gestalt des „Makel“ einer im Grundbuch eingetragenen echten Zwangsverwaltung) erschwert.

___________ 458) Anders ist dies aber immer dann, wenn der Grundpfandgläubiger aufgrund der Verwaltungsvereinbarung mehr erhält als er in der gerichtlichen Zwangsverwaltung erhielte, also z. B. wenn entgegen § 155 Abs. 2 ZVG Zahlungen auf das Kapital des Grundpfandrechts oder die gesicherte Forderung erfolgen sollen, so auch Bork, ZIP 2013, 2129, 2133 f.; Keller, NZI 2013, 265, 269; vgl. auch Eickmann, ZfIR 2007, 557, 559. 459) Zutr. Mitlehner, ZIP 2012, 649, 654 u. NZI 2013, 1047 f.; a. A. Bork, ZIP 2013, 2129, 2132 f.; MünchKomm/Ganter, InsO, Vor §§ 49 – 52 Rn. 100a, die mit unterschiedlicher Begründung zu einem Vorrang analog zum echten Absonderungsrecht gelangen. 460) So aber Bork, ZIP 2013, 2129, 2132 f. 461) Vgl. zum Folgenden etwa Becker, ZInsO 2013, 2532, 2533; Bork, ZIP 2013, 2129, 2132; Förster, ZInsO 2002, 864 ff., ZInsO 2005, 746 ff. u. ZInsO 2008, 190 ff.; Förster/Klipfel, ZInsO 2013, 225 ff.; Molitor, ZInsO 2007, 1331 ff., ZInsO 2011, 1486 u. ZfIR 2013, 192 ff.; ders. in Molitor/Hild, Immobilien in der Insolvenzrechtspraxis, Rn. 584 ff.; Raab, DZWIR 2006, 234 ff.; Tetzlaff, ZfIR 2005, 179 ff.

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II. Verwaltungsvereinbarung („kalte“ Zwangsverwaltung)

Auch für die absonderungsberechtigten Gläubiger wird die Vereinbarung einer 419 „kalten“ Zwangsverwaltung häufig von Vorteil sein:462) x

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Da der Insolvenzmasse im Fall der „echten“ Zwangsverwaltung keine Erträge aus der Immobilie mehr zufließen, droht aus Sicht der Gläubiger bei wertausschöpfenden Belastungen des Grundstücks eine Freigabe an den Schuldner (Rn. 492 ff.), die geeignet sein kann, den Wert der Immobilie zu gefährden. Um dies zu verhindern, u. U. auch den „Makel“ der im Grundbuch eingetragenen echten Zwangsverwaltung zu vermeiden, sind die Gläubiger oftmals bereit, sich die Verwaltung der Immobilie durch den Insolvenzverwalter etwas kosten zu lassen.463) Vorteilhaft für die Gläubiger ist daran auch, dass sie einen einzigen und unbestrittenen Ansprechpartner haben und keine Reibungsverluste bei der Kompetenzabgrenzung zwischen zwei Verwaltern drohen, die eine Einnahmeerzielung erschweren könnten; zu diesen Vorteilen gehört auch, dass das Risiko einer vom Insolvenzverwalter herbeigeführten Einstellung der Zwangsverwaltung nach § 153b ZVG (Rn. 389 ff.) entfällt. Zudem ist der Kreditgeber keineswegs stets an einer möglichst ertragreichen Zerschlagung des Schuldnerunternehmens interessiert, sondern sieht – z. B. weil er auch Lieferanten oder Abnehmer des Schuldners mit Krediten versorgt hat und deshalb Folgeinsolvenzen fürchten muss – die Dinge in einem größeren Zusammenhang; hierzu kann auch gehören, dass die Immobilie in der Hand des Insolvenzverwalters Bestand eines stimmigen Gesamtkonzepts sein kann, das etwa nach einer gewissen Karenzzeit in eine Veräußerung der Immobilie oder eines damit zusammenhängenden Betriebs einmünden soll und zu deren Vorbereitung auch Entmietungen und Leerstände vorsieht. Außerdem hat der Insolvenzverwalter im Hinblick auf die Immobilien erheblich weiter reichende Möglichkeiten als der Zwangsverwalter, indem ihm anders als diesem etwa die Befugnis zusteht, das Grundstück und die Aufbauten zu verändern, einen stecken gebliebenen Bau zum Abschluss zu führen etc. Regelmäßig ist der Verwalter zudem im Besitz aller für eine Zwangsverwaltung relevanten Unterlagen (Versicherungsunterlagen, Mietverträge, Vereinbarungen mit Versorgungsträgern usw.) und kann ggf. eine vom Schuldner geschaffene Organisation zur Verwaltung des Immobilienbestandes übernehmen und damit effektiver als ein fremder Dritter die Verwaltung betreiben; dies gilt erst recht, wenn ein umfangreicheres Immobilienportfolio betroffen ist, bei dem nach dem ZVG für jedes Grundstück ein eigenes (kostenträchtiges) Verfahren anfiele.

___________ 462) Bork, ZIP 2013, 2129, 2132, spricht deshalb mit Recht von einer potentiellen „WinWin-Situation“. 463) Ein vertragliches Verbot der Freigabe dürfte aber unwirksam sein, Molitor, in: Molitor/ Hild, Immobilien in der Insolvenzrechtspraxis, Rn. 609; s. auch BGH, Urt. v. 21.4.2005 – IX ZR 281/03, BGHZ 163, 32 = ZIP 2005, 1034 [Rn. 9].

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E. Die Verwertung der Grundstückserträge

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Gelegentlich ist die von den Parteien erwartete Zeitspanne zwischen Insolvenzeröffnung und beabsichtigter Verwertung einer Immobilie auch so kurz, dass sich die Anordnung der „echten“ Zwangsverwaltung nicht lohnt.

Aufgrund dieser Ausgangssituation stimmen die Kreditinstitute in der Regel einer „kalten Zwangsverwaltung“ zu, die dann u. a. auch eine adäquate Massebeteiligung aufgrund der Mitwirkung des Insolvenzverwalters vorsieht (Rn. 420 ff.). 4. Aufteilung der Erträge 420 Die Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Insolvenzverwalter und dem bzw. den Absonderungsberechtigten stellt einen gegenseitigen Vertrag dar, der individuell abgeschlossen und verhandelt wird (Rn. 412). Von herausragender Bedeutung ist die Abrede über die prozentuale Aufteilung der Miete bzw. Pacht zwischen der Insolvenzmasse und den Gläubigern, die im wirtschaftlichen Ergebnis einer in die Masse zu zahlenden Verwaltungsvergütung entspricht; zum Abschluss einer solchen Vergütungsvereinbarung dürfte der Verwalter sogar geradezu verpflichtet sein, da die Verpflichtung zur Übernahme der Verwaltung im Hinblick auf die der Masse hierdurch entstehenden Kosten anderenfalls insolvenzzweckwidrig und unwirksam wäre.464) Die Aufteilung kann sich an den Regelungen der Zwangsverwaltung orientieren (Regelvergütung des Zwangsverwalters i. H. v. 10 %, s. §§ 17 ff. ZwVwV); in der Regel behält der Insolvenzverwalter aber eine höhere Quote für die Insolvenzmasse ein. Im Gegenzug kann der Insolvenzverwalter auf die Einbeziehung fiktiver Mieten verzichten und nur die tatsächlich zur Insolvenzmasse eingezogenen Mieten aufteilen. 421 Der Masseanteil an den Erträgen (das „Entgelt“) fließt selbstverständlich in jedem Fall der Insolvenzmasse zu und nicht dem Verwalter persönlich,465) der sich eine ihm persönlich zufließende Vergütung auch nicht wirksam ausbedingen kann.466) Durch die Vergrößerung der Insolvenzmasse wirkt der Massezufluss für den Insolvenzverwalter persönlich immerhin mittelbar ver___________ 464) Vgl. auch Bork, ZIP 2013, 2129, 2135. 465) Vgl. MünchKomm/Tetzlaff, InsO, § 165 Rn. 192; Beck/Depré/Ringstmeier, Praxis der Insolvenz, § 22 Rn. 116; Haarmeyer/Wutzke/Förster, Insolvenzrechtliche Vergütung, § 3 InsVV Rn. 22; Mitlehner, ZIP 2012, 649, 652, 654 Fn. 66; Niering, NZI 2008, 146, 147 f. u. ZInsO 2007, 790 ff.; s. auch BGH, Beschl. v. 24.1.2008 – IX ZB 120/07, ZIP 2008, 514 [Rn. 19]; BFH, Urt. v. 28.7.2011 – V R 28/09, BFHE 235, 22 = ZIP 2011, 1923 [Rn. 13, 36]; a. A. LG Leipzig, Beschl. v. 23.1.2007 – 12 T 763/06, ZInsO 2007, 148; Andres/ Leithaus/Leithaus, InsO, § 165 Rn. 32; Eickmann, ZfIR 2007, 557, 559. 466) Wie hier MünchKomm/Stephan, InsO, § 63 Rn. 51; Stephan/Riedel, InsVV, Einl. Rn. 31; Uhlenbruck/Mock, InsO, § 63 Rn. 8; Becker, ZInsO 2013, 2532, 2535 f.; Bork, ZIP 2013, 2129, 2135 f.; s. allgemein auch Graeber, ZIP 2013, 916, 918; Jaeger/Schilken, InsO, § 63 Rn. 18; a. A. aber LG Leipzig, Beschl. v. 23.1.2007 – 12 T 763/06, ZInsO 2007, 148, 149 (sogar zusätzlich zur erhöhten InsVV-Vergütung); Eickmann, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, Vor § 1 InsVV Rn. 33; ders., ZfIR 2007, 557, 559; Haarmeyer/Wutzke/Förster, InsVV, Vor § 1 InsVV Rn. 49.

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II. Verwaltungsvereinbarung („kalte“ Zwangsverwaltung)

gütungserhöhend;467) zudem – d. h. nicht kumulativ, sondern alternativ nach Wahl des Verwalters468) – kann eine über die bloße Einziehung der Mieten hinausgehende Immobilienbewirtschaftung gem. § 3 Abs. 1 lit. b InsVV bei der normalen Insolvenzverwaltervergütung vergütungserhöhend berücksichtigt werden.469) Ob eine solche zuschlagsfähige Tätigkeit vorliegt, ist im Rahmen einer Gesamtschau der Umstände des Einzelfalls zu ermitteln. Allerdings unterliegt ein solcher vereinbarter Masseanteil an den Erträgen 422 nach der – nicht überzeugenden (s. bereits Rn. 213 zur freihändigen Veräußerung) – Rechtsprechung der Finanzgerichte mit der Qualität einer Masseforderung als Entgelt für eine Geschäftsbesorgung des Verwalters für die Grundpfandgläubiger der Umsatzsteuer470) sowie der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer.471) Die Mietzinsen sind dagegen aufgrund der Verwaltungsvereinbarung nicht mehr der Insolvenzmasse zuzuordnen, sodass diese hierauf auch keine Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer zu entrichten hat; der Anspruch richtet sich vielmehr gegen das insolvenzfreie Vermögen des Insolvenzschuldners.472) 5. Sonstiger Inhalt Typischer Inhalt von Verwaltungsvereinbarungen sind danach Regelungen 423 zu folgenden Aspekten:473) x

Durchführung der Verwaltung durch den Insolvenzverwalter,

___________ 467) Nach Bork, ZIP 2013, 2129, 2134, soll hier in Anwendung von § 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 InsVV sogar der Nettozufluss der Mieteinnahmen berücksichtigt werden können; a. A. aber Becker, ZInsO 2013, 2532, 2537; wohl auch Stephan/Riedel, InsVV, § 1 Rn. 37. 468) Vgl. (zu § 1 Abs. 2 Nr. 1 InsVV) BGH, Beschl. v. 10.10.2013 í IX ZB 169/11, NZI 2013, 1067 m. Anm. Keller; s. zur gebotenen Vermeidung einer Doppelvergütung auch Becker, ZInsO 2013, 2532, 2539 f. 469) Vgl. BGH, Beschl. v. 24.1.2008 – IX ZB 120/07, ZIP 2008, 514 [Rn. 12 f.]; LG Heilbronn, Beschl. v. 4.4.2012 – 1 T 89/12, ZIP 2012, 2077 (Zuschlag bis zu 10 %); FK-InsO/Lorenz, § 3 InsVV Rn. 21; Prasser/Stoffler, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 3 InsVV Rn. 96 ff.; Haarmeyer/Wutzke/Förster, InsVV, § 3 Rn. 22; Becker, ZInsO 2013, 2532, 2538 (Zuschlag bis zu 25 %); Bork, ZIP 2013, 2129, 2134 f.; i. E. auch MünchKomm/Riedel, InsO, § 3 InsVV Rn. 34. 470) BFH, Urt. v. 28.7.2011 – V R 28/09, BFHE 235, 22 [Rn. 13, 35 ff.] = ZfIR 2012, 28 (m. abl. Bespr. Depré/Lambert, S. 1) = ZIP 2011, 1923; ebenso Abschnitt 1.2 Abs. 4 (neu) des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses i.d.F. des BMF-Schreibens vom 30.4. 2014, ZIP 2014, 995; dazu s. d'Avoine, ZIP 2012, 58; Mitlehner, EWiR 2011, 673 f.; Depré/Lambert, ZfIR 2012, 1,5 f., 9; Kahlert, DStR 2013, 97, 98; Keller, NZI 2013, 265, 268; Wäger, WM 2012, 769 ff.; s. ferner allgemein Rn. 213 zu Erlösaufteilungsvereinbarungen des Insolvenzverwalters mit den Grundpfandgläubigern. 471) Dazu s. Ackermann/Reck, ZInsO 2012, 1969 ff.; Kahlert, DStR 2013, 97, 99 m. w. N. 472) Überzeugend Kahlert, DStR 2013, 97, 99. 473) Vgl. zum Ganzen Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis, Rn. 6.943 ff. (mit Mustervereinbarung Rn. 6.949); Bork, ZIP 2013, 2129, 2132 f.; Eickmann, ZfIR 2007, 557, 558 f.; Janca, InsbürO 2004, 377 ff.; Keller, ZfIR 2002, 861, 867 u. NZI 2013, 265, 267 ff.; Knees, ZIP 2001, 1568, 1575; Molitor, ZInsO 2007, 1331 ff., ZInsO 2009, 231 ff. u. ZInsO 2011, 1486 ff.; Tetzlaff, ZInsO 2004, 521, 528 u. ZfIR 2005, 179 ff.

165

E. Die Verwertung der Grundstückserträge

x

Unterlassung von Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsanträgen durch den bzw. die Gläubiger,

x

Festlegung eines ggf. zu verlängernden oder abzukürzenden Verwaltungszeitraums,

x

allgemeine Aufteilung der Einnahmen zwischen Insolvenzmasse und Absonderungsberechtigten,

x

Aufteilung rückständiger Miete bzw. Pacht,

x

Freistellung der Insolvenzmasse von den Kosten der Immobilienverwaltung, ggf. einschließlich einer erhöhten internen Verwaltervergütung,474)

x

zeitliche Abgrenzung der laufenden Einnahmen und Instandhaltungs- bzw. Instandsetzungskosten durch Festlegung eines „fiktiven Beschlagnahmezeitpunkts“ (Rn. 416),

x

Konsequenzen der Einleitung der gerichtlichen Zwangsverwaltung durch einen (anderen) Absonderungsberechtigten,

x

Feststellung des zur Absonderung berechtigenden dinglichen Zinsanspruchs und Anrechnung der Zahlungen auf die gesicherten Haupt- und Nebenforderungen (soweit dies zulässig ist, s. Rn. 417) sowie Vereinbarung einer „Ausfallhaftung“ analog zu § 52 Satz 2 InsO,

x

Befriedigung von Kautionsansprüchen der Mieter/Pächter (Rn. 370 ff.),

x

Erstattung von Umsatzsteuer durch den Gläubiger, soweit bei der Vermietung Umsatzsteuer anfällt und diese nicht durch den Mieter erstattet wird,

x

Art und Weise der Rechnungslegung.

Soweit Regelungsbedürftiges nicht explizit angesprochen ist, wird es in der Regel dem Parteiwillen entsprechen, die Vereinbarung in Orientierung an den gesetzlichen Bestimmungen zur Zwangsverwaltung ergänzend auszulegen (z. B. Deckung der Betriebskosten aus den Einnahmen entsprechend § 155 Abs. 1 ZVG, Zahlung auf laufende Leistungen des Grundpfandrechts entsprechend der Rangfolge des § 155 Abs. 2 ZVG).475) Diese Bestimmungen geben zugleich eine inhaltliche Grenze der Verwaltungsvereinbarungen vor, indem anzunehmen ist, dass der Insolvenzverwalter nicht befugt ist, dem Grundpfandgläubiger über die Verwaltungsvereinbarung wirtschaftlich mehr zukommen zu lassen, als dieser im Fall einer gerichtlichen Zwangsverwaltung erhielte (Rn. 417). ___________ 474) Dazu, dass die Aufwendungen des Insolvenzverwalters im Rahmen einer kalten Zwangsverwaltung nicht Massekosten i. S. v. §§ 54, 209 Abs. 1 Nr. 1 InsO sind, vgl. BGH, Beschl. v. 19.11.2009 – IX ZB 261/08, ZIP 2010, 145 [Rn. 26, 28]. 475) Vgl. Keller, NZI 2013, 265, 270 ff.

166

F. Die isolierte Verwertung der mithaftenden Mobilien Literatur: Eckardt, Rechte Dritter an Mietforderungen in der Vermieterinsolvenz, in: Deutscher Mietgerichtstag e. V. (Hrsg.), 10 Jahre Mietrechtsreformgesetz, 2011, S. 877; Eickmann, Miet- und Pachtforderungen im Zugriff von Grundpfandrechts- und anderen Gläubigern, ZfIR 2006, 273; Ganter, Die Verwertung von Gegenständen mit Absonderungsrechten im Lichte der Rechtsprechung des IX. Zivilsenats des BGH, ZInsO 2007, 841; Ganter/Bitter, Rechtsfolgen berechtigter und unberechtigter Verwertung von Gegenständen mit Absonderungsrechten durch den Insolvenzverwalter, ZIP 2005, 93; Gerhardt, Grundpfandrechte im Insolvenzverfahren, 11. Aufl. 2005; Hofmann/Vendolsky, Die Pfändung von Miet- oder Pachtforderungen durch Grundpfandgläubiger in der Insolvenz des Vermieters oder Verpächters, ZfIR 2006, 403; Howe, Zur Anfechtbarkeit der Abtretung von Miet- oder Pachtzinsen an den Grundpfandgläubiger, ZVI 2004, 708; Lwowski, Verwertung unbeweglicher Gegenstände im Insolvenzverfahren – Ausgewählte Rechtsfragen zur Verwertung von Grundpfandrechten und Zubehör in der Insolvenz, WM 1999, 2336; Mitlehner, Anfechtungsanspruch bei Absonderungsrechten an Mietforderungen und wegen Mietforderungen, ZIP 2007, 804; Mylich, Der Zugriff Dritter auf den künftigen Grundstücksmietzins – Ein Beitrag zum Grundstücksmietzins als Kreditsicherheit und Vollstreckungsobjekt, WM 2010, 1923; Schmidt K, Unternehmensexekution, Zubehörbegriff und Zwangsvollstreckungsrecht, FS Gaul, 1997, S. 691; Uhlenbruck J, Das Anwartschaftsrecht des Vorbehaltskäufers im Haftungsverband der Grundpfandrechte, 1995; Wazlawik, Die gläubigerbenachteiligende Abtretung der Miet-/Pachtzinsforderungen an den Grundpfandgläubiger, NZI 2007, 320; Zimmermann, Die Haftung des Grundstückszubehörs für die Grundpfandrechte, 2001

I. Mithaftende Mobilien Gegenstand der Grundpfandhaftung ist die wirtschaftliche Einheit aus dem 424 Grundstück und den für seine Nutzung erforderlichen beweglichen Sachen und Forderungen. Dem liegt die Vorstellung zugrunde, dass ein Ensemble von Sachen, die auf Dauer einem gemeinsamen wirtschaftlichen Zweck dienen, in dieser Zusammengehörigkeit typischerweise einen „Verbundwert“ verkörpert, der höher ist als der „Zerschlagungswert“, d. h. die Summe des Wertes der zugehörigen Einzelsachen; es liegt deshalb in der Regel im gemeinsamen Interesse aller wirtschaftlich Beteiligten, diesen Verbund nicht auseinanderzureißen. Zum „Haftungsverband“ eines Grundpfandrechts gehören nach §§ 1120 ff. BGB deshalb außer dem Grundstück auch die mit der Trennung in das Eigentum des Schuldners gefallenen (organischen) Erzeugnisse und sonstigen Bestandteile, das Zubehör, soweit der Schuldner daran Eigentum oder ein Anwartschaftsrecht erlangt hatte, ferner ggf. Miet- und Pachtforderungen sowie Versicherungsforderungen. Von herausragender Bedeutung ist hierbei die grundpfandrechtliche Haftung des sog. Unternehmenszubehörs, also derjenigen beweglichen Sachen, die – ohne durch feste Verbindung und besondere Anpassung an das Betriebsgrundstück oder ein darauf errichtetes Gebäude die Eigenschaft als wesentlicher Grundstücksbestandteil i. S. v. §§ 93 f. BGB erlangt zu haben – den Zwecken eines Unternehmens dienen. Da das Unternehmen als bloße Sach- und Rechtsgesamtheit als Hauptsache im Sinne der Bestimmungen zum Zubehör (§§ 97 f. BGB) indessen nicht in Betracht kommt, fungieren gewissermaßen kompensationsweise bei einem „grundstücksbezogenen“ Unternehmen das Betriebsgrundstück bzw. die darauf be167

F. Die isolierte Verwertung der mithaftenden Mobilien

findlichen Gebäude als „Hauptsache“ für das Unternehmenszubehör; dies ermöglicht einerseits dessen Verwendung als Grundlage grundpfandrechtlich gesicherter Betriebsmittelkredite, erschwert zugleich aber für wesentliche Teile des Anlagevermögens eines Unternehmens den Zugriff der anderen Unternehmensgläubiger ganz erheblich und entzieht es diesen damit praktisch als Haftungsmasse und Kreditunterlage (was man durchaus als etwas paradoxe Folge der Qualifikation als „Unternehmenszubehör“ ansehen kann).476) 425 Voraussetzung für die Anerkennung des Unternehmenszubehörs als Grundstückzubehör ist es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass das Grundstück und die darauf befindlichen Gebäude für das Unternehmen „dauernd eingerichtet“ sind (arg. e § 98 Nr. 1 BGB). Es muss deshalb eine spezifische bauliche Gestaltung vorliegen, die dem Gebäude bzw. Grundstück ein durch die Eigenart des betreffenden Unternehmens bestimmtes Gepräge verleiht, da nur dann die Verbindung des Grundstücks mit dem Unternehmensinventar einen eigenen wirtschaftlichen Wert verkörpert, dessen Zerschlagung durch die Zubehörvorschriften verhindert werden soll.477) Zudem muss auch der „Betriebsschwerpunkt“ auf dem Grundstück liegen.478) Ist dies aber der Fall, so können bei einem auf eigenem Grundstück betriebenen Unternehmen auch wertvolle Maschinen, Kraftfahrzeuge, IT- und Büroausstattung etc. der Grundpfandhaftung unterfallen und in ihrer Gesamtheit den Wert von Grund und Boden ggf. in den Schatten treten lassen.479) 426 Während die Eigentumsverhältnisse für die Zubehöreigenschaft an sich – d. h. soweit sie nicht die Dauer der Zweckbestimmung beeinflussen – unerheblich sind, macht das Gesetz die Zugehörigkeit zum Haftungsverband des Grundstücks explizit davon abhängig, dass das Zubehörstück „in das Eigentum des Eigentümers des Grundstücks gelangt“ ist (§ 1120 BGB).480) Für das ___________ 476) Siehe zum Ganzen etwa K. Schmidt, FS Gaul, S. 691, 696 ff. Zur Klarstellung: Den Unternehmensgläubigern steht wie allen persönlichen Gläubigern natürlich ebenfalls die Möglichkeit offen, die Vollstreckung in das Grundstück zu betreiben; sie werden dann nach den Grundpfandgläubigern aus dem Versteigerungserlös befriedigt (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 ZVG). 477) BGH, Urt. v. 23.10.1968 – VIII ZR 228/66, NJW 1969, 36; BGH, Urt. v. 14.12.1973 – V ZR 44/72, BGHZ 62, 49, 52; BGH, Urt. v. 2.11.1982 – VI ZR 131/81, BGHZ 85, 234, 238, 240; BGH, Urt. v. 14.12.2005 – IV ZR 45/05, BGHZ 165, 261, 263 ff.; s. hierzu insbes. K. Schmidt, FS Gaul, S. 691, 699 ff. 478) Vgl. BGH, Urt. v. 2.11.1982 – VI ZR 131/81, BGHZ 85, 234, 237 ff., wonach es an dieser Voraussetzung bei einem Speditionsunternehmen fehle, dessen Gewerbe sich eben nicht auf dem Grundstück, sondern „auf dem Straßennetz der Bundesrepublik Deutschland“ verwirkliche. 479) Zum Ganzen s. ferner Clemente, Sicherungsgrundschuld, Rn. 15 ff.; Jungmann, Grundpfandgläubiger und Unternehmensinsolvenz, Rn. 35 ff., 42 ff.; Morvilius, Zwangsversteigerung/Zwangsverwaltung, Rn. 307 ff.; Wenzel, Sicherungsgrundschuld, Rn. 4/1940; ausführlich Jan Uhlenbruck, Das Anwartschaftsrecht im Haftungsverband; Zimmermann, Die Haftung des Grundstückszubehörs. 480) Nicht von Bedeutung ist dagegen, ob die Eigenschaft als schuldnereigenes Zubehör vor oder nach der Hypothekenbestellung bestand, vgl. BGH, Beschl. v. 17.7.2008 – IX ZR 162/07, ZfIR 2008, 863 [Rn. 2, 5].

168

I. Mithaftende Mobilien

„Unternehmenszubehör“ führt diese Voraussetzung zu der allerdings wiederum selbstverständlichen Einschränkung, dass dessen grundpfandrechtliche Erfassung ausscheidet, wenn das Unternehmen nicht vom Grundstückseigentümer, sondern von einem Mieter oder Pächter betrieben wird. Allerdings muss das Eigentum des Grundstückseigentümers am Zubehör nicht andauernd oder jedenfalls im Moment der Beschlagnahme bestanden haben, sondern grundsätzlich nur einmal während des Bestehens der Belastung. Ist die Zubehörsache nämlich einmal grundpfandrechtlich „verhaftet“ worden, so bleibt sie dies unabdingbar und unabhängig von einem Eigentümerwechsel, es sei denn, dass die Voraussetzungen einer „Enthaftung“ nach §§ 1121 Abs. 1, 1122 Abs. 2 BGB, § 23 Abs. 1 Satz 2 ZVG vorliegen. Insbesondere im Hinblick auf die uneingeschränkte Enthaftungsmöglichkeit durch Veräußerung und Entfernung in der Phase vor der Beschlagnahme (§ 1121 Abs. 1 BGB, s. Rn. 427 ff.) kann man aber auch hier davon sprechen, dass die grundpfandrechtliche Haftung des Zubehörs bis zur Beschlagnahme eine lediglich „potentielle“ oder „latente“ Haftung darstellt und sie erst durch die Beschlagnahme „aktualisiert“ wird.481) Bis zur Beschlagnahme gehören die Gegenstände des Haftungsverbands deshalb haftungsrechtlich zum Vermögen des Schuldners, das allen persönlichen Gläubigern als Haftungsobjekt zugänglich ist. Konsequenzen hat dies insbesondere für die Anfechtbarkeit von Verfügungen, die während dieser „Latenzphase“ über Gegenstände des Haftungsverbands getroffen worden sind (s. Rn. 445). Eine weitere Einschränkung des Wortlauts von § 1120 BGB, wonach sich die 427 Hypothek nur auf diejenigen Zubehörgegenstände erstreckt, die in das Eigentum des Grundstückeigentümers gelangt sind, ergibt sich daraus, dass das – insbesondere durch einen Kauf unter Eigentumsvorbehalt entstehende – Anwartschaftsrecht des Grundstückeigentümers an Zubehörgegenständen gleichfalls in den Haftungsverband fällt.482) Haftungsgegenstand wird auch in diesem Fall aber wieder die Sache selbst, sobald das Anwartschaftsrecht durch Bedingungseintritt (beim Eigentumsvorbehaltskauf also die Zahlung des Restkaufpreises) zum Vollrecht „erstarkt“ ist. Ist das Anwartschaftsrecht einmal in den Haftungsverband gefallen, so kann es grundsätzlich nur unter denselben Voraussetzungen wieder enthaftet werden wie die Sache selbst; insbesondere sind manipulative Einwirkungen auf die schuldrechtliche Basis des Anwartschaftsrechts mit dem alleinigen Ziel, dieses der Haftung zugunsten des Grundpfandgläubigers zu entziehen, diesem gegenüber unwirksam.483) Soll die Anschaffung solcher Investitionsgüter – wie es häufig der ___________ 481) Vgl. zunächst nur BGH, Urt. v. 17.9.2009 – IX ZR 106/08, BGHZ 182, 264, 270 ff. = ZIP 2010, 38 [Rn. 17 f.], der von „potentieller“ Haftung spricht (zur übereinstimmenden Frage bei den gem. §§ 1123 f. BGB mithaftenden Mietforderungen); Bork, ZIP 2013, 2129 f.; s. weiter unten Rn. 445, 458 m. Nachw. 482) Vgl. nur BGH, Urt. v. 10.4.1961 – VIII ZR 68/60, BGHZ 35, 85, 88 ff.; BGH, Urt. v. 10.10.1984 – VIII ZR 244/83, BGHZ 92, 280, 286 = ZIP 1984, 1456. 483) Siehe dazu etwa BGH, Urt. v. 24.10.1979 – VIII ZR 289/78, BGHZ 75, 221, 225 f.; BGH, Urt. v. 10.10.1984 – VIII ZR 244/83, BGHZ 92, 280, 289 ff., 292 f. = ZIP 1984, 1456.

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F. Die isolierte Verwertung der mithaftenden Mobilien

Fall ist – gesondert finanziert werden, müssen also Gestaltungen gewählt werden, die von vornherein verhindern, dass der betreffende Zubehörgegenstand in den Haftungsverband der Grundpfandrechte fällt. II. Die Verwertung durch freihändige Veräußerung 1. Voraussetzungen der Enthaftung von beweglichen Sachen 428 Auch die zum Haftungsverband gehörenden beweglichen Sachen können in gewissen Grenzen durch den Insolvenzverwalter freihändig veräußert werden. Dies ergibt sich allerdings anerkanntermaßen484) nicht schon aus § 166 Abs. 1, Abs. 2 InsO, der hinsichtlich der Mobiliarsicherheiten i. e. S. eine Verwertungsbefugnis des Insolvenzverwalters begründet, soweit es sich um Gegenstände im Besitz des Schuldners oder um (sicherungszedierte) Forderungen handelt. Denn hierdurch würde die gesetzliche Regelung ausgehebelt, wonach das Zubehör zur Gänze für die Immobiliarvollstreckung reserviert ist. Der Insolvenzverwalter kann die mithaftenden beweglichen Sachen jedoch unter den gleichen Voraussetzungen „enthaften“ wie dies außerhalb des Insolvenzverfahrens der Schuldner konnte, d. h. unter den Voraussetzungen der §§ 1121 f. BGB.485) Lässt man die Möglichkeit gutgläubigen Erwerbs einmal außer Betracht, so ist hierfür nach den genannten Bestimmungen erforderlich, dass die Zubehörsache entweder durch Änderung der Zweckbestimmung entwidmet wird (dies geht nur vor der Beschlagnahme und nur im Rahmen „ordnungsmäßiger Wirtschaft“, also z. B. im Zuge der Ersetzung durch Neuanschaffungen) oder weiterveräußert und (!) vom Grundstück entfernt wird (dies geht nach Anordnung der Zwangsversteigerung nur noch im Rahmen ordnungsmäßiger Wirtschaft, nach Anordnung der Zwangsverwaltung überhaupt nicht mehr. a) Veräußerung und Entfernung 429 Grundsätzlich muss für eine wirksame Enthaftung also schon vor der Beschlagnahme die Veräußerung und Entfernung der mithaftenden Sache erfolgt sein (§ 1121 Abs. 1 BGB). Die Beschlagnahmewirkung tritt durch die Zwangsversteigerungs- oder Zwangsverwaltungsanordnung auf Antrag eines Gläubigers oder durch dessen Beitritt zu einer Insolvenzverwalterversteigerung ein (Rn. 266 f., 342 ff., 336), bei anderen Gegenständen als Zubehör auch durch die Einzelzwangsvollstreckung eines Grundpfandgläubigers aufgrund

___________ 484) Nerlich/Römermann/Becker, InsO, § 165 Rn. 2, 5; Bork, FS Gaul, S. 71, 88; Gundlach, DZWIR 1998, 485, 490; Marotzke, ZZP 109 (1996), 429, 446. 485) BGH, Urt. v. 21.3.1973 – VIII ZR 52/72, BGHZ 60, 267, 272; Mitlehner, ZIP 2012, 649, 655.

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II. Die Verwertung durch freihändige Veräußerung

seines dinglichen Titels,486) nicht aber durch den Versteigerungsantrag des Verwalters (Rn. 227 f.). Nach der Beschlagnahme kommt eine Enthaftung durch Veräußerung und/oder Entfernung der mithaftenden Sache grundsätzlich nicht mehr in Betracht; eine Ausnahme gilt (nur) im Zwangsversteigerungsverfahren, wenn die Veräußerung im Rahmen „ordnungsgemäßer Wirtschaft“ erfolgt ist (§ 23 Abs. 1 Satz 2 ZVG, s. dazu Rn. 431 f.), sowie unter den Voraussetzungen gutgläubig beschlagnahmefreien Erwerbs, wenn der Erwerber weder den Vollstreckungsantrag noch die Beschlagnahme kannte und diese auch noch nicht im Grundbuch vermerkt war (§ 23 Abs. 1 ZVG i. V. m. §§ 136, 135 Abs. 1, Abs. 2, 932 – 935, 1121 Abs. 2 Satz 2 BGB. Die Hypothekengläubiger müssen mithin darauf achten, dass sie einer wirk- 430 samen Enthaftung der mithaftenden Gegenstände rechtzeitig entgegentreten, indem sie die Beschlagnahme erwirken. Streitig ist, ob der Gläubiger schon vor Erlangung des zur Zwangsversteigerung bzw. Zwangsverwaltung erforderlichen Titels mittels einstweiliger Verfügung die Enthaftung verhindern kann. Die einstweilige Verfügung ist aber jedenfalls zulässig, soweit sie zur Sicherung des Grundpfandgläubigers wegen seiner Rechte aus §§ 1134, 1135 BGB erforderlich ist.487) b) Aufhebung der Zubehöreigenschaft Auch ohne Veräußerung ist die Enthaftung von Zubehörsachen gem. § 1122 431 Abs. 2 BGB durch Aufhebung der Zubehöreigenschaft innerhalb der Grenzen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft möglich – die keineswegs identisch sind mit den Grenzen einer ordnungsmäßigen Insolvenzabwicklung488) –, also etwa, wenn diese durch Neuanschaffungen ersetzt werden oder infolge einer während der Betriebsfortführung durch den Insolvenzverwalter notwendig gewordenen betrieblichen Umstellung entbehrlich werden. Denn die Grundpfandhaftung soll die ordnungsgemäße Bewirtschaftung des Grundstücks nicht behindern; dem Gesetz liegt insoweit die Annahme zugrunde, dass dies letztlich auch den Interessen der Grundpfandgläubiger zugutekommt. Das eben Gesagte gilt in denjenigen Fällen, in denen die Zubehöreigenschaft 432 durch die Eigenschaft als „Betriebszubehör“ eines grundstücksbezogenen Gewerbebetriebs vermittelt wird, allerdings nur im Fall der Fortführung des Betriebs. Wird die Zubehörsache dagegen deshalb entbehrlich, weil der Betrieb endgültig stillgelegt worden ist, so endet zwar die Zubehöreigenschaft ___________ 486) Dazu, dass der Einzelzwangsvollstreckung aufgrund des dinglichen Titels ebenfalls Beschlagnahmewirkung i. S. v. §§ 1121 ff. BGB zukommt, vgl. etwa BGH, Urt. v. 9.6.2005 – IX ZR 160/04, BGHZ 163, 201, 208 = ZIP 2005, 1452; BGH, Urt. v. 13.3.2008 – IX ZR 119/06, ZIP 2008, 1447 [Rn. 9]; BGH, Urt. v. 13.10.2011 – IX ZR 188/10, NZI 2012, 54 [Rn. 23]; Mylich, WM 2010, 1923, 1924 f. 487) Jaeger/Eckardt, InsO, § 89 Rn. 24; Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, § 89 Rn. 21, jew. m. w. N. 488) BGH, Urt. v. 21.3.1973 – VIII ZR 52/72, BGHZ 60, 267, 272 = NJW 1973, 997.

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F. Die isolierte Verwertung der mithaftenden Mobilien

ebenfalls. Die Haftung der Grundpfandrechte wird dadurch jedoch anerkanntermaßen nicht beendet.489) § 1122 Abs. 2 BGB greift hier nicht, da die Zubehöreigenschaft nicht innerhalb der Grenzen einer „ordnungsgemäßen Wirtschaft“ – die Betriebsstilllegung fällt nach dem Zweck der Bestimmung nicht hierunter, mag sie auch im Rahmen der ordnungsgemäßen Insolvenzabwicklung ökonomisch zwingend veranlasst und von Gläubigergremien und Insolvenzgericht abgesegnet gewesen sein – aufgehoben wurde. Vielmehr ist gerade der Fall eingetreten, in dem das belastete Grundstück bestmöglich verwertet werden soll; die Betriebsstilllegung dient also ebenfalls nicht mehr der Bewirtschaftung des Grundstücks, sondern ist eine Maßnahme der Vermögensverwertung. Gleiches gilt für eine Änderung der Zweckbestimmung des Betriebsvermögens. Damit rechtfertigen beide Fälle es nicht, das Verwertungsinteresse des Absonderungsberechtigten hinter die Befriedigungsinteressen der Insolvenzgläubiger zurücktreten zu lassen. c) Veräußerung mit Zustimmung des Grundpfandgläubigers 433 Liegen die eben genannten Voraussetzungen einer Enthaftung nach §§ 1121 f. BGB nicht vor, so werden die zum Haftungsverband gehörenden Mobilien auch dann nicht von der grundpfandrechtlichen Haftung frei, wenn der einzige Grundpfandgläubiger ihrem Verkauf zugestimmt hat und der Erlös zu seiner Befriedigung verwendet wird.490) Denn die Regelung des Hypothekenhaftungsverbands stellt ein über das Verhältnis zwischen dem Grundstückseigentümer und etwaigen tatsächlich vorhandenen Grundpfandgläubigern hinausreichendes Ordnungsgefüge dar, das die Interessen der Beteiligten nicht nach den konkreten Gegebenheiten, sondern lediglich in typisierter Form berücksichtigt. Der gesetzlich bestimmte Haftungsumfang ist für die Entschließung der Bieter und Ersteher im Zwangsversteigerungsverfahren maßgebend. Die Verweisung des Zwangsversteigerungsrechts auf den Umfang des Hypothekenhaftungsverbands (§ 20 Abs. 2 ZVG) legt die Reichweite des Zwangsversteigerungsbeschlags unabhängig davon fest, ob im jeweiligen Einzelfall überhaupt Grundpfandgläubiger vorhanden und inwieweit solche dinglichen Gläubiger bereits befriedigt sind. 434 Die fortbestehende Zugehörigkeit zum Haftungsverband bedeutet in diesen Fällen aber nur, dass die betreffende Sache gem. §§ 90 Abs. 2, 55 Abs. 1, 20 Abs. 2 ZVG i. V. m. § 1120 BGB mitversteigert und dem Ersteher zugeschlagen wird (sodass die Insolvenzmasse dem Dritten, an den der Insolvenzverwalter die Sache verkauft hatte, zum Schadensersatz statt der Leistung verpflichtet ist). Dem Grundpfandgläubiger gegenüber ist die mit seinem ___________ 489) BGH, Urt. v. 25.6.1971 – V ZR 54/69, BGHZ 56, 298, 300 = NJW 1971, 1701; BGH, Urt. v. 21.3.1973 – VIII ZR 52/72, BGHZ 60, 267, 269 = NJW 1973, 997; BGH, Urt. v. 30.11.1995 – IX ZR 181/94, ZIP 1996, 223, 224. 490) BGH, Urt. v. 30.11.1995 – IX ZR 181/94, ZIP 1996, 223, 224 (mit dem Zusatz, die Einbeziehung des Zubehörs in das Zwangsversteigerungsverfahren könne dadurch aufgehoben werden, dass dies bei Einleitung des Verfahrens zum Ausdruck gebracht werde).

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II. Die Verwertung durch freihändige Veräußerung

Einverständnis vorgenommene isolierte Veräußerung mithaftender Mobilien aber natürlich rechtmäßig, sodass diesem – abgesehen von dem Anspruch auf den Veräußerungserlös, der hier richtigerweise allein aus der Verwertungsvereinbarung folgt (Rn. 197, 204) – auch keinerlei Schadensersatzansprüche (Rn. 441) zustehen können. Die weiteren Rechtsfolgen einer mit Zustimmung des Grundpfandgläubigers 435 erfolgten Verwertung mithaftender Mobilien entsprechen den Rechtsfolgen einer freihändigen Grundstücksveräußerung durch den Insolvenzverwalter (Rn. 184 ff.). Insbesondere ist auch insoweit die Verpflichtung der Insolvenzmasse zur Zahlung von Umsatzsteuer zu bedenken (Rn. 210). 2. Rechtsfolgen a) Lastenfreier Erwerb Rechtsfolge einer enthaftenden Veräußerung bzw. Aufhebung der Zubehör- 436 eigenschaft (Rn. 431) ist zunächst der lastenfreie Eigentumserwerb durch den Erwerber, d. h. die Zubehörstücke werden sowohl in den Fällen des § 1122 Abs. 2 BGB als auch nach § 1121 Abs. 1 BGB von der Grundpfandhaftung frei.491) Wird das Grundstück danach versteigert, werden diese Zubehörstücke deshalb nicht mehr gem. §§ 90 Abs. 2, 55 Abs. 1, 20 Abs. 2 ZVG i. V. m. § 1120 BGB mitversteigert und dem Ersteher zugeschlagen. Auch als mitversteigertes Fremdzubehör (Rn. 443) können sie nicht von der Versteigerung erfasst werden, da sie entweder kein Zubehör mehr sind oder sich nicht mehr auf dem Grundstück befinden (oder beides). Ist die lastenfreie Veräußerung gescheitert – etwa weil die hierfür erforder- 437 liche Entfernung der Sache von dem Grundstück nicht vorgesehen war (wie dies etwa bei der Sicherungsübereignung der Fall ist) –, so erwirbt der Käufer zwar das (Sicherungs-)Eigentum an der Sache, dies aber unter Fortbestehen der grundpfandrechtlichen Belastung. Vorbehaltlich eines Verzichts durch den Grundpfandgläubiger überlagert das immobiliarspezifische Verwertungsregime in diesem Fall das mobiliarsicherungsrechtliche Verwertungsregime, d. h. das Verwertungsrecht, das dem Insolvenzverwalter gem. § 166 Abs. 1 InsO im Fall der Sicherungsübereignung einer zum Unternehmensverbund gehörenden und in seinem Besitz befindlichen Sache zusteht, besteht in diesem Fall grundsätzlich nicht. b) Rechte auf den Veräußerungserlös Von der Frage des lastenfreien Erwerbs zu unterscheiden ist die ganz andere 438 Frage, ob die Veräußerung bzw. Aufhebung der Zubehöreigenschaft in diesen Fällen auch den Grundpfandgläubigern gegenüber rechtmäßig ist mit der Folge, dass der Veräußerungserlös der Insolvenzmasse gebührt und keine ___________ 491) BGH, Urt. v. 21.3.1973 – VIII ZR 52/72, BGHZ 60, 267, 272 = NJW 1973, 997.

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F. Die isolierte Verwertung der mithaftenden Mobilien

Schadensersatzansprüche gegen die Insolvenzmasse oder den Insolvenzverwalter persönlich entstehen. Dies versteht sich – abgesehen von dem Fall einer im Konsens mit dem Grundpfandgläubiger vorgenommenen Veräußerung (Rn. 186) – nicht von selbst. Zu beachten sind nämlich §§ 1133, 1135 BGB, die es auch dem Insolvenzverwalter untersagen, Zubehör außerhalb der Grenzen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft vom Grundstück zu entfernen. 439 Hier ist deshalb anerkanntermaßen zu differenzieren:492) x

Hält der Insolvenzverwalter sich bei der Veräußerung von Zubehör innerhalb der Grenzen einer ordnungsmäßigen Wirtschaft (s. Rn. 431 f.), so steht der Erlös der Insolvenzmasse zu, ebenso wie bei einer Veräußerung durch den Grundstückseigentümer im gleichen Fall diesem der Erlös zur freien Verfügung zustehen würde.

x

Verfügt der Insolvenzverwalter aber nicht innerhalb der genannten Grenzen (wenngleich nach § 1121 Abs. 1 BGB oder kraft gutgläubigen beschlagnahmefreien Erwerbs mit enthaftender Wirkung), so gebührt der Erlös dem Grundpfandgläubiger auf Grund seines Absonderungsrechts, das der Insolvenzverwalter zu schmälern nicht berechtigt ist.

440 Im Fall einer nach dem Vorgesagten den Grundpfandgläubigern gegenüber nicht rechtmäßigen Veräußerung von Zubehör durch den Insolvenzverwalter findet zwar keine dingliche Surrogation hinsichtlich des Veräußerungserlöses statt, wohl aber zunächst eine „haftungsrechtliche Surrogation“ in Gestalt eines den Grundpfandgläubigern zukommenden Ersatzabsonderungsrechts (analog § 48 Satz 1 InsO, s. Rn. 30).493) Der durch den Verkauf des Zubehörstücks erzielte Erlös ist daher an die Grundpfandgläubiger in der Reihenfolge ihres Ranges auszukehren. c) Schadensersatzansprüche 441 Scheitert die Realisierung des Ersatzabsonderungsrechts daran, dass der Erlös durch den Insolvenzverwalter vereinnahmt worden ist und auch nicht mehr unterscheidbar in der Insolvenzmasse vorhanden ist, so haftet der Insolvenzverwalter dem Grundpfandgläubiger persönlich auf Schadensersatz (§ 60 InsO); denn die Wahrung der Rechte der Absonderungsberechtigten gehört zu seinen insolvenzspezifischen Pflichten. Hierfür genügt es, dass das Verschulden einen Mitarbeiter des Insolvenzverwalterbüros trifft bzw. einen ___________ 492) BGH, Urt. v. 21.3.1973 – VIII ZR 52/72, BGHZ 60, 267, 272 = NJW 1973, 997; s. zum Ganzen auch HK-InsO/Lohmann, § 49 Rn. 11; Jaeger/Henckel, InsO, § 49 Rn. 48 f.; Kübler/Prütting/Bork/Flöther, InsO, § 165 Rn. 7; MünchKomm/Tetzlaff, InsO, § 165 Rn. 232, § 170 Rn. 27; Eickmann, ZfIR 2007, 557, 559 f.; Gundlach, DZWIR 1998, 485, 487; Lwowski/Tetzlaff, WM 1999, 2336, 2347; Jungmann, Grundpfandgläubiger, Rn. 154, 156; Smid, Kreditsicherheiten, § 23 Rn. 14. 493) MünchKomm/Tetzlaff, InsO, § 165 Rn. 233; Lwowski/Tetzlaff, WM 1999, 2336, 2348; i. Erg. auch BGH, Urt. v. 21.3.1973 – VIII ZR 52/72, BGHZ 60, 267, 272 = NJW 1973, 997 (offen, ob dingliche Surrogation oder Ersatzabsonderungsrecht).

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II. Die Verwertung durch freihändige Veräußerung

Mitarbeiter des Schuldnerunternehmens, hinsichtlich dessen der Verwalter sich nicht entlasten kann (§ 60 Abs. 2 InsO). Soweit der Insolvenzverwalter persönlich gehandelt hat, besteht zugleich ein Schadensersatzanspruch auf deliktischer Grundlage (§§ 823 Abs. 1, 823 Abs. 2, 1135 BGB).494) Daneben kommt ein Schadensersatzanspruch gegen die Insolvenzmasse in 442 Betracht, auf die die durch den Insolvenzverwalter verwirklichten Schadensersatzpflichten (Rn. 441) übergeleitet werden (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO i. V. m. § 31 BGB analog).495) 3. Fremdzubehör Zubehör, das nicht in das Eigentum des Schuldners/Grundstückseigentümers 443 gelangt ist – also z. B. gemietetes oder geleastes Betriebszubehör496) –, unterliegt nicht der Verfügungsgewalt des Insolvenzverwalters, sondern kann (im Falle des Eigentumsvorbehalts nach Maßgabe des § 107 Abs. 2 InsO) von dem dritten Eigentümer ausgesondert werden, § 47 InsO. Wird es vom Insolvenzverwalter veräußert, entsteht ein Ersatzaussonderungsanspruch. Auch von der Beschlagnahme zugunsten eines die Versteigerung betreibenden Gläubigers wird es, da es nicht zum Haftungsverband gehört, an sich nicht erfasst (§§ 20 Abs. 2 ZVG, 1120 BGB). Jedoch wird es gem. § 55 Abs. 2 ZVG mitversteigert, wenn es der Berechtigte nicht beizeiten nach §§ 37 Nr. 5 ZVG, 771 ZPO freigekämpft hat; dann tritt an seine Stelle ein Anteil am Versteigerungserlös.497) Hat der Schuldner vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mithaftende 444 bewegliche Sachen veräußert, aber noch nicht entfernt – also insbesondere Betriebszubehör, das nach § 930 BGB ohne Verlust des unmittelbaren Besitzes zur Sicherheit übereignet wurde –, so haften diese nach §§ 1120 f. BGB mangels wirksamer Enthaftung auch weiterhin für das Grundpfandrecht, obwohl sie nicht mehr dem Schuldner gehören. Eine Befugnis des Insolvenzverwalters, die wirksam veräußerten Sachen dem aussonderungsberechtigten Erwerber vorzuenthalten und auf diese Weise ihre Entfernung und Enthaftung ___________ 494) Vgl. allgemein BGH, Urt. v. 6.11.1990 – VI ZR 99/90, ZIP 1991, 17 m. w. N.; s. speziell zum Insolvenzverwalter aber (einschränkend) Jaeger/Gerhardt, InsO, § 60 Rn. 152 f.; Windel ebd. § 80 Rn. 5; Eckardt, KTS 1997, 411, 440 ff. 495) Vgl. BGH, Beschl. v. 29.6.2006 – IX ZR 48/04, NZI 2006, 592 [Rn. 3]; Jaeger/Henckel, InsO, § 55 Rn. 14; Windel ebd. § 80 Rn. 56; Eckardt, KTS 1997, 411 ff., 437 ff. 496) Bei Zubehör, das der Schuldner unter Eigentumsvorbehalt erworben und noch nicht voll bezahlt hatte, gilt das Nachfolgende an sich ebenfalls, jedoch mit der Modifikation, dass das Anwartschaftsrecht des Schuldners in den Haftungsverband gefallen war und deshalb nach §§ 90 Abs. 2, 55 Abs. 1, 20 Abs. 2 ZVG mitversteigert und von dem Ersteher erworben wird; hier kann der Ersteher folglich durch Zahlung des Restkaufpreises seinen Eigentumserwerb herbeiführen und dadurch die Möglichkeit beseitigen, die Sache noch nach §§ 37 Nr. 5 ZVG, 771 ZPO freizukämpfen. 497) Vgl. BGH, Urt. v. 20.11.2008 – IX ZR 180/07, NJW 2009, 1078; OLG Frankfurt/M., Urt. v. 19.6.2007 – 14 U 181/06, BeckRS 2007, 16199; OLG Rostock, Beschl. v. 12.12.2011 í 3 W 193/11, NJW-RR 2012, 222.

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F. Die isolierte Verwertung der mithaftenden Mobilien

zum Vorteil der Grundpfandgläubiger zu unterbinden, lässt sich daraus aber nicht ableiten. Da diese Sachen nicht mehr zur Insolvenzmasse gehören, hat der Insolvenzverwalter keine auf sie bezogene Verwaltungskompetenz; die Interessen der Grundpfandgläubiger gegenüber Dritten wahrzunehmen, ist nicht seine Aufgabe. Der Grundpfandgläubiger ist deshalb darauf verwiesen, die Beschlagnahme herbeizuführen und eine Enthaftung so endgültig zu verhindern.498) 445 Hatte der Schuldner vor Verfahrenseröffnung Gegenstände des Haftungsverbands mit enthaftender Wirkung an einen Dritten veräußert, der nicht Grundpfandgläubiger ist, oder hatte ein Dritter im Wege der Zwangsvollstreckung auf solche Gegenstände zugegriffen, so stellt sich ihm gegenüber die Frage der Anfechtbarkeit (§§ 129 ff. InsO, s. allg. Rn. 97 ff.). Nach h. M.499) ist in diesem Fall nicht die Insolvenzmasse, sondern sind die Grundpfandgläubiger benachteiligt. Da der Insolvenzverwalter keine Anfechtungskompetenz zugunsten der Absonderungsberechtigten habe, könnten diese während des Insolvenzverfahrens die Anfechtung nach dem AnfG gegen den Erwerber geltend machen. Im Hinblick auf das zum Verfügungszeitpunkt lediglich potentielle, noch der Aktualisierung bedürftige Haftungsrecht der Grundpfandgläubiger an den „mithaftenden“ Gegenständen (Rn. 426) ist auch dies aber bedenklich: Ob und ggf. wann der Gläubiger von diesem Potential Gebrauch macht, ist nicht prognostizierbar; folgerichtig muss der Insolvenzverwalter zur Anfechtung berechtigt bleiben, es sei denn, der Grundpfandgläubiger hatte zum maßgeblichen Zeitpunkt bereits die Zwangsverwaltung betrieben.500) III. Erwerb zusätzlicher Sicherungsrechte durch den Grundpfandgläubiger 446 Wie bereits dargestellt wurde (s. Rn. 424 ff.), stellen insbesondere das Zubehör sowie die Miet- und Pachtforderungen501) wichtige und wirtschaftlich hochinteressante Bestandteile des Haftungsverbands gem. §§ 1120 ff. BGB dar. Ein Grundpfandgläubiger wird sich nicht selten zusätzlich zur Bestellung seines Sicherungsrechts an der Immobilie auch diese ihm ohnehin schon mithaftenden Mobilien noch einmal gesondert zur Sicherheit übertragen lassen (im Wege der Sicherungsübereignung bzw. Sicherungsabtretung). Darüber hinaus steht ihm der Zugriff in der Einzelzwangsvollstreckung offen: zwar nicht auf das Zubehör, das der Einzelzwangsvollstreckung stets – auch für dingliche Gläubiger – entzogen ist (§ 865 Abs. 2 Satz 1 ZPO), wohl aber ___________ 498) RGZ 99, 210 f.; Jaeger/Henckel, InsO, § 49 Rn. 56; MünchKomm/Ganter, InsO, § 49 Rn. 19. 499) BGH, Urt. v. 29.11.1989 – VIII ZR 228/88, BGHZ 109, 240, 249 = ZIP 1990, 25; Jaeger/ Henckel, InsO, § 129 Rn. 291; Uhlenbruck/Hirte, InsO, § 129 Rn. 37; Zeuner, Die Anfechtung in der Insolvenz, Rn. 461; einschr. MünchKomm/Kirchhof, InsO, § 129 Rn. 209, 209a; s. auch Gerhardt, Grundpfandrechte im Insolvenzverfahren, Rn. 84 ff.: Nachteil für die Masse durch höheren Ausfall denkbar. 500) Vgl. bereits Eckardt, FS 10 J. MRRG, S. 877, 887 f. 501) In Zukunft ist zusammenfassend nur noch von Mieten die Rede.

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III. Erwerb zusätzlicher Sicherungsrechte durch den Grundpfandgläubiger

hinsichtlich der Mieten sowie der vom Grundstück getrennten Erzeugnisse und sonstigen Bestandteile (§ 865 Abs. 2 Satz 2 ZPO). In beiden Fällen bezweckt dieses Vorgehen vor allem, Verfügungen des 447 Grundstückseigentümers über die beweglichen Bestandteile des Haftungsverbands auszuschließen oder mindestens zu erschweren.502) Gegenüber der Realisierung der Mieten im Wege der Zwangsverwaltung (Rn. 337 ff., 353 ff.) bietet der Einzelzugriff auf die Mietforderungen zudem Kosten- und Geschwindigkeitsvorteile; für nachrangige Grundpfandgläubiger, die auch bei der Verteilung der Zwangsverwaltungserlöse leer auszugehen drohen, kann er zumindest eine Zeit lang eine ansonsten nicht bestehende Chance zur Realisierung des Grundpfandrechts bedeuten. Hinsichtlich des Zubehörs kann auf diese Weise zugleich allfälligen Abgrenzungsschwierigkeiten bei der Feststellung der Zubehöreigenschaft vorgebeugt werden. Der Gläubiger muss jedoch wissen, dass er sich hier in dornenreiches Ge- 448 lände begibt: Sein Vorgehen wirft eine Vielzahl von Rechtsfragen auf, über die hier nur ein Überblick gegeben werden kann. Wie sich zeigen wird, setzt sich die „latente“ haftungsrechtliche Zuweisung der mithaftenden Mobilien an die Grundpfandgläubiger im Insolvenzverfahren grundsätzlich erst dann durch, wenn der Gläubiger die Zwangsverwaltung betreibt. Die bloße Zugehörigkeit der Mobilien zum Haftungsverband führt folgerichtig auch nicht zur Insolvenz- bzw. Anfechtungsfestigkeit einer durch deren Abtretung oder Pfändung erlangten Befriedigung des Gläubigers. 1. Rechtserwerb im eröffneten Insolvenzverfahren a) Nach Verfahrenseröffnung vollzogener Rechtserwerb durch Zwangsvollstreckung Im eröffneten Insolvenzverfahren kommt ein Erwerb von Sicherungsrechten 449 durch rechtsgeschäftliche Verfügung des Schuldners im Grundsatz naturgemäß nicht mehr in Frage (s. aber sogleich Rn. 453 zur Vorausverfügung über Mieten für die nach Verfahrenseröffnung liegenden Nutzungsperioden); hier kann es deshalb nur noch um einen Rechtserwerb durch Zwangsvollstreckung gehen. In ihrer Eigenschaft als Absonderungsberechtigte können Grundpfandgläu- 450 biger aufgrund ihres dinglichen Titels auch nach Verfahrenseröffnung jedenfalls im Wege der Zwangsversteigerung bzw. Zwangsverwaltung in das Grundstück vollstrecken; das insolvenzrechtliche Gleichbehandlungsgebot, die par condicio creditorum, und damit einhergehend das Vollstreckungsverbot des § 89 InsO gilt für sie insoweit anerkanntermaßen nicht (Rn. 267). Da sich das Absonderungsrecht zugleich auf die zum Haftungsverband gehörenden ___________ 502) Dazu, dass der Einzelzwangsvollstreckung aufgrund des dinglichen Titels ebenfalls Beschlagnahmewirkung i. S. v. §§ 1121 ff. BGB zukommt, s. bereits Rn. 429.

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F. Die isolierte Verwertung der mithaftenden Mobilien

Mobilien erstreckt, stellt sich deshalb die Frage, ob die Grundpfandgläubiger auch im Wege der Mobiliarvollstreckung auf diese zugreifen können, wenn sie die Vollstreckung aufgrund ihres dinglichen Titels betreiben (und soweit es sich nicht um Zubehör handelt, s. Rn. 446). 451 Im Hinblick darauf, dass gem. § 49 InsO ein Gläubiger, dem ein Recht auf Befriedigung aus unbeweglichen Gegenständen zusteht, lediglich „nach Maßgabe des ZVG“ zur abgesonderten Befriedigung berechtigt ist, können die Grundpfandgläubiger indessen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs503) ihr Absonderungsrecht an den mithaftenden Mietforderungen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Grundstückseigentümers (Schuldners) ausschließlich im Wege der Zwangsverwaltung und nicht auch im Wege einer aufgrund des dinglichen Titels erwirkten Forderungspfändung verfolgen. Damit soll der Grundsatz des Vorrangs der Zwangsverwaltung vor der Einzelzwangsvollstreckung (§ 865 Abs. 2 Satz 2 ZPO) zur Geltung gebracht und im Insolvenzrecht die Grenzen der abgesonderten Befriedigung zum Schutze der Insolvenzgläubiger enger gezogen werden als der Rahmen des Sachenrechts und des Rechts der Einzelzwangsvollstreckung. 452 Dies ist nicht unumstritten,504) führt aber in der Tat zu sachgerechten Ergebnissen, wie sich insbesondere daran zeigt, dass das Rechtsinstitut der Zwangsverwaltung im Insolvenzverfahren anderenfalls weitgehend funktionslos würde. Vor allem aber wird vermieden, dass die Gläubiger, indem sie die dingliche Grundstückshaftung im Wege der Pfändung der Mieten gegen den Insolvenzverwalter geltend machen könnten, hierdurch zulasten der Insolvenzmasse auch nicht an den Kosten der Verwaltung der Immobilie beteiligt würden: Der Verwalter wäre als Vermieter zur Bezahlung der Nebenkosten verpflichtet, ohne einen entsprechenden Zufluss zur Insolvenzmasse zu erhalten. In der Praxis wird dies – sachgerechterweise – letztlich zu einer höheren Zahl von Anträgen auf Anordnung der Zwangsverwaltung durch Grundpfandgläubiger führen, denen der einfachere Weg der Einzelvollstreckung nunmehr versperrt ist.

___________ 503) BGH, Beschl. v. 13.7.2006 – IX ZB 301/04, BGHZ 168, 339 = ZIP 2006, 1554 [Rn. 3 ff.]; BGH, Urt. v. 26.10.2006 – IX ZB 177/05, BeckRS 2006, 13751 [Rn. 5 ff.]; BGH, Urt. v. 9.11.2006 – IX ZR 133/05, ZIP 2007, 35 [Rn. 17]; bestätigt und erweitert durch BGH, Beschl. v. 10.10.2013 – IX ZB 197/11, ZIP 2013, 2331 [Rn. 7 ff.] für den Fall, dass die z.Zt. der Verfahrenseröffnung bestehende Zwangsverwaltung vor der vollständigen Verteilung der bisher angefallenen Zwangsverwaltungsmasse vorbehaltlos aufgehoben wird. 504) Abl. z. B. Eickmann, ZfIR 2006, 273, 278; Zipperer, ZfIR 2006, 395, 400 ff.; dem BGH zust. dagegen Jaeger/Eckardt, InsO, § 89 Rn. 23; MünchKomm/Ganter, InsO, § 49 Rn. 86; Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, § 89 Rn. 21; Stapper/Schädlich, NZI 2006, 577; Walker/ Wrobel, LMK 2006, 191883; Tetzlaff, ZInsO 2004, 521, 527 f.; Hofmann/Vendolsky, ZfIR 2006, 403, 405; Mylich, WM 2010, 1923, 1925.

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III. Erwerb zusätzlicher Sicherungsrechte durch den Grundpfandgläubiger

b) Vorausverfügungen über Mieten für nach Verfahrenseröffnung liegende Nutzungszeiträume Auch wenn danach ein Rechtserwerb an Gegenständen des Haftungsver- 453 bands insgesamt ausgeschlossen ist, soweit der Verfügungstatbestand (die Übereignung bzw. Abtretung oder die Pfändung) nach Verfahrenseröffnung vollendet wurde, kommt ein Rechtserwerb immer noch durch Vorausverfügung (Verfügung über einen künftig entstehenden Gegenstand) in Betracht. Hierbei sind alle Merkmale des Verfügungstatbestands bereits vor Verfahrenseröffnung verwirklicht worden; jedoch ist das Verfügungssubstrat, also der Gegenstand, auf den sich die Verfügung bezieht, erst nach Verfahrenseröffnung überhaupt zur Existenz gelangt. Dies kann auch bei beweglichen Sachen auftreten, indem etwa zukünftig erworbenes Zubehör im Voraus einem Gläubiger zur Sicherung übereignet wird („antizipierte Sicherungsübereignung“). Von besonderer praktischer Relevanz ist dies aber für die Mieten, indem nämlich ein Grundpfandgläubiger – sei es aufgrund seines dinglichen Titels, sei es aufgrund eines Titels für eine persönliche Forderung – bereits vor Verfahrenseröffnung eine Pfändung in die nach Verfahrenseröffnung entstehenden (künftigen) Mietansprüche ausgebracht oder sich diese abtreten lassen hatte (ohne bereits die Beschlagnahme des Grundstücks in der Zwangsverwaltung erwirkt zu haben).505) Nach zutreffender h. M. ist diese Vorausverfügung indessen nach erfolgter 454 Verfahrenseröffnung gem. § 110 Abs. 1, Abs. 2 InsO allenfalls für die auf den laufenden und ggf. den folgenden Monat entfallenden Ansprüche wirksam; im Übrigen scheitert die Wirksamkeit der Pfändung bzw. Abtretung an § 91 Abs. 1 InsO.506) Dieser Aussage liegt die Annahme zugrunde, es komme für die „Insolvenzfestigkeit“ einer Vorausverfügung nicht auf den Abschluss des Verfügungstatbestands an, also auf die Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses bzw. auf die Einigung über die Abtretung, sondern auf das Entstehen der Forderung, auf die sich die betreffende Verfügung bezieht.507) Speziell für Mieten wird dabei angenommen, dass diese jedenfalls in der Regel508) zeitabschnittsweise zum jeweils geltenden Fälligkeitstermin ___________ 505) Dazu, dass dies auch in Bezug auf die zu eigenen Gunsten vorgenommene Vorausverfügung die Wirkungen des § 1124 Abs. 2 BGB auslösen würde, vgl. jetzt BGH, Urt. v. 13.10.2011 – IX ZR 188/10, NZI 2012, 54 [Rn. 25]. 506) BGH, Urt. v. 9.11.2006 – IX ZR 133/05, ZIP 2007, 35 [Rn. 16]; Eckardt, FS 10 J. MRRG, S. 877, 879 ff., 882; i. Erg. auch MünchKomm/Eckert, InsO, § 110 Rn. 20; Hofmann/ Vendolsky, ZfIR 2006, 403, 404 f.; Mitlehner, ZIP 2007, 804 m. Fn. 14; Mylich, WM 2010, 1923, 1926. 507) BGH, Urt. v. 11.5.2006 – IX ZR 247/03, BGHZ 167, 363, 365 = ZIP 2006, 1254 [Rn. 12]; BGH, Urt. v. 22.10.2009 – IX ZR 90/08, ZIP 2009, 2347 [Rn. 22 f.]; Eckardt, FS 10 J. MRRG, S. 877, 880 ff. m. w. N.; so bereits die Begr. zu § 91 InsO = § 102 RegE-InsO, BT-Drucks. 12/2443, S. 138. 508) Anders bei befristetem Mietverhältnis, so jedenfalls BGH, Urt. v. 4.11.2009 – XII ZR 170/07, ZIP 2010, 332 [Rn. 19].

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F. Die isolierte Verwertung der mithaftenden Mobilien

im Rechtssinne „entstehen“.509) Im praktischen Ergebnis fällt also die Vorausverfügung über Mieten insoweit, wie sie sich auf die Mietzeiträume nach der Verfahrenseröffnung bezieht, regelmäßig auch dann in den Anwendungsbereich der §§ 91 Abs. 1, 110 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 InsO, wenn der Verfügungstatbestand außerhalb dieses Zeitrahmens vollendet wurde. 455 Die Bestimmung des § 110 InsO – die auch für die Abtretung oder Pfändung zugunsten eines Grundpfandgläubigers Geltung beansprucht510) – führt bei dieser Betrachtungsweise mithin dazu, dass eine an sich unwirksame Vorausverfügung für einen kurzen Zeitraum gleichwohl aufrechterhalten wird (und nicht umgekehrt zur Unwirksamkeit einer an sich insolvenzfesten Vorausverfügung über die Mietforderungen): Indem § 110 Abs. 1 InsO statuiert, dass eine Vorausverfügung des späteren Insolvenzschuldners über die Miete (einschließlich der Pfändung durch einen Gläubiger, § 110 Abs. 2 Satz 2 InsO) „nur“ für den laufenden und ggf. den folgenden Kalendermonat wirksam ist, soll die Bestimmung keineswegs – wie allerdings das Wort „nur“ ebenso nahelegt wie die diesbezüglichen Passagen in der Gesetzesbegründung – zum Ausdruck bringen, solche Verfügungen seien an sich unbegrenzt wirksam und würden gerade durch § 110 Abs. 1 InsO in ihrer Wirksamkeit beschnitten. Vielmehr regelt die Bestimmung gerade umgekehrt, dass eine nach den allgemeinen Regeln an sich unwirksame Vorausverfügung über die auf die Zeit nach Verfahrenseröffnung entfallenden Mieten ausnahmsweise wirksam bleibt.511) 2. Rechtserwerb in der Krise und im Eröffnungsverfahren a) Anfechtbarkeit 456 Hinsichtlich des Rechtserwerbs vor Verfahrenseröffnung stellt sich für alle Bestandteile des Haftungsverbands und für die rechtsgeschäftliche wie die Zwangsverfügung gleichermaßen die Frage der Anfechtbarkeit (§§ 129 ff. InsO, s. schon Rn. 118 f.). aa) Objektive Gläubigerbenachteiligung 457 Fraglich ist in solchen Fällen zunächst, ob es eine die Anfechtbarkeit rechtfertigende Benachteiligung der Insolvenzmasse (Rn. 100 ff.) darstellt, wenn sich ein Grundpfandgläubiger auf diese Weise zusätzlich sichert, indem er also etwa durch Sicherungsübertragung oder Pfändung auf Mieten oder Zube___________ 509) Vgl. m. w. N. zuletzt BGH, Urt. v. 17.9.2009 – IX ZR 106/08, BGHZ 182, 264, 267 = ZIP 2010, 38 [Rn. 10]; Eckardt, FS 10 J. MRRG, S. 877, 880 ff.; Ehricke, ZInsO 2008, 1058 ff. 510) BGH, Beschl. v. 13.7.2006 – IX ZB 301/04, BGHZ 168, 339, 343 = ZIP 2006, 1554 [Rn. 6]; MünchKomm/Eckert, § 110 Rn. 19; Kindler, Grundpfandrechte, S. 68; a. A. HK-InsO/Marotzke, § 110 Rn. 10; Uhlenbruck/Berscheid, InsO, § 110 Rn. 8. 511) Zutr. BGH, Urt. v. 14.12.2006 – IX ZR 102/03, BGHZ 170, 196, 200 f. = ZIP 2007, 191 [Rn. 12]; Jaeger/Windel, InsO, § 91 Rn. 54 ff., 62 ff., 67; Eckardt, FS 10 J. MRRG, S. 877, 882; Mitlehner, NZI 2008, 724 f.; a. A. aber viele, vgl. nur Dobmeier, NZI 2006, 144, 148; Flöther/Bräuer, NZI 2006, 136, 142.

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III. Erwerb zusätzlicher Sicherungsrechte durch den Grundpfandgläubiger

hörstücke zugreift, die ihm mit dem Grundstück haften. Prima facie scheint dem entgegenzustehen, dass sich der Gläubiger mit der Sicherungsübertragung oder Pfändung nur einen Vermögenswert sichert, der ihm kraft des Grundpfandrechts ohnehin – und zwar „insolvenzfest“– zusteht; denn der Grundpfandgläubiger kann als Absonderungsberechtigter, wie gesehen, auch nach Verfahrenseröffnung die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung betreiben und hierdurch zugleich den Wert der mithaftenden Mobilien zu seinen Gunsten realisieren.512) Bei dieser Argumentation bliebe jedoch unberücksichtigt, dass die Gegen- 458 stände des Haftungsverbands dem Grundpfandgläubiger zunächst nur latent haften: Bis zur Beschlagnahme, durch die die dingliche Haftung zugunsten des Grundpfandgläubigers aktualisiert wird, gehören die Gegenstände des Haftungsverbands zum haftenden Vermögen des Schuldners, das allen persönlichen Gläubigern als Haftungsobjekt zugänglich ist (Rn. 426). Die Sicherungsübereignung von Zubehör und die Abtretung oder Pfändung einer Mietforderung entziehen dem Schuldner deshalb Vermögenswerte, die allen seinen Gläubigern haften, und benachteiligen deshalb die Insolvenzgläubiger.513) Aus dem gleichen Grund wird die Insolvenzmasse auch dadurch in anfechtungsrelevanter Weise benachteiligt, dass ein Grundpfandgläubiger, dem der Schuldner Mietforderungen abgetreten hat, die bis zur Eröffnung eingehenden Zahlungen mit der Forderung gegen den Schuldner verrechnet.514) bb) Maßgeblicher Zeitpunkt bei Mieten Speziell hinsichtlich der Mieten ist dabei in zeitlicher Hinsicht (also für die 459 Anwendung der von der Insolvenzantragstellung zurückzurechnenden tatbestandlichen Anfechtungsfristen) zu beachten, dass eine anfechtungsrechtlich beachtliche gläubigerbenachteiligende Rechtswirkung (§ 140 Abs. 1 InsO) erst dann gegeben ist, wenn die Forderung, an der ein Recht geltend gemacht wird, entstanden ist. Es kommt deshalb für die Anfechtbarkeit einer Vorausverfügung – ebenso wie für die Insolvenzfestigkeit i. S. v. § 91 InsO (Rn. 453 ff.) – nicht auf den Abschluss des Verfügungstatbestands an, also ___________ 512) So (für eine Sicherungszession) noch BGH, Urt. v. 9.11.2006 – IX ZR 133/05, ZIP 2007, 35 [Rn. 11]; ebenso z. B. Bräuer, ZInsO 2006, 742, 749 f. 513) Ebenso jetzt i. Erg. der BGH, Urt. v. 17.9.2009 – IX ZR 106/08, BGHZ 182, 264 = ZIP 2010, 38 [Rn. 17 f.] (unter Aufgabe von BGH, Urt. v. 9.11.2006 – IX ZR 133/05, ZIP 2007, 35 [Rn. 8 ff.]); zust. Bork, ZIP 2013, 2129, 2131; Eckardt, FS 10 J. MRRG, S. 877, 886, 888; Jacoby, LMK 2010, 299366; vgl. zuvor bereits Jaeger/Henckel, InsO, § 129 Rn. 86; MünchKomm/Ganter, InsO, § 49 Rn. 28 a.E.; Eickmann, ZfIR 2006, 273, 274 f., 277; Hofmann/Vendolsky, ZfIR 2006, 403, 405; Howe, ZVI 2004, 708, 709 ff.; Mitlehner, ZIP 2007, 804, 806. 514) Jaeger/Henckel, InsO, § 129 Rn. 86 m.w.N; Mitlehner, ZIP 2007, 804 ff.; Nöll, ZInsO 2007, 1125, 1126 ff.; Wazlawik, NZI 2007, 320 ff.; a. A. MünchKomm/Kayser, InsO, § 129 Rn. 158; Kirchhof ebd. § 140 Rn. 9b, 50b; Uhlenbruck/Hirte, InsO, § 129 Rn. 121; abw. zunächst auch der BGH (Urt. v. 9.11.2006 – IX ZR 133/05, ZIP 2007, 35 [Rn. 8 ff.]), der die Prämissen dieser Auffassung aber mittlerweile aufgegeben hat, s. oben.

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F. Die isolierte Verwertung der mithaftenden Mobilien

auf die Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses bzw. auf die Einigung über die Abtretung, sondern auf das Entstehen der Forderung, auf die sich die betreffende Verfügung bezieht.515) Bei einer Verfügung über Mieten ist mithin wiederum entscheidend, auf welche Zeitabschnitte sich die Forderung bezieht (Rn. 454). Die Vorausverfügung über eine Mietforderung, die sich auf die letzten Monate vor dem Eröffnungsantrag bezieht, fällt also regelmäßig auch dann in den Anwendungsbereich der §§ 130 f. InsO, wenn der Verfügungstatbestand außerhalb dieses Zeitrahmens vollendet wurde. 460 Die Anfechtung ist auch nicht speziell für die Vorausverfügung über Mieten unter dem Aspekt ausgeschlossen, dass § 110 InsO (Rn. 455) dem Erwerber die Miete sogar für eine Zeit nach der Verfahrenseröffnung belässt, woraus zu folgern sei, dass der Rechtserwerb für die Zeit davor erst recht unangreifbar sein müsse.516) Zwar ist es richtig, den Aspekt, dass die Forderung in der Phase der materiellen Insolvenz entstanden ist, zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen bis zu dem in § 110 Abs. 1 InsO genannten Zeitpunkt vollständig auszublenden – er begründet keine „Schwäche“ des Rechtserwerbs, weder sub specie der Insolvenzunwirksamkeit noch unter dem Aspekt der Anfechtbarkeit. Der Ausschluss der Anfechtbarkeit für den Fall, dass der Verfügungstatbestand selbst – also die Einigung über die Zession oder die Zustellung des Pfändungsbeschlusses – zu einem Zeitpunkt vollendet wurde, zu dem bereits das Gleichbehandlungsgebot zu beachten war, lässt sich hieraus aber nicht entnehmen. Richtigerweise unterliegt die Vorausverfügung über Mietforderungen deshalb der Insolvenzanfechtung, soweit die Zession oder die Zustellung des Pfändungsbeschlusses in den Krisenzeitraum der §§ 130 f. InsO fällt.517) b) Sicherungsmaßnahmen im Eröffnungsverfahren 461 Im Insolvenzeröffnungsverfahren stellt sich die weitere Frage, ob dem Zugriff auf die mithaftenden Mobilien unbeschadet der Anfechtbarkeit (Rn. 456) nicht schon die nach § 21 InsO verhängten Sicherungsmaßnahmen entgegenstehen. In der Tat ist dies typischerweise der Fall: Eine rechtsgeschäftliche Verfügung über diese Gegenstände kann im Eröffnungsverfahren durch den Schuldner allein natürlich im Hinblick auf die verhängten Verfügungsbeschränkungen nicht mehr wirksam erfolgen (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 InsO). Die Pfändung als ___________ 515) BGH, Urt. v. 14.12.2006 – IX ZR 102/03, BGHZ 170, 196 = ZIP 2007, 191 [Rn. 20 ff.]; BGH, Urt. v. 17.9.2009 – IX ZR 106/08, BGHZ 182, 264 = ZIP 2010, 38 [Rn. 8 ff., 11, 13] Dobmeier, NZI 2006, 144, 147; Ehricke, ZInsO 2008, 1058, 1063 f.; Flöther/Bräuer, NZI 2006, 136, 139. 516) So aber KG, Urt. v. 15.1.2008 – 7 U 110/07, NZI 2008, 440, 441; Jaeger/Henckel, InsO, § 140 Rn. 9; Christiansen, KTS 2003, 353, 376, u. ZInsO 2010, 653, 659 f.; abl. Mitlehner, NZI 2008, 724, 725. 517) Eckardt, FS 10 J. MRRG, S. 877, 882 ff. m. w. N. (dort auch dazu, dass die Anfechtung in teleologischer Extension von §§ 140 Abs. 1, 147 InsO auch den nach § 110 InsO wirksamen Rechtserwerb nach Verfahrenseröffnung erfasst).

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III. Erwerb zusätzlicher Sicherungsrechte durch den Grundpfandgläubiger

Maßnahme der Vollstreckung in das bewegliche Vermögen wird zudem auch dann, wenn sie aufgrund eines dinglichen Titels erfolgt, von einem nach § 21 Abs. 2 Nr. 3 InsO verhängten Vollstreckungsmoratorium erfasst. Speziell zur Pfändung bzw. Abtretung von Mieten stellt sich wiederum die 462 Frage nach der Behandlung von Vorausverfügungen aus der Zeit vor dem Eröffnungsantrag. Nach h. M. bleiben solche Vorausverfügungen auch insoweit wirksam, als sie die nach Anordnung von Verfügungsbeschränkungen im Eröffnungsverfahren entstehenden Mietansprüche ergreifen, d. h. die Mieten für während des Eröffnungsverfahrens liegenden Nutzungszeiträume. Denn selbst wenn eine „starke“ vorläufige Verwaltung mit Übergang der Verfügungsbefugnis auf den vorläufigen Insolvenzverwalter angeordnet worden wäre, würde dies nach h. M. – unter Berufung darauf, dass § 91 InsO nicht durch § 24 InsO in Bezug genommen sei (Rn. 76, 161) – der Wirksamkeit der Pfändung nicht entgegenstehen.518) Über die schon gegen diese Prämisse geäußerten Bedenken hinaus ist dem 463 speziell für Mietforderungen auch deswegen zu widersprechen, weil damit ein Wertungswiderspruch zu § 110 InsO entsteht: Verhängt das Gericht im Eröffnungsverfahren ein allgemeines Verfügungsverbot, so kann das Ergebnis jedenfalls kein weiter reichendes sein als dasjenige, das sich als Folge des Verlusts der Verfügungsbefugnis im eröffneten Verfahren, d. h. bei Anwendung der §§ 81, 91, 110 InsO ergibt. Die Wertung des § 110 Abs. 1 InsO verbietet es deshalb, darauf abzustellen, dass sich die betreffende Mietforderung auf einen Nutzungszeitraum nach dem Verlust der Verfügungsbefugnis bezieht. Soweit es um Mietforderungen geht, wirkt die Verfügungsbeschränkung deshalb richtigerweise nur dann, wenn auch der Verfügungstatbestand der Abtretung bzw. Pfändung während des Eröffnungsverfahrens vollendet wird, dagegen nicht allein aufgrund der Tatsache, dass ein Nutzungszeitraum während des Eröffnungsverfahrens betroffen ist.519) 3. Verwertung und Kostenbeiträge bei Doppelsicherung Hat ein Grundpfandgläubiger sich neben der Bestellung eines Grundpfand- 464 rechts auch bewegliche Sachen, die ohnehin schon zum Haftungsverband seines Grundpfandrechts gehören, wirksam und unanfechtbar zusätzlich zur Sicherheit übertragen lassen bzw. diese pfänden lassen, so stellt sich die Frage, ob die Verwertung nach den Regeln über die Verwertung von Immobilien (§§ 49, 165 InsO) oder nach den Regeln über die Verwertung sicherungsübereigneter Mobiliarsicherheiten (§§ 166 ff. InsO) erfolgen soll. ___________ 518) BGH, Urt. v. 9.11.2006 – IX ZR 133/05, ZIP 2007, 35 [Rn. 8]; BGH, Urt. v. 22.10.2009 – IX ZR 90/08, ZIP 2009, 2347 [Rn. 12 ff.], jew. m. w. N. 519) Eckardt, FS 10 J. MRRG, S. 877, 889; s. aber zu § 114 InsO a. F. BGH, Urt. v. 26.6.2008 – IX ZR 87/07, ZIP 2008, 1488 [Rn. 17 ff.]; speziell gegen die Anwendbarkeit von § 110 InsO HK-InsO/Marotzke, § 110 Rn. 5; Uhlenbruck/Wegener, InsO, § 110 Rn. 3.

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F. Die isolierte Verwertung der mithaftenden Mobilien

465 Es kommen immer dann beide Verwertungsformen in Betracht, wenn die Sicherungsübereignung an einen Grundpfandgläubiger erst nach der Bestellung des Grundpfandrechts vorgenommen wurde und mangels Entfernung nicht zur Enthaftung der betreffenden Sache geführt hat, oder wenn der Grundpfandgläubiger im Wege der Mobiliarvollstreckung eine zusätzliche Sicherung erlangt hat; die Zugehörigkeit zum Haftungsverband steht auch nicht zur Disposition der vorhandenen Grundpfandgläubiger (Rn. 433). Hat der Grundpfandgläubiger dagegen das Sicherungseigentum erlangt, bevor sein Grundpfandrecht entstanden ist, so ist die betreffende Sache, soweit es sich um Zubehör handelt, schon gar nicht mehr in den Haftungsverband gefallen,520) und im Fall eines vor dem Grundpfandrecht erworbenen Pfändungspfandrechts geht dieses – und damit wohl auch die dafür bestimmte Verwertungsmodalität – dem Grundpfandrecht analog § 1209 BGB im Rang vor.521) 466 Die Ergebnisse der verschiedenen Vorgehensweisen sind nicht zuletzt im Hinblick auf die Kostenbeiträge sowie die Umsatzsteuerbelastung ebenfalls unterschiedlich: Bei einer Liegenschaftsvollstreckung entstehen für den Gläubiger lediglich Feststellungskosten in Höhe von 4 % des für die beweglichen Sachen festgesetzten Verkehrswerts (Rn. 259); die auf die mitversteigerten beweglichen Sachen entfallende Umsatzsteuer ist dagegen hier nicht vorweg dem Versteigerungserlös zu entnehmen, sondern geht in vollem Umfang zulasten der Insolvenzmasse (Rn. 263). Bei der separaten Verwertung dieser Sachen durch den Insolvenzverwalter fallen demgegenüber zusätzlich die pauschalierten Verwertungskosten in Höhe von weiteren 5 % des Nettoerlöses sowie vor allem die Umsatzsteuer zulasten des Gläubigers an (§§ 170 Abs. 1, 171 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, 3 InsO). Verwertet der Sicherungsnehmer das Zubehör selbst, so ergibt sich zwar wiederum nur ein Feststellungskostenbeitrag von 4 % des Nettoerlöses, aber erneut zzgl. der Umsatzsteuer (§ 170 Abs. 2 InsO). Für die Gläubiger bleibt die Doppelsicherung aber gleichwohl in der Regel sinnvoll, da es vom Einzelfall abhängt, auf welche Art und Weise ein höherer Erlös erzielt wird und wie viel davon, unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Kostenbeiträge und der Umsatzsteuer, an die Gläubiger ausgezahlt wird. 467 Ein schutzwürdiges Interesse der Insolvenzmasse, das einer Berücksichtigung dieser Absichten des Gläubigers entgegenstünde, ist nicht zu erkennen. Will der Gläubiger auf die der Regel entsprechende Mitverwertung im Rahmen der Immobiliarvollstreckung verzichten und nimmt er die höheren Kostenpauschalen und die Umsatzsteuer zulasten seines Anspruchs auf den Erlös in Kauf, so sollte der Insolvenzverwalter dem entsprechen müssen, zumal der Insolvenzmasse die höhere Kostenpauschale und der Umsatzsteueranteil gerade zugute___________ 520) Vgl. m. w. N. nur MünchKomm/Eickmann, BGB, § 1120 Rn. 29, 32; Gaberdiel, Kreditsicherung durch Grundschulden, Rn. 1260, 1262. 521) Vgl. nur MünchKomm/Eickmann, BGB, § 1120 Rn. 33 m. w. N.

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III. Erwerb zusätzlicher Sicherungsrechte durch den Grundpfandgläubiger

kommt.522) Im Ergebnis ist dem Gläubiger mithin ein Wahlrecht hinsichtlich der Verwertungsform zuzubilligen. Dem Insolvenzverwalter steht dagegen kein Wahlrecht zu.523) Im Hinblick auf 468 den Gesetzeszweck, eine geringere Kostenbelastung des Grundstückszubehörs zu erreichen, darf die Tatsache, dass zusätzlich eine Sicherungsübereignung vorgenommen wurde, nicht zu einer höheren Kostenbelastung führen. Der Insolvenzverwalter darf daher das sicherheitsübereignete Zubehör nicht ohne den Willen des Sicherungsnehmers an diesen freigeben oder freihändig veräußern und die Kostenbeiträge für die Verwertung geltend machen.

___________ 522) Gaberdiel, Kreditsicherung durch Grundschulden, Rn. 1262; MünchKomm/Lwowski/ Tetzlaff, InsO, § 165 Rn. 223; Lwowski/Tetzlaff, WM 1999, 2336, 2346 f.; Kindler, Grundpfandrechte, S. 57; Zimmermann, NZI 1998, 57, 59 f. 523) Zutr. MünchKomm/Tetzlaff, InsO, § 165 Rn. 239 f., 242; Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis, Rn. 6.386; Zimmermann, NZI 1998, 57, 59; Lwowski/Tetzlaff, WM 1999, 2336, 2345 ff.; a. A. Häsemeyer, InsR, Rn. 23.61; Marotzke, ZZP 109 (1996), 429, 456; Tetzlaff, ZInsO 2004, 521, 522 f.

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G. Grundpfandrechte im Insolvenzplanverfahren Literatur: Barre, Der single asset real estate case im deutschen Insolvenzplanverfahren, 2007; Bruns, Grundpfandrechte im Insolvenzplanverfahren, KTS 2004, 1; Eckert/Harig, Zur Bewertung von Sicherheiten beim Debt Equity Swap nach § 225a InsO im Insolvenzplanverfahren, ZInsO 2012, 2318; Eidenmüller, Obstruktionsverbot, Vorrangregel und Absonderungsrechte, FS Drukarczyk, 2003, S. 188; Jungmann, Grundpfandgläubiger und Unternehmensinsolvenz, 2004; Kindler, Grundpfandrechte im Insolvenzverfahren – Eine Untersuchung der Auswirkungen des Insolvenzplanverfahrens auf die Rechtsstellung der Grundpfandgläubiger, 2009; Madaus, Der Insolvenzplan, 2011; Obermüller, Eingriffe in die Kreditsicherheiten durch Insolvenzplan und Verbraucherinsolvenzverfahren, WM 1998, 483; Riggert, Das Insolvenzplanverfahren – Strategische Probleme aus der Sicht absonderungsberechtigter Banken, WM 1998, 1521; Rink, Die Sicherheit von Grundpfandrechten in Deutschland und England, 2006; Rüve, Mehrheitsbeschaffung durch die Gruppenbildung im Insolvenzplan, 2008; Schiessler, Der Insolvenzplan, 1997; Smid, Stellung der Grundpfandgläubiger, Zwangsversteigerung und Schuldenreorganisation durch Insolvenzplan, FS Gerhardt, 2004, S. 931; Städtler, Grundpfandrechte in der Insolvenz, 1998.

I. Zielsetzung und Einsatzbereich des Insolvenzplans In Betracht zu ziehen hat der Grundpfandgläubiger auch die Behandlung seines 469 Grundpfandrechts im Insolvenzplanverfahren. Denn im Insolvenzplan kann eine von der gesetzlichen Vorgabe abweichende Regelung getroffen werden (§§ 1 Satz 1, 217 InsO); wenn und soweit das mit Hilfe des Plans zu realisierende Sanierungskonzept (§ 220 Abs. 1 InsO) dies als Bestandteil der finanzwirtschaftlichen Reorganisation des Schuldners erfordert, werden hierdurch im Grundsatz auch Eingriffe in die besonders geschützte Rechtsposition der Absonderungsberechtigten zugelassen (arg. e § 223 Abs. 2 InsO).524) Sollte dem Bestreben des Gesetzgebers, die Plansanierung des Unternehmensträgers durch das ESUG zu stärken, langfristig Erfolg beschieden sein, werden sich auch die hier angesprochenen Fragen für die Realkreditgeber in Zukunft häufiger stellen als bisher. Dabei ist von vornherein klarzustellen, dass es bei der Einbeziehung der Ab- 470 sonderungsberechtigten letztlich nicht darum gehen kann, diese gegen ihren Willen zu Sanierungsbeiträgen heranzuziehen, die für den einzelnen Grundpfandgläubiger in einer kompensationslosen wirtschaftlichen Schlechterstellung resultieren – die dem Mehrheitsprinzip auch im Insolvenzplanverfahren gesetzten Grenzen verhindern dies (s. §§ 245 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 251 InsO, dazu sogleich Rn. 483 f.). Zur Sorge um die Werthaltigkeit des volkswirtschaftlich wichtigen Kreditsicherungsinstruments „Grundpfandrecht“ be-

___________ 524) Anders hatte dies ursprünglich die Insolvenzrechtsreformkommission vorgesehen, da die besondere wirtschaftliche Bedeutung der Grundpfandrechte als langfristiger Sicherungsmittel keine Einschränkungen vertrage, vgl. Erster Bericht, LS 3.5 u. 2.4.5.1 m. Begr.

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G. Grundpfandrechte im Insolvenzplanverfahren

steht deshalb bei sachangemessener Handhabung der gesetzlichen Bestimmungen letztlich kein Anlass.525) 471 Mit dieser Feststellung ist aber nicht bereits die Irrelevanz der Fragestellung konstatiert. Zum einen kann das Planverfahren durchaus zur Majorisierung einzelner gesicherter Gläubiger genutzt werden, die sich ohne vernünftigen Grund einer sie letztlich nicht belastenden oder angemessen kompensierten Modifikation ihrer Rechtsstellung widersetzen (Rn. 479). Zum anderen und vor allem besteht der Sinn der Einbeziehung der Absonderungsberechtigten in den Insolvenzplan in der konsensualen Mitwirkung an der Reorganisation des Schuldners: Grundpfandgläubiger in der Unternehmensinsolvenz sind in der Regel Banken, also professionell agierende und wirtschaftlich leistungsstarke Akteure mit nicht nur kurzfristigen und auf einen bestimmten Schuldner beschränkten Interessen. Sie werden an einer Reorganisation des Schuldners womöglich auch dann ein Interesse haben, wenn dies kurzfristig mit Einbußen oder Risiken verbunden ist, sie damit aber negative Folgen der Insolvenz für andere Kunden verhindern und sich selbst langfristige Geschäftschancen erhalten. Gerade nachrangige Gläubiger können zu dem Ergebnis kommen, dass ihr Ausfallrisiko bei einer Verschiebung der Verwertung und Fortführung des Unternehmens geringer wird.526) Sehen die Absonderungsberechtigten ihren Interessen durch einen bereits existenten Planentwurf nicht hinreichend Rechnung getragen, so können sie auch versuchen, einen konkurrierenden Planentwurf einzureichen (bzw. auf Beschluss der Gläubigerversammlung durch den Verwalter einreichen zu lassen).527) 472 Die Einsatzmöglichkeiten des Insolvenzplans beschränken sich nicht auf Unternehmensinsolvenzverfahren und nicht auf die Reorganisation und Sanierung eines Unternehmens bzw. Unternehmensträgers. Der Plan kann vielmehr überall dort eingesetzt werden, wo eine Abweichung von den gesetzlichen Vorgaben des Regelinsolvenzverfahrens Vorteile verspricht, also auch in einem auf Liquidation abzielenden Insolvenzverfahren über das Vermögen eines Unternehmensträgers oder auch einer nicht unternehmerisch tätigen Person. So kommt das Planverfahren auch bei der Abwicklung eines „Single Asset Real Estate Case“ in Betracht, also etwa wenn das Vermögen des insolventen Rechtsträgers im Wesentlichen aus einem Mehrparteienmietshaus bestand.528)

___________ 525) Zutr. Jungmann, Grundpfandgläubiger und Unternehmensinsolvenz, Rn. 256 ff., u. Kindler, Grundpfandrechte im Insolvenzverfahren, S. 22 f., 164 ff., 239, gegen Bruns, KTS 2004, 1, 12 f. 526) Vgl. zum Ganzen Burger/Schellberg, BB 1994, 1833 ff. 527) Vgl. Kaltenmeyer, ZInsO 1999, 316, 322; Riggert, WM 1998, 1521, 1525. Dies kann bis zur gerichtlichen Bestätigung des Plans geschehen, vgl. BGH, Beschl. v. 26.4.2007 – IX ZB 5/06, NZI 2007, 521 [Rn. 7]. 528) Barre, Der single asset real estate case, S. 110 ff.

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II. Möglicher Planinhalt

II. Möglicher Planinhalt 1. Insolvenzplan ohne Eingriff in die Rechte der Grundpfandgläubiger Trifft ein Insolvenzplan keine ausdrückliche Regelung bezüglich der Rechts- 473 stellung der Grundpfandgläubiger, so wird nach § 223 Abs. 1 Satz 1 InsO deren Recht zur Befriedigung aus dem Grundstück nicht berührt. Daraus folgt, dass der Grundpfandgläubiger einen Eingriff in seine Rechtsposition durch den Insolvenzplan grundsätzlich überhaupt nur dann zu befürchten hat, wenn er aufgrund der Existenz einer expliziten Regelung vorher hinreichend informiert und damit gewarnt worden ist. Eine Einschränkung ist unter diesem Aspekt allerdings insoweit zu machen, 474 als es um die durch Grundpfandrecht gesicherten, an sich i. S. v. § 39 InsO nachrangigen Ansprüche auf Zinsen und Kosten (Rn. 19) geht: Insoweit sieht § 225 Abs. 1 InsO vor, dass diese Forderungen, soweit nicht der Insolvenzplan explizit Gegenteiliges bestimmt, mit der Rechtskraft der Planbestätigung als erlassen gelten; dies würde dann insoweit auch die Möglichkeit zunichtemachen, aus dem Grundpfandrecht vorzugehen, und die betroffenen Gläubiger i. S. v. § 251 InsO schlechter stellen als sie im Regelinsolvenzverfahren stünden. Um dies zu vermeiden, sollte deshalb der Insolvenzplan ausdrücklich das Nichterlöschen dieser Forderungen vorsehen.529) Abgesehen von dem vorgenannten Fall haben Insolvenzpläne, in denen sich 475 keine Bestimmungen über einen Eingriff in die Rechtsstellung der Grundpfandgläubiger finden, für diese keinerlei nachteiligen Konsequenzen (unbeschadet der auch in solchen Planverfahren möglichen Einstellung der durch den Grundpfandgläubiger betriebenen Zwangsversteigerung nach § 30d Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 2 ZVG, vgl. Rn. 290); in diesem Fall sind die Grundpfandgläubiger auch von der Abstimmung ausgeschlossen und als solche in keine der Abstimmungsgruppen aufzunehmen (s. § 222 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 InsO). Dies ist auch bei den in § 223 Abs. 1 Satz 2 InsO genannten Sicherheiten der Fall, die im Rahmen von bestimmten Zahlungs- und Abrechnungssystemen gestellt werden und bei denen ein Eingriff in die Rechte der Absonderungsberechtigten kraft Gesetzes ausgeschlossen ist. Ausgenommen von der Möglichkeit einer abweichenden Regelung durch Insolvenzplan sind auch Grundpfandrechte, die nicht an einem zur Insolvenzmasse gehörenden Grundstück bestehen, sondern von Dritten gestellt wurden.530) Nicht unter § 223 Abs. 2 InsO fallen auch die Rechte der Grundpfandberechtigten hinsichtlich ihrer Ausfallforderung; insoweit gelten die Bestimmungen des Plans über Insolvenzforderungen (mit entsprechendem Stimmrecht der Grundpfandgläubiger in der Gruppe der gewöhnlichen Insolvenzgläubiger, Rn. 481 f.). ___________ 529) Molitor/Hild/Seidel, Immobilien in der Insolvenzrechtspraxis, Rn. 455; Kübler/Bierbach, Handbuch Restrukturierung, § 28 Rn. 56. 530) Kübler/Prütting/Bork/Otte, InsO, § 223 Rn. 2a; Nerlich/Römermann/Braun, InsO, § 223 Rn. 3; Uhlenbruck/Lüer, InsO, § 223 Rn. 2.

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G. Grundpfandrechte im Insolvenzplanverfahren

2. Insolvenzplan mit Eingriff in die Rechte der Grundpfandgläubiger 476 Das Gesetz lässt aber, wie sich aus § 223 Abs. 2 InsO ergibt, ausdrücklich zu, dass im Plan eine abweichende Regelung bezüglich der Rechtsstellung der Grundpfandgläubiger getroffen wird. Es statuiert lediglich ein besonderes Bestimmtheitserfordernis dergestalt, dass im gestaltenden Teil für die absonderungsberechtigten Gläubiger anzugeben ist, ob und ggf. um welchen Bruchteil die Rechte gekürzt, ob und ggf. für welchen Zeitraum sie gestundet oder welchen sonstigen Regelungen sie unterworfen werden sollen; dies schließt insbesondere Klauseln aus, die die Absonderungsberechtigten pauschal auf den Liquidationswert ihrer Sicherheit beschränken wollen. 477 Inhaltlich lässt sich § 223 Abs. 2 InsO immerhin entnehmen, dass der Gesetzgeber hier primär an eine Kürzung – also einen (Teil)Verzicht auf das Grundpfandrecht – oder eine Stundung – gemeint ist: der Verwertung des Grundpfandrechts – denkt. Als „sonstige“ Regelung kommt insbesondere der Debt-Equity-Swap, d. h. die Umwandlung der Forderung nebst dinglicher Sicherung in Eigenkapital, in Betracht; er bedarf nunmehr nach Maßgabe der §§ 217 Abs. 2, 225a, 238a InsO auch nicht mehr der individuellen Zustimmung aller Anteilseigner des Schuldners, sondern kann – mit geringen Modifikationen – nach den allgemeinen Regeln zur Planaufstellung und Planannahme realisiert werden.531) Denkbare Regelungsgegenstände sind aber auch (ggf. nach vorheriger ordnungsgemäßer Bewertung des Grundpfandrechts, u. U. auch geknüpft an bestimmte Bedingungen, § 249 InsO):532) x

die Ablösung des Grundpfandrechts,

x

ein Austausch des Grundpfandrechts gegen eine andere Sicherheit,

x

ein Austausch des Grundpfandrechts gegen eine andere Art bevorzugter Behandlung,

x

der Verzicht auf Zins- bzw. Ausgleichszahlungen,

x

die Übernahme bestimmter (höherer) Verwertungskostenbeiträge,

x

die Zustimmung zur lastenfreien Veräußerung des Grundstücks,

x

die Freigabe des Grundstücks aus dem Insolvenzbeschlag.

478 Legt der Plan im gestaltenden Teil fest, dass die Rechte der absonderungsberechtigten Gläubiger oder die Immobiliarvollstreckung an sich modifiziert werden sollen, so ist für die Zwangsversteigerung die Regelung des § 30d Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 2 ZVG zu beachten (Rn. 290). Gleiches gilt, auch wenn eine ausdrückliche Regelung hierzu fehlt, über § 146 Abs. 1 ZVG für die Zwangs___________ 531) Vgl. m. w. N. etwa Bauer, NZI 2011, 517 ff.; Bay, ZInsO 2011, 1927 ff.; Meyer, BB 2011, 846 ff.; zur Sicherheitenbewertung in diesem Fall s. Eckert/Harig, ZInsO 2012, 2318 ff. 532) Vgl. Kindler, Grundpfandrechte im Insolvenzverfahren, S. 130 ff.

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III. Abstimmung über den Insolvenzplan

verwaltung (s. zum Eröffnungsverfahren Rn. 407). Daneben ermöglicht im Planverfahren auch § 233 InsO eine Aussetzung von Verwertungshandlungen. Allerdings werden dadurch die Rechte der absonderungsberechtigten Gläubiger nicht berührt, da Verwertung im Sinne dieser Vorschrift nur die Verwertung durch den Insolvenzverwalter bedeutet. Eine durch die Grundpfandgläubiger betriebene Zwangsversteigerung bzw. -verwaltung kann daher – im Gegensatz zu einem Vorgehen nach § 30d Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 2 ZVG – durch einen Antrag nach § 233 InsO nicht unterbunden werden. III. Abstimmung über den Insolvenzplan Die Abstimmung über den Insolvenzplan erfolgt nicht in der Gläubigerver- 479 sammlung, sondern in Abstimmungsgruppen (§§ 222 Abs. 1 Satz 1, 243 InsO) von Beteiligten mit gleicher Rechtsstellung und gleichgerichteten Interessen (§ 222 Abs. 1, Abs. 2 InsO), die in dem Plan auch jeweils gleich behandelt werden müssen (§ 226 InsO). Für die Abstimmung sind die Gruppen dergestalt von Bedeutung, dass in jeder dieser Gruppen eine Kopf- und Summenmehrheit der abstimmenden Beteiligten dem Plan zustimmen muss (§ 244 InsO). Die spezifische Zweckbestimmung des Insolvenzplans besteht insofern darin, Akkordstörer majorisieren zu können, die sich der Mitwirkung an einer wirtschaftlich sinnvollen Sanierung ohne überzeugendes Motiv verweigern – zunächst innerhalb der eigenen Gruppe von Beteiligten mit übereinstimmender Interessenlage, unter Umständen aber auch als ganze Gruppe, soweit deren Zustimmung durch das Gericht ersetzt werden kann (s. Rn. 483). Hieraus folgt die Wichtigkeit der Gruppenbildung; sie obliegt dem Planaufsteller, dem deshalb auch ein gewisser Spielraum für taktische Überlegungen im Hinblick auf das zu erwartende Abstimmungsverhalten eingeräumt ist.533) Für die Absonderungsberechtigten ist nach dem Gesetz zumindest dann eine 480 eigene Abstimmungsgruppe zu bilden, wenn ihre Rechtsstellung modifiziert werden soll (§ 222 Abs. 1 Satz 2 InsO); darüber hinausgehend wird man aber generell die Bildung von Mischgruppen aus Absonderungsberechtigten und einfachen Insolvenzgläubigern für unzulässig halten müssen.534) Für eine weitere Differenzierung unter den Absonderungsberechtigten kommt es darauf an, ob sich unter diesen noch „Gläubiger mit gleichartigen wirtschaftlichen Interessen“ (§ 222 Abs. 2 InsO) unterscheiden lassen;535) dies kann etwa dazu ___________ 533) Hierzu und zum Folgenden s. MünchKomm/Eidenmüller, InsO, § 222 Rn. 6 ff.; Barre, Der single asset real estate case, S. 145 ff., 156 ff.; Jungmann, Grundpfandgläubiger, Rn. 272 ff.; Kindler, Grundpfandrechte im Insolvenzverfahren, S. 147 ff., 158 ff.; Rüve, Gruppenbildung im Insolvenzplan, S. 11 f., 15, 35 ff., 67 ff., 80 ff. 534) BGH, Beschl. v. 7.7.2005 – IX ZB 266/04, BGHZ 163, 344, 348 = ZIP 2005, 1648 sub III.4.b.; MünchKomm/Eidenmüller, InsO, § 222 Rn. 49 ff. 535) Vgl. zu den denkbaren Kriterien etwa MünchKomm/Eidenmüller, InsO, § 222 Rn. 71 ff.; Barre, Der single asset real estate case, S. 150 ff.; Kindler, Grundpfandrechte im Insolvenzverfahren, S. 149 ff., 152 ff.; Rüve, Gruppenbildung im Insolvenzplan, S. 95 ff.; Hingerl, ZInsO 2007, 1337 ff.; Kaltmeyer, ZInsO 1999, 255, 279; Obermüller, WM 1999, 483, 487; Smid, NZI 2005, 296 f.

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G. Grundpfandrechte im Insolvenzplanverfahren

führen, die Grundpfandgläubiger von den Warenkreditgebern oder den Sicherungseigentümern und –zessionaren zu trennen. Zwingend geboten ist insbesondere eine Differenzierung zwischen Inhabern werthaltiger und Inhabern nicht werthaltiger Kreditsicherheiten;536) unter diesem Aspekt werden die Grundpfandgläubiger meist eine eigene Gruppe bilden können und u. U. sogar müssen.537) Werden von dem Insolvenzplan nur einzelne Absonderungsrechte betroffen, so sind nur diese in die betreffende Abstimmungsgruppe aufzunehmen. 481 Ein Stimmrecht in der Gruppe der Absonderungsberechtigten gewähren diejenigen Sicherungsrechte, die weder vom Insolvenzverwalter noch von einem absonderungsberechtigten Gläubiger oder von einem Insolvenzgläubiger bestritten werden (§ 238 Abs. 1 Satz 2 InsO); dies kann bei Grundpfandrechten vor allem im Hinblick auf die Valutierung zu Problemen führen. Hinsichtlich ihres – in der Regel durch Schätzung zu ermittelnden (§ § 237 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 InsO) – (mutmaßlichen) Ausfalls und insofern auch beschränkt durch dessen Höhe stimmen die durch ein Grundpfandrecht gesicherten Gläubiger dagegen in der Gruppe der gewöhnlichen Insolvenzgläubiger ab (§ 237 Abs. 1 Satz 2 InsO).538) Das Stimmrecht der Grundpfandgläubiger, die zugleich Insolvenzgläubiger sind, spaltet sich also im Fall von Blankoanteilen gewissermaßen in einen gesicherten und einen ungesicherten Teil auf, darf aber insgesamt die Höhe der gesicherten Forderung nicht übersteigen. Hängt die Höhe des Ausfalls davon ab, ob das Unternehmen fortgeführt oder stillgelegt wird, so ist von der Annahme auszugehen, die dem jeweils zur Abstimmung gestellten Insolvenzplan zugrunde liegt. Sieht der Insolvenzplan beispielsweise vor, dass das Unternehmen fortgeführt wird, ist bei der Berechnung der Ausfallforderung des absonderungsberechtigten Gläubigers der Fortführungswert der Sicherheit (ohne einen etwaigen „Fortführungsmehrwert“, der sich nur bei Durchführung des Plans realisieren ließe) zugrunde zu legen.539) 482 Die Feststellung des Stimmrechts eines Gläubigers, dessen Forderung oder dessen Grundpfandrecht nach Grund oder Höhe bestritten wird, hat nach § 77 Abs. 2 InsO zu erfolgen (§§ 237 Abs. 1 Satz 1, 238 Abs. 1 Satz 3 InsO). Der Gläubiger ist stimmberechtigt, soweit sich in der Gläubigerversammlung der Verwalter und die erschienenen stimmberechtigten Gläubiger über das ___________ 536) Vgl. BGH, Beschl. v. 7.7.2005 – IX ZB 266/04, BGHZ 163, 344, 348 = ZIP 2005, 1648 sub III.4.b.; MünchKomm/Eidenmüller, InsO, § 222 Rn. 93 f.; Bruns, KTS 2004, 1, 10 f.; ausf. Rüve, Gruppenbildung im Insolvenzplan, S. 97 ff. m. w. N. 537) Vgl. Bruns, KTS 2004, 1, 11 f.; a. A. aber Kindler, Grundpfandrechte im Insolvenzverfahren, S. 154 ff., 236. 538) Vgl. Braun, NZI 1999, 473, 475; ders., in: Nerlich/Römermann, InsO, § 222 Rn. 105, § 223 Rn. 14; Uhlenbruck/Lüer, InsO, § 223 Rn. 4; Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis, Rn. 1.542; a. A. MünchKomm/Eidenmüller, InsO, § 222 Rn. 54; offen BGH, Beschl. v. 7.7.2005 – IX ZB 266/04, BGHZ 163, 344 = ZIP 2005, 1648 sub III.2. 539) Vgl. BGH, Beschl. v. 7.7.2005 – IX ZB 266/04, BGHZ 163, 344 = ZIP 2005, 1648 sub III.2.; K. Schmidt/Spliedt, InsO, § 237 Rn. 6, § 238 Rn. 3.

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IV. Zustimmungsersetzung

Stimmrecht geeinigt haben. Kommt es nicht zu einer Einigung, so entscheidet das Insolvenzgericht durch unanfechtbaren, wenngleich auf Antrag abänderbaren Beschluss (§§ 6, 77 Abs. 2 Satz 2 InsO);540) dieser ergeht einheitlich sowohl für das Grundpfandrecht wie auch für die gesicherte Forderung.541) In einem anschließenden Verfahren über die Bestätigung des Insolvenzplans werden die Feststellungen zum Stimmrecht nicht mehr überprüft.542) Von dieser eigentlichen Stimmrechtsfeststellung zu unterscheiden ist die Feststellung des Gerichts, dass der eingruppierte Gläubiger durch den Plan in seinen Rechten nicht betroffen ist und deshalb von der Abstimmung ausgeschlossen ist (§ 237 Abs. 2 InsO); dieser Fall ist – ungeachtet des § 238 Abs. 2 InsO, der deshalb verbreitet als Redaktionsversehen bezeichnet wird543) – bei richtiger Vorgehensweise allerdings nur hinsichtlich des ungesicherten Teils der Insolvenzforderung denkbar, im Hinblick auf das Absonderungsrecht allerdings pathologisch, da der Gläubiger insoweit überhaupt nur eingruppiert werden darf, soweit er in seinen Rechten beeinträchtigt wird (Rn. 480). IV. Zustimmungsersetzung Hat die Mehrheit der Abstimmungsgruppen dem Planentwurf zugestimmt, 483 so kann das Gericht die Zustimmung einer Abstimmungsgruppe aufgrund des sog. Obstruktionsverbots ersetzen („Cram down“). Dies setzt voraus, dass die Beteiligten dieser Gruppe durch den Insolvenzplan voraussichtlich nicht schlechter gestellt werden, als sie ohne einen Plan stünden (§ 245 Abs. 1 Nr. 1 InsO) – wird der Liquidationswert nicht gewährleistet, so können auch die überstimmten Beteiligten noch die gerichtliche Bestätigung des Insolvenzplans verhindern (§ 251 Abs. 2 Nr. 1 InsO) bzw. eine Kompensation verlangen (§ 251 Abs. 3 InsO) –, und dass sie angemessen an dem wirtschaftlichen Wert beteiligt werden, der auf der Grundlage des Plans den Beteiligten zufließen soll (§ 245 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 InsO).544) Die Absonderungsberechtigten sind hier vor allem dadurch zu schützen, dass 484 das Erfordernis angemessener Beteiligung in Verbindung mit dem Verbot der Begünstigung „nachrangiger“ Gläubiger (§ 245 Abs. 2 Nr. 2 InsO) dahin interpretiert wird, dass auch eine Schlechterstellung der Absonderungsberech___________ 540) BGH, Beschl. v. 23.10.2008 – IX ZB 235/06, ZIP 2008, 2428 [Rn. 8]; K. Schmidt/ Spliedt, InsO, § 237 Rn. 10, § 238 Rn. 6. 541) MünchKomm/Hintzen, InsO, §§ 237, 238 Rn. 15; K. Schmidt/Spliedt, InsO, § 238 Rn. 4. 542) BGH, Beschl. v. 23.10.2008 – IX ZB 235/06, ZIP 2008, 2428 [Rn. 10]; BGH, Beschl. v. 13.1.2011 – IX ZB 29/10, ZIP 2011, 781 [Rn. 5]. 543) Vgl. HK-InsO/Flessner, § 238 Rn. 4; MünchKomm/Hintzen, InsO, §§ 237, 238 Rn. 14; K. Schmidt/Spliedt, InsO, § 238 Rn. 5. 544) Siehe dazu umfassend MünchKomm/Drukarczyk, InsO, § 245 Rn. 48 ff.; Barre, Der single asset real estate case, S. 164 ff.; Eidenmüller, FS Drukarczyk, S. 188, 194 ff.; Jungmann, Grundpfandgläubiger, Rn. 287 ff., 312 ff.; ders., KTS 2013, 135 ff.; Kindler, Grundpfandrechte im Insolvenzverfahren, S. 189 ff., 202 ff.; Madaus, Insolvenzplan, S. 254 ff.

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G. Grundpfandrechte im Insolvenzplanverfahren

tigten zugunsten der gewöhnlichen Insolvenzgläubiger unzulässig ist.545) Denn wenn man schon die Absonderungsberechtigten dem Plan unterwirft, dann müssen sie auch einen vergleichbaren durchgreifenden Schutz gegen unfreiwillige wirtschaftliche Schlechterstellung genießen wie die anderen Beteiligten. Allerdings bezieht sich dies nur auf den Mehrwert, den speziell der Gegenstand des Absonderungsrechts (hier also das Grundstück) durch den Insolvenzplan erfährt.546) Auch auf die Besserstellung des Schuldners, der nach der Planannahme sein Unternehmen fortführen darf, dürfen sich die Grundpfandgläubiger (und alle anderen Beteiligten) nicht berufen.547) 485 Ob die Absonderungsberechtigten durch den Plan nicht schlechter gestellt werden, als sie ohne den Plan stünden, bleibt aber von der – in der Regel durch Sachverständigengutachten vorbereiteten – Bewertung der Absonderungsgegenstände durch das Insolvenzgericht abhängig; vor allem hier bestehen sowohl praktische Schwierigkeiten als auch die Gefahr einer Verkürzung der Rechte der Absonderungsberechtigten.548) V. Planrealisierung 486 Mit der Rechtskraft der gerichtlichen Bestätigung des Insolvenzplans treten unmittelbar die Wirkungen ein, die die Regelungen im gestaltenden Teil des Plans vorgesehen haben, das Insolvenzverfahren wird aufgehoben und der Schuldner erlangt sein Verfügungsrecht über die Insolvenzmasse zurück. Zugleich enden damit die Möglichkeiten, Zwangsversteigerungen und Zwangsverwaltungen einzelner Gläubiger einstweilen einzustellen, wobei bereits angeordnete Einstellungen nicht ipso iure hinfällig werden, sondern auf Antrag gesondert aufgehoben werden müssen (§ 30f Abs. 1 Satz 2 ZVG). 487 Gerät der Schuldner mit der Erfüllung der übernommenen Verpflichtungen in Rückstand oder gerät er gar in ein Folgeinsolvenzverfahren, so kann der Grundpfandgläubiger neben seiner gesicherten (Insolvenz)Forderung – die nach Maßgabe des § 255 InsO u. U. wiederauflebt, soweit sie durch den Plan erlassen war und, sofern sie noch nicht anderweitig tituliert war, aus der Insolvenztabelle i. V. m. dem Planbestätigungsbeschluss gegen den Schuldner ___________ 545) HK-InsO/Flessner, § 245 Rn. 22; MünchKomm/Drukarczyk, InsO, § 245 Rn. 15; Eidenmüller, FS Drukarczyk, S. 188, 194 ff.; Smid, FS Gerhardt, S. 931, 957 f.; Barre, Der single asset real estate case, S. 178 ff.; a. A. Braun/Frank, InsO, § 245 Rn. 9; HambKomm/ Thies, InsO, § 245 Rn. 12; Uhlenbruck/Lüer, InsO, § 245 Rn. 24. 546) HK-InsO/Flessner, § 245 Rn. 22; Eidenmüller, FS Drukarczyk, S. 188, 194 ff.; Smid, FS Gerhardt, S. 931, 956 ff. 547) LG Traunstein, Beschl. v. 27.8.1999 – 4 T 2966/99, NZI 1999, 461; LG Mühlhausen, Beschl. v. 17.9.2007 – 2 T 190/06, NZI 2007, 724 (m. abl. Anm. Jungmann, KTS 2008, 218, 223); HambKomm/Thies, InsO, § 245 Rn. 12; a. A. HK-InsO/Flessner, § 245 Rn. 20; MünchKomm/Drukarczyk, InsO, § 245 Rn. 77 ff.; Eidenmüller, ZGR 2001, 680, 698 ff.; Uhlenbruck/Lüer, InsO, § 245 Rn. 29 ff. 548) Siehe dazu umfassend MünchKomm/Drukarczyk, InsO, § 245 Rn. 88 ff.; Kindler, Grundpfandrechte im Insolvenzverfahren, S. 191 ff.

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VI. Besonderheiten bei Eigenverwaltung

vollstreckt werden kann (§ 257 InsO) – auch aus dem Grundpfandrecht nach den allgemeinen Regeln gegen den Schuldner vorgehen. Problematisch und im Hinblick auf die Anwendung des § 255 InsO mit 488 Schwierigkeiten verbunden ist es, einen etwa erklärten dinglichen Verzicht auf das Grundpfandrecht wieder rückgängig zu machen, wenn der Schuldner seinen Verpflichtungen aus dem Insolvenzplan nicht nachkommen kann. Der Gläubiger sollte die Aufgabe seines dinglichen Rechts daher möglichst vermeiden (und stattdessen lediglich eine Stundung der Verwertung vereinbaren) bzw. diese notfalls unter eine Bedingung i. S. v. § 249 InsO stellen. VI. Besonderheiten bei Eigenverwaltung In der Situation einer aussichtsreichen Reorganisation des insolventen Un- 489 ternehmensträgers im Wege eines Insolvenzplans werden häufig die Voraussetzungen vorliegen, unter denen eine Eigenverwaltung durch den Schuldner bzw. sein ggf. mit Insolvenzspezialisten angereichertes Management in Betracht kommt; umgekehrt kann erwartet werden, dass die durch das ESUG attraktiver ausgestalteten Bedingungen einer Eigenverwaltung langfristig der Paketlösung „Plansanierung mit Eigenverwaltung“ Auftrieb verschaffen werden.549) In der Eigenverwaltung erlangt der Schuldner über die ihm außerhalb des 490 Insolvenzverfahrens als Eigentümer zustehenden Rechte hinaus die Kompetenzen des Insolvenzverwalters. Denn der Schuldner behält auch bei angeordneter Eigenverwaltung nicht einfach der Insolvenzeröffnung zum Trotz die Verfügungs- und Prozessführungsbefugnis über sein (als einheitliches anzusehendes) Vermögen.550) Vielmehr findet mit der Insolvenzeröffnung richtiger Ansicht nach – und trotz § 270c Satz 3 InsO – auch in diesem Fall der Insolvenzbeschlag und damit verbunden eine Vermögenstrennung in das Sondervermögen „Insolvenzmasse“ einerseits, sein verfahrensfreies Vermögen andererseits statt, die es erforderlich macht, dem Schuldner die Verfügungsbefugnis über die Masse besonders zu gewähren.551) Verfügungs- und Prozessführungsbefugnis über die Gegenstände der Insolvenzmasse nimmt der Schuldner folglich nicht aus eigenem (Eigentümer-)Recht wahr, sondern kraft einer ihm mit der Anordnung der Eigenverwaltung zugewachsenen amtlichen Stellung („Amtswalter in eigenen Angelegenheiten“);552) prozessual ist er deshalb hinsichtlich des Sondervermögens „Insolvenzmasse“ ebenso gesetz___________ 549) Vgl. nur Brinkmann/Zipperer, ZIP 2011, 1337 ff. 550) So aber womöglich BGH, Beschl. v. 7.12.2006 – V ZB 93/06, ZIP 2007, 249 [Rn. 8]. 551) Vgl. m. w. N. Uhlenbruck, FS Metzeler, 2003, S. 85, 92; Jacoby, Das private Amt, 2007, S. 30 f; Schlegel, Die Eigenverwaltung in der Insolvenz, 1999, S. 122 ff; N. Weber, Prozessunterbrechung und materielles Recht in der Insolvenz, 2010, S. 30 ff. 552) Siehe auch BGH, Urt. v. 10.10.2013 í IX ZR 30/13, ZIP 2013, 2265 [Rn. 13] zum spezifischen Widerspruchsrecht (§ 176 InsO) des eigenverwaltenden Schuldners in seiner Eigenschaft als Amtswalter.

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G. Grundpfandrechte im Insolvenzplanverfahren

licher Prozessstandschafter und Amtspartei wie der Insolvenzverwalter.553) Dem Sachwalter kommt in der Eigenverwaltung die Stellung unproblematisch als Amtspartei entsprechend dem hier zum Insolvenzverwalter Ausgeführten zu,554) soweit ihm nach § 280 InsO eigene prozessuale Handlungsbefugnisse zugesprochen werden; insoweit wird auch die an sich umfassende Prozessführungsbefugnis des Schuldners verdrängt. Im Übrigen kommen ihm jedoch gerade keine Prozessführungsbefugnisse zu, was zu gespaltenen Zuständigkeiten für die Verfolgung von Ansprüchen aus einem einheitlichen Lebenssachverhalt führen kann.555) 491 Der eigenverwaltende Schuldner hat deshalb unproblematisch in gleicher Weise wie der Insolvenzverwalter die Befugnis, massezugehörige Immobilien freihändig zu verkaufen (§ 282 Abs. 1 Satz 1 InsO).556) Ebenso kann der eigenverwaltende Schuldner die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung eines massezugehörigen Grundstücks betreiben (§ 282 Abs. 1 Satz 1 InsO i. V. m. §§ 165 InsO, 172 ZVG), die Anträge nach §§ 30d, 153b ZVG stellen etc.557) Ob das intern erforderliche Einvernehmen des Sachwalters (§ 282 Abs. 2 Satz 3 InsO) bzw. die Zustimmung der Gläubigergremien (§§ 157 ff., 160, 164 InsO) hergestellt ist, wird vom Vollstreckungsgericht nicht geprüft;558) ein wirksames Hindernis würde nur die Anordnung eines Zustimmungsvorbehalts (§ 277 InsO) bedeuten.559) Die Feststellungskostenpauschale nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a ZVG findet jedoch im Fall der Eigenverwaltung keine Anwendung (§ 282 Abs. 1 Satz 2 InsO).560)

___________ 553) Leonhardt/Smid/Zeuner/Wehdeking, § 270 Rn. 6; Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, § 270 Rn. 32; Jacoby, Das private Amt, 2007, S. 30 f; Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 8.15; Henckel, FS Schumann, 2001, S. 211, 224 f; Smid, WM 1998, 2489, 2511; N. Weber, Prozessunterbrechung und materielles Recht in der Insolvenz, 2010, S. 83 ff; s. auch Kübler/ Prütting/Bork/Pape, InsO, § 270 Rn. 183; K. Schmidt/Sternal, § 270 Rn. 16 f; a. A. FK-InsO/Foltis, § 270 Rn. 20; HK-InsO/Landfermann, § 270 Rn. 28; MünchKomm/ Wittig/Tetzlaff, InsO, § 270 Rn. 106. 554) Vgl. nur Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, § 280 Rn. 5; Kübler/Prütting/Bork/Pape, InsO, § 280 Rn. 5; FK-InsO/Foltis, § 280 Rn. 4 ff; Jacoby, Das private Amt, 2007, S. 32, 98. 555) Vgl. Hild/Paries, in: Molitor/Hild, Immobilien in der Insolvenzrechtspraxis, Rn. 837 ff. 556) Kübler/Prütting/Bork/Pape, § 280 Rn. 5; FK-InsO/Foltis, § 280 Rn. 4 ff. 557) Dassler/Schiffhauer/Rellermeyer, ZVG, § 172 Rn. 5; Löhnig/Kuhn, ZVG, § 172 Rn. 4; MünchKomm/Wittig/Tetzlaff, InsO, § 282 Rn. 17; Hild/Paries, in: Molitor/Hild, Immobilien in der Insolvenzrechtspraxis, Rn. 838. 558) Dassler/Schiffhauer/Rellermeyer, ZVG, § 172 Rn. 5; Löhnig/Kuhn, ZVG, § 172 Rn. 4; MünchKomm/Wittig/Tetzlaff, InsO, § 282 Rn. 19; Hild/Paries, in: Molitor/Hild, Immobilien in der Insolvenzrechtspraxis, Rn. 840; Stöber, § 172 Rn. 6. 559) Hild/Paries, in: Molitor/Hild, Immobilien in der Insolvenzrechtspraxis, Rn. 842 f. 560) Vgl. Smid, Kreditsicherheiten, § 26 Rn. 2 ff.; Lwowski/Tetzlaff, WM 1999, 2336, 2344; Hintzen, Rpfleger 1999, 256, 261; Stöber, ZVG, § 172 Rn. 6; ders., NZI 1998, 105, 111 f.

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H. Die Freigabe des belasteten Grundstücks Literatur: Beier, Die Freigabe von Immobilienvermögen bei der Insolvenz natürlicher Personen, 2012; Benckendorff, Freigabe von Kreditsicherheiten in der Insolvenz, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 3. Aufl. 2009, Kap. 45; Heinze, Vorläufige Verwaltung und Freigabe von Massegegenständen, ZInsO 2013, 1173; Heyn, Zur Freigabe von Vermögenswerten bei fehlendem Erklärungsempfänger, InsbürO 2011, 12; Kesseler, Umschreibung der Vollstreckungsklausel nach Freigabe durch den Verwalter, ZInsO 2005, 418; Kesseler, Klauselerteilung nach Freigabe im Insolvenzverfahren, DNotZ 2006, 84; Kesseler, Vormerkung und Freigabe im Insolvenzverfahren, ZNotP 2006, 133; Küpper, Freigabe von Immobilien wegen auflaufender Wohngeldverbindlichkeiten, InsbürO 2007, 306; Küpper/Heinze, Das insolvenzrechtliche Instrument der Freigabe als Haftungsproblem des Insolvenzverwalters am Beispiel des Hausgeldes nach dem WEG, ZInsO 2010, 2009; Molitor, Zulässigkeit der Freigabe trotz Verwaltungsvereinbarung, ZInsO 2009, 231; Priebe, Immobilien und Insolvenz – Freigabe, ZInsO 2010, 1673; Schreinert, Erteilung der Vollstreckungsklausel durch den Notar gegen den Schuldner im Insolvenzverfahren, RNotZ 2013, 161; Uhlenbruck, Die Freigabe von Massegegenständen durch den Insolvenzverwalter als Problem der Gläubigergleichbehandlung, KTS 2004, 275; Wipperfürth, Umfang der Grundstücksfreigabe, InsbürO 2011, 460; dies., Löschung des Insolvenzsperrvermerks nach Grundstücksfreigabe, InsbürO 2012, 471.

I. Allgemeines zur (echten) Freigabe 1. Merkmale Der Insolvenzverwalter kann das Grundstück auch, anstatt selbst einen Ver- 492 wertungsversuch zu unternehmen, aus der Insolvenzmasse freigeben (vgl. § 32 Abs. 3 InsO). Als „(echte) Freigabe“ bezeichnet man die einseitige empfangsbedürftige561) Erklärung des Insolvenzverwalters gegenüber dem Insolvenzschuldner, mit der dieser ein massezugehöriges, an sich dem Insolvenzbeschlag unterliegendes Recht wieder in das insolvenzfreie Vermögen des Schuldners überführt, der damit wieder uneingeschränkt hierüber verfügen kann.562) Die echte Freigabe ist von äußerlich ähnlichen, teils ebenfalls mit „Freigabe“ 493 bezeichneten Vorgängen abzugrenzen: x

Die „erkaufte“ Freigabe entspricht wirtschaftlich einem freihändigen „Verkauf an den Schuldner“, der – meist mit finanzieller Hilfe Dritter – einen Ablösungsbetrag in mindestens derjenigen Höhe erbringt, der der Insolvenzmasse einschließlich einer Zuzahlung der Absonderungsberechtigten bei einer freihändigen Verwertung der Immobilie zufließen würde.

___________ 561) Zu den Möglichkeiten, den erforderlichen Zugang (§ 130 Abs. 1 BGB) der Freigabeerklärung herbeizuführen, wenn der Insolvenzschuldner unerreichbar ist, s. Heyn, InsbürO 2011, 12 f. 562) Vgl. nur BGH, Urt. v. 21.4.2005 – IX ZR 281/03, BGHZ 163, 32, 35; BGH, Urt. v. 18.4.2013 – IX ZR 165/12, ZIP 2013, 1181 [Rn. 21 f.]; BGH, Urt. v. 11.7.2013 – IX ZR 286/12, ZIP 2013, 1640 [Rn. 19]; BGH, Beschl. v. 3.4.2014 - IX ZA 5/14, BeckRS 2014, 09022 [Rn. 9]; ausf. Beier, Freigabe von Immobilienvermögen, S. 32 ff. und passim.

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H. Die Freigabe des belasteten Grundstücks

x

Bei der fiduziarischen oder „modifizierten” Freigabe erfolgt keine solche Lösung aus dem Insolvenzbeschlag; vielmehr wird der Schuldner ermächtigt, den Gegenstand zu verwerten, die gesicherten Gläubiger zu befriedigen und einen sich etwa ergebenden Übererlös an die Masse abzuführen; der Schuldner wird also gleichsam für den Verwalter tätig.

x

Mit der gleichen Absicht und Rechtsfolge kann der Insolvenzverwalter einen Massegegenstand an einen absonderungsberechtigten Gläubiger zur Verwertung „freigeben“ (s. für Mobiliarsicherheiten § 170 Abs. 2 InsO).

x

Mit der „Freigabe“ eines nicht zur Masse gehörenden Gegenstands an den Aussonderungsberechtigten schließlich verwirklicht der Insolvenzverwalter nur dessen außerhalb des Insolvenzverfahrens durchzusetzenden Herausgabeanspruch (§ 47 Satz 2 InsO).

2. Zweck 494 Der Zweck der (echten) Freigabe besteht in der Regel darin, die Insolvenzmasse um solche Gegenstände zu bereinigen, deren Verwertung keinen Gewinn ergeben oder die Insolvenzmasse sogar zusätzlich belasten würde. 495 Eine Freigabe ist aus Sicht des Insolvenzverwalters insbesondere dann empfehlenswert, wenn das Grundstück einer hohen dinglichen Belastung unterliegt, sodass der bei realistischer Schätzung zu erwartende Veräußerungserlös keinen Überschuss zugunsten der Insolvenzmasse ergeben wird – die „Schrottimmobilien“, die als Investitionsruinen einer verfehlten Steuerpolitik weder vom Schuldner noch von Dritten genutzt werden, bilden in dieser Hinsicht nur eine von zahlreichen praxisrelevanten Konstellationen. Auch die Notwendigkeit, vor einem Verkauf umwelt- und naturschutzrechtliche Vorgaben zu erfüllen, Miteigentumsverhältnisse zu klären oder komplexe Entwicklungsmaßnahmen umzusetzen, kann zumindest einem zeitnahen Verkauf entgegenstehen; hier drohen im Hinblick auf die weiterlaufenden Verwaltungskosten – dazu gehören öffentliche Lasten wie Grundsteuern, Erschließungsbeiträge, Müllabfuhr usw., private Verpflichtungen aus Hausgeldern (Wohngeldern) und Instandhaltungskosten – gleichwohl per saldo finanzielle Nachteile für die Insolvenzmasse. 496 Auch die Risiken etwa aus den mit dem Grundstück zusammenhängenden, die Insolvenzmasse wie den Verwalter persönlich treffenden Verkehrssicherungspflichten sind zu bedenken; ähnliche Risiken können sich aus dem Umstand ergeben, dass das Grundstück womöglich kontaminiert ist („Altlasten“, s. Rn. 578 ff.), sodass eine ordnungsrechtliche Inanspruchnahme des Verwalters denkbar ist. 497 Aufgrund der Aufgabe des Insolvenzverwalters, die Insolvenzmasse vor unnötigen Risiken und Kosten zu bewahren, kann in diesen Fällen aus der Op-

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I. Allgemeines zur (echten) Freigabe

tion der Freigabe sogar eine haftungsbewehrte (§ 60 InsO!) Verpflichtung zur Freigabe erwachsen.563) Gibt der Verwalter umgekehrt in falscher Einschätzung der Sach- oder Rechtslage werthaltige Gegenstände frei, so ist er ebenfalls persönlich zum Schadensersatz verpflichtet; die Freigabe ist aber auch in diesem Fall grundsätzlich wirksam und nur ausnahmsweise wegen Insolvenzzweckwidrigkeit nichtig.564) 3. Zulässigkeit Die grundsätzliche Zulässigkeit der (echten) Freigabe folgt aus der haf- 498 tungsrechtlichen Trennung der Insolvenzmasse vom insolvenzfreien Vermögen des Schuldners: Wie der Verwalter kraft seines Verfügungsrechts in den durch den Insolvenzzweck gesetzten Grenzen über die massezugehörigen Rechte verfügen kann, ist er (allein) ebenso befugt, deren haftungsrechtliche Zuordnung im Verhältnis zum Schuldner zu ändern, der ohnehin Träger aller massezugehörigen Rechte ist.565) Inwieweit eine entsprechende Befugnis auch dem (starken) vorläufigen Insolvenzverwalter zukommt, ist noch nicht geklärt.566) Die Zulässigkeit der Freigabe gilt nach h. M. auch im Insolvenzverfahren 499 juristischer Personen, da den Insolvenzverwalter aufgrund der Streichung des § 1 Abs. 2 Satz 3 RegE-InsO durch den Rechtsausschuss keine Vollliquidationspflicht treffe und die Freigabemöglichkeit durch § 32 Abs. 3 InsO vorausgesetzt werde.567) In diesem Fall fällt die Verantwortung für das Grundstück wieder den Organen der insolventen juristischen Person zu, im Fall der GmbH also deren Geschäftsführer(n).568) ___________ 563) Vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 28.4.2006 – I-3 Wx 299/05, ZInsO 2007, 154, 156 m. Bespr. Küpper, InsbürO 2007, 306 f.; Eckardt, AbfallR 2008, 197, 200 ff.; Küpper/Heinze, ZInsO 2005, 408, 411. 564) BGH, Urt. v. 11.7.2013 – IX ZR 286/12, ZIP 2013, 1640 [Rn. 19]; BGH, Beschl. v. 3.4.2014 - IX ZA 5/14, BeckRS 2014, 09022 [Rn. 9]. 565) BGH, Urt. v. 5.7.2001 – IX ZR 327/99, BGHZ 148, 252, 258 f. = ZIP 2001, 1469; BGH, Urt. v. 21.4.2005 – IX ZR 281/03, BGHZ 163, 32, 34 f. = ZIP 2005, 1034; BGH, Urt. v. 19.1.2006 – IX ZR 232/04, BGHZ 166, 74, 82 f. = ZIP 2006, 479; BGH, Urt. v. 7.12.2006 – IX ZR 161/04, ZIP 2007, 194; BGH. Urt. v. 1.2.2007 – IX ZR 178/05, ZIP 2007, 1020; BGH, Urt. v. 11.7.2013 – IX ZR 286/12, ZIP 2013, 1640 [Rn. 19]; Jaeger/ Müller, InsO, § 35 Rn. 146 ff., Windel ebd. § 80 Rn. 28 ff.; ausf. Benckendorff, Kölner Schrift zur InsO, Kap. 45; Keller, ZfIR 2002, 861, 870 ff.; Uhlenbruck, KTS 2004, 275 ff. 566) Bejahend m. w. N. z. B. Jaeger/Gerhardt, InsO, § 22 Rn. 35; HK-InsO/Kirchhof, § 22 Rn. 11; HambKomm-InsO/Schröder, § 22 Rn. 35; Tetzlaff, ZInsO 2004, 521, 525; Heinze, ZInsO 2013, 1173 ff. 567) BGH, Urt. v. 21.4.2005 – IX ZR 281/03, BGHZ 163, 32, 34 ff. = ZIP 2005, 1034; BGH, Urt. v. 11.7.2013 – IX ZR 286/12, ZIP 2013, 1640 [Rn. 19]; BVerwG, Urt. v. 23.9.2004 – 7 C 22.03, BVerwGE 122, 75 = NZI 2005, 51; Henckel, FS Kreft, 2004, S. 291, 300 ff.; Jaeger/Windel, InsO, § 80 Rn. 30; Uhlenbruck/Hirte, InsO, § 35 Rn. 72; a. A. mit guten Gründen etwa H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, 2002, S. 25 ff., 38 ff., 45; ders., in Jaeger, § 35 Rn. 148; Karsten Schmidt, ZIP 2000, 1913, 1920. 568) Vgl. BGH, Urt. v. 26.1.2006 – IX ZR 282/03, ZInsO 2006, 260 [Rn. 6].

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H. Die Freigabe des belasteten Grundstücks

500 Für die Freigabe bedarf der Insolvenzverwalter unter den Voraussetzungen des entsprechend anwendbaren § 160 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 InsO richtiger Ansicht nach grundsätzlich der Zustimmung des Gläubigerausschusses bzw. der Gläubigerversammlung; in der Regel – anders in Eilfällen, also etwa zur Verhinderung einer ordnungsrechtlichen Inanspruchnahme wegen Altlasten – wird die Freigabe einer Immobilie deshalb erst nach dem Berichtstermin in Frage kommen (in entsprechender Anwendung von §§ 158 f. InsO). Denn wenn bereits die Veräußerung einer Immobilie dieses Zustimmungserfordernis verlangt, dann muss dies für die Freigabe, aufgrund derer die Insolvenzmasse keinerlei Ausgleich erhält, erst recht gelten.569) Dies korrespondiert mit der hier vertretenen Auffassung, dass die Zustimmungspflicht selbst bei wertausschöpfend belasteten Grundstücken eingreift (Rn. 188). 4. Rechtsfolge 501 Die Rechtsfolge der Freigabe ist das auf den betreffenden Vermögenswert beschränkte Wiederaufleben der mit Verfahrenseröffnung zunächst auf den Insolvenzverwalter übergegangenen Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Schuldners; bei einem Grundstück ist demgemäß der Insolvenzvermerk im Wege der Grundbuchberichtigung zu löschen (§§ 32 Abs. 3 InsO, 22 Abs. 1 Satz 2 GBO).570) Verpflichtungen, die bereits zulasten der Insolvenzmasse entstanden waren, kann der Verwalter durch die Freigabe dagegen nicht auf den Schuldner überwälzen. Deshalb bleibt die Insolvenzmasse – vorbehaltlich einer einverständlichen abweichenden Regelung durch die Beteiligten – aus einer mietvertraglichen Verpflichtung zur Gebrauchsgewährung trotz Freigabe der betreffenden Immobilie nach näherer Maßgabe der §§ 108 ff., 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO verpflichtet.571) 502 Die Freigabe des Grundstücks bedeutet nicht zugleich die Freigabe einer darauf liegenden Eigentümergrundschuld oder eines Anspruchs auf Rückgewähr einer auf dem Grundstück lastenden, nicht mehr voll valutierenden Grundschuld, da diese einen selbstständigen Bestandteil der Insolvenzmasse bilden.572)

___________ 569) Zutr. Jungmann, Grundpfandgläubiger, Rn. 158. 570) Siehe dazu OLG Dresden, Beschl. v. 8.3.2011 – 17 W 201/11, ZIP 2011, 1378; OLG Naumburg, Beschl. v. 12. 11. 2013 – 12 Wx 43/13, ZIP 2014, 836, 837; Wipperfürth, InsbürO 2012, 471 ff. 571) LG Dortmund ZInsO 2005, 724; OLG Rostock ZInsO 2007, 996 f.; Derleder, NZM 2004, 568, 576; Marotzke, ZInsO 2007, 1 ff.; Pape, WuM 2004, 645, 652; Priebe, ZInsO 2010, 1673, 1674 f.; a. A. Beck/Depré/Ringstmeier, Praxis der Insolvenz, § 22 Rn. 117. 572) BGH, Urt. v. 30.6.1978 – V ZR 153/76, WM 1978, 986; Clemente, Sicherungsgrundschuld, Rn. 1028; Stöber, ZVG, § 15 Rn. 11.3; a. A. Beier, Freigabe von Immobilienvermögen, S. 47 f.

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II. Freigabe und Immobiliarvollstreckung durch Gläubiger

II. Freigabe und Immobiliarvollstreckung durch Gläubiger 1. Fortsetzung der Immobiliarvollstreckung Ist eine echte Freigabe erfolgt, so fällt die Immobilie in das insolvenzfreie 503 Vermögen des Schuldners und unterliegt dessen freier Verfügungsmacht. Die Grundpfandgläubiger, für die § 89 InsO nicht gilt (Rn. 267), können nach wie vor ungehindert die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung betreiben. Allerdings muss ein etwa gegen den Insolvenzverwalter erwirkter dinglicher Titel zuvor gegen den Schuldner umgeschrieben werden (analog §§ 727, 731 ZPO);573) dieses Erfordernis kann im Hinblick auf die Notwendigkeit, die an sich durch einseitige formlose Erklärung gegenüber dem Schuldner erfolgende Freigabe im Bestreitensfalle in der Form des § 727 ZPO nachzuweisen (d. h. Nachweis der Abgabe der Freigabeerklärung durch eine öffentlich beglaubigte Erklärung dieses Inhalts und Nachweis des Zugangs der Freigabeerklärung beim Schuldner in öffentlicher Form, also durch entsprechende Zustellungsurkunde des Gerichtsvollziehers),574) durchaus praktische Schwierigkeiten bereiten. Ein gegen den Insolvenzverwalter erwirkter oder umgeschriebener Titel muss aber dann nicht gegen den Schuldner umgeschrieben werden, wenn die Vollstreckung bereits gegen den Insolvenzverwalter eingeleitet worden war (arg. e § 80 Abs. 2 Satz 2 InsO).575) Auch ein vor Verfahrenseröffnung gegen den Schuldner erwirkter und während des Verfahrens „liegen gebliebener“ Titel muss nach der Freigabe (natürlich) nicht gegen den Schuldner umgeschrieben werden.576) Im Hinblick auf den jetzt jedenfalls unzweifelhaften Eintritt der Fälligkeit (anders vorher wegen § 1149 BGB) können Grundpfandgläubiger und Schuldner nach der Freigabe auch jede Form einer freihändigen Verwertung vereinbaren.577) Persönliche Gläubiger können gleichwohl nicht die Zwangsversteigerung 504 oder Zwangsverwaltung betreiben, da das Vollstreckungsverbot gem. § 89 InsO auch das insolvenzfreie Vermögen einschließlich der freigegebenen Gegenstände erfasst.578) Hatten sie dagegen früher als einen Monat vor dem Eröffnungsantrag die Beschlagnahme erwirkt, so haben sie – vorbehaltlich der Anfechtbarkeit – ein insolvenzfestes Befriedigungsrecht erworben und ___________ 573) BGH, Urt. v. 19.1.2006 – IX ZR 232/04, BGHZ 166, 74, 83 = ZIP 2006, 479 [Rn. 32]; BGH, Beschl. v. 12.2.2009 – IX ZB 112/06, ZIP 2009, 818 [Rn. 4 ff.]; Jungmann, Grundpfandgläubiger, Rn. 159; Kesseler, ZInsO 2005, 418 ff. 574) Vgl. LG Dessau-Roßlau, Beschl. v. 12.6.2008 – 5 T 27/08, NotBZ 2008, 351 f.; LG Köln, Beschl. v. 26.11.2012 – 11 T 90/12, ZInsO 2013, 198; Schreinert, RNotZ 2013, 161 f. 575) BGH, Beschl. v. 14.4.2005 – V ZB 25/05, KTS 2006, 465 m. Anm. Heese; dazu Kesseler, DNotZ 2006, 84. 576) BGH, Beschl. v. 14.4.2005 – V ZB 25/05, KTS 2006, 465 m. Anm. Heese; dazu Kesseler, DNotZ 2006, 84. 577) OLG Frankfurt/O., Urt. v. 14.3.2012 – 4 U 60/10, BeckRS 2012, 07377 [juris-Rn. 66 f.]. 578) Allg. M., vgl. nur BGH, Urt. v. 19.1.2006 – IX ZR 232/04, BGHZ 166, 74, 83 = ZfIR 2006, 437 (m. Anm. Volmer) = ZIP 2006, 479 (m. Bespr. Keller, S. 1174) [Rn. 26]; BGH, Beschl. v. 12.2.2009 – IX ZB 112/06, ZIP 2009, 818 [Rn. 12]; Jaeger/Eckardt, InsO, § 89 Rn. 7, 29.

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H. Die Freigabe des belasteten Grundstücks

sind als Absonderungsberechtigte ebenso wie die Grundpfandgläubiger von dem Vollstreckungsverbot nicht mehr betroffen. 2. Konvaleszenz unwirksam erworbener Befriedigungsrechte 505 Hatte ein persönlicher Gläubiger später als einen Monat vor dem Eröffnungsantrag (aber vor der Verfahrenseröffnung) die Beschlagnahme oder die Eintragung einer Zwangshypothek erwirkt, so wird die als Folge der Rückschlagsperre zunächst eingetretene Unwirksamkeit der Beschlagnahme bzw. der Zwangshypothek durch die Freigabe geheilt (sog. Konvaleszenz, § 185 Abs. 2 BGB analog); auch § 89 Abs. 1 InsO greift in diesem Fall nicht mehr ein. Entsprechendes gilt für den Fall, dass ein Grundpfandrecht nach Verfahrenseröffnung (oder im Fall der Zwangshypothek später als einen Monat vor dem Eröffnungsantrag) und deshalb unwirksam erworben war.579) 3. Ausfallhaftung 506 Auch an den Grundsätzen der Ausfallhaftung (§§ 52 Satz 2, 190 InsO, s. Rn. 40) ändert sich für die grundpfandrechtlich gesicherten Insolvenzgläubiger durch die Freigabe nichts.580) Entschiede man anders, könnte der Insolvenzverwalter überlastete Gegenstände praktisch niemals freigeben und hätte die Insolvenzmasse insbesondere bei Grundstücken nur zwecks Erhaltung des Ausfallprinzips unrentierliche Sachlasten und Kosten weiter auf sich zu nehmen. Die Gläubiger können deshalb nach wie vor nur dann an der Verteilung der Insolvenzmasse teilnehmen, wenn sie nachweisen, dass sie auf das Absonderungsrecht verzichten oder bei seiner Verwertung einen Ausfall erlitten haben. 4. Zustellungen 507 Allerdings drohen den Grundpfandgläubigern insbesondere in der Insolvenz juristischer Personen nicht selten praktische Schwierigkeiten, da die in der Immobiliarvollstreckung erforderlichen Zustellungen mangels greifbarer Gesellschaftsorgane nicht durchführbar sind. Es ist deshalb für diese Gläubiger von Bedeutung, die Möglichkeit einer Freigabe ins Kalkül einzubeziehen und etwa beim Abschluss von Verwertungs- und Verwaltungsvereinbarungen (Rn. 412) mit dem Insolvenzverwalter darauf zu achten, dass eine – aus ihrer Sicht – „Freigabe zur Unzeit“ ausgeschlossen wird; ggf. müssen hierfür bereits Kompensationszahlungen für die eine oder andere Seite vereinbart werden.581) ___________ 579) BGH, Beschl. v. 12.2.2009 – IX ZB 112/06, ZIP 2009, 818 [Rn. 4 ff.]; BGH, Urt. v. 19.1.2006 – IX ZR 232/04, BGHZ 166, 74, 83 = ZIP 2006, 479 [Rn. 32]; Jaeger/ Eckardt, InsO, § 88 Rn. 56, 66, 69, § 89 Rn. 7, 29; a. A. m. w. N. Morvilius, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, Rn. 771 ff. 580) BGH, Urt. v. 2.4.2009 – IX ZR 23/08, ZIP 2009, 874 [Rn. 14]; Jaeger/Henckel, InsO, § 52 Rn. 9; MünchKomm/Ganter, InsO, § 52 Rn. 10; Uhlenbruck/Brinkmann, InsO, § 52 Rn. 4; Jacobi, ZVI 2008, 325, 329. 581) Molitor, ZInsO 2009, 231, 232 ff.

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III. Freigabe und Insolvenzverwalterversteigerung

III. Freigabe und Insolvenzverwalterversteigerung Nach erfolgter Freigabe kann der Insolvenzverwalter einen Antrag nach 508 § 172 ZVG nicht mehr stellen, da das Grundstück insolvenzfreies Vermögen geworden ist. Ist dagegen zum Zeitpunkt der Freigabe bereits ein Zwangsversteigerungsverfahren nach § 172 ZVG anhängig, so wird die Freigabe nicht von Amts wegen berücksichtigt. Der Schuldner kann vielmehr nur nach § 771 ZPO (ggf. i. V. m. § 769 ZPO) gegen die Fortsetzung des Verfahrens vorgehen.582) Von einer Freigabe ist der Fall zu unterscheiden, dass der Insolvenzverwalter 509 lediglich (zunächst) von einer Verwertung absieht. Dem Insolvenzverwalter steht ein Entscheidungsspielraum in Bezug auf die Verwertung der massezugehörigen Immobilien offen. Er kann zur Verwertung schreiten, er kann aber auch die Verwertung dann unterlassen, wenn er das Unternehmen insgesamt im Wege übertragender Sanierung verwerten möchte oder eine Erhaltung des Unternehmensträgers beabsichtigt, zu deren Erfolg er das Grundstück benötigt. Das Unterlassen von Verwertungsmaßnahmen muss sich damit nicht zwingend als stillschweigende Freigabe darstellen.583) IV. Umsatzsteuer Die Motivation für den Insolvenzverwalter, ein Grundstück aus der Insol- 510 venzmasse freizugeben, besteht nicht selten darin, eine sonst eintretende oder drohende Belastung der Insolvenzmasse mit Umsatzsteuer abzuwenden (s. Rn. 264). Allerdings birgt die Freigabe in der Unternehmensinsolvenz ihrerseits beträchtliche steuerliche Risiken insbesondere hinsichtlich der Umsatzsteuerbelastung, die es mit ihren Vorzügen abzuwägen gilt. Steuerrechtlich handelt es sich bei der Freigabe um einen unternehmensin- 511 ternen Vorgang; Grunderwerbsteuer fällt bei der Freigabe als solcher daher ebenso wenig an wie Umsatzsteuer. Ein steuerliches Risiko der Freigabe besteht aber in der Möglichkeit, dass der Schuldner das in seine Verfügungsbefugnis zurückgefallene Grundstück noch während des Insolvenzverfahrens weiterveräußert oder das Grundstück in der von einem Gläubiger betriebenen und nach der Freigabe gegen den Schuldner fortgesetzten Zwangsversteigerung zugeschlagen wird. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs584) kann die Veräußerung eines zugunsten von Insolvenzgläubigern mit ___________ 582) FK-InsO/Wegener, § 165 Rn. 3; Uhlenbruck/Brinkmann, InsO, § 165 Rn. 8a; Stöber, ZVG, § 172 Rn. 3.4. 583) Smid, Kreditsicherheiten, § 23 Rn. 11. 584) BFH, Urt. v. 16.8.2001 – V R 59/99, BFHE 196, 341 = ZIP 2002, 230 (zur heute durch § 13b UStG erfassten Konstellation, s. Rn. 512); Ganter/Brünink, NZI 2006, 257, 260 f.; Klenk/Kronthaler, NZI 2006, 369, 372; s. auch ebenso FG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 24.4.2008 – 1 K 1292/04; BeckRS 2008, 26025545; abl. etwa Mitlehner, NZI 2002, 534, 536 ff.; Onusseit, ZIP 2002, 1344, 1346 ff.; ders., in Kübler/Prütting/Bork, InsO, Insolvenzsteuerrecht, Rn. H 236 ff.; Tetzlaff, ZInsO 2004, 1521, 1526.

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H. Die Freigabe des belasteten Grundstücks

Grundpfandrechten belasteten, zur Insolvenzmasse gehörenden Grundstücks auch dann, wenn sie nach der Freigabe durch den Schuldner erfolgt, zu einer die Insolvenzmasse betreffenden Verwertung führen. Dies soll immer dann der Fall sein, wenn der Erlös an die Stelle des belasteten Grundstücks tritt, vereinbarungsgemäß an die absonderungsberechtigten Insolvenzgläubiger ausgekehrt wird und deshalb die Insolvenzmasse in dieser Höhe entlastet. Diese Voraussetzungen sind bei einer („echten“) Freigabe im Insolvenzverfahren allerdings praktisch immer gegeben. 512 Diese Rechtsprechung hat unterschiedliche Konsequenzen, je nachdem, ob der Schuldner bei der Lieferung des freigegebenen, umsatzsteuerverhafteten Grundstücks im Hinblick auf die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 9a UStG zur Umsatzsteuer optiert (§ 9 Abs. 1 UStG, s. Rn. 207): x

Verzichtet der Schuldner wirksam auf die Umsatzsteuerbefreiung, so entsteht hinsichtlich des Erlöses für das Grundstück keine Umsatzsteuerbelastung der Insolvenzmasse, da der Erwerber, der in den Fällen der Option zur Umsatzsteuer vorausgesetztermaßen selbst Unternehmer ist, nunmehr gem. § 13b Abs. 2 Nr. 3 i. V. m. Abs. 5 Satz 2 UStG die Umsatzsteuer unmittelbar gegenüber dem Finanzamt schuldet.

x

Verzichtet der Schuldner nicht auf die Umsatzsteuerbefreiung, so kann dies zu einer Vorsteuerkorrektur aus § 15a UStG führen (s. Rn. 207); dieser Anspruch trifft den Veräußerer, d. h. nach der dargestellten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs die Insolvenzmasse als Masseverbindlichkeit i. S. v. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO.

x

Hinsichtlich des Erlöses für die mithaftenden Mobilien fällt keine Grunderwerbsteuer an, dafür aber – unabhängig von der Ausübung der Option hinsichtlich des Grundstücks – stets Umsatzsteuer; da § 13b Abs. 2 Nr. 3 i. V. m. Abs. 5 Satz 2 UStG hierauf keine Anwendung findet, trifft die Steuerpflicht nicht den Erwerber, sondern den Veräußerer, d. h. nach der dargestellten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs wiederum die Insolvenzmasse als Masseverbindlichkeit.

513 Die Entscheidung des Insolvenzverwalters für oder gegen eine Freigabe des Grundstücks an den Schuldner muss also zumindest die auf die mithaftenden Mobilien entfallende Umsatzsteuer einkalkulieren, da diese der Insolvenzmasse in jedem Fall zur Last fällt, wenn der Schuldner das Grundstück noch während des Insolvenzverfahrens veräußert bzw. die Zwangsversteigerung bis dahin abgeschlossen wird. Im Übrigen hängt viel davon ab, ob im Fall einer Veräußerung oder Versteigerung des Grundstücks in größerem Umfang Vorsteuerkorrekturen nach § 15a UStG drohen; ist dies der Fall, so muss der Insolvenzverwalter versuchen, durch Vereinbarungen mit dem Schuldner sicherzustellen, dass dieser zur Umsatzsteuer optiert, womöglich aber auch von der Freigabe aus diesem Grund ganz absehen.

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I. Besonderheiten I. Grundpfandrechte und Gesellschafterdarlehen Literatur: Altmeppen, Zur Insolvenzanfechtung einer Gesellschaftersicherheit bei Doppelsicherung, ZIP 2011, 741; ders., Überflüssigkeit der Anfechtung von Sicherheiten für Gesellschafterdarlehen, NZG 2013, 441; ders., Ist das besicherte Gesellschafterdarlehen im Insolvenzverfahren der Gesellschaft subordiniert oder privilegiert?, ZIP 2013, 1745; Bitter, Die Nutzungsüberlassung in der Insolvenz nach dem MoMiG (§ 135 Abs. 3 InsO), ZIP 2010, 1; ders., Zur Insolvenzanfechtung für Gesellschafterdarlehen bestellter Sicherheiten auch bei deren Verwertung mehr als ein Jahr vor Stellung des Insolvenzantrags, ZIP 2013, 1583; ders., Sicherheiten für Gesellschafterdarlehen: ein spät entdeckter Zankapfel der Gesellschafts- und Insolvenzrechtler, ZIP 2013, 1998; Bitter/ Laspeyres, Kurzfristige Waren- und Geldkredite im Recht der Gesellschafterdarlehen, ZInsO 2013, 2289; Blasche/Burg, „Eigenkapitalersetzende“ Nutzungsüberlassung nach dem MoMiG, GmbHR 2008, 1250; Bork, Doppelbesicherung eines Gesellschaftsdarlehens durch Gesellschaft und Gesellschafter, FS Ganter, 2010, S. 135; Büscher, Miete und Pacht nach MoMiG, FS Hüffer, 2010, S. 81; Dahl/Schmitz, Eigenkapitalersatz nach dem MoMiG aus insolvenzrechtlicher Sicht, NZG 2009, 325; Fischer G., Die Berechnung des für eine Gebrauchsüberlassung nach § 135 Abs. 3 InsO zu zahlenden Ausgleichs, FS Wellensiek, 2011, S. 443; Fischer P., Der Zwangsverwalter und § 135 Abs. 3 InsO – Gesellschaftsinterne Nutzungsverhältnisse, Konkurrenz zwischen Insolvenz- und Zwangsverwaltung, ZfIR 2010, 312; Fischer/Knees, Zum Umgang des Grundpfandgläubigers mit § 135 Abs. 3 InsO, ZInsO 2009, 745; Frege/Nicht/Schildt, Die Anwendung von § 44a InsO bei Doppelbesicherung in der Konzerninsolvenz, ZInsO 2012, 1961; Gehrlein, Das Eigenkapitalersatzrecht im Wandel seiner gesetzlichen Kodifikationen, BB 2011, 3; Göcke, Wechselwirkungen bei der Insolvenz von Gesellschaft, Gesellschafter und Organwalter, 2009; Göcke/Henkel, Zur Anwendbarkeit des § 135 Abs. 3 InsO in der Doppelinsolvenz von Gesellschaft und Gesellschafter sowie bei Zwangsverwaltung, ZInsO 2009, 170; Gruschinske, Beendigung „kapitalersetzender“ Nutzungsverhältnisse vor Insolvenzeröffnung, GmbHR 2010, 179; Gundlach/Frenzel/Strandmann, Die Anwendung des § 44a InsO auf Doppelbesicherungen, DZWIR 2010, 231; Haas, Fragen zur „kapitalersetzenden“ Nutzungsüberlassung nach neuem Recht, FS Ganter, 2010, S. 189; Heinze, Die (Eigenkapital ersetzende) Nutzungsüberlassung in der GmbH-Insolvenz nach dem MoMiG, ZIP 2008, 110; Henkel, Das Bargeschäftsprivileg gilt nicht im Rahmen von § 135 Abs. 1 InsO, ZInsO 2009, 1577; Hermreck, Doppelbesicherte Drittdarlehen in der Insolvenz, NJWspezial 2011, 597; Hill, Das Wahlrecht des doppelt gesicherten Gläubigers in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, ZInsO 2012, 910; Hirte, Neuregelungen mit Bezug zum gesellschaftsrechtlichen Gläubigerschutz und im Insolvenzrecht durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG), ZInsO 2008, 689; Hölzle, Gibt es noch eine Finanzierungsfolgenverantwortung im MoMiG?, ZIP 2009, 1939; ders., Zur Durchsetzbarkeit von Sicherheiten für Gesellschafterdarlehen in der Insolvenz, ZIP 2013, 1992; Hörndler/ Hoisl, Auswirkungen des MoMiG auf das Mietrecht: Wegfall der eigenkapitalersetzenden Nutzungsüberlassung, NZM 2009, 377; Holzer, Nutzungsüberlassung im Insolvenzverfahren: Konsequenzen aus dem Wegfall der eigenkapitalersetzenden Nutzungsüberlassung durch das MoMiG, ZVI 2008, 369; Huber U, Gesellschafterdarlehen im GmbH- und Insolvenzrecht nach der MoMiG-Reform, ZIP 2010, Beil. zu Heft 39, S. 7; Kaysers, MoMiG-Deregulierung des Eigenkapitalersatzrechts: Auswirkungen auf die Grenzen der dinglichen Kreditsicherung, Finanz-Betrieb 2009, 181; Koutsós, Die rechtliche Behandlung von (eigenkapitalersetzenden) Gesellschafterleistungen, 2010; ders, Nutzungsüberlassungen zwischen Gesellschafter und Gesellschaft in der Gesellschaftsinsolvenz, ZInsO 2011, 1626; Marotzke, Gesellschaftsinterne Nutzungsverhältnisse nach Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, ZInsO 2008, 1281; ders., Wahlrechte und Kommunikationspflichten im gesetzlichen Schuldverhältnis des § 135 Abs. 3 InsO,

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I. Besonderheiten FS Runkel, 2009, S. 359; ders, Gesellschaftsinterne Nutzungsverhältnisse im Spiegel der §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 103, 108 ff., 135 Abs. 1 und Abs. 3 InsO, ZInsO 2009, 2073; ders., Darlehen und sonstige Nutzungsüberlassungen im Spiegel des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO – Eine alte Rechtsfrage in neuem Kontext, JZ 2010, 592; ders., Gläubigerbenachteiligung und Bargeschäftsprivileg bei Gesellschafterdarlehen und vergleichbaren Transaktionen, ZInsO 2013, 641; Mikolajczak, Die Haftung des Gesellschafters für doppelbesicherte Drittdarlehen – Was folgt aus dem Nachrang des Freistellungsanspruchs?, ZIP 2011, 1285; Mylich, Kreditsicherheiten für Gesellschafterdarlehen, ZHR 176 (2012), 547; ders., Kreditsicherheiten für Gesellschafterdarlehen – Stand der Dinge und offene Fragen, ZIP 2013, 2444; Rühle, Die Nutzungsüberlassung durch Gesellschafter in Zeiten des MoMiG, ZIP 2009, 1358; Schäfer, § 135 III InsO – Nutzungsüberlassungen im Spannungsfeld zwischen Gesellschafts- und Insolvenzrecht, NZI 2010, 505; Schaumann, Reform des Eigenkapitalersatzrechts im System der Gesellschafterhaftung, 2009; Schmidt K., Nutzungsüberlassung nach der GmbH-Reform – Der neue § 135 Abs. 3 InsO: Rätsel oder des Rätsels Lösung?, DB 2008, 1727; ders., Gesellschafterdarlehen im GmbH- und Insolvenzrecht nach der MoMiG-Reform – eine alternative Sicht, ZIP 2010, Beil. zu Heft 39, S. 15; ders., Gesellschafterdarlehen im GmbH- und Insolvenzrecht: Was hat sich geändert?, FS Winter, 2011, S. 601; ders., Nutzung und Nutzungsentgelte als Verhandlungsgegenstand zwischen Insolvenzverwalter und Gesellschafter – Lehren aus § 135 Abs. 3 InsO, FS Wellensiek, 2011, S. 551; Schmidt N., Die analoge Anwendung des § 44a InsO im Fall der Besicherung eines Darlehens an die Gesellschaft durch Gesellschaft und Gesellschafter, ZInsO 2010, 70; Skauradszun, Zum ausgeuferten Anwendungsbereich des § 135 Abs. 1 InsO, DZWIR 2014, 99.

514 Ziel des Rechts der Gesellschafterdarlehen ist es, die Insolvenzmasse und damit die Gläubigergesamtheit so zu stellen, wie wenn der Gesellschafter in Wahrnehmung seiner Finanzierungsfolgenverantwortung anstelle der Darlehensgewährung einen entsprechenden Beitrag zum haftenden Eigenkapital der Gesellschaft geleistet hätte.585) Bei wirtschaftlicher Betrachtung macht es keinen Unterschied, ob ein Gesellschafter der Gesellschaft einen Kredit gewährt oder ob er stattdessen eine Sicherheit für einen von der Gesellschaft aufgenommenen Kredit eines außenstehenden Dritten bestellt.586) Solche Gesellschaftersicherheiten – grundsätzlich aber nicht der Drittkredit als solcher – wurden deshalb von jeher ebenfalls als Gegenstand des Kapitalersatzrechts angesehen.587) 515 Seit der Reform des Rechts der Gesellschafterdarlehen durch das MoMiG vom 23.10.2008588) ergeben sich die Voraussetzungen und Rechtsfolgen aus den §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 4, Abs. 5, 44a, 135, 143 Abs. 3 InsO. Maßgeblich ist nun nicht mehr, ob ein Darlehen oder eine andere Finanzierungshilfe ___________ 585) Vgl. zu dieser nach wie vor geltenden dogmatischen Grundlage des Gesellschafterdarlehensrechts BGH, Urt. v. 21.2.2013 – IX ZR 32/12, ZIP 2013, 582 [Rn. 18]; Altmeppen, NJW 2008, 3601, 3602; Bork, ZGR 2007, 250, 257 f.; K. Schmidt, ZIP 2010, Beil. zu Heft 39, S. 15, 17 ff.; ähnlich (an das „Näheverhältnis“ als Gesellschafter anknüpfende gesetzgeberische Entscheidung) z. B. Haas, ZInsO 2007, 617, 618. 586) Vgl. BGH, Urt. v. 20.2.2014 – IX ZR 164/13, ZIP 2014, 584 [Rn. 18]. 587) Vgl. §§ 32a Abs. 2, 32b GmbHG a. F. sowie (zu den „Rechtsprechungsregeln“) BGH, Urt. v. 27.9.1976 – II ZR 162/75, BGHZ 67, 171, 182 für die Gesellschafterbürgschaft; speziell zu Grundpfandrechten vgl. BGH, Urt. v. 26.6.2000 – II ZR 21/99, ZIP 2000, 1489; BGH, Urt. v. 27.11.2000 – II ZR 179/99, ZIP 2001, 115. 588) Zum Übergangsrecht vgl. BGH, Urt. v. 26.1.2009 – II ZR 260/07, BGHZ 179, 249 = ZIP 2009, 615 [Rn. 15 ff.]; Altmeppen, ZIP 2011, 641 ff.; Mylich, ZIP 2013, 2444, 2447.

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I. Grundpfandrechte und Gesellschafterdarlehen

in der Krise der Gesellschaft gewährt oder stehengelassen wurde; maßgeblich ist allein, dass ein Gesellschafter (oder eine gleichgestellte Person)589) eine – auch kurzfristige590) – Finanzierungshilfe gewährt hat und es danach zur Insolvenzeröffnung über das Vermögen der Gesellschaft kommt. Das bisherige Eigenkapitalersatzrecht inklusive der sog. Rechtsprechungsregeln wurde abgeschafft; die §§ 32a, 32b GmbHG a. F. wurden aufgehoben, § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG bestimmt nunmehr ausdrücklich, dass das Auszahlungsverbot des § 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG nicht für die Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens oder „wirtschaftlich entsprechende“ Leistungen gilt.591) 1. Besicherung eines Gesellschafterdarlehens durch die Gesellschaft in deren Insolvenz a) Anfechtung bei unverwerteter Sicherheit Zu erwähnen ist zunächst die Konstellation, dass ein Gesellschafter (oder 516 eine gleichgestellte Person) „seiner“ später insolventen GmbH ein Darlehen gewährt hat, zu dessen Sicherung ihm die Gesellschaft ein Grundpfandrecht bestellt hatte (Gesellschafter als Kreditgeber und Inhaber eines aus dem Gesellschaftsvermögen bestellten Grundpfandrechts). Dies ist an sich ein unproblematischer Fall des § 135 InsO: Die Bestellung des Grundpfandrechts ist nach § 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO anfechtbar, wenn innerhalb von 10 Jahren nach dem maßgeblichen Zeitpunkt i. S. v. § 140 InsO (s. Rn. 121 ff.) das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft beantragt wird. Folgt man der h. M., so bedarf es der Anfechtung allerdings gar nicht: Da die besicherte Gesellschafterdarlehensforderung nachrangig sei (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO), berechtige die Sicherheit per se nicht zu abgesonderter Befriedigung; vielmehr könne der Insolvenzverwalter ohne Weiteres aus dem Sicherungsvertrag auf Rückgewähr des Grundpfandrechts klagen.592) Die prinzipielle ___________ 589) Gleichgestellt sind Finanzierungshilfen von Unternehmen, die mit dem Gesellschafter horizontal oder vertikal verbunden sind, vgl. m. w. N. BGH, Urt. v. 21.2.2013 – IX ZR 32/12, BGHZ 196, 220 = ZIP 2013, 582 [Rn. 15]. Unerheblich ist nach neuem Recht auch, ob die Eigenschaft als Gesellschafter bzw. gleichgestelltes Unternehmen bereits zum Zeitpunkt der Finanzierungshilfe gegeben war oder ob sie erst später erlangt wurde, vgl. m. w. N. BGH, Urt. v. 20.2.2014 – IX ZR 164/13, ZIP 2014, 584 [Rn. 15]. 590) Zur Gleichstellung kurzfristiger Darlehen nach neuem Recht s. BGH, Urt. v. 7.3.2013 – IX ZR 7/12, ZIP 2013, 734 [Rn. 14]; BGH, Urt. v. 4.7.2013 – IX ZR 229/12, BGHZ 198, 77 = ZIP 2013, 1629 [Rn. 29]; dazu z. B. Bitter/Laspeyres, ZInsO 2013, 2289 ff. 591) Siehe etwa Altmeppen, NJW 2008, 3601; Hirte, WM 2008, 1429; Roth, GmbHR 2008, 1184; Schönfelder, WM 2009, 1401. 592) Vgl. aus der Rspr. zuletzt BGH, Urt. v. 26.1.2009 – II ZR 213/07, BGHZ 179, 278, 283 f. = ZIP 2009, 471 [Rn. 17] (zur Rechtslage vor dem MoMiG); ebenso jetzt OLG Schleswig, Urt. v. 13.1.2012 í 4 U 57/11, NJW 2012, 2738, 2740; s. aus der Lit. Jaeger/Henckel, InsO, § 39 Rn. 44, § 52 Rn. 5, § 135 Rn. 10; Altmeppen, NZG 2013, 441 ff.: Bloß/Zugelder, NZG 2011, 332, 333; Hölzle, ZIP 2013, 1992, 1997; Spliedt, ZIP 2009, 149, 153; a. A. Bitter, ZIP 2013, 1497, 1502 f. u. ZIP 2013, 1998, 2000; Marotzke, ZInsO 2013, 641, 649; Mylich, ZHR 176 (2012), 547, 556 ff. u. ZIP 2013, 2444, 2446, 2448 ff.; Thole, NZI 2013, 742 f.; ebenso für Sicherungsrechte, deren Bestellung länger als 10 Jahre vor dem Eröffnungsantrag (§ 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO) zurückreicht, auch BGH, Urt. v. 18.7.2013 – IX ZR 219/11, BGHZ 198, 64 = ZIP 2013, 1579 (Rn. 14).

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I. Besonderheiten

Unerheblichkeit des Nachrangs der gesicherten Forderung für das Recht auf abgesonderte Befriedigung (s. Rn. 20) gilt also nicht bei Sicherheiten für Gesellschafterdarlehen i. S. v. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO; diese begründeten vielmehr von vornherein kein Absonderungsrecht. Dass dies nicht richtig sein kann, ergibt sich indessen schon aus der Existenz des § 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO (da dieser Bestimmung auf der Grundlage der h. M. kaum ein sinnvoller Anwendungsbereich mehr verbleibt).593) Der an sich richtige Gedanke, dass eine für ein Gesellschafterdarlehen bestellte Sicherheit in der Insolvenz der Gesellschaft nicht durchsetzbar sein darf, wird nach neuem Recht vielmehr gerade durch § 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO ausgeformt. Die in dieser Ausformung einbegriffenen Einschränkungen wie die Zehnjahresfrist dürfen dann aber auch nicht ausgehebelt werden, indem man aus der Nachrangigkeit der gesicherten Forderung ein selbstständiges Durchsetzungshindernis ableitet (s. Rn. 20). Der Geltendmachung der Sicherheit steht auch nicht – wie die h. M. meint – schon deshalb eine Einrede aus dem Sicherungsvertrag entgegen, weil sich durch den insolvenzrechtlichen Nachrang der Sicherungszweck erledigt hat; im Gegenteil wird durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Sicherungszweck gerade aktuell. 517 Umstritten (und noch nicht höchstrichterlich entschieden) ist allerdings, ob auf die Bestellung der Gesellschaftersicherheit nach allgemeinen Grundsätzen (Rn. 109 ff.) das Bargeschäftsprivileg zur Anwendung kommen kann, wenn die Darlehensgewährung in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Grundpfandrechtsbestellung erfolgte.594) Auch wenn der Wortlaut des einschlägigen § 142 InsO das nicht klar zum Ausdruck bringt, ist dies richtiger Ansicht nach nicht der Fall.595) Denn das „Bargeschäft“ bezeichnet eine teleologisch motivierte Einschränkung der Anfechtung wegen (kongruenter) Deckung, kein allgemeines anfechtungsrechtliches Prinzip: Dem Schuldner soll in der Krise der Abschluss ausgewogener Geschäfte gestattet werden, um nicht durch die Drohung mit der „Anfechtungskeule“ ein womöglich sanierungsfähiges Unternehmen vorzeitig zu ruinieren. Ein Anlass, dieses Privileg auch den Gesellschafterdarlehen zugutekommen zu lassen, besteht gerade nicht.

___________ 593) Ein Anwendungsbereich ergibt sich nur für das zweite bis zehnte Jahr vor dem Eröffnungsantrag und dann, wenn man mit der neueren Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 18.7.2013 – IX ZR 219/11, BGHZ 198, 64 = ZIP 2013, 1579 [Rn. 10 ff.]) insoweit eine Sperrwirkung des § 135 Abs. 2 InsO verneint, s. sogleich Rn. 518. 594) Hierfür z. B. HambKomm/Schröder, InsO, § 135 Rn. 35; MünchKomm/Kirchhof, InsO, § 142 Rn. 13 f., 22; Uhlenbruck/Hirte, InsO, § 135 Rn. 10; Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 407 ff. u. ZHR 176 (2012) 513, 542 f.; Bitter, ZIP 2013, 1583, 1586, u. ZIP 2013, 1497, 1506 f. u. ZIP 2013, 1998 ff.; Marotzke, ZInsO 2008, 1281, 1286 ff. u. ZInsO 2013, 641, 642 ff., 650; Rühle, ZIP 2009, 1358, 1360; Geißler, Gesellschaftsinterne Nutzungsüberlassungen, S. 155 f. 595) Im Erg. ebenso Altmeppen, ZIP 2013, 1745, 1749 f.; Gehrlein, BB 2011, 1, 6; Haas, ZInsO 2007, 617, 624, u. FS Ganter, S. 189, 199 ff.; Henkel, ZInsO 2009, 1577, 1578 ff.; Spliedt, ZIP 2009, 149, 151.

208

I. Grundpfandrechte und Gesellschafterdarlehen

b) Anfechtung nach Verwertung der Sicherheit Unproblematisch nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO anfechtbar ist die Verwertung 518 des Grundpfandrechts, sofern sie binnen Jahresfrist vor dem Eröffnungsantrag erfolgt war. Problematisch wird es, wenn die innerhalb des 10-JahresZeitraums bestellte Sicherheit länger als ein Jahr, höchstens aber 10 Jahre vor dem Eröffnungsantrag verwertet worden war. Nach überkommener und m. E. nach wie vor richtiger Auffassung entfaltet die Jahresfrist des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO in diesem Fall eine Sperrwirkung dergestalt, dass die Anwendung des tatbestandlich an sich einschlägigen § 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO ausgeschlossen ist.596) Dem hat der Bundesgerichtshof597) allerdings jetzt widersprochen: Eine Insolvenzanfechtung nach § 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO komme auch dann in Betracht, wenn die für ein Gesellschafterdarlehen bestellte Sicherheit mehr als ein Jahr vor Stellung des Insolvenzantrags verwertet worden sei. Dies begründet der IX. Senat mittels einer nicht überzeugenden Differenzierung zwischen den Anfechtungstatbeständen in § 135 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 InsO, die getrennt betrachtet werden müssten. Auch nach Ansicht des Bundesgerichtshofs ist die Verwertung jedoch unanfechtbar, wenn der Gesellschafter über eine länger als zehn Jahre vor Antragstellung begründete unanfechtbare Sicherung verfügte.598) 2. Die Gesellschaftersicherheit für ein der insolventen Gesellschaft gewährtes Fremddarlehen Der zweite Fall betrifft die („Dreiecks“-)Konstellation, dass ein dritter Kre- 519 ditgeber der später insolventen Gesellschaft ein Darlehen gewährt hat, für das der Gesellschafter (oder eine gleichgestellte Person) ein Grundpfandrecht bestellt hat (Dritter als Kreditgeber und Gläubiger eines durch den Gesellschafter bestellten Grundpfandrechts). Handelt es sich bei dem Gesellschafter um die Muttergesellschaft der schuldnerischen GmbH, spricht man auch von einer absteigenden Sicherheit oder Downstream-Sicherheit. a) Vorrangige Haftung der Gesellschaftersicherheit Nach § 44a InsO kann der kreditgewährende Dritte in diesem Fall nur inso- 520 weit anteilsmäßige Befriedigung aus der Insolvenzmasse verlangen, wie er bei der Inanspruchnahme der Sicherheit ausgefallen ist. Dies bedeutet zunächst eine Verpflichtung zur vorrangigen Inanspruchnahme des Gesellschafters: Dem Kreditgeber wird die Teilhabe an der Insolvenzmasse verwehrt, bis ___________ 596) Vgl. Reuter, FS Wellensiek, 2011, S. 531, 535 f.; Altmeppen, NZG 2013, 441, 442; Skauradszun, DZWIR 2014, 99 ff.; ausf. Bitter, ZIP 2013, 1497, 1500 m. w. N. in Fn. 34; ders., ZIP 2013, 1583 f. 597) BGH, Urt. v. 18.7.2013 – IX ZR 219/11, BGHZ 198, 64 = ZIP 2013, 1579 [Rn. 12 ff.]; zust. Bork, EWiR 2013, 521 f.; Bormann/Niederau, GmbHR 2013, 984; Hölzle, ZIP 2013, 1992; Mylich, ZIP 2013, 2444; Plathner/Luttmann, ZInsO 2013, 1630. 598) BGH, Urt. v. 18.7.2013 – IX ZR 219/11, BGHZ 198, 64 = ZIP 2013, 1579 [Rn. 14].

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I. Besonderheiten

die Gesellschaftersicherheit – das Grundpfandrecht am Grundstück des Gesellschafters – verwertet worden ist. Da der Insolvenzverwalter der Gesellschaft selbst keinen Zugriff auf die Gesellschaftersicherheit hat, soll auf diese Weise mittelbar ein Anreiz geschaffen werden, die Sicherheit zur Entlastung der Insolvenzmasse bestmöglich zu verwerten. 521 Ist dies geschehen, so ist aber weiter fraglich, ob für den Umfang des Teilhaberechts des kreditgebenden Dritten die eben dargestellten, sich im Normalfall aus § 43 InsO ergebenden Rechtsfolgen gelten, d. h. dass die Quote bis zur vollen Befriedigung des Gläubigers nach der vollen Darlehensforderung berechnet wird. Nach zutreffender, wenngleich stark bestrittener Ansicht599) sind die Rechtsfolgen des § 44a InsO insoweit indes nicht analog zu § 43 InsO zu interpretieren, sondern – dem Wortlaut der Bestimmung gem. – als Anordnung des Ausfallprinzips i. S. v. § 52 Satz 2 InsO, d. h. die anteilige Befriedigung berechnet sich nur nach demjenigen Betrag, für den aus dem als Sicherheit dienenden Gegenstand keine Befriedigung erfolgt (s. Rn. 40). Dies entspricht dem Ziel des Rechts der Gesellschafterdarlehen, die Insolvenzmasse und damit die Gläubigergesamtheit so zu stellen, wie wenn der Gesellschafter in Wahrnehmung seiner Finanzierungsfolgenverantwortung einen entsprechenden Beitrag zum haftenden Eigenkapital geleistet hätte. Praktisch bedeutet dies – wie stets in den Fällen des § 52 Satz 2 InsO (s. Rn. 41) –, dass der volle Forderungsbetrag zur Insolvenztabelle angemeldet werden kann und die Beschränkung auf den Ausfall erst im Verteilungsverfahren relevant wird.600) Der Gesellschafter ist mit seinem Regressanspruch von der Berücksichtigung ausgeschlossen, bis die Forderung des Gläubigers auf den Ausfall reduziert wird. 522 Ist der Kreditgeber durch den Gesellschafter voll befriedigt worden (indem die von dem Gesellschafter gestellte Sicherheit verwertet worden ist oder der Gesellschafter zur Abwendung der Verwertung an den Darlehensgeber geleistet hat), so ist der Regressanspruch des sicherungsgebenden Gesellschafters an sich zwar zur Teilhabe an der haftenden Masse berechtigt, aber nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO subordiniert.601) b) Freiwerden der Gesellschaftersicherheit vor der Verfahrenseröffnung 523 Hatte die Gesellschaft – der eben dargestellten vorrangigen Haftung der Gesellschaftersicherheit (§ 44a InsO, Rn. 520) zum Trotz – das gesicherte Dar___________ 599) FK-InsO/Schumacher, § 44a Rn. 7; Nerlich/Römermann/Andres, InsO, § 44a Rn. 20; Uhlenbruck/Hirte, InsO, § 44a Rn. 5; Dahl/Schmitz, NZG 2009, 325, 327; Hirte, ZInsO 2008, 689, 696; Spliedt, ZIP 2009, 149, 155; a. A. Gehrlein, BB 2008, 846, 852; HambKomm/ Lüdtke, § 44a InsO Rn. 19; Kübler/Prütting/Bork/Preuß, InsO, § 44a Rn. 14, 17. 600) Nerlich/Römermann/Andres, InsO, § 44a Rn. 21; Gehrlein, in: Kölner Schrift zur InsO, 3. Kap. 26 Rn. 52; a. A. Uhlenbruck/Hirte, InsO, § 44a Rn. 5; Dahl/Schmitz, NZG 2009, 325, 327. 601) BGH, Urt. v. 1.12.2011 – IX ZR 11/11, BGHZ 192, 9 = ZIP 2011, 2417 [Rn. 9 f.]; BGH, Urt. v. 4.7.2013 – IX ZR 229/12, BGHZ 198, 77 = ZIP 2013, 1629 [Rn. 21].

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I. Grundpfandrechte und Gesellschafterdarlehen

lehen vor der Verfahrenseröffnung zurückgezahlt (genauer: im letzten Jahr vor dem Eröffnungsantrag oder in dem Zeitraum zwischen Eröffnungsantrag und Verfahrenseröffnung, § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO),602) so darf dies dem Gesellschafter nicht zugutekommen. Dieser muss deshalb der Insolvenzmasse entweder die Sicherheit – hier: das Grundpfandrecht an seinem Grundstück – zur Verwertung zur Verfügung stellen oder der Insolvenzmasse den Wert erstatten, der ihm durch das Freiwerden des Grundpfandrechts auf Kosten des haftenden Vermögens zugeflossen ist (§§ 135 Abs. 2, 143 Abs. 3 InsO). Gegenstand der Anfechtung nach §§ 135 Abs. 2, 143 Abs. 3 InsO ist also – was durch den missglückten Wortlaut der Bestimmungen allerdings nur unvollkommen zum Ausdruck gebracht wird – nicht eigentlich die das Darlehen tilgende Zahlung an den Kreditgeber, sondern die hierdurch bewirkte Befreiung des sichernden Gesellschafters.603) Ansprüche gegen den durch die Zahlung befriedigten Kreditgeber ergeben sich hieraus nicht, können aber natürlich unter den Voraussetzungen der §§ 130, 131, 133 InsO begründet sein. Die Verpflichtung des Gesellschafters aus § 143 Abs. 3 Satz 1 InsO und darüber hinaus die Eintrittspflicht des Gesellschafters insgesamt ist auf den Wert der Sicherheit begrenzt. Führt die Gesellschaft das besicherte Drittdarlehen nur teilweise zurück und kann es deshalb weiterhin zur Inanspruchnahme des Gesellschafters durch den Gläubiger der Gesellschaft kommen, darf die Summe aus dem Anspruch gem. § 135 Abs. 2, § 143 Abs. 3 InsO und der fortbestehenden Verpflichtung des Gesellschafters aus der Sicherheit dessen ohne die teilweise Rückführung des Darlehens bestehende Verpflichtung nicht überschreiten.604) c) Freiwerden der Gesellschaftersicherheit nach der Verfahrenseröffnung (Doppelbesicherung) Fraglich sind die Rechtsfolgen, wenn die Gesellschaftersicherheit nach der 524 Verfahrenseröffnung auf Kosten der Insolvenzmasse frei geworden ist. Vorkommen kann dies insbesondere in dem praktisch häufigen Fall einer Doppelbesicherung durch Gesellschafter und Gesellschaft, wenn sich der kreditgebende Dritte zunächst aus seinem Absonderungsrecht am Vermögen der insolventen Gesellschaft Befriedigung verschafft. Nach der früher h. M.605) war dies durchaus möglich: Der Kreditgeber wurde nicht als verpflichtet angesehen, zunächst seine Befriedigung aus der kapitalersetzenden Gesellschaftersicherheit zu suchen; er hatte vielmehr ein Wahlrecht zwischen der Verwer___________ 602) Dieser Fall ist auch gegeben bei einer Darlehenstilgung durch den vorläufigen Insolvenzverwalter, vgl. BGH, Urt. v. 20.2.2014 – IX ZR 164/13, ZIP 2014, 584 [Rn. 10 ff.]. 603) BGH, Urt. v. 1.12.2011 – IX ZR 11/11, BGHZ 192, 9 = ZIP 2011, 2417 [Rn. 9 f.]; BGH, Urt. v. 20.2.2014 – IX ZR 164/13, ZIP 2014, 584 [Rn. 8]; Altmeppen, NJW 2008, 3601, 3606; Karsten Schmidt, BB 2008, 1966, 1969; Uhlenbruck/Hirte, InsO, § 135 Rn. 15. 604) BGH, Urt. v. 4.7.2013 – IX ZR 229/12, BGHZ 198, 77 = ZIP 2013, 1629 [Rn. 22]. 605) BGH, Urt. v. 19.11.1984 – II ZR 84/84, ZIP 1985, 158 f.; BGH, Urt. v. 9.12.1991 – II ZR 43/91, ZIP 1992, 108 f.; BGH, Urt. v. 6.7.1998 – II ZR 284/94, ZIP 1998, 1437.

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tung von Gesellschafts- und Gesellschaftersicherheit, durfte also auch sogleich auf die Sicherheit aus dem Gesellschaftsvermögen zugreifen. 525 Allerdings erfasste der Erstattungsanspruch der Gesellschaft bzw. der Insolvenzmasse gegen den Gesellschafter nach bisherigem, durch das MoMiG abgeschafften Kapitalersatzrecht eindeutig auch ein solches Freiwerden der Sicherheit nach Verfahrenseröffnung, sodass immerhin die Chance bestand, das an die Bank Geleistete zurückzuholen. Das neue Recht eröffnet diese Chance zumindest prima facie gerade nicht mehr, indem es durch die Einpassung in die anfechtungsrechtliche Regelungstechnik zumindest dem Gesetzeswortlaut nach eine klare zeitliche Grenze bei der Verfahrenseröffnung zieht (§§ 135 Abs. 2, 143 Abs. 3 i. V. m. §§ 129, 140, 147 InsO) und einen späteren Rechtserwerb damit nicht mehr zu erfassen scheint.606) Beides gleichzeitig kann unmöglich richtig sein: Entweder muss das Wahlrecht des Drittkreditgebers zwischen der Verwertung von Gesellschafts- und Gesellschaftersicherheit ausgeschlossen sein und ihm ist – ebenso wie richtiger Ansicht nach im „Grundfall“ der Gesellschaftersicherheit (Rn. 520) – die Inanspruchnahme der von der Gesellschaft bestellten Sicherheit analog § 44a InsO nur insoweit gestattet, wie er bei der Verwertung der Gesellschaftersicherheit ausgefallen ist,607) oder die Anfechtungsbestimmungen müssen korrigierend dahin ausgelegt werden, dass auch in diesem Fall die Anfechtung gegen den Gesellschafter wegen einer nach Verfahrenseröffnung eingetretenen Rechtswirkung (nämlich des Freiwerdens seiner Sicherheit) möglich ist.608) 526 Für Letzteres hat sich unter diesen zugegebenermaßen misslichen Umständen im praktischen Ergebnis mittlerweile der Bundesgerichtshof609) entschieden: Er plädiert für eine „isolierte Analogie zu § 143 Abs. 3 InsO“, die ___________ 606) Gegen die Anwendbarkeit von §§ 135 Abs. 2, 143 Abs. 3 InsO deshalb OLG Hamm, Urt. v. 29.12.2010 – I-8 U 85/10, ZIP 2011, 343; Altmeppen, ZIP 2011, 741, 746; Bork, FS Ganter, 2010, S. 135, 145 f. (aber Regressanspruch analog § 426 BGB, a. a. O. S. 147 ff.); Mikolajczak, ZIP 2011, 1285, 1290; a. A. aber jetzt der BGH, Urt. v. 1.12.2011 – IX ZR 11/11, BGHZ 192, 9 = ZIP 2011, 2418 [Rn. 12 ff., 16], s. m. w. N. in der folgenden Rn. 607) Hierfür HambKomm/Lüdtke, InsO, § 44a Rn. 16, 20; Nerlich/Römermann/Andres, InsO, § 44a Rn. 24; K. Schmidt, BB 2008, 1966, 1970; Bork, FS Ganter, 2010, S. 135, 140 ff.; Gundlach/Frenzel/Strandmann, DZWIR 2010, 231, 232 ff.; Lenger, NZI 2011, 253; N. Schmidt, ZInsO 2010, 70, 71 f.; Schönfelder, WM 2009, 1401, 1407; a. A. OLG Stuttgart, Urt. v. 26.9.2012 – 9 U 65/12 ZInsO 2012, 2051; FK-InsO/Schumacher, § 44a Rn. 8; HambKomm/Schröder, InsO, § 135 Rn. 42, 47, 202; Kübler/Prütting/Bork/Preuß, InsO, § 44a Rn. 13; Dahl/Schmitz, NZG 2009, 325, 328; Uhlenbruck/Hirte, InsO, § 44a Rn. 7; Graf-Schlicker/Neußer, InsO, § 44a Rn. 10; Altmeppen, ZIP 2011, 741, 744 f.; Bartsch/ Weber, DStR 2008, 1884 ff.; Mikolajczak, ZIP 2011, 1285, 1286; Spliedt, ZIP 2009, 149, 154. 608) So bereits OLG Hamm, Urt. v. 7.4.2011 – I-27 U 94/10, ZIP 2011, 1226, 1227; Graf-Schlicker/Neußer, InsO, § 44a Rn. 10, § 135 Rn. 28; HambKomm/Schröder, InsO, § 135 Rn. 47; Löser, ZInsO 2010, 29, 30; Spliedt, ZIP 2009, 149, 155. 609) BGH, Urt. v. 1.12.2011 – IX ZR 11/11, BGHZ 192, 9 = ZIP 2011, 2418 [Rn. 12 ff., 16] (dazu Barnert, KTS 2012, 320; Frege/Nicht/Schildt, ZInsO 2012, 1961; Müller/ Rautmann, DZWIR 2012, 190; Undritz, BB 2012, 281); hiergegen wiederum Hill, ZInsO 2012, 910; Gessner, NZI 2012, 350 ff. und Ede, ZInsO 2012, 853 ff.: Analogie zu § 170 Abs. 1 Satz 2 InsO.

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darauf hinausläuft, den anfechtungsrechtlichen Regress beim Gesellschafter ohne Rücksicht auf dessen an sich gegebene zeitliche Grenzen zu gewährleisten. Indessen ist der Regress beim Gesellschafter, auf welcher rechtlichen Grundlage auch immer, zumindest mit dem systemimmanenten Nachteil belastet, der Insolvenzmasse bis zur Realisierung dieses Anspruchs beim Gesellschafter dringend benötigte Liquidität zu entziehen; fraglich ist darüber hinaus, ob dieser Anspruch von der Gesellschaftersicherheit abgedeckt wird, was verneinendenfalls der Gesellschaft das volle Insolvenzrisiko des Gesellschafters aufbürden würde. Diese Nachteile fallen deutlich schwerer ins Gewicht als das schlimmstenfalls mit höheren Transaktionskosten verbundene Ansinnen an die Bank, zunächst die Inanspruchnahme der Gesellschaftersicherheit zu versuchen; dies spricht mithin für die Analogie zu § 44a InsO. 3. Die Nutzungsüberlassung durch den Gesellschafter an die GmbH in der Insolvenz der Gesellschaft Die dritte Problemkonstellation im vorliegenden Zusammenhang betrifft 527 Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung im Konflikt mit der gesellschaftsinternen Nutzungsüberlassung, wie sie vor allem als Folge von Betriebsaufspaltungen häufig vorkommt. In der typischen Konstellation vermietet/verpachtet der Gesellschafter (= die Muttergesellschaft/Besitzgesellschaft) ein mit einem Grundpfandrecht belastetes Grundstück an die nunmehr insolvente Gesellschaft (= die Tochtergesellschaft/Betriebsgesellschaft). a) Rechtslage vor dem MoMiG aa) Diskriminierung der „kapitalersetzenden Nutzungsüberlassung“ Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs konnte die Nutzungsüber- 528 lassung aufgrund eines Miet- oder Pachtverhältnisses durch einen Gesellschafter an die Gesellschaft den Regeln über den Eigenkapitalersatz unterliegen. Vorausgesetzt wurde die Gebrauchsgewährung in der in § 32a GmbHG a. F. umschriebenen Situation, also vor allem im Fall der Überschuldung sowie dann, wenn der Gesellschafter im Zeitpunkt des Eintritts der Krise der Gesellschaft seine Unterstützung weiter gewährte, statt seine Finanzierungsleistung abzuziehen oder auf die Liquidierung der Gesellschaft hinzuwirken. Rechtsfolge der Qualifikation als funktionelles Eigenkapital war zunächst, dass das Grundstück der Gesellschaft bzw. deren Insolvenzverwalter zur Benutzung im Rahmen des eigenen Geschäftsbetriebs oder zur anderweitigen Vermietung oder Verpachtung so zu belassen war, wie wenn die Einräumung des Nutzungsrechts den Inhalt einer mit diesem Inhalt vereinbarten Sacheinlage gebildet hätte; die vertraglich vereinbarten ebenso wie die in der Insolvenz der Gesellschaft eingreifenden besonderen gesetzlichen Kündigungsrechte oder Beendigungstatbestände kamen nicht zur Geltung. Das vereinbarte Nutzungsentgelt konnte gleichwohl nicht gefordert werden, soweit es aus dem zur Deckung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft erbracht werden müsste. Das Eigentum an dem Grundstück blieb dem 213

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Gesellschafter (natürlich) erhalten, sodass die Gesellschaft bzw. der Insolvenzverwalter dieses nur nutzen, nicht aber veräußern durfte.610) bb) Konflikt mit den Rechten der Grundpfandgläubiger (1) Zwangsverwaltung 529 Die primäre Rechtsfolge der Kapitalerhaltungsregeln bei der Nutzungsüberlassung durch Gesellschafter, nämlich die Undurchsetzbarkeit des Miet- oder Pachtanspruchs, kann freilich mit den Interessen Dritter kollidieren, die ihrerseits Rechte an dieser Forderung erworben haben. Von praktischer Bedeutung ist insbesondere der Fall, dass das überlassene Grundstück unter Zwangsverwaltung gestellt wird und der Verwalter gegen die Gesellschaft den Mietanspruch geltend macht. Würden nämlich auch gegen den Zwangsverwalter die vorstehend dargestellten Grundsätze über die kapitalersetzende Nutzungsüberlassung zur Geltung gebracht werden können, so würde die Zwangsverwaltung weitgehend leerlaufen. Zu klären war deshalb, ob eine als kapitalersetzende Leistung zu bewertende Überlassung eines Grundstücks auch gegenüber einem Grundpfandgläubiger wirkt, der die Zwangsverwaltung aus einem ihm vom Gesellschafter an dem überlassenen Grundstück bestellten Grundpfandrecht betreibt. Konkret ging es darum, ob der Insolvenzverwalter deswegen die Zahlung verweigern konnte und stattdessen die Einnahmen aus einer etwaigen Vermietung bzw. Verpachtung für die Insolvenzmasse zu nutzen befugt war. 530 Der Bundesgerichtshof611) verneinte dies, da der Schutz der Grundpfandgläubiger Vorrang vor der kapitalersetzenden Nutzungsüberlassung habe: Der grundpfandrechtlich gesicherte Gläubiger müsse die Auswirkungen der Kapitalersatzeigenschaft nur solange hinnehmen, wie er auch jede andere Verfügung eines Gesellschafters gegen sich hätte gelten lassen müssen. Entsprechend §§ 146 ff. ZVG, 1123, 1124 Abs. 2 BGB ende die Wirkung der kapitalersetzenden Nutzungsüberlassung mit der Wirksamkeit des durch die Zwangsverwaltung erlassenen Beschlagnahmebeschlusses, ohne dass es eines weiteren Tätigwerdens des Zwangsverwalters bedürfe; die Folge sei, dass der Mietanspruch in der Hand des Zwangsverwalters also wieder durchsetzbar werde. Dies gelte auch dann, wenn das Grundpfandrecht erst erworben worden sei, nachdem die Nutzungsüberlassung eine kapitalersetzende geworden sei, ___________ 610) Grundlegend BGH, Urt. v. 16.10.1989 – II ZR 307/88, BGHZ 109, 55, 57 ff.; BGH, Urt. v. 14.12.1992 – II ZR 298/91, BGHZ 121, 31, 33 ff. = ZIP 1993, 189; BGH, Urt. v. 14.6.1993 – II ZR 252/92, NJW 1993, 2179, 2180; BGH, Urt. v. 11.7.1994 – II ZR 146/92, BGHZ 127, 1, 4 ff.; BGH, Urt. v. 11.7.1994 – II ZR 162/92, BGHZ 127, 17, 21 ff.; dazu ausf. Geißler, Gesellschaftsinterne Nutzungsüberlassungen, S. 52 ff. m. w. N. 611) Vgl., auch zum Folgenden, BGH, Urt. v. 7.12.1998 – II ZR 382/96, BGHZ 140, 147 = ZIP 1999, 65; BGH, Urt. v. 31.1.2000 – II ZR 309/98, ZIP 2000, 455; BGH, Urt. v. 31.1.2005 – II ZR 240/02, ZIP 2005, 484; BGH, Urt. v. 28.2.2005 – II ZR 103/02, ZIP 2005, 660; dazu ausf. Geißler, Gesellschaftsinterne Nutzungsüberlassungen, S. 202 ff., 206 ff. m. w. N.

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bzw. wenn umgekehrt nach Bestellung des Grundpfandrechts in bereits von Anfang an kapitalersetzender Weise die Nutzung des Grundstücks gewährt werde. Verlor der Insolvenzverwalter so das unentgeltliche Nutzungsrecht, so stand 531 ihm nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein Regressanspruch gegen den Gesellschafter zu, dessen Inhalt sich danach richtete, wie das Grundstück in Zukunft genutzt wurde. Im Falle einer entgeltlichen Nutzung konnte daher die Erstattung der an den Zwangsverwalter gezahlten Miete verlangt werden. Alternativ konnte der Insolvenzverwalter – sofern er die Miete nicht begleichen konnte oder wollte – von seinem Kündigungsrecht nach § 109 Abs. 1 InsO Gebrauch machen. Dies kam vor allem dann in Betracht, wenn der gegen den Gesellschafter gerichtete Erstattungsanspruch nicht werthaltig war; aufgrund der diesem gegenüber betriebenen Immobiliarvollstreckung war dies in der Regel der Fall. Der Insolvenzverwalter war dann zur Vermeidung von Belastungen für die Insolvenzmasse gezwungen, das Miet- oder Pachtverhältnis von sich aus zu kündigen. Musste der Insolvenzverwalter das Grundstück daraufhin oder aus anderem Grund an den Zwangsverwalter herausgeben, konnte er zumindest Ersatz in der Höhe des objektiven Restwerts des Nutzungsrechts vom Gesellschafter verlangen. (2) Zwangsversteigerung Die genannten Überlegungen des Bundesgerichtshofs zur Zwangsverwaltung 532 waren auf den Fall einer Kollision zwischen Zwangsversteigerung und kapitalersetzender Nutzungsüberlassung zu übertragen, sodass auch hier die Beschlagnahme die entscheidende Zäsur darstellte. Die insolvente Gesellschaft musste daher an den Ersteher des Grundstücks Miete bzw. Pacht zahlen. Auch stand dem Ersteher ein Kündigungsrecht gegenüber der Gesellschaft analog § 57a ZVG zu. Hinsichtlich der Länge der Kündigungsfristen war zu berücksichtigen, dass eine kapitalersetzende Nutzungsüberlassung vorlag. Eine analoge Anwendung des § 30d Abs. 1 ZVG zugunsten der insolventen Gesellschaft war nicht notwendig, da die Interessen der Betriebsgesellschaft, die eine Verlagerung des Produktionsstandorts aufgrund der hohen Kosten vermeiden will, und der Grundpfandgläubiger, die eine Veräußerung eines „freien“ Grundstücks aufgrund der zu erwartenden, höheren Erlöse vorziehen, angemessen berücksichtigt wurden.612)

___________ 612) Vgl. Lwowski/Tetzlaff, WM 1999, 2336, 2350 f.; dazu ausf. Geißler, Gesellschaftsinterne Nutzungsüberlassungen, S. 204 ff.

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b) Rechtslage nach dem MoMiG aa) Keine generelle Diskriminierung der gesellschaftsinternen Nutzungsüberlassung 533 Durch das MoMiG ist an die Stelle des Eigenkapitalersatzrechts ein „Sonderrecht für Gesellschafterdarlehen und wirtschaftlich gleichartige Finanzierungen“ getreten (Rn. 515).613) Die Nutzungsüberlassung ist nach h. M.614) nicht mehr als darlehensartige Finanzierungsform i. S. v. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO anzusehen.615) Dies hat u. a. zur Folge, dass rückständige Nutzungsentgelte nicht mehr generell nachrangig sind bzw. nach erfolgter Zahlung gem. § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO zurückgefordert werden können, sondern – unabhängig von der sich zusätzlich stellenden Frage nach der Anwendbarkeit der Bargeschäftsausnahme (Rn. 517) – allenfalls noch nach besonderem „Stehenlassen“;616) auch die Absonderungsbefugnis für eine für die Nutzungsentgeltforderung bestellte dingliche Sicherheit ist dann jedenfalls nicht betroffen. An dieser Stelle ist zunächst wichtig, dass damit zugleich die von der bisherigen Rechtsprechung angenommene Verpflichtung des Gesellschafters entfällt, die unentgeltliche Nutzung des Grundstücks bis zum Ablauf des Vertrages zu dulden.617) bb) Ergänzende Aussonderungssperre (§ 135 Abs. 3 InsO) 534 Als gegenüber dem Gesellschafterdarlehensrecht folglich eigenständige, systematisch mindestens unglücklich aber im Zusammenhang mit diesem geregelte Rechtsfolge wird bei der gesellschaftsinternen Nutzungsüberlassung nach neuem Recht nur noch das aus dem Eigentum bzw. dem Herausgabeanpruch des Vermieters folgende Aussonderungsrecht des Gesellschafters und der „ge___________ 613) Zum Übergangsrecht vgl. insoweit Altmeppen, ZIP 2011, 641, 648 f.; Holzer, ZIP 2009, 206, 208; Rühle, ZIP 2009, 1358, 136. 614) OLG Schleswig, Urt. v. 13.1.2012 í 4 U 57/11, NJW 2012, 2738 f.; Kübler/Prütting/ Bork/Preuß, InsO, § 135 Rn. 28; Altmeppen, NJW 2008, 3601, 3607; Bitter, ZIP 2010, 1, 7; Dahl/Schmitz, NZG 2009, 325, 329 f.; Gehrlein, BB 2011, 3, 8 ff.; Gruschinske, GmbHR 2010, 179, 180 f.; Huber, ZIP 2010, Beil. zu Heft 39, S. 7, 8 Fn. 10; Rühle, ZIP 2009, 1358, 1359 f.; K. Schmidt, DB 2008, 1727, 1731 ff. 615) So aber LG Kiel, Urt. v. 25.3.2011 – 17 O 229/10, ZIP 2011, 968 m. Anm. Knof, EWiR 2011, 543; HK-InsO/Kreft, § 135 Rn. 19; Büscher, FS Hüffer, S. 81, 88 ff.; Hölzle, ZIP 2009, 1939, 1944 ff. u. ZIP 2010, 913, 914; Marotzke, ZInsO 2008, 1281, 1284, u. JZ 2010, 592, 594; Römermann, NZI 2008, 641, 645; Geißler, Gesellschaftsinterne Nutzungsüberlassungen, S. 85 ff. 616) Zutr. Bitter, ZIP 2010, 1, 10; Gruschinske, GmbHR 2010, 179, 181; Dahl/Schmitz, NZG 2009, 325, 328, 329 f.; Mylich, ZGR 2009, 474, 501 f.; Rühle, ZIP 2009, 1358, 1360; K. Schmidt, DB 2008, 1727, 1731, 1734; Spliedt, ZIP 2009, 149, 157; zur a. A. vgl. die zuvor Genannten sowie Haas, FS Ganter, S. 189, 192 ff.; Gottwald/Haas/Hossfeld, InsR-Hdb, § 92 Rn. 434, 466; Hirte, ZInsO 2008, 689, 694. 617) Vgl. BT-RA, BT-Dr. 16/9737, S. 106; aus der Lit. s. nur Bitter, ZIP 2010, 1, 10 f.; Gehrlein, BB 2011, 3, 7; K. Schmidt, DB 2008, 1727, 1732; Pöpping, BKR 2009, 150, 152; Fischer/ Knees, ZInsO 2009, 745, 746; K. Schmidt, DB 2008, 1727 ff.; a. A. Hölzle, ZIP 2009, 1939, 1944 ff.

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sellschafternahen Dritten“618) in der Insolvenz der Gesellschaft für die Dauer eines Jahres suspendiert (§ 135 Abs. 3 Satz 1 InsO).619) Den Gesellschaftern wird also aufgrund ihrer spezifischen Treuepflicht zugemutet, ihr persönliches Interesse an der Aussonderung des für die GmbH betriebsnotwendigen Grundstücks gegenüber den Gesamtinteressen aller Gläubiger zurückzustellen, um den Unternehmensverbund zusammenzuhalten und hierdurch dem Insolvenzverwalter die weitere Unternehmensfortführung zu ermöglichen.620) Voraussetzung hierfür ist folgerichtig, dass der Insolvenzverwalter geltend 535 macht – da die Rechtsfolgen des § 135 Abs. 3 InsO der Insolvenzmasse im Hinblick auf die Ausgleichspflicht (Rn. 536) nicht aufgenötigt werden dürfen, muss sich der Verwalter hierauf zumindest „berufen“ –, das Grundstück sei für die Fortführung des Schuldnerunternehmens von erheblicher Bedeutung. Dies ist der Fall, wenn die Betriebstätigkeit ohne das Grundstück aus tatsächlichen oder wirtschaftlichen Gründen nicht fortgesetzt werden könnte oder zumindest erheblich erschwert wäre; dies wird bei betrieblich genutzten Grundstücken regelmäßig anzunehmen sein, wenn und solange der Betrieb fortgeführt wird. Nach § 135 Abs. 3 Satz 2 InsO ist für die hiernach für die Dauer eines Jahres er- 536 öffnete Nutzungsmöglichkeit ein Ausgleichsbetrag aus der Insolvenzmasse – d. h. als Masseschuld621) – an den Gesellschafter zu entrichten. Der Ausgleichsbetrag bemisst sich nach dem „Durchschnitt der im letzten Jahr vor Verfahrenseröffnung geleisteten Vergütung“; dies kann die Zahlung der vertraglich vereinbarten Vergütung bedeuten, aber auch einen deutlich niedrigeren Betrag, wenn das Vereinbarte von den Parteien nicht auch „gelebt“ worden ist.622) Abzuziehen sind nach h. M. auch Zahlungen, die in anfechtbarer Weise geleistet worden sind.623) ___________ 618) Für die Einbeziehung der in § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO bezeichneten gesellschafternahen Dritten in den persönlichen Geltungsbereich des § 135 Abs. 3 InsO vgl. HambKomm/Schröder, InsO, § 135 Rn. 61; Nerlich/Römermann/Nerlich, InsO, § 135 Rn. 63; Uhlenbruck/Hirte, InsO, § 135 Rn. 21; Bitter, ZIP 2010, 1, 8; Küpper/Heinze, InsbürO 2010, 84, 87; a. A. aber Kübler/Prütting/Bork/Preuß, InsO, § 135 Rn. 33; Gottwald/Haas/Hossfeld, InsRHdb, § 92 Rn. 465; Dahl/Schmitz, NZG 2009, 325, 329; Spliedt, ZIP 2009, 149, 156. 619) Siehe zur Teleologie m. w. N. K. Schmidt, ZIP 2010, Beil. zu Heft 39, S. 15, 24 ff.; Geißler, Gesellschaftsinterne Nutzungsüberlassungen, S. 131 ff. zum Gesetzgebungsverfahren im BT-Rechtsausschuss; krit. Büscher, FS Hüffer, S. 81, 92 ff. 620) Vgl. Koutsós, Die rechtliche Behandlung von (eigenkapitalersetzenden) Gesellschafterleistungen, S. 265 ff. 621) So die ganz h. M., vgl. nur Gottwald/Haas/Hossfeld, InsR-Hdb, § 92 Rn. 378 ff., 476; Bitter, ZIP 2010, 1, 10 f.; Gehrlein, BB 2011, 3, 7; Hirte, WM 2008, 1429, 1432; Koutsós, ZInsO 2011, 1626, 1630 f.; K. Schmidt, DB 2008, 1727, 1732; a. A. (nachrangige Insolvenzforderung analog § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO) LG Kiel, Urt. v. 25.3.2011 – 17 O 229/10, ZIP 2011, 968; Hölzle, ZIP 2009, 1939, 1945 f.; Geißler, Gesellschaftsinterne Nutzungsüberlassungen, S. 81 ff., 88 ff., 168 ff. (der sich deshalb – a. a. O. S. 217 ff. – mit dem Folgeproblem befassen muss, ob diese Beschränkung auch dem Zwangsverwalter gegenüber wirksam ist, s. dazu Rn. 539 ff.). 622) Siehe dazu Fischer, FS Wellensiek, S. 443 ff.; K. Schmidt, FS Wellensiek, S. 551 ff. 623) HambKomm/Schröder, InsO, § 135 Rn. 70; Bitter, ZIP 2010, 1, 11; Dahl/Schmitz, NZG 2009, 325, 330; Koutsós, ZInsO 2011, 1626, 1631; Spliedt, ZIP 2009, 147, 157; a. A. z. B. Gottwald/Haas/Hossfeld, InsR-Hdb., § 92 Rn. 474.

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I. Besonderheiten

537 Durch § 135 Abs. 3 InsO werden nun nicht etwa die Konditionen des trotz Verfahrenseröffnung fortbestehenden Miet- oder Pachtverhältnisses (§ 108 Abs. 1 InsO) verändert. Vielmehr regelt das Gesetz in Gestalt eines gesetzlichen Schuldverhältnisses die Bedingungen einer Weiternutzung der Immobilie trotz Beendigung der vertraglichen Nutzungsbefugnis. Daraus folgt zugleich, dass § 135 Abs. 3 InsO bei vertraglichen Gebrauchsüberlassungsverhältnissen über Immobilien, die schon nach § 108 Abs. 1 InsO kraft Gesetzes im Insolvenzverfahren fortbestehen (Rn. 355), nicht anwendbar sein kann, weil der Gesellschafter die Herausgabe des Nutzungsobjektes in diesem Fall gar nicht beanspruchen kann. In diesem Fall ergibt sich also das fortbestehende Nutzungsrecht des Insolvenzverwalters nach zutreffender h. M. aus dem fortbestehenden Vertragsverhältnis (und nicht aus dem spezifischen Aussonderungsverbot des § 135 Abs. 3 Satz 1 InsO), und es ist ohne Weiteres – mit der Qualität einer Masseschuld624) – das ursprünglich vereinbarte Entgelt zu leisten (und nicht die spezifische Ausgleichszahlung des § 135 Abs. 3 InsO).625) 538 Will der Insolvenzverwalter hiervon keinen Gebrauch machen, insbesondere weil das ursprünglich vereinbarte Nutzungsentgelt im Vergleich zu dem nach § 135 Abs. 3 Satz 2 InsO zu zahlenden Ausgleich zu hoch erscheint, so kann er aber von dem allein ihm eingeräumten Sonderkündigungsrecht nach § 109 Abs. 1 Satz 1 InsO Gebrauch machen und sich anschließend bis zum Ablauf der Jahresfrist – nicht länger! – auf § 135 Abs. 3 InsO berufen.626) Hierauf – und auf die praktisch selteneren Fälle, in denen das Mietverhältnis vertragsmäßig oder durch ordentliche Kündigung des Vermieter-Gesellschafters während des ersten Jahres nach der Verfahrenseröffnung endete – beschränkt sich bei Immobilien mithin der Anwendungsbereich des § 135 Abs. 3 InsO; die Bestimmung bleibt in ihrem Anwendungsbereich deshalb deutlich hinter dem der „kapitalersetzenden Nutzungsüberlassung“ alten Rechts zurück. Genau dies war aber – nachdem die Rechtsfigur ursprünglich ganz abgeschafft werden sollte – auch die Regelungsabsicht des Gesetzgebers, dem es primär noch auf die Gewährleistung der Nutzungsmöglichkeit für die Insolvenzmasse ankam (Rn. 534).

___________ 624) A. A. jetzt LG Kiel, Urt. v. 25.3.2011 – 17 O 229/10, ZIP 2011, 968 m. Anm. Knof, EWiR 2011, 543. 625) So zutreffend HambKomm/Schröder, InsO, § 135 Rn. 57; Fischer/Knees, ZInsO 2009, 745, 747; Gehrlein, BB 2011, 1, 9, 11; K. Schmidt, DB 2008, 1727, 1732 f.; Marotzke, ZInsO 2008, 1281, 1289, ZInsO 2009, 2073, 2074 u. JZ 2010, 592, 595; Rühle, ZIP 2009, 1358, 1361 f.; im Ansatz auch LG Kiel, Urt. v. 25.3.2011 – 17 O 229/10, ZIP 2011, 968; a. A. aber viele, vgl. nur Gottwald/Haas/Hossfeld, InsR-Hdb, § 92 Rn. 469; Kübler/Prütting/Bork/Preuß, InsO, § 135 Rn. 31; Nerlich/Römermann/Nerlich, InsO, § 135 Rn. 63; Uhlenbruck/Hirte, InsO, § 135 Rn. 23; Altmeppen, NJW 2008, 3601, 3607; Bitter, ZIP 2010, 1, 12 f.; Dahl/Schmitz, NZG 2009, 325, 329; Hörndler/Hoisl, NZM 2009, 377, 379 f.; Spliedt, ZIP 2009, 149, 158. 626) Unstreitig, vgl. nur Gehrlein, BB 2011, 1, 11; K. Schmidt, ZIP 2010, Beil. zu Heft 39, S. 15, 24.

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I. Grundpfandrechte und Gesellschafterdarlehen

cc) Konflikt mit den Rechten der Grundpfandgläubiger (1) Zwangsverwaltung Die für die Beurteilung einer Nutzungsüberlassung nach der Neukonzeption 539 durch das MoMiG heranzuziehende Vorschrift des § 135 Abs. 3 InsO kann den grundpfandrechtlich gesicherten Gläubiger nicht hindern, die Verwertung seines Rechts im Wege der Zwangsverwaltung zu betreiben. Da das Grundstück nicht Bestandteil der Insolvenzmasse ist, kommt auch eine Einstellung der Zwangsverwaltung nach § 153b ZVG (Rn. 389 ff.) natürlich nicht in Betracht, ist aber zur Gewährleistung der Betriebsfortführung auch nicht nötig, da der Insolvenzmasse der Besitz nicht entzogen werden kann – sei es bei fortbestehendem (§ 108 Abs. 1 InsO) vertraglichen Besitzrecht aufgrund des § 152 Abs. 2 ZVG, sei es bei beendetem Vertragsverhältnis aufgrund des § 135 Abs. 3 Satz 1 InsO. Der Insolvenzverwalter ist folglich gegen den Verlust der Nutzungsmöglichkeit im Rahmen der Zwangsverwaltung nach wie vor geschützt. Der Preis dafür sind nunmehr allerdings Zahlungspflichten des Insolvenzver- 540 walters an den Zwangsverwalter. Insbesondere ist der Insolvenzverwalter im Fall des nach § 108 Abs. 1 InsO fortbestehenden Vertragsverhältnisses zur Zahlung der vollen Miete bzw. Pacht verpflichtet, und zwar als Masseschuld (Rn. 537). Im Unterschied zum früheren Recht besteht eine Rechtsgrundlage für einen Erstattungsanspruch gegen den Gesellschafter allerdings nicht mehr, eben weil die Nutzungsüberlassung durch den Gesellschafter den Tatbestand einer inkriminierten Finanzierungshilfe nicht mehr erfüllt (Rn. 533).627) Der Insolvenzverwalter kann jedoch nach wie vor – sofern er die Miete bzw. 541 Pacht nicht begleichen kann oder will – von seinem Sonderkündigungsrecht nach § 109 Abs. 1 Satz 1 InsO Gebrauch machen (s. o. Rn. 538). Ebenso wie im Fall eines schon nach den vertraglichen Vereinbarungen befristeten Nutzungsverhältnisses wird in diesem Fall das nach allgemeinen Bestimmungen gegebene Aussonderungsrecht des Eigentümers bzw. Vermieters/Verpächters an sich nach § 135 Abs. 3 InsO nur eingeschränkt gewährt, wenngleich gegen Zahlung eines Ausgleichsbetrags (s. o. Rn. 534). An dieser Stelle entsteht deshalb der einzige nach neuem Recht denkbare 542 Konflikt mit den Rechten der Grundpfandgläubiger: Gelten diese beschränkenden Rechtsfolgen auch gegenüber dem Zwangsverwalter? Ein klares Meinungsbild ist zu dieser Frage noch nicht zu erkennen;628) die besseren Gründe sprechen aber wohl dafür, die Frage zu bejahen. Angesichts der Tatsache, dass ___________ 627) A. A. insoweit Bitter, ZIP 2010, 1, 14; Gehrlein, BB 2011, 1, 10. 628) Dafür HambKomm/Schröder, InsO, § 135 Rn. 62; Nerlich/Römermann/Nerlich, InsO, § 135 Rn. 69; Geißler, Gesellschaftsinterne Nutzungsüberlassungen, S. 214 f.; Göcke, ZInsO 2009, 170, 173 f.; modifizierend (marktübliche Vergütung) Bitter, ZIP 2010, 1, 14; Fischer/Knees, ZInsO 2009, 745, 750; Küpper/Heinze, InsbürO 2010, 84, 88; a. A. aber viele, vgl. nur Kübler/Prütting/Bork/Preuß, InsO, § 135 Rn. 38; Uhlenbruck/Hirte, InsO, 135 Rn. 22; Dahl/Schmitz, NZG 2009, 325, 331; Fischer, ZfIR 2010, 312, 315 ff.; Spliedt, ZIP 2009, 149, 156.

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I. Besonderheiten

die Abwicklung hier ohnehin typischerweise im Konsens der Beteiligten erfolgt (s. Rn. 412 ff. zur „kalten Zwangsverwaltung“), wird der Frage in der Praxis aber wohl keine überragende Bedeutung zukommen. (2) Zwangsversteigerung 543 Ebenso wenig wie bei der Zwangsverwaltung wird man § 135 Abs. 3 InsO im Rahmen der Zwangsversteigerung zulasten des Grundpfandgläubigers anwenden können. Die Insolvenz der das Grundstück des Gesellschafters nutzenden Gesellschaft kann den grundpfandrechtlich gesicherten Gläubiger nicht daran hindern, die Zwangsversteigerung des belasteten Grundstücks zu betreiben. Die Überlegungen zum alten Recht sind auf den Fall einer Kollision zwischen Zwangsversteigerung und Nutzungsüberlassung zu übertragen, sodass auch hier die Beschlagnahme die entscheidende Zäsur darstellt (s. o. Rn. 530, 532).629) 544 Der Ersteher des Grundstücks ist allerdings nicht verpflichtet, der insolventen Gesellschaft das ihr von ihrem Gesellschafter vermietete Grundstück über die Rechtsfolgen der §§ 57, 57a ZVG hinaus unter zeitweiligem Ausschluss seines Kündigungsrechts weiterhin zu überlassen, da kein kapitalersetzender Charakter der Nutzungsüberlassung mehr gegeben ist (s. o. Rn. 533). 545 Auch § 135 Abs. 3 InsO kann die Nutzungsbefugnis der insolventen Gesellschaft an dem Betriebsgrundstück nicht verlängern: Selbst wenn zum Zeitpunkt des Zuschlags ein Miet- bzw. Pachtverhältnis bestand und das Insolvenzeröffnungsverfahren über das Vermögen der Betriebsgesellschaft eröffnet war, muss sich der Ersteher § 135 Abs. 3 InsO nicht entgegenhalten lassen, da die Bestimmung allein das Verhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschafter regelt und die Rechte eines an dem überlassenen Grundstück grundpfandrechtlich gesicherten Gläubigers unberührt lässt (s. o. Rn. 542). II. Grundstücksverwertung bei mehreren Mitberechtigten sowie Wohnungseigentum Literatur: Alff, Dingliche Haftung des Käufers für Hausgeldrückstände nach freihändiger Veräußerung durch den Insolvenzverwalter, RPfleger 2013, 15; Becker, Der absonderungsberechtigte Massegläubiger – Phantom oder Wirklichkeit? ZIP 2013, 1554; ders., Beitragsforderungen in der Insolvenz des Wohnungseigentümers, ZWE 2013, 6; Jennißen/ Kemm, Die Hausgeldverpflichtung des Wohnungseigentümers – gesichert durch eine dingliche Last?, NZM 2012, 630; Köster, Die Auseinandersetzung einer Gesellschaft oder Gemeinschaft nach § 84 InsO, 2010; Küpper, Freigabe von Immobilien wegen auflaufender Wohngeldverbindlichkeiten, InsbürO 2007, 306; Küpper/Heinze, Das insolvenzrechtliche Instrument der Freigabe als Haftungsproblem des Insolvenzverwalters am Beispiel des Hausgeldes nach dem WEG, ZInsO 2010, 2009; Lüke, Insolvenz des Wohnungseigentümers, ZWE 2006, 370; ders., Beitragsforderungen in der Insolvenz des Wohngeldschuldners, ZWE 2010, 62; Schneider, Hausgeldansprüche in der Insolvenz eines Wohnungseigentümers, ZMR 2012, 749; ders., Zur dinglichen Wirkung persönlicher Hausgeldansprüche ZWE 2014, 61; Sinz/Hiebert, § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG – Absonderungs-

___________ 629) Vgl., auch zum Folgenden, Fischer/Knees, ZInsO 2009, 745, 750; Geißler, Gesellschaftsinterne Nutzungsüberlassungen, S. 205 f.; a. A. wohl Göcke/Henkel, ZInsO 2009, 170.

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II. Grundstücksverwertung bei mehreren Mitberechtigten sowie Wohnungseigentum recht der Wohnungseigentümergemeinschaft ohne Beschlagnahme?, ZInsO 2012, 205; Wischemeyer, Maßnahmen der Sicherung, Verwaltung und Verwertung bei Mitberechtigung des Schuldners an Immobilien im Insolvenzverfahren, ZInsO 2009, 116.

Befindet sich der Schuldner hinsichtlich des Grundstücks in einer Miteigen- 546 tümergemeinschaft (Gemeinschaft nach Bruchteilen, §§ 741 ff., 1008 ff. BGB, s. auch § 1 Abs. 2 WEG), z. B. mit seinem Ehegatten, so berührt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zunächst nicht den Fortbestand der Gemeinschaft. Wie § 84 Abs. 1 InsO klarstellt, gehört in diesen Fällen nur der Anteil des Schuldners am Grundstück zur Insolvenzmasse, nicht aber das Grundstück selbst:630) Der ideelle Bruchteil des Schuldners und sein Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft gehören zur Insolvenzmasse, weil der Anteil nach §§ 741 BGB, 857 ZPO übertragbar und pfändbar ist und deshalb vom Insolvenzbeschlag ergriffen wird. Das der Mitberechtigung Dritter unterworfene Grundstück selbst kann in diesem Fall vom Insolvenzbeschlag nicht ergriffen werden, da sich sonst die Beschlagnahmewirkung auf die nicht für die Verbindlichkeiten des Schuldners haftenden Vermögensgegenstände Außenstehender erstrecken würde. Nimmt der Verwalter es gleichwohl zur Masse, so kann ein anderer Miteigentümer dem im Wege der Aussonderung widersprechen und auf Feststellung des Miteigentums, Einräumung des Mitbesitzes oder auf Auseinandersetzung klagen. Nicht minder selbstverständlich ist, dass in diesen Fällen immerhin der wirt- 547 schaftliche Wert der schuldnerischen Beteiligung der Verwertung zugunsten der Gläubigergesamtheit unterworfen sein muss. § 84 Abs. 1 Satz 1 InsO bringt dies durch die Klarstellung zum Ausdruck, dass in diesen Fällen die Berechnung dessen, was zur Insolvenzmasse gehört und was nicht, außerhalb des Insolvenzverfahrens erfolgt. Der Insolvenzverwalter hat deshalb zwei – wirtschaftlich nur selten zu befriedigenden Ergebnissen führende – Optionen (§§ 747 Satz 1, 749 BGB):631) Hinsichtlich des Grundstücks als Ganzen kann der Insolvenzverwalter anstelle des Schuldners die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen. In diesem Fall findet eine Auseinandersetzung nach §§ 749 ff., 752 ff. BGB statt. Da Teilung in Natur nur in seltenen Fällen möglich ist, erfolgt die Aufhebung der Gemeinschaft durch Teilungsversteigerung (§ 753 Abs. 1 Satz 1 BGB, §§ 180 ff. ZVG), für deren Einstellung nicht § 30d ZVG, sondern nur § 180 Abs. 2 ZVG gilt; auch die nur für die Insolvenzverwalterversteigerung geltenden Vorschriften über die abweichende Feststellung des geringsten Gebots nach §§ 174, 174a ZVG (Rn. 236 ff., 240 ff.) sind hierauf nicht anzuwenden. Die Option einer Versteigerung nach den §§ 172 ff. ZVG (Rn. 220 ff.) steht dem Insolvenzverwalter dagegen nur ___________ x

630) BGH, Beschl. v. 26.4.2012 – V ZB 181/11, ZIP 2012, 1426 [Rn. 10]; ausführl. Köster, Auseinandersetzung, S. 101 ff.; ferner z. B. Jaeger/Henckel, InsO, § 47 Rn. 88 ff., 91; Jaeger/ Eckardt, InsO, § 84 Rn. 10 ff.; Wischemeyer, ZInsO 2009, 116 ff. 631) Ausführlich hierzu BGH, Beschl. v. 26.4.2012 – V ZB 181/11, ZIP 2012, 1426 [Rn. 10 ff.] m. w. N.

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I. Besonderheiten

für den Bruchteil des Schuldners zur Verfügung, nicht aber hinsichtlich des Grundstücks als Ganzen, eben weil nicht das Grundstück, sondern nur der Miteigentumsanteil des Schuldners in die Insolvenzmasse gefallen ist. x

Alternativ kann der Verwalter den Miteigentumsanteil des Schuldners veräußern (§ 747 Satz 1 BGB, §§ 159, 165 InsO), und zwar durch freihändigen Verkauf (Rn. 192 ff.) ebenso wie durch Versteigerung nach den §§ 172 ff. ZVG (Rn. 220 ff.).

548 Auch beim Wohnungseigentum als dem Sondereigentum an einer Wohnung in Verbindung mit dem Miteigentum an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört (§ 1 Abs. 2 WEG), befinden sich die einzelnen Wohnungseigentümer in gemeinschaftlicher Verbundenheit, da das Sondereigentum ohne den Miteigentumsanteil nicht veräußerbar ist (§ 6 Abs. 1 WEG), sodass § 84 InsO Anwendung findet. In der Insolvenz eines Wohnungseigentümers kann der Insolvenzverwalter den Anteil des Schuldners an der Wohnungseigentümergemeinschaft durch Verkauf verwerten; dies ist eine sonstige Auseinandersetzung in Gemäßheit des § 84 Abs. 1 Satz 1 InsO.632) 549 Wegen der nunmehr nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG bevorrechtigten – vor der Insolvenzeröffnung fällig gewordenen633) – Ansprüche auf Hausgeld („Wohngeld“, § 16 Abs. 2 WEG) ist die Wohnungseigentümergemeinschaft ohne die Notwendigkeit einer vorherigen Beschlagnahme des Wohnungseigentums absonderungsberechtigt.634) Sofern die Berechtigten gegen den säumigen Wohnungseigentümer vor der Insolvenzeröffnung keinen Zahlungstitel erlangt haben, können sie den das Absonderungsrecht bestreitenden Insolvenzverwalter mit der Pfandklage auf Duldung der Zwangsversteigerung in die Eigentumswohnung in Anspruch nehmen. Das Prozessgericht muss in diesem Fall prüfen, ob die Voraussetzungen des Vorrechts gegeben sind. Im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Wohnungseigentümers entsteht das Vorrecht wegen der Hausgeldansprüche an der bis dahin nicht beschlagnahmten Eigentumswohnung mit der Verfahrenseröffnung.635) Das Vorrecht begründet nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aber kein – im Fall der freihändigen Veräußerung gegen den Erwerber wirkendes – dingliches Recht der Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern nur eine Privilegierung der dort aufgeführten schuldrechtlichen Ansprüche im Zwangsversteigerungs- und Insol___________ 632) Jaeger/Eckardt, InsO, § 84 Rn. 13 f.; Wischemeyer, ZInsO 2009, 116, 117. 633) Zu dieser Einschränkung s. BGH, Urt. v. 21.7.2011 – IX ZR 120/10, ZIP 2011, 1723 [Rn. 7], mit der Begründung, nach Verfahrenseröffnung fällig werdende Ansprüche stellten Masseforderungen dar, für die es keine Absonderung gebe; dazu krit. Becker, ZIP 2013, 1554 ff. 634) BGH, Beschl. v. 12.2.2009 – IX ZB 112/06, ZIP 2009, 818 [Rn. 7]; BGH, Urt. v. 21.7.2011 – IX ZR 120/10, ZIP 2011, 1723 [Rn. 24 ff.]; BGH, Urt. v. 13.9.2013 – V ZR 209/12, BGHZ 198, 216 = ZIP 2013, 2122 [Rn. 7, 25]; Hintzen/Alff, ZInsO 2008, 480, 483 f. 635) BGH, Urt. v. 21.7.2011 – IX ZR 120/10, ZIP 2011, 1723 [Rn. 34]; dazu s. etwa Becker, ZWE 2013, 6 ff.; Drasdo, NZI 2011, 736 ff. u. ZWE 2012, 406 ff.; Jennißen/Kemm, NZM 2012, 630 ff.; Meller-Hannich, WuB VI A. § 49 InsO 1.12 C.; Schneider, ZMR 2012, 749 ff.; Sinz/Hiebert, ZInsO 2012, 205 ff.

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III. Grundpfandrechte im Verbraucherinsolvenzverfahren

venzverfahren, und besteht deshalb nach freihändigem Verkauf durch den Insolvenzverwalter nicht gegen den Erwerber fort;636) ob es sich immerhin im Wege der dinglichen Surrogation am Veräußerungserlös fortsetzen kann, ist zweifelhaft.637) Zu beachten ist noch, dass das Verwaltungsvermögen der Wohnungseigen- 550 tümergemeinschaft (§ 10 Abs. 6, Abs. 7 WEG) nicht deren Mitgliedern zugeordnet ist, sondern der Wohnungseigentümergemeinschaft selbst (als insofern rechtsfähigem Zuordnungssubjekt); es fällt deshalb in der Insolvenz eines einzelnen Wohnungseigentümers auch nicht in die Insolvenzmasse. III. Grundpfandrechte im Verbraucherinsolvenzverfahren Literatur: Ehlenz, Die Veräußerung von Immobilien in der Verbraucherinsolvenz, InsbürO 2005, 16; Evers, Sind durch Immobiliarsicherheiten gesicherte Darlehen in der Verbraucherinsolvenz „restschuldbefreiungsfest“?, ZInsO 1999, 340; Hintzen, Grundstücksverwertung durch den Treuhänder in der Verbraucherinsolvenz, ZInsO 2004, 713; Hörmann, Die Immobilie in der Insolvenz natürlicher Personen, VIA 2014, 9; Kesseler, Die Verfügungskompetenz des Treuhänders über grundpfandrechtsbelastete Grundstücke, ZInsO 2006, 1029; Kesseler, Verfügungen über Grundstücke im vereinfachten Insolvenzverfahren, MittBayNot 2007, 22; Vallender, Verwertungsrechte des Treuhänders an mit Absonderungsrechten belasteten Immobilien, NZI 2000, 148; Wedekind, L. H., Die Immobilie in der Insolvenz der natürlichen Person, InsbürO 2010, 208, 242.

Ist ein Verbraucherinsolvenzverfahren i. S. v. § 304 InsO bis zum 30. Juni 2014 551 beantragt worden, so wird dieses für den Fall, dass es nach dem Scheitern des gerichtlichen Einigungsversuchs zur Verfahrenseröffnung kommt, als „Vereinfachtes Insolvenzverfahren“ nach Maßgabe der §§ 312 – 314 InsO geführt; hierauf beziehen sich die folgenden Ausführungen. Für die danach beantragten Verbraucherinsolvenzverfahren gilt die InsO in der durch das Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens etc. vom 16.5.2013 geänderten Fassung; hier sind die §§ 312 – 314 InsO a. F. teils verlagert bzw. andernorts geregelt worden, weitgehend aber ersatzlos entfallen. Letzteres gilt auch für die nachfolgend noch dargestellte besondere Verwertungsregelung, die sich „nicht bewährt“ habe; es gelten deshalb zukünftig auch im Verbraucherinsolvenzverfahren für die Verwertung belasteter Immobilien keine Besonderheiten mehr. ___________ 636) BGH, Urt. v. 13.9.2013 – V ZR 209/12, BGHZ 198, 216 = ZIP 2013, 2122 [Rn. 8 ff.]; LG Landau, Urt. v. 17.8.2012 – 3 S 11/12, ZInsO 2012, 2258, 2260; Bales, ZInsO 2014, 182, 184 f.; Jennißen/Kemm, NZM 2012, 630. 632 ff.; Kesseler, NJW 2009, 121, 122; Fabis, ZfIR 2010, 354, 357 f.; offen noch BGH, Urt. v. 11.5.2012 – V ZR 196/11, BGHZ 193, 219 = NJW 2012, 2650 [Rn. 17]; a. A. z. B. OLG Frankfurt/M., Beschl. v. 28.10.2010 – 20 W 354/10, ZWE 2011, 89, 90; LG Berlin, Urt. v. 28.9.2010 – 55 S 87/10 WEG, ZWE 2011, 97, 98; LG Heilbronn, Beschl. v. 21.12.2012 í 1 T 231/12 Hn, ZWE 2013, 230; Alff, Rpfleger 2013, 15 ff.; Becker, ZMR 2012, 930, 932 u. ZfIR 2013, 809 f.; Hintzen/Alff, ZInsO 2008, 480, 485 f.; Mayer, ZWE 2013, 51; Schneider, ZMR 2009, 165, 171, ZWE 2012, 440, 441, ZMR 2012, 749, 754 ff. u. ZWE 2014, 61 ff.; Sinz/Hiebert, ZInsO 2012, 205, 207 f. 637) Dafür z. B. LG Landau, Urt. v. 17.8.2012 – 3 S 11/12, ZInsO 2012, 2258, 2260; Bales, ZInsO 2014, 182, 185, sowie die Vertreter der in der Fußn. zuvor genannten abweichenden Ansicht; offen insoweit BGH, Urt. v. 13.9.2013 – V ZR 209/12, BGHZ 198, 216 = ZIP 2013, 2122 [Rn. 26].

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I. Besonderheiten

1. Befugnis zur Verwertung massezugehöriger Immobilien a) Verwertung unbelasteter Grundstücke 552 Im vereinfachten Insolvenzverfahren werden nach § 313 Abs. 1 Satz 1 InsO die Aufgaben des Insolvenzverwalters von einem Treuhänder (§ 292 InsO) wahrgenommen. Dies bedeutet, dass mit Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis gem. § 80 InsO auf den Treuhänder übergeht. Somit ist dem Treuhänder grundsätzlich auch die Verwertung der Insolvenzmasse i. S. v. § 159 InsO zugewiesen. Der Treuhänder ist immer dann uneingeschränkt zur Verwertung eines Grundstücks befugt, wenn keine Absonderungsrechte daran bestehen, wenn das Grundstück also unbelastet ist. 553 Für die Verwertung im Verbraucherinsolvenzverfahren gelten gleichwohl gewisse Einschränkungen. Die §§ 311 ff. InsO verfolgen das Ziel, das Verfahren zu vereinfachen und kostengünstig zu gestalten. Deshalb ist das in § 160 Abs. 1 InsO normierte Erfordernis der Zustimmung des Gläubigerausschusses bzw. der Gläubigerversammlung (Rn. 188) hier unanwendbar. Andererseits ist bei besonders bedeutsamen Rechtshandlungen die Zustimmung der Gläubigerversammlung einzuholen (§§ 160 – 163 InsO), da insofern der Schuldnerschutz nach § 161 InsO die verfahrensökonomischen Interessen überwiegt. Richtigerweise ist deshalb zumindest dann, wenn der Verkehrswert erheblich unterschritten wird, eine Informationspflicht des Treuhänders anzunehmen, da der Schuldner nur dann durch Maßnahmen der gerichtlichen Aufsicht geschützt werden kann, wenn der Treuhänder wichtige Entscheidungen vor ihrem Wirksamwerden anzeigt. Dies setzt auch eine Anzeige gegenüber dem Schuldner voraus, damit dieser die entsprechenden Maßnahmen bei Gericht beantragen kann.638) b) Verwertung belasteter Grundstücke 554 Ist das Grundstück dagegen mit Grundpfandrechten belastet, so steht die Verwertungsbefugnis – wenn sich nicht die Grundpfandgläubiger mit dem Treuhänder darüber einigen, dass dieser die Verwertung vornimmt (Rn. 558) – den absonderungsberechtigten Gläubigern zu (§ 313 Abs. 3 Satz 1, 2 InsO). Dieses exklusive Verwertungsrecht des absonderungsberechtigten Gläubigers bei belasteten Grundstücken bezweckt das Verfahren der Verbraucherinsolvenz zu vereinfachen und nicht zuletzt zu verbilligen, indem es den Treuhänder von der Verwertung von Absonderungsgut als eigener Aufgabe entlastet. aa) Form der Verwertung 555 Umstritten ist, ob mit der dem Treuhänder grundsätzlich untersagten „Verwertung“ belasteter Grundstücke nur die im gerichtlichen Verfahren erfolgende Zwangsverwertung gemeint ist oder auch die freihändige Veräußerung. Ursprünglich wurde ganz überwiegend angenommen, dass das Verbot ___________ 638) Vgl. FK-InsO/Kohte/Busch, § 313 Rn. 24; Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, § 159 Rn. 67.

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III. Grundpfandrechte im Verbraucherinsolvenzverfahren

beide Verwertungsformen erfasse.639) Da ein Grundpfandgläubiger das Grundstück jedenfalls selbst nicht freihändig veräußern kann,640) könnte dies indessen bedeuten, dass ein belastetes Grundstück von niemandem mehr freihändig veräußert werden könnte (bzw. nur im Zusammenwirken von Treuhänder und Grundpfandgläubiger); das käme einer res extra commercium recht nahe und ist jedenfalls nicht sinnvoll. Um diesem Ergebnis zu entgehen, wird die genannte Auffassung heute meist 556 abgelehnt. Stattdessen werden zwei Auswege vorgeschlagen: x

Zum einen wird postuliert, dass die Beschränkung der Befugnisse des Treuhänders durch § 313 Abs. 3 Satz 1, 2 InsO an sich zwar auch die freihändige Veräußerung erfasse, dies aber nur im Innenverhältnis; sie wirke also nicht „dinglich“ i. S. einer unmittelbaren Beschränkung der Verfügungsbefugnis.641)

x

Zum anderen wird, auch unter Hinweis auf die Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der Bestimmung, angeführt, die freihändige Veräußerung des Grundstücks durch den Treuhänder sei immer zulässig und das Verbot der „Verwertung“ durch den Treuhänder allein auf die Zwangsverwertung zu beziehen.642)

Der Unterschied zur früheren Auffassung liegt vor allem in der Vereinfachung 557 der Abwicklung in dem zumeist gegebenen Fall, dass der Treuhänder das Grundstück im Einvernehmen mit den Absonderungsberechtigten verwertet (Rn. 558): Die Verfügung des Treuhänders kann auf dieser Grundlage im Grundbuch vollzogen werden, ohne dass die Zustimmung der Grundpfandgläubiger in der Form des § 29 GBO nachgewiesen würde.643) Unberührt bleibt in jedem Fall die Befugnis des Treuhänders zur Freigabe des Grundstücks (zu dieser s. Rn. 492 ff.).644) Auch die Zwangsverwaltung kann, da sie keine „Verwertung“ der Immobilie darstellt, durch den Treuhänder beantragt werden.645) ___________ 639) So AG Potsdam, ZInsO 2000, 234, 235; LG Kiel, Beschl. v. 15.9.2004 – 24 T 14/04, Rpfleger 2004, 730; Ehlenz, InsbürO 2005, 16, 19 f.; Hintzen, ZInsO 2003, 586 f.; ders., ZInsO 2004, 713 f.; Vallender, MittRhNotK 2000, 31, 32; ders., InVo 1999, 334, 340; ders., NZI 2000, 148 ff. 640) A. A. nur LG Hamburg, Beschl. v. 1.10.1999 – 321 T 85/99, ZfIR 2000, 233. 641) OLG Hamm, Beschl. v. 4.11.2011 – I-15 W 698/10, NZI 2012, 33; LG Kiel, Beschl. v. 15.9.2004 – 24 T 14/04, Rpfleger 2004, 730; LG Braunschweig, Beschl. v. 1.4.2009 – 8 T 262/09, RNotZ 2009, 402, 403; Kesseler, MittBayNot 2007, 22 ff; Uhlenbruck/Vallender, InsO, § 313 Rn. 106a; a. A. etwa Braun/Buck, InsO, § 313 Rn. 28. 642) Hierfür – teils allerdings unter Vermengung mit der Frage der Verfügungsbefugnis – LG Braunschweig, Beschl. v. 1.4.2009 – 8 T 262/09, RNotZ 2009, 402, 403; Kesseler, ZInsO 2006, 1029 ff. u. MittBayNot 2007, 22, 24; MünchKomm/Ott/Vuia, InsO, § 313 Rn. 17; Wagner, ZfIR 2009, 345, 347 f.; Smid, Kreditsicherheiten, § 28 Rn. 2; Alff, Rpfleger 2000, 37, 38; Braun/Buck, InsO, § 313 Rn. 5; HK-InsO/Landfermann, § 313 Rn. 17. 643) Siehe z. B. LG Braunschweig, Beschl. v. 1.4.2009 – 8 T 262/09, RNotZ 2009, 402, 403; Wagner, ZfIR 2009, 345, 347; abw. folgerichtig LG Kiel, Beschl. v. 15.9.2004 – 24 T 14/04, Rpfleger 2004, 730, auf der Grundlage der Gegenansicht. 644) BGH, Beschl. v. 18.10.2007 – V ZB 140/06, JurionRS 2007, 42199 [Rn. 11 f.]. 645) Dassler/Schiffhauer/Rellermeyer, ZVG, § 172 Rn. 4; Löhnig/Kuhn, ZVG, § 172 Rn. 4; Stöber, § 172 Rn. 3.1 zu b.; Hintzen, ZInsO 2003, 586 f. u. ZInsO 2004, 713 f.

225

I. Besonderheiten

bb) Ausnahmen vom Verwertungsverbot 558 Entgegen dem Wortlaut des § 313 Abs. 3 Satz 2 InsO ist dem Treuhänder anerkanntermaßen die Verwertungsbefugnis auch dann zuzubilligen, wenn die absonderungsberechtigten Gläubiger der Verwertung durch den Treuhänder zustimmen.646) Eine Fristsetzung nach § 173 Abs. 2 InsO wäre bei einer solchen Sachlage eine reine Förmelei; wenn nämlich die absonderungsberechtigten Gläubiger sich mit der freihändigen Veräußerung einverstanden erklären, bringen sie damit zugleich zum Ausdruck, dass sie diese Art der Verwertung der eigenen Verwertung im Wege der Zwangsversteigerung vorziehen. Dies legt es nahe, im Verbraucherinsolvenzverfahren ähnliche Verwertungsvereinbarungen abzuschließen, wie sie sich im Regelinsolvenzverfahren etabliert haben (s. Rn. 203 ff.). 559 Blockade des gesicherten Gläubigers kann der Treuhänder durchbrechen, indem er beim Insolvenzgericht die Setzung einer Frist beantragt, innerhalb derer dem zur Verwertung berechtigten Gläubiger die Verwertung des Absonderungsguts obliegt; lässt der Absonderungsberechtigte die Frist verstreichen, geht die Verwertungsbefugnis auf den Treuhänder über (§§ 313 Abs. 2 Satz 3, 173 Abs. 2 InsO). Darüber hinaus besteht für den Treuhänder die Möglichkeit, das Grundpfandrecht abzulösen, um auf diesem Wege jedenfalls die Befugnis zur freihändigen Veräußerung zu erlangen.647) Ihm die Verwertung auch dann zu erlauben, wenn die Grundpfandgläubiger kein Interesse an der Verwertung des Grundstücks haben und der Treuhänder von einem Erlösüberschuss im Falle einer Verwertung ausgeht,648) besteht unter diesen Umständen kein Anlass. 2. Besonderheiten bei der Immobiliarvollstreckung 560 Aus dem Insolvenzbeschlag folgt dann weiterhin, dass – vorbehaltlich der selbstverständlich auch hier möglichen Freigabe (Rn. 492 ff.) durch den Treuhänder – dingliche Titel zu Vollstreckungszwecken auch im Verbraucherinsolvenzverfahren gegen den Treuhänder umzuschreiben sind und der Verbraucherschuldner zugunsten des Treuhänders die Beteiligtenstellung (§ 9 ZVG) und mit ihr einhergehend grundsätzlich – soweit nicht wie in § 30d Abs. 3 ZVG ausdrücklich etwas anders bestimmt ist – die Befugnis verliert, in Zwangsversteigerungs- oder Zwangsverwaltungsverfahren aus eigenem Recht Anträge zu stellen oder Rechtsmittel einzulegen.649) ___________ 646) OLG Hamm, Beschl. v. 4.11.2011 – I-15 W 698/10, NZI 2012, 33; LG Kiel, Beschl. v. 15.9.2004 – 24 T 14/04, Rpfleger 2004, 730; LG Braunschweig, Beschl. v. 1.4.2009 – 8 T 262/09, RNotZ 2009, 402, 403; Reul/Heckschen/Wienberg, Insolvenzrecht in der Kautelarpraxis, S. 97 ff., 205; Kesseler, ZInsO 2006, 1029. 647) Zum Ganzen Smid, Kreditsicherheiten, § 28 Rn. 4, 7, 10 ff., 13; Ehlenz, InsbürO 2005, 16, 18 f. 648) Vallender, NZI 2000, 148, 149 ff.; Ehlenz, InsbürO 2005, 16, 20 ff. 649) BGH, Beschl. v. 18.10.2007 – V ZB 141/06, ZfIR 2008, 150 [Rn. 11]; BGH, Beschl. v. 18.10.2007 – V ZB 140/06, JurionRS 2007, 42199 [Rn. 10]; AG Duisburg, Beschl. v. 2.4.2009 – 46 K 4/09, ZVI 2009, 340; Kesseler, MittBayNot 2007, 22, 24 f.

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III. Grundpfandrechte im Verbraucherinsolvenzverfahren

Umstritten ist die Anwendbarkeit des § 30d ZVG. Richtiger Ansicht nach 561 passt § 30d ZVG nicht auf Verbraucherinsolvenzverfahren. Zwar mag es sein, dass der Schuldner das Grundstück möglicherweise zur Fortsetzung seiner Erwerbstätigkeit dringend benötigt und die Zwangsverwertung des Grundstücks den Versuch, seine Schulden zu tilgen, scheitern lassen kann. Ziel des Verbraucherinsolvenzverfahrens ist es aber nicht, eine Entschuldung der Immobilie zu erreichen, um dem Schuldner diese zu belassen, sondern vielmehr, die vorhandenen Immobilien zugunsten der Gläubiger zu verwerten. Es ist den Grundpfandgläubigern nicht zuzumuten, dem Schuldner das Grundstück zu belassen und sich mit Zins- und Wertausgleichszahlungen zufrieden zu geben.650) Fraglich ist ferner, ob die Einstellungsmöglichkeit nach § 153b ZVG zur An- 562 wendung gelangen kann. Die Tatsache, dass der Treuhänder aufgrund der gesetzlichen Anordnung in § 313 Abs. 3 Satz 2 InsO nicht zu einer Verwertung befugt ist, ist hierfür jedenfalls unerheblich; denn die Einstellungsmöglichkeit kann ohnehin nur dann zum Tragen kommen, wenn ein Gläubiger die Zwangsverwaltung betreibt. Die Aktivlegitimation des Treuhänders für den Antrag nach § 153b ZVG wird aber nicht durch § 313 InsO in Frage gestellt. Es geht dann nämlich nicht um die Frage der Verwertungsbefugnis, sondern vielmehr darum, ob der Absonderungsberechtigte sich vollends auf sein dingliches Vorrecht stützen kann.651) Umstritten ist auch, ob ein Kostenbeitrag nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a ZVG an- 563 fällt. Nach richtiger Ansicht ist dies abzulehnen. Zwar muss auch der Treuhänder, gleich dem Insolvenzverwalter, prüfen, ob Absonderungsrechte bestehen, und auf die richtige Erfassung des beweglichen Vermögens achten. Darüber hinaus muss aber auch gerade die Verwertung von Sicherungsgegenständen im Vollstreckungswege zu den Aufgaben des Insolvenzverwalters gehören; bei der Verbraucherinsolvenz ist der Treuhänder gem. § 313 Abs. 3 InsO dazu aber gerade nicht befugt.652)

___________ 650) Nerlich/Römermann/Becker, InsO, § 165 Rn. 56; Jungmann, NZI 1999, 352, 353f.; Kesseler, ZInsO 2006, 1029 ff.; ders., MittBayNot 2007, 22 ff.; Lwowski/Tetzlaff, WM 1999, 2336, 2343; Obermüller, WM 1998, 483, 492; Wenzel, NZI 1999, 101; a. A. Hintzen Rpfleger 1999, 256, 262; ders., in: Dassler/Schiffhauer, ZVG, § 30d Rn. 22 ff.; Uhlenbruck/ Vallender, InsO, § 313 Rn. 107. 651) Vgl. Smid, Kreditsicherheiten, § 28 Rn. 6, 14; a. A. Wenzel, NZI 1999, 101, 103. 652) Lwowski/Tetzlaff, WM 1999, 2336, 2343 f.; Obermüller, WM 1998, 483, 493; Wittig, WM 1998, 209, 218; a. A. Dassler/Schiffhauer/Rellermeyer, ZVG, § 10 Rn. 16, § 174a Rn. 3; Löhnig/Fischinger, ZVG, § 10 Rn. 33; Löhnig/Kuhn, ZVG, § 194a Rn. 3; Nerlich/ Römermann/Becker, InsO, § 165 Rn. 33; Hintzen, ZInsO 2003, 586, 589 u. ZInsO 2004, 713, 716.

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I. Besonderheiten

IV. Grundpfandrechte an inländischen Immobilien in ausländischen Insolvenzverfahren Literatur: Beckmann, Dingliche Rechte in der grenzüberschreitenden Bankeninsolvenz – einseitiger Universitätsanspruch des deutschen Insolvenzrechts?, WM 2009, 1592; Bierhenke, Der ausländische Insolvenzverwalter und das deutsche Grundbuch, MittBayNot 2009, 197; von Bismarck/Schümann-Kleber, Insolvenz eines deutschen Sicherungsgebers – Auswirkungen auf die Verwertung im Ausland belegener Kreditsicherheiten, NZI 2005, 89; von Bismarck/Schümann-Kleber, Insolvenz eines ausländischen Sicherungsgebers – Anwendung deutscher Vorschriften auf die Verwertung in Deutschland belegener Kreditsicherheiten, NZI 2005, 147; Haas, Die Verwertung der im Ausland belegenen Insolvenzmasse im Anwendungsbereich der EuInsVO, FS Gerhardt, 2004, S. 319; Herchen, Die Befugnisse des deutschen Insolvenzverwalters hinsichtlich der „Auslandsmasse“ nach Inkrafttreten der EG-Insolvenzverordnung (Verordnung des Rates Nr. 1346/2000), ZInsO 2002, 345; Krause, Die Jersey Limited mit Inlandsimmobiliarvermögen in Zwangsvollstreckung und Insolvenz, ZfIR 2013, 758; Liersch, Sicherungsrechte im internationalen Insolvenzrecht, 2001; Naumann, Die Behandlung dinglicher Kreditsicherheiten und Eigentumsvorbehalte nach den Artikeln 5 und 7 EuInsVO sowie nach autonomem deutschen Insolvenzkollisionsrecht, 2004; Plappert, Dingliche Sicherungsrechte in der Insolvenz, 2008; Riggert, Die Rechtsverfolgung der Gläubiger dinglicher Kreditsicherheiten in der Unternehmensinsolvenz des Schuldners, 2006; Schmitz, Dingliche Mobiliarsicherheiten im internationalen Insolvenzrecht, 2011.

564 Ebenfalls nur angedeutet werden können hier die Auswirkungen, die ein im Ausland über das Vermögen des Grundstückseigentümers eröffnetes Insolvenzverfahren auf ein in Deutschland belegenes Grundstück und die Rechte der Grundpfandgläubiger hat. 1. Anerkennung des ausländischen (Haupt-)Insolvenzverfahrens 565 Das deutsche Recht erkennt sowohl im Anwendungsbereich der EuInsVO653) als auch im autonomen deutschen internationalen Insolvenzrecht (= §§ 335 ff. InsO) die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens im Ausland und seine Wirkungen nach dem Recht des ausländischen Eröffnungsstaats an, sofern das ausländische Insolvenzstatut eine entsprechende universelle Wirkung beansprucht; dies ist sowohl innerhalb der EU der Fall (Art. 16 Abs. 1, 17 Abs. 1 EuInsVO) als auch in der Regel bei Staaten außerhalb der EU (§§ 335, 343 Abs. 1 InsO). Grundsätzlich findet deshalb das Insolvenzrecht des ausländischen Insolvenzeröffnungsstaats auf das in Deutschland belegene (Grund)Vermögen Anwendung. 566 Zu einem ausländischen (Haupt-)Insolvenzverfahren kommt es bei international operierenden Wirtschaftseinheiten der Regel nach immer dann, wenn der Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen des Schuldners (Art. 3 Abs. 1 EuInsVO: „Centre of Main Interests“ = COMI) in diesem Mitgliedstaat belegen ist. Dies ist bei einer Gesellschaft in der Regel der satzungsmäßige Sitz, ___________ 653) VO (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29.5.2000 über Insolvenzverfahren. Derzeit wird ein Reformvorschlag der Kommission diskutiert (KOM [2012] 744 final), dessen endgültige Fassung und Inkrafttreten bei Bearbeitungsschluss aber noch nicht feststand.

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IV. Grundpfandrechte an inländischen Immobilien in ausländischen Insolvenzverfahren

sofern sich an diesem Ort auch die Verwaltungs- und Kontrollorgane der Gesellschaft befinden und die Verwaltungsentscheidungen der Gesellschaft in für Dritte feststellbarer Weise an diesem Ort getroffen werden („tatsächliches Verwaltungs- und Kontrollzentrum“).654) Da dies auch dann gilt, wenn der Satzungssitz und das „tatsächliche Verwal- 567 tungs- und Kontrollzentrum“ der Schuldnergesellschaft erst kurz vor dem Eröffnungsantrag in einen anderen Mitgliedstaat verlegt wurden,655) muss ein deutscher Realkreditgeber also im Ansatz immer damit rechnen, mit einem ausländischen (Haupt-)Insolvenzverfahren und folgeweise mit einem ausländischen Verwalter und ausländischem Insolvenzrecht konfrontiert zu werden. Einschränkungen ergeben sich zum einen aus der Möglichkeit eines Sekundärinsolvenzverfahrens in Deutschland (Rn. 568 ff.), vor allem aber dadurch, dass die Rechtsstellung der Inhaber dinglicher Kreditsicherheiten auch gegenüber fremdem Insolvenzrecht in sehr weitgehendem Umfang geschützt wird (Rn. 571). 2. Deutsches Sekundärinsolvenzverfahren Auf Grundpfandrechte an einem im Inland belegenen Grundstück finden im 568 Fall eines ausländischen Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Grundstückseigentümers die Verwertungs- und Nutzungsbeschränkungen des deutschen Insolvenzrechts immerhin dann grundsätzlich Anwendung, wenn in Deutschland ein – in seinen Wirkungen auf das Inlandsvermögen beschränktes – Partikularinsolvenzverfahren eröffnet wird. Da isolierte Partikularinsolvenzverfahren nach der Konzeption der EuInsVO unerwünscht und nur ausnahmsweise zulässig sind,656) kommt hierfür praktisch vor allem der Fall in Betracht, dass in Deutschland ein Sekundärinsolvenzverfahren eröffnet wird. Im Anwendungsbereich der EuInsVO ist dies aber nur möglich, falls der 569 Schuldner in Deutschland eine Zweigniederlassung hat, da nur in diesem Fall ein Sekundärinsolvenzverfahren über das in anderen Mitgliedstaaten belegene Vermögen überhaupt möglich ist (Art. 3 Abs. 2, 27 f. EuInsVO). Dies kommt mithin nur bei einem unternehmerisch tätigen Schuldner in Betracht; darüber hinaus bedarf es einer auf die Ausübung einer wirtschaftlichen Tä___________ 654) Vgl. Art. 3 Abs. 1 EuInsVO i. d. F. des Reformvorschlags der Kommission (KOM [2012] 744 final); zur geltenden Fassung s. EuGH, Urt. v. 2.5.2006 – Rs. C 341/04 („Eurofood“), ZIP 2006, 907 [Rn. 39]; EuGH, EuGH, Urt. v. 20.10.2011 – Rs. C-396/09 („Interedil“), ZIP 2011, 2153 [Rn. 47 ff.] (dort auch dazu, dass Belegenheit von Immobilien der Schuldner-Gesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat, ein Mietvertrag über zwei ebenfalls dort belegene Hotelkomplexe sowie ein Vertrag mit einem dortigen Geldinstitut nicht ausreichen, um die Vermutung nach Art. 3 Abs. 1 Satz 2 EuInsVO zugunsten des satzungsmäßigen Sitzes der Gesellschaft zu widerlegen); EuGH, Urt. v. 15.12.2011 í C-191/10 („Rastelli“), ZIP 2012, 183 [Rn. 31 ff.]. 655) EuGH, Urt. v. 17.1.2006 – C-1/04 („Staubitz-Schreiber“), ZIP 2006, 188 [Rn. 29]; EuGH, Urt. v. 20.10.2011 – Rs. C-396/09 („Interedil“), ZIP 2011, 2153 [Rn. 54 ff.]. 656) So auch EuGH, Urt. v. 17.11.2011 – C-112/10 („Zaza Retail”), ZIP 2011, 2415 [Rn. 21 ff., 29 ff.].

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I. Besonderheiten

tigkeit ausgerichteten Struktur mit einem Mindestmaß an Organisation und einer gewissen Stabilität, während das bloße Vorhandensein einzelner Vermögenswerte, auch Immobilien, nicht genügt.657) 570 Im Geltungsbereich des autonomen deutschen Insolvenzkollisionsrechts – d. h. im Verhältnis zu Dänemark sowie zu den Nicht-EU-Staaten und soweit keine bilateralen internationalinsolvenzrechtlichen Übereinkommen bestehen – kann der ausländische Insolvenzverwalter dagegen auch bei fehlender inländischer Zweigniederlassung des Schuldners ohne Weiteres die Eröffnung eines Sekundärverfahrens über die in Deutschland befindlichen Vermögensgegenstände beantragen (§ 356 InsO) und damit die deutschen Insolvenzrechtsnormen hinsichtlich dieser Vermögensgegenstände zur Anwendung bringen.658) 3. Fehlendes deutsches Sekundärinsolvenzverfahren a) EuInsVO 571 Nach Art. 5 Abs. 1 EuInsVO werden die zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung bereits bestehenden dinglichen Rechte und mithin auch die Grundpfandrechte (Art. 5 Abs. 2 lit. a EuInsVO) an einem im Inland grundbuchmäßig geführten Grundstück von einem ausländischen Insolvenzverfahren über das Vermögen des Grundstückseigentümers „nicht berührt“. Die wohl h. M. interpretiert Art. 5 EuInsVO als Sachnorm mit der Folge, dass weder die insolvenzrechtlichen Beschränkungen des ausländischen Insolvenzstatuts noch – solange im Inland kein Sekundärinsolvenzverfahren eröffnet worden ist – die des Insolvenzrechts des (inländischen) Belegenheitsstaats anzuwenden sind. Die dinglichen Rechte werden deshalb grundsätzlich so durchgesetzt, als ob es kein Insolvenzverfahren gäbe.659) 572 Hierbei hat es insbesondere in denjenigen Fällen sein Bewenden, in denen es in Ermangelung einer deutschen Zweigniederlassung kein Sekundärinsolvenz___________ 657) EuGH, Urt. v. 20.10.2011 – Rs. C-396/09 („Interedil“), ZIP 2011, 2153 [Rn. 61 ff.]; EuGH, Urt. v. 5.7.2012 – C-191/10 („Rastelli“), ZIP 2012, 183 [Rn. 18]; BGH, Beschl. v. 8.3.2012 í IX ZB 178/11, ZIP 2012, 782 [Rn. 6]; BGH, Beschl. v. 21.6.2012 í IX ZB 287/11, ZIP 2012, 1920 [Rn. 6]. 658) Vgl. AG Göttingen, Beschl. v. 6.12.2010 – 74 IE 1/10, ZIP 2011, 190 f. 659) Gottwald/Kolmann, in: Gottwald, InsR-Hdb, § 132 Rn. 30; MünchKomm/Kindler, BGB, Bd. XI, Art. 5 EuInsVO Rn. 14 ff.; MünchKomm/Reinhart, InsO, Art. 5 EuInsVO Rn. 13; Pannen/Ingelmann, EuInsVO, Art. 5 Rn. 9 ff.; Haas, FS Gerhardt, 2004, S. 319, 328; Herchen, ZInsO 2002, 345, 347; Leible/Staudinger, KTS 2000, 533, 551; wohl auch EuGH, Urt. v. 5.7.2012 – C-527/10 („Legfelsöbb Bíróság“), ZIP 2012, 1815 [Rn. 41 f.]; offen BGH, Beschl. v. 3.2.2011 – V ZB 54/10, BGHZ 188, 177 = ZIP 2011, 926 [Rn. 19]; a. A. (Kollisionsnorm, deshalb Insolvenzrecht des Belegenheitsstaats anzuwenden) etwa Kübler/Prütting/Bork/Kemper, InsO, Art. 5 EuInsVO Rn. 13 f.; v. Bismarck/SchümannKleber, NZI 2005, 147, 148; Flessner, FS Drobnig, 1998, S. 277, 284; Smid, Kreditsicherheiten, § 27 Rn. 5 ff.; weitgehend auch Haß/Huber/Gruber/Heiderhoff/Huber, EuInsVO, Art. 5 Rn. 25; Paulus, EuInsVO, Art. 5 Rn. 1, 19 ff.; ausführlich zum Ganzen Naumann, S. 121 ff., 134 ff.; Plappert, S. 265 ff.; Schmitz, S. 79 ff.

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IV. Grundpfandrechte an inländischen Immobilien in ausländischen Insolvenzverfahren

verfahren geben kann (d. h. stets bei nicht unternehmerisch tätigem Schuldner). Die Anwendung der im Belegenheitsstaat geltenden vollstreckungsrechtlichen Erfordernisse – so etwa das Erfordernis, den gegen den Schuldner erwirkten Vollstreckungstitel im Hinblick auf die (dem Insolvenzstatut zu entnehmende) Rechtsstellung des Insolvenzverwalters gegen diesen umzuschreiben und diesem zuzustellen (Rn. 269) – wird hierdurch aber nicht verhindert.660) Das Grundstück selbst fällt aber in die Insolvenzmasse; sein Schicksal und 573 die hierauf bezogenen Befugnisse des ausländischen Insolvenzverwalters unterliegen dem Insolvenzstatut, d. h. dem Insolvenzrecht des ausländischen Insolvenzverfahrens (Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 lit. b., lit. c. i. V. m. Art. 18 EuInsVO).661) Der ausländische Insolvenzverwalter kann deshalb – wiederum: solange in Deutschland kein Sekundärinsolvenzverfahren eröffnet worden ist – nach näherer Maßgabe des Insolvenzstatuts ein in Deutschland belegenes Grundstück freihändig verwerten, Grundpfandrechte ablösen etc.; auch ein evtl. Übererlös in der Zwangsversteigerung fällt in die ausländische Insolvenzmasse.662) Bestimmt das ausländische Insolvenzstatut, dass der Insolvenzverwalter treuhänderischer Eigentümer des massezugehörigen Grundstücks wird (wie z. B. in England), so ist auch dies vom deutschen Recht zu respektieren.663) Art. 22 EuInsVO gewährt dem Insolvenzverwalter die Möglichkeit, die Er- 574 öffnung des Verfahrens in das Grundbuch und in sonstige Register der übrigen Mitgliedstaaten eintragen zu lassen. Hierfür ist nach Art. 102 § 6 EGInsO allerdings erforderlich, dass nach dem Recht des Hauptinsolvenzverfahrens ebenfalls die Verfahrenseröffnung im Register eingetragen wird; von der Möglichkeit des Art. 22 Abs. 2 EuInsVO, die Eintragung verpflichtend vorzusehen, hat der deutsche Gesetzgeber keinen Gebrauch gemacht.664) Der Antrag auf Eintragung der Verfahrenseröffnung und ihrer Wirkungen ist zunächst an das nach Art. 102 § 1 EGInsO zuständige Gericht zu richten, welches dann das Registergericht um Eintragung ersucht. b) Autonomes deutsches Insolvenzkollisionsrecht Außerhalb des Anwendungsbereichs der EuInsVO richten sich bei der Er- 575 öffnung eines ausländischen Insolvenzverfahrens die Wirkungen hinsichtlich ___________ 660) BGH, Beschl. v. 3.2.2011 – V ZB 54/10, BGHZ 188, 177 = ZIP 2011, 926 [Rn. 20 f.] = ZfIR 2011, 618 m. zust. Anm. Lüer. 661) Vgl. EuGH, Urt. v. 21.1.2010 – C-444/07 („MG Probud Gdynia“), ZIP 2010, 187 [Rn. 23 ff.]; BGH, Beschl. v. 3.2.2011 – V ZB 54/10, BGHZ 188, 177 = ZIP 2011, 926 [Rn. 12] = ZfIR 2011, 618 m. zust. Anm. Lüer. 662) Vgl. MünchKomm/Reinhart, InsO, Art. 5 EuInsVO Rn. 14; Bierhenke, MittBayNot 2009, 197, 198 f.; s. als Beispiel DNotI-Report 2009, 139 (Löschung eines Grundpfandrechts durch englischen trustee im winding-up-Verfahren nach Sec. 122 IA 1986). 663) BGH, Beschl. v. 3.2.2011 – V ZB 54/10, BGHZ 188, 177 = ZIP 2011, 926 [Rn. 15 ff.] = ZfIR 2011, 618 m. zust. Anm. Lüer; Ahrens, Rechte und Pflichten ausländischer Insolvenzverwalter im internationalen Insolvenzrecht, 2002, S. 113 f. 664) Krit. MünchKomm/Reinhart, InsO, Art. 102 § 6 EGInsO Rn. 9; Bierhenke, MittBayNot 2009, 197, 199.

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I. Besonderheiten

der im Inland gelegenen Immobilien des Schuldners nach deutschem Insolvenzrecht (d. h. nach den Wirkungen, die die Eröffnung eines inländischen Insolvenzverfahrens gehabt hätte, § 351 Abs. 2 InsO). Insofern beeinträchtigt das ausländische Insolvenzverfahren die Rechte des Schuldners an einem in Deutschland belegenen Grundstück nur soweit, wie ein inländisches Insolvenzverfahren dazu imstande wäre. 576 Auch hiernach ist ein ausländischer Insolvenzverwalter mithin berechtigt, ein in Deutschland belegenes Grundstück freihändig oder auch im Wege der Zwangsversteigerung nach § 172 ZVG zu verwerten, Grundpfandrechte abzulösen etc.; auch ein evtl. Übererlös in der Zwangsversteigerung fällt in die ausländische Insolvenzmasse.665) Auf Antrag des Insolvenzverwalters hat das Insolvenzgericht gem. § 346 Abs. 1 InsO das Grundbuchamt zu ersuchen, die Eröffnung des Verfahrens und die Art der Einschränkung der Verfügungsbefugnis in das Grundbuch einzutragen. Dadurch hat der Insolvenzverwalter die Möglichkeit, einen gutgläubigen Erwerb von Grundstücken nach Verfahrenseröffnung zu verhindern, und zwar im Gegensatz zu Art. 102 § 6 EGInsO unabhängig davon, ob das Recht der Verfahrenseröffnung eine solche Eintragung ermöglicht oder nicht. 577 Trotz des insoweit nicht eindeutigen Wortlauts dürfte § 351 Abs. 2 InsO nicht nur die Rechte des Schuldners regeln, sondern auch die Rechtsstellung der Absonderungsberechtigten erfassen; diese erlangen folglich die gleiche Rechtsstellung wie in einem inländischen Insolvenzverfahren. Nach § 344 InsO kann der ausländische vorläufige Verwalter zudem „Sicherungsmaßnahmen gem. § 21 InsO“ zur Sicherung des von einem inländischen Sekundärinsolvenzverfahren erfassten Vermögens beantragen. Im Ergebnis ist deshalb davon auszugehen, dass die Beschränkungen der Immobiliarvollstreckung, z. B. gem. §§ 30d, 153b ZVG, ebenfalls Anwendung finden.666) V. Grundpfandrechte und Altlastenproblematik Literatur: Eckardt, Umwelthaftung im Insolvenzverfahren, AbfallR 2008, 197; Engels, Altlasten in der Zwangsversteigerung und in der Zwangsverwaltung, Rpfleger 2010, 557; Fölsing, „Wer haftet für Altlasten: Insolvenzverwalter oder Fiskus?“, ZInsO 2010, 2224; Forcher, Altlasten in der Insolvenz: ein Problem am Rand des Insolvenzverfahrens?, FS Braun, 2007, S. 355; Keller, Altlastensanierung durch den Zwangsverwalter bei gleichzeitiger Insolvenz des Grundstückseigentümers, Rpfleger 2010, 568; Kohte, Altlasten in der Insolvenz, ZfIR 2004, 1; Küpper/Heinze, Wie sieht das Pflichtenprogramm des Insolvenzverwalters bei Altlastenverdacht aus? ZInsO 2005, 409; Kurz, Zur ordnungsrechtlichen Haftung der Organe insolventer Kapitalgesellschaften für Betriebsgrundstücke und deren Freigabe durch den Insolvenzverwalter: ein Überblick, NVwZ 2007, 1380; Lüke, Umweltrecht und Insolvenz, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 3. Aufl. 2009, Kap. 22; Lwowski/Tetzlaff, Umweltrisiken und Altlasten in der Insolvenz, 1999; dies., Altlasten in der Insolvenz – einzelne Probleme aus der Sicht der Kreditgeber des insolventen Unternehmens, NZI 2000, 393; dies., Umweltaltlasten in der Insolvenz

___________ 665) Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, § 89 Rn. 21; Smid, Kreditsicherheiten, § 27 Rn. 4. 666) v. Bismarck/Schümann-Kleber, NZI 2005, 147, 151.

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V. Grundpfandrechte und Altlastenproblematik und gesicherte Gläubiger, WM 2005, 921; Schmidt K, Keine Ordnungspflicht des Insolvenzverwalters? Die Verwaltungsrechtsprechung als staatliche Insolvenzbeihilfe für Umweltkosten, NJW 2010, 1489; ders., Neues zur Ordnungspflicht in der Insolvenz einer Handelsgesellschaft?, NJW 2012, 3344

Ist das Grundstück mit Bodenverunreinigungen oder Abfällen kontaminiert 578 („Altlasten“), so kann die Ordnungsbehörde nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts667) grundsätzlich unter dem Aspekt umweltrechtlicher Zustandsverantwortlichkeit – konkret geht es im Abfallrecht bei nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen um die Verpflichtung des Abfallbesitzers zur ordnungsgemäßen Beseitigung des Abfalls (§ 3 Abs. 6, 5, 11 KrW-/AbfG), im Bodenschutzrecht um die Untersuchungs- und Sanierungsverpflichtung des Inhabers der tatsächlichen Gewalt bei schädlicher Bodenveränderung (§ 4 Abs. 1, Abs. 3 BBodSchG) – gegen den Insolvenzverwalter vorgehen, sodass diesen die Beseitigungskosten als Masseschuld treffen; ob die Kontamination vor oder nach Verfahrenseröffnung entstanden ist, ist hiernach unerheblich. Jedoch kann sich der Verwalter dieser reinen Zustandshaftung668) auch nach 579 der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte relativ problemlos wieder entziehen.669) Dies kann zum einen dadurch geschehen, dass er den Besitz an dem betreffenden Gegenstand – z. B. im Rahmen einer Betriebsveräußerung – an einen Erwerber überträgt. Als spezifisch insolvenzrechtliche Option zur Beseitigung der ordnungsrechtlichen Zustandsverantwortlichkeit hat darüber hinaus die Freigabe des betreffenden Gegenstands erhebliche Bedeutung erlangt: Ist die tatsächliche Sachherrschaft an der gesamten Anlage bzw. an dem gesamten Grundstück (und nicht lediglich an den Abfällen bzw. einzelnen kontaminierten Anlagen- bzw. Grundstücksteilen) an den Insolvenzschuldner übergegangen, so können den Verwalter insbesondere keine auf die Zustandsverantwortlichkeit gestützten umweltrechtlichen Sanierungsverpflichtungen mehr treffen; sind bereits Bescheide ergangen, aber noch nicht bestandskräftig, so sind sie nach erfolgtem Widerspruch aufzuheben. Stattdessen kann und muss wieder gegen den Insolvenzschuldner persönlich vorgegangen werden. Für die Grundpfandgläubiger ist dies insofern von Bedeutung, als sie zwar 580 nicht selbst ordnungsrechtlich in Anspruch genommen werden können, im ___________ 667) BVerwG, Urt. v. 22.10.1998 – 7 C 38.97, BVerwGE 107, 299 = NZI 1999, 37; BVerwG, Urt. v. 10.2.1999 – 11 C 9.97, BVerwGE 108, 269 = NZI 1999, 246; BVerwG, Urt. v. 22.7.2004 – 7 C 17.03, NZI 2005, 55; BVerwG, Urt. v. 23.9.2004 – 7 C 22.03, BVerwGE 122, 75 = NZI 2005, 51; BVerwG, Urt. v. 5.10.2005 – 7 B 65.05, ZInsO 2006, 495; BVerwG, Urt. v. 31.8.2006 – 7 C 3.06, BVerwGE 126, 326 = NVwZ 2007, 86; zusammenfassend dazu Kley, DVBl. 2005, 727 ff.; i. Erg. grds. zust. K. Schmidt, NJW 2010, 1489 ff.; krit. z. B. Eckardt, AbfallR 2008, 197, 200 ff., 203 ff., jew. m. w. N. 668) Vgl. aber Eckardt, AbfallR 2008, 197, 202 f. m. w. N. dazu, dass dies nicht auch für die Haftung als Betreiber genehmigungspflichtiger Anlagen (§§ 5 Abs. 1, Abs. 3, 17 BImSchG, § 36 KrW-/AbfG) gilt. Dazu, dass der Insolvenzverwalter nicht schon durch die bloße Wahrnehmung einer Gefahrenabwehrpflicht als Zustandsverantwortlicher zum „Betreiber“ wird, s. VGH Hessen, Urt. v. 20.4.2009 – 7 B 838/09, NZI 2009, 695. 669) Vgl. BVerwG a. a. O.; abl. insbes. K. Schmidt, a. a. O.

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I. Besonderheiten

Fall unerledigter Kontaminationen aber Leidtragende der Entwertung des Grundstücks sind, die sich aus der Gefahr einer ordnungsbehördlichen Inanspruchnahme eines potentiellen Erwerbers ergibt. Für den Fall, dass das kontaminierte Grundstück durch die Ordnungsbehörde saniert wird, droht ihnen stattdessen eine Entwertung des Grundpfandrechts auf andere Weise: Im Anwendungsbereich des BBodSchG – d. h. bei Grundstücken, auf denen unmittelbar oder in stillgelegten Anlagen mit Abfällen oder umweltgefährdenden Stoffen umgegangen worden ist, vgl. § 2 Abs. 5 BBodSchG – hat die Behörde wegen der durch die Sanierung herbeigeführten Steigerung des Grundstückswerts einen Ausgleichsanspruch, der als öffentliche Last auf dem Grundstück ruht (§ 25 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 6 BBodSchG) und in der Zwangsversteigerung mit dem Rang des § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG und damit rangmäßig vor den Grundpfandgläubigern zu berücksichtigen ist.670) 581 Kommt angesichts der Wertverhältnisse einerseits und des Sanierungsaufwands andererseits eine Sanierung des Grundstücks, nach deren Abschluss das Grundstück wieder verkehrsfähig ist, wirtschaftlich in Betracht, so stellt sich die Frage nach deren Durchführung. Für den Insolvenzverwalter wird es oftmals zu riskant sein, die Sanierung in Eigenregie zu veranlassen, da die erzielte Werterhöhung – bei voller Haftung der Insolvenzmasse für die Sanierungskosten – zunächst den Grundpfandgläubigern zugutekäme. Es bietet sich deshalb an, diese Aufgabe im Rahmen einer durch den Insolvenzverwalter beantragten Zwangsverwaltung erledigen zu lassen.671) VI. Grundpfandrechte bei Insolvenz des Sicherungsnehmers Literatur: Flitsch, Die Vereinbarungstreuhand in der Insolvenz des Treuhänders, FS Wellensiek, 2011, S. 383; Kesseler, Insolvenzfestigkeit schuldrechtlicher Treuhandvereinbarungen, ZNotP 2003, 368; Kilgus, Auswirkungen der Finanzkrise auf das Konsortialkreditgeschäft, BKR 2009, 181; Leitzen, Bankenkrise und Bauträgervertrag – Auswirkungen auf Bürgschaften und Freigabeversprechen, ZfIR 2008, 823; Marotzke, Darlehen und Insolvenz, ZInsO 2004, 1273; ders, Die vorzeitige Darlehensrückforderung wegen Insolvenz des Darlehensgebers, FS Westermann, 2008, S. 427; Pannen, Darlehensverträge in der Insolvenz des Kreditinstituts, ZInsO 2009, 596; Pause/Vogel, Die Bankenkrise und die Lastenfreistellungserklärung der globalfinanzierenden Bauträgerbank, NZBau 2009, 10; Reuter, Wie insolvenzfest sind Sicherheiten bei konsortialen (Projekt-)Finanzierungen und deren Refinanzierung?, NZI 2010, 167; Röchert, Treuhand und neues Pfandbriefrecht, 2011; Röder, Treuhand und Refinanzierungsregister, 2012; Rose, Grundprobleme der Besicherung von Konsortialkrediten, Ad Legendum 2013, 15; Verdenhalven, Die Sicherungsgrundschuld in der Insolvenz des Sicherungsnehmers, 2012.

582 Gegenstand dieses Buchs ist die Rechtsstellung des grundpfandrechtlich gesicherten Gläubigers (Kreditgebers) im Insolvenzverfahren über das Vermögen ___________ 670) Vgl. insbes. Lwowski/Tetzlaff, Umweltrisiken und Altlasten in der Insolvenz, Rn. J 135 ff.; dies., WM 2001, 437 ff. u. 2005, 921 ff.; ferner Albrecht/Teifel, Rpfleger 1999, 366 ff.; Lüke, Kölner Schrift, Kap. 22 Rn. 62 ff. 671) Siehe hierzu und zum Folgenden ausführlich Keller, Rpfleger 2010, 568 ff.; allgemein zur Zwangsverwaltung als werterhaltender Maßnahme vgl. Neumann, InsbürO 2010, 163 f.

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VI. Grundpfandrechte bei Insolvenz des Sicherungsnehmers

des Sicherungsgebers (Kreditnehmers). Die Bankenkrisen der vergangenen Jahre haben indessen nachdrücklich ins allgemeine Bewusstsein gerufen, dass auch die umgekehrte Konstellation eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Sicherungsnehmers (Kreditgebers) Beachtung verdient – dieser Fall erscheint heute eben nicht mehr als pathologisch, was es bislang womöglich rechtfertigen konnte, ihm nur geringe Aufmerksamkeit zu schenken. Dieser Konstellation soll daher ebenfalls ein kurzer Blick gewidmet werden. 1. Die Abwicklung der Kreditbeziehung Das Schicksal des Darlehensvertrags richtet sich in diesem Fall nach § 108 583 Abs. 2 InsO, wonach ein vom Schuldner als Kreditgeber eingegangenes Darlehensverhältnis mit Wirkung für die Insolvenzmasse fortbesteht, soweit das Darlehen bereits valutiert wurde. Der Insolvenzverwalter des Kreditgebers hat danach keine Möglichkeit, die Darlehensverträge gem. den Sondernormen der InsO zu beenden. Vielmehr muss er nun auf die darlehensrechtlichen Kündigungsmöglichkeiten zurückgreifen. Das Wahlrecht des Insolvenzverwalters (§ 103 Abs. 1 InsO) beschränkt sich auf den noch nicht valutierten Teil der vereinbarten Kreditsumme.672) In der Regel wird die Kreditbeziehung in der Insolvenz des Kreditgebers deshalb zumindest bei einem Tilgungsdarlehen wie geplant abgewickelt. 2. Zur Insolvenzfestigkeit des Anspruchs auf Rückgewähr der Grundschuld a) Aussonderungsrecht des Treugebers Läuft der Darlehensvertrag vereinbarungsgemäß aus oder wird er von einer 584 Partei wirksam gekündigt und zahlt der Kreditnehmer die Darlehensvaluta zur Insolvenzmasse zurück, so ist die dem insolventen Kreditgeber zur Sicherheit bestellte Grundschuld nach allgemeinen Grundsätzen (Rn. 7 f.) zurückzugewähren. Prima facie müsste dieser Anspruch als Insolvenzforderung gem. § 38 InsO zu qualifizieren sein: Die Grundschuld gehört in diesem Fall dinglich zum Vermögen des insolventen Sicherungsnehmers; der Rückgewähranspruch ist deshalb an sich rein schuldrechtlicher Natur. Jedoch macht der Sicherungsgeber mit diesem Anspruch geltend, dass die 585 Grundschuld im Hinblick auf die Rechtsstellung des Sicherungsnehmers (= der insolventen Bank) als eines lediglich fiduziarischen (treuhänderischen) Rechtsinhabers nicht für die eigenen Verbindlichkeiten des Sicherungsnehmers haften soll, d. h. haftungsrechtlich nicht zur Insolvenzmasse gehört. Der Rückgewähranspruch ist aufgrund der Besonderheiten der Treuhandbeziehung deshalb in der Insolvenz der Bank nicht lediglich Insolvenzforderung; viel___________ 672) Vgl., auch zum Meinungsstand vor der Gesetzesänderung, Kuder, ZInsO 2004, 1180 ff.; Lind, ZInsO 2004, 580 ff.; Marotzke, ZInsO 2004, 1063 f. u. ZInsO 2006, 300 ff.; Pannen, ZInsO 2009, 596 ff.

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I. Besonderheiten

mehr kann der Sicherungsgeber nach Fälligkeit des Rückgewähranspruchs die Grundschuld aussondern (§ 47 InsO),673) d. h. er kann den Insolvenzverwalter nach den außerhalb des Insolvenzverfahrens geltenden Grundsätzen auf Rückgewähr der Grundschuld in Anspruch nehmen. b) Vormerkungserfordernis? 586 Aus dem Vorgesagten folgt zugleich, dass die insolvenzrechtliche Anerkennung der Treuhandbeziehung richtiger Ansicht nach nicht davon abhängig gemacht werden kann, ob der Rückgewähranspruch – was in der Praxis so gut wie nie der Fall ist – durch eine Vormerkung gesichert ist.674) 587 Anderer Meinung ist aber womöglich der Bundesgerichtshof, jedenfalls wenn man von der ratio decidendi in seiner Entscheidung zur Insolvenzfestigkeit der Immobilientreuhand ausgeht, wonach im Liegenschaftsrecht Treuhandvereinbarungen nur dann ein Aussonderungsrecht in der Insolvenz des Treuhänders begründen, wenn der Anspruch des Treugebers auf Änderung der dinglichen Rechtslage durch Vormerkung gesichert ist;675) hiernach könnte es zumindest bei der Buchgrundschuld676) zur Herstellung der erforderlichen Publizität der haftungsrechtlichen Zuordnung der Eintragung einer Rückgewährvormerkung bedürfen. In diesem Sinne ist die Entscheidung des Bundesgerichtshofs jedenfalls durch den Gesetzgeber interpretiert worden, den sie zum Schutz der Refinanzierer sogar zu einer Gesetzesänderung veranlasst hat (s. Rn. 590). Da der Senat im ersten Teil seiner Entscheidung mehrfach von einer „allein auf eine schuldrechtliche Vereinbarung mit dem Schuldner“ gestützten Treuhandbeziehung spricht,677) ist allerdings auch denkbar, dass die in dieser Entscheidung genannten Einschränkungen ebenfalls nur für die Vereinbarungstreuhand gelten sollen und gerade nicht ___________ 673) Vgl. Clemente, Sicherungsgrundschuld, Rn. 1024; Flitsch, FS Wellensiek, 2011, S. 383, 395; Jaeger/Henckel, InsO, § 47 Rn. 58, 79; Kübler/Prütting/Bork/Prütting, InsO, § 47 Rn. 25 f.; MünchKomm/Eickmann, BGB, § 1191 Rn. 155; Staudinger/Wolfsteiner, BGB, Vor §§ 1191 ff. Rn. 200; Reul, in: Reul/Heckschen/Wienberg, Insolvenzrecht in der Gestaltungspraxis, Rn. K 109; Bitter, WM 2003, 2068, 2069 f.; Fleckner, ZIP 2004, 585, 590; Kupjetz/Schuster, BKR 2010, 408, 410; Leitzen, ZfIR 2008, 823, 825; von Rom, WM 2008, 813, 816; Stürner, KTS 2004, 259, 264 ff.; zweifelnd Serick, FG 50 J. BGH, S. 743, 757 f. 674) So zumindest im Ergebnis auch die zuvor genannten Autoren; a. A. jedoch Pause/Vogel, NZBau 2009, 10, 11; Verdenhalven, Sicherungsgrundschuld, S. 98 ff.; s. auch FK-InsO/ Joneleit/Imberger, § 47 Rn. 41; Armbrüster, DZWIR 2003, 485, 488; Kesseler, ZNotP 2003, 368, 370. 675) BGH, Urt. v. 24.6.2003 – IX ZR 75/01, BGHZ 155, 227 = ZIP 2003, 1613 [jurisRn. 24 ff.], unter Hinweis u. a. auf Henssler, AcP 196 (1996), 41, 59; zust. etwa Braun/ Bäuerle, InsO, § 47 Rn. 65; MünchKomm/Ganter, InsO, § 47 Rn. 390d. 676) In BGH, Urt. v. 24.6.2003 – IX ZR 75/01, BGHZ 155, 227 = ZIP 2003, 1613 [jurisRn. 32] bleibt offen, „welche Regeln insoweit für dingliche Rechte gelten, die außerhalb des Grundbuchs wirksam übertragen werden können (vgl. §§ 1154, 1192 BGB)“, d. h. gerade für die Briefgrundschuld (was indessen zu einer teleologisch kaum zu rechtfertigenden Unterscheidung zwischen Buch- und Briefrechten führen würde). 677) BGH, Urt. v. 24.6.2003 – IX ZR 75/01, BGHZ 155, 227 = ZIP 2003, 1613 [juris-Rn. 16 f., 19 f., 23].

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VI. Grundpfandrechte bei Insolvenz des Sicherungsnehmers

für die Übertragungstreuhand, wie sie bei der Sicherungsgrundschuld den Regelfall darstellt. Ein Vormerkungserfordernis ist aber jedenfalls nicht anzuerkennen, nicht 588 allein im Hinblick auf die derzeit dramatischen praktischen Konsequenzen der Gegenauffassung (in der immer noch andauernden Bankenkrise wären so gut wie alle Rückgewähransprüche nicht insolvenzfest), sondern auch aus dogmatischen Gründen: Anders als allgemein bei der Immobilientreuhand ergibt sich die Publizität der haftungsrechtlichen Zuordnung bei Sicherungsgrundschulden schon aus deren typischer Zweckbestimmung.678) Für dieses Ergebnis streitet zudem die Neuregelung durch § 1192 Abs. 1a BGB, da der Gesetzgeber hiermit die Rechtsstellung des Sicherungsgebers gerade außerhalb des Grundbuchs gestärkt hat: Es bedarf gerade keiner Vormerkung, um den Sicherungsgeber vor der Weiterveräußerung der Grundschuld zu schützen (obwohl dies ja auch eine Möglichkeit gewesen wäre). Dies gibt ein Argument von Gewicht – und zwar eines, das ältere Stellungnahmen zum Problem nicht berücksichtigen konnten –, dann auch für die haftungsrechtliche Rechtsposition des Sicherungsgebers eine Vormerkung nicht zu verlangen. Im Hinblick auf die Unsicherheit der Rechtslage ist im Fall einer Neubestellung von Sicherungsbuchgrundschulden derzeit gleichwohl zu empfehlen, den Rückgewähranspruch durch eine Vormerkung zu sichern. Wird die Rückgewähr der Grundschuld in der Form des Verzichts gewählt 589 oder zulässigerweise als einzige Form der Rückgewähr vereinbart (Rn. 8), so ergibt sich das Aussonderungsrecht des Sicherungsgebers in der Insolvenz des Sicherungsnehmers nach allerdings wenig hinterfragter h. M.679) schon aus der dinglichen Natur des Verzichtsanspruchs (§ 1169 BGB) und dessen Insolvenzfestigkeit, ohne dass auf die Treuhandgrundsätze zurückgegriffen werden müsste. Indessen kann die Modalität der Rückgewähr sich kaum in dieser Weise auf die Insolvenzfestigkeit auswirken; beide Modalitäten sollten gleich behandelt werden, und zwar richtigerweise i. S. d. Insolvenzfestigkeit des Rückgewähranspruchs. c) Asset Backed Securities Diskutiert wurden die Auswirkungen der Rechtsprechung des Bundesgerichts- 590 hofs (Rn. 587) vor allem für den Bereich der treuhänderisch gehaltenen Sicherungsgrundschulden zur Verbriefung und Syndizierung von Krediten (ABSGeschäft, „Asset Backed Securities“ bzw. hier speziell auch MBS-Geschäft, „Mortgage Based Securities“) im Rahmen der Refinanzierung des Kreditgebers. Bei einer echten ABS-Transaktion veräußert der Kreditgeber (als „Originator“) zur Entlastung seiner Bilanz die grundpfandrechtlich besicherten Kreditforderungen an eine eigens hierzu gegründete Einzelzweckgesellschaft („Special Pur___________ 678) Vgl. Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 465a. 679) Vgl. Prote, Der dingliche Anspruch auf Rückgewähr, 2007, S. 3 ff. m. w. N.

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I. Besonderheiten

pose Vehicle“ [SPV]), behält aber die Grundpfandrechte selbst und verwaltet diese fortan treuhänderisch für die Zweckgesellschaft. Der Gesetzgeber ging hier davon aus, dass die Einzelzweckgesellschaft nach der o. a. Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an sich keine insolvenzfeste Rechtsposition erlange und in der Insolvenz des Originators auch nicht durch Aussonderung auf die Grundschulden zugreifen könne. Das Problem wurde deshalb im Jahr 2005 durch die Einfügung der §§ 22a ff. KWG entschärft: Das Grundpfandrecht kann nunmehr in ein sog. Refinanzierungsregister eingetragen werden; geschieht dies, so fingiert das Gesetz die Aussonderungskraft des Übertragungsanspruchs der Zweckgesellschaft in der Insolvenz des Originators (§ 22j KWG).680) d) Konsortialkredite 591 Bei den im Rahmen von Akquisitions-, Immobilien- oder Projektfinanzierungen zunehmend gebräuchlich werdenden Konsortialkrediten, die einheitlich durch eine (Buch-)Grundschuld zugunsten einer Konsortialbank – eines speziellen Sicherheitentreuhänders (Security Agent) oder des Konsortialführers – gesichert werden,681) bleibt die Situation aber problematisch, da der Gesetzgeber von der ursprünglich ebenfalls geplanten Schaffung eines Konsortialregisters später Abstand genommen hat. Verlangt man deshalb zur Sicherstellung der übrigen Konsortialbanken in der Insolvenz des Sicherheitentreuhänders ebenfalls eine Vormerkung (oder einen „Durchgangserwerb“ der anderen Konsortialbanken an der Sicherheit),682) so würde dies die Konsortialkreditgeber zum gegenwärtigen Zeitpunkt in hohem Maße gefährden und langfristig immerhin den Kreditverkehr bedenklich erschweren. 592 Nach der hier in Übereinstimmung mit der h. L. vertretenen Auffassung sollte dies aber entbehrlich sein: Im Hinblick auf die insolvenzfeste Rechtsstellung des Sicherungsgebers (Rn. 585) ist das Grundpfandrecht haftungsrechtlich ohnehin nicht dem Vermögen des insolventen Sicherungstreuhänders zugeordnet; dies kommt wie stets auch Dritten zugute, sofern diese einen

___________ 680) Siehe zum Ganzen etwa Fleckner, ZIP 2004, 585 ff., 590 f. u. WM 2006, 697 ff.; Flitsch, FS Wellensiek, 2011, S. 383, 395 f.; Linkert, Insolvenzrechtliche Risiken bei Asset-BackedSecurities, 2007, S. 126 ff.; Noglik, ABS-Transaktionen in der Insolvenz des Originators aus der Perspektive des deutschen und polnischen Rechts, 2012, S. 4 ff., 78 ff., 104 ff., 109 ff.; Obermüller, FS Kreft, 2004, S. 427, 441 ff.; ders., ZInsO 2005, 1079; Pannen/Wolff, ZIP 2006, 52 ff.; Schmalenbach/Sester, WM 2005, 2025, 2027; Stöcker, Die Bank 2004, 55 ff., 58 f.; Tollmann, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, Vor §§ 22a – 22o Rn. 18 ff., § 22j Rn. 6 ff.; ders., WM 2005, 2017, 2019; ders., ZHR 169 (2005), 594 ff.; Zeising, BKR 2007, 311, 317. 681) Vgl. Rose, Ad legendum 2013, 15 ff. 682) Vgl. Bourgeois, BKR 2011, 103, 109; Flitsch, FS Wellensiek, 2011, S. 383, 395; Kilgus, BKR 2009, 181, 185 ff.; Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis, Rn. 5.461a; hiergegen Reuter, NZI 2010, 167, 173.

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VI. Grundpfandrechte bei Insolvenz des Sicherungsnehmers

Anspruch auf das Grundpfandrecht geltend machen können.683) Im Hinblick auf die Unsicherheit der Rechtslage ist derzeit gleichwohl zu empfehlen, den Anspruch der Konsortialbanken ebenfalls durch eine Vormerkung zu sichern. e) Bauträgerfinanzierung Vergleichbare Schwierigkeiten bereitet die Behandlung der Sicherungstreu- 593 hand auch im Rahmen der Bauträgerfinanzierung. Der Bauträger darf den Erwerbspreis oder Teile davon nur entgegennehmen, wenn die Lastenfreistellung von den der Auflassungsvormerkung des Erwerbers vorgehenden Grundpfandrechten durch eine spezielle Lastenfreistellungserklärung der den Bauträger finanzierenden Grundpfandrechtsgläubigerin sichergestellt ist (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 – 5 MaBV). Die Lastenfreistellungserklärung verschafft dem Erwerber ebenfalls lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf Löschung oder Verzicht der vorrangigen Globalgrundschuld, dessen Aussonderungskraft in der Insolvenz der globalfinanzierenden Bank wiederum problematisch ist. Argumentiert wird, hierfür müsse im Verhältnis der Bank zum Erwerber eine insolvenzfeste Treuhandbeziehung entstanden sein; dies könne indessen nicht ohne Weiteres angenommen werden, da es sich insoweit – wie bei den ABS-Geschäften – um eine reine Vereinbarungstreuhand ohne die notwendige Publizität handeln würde.684) Demgegenüber ist wiederum darauf hinzuweisen, dass es entscheidend auf 594 die mangelnde haftungsrechtliche Zuordnung der Grundschuld zum Vermögen des Insolvenzschuldners ankommen muss. Ist dies, wie bei Sicherungsgrundschulden in der Regel, der Fall, so genügt dies richtiger Ansicht nach bereits, um auch dem schuldrechtlichen Lastenfreistellungsanspruch die Aussonderungskraft zuzubilligen.685) Im Hinblick auf die Unsicherheit der Rechtslage ist derzeit gleichwohl zu empfehlen, den Lastenfreistellungsanspruch durch eine Vormerkung zu sichern oder darauf zu bestehen, dass der Bauträger seinen eigenen (insolvenzfesten) Rückgewähranspruch an den Erwerber abtritt.686)

___________ 683) Vgl. Bitter, WuB VI C. § 47 InsO 1.03; Kilgus, BKR 2009, 181, 185 ff.; Reuter, NZI 2010, 167, 173; von Rom, WM 2008, 813, 818; s. allg. zur Doppeltreuhand ferner Jaeger/Henckel, InsO, § 47 Rn. 69 ff.; MünchKomm/Ganter, InsO, § 47 Rn. 357; einschr. Stürner, KTS 2004, 259 ff., 264: Abtretung des Rückgewähranspruchs des Sicherungsgebers erforderlich. 684) Pause/Vogel, NZBau 2009, 10 f. 685) So zutr. die h. L., vgl. Staudinger/Wolfsteiner, BGB, Vor §§ 1191 ff., Rn. 213; Habscheid, NZI 2001, 176, 181; Leitzen, ZfIR 2008, 823, 825 f. m. w. N. 686) Nach Pause/Vogel, a. a. O., soll es auch genügen, wenn dem Notar vor Bescheinigung der Fälligkeit des Kaufpreises die vollzugsfähigen Löschungsunterlagen der Grundpfandrechtsgläubiger übergeben werden.

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Stichwortverzeichnis

Abgesonderte Befriedigung

12, 196 Ablösung – der Sicherungsgrundschuld s. dort ABS-Geschäfte 590 Absonderungsberechtigter – Befriedigungsrecht 12 – Einbeziehung in das Insolvenzverfahren 21 – Eingriffe in Rechtsposition 469 – Insolvenz des Absonderungsberechtigten 582 ff. – Insolvenzplan 23, 471 ff. – Verbraucherinsolvenzverfahren 554 ff. – Verzicht 43 Abstimmungsgruppen (Insolvenzplan) 479 f. Abtretung – einer mithaftenden Mietforderung 446 ff., 453 ff., 459, 462 f. – der Grundschuld 8, 95, 130, 140 – des Rückgewähranspruchs 179 ff. – der zu sichernden Forderung 93, 138, 183 Akzessorietät der Hypothek 5 f., 11, 89, 104, 129 Altlasten 205, 340, 496, 500, 578 ff. – Freigabe 496, 579 Anerkennung ausländischer Insolvenzverfahren 564 ff. Anfechtbarkeit s. Anfechtung Anfechtung (Insolvenzanfechtung) 17 f., 20, 24, 46 f., 66, 73, 75, 79, 82 ff., 97 ff., 158 ff., 171 ff., 178, 180, 182, 254, 267, 324, 327, 331, 357, 375, 445, 448, 458 ff., 516 ff. – Anfechtungstatbestände 132 ff. – Bargeschäft 109 ff., 517 – Benachteiligung der Insolvenzmasse 457 ff.

– Besicherung fremder Forderungen 144 – Erwerb eines Rückübertragungsanspruchs 131 – Erwerbsanwartschaft durch Eintragungsantrag 82, 122 – Gläubigerbenachteiligung 100 ff. – gutgläubiger Erwerb 73 – Haftungsverband 118 – kongruente und inkongruente Deckungen 109, 171 – maßgeblicher Zeitpunkt 121 – nachträgliche Besicherung 143 – Rechtserwerb nach Verfahrenseröffnung 163 – Rechtsfolgen 155 – Sicherheitentausch 115 – Sicherungsgrundschuld 129 – Sicherungspool 116 – unentgeltliche Leistungen 141 – unmittelbar nachteilige Rechtsgeschäfte 140 – Valutierung 128 – Verfügungen zugunsten eines Dritten 119 – Verfügungen zugunsten eines Grundpfandgläubigers 118 – Verträge unter nahen Angehörigen 154 – Vormerkung 117, 127 – wertausschöpfende Belastung 102 ff. – Werthaltigmachen 114 – Zahlung auf die gesicherte Forderung 120 – zugunsten Absonderungsberechtigter 445 Anordnung der Zwangsversteigerung bzw. Zwangsverwaltung s. Beschlagnahme

241

Stichwortverzeichnis

Antrag s. Eröffnungsantrag Arresthypothek s. Zwangshypothek Asset Backed Securities 590 Aufrechnungsverbot 219 Ausfall 12, 19, 37, 39 ff., 46, 48, 177, 235, 239, 251, 255, 293, 336, 375, 423, 471, 475, 481, 506, 521 – Freigabe 506 Ausfallprinzip 53, 55, 57 ff., 521 Ausgebot – Zwangsversteigerung auf Antrag des Insolvenzverwalters 232 ff. Ausländische Insolvenzverfahren 564 ff. Aussetzung von Verwertungshandlungen 478 Aussonderung 13, 365, 370, 443 f., 493, 534 ff., 541, 546, 584 ff., 590, 593 – durch Treugeber 584 ff. – Fremdzubehör 443 – Suspendierung bei gesellschaftsinterner Nutzungsüberlassung 534 ff.

Bargeschäft

109 ff., 133, 135, 159, 517, 533 Bauträgerfinanzierung 593 Befriedigungsrecht des Absonderungsberechtigten 12 Beitritt 13, 227, 231, 274, 309, 323, 331 ff., 351, 429 – Zwangsversteigerungsverfahren 274, 309, 323, 331 ff. – Zwangsverwaltungsverfahren 345, 351 Berichtstermin – Verkauf 188, 192, 194, 500 – Einstellung der Zwangsversteigerung 287 ff., 300, 317, 401, 407

242

Beschlagnahme 18, 187, 227 f., 249, 267, 269, 273 ff., 320 ff., 344, 348 ff., 356, 358, 363 f., 367, 371, 373 f., 378 f., 381, 391, 416, 423, 426, 428 ff., 439, 443 f., 453, 458, 504 f., 530, 532, 543, 546, 549 – Vereinbarung des Zeitpunkts 416 – Wirkung 323, 350 f., 429 – Zwangsversteigerung auf Antrag des Grundpfandgläubigers 273 – Zwangsversteigerung auf Antrag des Insolvenzverwalters 227 – Zwangsversteigerung auf Antrag eines persönlichen Gläubigers 321 Besicherung eines Gesellschafterdarlehens 516 Besicherung fremder Forderungen 144 Bestellung des Zwangsverwalters 359 Betriebsfortführung – durch Insolvenzverwalter 194, 288 f., 341, 360, 389, 397, 407, 418, 431 f., 471, 481, 534 f., 539 – durch Zwangsverwalter 378 ff. Betriebsinventar s. Zubehör Betriebsstilllegung 194, 387 ff., 432 Betriebszubehör s. Zubehör Bodenschutzrecht 578 Brief s. Hypothekenbrief Briefgrundpfandrecht 87 f. Buchgrundpfandrecht 87, 587 f.

Centre of Main Interests (COMI) 566

Debt-Equity-Swap 477 Deckungsanfechtung 133 ff.

Stichwortverzeichnis

Deckungsprinzip 232 Doppelausgebote 238 ff., 244 Doppelberücksichtigung 49 ff. Doppelbesicherung 524 Doppelbesteuerung 210

Eigentümergrundschuld

8, 10, 27, 90, 120, 128, 174 ff., 177 f., 183, 201, 251, 253, 502 – Betreiben der Zwangsversteigerung 328 ff. Eigenverwaltung 240, 256, 269, 362, 414, 489 ff. Einigung über Grundpfandrechtsbestellung 62 Einkommensteuer 214, 422 Einrede der Nichtvalutierung s. Nichtvalutierungseinrede Einstellung der Zwangsversteigerung 276 ff. – Anfechtbarkeit der Aufhebung 318 – Antragsbefugnis 279 ff. – Antragsfrist 282, 286, 294 – auf Antrag des Insolvenzverwalters 276 ff. – Aufhebung 317 – im eröffneten Insolvenzverfahren 286 ff. – im Eröffnungsverfahren 279 ff. – Insolvenzplan 290 – Kompensation 310 ff. – nach Berichtstermin 288 – Nutzungsentgelt 310 ff. – Rechtsmittel 295 f. – vor Berichtstermin 287 – Zumutbarkeit 292 f. Einstellung der Zwangsverwaltung 384 f., 389 ff., 407 ff., 562 – Antrag des Insolvenzverwalters 389 ff. – Antrag des vorläufigen Insolvenzverwalters 407 ff.

– Ausgleichszahlungen 400 ff. – im eröffneten Insolvenzverfahren 289 ff. – im Eröffnungsverfahren 407 ff. Einstweilige Einstellung s. Einstellung Eintragungsbewilligung 62, 78., 86, 169, 197, 215 Enthaftung von Mobilien 428 – Einstweilige Verfügung 430 – Veräußerungserlös 434, 438 ff. Erhaltung des Grundstückswerts 34 Erledigung des Sicherungszwecks 6 ff., 20, 174, 516 Erlös s. Verkaufserlös bzw. Versteigerungserlös Erlöschen des Grundpfandrechts 8, 19, 32, 201, 223, 237, 240, 242, 249 f., 315, 332 Eröffnungsantrag 18, 20, 26, 46 f., 121, 133, 135, 139, 141, 147, 152, 154, 158, 166, 171 f., 321, 324, 459, 462, 504 f., 518, 523, 567 Eröffnungsverfahren 68, 76, 158 ff., 173, 270 f., 277, 279 ff., 285, 296, 301, 309, 317, 322, 407 ff., 456 ff., 461 ff., 478, 545 – Rechtserwerb im 158 ff., 457 ff. – Einstellung der Zwangsversteigerung 279 ff. – Einstellung der Zwangsverwaltung 407 ff. – Sicherungsmaßnahmen 173, 461 ff. Ersatzabsonderungsrecht 21, 30, 352, 356, 440 f. Ertragsfähigkeit des Grundstücks 337 Erwerbsanwartschaft – Anfechtbarkeit 82 ff. – Insolvenzfestigkeit 77 ff. EuInsVO 564 ff.

243

Stichwortverzeichnis

Feststellungskosten (für mithaftende Mobilien) 240 ff., 256 ff., 265, 410 f., 466, 491, 563 Finanzierungsfolgenverantwortung 514 Freigabe des belasteten Grundstücks 28, 44, 55, 63, 106, 168, 184, 209, 214, 230, 231, 248, 264, 419, 477, 557, 560, 579, 492 ff. – Abgrenzung 493, 509 – Ausfallhaftung 506 – Berücksichtigung von Amts wegen 508 – Fortsetzung der Immobiliarvollstreckung 503 – Insolvenzverfahren juristischer Personen 499 – Insolvenzverwalterversteigerung 508 – Konvaleszenz 505 – Merkmale 492 – Rechtsfolge 501 – steuerliche Risiken 510 – Umsatzsteuer 510 – Verpflichtung 497 – Zulässigkeit 498 – Zustellung 507 – Zweck 494 Freigabe der Sicherungsgrundschuld s. Rückgewähr Freihändiger Verkauf s. Verkauf Fremdzubehör 436, 443

Geringstes Gebot

235 ff., 240 f. – Berechnung auf Verlangen des Verwalters 240 – Berechnung auf Verlangen eines Grundpfandgläubigers 236 – Doppelausgebote 244 – Haftungsverband 243 – Zwangsversteigerung auf Antrag des Insolvenzverwalters 235

244

Gesellschafter als Kreditgeber (Gesellschafterdarlehen) 20, 60, 514 ff. Gesellschaftersicherheit 519 ff. – Doppelbesicherung 524 – Freiwerden 523 ff. Gesellschaftsinterne Nutzungsüberlassung s. Nutzungsüberlassung Gesicherte Forderung 5 ff., 10, 12, 19, 27, 32, 39 ff., 48 f., 52, 57, 72, 77, 95 f., 104, 116, 120, 129 f., 137, 142, 174 f., 183, 268, 270, 328, 481 f., 487, 516, 523 Gläubigerausschuss – Zustimmung im Verbraucherinsolvenzverfahren 553 – Zustimmung zur Freigabe 500 – Zustimmung zur freihändigen Veräußerung 188 – Zustimmung zur Zwangsversteigerung 224 Gläubigerbenachteiligung (Insolvenzanfechtung) 73, 98, 100 ff., 140, 445, 457 ff. – Darlegungs- und Beweislast 107 – mittelbare 101, 108 – unmittelbare 100, 108, 120, 140, 154 – vorsätzliche 148 ff. Gläubigerversammlung 21, 48, 184, 188, 194, 224, 289, 387 f., 398, 407, 471, 479, 482, 500, 553 Grundbuchamt 68 f., 74, 79, 81, 169, 273, 323, 349 f., 576 – Kenntnis über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens 68 Grundbuchberichtigung 169 Grundbucheintragung 3, 15, 24, 43, 62, 64, 68 ff., 74 ff., 77, 79, 81, 85, 87 f., 112, 121, 155, 164 f., 169, 198, 258, 268, 273, 323, 349 f., 391, 429, 501, 557, 574, 576, 588 – ausländische Verfahren 574

Stichwortverzeichnis

– nach Verfahrenseröffnung 74 Grundbuchsperre 68 f. Grundschuld s. Sicherungsgrundschuld Grundschuldbrief s. Hypothekenbrief Gutgläubiger Erwerb 64 – Anfechtung 73 – Erwerbsanwartschaft durch Eintragungsantrag 85 – nach Verfahrenseröffnung 85 – Redlichkeit des Erwerbers 70 – unwirksame Vollmacht 65 – Valutierung 92 – Vormerkung 71 – Zeitpunkt 70 – Verfügungen vor Eintragung des Insolvenzvermerks 67

Haftungsverband des Grundpfandrechts 14, 23, 31, 114, 118 f., 201, 210 f., 228, 241, 243 ff., 256 ff., 275, 379, 384 f., 424 ff., 443, 445 ff., 464 ff. – Anfechtung 114, 118 – geringstes Gebot 243 Hausgeld, Vorrecht 367 Hypothek 4, 10 ff., 70, 77, 89 f., 104, 120, 128, 136, 157, 163 ff. – Valutierung s. dort Hypothekenbrief – Übergabeerfordernis 70, 77, 87 f., 587

Inkongruente Deckung

133 ff. – Androhung eines Insolvenzantrags 152 f. – Kenntnis drohender Zahlungsunfähigkeit 150 Insolvenz des Sicherungsnehmers 582 ff. Insolvenzanfechtung s. Anfechtung

Insolvenzantrag s. Eröffnungsantrag Insolvenzeröffnungsverfahren s. Eröffnungsverfahren Insolvenzgläubiger 12, 18, 39 ff., 46, 48, 53, 145, 163, 186, 267, 319 ff., 331, 342, 368, 400, 475, 480 f., 484, 506 Insolvenzkollisionsrecht 579 ff. Insolvenzplan 19, 23, 42, 48, 230, 289 f., 398, 469 ff. – Abstimmung 479 – Eigenverwaltung 489 – Eingriff in Grundpfandrechte 476 – Inhalt 473 – Planrealisierung 486 – Rückstand des Schuldners 487 f. – Wirkungen 486 – Zustimmungsersetzung 483 Insolvenzverwalter – als Zwangsverwalter 361 – als „kalter“ Zwangsverwalter s. dort – ausländischer 567 – Eigenverwaltung 490 – Schadensersatzanspruch gegen 194, 441 – Stellung bei Zwangsverwaltung 345, 390 – Wahlrecht 468 – Zahlungspflichten 540 – Zwangsversteigerungsantrag 220 – Zwangsverwaltungsantrag 345 Institutsverwaltung 360

Kalte Eigenverwaltung 341, 362, 414 Kalte Institutsverwaltung 341, 360, 413 Kalte Zwangsverwaltung 341, 344, 344, 361, 372, 390, 394, 412 ff.

245

Stichwortverzeichnis

Kapitalersetzende Gesellschaftersicherheit s. Gesellschaftersicherheit Kapitalersetzende Nutzungsüberlassung s. Nutzungsüberlassung Kaution s. Mietkaution Körperschaftsteuer 214, 422 Kongruente Deckung 133 ff. Konsortialkredite 591 Konvaleszenz 63, 505 – Freigabe 505 Kostenbeitrag – für Grundstücksverkauf 185 f., 202, 204 f., 212 f., 216, 215, 477 – für Grundstücksverwaltung 341, 412, 418 – für Mobilienverwertung s. Feststellungskosten Kostenerstattungsanspruch 247 f., 257 f. Krise 12, 17, 34, 97, 128, 130, 148 f., 166 ff., 456 ff., 515, 517, 528 Künftige Mieten s. Vorausverfügung

Lastenfreie Veräußerung

30, 146, 185 f., 197 f., 203 ff., 215, 436 ff., 477 Lastenfreistellung 593 f. Lästigkeitsprämie 215 ff. Latente Haftung 344, 416, 426, 448, 458 Löschungsanspruch bei Eigentümergrundschuld 177

Massegläubiger – Zwangsversteigerungsantrag 325 – Zwangsverwaltungsantrag 347 Miet- und Pachtforderungen s. Miete

246

Miete 14, 118, 337 ff., 341, 353 ff., 364, 369, 374, 376, 392 f., 396 f., 412, 416 f., 420 ff., 424 ff., 446 f., 449 ff., 453 ff., 461 ff., 501, 527 ff., 537 f., 540, 544 f. – Anfechtbarkeit 456 – Erwerb zusätzlicher Sicherungsrechte durch Grundpfandgläubiger 446 – maßgeblicher Zeitpunkt 459 – Rechtserwerb durch Zwangsvollstreckung 449 – Rechtserwerb im eröffneten Insolvenzverfahren 449 – Rechtserwerb in der Krise und im Eröffnungsverfahren 456 – Sicherungsmaßnahmen im Eröffnungsverfahren 461 – Verwertung bei Doppelsicherung 464 – Zwangsverwaltung 369 Mietkaution – Zwangsverwaltung 370 ff., 423 Mietzins s. Miete Mitberechtigung 546 Miteigentümergemeinschaft 546 f. Mithaftende Mobilien s. Haftungsverband Mithaftung Dritter 49 Mobiliarvollstreckung 450 ff. Mobilien 424 ff.

Nachbesicherungs- bzw. Verstärkungsanspruch 137 Nachrangige Insolvenzforderung 19 f., 38, 45, 474, 484, 516, 533 Nachrangiger Grundpfandgläubiger 32, 131, 155, 177 ff., 201, 205, 215 ff., 305 ff., 312, 332, 447, 471 Nachträgliche Besicherung 140 Nichtvalutierungseinrede 91, 96, 116, 120, 129, 140

Stichwortverzeichnis

Notarielle Vollstreckungsunterwerfung 268 Nutzungsüberlassung (gesellschaftsinterne) 527 ff. – Nutzungsentgelt 528 – Nutzungsrecht des Insolvenzverwalters 537, 539 – Rechtslage vor dem MoMiG 528 – Zwangsversteigerung 532, 543 – Zwangsverwaltung 529, 539

Obstruktionsverbot 483 Option zur Umsatzsteuer 261 Pachtzins s. Miete Persönliche Forderung s. Gesicherte Forderung Persönlicher Gläubiger – Rechtsstellung eines Absonderungsberechtigten 18, 504 – Zwangsversteigerungsantrag 319 – Zwangsverwaltungsantrag 348 Plan s. Insolvenzplan Publizität der Sicherungsgrundschuld 586 ff.

Realkredit 1 ff. Realkreditgeber – Eröffnungsantrag 46 – Rechtsstellung aus der Kreditbeziehung 35 – Beteiligungsrechte im Insolvenzverfahren 21, 48 Rückgewähr der Grundschuld 7 f., 179 ff., 215 ff., 339, 584 ff. – in der Insolvenz des Sicherungsnehmers 584 ff. – bei Insolvenzanfechtung 155 ff. Rückschlagsperre 166 ff., 173, 267, 322 f., 285

Sanierung bei Altlasten 580 Schadensersatzanspruch bei unberechtigter Veräußerung 31, 193 ff., 264, 434, 438, 441 f. Schenkungsanfechtung 141 ff. – nachträgliche Besicherung 145 ff. Sekundärinsolvenzverfahren 568, 571 Sicherheiten für Gesellschafterdarlehen 20, 516 ff. – Unerheblichkeit des Nachrangs 20 Sicherheitentausch 115 Sicherungsfall 37 Sicherungsgrundschuld 4 ff., 27, 36, 59, 91 ff., 95 f., 104, 116, 120, 129 ff., 136, 138, 140, 157, 215 ff., 339, 584 ff. – Ablösung 15, 27, 146, 183, 477, 493, 473 – Eigentümergrundschuld s. dort – Valutierung 91 ff., 104, 116, 129 ff. – Rückgewähranspruch s. Rückgewähr Sicherungsmaßnahmen – im Eröffnungsverfahren 173 Sicherungsnehmer s. Absonderungsberechtigter Sicherungspool 93 f., 110, 116 Sicherungsübereignung 264, 446 ff., 453, 458, 465, 468 Sicherungsvertrag 6 ff., 20, 59, 72, 91, 181 f., 218, 268, 270, 339, 516 Sicherungszweck 6 ff., 93 f., 96, 339 – Erweiterung 93 Sonderkündigungsrecht 541 Stehenlassen der Darlehensforderung 111 Stilllegung s. Betriebsstilllegung Surrogation 8, 15, 29 f., 115, 175, 197 ff., 250, 440, 549 247

Stichwortverzeichnis

Teilbefriedigung – bei partieller Mithaftung 57 – bei persönlicher Mitverpflichtung 49 – bei Sachmithaftung 53 Teilungsplan 254 Titelumschreibung s. Vollstreckungstitel Treuhänder – im Verbraucherinsolvenzverfahren 552 ff.

Umfang der Beschlagnahme 275 Umsatzsteuer 206 ff., 260 ff., 422, 435, 466, 510 ff. – Freigabe 510 ff. – Vergütung bei kalter Zwangsverwaltung 422 – Erlös für mitversteigerte Mobilien 263 – Erlös für mitveräußerte Mobilien 210 – Feststellungskostenpauschale 265 – Veräußerungserlös 206 ff. – Versteigerungserlös 260 ff. – Verwertungskostenbeitrag 213 Unentgeltliche Leistungen – Anfechtung 141 Unterdeckungsnahme 116 Valutierung – Hypothek 10, 70, 77, 89 f., 92, 104, 107 f., 112, 128, 144 f., 481 – Sicherungsgrundschuld 5, 7, 91 f., 96, 104, 107 f., 112, 116, 120, 129 f., 140, 144 f., 180 ff., 481 Veräußerung s. Verkauf Verbraucherinsolvenzverfahren 551 ff. Verfahrensbeteiligte – Zwangsversteigerung auf Antrag des Insolvenzverwalters 229

248

Verfügungsverbot – Eröffnungsverfahren 64, 158 ff. Vergütung – bei kalter Zwangsverwaltung 420 Verkauf (freihändiger) 184 ff. – abgesonderte Befriedigung 196 – an Grundpfandgläubiger 219 – Haftungsausschluss 189 – hochbelasteter Grundstücke 215 – Kostenbeitrag 202 ff. – mithaftende Mobilien 210, 264, 428 ff. – Verbraucherinsolvenzverfahren 555 ff. – Verwertungsvereinbarung 203 ff. – vor dem Berichtstermin 192 Verkaufserlös 13, 19, 29 f., 33 f., 43 f., 46, 53, 102 f., 185 f., 190, 196 ff., 202 ff., 216, 219, 549 – Anteil für mithaftende Mobilien 433 f., 438 ff., 443 – Aufteilung 203 ff., 213, 216 f. – Auskehr an Grundpfandgläubiger 200 f. – Ertragssteuern 214 – Umsatzsteuer 206 ff. Verkehrsschutz – bei der Valutierung 92 – gutgläubiger Erwerb 64 Versteigerungserlös 8, 13, 15 f., 19, 23, 29, 34, 43 f., 46, 53, 91, 102 f., 176 f., 226, 232, 250, 252 ff., 256 ff., 291, 303, 307, 466, 511 f., 573, 576 – Ablösung des Grundpfandrechts 247 – Anteil für mithaftende Mobilien 256 ff., 263 ff. – Umsatzsteuer 260 ff. Verwaltungsvereinbarung 412 ff., 420 f., 507

Stichwortverzeichnis

Verwertung – bei mehreren Mitberechtigten 546 – Bestimmung des Zeitpunktes durch Inhaber 32 f. – durch Insolvenzverwalter 28 – durch vorläufigen Insolvenzverwalter 193 – Eigenschaft als abgesonderte Befriedigung 29 – im Verbraucherinsolvenzverfahren 555 – mithaftender Mobilien 424 – Vereitelung durch Veräußerung 30 Verwertungs- und Nutzungsbeschränkungen 568, 576 Verwertungsbefugnis – im Verbraucherinsolvenzverfahren 551, 559 Verwertungserlös s. Verkaufserlös, Versteigerungserlös Verwertungskostenbeitrag s. Kostenbeitrag Verwertungsvereinbarung – kalte Zwangsverwaltung s. dort – Verkauf 176, 186, 189, 197, 200, 203 ff., 209, 211, 330, 341, 418, 434, 558 Verzicht auf Umsatzsteuerbefreiung 207 f. Verzinsungspflicht bei einstweiliger Einstellung 298 ff. – Anfangszeitpunkt 301 – dingliche Zinsen 303 – Ermittlung des Grundstückswerts 307 – Masseverbindlichkeit 299 – Teilbefriedigung 305 Vollstreckungserinnerung 164, 322, 326 Vollstreckungsinkongruenz 139 Vollstreckungsmoratorium 461

Vollstreckungstitel 268 ff., 342, 560, 572 Vorausverfügung – Miete 356, 449, 453 ff., 459 f., 462 Vormerkung 71 ff., 86, 117, 127, 177 f., 242, 586 ff. – Anfechtbarkeit nach allgemeinen Regeln 117 – Aussonderungsrecht des Treugebers 586 ff. – Eintragung nach Verfahrenseröffnung 86 – Eintragungsantrag Löschungsvormerkung 177 f. – insolvenzrechtliche Wirksamkeit 71 ff. Vorsatzanfechtung 148, 172

Werthaltigmachen, Anfechtbarkeit 114 Wirksamkeit des Grundpfandrechtserwerbs 61 Wohnrecht des Schuldners 367 Wohngeld s. Hausgeld Wohnungseigentum 548 ff.

Zeitpunkt – anfechtungsrechtlich maßgeblicher 121 Zins- und Kostenansprüche 19, 45 Zubehör 14, 114, 118, 210 ff., 220, 222, 243, 249, 264, 275, 307, 310, 352, 366, 381, 396, 410, 424 ff., 453, 458 465 f., 468 – Aufhebung der Zubehöreigenschaft 431 – lastenfreier Erwerb 436 – Rechte auf den Veräußerungserlös 438 – Schadensersatzansprüche 441 – Sicherungsmaßnahmen im Eröffnungsverfahren 461

249

Stichwortverzeichnis

– Veräußerung mit Zustimmung des Grundpfandgläubigers 433 – Verwertung bei Doppelsicherung 464 Zuschlag und Erlöschen der Grundpfandrechte 249 Zustellungen 228, 269, 273 f., 323, 350 f., 454, 459 f., 503, 507 Zwangshypothek 139, 163 ff., 171 ff., 285, 337, 505 Zwangsversteigerung 220 ff. – Antragsrücknahme 231 – auf Antrag des Insolvenzverwalters 220 – auf Antrag eines Grundpfandgläubigers 266 – auf Antrag eines Massegläubigers 325 – auf Antrag eines persönlichen Gläubigers 319 – Aufhebung der einstweiligen Einstellung 317 – aus einer Eigentümergrundschuld 328 – Bargebot 233 – bei Eigenverwaltung 491 – bei gesellschaftsinterner Nutzungsüberlassung 532, 543 – Beschlagnahme 273 – Beschwerde gegen Zuschlagsbeschluss 251 – Eigentumserwerb 249 – Einstellung nach dem Berichtstermin 288 – Einstellung vor dem Berichtstermin 287 – einstweilige Einstellung auf Antrag des Insolvenzverwalters 276 – einstweilige Einstellung im eröffneten Insolvenzverfahren 286 – einstweilige Einstellung im Eröffnungsverfahren 279 – Erlösverteilung 252

250

– Feststellungskostenpauschale 265 – Gewährleistungsrechte 223 – Insolvenzschuldner als Verfahrensbeteiligter 230 – Kompensation des Gläubigers bei Einstellung 297 ff. – Kosten der Feststellung der mithaftenden Mobilien 256 – Miet- oder Pachtforderung 220 – nach Eröffnung des Verfahrens 266 f. – Umsatzsteuer 260 – Veräußerung 227 – Veräußerungsverbot 227 – Versagung des Zuschlags 234 – Vollstreckungstitel 221, 268 Zwangsverwalter – Abschluss der Tätigkeit 392 – Anfechtungsprozess 375 – Besitzrecht 364 f. – Erlöschen der Befugnisse 376 – Prozessführung 373 – Rechte und Pflichten im Insolvenzverfahren 363 Zwangsverwaltung 337 ff. – Anordnung 349 – Antragsberechtigte 342 – auf Antrag des Insolvenzverwalters 345 – auf Antrag eines Grundpfandgläubigers 342 – auf Antrag eines Massegläubigers 347 – auf Antrag eines persönlichen Gläubigers 348 – Beeinträchtigung der Insolvenzmasse 395 ff. – bei gesellschaftsinterner Nutzungsüberlassung 529, 539 – Beschlagnahme 349, 352 – beschlagnahmefreie Rechte 381 – bestehendes Miet- oder Pachtverhältnis 355 – durch externen Verwalter 359

Stichwortverzeichnis

– durch Gläubiger 360 – durch Insolvenzverwalter 361 – Eröffnung des Insolvenzverfahrens 363 – Fortführung des Gewerbebetriebs 377 ff. – „kalte“ s. Kalte Zwangsverwaltung – Kostenrisiko 343 f. – Miet- und Pachtforderungen 353, 369 – Mietkaution 370 – neben Zwangsversteigerung 354 – Sanierung des Grundstücks 581

– unrentable Betriebe 386 – Untervermietung 358 – Vorauszahlung auf Mietforderung 356 – Wohnrecht des Schuldners 367 – Zubehör 352 – Zwangsverwalter s. dort Zwangsverwaltungsmasse 338, 343, 346, 353, 361, 363, 366, 369, 371, 373, 375, 385 ff., 389 Zweigniederlassung 569 Zwischenfinanzierer 90

251