Illustrierte Flora von Mitteleuropa. 5.1, Dicotyledones 3

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Urheber und Verleger behalten sich alle Rechte an Text und Bildern, insbesondere das Recht der Uebersetzung vor.

0.Í5- Landesmuseum Lins a, D. Naturhistorische Abteilung.

Drude von Dr. F. P. Datterer & Cie., Freising.Mündien.

I V. Band. 1. Teil.

Dicotylédones (III. Teil).

Von

Dr. Gustav Hegi, a. o. Professor an der Universität München

unter Mitwirkung von

Dr. Helmut Gams in W asserburg am Bodensee, Dr. Werner Lüdi in Bern, Dr. Herbert Beger in Dresden, Privatdozent Dr. Josias Braun-Blanquet in Zürich, Professor Dr. Albert Thellung in Zürich u. a.

Volkstümliche Pflanzennamen gesammelt und bearbeitet von Studienrat Dr. Heinrich Marzell in Gunzenhausen (Bayern).

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Tafel 175. Fig. 1. „ „ „ „ „ „

1 a. lb . 1 c. 1 d. 1 e. 2.

Linum usitatissimum (pag. 20). Blü­ hender Spross. Staubblätter und Fruchtknoten. Fruchtquerschnitt. Längsschnitt durch den Samen. Reife Frucht. Samen. L inum A ustriacum (pag. 19). Blütenspross.

64. Farn.

Linäceae.

Fig. „ „ „ „ „ „ „

2 a. 3. 3 a. 3b. 4. 4 a. 5. 6.

Samen (verschleimend). Linum viscosum (pag. 10). Habitus. Reife Frucht. Laubblatt (vergrössert). Linum catharticum (pag. 6). Habitus. Entleerte Kapsel. Linum tenuifolium (pag. 12). Habitus. Linum flavum (pag. 8). Blühender Spross.

Leingewächse.

Kräuter, Halbsträucher, Sträucher und selten Bäume (selbst Lianen). Laubblätter meist wechselständig, einfach, ganzrandig. Nebenblätter vorhanden, zu Drüsen reduziert (Fig. 1666b) oder ganz fehlend. Blüten strahlig (aktinomorph), meist 5*zählig, zwitterig, einzeln oder in reinen Dichasien, in trauben* oder ährenförmigen Wickeln oder rispigen Trugdolden. Kelchblätter frei, der 2/s Blattstellung entsprechend sich deckend, quincuncial. Kronblätter gleichviele wie Kelchblätter, dachig, oftmals gedreht. Staubblätter gleichviele wie Kronblätter oder 2 bis 4 mal mehr, alle mit Staubbeuteln oder die den Kronblättern gegenüberstehenden rückgebildet; Staubfäden im unteren Teil verbreitert und + hoch hinauf zu einer Röhre verwachsen, selten frei; Staubbeutel der Länge nach sich öffnend. Nektardrüsen am Grunde der Kelchblätter bezw. Staminodien oft vorhanden. Fruchtblätter 5 (2 oder 3), oberständig, miteinander zu einem 5*fächerigen, manchmal mit falschen Scheidewänden versehenen Fruchtknoten verwachsen (Taf. 175, Fig. l b ) ; Griffel meist frei; Samenanlagen einzeln oder zu 2 in den Fächern innen* winkelständig, hängend, umgewendet (Fig. 1664b, c), mit der zuweilen von einem Obturator bedeckten Mikropyle nach aussen und oben gerichtet. Frucht eine wandspaltig aufspringende, trockene oder etwas fleischige Kapsel oder eine i fleischige Steinfrucht. Samen oft mit ver* schleimender Epidermis (Linum) oder mit flügelförmigem Samenmantel, meist zusammengedrückt, mit fleischigem Nährgewebe. Keimling meist gerade; Keimblätter flach; Radicula gegen den Nabel zu gewendet. Die Familie umfasst etwa 13 Gattungen mit ungefähr 150 Arten, welche den gemässigten, subtropischen und tropischen Gebieten aller Erdteile angehören. Sie zerfällt in die beiden Tribus der E u l i n e a e mit nur 5 fruchtbaren Staubblättern (fast ausschliesslich Kräuter) und der H u g o n i e a e mit 10 bis 20 fruchtbaren Staubblättern (Holzgewächse der Tropen und Subtropen). Lieber die Abgrenzung der Familie vgl. vor allem die neueste Arbeit von Ha l l t e r , Hans. Beiträge zur Kenntnis der Linaceae (DC. 1819) Dumort. in Beiheften zum Botan. Centralbl. Bd. X X X IX (1921), Abt. II. Zu den Eulineae gehört als artenreichste Gattung Linum L. (incl. Hesperolinum Small) mit zirka 100 Arten von der Tracht vieler Sileneae, die besonders im Mittelmeer» gebiet verbreitet sind, aber auch in den gemässigten und subtropischen Gebieten der beiden Hemisphären Vorkommen (pag. 4) ferner die Gattungen R a d i o l a mit 1 Art (pag. 2), A n i s a d £ n i a Wallich mit 2 Arten im Himalaya, R e i n w ä r d t i a 1) Dumort. mit 2 Arten in Ostindien, von denen R. trigyna Planch. ( = R. Indica Dum.) der schönen Blüten wegen gelegentlich in Zimmern gezogen wird, und T i r p i t z i a Hallier mit T. S i n e n s i s (Hemsl.) Hallier in Ost»Yünnan. Die Tribus der Hugonieae wird vertreten durch die Gattungen I x o n ä n t h e s Jack, mit 8 Arten in Ostindien, O c h t h o c ö s m u s Benth. (incl. Phyllocösmus Klotzsch) mit 11 Arten im tropischen Amerika und tropischen Afrika, A s t e r o p e i a Thouars (incl. Rhodocläda Baker) mit 7 Arten auf Madagaskar, D u r ä n d e a Planch. mit 13 Arten in den Monsungebieten, T h i l b ö r n e a Hallier mit 2 Arten auf Borneo und den Philippinen, H u g ö n i a L. mit etwa 20 Arten im tropischen Asien und Afrika, in Australien und Neukaledonien, bei welchen die ersten Verzweigungen der Blütenstände in gegenständige, spiralig ein» gerollte Klammerhaken umgewandelt sind (Die Wurzel von H u g o n i a M y s t a x L. wird in Indien gegen Ent» Zündungen und bei Schlangenbiss sowie als Wurmmittel verwendet), ferner R o u c h e r a Planch. mit 4 Arten l) Benannt nach dem Forschungsreisenden Professor R e i n w a r d t in Leyden, gest. 1854.

2 im tropischen Amerika, I n d o r o u c h e r a Hallier mit 3 Arten in Ostindien, H e b e p e t a l u m Benth. mit 2 Arten in Guayana, L e p i d o b ö t r y s Engler und N e c t a r o p e t a l u m Engler in Ostafrika. Die Linaceen zeigen zu den Oxalidaceen und Geraniaceen die nächsten verwandtschaftlichen Beziehungen; andererseits bestehen solche — besonders durch Vermittelung der Hugonieae mit den Erythroxylaceen und Humiriaceen ( H a l l i e r betrachtet diese überhaupt nur als Sippen der Linaceen), ferner mit den Symplocaceen, Ternstroemiaceen und Lecythidaceen. Anatomisch ist die Familie nicht scharf charakterisiert; immerhin ist das ziemlich häufige Vorkommen verschleimender Epidermiszellen hervorzuheben. 1 . Blüten 4»zählig. Kelchblätter an der Spitze 2 * oder 3»zähnig (Fig. 1662b). R a d i o l a CCCCXLIV. 1 *. Blüten 5--zählig. Kelchblätter g a n z r a n d ig ........................................................... L i n u m CCCCXLV.

CCCCXLIV. Radiola1) Hill. (= Linödes Ludw., = Linocärpum Mappus, = Millegräna Kramer). Zwerg-Lein. Die Gattung ist monotypisch.

1795. Radiola linoides Roth ( = R. Radiola Karsten, = R. dichötoma Moench, = R. Mille* grana Smith, = R. multiflöra Asdierson, = Linum Radiola L., = L. multiflorum Lam., = L. tetrapetalum Gilib.). G e m e i n e r Z w e r g * L e i n . Franz.: Faux lin, radiole, petit lin*, engl.: Allseed, flax seed. Fig. 1662 und 1663. Einjähriges, 1 bis 10 cm hohes, kahles Pflänzchen mit ziemlich kurzer, dünner, Spindel* förmiger, weisslicher Wurzel. Stengel aufrecht oder am Grunde aufsteigend, wenig über dem Boden regelmässig wiederholt gegabelt; Gabeläste ausgebreitet, dem Boden anliegend, wie der unverästelte Teil des Stengels stiel* rund. Laubblätter gegenständig, sitzend, eiförmig bis länglich, spitz, ganzrandig, l*nervig. Blüten meist zahlreich, ausnahms* weise einzeln (f. u n i f l ö r a O. Jaap), in be* blätterten, sehr regelmässig*wiederholt ver* zweigten Dichasien, am Ende der Aeste ge* knäuelt. Kelchblätter 4 (Fig. 1662 b), am Grunde verwachsen, dreieckig*verkehrtei* förmig, an der Spitze 3*zähnig bis 3*spaltig, 1 bis 1,5 mm lang. Kronblätter 4, sehr klein, 1 bis 1,5 mm lang, spatelförmig, genagelt, stumpf, weiss. Staubblätter 4, nur am Grunde miteinander verbunden, so lang wie die Kronblätter. Staminodien vorhanden oder (häufig) fehlend. Griffel 4 ; Narben kopfig. Frucht eine flachkugelige, 4*(unvollkommen 8*)fächerige Kapsel. Samen unregelmässig eiförmig, etwa 0,3 mm lang, glatt, glänzend hellbraun. — VII, VIII. Fig. 1662. R a d i o l a l i n o i d e s Roth, a Habitus (natürl. Grösse). Stellenweise häufig auf feuchtem Sand* b Blüte, c Kronblatt. d, e Frucht. / Same. und Moorboden, an quelligen Abhängen, an Grabenrändern, an Ufern von Seen und Teichen. Sehr verbreitet in den Heidegebieten des Norddeutschen Flachlandes (auch auf den Nord» friesischen Inseln, in der Lausitz und an der Ostseeküste); sonst nur zerstreut und stellenweise ganz fehlend, so in Salzburg, Tirol, Oberösterreich, Kärnten und in der Sdiweiz (ehedem [noch 1886] an der Wiese bei Basel und hart an der Grenze auf der Insel Reichenau), in Württemberg einzig im Oberamt Gaildorf bei Winzenweiler r) Verkleinerungsform vom lat. rädius = Strahl; wegen der strahlenartig angeordneten Aeste.



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(ob noch?), in Bayern sehr selten auf der unteren Hochebene (Schönach bei Straubing), im Vorderzug des Bayerischen Waldes (Edenstetten, Berg, Falkenstein), im Keuper* und Buntsandsteingebiet von Franken ver­ breitet, in Steiermark nur in den Windischen Büheln bei Sodinetz nächst Gross»Sonntag.

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Iberische Halbinsel (bis 2500 m aufsteigend), Frank* reich, Britische Inseln, Italien, Mitteleuropa (nördlich bis südöstliches Norwegen, Wermland, Livland, Kurland), Balkanhalbinsel (sehr selten), Mittel* und Südrussland; gemässigtes Asien; Nordafrika, Gebirge des tropischen Afrika, Madeira. Das kleine, unscheinbare, kalkfliehende Pflänzchen, das leicht übersehen werden kann, ist in der Tracht wenig veränderlich; je nach dem Standort, der Beleuchtung, Feuchtigkeit usw. erscheint es auf Dünen, trockenen Heidewegen u. dgl. zuweilen in Kümmerformen (besonders bei Dichtsaat aut dem Boden ausgetrockneter Tümpel) von kaum 1 cm Höhe. Es bewohnt sowohl den reinen, feuchten Sandboden wie den Torfboden und tritt an verwundeten oder unbedeckten Stellen zuweilen in Masse auf, um dichte Rasen zu bilden. Im nordwest» deutschen Heidegebiet gehört es zu den Charakterpflanzen der echten Heiden gleichwie Narthecium ossifragum, Illece» brum verticillatum, Polygala depressa, Hypericum humifusum, Cicendia filifor» mis, Pedicularis silvatica, Galium Har» cynicum usw. In Schleswig»Holstein, wo es namentlich im Sandgebiet, nach Willy C h r i s t i a n s e n zuweilen auch im ;ün» geren Moränengebiet auftritt, erscheint es auf anmoorigem Boden gern in Ge» Seilschaft von Lycopodium inundatum, Erica tetralix, Montia minor und Gen» tiana Pneumonanthe. Ueber die Be» gleitung auf sandigen Aeckern vgl. Myo» surus minimus Bd. III, pag. 540. In Böhmen gehört das Pflänzchen nach D o » m in zur Formation der nackten Teich» böden und erscheint daselbst neben Coleanthus subtilis, Carex cyperoides, Cyperus fuscus und C. flavescens, Isolepis setacea, Heleocharis acicularis und H. ovata, Juncus supinus, J. ca» pitatus, J. Tenageia und J. bufonius, Gypsophila muralis, Spergularia rubra und S. echinosperma, Illecebrum verticillatum, Bulliarda aquatica, Potentilla supina und P. Norwegica, Callitriche vernalis, Elatine hexandra, E. triandra und E. Hydropiper, Peplis Portula, Limoselia aquatica, Lindernia pyxidaria, Veronica scutellata, Centunculus minimus, Litorella uniflora, Plantago maior var. Asiatica, Gnaphalium luteo»album und G. uli» ginosum, verschiedenen Algen und kleinen Laub» und Lebermoosen (z. B. Pleuridium nitidum, Physocomitrium sphaericum, Ephemerum serratum, Sporledera palustris* Riccia» und Anthoceros»Arten). Geht die Gesellschaft des nackten Teichbodens in eine Sandflur über, so kann sich R. linoides auch dort noch lange erhalten. — Als Bestäuber der sehr kleinen weissen Blüten mit verborgenem Honig kommen mehrere winzige Fliegen in Be» tracht. Die 4 Antheren gelangen mit den 4 Narben in Berührung, so dass eine spontane Selbstbestäubung unvermeidlich ist. Die an der Spitze normal 3»teiligen Kelchblätter können gelegentlich 2 » oder auch 4»teilig sein. B o r c h a r d beschreibt auch eine Form mit gefüllten Blüten.

CCCCXLV. Linum1) L. Lei n, Flachs. Franz.: Lin, filasse de lin; engl.: Flax; ital.: Lino. Einachsige, einjährige Kräuter oder ausdauernde Stauden und Halbsträucher mit Spindel* förmiger, oft verholzter, bleibender Hauptwurzel; die ausdauernden Arten meist mit ± reich* ästigem Erdstode. Stengel in der Regel dünn, aufrecht oder nur wenig gebogen, selten aus niederliegendem Grunde aufsteigend, meist ziemlich dicht mit aufrecht abstehenden, Wechsel», seltener gegen* oder quirlständigen, sitzenden, ungeteilten, ganzrandigen Laubblättern besetzt. *) Lat. linum = Lein, urverwandt mit dem gleichbedeutenden griech. \ivov [linon].

4 Nebenblätter fehlend oder in Form von drüsenförmigen Organen (Fig. 1666 b) vorhanden. Blüten an der Spitze der gabelig verzweigten Stengel in meist lockeren Wickeln. Kelchblätter 5 (Fig. 1664f, g), frei, ganzrandig, oft drüsig gewimpert oder hautrandig, ab und zu die äusseren und inneren verschieden gestaltet, meist erhalten bleibend. Kronblätter 5, weiss, blau, rötlich oder gelb, zart und hinfällig. Staubblätter 5, am Grunde meist ± miteinander verwachsen; zwischen den Staubfäden lineale, kurze Staminodien, im verwachsenen Teil alternierend mit den Krön» blättern 5 Honigdrüsen. Fruchtblätter meist 5, selten 3 oder 2 ; Griffel 5, selten 3 oder 2 , frei oder seltener + hoch hinauf verbunden; Narben kopfig, keulenförmig oder lineal. Frucht eine Kapsel mit 5 je durch eine i vollständige Zwischenwand in 2 einsamige Kammern geteilten Fächern (Fig. 1664 b). Samen flach, glatt, mit ver» schleimender Oberhaut. Zu der gut umgrenzten Gattung zählen ungefähr

100 Arten der gemässigten und subtropischen Gebiete aller Erdteile; besonders stark vertreten sind sie im Mittelmeer» gebiet, während der südlichen Halbkugel nur wenige Arten zukommen. Die Blüten sind homogame „Blumen“ mit verborgenem Honig. Eine Reihe von Arten sind als „di» morph“ zu bezeichnen, d. h. sie entwickeln lang* und kurz» griffelige Formen. V o l l m a n n wies bei L. perenne auch eine mittelgriffelige Form nach. Bereits D a r w i n stellte bei L. grandiflorum fest, dass die grösste Fruchtbarkeit dann eintritt, wenn die langgriffelige Form mit dem Pollen der kurzgriffeligen bestäubt wird und umgekehrt. Bei L. perenne fand er, dass eine legitime Befruchtung so« wohl der lang« als auch der kurzgriffeligen Form bei s/« der Blüten nie die volle Fruchtbarkeit bewirkt, dass dagegen eine illegitime Befruchtung der langgriffeligen gänzliche, eine solche der kurzgriffeligen fast gänzliche Unfruchtbarkeit zur Folge hatte. H i l d e b r a n d zeigte, dass die kurzgrif» feligen Formen sowohl mit eigenem Pollen als auch mit jenem anderer Blüten desselben Stockes, als auch endlich mit Pollen anderer kurzgriffeliger Pflanzen durchaus unfruchtbar Fig. 1664. L i n u m u s i t a t i s s i m u m L . a Entwicklung sind. Neuerdings hat F. L a i b a c h (Biologisches Zentral» der Keimpilanze. b Querschnitt, c Längsschnitt durch den Fruchtknoten, d, e Pollenkörner. ^Diagramm. — L i n u m blatt. Bd. 43, 1923) den Nachweis erbracht, dass die lang« A u s t r i a c u m L. /Diagram m (Fig. a bis c nach T s c h i r c h und kurzgriffeligen Linien von L. Austriacum bei Selbst» Oe s t e r l e ) . bestäubung und bei illegitimer Bestäubung in verschiedenem Grade fruchtbar sind. Auch stellte er einwandfrei fest, dass hinreichend stark selbstfertile und illegitim fertile Linien vorhanden sind. Die Nachkommen der Langgriffler des gemischten Bestandes besassen 80,91 °/o Langgriffler und 19,09 °/° Kurzgriffler; die Nachkommen der Kurzgriffler des gemischten Bestandes erwiesen sich zu 51,24 °/o als langgriffelig, zu 48,76 °/o als kurzgriffelig. Bei L. Austriacum und L. perenne sind nach L a i b a c h die Lang» griffler rezessive Homozygoten, die legitimen Kurzgriffler Heterozygoten. Wie bei den Oxalidaceen und Geraniaceen ist auch bei den jungen Blütenständen der Linum»Arten eine Nutation zu beobachten, wobei nach Karl T r o l l die schlanken, zarten Zweige in der Ebene des Wickels nach abwärts gekehrt sind und unter Höhersteigen des Krümmungsscheitels von unten her gerade gestreckt werden, eine überhaupt bei allen ein» gekrümmten Wickeln immer wiederkehrende Erscheinung. Nach dieser Aufrichtung können bei einzelnen Arten (L. catharticum) auch die Fruchtstiele aufrecht bleiben, während sich diese bei anderen Arten (L. Austri« acum, L. alpinum) postfloral wiederum scharf (positiv geotropisch) nach abwärts krümmen. Für L. Austriacum ist dieses Merkmal gegenüber dem äusserst ähnlichen L. perenne mit seinen aufrechten Fruchtstielen so charak« teristisch, dass man die beiden Arten nur daran deutlich unterscheiden kann. Ein Gelenk wird nicht aus» gebildet. Die Fruchtstiele beginnen bereits vor der Oeffnung der Kapseln zu vertrocknen und strecken dabei den abwärts gebogenen Stiel durch blosse Schrumpfung etwas gerade. Die Wurzeln bringen (so bei L. Austria« cum) Adventivknospen (Wurzelsprosse) hervor; solche hat M a g n u s auch an dem hypokotylen Stengelglied

5 beobachtet. Stengelfasciationen und trikotyle Keimlinge sind besonders beim Flachs nicht selten. Tetramere Blüten kennt man von L. catharticum, 6»zählige von anderen Arten. Nach W y d l e r sind die Tragblätter häufig an ihre Blütenzweige angewachsen. Auf die einzelnen Sektionen verteilen sich die Arten wie folgt: 1. C a t h a r t o l i n u m Rchb. Alle Laubblätter gegenständig. Blüten klein. Kelchblätter bewimpert. Kronblätter frei, weiss. Hieher: L. catharticum. — 2. S y l l i n u m Grisebadi. Laubblätter Wechsel» ständig. Kelchblätter meist drüsig bewimpert. Kronblätter vor dem Aufblühen im unteren Teile zusammen» hängend. Fruchtstiele kurz. Hieher: L. flavum, L. hirsutum, L. viscosum sowie L. arböreum L., ein meterhoher Strauch auf Kreta, und L. campanulatum L. aus dem Mittelmeergebiet.— 3. E u l i n u m Grisebadi. Laubblätter wechselständig. Kelchblätter drüsenlos. Kronblätter frei, blau, rosarot oder weiss. Fruchtstiele verlängert. Hieher: L. usitatissimum, L. Austriacum, L. perenne, L. Narbonense, L. Gallicum sowie L. grandiflorum Desf. und L. martimum L. aus dem Mittelmeergebiet und L. corymbulösum Rchb. — 4. L i n ä s t r u m Planch. Laub» blätter wechselständig. Kelchblätter drüsig bewimpert. Fruchtstiele kurz. Hieher: L. tenuifolium. 5. Cl i o» c ö c c a Planch. Kronblätter so lang oder kürzer als der Kelch. Blütenstiele sehr kurz. In Südamerika. — 6. H e s p e r o l i n u m Gray. Einjährige Arten mit 2 oder 3 Fruchtblättern und 4» oder 6»fächerigen Kapseln. Diese nur im pazifischen Nordamerika vertretene Sektion wird neuerdings von S m a l l zur Gattung erhoben. A d v e n t i v werden gelegentlich beobachtet: L i n u m m a r i t i m u m L. aus dem Mittelmeergebiet. Ausdauernd, kahl. Stengel mit den schlanken Aesten eine grosse, lockere, trugdoldige Rispe bildend. Untere Laubblätter gegenständig, elliptisch bis länglidulineal, obere wechselständig, alle (wenigstens am Grunde) dreinervig. Kelchblätter eiförmig, kaum zugespitzt. Kronblätter schwefelgelb, 3 bis 4 mal länger als der Kelch. Adventiv 1910 im Hafen von Ludwigshafen. — L. c o r y m b u l ö s u m Rchb. ( = L. Libürnicum Scop., = L. aüreum DC., = L. strictum L. ß corymbulösum Ascherson und Kanitz). Einjährige, dem L. Gallicum (pag. 14) sehr ähn» liehe Pflanze. Stengel schlanker, nur im oberen Teile ästig. Laubblätter an den Rändern rauh. Kelchblätter lanzettlich, lang zugespitzt, rauh. Kronblätter etwa 3 mal so lang wie der Kelch. Frucht gross, */s so lang wie die Kronblätter. Heimat: Mediterrangebiet mit Ausnahme des westlichen Teiles. In Südtirol an der Suganatalbahn (Alle Ghiaje, bei Povo und San Christoforo) vorübergehend eingeschleppt. — L. n o d i f l ö r u m L . ( = L. lulöolum Bieb.). Einjährige, 15 bis 50 cm hohe, kahle Pflanze. Stengel einzeln, am Grunde gebogen, im oberen Teile verzweigt, kantig geflügelt. Laubblätter spatelförmig, stumpf, die oberen lanzettlich, die unteren spitz; alle am Grunde jederseits mit einer braunen Nebenblattdrüse, am Rande rauh, fein gezähnelt. Blüten sehr kurz gestielt, in locker spreizenden Scheintrauben, mittelgross. Kelchblätter linealisch, grannig bespitzt, feinzackig rauh, 3 bis 4 mal länger als die Frucht. Kronblätter keilförmig, lang genagelt, hellgoldgelb. Frucht eikugelig, etwa 6 mm lang — V, VI. Heimat: Mediterrangebiet mit Ausnahme des westlichsten Teiles. In Süd» tirol an der Suganatalbahn (bei San Christoforo und 1905 als Ueberrest aus den Griechischen Kolonien bei Persen (Pergine) eingeschleppt. — L. g r a n d i f l ö r u m Desf. Ausdauernde, kahle Pflanze mit aufrechtem oder auf» steigendem, vom Grunde an ästigem Stengel. Laubblätter lineal»lanzetllich, spitz. Blüten in locker rispigem Blütenstand. Kelchblätter lanzettlich, gesägt«gewimpert, die Kapsel etwas überragend. Kronblätter gross, rosa bis karmin. — V bis VII. Heimat: Algier. Seit zirka 1800 hie und da in Gärten, neuerdings auch (Schaff» hausen 1921) als Bienenpflanze kultiviert und zuweilen verwildert (Döbling bei Wien und 1908 bei Basel). Die Art ist eine unserer wirkungsvollsten und dankbarsten Sommerblumen, die an sonnigen Stellen mühelos, direkt aus Samen gezogen werden kann. Neuerdings ist sie allerdings etwas aus der Mode gekommen, ähn» lieh wie Lychnis Chalcedonica, Hesperts matronalis, Fabiana imbricata, Lippia citriodora, Phlox Drummondii, Tradescantia Virginica usw. Bei der Stammform sind die Blüten leuchtend blutrot (f. rubrum hört.), bei der f. röseum hört, blassrosarot und weniger leuchtend. Ausser L. grandiflorum, L. flavum, L. Narbonense und L. perenne werden gelegentlich noch als Zierpflanzen angetroffen: L. s u f f r u t i c ö s u m L. Halbstrauch aus Spanien mit weissen bis hell violetten Blüten. — L. B e r l a n d i ö r i Hook, aus Texas. Kahle Staude mit grossen, goldgelben Blüten. — L. O r i e n » t ä l e Boiss. aus Vorderasien. Zierliche Pflanze mit grossen, orangegelben Kronblättern. — L. c a mp a n u» l ä t u m L. ( = L. glandulösum ß campanulatum DC., = L. flavum L. ß campanulatum Fiori und Paoletti, = Xantholinum campanulatum Rchb.). 5 bis 30 cm hoher, kahler Halbslrauch. Stengel meist mehrere, kantig. Unterste Laubblätter rosettenförmig, spatelförmig, die oberen wechselständig, eilanzettlich oder lanzettlich, mit hellem, häutigem Knorpelrand, die obersten fast gegenständig; alle am Grunde mit Nebenblattdrüsen, ein» nervig. Blüten auf sehr kurzen Stielen, in lockeren, wenigblütigen Trugdolden angeordnet. Kelchblätter lan» zettlich, lang zugespitzt, einnervig, am Rande häutig, nicht oder ± deutlich drüsig gewimpert, zur Frucht« zeit sich vergrössernd, doppelt bis dreimal so lang als die Frucht. Kronblätter 2,5 bis 3 cm lang, gelb, am Grunde lang röhrenförmig zusammenhängend. Frucht schmaleiförmig, lang zugespitzt. Narben länglich. Heimat: Oestliches Spanien, Südfrankreich, Italien, Dalmatien.

6 1. Laubblätter in der Regel gegenständig. Blüten klein, weiss . . . L. c a t h a r t i c u m nr. 1796. 1* Laubblätter w echselständig................................................................................................................................ 2. 2. Stengel scharfkantig. Laubblätter am Grunde jederseits mit einer Nebenblattdrüse (Fig. 1666 b). Kronblätter s a t t g e l b ............................................................................................................................ L. f l a v u m nr. 1797. 2*. Stengel kantenlos oder nur fein gerillt. Laubblätter ohne Nebenblattdrüsen. Kronblätter nie­ mals lebhaft gelb, blassgelb bei L. G a llic u m ...................................................................... ...................................... 3. 3. Pflanze einjährig oder überwinternd einjährig, sehr selten zw eijäh rig ................................ . 4. 3* Pflanze ausdauernd, mit mehrästigem E r d s t o d e ..................................... ! ........................................... 5. 4. Einjährige Pflanze mit bis 1,5 cm langen, lineal-lanzettlidien Laubblättern. Blüten mit hellgelben Kronblättern und kopfiger Narbe. Einzig in Krain und Küstenland...........................L. G a l l i c u m nr. 1801a. 4*. Laubblätter lanzettlich, 2 bis 3 cm lang. Kronblätter bl$u. Narbe lineal. L. us i t a t i s s i mum nr. 1805. 5. Kelchblätter d r ü s e n lo s ............................................ . . ............................................ 6. 5*. Kelchblätter am Rande drüsig gewimpert . . . ...................................................... 9. 6. Narbe lineal. Einzig in Krain und Küstenland . . . . . L. N a r b o n e n s e nr. 1801b. 6* Narbe k opfig...................................................................................................... ..... ................................................7. 7. Blütenstiele nach dem Verblühen (besonders zur Fruchtzeit) stark seitlich bis abwärts gekrümmt. Urwüchsig nur in Böhmen, Mähren und Niederösterreich, sonst zuweilen verwildert und eingebürgert. L. A u s t r i a c u m nr. 1804. 7*. Blütenstiele auch nach dem Verblühen stets aufrecht oder doch nur schwach seitlich gekrümmt. 8. 8. Kronblätter sich nur am Grunde mit den Rändern deckend. Pflanze meist niedrig, 10 bis 30 cm hoch. Fast ausschliesslich in den Kalkalpen...................................................................................... L. alp in um nr. 1802. 8*. Kronblätter sich mit den Rändern der ganzen Länge nach deckend. Pflanze höher, 20 bis 60 cm hoch. Urwüchsig nur in Nieder- und Oberösterreich, Krain und Süddeutschland . . L. p e r e n n e nr. 1803. . . ................................................. L. t e n u i f o l i u m nr. 1800. 9. Pflanze k a h l ................................ 9*. Pflanze ± dicht b e h a a r t ................................................................................................................................. 10. 10. Alle Laubblätter drüsig gewimpert. Kronblätter rosa bis hellpurpurn. L. v is c o s um nr. 1798. 10*. Nur die obersten Laubblätter drüsig gewimpert. Kronblätter hell himmelblau. L. h i r s u t u m nr. 1799.

1796« Linum catharticum1) L. ( = L. diversifölium Gilib., = Cathartolinum pratense Rchb.). P u r g i e r * L e i n , Wiesen* oder Berg*Lein. Franz.: Lin sauvage purgatif; engl.: Purging flax, mountain flax, fairy flax; ital.: Lino purgativo, lino cathartico, linoeula, savonina. Taf. 175, Fig. 4 ; Fig. 1665. Einjährige, überwinternd*einjährige, zweijährige, selten auch 2* bis mehrjährige, 5 bis 50 cm hohe Pflanze. Wurzel dünn, spindelig, weisslich. Stengel aufrecht oder aufsteigend, einfach (nur im Blütenstand ästig) oder vom Grunde an ästig, dünn, kahl, meist locker be* blättert. Laubblätter gegenständig (die obersten oft wechselständig), ungestielt, ganzrandig, am Rande (besonders im unteren Teil) von kurzen, nach vorne gerichteten Wimperhaaren (*borsten) rauh, deutlich einnervig; die unteren länglich*verkehrteiförmig, spitzlich bis fast stumpf, die oberen lanzettlich, spitz. Blüten in lockeren, sparrig verzweigten, rispigen, spärlich beblätterten Wickeln, auf ziemlich langen, dünnen, kahlen Stielen, vor dem Aufblühen überhängend. Kelch* blätter elliptisch, 2 bis 2,5 (3) mm lang, vorn etwas geschweift, zugespitzt, in der vorderen Hälfte drüsig*bewimpert. Kronblätter länglich*verkehrtei* bis keilförmig (Fig. 1665f), (3) 4 bis 5 (6) mm lang, weiss am Grunde gelb. Staubblätter etwa 2 mm lang, am Grunde mit* einander verbunden, zwischen den Fäden ab und zu mit zahnartigen Fortsätzen. Frucht* knoten mit 5 kopfigen Narben auf dünnen, hinfälligen, 0,5 mm langen Griffeln. Frucht eine aufrechte, kugelige, 2 bis 3 mm lange, 10*spaltig sich öffnende Kapsel; Scheidewände innen lang behaart. Samen elliptisch, 1 bis 1,5 mm lang, flach, glatt, hellbraun. — (V) VI bis VIII (IX). Sehr verbreitet und häufig, oft in Herden, meist an ziemlich trockenen, sonnigen Standorten, doch auch an ziemlich frischen, nassen und schattigen Stellen: in Wiesen Ge* *) Vom griech. x ad-ai^ eiv [kathairein] = rein machen, säubern; hier im Sinne von abführen.

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büschen und lichten Wäldern, auf Alluvionen, Scbutthängen, in Hochmooren, Kleinstrauch* heiden, an Quellen, Bachufern, auf überrieselten Felsen, an Mauern, in Aeckern; von der Ebene bis in die alpine Stufe aufsteigend, im Wallis bis 2300 m, im Engadin (Val Chamuera) bis 2373 m, bei Arosa bis 2320 m, in Bayern bis 2040 m, in Nordtirol am Kirchdach bis 2340 m. Indifferent in Bezug auf die chemische Beschaffenheit der Unterlage. In D e u t s c h l a n d sehr verbreitet und häufig, einzig in den höheren Mittelgebirgen und am Nieder» rhein zerstreut. — In O e s t e r r e i c h verbreitet und auf grosse Strecken hin sehr häufig. — In der S c h w e i z sehr verbreitet und häufig.

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Europa, nördlich bis zu den Britischen Inseln, Island und Skandinavien (Sandsö bei Hindö [68° 56' nördl. Breite], Norrland, Kristinestad, Onega=Karelen), südlich bis Spanien, Italien (mit Aus* nähme von Sardinien und Sizilien) und bis zur Balkanhalbinsel (bis Griechenland); Kaukasus, Vorderasien bis Persien; Nordafrika, Kanarische Inseln. Aendert a b : var. a l t e r n í f ó l í u m Wiesb. Mittlere und untere Stengelblätter wechselständig, voneinander ¿ entfernt. Ziem» lieh selten, in Sachsen und in der Schweiz beobachtet. — var. l é v e Rohlena. Laubblätter am Rande glatt, nicht rauh. In Mähren, auf Föhr (1919), bei Ahrenviöl im Kreis Husum (1919) und wohl noch an anderen Orten. — var. s e » g e t á l e Adam. Pflanze kräftiger, sehr ästig (oft schon vom Grunde an) ausgebreitet. Laub» blätter und Früchte grösser. Blütenstiele kürzer. Bei Romont in den Vogesen auf Aeckern mit Kalk» unttrlage. — var. c o n d e n s á t u m M . T . Lange. Stengelglieder so lang oder kürzer als die Laub» blätter. Form steriler Standorte. — var. s i m» p l e x P. Junge. Stengel einfach, meist etwa 5 cm hoch, einblütig. Im Daerstorfer Moor bei Buxte» hude, auf Föhr, bei Ahrenviöl im Kreis Husum (1919); auf offenem Moorboden. — var. s ub » a l p i n u m Haussknecht ( = L. Suécícum Mur» beck sec. Hayek). Fig. 1665 c, d. Pilanze 2 » bis mehrjährig mit oft verholzender Grundachse, im Spätsommer sterile Kurztriebe bildend. Stengel am Grunde meist ästig und dicht ge» drängt beblättert, oft erst im zweiten Jahre blühend. Aeste des Blütenstandes spreizend. Kelchblätter schmäler, mehr zugespitzt. Krön» blätter rundlich, stumpf, meist 5 bis 6 mm lang, innen am Grunde lebhafter gelb. Gebirgsform. In den Alpen, wie wohl überhaupt in den Ge» birgen innerhalb des Areals der Art, verbreitet und hier durch zahlreiche Ueb er gangsformen Fig. 1665. L i n u m c a t h a r t i c u m L. a, b Typus, c, d var. s u b a l (wohl gleitende Reihe) mit dem Typus verbunden. p i n u m Haussknecht. e var. d e n s u m Vollmann. / Blüte, g Reife, auf­ gesprungene Frucht. Zu dieser var. gehört wohl: f. dé n s um Voll» mann. Fig. 1665 e. Pflänzchen rasenbildend, mit mehreren niederliegenden oder aufstrebenden, etwa 5 cm hohen, l»blütigen Stengeln und fast dachziegelig sich deckenden Laubblättern. Bis Jetzt mit einer Ausnahme (bei Mannheim) nur aus den Alpen bekannt: in Bayern im Höllenbachtal und am Grünkopf im Wetter» Steingebirge, oberhalb Linderhof, in der Schweiz im Reusstal bei Wassen und Wiler (Es handelt sich hier wohl um Herbstexemplare mindestens 2 »Jähriger Pflanzen feuchter Standorte).

8 Linum catharticum, das in der Tracht einer kleinen Gypsophila oder manchen Alsinoideen gleicht (Blüten jedoch 2=farbig und Fruchtkapsel 5»fächerig), gehört dem europäisch»mediterranen Element an. Die Art zeigt eine grosse Anpassungsfähigkeit an die verschiedensten Standortsbedingungen; sie gedeiht sowohl an trockenen wie an frischen bis feuchten, an sonnigen wie an ziemlich schattigen Standorten, auf humosen wie auf mineralischen Böden. Am häufigsten erscheint sie an trockenen Stellen in Kunstwiesen, in Trockenwiesen vom Charakter des Brometum erecti, an Bahndämmen, auf Weiden, in Flachmooren (im Parvo»Caricetum, im Schoe» netum, im Molinietum, seltener auch auf Hochmooren, auf offenem Torfboden, in der Callunaheide auf Sand und Humus, in Ericetum carneae, in lichten Gebüschen und Miniaturwäldern, so in Legföhrenbeständen, im Grünerlengebüsch, an Waldrändern, in lichten Fichten» und Föhrenwäldfern, selten auch in Laubwäldern, an Quellen, Bachufern, auf überrieselten Felsen, auf Felsschutt, auf Gesteinsgrus, in Aeckern, auf Mauern, auf Alluvionen, endlich oft auch massenhaft auf verkohlten Stellen (Feuerstellen, Kohlenmeilern). In den tieferen Lagen ist die Art einjährig (subsp. catharticum Hayek, Fig. 1665 a, b); in den Fettwiesen ist sie eine der wenigen einjährigen Pflanzen und hier wohl nur infolge ihrer grossen Anspruchslosigkeit in Bezug auf Raum und Unterlage konkurrenz» fähig. In den Gebirgen bildet sie zwei» bis mehrjährige (Fig. 1665 c, d, e) Formen aus (wie dies auch bei anderen Arten, z. B. Poa annua, Viola tricolor, der Fall ist). Auf Kalkböden scheint die Art in den Gebirgen höher hinaufzusteigen als auf Silikatunterlage. — Die kleinen Blüten sind homogam oder schwach proterogyn und duftlos; der Honig ist verborgen und nur durch die runden Lücken zwischen den Basen der plötzlich verschmälerten Kronblätter erreichbar. Die Nektarien sitzen zwischen den Kronblättern an der Aussenseite des durch die am Grunde verwachsenen Staubblätter gebildeten fleischigen Ringes. Die Staubbeutel stehen gleichhoch wie die Narben, sie sind anfangs von ihnen entfernt, sodass besuchende Insekten sowohl Fremd« wie Selbstbestäubung be» wirken können; durch spätere Annäherung wird eine spontane Selbstbestäubung möglich gemacht. Der Oeffnungs» mechanismus der Blüten reagiert sehr empfindlich. S t a h l stellte bei der Art eine endotrophe Mykorrhiza fest. Das Pflänzchen wird öfters vom rotfleckigen Leinrost ( M e l a m p s o r a Li ni [Pers.] Dsm.) befallen. Vergrünte Blüten werden durch eine Gailmilbe hervorgerufen. Von Missbildungen sind Zwergformen mit nur 3 oder 4 Staubblättern sowie Exemplare (unter dem Typus) mit 3»quirligen Laubblättern und 4«gabeligen Blüten be» obachtet worden. Linum catharticum war früher als Purgativum, Diureticum usw. ( H^ r b a l i ni c a t h ä r t i c i ) offizinell. Das Kraut enthält neben einem gelben Farbstoff und Harz etwa 0,5 °/o eines amorphen Bitterstoffes, welcher für manche Tiere (für die Katze auf 1 kg 0,01 g) tödlich wirkt. Dem Menschen sind solch kleine Dosen un» schädlich, während grössere Mengen brechenerregend wirken. Neueren Angaben zufolge kommt als wirksamer Bestandteil ein amorphes Glykosid, das bei Hydrolyse neben Glykose Linin (C js H u O b) liefert, in Betracht. Als Purgativum und als Wurmmittel war die Pflanze schon von jeher ein beliebtes Volksmittel, ebenso bei Ascitis, Leberleiden, bei katarrhalischen und rheumatischen Erkrankungen. Die erste Beschreibung der Pflanze findet sich bei T h a l (Sylva Hercynia, Frankfurt 1588) als Linokarpos, während die ersten Mitteilungen über die Anwendung als Heilmittel von Th. J o h n s o n und P a r k i n s o n (1636 und 1640) stammen. B a u h i n (1615) bezeichnete das Pflänzchen als Alsine minor capitulis lini cauliculis inflexis. Vgl. auch K o w n a c k i , B. Lieber Linum catharticum. Dissertation, Dorpat 1893. N e u we i l e r konnte Samen in der Römischen Nieder» lassung Vindonissa in der Schweiz feststellen.

1797» Linum flavum L. ( = Xantholinum flavum Rchb.).

G e l b e r Le i n .

Taf. 175, Fig. 6 ;

Fig. 1666. Ausdauernde, 20 bis 55 (in Kultur bis 80) cm hohe, kahle Pflanze. Wurzel spindel* förmig, oft verholzt, gelblich. Erdstock ästig, verholzt, neben fertilen auch unfruchtbare Laub* sprosse treibend. Stengel aufrecht, seltener aufsteigend, einfach (nur im Blütenstande verzweigt), knorpelig, vielkantig; Kanten rauh, seltener, besonders im oberen Stengelteil, glatt, fast geflügelt. Untere Laubblätter schmal*verkehrteiförmig bis spatelförmig, in den Grund verschmälert, sitzend, stumpf oder spitzlich, die oberen lanzettlich, spitz, nur undeutlich in den Grund verschmälert; alle ganzrandig, kahl, bläulichgrün, am Rande hell hornartig durchscheinend (besonders gegen den Grund zu) rauh; undeutlich 3*nervig (selten 5*nervig), am Grunde an Stelle der Neben® blätter mit 2 dunkelbraunen Drüsen (Fig. 1666 b). Blüten in doldig*rispigen, spärlich beblätterten Wickeln, auf 2 bis 4 mm langen, kantigen, aufrechten Stielen. Kelchblätter schmal*eiförmig, 6 bis 9 mm lang, zugespitzt, am Rande etwas häutig, drüsig*gewimpert (Fig. 1666d). Krön* blätter keilförmig*verkehrteiförmig, in den Grund verschmälert, 12 bis 20 (22) mm lang, satt* gelb, mit dunkleren Nerven, doppelt bis 3 mal so lang als der Kelch. Staubblätter etwa 10

9 bis 12 mm lang. Griffel mit keuliger Narbe. Frucht eine rundliche, braune, (ohne die Griffel) etwa 4 bis 5 mm lange Kapsel mit innen behaarten Scheidewänden. Samen länglich, 1,8 bis 2,2 mm lang, flach, glatt, braun. — VI, VII. Meist nur zerstreut und selten, in trockenen bis ziemlich frischen Wiesen, auf sonnigen Waldblössen, in lichten Gebüschen; von der Ebene bis in die montane Stufe ansteigend (in Steiermark bis etwa 700 m, in Niederösterreich bis 800 m). Auf Kalk viel häufiger als auf kalkarmen Böden. In D e u t s c h l a n d einzig in Württemberg an der Donau» Seite der Alb bei Blaubeuren, Beiningen, Arnegg, Herrlingen, Ulm, Söflingen, Hörvelsingen, Langenau, Heidenheim»Sdmaitheim, in Bayern auf den Illerleiten zwischen Memmingen und Fellheim, angeblich am Ammersee, früher auf dem Lechfeld, bei Bodenwöhr. Ausserdem hin und wieder aus Gärten verwildert. — In O e s t e r r e i c h in Oberösterreich am Pfennigberg; in Böhmen zerstreut im wärmsten Teile des Hügellandes (auf der Velikä hora bei Karlstein, Woskaberg bei Podöbrad, bei Dymokur, Berg Kotus bei Krinec [?], Iserufer bei Benätek [?], Sovice bei Roudnic [?], Thal bei Peruc, um Leitmeritz häufig, Satanaberg, Debus bei Praskowitz, im Aussiger Mittelgebirge [Strizovitzer Berg auf Phonolith], im Radotiner Tal gegenüber Kosof), in Mähren im Znaimer Kreis um Nikolsburg, auf den Polauer Bergen, Frani, im Brünner Kreis bei Charlottenfeld, Nusslau, Mönitz, Ottnitz, Sokolnitz bis Brünn, bei Auspitz, Klobouk, Lautschitzer Berge, im Hradischer Kreis bei Banov, Gaya, im Olmützer Kreis bei Gross»Latein, Nebotein, Grügau; in Niederösterreich besonders auf Kalk häufig von der Ebene bis in die Bergstufe (800 m), auf dem Granitplateau des Waldviertels fehlend; in Steiermark zerstreut bei Mittendorf nächst St. Peter»Freyenstein, auf dem Plabutsch, St. Gotthard bei Graz, Luttenberg und Ankenstein in den Windischen Büheln, auf der Gora bei Gonobitz, bei Windischgräz, Bad Neuhaus, Hohenegg, Koszeg bei Cilli, Leisberg bei Lichtenwald, Montpreis, Veternik bei Drachenburg; in Kärnten zerstreut auf dem Predigtstuhl, Schmelzhütte, Satnitz, Zwanzgerberg, St. Jakob bei Klagenfurt, Rabensteinerberg, Unter» hausschlucht, Keissberg im Lavanttal, Hollenburg, Maria Rain, Unter» bergen-, in Krain zerstreut (z. B. bei Sagor, auf dem Kumberg, an der Kanker unter Potoce); in Vorarlberg und Tirol fehlend (angeblich am Monte Baldo). — Fehlt in der S c h w e i z gänzlich.

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Donauländer (westlich bis zur Schwäbischen Alb, nördlich bis ins untere Naabgebiet, ins obere Elbegebiet und Mähren), Ostgalizien, Süd* und Südostpolen, Oestliche Lombardei, Albanien, Serbien, Bulgarien, Rumänien, Thrakien, Thessalien, Mittel* und Südrussland. Aendert a b .• f. t y p i c u m Beck. Laubblätter aus lang keilförmigem Grunde länglich»verkehrteiförmig; die mittleren kaum 1 cm breit, die oberen allmählich mehr zugespitzt, zuletzt lanzettlich, dreinervig. — f. l a t i f ö l i u m Beck. Mittlere Laubblätter aus kurzkeiligem Grunde verkehrt«eiförmig, gerundet, spitz, 3« bis 5»nervig, über 1 cm breit. Nach P e t r a k unbedeutende Standortsform schattiger, etwas feuchter und humusreicher Stellen. Auf dem Bisamberg in Niederösterreich. — f. a n g u s t i f ö l i u m Javorka. Laubblätter 3 bis 8 mm breit. Selten. — Zu einer Form von L. flavum gehört wohl auch das von der Pötzleinsdorfer Heide in Niederösterreich erwähnte, sonst in Südungarn vorkommende L. u n i n e r v e Borb. aus dem Formenkreis des Linum Taüricum Willd. Linum flavum gehört dem pannonisch.pontischen Element (vgl. Bd. III, pag 395) an. Sein Vorkommen beschränkt sich fast ganz auf Wiesen und zwar besonders auf Trockenwiesen, wie auf das Stipetum pennatae, die durch Andropogon Ischaemum charakterisierte Gesellschaft, auf das Brometum erecti usw. Seltener ist die Art auch in frischeren Wiesen, in den Westkarpaten sogar in Staudenfluren, in den Ostalpen in sonnigen Gebüschen und auf Waldlichtungen anzutreffen. — Die Blüten sind ausgesprochen dimorph und gegen Wärme und Beleuchtung sehr empfindlich.

10 1798.

Linum viscösum L. ( = L. hirsütum L. ß viscosum Müggenbg,, Kanitz et Knapp). K l e b r i g e r Le i n.

Taf. 175, Fig. 3 ; Fig. 1667 und 1668.

Ausdauernde, 30 bis 60 cm hohe Staude mit spindelförmiger Wurzel und d: reich* ästigem, knorrigem Erdstode. Stengel aufrecht oder etwas gebogen, stielrund, abstehend zottig* weichhaarig. Untere Laubblätter länglich, stumpflich, die oberen eilanzettlich, spitz; alle 3 * bis 5=nervig, locker zottig behaart und am Rande drüsig bewimpert (Taf. 175, Fig. 3 b), sitzend, von der Mitte an nach unten und mehr noch nach oben an Grösse abnehmend, aufrecht abstehend. Blüten mit kurzen, aufrechten Stielen, in traubig angeordneten Wickeln. Kelchblätter 5 bis 7 mm lang, lanzettlich, spitz, auf der Unterseite und im vorderen Teile der Oberseite zottig be* haart, am vorderen Rande drüsig gewimpert. Kronblätter keil* förmig*verkehrteiförmig, 17 bis 22 mm lang, blass rosarot bis hellpurpurn, mit dunkleren Adern, ausnahmsweise weiss oder blau. Staubblätter etwa 5 mm lang; Staubfäden am Grunde verbreitert und miteinander verbunden; zwischen den Staubfäden je ein fädliches Anhängsel. Griffel dünn, etwa 6 mm lang; Narbe keulenförmig. Fruchtknoten behaart. Frucht kugelig, 4 bis 6 mm lang, spärlich (gegen die Spitze zu reichlicher) behaart, hellbraun; Scheidewände kahl. Samen länglich, die eine Längsseite gerade, 2 mm lang, flach, braun. — V bis VII. Zerstreut und meist nicht häufig auf Trocken* und Frisch* wiesen, in lichten Gebüschen, an Waldrändern, auf Waldlichtungen; von der Ebene bis in die subalpine Stufe, in Südtirol bis fast gegen 1900 m, in den Bayerischen Alpen bis 1800 m aufsteigend. In D e u t s c h l a n d einzig im südlichen Bayern: im Mittelstock der Alpen bei Hohenschwangau, im Graswangtal, Heuberg bei Eschenlohe, Unterermberg, Geigerstein bei Lenggries, in den Salzburger Alpen bei Inzell, in der Ramsau, am Watzmann, Nesselgraben und Schneizlreuth bei Reichenhall, Lattengebirge, um Berchtesgaden; auf der oberen Hoch» ebene zwischen Lech und Isar ziemlich verbreitet, auf der unteren Hoch« ebene bei Neu=Ulm, Thierhaupten, Ingolstadt, auf dem Meringer Lechfeld, bei Fig. 1667. L i n u m v i s c o s u m L. a Ha Augsburg, auf der Garchinger Heide, Grüneck, zwischen Ismaning und bitus. b Kapsel mit Kelch. Erding, Rosenau bei Dingolfing, Pilsting im Vilstal. In Württemberg fehlend (der Standort Burlafingen bei Ulm liegt in Bayern, nicht in Württemberg, wie A s c h e r s o n und G r a e b n e r in der Synopsis angeben). — In O e s t e r r e i c h in Salzburg an der Glan gegen Glaneck und in Blühnbach bei W erfen; in Oberösterreich im Krems» und Steyertal (Strangwiese, am Pröller, Georgenberg, am Wiener» wege bei Michldorf, bei Klaus, Frauenstein, Molln, bei Spital am Pyhrn); in Steiermark zerstreut bis in die Voralpen, in Obersteiermark einzig bei Mittendorf nächst Freienstein, in Untersteiermark häufiger (bei Anken» stein, am Kulmberg bei Friedau, bei Marburg, Windischgraz, bei Neuhaus, Cilli, Tüffer, Prassberg, auf der Merzlica bei Trifail, auf dem Lokouz bei Steinbrück, auf dem Leisberge bei Lichtenwald); in Kärnten ziemlich verbreitet, ebenso in Krain; in Friaul zerstreut; in Vorarlberg fehlend, in Tirol zerstreut: im Lechtal bei Reutte und Pinswang, im Oberinntal an verschiedenen Stellen des Mieminger Gebirges, in der Umgebung von Innsbruck bei Kematen [?], aus dem Unterinntal, Kitzbühel, der Gegend von Meran und dem Vintschgau, aus dem Eisackgebiet und aus dem Pustertal nicht angegeben, dagegen bei Campo in Ampezzo vorkommend, im Draugebiet in der Schobergruppe [?], im Nonsberg zerstreut, in der Umgebung von Bozen zerstreut, im Fassatal bei Forno und Primör, in Judikarien zerstreut, in der Umgebung von Trient verbreitet, ebenso im Gebiet von Riva und Rovereto, bei Tione, im Val di Ledro und am Monte Baldo. Fehlt in Niederösterreich, Böhmen und Mähren. — In der S c h w e i z fehlend.

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Portugal, Nord* und Mittelspanien, Pyrenäen, Apennin (südlich bis zum römischen Apennin), Alpen (Seealpen und Ostalpen), Schwäbisch* bayerische Hochebene, Kroatien, Slavonien, Ungarn (Comitat Zala).

11 Aendert ab : var. s i l v e s t r e (Scop.) DC. Fast alle Laubblätter, meist auch die mittleren, seltener auch die unteren drüsig gewimpert. Zerstreut mit dem Typus. — var. N e s 1 1d r i DC. Untere Laubblätter fast kahl, verkehrt«eiförmig bis länglich«eiförmig. Auf Sandäckern in Oberösterreich, Kärnten und Tirol (Kaltem bei Bozen). — var. h y p e r i c i f ö l i u m Salisb. Laubblätter länglich«eiförmig, deutlich 5=nervig. Blüten gross. — 1. l a c t i f l ö r u m Maly. Kronblätter weiss. Kärnten. — Auch lila» oder blassblaue Formen sind gelegent» lieh beobachtet worden, so in Bayern auf dem Marerbergplateau gegen den Lech bei Breiting und mehrfach in Kärnten. Linum viscosum, das auffallenderweise in der Schweiz fehlt, dagegen in den Ostalpen auf der Bayerischen Hochebene bis gegen die Donau vordringt, gehört dem mediterran«montanen Element an. Als Pflanze des geschlossenen Rasens ist die Art an das Leben in beschränktem Raum angepasst (aufrechter Wuchs, eng beisammenstehende Stengel, kleine, aber dicht stehende Laubblätter). Sie bewohnt Wiesentypen der ver» schiedensten Art, sowohl kurzgrasige Brometa erecti als auch langgrasige Frisch» (besonders Auen»)wiesen und Moorwiesen. Ausserdem kommt sie auch auf Waldlichtungen, in Kahl» Schlägen, an Waldrändern, in Stauden» fluren zwischen Gebüschen, auf steini» gen Weiden, an Schutthängen, an Wegrändern, auf Aeckern u. dgl. vor. Neuerdings wird die Pflanze für Blumengärten empfohlen. Die Blüten öffnen sich nur in voller Sonne. Im nichtblühenden Zustande hat die Art eine entfernte Aehnlichkeit mit Geni» stella sagittalis.

1799. Linum hirsütum L. Zot* t i g e r L e i n . Fig. 1669. Ausdauernde, bis 60 cm hohe Pflanze mit ziemlich dicker, verholzter, spindelförmiger Wur* zel und reichästigem Erdstode. Stengel aufrecht oder etwas bogig aufsteigend, stielrund, besonders nacht der Spitze zu ziemlich dicht kurzflaumig behaart. Laub* blätter wechselständig, sitzend; die unteren eilänglich bis länglich*verkehrteiförmig, stumpflich, die oberen eilanzettlich bis lineablanzettlich, spitz; alle 3* bis 5*nervig, ganzrandig, graugrün, die unteren sehr spärlich, die oberen reichlicher behaart, die obersten am Rande drüsig ge* wimpert. Blüten auf kurzen, dicht behaarten Stielen, in rispig angeordneten Wickeln, aufrecht. Kelchblätter lanzettlich, lang zugespitzt, auf der Unterseite und in der vorderen Hälfte der Oberseite dicht dl anliegend behaart, am Rande in der vorderen Hälfte drüsig gewimpert. Kronblätter breit keilförmig*verkehrteiförmig, 20 bis 28 (30) mm lang, hell himmelblau mit dunkleren Nerven und gelbem Nagel. Staubblätter etwa 10 bis 12 mm lang, am Grunde verwachsen, zwischen den Staubfäden mit feinen, linealen Anhängseln. Griffel etwa 5 mm lang, im unteren verbundenen Teil behaart; Narben lineablänglich; Fruchtknoten in der oberen Hälfte kurzhaarig. Frucht kugelig, vorne spitz zulaufend, gegen die Spitze zu behaart, hellbraun. Samen länglich, 2,5 mm lang, flach, glatt, glänzend dunkelbraun. — VI, VII. Auf trockenen Grasplätzen, Hügeln, in Weinbergen, an trockenen Abhängen. In O e s t e r r e i c h im Gebiete der pontischen Flora; fehlt in D e u t s c h l a n d und in der Sc hwe i z. In O e s t e r r e i c h im südlichen Mähren (Pollauer Berge), um Nikolsburg, Schöllschitz, Morbes, Wedro» witz, Maretitz, Banov, Welka, Hluk, Altenberg bei Pausram), in Oberösterreich selten, in Niederösterreich im Gebiete der pontischen Flora zerstreut, sonst bei Krems, Stein bei Wien, Weidling, Gaemaus im Bezirk Mistel» bach, in Steiermark selten (auf dem Plabutsch bei Graz [wohl verschwunden], bei Jerusalem nächst Luttenberg,

12 Pettau, angeblich auch bei Neuhaus), in Kärnten bei Raibl, Langenberg im Lavanttal, Finkenstein, Karawanken, Loiblwiesen, Obir, Maria Rain, Jauntal, Eberndorf, in Krain (Dobrava Terrasse südlich von Javornik). Fehlt in Böhmen, Salzburg, Tirol und Vorarlberg.

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Südöstliches Europa (Mittel® und Südrussland, Balkanhalbinsel, Rumänien, Polen, Ungarn, Kroatien, im Gebiet westlich bis Mähren, Oberösterreich, Steiermark und Kärnten). Aendert ab: var. l a t i f ö l i u m Ledeb. Stengel oberwärts wollig, nach unten zu fast kahl. Laubblätter breiter, spärlich zottig behaart, 5=nervig. Hoch» blätter sowie Kelchblätter reichlich drüsenhaarig. Verbreitetste Form. — var. s u b g l ä b r u m Ledeb. ( = L. hirsütum L. ß glabrätum Kovacs, = L. Pannöni» cum Kerner, = L. nudifölium Borbas, = L. glabrescens Borbas). Stengel ober» wärts spärlich zottig bis weichflaumig, unterwärts kahl. Laubblätter meist 5» oder die oberen 3»nervig, kahl oder die oberen spärlich behaart. Sehr zer» streut. — Exemplare mit weissen Blüten sind in Siebenbürgen beobachtet worden. Linum hirsutum gehört wie L. perenne und L. Austriacum dem pon» tischen Element an.

1800. Linum tenuifölium L. ( = L. Cilicicum Fenzl, = L. an® gustifölium Tomaschek, = Cathartolinum tenuifölium Rchb.). S c h m a l b l ä t t e r i g e r 1) Le i n . Taf. 175, Fig. 5 5 Fig. 1670. Ausdauernde, 15 bis 50 ( 100) cm hohe, meist kahle Staude oder Halbstrauch. Wurzel ziemlich dick, spindelig, wenig ästig, verholzt, gelblich. Stengel mehrere, aus einem reichästigen Erd® stock entspringend (neben fertilen auch sterile Sprosse vorhanden), aufrecht oder aus niederliegendem Grunde aufsteigend, im untersten Teil verholzt und spärlich kurzflaumig behaart, sonst kahl, stiel® rund, feingerillt. Laubblätter wechselständig, im unteren Stengelteil sehr dicht gedrängt, nach oben zu entfernter stehend, kürzer, sitzend, lineal, spitz, die obersten zugespitzt, einnervig, am Rande zurück® gerollt, von kurzen Zäckchen rauh, sonst kahl, graugrün. Blüten bis 22 mm im Durchmesser, in lockeren, bis über 12 ®blütigen, Fig. 1669. Linum hirsutum l. spärlich beblätterten, rispig angeordneten Wickeln, auf kurzen, dünnen, a Habitusp/inaturi. Grösse), b Frucht kahlen Stielen. Kelchblätter lanzettlich, pfriemlich zugespitzt, etwa 6 bis 7 mm lang, auf dem Rücken durch den vor tretenden Mittelnerven gekielt (Fig. 1670 b), am Rande drüsig gewimpert, an der Frucht erhalten bleibend. Kronblätter frei, verkehrt®eiförmig, nach dem Grunde zu keilförmig verschmälert, 10 bis 15 mm lang, vorn mit aufgesetztem Spitzchen, ganzrandig, helllila oder rosenrot, seltener milchweiss. Staubblätter etwa 6 bis 7 mm lang; Staubbeutel schmal, 1,8 mm lang; Staubfäden am Grunde frei oder ± verwachsen, verbreitert, am verbreiterten Teil spärlich behaart. Griffel sehr dünn, etwa 6 mm lang; Narbe kopfig. Frucht aufrecht, ei®.kegelförmig bis fast kugelig, spitz, 3 bis 4 mm lang, kahl; Scheidewände behaart. Samen schmaMänglich, 2 bis 2,1 mm lang, flach, kahl, glatt, hellbraun. — VI, VII. Zerstreut, aber oft gesellig in offenen Trockenwiesen, steinigen, schwach berasten Weiden, auf Felsschutt, in lichten Gebüschen und Kiefernwäldern; von der Ebene bis an die obere Grenze der montanen Stufe, im Wallis bis 1500 m, in Südtirol auf dem Monte Cles ebensohoch aufsteigend. Meist auf Kalk, selten auf Silikatgesteinsböden (Gneis). In D e u t s c h l a n d nur in Süd» und Mitteldeutschland: in Bayern auf der unteren Hochebene bei Garching (ob noch?), Gottfrieding bis Schwaigen bei Dingolfing (ob noch?), im Jura gegenüber Sinzing bei Regens» x) Fälschlicherweise häufig Zart» oder Feinblätteriger Lein genannt; tenuis bedeutet hier nicht zart« dünn oder fein, sondern schmal, schmächtig. C a m e r a r i u s erwähnt 1588 die Pflanze als „circa vineta Fran» coniae“ wachsend unter dem Namen Linum sylvestre tenuifölium.

13 bürg, im Keupergebiet am Hohenlandsberg bei Uffenheim, Sulzheim bei Schweinfurt, im Muschelkalkgebiet ziemlich verbreitet, in der Rhön bei Elfershausen, Frickenhausen, Völkershausen, Hammelburg, Thulba, in der Mittelpfalz ziemlich verbreitet, in der Nordpfalz im N ahetal; in Württemberg und Hohenzollern im Muschel» kalk», Keuper» und Liasgebiet zerstreut, im Jura vom Randen bis Ulm und Urach zerstreut; in Baden im Bodenseegebiet bei Oehningen, Bodmann, Aach, am Hohentwiel bei Welschingen, Eigeltingen, Mindelsee, in der Rheinebene von Basel bis Lahr, Kaiserstuhl, Bergstrasse, im Vorlande des Schwarzwaldes vom Klettgau bis Rottenburg und Nagold nicht selten, im Neckar» und Maingebiet ziemlich verbreitet; in Elass»Lothringen auf Kalk ziemlich verbreitet; in Mitteldeutschland zerstreut, nördlich bis zum Moseltal, bis ins untere Lahntal, bis zur Wetterau, Schlüchtern, bis zu den Leinehöhen zwischen Göttingen und Northeim, Frankenhausen»Schwarza und in die Gegend von Erfurt (über die Verbreitung im Saalebezirk vgl. August S c h u l z . Berichte V er. Erforsch, heim. Pflanzenwelt. Halle a. S., 1922); fehlt in Sachsen und in Schlesien. — In O e s t e r r e i ch in Salzburg und Schlesien fehlend; in Oberösterreich auf dem Traunalluvium am Wege vom Klimitsch zum Hanselbäck, beim Militärturm hinter Niederreuth; in Böhmen in der westlichen Elbeniederung zerstreut; in Mähren im südlichen Teil verbreitet, nördlich bis Brünn, Austerlitz und G a y a ; in Niederösterreich häufig in der Ebene und in der Bergstufe; in Steiermark in Untersteiermark stellenweise nicht selten, bei Maria»Neustift, Sauritsch, Pöltschach, Rohitsch, bei Bad Neuhaus, Cilli, Prass» berg, im Sann» und Savetal, bei Tüffer, Römerbad, Steinbrück und Trifail; in Kärnten im Lavanttal, am Kaschauerstein und Langenberg, bei St. Georgen am Längsee, Pontebbana»Graben, Kanaltal, Eberndorf, Kappel und Rechberg; in Krain verbreitet; in Vorarlberg fehlend; in Tirol nur in der Umgebung von Meran (Nals, Andrian), im Nonsberg und Sulzberg, bei Bozen zerstreut, bei Campo in Ampezzo, im Drautal bei Lienz, bei Fleims, Cavalese, Tesero, in Judikarien zerstreut, ebenso im Gebiet von Trient und Rovereto. — In der S c h w e i z in den wärmeren und tieferen Lagen zerstreut; in den Kantonen Uri, Schwyz, Unterwalden, Luzern, Zug, Glarus, St. Gallen und Appenzell fehlend.

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Mediterrangebiet, Mittel* europa nördlich bis zum belgischen Jura* und Kohlenkalkgebiet, bis zum Moseltal, Mitteldeutschland, Böhmen, Mähren, Galizien und Sieben* bürgen, MittebRussland, Kaukasus; Armenien, Kleinasien, Syrien; Nordafrika. Aendert ab: var. t y p i c u m Ascherson und Graebner. Stengel auf« steigend bis aufrecht. Laubblätter schmaLpfriemlich. Verbreitetste Form. Hie» zu: L . e l ä t u m Sauter. Stengel bis 1 m hoch. — 1. l a c t i f l ö r u m Rouy et Foucaud. Kronblätter milchweiss. — var. r i g i d u m Podpßra. Stengel steif Fig. 1670. L i n u m t e n u i f o l i u m L. aufrecht. Laubblätter breiter, erhaben nervig. Kelchblätter kürzer, aus ei. a Habitus, b Kapsel, vom Kelch eingeschlossen. förmigem Grunde nicht allmählich verschmälert, spitz. Ob im Gebiet? — var. p u b ^ s c e n s Wohlfahrt. Stengel unterwärts oder bis zur Mitte flaumhaarig. Selten bis zerstreut. — var. s c a r i ö s u m (Sieber). Kelchblätter breitlanzettlich, zugespitzt, mit breitem, trocken« häutigem Rande kleingewimpert, drüsenlos, fast halb so lang als die Kronblätter. In der Bergstufe von Steier» mark (kritische, noch zu prüfende Pflanze). Linum tenuifolium gehört dem mediterran.pontischen Element an. Wie die vorhergehende Art ist auch es in besonderem Masse an das Leben in Trockenwiesen auf nährstoffreichem Boden (aufrechter Wuchs, schmale, am Rande umgerollte, graugrüne Laubblätter, schwache Bewurzelung) angepasst. Die Art erscheint im Stipetum pennatae, Brometum erecti, Festucetum Vallesiacae (auf sonnigen, trockenen Lössböden des Unterwallis nach G a m s zusammen mit Bulbocodium vernum, Silene Otites, Minuartia fasciculata, Anemone montana, Onosma Helveticum, Euphrasia lutea, Globularia Willkommii, Scabiosa gramuntia, Aster Linosyris), in der Andropogon Ichaemum»Wiese (z. B. der Karstheiden, der galizischen Steppen) u. dgl. Von dem sonnigen, steinigen Hang und aus der Felsenheide geht die Art auch auf den Felsen selbst über, ferner auf Sanddünen (Genfer See) sowie an den Meeresstrand der Adria, andererseits auch in frischere Bergwiesen mit tiefgründigeren Böden (so in den Westkarpaten), in die Staudenfluren der dazischen Bergtrift, in lichte Gebüsche (z. B. in die immergrüne Buschformation von Dalmatien), in lichte Wälder von Pinus silvestris (so z. B. auf den Südhängen der Drumlins im nördlichen Teile des Kantons Zürich), in den Karstwald. H eg i , Flora. V, 1.

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14 1801a. Linum Gällicum L. ( = L. trigynum L., = L. Abyssinum Höchst., = L. Libürnicum Hai. nec Scop., =

Cathartolinum Gällicum Rdib.). F r a n z o s e n * L e i n , Kleinblütiger Lein. Kroatisch: Majhnocvetni lan. Fig. 1671 a bis c.

Einjährige, 10 bis 40 cm hohe, kahle Pflanze. Wurzel dünn, spindelförmig, wenig ästig, gelb. Stengel dünn, aufrecht oder aufsteigend, mattgrün, meist oberwärts ästig, seltener einfach. Laubblätter wechselständig, sitzend, lineallanzettlich, zirka 1 cm lang und 1 mm breit, die unteren stumpf, die oberen zugespitzt, am Rande wenig rauh, im unteren Teile des Stengels zur Blütezeit meist schon abgefallen. Blüten in lockerem, trugdoldig=rispigem, spärlich beblättertem Blütenstand, auf dünnen, die Kelchblätter an Länge überragenden Stielen. Kelchblätter schmallanzettlich bis eilanzettlich, fein grannig zugespitzt, etwa 3 (bis 5) mm lang, am Rande drüsig ge* wimpert. Kronblätter etwa 5 bis 6 mm lang, breitverkehrt* eiförmig, in einen breiten, kurzen Nagel zusammengezogen, etwa doppelt so lang als der Kelch, hellgelb, verwelkend weiss. Narbe kopfförmig. Frucht klein, nur etwa so lang als der Kelch. Samen länglich, etwa 2 mm lang, flach, braun. — VI, VII. An kurzgrasigen Stellen in der Heide (Eichenhaine) und auf Gerolle. Einzig im südwestlichen Teile von Krain im Tale der Reka (bei Unter*Vreme) bei 840 m, im Küsten* land und in Görz*Gradiska. Die Angabe von W u l f e n am Nanos und die von F l e i s c h m a n n bei Brod an der Kulpa werden von P a u l i n (Beiträge zur Kenntnis der Vegetations* Verhältnisse Krains, 2. Heft) nicht bestätigt. Von W u l f e n irrtümmlich auch für die Tröpolacher Alm in Kärnten an* gegeben. Adventiv im Hafen von Mannheim (1907). Allgemeine Verbreitung: Mittelmeergebiet, westlich bis Madeira und bis zu den Kanarischen Inseln, nördlich bis Frankreich (südlich der Loire), bis zu den See* Fig. 1671. L i n u m Gä l l i c u m L. a Habitus. alpen, Görz, Gradiska, Südkrain, Nordungarn und zur Krim, b Kronblatt. c Fruchtknoten, vom Kelch ein­ geschlossen. — L i n u m N a r b o n e n s e L. östlich bis zum Kaukasus und Persien, südlich bis Kleinasien, d Habitus, e Kelch, die Frucht einschliessend. Syrien, Nordafrika und Abessinien. Aendert ab : f. a ü r e u m (Waldst. et Kit.). Kronblätter ausgerandet. Wohl nicht im Gebiet. — f. r a m o s i s s i m u m Fr. Zimmermann. Pflanze sehr ästig. Adventiv bei Mannheim. Linum Gällicum gehört dem mediterranen Element an. Die Pflanze tritt fast nur in wiesenartigen Pflanzengesellschaften auf.- in Weiden, im Festucetum ovinae, in Beständen mit Weingaertneria canescens, in der Felsenheide.

1801b* Linum Narbonense L. ( = L. laeve Rchb.).

N a r b o n e r Le i n .

Fig. 1671 d.

Ausdauernde, 20 bis 50 cm hohe, kahle Pflanze mit reichästiger, verholzter Wurzel und undeutlichem, wenig ästigem, mehrköpfigem Erdstock. Stengel einfach oder im oberen Teile verzweigt, steif aufrecht, am Grunde etwas gebogen, stielrund, kahl. Laubblätter ziemlich dicht stehend, wechselständig, sitzend, scharf zugespitzt, steif, i 2 cm lang und 0,5 bis 2,5 mm breit, freudiggrün, am Rande schmal durchscheinend hornrandig, kahl; die untersten klein, schuppenförmig, 3*eckig, die unteren länglich, spitz, klein, allmählich in die lineablanzettlichen, scharf zugespitzten, mittleren übergehend, die obersten den mittleren ähnlich, aber kleiner. Blüten in ziemlich armblütigen Wickeln auf etwa 5 bis 7 mm langen, aufrechten Stielen.

15 Kelchblätter ± breit eilanzettlich, 10 bis 12 mm lang, lang zugespitzt, mit breitem Hautrande, gekielt, kahl, mattglänzend. Kronblätter verkehrt=eiförmig bis fast spatelförmig, in einen langen Nagel verschmälert, vorne mit rechtwinkeliger Spitze, kahl, himmelblau, mit dunkleren, violetten Nerven und gelbem Nagel. Staubblätter etwa 14 bis 15 mm lang, am Grunde zu einer kurzen Röhre verwachsen. Griffel zirka 5 mm lang; Narbe lineal. Fruchtknoten kahl. Kapsel kugelig, oben spitz. — VII. Selten an grasigen Stellen auf Bergwiesen; gern, doch nicht ausschliesslich, auf Kalk. Nur in Oberkrain (im oberen Savetal bei Radmannsdorf=Lees=Dobrava und in der Schlucht bei Moste, am Vinj vrh bei Zirknitz, im südlichen Innerkrain, vom Nanos bis zum Schneeberger Wald» gebirge (Nanos, Adelsberg, Senozece, Vremscica, Osojnica, zwischen Grafenbrunn und Merecje), in Friaul (bei Cividale), am Monte Valentin und Monte Sabotina bei Görz, vom nördlichen Randgebirge über den ganzen Karst bis zum Monte Maggiore und bis in die Cicerei von Istrien häufig. Dagegen in Tirol und in Unter« Steiermark (soll zwar nach M a 1y von P r a e s e n s bei Cilli gesammelt worden sein) bestimmt fehlend.

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Mittelmeergebiet, von der Iberischen Halbinsel östlich bis zum Karst, bis Krain und Kroatien; Nordafrika. B e c k zählt diese Pflanze zu Jenen pontischüllyrischen Arten (mit Asparagus tenuifolius, Gladiolus llyricus, Cirsium Pannonicum), die im oberen Savetal bei Dobrava und Moste ihre Westgrenze erreichen. — In Schlesien scheint sie bereits im 17. Jahrhundert als Zierpflanze bekannt gewesen zu sein.

1802. Linum alpinum Jacq. ( = L. alpinum Jacq. « genuinum Koch, L , = Austriacum L. ß alpinum Neilr., = L. perenne L, 6 alpinum Schiede, = L. alpinum jacq. ß gracilius Bertol., = L. monadelphum Kit., = Adenolinum alpinum Rchb.). A l p e n »Lei n. Fig. 1672 und 1673. Ausdauernde, 10 bis 30 (50) cm hohe, kahle Pflanze mit heller, spindeliger Wurzel und ziemlich reichästigem Erdstock. Stengel meist mehrere, am Grunde bogig aufsteigend oder seltener aufrecht, dicht beblättert, einfach oder im oberen Teile (nach dem Abblühen) sterile, dicht beblätterte Zweige treibend. Laubblätter wechselständig, sitzend, lineaWanzettlich, 0,5 bis 1 (2) mm breit, einnervig; die untersten eiförmig, fast schuppenförmig, klein, vorne stumpf, die mittleren stumpflich und grösser als die zugespitzten oberen, am Rande glatt, meist ohne Zäckchen, grün. Blüten in arm*(l* bis 7*)blütigen Wickeln auf ziemlich langen, die Kelchblätter an Länge übertreffenden Stielen. Kelchblätter ziemlich gleichartig oder verschieden gestaltet; die 2 äusseren dann lanzettlich bis schmallanzettlich, zugespitzt, die 3 inneren länglich oval bis eiförmig, kurz zugespitzt bis stachelspitzig. Kronblätter hinfällig, verkehrt*eiförmig*keilförmig, etwa 12 bis 18 mm lang, schmäler als bei der folgenden Art, sich nur mit den Rändern deckend, vorne stumpflich, abgerundet, wässerig heller oder dunkler blau, am Grunde gelb* lieh und spärlich behaart. Staubblätter bei den kurzgriffeligen Blüten etwa 6 mm lang, am Grunde wenig miteinander verbunden, bei der langgriffeligen Form so lang wie der freie Faden; Staubbeutel weiss. Fruchtstiele 2 bis 3 mal länger als die Frucht, aufrecht oder meist einseitig etwas seitwärts gebogen. Kapsel kugelig, weiss, 6 bis 8 mm lang, bespitzt, fast doppelt so lang als der Kelch. Samen 4 bis 5 mm lang, sehr schmal, häutig berandet. — V I bis VIII. Zerstreut, aber zuweilen massenhaft im Felsgeröll, an sonnigen Felsen in der subalpinen und alpinen Stufe der A l p e n von zirka 1400 bis zirka 2200 m ; zuweilen in die Täler herabge* schwemmt (in Steiermark im Gesäuse, bei Johnsbach, Unterlaussa), in Niederösterreich am Hohenberg schon bei 474 m, in Kärnten am Kouk bei zirka 900 m. Kalkstet. A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Pyrenäen, Südfrankreich, Alpen, Jura, Gebirge von Südeuropa; die subsp. Anglicum in Frankreich und England. Die Einteilung und ebenso die Abgrenzung dieser ausserordentlich veränderlichen Art gegen L. per« enne ist bei den wechselnden Anschauungen der Autoren ( A l e f e l d , R e i c h e n b a c h , R. B e y e r , H. H o l z e r , R o u y , H a y e k ) äusserst schwierig. Besonders künstlich erscheint die Einordnung — wenigstens aus pflanzen» geographischen Gründen — des Linum Anglicum. Vorläufig mag folgende Gliederung gelten j subsp. eu-alpinum Aschers. ( = L. alpinum L. im engeren Sinne, = L. perenne L. Rasse emalpinum Herrmann). Pflanze ziemlich 204*

16 niedrig. Stengel niederliegend bis aufsteigend. Laubblätter besonders am Grunde dicht stehend, linealisch. Blüten» stände armblütig. Kelchblätter meist ziemlich gleichartig; die äusseren meist ovalzugespitzt, die inneren breitoval, stachelspitzig. Kapsel ziemlich klein, breiteiförmig bis fast kugelig. Samen an der ganzen Innenseite mit deutlichem Hautsaume. In den östlichen Alpen verbreitet (fehlt in Bayern), in den westlichen anscheinend zerstreut und auf weite Strecken hin fehlend (wird hier wohl durch die subsp. montanum erset^j^ Híeher: f. s a x í c o l a (Jordan) Rouy. Pflanze kräftiger, meist 30 bis 50 cm hoch. Stengel aufrecht. Laubblätter gross, lanzettlich, voneinander weit entfernt. Kelchblätter auffallend breit, stumpf, nur V» so lang als die Kronblätter. Früchte grösser. Anscheinend sehr zerstreut; vielleicht nur üppige Standortsform. — subsp. montanum (Schleich.) Koch. ( = L. laéve Scop., = L. Au» stríacum L. a montanum Vis.). Grundachse schief, walzlich, knorrig»kopfig, mit kurzen, ziemlich locker beblätterten, nichtblühenden, kahlen Sprossen. Blütenstengel wenig zahlreich, aus bogigem Grunde aufrecht, oberwärts gabelästig, stielrund. Laub» blätter lineaLlanzettlich, 1 bis 1,5 cm lang und 1 bis 2 mm breit, zugespitzt, dünn, steiflich, etwas graugrün, kahl; die unteren zur Blütezeit meist schon verwelkt. Scheintrauben locker. Blütenstiele schlank, unter dem Kelch etwas verdickt, stets aufrecht. Kelchblätter lanzettlich, allmählich zu» gespitzt, hautrandig, der Mittelnerv bis zur Mitte kielartig vorspringend, kahl, glatt, etwa so lang wie die Kapsel; die 2 inneren öfters verkehrt» eiförmig, plötzlich kurz zugespitzt. Kronblätter verkehrt=eiförmig, mit den Rändern sich stärker deckend, wässerig hellblau, am kurzen Nagel gelb, etwa 3 mal so lang als der Kelch, den ganzen Tag geöffnet. Kapsel eiförmig. Samen mit einem Spitzchen am stumpfen Ende. In den Alpen ziemlich verbreitet, in der Schweiz und in Tirol überwiegend, in den südlichen Kalkalpen noch auf dem Nanos und im Ternovaner W ald; ausserdem im Französischen und Schweizer Jura (Mont Tendre, Dole, Reculet). Diese beiden von vielen Autoren als Rassen unterschiedenen Pflanzen sind im allgemeinen auf die Kalkalpen beschränkt und erscheinen hier zuweilen in Massenvegetation im Dryadétum. Im Hortus Eystettensis (1613) wird Linum alpinum als L. sylvéstre flöre caerüleo aufgeführt. Das von M u r r von der Lavena Alpe in Liechtenstein (Allgemeine Botan. Zeitschr. 1910, pag. 86) angegebene L. alpinum wird von H a n d e b M a z z e t t i (in Oesterr. Botan. Zeitschrift, 1911, nr. 6) als L. perenne gedeutet, dürfte aber doch eher in den Formenkreis des L. alpinum gehören (vgl. pag. 18). — subsp. Julicum Hayek ( = L. leéve Fritsch nec Scop., = L. alpinum Fleischm., = L. Austriacum Pacher nec L.). Sanntaler»Lein. Erdstock mehrköpfig. Stengel aufsteigend oder aufrecht, bis 40 cm hoch, kahl, wenig ästig, reich beblättert. Unterste Laubblätter wagrecht abstehend, lanzettlich, kürzer als die übrigen, die oberen lineal.lanzettlich, spitz, bis 2 mm breit, ganzrandig, am Rande glatt, bis zur Mitte 3», dann 1«nervig. Blüten in blattachselständigen, 2 » bis 8»blütigen Wickeln. Kelchblätter eiförmig, gleichlang, kahl, ungewimpert; die 3 inneren stumpf, breithäutig berandet, die 2 äusseren schmäler, spitz, schmäler berandet. Kronblätter keilig»verkehrt»eiförmig, 1,2 bis 1,5 cm lang, tief azurblau mit gelbem Nagel. Fruchtstiele einseitig mässig übergebogen, selten fast wagrecht. Kapsel kugelig, 6 bis 7 cm lang, stachelspitzig. Samen schmal häutig geflügelt. — An Felsen und im Felsschutt der höheren Voralpen bis in die alpine Stufe von zirka 1400 bis 2000 m (hie und da auch tiefer). Wohl in den ganzen südlichen Kalk» alpen (westlich bis zum Comersee) und in den nördlichen Ausläufern des Karstes, östlich bis Bosnien. In Steiermark in den Sanntaler Alpen nicht selten (Korsica, Ojstrica, Mrzlagora, Rinka, Sanntaler Sattel), in Kärnten (Reisskofel Reppspitz bei Tröpolach, Watschiger» und Kühweger»Alpe, Mittagskofel bei Malborgeth, Fischbach» alm bei Raibl, Dobratsch, Kotschna, Ortatscha, Seleniza, Obir, Petzen usw.), auf dem Kramer Schneeberg (vgl. Bd. VI, pag. 389). Nach H a y e k gehört dieser Neuendemismus der südlichen Kalkalpen in den Sanntaler Alpen wie Asplenium fissum, Aspidium rigidum, Trísetum argenteum, Festuca nítida, Alsíne Austríaca, Moehríngía cílíata, Cera» stium Carinthiacum, Dianthus Sternbergii, Thlaspi Kerneri, Hutchinsia alpina, Sedum atratum, Dryas octopetala, Linaria alpina, Leontopodium alpinum, Senecio abrotanífolíus usw. zu Jenen Arten, die mit den Schuttmassen tief (800 bis 1000 m) hinabsteigen.

17 subsp. nglicum (Mill.) ( = L. Leönii1) F. Schultz, = L. alpinum Jacq. ß collinum Gren. et Godr., __ L. laeve Scop. y Leonii Rouy, = L. perenne L. subsp. Anglicum Druce, = Adenolinum Leonii Rchb.). Fig. 1673. Stengel zur Blütezeit aufsteigend, meist niedrig, gewöhnlich nur 10 cm hoch, zierlich, zur Fruchtzeit niederliegend, massig dicht beblättert. Nichtblühende Sprosse sehr dünn, dicht und fein beblättert (oft auffällig an die Kurztriebe von Taxodium distichum erinnernd). Laubblätter linealisch ; die unteren meist abstehend. Wickel meist nur 1« bis 3» (bis 5»)blütig. Blüten» stiele auch zur Fruchtzeit steif aufrecht oder doch nur schwach gebogen. Kronblätter keilförmig, etwa 3 mal so lang als die Kelch» blätter. Reife Samen breiteiförmig, glänzend dunkelbraun, sehr fein eingedrückt punktiert, nur unter der Spitze des etwas heller gefärbten Innenrandes schwach und undeutlich hautrandig. —- Auf trockenen Hügeln (Oolithkalk). Nur im westlichen Gebiet in Lothringen um Metz, Chätel, Ars, Ancy, Onville, Novdant, Gorze Bayon» ville, Waville, Verdun, ausser in Frankreich auch in England. Neuerdings von A. K n e u c k e r auch in Baden auf Wellenkalk am Apfelberg zwischen Hochhausen und Gamburg auf dem linken Tauberufer entdeckt, in Gesellschaft von Althaea hirsuta, Linum tenui» folium, Fragaria viridis, Calamintha Acinos, Ajuga Chamaepitys, Allium sphaerocephalum usw. — Die Zugehörigkeit dieser fast nur auf Frankreich und England beschränkten Pflanze zu L. alpinum ist nicht erwiesen (vgl. auch L. Petryii pag. 18). Pflanzengeographisch stellt sie einen selbständigen Typus dar, Fig. 1673. L i n u m a l p i n u m Jacq. subsp. An g l i während sie systematisch zu L. perenne überleitet. cum (Mill.). a, b Habitus.

1803, Linum perenne L. ( = Adenolinum perenne Rchb., = Linum Baväricum F. Sdiultz, = L. laeve Scop. ß Bavaricum Rouy, = L. Darmstadinum Alefeld). S t a u d e n * L e i n . Fig. 1674 und 1675. Ausdauernde, 20 bis 60 (100) cm hohe, kahle Pflanze mit hellgelblicher, spindelförmiger Wurzel und reichästigem Erdstode. Stengel mehrere, senkrecht oder schief aufrecht, einfach oder im obersten Teil verzweigt, ziemlich dicht beblättert, stielrund. Laubblätter lineablanzettlich, zugespitzt, 1* bis 3=nervig, am Rande von feinen Zäckchen etwas rauh. Blüten in ziemlich reichblütigen Wickeln auf ziemlich kurzen, die Kelchblätter an Länge meist etwas übertreffenden, aufrechten Stielen. Aeussere Kelchblätter eiförmig*elliptisch, sehr stumpf, etwa 3,5 bis 5 mm lang, schmal weisshautrandig oder aber ohne Hautrand, mit kleiner, aufgesetzter Stachelspitze; die inneren breit eiförmig «rundlich, 4 bis 8 mm lang, breit weisshautrandig, mit winzigem, aufgesetztem Stachelspitzchen, deutlich länger und breiter als die äusseren. Krön* blätter verkehrt*eiförmig*keilförmig, vorne stumpf, abgerundet, 1,5 bis 2 cm lang, hellblau oder röt* lieh, ausnahmsweise weiss, am Nagel gelblich, sich mit den Rändern ihrer ganzen Länge nach deckend. Staubblätter in den langgriffeligen Blüten etwa 4,5 mm lang, am Grunde verbunden, kahl, oberwärts meist stahlblau; Staubbeutel gelblichweiss. Griffel bei den langgriffeligen Blüten etwa 6 mm lang; Narbe keilförmig«kopfig. Frucht fast stets eiförmig*kugelig, 6 bis 7 mm lang, bis fast doppelt so lang als die Kelchblätter; Scheidewände behaart. Samen eilänglich, etwa 4 mm lang, flach, braun. — VI, VII, vereinzelt bis X. Selten auf Trocken* und Frischwiesen, an Waldrändern, an steinigen Hängen, auf Kalk», Sand* und Lössboden. Nur in den Niederungen und ursprünglich nur in O e s t e r r e i c h (Nieder* und Oberösterreich, Krain) und in S ü d d e u t s c h l a n d . Ausserdem gelegentlich gartenflüchtig. In D e u t s c h l a n d zerstreut im südlichen und mittleren Teile, nördlich bis Frankfurt a. M. und bis in die Rheinfläche (zwischen Darmstadt und Weinheim). In Bayern zerstreut auf der unteren Hochebene (Garchinger» und Sempterheide, bei Landshut, bei Weltenburg, Regensburg, Straubing, Entau bei Bogen, Halbmeile, x) Benannt nach dem Pflanzensammler L é o , der die Pflanze in Lothringen entdeckte.

18 Niederaltaich, Plattling, Vilshofen, Passau), im Jura am Staffelberg, bei Artelshofen, zwischen Woffendorf und Prügel sowie Görauer Anger bei Weismain, im Keupergebiet bei Melkendorf bei Kulmbach (vorübergehend), Grettstadt und Röthlein bei Schweinfurt, Kitzingen. Fehlt in Württemberg und in der Pfalz. Ausserdem hie und da aus Gärten verwildert, so in Schlesien (mehrfach um Grün» berg), in Thüringen bei Alsleben, bei Erfurt (an der Sangerbäuser Bahn vollständig ein» gebürgert), in Brandenburg bei Buchow und Rüdersdorf. — In O e s t e r r e i c h in Nieder» Österreich (längs der Donau), in Oberösterreich (z. B. um Linz), in Böhmen (im Elbetale bei Wschetat) und in Krain. — In der S c h w e i z von O. N a eg e l i 1895 bei Ober» Neunforn im Kanton Thurgau festgestellt, Jetzt aber durch Kulturanlagen zerstört (ob überhaupt ursprünglich?) und von Ch r i s t , angeblich im Wallis (Felsenheide bei Raron). Die Abtrennung einer besonderen Varietät B a v a r i c u m ist nach V o l l » m a n n (Berichte der Bayer. Botan. Gesellschaft. Bd. XIV [1917], pag. 49) ganz unge» rechtfertigt, ebenso einer var. D a r m s t a d i a n u m ; denn L. perenne bleibt stets niedrig, wenn der Untergrund trocken, steinig oder nährstoffarm ist. Dagegen dürften die Pflanzen vom Echerfirst am Göll bei 1700 m in den Berchtesgadener Alpen, ebenso von der Lavena»Alpe in Liechtenstein (vgl. pag. 16) eher zu dem Formenkreis des L. alpinum gehören, während L. perenne von Raron im Wallis von H a n d e l » M a z z e t t i neuerdings als L. Austriacum gedeutet wird.

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Mittel* und Südrussland, Ru* mänien, Bulgarien, Serbien, nördl. Bosnien, Siebenbürgen, Karpaten (hier die subsp. Carpäticum liechtritz, — L. extraaxilläre Kit.), Siebenbürgen, Galizien, Ungarn, Kroatien, Slavonien, Oesterreich, Süddeutschland $ Schweiz (var. Sibiricum Schiede). Adventiv in Kalifornien. Linum perenne ist im Gebiet einigermassen veränderlich 5 doch handelt es sich nur um unbedeutende Standortsformen. Die Art ist eine ausgesprochen pannonisch=pontische Pflanze, die in Süddeutschland zu den bezeichnenden Typen der Trockenwieseh gehört (vgl. Anemone patens. Bd. III, pag. 535). Ehedem wurde L. per» enne als sog. „Ewiger Lein“ stellenweise kultiviert, so in Kärnten zu W u l f e n s Fig.1674. L i n u m p e r e n n e L. Zeiten im Himmelberger Grund und in der Gnesau. Der Anbau hat sich aber nicht Habitus. bewährt; die Art lieferte eine sehr grobe Faser. Dagegen wird sie schon seit langer Zeit — in Schlesien bereits im Zeitalter Ludwigs XIV. (1643 bis 1715) — als Zierstaude in Gärten gehalten und scheint daraus leicht zu verwildern. Die aus Tirol, Vor» arlberg (Rankweil), Norddeutschland, Schlesien und aus der Schweiz (Neunforn, Raron) erwähnten Fundorte dürften solche Gartenflüchtlinge darstellen. Als wirklich ursprüng» lieh ist L. perenne in Mitteleuropa wohl nur in Nieder» und Oberösterreich (hier aus Ungarn eingewandert), in Krain sowie in den Niederungen (Donau», Main», Mittel» rheingebiet) von Süddeutschland anzusehen. Als systematisch nahestehende Form (vgl. auch L. Anglicum, pag. 17) mag erwähnt sein: Li num P e t r y i 1) R. Beyer ( = L. Leönii vieler Autoren). Pflanze zahlreiche blühende und nichtblühende Stengel treibend. Unterster Blütenstiel meist auffallend tief (bis 7,5 cm unter dem nächstfolgenden) entspringend und frühzeitig' fruchtend. Blütenstiele an der Knospe aufrecht, an der Frucht fast stets am Grunde gebogen, aufrecht bis wagrecht ab» stehend, mehr als doppelt so lang wie die Frucht. Kelch» blätter 5 bis 6 mm lang; die äusseren lanzettlich, zuge» spitzt, die inneren eiförmig, schmal hautrandig, etwas stumpflich, mit aufgesetztem Spitzchen, bis zur Mitte 3» bis 5»nervig, nur wenig kürzer als die entwickelte Kapsel.

Fig. 1675. Linum per e n n e L. Heidewiesen nördl. von München, Phot. Dr. P. Mi c h a e l i s , München.

*) Benannt nach Hermann P e t r y , 1868 bis 1913, Amtsrichter in Diedenhofen (Lothringen), einem der besten Kenner der Flora von Elsass=Lothringen.

19 Kronblätter dunkelblau, nur doppelt so lang als der Kelch, 12 mm lang und 6 mm breit, breit»keilförmig, sich mit den Rändern der ganzen Länge nach deckend. Kapsel mitunter kurz und sehr breiteiförmig, 6 bis 7 cm lang, stark zugespitzt. Samen verkehrt»eiförmig. Einzig bei Metz (an der Cöte Quaraille bei Gorze).

1804. Linum Austriacum L. ( = L. perenne L. var. Austriacum Schiede, = L. Austriacum L. « praténse Neilr., = L. barbulátum Schur). O e s t e r r e i c h e r Le i n. Taf. 175, Fig. 2. Ausdauernde, 10 bis 63 cm hohe Pflanze mit spindelförmiger, verholzender Wurzel und reichästigem Erdstode. Stengel meist mehrere, neben fertilen auch nichtblühende vorhanden, aufrecht oder am Grunde gebogen oder schief, einfach oder im oberen Teile verzweigt, stiel» rund, kahl, reichlich beblättert. Laubblätter sitzend, aufrecht, lineal oder lineablanzettlich, etwa 1 cm lang und 0,5 bis 1 cm breit; die unteren stumpflich, die mittleren sowie die oberen spitz oder zugespitzt, kahl, glatt, graugrün. Blüten in ziemlich reichblütigen, wickeligen Blüten» ständen auf ziemlich langen, die Kelchblätter an Länge übertreffenden, anfangs aufrechten, nach dem Verblühen stark überneigenden Stielen. Kelchblätter breit»länglich, 5 bis 6 mm lang, mit aufgesetzter Stachelspitze, hautrandig. Kronblätter 3»eckig»verkehrteiförmig, sehr kurz be» nagelt, 10 bis 17 mm lang, vorne gestutzt, himmelblau mit dunkleren Nerven und gelbem Grund, ausnahmsweise weiss, sich mit den Rändern ganz deckend. Staubblätter etwa 7 mm lang, am Grunde verwachsen, zwischen den Fäden mit kurzem, linealem Anhängsel. Griffel etwa 2 mm lang, mit kopfiger Narbe. Frucht an den verlängerten, gebogenen Stielen hängend, kugelig»eiförmig, kahl, etwa 4 bis 5 mm lang, gelbbraun. Samen länglich, etwa 2,5 bis 3,6 mm lang, flach, matt, hellbraun. — V bis VII. Zerstreut und selten an sonnigen, trockenen Hängen, in Trockenwiesen, auf Schutt und Felsen, in der Ebene und in der montanen Stufe. Auf Kalk häufiger als auf kalkarmer Unterlage. Ursprünglich wohl nur in O e s t e r r e i c h (Niederösterreich, Böhmen und Mähren); sonst hie und da aus Gärten und Friedhöfen verwildert und besonders an Bahndämmen eingebürgert. In D e u t s c h l a n d in Bayern im Fränkischen Jura bei Wolfsdrossel nächst Eichstätt, auf der Friesener Warte, am Staffelberg (angesät), im Keupergebiet bei Strullendorf, Röten bei Sdmey, früher bei Windsheim verwildert; im Muschelkalkgebiet am Eselsweg bei Würzburg (adventiv 1902); in Lothringen angeblich bei Bitsch und Sierk(?). In West», Mittel» und Norddeutschland hie und da aus Gärten verwildert, so bei Bonn an der Ruine Godesberg, auf einem Luzernenfeld zwischen Niedermendig und Laach (1896), auf Kalkberg bei Bitberg am Fusse der Eifel, bei Frankfurt an der Oder (Lossower Chaussee, 1903), bei Stassfurt, Bernburg, Arnstadt, um Erfurt bei Mühlberg, an der Wandersiebener Gleiche, hinter der Schwedenschanze usw.; in Ost» und Westpreussen früher gelegentlich angebaut. — In O e s t e r r e i c h in Böhmen bei Dux und um Oblik bei Laun (hier von V e l e n o v s k y 1884 entdeckt); das Vorkommen bei Libitz unweit Podiebrad ist fraglich; in Mähren bei Nikolsburg (Holkeck zwischen Voitelsbrunn und Pulgräm), Pulgram, Kostei, Lundenburg, Pollau, Znaim, Brünn, Czeitsch, zwischen Olmütz und Prossnitz (auf Bahndämmen), Wischau (Drysitz); in Niederöster« reich nur im Gebiete der Pannonischen Flora, häufig südlich der Donau bis an die Ostabhänge des Wiener» waldes, auch bei Gneixendorf, von Hollenburg westlich bis Bergern und Retz; in Steiermark nur adventiv an der Mur (1820) und auf dem Schlossberge (vor 1868) bei G raz; in Tirol adventiv im Oberinntal an der Eisen» bahn vor Landeck, Damm oberhalb Schönwies sowie bei Zams (1899), in Meran (Sportplatz Untermais 1921), an der Valsuganabahn bei Villazzano, bei Riva, in Vorarlberg an der Bahn bei Frastanz (1910). — In der S c h w e i z einzig im Unterengadin bei Schuls (1200 m).

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Südeuropa (nördlich bis Frankreich), Niederösterreich, Böhmen, Mähren, Ungarn, Kroatien, Banat, Galizien, Siebenbürgen, Südrussland; Kaukasus, Persien, Vorderasien. Aendert wenig ab: 1. a l b í f l ó r u m Borbäs ( = L. álbum Nichols.). Kronblätter weiss. Sehr selten. — 1. m a r g í n á t u m (Poir.). Kronblätter heller gefärbt. — Hie und da in Botanischen Gärten zu finden ist nach R e i c h e n b a c h die subsp. s q u a m u l ó s u m Velen, aus Siebenbürgen mit niedrigeren, stärker spreizenden, ästigen Stengeln und dünneren, kleineren, mit durchscheinenden Schüppchen besetzten Laubblättern. — Weiter oder näherstehende Arten (L. Tommasinii Rchb., L. collinum Guss., L. crystallinum Gren., L. Loréyi Jord.) kommen in Südeuropa vor.

20 Linum Austriacum gehört wie L. perenne dem pannonisch»pontischen Element an. Die Pflanze bewohnt besonders Trockenwiesen vom Charakter des Stipetums, des Brometum erecti, der Bestände von Andropogen Ischaemum u. älinl. In der Steppengesellsdiaft des Launer Mittelgebirges erscheint sie zusammen mit Stipa pennata, S. capillata, S. Tirsa, Adonis vernalis, Erysimum crepidifolium, Potentilla arenaria, Viola ambigua, Astragalus exscapus, Artemisia Pontica, Aster Linosyris usw. Audi auf Schutt und Felsen sonniger, trockener Hänge findet sich die Pflanze gelegentlich. Wie L. perenne wird sie hie und da in Gärten kultiviert und ver» wildert gelegentlich. An verschiedenen Orten hat sie sich an Eisenbahndämmen angesiedelt (allerdings meist nur vorübergehend) und scheint sich längs der Eisenbahnlinien auszubreiten; so dringt sie nach L a u s in Mähren längs der Nordbahn durch die Winschauer Senke ins obere Marchbecken vor. Als ursprünglich spontane Pflanze ist L. Austriacum einzig in Niederösterreich, Böhmen und Mähren anzusehen; selbst in Mähren erscheint es nur im südlichen Teile spontan, im mittleren Landesteile ist es (an Bahndämmen) Zweifels» ohne eingeschleppt. Die Angaben aus Kärnten (bei P a c h e r ) beziehen sich sicherlich auf Formen von L. al» pinum. Ebenso dürften alle Vorkommnisse in Deutschland (auch in Bayern und in der Schweiz) trotz der öfters angenommenen Spontanität als Kulturrelikte und Gartenflüchtlinge zu deuten sein. Lieber hypokotyle Adventivknospen bei Linum Austriacum vgl. Verh. des Botan. Ver. der Provinz Brandenburg. Bd. X V , 1874. Von B a s t a r d e n werden genannt) L. p e r e n n e L. X L. A u s t r i a c u m L. (von K o e l r e u t e r künstlich erzeugt) und L. N a r b o n e n s e L. x L. u s i t a t i s s i m u m L. (gleichfalls von K o e l r e u t e r erzeugt).

1805»

Linum usitatissimum*) L.

L e i n , F l a c h s . Franz.: Lin; engl.: Flax; ital.: Lino. Taf. 175, Fig. 1; Fig. 1676 bis 1684.

Das Wort F l a c h s (althochdeutsch flahs) ist gemeingermanisch (niederl.: vlas, engl.: flax); seine Herkunft ist unklar (Zusammenhang mit griech. nksxeiv [pl6kein] = flechten?). Noch verbreiteter ist das Wort Lein (althochdeutsch lin), das auch im Slavischen (z. B. altbulgar. llnü, littauisch linai) zu finden ist. Ob es sich um eine Urverwandtschaft handelt oder ob das deutsche Lein aus dem lateinischen linum entlehnt ist, lässt sich nicht mit Sicherheit entscheiden. Das althochdeutsche hara, haro (dän. hör) = Flachs treffen wir in der ver» breiteten bayerisdwösterreichischen Benennung . H a a r “ (Maskulinum 1) an. Ehedem wurde auch der Flachs» händler „Harer“ geheissen. — Im rätoromanischen Graubünden nennt man den Flachs gl i n.

Ein» oder 2®jährige, 20 bis 100 (150) cm hohe, kahle Pflanze mit ziemlich kurzer, hellgelblicher, spindelförmiger Wurzel. Stengel 1 bis mehrere, aufrecht oder kurz bogig auf* steigend, stielrund, einfach oder im oberen Teile verzweigt, ziemlich dicht beblättert. Laubblätter wechselständig, sitzend, am Grunde oft stielartig verschmälert, 2 bis 3 cm lang und 3 bis 4 mm breit, dünn; die unteren lanzettlich bis lineaManzettlich, spitzlich, die mittleren grösser als die unteren und oberen, lineaManzettlich, zugespitzt, die oberen lineaManzettlich, fast grannenartig zugespitzt, alle 3*nervig, am Rande glatt, graugrün. Blüten in rispig ange® ordneten, lockeren, schlaffen Wickeln auf langen, die Kelchblätter an Länge übertreffenden, aufrechten Stielen. Kelchblätter eiförmig, scharf gekielt, etwa 5 bis 6 mm lang, kurz zuge* spitzt, kahl, breit®hautrandig (Hautrand im vorderen Teil rauh und fein bewimpert), 2® bis 5® (meist 3®)nervig. Kronblätter keilförmig®verkehrteiförmig, 12 bis 15 mm lang, vorne gestutzt, ganzrandig oder etwas gekerbt, lang, himmelblau, dunkler geadert, am Grunde gelblich, seltener weiss, hellblau, hellrosa oder lila. Staubblätter etwa 2 mm lang oder wenig länger, am Grunde kurz miteinander verbunden, ohne Anhängsel zwischen den Fäden; Staubbeutel blau. Griffel blau, etwa 4 mm lang; Narben kurz keulenförmig»kopfig. Frucht eine auf aufrechtem oder wenig gebogenem Stiele befindliche, kugelig*eiförmige, 6 bis 8 mm lange, spitze, wand® oder fachspaltig aufspringende oder geschlossen bleibende Kapsel; normal 10 Samen, oft aber weniger, sogar nur 1 Samen enthaltend. Letztere stark flachgedrückt, eiförmig, 4 bis 4,85 (6,5) mm lang und 2,5 bis 3 mm breit, glänzend bräunlich. Keimling sehr gross, die Haupt® masse des Samenkems ausmachend, die plankonvexen Keimblätter von dem dünnen Endo® sperm umgeben. — V I bis VIII. Häufig feldmässig angebaut von der Ebene bis in die Alpentäler (in Tirol und Kärnten bis zirka 1600 m, im Engadin bis 1800 m). Ausserdem auf Schutt, in Gärten, unter Getreide, in Rübenfeldem, an Wegrändern verschleppt, jedoch meist unbeständig, selten eingebürgert. *) Superlativ vom lat. usitätus = gebräuchlich. (Diese Art wurde von G. H e g i bearbeitet).

21 Aendert ab : var. v u l g a r e Boenningh. ( = var. typicum Pospichal, = var. indehiscens Neilr.). Dresch® oder Schliess»Lein, Ackerflachs. Stengel höher als bei der var. crepitans, wenig oder gar nicht ästig. Blüten grösser. Kronblätter meist ganzrandig. Kapseln geschlossen bleibend oder nur wenig sich öffnend, mit schwach bis stärker behaarten Scheidewänden. Samen dunkler. Besonders zur Faser» und Samengewinnung angebaut. — var. b í é n n e Mili. ( = L. Afrícánum hört, nec L., = L. bíénne Mili. z. T., = L. usítatíssímum L. a hyemäle Romänum Heer). Römischer Winterlein, Lino ínvernegno italiano. Pflanze einjährig»überwinternd) seltener 2 »Jährig. Stengel meist mehrere bis viele, aus gebogenem Grunde aufrecht. Kapseln geschlossen bleibend, etwa 7 mm lang; Fächer gewimpert. Samen 5 mm lang, an der Spitze geschnäbelt. Hie und da (wohl nur im Mittelmeergebiet) angebaut. Adventiv im Tessin oberhalb Campione und zwischen Lugano und Melide. Aehnlich ist L. a m b i g u u m Jordan. Alle Laubblätter vorne zugespitzt. Samen 5 mm lang (nach H e e r eine Zwischenform zwischen Linum angustifolium und dem Pfahlbautenlein). — Eine ausdauernde, viel« stengelige Form mit meergrünen Laubblättern (ob hieher gehörig?) beschreibt S t r o b e l (in Oesterr. Botan. Zeit» schrift. Bd. X X X V I [1886], pag. 182) als Li nu m C a t a n é n s e . — Wohl nicht wesentlich verschieden ist die var. m u l t í c a ú l e ( = var. elátum multícaúle) Schur in Verhandl. des Naturw. Vereines Brünn. Bd. X V [1876]). Pflanze wahrscheinlich zweijährig. Stengel meist zu 3, bis 3 dm hoch, oberwärts ästig. Laubblätter schmablänglich, beiderseits zu« gespitzt, bis 3,5 cm lang und 4 mm breit, glänzend dunkelgrün, un» deutlich 3»nervig. Kronblätter fast kreisrund, 2 bis 3 mal länger als der Kelch, sattblau. Frucht ziemlich gross, den Kelch mehr als 2 mal überragend. Samen kastanienbraun. Auf Rüben« und Leinäckern, auf den letzteren den Typus bei weitem überragend. Mähren, Siebenbürgen. Neuerdings beschreibt G e n t n e r (dem der Verfasser verschiedene wertvolle Mitteilungen verdankt) aus Oberbayern einen 2 «Jährigen Alpen«Winterlein (Fig. 1676), der weder mit L. hye« male noch mit L. ambiguum übereinstimmt, dagegen mit dem Pfahl» bautenlein ganz auffallende Aehnlichkeiten aufweist (vgl. pag. 22 ). Weitere Formen des Schliessleins sind: f. r e g á l e Scheidw. Königslein, lin royal. Pflanze sehr hoch (1 bis 1,25 m). Blüten blau oder weiss. Soll sich besonders für sandige Böden eignen. — f. g r á c í l e Schur. Stengel zart. Blüten kleiner. — f. l e u c ä n t h u m Maly ( = L. Amerícánum álbum hört.). Blüten weiss. — In Holland, namentlich in der Provinz Friesland, wird schon seit einem Jahr« hundert weissblühender Flachs gebaut, der geringere Ansprüche an die Bodenbeschaffenheit und an die Düngung stellt als der blau« blühende. Er erzeugt zwar eine kürzere Faser von geringerer Qualität, gibt Jedoch eine grössere Samenernte als der blaublühende Lein und ist widerstandsfähiger gegen eine in den dortigen Gegenden als „Brand“ bezeichnete Krankheit (Asterocystis radicis); Auch in Schlesien wird auf einigen Gütern ein ähnlicher, weissblühender Lein gebaut. Es handelt sich bei dem weissblühenden Lein Jedoch nicht um rein gezüchtete Linien, weshalb dazwischen immer normabblau» Fig. 1676. L i n u m u s i t a t i s s i m u m L. Zwei­ blühende Pflanzen auftreten. F r u w i r t h glaubte die unter blauem jähriger Winterlein, a, ai Habitus, b Sämling. Lein nicht allzu selten vorhandenen weissblühenden Pflanzen mit weissen (aber auch blauen) Staubbeuteln auf spontane Variabilität zurückführen zu können. Die Feststellung des Verhaltens der Blütenfarbe nach Bastardierung macht es aber sehr wahrscheinlich, dass sie durch Abspaltung nach Bastardierung erscheinen. Dabei bleibt allerdings die Frage der ersten Abspaltung der weissen, wie auch der anderen von A l t h a u s e n und T a mm es beobachteten Farben (hellblau, hellrosa, lila) durch spontane Variabilität offen. H o f f m a n n , de V r i e s und F r u w i r t h fanden die weissblühende Form während 7 Jahren samenbeständig. A l e f e l d (Landwirtschaftliche Flora. Berlin, 1866) erwähnt eine Reihe von weiteren Formen, die sich durch die Stengelhöhe, die Grösse und Farbe der Blüte und der Samen sowie durch die Grösse der Kapseln unterscheiden. Je nach der Behandlungsweise (Aussaat, Ernte) werden Früh«, Mittel« und Spätlein unterschieden, von denen der erstere etwa im April, der zweite Ende Mai oder Anfang Juni, der dritte Jedoch erst nach Johanni gesät wird. In neuester Zeit wurde auch eine b.laublühende hochgezüchtete Leinsorte aus Nordamerika in Deutschland eingeführt, die sich durch besonders hohen Ertrag auszeichnet. Durch die be» sonders in Holland (Groningen) und in Norddakota angestellten Züchtungs« und Veredelungsversuche konnte die

22 von A l e f e l d aufgestellte Einteilung noch wesentlich vermehrt werden (Näheres hierüber bei F r u w i r t h , C. Handbuch der landwirtschaftl. Pflanzenzüchtung. Bd. III, 1922). var. h ü m i l e (Mill.) Pers. ( = var. crepitans Boenningh.). Spring» oder Klang»Lein, Kleiner Lein. Stengel niedriger, oft einfach. Blüten etwas kleiner. Kronblätter zuweilen etwas kerbzähnig. Kapseln etwas grösser, mit leisem Klang elastisch aufspringend, mit kahlen Scheidewänden, hygroskopisch. Samen heller. Seltener und nur zur Gewinnung von Leinöl angebaut. Das einjährige Linum usitatissimum ist bis heute nirgends wirklich wild beobachtet worden; man kennt den Lein also nur als Kulturpflanze, deren Heimat unbekannt ist. Bereits H e e r , später auch K ö r » n i c k e u. a. halten das nahe verwandte L. a n g u s t i f ö l i u m Huds. ( = L. usitatissimum L. subsp. Hispänicum [F. N. Williams] Thellung) (Fig. 1677) aus dem Mittelmeergebiet für die Stammpflanze unseres heutigen Flachses. Diese Art ist ausdauernd oder auch nur 2*jährig und zeigt an dem verholzten Erdstode faserige, vorjährige Stengelreste und nichtblühende, kurze, dicht beblätterte Sprosse. Die ziemlich zahlreichen, bogig aufsteigenden, dünnen, 30 bis 50 cm hohen, schlanken, ober» wärts gabelästigen Stengel sind reich beblättert. Die Laubblätter sind schmal» lanzettlich, m eist-1,5 cm lang und kaum 1 mm breit, beiderseits verschmälert, fast stachelspitzig, schwach graugrün, die unteren kürzer und einander mehr genähert, am Rande oft rauh und zuweilen eingerollt. Die sehr dünnen Blütenstiele ver» längern sich nach der Blütezeit stark. Die eiförmigen, scharfgekielten, weiss haut» randigen Kelchblätter erreichen auch zur Fruchtzeit die Länge der Kapsel nicht (Fig. 1677 b) und sind etwa halb so lang als die sehr dünnen, abgerundeten, hell» blauen Kronblätter. L. angustifolium ist in Südtirol an der Valsuganabahn (Povo, Pergine, San Cristoforo, Barco) eingeschleppt worden und scheint sich dort zu halten. Neuerdings hat Tine Tarn e s (Genetica, 5/1923) gezeigt, dass L. usitatissi» mum und L. angustifolium neben anderen Eigenschaften (Homostylie usw.) auch in den „Genotypen“ nur sehr wenig voneinander abweichen. Beide Arten besitzen auch die gleiche Zahl von Chromosomen, nämlich 30. Ebenso ist L. angustifolium die einzige Art, die sich mit L. usitatissimum kreuzen lässt; ein solches Kreuzungs» produktist vielleicht das bereits erwähnte L. ambiguum Jord. He e r hält aber die Mittel» meerländer als das Vaterland unserer Leinpflanze, zu welcher Ansicht ihn das von ihm als Kretisches Leimkraut (Silene Cretica L.) gedeutete Unkraut bestärkte (vgl. Bd. III, pag. 286). Neuerdings ist aber darauf hingewiesen worden, dass die Bestimmung dieses Unkrautes nicht aufrecht zu halten ist und dass die daraus gezogenen Schlüsse ihrer Grundlage entbehren (siehe Bull. Soc. Bot. Italiana, 1921). Andererseits wurde auch schon Asien (und zwar das Gebiet zwischen dem Persi» sehen Meerbusen und dem Schwarzen und Kaspischen Meer) als Heimat des Flachses angesehen. Auf alle Fälle kann der Pfahlbautenlein (pag. 32) höchstens für den 2 »jährigen Winterlein als unmittelbare Stammpflanze gelten. In ganz Nord» deutschland bestand allerdings in der älteren Eisenzeit, ebenso in Schweden ein ausgedehnter Flachsbau; aus Dänemark kennt man Funde aus der jüngeren Bronzezeit. Wann später in Mitteleuropa der Pfahlbautenlein durch unseren ein» jährigen Flachs verdrängt wurde, lässt sich kaum mit Sicherheit feststellen. Immer» hin dürfen wir wenigstens bis an den Anfang unserer Zeitrechnung zurückgehen; denn bereits im 3. bis 5. Jahr» hundert v. Chr. erscheint unser heutiger Lein bestimmt in Norddeutschland (Frehne im Kreis Ostpriegnitz). Da der Flachs in hohem Grade anpassungsfähig ist, gedeiht er ebensogut in der heissen Zone (so z. B. in Ostindien in höheren Lagen), wie in Mittel» und sogar in Nordeuropa, sowie in hohen Gebirgslagen der gemässigten Zone. Allerdings ist die Oelausbeute in wärmeren und trockenen Gegenden (Südrussland, Argentinien, Aegypten) grösser als in kühleren, dagegen die Faser in kühleren und feuchteren Klimaten besser als in wärmeren. In Argentinien, wo früher nur Samenflachs zu Oel kultiviert wurde, macht man seit zirka 30 Jahren Versuche aus der Samenflachspflanze durch Sorten wähl auch Werg und ein brauchbares Spinn» material zu erzeugen. In Mitteleuropa gedeiht der Flachs am besten an der Küste sowie in dem feuchten Klima höher gelegener oder waldreicher Landstriche (Abhänge des Riesengebirges, Sächsisches Erzgebirge, Böhmerwald). Berühmt war ehedem die Pommerische, Danziger, Königsberger, Memeler, Westfälische (Löwentlinnen, Bielefelder und Osnabrücker Leinwand), Hannoveranische, Schlesische (Schockleinen), Sächsische, Schwäbische, Thüringische, Helvetische, Mährische, Böhmische, Tiroler (Oetztal und Axam bei Innsbruck) und Kärntner Leinkultur. Im Bayerischen Wald wird Lein am meisten bei Freyung (bis 1050 m) gebaut; im Allgäu wurde er bis vor kurzem nur der Samen wegen, die man als Kälberfutter hochschätzte, gezogen, während man der Faser (wie auch in der Türkei und in Siebenbürgen) so wenig Beachtung schenkte, dass man den Flachs bis in die Kriegsjahre herein

23 abmähte statt ihn auszudresdien. Die Nordgrenze des Flachsbaues fällt mit jener der Gerste zusammen; in den Alpen (z. B. im Engadin) geht der Flachs höher (über 1S00 m) als letztere. Im Samnaun muss die Natur allerdings etwas unterstützt werden, indem zur Erzielung einer frühen Schneeschmelze die an den sonnigen Halden angelegten Aedcer im Frühjahr mit Erde dicht überstreut werden, was dann zur Folge hat, dass die talwärts gerutschte Erde später wiederum mühsam in die Höhe zurüdegetragen werden muss. In Böhmen wird Flachsbau besonders im Süden und Osten (Tabor, Kamenitz, Pilgram), östlich von Prag und um Policzka betrieben. Als zwei wesentliche Formen sind zu unterscheiden Schliess® oder Dreschlein bezw. Faser® flachs (var. vulgare) und Spring® oder Klanglein bezw. Samenflachs (var. humile oder var. crepitans). Eine Vereinigung von Samen® und Faserflachs, d. h. eine Pflanze zu gewinnen, die gleichzeitig Fasern und Samen erzeugt, ist bis heute noch nicht gelungen. Beim Sdiliesslein ist der Stengel höher, aber wenig verästelt, die Blüten und Früchte sind kleiner und weniger zahlreich, der Fruchtansatz gering, die Samen dunkler, die Früchte nicht aufspringend. Diese Form wird in der Regel als Faserpflanze benützt. Doch -geht ihr Hauptvorzug, der höhere und stark verzweigte Stengel in der Kultur leicht verloren, so dass in den meisten flachsbauenden Ländern stets neues Saatgut gezogen werden muss. Enorme Quan» titäten werden zu diesem Zwecke in Mitteleuropa aus Russland (Baltische Länder und Südrussland) eingeführt. Im Jahre 1918 hat Russland 400000 Tonnen Flachs erzeugt, 1920 zirka 2 Millionen Tonnen. Als beste Sorten gelten der Rigaer und Pernauer Flachs, dann der Finnländer, Libauer und Archangeler. Hier wird der Lein nur der Samen halber gebaut und deshalb selbstverständlich nur Sdiliesslein kultiviert. Beim Springlein ist der Stengel kürzer, aber ästiger, die Blüten und die elastisch aufspringenden Kapseln sind grösser, die Samen heller. Diese Rasse dient vorzugsweise zur Samen® Fig. 1678. L i n u m u s i t a t i s s i m u m L., kultiviert. gewinnung und Oelbereitung. Ausserdem gibt es Phot. B. H a 1 d y , Mainz. einen sog. ÄFrüh=Leina (dieser wird im März und April gesät) und einen „Spät®Lein“ (dieser wird im Mai und Juni gesät und eignet sich für Gebirgslagen), einen amerikanischen, holländischen und schlesischen weissblühenden Lein, einen kurzstengeligen „Steppen»Lein“, sowie den Sizilianer oder den hochstengeligen (bis 1,25 m hoch) „Rosenlein“ und den zweijährigen Alpen®Winterlein (Fig. 1676). Letzterer, der in Oberbayern, in Kärnten, Krain, im Bündner Oberland und in Norditalien (dort auch Römischer Lein genannt) kultiviert wird, wird bereits im September ausgesät. Jm Frühjahr zeichnen sich die jungen Pflanzen dadurch aus, dass der Erdstock gewöhnlich 3® bis 5®köpfig ist und dass die jungen Triebe sich zuerst dem Boden anlegen, um dann bogig in die Höhe zu wachsen. Die Blütezeit und die Reife ist fast gleich wie beim Sommerlein. Die Kapseln sind etwas kleiner (7 mm lang und 6 mm breit) als beim Sommer® lein, die Samen ebenfalls (4,1 bis 4,2 mm lang und 2,05 mm breit); letztere haben auch meist ein schwächer ent® wickeltes Spitzchen. lieber diesen Winterlein hat kürzlich E. K r e m e r (Faserforschung. Bd. III, Heft 3) eingehende Untersuchungen angestellt. Nach Georg G e n t n e r hat dieser Winterlein grosse Aehnlichkeit mit dem Pfahlbautenlein. Der heutige Stand des Flachsbaues erfordert zu unterscheiden zwischen dem Flachs, der noch heute als bäuerliche Hauspflanze verarbeitet wird, und zwischen dem Lein als Industriepflanze. Der letztere be® nötigt eine ungemein sorgfältige, zeitraubende und aufmerksame Pflege. Als Handelsprodukte treten die aus der Hauspflanze erzeugten Garne und Gewebe immer mehr zurück. Trotz ihrer grösseren Dauerhaftigkeit und Festigkeit konnten die Flachsfasern gegenüber den beiden billig gewordenen Textilobjekten Baumwolle und Jute die Konkurrenz nicht aushalten. Zu den besten Sorten gehören die belgischen oder flandrischen Produkte, die meist nach England ausgeführt werden. Der irische Flachs galt früher als beste Qualität, wird aber wenig exportiert. Weitere Sorten ausser den bereits erwähnten sind der italienische und ägyptische Flachs (Ben Said,

24 Alexandrien), der Petersburger, Rigaer, Libauer, Narwaer, Flandrische, Zeeländer. Die nordamerikanischen Sorten (Minnesota, Dakota, Ohio) können selbst mit den mittleren europäischen Sorten nicht konkurrieren. Trotzdem ist der Flachsimport nach Amerika gering, da die Baumwolle den Flachs dort nicht aufkommen lässt. In den Tropen und Subtropen, z. B. in Ostindien (white seeds), Aegypten, Abessinien, Australien, Argentinien (Santa Fe und La Plata»Saat), Marokko wird der Flachs nicht der Fasern wegen, sondern zur Oelgewinnung aus den Samen gezogen. Erst seit einigen Jahrzehnten versucht man in Argentinien und Canada aus dem Samenflachs auch eine brauchbare Faser zu gewinnen. Die Haupthandelsplätze für Flachs (und für Hanf) sind für Russland Riga, Pernau, Dünaburg, Witbesk, Petersburg, Moskau, Archangelsk und Pskow, für Irland Belfast, für Belgien Gent, für Frankreich Lille, für die Tschechoslowakei Trautenau, für Deutschland Landeshut in Schlesien und Liegnitz. Der Flachs gedeiht am sichersten in einem feuchten und kühlen Klima; bei Trockenheit bleibt er kurz. Kälte verträgt er in seiner Jugend nur bei kräftiger Entwicklung. Zu seiner vollständigen Reife braucht der Flachs 84 bis 120 Tage. Die besten und wertvollsten Sorten werden unter dem Einfluss eines nicht zu heissen See» klimas erzielt, so in Irland, Belgien, Holland und in den russischen Ostseeprovinzen. Infolge der Bodenmüdig» keit müssen die Aecker oft gewechselt werden; nur alle 7 bis 9 Jahre darf der Flachs, der von dem Boden viel Nährstoffe verlangt, auf das gleiche Feld gepflanzt werden. Ein wiederholter Anbau von Lein ruft Boden» müdigkeit hervor, bei der die Samen durch Bakterien im Boden zum Faulen gebracht werden, bevor oder während sie keimen. Die Pflanzen können sich der „müdemachenden“ Mikroorganismen bis zu einem gewissen Grade erwehren. Uebrigens ist ein Boden, der für Erbsen keimmüde ist, dies auch für Lein und umgekehrt. Von der Keimmüdigkeit ist die Wachstumsmüdigkeit zu unterscheiden; letztere hält sich länger als die Keim» müdigkeit. Ihr Grund ist unbekannt (Mikroorganismen oder Pflanzengifte?). Die Fruchtfolge und die Ein» Schiebung des Flachses in dieselbe wechselt sehr nach der Beschaffenheit des Bodens. In Belgien ist auf einem tiefgründigen, lehmigen Boden folgender Fruchtwechsel gebräuchlich j Flachs, Klee, Roggen, Weizen, Raps, Kar» toffeln, Hafer, Gerste und Zichorie, auf leichterem Boden: Flachs, Roggen, Hafer mit Klee, Weizen, Roggen, Kartoffeln, Weizen, Roggen und Gerste; in Böhmen: zweijähriger Klee (im ersten und zweiten Jahr), Weizen oder Roggen, Flachs, Weizen, Kartoffeln, Hafer mit Klee; in der fruchtbaren Oderniederung (bei Glogau in Niederschlesien): Kartoffeln und Zuckerrüben, Hafer oder Sommerweizen, Klee mit Raygras, 1/a Flachs, V* Raps, Weizen (hier kommt also auf derselben Stelle der Flachs bereits nach 5, sogar nach 4 Jahren wieder) usw. Im Oetztale baut man den Flachs sogar 2 Jahre hintereinander auf der gleichen Stelle und erzielt dabei Stengel von durchschnittlich 1,5 m Länge. Allerdings ist diese Faser von sehr grober Beschaffenheit. Wenn man auch den Flachs fast nach Jeder Frucht anbauen kann, so haben doch langjährige Versuche gezeigt, dass er am besten nach gedüngten Halmfrüchten, nach Grünmais und nach Klee gedeiht. Voraussetzung ist immer ein an Pflanzennahrung reicher Boden, der nicht erst zubereitet werden muss. Aus diesem Grunde pflanzt man den Flachs am zweckmässigsten nach Hülsenfrüchten, die — wenigstens hinsichtlich des Stickstoffvorrates — den Boden in angereichertem Zustande zurücklassen. Ausser dem Stickstoff benötigt der Flachs vor allem Phosphorsäure, Kali und Kalk bezw. Magnesia. Immerhin wirkt eine unmittelbare Kalkdüngung ebenso schädlich wie die Stallmistdüngung; die erstere erzeugt eine harte und spröde Faser, die letztere verunkrautet ausser» dem den Boden. Kalk kommt deshalb am besten 1 oder 2 Jahre zuvor (zur Vorfrucht) in den Boden. Für den Flachsbau eignet sich eigentlich Jeder Boden, abgesehen von einem dürren Sandboden oder einem strengen Tonboden. Immerhin sagt der Pflanze am besten ein milder, lehmiger Sandboden zu Auf-allzu weichen oder humushaltigen Böden, ebenso auf Moorböden wird der Anbau unsicher. Eine stauende Nässe im Untergründe ist zu vermeiden, wenn auch der Flachs ein gewisses Mass Feuchtigkeit beansprucht. Stösst nämlich die Wurzel der Leinpflanze — ein Tiefwurzler — auf Wasser, so hört die Weiterentwicklung auf. Die Gewinnung der Faser setzt eine Reihe von Hand« bezw. mechanischen Arbeiten voraus, die in der Hauptsache darin gipfeln, die Rinde zu entfernen, die Leimsubstanz zu lösen, die Fasern vom Holz zu sondern und dieses brüchig zu machen. Die einzelnen Prozesse wechseln stark nach den Gebieten und Landes» Sitten. Ende Juli oder anfangs August werden die zur Fasergewinnung bestimmten Pflanzen, nachdem die Felder 2 bis 3 mal von dem oft sehr reichlichen Unkraut (pag. 30) gereinigt werden, mit der Hand aus dem Boden und zwar mit der Wurzel herausgerissen („gerauft“), aber nicht geschnitten. Eine brauchbare Flachs» raufmaschine, die zufriedenstellend arbeitet, ist bis heute noch nicht vorhanden. In Europa kamen die ersten Raufmaschinen im Jahre 1921 in Betrieb. Die Flachsstengel hängen mit ihren Verzweigungen zusammen, so dass sich die Pflanzen beim Schneiden nicht niederlegen, wie dies z. B. bei Weizen und Roggen, die mit der Mähmaschine geschnitten werden, der Fall ist. Will man Saatgut oder die Samen zu Oel verarbeiten, so muss selbstredend die Reife der Fruchtkapseln, der sog. „Knoten“ oder „Ballen“, abgewartet werden. Das Entfernen der den Leinstengeln zunächst noch anhaftenden Fruchtkapseln, das sog. „Riffeln“, geschieht mittelst eiserner oder hölzerner Kämme („Flachsraufe“). Die früher übliche Methode des Dreschens empfiehlt sich nicht, weil dabei die Bastfasern beschädigt werden. In neuerer Zeit geschieht das Riffeln auch maschinenmässig durch be» sondere Walzwerke, die auch gleichzeitig die Samen von den Fruchthüllen befreien können.

25 Hierauf folgt das „Röste“» oder „Rotte“»Verfahren, welches eine Trennung der Faserbündel von dem umgebenden Parenchym bewirkt. Man kann zwischen natürlicher Röste (Tau» bezw. Wiesenröste, Kalt» wasser» und Warmwasserröste) und künstlicher oder chemischer Röste unterscheiden. Die Tau» und die Kalt» wasserröste werden am meisten angewendet. Zu diesem Zwecke wird das abgeriffelte Flachsstroh mit Weiden» bändern oder mit Getreidestroh zusammengehalten und zu Bündeln („Bossen“) vereinigt. Bei der Tau» oder Rasenröste (romanisch stemnada), die ein öfteres Umlegen der Stengel erfordert, wird das Flachs» stroh auf Stoppelfelder oder Rasenplätze ausgelegt und dann der Einwirkung von Tau, Regen usw. über» lassen. Je nach der Witterung erfordert die Tauröste 4 bis 8, häufig sogar 10 Wochen Zeit. Durch

Fig. 1679.

L i n u m u s i t a t i s s i m u m L.

Wasserröste im Oetztal (Nordtirol).

Phot, f A. D o p f e r , München.

starke Niederschläge wird sie gefördert, durch trockenes Wetter hintangehalten. Ist nicht genug Feuchtig» keit vorhanden, so schlägt sich leicht gerbsaures Eisenoxyd nieder, wodurch der Flachs dann fleckig wird. Günstige Resultate liefert die Kaltwasser»Röste, bei welcher der Flachs zu grösseren Garben gebunden und senkrecht in kleine Teiche oder in hiezu eigens geschaffene, mit Wasser gefüllte Gruben („Röstgruben“, „Flachs» rosen“) mit selbsttätigem Zu« und Abfluss gestellt wird; die letzteren werden zudem mit Brettern und Steinen zugedeckt bezw. beschwert. Die Wasserröste nimmt zirka 10 bis 14 Tage, bei kaltem Wetter bis 3 Wochen in Anspruch. Eine äusserst anschauliche Darstellung der noch sehr primitiven Verarbeitung von Flachs und Hanf im Bündner Oberland gibt Pater Dr. Karl H a g e r im Jahrbuch des Schweizer Alpenklub 1918. Diese Röstgruben (romanisch ils puozs) werden öfters verlegt; eine Sumpfflora siedelt sich dann auf dem Boden der aufgelassenen Teiche und Gruben an, im Oetztal Ranunculus Flammula, Polygonum amphibium, Heleocharis palustris, Glyceria fluitans usw. Am rationellsten wird die Kaltwasserröste in Belgien im Flusse Lys, be» sonders in Westflandern um Courray, weniger in Ostflandern im Flusse Deurme, gehandhabt, wo eigens kon» struierte 3 bis 4 m lange, 2 m breite und 1,5 m tiefe Röstkästen — es sind dies mit grossen Spalten versehene, mit leinenen Packtüchern oder mit Stroh ausgekleidete Lattenkästen, die etwa 1200 kg in grosse Bündel gea bundenen Rohflachs fassen — im Betriebe sind. Besondere Formen der Kaltwasserröste sind die Schlamm» und die Schwarzröste, bei welch letzterer dem Wasser unreife Walnüsse und Erlenblätter beigegeben werden. Der auf diese Weise gewonnene Flachs hat eine dunkle Farbe und dient zur Herstellung dunkler

26 Gewebe. Bei der gemischten Röste wird das Flachsstroh einer kurzen Tauröste unterworfen, hierauf bei trockener Witterung geriffelt, gebündelt und dann einer Nachröste im Wasser unterworfen, welche je nach der Temperatur des Wassers in 3 bis 7 Tagen vollendet ist. Bei der amerikanischen oder Warmwasserröste werden die Bündel 2 bis 3 Tage lang (50 bis 60 Stunden) in grosse Bottiche gebracht, deren Wasser auf 27 bis 36° C erwärmt ist. Die Warmwasserröste oder Dampfrotte wird abwechselnd mit heissem Wasser oder mit Wasser» dampf (Watt’sche Methode) in eisernen Retorten vorgenommen, bei welchem Verfahren der Röstprozess bereits nach 48 Stunden beendet sein kann. Bei der sogenannten „Kanalrotte“ (Schneidersches Verfahren), die jetzt in Deutschland vielfach angewendet wird, erfolgt das Rösten in zirka 4% Tagen in fliessendem, warmem Wasser von 30 bis 35° C. Bei einem neueren Verfahren von R u s c h m a n n und T o b l e r (Faserforschung. Bd. I, 1921) wird in die Röstflüssigkeit ein kräftiger Luftstrom eingeführt und dadurch eine aerobe Pektingärung bewirkt. Als lästiger Umstand wird bei dieser Rotte die Abscheidung grosser Mengen eines zähen Schleimes erwähnt. Eine erste, allerdings unbewusste Andeutung dieser Röste in Wasser mit Durchlüftung war im 17. Jahrhundert im Alten» lande (Herzogtum Bremen) im Gebrauche. Dort wurden nämlich nur solche Gräben zur Röste gewählt, die viel Kraut, vor allem viel „Bickelbar“ (Ranunculus aquatilis) enthielten, wodurch die Flachsbündel nicht un» mittelbar mit dem Morast des Grabens in Berührung kamen, während andererseits durch diese untergetauchte Pflanzendecke ein lebhafter Gaswechsel bedingt wurde. Das Wesen der von K r a i s empfohlenen biologischen „Sicherheitsröste“ besteht in der Abstumpfung der bei dfer Röste entstehenden Säuren (Essig», Butter» und Isovaleriansäure) durch Alkalien. Dieses Verfahren verläuft sehr rasch und geruchlos; auch wird eine schönere Faser erzielt. Bei einer in Schweden eingeführten Methode als Nebenprodukte werden Aceton, Wasser und Paraffin gewonnen. Das Wesen der Röste besteht beim Flachs (ebenso beim Hanf) darin, dass die Mittellamellen des Rinden» gewebes, in dem die Fasern verlaufen, aufgelöst werden. Die Lösung kann entweder auf biologischem Wege mit Hilfe von Bakterien oder Pilzen oder aber auf chemischem Wege erfolgen. Bei der biologischen Röste, dem gewöhnlichen Rösteverfahren, wie es allgemein geübt wird, wird die aus Pektinstoffen bestehendein terzellular» Substanz durch die Mikroorganismen aufgelöst, vergärt und zersetzt. Hierher gehört die Wasserröste, die Tauröste, Winterröste usw. Es gibt nun eine ganze Anzahl von solchen Mikroorganismen, welche die Mittel» lamellensubstanz in Lösung bringen können. Bei der Tau» und Winterlandsröste sind es hauptsächlich Faden» pilze, bei der Wasserröste dagegen Bakterien. Van Ti eg h em hat 1879 den B a c i l l u s a m y l o b ä c t e r für den Erreger dieser Pektingärung erklärt, was sich aber später als unrichtig herausstellte, da gerade dieser Bazillus die Zellulosegärung bedingt und die Zellulose bei der Flachsröste doch geschont werden muss. B e i j e r i n c k und v a n D e l d e n schreiben die Hauptwirkung bei der Wasserröste zwei stäbchenförmigen Spaltpilzen von anaerobem Charakter, dem G r a n u l o b ä c t e r p e c t i n o v ö r u m (Fig. 1681 r) und G. u r o c e p h a l u m zu; bei der Tauröste sind wohl auch Pilze (z. B. Cladospörium herbärum Link) mit im Spiele. B e h r e n s hat es als wahrscheinlich erweisen können, dass ein Clostridium die Wasserröste bewirke, und F r i b e s fand ein Plectridium, das dabei beteiligt war. S t ö r m e r konnte dann 1903 in Reinkultur einen sehr wirksamen Rösteerreger isolieren, der anaerob lebt und von ihm als P l e c t r i d i u m p e c t i n o v o r u m bezeichnet wurde. S ch a r di ng er züchtete etwas später aus dem Schlamm von Flachsrösten einen Bacillus macerans und R o s s i fand als guten Pektinvergärer für Flachs und Hanf den aerob wachsenden Bacillus Comesii. Dieser ist jedoch nach C a r b o ne identisch mit einem schon früher von B e h r e n s beobachteten Bacillus asterosporus. G. R u s c h m a n n hat eine ähnlich wirkende Bakterienart, die ebenfalls aerob wächst, gefunden. Carbone gewann aus italienischen Röstanlagen einen Bacillus felsineus, der zusammen mit Hefearten bei 37° Hanf in weniger als 2 x/a Tagen röstet. Nach D. C a r b o n e und F. T o b l e r (Faserforschung. Bd. II, 1922) lassen sich die Mikroorganismen, denen bis heute die Fähigkeit zugeschrieben wird, den Flachs, Hanf und andere Faserpflanzen zu „rösten“, in 3 Gruppen verteilen : 1. Amylo® bakterien und Granulobakterien [anaerob], 2. Bazillen aus der Gruppe Subtilis und Mesentericus und aus der Gruppe Bacillus asterosporus [aerob] und 3. Bacillus felsineus [anaerob]. Tobler hält als den eigent» liehen „echten Röster“ einzig den zuletzt genannten Bacillus felsineus, der durch Erzeugung von zweckmässig hergestellten Kulturen in warmem Wasser (die Optimaltemperatur ist etwa 37° C) in der Lage sein dürfte, die „industrielle“ Röste von Textilien in der Zukunft wesentlich zu fördern. Auch auf chemischem Wege wurde versucht, durch Behandlung des Flachsstrohes mit Säuren und hernach mit Alkalien, durch Kochen mit Alkalien, Seife u. dergl., ferner durch Fieberhitzen mit Wasser unter Drude, zum Teil unter gleichzeitigem Zusatz von Schwerpetroleum (Verfahren von Peufaillet) die Fasern zu isolieren. — Durch den Röstprozess wird der chemische Charakter der Bastfaser zweifellos verändert; je voll® kommener die Röste wirkt, desto grösser ist der Gehalt an Zellulose. Während ungerösteter Flachs 65,5 bis 7 6,5% Zellulose aufweist, beträgt im gerösteten Flachs die mittlere Menge derselben 85,4 % . Auf das Rösten folgt das „Trocknen“ des Flachses durch mehrtägiges Auslegen oder Aufstellen der Bündel zu Kapellen oder „Hüfeln“ an die Luft (oft unter den Scheunendächern) oder Sonne, in geheizten Kammern bezw. in Häusern oder in besonderen Flachsdörröfen. Letzteres Verfahren ist wegen der Feuergefährlichkeit

27 mit grösster Vorsicht durchzuführen. In vielen Gegenden, so im Bayerischen Wald, im Chiemgau, an der schlesisch»böhmischen Grenze zwischen Trautenau und Nachod gibt es besondere Flachs» oder Brechhäuser, in denen das Trocknen in der mit einem grossen Ofen versehenen „Rauchstube“ erfolgt. Zuweilen besitzt dieses scheunenähnliche, aus Holz gebaute Flachsbaus noch einen nach der Giebelseite offenen Arbeitsraum, in welchem sich die weiteren Prozeduren abspielen. Es folgt nun das Entfernen der Holzteile von den Fasern durch das sog. „Klopfen“, „Brechen“, „Schwingen“ und „Reiben“ oder „Ribben“ im trockenen Zustande, welche zeitraubende Arbeit neuerdings im Grossbetriebe mittels Maschinen (Knick» und Schwingmaschinen) ausgeführt wird. Das Klopfen oder Stampfen geschieht mit hölzernen, an Stielen befestigten Schlägeln (Beuteln) oder Klötzen, wodurch die Stengel platt gedrückt werden. Beim Brechen (im Chiemgau „Linden“ genannt) kommt die hölzerne Handflachsbreche (in der Schweiz und in Oberbaden „Rätsche“ oder „Brechi“ geheissen) in Anwendung (Fig. 1680), ein mit einem Taschenmesser vergleichbares hölzernes Gerät, das auf» und zugeklappt werden kann. Diese mühsame, vom weiblichen Geschlecht ausgeführte Arbeit wurde ehedem in der Regel gemeinsam vorgenommen, sehr oft anschliessend oder abwechselnd mit dem Trocknen. Die Fasern bleiben dabei ganz, während die Holz» teile in Stücke zerbrechen und zum Teil bereits abfallen. Durch das „Schwingen“ mit Hilfe eines hölzernen Messers oder mit dem Schwingsjock werden schliesslich alle Holzteile entfernt. Nachdem auf diese Weise der Bast von allen oder fast von allen Holz» teilen befreit und gesäubert wor» den ist, wandert er, um ihn ge» schmeidiger zu machen, zuweilen noch in die Reibmühle (in der Schweiz „Ribi„ geheissen). Diese Reibe befand sich fast immer in einem zu einer Getreidemühle ge» hörenden kleinen Nebengebäude und bestand in der Hauptsache aus einem runden, einige Meter im Durchmesser haltenden Stein» oder Holzbett, in welchem sich genau bis zu seinem Rande ein schwerer, konischer Stein be» wegte, der an einem aufrecht» stehenden, von einem Wasserrad getriebenen Wendelbaum befestigt war. Die Flachsmasse musste hiebei des öfteren gekehrt werden, was bei der raschen Drehung des Steines eine gefährliche Arbeit war. Bei dem letzten Prozesse, beim „Hecheln“, werden die langen Faserbündel isoliert und parallel nebeneinander gelegt (Reinflachs), während die kurzen, gröberen Fasern als Werg oder Hede (Schweizerdeutsch „Chuder“) ausge» schieden werden. Die Faserbündel sind desto wertvoller, je länger sie sind (0,2 bis 1,4 m). Je nachdem man die Faser zu feinerem oder gröberem Gewebe verwenden will, muss das Hecheln mehrmals wiederholt werden. Gewöhnlich sind drei Hecheln erforderlich; die zu grober Leinwand bestimmte Faser geht nur durch eine Hechel. Die „Hechel“ besteht aus einem etwa ellenlangen, harthölzernen Brett, in dessen Mitte nahe beisammen viele in einem Kreise oder Rechteck stehende, etwa 10 cm lange, oben scharf zugespitzte, eiserne „Zähne“ sich befinden. Erst jetzt, nach diesen verschiedenen vorbereitenden Arbeiten, ist der Rohflachs zum Spinnen verwendbar und es kann mit dem Spinnen begonnen werden, was gewöhnlich nach Beendigung der Herbstarbeiten (um Martini) der Fall ist. Dann holt man das Spinnrad aus seinem Ruheplätzchen. Die Länge der Flachsfasern wechselt zwischen 0,2 bis 1,4 m, die Breite zwischen 45 und 620 ,u; die Farbe der besten Flachssorten ist eine lichtblonde. Die Faser besteht — sie wurde erstmals von L e e u w e n h o e k im Jahre 1677 mikroskopisch untersucht — aus ganzen Gruppen von Bastzellen (nur selten findet man gänzlich isolierte Bastzellen), deren Zerfall in Einzelfasern gewöhnlich erst durch die Bleiche erfolgt. Alle Fasern, die primär im Pericambium entstehen, bilden zusammen einen hohlen, zwischen der Rinde und dem Phloem bezw. Cambium (Fig. 1681 a bis d) liegenden Zylinder. Allerdings verlaufen sie nicht in der ganzen-Ausdehnung des Stengels getrennt, sondern sie anastomosieren miteinander und bilden demzufolge gleichsam ein Netz mit ver» hältnismässig sehr engen Maschen. In der Mitte des Stengels beträgt die Anzahl der Fasern etwa 500 (schwankt

28 aber zwischen 200 und 1400) um nach oben (320) und unten abzunehmen (in der Wurzel 55). Aus diesem Grunde gelangen bei der Flachsbereitung die Fasern des obersten und untersten Stengelteiles, ebenso' die der Wurzel, gewöhnlich in das Werg. Die Anzahl der Faserbündel variiert zwischen 20 und 51, während die Anzahl der Fasern pro Bündel 10 bis 30 beträgt. Die einzelnen Bastzellen, die zu den längsten Pflanzen» fasern gehören, haben eine durchschnittliche Länge von 25 bis 30 mm (im Minimum 4, im Maximum 100 mm), eine durchschnittliche Breite von (7,7) 15 bis 26 (37) mm. Sie sind gänzlich unverholzt, zeigen eine deutliche Längsstreifung, sind sehr stark und gleichmässig verdicht und mit einem engen, fadenförmigen, stellenweise erweiterten, plasmaerfüllten Lumen versehen. Die Enden sind sehr spitz und lang ausgezogen. Der Quer» schnitt ist meist polygonal, die Grenzfläche abgerundet prismatisch bis fast zylindrisch. Die unveränderte Bast» zelle ist, abgesehen von einer Andeutung einer feinen Längsstreifung (Fig. 1681 e, k), strukturlos. Nur ab und zu bemerkt man auch quere oder schiefe Linien, die man früher fälschlich für Porenkanäle hielt. Diese zarten, die Zellhaut durchziehenden »Bruchlinien* haben jedoch mit der Struktur der Bastzelle nichts zu tun. Bei den Bastzellen des gehechelten oder versponnenen Flachses sind diese Bruchlinien nun viel reichlicher und bedeutend schärfer-, auch ist die Zelle stellenweise knotenförmig aufgetrieben (Fig. 16811 bis p) oder zeigt sogenannte „Ver» Schiebungen“, die um so deutlicher in Erscheinung treten, je stärker die Bastzellen mechanisch angegriffen sind. Die besten belgischen und auch andere gute Sorten enthalten viele noch nicht angegriffene Bastzellen, die sich dann der natürlichen, unverletzten Faser nähern. Uebrigens geben auch Querwände anhaftender Reste von Parenchymzellen Veranlassung zum Auftreten von queren oder etwas schrägen Linien bezw. von Verschiebungen. Bringt man die Fasern durch Kupferoxydammoniak zum Quellen, so erkennt man auf dem Quer» oder Längs» schnitt sehr deutlich eine Schichtung der Zellwand; sie setzt sich aus wasserärmeren und wasserreicheren Lamellen von ungleicher Quellungsfähigkeit zusammen. Zuweilen kann man — besonders am basalen Stengelteile von älteren Fasern — im Inneren der Faser eigentümliche »Einkapselungen* feststellen, in welche sich das Protoplasma zurüdegezogen hat. Durch mehrere übereinanderliegende »Kappen“ (Fig. 1681 h) kann die Einkapselung von dem übrigen Zellraum abgetrennt werden, sodass dann die Faser scheinbar mehrzellig ist. Chemisch bestehen die Fasern fast aus reiner Zellulose (85,4 °/o)) Eiweiss (4°/o), etwas Fett oder Flachswachs (1,6 bis 2,1 °/o), geringen Mengen von Zucker, Gummi und Pektin, Pektose, Cerylalkohol, Phytosterin; dann enthalten sie als Glyzeride viel Palmitinsäure, Stearinsäure, anscheinend auch Oelsäure, Linolsäure, Linolen« und Isolinolensäure, sowie Spuren eines aldehydartigen Körpers. Holzsubstanz befindet sich nur in der Mittellamelle. Der hohe Wert der Faser liegt also in dem geringen Gehalt an Holzstoff; dem entspricht auch die hohe Zugfestigkeit, wie die nachstehende Tabelle zeigt (nach S o n n t a g ) :

F lach s.................................................................................. H a n f ........................................... . . . . . Manilahanf (Musa textilis)........................... . . Phormium tenax (Neuseeländer Flachs) . . . Coir (K okosnuss)...........................................

V erholzungsgrad

Festigkeit

Elastizität

14,29 °/o 15,05 °/o 29,20 % 50,7 °/o 58,4 °/o

110,4 91,8 67,1 47,7 28,9

10,787 7,205 6,880 3,493 377

Der Reinflachs wird in erster Linie zu Leinwand, Linnen (franz.: toile; ital.: tela) oder Batist (die feinsten Fasern) verarbeitet, gröbere Sorten und Abgang zu Zwillich oder Drillich, Zwirn, Sack» und Packlinnen, zu Bettüchern, Garn, Wachstuch, Linoleumläufern usw. Das Bleichen erfolgt gewöhnlich erst nach dem Verspinnen oder Weben. Zur Papierfabrikation (Lumpenpapier) werden die Einzelfasern durch chemische und mechanische Mittel isoliert. Die Fabrikation von Lumpenpapier dürfte wohl in Deutschland entstanden sein. Das Stadtarchiv von Kauf» beuren (Bayern) besitzt Urkunden auf Lumpenpapieren aus dem Jahre 1324; die erste und älteste Papiermühle dürfte 1390 in Nürnberg angelegt worden sein. Durch das sogenannte „Kotonisierungs«Verfahren “, wodurch die Faser« bündel auf mechanischem oder chemischem Wege zerlegt werden, erhält man eine geschmeidige, baumwollähnliche Faser (Kosmosfaser), die entweder allein oder mit anderen gemischt, zu feinen Geweben versponnen werden kann. Halbleinene oder halbbaumwollene Stoffe sind Ketten aus Leinen mit Einschuss von Baumwolle oder Hanf. Offizineil als S e m e n Li ni sind die stark flachgedrückten, eiförmigen, am Rande dünneren, 4 bis 6,5 mm langen, 2,5 bis 3 mm breiten, 1 bis 1,5 mm dicken und 4,69 bis 5,45 fx schweren, am unteren (Chalaza»)Ende abgerundeten, am Hilum genabelten, glatten, glänzenden, gelblichen bis dunkelrotbraunen Samen. Sie besitzen einen, wenn auch schwachen, unangenehmen, öligen Geruch. Mit der Lupe betrachtet erscheint die Oberfläche sehr fein grubig. Die Mikropyle ist an der einen schmalen Kante als dunkles Höckerchen sichtbar; darunter liegt der etwas hellere Nabel, von dem aus die Raphe als meist hellerer Streifen an der scharfen Kante herabzieht. Das Endosperm, das beim Oeffnen der Samen meist an der Samenschale haften bleibt, ist sehr dünn, jedoch auf dem Querschnitt deutlich sichtbar. Von den beiden

29 Handelssorten: die „Leinsaat“, die ausschliesslich aus ausgereiften, frischen und noch keimfähigen Samen besteht und für die Aussaat bestimmt ist, und die „Schlagsaat“, deren meist unausgepresste Samen zur Oel» gewinnung Verwendung finden, ist pharmazeutisch einzig die erstere Sorte zulässig. Die dichte, harte und zerbrechliche Samenschale lässt 5 Gewebeschichten (Fig. 1682) erkennen. Die äusserste Schicht ist die nach aussen mit einer deutlichen Cuticula überzogene Epidermis, deren ungefärbte, grosse, nahezu würfelförmige oder radial verlängerte Schleimzellen stark verdichte, geschichtete Aussen» und Seitenwände besitzen. Einzig diese Verdickungsschichten, die nicht aus Cellulose bestehen, quellen bei der Benetzung enorm auf und bilden den schleimigen Ueberzug der Samen, wobei die Aussenwand der Zellen gesprengt wird. Darauf folgt eine Schicht mit meist 2 (seltener 1 oder 3) Lagen von dünnen, gestreckten, gelbwandigen Parenchymzellen, dann eine einfache Lage von stark verdickten, bis 0,25 mm lan» gen, tangential gestreckten und reichlich getüpfelten Skle» renchymzellen (Faserschicht), darunter mehrere Lagen von dünnwandigen, zusammenge» fallenen Querzellen und schliesslich eine Lage von derbwandigen, getüpfelten, mit einer schwarzbraunen Masse gefüllten, 4» bis 6»ecki» gen, kubischen Zellen (Färb» stoff» oder Pigmentschicht), die Gerbstoff führen. Unter der Samenschale liegt das weisse oder blassgrünliche, ölig»fleischige Nährgewebe, das aus 4 bis 25 Reihen von parenchymatischen, farblosen, ziemlich dünnwandigen Zel» len besteht, welche reichlich Fett und grosse Aleuron» körner (mit Globoid und Eiweisskristall), im unreifen Fig. 1681. L in u m u s i t a t i s s i m u m L. a Querschnitt durch den mittleren Teil eines erwachsenen Stengels, b, c Randpartie vergrössert. d Querschnitt durch den ganzen Stengel, e Längsansicht Zustande auch etwas Stärke einer isolierten Faser, f, g Querschnitt durch einige Fasern, h Faser mit Kappenbildung, i mit ein­ enthalten. Der grosse Keim» gekapseltem Protoplasma, k Faser mit Streifung, l mit erweitertem, von Plasma erfülltem Lumen. m bis p Fasern mit Bruchlinien, q Querschnitte durch die Fasern, r Granulobacter pecünovorum ling mit seinen beiden flachen (nach Tine T a mm es und W ie sn er). Kotyledonen zeigt die glei» chenlnhaltsbestandteile. Beim Zermahlen der Leinsamen werden die Gewebe der Samenschale bis auf die Sklerenchymzellen und bis auf die Elemente der innersten Haut zerstört. Die Samen enthalten in den Epidermiszellen 5,1 bis 5 ,9 % Schleim (Ci8H280u), der mit Jod und Schwefelsäure behandelt keine Blaufärbung zeigt, dagegen mit Kupferoxydammoniak eine feste Gallerte und mit Salpetersäure Schleimsäure bildet. Im Leinsamenschleim kommen neben Spuren von Cellulose (0,51 % ) und Mineralstoffen (0,61 % ) nur Pentosane und Hexane 2 (CöHioOe) •2 (CsHsOi) v o r ; hydrolysiert liefert er neben Dextrose auch Galaktose, Arabinose und Xylose. Der Aschengehalt des rohen Schleims beträgt etwa 12,14% , darin Calcium» und Kaliumkarbonat, KCl, Calciumphosphat, Kaliumsulfat, Eisen, Aluminium und Kieselsäure. Neben dem Schleim enthalten die Samen 30 bis 4 0 % fettes Oel, 8 % Wasser, etwas Gerbstoff, Gummi, 2 5 % Eiweissstoffe (Edestin, kristallis. Globulin, ein Albumin, Proteosen und Peptone), ferner Lecithin (0,88%), Lipase, Protease, ein glykosidspaltendes Enzym, das Blausäure liefernde Glykosid Linamarin (bis 1,5%), das mit dem aus Phaseolus lunatus isolierten Phaseolunatin (CioHi70eN) identisch sein soll. Die Samen finden als •einhüllendes, reizmilderndes und resorptionshemmendes Mittel bei Katarrhen, Diarrhoe, entzündlichen Erkran» kungen der Harnröhre, vor allem aber äusserlich zu Kataplasmen („Leinsäckchen, heisse Breiumschläge“), Klystieren, Gargarismen, Latwergen und Emulsionen Anwendung. Von Laienkreisen wird dem Leinsamen eine hervor» ragende Wirkung bei Diabetes nachgerühmt. Leinsamenschleim dient als mildes Appreturmittel (Satinappretur). Ebenso wird das entölte, grobe Pulver, als P l a z e n t a s e m i n i s L i n i (Leinkuchen oder Flachskuchenmehl) medizinisch verwendet; diese bindet mehr Wasser als das ölhaltige Mehl (farina seminis lini). Leinsamenmehl wird auch zur Verfälschung von Gewürzen oder als Zusatz von Getreidemehl benützt. 205 H e g i , Flora. V, 1.

30 Durch kaltes oder warmes Pressen wird aus den zerkleinerten Samen ein fettes Oel ( Ó l e u m Llni) gewonnen und zwar erzielt man bei kaltem Pressen etwa 2 0 % eines hellgelben Oeles von schwachem Geruch und Geschmack, das leicht ranzig wird, während die erwärmten Samen bis 2 8 % dunkleres Oel von bernstein» bis bräunlich»gelber Farbe und etwas stärkerem Geruch und Geschmack liefern. Leinöl löst sich in 36 bis 40 Teilen kaltem und in 5 bis 6 Teilen kochendem Alkohol sowie in 16 Teilen Aether. Es er» starrt bei — 15 bis — 2 0° C, siedet bei einer Temperatur von 230° C; bei 300 bis 400° C fangen die schon bei 3 0 0 0 C sich entwickelnden, übelriechenden, weisslichgrauen Dämpfe von selbst zu brennen an. Das Oel brennt dann mit roter Flamme unter starker Rauchentwicklung. Das frische Leinöl ist leicht verseifbar; mit Natron bildet es eine gelbe, weiche Seife. An der Luft wird es unter Sauerstoffaufnahme bald ranzig und dickflüssig; in dünner Schicht trocknet es zu einer durchsichtigen, in Aether unlöslichen, harzartigen Masse (Linoxyn) ein; durch die Einwirkung des Lichtes wird es gebleicht. Leinöl enthält (die Resultate widersprechen sich öfter) 10 bis 1 5 % feste Glyzeride (Stearin, Palmitin, Myristicin), 85 bis 9 0 % flüssige Glyzeride, davon 5 % Oelsäure, 20 bis 2 5 % «» und /¡»Linolsäure (Cis Hs2 O 2), 1 5 % Linolensäure (Cis Hso O 2) und 6 5 % Isolinolensäure. Die Er» kennung des reinen Leinöles gelingt am raschesten durch die Bestimmung der Jodzahl, da Leinöl als das am stärksten trocknende Oel die höchste Jodzahl (156 bis 160) besitzt. Es dient vor allem zur Darstellung von Firnissen, Lacken oder Oelfarben, Buchdruckerschwärze, Seifen, Linoleum, Wachsleinwand, Kitt, mit Kalk» wasser gemischt als Brandliniment gegen Brandwunden; Schwefel mit Leinöl im Verhältnis 1 : 6 gibt den zähen, braunen Schwefel» oder Harlemer Balsam ( O l e u m L í n í s u l f u r é t um) , der zu Einreibungen bei Drüsengeschwülsten, in der Veterinärheilkunde gegen die Trommelsucht des Rindviehes usw. Verwendung findet. Als Speiseöl wird frisches, kaltgepresstes Leinöl besonders in Russland, Polen und Ungarn benützt. Die Pressrückstände liefern die Leinölkuchen (die besten Kuchen geben die südrussischen Leinsamen), die als Mastfutter für Haus» tiere, als Vogelfutter, Dünger, sowie zur Bereitung der Oelgase dienen. Diese enthalten im Durchschnitt 12,19% Wasser, 29,48% sticktoffhaltige Substanzen, 9 ,8 8 % Fett, 2 9 ,9 1 % sticktofffreie Substanz, 9 ,6 9 % Cellulose und 5 ,1 3 % Asche. Als „Streckungsmittel“ für Leinmehle werden ver» wendet: Leinspreu, Reisspelzen, Baumwollschalen, Erdnusshülsen, Oliven» kernmehl, Sapotaceenmehl, Getreideabfälle, Samen von Raps, Ackersenf, Eruca, Erysimum Orientale, Indischer Senf, Mohn, Sesam, Polygonum Convolvulus, Setaria glauca, Lolium remotum, Spergula arvensis, Cerastium Fig. 1682. Querschnitt durch die Samen­ wand vom Lein, q Epidermis in gequol­ triviale, Chenopodium polyspermum, Aradas hypogaea, Palmkerne usw.

lenem Zustande mit Cuticula (c). s Stein­ zellenschicht. p i Pigmentschicht, p Endospermzellen mit Oelplasma und Aleuronkörnern (a) (nach T s c h ir c h ).

Die Zahl der Unkräuter in den Leinfeldern, ebenso die Menge der Unkrautsamen in den Leinsaaten ist eine sehr grosse. Einzelne von den Unkräutern haben sich in ihrer Tracht (f. l í n í c o l a ) ganz den Ver» hältnissen der Flachsfelder angepasst. Der schlanke Stengel verzweigt sich erst oberwärts und entsendet die langgestielten Blüten in den Horizont des Leinfeldes. Das weitaus schädlichste und gefährlichste Unkraut ist die Lein» oder Flachs»Seíde (Cuscúta Epilinum), das als solches in Europa seit dem Mittelalter bekannt ist. In ihrer Lebensweise ist die Lein«Seide (Fig. 1683) ganz auf die Flachspflanze angewiesen, obwohl sie auch einige Zeit auf anderen Pflanzen, namentlich auf den Unkräutern des Flachses, aber auch auf dem Klee, zu leben vermag. Der Same der Seide keimt ebenso wie der Lein selbst schon in wenigen Tagen aus. Infolge des hohen Licht» bedürfnisses bleibt die junge Pflanze nicht lange an den unteren Teilen der Wirtspflanze haften, sondern windet sich sofort an der zunächst liegenden Leinpflanze empor, wobei sie ihre Saugapparate in das Innere des Flachsstengels hineinsendet, um dann mit ihren Endtrieben noch benachbarte Pflanzen zu befallen. Als echter Schmarotzer vermag die Seide aus dem Boden nur während der Keimung und in der allerersten Ent» Wicklung Wasser aufzunehmen ; später bezieht sie den ganzen Bedarf an Wasser und an gelösten Nährstoffen von der befallenen Leinpflanze. Da gewöhnlich 2 Samen semmelartig Zusammenhängen und gleichzeitig auskeimen, so wird auch die Flachspflanze gleichzeitig von 2 (nicht zu selten auch von 3 oder 4) Trieben umschlungen j andererseits können die Seidenpflanzen sich auch gegenseitig befallen. Durch die Seide stirbt die Leinpflanze 3 bis 4 Wochen zu früh ab, was sich in dem Samenertrag stark bemerkbar macht. Auch lässt sich der von der Seide befallene Flachsstengel schlecht rösten und erweist sich in jeder Beziehung als minderwertig. Da die Seidesamen kleiner sind als das Leinsaatgut, so lassen sich diese durch ein Rundsieb von 2 mm Lochweite durch kräftiges Schütteln entfernen. Als zweites, sehr bezeichnendes, in der Saat zuweilen in Menge (bis 5 9 % ) auftretendes Unkraut ist der Lein»Lolch (Lölium remötum Schrank, = L. linicolum A. Br.) hervorzuheben, dessen Samen zum mindesten als giftverdächtig anzusehen ist. Wahrscheinlich gibt es wie beim Taumel»Lolch (Bd. I, pag. 377) je nach der Herkunft giftige und ungiftige Sorten. Neben diesen beiden Arten erscheinen in den mitteleuropäischen Leinsaaten nach G e n t n e r (Bayerische Leinsaaten. Faserforschung. Bd. III, 1923) als

31 Unkräuter hauptsächlich der „Leindotter“ (Camelína sativa [L.] Crantz subsp. Alyssum [Miller] Thellung, = C. dentata Pers.; vgl. Bd. VI, 1/371), Spergula arvensis (in einzelnen Saaten fast die Hälfte der Menge ausmachend), Polygonum lapathifolium (bis 40°/°), P. Convolvulus und P. avículare, Chenopodíum álbum, Galium Aparine, Anthemis arvensis, Lapsana communis, Galeopsis Tetrahit, Brassica arvensis, Geranium díssectum, Vicia hir» suta und V . tetrasperma, Centaurea cyanus, spärlicher bis selten Medícago lupulína, Vogelía pañí culata, Raphanus Raphanistrum, Scleranthus annuus, Lithospermum arvense, Triticum vulgare, Verónica Tournefortii, Valerianella dentata, Agrostemma Gíthago, Plantago lanceolata, Vicia sativa, Thlaspi arvense, Avena fatua, Alopecurus agrestís, Setaria glauca, Polygonum Hydropiper und P. Persicaria, Ranunculus repens, Euphorbía Helíoscopía, Convolvulus arvensis, Viola tricolor, Myosotís híspida. Es zeigte sich, dass der Lein=Lolch in Oberbayern und Schwaben in 75 °/o aller Proben enthalten war, in Oberbayern in 60 °/o, in Niederbayern und in der Oberpfalz in Je 52°/o> in Unterfranken in 42°/o, in Mittelfranken in 37°/o. Die Acker»Kamille zeigt in Bayern hauptsächlich osteuropäischen Charakter. Für südrussischen Leinsamen sind ausser den oben ge» nannten Unkräutern noch Panícum mílíaceum, P. crus Galli und Echinospermum Lappula zu nennen, für westeuropäische (bis ins westliche Bayern reichend) Alopecurus agrestís. Letztere Art führt F r a n k neben Lolium Westerwoldicum als spezifisches Unkraut für holländische Samen an. Auch die Saaten aus Argentinien, Nordamerika, Ostindien, Marokko und der Türkei lassen sich nach F i l t e r leicht an ihrem Unkrautbesatz erkennen. Von tierischen Schädlingen sind zu nennen Engerlinge, die Raupe der Gamma»Eule (Plúsía Gämma L.), die Made der Flachsfransenfliege (Thrt'ps lini Lad.), des Flachsknolenwíckles (Conchylís [Tórtríx] Epílínána Zell.), vor allem aber der Erdfloh (Haltíca nemórum L.), der die Jungen, eben aufgegangenen Pflanzen befällt. Durch T y l é n c h u s d i p s a c i kann die ganze Pflanze missgebildet werden, während die Larve von D a s y « n e ü r a (Perrisia) S a m p a i n a an der Spitze der Haupt« und Seitensprosse eine schopfartige Häufung der verbreiterten kahnförmigen Laubblätter hervorruft. Von Pilzen sind in Mitteleuropa hauptsächlich zu nennen M e l a m p s ö r a l i n i Tu l.; der Flachsrost (Brand, Firing, Feuer) beschädigt nicht allein die Fasern der befallenen Stengel, sondern kann diese ganz zum Verschwinden bringen. Ausserdem verhindert er ört» lieh die Röste und führt zu den sogenanntefl „Tinten« Spritzern“ des ausgearbeiteten Flachses, die das Rinden» gewebe mit dem Pilz fest an der Faser kleben lassen. F u s a r i u m l i n i Poll, ruft die sogenannte „Leinmüdig» keit“ hervor, die sich in der Weise äussert, dass der Spross in seinem oberen Drittel welk wird, die Blätter vergilben und braune Flecken bekommen. P h ö m a h e r b ä r u m West., bekannt unter den Namen „Toter Stengel“, „Kalter Brand“ (in Holland „doode harrel“), bringt die Stengel am Grunde zum Absterben, G 1o e o » p ö r i u m (Colletotrichum) l i n i , in Holland von J. We s t e r » d i Jk und S c h o e v e f s als Anthracnose, von B o 11 e y für Nordamerika als „Flax canker“ beschrieben, ist in Deutschland erst 1920 durch Ernst S c h i l l i n g bei Sorau (Faserforschung, 1922) festgestellt worden. Der Pilz sitzt in den kranken Leinsamen (Epidermis) und wird durch die Samen verbreitet. Der Schaden kann sich in einer starken Herabsetzung der Keimenergie, im Ab» sterben Junger Pflanzen, sowie im Misswachs grösserer Feldbestände äussern. B o t r y t i s c i n é r e a , ein Pilz, der bei feuchter Witterung die Keimpflanzen zum Ver» Jauchen bringt, aber auch ältere Blüten und fruchtende Pflanzen befallen kann, scheint in Mitteleuropa noch wenig verbreitet zu sein, ebenso ein solcher aus der Gattüng H e l m i n t h o s p ö r i u m (wohl H. lini Gentner), so w ie eine A l t e r n a r í a und A s t e r o c y s t i s r á d í c í s . Fig. 1683. C u s c u t a E p ilin u m („Flachsseide“) im Leinfeld. .

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Phot. stud. med. Meta L u tz und Dr. G. H e g i, München.

Von Bakterien beobachtete G e n t n e r einen roten Farbstoff ausscheidenden Bazillus, der die Keimfähigkeit beeinträchtigt und mit dem von ihm bei der Gerste u. a. nachgewiesenen B a c i l l u s c e r e ä l i u m identisch sein dürfte. Eine eigenartige, unter dem Namen „Hagel» flachs“ von E. S c h i l l i n g kürzlich näher untersuchte Erscheinung dürfte nicht auf Pilzwirkung zurüdezuführen sein. Derartige für die Industrie unbrauchbare Stengel zeigen auffällige knotige Anschwellungen, sind zuweilen braun gefärbt oder abnorm verzweigt. Dass für diese Krankheit die Hagelkörner allein verantwortlich zu 205 *

32 machen sind, ist kaum anzunehmen. Zur Bekämpfung der vom Saatgut ausgehenden Krankheiten wird seit alter Zeit das Dörren und das Räuchern der Samen vor der Aussaat empfohlen, daneben die Lagerung bezw. die „Samenrastung“. Selbst eine 5=jährige, gut geerntete, in den Kapseln trocken aufbewahrte Saat kann er» fahrungsgemäss gute Erfolge haben. Dagegen haben sich die verschiedenen Beizmittel nicht bewährt; denn derartig behandelte Samen wurden von Pilzen gleichwohl befallen. F l e i s c h m a n n hat für das nördliche Ungarn zwei Samenernten in einem Jahre erzielt und zwar ohne dass die zweite Ernte schlechter ausgefallen wäre. Die Keimung, bei der zuerst das Endosperm entleert wird, erfolgt epigäisch (Fig. 1676 b). Die schleimige Epidermis klebt hiebei den Samen an den Boden fest und sichert so das Eindringen der Wurzel in den Boden. Der Lein besitzt einen hohen Grad von Empfindlichkeit für strahlende Wärme, d. h. er wird durch einen Wärmereiz zu Krümmungen veranlasst, reagiert also „thermo»tropisch“. Nach den Versuchen von F. P o h l (Beihefte zum Botan. Centralblatt. Bd. X X IV , 1909) hat die Empfindlichkeit in der Gipfelknospe ihren Sitz. Unter dem Einflüsse der Sonnenbestrahlung führten die Pflanzen in einer Stunde Bogen bis zu 240° aus. Die auffälligen, grossen, honigbergenden Blumen werden von Bienen (Apis, Halictus cylindricus), von Hummeln, Schmetterlingen (Plüsia gamma, Pieris räpae) und von einer Fliege besucht; doch ist der Insektenbesuch im allgemeinen ein sehr spärlicher. Das Oeffnen der Blüten erfolgt am Morgen von 6 bis 7 Uhr, bei kühler Witterung erst von 8 Uhr a n ; einzelne Blüten folgen dann bis 9 bezw. 10 Uhr nach. Nach F l e i s c h m a n n vollzieht sich das Aufblühen in der Weise, dass diejenige Blüte, die die Hauptachse abschliesst, zuerst aufblüht. Das Aufblühen der Blütenzweige schreitet an der Pflanze von oben nach unten fort, während es an den Blütenstandachsen von unten nach oben erfolgt. Zum vollständigen Abblühen bedarf eine Pflanze 8 bis 10 Tage. Nach H i l d e b r a n d , H o f f m a n n , T a m m e s und F r u w i r t h tritt auch eine spontane Selbst« bestäubung ein; letztere wurde auch künstlich erzielt. T a m m e s konnte vereinzelt Parthenokarpie feststellen. Der Lein gehört zu unseren ältesten und geschichtlich interessantesten Kulturpflanzen. Oswald H e e r hat in den Schweizer Pfahlbauten der jüngeren Steinzeit, also 3000 bis 4000 Jahre alte Samen, Stengelteile, Früchte, Gewebe eines Leines festgestellt, der von dem heute in diesem Gebiet gebauten Linum usitatissimum wesentlich abweicht. Die aufgefundenen Gerätschaften und Erzeugnisse wie Fäden, Schnüre, Netze, Gespinste, Fransen usw. (Fig. 1684) sprechen für einen regelrechten Flathskultus; Spinnerei, Flechterei und Weberei standen bereits damals auf einer hohen Stufe. Ein primitiver Webstuhl ist rekonstruiert worden (vgl. hierüber M e s s i k o m m e r , Hrch., Die Pfahlbauten von Robenhausen. Zürich, 1913). Zum Gelbfärben der Gewebe diente der Wau (Reseda luteola), zum Blaufärben die Beeren vom Attich (Sambucus Ebulus), wohl auch die Samen von Chenopodium album und Galium palustre. Daneben waren wahrscheinlich auch Rotstein (Rötel) und Oker im Gebrauch. Oswald H e e r und neuerdings Ernst N e u w e i l e r haben eingehende Studien über den Pfahl» bautenlein gemacht und festgestellt, dass bei diesem sich am Wurzelhals Ansatzstellen für mehrere Stengel zeigen. Die Stengel sind bogenförmig gekrümmt und nachher gerade aufsteigend, dünn, schlank, mit zarten, aufge» richteten Aesten. Beide Forscher schliessen daraus, dass dieser Lein nicht eine einjährige, sondern eine ausdauernde Art gewesen sein müsse. Auch die Samen sind kleiner als beim gewöhnlichen Lein, die Kapselscheidewände mit Haaren versehen. H e e r ist der Ansicht, dass der Pfahlbauten« lein zu dem zweijährigen bis ausdauernden mediterranen L. angustifolium (Fig. 1677) zu ziehen ist, während N e u » w e i l e r glaubt, dass er sich am stärksten an L. Austriacum anlehne. Gegen die Ansicht von N e u w e i l e r wenden sich T h e l l u n g und später G e n t n e r , die darauf hin« weisen, dass bei L. Austriacum die Fruchtstiele stark seitlich bis abwärts gekrümmt sind, während diese beim Pfahlbautenlein unter 45° abstehen. Durch die Verzweigungsart unterscheidet sich der letztere auch von der zweijährigen Form von L. angustifolium. G e n t n e r weist in seiner Arbeit „Pfahlbauten und Winterlein“ (Faserforschung. Bd. I, 1922) nach, dass der Pfahlbautenlein in allen seinen Teilen eine sehr grosse Ueberein« Stimmung mit dem zweijährigen, in einigen Alpengegenden von Bayern, in Tirol, Kärnten und im Bündner Oberland gebauten „Winterlein“ besitzt. Sowohl die vegetativen Teile, wie die Früchte, Samen und die behaarten Kapsel» wände stimmen mit dem Pfahlbautenlein überein. Nur sind die Kapseln und Samen desselben etwas kleiner (3,7 mm) als die des zur Zeit gebauten Winterleins (4,1 bis 4,2 mm). Da jedoch diese Teile beim gewöhnlichen Lein je nach Sorte, Düngung und Herkunft ebenfalls sehr variieren, so sieht G e n t n e r in der etwas geringeren Samen» und Fruchtausbildung des Pfahlbautenleins kein wesentliches Unterscheidungsmerkmal. Es liegt hier

33 nach G e n t n e r ein ganz ähnlicher Fall vor, wie beim Einkorn und Emmer, die auch in den Pfahlbauten der Schweiz gefunden wurden und sich noch heute in ihrer Kultur in einigen Gebirgstälern der Alpen erhalten haben, während sie im übrigen Mitteleuropa ganz oder zum grössten Teil verschwunden sind.

In Aegypten lässt sich die Flachskultur bis ins 4. Jahrtausend v. Chr. zurückverfolgen. So beobachtete U n g e r in einem ägyptischen Ziegel der Dashürpyramide aus der vierten Dynastie (5300 v. Chr.) Früchte und Fasern vom Lein, während ihn S c h w e i n f u r t h in Theben in einem Totenopfer von Dra Abu Negga (2400 bis 2200 v. Chr.) nachwies. Auch wurden die Mumien mit Gewändern aus Leinfasern bekleidet, ebenso die Priester. Altägyptische Wandmalereien aus der XII. Dynastie (2400 bis 2200 v. Chr.) zeigen den ganzen Prozess der Flachsverarbeitung. Die Untersuchungen von T h o m m e n und U n g e r haben den Nachweis erbracht, dass der Byssus der alten Aegypter Lein und nicht Baumwolle war. Dieser altägyptische Lein ist nach S c h w e i n « f u r t h und A s c h e r s o n unser einjähriges Linum usitatissimum, von dem bereits Schliess» und Klang»Lein unter» schieden wurden. Auch in Mesopotamien existierte bereits vor 4000 bis 5000 Jahren Flachsbau. S t r a b o nennt später die Stadt Borsippa als Sitz der Leinwandindustrie von Babylonien. Beim Einzüge der Juden nach Palästina fanden sie daselbst bereits den Flachs (pischthah) in Kultur. Die Priester trugen als Symbol der Reinheit und des Lichtes feine, weisse, das Volk grobe leinene Gewänder. Das weisse, leinene Chorhemd hat sich im Kult der Kathol. Kirche bis zum heutigen Tage erhalten. Auch Kaiser Heinrich IV. stand im weissen Büsserge» wände im Schlosshofe zu Canossa. In der Bibel wird der Flachs wiederholt genannt, so im 2. Buche Moses Kapitel 9, Vers 31 (also ward geschlagen der Flachs und die Gerste; denn die Gerste hatte geschosset und der Flachs hat Knoten gewonnen), im Buch Josua Kapitel 2, Vers 6, im 2. Buch Samuels Kapitel 6, Vers 14 (Nun David tanzte mit aller Macht vor dem Herrn her, und war bekleidet mit einem leinenen Brustkleid), in den Sprüchen Salomons Kapitel 31, Vers 13, im zweiten Buch Moses Kapitel 6, Vers 10 (Als David vor der Bundeslade herging, trug er ein Ephod von Bad, d. h. einen leinenen Leibrock), im Gleichnis vom reichen Mann und dem armen Lazarus usw. H e r o d o t erzählt, dass die Skythen sich bei Totenfeiern mit Leinsamen« dampf berauschten und reinigten. König Amasis schenkte den Lacedämoniern und dem Tempel der Athene zu Lindos auf der Insel Rhodus je ein leinenes, kunstvoll gewebtes Panzerhemd mit eingewebten Tierbildern. Durch P a u s a n i a s wissen wir, dass die Landschaft Elis Flachs baute; Lein findet sich auch in der mykenischen Periode. In Italien ist der Flachsbau sehr alt, geht aber nicht in die vorarische Zeit zurück. Forum und Kolosseum waren im alten Rom mit dem velum, einem ungeheuer grossen Zeltdach aus Leinwand bedeckt. Das Hemd der Römer war aus Leinwand und hiess camisia, woraus das französische Wort „chemise“ entstanden ist. Das Handtuch (sudärium) bestand gleichfalls aus Leinwand. Nach P l i n i u s gab es bei den Bewohnern der Poebene einen cibus rusticus ac praedulcis (eine ländliche und sehr süsse Speise) aus Leinsamen. Eine alte römische Inschrift, die in der Gegend von Ferrara gefunden wurde, war dem Gotte Silvanus cannabifer et linifer geweiht. Auf der Iberischen Halbinsel ist der Lein zur Bronzezeit nachgewiesen; Cartagena, Tarra« gona usw. wurden später für die Flachsindustrie wichtig. In der Schlacht bei Cannae (216 v. Chr.) trugen die iberischen Legionen purpurverbrämte, linnene Waffenröcke nach der Sitte ihres Landes, lieber den deutschen Flachsbau finden sich die frühesten Nachrichten bei dem älteren P l i n i u s , der in seiner historia naturalis im Anschluss an die Flachswirtschaft der Römer bemerkt, dass auch in Germanien der Flachsbau in reger Blüte stehe. Bei den germanischen Völkern lag die Leinkultur und die Verarbeitung seit urdenklichen Zeiten bei» nahe bis in die Gegenwart ganz in den Händen der Frauen, welche diese Arbeiten im Herbste und im Winter Vornahmen. Diese Beschäftigung, die bei der bäuerlichen Bevölkerung viel Abwechslung brachte, war von altersher mit einer gewissen Poesie umfangen. SpinnstubemErzählungen, Spinnerliedchen, Brechreime, die sich durch Jahrhunderte von Vater auf den Sohn vererbten, geben hierüber reichen Aufschluss. Auch die bis heute für allzugesprächige, vorlaute und bösartige Frauen übliche Bezeichnung „Raatschen“ oder „Rättschen“, ebenso die landläufigen Redensarten wie „raatschen“ oder „rättschen“ (d. h. viel und laut schwatzen) und „durchhächeln“ (kritisieren) erinnern an diese Tätigkeit. Mit Vorliebe wurden Leinengewebe ehedem mit roter Farbe geziert (noch heute wird ja die Wäsche allgemein rot gezeichnet); gefärbt wurde die Leinwand bereits im 16. Jahrhundert und zwar meistens blau (solche hiess in Ravensburg „Gugler“), doch auch rot, schwarz und grün. Der Flachs ist die heilige Pflanze der Frigga, der Gemahlin Odins und Schutzgöttin der Ehe. Ihr Katzengespann war mit Strängen von blühendem Lein angeschirrt. Sie war die Beschützerin der Flachsbear» beilung und wurde — unter dem Namen „Frau Holle“ — als spinnende Frau dargestellt. Lange Zeit galt die Spindel als Wahrzeichen der Weiblichkeit (die „Kunkel“, ein Teil der Spindel, wurde zum Wahrzeichen der Knechtschaft) und dies in so ausgesprochener Weise, dass selbst die Fürsten darauf Wert legten, ihre Töchter mit diesem Gewerbe beschäftigt zu wissen. Königinnen trugen selbstgewebte Kleider und den Toten gab man ihre Spindeln mit ins Grab. Kaiser Karl der Grosse, wie auch dessen Gemahlin Luitgard, ebenso die Gattin Kaiser Heinrichs II. und die Gattin des Herzog Konrad von Franken trugen leinene, zum Teil in Purpur gc» tauchte Kleider. Jahrhundertelang bestand das schönste Kleid einer germanischen Frau aus Leinwand. Der

34 Besitz von grossen Schränken voll von selbsthergestellter Leinwand bildete und bildet noch heute in einzelnen Gegenden den Stolz der Hausfrau und jahrelang wird gesponnen, um für die Töchter des Hauses das zur Hochzeit erforderliche Weisszeug zusammenzubringen, wie dies in „Hermann und Dorothea “%zum Ausdruck kommt: „Nicht umsonst bereitet durch manche Jahre die Mutter Viel Leinwand der Tochter, von feinem und starkem Gewebe“. Aus dem nordwestlichen Norwegen wird lina neben laukar (Lauch) bereits in einer Runenschrift aus dem 4. Jahrhundert genannt. Mehrere aus lin- und »vin zusammengesetzte Ortsnamen müssen spätestens aus der Wikingerzeit stammen, der nördlichste liegt im Toms-Amt (später soll Flachs sogar bis Skjervö gebaut worden sein). Neben altnordisch lin kommt auch horr vor. In einem leinenen Frauengewand soll Tor seine Fahrt zu den Riesen angetreten haben. Noch im 19. Jahrhundert war der Flachsbau bis Dronlheim von Be­ deutung; 1907 wurde er am meisten in Opland und Hedmark angebaut. Die ältesten Nachrichten über die deutsche Leinenerzeugung stammen aus Schlesien, wo bereits im 13. Jahrhundert, zuerst in Striegau und Sagan (angeblich durch vertriebene Wallonen), das Leinengewerbe blühte. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts war Schlesien durch sein Leinenhandwerk, das überall den eisernen Bestandteil des ländlichen Wirtschaftsplanes bildete, zu einem der ersten Industrieländer der Welt geworden. Im 18. Jahrhundert fand die schlesische Manufaktur durch Friedrich den Grossen eine bedeutende Förderung. Seine Auffassung war, dass die Leinwand Schlesiens ebensoviel einbringe als dem König von Spanien sein Peru. Er befreite die Leineweber vom Heeresdienst und verbot in dem Bezirk der Leinenindustrie jeglichen Bergbau (selbst denjenigen auf Gold), um dem Bleichen das Holz nicht zu entziehen. Im Zeichen der Hoch­ konjunktur konnten die Webermeister teilweise ein herrliches, üppiges Leben führen, wie dies aus der Hirschberger, Greifenberger, Schmiedeberger und Waldenburger Gegend geradezu sprichwörtlich wurde. Auch im Eisass, wo in Strassburg um 1239 die spätere Seilergasse den Namen „Flachsgasse“ trug, entwickelte sich die Leinenindustrie. Das zweite grosse Leinenindustriegebiet war aber neben Schlesien Westfalen, wovon die Privilegien der Kaufmannsgilde Bielefelds, der sogenannten „Johannis-Sozietät“, zu Beginn des 14. Jahrhunderts Zeugnis ablegen. Der Grosse Kurfürst Friedrich L, dann aber vor allem auch Friedrich II. unterstützte die westfälische Industrie durch Geldzuwendungen reichlich. Zu besonderer Blüte gelangte diese jedoch erst in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, welchem Aufschwung jedoch der Siebenjährige Krieg bald hindernd ent­ gegentrat. Immerhin könnte die westfälische Feinweberei (Battiste, Linons, Damaste) zufolge ihrer hohen spezifischen Qualitätsleistung, die später durch die zuerst in Herford eingeführte Maschinenspinnerei, sowie durch die leichte Ein­ fuhr von belgischen und holländischen Flachsen und irischen Garnen zurückgedrängt wurde, sich lange Zeit erhalten. Neben Schlesien und Westfalen hat dann die Oberlausitz, deren Betriebe hauptsächlich in Bautzen, Zittau und Herren­ hut ansässig waren, vor allem für feinere Damaste grössere Bedeutung erlangt. Weniger nennenswert ist die Nieder­ lausitz, wo Sorau noch heute eine grössere Anzahl von Betrieben aufweist. In einer historisch-volkswirtschaft­ lichen Studie behandelt Joachim M u s a e u s (Dissertation. Halle, 1922) die Leinenindustrie der Niederlausitz in Vergangenheit und Gegenwart. Darnach dürfte unter den Innungen im 15. Jahrhundert die alte Hauptstadt Luckau eine Art Vorrang besessen haben. Sorau zählte ums Jahr 1623 etwa 50 Innungsmeister. Ein Aussenhandel erfolgte erst spät, so im 17. Jahrhundert von Lübben mit Böhmen. Für Süddeutschland waren die Städte Konstanz, Ravensburg, Biberach, Ulm, Kempten und ganz besonders Augsburg lange Zeit Sitz der Leinen­ industrie; in letzterer Stadt machte sich die Familie der Fugger um die Förderung der Industrie besonders verdient. Als redende Zeugen des einstigen blühenden Leinenhandels sprechen die alten Patrizierhäuser (Weberhaus) in Augsburg. Konstanz und Ravensburg hatten wie noch andere oberschwäbische Städte und auch St. Gallen einen ganz Bedeutenden Exporthandel, vor allem nach Spanien (Saragossa, Valencia) aufzu­ weisen. So wurden in Spanien die deutschen Leinwandgewebe geradezu teles de Costanca oder schlechtweg Costanzes genannt. Um 1500 brachten Venezianer „tele tinte di ogna sorta di Costanza“ auf die unteritalienischen Messen. Grobe Leinwand hiess in Oberschwaben allgemein „Golschen“. In St. Gallen machte sich in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhundert besonders Ottmar S c h l ä p f e r um den Leinenhandel verdient (vgl. hierüber S c h u l t e , Aloys. Geschichte der Grossen Ravensburger Handelsgesellschaft 1380 bis 1530. Stuttgart und Berlin, 1923). Dieser bedeutenden einheimischen Industrie, die wohl im 15. Jahrhundert ihren Höhepunkt erreichte, traten eine Reihe von Umständen hemmend entgegen, so der Dreissigjährige Krieg, dann die Religionskriege, die von Napoleon verhängte Kontinentalsperre, die Einführung und die Konkurrenz anderer Textilfabrikate, insbesondere der Baumwolle und Wolle, die maschinelle Verarbeitung, die vor allem den länd­ lichen Flachsbau empfindlich treffen mussten. Die einsetzende Unrentabilität des Flachsbaues wurde noch dadurch erhöht, dass das Getreide auf dem Weltmärkte eine Rolle zu spielen begann. So kam es, dass der Anbau des Flachses überall im Lande mit rasender Schnelligkeit abnahm. Nach einer aus dem Jahre 1844 stammenden Statistik verteilen sich die Flachskulturen wie folgt.- in Schlesien auf die Gebiete um Neisse, Münster« herg, Glatz, Schweinitz, Löwenberg, Trebnitz, Oels und Namslau, in Westfalen auf Paderborn, Bielefeld, Minden und Umgebung, in Hannover auf Diepholz, Hildesheim, Göttingen, Lüneburg, Osnabrück und Rubenhagen,

35 dann auf die Gegenden in Lippe und Geste sowie im Oldenburgischen; in Süddeutschland hatten eine gewisse Bedeutung Oberfranken (Münchberg, Hof), Niederbayern, die Oberpfalz sowie die Rheinpfalz, dann die Württem» bergische Alb und die Badischen Schwarzwaldtäler, endlich das Rheintal mit den Gegenden um Pforzheim und Ettlingen. Das Königreich Sachsen pflanzte Flachs besonders in den bergigen Gegenden der Oberlausitz und im Erzgebirge, während sich in der Provinz Sachsen der Flachsbau auf Halberstadt und das Eisfeld, in Kurhessen auf die Gegenden von Schaumburg, Rothenburg und Melsungen beschränkte. Unbedeutend war er in Pommern und im Rheinlande, etwas grösser dagegen in Ostpreussen um Drengfurth, Barthen, im Erm« land nur in den polnischen Landstrichen. Den Wechsel in der Flachserzeugung in Deutschland veranschaulichen am besten die folgenden Zahlen: Im Jahre 1872 betrug die Anbaufläche 215000 ha 134000 „ „ „ 1878 108000 „ „ „ 1883 61000 „ „ „ 1893 „ 34000 , „ , 1900 ,

Im Jahre 1913 betrug die Anbaufläche 12000 ha 1916 „ 22083 „ » 1917 35000 „ r> n 1918 , 55000 „ it » » 1921 , 80000 „ » » n

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Während einer Zeit von rund 40 Jahren hat sich also der deutsche Flachsbau auf etwa den 18. Teil ver mindert und zwar ist er fast ausschliesslich auf die ländlichen Bezirke zurüdegedrängt worden. Und immer mehr beschränkte sich der Anbau zur Deckung des eigenen Bedarfes und für das Gesinde. Das bekannte Wort „Selbst gesponnen, selbst gemacht Rein dabei, ist Bauerntracht“ findet, wenigstens in seiner ersten Zeile, nur noch auf wenige Gegenden Anwendung. Die Poesie der Spinn» Stuben ist längst verschwunden. Erst die Kriegsjahre, als die Einfuhr von Baumwolle und anderen Textilfasern plötzlich aufhörte, brachte diese alte Kulturpflanze wiederum zu Ehren; mit Unterstützung von Staat, Gesell» schäften und Privaten erfährt der Flachsbau (ob für lang?) von neuem eine lebhafte Förderung. Zahlreiche Publi» kationen und mehrere Institute (in Deutschland besonders die Forschungsstelle in Sorau und das am 5. Dezember 1922 eingeweihte Kaiser Wilhelm»Institut für Faserstoffchemie in Berlin»Dahlem) verfolgen die gleichen Zwecke. Mit dem Flachs bezw. Lein stehen wohl eine grosse Anzahl von Orts«, Flur» und Familiennamen in Beziehung, so Flachslanden bei Ansbach (Bayern) und im Eisass, Flachsmeer im Emslande, Leinhausen, Leinburg usw. Im Barchetsee (Kanton Thurgau) wurden ehedem Flachsbündel geröstet. Dagegen hat der Name der Ge« meinde Oberflachs (Kt. Aargau), die im Wappen in weissem Schilde 3 gekreuzte, zusammengebundene, grüne Flachs» bündel mit blauen Blüten führt, mit unserer Pflanze nichts zu t un; dieser leitet sich nach M e r z von Fläche, Ebene ab. Auf die Leinfelder, linarias, lassen sich die westschweizerischen Orts» und Flurnamen Lignieres (mehrfach) und Lignorolles zurückführen. Dagegen konnte der Flachsbau in Belgien (besonders in Westflandern mit dem Zentrum Courtray, weniger in Ostflandern und in Namur), woselbst er schon im 1. Jahrhundert nach Chr. eifrig betrieben wurde, sich stets auf der gleichen Höhe erhalten; findet doch daselbst noch heute ein Fünftel der Bevölkerung beim Flachsbau Arbeit und Unterhalt (besonders für die berühmten Brüsseler Spitzen). Die ersten, welche aus Pflanzenfaser Papier herstellten, waren die Chinesen; von dort kam diese Verwendung nach Zentralasien und Arabien, um 850 durch die Mauren nach Spanien. Zwei Jahrhunderte später entstanden in Italien, und im Anfang des 14. Jahrhundert in Deutschland (Nürnberg) die ersten Papiermühlen. Die Leinsamen werden als Genussmittel — neben Mohn» und Sesamsamen werden sie auf Brot ge» streut — zuerst von dem lydischen Dichter A 1k m a n n (650 v. Chr.) genannt. In Abessinien dienen die Samen eines niedrigen Bergleines seit undenklichen Zeiten mit Salz und Pfeffer zerrieben als Fastenspeise. Auch bei den alten Juden spielten Leinsamen und Leinsamensuppe eine Rolle unter den sogenannten diätetischen Mitteln. Die Hippokratiker benützten die Samen innerlich wie äusserlich als Arznei gegen Katarrhe, Unterleibs« schmerzen, Durchfall, weissen Fluss sowie als Kataplasmen. T h e o p h r a s t erwähnt als erster den Schleim als Hustenmittel. Im Mittelalter scheinen die Leinsamen wenig beachtet worden zu sein; doch finden wir sie in der Alphita und im Breviarium Karls, bei der heiligen Hildegard, welche die Samen zu Kataplasmen empfehlen, bei Megenberg und im Gothaer Arzneibuch erwähnt. Als Liebes» und Eheorakel dient der Leinsame noch heute in Oesterreich und im Vogtland und spielt auch bei Hochzeitsbräuchen der Südslaven eine Rolle. In Zeiten der Hungersnot wurden die Samen zur Ernährung benützt. Wegen ihrer leicht verschleimenden Epidermis dienen sie noch heute in der Volksmedizin zur Entfernung von Fremdkörpern aus dem Auge. Auch als Tee» Surrogat fanden sie gelegentlich Verwendung. Gross ist die Zahl von Bauernregeln, Sprichwörtern, Sagen usw., die sich auf die Witterung, den Anbau, die Ernte, die Verwertung usw. beziehen. Von den bei B r o s c h aufgeführten interessanten Mitteilungen mögen einige genannt sein:

36 Fällt auf Lichtmess Sonnenschein Wird der Flachs sehr lang und fein.

Regnets am Jakobitag, Kommt der schlechte Flachs noch nach.

Als gute Leinsaattage gelten in Schlesien der 25. März bis 15. Mai (Sophie), 22. Mai (Helene), 15. Juni (Vitus), 19. Juni und 8. Juli, in Sachsen der 10. April (Czechiel), in Oberschwaben der 10. bis 12. April, auf dem Hundsrücken der letzte Freitag im März, in Westpreussen der 24. Mai (Esther), in Ostpreussen der 8. Juni (Medardus). Vielerorts wird im Neumond gesät. f Lein gesät an Esther Wächst am allerbesten. Lein gesät auf Petronell (31. Mai) Wachset lang, zerfallet schnell.

W er auf Medardus baut Kriegt viel Flachs und K,raut. Flachs und Reben Geben nichts vergeben.

Als Säe»Thermometer dienten in den besten Flachsgegenden Schlesiens die ausgeschlagenen Eichen. In der Oberpfalz müssen die Weiber in der Fastnacht beim Tanzen gehoben werden, wenn die Flachsernte glücklich ausfallen soll. Um den Flachs vor dem Erdfloh zu bewahren, muss an der Weser ein unbescholtenes Mädchen kurz vor Sonnenaufgang unbekleidet dreimal um das Flachsfeld gehen und dabei sprechen: „Erdfloh, packe dich, Eine reine Jungfrau jaget dich!“ (Näheres hierüber auch in der Wochenschrift „Der deutsche Leinen« Industrielle“, 1915 und „Landwirtschaft. Zeitschrift für die Rheinprovinz“ 1920, pag. 431). Aus der äusserst reichhaltigen Literatur über diese uralte und wichtige Kulturpflanze mögen neben den Bearbeitungen in den Handbüchern von W i e s n e r , Julius (Die Rohstoffe des Pflanzenreiches. Bd. III, 1921), F r u w i r t h, C. (Handbuch der landwirtschaftlichen Pflanzenzüchtung. Bd. III, Berlin 1922), von T s c h i r c h , Z o r n i g , R e i n h a r d t , De C a n d o l l e , H a r z , M o e l l e r , T o b l e r , A l e f e l d , L a n g e t h a l , Z i p s e r usw. und den Arbeiten von H a n a u s e k , S c h i l l i n g , R i t t e r , S t o e r m e r , P o h l , G ü r t l e r , R e i n i t z e r , S o n n t a g , S c h i l l i n g , H. S c h n e i d e r , H ö h n e l , B o l l e y , K o e r n i c k e , N e u w e i l e r , H e l m , D e m o o r , D o d g e , D u n s t a n , E i s b e i n , H e e r , M e s s i k o m m e r , B r e u n l i n , F l e i s c h ma n n , He n g e , Hanisch, H e r z b e r g , H o f f m e i s t e r , H o r n s t e i n , K e u r e n a e r , K r a u s s , L e n g e r k e , Le nz , L ut hm e r , L o h r e n , M a ns ho l t , No bi s , Opitz, P a y e n , P al i s e r , Q u a ri zi u s , R e c h e n b e r g e r , Rufin, R y a n , S p i e g e l , S c h u b a r t h , S c h ü r h o f f , S i s o n , S t e i n , S t o l z e n b e r g , To g ni ni , Ver et , V i e b a h n , V o g e l , Wi l de , H i l d e b r a n d , Bei n, Le i t e r usw. besonders genannt sein: B r o s c h , Anton. Der Flachs mit einer Einführung in die Geschichte usw. mit Bauernregeln, Sprichwörtern, Sagen usw. Berlin 1922 (mit vollständigem Verzeichnis der Flachs«Literatur). — K u h n e r t , R. Der Flachs, seine Kultur und Verarbeitung. Berlin (Parey) 1915. — H e r z o g , A. Die Flachsfaser in mikroskopischer und chemischer Beziehung. Trautenau 1896 und: Was muss der Flachskäufer vom Flachsstengel wissen? Sorau 1918. — W i n c k l e r , Alfred. Die Grundzüge der belgischen Flachskultur. Berlin 1868. — O v e r m a n n , Leo. Geschichtliche und Wirtschafts« geographische Studien über den Flachsbau insbesondere Deutschlands. Düsseldorf (Richter) 1910. — K o d o « l a n y i , A. Kultur und Zubereitung des Flachses. Wien 1891. — G i e r s b e r g , Fr. Der Flachsbau. Leipzig 1877. — T a m m e s , Tine. Der Flachsstengel. Eine statistisch=anatomische Monographie. Haarlem 1907 (mit aus« führlichem Literaturverzeichnis). — M a r e a u , Th. Kultur und Zubereitung des Flachses und Hanfes. Weimar 1866. — H a s s a k , Karl. Der Flachs und seine Bearbeitung. Wien 1906. — P f u h l , S. Fortschritte in der Flachsgewinnung. Riga 1886 und 1895. — L a n g e r , L. Flachsbau und Flachsbereitung. Wien 1893. — S c hi ndl e r , P. Flachsbau und Flachsbauverhältnisse in Russland. Wien (Holder) 1894. — F r o s t , J. Flachsbau und Flachs» Industrie in Holland, Belgien und Frankreich. Berlin 1909. — E t r i e h , Ignaz. Die Flachsbereitung in ihrer Beziehung zur Flachsbaufrage. Trautenau, 1898. — H a v e n s t e i n , G. Beiträge zur Kenntnis der Leinpflanze und ihrer Kultur. Göttingen 1874. — H e c k e r , A. Ein Beitrag zur rationellen Kultur des Leins. Heidelberg 1897. — G e r i g , Walter. Untersuchungen zur Terminologie der Hanf» und Flachsbereitung. Heidelberg (C. Winter) 1913. — S c h o n e w e g , Ed. Flachsbau und Garnspinnerei in Sitte, Sprache und Anschauung der Ravens» bergen Dissertation. Münster 1911. — W e v e r , Lotte. Die Anfänge des deutschen Leinengewerbes. Disser« tation. Freiburg i. Br. 1918. — St e i n v., E. Einhundertjähriges Jubiläum in der Flachsbereitung (Sorau, 1920). — H a g e r , Karl, Flachs und Hanf und ihre Verarbeitung im Bündner Oberland. Jahrbuch des Schweizer Alpenclub. 53. Jahrgang, 1918. Eine grosse Anzahl von Aufsätzen und Abhandlungen finden sich in den Mitteilungen des Forschungs» Institutes Sorau, in den Mitteilungen der Landesstelle für Spinnpflanzen (München, J. F. Lehmann), in der Wochenschrift der „Deutsche Leinenindustrielle“ (Berlin, K. Kubens), in der Zeitschrift „Textile Forschung“ des Deutschen Forschungs»Institutes für Textilindustrie in Dresden, in der Zeitschrift „Faserforschung“. Leipzig 1921 ff.^ mit den neuen Untersuchungen von T o b l e r , S c hi l l i ng , H e r z o g , G e n t n e r , C o r r e n s , C a r b o n e , K a p p e r t usw., in landwirtschaftlichen Zeitschriften, Jahresberichten usw. Den Linaceen steht die kleine Familie der H u m i r i ä c e a e sehr nahe. Die etwa 18 strauchigen oder baumartigen Arten, die sich auf 3 Gattungen (Humiria, Saccoglöttis, Vantänea) verteilen, bewohnen bis auf

37 die westafrikanische S a c c o g l ö t t i s G a b o n e n s i s Baillon das tropische Amerika. Von den Linaceen unter® scheiden sie sich eigentlich nur durch die den Fruchtknoten becherförmig umhüllende Drüsenscheibe. Hu mi r i a f l o r i b ü n d a Mart, liefert den Eingeborenen von Brasilien ein dem Holze entquellendes, wohlriechendes, rotes Balsamharz („Umiri“), das in seiner medizinischen Wirkung dem Peru® oder Kopaivabalsam ähnlich ist. Die den Linaceae gleichfalls sehr nahestehende Familie der E r y t h r o x y l ä c e a e oder Kokagewächse mit den beiden Gattungen E r y t h r ö x y l o n L. (Rotholz) und A n e u l ö p h u s Benth. enthält gegen 200 Arten, haupt* sächlich heimisch im warmen äquatorialen Amerika; einige finden sich auch im tropischen Afrika (südlich bis Natal) sowie in Südasien und Queensland. Der Hauptunterschied gegenüber den Linaceae besteht darin, dass die Kronblätter an der Innenseite Schwielen oder zungenförmige Anhängsel tragen. Es sind kahle Sträucher oder kleine Bäume mit abwechselnden, ungeteilten Laubblättern, mit in die Blattachseln verschobenen (interpetiolaren) Nebenblättern, mit regelmässigen, heterostylen Blüten, deren Staubblätter am Grunde zu einer kurzen Röhre verwachsen sind, und mit 1® bis 2®samigen Steinfrüchten. Von Bedeutung ist vor allem E r y t h r o x y l o n C ö c a Lam. (Coca der Spanier, Cuca der Peruaner, Ipadü in Brasilien), ein in Peru einheimischer, schlehdornartiger, 2 bis 3 (5) m hoher Strauch mit 5 bis 8 cm langen und 2,5 bis 4 cm breiten, einfachen, spitzen, hellgrünen Laubblättern, die auf der Unterseite von der Basis bis zur Spitze rechts und links von dem stark hervortretenden Mittelnerven 2 leicht gebogene Linien (es sind dies die Abdrücke der in der Knospenlage gegen den Mittelnerven eingeschlagenen Blatt® ränder) aufweisen. Ebenso bezeichnend sind die innerhalb der Blattachseln liegenden, später braun werdenden und hornartig verhärtenden kleinen Nebenblätter. Anatomisch ist das Kokablatt durch die zierlich gebuckelten Epidermiszellen der Unterseite und durch das häufige Vorkommen von monoklinen Kalziumoxalatkristallen gekennzeichnet. Die kleinen, grünlichweissen Blüten stehen in Büscheln in den Blattwinkeln. Die roten, kaum 1 cm langen, einsamigen Steinfrüchte gleichen kleinen Kornelkirschen. Wild findet sich die Kokapflanze in den östlichen Cordilleren von Peru und Bolivien, wo sie von den Eingeborenen auch in besonderen Pflanzungen (Cocales) kultiviert wird und zwar in den warmen Tälern in Höhen von 800 bis 1700 m. Weniger von Be® deutung ist die Kultur in Ekuador, Kolumbien und Brasilien, der südlichste Punkt liegt in der argentinischen Provinz Salta. Seit einigen Jahrzehnten wird der Strauch auch in Westindien, Vorder®Indien, Ceylon, Zanzibar, Kamerun, Java und Australien (Brisbane) angebaut. In Südamerika reicht die Kultur bis in die ältesten Zeiten zurück. Schon zur Zeit der Inkas, lange vor der Ankunft der Spanier, galt der Strauch als heilig. Ebenso alt ist das Kokakauen, eine dem Betelkauen in Vorderindien analoge Sitte. Dadurch sollen Müdigkeit, Hunger und Durst unterdrückt werden. Heute ist dieses Kokakauen im wesentlichen auf die im Gebirge von Peru und Bolivia wohnenden Indianer (Indos serranos) beschränkt; bei denen der Ebene, bei den Weissen, Negern und Mischlingen hat die Sitte nicht viel Anklang gefunden. Mit wenigen Ausnahmen werden die Blätter gekaut, d. h. 10 bis 20 Blätter werden als Bissen in den Mund geschoben. Meistens wird ihnen ein alkalisch reagierender Zusatz (llipta, llucta, yicta, mambi) von gebranntem Kalk, Asche von Chenopodium Quinoa L., von entkörnten Maiskolben, vom Holz des Kokastrauches oder von Schinus Molle L., von Bananenstielen, Cacteen usw. bei® gegeben. Diese fein gepulverte Llipta trägt der Kokakauer in einem Flaschenkürbis oder in einem Gefäss aus Horn, Silber oder aus der Fruchlschale von Crescentia Cujete stets in der hübsch verzierten Tasche (Chuspa) bei sich. Durchschnittlich gebraucht ein Indianer täglich 30 bis 50 g Blätter, ein leidenschaftlicher Kokakauer, Coquero geheissen, bis 150 g. Knaben beginnen das Kauen bereits mit dem zehnten Jahre, nachdem sie sich zuerst an dem ausgekauten Bissen des Vaters gelabt haben. Frauen kauen im allgemeinen nicht oder nur heimlich. Die Vermehrung geschieht fast ausschliesslich durch Samen, die aber nur 8 Tage nach dem Pflücken ihre volle Keimkraft beibehalten. Stecklinge und Absenker geben schlecht bewurzelte, schwächliche Sträucher. Diese liefern nach 1 bis 3 Jahren die erste Ernte; die Blätter können bis zum zwanzigsten Jahre jährlich 3 bis 5 mal gepflückt werden. Es werden 3 Hauptvarietäten mit mehreren Handelssorten, deren Kokaingehalt verschieden gross sein soll, unterschieden, so die Bolivianische oder Huanaco®Koka (var. Boliviänum Burck), die Peruanische oder Truxillo®Koka (var. Spruceänum Burck, = E. Truxillense Rusby) und die Kolumbische Koka (var. Növo®Granatense Morr.). Die Blätter enthalten 2 Gruppen von Al® kaloiden, die der Ecgonin® und Hygringruppe, von denen jedoch nur die 6 Alkaloide der ersten Gruppe wirksam sind und deren Gehalt je nach den Sorten zwischen 0,78 und 1,22 Prozent schwankt. Junge Blätter enthalten noch bedeutend (bis doppelt so viel) mehr Alkaloide. Von medizinischer Bedeutung ist aber einzig das Kokain, das G o e d e c k e 1855 feststellte und zunächst Erythroxylin nannte. Die 6 Alkaloide der Ecgonin® Gruppe leiten sich von dem Körper Ecgonin (C9 His NOs) ab, der in seinem Zersetzungsprodukt nahe Be® Ziehungen zum Atropin und Hyoscyamin erkennen lässt. Das Hauptalkaloid, das Kokain (C 1 7 Hai NO*), ist der Methyläther des Benzoyl»Ecgonin, aus welchem es auch synthetisch aufgebaut werden kann; es kommt in allen Sorten und angeblich auch in einigen anderen Arten der Gattung Erythroxylon vor. Schon frühzeitig hat man in Peru angefangen die Gesamtheit der Alkaloide durch einfache Operationen (Extrahieren der alkalisch ge® machten Blätter mit Petroleum und Ausfällen der Alkaloide mit Salzsäure usw.) als „Rohkokain“ abzuscheiden und dieses zur weiteren Verarbeitung nach Europa zu senden. Seit 1884 hat das Kokain in der Medizin durch F r e u n d und W i l h e l m als neues Anästhetikum Eingang gefunden und ist auch zu einem wichtigen

38 Arzneimittel geworden. Es hat die Fähigkeit, die Lähmung der sensiblen Nervenendigungen, zumal bei ört» licher Anwendung (die durch Adreralinzusatz verstärkt wird), hervorzurufen. Neben der Unempfindlichkeit (z. B. der Schleimhaut) bewirkt es Anämie und (bei Einwirkung auf das Auge) Pupillenerweiterung. So ver» wendet man das Kokain bei kleineren Operationen der Mund« und Nasenhöhle, Harnröhre, Rektum, am Auge, dann zu Zahnextraktionen, zur regionären Anästhesie, Entfernung von Panaritien, ursprünglich audi zur Lumbalanästhesie, ausserdem infolge der lokal hindernden Wirkung bei bestehenden Schmerzen und Reizungs« ständen, bei Neuralgien, Schnupfen, Heuschnupfen usw. Der Eintritt der örtlichen An^thesie erfolgt rasch; die Dauer ist jedoch im allgemeinen eine kurze (5 bis 10 Minuten), bei Lumbalanästh^Re gegen */* Stunden. Ein anhaltender Missbrauch des Kokains führt zu psychischem (Verfolgungsideen, Unruhe, Redeseligkeit, Hailuzi« nationen meist angenehmer Natur, Parästhesien der Haut, Unreinlichkeit usw.) und körperlichem Verfall (rasche Abmagerung). Neuerdings ist der Kokaingenuss, namentlich bei Angehörigen der Lebewelt in den Gross« Städten z. T. als Ersatz des Morphiums, zu einer besorgniserregenden Krankheit (Kokainismus) geworden, wes« halb ausser in Amerika auch in Europa namentlich der Handel streng überwacht wird. Das Mittel wird gegessen, geschnupft und gespritzt. Die Folgen des dauernden Missbrauches, die das Opfer von Stufe zu Stufe sinken und schliesslich im Selbstmord, Irrenhaus oder Gefängnis endigen lässt, sind grauenhaft. So erscheint das Cocain als ein Körper mit Januskopf. In Indien scheint das Kokain im Begriff zu sein, sich mit dem Betelbissen zu verbinden; auch wird es dort als Ersatz von Opium eingeschmuggelt. Die Rinde von einigen westindischen Arten (E. suberösum St. Hil. und E. tortuösum Mart.) gibt eine, braunrötliche F arb e; ebenso liefern verschiedene Arten eine Art rötlichen Eichenholzes (redwood).

65. Farn.

ZygOphylláceae.

J ochbl at t gewächse.

Vorwiegend Sträucher und Halbsträucher, seltener 1»jährige Kräuter, Stauden oder Bäume, ohne Oeldrüsen. Laubblätter meist gegenständig und paarig (oft 1»paarig», selten 2» paarig»)gefiedert oder ungeteilt, mit Nebenblättern. Blüten endständig, einzeln oder in Wickeln, häufig mit laubigen Vorblättern. Blüten strahlig, zwitterig, mit bisweilen diskusartiger Achse. Kelch» und Kronblätter 5 (seltener 4), in der Knospenlage dachig, sehr selten klappig. Staub» blätter doppelt so viel als Kronblätter, in 2 Kreisen obdiplostemonisch (Fig. 1687c), oder selten 3»mal so viel in 3 Kreisen, häufig am Grunde mit meist einwärts stehenden, bisweilen auch den Staubfäden anhängselartig verwachsenen Nebenschuppen; Staubbeutel längsspaltig, in der Mitte des Staubfadenrückens aufsitzend. Fruchtknoten 5» bis 4», seltener 2» bis 12»fächerig, ober» ständig mit 1 bis mehreren zentralständigen, hängenden, ana» und epitropen, extrorsen, 2* hülligen Samenanlagen mit oft lang zugespitzter Mikrophyle, in einen kantigen oder gefurchten Griffel verjüngt. Frucht eine Kapsel oder Schliessfrucht oder in mehrere Teilfrüchte zerfallend. Samen mit oder ohne Nährgewebe; Keimling mit nach oben gerichteten Stämmchen und meist flachen, seltener dicken, fleischigen Keimblättern. Die Familie besteht aus rund 160 sich auf etwa 25 Gattungen verteilenden Arten, die fast nur als Bewohner trodcener Gebiete auftrelen, z. T. sogar sehr charakteristische Gestalten der Wüsten und Salzsteppen sind. Ihr Verbreitungsgebiet liegt vorwiegend in den wärmer gemässigten Zonen, weniger in den Tropen. Die weitaus grösste Zahl von Gattungen und Arten besiedelt eng begrenzte Gebiete. Endemitenreich sind besonders Südbrasilien, gewisse Teile von Afrika und manche asiatische Steppenbezirke. Nur wenige Arten sind gleich« zeitig alt» und neuweltlich, wie z. B. T r í b u l u s t e r r é s t r í s L., der sich über die wärmeren gemässigten und tropischen Zonen der ganzen Erde erstreckt (Fig. 1685), ebenso T. ei st oí d e s L., ein Bewohner der tropischen Küstenländer. — Nach den neueren Untersuchungen von E n gl e r gliedert sich die Familie in 7, ihrem Umfang nach sehr ungleich grosse Unterfamilien. Die erste und grösste, die der Z y g o p h y l l o i d e a e , besitzt gegen» ständige Laubblätter und fach» oder scheidewandspaltig aufspringende oder in Coceen zerfallende, höchstens aus 5 Fruchtblättern bestehende Kapselfrüchte; beerenartige Früchte sind selten. Auf Grund der Anwesenheit oder des Fehlens von Nährgewebe in den Samen zerfällt sie in die zwei Tribus der Z y g o p h y l l e a e und T r i b ü l e a e . Erstere umfasst 2 Subtribus, die der F a g o n i i n a e mit 5»teiligen oder durch Verkümmerung nur einfachen Laubblättern, und die der Z y g o p h y l l i n a e mit ungeteilten oder paarig gefiederten Laubblättern. Zu den F a g o n i i n a e gehört die monotypische, aber wahrscheinlich durch Vögel in Nord» und Südafrika, Arabien und Indien weitverbreitete Gattung S e e t z é n í a R. Br. und die etwa 18, z. T. sehr nahe verwandte Arten umfassende Gattung F a g ó n ía L., die vorwiegend den Steppen und Wüsten Aegyptens bis Persien an« gehört und mit 1 Art, F. C r é t i c a L., weit in das Mittelmeergebiet (auf europäischem Boden bis Südspanien,

39 Südportugal, Kreta und dem Mündungsgebiete der Wolga bis Astrachan) einstrahlt. Ein zweites, kleineres Ver» breitungsgebiet der Gattung liegt in Nord» und Südamerika und wird von mit F. C r é t i c a sehr nahe ver» wandten Formen eingenommen, sodass es sich dort nach E n g l e r vielleicht um ein Gebiet handelt, das erst durch Verschleppung von F. Crética (durch Schiffstransporte) besiedelt wurde, deren Abkömmlinge aber unter den veränderten Lebensbedingungen Umformungen erfahren haben. — Zu den Z y g o p h y l l i n a e zählen 9 Gattungen, von denen hervorgehoben seien: Z y g o p h y l l u m L. Reich verzweigte, niederliegende oder aus» gebreitete, buschige Kleinsträucher mit fleischigen Aesten, dicken Laubblättern und in Kelch und Krone geglie» derter Blütenhülle. Die altweltliche Gattung mit 70 Arten ist namentlich in Nord» und Südafrika, Zentralasien und Australien stark vertreten. Bemerkenswert ist der grosse Formenreichtum der Sektion C a p é n s í a in dem räumlich beschränkten Kapland. Die Kapseln sind sehr verschieden gestaltet. Bei Z. á l b u m L., einem weich» haarigen, nordafrikanisch»vorderasiatischen Strauche, sind sie verkehrt=herzförmig bis kreiselförmig, bei dem nordafrikanischen Z. c o r n ü t u m Coss. laufen sie in hornförmige Spitzen aus, bei Z. F a b á g o L. sind sie lang zylindrisch. Letztgenannte Art, ein 1»jähriges Kraut mit aufrechtem oder ausgebreitetem, knotig gegliedertem und gabelästigem Stengel, mit 1 »paarig gefiederten, gegenständigen Laubblättern und einzeln in den Blattachseln stehenden Blüten mit 5 länglich»verkehrt»eiförmigen, gelben Kronblättern, hängender Frucht und eiförmigen, warzigen Samen ist in den südrussischen und vorderasiatischen Steppen weit verbreitet und reicht westwärts bis Tunis,

Sardinien und Spanien. Ihre in Essig eingelegten Blütenknospen werden seit langem wie Kappern verwendet; die Pflanze ist deshalb bereits im Catalogos Horti Schulziani (Schlesien, 1594) als Cäpparis Fabägo bezeichnet. Aus Kulturen verwildert fand sie sich früher bei Stetteldorf am Wagram in Niederösterreich, scheint aber von dort seit langem wieder verschwunden zu sein. Völlig eingebürgert im Mittelmeergebiete ist sie z. B. bei Mont» pellier. — In Botanischen Gärten in Kultur findet sich bisweilen auch Z. x a n t h ö x y l u m Engler aus den Salz» wüsten der Mongolei. Bis 50 cm hoher Strauch mit kahlen, hellgrauen Zweigen und häufig verdornten Kurz» trieben. Laubblätter gegenständig oder gebüschelt, graugrün, fleischig, mit 1»paarigen, linealen Fiederblättchen. Blüten zwitterig, meist einzeln in den Blattachseln, auf etwa 1 cm langen Stielen. Kelchblätter 4, verkehrt»eiförmig, kürzer als die 4 länglich»spatelförmigen Kronblätter. Staubblätter 8, länger als die Kronblätter, am Grunde mit Schuppenanhang. Fruchtknoten mit 2 bis 3 Flügeln und ebenso vielen Fächern mit je 6 Samen; Griffel pfriemlich; Narbe klein, kopfig. Frucht eine nicht aufspringende Kapsel. — Das Kraut des in den nordafrikanisch» indischen Wüstengebieten, sowie in Südafrika heimischen Z. S i m p l e x L. dient in Arabien zur Entfernung von Hornflecken. — G u a j ä c u m L. Pockholz. Hierher 4 strauchige oder baumförmige Arten mit gegenständigen, lederartigen, 2 » bis 14»paarigen Laubblättern und blauen Blüten; heimisch im wärmeren Nordamerika bis zum äquatorialen Südamerika. Technisch wichtig ist das äusserst harte und zähe, im Wasser nicht untersinkende Holz von G. o f f i c i n ä l e L. (Fig. 1686) und G. s ä n e t um L. ( = G. verticäle Ortega), das in Form mächtiger Blöcke über Hamburg, London, Le Havre in den europäischen Handel kommt und hauptsächlich zu Tischlerei» zwecken und in der Drechslerei (zu Kegelkugeln, Maschinenlagern, Presswalzen, Rollen, Griffen usw.) verarbeitet wird. Infolge der nie gerade, sondern stets tangential oder in Wellenlinien verlaufenden Libriformfasern lässt es sich nie gerade spalten und ist auch sehr schwer schneidbar. Auf der Querschnittsfläche zeigt es konzentrische Streifen von abwechselnd dunklerer und hellerer Färbung, die auf der unregelmässigen Einlagerung von Harz beruhen. Die oft bis zum Verschwinden der Lumens verdickten Libriformfasern sind sehr lang, vielfach ge»

40 bogen und fest verflochten. Gefässe sind spärlich, liegen stets einzeln, sind grosslumig und meist breiter als die Holzstreifen. Die radial verlaufenden, dunkleren Markstrahlen bestehen stets nur aus einer Zellreihe. An die Leitbündel sdiliessen sich oft kurze, wenigzeilige, bisweilen Oxalatkristalle enthaltende Holzparenchymbinden an. In den Leitbündeln, den engen Lumina der Libriformfasern und dem Parenchym ist in grosser Menge ein hellbraunes bis gelbgraues, sehr selten Ziegel» bis karminrotes Harz eingelagert, das nach den neuesten Unter» suchungen von R i c h t e r , P. Guajakol, Kreosol, Tiglinaldehyt, Pyroguajajacin und eine chemische Verbindung C ioHsoO ä sowie Stärke und Benzoesäure enthält. Die frühere Guajakonsäure besteht aus einem Gemenge der zwei Guajakonsäuren C22H24O 6 (oder C22O 26H6) und C21H26O 5. Aus dem Harz kann durch Wasserdestillation das Guajakol gewonnen werden. In der Apotheke ist G. o f f i c i n a l e dieses Harzes wegen officinell und war den Indianern schon vor der Entdeckung von Amerika als Heilmittel bekannt. Es gilt als schweisstreibend und blut» reinigend und bildet einen Bestandteil des Species Lignorum. Früher wurde es viel gegen die Syphilis (Franzosen« krankheit) unter dem Namen „Franzosenholz“ (Lígnum sánctum, L. vitae oder L. benedictum) verwendet, wie z. B. schon H u t t e n 1519 in einer sehr eingehenden Beschreibung seine Benützung anführt. In späteren Jahrhunderten büsste das Mittel seine Bedeutung für diesen Zweck allmählich ein; dagegen wurde das von selbst austretende oder in Einschnitten sich sammelnde Guajakharz zur Vertreibung rheumatischer Schmerzen, Gicht und Hautausschlägen gesammelt. Heute dient die Guajaktinktur namentlich noch in der Chemie als Reagens und zu Blutuntersuchungen. Das L í g n u m G u a j á c í als Drogenmittel stammt meist von Abfällen der Drechslereien. Bis» weilen wird auch das Holz des nicht offizineilen G. s á n c t u m L. benutzt. — Nur lokale Be» deutung kommt der ebenfalls durch sehr festes Holz ausgezeichneten, kleinen, mexikanisch» andinen Gattung P o r l í é r í a Ruiz et Pav. mit feingefiedertenLaubblättern zu, welch letztere bei der südperuanísch»nordchíleníschen P. h y g r o » Fig. 1686. Querschnitt durch Holz. m é t r i c a Ruiz et Pav. bei Regen sich zu« b Längsschnitt durch das Holz (nach Ernst G ilg). sammengefaltet. — B u l n é s í a Gray, mit 6 Arten in den argentinischen Trockengebieten und einer weiteren in den Savannen von Columbien und Venezuela heimisch, ist für die südamerikanischen Aufforstungen von hohem Wert. B. a r b ó r e a (Jacq.) Engler soll ein Holz besitzen, das Guajakum»Eigenschaften aufzuweisen hat. B. R é t a m a (Gill, et Hook.) Grisebach, eine andine Dünenpflanze, besitzt einen spartium»artigen Wuchs und assimiliert mit ihren langen Stengelgliedern. B. Sar » m í é n t í Lorentz, ein bis 18 m hoher, mit B. a r b ó r e a im Grand Chaco lebender Baum, ist durch sehr festes Holz — seit 1872 als Palo balsamo im Handel — ausgezeichnet, in welchem ein wohlriechendes Harz enthalten ist. Dieses dient zu Parfümeriezwecken und wird in Bulgarien auch zur Verfälschung von Rosenöl benutzt. — Die kleine immergrüne Gattung L a r r é a Cav. bildet in den Sandsteppen und Salzwüsten der Anden und ihres Ostabfalls ausgedehnte Bestände und findet sich mit L. M e x i c ä n a Moric., dem Kreosotstrauch, auch in den Trockengebieten von Kalifornien, Texas und Mexiko. Der letztgenannte Strauch wird von den Eingeborenen zu Heilzwecken benutzt. Die Laubblätter werden vom Vieh nicht gefressen. Der Saft scheint ein Pfeilgift zu enthalten. Ferner findet sich in der Pflanze 2 6 ,3 % alkalilöslicher Lackstoff, 6 1 ,7 % Harz und 1,4% Farbstoff, die einen Lackgummi ergeben. — L. d i v a r i c ä t a Cav., die „Jarilla“ der Argentinier, enthält in ihrem Harze Guajakonsäure und bedeckt namentlich bei Cordoba ausgedehnte Sandflächen. Sie ist ein bezeichnendes Glied der von L o r e n t z beschriebenen Monte=Formation. — Zu der Subtribus der T r i b ú l e a e zählt ausser T r i b u l u s (s. u.) K e l l e r ó n í a s p l é n d e n s Schinz, ein mit T r i b u 1us eng verwandter, bis 1 m hoher, aufrechter, xerophytischer Strauch offener Buschgehölze des Somalilandes, der schmale, lanzettliche Laubblätter besitzt und die einzige strauchige Zygophyllacee der Alten Welt ist. — Durch ihre Tracht auffällig ist S i s y n dí t e s p á r t e a E . Meyer, ein Endemismus Südafrikas mit besenginsterartigem Wuchs, wie er in der Familie ähnlich nur B u l n é s í a R é t a m a (Gill, et Hook.) Griseb. zukommt. Als letzte Gattung gehört hieher Ka l l streb m í a Scop., die mit 11 Arten in Australien und 2 Arten in Südamerika vertreten ist. — Die Unterfamilie der A u g e o i d e a e mit 10»fächerigem Fruchtknoten und keulen» förmigen, gegenständigen Laubblättern ist monotypisch und durch die 1»jährige, sukkulente A u g é a C a p é n s e Thunb. in der Karroo und anderen südafrikanischen Salzgebieten vertreten. — Die durch drei monotypische Gattungen gebildete Unterfamilie der C h í t o n í o í d e a e weicht vom gewohnten Zygophyllaceen»Typus durch Wechsel»

41 ständige und entweder längliche, ungeteilte Laubblätter ( V i s c a i n ö a Greene und S e r i e ö d e s A. Gray) oder unpaarig gefiederte Laubblätter ( C h i t ö n i a Moc. et Sess.) ab. Sie stellt einen ganz selbständigen Zweig der Familie dar. — Die Unterfamilie der P e g a n o i d e a e ist an ihren unregelmässig zerschlitzten Laubblättern leidit kenntlich. Zu ihr gehört nur die mit 6 Arten über das Mittelmeergebiet, Asien und Mexiko verbreitete Gattung P e g a n u m L. Davon findet sich als Zierpflanze trockener, sonniger Orte — schon 1561 im Wo y s e l « sehen Garten in Schlesien gezogen — bisweilen P. H a r m a l a L., eine halbstrauchige Pflanze mit einzeln in den Achseln der zerschlitzten Laubblätter stehenden, langgestielten, grünliduweissen, ziemlich grossen Blüten. Die kantigen, mit einer grubigen, aussen schleimigen, schwärzlichen Schale versehenen Früchte spielen seit alten Zeiten in der arabischen Arzneikunde ihrer berauschenden Wirkung wegen eine grosse Rolle und werden auch als Wurmmittel verwendet. Im Orient dienen sie auch als Gewürz; in Algerien presst man aus den Samen Oel. Letztere (Semina Rütae sylvestris) enthalten nach Wi e s n e r zwei Alkaloide, das Harmalin und das Harmin. Durch Zersetzung des ersteren, das sich in der mittleren Schicht der Samenschalen befindet, soll der als Harmalarot oder Türkischrot bezeichnete rote Farbstoff entstehen, der im Orient viel benutzt wird und auch in unserer Textilin» dustrie seiner Dauerhaftigkeit wegen geschätzt ist. Die Pflanze besitzt ein vom östlichen Balkan bis nach Tibet und der Dsungarei reichendes geschlossenes Verbreitungsgebiet, westwärts davon aber nur einige versprengte Vorkommen bei Budapest, Potenza (Unterhalten) und in Südwestspanien, die vielleicht eine auf Einschleppung durch die Araber und Türken zurückzuführen sind. Dafür spricht namentlich das Auftreten am Bodesberg bei Ofen zusammen mit Feigenbäumen. In Spanien hält sich die Pflanze vorwiegend an Eisenbahndämme, fehlt aber auch in natürlichen Steppengesellschaften mit Lygeum Sparteum, Linum maritimum, Helianthemum squamatum usw. nicht. — Zur Unterfamilie der T e t r a d i c l i d o i d e a e gehört als einzige Art T e t r a d i c l i s s ä l s a Stev., ein sehr kurzlebiges (nur 1 Monat 1), sukkulentes Pflänzchen der Steppen und Wüsten von Aegypten, Vorder* und Zentralasien, dessen Laubblätter unten gegen», oben wechselständig stehen. Die Samenerzeugung ist sehr reichlich (etwa 2000 Samen bei jedem kaum 2 Zoll hohen Pflänzchen) und die Ausstreuung durch den Oeffnungs» mechanismus der Früchte nach B u n g e für die Nah» und Fernverbreitung gesichert. — Die beiden folgenden, je nur durch eine Art vertretenen Unterfamilien unterscheiden sich von allen anderen Zygophyllaceen durch die Steinfrüchte. Dabei besitzen d i e N i t r a r i o i d e a e einfache, wechselständige Laubblätter, die B a l a n i t o i d e a e 1»paarig gefiederte, wechselständige Laubblätter. Zu N i t r ä r i a L . zählen 3 bis 2 m hohe, oft strauchige, halophile Arten der Wüsten der Alten Welt. Am weitesten ist N. S c h o b e r t L. verbreitet, die von Südrussland bis Ostsibirien reicht und ein zweites, ursprünglich vielleicht durch Vogelverbreitung bedingtes Areal in einem grossen Teile Australiens aufzuweisen hat. Die Pflanze wird nach P r z e w a l s k i von Bären gern gefressen, die zu diesem Zwecke von Tibet nach Tsaidam wandern. Die Früchte sind auch für Menschen geniessbar. Die Pflanze findet sich als sehr schwer zu ziehendes Gewächs bisweilen in Botanischen Gärten. — Eine von Palästina bis Senegambien verbreitete Art, N. r e t ü s a (Forsk.) Aschers. ( = N. tridentäta Desf.), liefert den Arabern in ihren Früchten ein berauschendes Mittel. Die Laubblätter und jungen Zweige dienen zur Herstellung von Soda. Der Ueberlieferung nach soll Moses mit ihnen das bittere Wasser von Mara süss gemacht haben. Bisweilen wird die Pflanze auch als Lotos der Alten erklärt. — B a l a n i t e s Delile besitzt 3 nahverwandte Arten, deren wichtigste B. A e g y p t i a c a Delile ist, ein bis über 6 m hoher, dorniger Strauch oder Baum mit graugrünen, lederartigen Laubblättern, der im ganzen tropischen Afrika, sowie in Vorderasien (bis Palästina) und Südasien (bis Burma) in trockenen Steppengebieten sehr verbreitet ist. Das sehr harte und Widerstands» fähige, gelblichweisse Holz dient zum Häuserbau, in Abessinien zur Herstellung von Pflügen, bei uns auch zur Anfertigung von Spazierstöcken. Die Rinde liefert in Vorderindien ein Fischgift. Die gelblichen, fast pflaumen» grossen Früchte besitzen im reifen Zustande ein süssliches, aber fad schmeckendes Sarcocarp, das viel genossen wird (Sklavendatteln). Im unreifen Zustand vergoren, gewinnt man daraus ein berauschendes Getränk. Auch wirken sie gleich den Laubblättern wurmfeindlich. Die Samen liefern das Zachunöl, das im Sudan teils als Speiseöl, teils zum Einreiben des Körpers Verwendung findet. Schon die alten Aegypter scheinen, wie aus ihren Opfergaben hervorgeht, dieses Oel gekannt zu haben. Mit Wein vermischt, ergibt es ein Wundmittel (Samariter« balsam). Neuerdings gelangen die Samen aller 3 Balanites»Arten als Oelsaat in den Handel. In denen von B. A e g y p t i a c a kommen nach W e h m e r 41,2 °/o Rohfett, 28,8 °/o Rohprotem und 21,6 °/o N»freie Substanz vor. Bezeichnend für die Zygophyllaceen sind nach S o l e r e d e r die einfachen Gefässdurchbrechungen, das mit Hoftüpfeln versehene Holzparenchym und das Fehlen besonderer, die Spaltöffnungen begleitender Nebenzellen. Die Grenze von Bast und primärer Rinde wird im Zweige von isolierten primären Bastfaser» gruppen gebildet, zwischen die sich nach E n g 1e r zuweilen Steinzellengruppen einschieben. Letztere treten mit» unter auch in der primären Rinde auf. Im sekundären Baste fehlen die Bastfasern vollständig. — Zur Familie gestellte Laubblatt» und Fruchtreste aus dem Eozän des Monte Baldo sind nach P o t o n i 6 zweifelhaft. S a p o r t a und S c h i m p e r erblickten in manchen zu Ulmus gezogenen fossilen Flügelfrüchten solche von Z y g o p h y l l u m . Kapselfrüchte der letztgenannten Gattung, sowie von G u a j a c u m und ein an B a l a n i t e s erinnernder Stein» kern liegen aus dem niederrheinischen Miozän vor. — Die nächsten verwandtschaftlichen Beziehungen der

42 Familie deuten auf die Rutaceen, mit denen sie weitgehend übereinstimmt, sich aber durch das Fehlen der Oeldrüsen und das Vorhandensein von Nebenblättern unterscheidet. Dennoch ist es bisher nicht gelungen, auf sero*diagnostischem Wege den Nachweis einer Verwandtschaft zu führen. Hingegen hat H o e f f g e n Be» Ziehungen, wenn auch schwache, zu den Linaceen nachweisen können.

CCCCXLVI.

Tribulus12) L

B ü r z e l dorn. Franz.: Tribule; ital.: Tribolo.

Einjährige Kräuter mit meist niederliegenden Stengeln. Laubblätter gefiedert. Blüten auf blattwinkelständigen Stielen einzeln oder in Wickeln. Kelch* und Kronblätter 5, hinfällig. Staubblätter 10 (Fig. 1687 c), pfriemlich, mit herzförmigen Staubbeuteln. Fruchtknoten 5*fächerig, mit 3 bis 5 fast hängenden, umgewendeten, ana» und epitropen, extrorsen Samenanlagen, zwischen denselben sich später Querscheidewände bildend; Griffel sehr kurz walzlich, mit grosser, pyramidenförmig 5*kantiger, strahliger Narbe. Frucht vollkommen in 5 dreiseitige, geschlossene, nussartige, aussen warzige und dornige bis hügelige oder mit gezähnten Auswüchsen besetzte, innen in 2 bis 5 ein* sämige Kammern geteilte Teilfrüchtchen zerfallend. Samen mit nach innen gerichteten Würzelchen, ohne Nährgewebe. Die altweltliche Gattung umfasst etwa 16, z. T. schwer gegeneinander abzugrenzende Arten, von denen der grössere Teil (12 Arten) dem mediterran» westasiatischen Steppengebiet angehört, während wenige Arten in Südafrika und Vorder» indien auftreten. Nur eine, Fig. 1687. T rib u lu s t e r r e s t r i s L. a Habitus der Pflanze. ¿»Blüte, c Blütendiagramm (nach T. e is t o i d e s L., ist an den E i c h l e r ) . d Frucht, e und / Teilfrüchte. Küsten der Tropenländer weit verbreitet und erscheint auch in der Neuen Welt, besonders häufig in Westindien. Auf europäischem Boden findet sich nur T. t e r r d s t r i s . T. l a n u g i n ö s u s L., in Vorderindien, Beludschistan und auf Ceylon heimisch, welche Pflanze sich von T. terrestris durch dicht wollige Laubblätter und 2=dornige Früchte unterscheidet und viel» leicht nur den Wert einer Rasse besitzt, wird in seiner Heimat (bei uns nur versuchsweise) medizinisch als ab* führendes, wassertreibendes, Fieber niederschlagendes usw. Mittel benutzt. In den Samen findet sich Fett, Harz und ein noch wenig erforschtes Alkaloid. Aehnliche Früchte besitzt der ägyptisch»arabisch»vorderindische T. a l ä t u s Del., dessen Früchte jederseits mit 1 bis 2 flachen Dornen besetzt sind.

1806. Tribulus terrestris3) L. E r d * B u r z e l d o r n , Erdsterndien, Bettlernuss, Dreispitz, Un* garische Königsmelone. Franz.: Croix de Malte, escarbot, mäere, cornidie, saligot; ital.: Tribolo, caciarello, ceciarello, basapie. Fig. 1685 und 1687. Einjährige Pflanze mit dünner, spindelförmiger Wurzel. Stengel 10 bis 60 cm lang, niederliegend, ästig, mit feinen, dl anliegenden und derberen, etwas abstehenden Haaren be* deckt. Laubblätter gleichmässig über den Stengel zerstreut, kurz gestielt, 5* bis 8=paarig ge* fiedert; Blättchen gegenständig, sehr kurz gestielt, eiförmig oder länglich, stumpf, am Grunde x) Abgeleitet vom griech. rqißoXog [tribolos] = Fussangel (zusammengesetzt aus tq ig [tris] = dreimal und ßoXog [bölos] = Wurf), in Anlehnung an die dreieckige, der Frucht des Burzeldorns ähnlichen Fussangel, die im Krieg gegen die Reiterei ausgeworfen wurde. 2) Die Bezeichnung Tribulus findet sich schon bei T h e o p h r a s t , D i o s k u r i d e s , P l i n i u s , Ov i d , G a l e n und anderen älteren Autoren. Die nähere Bezeichnung terrestris steht im Gegensatz zu aquaticus; unter Tribulus aquaticus verstanden die Alten Trapa natans.

43 schief, mit anliegenden, steiflichen, einzelligen Haaren bedeckt, oberseits bläulichgrün, unter*» seits graugrün; Blattspindel wie der Stengel behaart. Nebenblätter dreieckig, zugespitzt, sehr klein, beiderseits wie die Blättchen behaart. Blüten auf kurzen, 2 bis 4 mm langen, behaarten Stielen, einzeln in den Blattachseln oder. Zweiggabelungen. Kelchblätter 5, schmaMänglich* lanzettlich, etwa 2,5 bis 3 mm lang, weisshäutig berandet, oberseits kahl, unterseits dicht be* haart, abfallend. Kronblätter sdimal*länglich*verkehrt eiförmig, 4 bis 5 mm lang, gelb, kahl. Staubblätter 10, etwa 3 mm lang. Fruchtknoten 5*fächerig, in jedem Fache mit 3 bis 5 schief hängenden Samenanlagen, zwischen denselben sich später Zwischenwände bildend; Griffel dick, etwa 0,8 mm lang, mit kopfiger, durch Zusammenschluss der 5 Lappen stumpfer, pyra* midenförmiger Narbe. Frucht auf verlängertem, aufrecht abstehendem Stiele, kahl oder be* haart, rundlich, in 5 3*seitige, auf der Rückenseite mit in Borsten endigenden Warzen und dornigen, kantigen, am Grunde oft zackigen Auswüchsen besetzte Teilfrüchte (Fig. 1687e, f) zer* fallend. Samen eiförmig, 2,5 bis 3 mm lang, hellbraun. Keimling gerade. — V bis IX. Zerstreut auf Flugsanddünen, Sandfeldem, Aeckern und Wegrändern der Ebene. Wild einzig in N i e d e r ö s t e r r e i c h bei Marchegg und Angern (Margyarfalva) und in Krain. — In D e u t s c h l a n d eingeschleppt im Hafen von Mannheim (mehrfach seit 1881) und Mühlau bei Mannheim, Legau bei Danzig und neuerdings bei Hamburg.

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Südeuropa: nördlich bis Südfrankreich (bis zum Lyon* nais), Oberitalien, Ungarn, Niederösterreich, Krain, Transsilvanien, Südrussland; Kleinasien und östlich bis Tibet und Indien; Nord», West* und Südafrika (hier wohl kaum spontan), Kanarische Inseln; ferner verschleppt im ganzen wärmeren Asien, Afrika und Amerika. Gliedert sich in: 1. var. t y p i c u s Bede. Kronblätter meist länglich. Früchte ohne die Dornen meist 7 bis 8m m lang; Dornen meist länger, selten kürzer als die Teilfrüchte, deren doppelte Länge nicht über« ragend. Eine im Mittelmeergebiet häufige und in der Ausbildung der Fruchtform vielgestaltige Varietät. Fehlt in Niederösterreidi, vielleicht in Krain (?). — 2. var. O r i e n t ä l i s Beck ( = var. longispinösus Rouy et Foucaud). Pflanze in der Regel ± grün. Stengel meist dünn und zierlich. Kronblätter länglich, am Grunde keilförmig. Dornen der Frucht lang, dünn, fast doppelt so lang wie die Breite der Teilfrüchte, meist kahl. Vorherrschende Form des östlichen Gebietes, so z. B. in Niederösterreich und Ungarn, aber vereinzelt auch in den west» liehen Mittelmeerländern. Tribulus terrestris dürfte seine Heimat im Mittelmeergebiete und im westlichen Asien besitzen, ist aber infolge seiner häkelnden Früchte, die sich leicht in das Fell oder Gefieder vorüberstreichender Tiere an« haften oder zwischen die Hufe des weidenden Viehes klemmen, in grossen Teilen des wärmeren Europas, Asiens und Amerikas verbreitet worden. Die Pflanze zählte schon im 3. vorchristlichen Jahrtausend zu den medi» zinischen Kräutern der Chinesen und wird, zu Heilzwecken brauchbar, auch in den Aphiten genannt, hat aber bei uns in der Neuzeit ihre Bedeutung verloren. In Indien verwendet man die Früchte noch heute als abführendes und wassertreibendes Mittel, bei Hals» und Augenkrankheiten usw. — Tribulus terrestris gehört zu den annuellen Steppenbewohnern, blüht wie Holosteum umbellatum, Cerastium viscosum, Silene conica, Ranunculus testicu« latus, Draba verna, Trigonella Monspelliaca, Veronica praecox usw. auf trockenen Böden im Frühjahr und steht mit Eintritt des Sommers bereits in Frucht, um dann vollständig zu verschwinden. In Ungarn zählt sie zu den ersten und bezeichnenden Pionieren frisch aufgehäufter Flugsandhügel, gemeinschaftlich mit Bromus hordeaceus, B. arvensis, B. tectorum, B. squarrosus und B. commutatus, Secale silvestre, Hordeum crinitum, Triticum villosum, Digitaria ciliata, Tragus racemosus, Polygonum arenarium, Corispermum canescens, Salsola Kali, Gypsophila paniculata usw. Ihre Ansiedlung auf diesen mageren Böden dürfte sie nach I s s a t s c h e n k o (vgl. Referat im Botanischen Centralblatt, 1913, pag. 616) der Anwesenheit von Wurzelknöllchen verdanken, die mit Pilzfäden in Verbindung (vielleicht Mykorrhiza) stehen und die in zweierlei Form auftreten: kleine, weisse an den dünneren Wurzelfasern und grosse, runde, dunklere, die an Jene der Leguminosen erinnern. Da die Stärke in den Knöllchen sicher aufgelöst wird, so dürfte nach Noel B e r n a r d die Osmose der Zellen und damit die Wasserzufuhr erhöht werden. Auf wasserhaltigeren Böden ist T. terrestris langlebiger und blüht namentlich auf Aeckern bis in den Herbst hinein. Nach Mitteleuropa verschleppte Pflanzen scheinen sich nirgends halten zu können. — Das auffällige Vorkommen von zwei gegenständigen, aber ungleichen Laubblättern, einer Blüten» und einer Laubknospe an Jedem Stengelknoten wird nach D e 1p i n o folgendermassen erklärt: Die wagrechten, auf der Erde liegenden sekundären Zweige sind nur am Grunde monopodial gebaut und zwar bis zur ersten Blüte, die an» scheinend dem fünften oder sechsten Laubblatt gegenüber seitlich entspringt, in Wirklichkeit aber den Seitentrieb als

44 Endblüte absdiliesst. Aus der Achsel des der ersten Blüte scheinbar gegenüberstehenden Laubblattes entspringt ein kräftiger Tertiärtrieb, der die Terminalblüte zur Seite drängt und das Wachstum der Achse fortsetzt. Dieser Spross trägt nur 2 Laubblätter und endet ebenfalls in eine Blüte: Die beiden fast gegenständigen Laubblätter sind wechselständig. In der Achsel des ersten (grösseren) bildet sich wieder der die Terminalblüte verdrängende Spross, während die Axillarknospe der zweiten (kleineren) Laubblätter meist nicht zum Austreiben gelangt. An die Zygophyllaceen schliesst sich die kleine Familie der C n e o r ä c e a e an. Sie unterscheidet sich von ersteren durch das Vorkommen von Oelzellen in Rinde und Laubblättern, durch das Fehlen von Neben» blättern und Anhängseln an den Staubblättern und durch die Anordnung der Staubblätter in nur einem Kreise. Zu ihr gehört als einzige Gattung C n e ö r u m L. mit 12 Arten, die in den Küstengebieten des Mittelmeeres und auf den Kanarischen Inseln heimisch sind. Die häufigste davon ist C. t r i c ö c c u m L., ein kahler Strauch mit grünen Zweigen, glänzend grünen, lanzettlichen Laubblättern, einzeln oder zu 2 oder 3 in den Blattachseln stehenden, gelblichen, 3=zähligen Blüten und steinfruchtartigen, in 3 Teilfrüchte zerfallenden Früchten. Von Süd» Spanien bis zum Monte Argentario in Italien verbreitet, wird diese Art unter der Bezeichnung „Zwergölbaum“ ihres schönen Aussehens wegen nicht selten im Mittelmeergebiet angepflanzt.

66. Farn.

Rutäceae.

Raut e nge wä c hs e .

Meist Bäume, Sträucher oder Halbsträucher, selten Stauden oder 1jährige Kräuter, mit lysigenen oder wenigstens mehrzelligen Oeldrüsen (Fig. 1688). Laubblätter Wechsel* oder gegen* ständig, einfach oder zusammengesetzt, infolge von Sekretlücken durchscheinend punktiert, meist kahl, zuweilen geflügelt (Fig. 1698), Nebenblätter fehlend oder zurückgebildet. Blüten einzeln in den Blattachseln oder endständig oder in verschiedenartig zusammengesetzten Blütenständen, meist in Kelch und Krone geschieden, zwitterig, selten eingeschlechtig, strahlig, seltener zygomorph, 3* bis 5*zählig (Fig. 1711 a bis c). Kelch frei oder ver* wachsen. Kronblätter den Kelchblättern an Zahl gleich, frei oder verwachsen, in der Knospenlage dachig, seltener klappig. Staubblätter meist doppelt so viele als Kronblätter oder mehr, seltener ebenso viele, mit den* selben der Blütenachse eingefügt, die vor den Krön* blättern stehenden äusseren ab und zu staminodial zu* Fig. 1688. a Lysigener Sekretbehälter von D ie ta rn n u s a lb a L. rückgebildet; Staubfäden miteinander + hoch hinauf verbunden; Staubbeutel meist einwärts aufspringend. Blütenachse gewöhnlich zwischen oder über den Staubblättern zu einem ring*, polster* oder becherförmigen, gekerbten oder gesägten Diskus erweitert (Fig. 1710), nicht selten auch zu einem verlängerten Gynophor verlängert. Fruchtblätter (1 bis) 4 bis 5 (6), verwachsen oder getrennt und nur oben vereinigt, in jedem Fach mit 1 oder 2 bis vielen, 2*reihig angeordneten, ana* und epitropen Samenanlagen. Griffel am Grunde oder an der Bauchseite der Fruchtblätter entspringend, selten endständig, am Grunde meist frei, im oberen Teile verbunden; Narben frei oder verbunden. Frucht eine Kapsel, Steinfrucht, Beere oder eine meist in Teilfrüchte zerfallende Spaltfrucht. Samen mit oder ohne Nährgewebe; Keimling gross, gerade oder gekrümmt. Zu der umfangreichen und vielgestaltigen Familie zählen über 100 Gattungen mit rund 900 Arten, die zum grössten Teile die tropischen und subtropischen Gebiete der ganzen Erde bewohnen, während sie in der nördlichen gemässigten Zone einzig durch die R u t i n a e vertreten sind. Massgebend für die Umgrenzung der Rutaceen sind weniger die Blütenmerkmale, die keine scharfe Trennung gegen die verwandten Familien der Geraniaceen, Zygophyllaceen, Simarubaceen, Burseraceen und Meliaceen gestatten, als vielmehr der Besitz der in Stengel, Zweigen, Laubblättern und selbst Blütenteilen vorkommenden lysigenen (bei Citrus auch schizolysigen) Oeldrüsen, die nur bei den D i c t y o l ö m e a e durch mehrzellige Oeldrüsen mit nicht resor» bierten Wänden ersetzt sind. Nach den Untersuchungen von R a u t e r , M a r t i n e t , S z y z y l o w i c z u. a. entstehen die Oeldrüsen in Zellen des Hautgewebes und zwar namentlich durch Teilungen einer durch dünne Wände und dichten, feinkörnigen Inhalt ausgezeichneten Zellgruppe, die sich später durch ihren reichen Oelgehalt

45 von dem umgebenden Gewebe deutlich abhebt. Bei D i c t y o l ö m a DC. bleiben sie dauernd auf dieser Stufe erhalten, während sie bei den übrigen Rutaceen weitere Umgestaltungen erfahren. Und zwar werden die peripher gelegenen durch Vergrösserung der inneren Zellen aufgelöst und damit ein einziger, zusammen« hängender, ölerfüllter Raum geschaffen. In den über diesem liegenden Epidermiszellen tritt darauf wiederum ein feinkörniger Inhalt auf, der aber rasch verschwindet, worauf die Zellen den nämlichen Entwicklungsgang antreten wie ihre Nachbarzellen. Aus dieser Entstehung der Oelbehälter erklärt sich das Auftreten eines ausser« halb von ihnen und ihren benachbarten Gewebeschichten liegenden, durchgehenden, mehrzelligen Hautgewebes, während sie selbst innerhalb des Hypoderms liegen. Bei der Gattung C i t r u s nimmt der Bildungsgang nach T s c h i r c h (in T s c h i r c h und O e s t e r l e . Anatomischer Atlas, 1900) einen etwas abweichenden Verlauf. In den jüngsten Phasen tritt wie üblich eine Gruppe von 4 Zellen auf, die sich durch Form und Inhalt vom übrigen Gewebe unterscheidet. In diesen setzen schon frühzeitig Zellteilungen ein, denen zufolge eine rundliche Gruppe zarter Zellen entsteht. Am Be« rührungspunkt der mittelsten dieser neuen Zellen bildet sich ein Interzellular« raum, der sich allmählich immer mehr erweitert. Die gegen den Interzellular» raum zu liegenden Membranteile wölben sich gegen den Raum kappenförmig vor und stellen zunächst eine Schleimmembran vor, die später zur resinogenen Schicht wird. Nach deren Entstehung gehen die inzwischen durch weitere Teilung auf 6 bis 8 Kammern herangewachsenen, ursprünglichen (4) Zellen durch Auflösung ihrer Wände zugrunde und es entsteht zuletzt ein einheit» lieber Raum, der von einem grossen Oeltropfen erfüllt ist (schizolysigene Bildung nach T s c h i r c h ) . — Die Tracht der Familie ist infolge der weiten Verbreitung, der grossen Artenzahl und dem Auftreten unter sehr verschiedenen klimatischen und edaphischen Faktoren sehr mannigfaltig. Auffällig ist jedoch, dass die Zahl von 1» und mehrjährigen Kräutern sehr beschränkt ist und dass die überwiegende Mehrheit der Rutaceen zu den Sträuchern (darunter auch Klimmer) und hohen Bäumen zählt. Hinsichtlich der Form der Laubblätter hebt En gl e r hervor, dass sie zumeist der vorherrschenden Spreitenausgestaltung des jeweils besiedelten Florenbezirks entspricht. So sind die der kapländischen D i ö s m e a e meist schmal lineal oder ericoid, die der australischen B o r o n i e a e gefiedert, während in den Tropen und in den nördlicheren Gebieten gedreite oder gefiederte Formen vorwiegen, wie sie bei den nächstverwandten Familien der Simarubaceen, Burseraceen usw. anzutreffen sind. Neben diesen vielfach mit den klimatischen Verhältnissen im vollen Einklang stehenden Erscheinungen treten rein morphologische und teilweise biologische, aber nach E n gl e r vom Klima unabhängige Merkmale in den Vordergrund: die Entwicklung der Blüten« hüllen, die Zahl der Samenanlagen in den Fruchtblättern, die Vereinigung der Fruchtblätter, die Entwicklung der Frucht zu einer in meist aufspringende Teil» Fig. 1689. C itr u s L. a, b und c Ent­ früchte (mit sich ablösendem Endocarp) zerfallenden Balgfrucht oder zu einer wicklung der Oelbehälter in der Frucht­ Stein« oder Flügelfrucht oder zu einer Beere, die Erhaltung des Nährgewebes wand (a Bildung eines schizolysigenen in den Samen bis zur Keimung oder die vollständige Aufzehrung desselben Raumes; b Kanal mit Oelkappen an durch den Keimling — Eigenschaften, die in ihrer allmählich steigenden Ent» einigen Innenzellen; c Bildung der resi­ nogenen Schicht), d Fertiger Oelbehäl­ Wicklung die Grundlagen zur Einteilung der Familie liefern. Bemerkenswert ter (der Schleimbelag im Innern des dabei ist, dass die ursprünglichsten Rutaceen (die Tribus der X a n t h o x y l e a e ) Kanals durch Alkohol kontrahiert). diejenigen sind, die die weiteste geographische Verbreitung besitzen, wenngleich e Längsschnitt durch einen Samen mit auch sie bereits ± stark abgeleitete Formen darstellen und keine unmittelbare mehreren Keimlingen. / Querschnitt durch einen ebensolchen Samen, g Be­ Ableitung der anderen Gruppen gestatten. Von Einzelheiten des Blütenbaues ginn der Entwicklung einer Frucht­ sei hervorgehoben, dass einfache Blütenhüllen nur bei der Gattung X a n » zotte (nach B ie r m a n n ). t h ö x y 1u m Roxb. (wahrscheinlich primär) und bei der monotypischen Gattung E m p l e ü r u m Soland. (wahrscheinlich sekundär) auftreten. Bei den übrigen Gattungen sind Kelch und Krone deutlich geschieden und meist 5=gliederig (mit nach hinten stehendem unpaarem Kelchblatte und nach vorn stehendem unpaarem Kronblatt). Aber auch Gattungen mit 4« und selbst 3»gliederigen Blüten sind nicht selten. Bei R ü t a L. ist nur die Gipfelblüte des ganzen Blütenstandes 5»gliederig, alle anderen 4»gliederig. Die Krön« blätter sind meist frei, bisweilen auch sympetal, wie bei den meisten Arten der Subtribus der C u p a r i i n a e und z. B. bei C o r r e a Sm. (Fig. 1694). Die Staubblätter stehen meist in 2, selten (vielleicht auf Abort be« ruhend) in nur 1 Kreise und sind bisweilen in ± hohem Masse staminodiäl entwickelt. Das Gynäceum ist in der Regel iso», seltener pleio» oder oligomer. Die Veränderungsfähigkeit des Blütenbaues innerhalb ein und derselben Gattung hat U r b a n (Zur Morphologie und Biologie der Rutaceen, 1883) bei B o r ö n i a Smith aus* H e g i, Flora. V, 1. 206

46 einandergesetzt. Die meisten Blüten deuten auf Insektenbestäubung, stehen aber z. T. noch auf sehr niederer Stufe, wie manche kleinblütige A u r a n t i e a e und die P i l o c a r p i n a e (eine Subtribus der C u s p a r i e a e ) mit ihren kleinen, grünlichen, grünlichweissen oder schmutzig purpurnen Blüten. Andererseits bestehen eine ganze Reihe verschiedenartiger Einrichtungen, um der Selbstbestäubung vorzubeugen (siehe Ruta). Der Mangel auffälliger Farben wird bei ihnen durch die Häufung der einzelnen Blüten zu Trauben, Dolden, Köpfen, Trug» dolden, Scheinähren, Büscheln und Wickeln gehoben, wozu als weiteres Anlockungsmittel der für die ganze Familie charakteristische, an ätherisches Oel gebundene Geruch tritt. Bei anderen Formen sind die Blüten gross und auffällig und durch eine angenehme Duftentwicklung ausgezeichnet. Hinsichtlich der Fruchtbildung lassen sich 3 Gruppen unterscheiden: Beeren», Stein» und Kapselfrüchte, die phylogene» tisch als gleichwertig gelten können, da sie sowohl bei Gattungen mit niedrig organisierten Blüten als auch bei solchen mit vorgeschrittenem Blütenbau auftreten. Die Familie zerfällt entsprechend diesen Verschiedenheiten in 6 Unterfamilien, von denen 3 die überwiegende Mehrheit aller Arten enthalten: die R u t o i d e a e mit bei der Reife getrennten Frucht« blättern und vorzugweise aufspringenden Früchten, die T o d d a l i o i d e a e mit synkarpem Gynäceum und Steinfrüchten und die A u r a n t i o i d e a e mit eben« falls synkarpem Gynäceum, aber mit Beerenfrüchten. Die anderen Unter» familien sind artenarm und schliessen sich phylogenetisch teils einer der erst» genannten Unterfamilien an, zeigen dabei aber mancherlei Annäherungen an andere mit den Rutaceen verwandte Familien. Die D i c t y o l o m o i d e a e haben ein mit dem der Rutoideae über* einstimmend gebautes Gynäceum, aber ihre in den Laublättern entstehenden Oeldrüsen sind nicht lysigenen Ur» sprungs. Zudem sind ihre Spreiten Fig. 1690. X a n th o x y l u m A m e r ic a n u m M ille r, a Blühender männlicher Zweig. doppelt gefiedert, ihre Staubblätter wie b Fruchtender weiblicher Zweig, c und d Männliche Blüten, e Männliche Blüte nach Entfernung der Kronblätter. / Weibliche Blüte, h Weibliche Blüte, in der an bei vielen Simarubaceen und Zygophyl» Stelle der 5 mit den Kronblättern abwechselnden Staminodien 5 sterile Carpelle laceen am Grunde mit Schüppchen ver» entwickelt sind, g Gynäceum mit Längsdurchschnitt durch ein Carpell, i Samen im Längsschnitt. — X. B u n g e i Planch. k Weibliche Blüte. I Geöffnete Teilfrucht sehen. D i e F l i n d e r s i o i d e a e b e s i t z e n mit an der losgelösten Plazenta hängendem Samen (c, e bis h und l nach E n gl e r , gleichfalls aufspringende Kapseln, aber d, i und k nach C. K. S c h n e id e r ). die Innenschale löst sich nicht wie bei den Rutoideae elastisch ab, sondern bleibt mit der Aussenschale in Verbindung. Durch die Vielzahl der Samen in den Fächern stellen sie ein Bindeglied zu den Meliaceen dar, unterscheiden sich aber von diesen durch die lysigenen Oeldrüsen. Die S p a t h e l i o i d e a e weisen gewisse Züge von F a g ä r a »Arten auf, nähern sich aber andererseits auch gewissen B ü r s e r a » und B o s we l l i a » F o r me n . Die Oeldrüsen finden sich nur an den Laubblatträndern, das Gynäceum entspricht dem der Toddalioideae, wird aber zur Fruchtreife zu einer geflügelten Steinfrucht mit 3»fächerigem Steinkern. Da bisweilen am Grunde der Staubblätter Schüppchen auftreten, so ist die Unterfamilie auch schon zu den Simarubaceen gestellt worden. Die Verteilung der Unter» familien, bezw. die Verbreitung ihrer Tribus und Subtribus bietet mancherlei Eigenheiten. So sind die später zu charakterisierenden R u t o i d e a e * R ü t e a e » R u t i n a e auf die altweltliche Nordhemisphäre beschränkt mit Ausnahme der sehr alten Gattung T h a m ö s m a Torr., von der eine Art auf Sokotra endemisch ist, eine zweite im Hereroland lebt, während 2 andere von Südkalifornien bis Texas reichen. Die R u t o i d e a e » B o » r o n i e a e treten nur in Australien und Neukaledonien auf. Andere Tribus dieser Unterfamilie sind auf das indo»malayische Gebiet, Zentralamerika, Chile, Südafrika usw. beschränkt. Die Unterfamilie der Dictyolomoideae lebt im tropischen Südamerika, die Flindersioideae im indo»malayischen Gebiete, die Spatheloideae in West« indien. Die im wesentlichen süd« und ostasiatischen A u r a n t i o i d e a e strahlen mit einigen Vertretern nach

47 Australien und Afrika aus. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass die Rutaceen bereits ein sehr hohes, erdgeschicht» liches Alter besitzen, zumal der grösste Teil ihrer vielen Gattungen artenarm ist. Als umfangreichere und z. T. noch gegenwärtig in lebhafter Fortbildung begriffene Gattungen seien F a g ä r a L. mit etwa 140 Arten und A g a » t h ö s m a Willd. mit etwa 100 Arten genannt. Kleinere Gattungen sind z. B. B o r ö n i a mit 60, E v ö d i a Forst, mit 45, R u t a mit 40, P t e l e a A. Gray mit 22, A m y r i s (P. Br.) L. mit 13 Arten usw. Als eine der ältesten Gattungen ist D i c t y o l ö m a DC. anzusehen. — Fossil ist die Familie durch mehrere auf Blattreste begrün» dete Arten von X a n t h o x y l u m aus dem Tertiär von Europa, Nordamerika und Japan bekannt. Im nieder* rheinischen Miozän sind eine kleine Kapselfrucht von Ruta und Steinfrüchte von Phellodendron gefunden worden. Dictamnus erscheint im französischen und japanischen Pliozän. Ptelea liegt in Blatt» resten aus dem Tertiär Europas, Grönlands und Nordamerikas, in Fruchtresten aus dem steirischen Tertiär vor. Zu A m y r i s ge» stellte Reste sind zweifelhaft. Die Zahl der als Nutz» oder Zier» pflanzen bemerkenswerteren Arten ist ziem» lieh bedeutend. Zur Unterfamilie der Rutoideae und zwar zur Tribus der Xanthoxyleae mit grünlichen oder grünlich» weissen, stets strahligen, nie kopfig ge» häuften Blüten gehören : X a n t h ö x y l u m l)L. Oft dornig bewehrte Bäume oder Sträucher mit gelblichem Holz, gefiederten, nicht aus» dauernden Laubblätternun d einfacher Blü ten» hülle. Mit 15 Arten in Ostasien und Nord» amerika heimisch. Die Früchte des in Japan, Korea und Nordchina lebendenX. p i p e r i » t u m DC. (Fig. 1691) dienen ihres scharfen Geschmackes wegen als Pfefferersatz. Sie enthalten Dipenten, d»Limonen, Luminal» Fig. 169t. X a n th o x y l u m p ip e r itu m DC. a Zweig mit Früchten. b Frucht mit 2 Karpellen. c Längsschnitt durch Frucht und Samen. dehyd usw. Zum selben und auch zu Heil» zwecken werden die von X. a c a n t h o » p ö d i u m DC. und X. a l a t u m Roxb. aus Indien und China stammenden Früchte benutzt. Das aus ersteren gewonnene Oel riecht nach Koreander, das des letzteren nach Wasserfenchel. — In Gärten angepflanzt findet sich bisweilen X . A m e r i c ä n u m Miller ( = X. fraxineum Willd.). Fig. 1690a bis i. Strauch oder bis über 6 m hoher Baum mit anfangs behaarten, grau» bis rotbraunen, 1»jährigen Zweigen und unter den Knospen gedoppelt stehenden, bis 8 mm langen Stacheln. Laubblätter unpaarig gefiedert, mit ungeflügelter oder sehr schmal ge» flügelter, behaarter und vereinzelt bedornter Spindel und 5 bis 9 (11) eiförmigen, zugespitzten, oberseits ver» kahlenden, unterseits weichhaarigen Blättchen. Blüten vor den Laubblättern erscheinend, in dichten Büscheln, l»geschlechtig, 5» bis 8»gliederig. Blütenhüllblätter grünlich. Fruchtblätter auf kurzem Gynophor, mit je 2 Samen» anlangen. Griffel frei; Narbe kopfförmig. Frucht fast kugelig, schwärzlich. Samen kugelig»eiförmig, schwarz glänzend. — IV, V . Heimat: Nordamerika von Quebeck bis Virginien, Süd»Dakota, Nebraska und Kansas. Seit 1740 in Europa in geschützten Lagen in Kultur und ziemlich winterhart. — Seltener ist X . B ü n g e i Plancb. (Fig. 1690k, 1) aus Nordchina — 1893 eingeführt — anzutreffen, das sich von der vorigen Art nament« lieh durch nach dem Blattaustrieb erscheinende, in kurzen Rispen stehende Blüten und durch kürzere, bis 4 cm lange Laubblätter unterscheidet, lieber weitere wahrscheinlich noch sehr selten in Kultur befindliche Arten vgl. S c h n e i d e r , C. K. Illustriertes Handbuch der Gehölzkunde. X. p l a n i s p i n u m Sieb, et Zucc. wird aus den Anlagen von Heidelberg erwähnt. — F a g a r a L., mit 140 Arten in allen tropischen Ländern ver» breitet und durch doppelte Blütenhülle von Xanthoxylum unterschieden, liefert z. T. von den Eingeborenen verwendete Heilmittel, z. T. Werk» und Tischlerholz. So wird z. B. von F. f l a v a (Vahl) Krug et Urban das westindische Seiden» oder Ätlasholz, von F. p t e r ö t a L. das Jamaika»Eisenholz und von F. C a r i b e a (Lam.) Krug et Urban das Kariben»Eisenholz gewonnen, die in der Möbelindustrie und in der Drechslerei von ge» wisser Bedeutung sind. — E v ö d i a 2) Forst., mit gegenständigen, gestielten Laubblättern, eingeschlechtigen, in *) Abgeleitet von £ a v& o s [xanthös] = gelb und iv X o v [xylon] = Holz; Gelbholz wegen dessen Farbe. L i n n e schreibt Zanthoxylum. 2) Von griech. ev [eu] = gut und odfir [odme] = Geruch, Duft; wegen der wohlriechenden Blüten. 206*

48 der Regel 4»teílígen Blüten, freiem Diskus und bei der Reife fast freien Fruchtblättern. V on ihren etwa 45 straudiigen bis baumförmigen Arten ist E. h o r t é n s í s Forst, ein seiner ausserordentlich wohlriechenden Blüten wegen in der Südsee sehr beliebtes Ziergewächs. Einige Arten finden sich in unseren botanischen Gärten. — O r y x a Thunb., mit der einzigen Art O. J a p ó n i c a Thunb. Bis 2 m hoher Strauch mit sommer» grünen, ganzrandigen, durchscheinend punktierten, stark riechenden Laubblättern, mit an den vorjährigen Trieben in Trauben stehenden, getrenntgeschlechtigen, 4»gliederigen, kleinen, grünlichen Blüten und 4»teílígen, l»samigen Früchten. Diese den Gebirgswaldungen des mittleren und südlichen Japan entstammende Art wird in neuerer Zeit auch in Mitteleuropa kultiviert. — C h o i s y a 1)2 t e r n ä t a Knuth (Fig. 1692), die einzige Art einer mexi» Iranischen Gattung. Immergrüner, wild bis fast 2 m, in Kultur höchstens 80 cm hoher Strauch mit rundlichen, hellgraugrünen, kurzhaarigen, l»jährigen, später grauen Zweigen. Laubblätter gegenständig, 3»zählig, 5 cm lang gestielt, mit länglichen bis länglich»verkehrt» eiförmigen, zuletzt oberseits kahlen, unter» seits an den Nerven dauernd behaarten Blättchen. Blüten in locker zusammenge» setzten, end» oder achselständigen Trug» dolden. Kelchblätter 5, eiförmig. Kronblätter 5, länglich, bis 2 cm lang, weiss. Staub» blätter 10. Fruchtblätter 5, etwas in das Gynäceum eingesenkt. Frucht in 5 Teil» früchte zerfallend. Seit 1825 im wärmeren Europa an Mauern, in Gärten (Tessin), in Gewächshäusern oder auch als Topfpflanze gezogen. — Zur Tribus der Rúteae ge» hören die beiden auch in Mitteleuropa ver» tretenen Subtribus der R u tí n a e (in Mittel» europa durch Rüta vertreten ¡ vgl. u.) und der D i c t a m n i n a e (mit Diptamnus als alleini» gen V ertreter; vgl. u.). — Die Tribus der Boronieae umfasst meist Halbsträucher und Sträucher mit stets strahligen, meist zwitterigen und rötlichen Blüten und ge» radem, im fleischigen Nährgewebe liegendem Embryo. Von der australischen Gattung B o r ö n i a 8) Smith mit 60 Arten werden seit einigen Jahren mehrere ihrer schönen Blüten wegen in Mitteleuropa als Garten» i. 7 . » j u u i a j a ic iii d id rvu iim . u- u i u u c i m u z»w ci^. u u m c m fernten Kronblättem. c Blüte in beginnender Fruchtbildung. und Zimmerpflanzen gezogen. Meist Sträu» eher oder Halbsträucher, selten 1»jährige Kräuter mit ungeteilten, 3»zähligen oder fiederteiligen Laubblättern. Blüten einzeln, achsel» oder endständig oder in Blütenständen, 4»zählig. Kelchblätter am Grunde verbunden. Kronblätter rot, weiss, purpurn oder blau. Staubblätter 8 ; Staubfäden breit, behaart, oben plötzlich zusammengezogen. Fruchtblätter ± getrennt, durch den Griffel miteinander verbunden, mit je 2 Samenanlagen. Frucht in 4 2»klappig mit elastisch sich ablösendem Endokarp aufspringende Teilfrüchte zerfallend. Genannt seien ¡ B. a l ä t a Sm., mit gefiederten Laubblättern und in endständigen Blütenständen stehenden, deutlich klappigen Blüten, an denen die Kelchblätter kürzer als die Kronblätter sind. Häufig für den Blumenhandel gezogen; 1823 eingeführt. — B. c r e n u l ä t a Sm. Laub» blätter ungeteilt, verkehrt»ei» oder keilförmig, oben gestutzt oder gekerbt, flach. Blüten in der Knospenlage dachig. Aus Westaustralien stammend und seit langem in Kultur. — B. d e n t i c u l ä t a Sm. Laubblätter flach, ungeteilt. Blüten zu mehreren in einem endständigen Blütenstand. In Westaustralien heimisch, seit 1823 in Kultur. — B. p i n n ä t a Sm. Laubblätter gefiedert. Blüten in achselständigen, 3»blütigen Trugdolden. In Ostaustralien und Tasmanien heimisch, seit 1794 in Gärten gezogen. — B. e l ä t i o r Bartl. (Fig. 1693). V on den voran» gehenden Arten durch staminodiale Ausbildung der 4 vor den Kelchblättern stehenden Staubblätter unter» schieden. Zweige behaart. Kronblätter anfangs magenta», später fleischfarben, meist stachelspitzig; Staminodien mit schwarzer Spitze. In West»Australien heimisch. Seit 1874 in Europa eingeführt, lieber weitere Arten vgl. A s c h e r » iu

ä

d iu ic

x) Benannt nach Jacques Denys C h o i s y , Professor zu Genf, t 1859, der viele botanische Schriften verfasst hat, u. a. einen.- Prodromus d’une monographie des Hypérícínées, Genf, 1821. 2) Benannt nach Francesco B o r o n e (+ 1794 in Athen), dem Gehilfen von S i b t h o r p .

49 s on und G r a e b n e r (Synopsis). — C o r r e a 1) Sm. mit 6 ± formenreichen ost» und südaustralischen Arten. Sträucher oder Bäume mit sternfilzig behaarten, selten kahlen Zweigen. Laubblätter gegenständig, gestielt, eiförmig, länglich oder elliptisdulanzettlich, ganzrandig, unterseits dicht sternhaarigdilzig behaart. Blüten einzeln oder bis zu 3 achsel» oder endständig, hängend, gross, weiss, grün, gelb oder rot. Kelch becherförmig, abgestutzt, 4»lappig oder 4*zähnig. Kronröhre 4»zipfelig, zylindrisch oder glockenförmig (sympetal 1), bisweilen die einzelnen Kronblätter sich trennend. Staubblätter 8 ; Staubfäden zugespitzt. Fruchtblätter 4, am Grunde getrennt, mit je 2 übereinander stehenden Samenanlagen. Griffel über der Mitte eingefügt, fadenförmig, miteinander verbunden. Frucht mit 4 2»klappigen Teilfrüchten mit knorpelig»elastischem Endocarp. Als häufigere Kultur» arten finden sich: C. ä 1b a Andr. Etwa 1 m hoher Strauch mit eiför» migen bis kreisförmigen, unterseits dicht hel1farbig»filzigen Laubblättern und hellgraufilziger Kronröhre, deren Kronblätter sich zuletzt trennen. — IV bis VII. — Heimat.- Victoria, Tasmanien und Südaustralien. Seit 1793 in Kultur; ist leicht durch Stecklinge zu vermehren und als Pfropfunterlage zu benutzen. — C. s p e c i ö s a Ait. (Fig. 1694). Bis 2 m hoher Strauch mit breit»eiförmigen bis lanzettlichen, unterseits hellfilzigen Laubblättern und roten, weissen oder gelblichgrünen (var. v i r e n s [Sm.] Engl.) Blüten. Heimisch an den Küsten von Neu* südwales bis Tasmanien und über Süd» bis Westaustralien. Seit langem in Kalthäusern und als Zimmerpflanze in zahlreichen Varietäten ge» zogen. — Die Tribus der Diösmeae besitzt stets einfache Laubblätter und nährgewebelose Samen. Die wichtigste ihrer Gattungen ist B a r ö s m a 2) Willd., deren 15 strauchige Arten mit meist gegen» ständigen, lederartigen, flachen oder am Rande zurückgerollten, ganz» randigen oder drüsig gekerbten Laubblättern und weissen oder roten, einzeln oder zu 3 bis mehr zusammenstehenden Blüten mit sitzenden Blütenblättern, langem Griffet und einfacher Narbe im Kapland heimisch sind. Eine Anzahl davon, z. B. B. s e r r a t i f ö l i u m (Curt.j Willd., B. c r e n u l ä t u m (L.) Hook. (1774 in botanische Gärten von England eingeführt) und B. b e t u l i n u m (Thunb.) Bartl, lieferten früher die officinellen, pfefferminzartig schmeckenden Bucco»Blätter, die gegen Nieren» und Harnleiden angewandt wurden und deren Be» standteile das reichlich vorhandene Glykosid Diosmin ( = Barosin, = • Hesperidin), Harz, ätherisches Oel (Buccusblätteröl, = Öleum Büccu Foliörum) mit 50°/o Diosphenol usw. sind (Näheres bei T s c h i r c h j Pharmakognosie). Als Zimmerpflanze gezogen findet sich seit langem B. f o e t i d i s s i m u m Bartl, et Wendland. Bis 60 cm hoher Strauch mit gedreit stehenden, quirlständigen, selten gegenständigen, länglich, linealen bis linealen Laubblättern, doldig angeordneten, 5»zähligen Fig. 1693. B o r o n i a e l a t i o r Bartl, a Blühendes Blüten mit weissen Kronblättern und zusammengedrückten, ge» Zweigstück, b Blüte, c Blüte mit entfernten scbnäbelten, drüsig punktierten Teilfrüchten. — Eine grössere Reihe Kronblättern. von Kalthauspflanzen entstammen der Gattung A g a t h ö s m a *8) Willd. Aufrechte Sträucher mit meist kleinen, schmalen, dichtstehenden, oft fast schuppigen Laubblättern und meist in endständigen Dolden oder Köpfchen vereinigten, seltener einzeln in den Blattachseln stehenden, kleinen, weissen, roten oder lila gefärbten Blüten mit genagelten Kronblättern. Die Gattung ist mit etwa 100 Arten in Südafrika verbreitet und findet sich in einzelnen Vertretern in unseren Gewächshäusern oder als Dekorations» pflanze. Aus deren Zahl seien genannt: A. i m b r i c ä t u m Willd. Etwa 1 m hoher Strauch mit zugespitzten, eiförmigen, gewimperten oder behaarten Laubblättern, kurz fadenförmigen Staminodien und rundlichen, in einen haarförmigen Nagel zusammengezogenen Kronblättern. Heimisch in den Gebirgen des südwestlichen Kaplandes. Seit 1774 in Kultur. — A. a p i c u l a t u m G. F. W. Meyer. Laubblätter eiförmig, fast herzförmig, in eine borstige Spitze auslaufend. Staminodien kurz, dicklich, mit einer Drüse am Ende. — A. l a n c e o l ä t u m x) Benannt nach dem Portugiesen José Francisco C o r r e a de S e r r a (1751 bis 1823), Verfasser ver« schiedener botanischer Schriften. 2) Abgeleitet von ß a Q vs [barÿs] = der Laubblätter.

schwer und

8) Von u ya& o ; [agathös] = gut und oa/urj [osmé] =

[osmé] = Geruch.

Geruch; wegen des starken Duftes

50 (L.) Engl. ( = A. rugösum [Thunb.] Link). Etwa 3 bis 4 m hoher Straudi mit länglich;eiförmigen oder lanzetllichen, gewimperten, oben querrunzeligen Laubblättern und in Dolden angeordneten Blüten, deren Staminodien so lang oder länger sind als der Kelch. Im Kapland in zahlreichen Varietäten verbreitet und seit 1790 in Europa in Kultur. — A. c i l i ä t u m Link. Von der vorigen Art durch eiförmig-lanzettliche oder lanzettliche, flache, am Rande zurüdegekrümmte und gewimperte Laubblätter unterschieden. Heimisch auf dem Tafelberg; in Kultur seit 1774. Eine Form mit behaarten Blütenstielen (f. h i r tu m Fr. Zimmermann) wurde in Mannheim beobachtet. Weitere kultivierte Arten gehören den nahverwandten Gattungen A d e n ä n d r a 1) Willd. und C o l e o n e m a 8) Bartl, et Wendl. an, deren Blüten kurze Griffel mit kopfiger oder scheibenförmiger Narbe und stets kahle Kronblätter besitzen. Erstere Gattung zeichnet sich durch sitzende Kronblätter aus. A d e n ä n d r a 1) u m b e l l ä t a Willd., ein 30 bis 60 cm hoher Strauch mit länglich-linealen bis linealen, schwach gewimperten, unterseits reichlich punktierten Laub» blättern und kurz gestielten Blüten mit oberseits weissen, purpurn gestrichelten, unterseits rötlichen, verkehrt»eiförmig» elliptischen Kronblättern wurde 1790 eingeführt und wird häufig in Töpfen gezogen. — A. f r ä g r a n s Röm. et Schult., durch langgestielte Blüten mit breit-elliptischen, oberseits weissen, unterseits rötlichen oder roten Kronblättern und ganz kahle Laubblätter unterschieden, fand 1812 Eingang nach Europa. W eitere kultivierte Arten sind A. a mo e n a Bartl, et Wendl. (1798 eingeführt), A. u n i f l ö r a Willd. (1775 eingeführt) und A. r o t u n d i f ö l i a Eckl. et Zeyh. V on den 4 durch genagelte Kronblätter von der vorigen Gattung verschiedenen C o l e o n e m a 2*)» Arten des südwest» liehen Kaplandes finden sich häufiger in den Kalthäusern: C. ä 1« b u m Bartl, et Wendl. 30 bis 60 cm hoher Strauch von ericoider Tracht. Laubblätter mit gerader, stechender Spitze. Krön» blätter weiss. — C. p ü l c h r u m Hook. Kräftiger Strauch mit rutenförmigen Aesten. Kronblätter schön rot. — D i ö s m a 8) L., von allen zuvor genannten Gattungen der Tribus durch den Mangel staminodialer Staubblätter unter­ Fig. 1694. C o r r e a s p e c i o s a Ait. a Blütenzweig. schieden (bei den anderen 5 fertile und 5 staminodiale), b Kronblattröhre aufgeschnitten, c Kelch angeschnitten mit bewohnt mit etwa 12 Arten das Kapland, wo die Laub­ Fruchtknoten. blätter gegen Harnkrankheiten verwendet werden. Des Duftes wegen findet sich seit langem in Gärten und in Zimmern (namentlich auf Dörfern) gezogen D. v u 1g ä r i s Schlechtend., ein kleiner Strauch mit gekielten, linealen, pfriemlich»zugespitzten, gesägten und gewimperten Laub» blättern und in doldenartigen Blütenständen angeordneten, weissen öder rötlichen, 5»teiligen Blüten. Blüht das ganze Jahr hindurch. Die meisten sonst im Gebiet gezogenen „Di o s m a “»Arten gehören Jedoch verwandten Gattungen an. — E m p l e ü r u m 4*) e n s ä t u m (Thunb.) Eckl. et. Zeyh. Bis 1 m hoher, kahler Strauch mit rutenförmigen, rötlichen Zweigen und lineallanzettlichen, flachen, drüsig gesägten Laubblättern, kleinen, gestielten, kronblattlosen, zu 1 bis 3 in den Blattachseln gehäuften Blüten und lanzettlicher, gerader, geschnäbelter, seitlich zusammehgedrückter Frucht. Die Laubblätter dieser allein stehenden kapländischen Art kamen früher als lange Buccu-Blätter in den Handel. — Die dem tropischen Amerika eigene Tribus der C u s p a r i e a e zeichnet sich durch strahlige oder in der Blütenkrone und dem Andröceum zygomorph gebaute Blüten und durch einen gekrümmten Embryo aus. Wichtig sind: P i l o c ä r p u s 6) Vahl, eine etwa 13 im Verbreitungsgebiet der Tribus lebende Arten umfassende Gattung. Kleine Bäume oder Sträucher mit an der Spitze dicht beblätterten Zweigen und abwechselnden oder paarweise sehr ge» x) Abgeleitet von aS v v [adän] = Drüse und avrjQ [aner] = Mann, Staubblatt. *) Von xoXsog [koleös] = Scheide und vr^a [nema] = Faden. Die Kronblätter besitzen einen ge» furchten (scheidenartigen) Streifen, in dem oft die Staubblätter eingeschlossen sind. *) Die Gattung zeichnet sich durch hohen Wohlgeruch aus: dioa/uog [diosmos] = 4) Zusammengesetzt aus ev [en] = in und n ’kevQov [pleüron] = löst sich hautartig ab.

herrlich duftend.

Rippenfell; das knorpelige Endokarp

*) Gebildet aus nl'kog [pilos] = Filz, Wolle und xagnog [karpös] = Frucht.

51 näherten oder gegen» oder quirlständigen, krautigen oder fast lederartigen, einfachen oder unpaarig gefiederten Laub» blättern. Blüten klein, mit 4» bis 5»lappigem Kelch, abstehenden, lederartigen, eiförmigen oder eilanzettlichen Kronblättern und 1 bis 5 2»klappig aufspringenden Früchten. Die Laubblätter mehrerer Arten liefern die offizinellen F ö l i a J a b o r ä n d i 1) oder F. P i l o c a r pi , die innerlich als schweisstreibendes, Rheumatismus, Asthma und Fettsucht linderndes, Verdauung und Speichelfluss förderndes Mittel und äusserlich zur Förderung des Haarwuchses und in der Augenheilkunde als Pupillen verkleinerndes Mittel Anwendung finden. Die wirk» samen Stoffe derselben sind : Pilocarpin (ein 2=fach hydroxyliertes Methylnicotin [schweisstreibend und Speichelfluss» fördernd]), Pilocarpidin, Jaborin (mit atropinartiger Wirkung), Jabordin, ätherisches Oel (grösstenteils aus Pilo» carpen bestehend), Gerbstoff, Oxalate usw. Die Droge wird 1648 das erstemal bei P i s a und M a r c k g r a f f (Historia naturalis Brasiliae) erwähnt, fand aber erst 1873 in Europa als schweisstreibendes Mittel Eingang. Sie kann nach H. Z ö r n i g von allen Arten der Gattung stammen; doch scheinen die Laubblätter von P. p e n n a t i f ö l i u s Lam. (Fig. 1695), P. S e l l o ä n u s Engler und P. p a u c i f l ö r u s St. Hil. in erster Linie in Europa medizinisch verwendet zu werden. — Nahe verwandt, aber durch kapselförmige, zuletzt fachspaltige Teilfrüchte verschieden, ist die Gattung E s e n b é c k i a 2) H. B. et Kth. mit dicht» belaubten Zweigen und einfachen oder gedreiten Laubblättern. Die Rinde von E. f e b r i f ü g a A. Juss. aus dem östlichen Brasilien und E. i n t e r m é d i a Mart, von den Bergen um Rio de Janeiro werden als Augostüra Brasiliénsis» oder Quina»Rinden gegen Dispepsie, Magen» schwäche und Wechselfieber, bisweilen aber auch zur Verfälschung der Cortex Augosturae verus (vgl. unter Cuspäria trifoliata) verwendet. In der Rinde der ersteren Art (auch als Cörtex Esenbéckiae febrifügae bezeichnet) finden sich 2 verschiedene Bitterstoffe, ferner Chinovin, Chinovasäure, Evodin usw. — G a l i p é a * ) j a s m i n i f l ö r a (St. Hil.) Engler, ein Holz» gewächs mit gedreiten, dünnen, freudiggrünen Laubblättern und trichterförmiger Kronröhre, liefert eine bittere, zusammenziehend wirkende Rinde, die als Ersatz für Chinarinde dienen kann. G. o f f i c i n ä l i s Hancock vom Orinokko, soll nach mancher Ansichten die echte Stamm» Fig. 1695. P i l o c a r p u s p e n n a t i f ö l i u s Lam. a Blühender Zweig, b Blüte pflanze der Cörtex Augosturae sein. — In c Längsschnitt durch die Blüte, d Laubblatt, e Querschnitt durch ein Laub­ blatt. / Epidermis der Blattunterseite, g Teilfrucht, h Längsschnitt durch Warmhäusern findet sich bisweilen der eine den Samen (e bis h nach A. E n g le r ). oder andere Vertreter der 3 die tropisch« südamerikanische Gattung E r y t h r o c h i t o n Nees et Mart, bildenden Arten. Kleine Bäumchen mit kurz» gestielten, am Ende der Stämmchen zusammengedrängten, krautigen, lanzettlichen, nach dem Grunde keil» förmig verschmälerten Laubblättern und grossen, in endständigen Büschen stehenden, Sympetalen, weissen oder roten Blüten, deren Staubblätter fast in ihrer ganzen Länge mit der Kronröhre verwachsen sind. Hervorzu« heben ist, dass bei E. h y p o p h y l l ä n t h u s Planch. et Linden aus den Quabrandos von Columbien die Blüten» stände den Mittelrippen der Laubblätter scheinbar angewachsen sind.— C u s p ä r i a t r i f o l i a t a (Willd.) Engler, ein 20 bis 25 m hoher Baum mit angenehm aromatisch duftenden, lang gestielten Laubblättern und in Rispen stehenden, kurzröhrigen Blüten mit tief geteiltem Kelche und freien Teilfrüchten, ist nach H u m b o l d t und B o n p » x) Name schweisstreibender Mittel in Brasilien. 2) Benannt nach N e e s von E s e n b e c k , einem durch zahlreiche botanische Schriften bekannten Botaniker, geb. 1776 auf dem Reichenberge bei Erbach im Odenwalde, gest. 1858 als Professor zu Breslau. s) Nach den G a l i p o ns genannt, einem Indianerstamm in Guayana.

52 l a n d die Stammpflanze der Cörtex Augostürae verae, die früher als vorzügliches Fiebermittel galt, gegen» wärtig aber fast ganz ausser Gebrauch gekommen ist. Hingegen dient sie viel als Bittermittel für die Herstellung von Likören. — M o n n i e r i a L., eine von Bahia bis Columbien in 2 Arten vertretene Gattung, ist eines der seltenen Beispiele für das Auftreten l»jähriger Arten bei den Rutaceen. M. t r i f ö l i a L., eine Waldschlagpflanze, besitzt scharf aromatisch riechende Wurzeln, die als vorzügliches harntreibendes Mittel gelten. — Zur Unterfamilie der Dictyolomoideae gehört nur die durch 2 kleine Baumarten mit doppelt gefiederten Laubblättern, bis zur Hälfte verwachsenen Kronblättern und geflügelten, nierenförmigen Samen ausgezeichnete Gattung D i c t y o l ö m a DC. vom östlichen Peru und einigen Teilen Brasiliens. — Die Unterfamilie der Flindersioideae umfasst die beiden Gattungen F l i n d e r s i a R. Br., mit 10 Arten im tropischen Ostaustralien, 1 auf Neukaledonien und 1 auf Ceram, und C h l o r ö x y l o n DC., mit nur einer einzigen Art in Vorderindien und auf Ceylon. Erstere besteht aus Sträuchern oder Bäumen mit meist unpaarig gefiederten Laubblättern, dachigen, freien Kronblättern und 3 » fächerigem Frucht» knoten. Die australische F. A u s t r a l i s R. Br., ein bis 20 m hoher Baum, liefert das Mao» oder australische Teak» holz, das aber bei der Verarbeitung die Haut reizen soll. Ebenso stammt von der auf den Molukken heimi» sehen F. A m b o i n e n » s i s Poir. ein sehr wert» volles Holz. — Ch l o r » öxylon Swietenia DC., von voriger Gat» tung durch klappige Kronblätter und 3»fä» cherigen Fruchtknoten unterschieden,besitzt ein Fig. 1696. P t e l e a t r i f o l i a t a L . a Blütenzweig, b Fruchtzweig, c Zweig im Winterzustand, d Winterknospe. grünlich»gelbes, festes, unter dem Namen Indisches Seiden» oder Atlasholz in den Handel kommendes, aber wegen des Gehaltes an Chloroxylonin (einem Alkaloid) ebenfalls hautreizend wirkendes Holz. Das reichlich aus der Rinde ausfliessende Harz findet in Indien Verwendung. — Die Unterfamilie der Spathelioideae wird von der einzigen Gattung S p a » t h e l i a L. mit 2 hohen Baumarten auf den Gebirgen der Grossen Antillen gebildet. — Die umfangreiche Unter» familie der Toddalioideae besteht aus der in 3 Subtribus zerfallenden Tribus der T o d d a l i e a e . Zu den P t e l e i n a e mit 4» bis 2»fächerigen und 4» bis 2»flügeligen Trockenfrüchten gehört vor allem die in Gärten ver» tretene Gattung P t el e a1) L., Lederblume, engl..- Hop Tree, welche mit 7 miteinander sehr nahe verwandten Arten im gemässigten Nordamerika verbreitet ist und sich durch starken Duft bemerkbar macht. Am häufigsten ist wohl migepflanzt: P. t r i f o l i ä t a L. Fig. 1696. 1,5 bis 5 m hoher Strauch mit nur anfänglich behaarten, ± oliv» bis zimmetbraunen jungen, später grauen Trieben. Laubblätter gestielt, 3»zählig; Blättchen sitzend, eiförmig» länglich, ganzrandig oder undeutlich gekerbt»gezähnt, das mittlere bis 10 cm lang, nach unten verschmälert, oberseits tiefgrün, kahl, unterseits hellgraugrün, zuletzt nur auf den Nerven mit (denen von Dictamnus alba ähnlichen) Deck» und Drüsenhaaren besetzt. Blüten in doldenähnlichen Rispen, klein, unvollständig 2»häusig, 4» bis 5» zählig. Kelchblätter am Grunde verbunden. Kronblätter länglich, die Kelchblätter 3 bis 4 mal überragend, grünlichweiss, aussen kurzhaarig. Staubblätter am Grunde des Gynophors entspringend, mit weichhaarigen, ober» seits zugespitzten Staubfäden, in den weiblichen Blüten zurückgebildet, kurz und mit fehlschlagenden Staub» beuteln. Fruchtknoten der männlichen Blüte verkümmert und unfruchtbar, in den weiblichen Blüten auf einem kurzen Gynophor, flach zusammengedrückt, geflügelt, 2=fächerig, in jedem Fache mit 2 aufsteigenden Samen» anlagen. Griffel kurz; Narbe flach»kopfförmig. Frucht kreisrundlich, flach gedrückt (wie bei den Ulmen), etwa 2 bis 2,2 cm lang und 1,8 bis 2,9 mm breit, erhaben netzig»nervig, ringsum breit geflügelt, i reichlich drüsig und nach Hopfen duftend. Samen in jedem Fache 1, länglich, zusammengedrückt, mit dünner, lederiger, glänzend schwarzer Schale. — VI. Heimat •. Atlantisches Nordamerika von Long Island bis Florida. Seit 1704 in den europäischen Gärten gezogen, bisweilen verwildernd und in Gebieten mit ± ozeanischem Klima anscheinend

r) Abgeleitet von

m e lz a

[ptelea], dem Namen der Ulmen bei den Griechen; wegen der ähnlichen Früchte.

¥

53

stellenweise völlig eingebürgert, so z. B. im nordostdeutschen Flachland (Baumgartenbrück, Potsdam, Rheinsberg, Pforten usw.), ferner in Niederösterreich im Prater bei Wien. Zu dieser Art gehören vielleicht einige der kultivierten buntblätterigen Formen. Die aromatisch bitteren Flügelfrüchte, die D i n g l e r zu seinem Haupt» typus der konvex scheibenförmigen Flugorgane (wie Paliurus aculeatus und Dianthus glacialis) stellt, dienen bisweilen als Hopfenersatz, Laubblätter und Schösslinge als Wurmmittel. A end ertab : var. p u b é s c e n s Pursh ( = P. möllis auch). Junge Triebe reichlich behaart, im 2. Jahre i glänzend tief kastanienbraun. Laubblätter oberseits olivgrün, unterseits deutlich grau oder grauweisslich, fein weich behaart. Die Gattung ist bereits aus dem europäischen Tertiär bekannt. — Zur Subtribus der T o d d a l i i n a e mit 5» bis 12=fächerigen, durch -j- fleischiges Exocarp ausgezeichneten Steinfrüchten gehören: P h e l l o d é n d r o n 1) Rupr. Korkbaum. Kahle Bäume mit gegenständigen, unpaarig 5» bis 11 »zählig gefiederten Laubblättern und grünlichen, kurz gestielten, am Ende der Zweige in end» und achselständigen Rispen stehenden Blüten. Von ihren etwa 4 ostasiatischen Arten findet sich am häufigsten in Kultur: P. A m u r é n s e Rupr. Bis 12 m hoher Baum mit grauer, dicker Borke und hellorangebraunen, kahlen, l»Jährigen Zweigen. Laubblätter bis 35 cm lang; Fiederblättchen ober» seits glänzend grün, unterseits ± lebhaft hell» graugrün und dauernd behaart. Frucht bis 5 cm lang gestielt, meist deutlich breiter als hoch. — VI. Ein Baum der Flussniederungen des Amurgebietes, der Mandschurei und der nördlichen Mongolei, der oft mehrstämmig wird und sich durch seine breit aus» ladende Krone sehr als Gartenschmuck eignet. Lieber die 3 anderen, offenbar nur schlecht abgegrenzten Arten: P. S a c h a l í n é n s e Sarg., P. J a p ö n i c u m Maxim. (1902 eingeführt) und Ph. C h í n e n s e vgl. C.K . S c h n e i d e r (Handbuch der Laubholzkunde). P. A m u r e n s e liefert ein geschätztes, bräunlichgrünes, hartes Möbelho lz. — EssbareFrüchte liefern die beiden, einander nahe verwandten Gattungen S a r g é n t í a Wats, und C a s í m í r ó a Llav. et Lex., erstere einen Fig. 1697. S k im m ia F o r t u n e i Mast, a Blühender Zweig, b Zweig mit Früchten, c Blüte, d Samen, e Querschnitt durch den Samen. gelappten Fruchtknoten und in Jedem Fruchtfach 2 Samen zeigend, letztere mit ungelapptem Frucht» knoten und nur je 1 Samen. S a r g e n t í a ist monotypisch und mit S. G r é g g í í Wats., einem bis 13m hohen Baume mit glatter, in Platten abspringender Borke auf kleine Gebiete Mexikos beschränkt. Die Frucht ist gelb und besitzt ein dünnes, fleischiges Endokarp und ein krustiges Exokarp. C a s í m í r ó a umfasst 4 baumförmige Arten mit langgestielten, fast lederigen, gefingerten Laubblättern, die in Mittelamerika heimisch sind und von denen die an ihren gestielten Fiederblättchen kenntliche C. e d ü l i s Llav. et Lex. die wichtigste ist. Ihre hühnerei» grossen Früchte zeigen eine grünliche Schale und ein saftiges, gelblichweisses Fruchtfleisch von birnenartigem Geschmack. Sie enthalten das Glykoalkaloid Casimirin und sollen einschläfernd wirken. Die Laubblätter werden gegen Durchfall verwendet. — T o d d á l í a a c u l e á t a Lam., ein Beispieleines Kletterstrauches mit abwechselnd stehenden, 3»teiligen Laubblättern, l»geschlechtigen, 5»gliederigen Blüten und kugeligen, orangefarbenen Stein» früchten, besitzt an den Zweigen gekrümmte, später durch Korknachschub zu Höckern auswachsende Stacheln und bewohnt die Gebirge Ostafrikas, die Maskarenen, Comoren, Madagaskar, das tropische Asien von Vorder» indien und dem Himalaya bis China und die Philippinen. — S k i m m i a 2) J a p ó n i c a Thunb. Völlig kahler Strauch mit grünlichen Zweigen. Laubblätter einfach, ganzrandig, dicklederig, oberseits glänzend hell» oder gelbgrün, 2 bis 2,5 cm lang und 1 cm breit, unterseits ± lebhaft hellgrün. Blüten 4» bis 5»gliederig, meist getrennt geschlechtig, gelblichweiss, wohlriechend, in endständigen Rispen stehend. Steinfrucht korallen» oder leuchtend scharlachrot, mit 2» bis 4»knorpelígen, 1»sämigen Steinkernen. Heimat: Japan, Sachalin und Zentral» China. Seit 1860 in Europa. Nicht selten in Kalthäusern und in geschützten, warmen, aber nicht sonnigen Gärten gezogen. Die weibliche Pflanze wird als S. o b l ä t a Moore bezeichnet. Weniger häufig sind: S. F o r t u n é í Mast. (Fig. 1697). Laubblätter oberseits dunkelgrün. Blüten fast stets zwitterig, weisslich. Frucht dunkel karmoisin» rot. 1849 aus Szetschuan eingeführt. — S. L a u r é o l a Sieb, et Zucc. mit stets 5»gliedrigen, übelriechenden Blüten und (wie S. J a p ó n i c a ) hellgrünen, aber sehr schmallanzettlichen Laubblättern; aus Afghanistan, Sikkim und Khasia. — Von der Subtribus der A m y r i d i n a e , mit l»samigen Steinfrüchten, besitzt die mit 10 Arten im mittleren Amerika verbreitete Gattung A m y r i s L. eine gewisse Bedeutung. Das balsamduftende Holz der A. *) Zusammengesetzt aus cpellög [phellós] = Kork und dévÓQov [déndron] = Baum, also Korkbaum; wegen der plattenartigen Borke. 2) Skimmi ist der Japanische Name einer schädlichen Frucht.

54 b a l s a m í f e r a L. (Westindisches Sandei» oder Rosenholz, rose wood) dient zn Räucherzwecken und seiner Festigkeit wegen zu Bauten. Man gewinnt ferner aus ihm ein ätherisches Oel (Oleum Sántalí ex india occi» dentäli), das den Sesquiterpenalkohol Amyrol enthält. Das Harz besitzt medizinische Bedeutung. — Zu der den wärmeren Gebieten der Alten Welt (namentlich Südasien, weniger Australien und Afrika) eigenen Unter» familie der Aurantioideae gehören als einzige Tribus die 14 Gattungen umfassenden Aurantfeae. Sie gliedern sich in die beiden Subtribus der L i m o n i i n a e mit nur 2 oder 1 Samenanlage in jedem Fruchtknotenfach und der C i t r í n a e mit mehr als 2 (meist vielen) Samenanlagen. Zu ersterer zählt u. a. die Gattung M u r r á y a ‘)L. mit etwa 4 im Indo=malayischen Gebiete lebenden Arten, von denen M. e x ó t i c a L. ihrer wohlriechenden, weissen Blüten wegen eine häufige Heckenpflanze der Tropen darstellt, bisweilen aber auch im Gebiet in Gewächs» häusern anzutreffen ist. — M. p a n í c u l á t a Jacq. besitzt ein festes, hellgelbes Holz (eine Art von Satin» oder Atlasholz), das für Schnitzarbeiten geschätzt ist. Ihre wohlriechende Rinde dient kosmetischen Zwecken. — M. K o e n í g í í (L.) Spreng, liefert mit ihren unangenehm duftenden Laubblättern in Indien eine Speisewürze. Rinde und Wurzel werden als tonisches und magenstärkendes Mittel benutzt. — C l a u s é n a Burm., mit 10 Arten im Indo»malayischen und 3 Arten im tropischen und südlichen Afrika vertreten und aus Bäumen oder Sträuchern mit unpaarig gefiederten Laubblättern und kleinen, in Rispen stehenden, weissen oder grünlichweissen Blüten bestehend. Ihrer pflaumengrossen, wohlschmeckenden Früchte wegen wird die wahrscheinlich ursprünglich chinesische C. W á m p i i Bl. ( = Cöokia punctata Sonnerat) auf Java, Mauritius, in Ostindien, sowie in ihrem mutmass» liehen Heimatlande viel kultiviert. Die anisduftenden Laubblätter dienen medí» zíníschen Zwecken. Auch C. A n í s u m « ó l e u m (Bl.) Merill. von den Philip» pinen besitzt stark anisduftende Laubblätter. Auf den Philippinen wird der Zigarettentabak damit parfümiert. Sie enthalten 1,16 °/o ätherisches Oel (mit 90 bis 95°/o Methylchavicol). — Die ostindísch«tropísch»afríkanísche Gattung L im ó n i a (Burm.) L. mit gedreiten oder gefiederten Laubblättern auf ge» flügeltem Blattstiel und 4» bis 5»teiligen Blüten besitzt einige Arten mit essbaren Früchten. Diejenigen von L. a c í d í s s í m a L. dienen getrocknet als tonisches Mittel und als Gegengift bei Schlangenbissen. Die Wurzel wirkt schweisstreibend ; die Laubblätter sollen gegen Epilepsie angewandt Fig. 1698. Geflügeltes Laubblatt der werden. — Die monotypische, durch 3» bis 4»teilige Blüten und stets ge» Orange. — a Längsschnitt durch eine Dop­ dreite Laubblätter von der vorigen Gattung geschiedene T r i p h ä s i a pelfrucht der Orange (nach W e tt s t e in ) . A u r a n t i o l a Lour. liefert wohlschmeckende, kirschgrosse Früchte und wird b Safthaltige Haare (Emergenzen). auch der angenehm duftenden Laubblätter wegen sowohl in ihrer vorder» indischen Heimat als auch in weiten Gebieten der Tropen gepflanzt. — Die an den ungeteilten Laubblättern kenntliche Indo=malayische Gattung A t a l á n t í a *2) Correa besitzt in A. m o n o p h y l l a einen Baum mit ähnlich dem des Buchsbaumes verwendetem, gelblichem Holze. Das aus den Früchten gepresste Oel gilt in Ostindien als heilkräftig gegen Rheumatismus. Das Holz der A. m í s s í ó n í s (Wight) Oliv, wird zum Fournieren benutzt. — Zu der Subtribus der C i t r i n a e gehören: F e r ó n í a e l e p h á n t u m Correa, der Vertreter einer tropisch» vorderasiatischen Gattung, mit unpaarig gefiederten, 2»paarigen, lederartigen Laubblättern und kräftigem, bis 30 cm dicken Stamm, dessen gelbliches, hartes Holz viel verwendet wird. Das aus der Rinde ausschwitzende Harz bildet einen Teil des „Ostindischen Gummi arabicum“ (Feronia.Gummi). Die saure Pulpa der 5 bis 6 cm dicken, kugeligen Frucht wird zu Gelée verarbeitet. Die anisartig duftenden Laubblätter und Blüten sind als Magenmittel geschätzt. — A e g l e Correa, mit 2 Arten im tropischen Asien und einer weiteren im tropischen Westafrika. Das Holz von A. M a r m é l o s (L.) Correa dient als Werkholz. Die getrocknet durchsichtige Pulpa wird gegen Durchfall, zu Limonaden und Confitüren, ferner auch als Zusatz zu Mörtel, namentlich bei Brunnen» bauten benutzt. Aus den Fruchtschalen werden Schnupftabakdosen hergestellt ; aus den Blüten wird ein wohlriechen» des Parfüm gewonnen. Rinde und Wurzel gelten als Heilmittel gegen Verdauungsbeschwerden und Unter» leibsleiden. — Die wichtigste Gattung der Subtribus und gleichzeitig der ganzen Familie ist C i t r u s * ) L., welche die Stammpflanzen der Apfelsinen (Orangen), Zitronen, Mandarinen, Bergamotten usw. umfasst und deren x) Benannt nach J. A. M u r r a y (1740 bis 1791), einem Schüler von L i n n é , zuletzt Professor der Medizin und Botanik zu Göttingen. 2) A t a l a n t e , in der griech. Mythologie die schöne Tochter des Königs Schoineus von Böotien. Sie wurde von Hippomenes durch g o l d e n e A e p f e l überlistet (vgl. pag. 56). 8) Die Ableitung des lat. citrus = Zitronenbaum, einer Entstellung von cedrus = Zeder (griech. xéâçoç [ké» dros])ist unsicher. Die Alten bezeichneten damit ursprünglich alle Coniferen (nicht nur die Ceder) und sollen das Wort später wegen der ähnlichen mottenfeindlichen Wirkung des Citrus»Holzes auf den Zitronenbaum übertragen haben. Bei T h e o p h r a s t führt der Baum den Namen [¿rjdixóv [¿rjhov, bei D i o s k u r i d e s fj,r¡dixóy, bei G a 1 e n x ít q io v . Bei den Römern heisst er malum medicum s. Assyricum, citrium malum, citria usw. Grössere Wahrschein»

55 Kulturformen gegenwärtig als A g r ú m e n (Agrumi) bezeichnet werden, ein Name, der ursprünglich auf ver­ schiedenartige ölhaltige Früchte (z. B. Zwiebeln) angewandt wurde. Sträucher oder kleine Bäume mit wechselständigen, auf berandeten oder geflügelten Stielen (Fig. 1698) stehenden, einfachen, selten 3-zähligen, eiförmig-ellip­ tischen bis lanzettlichen, ganzrandigen oder unregelmässig gekerbten oder gesägten, immer» oder sommergrünen Laub­ blättern und mit oder ohne den Axillarsprossen angehörigen Blattdornen (Fig 1701 a, b). Blüten einzeln oder meist in mehrblütigen, blattachselständigen, seltener auch an den Zweigen endständigen Doldentrauben, zwitterig oder durch Abort männlich, meist stark wohlriechend. Kelchblätter 3 bis 5, meist zu einem 3- bis 5-zähnigen Becher oder Krug verbunden. Kronblätter 4 bis 8, lineal-länglich, dicklich, weiss oder rötlich, drüsig, in der Knospenlage dachig. Staubblätter selten 5, meist 20 bis 60, in 2 Kreisen, einem äusseren mit meist einfach bleibenden, vor den Kelchblättern stehenden Staubblättern und einem inneren mit durch Spaltung meist stark vermehrten, vor den Kronblättern stehenden Staubblättern x) ; Staubfäden frei oder verbunden, lanzettlich, in eine Pfriemenspitze auslaufend; Staubbeutel länglich, pfeilförmig, mit nach innen gerichteten Längsspalten. Diskus dick, polster-

gestellt von Dr. H. B e g e r .

oder ringförmig. Fruchtknoten 5- bis vielfächerig, mit 4 bis 8, in 2 Reihen stehenden Samenanlagen. Frucht eine kugelförmige bis längliche, an den Enden abgestumpfte, runde oder an der Spitze zitzenförmig vorge­ zogene B e e re ; Exocarp dünn bis ziemlich dich, reich an mit ätherischem Oel gefüllten Drüsen; Endocarp schwammig; Scheidewände häutig und spaltbar; Pulpa sehr saftreich, aus Auswüchsen (Emergenzen) der Fachwand hervorgehend und Saftsäcke (Fig. 1698) darstellend. Samen wenige, wagrecht oder schräg ab­ steigend, mit derber, lederiger, weisser Schale, oft mit mehreren Keimlingen. Keimling mit ungleichen, plankonvexen Keimblättern und aufrecht gekehrtem Stämmchen. — lieber die Heimatsgebiete der Gattung (Fig. 1699) stimmen die Ansichten der verschiedenen Forscher insofern überein, als die Ursprünglichkeit im wärmeren Asien (Indien, Malayischer Archipel, Cochinchina, China) und Australien kaum bestritten wird. S c h w e i n f u r t h fügt diesen Ländern noch die Erythraea und Sokotra hinzu, wo er zweifellose Wildformen lichkeit besitzt die Herleitung aus einer orientalischen Sprache. Eine Verbindung ist nach T s c h i r c h denkbar mit dem ind. chitra ( = ausserordentlich, buntgefleckt, wundervoll), das seinerseits vielleicht aus dem (hin. kü-kiuh abzuleiten ist (Nach E n g l e r ist zu beachten, dass die Zitrone in Indien heimisch sein könnte, bevor die Inder ihre Kultur von China übernahmen). An die Bezeichnung kü, die schon im 8. vorchristlichen Jahrhundert von den Chinesen zur Bezeichnung von Citrusarten verwendet wurde, könnte die indische Hauptwortsbezeichnung tra getreten sein, also kü-tra. Dieses Wort ist dann über das koptisch-arabische gitre in xixqov gewandelt worden, sodass der Gleichklang mit xedgog nur äusserlich ist. Weiterhin könnte die Etymologie noch in V er­ bindung gebracht werden mit dem persischen torong, dem chaldischen etrog, etrogin, dem arabischen ottrog und dem spanischen toronja. l) Diese Auffassung wird von P e n z i g , O. (Studj botanici sugli agrumi e sulle piante affine. Roma, 1887) vertreten. Die Blüte ist demnach diplostemon, nicht isostemonisch, wie häufig angegeben wird.

56 von Pomeranzen und Zitronen feststellen konnte. Neuerdings ist von L o r e n t z auch in Neu»Guinea eine neue Art (C. g r a n d i f 1ó r a) entdeckt worden. In den Mittelmeerländern, wo die Agrumen heute zu einem untrennbaren Bestandteil des Landschaftsbildes geworden sind („Kennst du das Land . . .“), ist keine ihrer Arten ursprünglich heimisch; es sind wie Agave Americana, Opuntia Ficus Indica pseudo«mediterrane Charakter« arten, wenn auch der Phantasie des Nordländers die Hesperidenbäume mit den goldenen Aepfeln als Sinnbild des sonnigen Südens vorschweben, Herkules bereits die Früchte der Hera vom Atlas geholt haben soll, Atalante sich durch die aphrodisischen Aepfel im Wettlauf mit ihrem schönen Freier aufhalten liess und schon die Juden das Paradies sich mit solchen Bäumen bevölkert dachten (Baum der Erkenntnis „Paradiesapfel“). Die Griechen hörten erst durch den Zug Alexanders nach Medien von dem immerblühenden Wunderbaume und lernten seine Kultur durch persische Gärtner kennen. Als erste Art wurde von T h e o p h r a s t eine Form der Zitrone beschrieben, die eine warzige Oberhaut, dicke Schale und kaum sauer schmeckendes Frucht» fleisch besass. Diese Zitrone kann nicht mit der Frucht identisch sein, die wir gegenwärtig in der Regel mit diesem Namen belegen und wissenschaftlich als C. medica L. subsp. Limonum (Risso) Hook. f. bezeichnen. Sie fand bei den Mittelmeervölkern rasch Eingang und galt zunächst als Atem reinigendes und Motten vertreibendes Mittel. P l i n i u s schreibt ihr ferner eine giftfeindliche Wirkung zu. A t h e n a e o s aus Naukratis in Aegypten berichtet sogar über den in weiten Kreisen verbreiteten Aberglauben, dass sie, wie man durch Versuche an Verbrechern habe feststellen wollen, gegen Schlangengift unbedingt fest mache. In Kübeln gezogen spielte dieser, vielleicht in der Kultur allmählich sich wandelnde Zitronenbaum anderthalb Jahrhunderte nach Plinius bereits eine bedeutende Rolle als Schmuck der römischen Gärten und Säulengänge. F l o r e n t i n u s schildert im 3. Jahrhundert Orangerien, die den noch gegenwärtig am Gardasee bestehenden geglichen haben müssen. P a l l a d i u s berichtet aus dem 4. Jahrhundert von Freikulturen auf Sizilien und bei Neapel. Ob es sich um diese Zeit noch um die ursprünglich eingeführte herbe Form handelt, die mit keiner der gegenwärtig im Mittel» meergebiete bekannten Rassen übereinstimmt und von W a r b u r g deshalb als hypothetische var. p r i s c a bezeichnet wird — vielleicht ist sie aber unter den noch vorhandenen Wildformen vorhanden — , entzieht sich unserer Kenntnis. Die römischen Schriftsteller Jener Zeit berichten scheinbar nur von herbfrüchtigen Bäumen und erwähnen nichts vom Duft. Andererseits sollen aber bereits die Juden nach ihrer Rückkehr aus der babylonischen Gefangen« Schaft bei der Feier des Laubhüttenfestes Citrus»Früchte mit angenehmem Dufte rituell verwendet haben, die mit der gegenwärtig als C. m é d i c a subsp. g e n ú í n a var. é t h r o g bezeichneten „Ethrog»Zitrone“ überein» stimmend erklärt werden. Es wird angenommen, dass sowohl diese Rasse als auch die zur selben Unterart gehörende var. m a e r o c á r p a , die Zitronat»Zitrone (Fig. 1706), die aus dem 6. nachchristlichen Jahrhundert aus Palästina bekannt ist, als Kulturabkömmlinge aus der herbfrüchtigen Rasse hervorgegangen seien. Jedenfalls war Ci t r u s m e d i c a die erste Art, mit der die Mittelmeervölker in Berührung kamen und die sie in ihre Heimat ein» führten. Um 1000 fanden sich davon Kulturen bei Salerno. Etwa gleichzeitig wird sie auch diesseits der Alpen in einer St. Gallischen Handschrift von E k k e h a r d IV. unter dem Namen Cedria poma genannt. Die Heilige Hi l d e g a r d von Bingen kennt sie als „Bontziderbaum“ (verstümmelt aus póma cidri), A l b e r t u s M a g n u s als Cédrus italörum, pömum cedrinum s. citrium. Durch diese Einführungen fassen die Agrumen in Mitteleuropa festen Fuss, ebenso wie sie in mehreren Arten und Rassen (über die nähere Einführungsgeschichte vgl. dort) allmählich durch Handel und durch die Kreuz» und Pilgerzüge gefördert auch in den Mittelmeerländern immer weitere Verbreitung fanden. Es sei nur kurz angedeutet, dass die Agrumen bereits im 16. Jahrhundert vielfach schon diesseits der Alpen gezogen wurden und dass sie im Zeitalter Ludwi gs XIV. und F r i e d r i c h s de s G r o s s e n — in Kübeln und mit kugelig zugeschnittenen Kronen gehalten — zu jeder fürstlichen Hofhaltung gehörten, wie denn die berühmte Orangerie von Sanssouci zu Potsdam z. B. noch heute einige Bäume aus der Zeit des Grossen Kurfürsten und den Hauptteil aus Friedrichs des Grossen Zeit besitzt. Vornehme Bräute wurden auch damals mit Orangenblüten geschmückt. Welch grosser Wertschätzung sich die Agrumen um jene Zeit erfreuten, geht daraus hervor, dass z. B. V o l k a m e r in seinen „Nürnbergischen Hesperiden“ (1708) mehr als 200 Sorten abbilden konnte, denen an Zahl die Abbildungen von Israel V o l k m a n n (1636 bis 1706) aus Schlesien und der wohl 1731 gedruckte „Katalog der Agrumi des Scultetus’schen Garten auf dem Schweidnitzer Anger“ kaum nachstehen. Gegenwärtig ist dieser gärtnerische Zweig in Mitteleuropa wieder stark in der Abnahme be* griffen. P f a ff (Orangerien und Ananas»Treibhäuser in Bozen, 1923) hat über seinen zunehmenden Verfall z. B. Daten in Bozen gesammelt, die besagen, dass, während noch in der Mitte des 19. Jahrhunderts jeder grössere Garten in Bozen seine Orangerie besass (im Ganzen etwa 551), bereits um 1900 deren Zahl auf etwa 20 gesunken war und sich 1918 nur noch auf 3 belief, von denen eine im November jenes Jahres den zurückflutenden Truppen zum Opfer fiel. Der Rückgang wird namentlich auf die zunehmende Konkurrenz der billiger ein» geführten Früchte, das Auftreten von Schild» und Wolläusen und die wachsenden Unterhaltungskosten zurück» geführt. Nach H a u s m a n n wurden in Bozen in erster Linie gelb», seltener rotfleischige Orangen, Pomeranzen, Zitronen, Zedrozitronen und Limettazitronen gezogen, von denen nach W e b e r (Das Land Tirol) um 1837 mehr als 40000 Stück allein nach auswärts (Nordtirol, München, Prag usw.) versandt wurden. Im 18. Jahr»

57 hundert gelangten die Agrumen auch nach Mittelamerika. Eine erfolgreiche Kultur setzte aber erst 1815 in den Südstaaten der Union und um 1842 in Kalifornien ein. Die Limettazitrone kam erst 1852 nach Montserrat (West» Indien). In Florida sind gegenwärtig C. L i m o n u m und C. A u r a n t i u m stellenweise ganz eingebürgert und finden sich in Menge in Wäldern von Quercus virens ( = Q. Virginiana) und Persea borbonea ( H a r s h b e r g e r ) . — Zur Kultur eignen sich am besten die subtropischen Gebiete. In den Tropen hingegen werden die Früchte häufig hinsichtlich ihres Aromas und Geschmackes minderwertig, wie z. B. in Kamerun und manchen Teilen von Ostafrika. Andererseits sind besonders die Limetten sehr frostempfindlich, weniger die Zitronen und Pomeranzen, am widerstandsfähigsten die Apfelsinen. Die günstigsten Anbaugebiete sind Inseln (Malta [Blutorangen], Korfu, Sardinien1), Sizilien, Mallorca, die Azoren 1 und Westindien) oder Küstengebiete (Südfrankreich, Italien, Florida, Kalifornien); die bedeutendsten: Sizilien, das südliche Italien, Südfrankreich (Dép. Alpes maritimes), gewisse Teile von Spanien (Sevilla, Valencia, Malaga), Portugal (Lissabon); A zoren; Mexiko, Westindien, Kalifornien, Florida, Zentral» und Südamerika, Tahiti, Neu»Süd»Wales, Queensland, China, Japan, Indien (z. B. Bombay). Oft überwiegt die Produktion den Absatz. Auf Malta und auf den Azoren werden die Agrumengärten mit hohen Steinwällen, an der Riviera mit Mauern, in Kalifornien und Florida mit Pap» pel» und Zederreihen eingefriedet, um Wind» schütz zu schaffen. Am Gardasee, Bozen usw. müssen die Pflanzungen den Winter über eingedeckt werden. Die Kulturen sind bis» weilen von tierischen und pflanzlichen Schäd» lingen bedroht. Am gefährlichsten sind nach F i s c h e r (bei T s c h i r c h ) die weissen Fig. 1700. C itr u s L. a In der Entwicklung zurückgebliebene Zotten an der Querwand eines Faches, b Querschnitt durch eine ältere Zotte, c Längsschnitt Schildläuse (I c é r y a P u r c h á s i i), die durch eine in der Entwicklung begriifene jüngere Zotte, d Anatrope Samen­ ganze Pflanzungen in Frage stellen können anlage; zu beiden Seiten der Anheftungsstelle mit längeren haarartigen Gebilden (vgl. M a r l a t t , Maladies des Orangers, (nach B ie rm a n n ). 1914). Faulen der Früchte rufen D i p l ö d i a N a t a l é n s í s , A l t e r n ä r i a C i t r i und P h o m ó p í s sp. hervor, Schorfbildungen Milben und O v u l ä r i a C i t r i , eine Anthraknose»artige Krankheit C o l l o t o t r i c h u m g l o e o s p o n g i o i d e s , einen schimmeligen Ueberzug P h y t h i a c y s t i s c i t r o p h t h ö r a inVerbindung mit einer Fusarium»Art2) (in Kalifornien). Zwei Russtaupílze¡ L i m a c i n a C i t r i (Br. et Pass.) Sacc. und M e l í o l a C a m é l l í a e (Catt.) Sacc. überziehen die Laubblätter. Die Schimmelpilze, welche sich auf gequetschten und faulenden Früchten gern in grossen Lagern breit machen, gehören zu P e n í c í l l í u m I t á l í c u m Wehmer, P. o l í v á c e u m Wehmer und P. d i g i t ä t u m (Pers.) Sacc. Zur Bekämpfung der Parasiten werden die Laubblätter bisweilen mit Bordeauxbrühe bespritzt. Solche Laub» blätter dürfen aber nicht in der Medizin verwendet werden. Gummibildungen (Gummosis), die ähnliche Eigen» schäften wie Gummi arabicum und Kirschgummi aufzuweisen haben und wahrscheinlich hauptsächlich im Xylem durch Hydrolyse der Zellwände unter Einwirkung eines gegen Erwärmung empfindlichen Enzyms zur Entstehung gelangen, werden n a c h F a w c e t t , P. S. (Gummosis on Citrus. Jour. Agríe. Research, 1923) durch verschiedene Pilze hervorgerufen. P h y t i a c y s t i s c i t r ö p h t h o r a siedelt sich dabei an der äussersten Grenze abgestorbener Rindenflecken an, bewirkt aber die Gummibildung darüber hinaus auch in lebenden Teilen. Als Bekämpfungs» mittel haben sich Bordeauxbrühe und andere Fungiciden als wirksam erwiesen. Weitere derartige Pilze sind P h y t i a c y s t i s t e r r é s t r í s , B o t r y t i s c i n é r e a und S c l e r o t í n í a L í b e r t í á n a . Durch partielle Trocken» heit wird die Ausbreitung der Gummosis begünstigt. Auch tierische Parasiten und gewisse chemische Stoffe können in beschränktem Masse zur Bildung von Gummi Anlass geben, hingegen nicht mechanische Verletzungen. Citrus ist eine sehr formenreiche Gattung, in der meist 7 (mit C. g r a n d i f l o r a 8) Arten unterschieden werden, während R i s s o und P o i t e a u (Histoire naturelle des Orangers, 1813) im Ganzen 169 Arten und Unterarten, bezw. Bastarde nennen, H a r t (The Shaddock or Grape fruit, 1897) und andere dagegen nur 4. Die wichtigsten neueren Untersuchungen stammen von B o na v i a (The cultivated oranges and lemons of India and Ceylon with rese» arches ínto theír orígín and the derívatíon of theír ñames, 1890 und Cítrons, limes et limons de Finde, Journal d’Agruculture tropique, 1902. Eine inhaltsreiche Zusammenstellung findet sich in T s c h i r c h , Handbuch der Pharmakognosie. Bd. II, Erste Abt., pag. 841 bis 879. Ferner sei verwiesen auf P e n z i g : Sudi botanici sugli agrumi, Roma, 1887; H u m e : Citrus fruit and their culture, New»York, 1907; T a n a k a : Citrus fruits of Japan, J) Der Orangenwald von Milis auf Sardinien umfasst etwa 500000 Stämme. 2) Citrus«Arten mit sauren Früchten sind gegen P h y t h i a c y s t i s c i t r o p h t h o r a immun.

58 Journal of Heredity, 13, 1922 und S w i n g l e , W. and R o b i n s o n , T. R .: Two importent new types of citrous hybrids for the home garden»citrangequats and limequats, Journal Agr. Research. 23, 1923. Weitere Literatur vgl. B e r g * Schmidt, Atlas, 2. Auflage, lieber die Entstehung der zahllosen Kulturrassen herrscht grosse Unsicherheit, ebenso über die Verwandtschaftsverhältnisse und namentlich den Grad der systematischen Selbständigkeit vieler Formen. Eingehende Untersuchungen darüber haben B r a n d i s (Forest Flora North»West of Central.India), I. D. Ho o k e r (Flora of British India) und namentlich D e C an d ol l e (L’origine des plantes cultivées) angestellt. B o n a vi a studierte die Kulturrassen von Ceylon und Indien. E n g 1 e r schloss sich ihm in vielen Auffassungen an. Eine neuere Monographie, die Kulturformen der Botanischen Gärten zu Palermo umfassend, stammt von R i c c o b o n o (Boll. ort. bot. Palermo III, 1899). Die etwas abweichenden Ansichten von S c h w e i n f u r t h sind in der Synopsis der Mittel» europäischen Flora niedergelegt. Nach T a n a k a werden die Rassen teils durch Bastardierung erzeugt, teils entstehen sie durch Mutation. Die Konstanz vieler Merkmale ist ausserordentlich gering. Gewisse Eigenschaften „mendeln“. Künstlich von S w i n g l e und W e b b e r erzeugte Bastarde zwischen der Orange und der Pompelmus besitzen die Neigung, schon in der 1. Generation teils zur männlichen, teils zur weiblichen Stammform hinsichtlich der Ausbildung der Laubblätter zurückzukehren. Kreu» zungen zwischen Orangen und Mandarinen ergaben in Bezug auf die Fruchtschale sehr formenreiche Ab» kömmlinge 1. Grades mit vorwiegender Annäherung an die weibliche Stammform. Auch die Samenbestän» digkeit ist noch nicht restlos geklärt. Nach S c h w ei n » f u r t h sind Apfelsinen und Pomeranzen samenecht. Auch nach G a l l e s i o sollen süsse Orangen immer wieder süssfrüchtige Nachkommen ergeben, nach M a c F a y d e n hingegen oft bittere oder nach E r n s t saure. Gewisse Rassen scheinen apogam zu sein. Den beiden westaustralischen Citrus»Arten C. A u » s t r ä 1i s (A. Cunn.) Planch. und C. A u s t r a l ä s i c a F. v. Mül l . , sowie der auf Neu»Guinea festgestellten C. deutung zu. Wichtig sind dagegen die übrigen Arten. C. t r i f o l i ä t a L. ( = Aegle sepâria DC.) Fig. 1701. Etwa 0,5 bis 1,5 m hoher, kahler, sparrig ästiger, sommergrüner Strauch mit langen Blatt» dornen. Laubblätter auf geflügeltem Stiel, 3»zählig, mit sitzenden, verkehrt»eiförmigen, in den Grund verschmälerten, gekerbten, lederigen, durchscheinend punktierten Teilblättchen. Blüten einzeln oder zu 2 in den Blattachseln, gross. Kelchblätter eiförmig, wenig miteinander verbunden. Kronblätter länglich=spatelig, weiss. Staubblätter 8 bis 10, mit schmalen, nur am Grunde verbreiterten Staubfäden. Diskus ringförmig. Fruchtknoten kugelig, meist 6», seltener weniger fächerig. Frucht wallnussgross, goldgelb ; Samen länglich. — IV, V , bisweilen nochmals VIII. — Der aus Japan stammende Strauch ist die einzige 3»blätterige und gleichzeitig die einzige frostharte Citrus»Art. Sie wird ihrer grossen wohlriechenden Blüten wegen im Mittelmeergebiet und im wärmeren Mitteleuropa als Hecken» und Zierpflanze angepflanzt und überwintert z. B. noch bei Emmishofen am Bodensee, am Mainufer bei Frankfurt und in Minden im Freien. Bei Meran wurde sie an der Haarwaalmündung 1903 verwildert angetroffen. Als frostharte Art dient sie häufig als Pfropfunterlage für Orangen. Eine besonders stark bewehrte Form, die in Gärten und in Weinbergen bei Neustadt (Pfalz) kultiviert wird, bezeichnet Fr. Z i m m e r m a n n als f. m a c r o » spina. Die Fruchtschale wirkt abführend. Aus ihr wird das allerdings nicht vollwertige Chinesische Neroliöl gewonnen, dessen Bestandteile Limonen, Linalool, Camphen (?), Linalylacetat, Anthranilsäuremethyl» esterund ein Kohlenwasserstoff der Paraffinreihe sind. — Neuerdings haben W e b b e r , später auch S w i n g s und R o b i n s o n Hybriden mit C. A u r a n t i u m subsp. S i n e n s i s hergestellt, von denen sich die als „Thomas» ville Citrangequat“ beschriebene Form durch kräftigen Wuchs auszeichnet, infolge der stark ausgeprägten Winterruhe durch Spätherbst» und Frühlingsfröste nicht leidet und bei der Vollreife gut essbare oder zur Bereitung von Marmelade sich eignende Früchte besitzt. Audi ist dieser Bastard gegen Krebs sehr wider» standsfähig. Infolge der häufig auftretenden Polyembryonie wurden aus einer Kreuzung der Mandarine (als Mutter) und C. t r i f o l i a t a (als Vater) aus 1 Samen 3 Keimlinge erzogen, von denen 1 die 3-blätterige Blatt» form der männlichen, die beiden anderen die einfache Blattform der weiblichen Stammpflanze besassen. — C.

59 n ö b i l i s Lour. (-— C. Madurensis Lour.). M a n d a r i n e 1)- Franz.; Mandarin, petit grain mandarinien; engl.; Maltese orange; ital.; Arancio mandarino. Fig. 1702. Strauch oder kleiner Baum. Laubblätter auf kurzen, kaum geflügelten Stielen, schmal elliptisch=lanzettlich, spitz, schwach gekerbt. Blüten in Büscheln. Kronblätter länglich, weiss. Staubblätter mit linealen, nur wenig verbundenen Staubfäden. Frucht flachgedrückt»kugelig, 6 bis 7 cm im Durchmesser, orangegelb, 8» bis 10=fächerig, Fruchtschale leicht ablösbar. Heimisch in Cochin» china oder China; auf den Sundainseln, Kalifornien und in geschützten Lagen Südeuropas (namentlich im west» liehen Mediterrangebiet) viel gebaut, in das letztgenannte Gebiet merkwürdigerweise erst 1828 eingeführt (San Remo z. B. 1848). Die sizilianischen Pflanzen stammen von Malta. Keimpflanzen finden sich bisweilen auf Küchenabfuhr» plätzen. Die Fruchtschalen liefern das hauptsächlich aus d«Limonen bestehende Mandarinenöl (Öleum Mandarinae), das bisweilen mit süssem und bitterem Pomeranzenöl, Zitronenöl und Terpen verfälscht wird. Als Topfpflanze wird häufig die kleinwüchsige Form var. p a r v a Schweinfurth mit kleinen Laubblättern, zahlreichen, kleinen Blüten und meist nur 2,5 bis 5 cm im Durchmesser haltenden Früchten gezogen. Eine kleinfrüchtige Sorte heisst im Tessin Napolloni. — C. A u r a n t i u m 2*) L. Baum, seltener Strauch mit in der Regel hellgrünen Schoss» lingen. Blattstiele ± schmal geflügelt. Blüten meist zwitterig, weiss. Früchte meist kugelig oder etwas platt» gedrückt, meist orangefarben, 8« bis 12»fächerig, von sehr verschiedener Grösse, mitunter auch mit eiförmigem, zitzenförmigem Fortsatz *). Wohl die ursprünglichste Form dieser Art ist die subsp. a m ä r a Engler ( = C. Bigarädia4) Risso, = C. Aurantium L. subsp. äcida Thellung). Pomer» anze, ®) Bigarade, bittere Orange. Franz.: Bigaradier; engl.: Bitter Seville Orange; ital.: Arancio und Melan» golo forte. Laubblätter tiefgrün, stets sehr aromatisch duftend, mit geflügeltem Blattstiel und eiförmiger bis länglicher, stumpfer oder spitzer Spreite. Blüten weiss, stark wohlriechend. Frucht kugelig, mit sehr aromatischer, Fig. 1702. C itr u s n o b il is Lour. a Frucht mit einigen Laubbitterer Rinde und saurer Pulpa. — Wahrscheinlich am blättern- b PulPa der Frucht c Querschnitt durch ein Fruchtsegraent. Südabhang des Himalaya (nach H o o k er), in Cochinchina, in der Erythraea und auf Sokotra (nach S c h w e i n f u r t h ) heimisch, aber frühzeitig nach den westlicher gelegenen Ländern gebracht, seit Ende des 9. Jahrhunderts n. Ghr. in Arabien, seit 1002 in Sizilien gebaut, gegenwärtig im Mittelmeergebiet, sowie in allen anderen wärmeren Gebieten häufig. Bei A l b e r t u s M a g n u s heisst der Baum (im Gegensatz zu C. medica) arangus, bei M e g e n b e r g „die öpfel, die dähaizent arabser vom den paum aarans, de ze larein orangus haizt“, im Botanischen Garten der Fürstbischöfe von Eichstätt Poma aurantia nana dicta, kleine, vieltragende Zwergpomeranzen, im W o y s e l ’ sehen Garten in Schlesien Aurantiorum arboreum arbus» culae aliquot. Ein im Kloster San Sabina zu Rom stehender Baum soll der Lieberlieferung nach vom heiligen Dominicus um 1200 gepflanzt worden sein. In den Orangerien findet sich der Baum seltener als C. nobilis. In Zimmern ist bisweilen eine in allen Teilen kleine Form anzutreffen. Die schwach bitter schmeckenden Laub» blätter sind als F ö l i a A u r ä n t i i oder F Ö l i a C i t r i v u l g a r i s officinell (Pharm. Germ., Austr. und Helv.). Sie zeigen eine aus polygonalen Zellen bestehende Oberhaut, die nur auf der Blattunterseite Spaltöffnungen besitzt. An der Oberseite schliessen sich 2 bis 3 Reihen von Palisadenzellen an. Die äusserste davon enthält Kristallzellen, die grosse, wohlausgebildete, tetragonale Kristalle führen. Aehnliche Kristalle finden sich, wenn auch in geringerer Zahl, auch auf der Unterseite. Reichlich eingelagert erscheinen ferner auf der Oberseite Sekretbehälter, die äusserlich als durchsichtige Punkte hervortreten, nach T s c h i r c h schizoly» sigenen Ursprungs sind und bisweilen die halbe Dicke des Blattes übertreffen. Ueber ihnen ist die Epidermis muldenförmig vertieft. Im Blattinneren liegen ein reich durchlüftetes Mesenchym und die Leitbündel, deren Gefässscheiden reichlich mit Oxalatkristallen versehen sind. Aus diesen Laubblättern, sowie den Jungen Trieben und den unreifen Früchten wird ein ätherisches Oel gewonnen. Von den zahlreichen, darin ent» *) Bezeichnung in Anlehnung an die Heimat. 2) Eine der lateinischen Bezeichnungen für die Frucht: aräncium, arängium, aurantium, melaräncium. Ueber den etymologischen Zusammenhang vgl. unter Orange. *) Zur Art gehörende Keimpflänzchen wurden auf Küchenabfuhrplätzen z. B. in Mannheim, Solothurn (1917) und massenhaft beim Proviantamt in Strassburg festgestellt; meist dürfte es sich wohl um die Apfel» sine handeln. 4) Nach R i c e vielleicht mit dem Sanskritwort bijouri zusammenhängend; die südfranzösische Schreib» art lautet bigarrado, oranje bigarrat; ält. ital.: bigarato, bigherato = [mit Spitzen besetzt]; wohl wegen der runzeligen Früchte. Auch mit bigarrer [buntscheckig] wird es zusammengebracht. 8) Abgeleitet aus Pömum aräncium.

60 haltenen Stoffen seien genannt: cULimonen, Geraniol, Furfurol, Dipenten und LCamphen. Die als F r ü c t u s A u r ä n t i i i m m a t ü r u s bezeidinete Droge (Pharm. Germ, et Austr.) entstammt den unreif abgefallenen Früchten und wurde früher zur Herstellung von Fontanellkugeln benutzt, während sie heute nur noch als beliebtes Bitter» und Magenmittel Verwendung findet. Im Querschnitt zeigt die Frucht zu äusserst eine aus kleinen polygonalen Zellen gebildete Epidermis, die von Spaltöffnungen durchbrochen ist. Ihr folgt das sog. „Flavedo“ mit einreihig angeordneten, schizolysigenen Oelbehältern, über denen die Epider» mis eingesenkt ist und als Drüsendeckel wirkt. Das diese Behälter umgebende Gewebe ist reich an Oxalat« kristallen, die in eigenartigen Cellulosetaschen eingebettet sind. Das sich anschliessende „Albedo“ ist dick» wandiger und namentlich in jüngeren Früchten reich an Hesperidin. In die (meist 8) Fruchtfächer ragen von der äusseren Wand her zahlreiche, namentlich aus der subepidermalen Schicht hervorgehende, keulenförmige Zotten (emergenzartige Fruchtwandpapillen) hinein, die später zum Fruchtfleisch werden und zunächst He» speridin, später auch transitorische Stärke, Chromatophoren und Oxalatkristalle und bei der Reife Zucker ent»

Fig. 1703.

Zitronen-Kulturen in Sizilien im Alcantara-Tal (hinter Taormina) am Aetna. Phot. Frau Isabella H egi-N aef, Rüschlikon (Schweiz).

halten. Im Reifezustand der Frucht erfüllen sie den Innenraum vollständig, stehen als „gestielte Tröpfchen“ dicht gedrängt und sind vielfach gegeneinander abgeplattet. Neben diesen Fruchtfleischzotten hat T s c h i r c h noch eigenartige Schleimzotten festgestellt, die an der Spitze eines mehrzelligen Stieles einen aus papillös ge» wölbten Schleimzellen bestehenden Glomerulus tragen. Die von den reifen Früchten in Form von Quadraten oder Spiralbändern abgelöste äussere aromatische Schicht ist als C ö r t e x F r ü c t u s A u r ä n t i i oder richtiger P e r i c ä r p i u m A u r ä n t i i offizineil (Pharm. Germ., Austr. et. Helv.). Sie enthält 1,25% ätherisches Oel, Terpen, Hesperidin, Hesperidinsäure, Aurantimarinsäure usw. und wird als aromatisches, appetitanregendes und verdauungsförderndes, zuweilen auch als deckendes Mittel benutzt. Nicht selten findet Verfälschung mit Apfelsinenschalen statt. Für Parfümeriezwecke wird aus den Blüten einer stark duftenden Form (var. neroli) namentlich in Südfrankreich (Grasse) und in Sizilien das Orangenblütenöl, Nafaöl, Neroliöl, Otto in grossen Mengen gewonnen. Ein 20« bis 30qähriger Baum liefert etwa 15 bis 20 kg Blüten, aus denen etwa 8 kg Orangenblütenwasser und 20 g Orangenblütenöl gewonnen werden. Neuerdings ist es gelungen, das Neroliöl auf synthetischem Wege billiger herzustellen. Ausserdem dienen die Früchte zur Herstellung von Konfitüren, Marmeladen, Liqueuren (Curaqao) und anderen Getränken. In Ostafrika, wo die Pomeranze stellenweise ausser» ordentlich häufig ist, wird sie in riesigen Massen zur Koagulation des Kautschuks von Manihot Glaziovii (Euphorbiacee) verwandt, indem der Stamm dieses Baumes mit einer halbierten Pomeranzen»Frucht eingerieben wird, ehe die Anzapfung erfolgt. — subsp. B e r g ä m i a 1) (Risso et Poiteau) Wight et Arn. B e r g a m o t t e . Franz.: Bergamotte; engl.: Bergamot; ital.: Sbriamoitu, Melarosa. Kleiner, bis etwa 5 m hoher Baum mit aus» gebreiteter Krone und spärlich und kurz bedornten Zweigen. Laubblätter auf schmal geflügelten Stielen, länglich» eiförmig, spitz bis abgerundet, undeutlich gezähnt. Blüten klein, in dichten Trugdolden. Kronblätter weiss,*) *) Nach R i c e ursprünglich die Bezeichnung einer grossen Birnensorte in der Türkei und abzuleiten von begoärmüdi [Birne des Prinzen]. Mit Bergamo, wo keine Agrumen kultiviert werden, hat es nichts zu tun, hingegen könnte der Name mit der kleinasiatischen Stadt Bergama (Pergamum) Zusammenhängen.

61 aussen grünlich punktiert, süsslich riechend. Frucht glattschalig, zusammengedrückt kugelförmig bis birnenförmig, 6 bis 8 cm im Durchmesser, gelblichgrün bis goldgelb, oft noch mit einem Griffelrest versehen, vorn deutlich zitzenförmig, 8» bis 10»fächerig. Fruchtfleisch angenehm bitterlich sauer. Der Fruchtform nach werden unter» schieden: var. p a r v a Risso et Poit. Frucht klein, kugelig. — var. t o r t u l ö s a Risso et Poit. Frucht birnen» förmig, gerippt. — var. M a l l a r ö s a 1)*2 Risso et Poit. Frucht rundlich, abgeplattet, an den Seiten gerippt. Die Heimat der Bergamotte ist unbekannt, dürfte aber in Ostindien liegen. Sie wird seit dem 17. Jahrhundert hauptsächlich in Süditalien (Reggio»Calabrien, Siderno), auf Sizilien und in Westindien gebaut. Die Frucht zeigt im Querschnitt folgendes Bild: Auf die Epidermis folgt zunächst das aromatische Flavedo, in dem sich die schizolysigen entstandenen Sekretbehälter in grosser Zahl befinden, von denen T s c h i r c h nachgewiesen hat, dass sie durch einen kurzen Kanal (Entleerungsapparat nach H a b e r l a n d t ) an der über den Behältern ein» gesenkten und spaltöffnungsfreien Epidermis enden. Dem Flavedo schliesst sich das nicht»aromatische Albedo an, das aus einem von zahlreichen Interzellularen durchzogenen Sternparenchym besteht. Das Gewebe be» sitzt ausserdem zahlreiche Spiralgefässe und Kristallkammerfasern. Die leichte Spaltbarkeit des Fruchtfleisches in die einzelnen Segmente rührt, wie auch bei den Apfelsinen, daher, dass die Mittelschicht der Trennungs» wände der Fruchtblätter aus einem lockeren, dünnwandigen und leicht zerreissenden Gewebe besteht, wohin» gegen die Randschichten derbfaserige Häute sind. Durch Pressen wird aus den frischen Fruchtschalen ein ätherisches Oel (Bergamotte=Oel) gewonnen, das im reinen Zustand braungelb bis honigfarben ist, allerdings infolge des Herstellungsverfahrens meist einen ± deutlich grünen (Kupfer)«Schimmer besitzt. Der Geruch ist charakteristisch, der Geschmack bitter aromatisch. Nach B u r g e r s und P a g e kommen in dem Oel d»Limonen, l.Linalool, l»Linalylacetat, Bergapten (Limettin), Essigsäure, Octylen, Pinen, Camphen und Limen vor. Es ist als O l e u m B e r g a m ö t t a e offizinell (Pharm. Helv.) und dient zum Verdecken unangenehmer Gerüche, zu Ein» reibungen, Bädern, als Zusatz zu Kölner Wasser usw. Die ersten Angaben über das Oel finden sich 1688 in einem Apothekerinventar der Stadt Giessen. — subsp. K h ä t t a Bonavio. Strauch mit blassgrünen Schösslingen, tief dunkelgrünen, aber nicht riechenden Laubblättern auf ungeflügelten Stielen, grossen, aussen rötlichen, schwach duftenden Blüten und sauren Früchten ist eine indische Unterart, die keinen Kulturwert besitzt, die aber dadurch auffallend ist, dass sich bisweilen an ein und demselben Baum zu verschiedenen Jahreszeiten verschiedenge» staltete Fruchtformen entwickeln; aus den Februar» und Märzblüten solche mit glatter Schale (var. l£ vis) und aus den zur Regenzeit erzeugten Blüten solche mit warziger Schale (var. v e r r u c ö s a ) . — subsp. S i n e n s i s * ) Gail. ( = C. Aurantium Risso, = C. Aurantium L. var. dülcis L. ex parte, = C. nobilis x C. Bigaradia Trabut, = subsp. decumäna var. Sinensis Thellung). A p f e l s i n e , Süsse Orange. Franz.: Oranger vrai; engl.: Malta», China», Sweet or Portugal»Orange; ital.: Arancio dolce Portogallo, Melarancia. Fig. 1703, 1704b bis d und i, 1705. Baum mit meist blassgrünen Sprossen. Laubblätter auf schwach geflügelten. Stielen, schwach aromatisch. Blüten gross, weiss. Frucht meist kugelig, selten eiförmig oder bimförmig, orangefarbig, sehr selten gelb oder grün, mit in der Vollreife süssen oder schwach säuerlicher Pulpa und dicht anliegender Schale. Die gegenwärtig in zahlreichen Rassen gezogene Apfelsine ist sowohl hinsichtlich ihrer Abstammung als auch hinsichtlich ihrer Heimat unsicher. Vielleicht ist sie aus der subsp. a m a r a hervorgegangen. Den Chinesen war sie seit altersher bekannt. Zu den Indern scheint sie erst später gekommen zu sein, da sie nach R i c e in ihren Schriften erst 1374 erwähnt wird. Hingegen fanden die Portugiesen, als sie 1498 dorthin und 1518 nach China gelangten, die Apfelsinen« Kultur schon in hoher Blüte. I o h a n n de C a s t r o soll sie dann 1520 nach Portugal gebracht haben, von wo aus sie sich rasch verbreitete. In England sollen die ersten Früchte schon 12901 eingetroffen sein. Die bedeutendsten Orangenkulturen finden sich in Süditalien, Sizilien und in den südlicheren Randgebieten der Iberischen Halbinsel, ausserdem in zunehmender Menge im französischen Nordafrika und Palästina, in welch letzterem Lande namentlich eine grossfrüchtige, dickschalige, samenlose Form, die „Jaffa»Apfelsine“, gezogen wird. Aussereuropäische Anbaugebiete sind: die gesamten Tropen, Ostasien, Australien, Kalifornien, Florida8) und das Kapland. Mitteleuropa bezieht den grössten Teil der in Unmenge eingeführten Früchte aus dem Mittelmeergebiet. Messina allein führte im Jahre 1912 1,1 Millionen Zentner Orangen aus, von denen 173000 Zentner nach Deutsch» land und 654000 Zentner nach Oesterreich gingen. Als gute von Italien nach Deutschland eingeführte Sorten gelten: Primofiore, Verdelli usw. In Jahren, in denen die Mittelmeerernte gering ist, werden namentlich aus Au» stralien, vom Kap und aus Westindien Orangen eingeführt. Die subs. Sinensis enthält eine ausserordentlich grosse x) Malla rosa wird als „mit dem Messer geschnitten“ gedeutet; wegen der glatten Oberfläche der Frucht ( V o g t h e r r ) . 2) Die Bezeichnung' O r a n g e (franz.: orange, ital.: arancia, span.: naranja) geht über das arab. naran) auf das altindische naranga = Orangenbaum zurück. Das Wort A p f e l s i n e , das zuerst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts auftritt, bedeutet aus China (franz.: Sine) herstammender Apfel (franz.: pomme de Sine). *) In einigen Teilen Floridas ist die Apfelsine vollständig eingebürgert. Im Jahre 1874 betrug die Ernte dort erst 2500 Kisten (zu Je */i Barrel), 1884 bereits 3 Millionen Kisten. 207 H e g i , Flora. V, 1.

62 Zahl von Kultursorten, von denen die blutfleischigen (Blutorangen) als var. s a n g u í n e a Engler bezeichnet werden. Eine sehr auffällige Form, die bei uns teils in Töpfen gezogen wird, teils in Blumenläden zum Verkauf kommt, ist var. m í ñ u t í s s i m a Risso et Poít. Pflanze meist niedrig und sehr ästig. Laubblätter länglidneiförmig, spitz, am Rande schwach gezähnt, mit wenig geflügeltem Stiel. Blüten klein, meist nur 2,5 bis 3 cm im Durchmesser, wohl» riechend. Früchte klein, rundlich, schwach abgeplattet, etwa 3 bis 4 cm im Durchmesser, mit glatter Schale und etwa 7 Fächern. Die durchschnittliche Zusammensetzung frischer Orangen besteht nach P a r s o n s aus 85,7 4 % Wasser, 5,41 % Invertzucker, 2 ,8 6 % Saccharose, 0 ,9 6 % Zitronensäure (0,4 bis 2,3 % ), 0 ,8 7 % stickstoffhaltigen Substanzen, 0 ,1 8 % Fett, 0 ,2 8 % Asche und 0 ,9 3 % Rohfaser. Künstlich hergestellt, d. h. gefälscht, werden Blutorangen durch Einspritzen von rotem Rübensaft oder Anilinrot. Ausserdem kommen im Fruchtfleisch Hesperidin, Apfelsäure, K» und Ca»Citrat, Asparagin, Glutamin usw. vor, in der Schale namentlich das süsse Orangen» oder Apfel» sinenschalenöl (Oleum Aurän» tii dülcis, Essence d’Orange Portugal), welches im wesent» liehen aus ca. 9 0 % d»Li» monen, Citral (einem nach Orangen duftenden Aldehyd noch unbekannter Zusammen» Setzung), Citronellal, Stearop» ten, Trepineol, einem Ester von angenehmemOrangenduft, Anthranilsäuremethylester, Linalool, Buttersäure usw. be« steht. Am feinsten wird es aus halbreifen Früchten ge» wonnen; es ist gelblich bis gelb« braun, von Apfelsmengeruch und mildem, aromatischem, nicht Bitterem Geschmack und scheidet bei längerem Stehen eine wachsartige Substanz, das Stearopten, aus. Verfälschun« gen mit Terpentin», Berga» motte« und anderen Oelen kommen häufig vor. Das Oel wird in der Parfümerie, in der Likörfabrikation und in der Konditorei viel benutzt. Ein aus den Blüten gewonnenes Oel (Süsses Orangenöl) kommt nicht regelmässig in den Handel. Auch das Süsse Orangenblüten» wasser wird daraus hergestellt. Die Früchte werden neuerdings Fig. 1704. C it r u s m e d i c a L. subsp. L im o n u m (Risso) Hook. f. a Blühender Zweig, e Junge in steigendem Masse zu Mar» Frucht. / Ansicht einer reifen Frucht, g Längsschnitt durch die Frucht, h Querschnitt durch die Frucht. — C. A u ra n tiu m L. subsp. S i n e n s i s G ail, b Zweigstück mit Blüten und halb­ meladen verarbeitet, wobei der reifen Früchten, c Blüte, d Entblätterte Blüte mit heranwachsendem Fruchtknoten, i Blüten­ englische „Jams“ aus 2 Teilen diagramm (nach M a r k ta n n e r ). zerquetschter Fruchtmasse und 1 Teil Zucker bestehen soll. Durch Kochen der Früchte mit Wasser und nachfolgendem Durchseihen erhält man ein angenehm schmeckendes Getränk. Der aus dem Safte hergestellte Orangenwein enthält nach Kö n i g 4,85 Gewichts» teile Alkohol, 3,81 Extrakt, 1,26 Zitronensäure, 2,43 Glukose, 0,35 Stickstoffsubstanz, 0,52 Glyzerin, 0,003 Schwefel» säure. Kantierte Orangenschalen besitzen 15,43% Wasser, 0 ,2 3 % Fett, 78,86 % Zucker, 1,25 % Rohfaser, 0,63 % Asche. Die Blüten werden von zahlreichen Insekten, in Südamerika auch von Kolibris besucht. Spontane Selbstbestäubung ist möglich. Bestäubungsversuche über den Einfluss frühzeitiger Bestäubung auf den Frucht» ansatz haben nach H a r t l e y das überraschende Ergebnis erbracht, dass die Narben der Blüten schon in sehr frühem Entwicklungszustande — z. B. 9 Tage vor der vollständigen Entfaltung der Blüte — einen Nektar« tropfen entwickeln, bestäubungsfähig sind und einen reicheren Fruchtansatz liefern, als diejenigen geöffneter Blüten. Auch die sonst kernlosen Varietäten lieferten bei vorzeitiger Bestäubung zum Teil gute Früchte mit

63 keimfähigen Samen. Die aus letzteren infolge der Polyembronie zu 1 bis 4 hervorgehenden Sämlinge zeigten sich ebenso kräftig als normal erzogene. Nach K u m a g i ist eine in Japan gezogene Orangenform mit samen« losen Früchten parthenokarp. Nach I k e d a treten an diesen Bäumen fruchtbare Sprosse mit Blüten und Früchten, sowie unfruchtbare Laubsprosse auf, zwischen denen in aufeinanderfolgenden Jahren ein regelmässiger Wechsel besteht. Die Zahl der teratologischen Abweichungen ist bei der Apfelsine, wie auch bei den anderen Citrus»Arten, ausserordentlich mannigfaltig und kann sich auf alle möglichen Teile erstrecken. Am seltensten treten Abweichungen bei den Vegetationsorganen auf, wie z. B. Verbänderung der Zweige oder eine Art von Cauliflorie, d. h. die Entwicklung von schlafenden Achselknospen als Blüten an ziemlich alten Aesten. Die starken Dornen, die früher als Umbildung eines der Niederblätter des Sprosses gedeutet wurden, sind auf Grund des Auftretens von 1 oder mehreren Schuppen oder kleiner Laubblätter, in deren Achseln unter Um» ständen wieder Laubknospen und sogar Blütenknospen zur Ausbildung gelangen können, als wirkliche Achsengebilde anzusehen. Die Laubblätter weisen eine i tiefe Gabelung der Spreite, eine Fiederung (3» oder 2=teilige Laub* blätter bei Sämlingen), verschiedenartige Verwachsungen der Spreiten, Kräuselung oder starke Verschmälerung der Laubblattfläche (letztere als var. s a l i c i f ö l i a bezeichnet) auf. In den Blütenständen verwachsen bisweilen Blüten miteinander. Die Zahl der Kelchzipfel isrt sehr wandelbar; der Kelch kann infolge ± tiefer Spaltung zwischen den Kelchblättern unregelmässig bis fast 2dippig werden. Die Zahl der Kronblätter ist wech» selnd; häufig sind mehrere Kronblätter miteinander verwachsen. Die Staubblätter sind bald alle frei oder — durch Uebergänge miteinander verbunden — sämtlich verwachsen, ihre Zahl selbst sehr schwankend. Bisweilen sind sie teilweise zu petaloiden Gebilden oder zu Karpellen umgewandelt. Das Gynaezeum unter» liegt den meisten Abweichungen. Mitunter treten nur 4 Fruchtblätter auf. Die Verwachsung kann vollständig aufgegeben werden, so dass in ausser» gewöhnlichen Fällen Jedes Fruchtblatt für sich allein steht. Solche Formen sind seit altersher bekannt und werden als Absonderlichkeit gern gepflanzt. Nicht selten trifft man auch Früchte an, die durch das Auftreten eines 2., bisweilen auch 3. und selbst 4. Fruchtblattwirtels ausgezeichnet sind (Naval» orangen, Fig. 1698). Die häufige Erscheinung der Polyembryonie der Samen wurde schon von Leeu» w e n h o e k 1719 beschrieben, später von H o f » m e i s t e r und S c h a c h t , in neuester Zeit besonders von S t r a s b u r g e r eingehend untersucht. Die Zahl der Keimlinge kann bis 13 steigen, von denen allerdings meist nur wenige keimfähig sind. Bei der Keimung verwachsen die Pflänzchen gern längs mit» Fig. 1705. Orangen (links) und Zitronat-Citrone „Cedro“ (rechts) als einander. Sämlinge mit 3 Keimblättern sind häufig. Spalier gezogen in Brissago (Südschweiz). Bisweilen keimen die Samen noch innerhalb der Phot. Dr. G. H e g i , München. Frucht aus. Die Parthenokarpie wird nach den Unter» suchungen von O s a w a teils durch unvollkommene Ausbildung der Pollenzellen, teils durch Verkümmerung des Embryosackes hervorgerufen und ist für gewisse Formen erblich. Weitere Literatur über die umfangB reiche Teratologie der Apfelsine, sowie auch der anderen Citrusarten vgl. P e n z i g , O. Teratologie 2. Auflage. — subsp. d e c u m ä n a 1) Thellung ( = var. y decumana L., = C. Pompelmos Risso). P u m p e l m u s * ) Pompeimuse, Adamsapfel. F ranz.: Pompelmouse; engl. .• Shaddock, pumelo, forbidden fruit, paradise apple, grape fruit, mockorange; ital.: Pomo di paradiso, pomo d’Adamo. Nur an den Jungen Sprossen mit kleinen Dornen versehener, zuletzt fast dornenloser, kahler oder dauernd weichhaariger, 3 bis 5 m hoher Baum. Laubblätter auf breit geflügelten Stielen, länglidueiförmig, oft ausgerandet, meist kraus, gezähnt. Blüten sehr gross, bis 6 cm im Durchmesser. Kronblätter weiss, aussen grünlich punktiert. Früchte kugelförmig oder abgeplattet»kugelförmig, bis 20 cm dick und bis 6 (10) kg schwer, gewöhnlich 9»fächerig, mit meist sehr dicker,*2 *) Decumänus, eigentlich „zu 10 (lat. decem) gehörig“, im übertragenen Sinne: sehr gross j wegen der grossen Früchte. 2) Lehnwort vom holländischen Pompelmoes. 207’

64 seltener dünner, weísser, schwefelgelber, fleischfarbener oder roter, oft einseits rot überlaufener Schale und herber, saurer oder süsser Pulpa. Samen sehr zahlreich. Heimat: Malayischer Archipel, Freundschafts» und Fidjislnseln; vorzugsweise in den Tropen (Java, Amerika) und in zurücktretendem Masse in Südeuropa (Garda» see, Riviera, Calabrien, Sizilien) in Kultur. Einige ihrer Kultursorten zeichnen sich durch aromatisches, sehr angenehm schmeck;endes Fruchtfleisch aus, das für sich oder unter Zusatz von Zucker oder auch Wein genossen wird. Die Frucht ist namentlich bei den Chinesen sehr beliebt, die daraus ein Getränk herstellen oder die Schale mit Zucker einkochen. Aus der Schale wird auch das Pompeimusöl gewonnen. — subsp. J a p ó n i c a (Thunb.) Hook. f. Engl.: Kumquat. Meist nur bis 1, 5m hoher, verästelter Strauch mit kahlen, ± 3»kantigen Zweigen. Laubblätter elliptisch»lanzettlich, schwach gekerbt. Blüten einzeln oder bis zu 3 in den Blattachseln. Kelchblätter kahl. Kronblätter weiss. Frucht kugelförmig oder länglich kugelförmig mit dicker Schale, 1,5 bis 3 cm im Durchmesser, meist bis 5»fächerig, glatt oder dornig, orangefarben, rötlich gefleckt. Heimat: Cochin» china und China; in Japan viel in Kultur. In Mitteleuropa seit 1846 als Topfpflanze gezogen. In Japan werden die Früchte viel roh (und zwar mit der Schale) gegessen oder mit Zucker eingemacht. Weitere, aber für Europa bedeutungslose Unterarten sind: subsp. S u n t a r a Engl. ( = C. Aurantium Sinense Rumph.). Franz.: Bigaradier chinois; engl.: Suntära Orange, subsp. K e ö n l a Engl., Falsche Mandarine und subsp. J a m b i r P Engl., Jambir, Jamiri, Jambhiri. — Eine sehr kleinblätterige Form des C. Aurantium (?) ist die var. m y r t i f ö l i a , deren sehr kleine, sauere Früchte in Zucker eingekocht als Chinois beliebt sind. — Eigenartig sind die als B i z z a r r i a bezeichneten Fruchtformen, über deren Entstehung noch Unsicherheit besteht. Es sind Früchte, die die Charaktere von Zitronen und Orangen oder auch anderer Rassen in sich vereinigen können. Nach E n g l e r sind Vereinigungen von Merkmalen von bis 5 Formen an einer Frucht festgestellt worden. A bbil­ dungen von R i s s o und P o i t e a u zeigen die Verbindung von Citrone und Orange derartig, dass z. B. bei der einen Frucht Jede der Arten mit ihren Merkmalen auf einer Hälfte der Bizzarria zum Ausdruck kommt, während an einer anderen Form von Pol zu Pol ziehend 4 breite, gelbfarbene, warzige Wülste auftreten, zwischen denen eingeschaltet orangefarbene, glatte Schalenstücke liegen. Solche Monstrositäten sind bereits aus dem Garten Pancíatíchí in Florenz aus dem Jahre 1644 bekannt. 1711 beschäftigte sich die franzö» sische Akademie der Wissenschaften mit einer solchen Frucht und kam zu dem etwas sonderbar anmutenden Schluss, dass sie gleich der Zitrone und Apfelsine von einer ursprünglichen Art stammen müsse. In» folge der Angaben von Gärtnern nahm man später eine Entstehung durch Doppelpfropfung (und folgender Verschmelzung der gepfropften Augen) an; doch haben zahlreiche in dieser Richtung angestellte wissen» schaftliche Untersuchungen stets Misserfolge ergeben. Wahrscheinlich handelt es sich um Kreuzungserschei» nungen, die bereits auf das befruchtete Ei einwirken (ähnlich wie bei Solanum», Lilium», und Zea»Arten), vielleicht auch um die Früchte der Filialgeneration eines Fig. 1706. C itr u s m e d ic a L. var. m a c r o c a r p a . a CedroBastardes. Diese sonderbaren Formen lassen sich Frucht. b Längsschnitt durch dieselbe. nicht durch Samen, wohl aber durch Stecklinge ver» mehren, sind teilweise vollständig konstant oder zeigen neben den Bizzarien Rückschläge zur einfachen Frucht» form. In Italien finden sich seit 1 Jahrhunderten zahlreiche solche Bäume in Kultur. — C. m é d i c a L. Z i t r o n e (im w e i t e s t e n Sinne), Medischer Apfel. Fig. 1704 a und e bis h, 1706, 1707, 1708, 1709. Strauch oder kleiner, 5 bis 10 m hoher Baum mit meist rötlichen Sprossen. Laubblätter kahl. Blüten männlich und zwitterig, mit meist rötlichen Kronblättern. Frucht kugelig, eiförmig oder länglich, mit in der Regel zitzenförmigem Ende. Nach H o o k e r f . in den Tälern am Fuss des Himalaya von Gurhwak bis Sikkim, in den Khasia» und Garrowbergen, Chittagong, den Westghats und im Satpuragebirge, nach B o n a v i a dagegen wahrscheinlich in Cochínchína und China heimisch und von da durch die Kultur westwärts bis Medien und Persien verbreitet, wo sie um 300 v. Chr. den Griechen bekannt wurde (Medischer Apfel).12) Zerfällt in folgende Unterarten: subsp. g e n u i n a Engler. Fig. 1706. Laubblätter auf meist ungeflügelten Blattstielen, länglich, gesägt oder gekerbt. Frucht länglich, oft mit Längs» und Querfurchen versehen oder warzig, gelb, mit dickschaligem Pericarp (mit dicker, süsslicher Innenrinde) und fehlender oder schwach entwickelter, saftarmer, saurer (var. T u r u n j 2) Bonavia) oder süsser (var. Ma d y k u n k u r * ) Bonavia) *) Zur Art gehörige Keimpflänzchen wurden auf Küchenabfallplätzen bei Mannheim und Solothurn festgestellt. 2) und s) Indische Namen der beiden Formen.

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65 Tafel 176. Fig. 1. 1 a. lb. yy 1 c. Id. V yy 2. yy

11

2 a. yy 2b. yy 2 c. yy

yy

2d.

a l b a (pag. 74). Blühender Spross. Balglrucht. Hochblatt. Samen. Querschnitt durch eine Teilfrucht. R u t a g r a v e o l e n s (pag. 69). Blühender Spross. Blüte. Längsschnitt durch den Fruchtknoten. Teilstück aus dem Laubblatt mit Oeldrüsen. Oeldrüse.

D ic ta m n u s

Fig. 3. yy yy yy yy yy yy yy

3 a. 3b. 4. 4 a. 4b. 4 c. 5.

5 a. 5b. yy yy 5 c. yy

P o l y g a l a C h a m a e b u x u s (pag. 91). Blü­ hender Spross. Fruchtknoten mit Griffel. Blühender Spross der var. g r a n d i f l o r a . P o l y g a l a a m a r a (pag. 108). Habitus. Blüte. Staubfadenröhre aufgeschnitten. Samen. P o l y g a l a v u l g a r i s (pag. 101). Blühender Zweig. Flügel. Kapsel. Samen.

Pulpa. Aus ihr sollen folgende zwei Kulturformen hervorgegangen sein: var. l a g e n i f ö r m i s Roemer ( = C. Medica cucurbitina Risso et P oit, = var. cylindrica hört.). E s r o g , Ethrog (der Juden), Echter Adams, oder Paradiesapfel. Ital.: Cedro di Sorrent. Frucht rundlich bis länglich, an der Spitze nicht zitzenartig auslaufend, 10 bis 20 cm lang und bis 15 cm breit, mit dickem (mitunter über 3 cm starkem) Perikarp, hellgelb, angenehm duftend. Der Hauptsitz der Kultur befindet sich auf Korfu, von wo aus die Früchte nach Triest als Versand, mittelpunkt gebracht werden. Die Esrog.Zitrone spielt im religiösen Leben der Israeliten eine grosse Rolle. Sie gilt als die Frucht vom Baume der Erkenntnis und zusammen mit dem Palmblatt, der Myrte und Bach» weide als Symbol des Schöpfers bei seiner Vereinigung mit den Menschen. Am höchsten werden aus Palästina stammende Früchte ge= schätzt, sodass sich die Kultur des Baumes in den dortigen Jüdischen Bauernsiedelungen immer mehr ausdehnt und Vereine russischer Juden sogar eigene Pflanzungen angelegt haben. Aehnlich wie gegenwärtig in manchen Gegenden (Pfalz) bei uns die echte Zitrone, wurden bereits bei den alten Juden Ethrog.Zitronen bei Begräb» nissen getragen, eine Sitte, die aus Indien stammt, wo gegenwärtig noch Frauen, die ihrem verstorbenen Gatten durch den Flammentod folgen wollen, als Symbol der Zusammengehörigkeit mit dem Verstorbenen eine Zitrone mit nach dem Scheiterhaufen tragen. S t r a s b u r g e r glaubt, dass dieser Brauch bei Begräbnissen ur» sprünglich durch die fäulniswidrigen Eigenschaften und den starken Duft der Frucht bedingt worden sei und erst später seine symbolische Bedeu» tung erlangt habe. — var. m a c r o c ä r p a . Zitronat.Zitrone, „Cedro“. Fig. 1705 und 1706. Frucht gross, bis 1 (2,3) kg schwer1), mit meist runzeliger Aussenschale, sehr dicker, weisser Innenschale und fast fehlender Pulpa. Der Ethrog.Zitrone sehr nahestehend. Die Kultur beschränkt sich fast ganz auf das Mittelmeergebiet (Italien, Spanien). In Palästina wird die Rasse bereits im 6. Jahrhundert aus dem Jordantal bei Jericho genannt. Die unreifen, grünen Früchte werden geschält, die Innenschale kandiert und in der Konditorei und Küche als Zitronat (Sukkade) benutzt. Während des Krieges wurde als Ersatz Kürbis» Zitronat empfohlen. — subsp. B a j o i v i a , Bona via ( = C. medica Fig. 1707. C i t r u s m e d i c a L. subsp. L im o cedro Gallesio). Cedro.Limone. Franz..- Cedratier; engl.: Citron,n u m (Risso) Hook. f. Fruchtzweige der Zitrone, ital.: Cedro. Laubblätter am Grunde mehr eiförmig. Frucht dünn» schaliger, mit dickerer, saftreicherer und saurer Pulpa. Aus der Schale wird das gelbe, Citral enthaltende, dem Zitronenöl ähnliche Cedro» oder Cedratöl gewonnen. Zu dieser Unterart zieht E n g 1e r auch die var. R i v e r s i i Hook, f., engl.: Bivers Bijou Lemone, einen kahlen, fast unbedornten Strauch mit elliptischen, gesägten Laubblättern auf berandeten oder schwach geflügelten Stielen, meist paarweise in den Blattachseln stehenden Blüten und kugeligen, 2,5 bis 4 cm dicken Früchten, der von den Azoren nach England als Zierpflanze eingeführt worden ist. — subsp.*) *) Nach M. R i c k l i erreichen die Früchte die Grösse eines mittelgrossen Kürbis.

66 L i m ö n u m 1) (Risso) Hook, f., Z i t r o n e (aus historisdien Gründen besser: Limone). Franz.: Limonier, citron« nier; engl.: Lemon; ital.: Limone. Laubblätter bis 16 cm lang, auf berandeten oder sehr schwach geflügelten, 1 cm langen Stielen, spitz, meist unregelmässig drüsig gekerbt-gezähnt. Blüten mittelgross, einzeln oder in kleinen Trauben in den Blattachseln. Kronblätter innen weiss, aussen rötlich, leicht abfallend. Frucht eiförmig bis eikugelförmig, rauh, an der Spitze meist mit einem zitzenförmigen Fortsatz, dünnschalig, gelb, selten grün, 8» bis lOsfächerig. Samen zahlreich. Die wichtigsten Formen sind: var. v u l g a r i s Risso. Malta»Zitrone. Laubblätter auf ungeflügelten Blattstielen, kerbig gesägt oder gekerbt. Frucht meist eiförmig, anfangs blass, später dunkelgelb. Heimat: Täler und Bergwälder des südlichen und östlichen Himalaya; gegenwärtig nament» lieh im Mittelmeergebiet (besonders Sizilien, Spanien und am Gardasee), Westindien und Nordamerika (Florida, Louisiana und Kalifornien) gebaut. Die Zeit der Einführung ist völlig unsicher. Sie soll unter den römischen Kaisern nach Aegypten gekommen sein. Fraglich sind auch die späteren Angaben von A p i c i u s C a e l i u s ,

Fig. 1708.

C itr u s m e d ic a L. subsp. L im o n u ra (Risso) Hook. f. Zitronen-Pflanzung bei Limone am Gardasee. Phot, f A. D o p f e r , München.

P l i n i us , T r a v e l l i a n u s bis hinein in das späte Altertum. Selbst unter Kaiser Friedrich II. war sie noch auf Sizilien unbekannt. Hingegen scheint sie im 12. Jahrhundert zuerst in Spanien und etwas später in Palermo gezogen worden zu sein. 1283 traf B u r c h a r d u s de M o n t e S i o n in Palästina Naranges (Orangen), Lemones (Zitronen), Poma citrina (C. medica) und Poma ade (C. decumana) an. Durch Handelsleute, Pilger und Kreuzfahrer wurde die Frucht weiter verbreitet. 1369 wurden die ersten Bäume in Genua gepflanzt, im 15. Jahrhundert kannte man sie an der Riviera di Ponente, I486 in Savona, 1494 auf den Azoren. Im Woyssel’schen Garten wurde sie unter den Namen Citrus arborescens aliquot gezogen. — var. p u s i l l a Risso. Stark dorniger Strauch. Laubblätter auf schmal geflügelten Stielen. Blüten klein (die kleinsten aller Citrus«Formenl), meist zu 3 in den Blattachseln; Mittelblüte meist zwitterig, Seitenblüten männlich, 4»zählig. Kronblätter 1 bis 1,2 cm lang, weiss, aussen schwach rosa überlaufen, verbleichend. Staubblätter meist 20, bis zum Grunde getrennt. Frucht bis 4 cm lang, ovahkugelförmig, mit kurzer Zitzenbildung, 8» bis lO-fächerig, reif grün. Nach S c h w e i n f u r t h (Sammlung arabisch-aethiopischer Pflanzen, in Bulletin Herb. Boissier, VII. App. II, 1899) in Erythraea wild; vielfach im Orient und im östlichen Afrika gepflanzt. Wahrscheinlich ist auch die in niederen Lagen in Indien angetroffene C. m e d i c a var. ä c i d a Brandis mit dieser Form identisch. Sie kommt auch ohne menschliche Pflege sehr leicht fort und ist sehr formbeständig. Nach S c h w e i n f u r t h dürfte*) *) Aus dem ital. limone (franz.: limon) entlehnt und auf das pers. limun = Zitrone zurückgehend; daraus abgeleitet Limonade (mit Zitronensaft und Zucker versetztes Wasser).

67 sie die Stammform der wilden Zitrone sein. Die Früdite dienen in Mitteleuropa in erster Linie als Zutaten zu Küchen» speisen und nach orientalischer Sitte zur Herstellung der erfrischenden Zitronenlimonade. Diese Zubereitung erfreute sich unter dem Kardinal Mazarin in Frankreich grosser Beliebtheit und veranlasste das Auftreten der ersten „Limonadiers“, die bald eine ähnliche Rolle wie gegenwärtig die „Cafetiers“ spielten. Der W ert des Getränkes beruht nicht nur auf seiner erfrischenden, sondern auch auf der fäulniswidrigen Wirkung. In den Kräuterbüchern des Tabernaemontanus heisst es, dass der Zitronensaft „nicht allein wider die innerliche Fäulung und das Gift sehr gut und kräftig“ sei, sondern auch „gegen alle Traurigkeit und Schwermütigkeit des Herzens und die Melancholey“. Die Rinde widerstehe dem Gift, „dann zur Zeit der Pest soll man sie in den Mund halten, auch einen Rauch damit machen“. Der Saft gilt heute als ausgezeichnetes Mittel gegen Scorbut (Mund» und Zahnfleischfäule) und muss deshalb nach den bestehenden Verordnungen von Schiffen auf weiten Seereisen mitgeführt werden. Auch bei Gicht, Fieber und Wassersucht wirkt Zitronensaft mildernd. Auf die rituelle Verwendung wurde bereits bei der Ethrog»Zitrone aufmerksam gemacht. Hinzuzufügen ist, dass auch in gewissen Gegenden Konfirmanden, Firmlinge oder Leichenträger (Pfalz) Zitronen tragen. Unge» klärt ist der Brauch, Schweinsköpfen eine Zitrone in das Maul zu stechen. Für Mitteleuropa kommen als Haupteinfuhrländer namentlich Süditalien, Sizilien und Spanien in Frage. Eigenartige Kulturen finden sich am Gardasee, wo die Bäume im Winter ein» gedecht werden müssen (Fig. 1708). In Süddeutsch» land wird dem Weizenbier beim Ausschenken häufig ein Stück Zitrone beigegeben. Italien erzeugt im Jahr durchschnittlich 7 Milliarden Zitronen, von denen ein Drittel im eigenen Lande verbraucht, ein Drittel ausgeführt und ein Drittel zu zitronensaurem Kalk und Zitronenessenz verarbeitet wird. Die Haupt» zitronengebiete Siziliens liegen bei Catania und Messina. Gut gepflegte Bäume können bis 1200, in Ausnahmefällen sogar 2000 Früchte tragen. Nach Deutschland wurden 1912 413000 Zentner, nach Oesterreich 420 000 Zentner, nach Grossbritannien 464 000 Zentner und nach Amerika 760 000 Zentner geliefert, wobei bei Nordamerika zu bedenken ist, dass dieses Land seinen Bedarf in zunehmendem Masse aus seinen eigenen Südstaaten (Florida und Kalifornien) deckt. Das durchschnittliche Frisch» gewicht der Frucht beträgt nach K ö n i g 153,1 g, das sich folgendermassen verteilt; Schale 38,49 %, Fruchtfleisch 59,22%, Kerne 2,29%, Wasser 82,64%, Invertzucker 0,37 °/o, Zitronensäure 5,39%, Stickstoff» Substanz 0,74 % und Aschenrückstände 0,56%. Der Saft enthält 10,44% Extrakt, 1,42% Invertzucker, 0,52% Rohrzucker, 5,83 % Zitronensäure, 0,32 °/o Stickstoffsubstanz, 0,20% Asche. Für den Grosshandel wird der Saft aus Zitronen, Cedrolimonen, seltener aus Bergamotten oder (in Westindien) aus Limetten gewonnen. Der Ver« sand erfolgt entweder in einer nach einem älteren Verfahren durchgeführten Eindickung auf 55 bis 60°/o Zitronen» säure (Agro catto), oder aber neuerdings in Form von Zitronenkalk (Citrato di calce, Tricalciumcitrat), der in Nordamerika, Frankreich, Deutschland und England auf Zitronensäure verarbeitet wird. Der Saft kann durch Aufkochen mit 10°/o Zuckerlösung haltbar gemacht werden. Synthetisch hergestellte Zitronensäure ist gegen» wärtig noch zu teuer. Das abgeschälte Flavedo der Frucht liefert die C ö r t e x F r ü c t u s C i t r i oder das Pericärpium Citri (Cörtex limönis) (Pharm. Germ., Austr. et Helv.), die missfarbig gelblich, schwach bitter schmeckend und fast geruchlos ist. Ihr Gehalt an ätherischen Oelen ist gering, dagegen findet sich darin Hesperidin. Die Droge hat nur geringe Bedeutung als würzender Zusatz, z. B. zum Sirupus Melissae com* positum. Durch Pressen der von nicht ganz reifen Früchten stammenden Schalen wird das Oleum Citri (Oleum limonis, Zitronenöl) von hellgelber Farbe und aromatischem, etwas bitterem Geschmacke gewonnen. Es enthält be» sonders d»Limonen, ferner j9»Phellandren, verschiedene Pinene, Terpinen, Camphen, Octylen, Geranylacetat usw. Im Handel befindet sich auch ein terpenfreies Zitronenöl (Konzentriertes Zitronenöl), das 30 mal stärker als das natürliche Oel ist. Wie das Pomeranzenöl ist auch das Zitronenöl wenig haltbar (selten mehr als 1 Jahr) und verharzt leicht. Es wird häufig und mitunter sehr geschickt mit Alkohol, Pomeranzenöl, Paraffinöl,

68 Ricinusöl, Stearin, Terpenen und besonders Terpentinöl verfälscht. Man verwendet es medizinisch als Würzmittel, im Haushalt als Zusatz zu Gebäck, zur Herstellung von Parfümen, in der Likör« und Limonadenfabrikation und benützt es auch häufig als Beimischung des Cetratöles. Laubblätter, Zweige und unreife Früchte liefern das Petitgrain« oder Citronnier»Oel, das Citral enthält. — var. L ü m i a Engl. ( = C. Limetta var. parva Risso et Poit.). Junge Schösslinge grün. Blüten 3 bis 4 cm im Durchmesser, aussen hellrot bis weisslich, grün punktiert. Früchte (Limi di sponga) abgeplattet«kugelig, mit kurz gestutztem Zitzenende. Die Schalen liefern ein Limettöl. — Eng verwandt mit dieser Form ist: var. L i m e t t a (Risso) Engl. Süsse Zitrone, Limette. Franz.: Limettier ordinaire; engl.: sweet lime of India. Aeste ausgebreitet. Junge Zweige grün, spärlich und klein dornig. Laubblätter auf kaum geflügeltem Stiel, länglich verkehrteiförmig, spitz, schwach gezähnt. Blüten mittelgross. Kronblätter weiss, aussen grün punktiert. Früchte kugelig, mit dickem Zitzenfortsatz und stehenbleibendem Griffel, ziemlich glatt, hellgelb ; Pulpa weiss, süss oder säuerlich, oft fade und schwäch bitter schmeckend, meist 8» bis 10»fächerig. Samen wenige. Die gepressten Schalen liefern das dem Bergamotteöl ähnliche Limettöl. — Von den übrigen, aber für Mitteleuropa belanglosen Formen sei die var. d i g i t ä t a Risso genannt, deren Fruchtblätter frei endigen und die Gestalt einer Hand besitzen. Als „Buddhas Finger“ wird diese sonderbare Missbildung mit Vorliebe um chinesische Tempel und in Gärten gepflanzt (Fig. 1710c). — C. h y s t r i x DC. ( = C. Papeda Miqu., = C. latipes Hook. f.). Laubblätter eiförmig, elliptisch oder lanzettlicb, i so lang wie der sehr breit geflügelte Blattstiel. Blüten klein. Frucht kugelig oder eiförmig. Heimisch auf dem malayischen Archipel und auf Timor. Wertvoll ist die subsp. ä c i d a (Boxb.) Bonavia ( = C. Limonellus Hassk., = C. Lima Mc. Fad, = C. Javänica BL). Limonelle, Citronelle, saure Limette. Engl.: Sour lime of India. Geflügelte Blattstiele mehrmals kürzer als die ovale Spreite. Blüten häufig 4»zählig. Früchte klein, mit sehr saurem, aber aromatischem und äusserst saftreichem Fruchtfleisch. Sie ersetzt in den meisten und namentlich in den feuchten Tropenländern die Sauer»Zitrone (C. medica subsp. Limönum) und wird in bedeutendem Masse zur Herstellung von Limettensaft (lime Juice) verwendet, der in gleicher Weise wie Zitronensaft zur Bereitung von Limonaden usw. benutzt wird. Auch Zitronensäure und ätherisches Oel werden aus der Frucht bereitet. Die Hauptkultur liegt in Westindien. 1. Blüten zygomorph, gross, 5«zählig. Kronblätter weiss, rötlich oder rot, dunkler purpurn geadert. D i c t a m n u s CCCCXLVIII. V. Blüten strahlig, 4« bis 5»zählig. Kronblätter g e l b ................................................ R u t a CCCCXLVII.

CCCCXLV1I. R üta1) L. R au te. Franz.: Rue; engl.: Rue; ital.: Ruta. Stauden und Halbsträucher mit zahlreichen, warzenförmig vortretenden, stark riechenden, lysigenen Oeldrüsen. Laubblätter wechselständig, einfach, dreizählig oder einfach bis mehrfach fiederschnittig. Blütenstand dichasial, aus zu end* ständigen Rispen oder Scheindolden zusammen* gesetzten Doppelwickeln gebildet. Blüten zwit* terig, radiär, die endständigen 5*zählig, die seitenständigen 4* oder 5*zählig. Kelchblätter 4 oder 5, am Grund dl vereint. Kronblätter 4 oder 5, schmal verkehrt*eiförmig, oft gezähnelt oder gefranst, hell* bis dunkelgelb, in der Knospenlage dachig. Staubblätter 8 oder 10, ob* diplostemon, am Grund des stark polsterförmig ent* wickelten Diskus (Fig. 1710) eingefügt, mit pfriem* liehen, am Grund verbreiterten Filamenten und länglichen Antheren. Fruchtblätter 4 oder 5, mit vielen Samenanlagen, zu einem tief gelappten Frucht* knoten mit mittelständigem, eine kleine Narbe tragen* dem Griffel vereinigt. Kapsel 4* oder 5*lappig, nicht oder am Scheitel aufspringend. Samen kantig, höckerig (Fig. 1714 e), mit Nährgewebe. Embryo leicht gekrümmt. l) Lateinischer Name von R. graveolens und R. montana, z. B. bei C i c e r o , O v i d und C o l u m e 11a, als gr. §vTT] [rhyte] bei Nikandros, angeblich verwandt mit gr. q v e o & c u [rhyesthaij = hemmen, retten und q v e iv

69 Die der altweltlichen Nordhemisphäre angehörende Gattung umfasst über 50 Arten, von denen die artenarme Untergattung E u r ü t a Engl. 4»zählige Seitenblüten mit meist gezähnelten oder gefransten Kronblättern und stets kahlen Staubblättern, sowie fiederspaltige bis mehrfach fiederteilige oder gefiederte Laubblätter besitzt, während die Untergattung H a p l o p h y l l u m (Juss.) Engler mit etwa 50 Arten fast immer 5»teilige Blüten mit ganzrandigen Kronblättern und mitunter behaarten Staubblättern, sowie ungeteilte bis 3»teilige oder fiederteilige Laubblätter aufzuweisen hat. Die erstgenannte Untergattung ist vorzugsweise mediterran, greift aber z. B. mit der strauchigen, auf Palma endemischen R. p i n n ä t a L. f. auf die Kanarisdien Inseln über. Häufigere, zu dieser Gruppe gehörende Arten sind ausser der auch im Gebiet auftretenden R. g r a v e o l e n s L. (pag. 69) R. m o n t ä n a L. ( = R. legitima Jacq.), von ersterer durch schmallineale Blattabschnitte und noch stärkeren Geruch verschieden (von Portugal und Marokko bis zum Kaukasus verbreitet), und R. C h a l e p e n s i s L., mit gefransten Kronblättern (von den Kanarischen Inseln, Portugal und Marokko bis zur Türkei ziehend). Die sehr formenreiche Untergattung H a p l o p h y l l u m findet sich vorwiegend im östlichen Mittelmeergebiet und Zentralasien, weniger in Ober» italien, Südspanien und Nordafrika. Sie ist dadurch systematisch von Bedeutung, dass sich bei ihr Verminderung der Zahl der Samenanlagen von 6 auf 2, sowie auch geschlossene Teilfrüchte an Stelle der aufspringenden finden. V on dieser den Steppen eigenen Gruppe tritt im Gebiete nur R. P a t a v i n a L. (pag. 73) auf, die zu der 32 Arten umfassenden Sektion der B i o v u l ä t a Boiss. (mit je 2 Samenanlagen in jedem Frucht» knotenfach) zählt. Entsprechend den klimatischen Verhältnissen finden sich in der Gattung alle Uebergänge von der Staude zum Halbstrauch und auf den Kanarischen Inseln sogar zu der oben erwähnten Strauchform. Den Ursprung der Gattung sucht E n g l e r in einer ostasiatischen hypothetischen Stammform, aus der sich andererseits die gegenwärtig monotypische, in den Gebirgsländern von Khasia, dem Himalaya und den Ge» birgen Chinasund Japans heimische Gattung B o e nni ng » h a u s e n i a Rchb. entwickelt haben soll. 1. Laubblätter unpaarig gefiedert, mit 1 bis 3 fiederspaltigen Fiedern. Seitenblüten stets 4»teilig. Staub» blätter k a h l ......................R. g r a v e o l e n s nr. 1807. 1*. Untere Laubblätter ungeteilt, die übrigen 3»zählig eingeschnitten. Blüten meist alle 5»teilig. Staub» blätter am Grunde spärlich bärtig. R. P a t a v i n a nr. 1808.

1807. Ruta graveolens L. W e i n r a u t e , Gartenraute, Kreuzraute. Franz.: Rue, rue des jardins, rue puante (in der Westschweiz.: Rue, roue, rotta); engl.: Rue; ital.: Ruta (im Tessin: Erba rüga). Taf. 176, Fig. 2 ; Fig. 1710 bis 1713. R a u t e (mittelhochd. rüte) ist ein Lehnwort aus dem gleichbedeutenden latein. ruta. Die nieder» Fig. 1711. R u ta g r a v e o l e n s L. a und b Diagramm und Ent­ faltungsfolge der Staubblätter (nach G o e b e l). c Blütendiagramm deutsche Form lautet R u e , die alemannische Rüt e( n) . (nach M a r k ta n n e r ). d Keimpflanze. Nach dem weinähnlichen Geruch heisst die Pflanze im Bayerisch»österreichischen auch W e i n (n) r a u t (e) n , W e i n k r a u t . Andere Benennungen sind ferner D r ö e g » bl a d, P i n g s t wu t t e l (Untere Weser), T o t e n k r ä u t e l (Oesterreich).

Kräftige Staude mit holziger Wurzel und schiefem, ästigem Erdstock, zuweilen fast halbstrauchig. Sprosse kahl, bleichgrün, d: dicht mit punktförmig durchscheinenden bis warzig vortretenden Oeldrüsen von herbaromatischem Geruch besetzt. Stengel starr aufrecht, 2 bis 5 (9) dm hoch, meist nur am Grund und im Blütenstand verzweigt, stielrund, unterwärts dl ver* holzend, dl 9 bis 12 Laubblätter in 3/s Stellung tragend. Laubblätter dl 4 bis 11 cm lang und 3 bis 7 cm breit, unpaarig gefiedert, mit 1 bis 3 fiederspaltigen Fiedern, mit spateligen bis lanzettlichen, vorn sehr fein gekerbten oder gesägten Endabschnitten, etwas fleischig, bleich gelblich* oder bläulichgrün, mit nur unterseits deutlichen Mittelnerven. Blütenstand trugdoldig, aus in wicklige Aeste ausgehenden Dichasien mit ungeteilten und 3*spaltigen Ffochblättern [rhyein] = fliessen machen. Das davon abgeleitete Raute bezeichnet auch eine ganze Reihe anderer Pflanzen mit i rauten» oder rhombenförmigen Blattabschnitten, so Botrychium (Bd. I, pag. 44), Thaliclrum (Bd. III, pag. 587) und Artemisia»Arten. D i o s k u r i d e s unterschied ähnlich wie auch T h e o p h r a s t und G a l e n 3 Arten von n ryu v o v [peganon], von denen er für n r y a r o v xr\nalov [peganon käpaion] als römischen Namen ruta hortensis und für nriyavov oqeivov [peganon oreinön] ruta montana angibt, wogegen die dritte Art wohl Peganum Harmala ist.

70 zusammengesetzt. Endblüten 5*zählig, Seitenblüten 4*zählig. Kelchblätter eiförmigdanzettlich, kurz verbunden, bei der Fruchtreife abfallend. Kronblätter spatelig, 6 bis 7 mm lang, löffel* förmig ausgehöhlt, kapuzenförmig eingekrümmt, am Rand dl gezähnelt, lebhaft grünlichgelb, drüsig punktiert. Staubblätter doppelt so viel als Kronblätter, mit dünnen, aussen an dem kugelförmigen Diskus inserierten Filamenten und länglichen, sich mit Längsrissen nach innen öffnenden Antheren. Fruchtblätter 4 oder 5, mit eingesenkten Drüsen, einen gelappten Fruchtknoten mit kurzem Griffel bildend. Frucht eine fachspaltige, vielsamige Kapsel. Samen kantig, mit brauner, grob* höckeriger Schale; Nährgewebe mit leicht ge* krümmtem Embryo. — VI bis VIII. An trockenen, warmen Felshängen, auf Felsschutt, in Felsensteppen im Mittelmeergebiet; nördlich der Alpen meist nur als Heil* und Ge* würzpflanze kultiviert und an Burghügeln, in Wein* bergen, auf alten Mauern, in Kiesgruben verwildert. A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Balkan* halbinsel bis Siebenbürgen und zum Karst, Ober* und Mittelitalien. Im übrigen Europa häufig kulti* viert und namentlich in den Südalpen, in Süd* frankreich und Spanien völlig eingebürgert. Die somit in ihrer ursprünglichen Verbreitung recht beschränkte, aber durch die Kultur sehr weit ver» breitete Art zerfällt in die beiden Unterarten? subsp. divaricäta (Tenore) Gams ( = R. divaricata Tenore, = R. graveolens L. var. divaricata Engler). Fig. 1712. Stengel i 1Va bis 4 dm hoch. Laubblätter gelblichgrün, fast geruchlos, eiförmig; die Endabschnitte lanzettlich, ± 1 bis 2 1/i cm lang und 2 bis 4 mm breit. Kronblätter ziemlich kurz genagelt, deutlich gezähnelt. Kapsel nur seicht gespalten. Die Wildform der Karstheiden um das Adriatische M eer; im Gebiet ausser im Küstenland nur noch im südlichen und südwestlichen Krain (Innerkrainer Karst von Sturija bei Heidenschaft bis zu den Süd» und Ostabstürzen des Nanos, über den Skolj, Gabrk, die Vremscica, Osojnica und den Bergrücken Tahor bis an den West» und Südfuss des Schneeberges bei Laas), im Karstgebiet jedoch sehr verbreitet. Nicht in Kultur. Bei der typischen Form (f. g e n ü i n a Fig. 1712. R u ta g r a v e o l e n s L. subsp. d i v a r i c a t a Pospichal). sind die Blattabschnitte i 2 cm lang und 3 bis (Tenore) Gams, a Habitus, b Blüte, c Frucht. 4 mm breit, bei f. c r i t h m i f ö l i a (Moricandi) Bartling, die besonders an den Steilabstürzen des Karstes von Auresina bis Sistiana auftritt, nur ± 1 cm lang und 2 mm breit. subsp. hortensis (Miller) Gams ( = R. hortensis Miller, == R. graveolens L. var. y). Fig. 1713. Stengel i 3 bis 5 (9) dm hoch. Laubblätter mehr bläulichgrün, stark aromatisch, von mehr dreieckigem Umriss; die Endabschnitte verkehrbeiförmig oder spatelig, i 1 bis t l(a cm lang und 27a bis 5 mm breit. Kronblätter länger genagelt» weniger stark gezähnelt. Kapsel tiefer gespalten, mit grösseren, eingesenkten Drüsen. Blüht später als die vorige. Allgemein kultiviert und in Südeuropa vollständig verwildert, aber wohl überall (auch in Italien und den Illyrischen Ländern) von sehr zweifelhaftem Indigenat und daher wohl nur eine Kulturrasse der vorigen Unterart. In D e u t s c h l a n d namentlich auf den Burghügeln des Ober» und Mittelrheingebiets verwildert, so am Kaiserstuhl (Sponeck), bei Sinsheim (Steinsberg), früher am Lahnufer oberhalb Niederlahnstein (durch Eis» gang zerstört), im Eisass (z. B. Wildenstein), in der Pfalz, in Hessen (Badenstein), ferner z. B. auf der Reichenau im Untersee, vielfach im Schwäbisch»Fränkischen Jura, vereinzelt auch in Südbayern (Bad Oberdorf, Weissach bei Tegernsee, München, Dillingen), in Nassau (Braubach am Badenstein, in Westfalen am Katthagen unter

71 Fürstenberg (erfriert dort leicht), in Hannover zwischen Bischhausen und Freudental (seit 1923 gesetzlich geschützt), Thüringen (bei Gross»]ena, Eilenburg, Werratal), bei Freiberg a. U. usw. Auch in Norddeutschland vorüber» gehend als Gartenflüchtling, doch daselbst viel seltener kultiviert. — In O e s t e r r e i c h völlig eingebürgert (und daher meist als wild angegeben) im Küstenland (aber viel seltener als die unzweifelhaft wilde subsp. divari» cata, so bei der Porta di ferro, im Quistotal, am Sissol ob der Ruine Wachsenstein) und in Südtirol (be» sonders am Gardasee und im Trentino, ferner bei Stenico, um Bozen, Meran und Brixen, am Ritten bis 1100 m), vereinzelt verwildert auch in Vorarlberg (Feldkirch, nach M u r r früher [z. Z. des Weinbaues] häufig verwildernd, jetzt von ihm nicht mehr angetroffen), in Niederösterreich (z. B. imFörthofgraben bei Stein, am Mitter» berg bei Baden), Böhmen (z. B. in Weinbergen zwischen Czernosek und Leitmeritz, zwischen Wettel und Gastorf, auf dem Wostray bei Milleschau) usw. — In der S c h w e i z völlig eingebürgert an Felsen um den Luganer» und Langensee, im Rhonetal (am Genfersee, bei Bex, um Schlösser und Klöster von St. Maurice [z. B. bei Véressaz, von da neuerdings wieder sekundär in die Bauerngärten der weiteren Umgebung als Abortivum verpflanzt], Sitten, Siders und Varen) und am Neuenburgersee (St. Aubin, Grandson), vereinzelt als Gartenflüchtling auch z. B. bei Basel, bei Grenchen, Vill» mergen (Dechenhübel), Stein a. Rh. und im Unterengadin. — Alle Angaben über wirk» lieh wildes Vorkommen bedürfen durchaus der Bestätigung. Ruta graveolens ist als mediterrane Felsenpflanze recht wärmebedürftig, worauf wohl auch ihre Vorliebe für Kalk beruhen dürfte. Sie wächst auch auf kalkhal» tigern Eruptivgestein (z. B. auf Basalt). Die Blüten gelten als proterandrische „Ekel» blumen“, deren scharfer Geruch ausser anderen Dipteren und Hymenoptera besonders gern fäulnisliebende Fliegen anlocht. Der Nektar wird auf dem Diskus, namentlich in 8 oder 10 Grübchen desselben, ganz offen abgesondert. Die Antheren führen sehr eigenartige Wachstumsbewegun» gen aus, die zuerst von L i n n é 1735, dann von K o e l r e u t e r , S p r e n g e l u. a. be» schrieben und zuletzt von W. T r o l l ex» perimentell untersucht worden sind. Bei der Entfaltung der Krone krümmen sich die Staubblätter durch epinastisches Wachs» tum an ihrer Basis nach aussen und drücken gegen die Kronblätter (werden diese entfernt, geht die Bewegung noch weiter); hierauf tritt hyponastisches Wachstum ein, sodass sich die Fig. 1713. R u ta g r a v e o l e n s L. subsp. h o r t e n s i s (Miller) Gams. Staubblätter in bestimmter Reihenfolge über Phot, f A. D o p f e r , München. die Narbe (nach Entfernung des Frucht» knotens noch weiter) krümmen. Während sich die Narbe öffnet, krümmen sie sich wieder nach aussen, aber nicht mehr bis in die horizontale Lage. Die ganzen Bewegungen sind von Längenwachstum begleitet. Das Filament streckt sich von 5 auf 7,9 mm. Nur am Grund sind sie dorsiventral gebaut und nur dort tritt das epinastische und hyponastische Wachstum ein. Bei 17° dauert die erste Aufwärtskrümmung 2 x/ä Stunden, die Ruhepause über dem Griffel 6, die Rüde» krümmung 6 (insgesamt 14 Va) Stunden, bei 35° die Aufwärtskrümmung */■*, die Ruhe 2, die Rüdekrümmung l 1/* Stunden. Während also die Gesamtbewegung dann nur 5*/* Stunden braucht, kann sie sich bei kalter Witterung auf mehrere Tage ausdehnen. Die von mehreren Autoren beschriebene Wiederaufrichtung der Staubblätter nach der 2. Aufwärtskrümmung ist eine blosse Welkungserscheinung und hat mit normaler Selbst» bestäubung nichts zu tun. Wenn überhaupt kein Insektenbesuch eintritt, was nur bei sehr nasser Witterung der Fall ist, verdirbt der sehr leicht keimende Pollen ohnedies. Die ersten Bewegungen sind dagegen autonom

72 und von Belichtung und Schwerkraft unabhängig. Auch die Entfaltungsfolge der Krön» und Staubblätter, in der sich eine verstechte Zygomorphie („Kryptodorsiventralität“ nach G o e b e l ) äussert, kann durch experimentelle Eingriffe wie Exstirpationen nicht verändert werden. Die teleologischen Deutungen dieser Bewegungen sind nach v. G o e b e l (Entfaltungsbewegungen 1920, pag. 312) und W. T r o l l (Diss. München, 1921) gänzlich hinfällig-, es handelt sich vielmehr um einen periodischen Wachstumsvorgang. Als Bestäuber kommen kleine Hyme» nopteren (bisweilen aber auch Bienen und Wespen) sowie nach S c h u l z Käfer in Betracht. Die Keimung erfolgt nach K i n z e 1 langsam und wird durch Dunkelheit und Frost begünstigt. — Die Raute ist gleich mehreren scharf riechenden Umbelliferen eine der Hauptnährpflanzen der Schwalbenschwanzraupen (Papilio Machäon). — Die sowohl auf den Sprossen wie an allen Blütenteilen reichlich vorhandenen, durch Auflösung kugeliger Zellgruppen entstehenden Sekretbehälter enthalten das stark duftende Rautenöl (Oleum Rütae, essence de rue), das aus dem frischen, vor dem Aufblühen gesammelten Kraut durch Destillation mit Wasserdampf zu etwa 0,06 °/o gewonnen wird. Es ist farblos, gelblich oder grünlich mit schwach blauer Fluoreszenz, von scharfem, bitterlichem Geschmack und Geruch und hat ein spezifisches Gewicht von 0,83 bis 0,85. Es besteht zum aller» grössten Teil aus Methylnonylketon. Daneben sind Methytheptytlketon (in deutschem Oel zu etwa 2,4 °/o, in algerischem Oel, das besonders von R. montana L. stammt, zu mehr als die Hälfte), Caprylsäure, Phenole, Ester usw. vorhanden. Die Gelbfärbung der Sprosse und Blüten rührt von dem gelben, sauren Glykosid des Quercetins, dem Rutin (C27H80O 16 4- 2 Hs O) her. Dieses wurde 1842 zum erstenmal durch W e i s s nachgewiesen. Später liess es sich auch in den Blütenknospen von Capparis spinosa, Fagopyrum sagittatum, Sophora Japónica usw. feststellen. Der technische Wert ist gering. Das Oel wurde bereits im 16. Jahrhundert (Berlin 1574, Frankfurt a. M. 1582, Nürnberg 1589) gewonnen 5 die Anwendung der Pflanze ist Jedoch viel älter. T h e o p h r a s t , P l u t a r c h , G a l e n , C o l u m e l l a , D i o s k u r i d e s , P l i n i u s u. a. berichten darüber. Die afrikanischen Namen (ägyptisch: epnubu, syrisch: harmala, bessasa usw.), die D i o s k u r i d e s überliefert, dürften sich freilich auf Peganum Harmala (pag. 41) beziehen. Nach P l i n i u s soll Mithridates von Pontus die Heilkräfte der Pflanze entdeckt oder doch als erster allgemein bekannt gemacht haben. Schon im Altertum wurde sie allgemein als wärmend, blasenziehend, Antispamodicum, Nervinum, Diaphoreticum, Diureticum, Emmenagogum, Abortivum, Anthelminthicum, Antisepticum, Gegengift gegen Schlangenbiss usw. in mannigfacher Form angewandt. Aeusserlich wurde sie inbesondere in Form von Salben gegen Kopfweh, Augen» und Ohrenleiden usw. ge» braucht. Frühzeitig gelangte die Raute auch über die Alpen, sie wird in mehreren Garteninventaren des 9. und 10. Jahrhunderts angeführt. Ganz besonders scheint die Schule von Salerno (Schola Salernitana) im 13. Jahrhundert zu ihrer Popularität beigetragen zu haben. Einige ihrer Sprüche lauten im Original und in einer Uebersetzung aus dem 17. Jahrhundert: Salvia cum Ruta faciunt tibi pocula tuta. Salbei und Rauten vermengt mit Wein, lassen dir den Trunk nicht schädlich sein. Nobílís est Ruta, quia lumina reddit acuta. Der Rauten Tugend ist die Augen heiter machen, durch Hülf der Rauten sieht der Mensch die schärfsten Sachen. Foenículus, Verbena, Rosa, Chelídonía, Ruta, Subveníunt oculís dirá calígine pressis, ex istis aqua fit, quae lumina reddit acuta. Der Fenchel und das Eisenkraut, die Ros, das Schellkraut und die Raut sind dienstlich dem Gesicht, das Dunkelheit anficht. Hieraus ein Wasser zubereit, das bringt den Augen Heiterkeit. Es würde viel zu weit führen, hier alle Anwendungsarten der Raute die z. B. T a b e r n a e » m o n t a n auf S 1/* Folioseiten mitteilt, wiederzugeben. Trotz des wenig angenehmen, besonders auch den Katzen, Mardern und Ratten widerlichen Geruches, wird die Pflanze doch da und dort als Gewürz zu Salat, Bäcke» reien usw. verwandt. Ausser gegen Erkältungen, Augen» und Ohrenleiden und Verdauungsstörungen wurde sie insbesondere gegen Eingeweidewürmer des Menschen und Pferdes, gegen Pest und andere ansteckende Krank» heften, gegen Epilepsie, Gicht, als Antiaphrodisiacum und als Abortivum gebraucht, besonders als letzteres auch heute noch da und dort im Volk. In Süddeutschland und in den Alpenländern wird sie auch wie die auch sonst ähnlich gebrauchten Rosmarin, Lavendel, Wermut, Eberraute usw. zu „RiechsträusschenÄ verwendet. Der englische Franziskanermönch B a r t h o l o m a e u s , ein typischer Vertreter der im 13. Jahrhundert herrschenden theologísch«naturwíssenschaftlíchen Schule, berichtet im Anschluss an die Beschreibung des allen lebenden Wesen den Tod bringenden Basilisken (eines Fabelwesens), dass dieses Tier einzig vom Wiesel bezwungen werden könne, falls letzteres zuvor Raute gefressen habe. Der ärztliche Gebrauch der Weinraute ist gegenwärtig, selbst in der homöotherapeutischen Schule sehr beschränkt, da die Nebenwirkungen des Krautes unangenehm sind. Bei gesunden Menschen bewirkt die aus der frischen Pflanze gewonnene Tinktur heftiges Hautjucken und Ausschläge, Erscheinungen, die bei empfindlichen Leuten schon durch längeres Berühren der Laubblätter hervor» gerufen werden. Die Tinktur bewirkt ferner das Auftreten melancholischer Stimmungen, lebhafte Träume, Störungen der Nachtruhe, Tagschläfrigkeit, migräneartige Kopfschmerzen, Schwindelgefühl, krampfhaftes Zucken

73 der Augenlider, Beeinträchtigung der Sehkraft, Muskelschmerzen, Verlangsamung des Pulses, Schüttelfrost, Blutungen der Nase und namentlich des Zahnfleisches, Atemnot, Erbrechen, Durchfall, Harnandrang mit Schmerzempfindungen, Anregung des Geschlechtstriebes usw. (H. S c h u l z ) . Erwähnt sei, dass man gegen» wärtig in gewissen Gegenden den Toten Kränze aus Raute um den Hals oder auf die Brust legt, die beim jüngsten Gericht zu lauter goldenen Blumen werden sollen. In Oberösterreich legt man ihnen, ehe der Sarg ge» schlossen wird, aus der Pflanze gebundene Weihbüsche auf die Bahre. Wahrscheinlich hat der starke Duft zu dieser Sitte Anlass gegeben. Die bildende Kunst hat sich mehrfach die Rautenblattform als Vorbild genommen. Als Rautenkrone findet sie sich in dem Wappen der Wettiner. Neuerdings wird die Pflanze auch als Bienen» futter zum Anbau empfohlen. In ähnlicher Weise wie R. graveolens werden im Mittelmeergebiet auch R. Chalepensis und die am stärksten riechende R. montana verwendet. Auf diese und verwandte halbstrauchige Arten, vielleicht auch auf andere Rutaceen, dürften sich die Angaben älterer Autoren ( F l a v i u s J o s e p h u s , Joh. S c h r ö d e r , C a m e r a r i u s ) von mannshohen und selbst baumförmigen Rauten beziehen. Der letztgenannte will einen solchen Baum im Fürstlich« Württemb er gischen Lustgarten in Stutt» gart gesehen haben. Auf den Laub» blättern von Ruta graveolens wird durch S p h a e r d l l a r h e a Fautr. eine Flecken» krankheit hervorgerufen.

1808. Ruta P atavina!) L. ( = Ha* plophyllum patavinum A. Juss., = H. linifölium Rchb., = R. lini* foliaM aly,nonL.). D r e i z ä h l i g e R a u t e . Fig. 1714. Kräftige Staude mit Erdstode. Stengel niedrig, meist nur 10 bis 25 cm hoch, dl dicht beblättert, behaart. Untere Laubblätter un* geteilt, länglich * verkehrt * Spatel* förmig, die mittleren und oberen 3*zählig eingeschnitten, meist 1,5 bis 2 cm lang und 3 bis 5 mm breit, mit länglichen bis linealen Abschnitten, kahl. Blüten auf dünnen, rauhhaarigen Blüten* stielen von der Länge der Blüten oder etwas länger, in dichter Trugdolde. Kelchblätter bis zum Grunde getrennt, lanzettlich, etwas rauhhaarig, spitz. Kronblätter länglich, stumpf, nach dem Grunde verschmälert, kahl, ganzrandig, gelb. Staubblätter kaum kürzer als die Kronblätter, am Grunde spärlich bärtig. Fruchtknoten kahl, mit einwärts gebogenen, hörnchenartigen Fortsätzen von der halben Länge ihres Fruchtblattes. Kapsel mit stumpfen Lappen. — VI. Zerstreut an steinigen, heissen Hängen, leicht bebuschten Lehnen, in der Felsensteppe, auf steinigen Aeckern. Von der Ebene bis in die untere montane Stufe. In der Herzegowina bis 1300 m. Im Gebiete nur in Krain bei St. Andrä nordwestlich der Adelsberger Grotte (1908 von B o r n m ü l l e r aufgefunden). A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Nördliches Italien (in Venetien häufiger), Istrien (nur zwischen Parenzo und Fontane), Kroatien, Bosnien, Herzegowina, Montenegro. x) Abgeleitet von P a t ä v i u m , dem römischen Namen für die Stadt Padua.

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CCCCXLVIII. Dictárnnus1) L. D ip tam . Die Gattung ist monotypisch und gleichzeitig alleinstehend in der Subtribus der Díctámníae.

1809. Díctamnus alba L. ( = Fraxínélla Dictamnus Moench, = D. Fraxinella Pers.). We i s s e r D i p t a m , Weisse Aschwurz, Aeschenwurz, Spechtwurz, Hirzwurz, Springwurz. Franz.: Díctame blanc, díctame commun, díctame des boutiques, fraxinelle; engl.: Dittany, fraxiella, hart’s*eye; ital.: Dittamobianco, frasinella, limonella. Taf. 176, Fíg. 1 ; Fig. 1688, 1715 und 1716 und Bd. I, pag. C XXXIII, Fig. 256. D i p t a m stammt aus dem miltelalterlidien d i p t a m n u s , das seinerseits aus dem lat.»griech. d i c t a m » nu s verderbt ist. Volksetymologische Anlehnungen sind z. B. D i p p d a p p (Baden), D i c k d a r m (so!) (Lübeck, Pfalz), D i c k e n d a ( r ) m (obersächsisdi).

Ausdauernde, 60 bis 120 cm hohe, Zitronen* oder zimmetartig duftende Pflanze mit walzlicher, knotiger, stark verästelter, wagrecht oder schiefkriechender, weisslicher Grundachse. Stengel zu mehreren aufrecht, meist einfach, + dicht flaumig behaart und besonders im oberen Teile mit schwarzen, sitzenden Drüsen besetzt. Untere Laubblätter fast sitzend, einfach, verkehrt*eiförmig (Fig. 1715 b), die übrigen ge* stielt, unpaarig gefiedert; Blättchen 7 bis 9, sit* zend, schieflänglich*eiförmig, spitz oderstumpf, fein gekerbt*gesägt, durch kugelige Sekreträume durchscheinend punktiert, oberseits besonders auf den Nerven mit feinen, einfachen Härchen und auf 1* bis 4*zellreihigen Stielen sitzenden und mit kugeligem, mehrzelligem Köpfchen versehenen Drüsen, dunkelgrün, unterseits reichlicher mit einfachen, spärlicher mit drüsigen Haaren besetzt, hellbläulichgrün; Blattspindel schmabgeflügelt, einfach* und spärlich*drüsig behaart. Blüten in einfacher oder seltener zusammengesetzter Traube auf aufrecht ab* stehenden, an der Spitze umgebogenen, am Grunde mit lanzettlichen Vorblättern ver* Fig. 1715. D ic t a m n u s a lb a L. a, b Austreibende Sprosse. c,dBlüte sehenen, reichlich drüsig* und spärlicher ein* in 2 verschiedenen Stadien der Entwicklung, e Reife Frucht. / Teil­ frucht geöffnet, g Längsschnitt durch den Samen mit Keimling fach*haarigen, bis 2,5 cm langen Stielen. (Fig. c, d nach K n u th , Fig. e bis g nach E n gl er). Kelchblätter 5, lineablänglich, etwa 5 mm lang, die unteren etwas länger als die oberen, ziemlich lang erhalten bleibend, stumpflich, auf der Unterseite und am Rande einfach* und drüsenhaarig. Kronblätter 5, breit*lanzettlich, spitz, nagelförmig in den Grund verschmälert, etwa 2 bis 2,5 cm lang, rosa mit dunkleren Adern und meist grünlicher Spitze, selten weiss oder dl einfach purpurrot, oberseits kahl, unterseits drüsig und d l reichlich einfach behaart, die 4 oberen Kronblätter aufrecht, das untere herab* gebogen. Staubblätter 10, nach vorn gebogen, am Grunde des Diskus eingefügt, 30 bis 35 mm lang; Staubfäden fädlich, zugespitzt, im obersten Teile drüsig, im unteren Teile fein* behaart; Staubbeutel rundlich*herzförmig. Diskus ringförmig, ziemlich dich. Fruchtknoten 5*lappig, auf kurzem Gynophor, in jedem Fache mit 3 bis 4 in der Bauchnaht stehenden, x) Pflanzenname bei V e r g i l i u s und P l í n í u s , áíxza^ivog [diktamnos] bei A r i s t o t e l e s vom Berge ¿fixzr¡ [Dikte] auf Kreta und & á[¿vog [thámnos] = Strauch abgeleitet, von T r a g u s auf die Aschwurz übertragen, von der man annahm, dass sie so kräftig wirke, dass sie selbst Pfeile aus den Wunden ziehe.

75 anatropen Samenanlagen; Griffel 1, fadenförmig, in der Mitte des Fruchtknotens entspringend, wie die Staubblätter abwärts gebogen, behaart oder fast kahl; Narbe einfach, stumpflich. Frucht kurzgestielt, eine in 5 Teilfrüchte zerfallende, runzelige, mit Drüsen und einfachen Haaren besetzte, etwa 1 cm lange Kapsel; Teilfrüchte zusammengedrückt, geschnäbelt, 2*klappig, bis fast an den Grund der Bauchnaht aufreissend; innere Schicht der Fruchtwandung (Mesokarp) elastisch abspringend. Samen birnförmig*kugelig, 4 mm lang, glänzend*schwarz, mit fleischigem Nährgewebe (Fig. 1715 g). — V, VI. Zerstreut, aber stellenweise zahlreich an sonnigen, trockenen O rten: in Trockenwiesen, an felsigen Hängen, in der Garide, in lichten Gebüschen und auf Laubwaldblössen; oft auch archaeophytísch (z. T. aus Gärten verwildert) an Weinberg» und Wegrändern. Von der Ebene bis in die untere montane Stufe: in Südtirol bis 800 m. Nur auf kalkreichen Böden. In D e u t s c h l a n d in Süd* und Mitteldeutschland: im Jura Bayerischen Anteils südlich der Linie Nördlingen»Eichstätt»Berching»Keilstein bei Regensburg vielfach (nördlich davon fehlend), im Württembergischen Anteil am Rottensteinfelsen (gepflanzt), Kohlberg, Utzmemmingen»Trochtelfingen, im Badischen Anteil zerstreut, z. B. bei Geisingen, Ofingen, Engen; in Württemberg ferner im Unterland bei Mergentheim, Igersheim, Neukirchen, Diebach und Ensingen, früher auch bei Crailsheim»Kirchberg und Aumühle»Ellenberg, in Baden ferner bei Singen, am Hohenhöwen, Mägdeberg, in den Schwarzwaldvorbergen am Isteinerklotz, Kleinkems, am Kaiserstuhl: Büchsenberg, Burkheim, Lützelberg, Sponeck, Limburg, in Nordbaden am Eichelberg bei Bruchsal, Welztal, Tauberbischofsheim, Reicholdsheim; im Eisass nur auf den Kalkvorbergen und (selten) in der Ebene; in der Pfalz bei Asselheim unweit Grünstadt, bei Neustadt, am Donnersberg (namentlich bei Spendei), Alsenztal bei Rockenhausen, im Nahetal und (seltener) im Glangebirge; im Rheinland im Nahe», Mosel», Mittelrhein», Lahn» und unteren Nettetal; in Hannover bei Crinderode, Rüdigsdorf, Petersdorf; in Hessen»Nassau, im Regierungsbezirk Cassel und Hildesheim (seit 1922 bezw. 1925 geschützt); im Thüringischen Muschelkalkbecken, an der Au bei Wolfenbüttel, Fallsteine bei Veltheim, Hoppelberg und Hugwald bei Halberstadt, bei Neu» haidensieben, Rothenburg a. d. Saale, Sandersleben, Nakel, Oschersleben, Saures Holz; im nördlichen Bayern im Keuper», namentlich im Gipskeupergebiete bei Flachslanden unweit Ansbach, Kloster Heilbronn, Windsheim, Altheim, Neustadt a. d. A., Bullenheimer» und Wiebelsberg im Steigerwald, Irmelshausen, zwischen Hernstadt und Königshofen, Trappstadt, Sulzheim, Grettstadt; im Muschelkalkgebiet ziemlich verbreitet, im Buntsandstein» gebiet zwischen Kreuzwertheim und Hasloch a. M .; in der Rhön bei Euerdorf; in Schlesien bei Ustron und Jauer (vielleicht nur verwildert). Ausserdem bisweilen aus Gärten verwildert, so z. B. in der Norddeutschen Tiefebene bei Teterow im Mecklenburg, auf den Heidebergen bei Suderow, bei Stettin und in Westpreussen im Kreise Schwetz (P a x hält im Hinblick auf ein ähnliches Vorkommen im polnischen Weichselgebiet [Wloclawek] ein natürliches Vorkommen für wahrscheinlich), früher auch bei Neuenburg. — In O e s t e r r e i c h in Mittel» böhmen, der Elbeniederung, im Beraungebiet und am Fuss des Erzgebirges; in Schlesien bei Teschen; in Mähren im südlichen Teile häufiger, nördlich bis Brünn, Austerlitz, Bisenz; in Niederösterreich häufig im Gebiete der Pannonischen Flora und auf den Hügeln nördlich der Donau bis zum Manhartsberge; in Untersteiermark bei Stattenberg, auf dem Wotsch, auf der Stenica bei Neuhaus, auf dem Humber Tüffer; in Krain ziemlich verbreitet; in Südtirol in der Umgebung von Meran zerstreut, um Bozen gemein (z. B. bei Hörtenberg, zwischen Blumau und Kardaun usw.), im Eggental, im Etschland von Bozen bis Trient häufig, in der Umgebung von Rovereto gemein, bei Arco, Riva, am Varonewasserfall, im Ledrotal bis Barcesíno, Vallarsa, Morí. — In der S c h w e i z im Kanton Schaffhausen bei Osterfingen, Ergoltingen, zwischen Schaffhausen und Herblingen, Beringen, Löhningen, Siblingen, im südlichen Tessin und im Wallis. — Ausserdem in Bauerngärten (z. B. in der Pfalz) angepflanzt.

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Südliches und gemässigtes Europa, nördlich bis zur Cote d’Or, zum Schwarzwald, Mosel* und Nahetal, Lahnstein, Elm, Maingebiet, Thüringen bis Fritzlar und Neuhaldensleben, Schlesien (Ustron), Böhmen, Ostgalizien, Mittelrussland; Sibirien, östlich bis zur Tsungarei, Nordchina, Kiautschau (Lauschan), Amurgebiet, Himalaya. Die etwas wandlungsfähige Art zeigt in Mitteleuropa folgende Form en: var. g e n ü i n a Rouy. Obere Kronblätter elliptisch»lanzettlich, am Grunde in den Nagel verschmälert, vorn spitz oder stumpflich. Die häufigste Form. Hierzu gehören: f. m a c r o p h y l l a Schur. Laubblätter eiförmig bis elliptisch, bis 3 cm lang. — f. a n g u s t i f ö l i a (Don) ( = var. lanceoläta Pasq.). Laubblätter lanzettlich, meist kahl. In Mitteleuropa nur in Gärten. — f. m i c r o p h y l l a Schur. Laubblätter sehr klein, höchstens bis 1,8 cm lang, länglich»stumpf. — Nach der Ausbildung des Fruchtknotens können ferner unterschieden werden: f. t y p i c a Beck. Fruchtknoten entweder sitzend oder fast sitzend. — f. s t i p i t ä t a Beck. Fruchtknoten deutlich gestielt. Die Kronblätter dieser Formen sind rosa oder fast rot, mit fast violetten Nerven (1. p u r p ú r e a Rouy.), weiss (1. a l b i f l ö r a [Koch])

76 oder rein rot und grossblumig (1. g r a n d í f l ó r a hört. [ = D. májor hört.]). Eine Form mit sehr kurzen Früchts stielen wird als f. s é s s í l í s (Wallr.) bezeichnet. — var. o b t u s í f l ó r a (Koch). Kronblätter breiüelliptisch bis elliptisch, die 3 oberen ganz stumpf, mit einem Stachelspitzchen, das oberste meist ausgerandet. Frucht» knoten länger als der Gynophor. Laubblätter kürzer als beim Typus (nur etwa V* so lang), klein gekerbt. In Südtirol von Bozen südwärts bis Trient und am Gardasee. — Im östlichen Europa treten als weitere Formen auf: var. C a u c á s i c a Boiss. ( = D. gymnöstylis Stev.). Obere Kronblätter eiförmig, an der Spitze abgerundet und seicht gekerbt, gegen den Grund abgerundet und plötzlich in den Nagel zusammengezogen. Heimisch in Südrussland, auf der Krim, im Kaukasus; im Gebiet bisweilen in Gärten gezogen. — var. M a c e d ó n i c a Borb. Aehnlich der var. genuina; in Montenegro. Dictamnus alba gehört zu den thermophilen, eurasiatischen Arten. Am häufigsten findet sich diese schöne Pflanze in Trodcenwiesen von der Art des Stipetum pennatae oder Brometum erecti (über Begleit» pflanzen vgl. Alsíne fascículata, Bd. III, pag. 394). An felsigen Hängen und Basaltfelsen des Böhmischen Mittelgebirges sind nach D o m i n bei ihr etwa anzutreffen: Trítícum glaucum, Festuca glauca, Iris nudícaulís, Arabís arenosa, Sedum mite, Sempervívum sobolíferum, Potentílla arenaría, Cytísus nigricans, Viola arenaría, Seselí glaucum usw. G r a d m a n n führt die Art unter der Pontischen Steppenheidegenossenschaft an, zu der Allium fallax, Allysum montanum, Coronilla montana und C. vaginalis, Potentílla canescens und P. rupestris, Rhamnus saxatilis, Seselí annuum, Líbanotís montana, Linum flavum, Nepela nuda, Asperula glauca, Carlina acaulís, Tragopogón major und Híeracíum cymosum gehören. Auch ím Hercyníschen Florenbezirk sind die Begleiter nach D r u d e sehr ähnlich. Eine Zuteilung zum montanen Elemente, wie es W a n g e r i n (Die mon» tanen Elemente in der Flora des nordost» deutschen Flachlandes 1919) tut und bei welchem Dictamnus seiner ganz isolierten, früheren Vorkommen im Kreise Schwetz (Westpreussen) wegen neben Aspidium lo» batum, Luzula silvática, Cephalanthera alba, Phyteuma orbículare, Senecio crispatus usw. genannt wird, dürfte sich kaum aufrecht erhalten lassen. In lichten Gebüschen wird die Pflanze meist seltener, dringt aber an der Quarneroküste sogar in den iückigen Lorbeerwald ein. In dichteren Hochwäldern ist sie dem Untergänge geweiht. — Der Diptam gehörte früher jedem besseren Zier» und Bauerngarten an. Seine Beliebtheit verdankte er z. T. dem Umstand, dass sich seine Frucht» stände infolge ihres reichlich vorhandenen Oelgehaltes an schwülen, windstillen Tagen leicht zur Entzündung bringen lassen, an dunklen Abenden sogar mit leuchtender Flamme (Vergleich mit dem feurigen Busch der Bibel) brennen. Die Pflanze soll dabei nicht leiden. Ferner lieferte Dictamnus früher die offizinelle R a d i x D í c t á mn í s. Díptámní s. Fraxínéllae. Die ersten ziem» lieh sicheren Nachrichten über die Ver» Wendung als Heilpflanze, in der Bitterstoffe und verschiedene Salze festgestellt worden Fig. 1716. D ic ta m n u s a lb a L. a Laubblattgrund mit einfachen und drüsigen Haaren, b Mit einfachen Haaren besetztes Drüsenhaar, c bis m Entwicklungs­ sind, stammen von der Hl. H i l d e g a r d von stufen eines Drüsenhaares (e bis g, k und l nach R a u t e r , h, i und m nach Bingen (12. Jahrhundert), von Albertus T s c h ir c h ), die übrigen Originalfiguren. Ma g n u s und Konrad von M e g e n b e r g . Hingegen müssen noch weiter zurückliegende Ueberlieferungen, so die ím Capitulare de villis von Ludwig dem Frommen (812), mit Vorsicht behandelt werden, da es sich dort vielleicht um die im Mittelalter viel kultivierte Labiate A j m á r a c u s D i c t a m n u s L. ( = Dictamnus Crétícus der Alten) handelt. Auch die Angaben über die „wiswurz“ der Glossae Theodiscae aus dem 9. Jahrhundert bieten keinerlei sichere Anhaltspunkte. Gegenwärtig kommt

77 Dictamnus in Würzburg noch massenhaft auf den Markt. Zusammen mit den Wurzeln von Imperatoria Ost» ruthium, Angelica officinalis, Inula Helenium, Carlina acaulis und Pimpinella ergibt die Pflanze ein in Volks» kreisen benütztes, magenstärkendes Mittel. Nach Paula v. S c h r a n k (1789) wurde die Wurzel früher auch mit Zucker eingesotten. Das Pulver wird für sich allein oder mit Ingwer oder der Wurzel von Acorus Calamus messerspitzenweise gegen Magenkrämpfe, Würmer, Wechselfieber und Unterleibsstockungen der Frauen angewendet. Ein Gemenge von Diptamwurzel, Päonienwurzel und getrockneten Mistelzweigen geht als Geheimmittel gegen die Epilepsie. S t o e r k hingegen stellte bei Anwendung einer aus der Wurzel hergestellten Tinktur eine Ver» Stärkung epileptischer Anfälle fest. Die Homöopathie bereitet aus den frischen Pflanzen eine Essenz, die potenziert bei Frauenkrankheiten verwendet wird (Z i e g e n s p e c k). Aus den Samen und den Blüten wurde früher ebenfalls ein medizinisches Mittel gewonnen. Ein Aufguss der Pflanze soll früher als Schönheitsmittel benutzt worden sein. In Sibirien dienen die jungen Laubblätter als Tee»Ersatz. Im H ö r tu s E y s t e t t e n s i s wurde die Pflanze bereits unter dem Namen Fraxinella, gemeiner Diptam oder Aschwurz gezogen. In Niederbayern, Schwaben, in der Pfalz, Mittel» und Unterfranken, sowie bei Bruchsal und Engen in Baden ist die Pflanze ge« setzlich geschützt. — Die nach Zitronen oder Zimmet duftenden Blüten sind proterandrisch und ähneln in ihrem blütenbiologischen Verhalten denen der Rosskastanie. Die dem unteren Kronblatt aufliegenden Staubblätter sind im männlichen Zustande oberhalb der Mitte aufrecht gekrümmt und verstäuben nacheinander, wobei die 3 hinteren, epipetalen beginnen. Der Griffel ist bis zu dieser Zeit zwischen den Staubblättern verborgen, die Narbe etwas abwärts gekrümmt. Nach dem Verstäuben strecken sich die Staubfäden gerade, sodass der rechtwinkelig aufwärts gekrümmte Griffel dadurch frei wird und nun seinerseits den Weg zum Nektar ver» sperrt. Anfliegende Insekten, namentlich Apiden, lassen sich auf den Staubblättern und dem Griffel nieder. Die Blütendauer währt 8 Tage. Nach dieser Zeit entblättert sich die Blüte, indem zunächst die Kronblätter, dann die Staubblätter und schliesslich der Griffel abfallen, während der Kelch ziemlich lange erhalten bleibt. Die Bewegung der Staubblätter wird im Gegensatz zu denen von Ruta durch die Schwerkraft bedingt. Nach D u f o u r bleiben auf dem Klinostaten die Blüten radiär und die Staubblätter und Griffel führen keine Be» wegungen aus. Verdunklung ist dabei ohne Einfluss. Die durch Drüsen und dickliche Borsten rauhen Balgkapseln zeigen folgenden wirksamen Oeffnungsmechanismus: Bei der Fruchtreife platzen sie im oberen Teile der Bauchnaht auf, wobei die Innenseite des oberen Mesokarpteiles blossgelegt wird. Dann reisst sich der Mesokarpteil vom oberen Endokarp»Hauptstück los, während dessen unterer Teil geschlossen bleibt und mit dem zugehörigen Mesokarpteil eine hülsenartige Röhre bildet, in welcher die Samen eingeschlossen liegen. Der hakenförmig gebogene obere Teil des Mesokarps trocknet nun aus und übt dabei einen immer steigenden Zug auf das Epikarp aus, dem nur die feste Verwachsung an der oberen Kante an den beiden Spitzen der Teilfrucht und im unteren Mesokarp noch Widerstand gegen ein Losreissen gewährt. Bei weiterem Austrocknen lockert sich auch der obere Rand, so dass dann bereits eine leichte Berührung genügt, um beide Teile zu trennen. Die Hälften schlagen zusammen, rollen sich ein und werden aus der Frucht geschleudert. Dabei wird die vom Endokarp zusammengehaltene Hülse zerrissen und die Samen mit grosser Gewalt herausgeworfen. Die grösste gemessene Wurfweite beträgt über 2 m. Die Keimung der Samen wird durch Licht sehr stark verzögert. Die Entwicklung der eigenartigen, mützenförmigen Drüsenhaare nimmt nach J. R a u t e r (Zur Entwicklungsgeschichte einigerTrichomgebildeinDenkschriften der K. Akademie der Wissenschaften Wien, 1870) folgenden Verlauf (Fig. 1716): Eine Oberhautzelle teilt sich, ohne vorher papillös zu werden, in 4 Tochterzellen, deren jede wieder durch eine parallel zur Epidermis verlaufende Wand in 2 weitere Zellen zerlegt wird, sodass 2 Stockwerke mit je 4 Zellen entstehen. Die untere Lage beginnt sich nun zu strecken und wölbt dadurch die oberen Zellen empor. Gleichzeitig setzt eine lebhafte Zellteilung ein, die zu einer Aufbauchung im Inneren führt. In jungen Stadien sind diese so entstehenden Drüsenhaare farblos und dicht mit protoplasmatischer Masse erfüllt. Später wird der Inhalt durch Chlorophyll grün gefärbt und wandelt sich zuletzt in ein ätherisches Oel um. Dieses dient nach den Untersuchungen von S t a h l als Schutz gegen Schneckenfrass, zurZeit des Eintrocknens nach Ludwi g auch als Abwehrmittel gegen Insekten, die am Stengel emporkriechen (vgl. auch D e t t o , C. Flora 1903). — Bildungsabweichungen sind bei Dictamnus häufig. Es wurden z. B. festgestellt: pelorische Gipfelblüten, Ver« grünung aller Blütenkreise, wozu sich oft Durchwachsungen gesellen können, regelmässigstrahlig gebaute Blüten, Tetra» und Hexamerie, Vei-wachsung von Kelch» bezw. Kronblättern, monadelphische Verwachsung der Staub» blätter, Verkümmerung von 5 Staubblättern zu Staminodien, Verbänderungen usw. An den Stengeln findet sich bisweilen die Ascomycete O p h i ö b o l u s d i c t ä m n i (Fuck.).

67. Fam.

Simarubäceae.1)

Bitterholzgewächse.

Bäume oder Sträucher mit bitterer Rinde. Laubblätter wechselständig oder seltener gegenständig, gefiedert oder einfach, meist ganzrandig, niemals durchscheinend punktiert. x) S i m a r ü b a ist der Name, den die Eingeborenen einem zu dieser Familie zählenden Baume geben. Hegi, Flora. V, 1.

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78 Blüten meist klein, unscheinbar, 3* bis 7=zählig, strahlig, zwitterig oder durch Verkümmerung ein* geschlechtig, meist in achselständigen, seltener endständigen Rispen. Kelchblätter frei oder ver* bunden. Kronblätter frei, meist dachig, seltener klappig, frei oder verbunden. Blüten* achse zwischen den Staubblättern und den Fruchtblättern meist zu einem ring* oder becher* förmigen, gekerbten oder gezähnten Diskus erweitert oder zu einem i entwickelten Gyno* phor verlängert. Staubblätter meist in 2 Kreisen angeordnet, doppelt so viel oder gleich viel wie die Kronblätter, am Grunde oft mit einem schuppenförmigen Anhängsel; Staubbeutel an der Spitze des Staubfadens aufsitzend, länglich oder eiförmig, mit Längsspalten sich öffnend. Fruchtblätter 4 oder 5 oder weniger, oft am Grunde frei und nur durch die Griffel oder durch die Narbe verbunden, bisweilen auch ganz vereint und einen 1«fächerigen, mit 1, selten mit 2 neben» oder übereinanderstehenden Samenanlagen versehenen Fruchtknoten bildend; Griffel häufig am Grunde oder an der Bauchseite der Fruchtblätter entspringend oder end* ständig, selten völlig vereint, meist nur oben und durch die Narbe verbunden, bisweilen völlig getrennt. Frucht eine 2* bis 5*fächerige Steinfrucht oder aus trockenen, geflügelten oder steinfruchtartigen Teilfrüchten bestehend. Samen ohne oder mit nur sehr dünnem Nährgewebe. Keimling ziemlich gross, selten leicht gekrümmt und meist mit dicken, gewölbten oder flachen, schmalen Keimblättern. Die rund 125 zu etwa 30 Gattungen gehörenden Arten der Familie verteilen sich auf 4 gut ge» schiedene Unterfamilien, von denen die S i m a r u b o i d e a e nur 1 Samenanlage, die anderen hingegen deren 2 besitzen. Bei den S u r i a n o i d e a e sind die Fruchtblätter frei, bei den P i c r a m n o i d e a e und A l v a r a » d o i d e a e vereint. Letztere zwei Unterfamilien unterscheiden sich dadurch voneinander, dass die P i c r a m « n o i d e a e hängende, die A l v a r a d o i d e a e grundständige Samenanlagen besitzen. Die Familie bewohnt mit wenigen Ausnahmen — Arten der Gattung A i l ä n t h u s Desf. in Ostasien und der monotypischen Gattung H o l a c ä n t h a A. Gray in Neu»Mexiko — die Tropen und Subtropen. Ihre Gattungen sind meist artenarm und auf i enge Bezirke beschränkt. Die Zahl der endemischen, monotypischen Gattungen ist nicht un» bedeutend (so z. B. die oben bereits erwähnte Gattung H o l a c ä n t h a in Neu»Mexiko, P i c r o l e m m a Hook. f. am Alto Amazonas in Brasilien, H y p t i ä n d r a Hook. f. in Queensland, K i r k i a Oliv, in Ostafrika). Weitere Gebiete besiedeln etwa die Gattungen B r ü c e a J. S. Müller und H a r r i s ö n i a Juss. (altweltliche Tropen), I r v i n g i a Hook. (Afrika, Asien), S a m a d e r a Gaert. (Madagaskar, Südasien, Australien). S u r i ä n a L. ist kosmopolitischdropisch. Dieser Verbreitung und der scharfen Trennung der Unterfamilien zufolge erscheinen die Simarubaceen als Reste einer alten tropischen Familie, die sich allerdings fossil bisher nur bis in das Tertiär hat zurückverfolgen lassen (vgl. unter A i l a n t h u s ) . In ihrem Auftreten schliessen sich die meisten Arten dem Gebüschgürtel tropischer Wälder an, in denen sie z. T., wie Arten von H a r r i s o n i a (R. Br.) Juss., als Klimmer auftreten. Seltener sind Simarubaceen als Waldbildner selbst beteiligt, wie Arten der Gattungen M ä n n i a Hook, f., I r v i n g i a und D e s b o r d e s i a in Westafrika, A i l a n t h u s z. T. in Südasien und einige Arten von S i m a r ü b a Aubl. in Amerika. Zu den wenigen Xerophyten zählen der Meerstrandbewohner S u r i ä n a m a r i t i m a L., der blattlose Wüstenstrauch H o l a c a n t h a E m ö r y i A. Gray und die durch häufig stark verdornten Wuchs und kleine lederartige Laubblätter an Steppenklima angepassten C a s t ä l i a « Arten. Sommergrüne Arten sind selten ( Ai l ant hus»Ar t en) . — Bezeichnend für die Familie und ihre medizinische Wertschätzung bedingend ist der Besitz an Bitterstoffen in Rinde und Laubblättern, auf deren Anwesenheit bei der Bezeichnung der Gattungen vielfach Bezug genommen worden ist, wie die Namen P i c r ä s m a BL, P i c r o c ä r d i a Radlkofer, P i c r o d e n d r o n PL, P i c r e 11 a Baillon usw. zeigen. Durchgreifende Merkmale im anatomischen Bau gegenüber anderen Familien sind bisher noch nicht aufgefunden worden; doch treten bei vielen Arten auffallende, das Mesophyll der Laubblätter zahlreich durchsetzende Ideoplasten auf. Für die Gliederung innerhalb der Familie selbst besitzt Jedoch nach P. C a s p a r ! (Beiträge zur Anatomie der Simarubaceenrinden, 1918) die Anatomie der sekundären Rinde grosse Bedeutung und kann in einzelnen Fällen sogar zur Abgrenzung verwandter Arten von einander benutzt werden. Die Verwandtschaft der S i m a r u b a c e e n wird in erster Linie bei den ihnen in vielen Punkten sehr ähnlichen R u t a c e e n und B u r s e r a c e e n gesucht. Nach den sero»diagnostischen Untersuchungen der Königsberger Schule soll sich die Familie zwischen die Buxaceen und Burseraceen einschalten (Fig. 1608), während die Rutaceen nur weitläufiger damit verwandt wären, wenn» gleich sie sich von den Simarubaceen durchgreifend nur durch den Besitz der Oeldrüsen trennen lassen. Die Unterfamilien der Surianoideae mit S u r i a n a und C a d e l l i a und Alvaradoideae mit der einzigen Gattung A l v a r a d ö a Liebm. besitzen keine wirtschaftliche Bedeutung. Die Simaruboideae umfassen 5 Tribus.

79 Zu den S i m a r û b e a e mit Ligularsdiuppen in der Blüte gehört die aus kleinen Bäumen bestehende Gattung S a m a d é r a Gärtn., in der S. I ndi c a Gaertn. einen giftigen, bei Kaltblütlern nervenlähmenden, dem Quassün ähnlichen Bitterstoff in der blassgelben Rinde und in den Samen enthält. Die Rinde wird an der Malabarküste als Fiebermittel benutzt, das aus den Samen gewonnene Oel findet in Indien gegen Rheumatismus Verwendung. Auszüge aus dem Holz wirken tonisch. — Die von Florida und Westindien bis zum mittleren Brasilien verbreitete Gattung S i m a r ü b a Aubl. und die ihr nah verwandte, südamerikanische Gattung S i m ä b a Aubl. sind medizinisch sehr wertvoll. Von S i m a r ü b a a m ä r a Aubl. ( = S. officinalis DC. non Mach) soll die offizinelle C ö r t e x S i ma r ü b a e (Pharm. Helv.) stammen, die neben fettem Oel, Harz, einem fluoreszierenden Stoffe und nichtbitteren Stoffen den kristallinischen, wirksamen Bitterstoff Oa Hao Oa, nach früheren Angaben auch Quassün enthält und gegen Durchfall und Ruhr Verwendung findet. C a s p a r t hat festgestellt, dass z. Z. als Cortex Simarübae die Rinden zweier Arten geführt werden und zwar neben der Orinokko- und Surinam-Rinde (von S . a m a r a ) seit 1904 die Maracaibo-Rinde, die wahrscheinlich von einer S i ma b a « A r t (S. suffruticösa Engl.?) stammt. Zu den nichtoffizinellen Rinden gehört diejenige von Simarüba o f f i c i n a l i s Mach ( = S. medicinälis Engl., = S. amara Hayne, = S. glaüca DC., = Quässia Simarübae Wright). — Der Aufguss der Rinde und Laubblätter der brasilianischen S. v e r s i c o 1o r St. Hilaire dient in Brasilien als Mittel gegen Schlangenbisse, Eingeweidewürmer und syphilitische Ausschläge, gepulvert auch als wirksames Vertilgungsmittel von Insekten. — Von der Gattung S i m a b a mit 19 bäum« und strauchförmigen Arten werden in Brasilien die Rinden von S. f e r r u g i n e a St. Hilaire und S. s a l ü b r i s Engl, als Calungarinden gegen Fieber, Durchfall und als A n ­ regungsmittel benutzt. Auf Reisen werden als Schlangengiftschutz die grossen Samen der bis 5 m hohen S. C é d r o n Planch. milgeführt, deren gepulverte und in Branntwein aufgelöste Kotyledonen in die frische Bisswunde eingerieben werden. Der Aufguss der Pflanze hat sich auch als gutes Vertilgungsmittel von schäd­ lichen Insekten in Herbarien bewährt. — Q u ä s s i a 1) a m ä r a L., Brasilianischer Quassiabaum. Mittelhoher Baum mit gefiederten Laubblättern, lanzettlichen, zugespitzten, dünnen, beiderseits grünen, ganzrandigen Fieder­ blättchen und ziemlich grossen, roten, traubig oder rispig angeordneten, zwitterigen Blüten: Kelchblätter rundlich oder eiförmig, am Grunde vereint, dachig. Kronblätter 5, länglich, gross, aufrecht oder zusammen geneigt, oben gedreht. Staubblätter 10, am Grunde des Diskus eingefügt; Staubfäden schmal-linealisch, am Grunde mit einer kurzen, verkehrt-eiförmigen, dichtwolligen Ligularschuppe. Fruchtblätter 5 ; Griffel von unten bis oben vereint; Narbe nur wenig breiter als der Griffel, schwach 5-lappig. Frucht mit 5 spreizenden, 1»sämigen Teilfrüchten. Die bis meterlangen, nicht über 10 (meist nur 2 bis 7) cm dicken, geraden oder krummen Stammstücke kommen, meist noch mit der leicht ablösbaren Rinde bedeckt, zum grossen Teil über Surinam unter den Bezeichnungen Surinam-Quassienholz, L i g n u m Q u â s s i a e S u r i n a m é n s e (Pharm. Germ., Austr., Helv.), Fliegenholz (Fliegengift) oder Bitterholz in den Handel. Holz und Rinde der höheren Stammteile enthalten den Bitterstoff Quassün (nach neueren Untersuchungen ein Gemisch von 4 homologen Bitterstoffen) und Quassol, das Holz ausserdem anscheinend ein Alkaloid. In der Rinde der Wurzeln und unteren Stammteile sind ferner Apfel­ säure, ein ätherisches Oel, Gallussäure, Calciumtartrat, Chlorcalcium, Calciumsulfat und Calciumacetat (?) nach­ gewiesen worden. Das ausserordentlich stark und bitter schmeckende Holz wird seit alten Zeiten von den Ein­ geborenen Brasiliens als Magenmittel verwendet und kam etwa in der Mitte des 18. Jahrhunderts nach Europa. L i n n é hat sich in seiner Dissertation eingehend damit beschäftigt. Die Rinde wurde früher in England in der Bier­ brauerei als Hopfenersatz verwendet. In der Medizin dient sie, wenn auch selten, als Gift gegen Spulwürmer, ferner gegen Syphilis, früher auch als tonisches, magenanregendes und als Fiebermittel. — Zur Tribus der P i c r ä s m e a e , deren Staubfäden am Grunde keine Schuppen besitzen, zählen u. a. die eingangs bereits erwähnten Gattungen Ho l ä c a n t h a , B r ü c e a , P i c r ä s m a 2), P i c r é l l a , P i c r o l é m m a und A i l a n t h u s (pag. 80). Die 5 im tropischen Afrika und tropischen Australien einheimischen Bäume oder Sträucher der Gattung B r u c e a sind alle sehr bitter. Die Früchte und Rinde der B. a n t i d y s e n t é r i c a Lam., eines kleinen Bäumchens mit dichter, rostroter Behaarung und zusammengezogenen, fast ährenförmigen Rispen, werden in Abes­ sinien gegen Fieber und Durchfall verwendet. In Ostindien werden alle Teile der B. S u m a t r ä n a Roxb. als magenstärkend geschätzt; auch kommen sie gegen Ruhr, Wechselfieber und Würmer zur Anwendung. — P i c r ä s m a (— Picræ'na) e x c é 1s a Planch., der Jamaika-Quassiabaum, ein bis 20 m hoher, eschenartiger Baum mit 4- bis 5-paarigen, starren, glänzenden Laubblättern, deren Fiederblättchen länglich und stumpf zugespitzt sind, und kleinen, gelblichgrünen, zu reichblütigen, trugdoldigen Rispen angeordneten Blüten, liefert in ihrem Holze das offizinelle, als bitteres Magenmittel verwandte Li gnum Qu â s s i a e J a m a i c é n s e (Pharm. Germ., Austr.), das höher als die von Q u a s s i a a m a r a stammende Droge bewertet wird. Es sind darin Picrasmin (ein Gemisch ver« 1) Der Name Quassia soll vom Eigennamen eines Negersklaven stammen, der als erster in den westindischen Zuckerplantagen die heilsame Wirkung des Holzes gegen Fieber und Magenbeschwerden entdeckte, zwei Krankheiten, die in Jenen Gebieten durch den Genuss von Zuckerabfällen häufig entstehen. 2) Im Jahre 1908 wurde von H e s s e versuchsweise P. a i l a n t h o i d e s Planch. als Ziergewächs eingeführt. 208*

80 schiedener Stoffe), nach früheren Angaben auch Quassiin, ein Steropten u. a. m. nachgewiesen worden. Aus diesem Holze hergestellte Becher, die mit Wasser gefüllt werden, sollen letzterem in kurzer Zeit einen intensiv bitteren Ge» schmack verleihen. — Die kleine, 3 monotypische Gattungen umfassende Tribus der S o u l a m i e a e , sowie die nur durch K i r k i a a c u m i n a t a Oliv, vertretene Tribus der K i r k i e a e liefern keine Nutzpflanzen. — Zu der Tribus der I r v i n g i e a e mit 5 bis 2 völlig verbundenen Fruchtblättern mit je 1 oberhalb der Mitte des Faches hängenden Samenanlage zählt die häufig durch grosse Höhe, lederartige, kahle, längliche, fiedernervige Laub» blätter und kleine, nach Maiglöckchen duftende Blüten kenntliche Gattung I r v i n g i a Hook, f., die teils im tropischen Afrika, teils in Malakka und Cochinchina lebt. Die Früchte aller Arten werden gegessen, ins» besondere die Samen, in deren Keimblättern — ebenso wie in den Laubblattstielen und in der Rinde — lysigene, Arabin enthaltende und von fettreichen Zellen umgebene Schleimbehälter Vorkommen. Aus den Samen der in Cochinchina heimischen I. O l i v e r i Pierre wird die „Cay»Cay°Buttera bereitet, die in Malakka und in ihrer Heimat zur Bereitung von Kerzen dient. Von den gerösteten Samen von I. G a b o n e n s i s (Aubry»Lecomte) Baill. stammt die Dika»Butter, die vortrefflich zur Herstellung von Seifen, Pomaden, Gold»Creme, Ceratan u. a. geeignet ist. Gemischt mit Zucker lassen sich die Samen auch zu einer wohlschmeckenden, billigen Schokolade verarbeiten. Ferner wird aus den gerösteten Samen, die mit denen von F e g i m a ü r a A f r i c ä n a Pierre und P e n t a c l ä t h r a m a c r o p h y l l a Benth. vermischt werden, das nahrhafte „Dika.Brot“ hergestellt, das zu *ji fette Körper, Glyzeride, 10 % albuminoside Stoffe, etwas Zucker und andere Stoffe enthält. Das harte Holz aller Arten ist schwer zu bearbeiten und dient vorzugsweise zu Pfählen. — Die Unterfamilie der PicramniOideae enthält nur die Gattung P i c r ä m n i a Sw. Bäume und Sträucher mit unpaarig gefiederten Laubblättern, 2»häusigen, meist sehr kleinen, in Knäueln scheinbar ähren» oder traubenförmig stehenden Blüten und hängenden Samenanlagen. Die etwa 30 im tropischen Amerika von Florida, Westindien und Mexiko bis Paraguay wachsenden, einander ziemlich nahestehenden Arten zeichnen sich durch ihre sehr bittere Rinde aus, die z. B. gegen Ruhr Verwendung findet, wie z. B. die von P. p e n t a n d r a Sw. stammende Hondurasrinde. Eine andere unbekannte Art liefert die als Radix Picrämnia bekannte, wahrscheinlich das Alkaloid Picramnin ent» haltende Droge. In den Laubblättern und im Holze tritt ein an der Luft sich schön violett verfärbender grüner Farbstoff auf.

CCCCXLIX.

A ilä n th u s 1) Desf.

Göt t er baum.

Hohe, bisweilen stark duftende Bäume mit abwechselnden, unpaarig vielzählig ge* flederten Laubblättern mit schief lanzettlichen, ganzrandigen oder buchtig gezähnten Blättchen. Blüten zu 2 bis 3 gebüschelt, in meist endständigen reichverzweigten Rispen, ziemlich klein, zwitterig und eingeschlechtig (Fig. 1717 b, c). Kelchblätter 5 bis 6, zur Hälfte oder darüber verwachsen, mit 3*eckigen oder halbeiförmigen Lappen. Kronblätter 5 bis 6, viel länger als die Kelchblätter, klappig. Diskus kurz, lOlappig. Staubblätter in den männlichen Blüten 10, in den weiblichen und zwitterigen weniger oder ganz fehlend, ohne Ligularschuppen. Fruchtknoten in den männlichen Blüten verkümmert oder ganz fehlend, in den weiblichen und zwitterigen 5 bis 6 (seltener weniger), mit je 1 hängenden, in der Mitte des Faches angehefteten Samenanlage; Griffel frei und mit abstehenden oder zurüdegebogenen Narben oder vereint und mit abstehenden Narben. Frucht frei, unten und oben in einen dünnen Flügel über® gehend, lineablänglich, in der Mitte mit eiförmigem, querliegendem Fach und querliegendem, zusammengedrücktem, dünnschaligem Samen. Keimling mit kurzem Stämmchen und flachen, verkehrLeiförmigen oder kreisförmigen Keimblättern. Die Gattung umfasst etwa 7 Arten, die in Vorder» und Hinterindien und in Ostasien heimisch sind. Wie fossile Funde gezeigt haben — die Früchte sind sehr bezeichnend und leicht erkennbar — war das Verbreitungs» gebiet im Tertiär viel weiter und erstredete sich von Nordchina über das Amurland oder Japan bis in das westliche Nordamerika und auch im europäischen Mittelmeergebiet und in Mitteleuropa traten Arten der Gattung auf. — Das weiche Holz der A. M a l a b ä r i c a DC. von Vorderindien und Ceylon wird besonders zu Tischlerarbeiten und Teekisten verwendet. Als Droge wird die Art bereits in der Mitte des 1. nach» christlichen Jahrhunderts in der vermutlich von V i n c e n t stammenden Schrift Periplurs maris Erythraei, einer geographischen Reisebeschreibung, erwähnt. Die von Indien bis Queensland verbreitete A. e x c e l s a Roxb. liefert ein tragantartiges Gummi. Die Rinden beider Bäume werden medizinisch verwandt, die der ersteren Art gegen Verdauungsschwächen, die der letzteren zur Bereitung reizender Salben. Sie sollen Quassiin ^ i d 1) Der Baum heisst auf den Molukken Ailanto, d. h. Baum des Himmels, wegen seiner Höhe.

81 Ailanthussäure enthalten. Ausser der nachstehend behandelten A. g l a n d u l o s a werden bisweilen angepflanzt: A. V i l m o r i n i ä n a Dode ( = A. glandulosa Desf. var. spinösa Boiss.). Zweige reich mit kleinen, gelbroten, behaarten, sehr ungleichen Stacheln besetzt. Laubblätter bis über 1 m lang; Blattspindel behaart; Fieder* blättchen 33 bis 35, mehr gerade und plötzlich zugespitzt, oberseits tiefgrün, ± feindrüsig und auf den Nerven behaart, unterseits graugrün, ± weich behaart. Frucht 4 bis 5 mm lang und 12 bis 13 mm breit. In der chinesischen Provinz Scetschuan heimisch. Kurz vor der Jahrhundertwende eingeführt. — A. S u t s c h u e » n ü n s i s Dode. Bis 20 m hoher Baum mit hellbraunem, Jung lichtgrünem Stamm und dichter Verästelung. Laubblätter bis 1 m lang, 12» bis 15»paarig gefiedert; Fiederblättchen keilförmig, am Grunde seicht gelappt, nicht so übelduftend wie bei A. glandulosa, stark gerippt und genervt, leicht flaumhaarig; Blattstiele purpurrot. Flügel der Samen regelmässig fladukahnförmig, etwas grösser als bei A. glandulosa. Heimat: China. Der prächtige Baum wächst z. B. auf einer Hochebene bei Siang»yang (Hou»peh) zusammen mit Aesculus, Quercus, Rhus, Pinus und Pterocarya und steigt bis 2000 m. In China bereitet man aus den Samen ein vorzügliches Brenn» und Speiseöl (Vgl. Mitteilungen der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft, 1908). Die Art wurde 1893 in Deutschland eingeführt und befindet sich z. B. in Weener (Ostfriesland) in Kultur. Sie zeichnet sich durch grosse Raschwüchsigkeit aus und kann bereits 1»Jährig als Gartenschmuck oder als Topfpflanze Ver» Wendung finden. — A. G i r ä 1d i i Dode. Baum mit aschgrauer Rinde und weitausgebreiteter Krone. Laub« blätter 1 bis 1,7 m lang, 15» bis I6»paarig gefiedert; Fiederblättchen breit lanzettlich, bis 24 cm breit (an Jungen Bäumen noch breiter), spitz, etwas sichelförmig, mit unterseits etwa 16 Nerven, kurz gestielt mit Jederseits einem Läppchen, dunkelgrün; Blattstiel braunrot. Weniger unangenehm als A. glandulosa riechend. Flügel etwas kleiner als bei A. grandis. Heimat: China. In den 90 er Jahren des vergangenen Jahrhunderts nach Italien eingeführt. Für Deutschland noch fraglich.

1810« AHanthus glandulosa Desf. ( = A. altissima [Miller] Siringle, = Toxicodendron altissimum Miller, = Rhüs Cacodendron Ehrh., = Ailanthus Cacodendron Schinz et Thellung). C h i n e s i s c h e r G ö t t e r b a u m . Franz.: Vernis de Japon. Fig. 1717 und 1718. Bis 27 m hoher Baum mit glatter, hell längsgestreifter Borke und anfangs sehr fein behaarten, gelb* oder rotbraunen, nie bestachelten Zweigen. Laubblätter bis 100 cm lang, unpaarig gefiedert, mit meist 13 bis 20 (41) schiefen, lanzettlichen, meist ganzrandigen oder unregelmässig buchtig gezähnten, in der Nähe des Grundes auf der einen Seite mit 1 bis 3 stumpflichen Drüsenzähnen versehenen, oberseits lebhaft grünen, unterseits hellgraugrünen, beiderseits dl schwach drüsigen Fiederblättchen. Blüten in grossen, reich verzweigten, end* ständigen, kahlen Rispen, zu 2 oder 3 gebüschelt, zwitterig oder 1*geschlechtig (Fig. 1717 b, c). Kelchblätter 5, bis zur Mitte miteinander verbunden; Abschnitte 3*eckig. Kronblätter 5, viel länger als die Kelchblätter, gelblichweiss, Ränder der unteren 2/s einwärts gerollt, in der Knospen* läge klappig. Diskus 10*lappig. Staubblätter 10, in den Zwitterblüten oft nur 5, in den weiblichen Blüten fehlschlagend; Staubfäden pfriemlich. Fruchtblätter frei, oft nur durch die Griffel verbunden, in den weiblichen und den Zwitterblüten meist 5 oder 6, in den männ» liehen Blüten zurückgebildet oder ganz fehlschlagend, mit je 1 hängenden Samenanlage; Griffel pfriemlich, frei oder verbunden. Teilfrüchte frei, beidseitig geflügelt (Fig. 1717 d), länglich* lanzettlich. Samen in der Mitte querliegend, rundlich, zusammengedrückt, dünnschalig, mit dünnem Nährgewebe. Keimblätter eiförmig, flach. Primärblätter gegenständig, 3*zählig. — VII. In China heimisch, aber in den Subtropen und in den nördlichen gemässigten Gebieten vielfach angepflanzt, so z. B. in ganz Ostasien und in Europa; in Nordamerika in den Staaten Pennsylvanien, Columbien, Ohio, Potosi, Wisconsin und Nebrasca völlig eingebürgert. Bisweilen auch durch Versamung und namentlich durch Wurzelausläufer verwildernd, so im Gebiete der mitteleuropäischen Flora in De u t s c h l a n d bei Freiburg i. Br. auf Schutt und Kies des alten Güterbahnhofes und am Dreisamufer unterhalb der Stadt (1906, Junge Pflanzen), in den Anlagen und auf einem Lagerplatz bei Mannheim (1906), unweit Falkenberg bei Freienwalde. — In O e s t e r r e i c h in Böhmen verschleppt in einem natürlichen Waldgebüsch am Fuss der Kalklehne bei Weltrus; in Mähren z. B. in Menge gepflanzt auf den unfruchtbaren Tertiär»Terrassen zwischen Tracht und Pausram, verwildert um Znaim, Neustadtl usw., in Niederösterreich auf Sanddünen bei Oberweiden; in Nord» tirol bei Steinach (bei 1050 m noch gut gedeihend), in Trins bei 1200 m, aber nur in geschützten Lagen; in Süd» tirol um Meran mehrfach verwildert, ganz eingebürgert an den steinigen Lehnen beim Vahrnerbad bei Brixen, um Bozen wie einheimisch und vielfach ein lästiges Unkraut darstellend, im Montigglerwald 1856 reichfruchtend

82 in einer starken Gruppe in einem natürlichen Walde, ferner bei Siegmundskron, in Haslach, im Kriegsbahnhof Branzoll zusammen mit Paulownia tomentosa ( P f a f f , 1923), bei Trient am Monte dei Fratri, bei A rco. — In der S c h w e i z bei Basel (Keimlinge und junge Pflanzen), in Zürich beim Belvoirpark auf Schutt (1914, Keim» pflanzen mit starker Behaarung), bei Buchs, im Tessin auf dem Maggia»Delta, am Osthang des Salvatore, zwischen Bissone und Maroggia, bei Chiasso, Novaggio, Agno, im Tal der Tresa (junge Pflanzen an Grabenrändern, auf Mauern, zwischen Schienen und an anderen Stellen). Als Abänderungen sind bekannt: f. e r y t h r o c ä r p a Rehd. ( = A. rübra hört.) Früchte im Spät» sommer sich stark rötend (was vom Wetter abhängig zu sein scheint). — f. p e n d u l i f ö l i a Carr. ex Rehd. Zweige üppig, hängend. — f. t r i c o l o r Purpus. Laubblätter beim Austreiben rosa», später weissgefleckt. Diese Form ist nicht streng samenbeständig und entsteht hie und da in Saatbeeten. Der Götterbaum ist trotz seines starken und unan» genehmen Duftes ein sehr beliebter Zierbaum für Parkanlagen und Alleen, da er eine prächtige, breitausladende, schatten» spendende Schirmkrone besitzt und auch auf schlechten, trockenen, steinigen Böden recht wohl zu gedeihen vermag. Allerdings erlangt er seine Formenschönheit nur auf tiefgründigen und lockeren Unterlagen. Seiner Raschwüchsigkeit wegen (die Triebe erreichen jährlich bis 3 m Länge) ist der Baum bei Neuanlagen von Gärten sehr geeignet. Er erreicht jedoch meist nur ein Alter von 40 bis 50 Jahren, verjüngt sich aber leicht durch Wurzelbrut. In den wärmeren Gebieten Südtirols verwendet man die leichte Bewurzelungsfähigkeit und starke Bildung von Wurzelschossen forstlich — ähnlich wie bei Robinia Pseudacacia — zur Festigung unfruchtbarer, rutschender Hänge; im Sarcatal hat die Art bereits weite Flächen und gegen Buco di Vela den Boden mit einen dichten Gebüschmantel überzogen. Auch die Aufforstungen des Karstes (z. B. bei St. Peter), sowie solche in den Steppengebieten von Kleinasien sind z. T. mit Ailanthus glandulosa gemacht worden. In China lebt von den Laubblättern eine Seiden» raupe (Attacus Cynthia, Ailanthusspinner), die jährlich eine zwei» malige Ernte ermöglicht. Auch in Frankreich, Algerien und Südtirol sind in dieser Richtung befriedigende Versuche unternommen worden. Der Spinner ist in Strassburg heimisch geworden und ist seit 1906 auch in Köln keine Seltenheit mehr. Das ziemlich harte, schwer spaltbare, ziemlich biegsame Stammholz lässt sich schön glänzend polieren und wird in China als Werk» und Bauholz verwendet. Auch zu Papier wird es verarbeitet. Rinde und Laubblätter dienen als Bandwurmmittel oder zur Verfälschung von Sennes» und Belladonnablättern. Das Laub enthält Quercitin und 11,9% Gerbstoff, der aus Ellagtannin Fig. 1717. A ila n th u s g l a n d u l o s a Desf. «Blühendes und Gallotannin besteht. Der harzige Saft aus der Rinde wird Zweigstück, b.Männliche Blüte, c Zwitterblüte. ¿Früchte. auch zur Bereitung von Firnis benutzt. — Die stark duftenden Zwitterblüten sind proterogyn und sondern am Diskus Honig ab. Als Besucher kommen kleine Fliegen und Käfer in Betracht. Auch die Drüsen der jungen Laubblätter (extraflorale Nektarien im Sinne von V j e r a P e t a j ) scheiden einen süssen Stoff aus; die Knospen enthalten Diastase. — Die Flügel der Teilfrüchte, die nach D i n g l e r zu den Plattendrehfliegern gehören, sind etwas schraubig gedreht, so dass die fallenden Früchte ziemlich lange ein Spiel des Windes sind. W. S c h m i d t (Die Verbreitung von Samen und Blütenstaub durch die Luftbewegung. Oesterreichische Botanische Zeitschrift, 1918) berechnet die Sinkgeschwindigkeit auf 91 cm sek. und die daraus hervorgehende theoretische Verbreitungsgrenze auf 0,12 km. Er meint aber, dass im all» gemeinen die Wirkung des Windes gering sei und die tatsächliche Verwehung nur nach Metern anzunehmen sei. — Der Götterbaum wurde 1751 in London eingeführt. Man hielt ihn zuerst für einen „Rhus vernisant“, was ihm den Namen Vernis de Japon ( = Japanlack) einbrachte, unter dem er in Frankreich verbreitet wurde. 1875 pflanzte man ihn in Paris als Ersatz für Platanen ( Co r r e von) . — Die Wurzeln schwellen bisweilen traubenförmig an. An kräftigen Nebenwurzeln von etwa 1 cm Durchmesser befinden sich dann zahlreiche, unregelmässige, knollige Auswüchse von 0,5 bis 4 cm Durchmesser, die z. T. dem Wurzelzylinder selbst aufsitzen und manchmal untereinander unregelmässig verwachsen sind. Die einzelnen Knollen haben eine unregelmässige,

83 rauhe, höckerige oder mit kleinen, runden Knöllchen und rissigen Warzen bedeckte Oberfläche. Nach A n d r e a e (Ueber abnorme Wurzelanschwellungen, 1894) entstehen diese Anschwellungen bei einem plötzlichen Wechsel in den Ernährungsbedingungen, zufolge deren einerseits eine ungewöhnlich reiche Anlage von Nebenwurzeln, andererseits eine Hypertrophie in der primären Entwicklung der einzelnen isolierten Seitentriebe einsetzt. Durch Pilze wird die Entwicklung dieser Anschwellungen nicht verursacht. — Die Ausschlagsfähigkeit der Wurzeln ist, wie bereits erwähnt, ausserordentlich gross. Von T r é c u l werden sogar Adventivknospen an abge» schnittenen Wurzelstücken beschrieben. Einjährige Wurzelsprosse zeigen bisweilen die Eigentümlichkeit, schon im ersten Jahre zur Blüte zu gelangen ( B a x t e r , P e n z i g ) . Auch Paedogenesis, d. h. Erreichung der Blüten» bildung in Jugendlichem Alter, wurde mehrfach beobachtet. So berichtete z. B. A. B r a u n über eine 1»jährige Keimpflanze — das erste Laubblattpaar ist 3»teilig — , deren Achse mit einer männlichen Gipfelblüte endigte; das erste Kelchblatt dieser Blüte war laubblattartig. Verbänderungen der Zweige und Stockausschläge sind häufig ; auch Längsverwachsungen von Zweigen wurden beobachtet. Die Fiederteilung der Laubblätter erfährt mancherlei Abweichungen. Bisweilen fehlt oder ver» kümmert das Endblättchen; mitunter sind die dem Grunde genäherten Fiederblättchen wieder gefiedert. — Ailanthus glandulosa ähnelt in der Tracht der Rhus typhina, ist aber höher als diese und durch die fast kahlen Laubblatt» stiele und Blütenstände'leicht zu unterscheiden. Im frucht» tragenden Zustande sieht er auch einer Esche nicht un» ähnlich ; doch sind seine Laubblätter spiralig gestellt. Den Rutaceae und Simarubaceae steht die etwa 330 Arten zählende Familie der B u r s e r ä c e a e sehr nahe ; von beiden unterscheidet sie sich aber insbesondere durch das Vorkommen von schizolysigenen Harz» und Balsamgängen in der Rinde. Es sind ausschliesslich tropische und sub» tropische Holzgewächse (Bäume, Dornsträucher) mit ge« wohnlich unpaarigogefiederten, zuweilen auch gedreiten oder einfachen, wechselständigen Laubblättern ; Nebenblätter sind nur bei einigen Canarium»Arten vorhanden. Blüten meist klein, 3» bis 5»gliederig, strahlig, zwitterig oder meist durch Abort eingeschlechtig, oft mit einem Drüsendiskus, zu zu» sammengesetzten Rispen vereinigt. Staubblätter doppelt so viele als Kronblätter, obdiplostemon. Fruchtblätter 5 bis 3, vereinigt, mit je 2 (selten nur 1) Samenanlagen. Steinfrucht nicht aufspringend oder mit 5» bis 2»klappigem Fig. 1718. A il a n th u s g l a n d u l o s a Desf, Götterbaum, Epikarp ; einsamige Steinkerne entweder frei oder zu einem unbelaubt mit Früchten. Phot. Frau Isabella H e g i-N a e f , 2» bis 5»fächerigen Steine verwachsen. Von den 18 Gattungen Rüschlikon (Schweiz). ist die Gattung Burséra mit 40 Arten ausschliesslich, die Gattung Prötium ( = Icica) mit 50 Arten hauptsächlich tropisch»amerikanisch ; Commiphora mit 80 Arten und Boswellia mit 12 Arten sind afrikanisch»arabisch, Santiria mit 45 Arten südasiatisch, Canärium mit 80 Arten besonders südasiatisch, doch auch polynesisch und afrikanisch. Die übrigen Gattungen mit meist weniger Arten (Tetragästris, Canariellum, Pachylöbus, Trattinickia, Dacryödes, Ancoümea usw.) verteilen sich gleichfalls auf Amerika, Afrika, Südasien und Polynesien. Während der Grossteil der Arten dem tropischen Regenwald angehört, sind andere echte Steppenpflanzen, so vor allem viele Boswellia» und Commiphora»Arten. Ver» schiedene Arten liefern essbare Samen bezw. Früchte, andere enthalten darin fettes Oel. In den Vorkriegs» Jahren kamen die harten Steinkerne von C a n ä r i u m e d ü l e Engler und C. L u z ö n i c u m A. Gray als „Pili» Nüsse“ von den Philippinen über Nordamerika gelegentlich in den europäischen Handel. Eine ganze Anzahl Arten liefern Bauholz; das Okumeholz der westafrikanischen A n c o ü m e a K l a i n e ä n a Pierre wird neuerdings nach Europa eingeführt. Der Hauptnutzen besteht jedoch in den Gummi»Balsamharzen, die seit uralten Zeiten (bereits im alten Aegypten) technisch und medizinisch Verwendung (gegen Katarrh, Ausschlag) finden, vor allem aber unter den Bezeichnungen Weihrauch, Myrrhe als Räucherwerk bei Gottesdiensten, zu Fackeln, zum Ein» balsamieren von Leichen, dann zu Wundsalben, Pflastern, Cremen, zu adstringierenden Zahn» und Mundwässern (Tinctüra Myrrhae) usw. Meistens werden die Balsamharze als „Elemi“ bezeichnet, doch auch als Kopal, Dammar,Taka« mahak, Colophon, Molmol usw. Offizineil ist (Pharm. Germ., Austr.,Helv.) das Myrrhenharz (My rr ha oder Gummi » r é s i n a My r r h a ) , welches von mehreren afrikanischen Commiphora(»Balsamodéndron)»Arten gewonnen wird, vor allem von C o m m i p h o r a A b y s s i n i c a (Berg) Engler, einem dornigen Bäumchen in Südarabien („Qafal oder Chad»

84 dasch“ geheissen), Nordabessinien („Oanha“) und in der Erythraea von 300 bis 2000 m Höhe, dann von C. S c h i m « p é r i (Berg) Engler („Gataf“ in Yemen), C. P l a y f a i r i i (Hook, f.) Engler und wohl noch weiteren Arten aus den Trockengebieten des tropischen und subtropischen Afrika. Das Gummiharz schwitzt als halbflüssige Masse aus dem Stamme von selbst aus, während es andererseits — und zwar wohl zum grössten Teil — durch künst« lidies Einschneiden gewonnen wird. Der milchig-trübe, gelbe Saft trocknet an der Luft rasch ein. Die offizineile Myrrhe (Mÿrrha elécta) bildet Körner oder löcherige Klumpen von unregelmässiger, höckeriger, knolliger bis fast traubiger Gestalt von eigenartigem, aromatischem Geruch und gewürzhaftem, zugleich bitterem und anhaltend kratzendem Geschmack. Beim Kauen klebt Myrrhe an den Zähnen. Die Droge besteht aus 40 bis 67 °/o Gummi, 27 bis 5 0 % Harz (Myrrhin), 2,5 bis 8,8 % ätherischem Oel, sowie Bitterstoffen. Bei den Griechen fand die Myrrhe medizinisch als Adstringens, Exsiccans, Hypnoticum Anwendung, später namentlich als Antisepticum bei eiternden Wunden, als Stomachicum, Tonicum usw. Gleichfalls zu den ältesten Medikamenten und Räuchermiltein gehört der „Weihrauch“ ( O l i b a n u m , Gummiresina Olibanum), welche Droge in der Bibel, in den Sanskritschriften, im Koran, im Papyrus Ebers, sowie von den griechischen und römischen Schriftstellern meist mi* der Myrrhe zusammen genannt wird. Die Hippokratiker bedienten sich des Weihrauchs medizinisch bei Asthma und Uterusleiden, dann äusserlich zu Salben. Noch heute wird Olibanum in der österreichischen Pharmakopoe geführt. Als eigentliche Lieferanten des Weihrauches werden B o s w é l l í a C a r t é r í Bírdwood, B . B h a u D a j í á n a Bírdwood und B. n e g l é c t a S. Moore, kleinere, vom Boden an verzweigte Bäumchen mit 7- bis 9-paarigen Laubblättern, angesehen; sie wachsen in den Gebirgen von Hadramaut in Südarabien und im Ahlgebirge des gegenüberliegenden Somalilandes. Der Weihrauch^ der in ähnlicher Weise wie Myrrhe gewonnen wird, gelangt nach Bombay (der grösste Teil) und nach Europa zur Ausfuhr. Von weiteren Balsamharze liefernden Burseraceen mögen genannt sein : C o m m i p h o r a O p o b á l s a m u m (L.) Engler ( = Balsamodéndron Gíleadénse Kth.), heimisch in Arabien und im Somaliland (in Aegypten seit dem 11. Jahrhundert kultiviert, ebenso in Palästina im östlichen Jordantal [Gilead] seit Alexander dem Grossen), liefert den Mekka« oder Gilead-Balsam. Im Jahre 725 nahm der Bischof Willibald von Eichstätt diesen Balsam heimlich von einer Pilgerfahrt nach dem Heiligen Lande mit nach Hause. — C. A f r í e án a Engler im Sudan liefert das afrikanische Bdellium. — Von einer Anzahl B u r s e r a - Arten in Zentralamerika (besonders Mexiko) stammen Elemi-artige Harze (Amerikanische Elemí), so z. B. das Gomartharz von B. Símarúba (L.) Sargent, der westindische Takamahak von B. tomentösa (Jacq.) Engler, ebenso solche von verschiedenen neuweltlichen Protium- oder Icica-Arten, z. B. das Caranna» oder Hyowaharz von P. C a r ä n a (Humb.) L. March., Weihrauch von Cayenne von P. G u a y a n é n s e (Aubl.) L. March, usw. Einige Arten der Gattung C a n á r í u m von den Philippinen liefern ManilaEi emi, andere aus dem östlichen Malaischen Archipel das schwarze Dammarharz. Tabonucoharz von P a c h y » l ö b u s ( = Dacryödes) h e x ä n d r u s (Grisebach) Engler wird in Westindien zu Fackeln verwendet, das dillartig riechende „Rio“«Elemi von P r ó t í u m I c í c a r í b a (DC.) L. March, als Wundsalbe und Räuchermittel. Die nächstanschliessende Familie der M e l i ä c e a e 1) oder Zedrachgewächse umfasst fast ausschliesslich (z. T. sehr hohe) Bäume, daneben auch Sträucher und wenige Kräuter mit meist grossen, gefiederten, wechselständigen Laubblättern (Nebenblätter selten) und der Regel kleinen, zu Rispen (selten auch zu Trauben oder zu Aehren) angeordneten, zwitterigen oder polygamen, 5- (4- bis 7»)gliederigen, strahligen, oft mit einem Diskus versehenen Blüten. Kelch gewöhnlich becherförmig oder kurzröhrig. Kronblätter frei, ausnahmsweise ver­ einigt. Staubblätter doppelt so viele als Kronblätter, sehr oft im unteren Teil oder der ganzen Länge nach zu einer Röhre (Staminaltubus) verwachsen ; am Rande dieser Röhre zuweilen zwischen den Staubbeuteln Zähne oder blumenblattartige Lappen. Fruchtknoten mehrfächerig, mit gewöhnlich einfachem Griffel; Jedes Fach in der Regel mit 1 bis 2 (selten 4 bis vielen) Samenanlagen. Frucht meist eine Kapsel oder Beere, seltener eine Steinfrucht; Samen mit Nährgewebe, manchmal geflügelt. Die Familie schliesst sich an die Rutaceen, Simaru« baceen und Burseraceen eng an; doch fehlen ihr die Balsamgänge und meist auch die Bitterstoffe. Dagegen treten im Mesophyll der Laubblätter, in Rinde und Mark Sekretzellen (Jedoch keine Sekretdrüsen wie bei den Rutaceen 1) auf, wodurch die Laubblätter durchscheinend punktiert werden. Von den 800 Arten, die sich auf etwa 42 Gattungen verteilen, gehört die Grosszahl den Tropen und zwar besonders den Regenwäldern an ; nur wenige Arten sind Sleppenpflanzen. Die Gattung Xylocärpus ist die an Meeresverbreitung angepasst. Ver­ schiedene, meist artenreiche Gattungen sind auf einzelne Kontinente beschränkt. In der gemässigten Zone fehlen die Meliaceen fast gänzlich ; T o ó n a S í n é n s í s Roem. und A g l a i a o d o r ä t a Lour. dringen in Ostasien bis Peking vor. Andererseits gedeiht M é l í a A z e d á r a c h L. als Zierpflanze auch in den wärmeren Teilen der gemässigten Zone. Eine ganze Zahl liefert wertvolles Nutzholz, andere (Länsium- und Sandórícum«Arten) Obst oder (Tríchílía, Caräpa und Azadirachta) Oel oder Gummi. Die bittere Rinde verschiedener Arten wird medizinisch gegen Ruhr, Durchfall, Malaria, als Brechmittel oder als Emeticum (so die von Tríchílía emética Vahl ‘) Vom griech. fx eU a [melia] = Esche; wegen des eschenartigen Laubes vieler Arten.

85 in Afrika) verwendet. Andere enthalten giftige Stoffe (vor allem Saponine und tödliche Säuren) und dienen deshalb zum Vertilgen von Insekten sowie zum Betäuben von Fischen. Die Familie wird in die 3 Unterfamilien der C e d r e l o i d e a e (Staubfäden frei, Samen geflügelt), der S w i e t e n o i d e a e (Staubfäden zu einer Röhre verwachsen. Samen geflügelt, in jedem Fach mehrere) und der M e 1i o i d e a e (Staubfäden gleichfalls zu einer Röhre verwachsen. Samen ungeflügelt, meist nur 1 bis 2 in jedem Fach eingeteilt). Von der ersten Unterfamilie der Cedreloideae mögen erwähnt sein : C e d r é l a 1)2 o d o r ä t a L., in Westindien und Guayana heimisch, liefert ein leicht spaltbares, angenehm riechendes, rotes Holz, das unter dem Namen Westindisches Zedernholz (richtiger ist die Bezeichnung „Zedrelenholz“) zu besseren Zigarrenkisten, als Bleistiftholz, zu Möbeln (weil gegen Termiten sicher) und auch für den Schiffbau und früher als Zuckerkistenholz verwendet und namentlich aus Kuba ausgeführt wird. Da der Baum sehr schnellwüchsig und gegen Buschfeuer widerstandsfähig ist, wird er neuerdings zum Aufforsten empfohlen. Aehnliche ziegelrot gefärbte, von Termiten nicht angreifbare, weiche, aber doch sehr dauerhafte Hölzer stammen von verschiedenen Arten der altwelt» liehen Gattung T o ö n a (besonders T. s e r r ä t a [Royle] Roem. in Indien, T. s e r r u l ä t a [Miq.] Harms auf Sumatra und Java und T. S i n é n s i s [A. Juss.] Roem. in China), die als Indisches Mahagoni, Zeder von Singapore, Moulmein Cedar in den Handel kommen. Das hellgelbe Kap»Mahagoni, im Kapland „sneez»wood“ oder „nieshout“ ge« heissen, kommt von dem süd» und ostafrikanischen P t a e r ö x y l o n o b l i g u u m (Thunb.) Radlkofer, das im frischen Zustande zum Niessen reizt. — Von den Swietenoideae liefern eine Anzahl amerikanischer (S w ie ténia), afrikanischer (Pseudocédrela Kötschyi Schweinfurth [im Steppengebiet], K h ä j a 9) S e n e g a l é n s i s Juss. in West» afrika [Gambia»Mahagoni], E n t a n d r o p h r â g m a A n g o l é n s e (W ehv.) [oder „ Quibaba da Queta “] und E. C a n » d o l l é i in Kamerun) und indischer ( C h u k r ä s i a t a b u l ä r i s A. Juss. liefert Bastard.Cedar, Chittagong wood, white cedar, ebenso S o y m i d a f e b r i f ü g a Juss.) Arten sehr harte und dauerhafte „Mahagoni“»Hölzer. Die wichtigste Art ist der westindische Mahagonibaum S w i e t é n i a 3) M a h a g ö n i 4)* L, der das zu Möbel besonders hochgeschätzte echte Mahagoni» oder Acajouholz liefert. — Von den Melioideae enthalten die grossen, kantigen, holzigen Samen von C a r ä p a 8) p r o c é r a DC. oder „Andiroba “ (tropisches Afrika) undC. Guay» a n é n s i s Aubl. (tropisches Amerika) fettes, jedoch sehr bitter schmeckendes, wurmwidriges („Carapa“» oder Tulucuna» oder Kundibaum»Oel) Oel, das zu technischen Zwecken sehr brauchbar ist. — X y l o c ä r p u s o b o v ä t u s A. Juss. und X . G r a n a t u m Koen. sind auf die Küstengebiete der Alten Welt beschränkt; sie besitzen als Mangrovepflanzen leichte schwimmende Samen, ebenso Atemwurzeln. — A z a d i r ä c h t a ( = Mélia) I n d i c a L., der Indische Flieder, Neem »der Margosa tree, ist in Ostindien weit verbreitet, wird aber auch auf Ceylon, in Ostafrika, auf Java und in Nordamerika häufig kultiviert. Die bittere, adstringierend wirkende Rinde ist in den Vereinigten Staaten als C ö r t e x M a r g ö s a e , Margosa oder nim bark als Wurmmittel offizinell und gilt auch als Fiebermittel. Die Samen liefern das scharfe, lauchartig riechende Zedrachöl oder Kohombafett, das als Lampenöl und medizinisch verwendet wird. Das mahagoni»artige Holz ist hart und sehr dauerhaft. Die Art dient in Indien als schattenspendender Allee» und Parkbaum. — Als einziger, auch in Südeuropa, wie überhaupt in den wärmeren Teilen der ganzen Erde kultivierter, ursprünglich wohl vom Himalaya stammender Baum kommt M é l i a A z e d a r a c h 4) L. (Fig. 1719) in Betracht, Persischer Flieder, Chinesischer oder Syrischer Holunder, Paternoster» oder Paradiesbaum, Sykomore, Lilias des Indes, Laurier grec, Persian Lilac, Bead tree (Perlenbaum) oder Pride of India (Stolz von Indien) geheissen. Bis über 10 m hoch, junge Triebe etwas be» haart. Laubblätter sommergrün, sehr verschieden gestaltet, 20 bis 50 cm lang ; die unteren und mittleren doppelt gefiedert, scharf gesägt, die oberen einfacher. Blüten zwitterig, 5» bis 6»zählig, zu einer lockeren, bis 20 cm langen, blattachselständigen Rispe vereinigt. Kronblätter blass rötlichblau. Staubblätter 10 (12); Staub» fäden zu einem violetten Staminaltubus verwachsen ; letzterer an der Spitze zerschlitzt und länger als die Kronblätter. Fruchtknoten auf einem kurzen Diskus, 5» bis 8»fächerig, in jedem Fach mit 1 bis 2 Samen. Frucht steinfruchtartig, hellgelb, mit holzigem Endokarp. Samenschale krustig. Wegen ihres zierlichen, eschen» artigen Laubes und der angenehm fliederartig duftenden, violetten Blüten wird die Art wie die vorige gern als Zierbaum kultiviert; als Allee» und Schattenbaum eignet sie sich, weil windbrüchig, aber weniger. Das Melia»Oel kann als Firnisöl Verwendung finden. In Italien benützt man die fünfeckigen Samen zu Rosenkränzen. Alle Teile dienen als kräftiges Wurmmittel; das Holz ist zur Anfertigung von Blasinstrumenten gesucht. *) Von Cédrus = Zeder. 2) Einheimischer Name des Baumes in Senegambien. 8) Benannt nach Gérard von S w i e t e n , geb. 1700 zu Leyden, gest. 1772 in Wien, zuerst Professor der Medizin in Leyden, später Leibarzt der Kaiserin Maria Theresia in Wien. 4) Einheimischer Name. 8j Carapa bezeichnet bei den Tamanacos in Südamerika Fett und Oel.

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Die Familie der M a l p i g h i ä c e a e 1) mit etwa 800 Arten besteht grösstenteils aus Lianen und Sträuchern mit oft unregelmässig zerklüftetem Holzkörper. Die meist gegenständigen Laubblätter tragen am Blatt» grund oder Stiel nicht selten Drüsen. Die gewöhnlich zwitterigen, seltener polygam zweihäusigen, fünfgliederigen, häufig recht ansehnlichen, schräg zygomorphen Blüten sind meist zu Trauben vereinigt. Die Kelchblätter können mit Drüsen versehen sein (so bei kleistogamen Arten der Gattung Camarea). Die Kronblätter sind oft gezähnt, gewimpert oder gefranst und gewöhnlich genagelt. Von den 10 Staubblättern sind nicht selten ein» zelne in Staminodien umgewandelt oder ganz verkümmert. Der in der Regel 3»fächerige Fruchtknoten enthält nur eine einzige Samenanlage in jedem Fach. Bei der Reife zerfällt die Frucht in der Regel in 3 merkwürdig geflügelte, nüsschenförmige oder am Rüchen aufspringende Teilfrüchte; seltener sind Nüsse oder Steinfrüchte. Von den etwa 60 Gattungen ist die grösste Menge auf das tropische Amerika beschränkt, darunter die artenreiche Gattung Byrsonima, ferner die Gattungen Heteröpteris (nur 1 Art in Westafrika), Banisteria, Teträpteris, Stigmatophyllum. Von den 17 altweltlichen Gattungen sind 9 afrikanisch, 3 asiatisch, 1 australisch, während weitere grössere Ge» biete der Alten Welt bewohnen. Die meisten Arten sind Lianen des tropischen Regenwaldes; daneben gibt es auch Savannen» und Steppenpflanzen. Nur ganz wenige Arten kommen auch in kühleren Gebieten (Texas, Arizona, Natal, Argentinien) vor. Verschiedene Spezies der amerikanischen Gattungen Byrsonima, Bunchösia und Malpighia liefern essbare Früchte, so die mit Brennhaaren versehene M a l p i g h i a ü r e n s L. die Barbadoskirschen, M a l p i g h i a M e x i c ä n a Juss. „Azerolen“. In Gewächshäusern wird gelegentlich die etwas stachelblätterige M a l p i g h i a c o c c i f e r a L. kulti» viert, ebenso Galphimia» und Banisteria»Arten. Die kleine Familie der T r i g o n i ä c e a e mit etwa 30 Arten, in der Hauptsache Klettersträucher. Die beiden Gattungen T r i g ö n i a und L i g h t i a sind tropisch» amerikanisch (besonders brasilianisch), während die dritte Gattung T r i g o n i a s t r u m in Hinterindien vorkommt. Aehnlich verhält sich die kleine ausschliesslich tropisch» amerikanische Familie des V o c h y s i ä c e a e mit etwa 100 grossenteils baumartigen Arten. In die Unterreihe der Polygalineae, für welche die Porenöffnung der Staubbeutel bezeichnend ist, wird meistens die kleine, auf Australien (vor allem auf West» australien) beschränkte Familie der T r e m a n d r ä c e a e eingefügt. Sie umfasst 23 kleine, xeromorph gebaute Sträucher mit einfachen, lederigen, Wechsel» oder quirlständigen Laubblättern und achselständigen, roten oder violetten Blüten. Zuweilen verdornen die Sprosse oder sie werden flach rutenförmig. Die systematische Stellung dieser Familie ist übrigens sehr unsicher.

68. Fam. Polygaläceae. K r e u z b lu m e n g e w ä c h s e . Kräuter, Halbsträucher, Sträucher, seltener kleine Bäume mit meist Wechsel5, selten quirl® oder gegenständigen, einfachen, ganzrandigen Laubblättem und in der Regel ohne oder sehr selten in Gestalt kurzer Dornen oder Scheibchen erscheinenden Nebenblättern. Blüten in Trauben, Aehren, Rispen, Ebensträussen oder Köpfchen, mit Trag* und auch meist Vorblättern, median zygomorph (Fig. 1720 a), zwitterig. Kelchblätter 5, meist frei, die 3 äusseren klein, die 2 inneren oft kronblattartig („Flügel“). Kronblätter 5, gewöhnlich nur 3 ausgebildet (das untere mittlere und die beiden seitlichen oberen), alle d: mit der Staubblattröhre verwachsen 6 Benannt nach Marcello M a l p i g h i , Professor der Medizin in Bologna, gest. 1693 zu Rom als Leibarzt des Papstes Innocenz XII.

87 oder wenigstens die beiden oberen mit der Staubblattröhre oder mindestens mit 1 Staubblatt vereinigt; das mittlere in der Regel Schiffchen artig und vielfach mit einem rückenständigen, gelappten oder zerschlitzten Anhängsel. Staubblätter in 2 Kreisen, 10 oder in der Regel durch Verkümmerung 8, selten nur 7, 5, 4 oder 3 (Fig. 1720 a); Staubfäden meist zu einer nach oben offenen Röhre verwachsen; Staubbeutel am Grunde angeheftet, im oberen Teil der Innenseite durch Löcher sich öffnend, zuletzt 1'fächerig. Fruchtblätter 5 oder meist 2, oberständig, median stehend, zu einem fast stets 2=fächerigen Fruchtknoten verwachsen; in jedem Fache fast stets 1 hängende, umgewendete Samenanlage. Frucht eine Kapsel, Nuss oder Stein* frucht. Samen mit oder ohne Nährgewebe, oft mit deutlichem Anhängsel (Carúncula). Die Polygalaceen bilden eine in sieb geschlossene, sehr natürliche Familie, die nach C h o d a t mit keiner anderen nähere Verwandtschaft besitzt. Ihre von W e t t s t e i n angenommene Einordnung in die Reihe der Sapindales scheint sich nach den allerdings noch unvollständigen sero-diagnostischen Untersuchungen von F. H o e f f g e n (Botanisches Archiv. Bd. I, 1922, Heft 2) zu bestätigen. Ob dabei der von W e i t ­ st e i n und auch von C h o d a t vermutete Anschluss bei den Meliaceen als abgeleitete, zygomorphe Familie (in Verbindung mit den Trigoniaceen und Vochysiaceen) zu suchen ist, bedarf noch ganz der Bestätigung. Hingegen haben sich weder zu den Leguminosen — wie H y a ta an­ nimmt — noch zu den Violaceen — von Ha l l i e r behauptet — irgend welche engeren verwandtschaftlichen Beziehungen feststellen lassen. Die Familie umfasst 10 Gattungen mit rund 800 Arten, die meist Kräuter, Halbsträucher und Sträucher, seltener Klettersträucher und kleine Bäume, ausnahmsweise auch chlorophyllose Saprophyten (Arten der Gattung S a l o m ó n í a Lour.) darstellen. Das Verbreitungsgebiet der Familie erstreckt sich fast über die ganze Erde; es meidet nur die arktischen Gebiete von Nordamerika und Asien, sowie Neuseeland und Poly­ nesien. Die Gattung P o ly g a l a L. ist kosmopolitisch. M o n n i n a Ruiz et Pav. reicht von Mexiko bis Argentinien und Chile. S e c u r í d á c a L. gehört den Tropen, M u r á l t í a Neck, und M ü n d i a Kunth der kapFig. 1720. a Blütendiagramm, b Aufgeländischen Flora an. B r e y e m e y é r a Willd. besitzt 2 Untergattungen in geschnittenc Blüte von P. C h a m a e b u x u s L. c Querschnitt durch einen Staubbeutel Südamerika und 1 in Australien und Tasmanien. Dem heisseren Asien (nach J a u c h ), d bis / Pollenkörner ver­ sind die 2 Gattungen X a n t h o p h y l l u m Roxb. und S a l o m ó n í a schiedener Polygala-Arten. Lour. eigen. C a r p o l ó b í a G. Don. ist eine monotypische Gattung Westafrikas. M o u t a b é a Aubl. ist auf Nordbrasilien, Peru und Guayana beschränkt. Durch diese V er­ teilung erweckt die Familie den Eindruck einer bereits älteren Familie, wenn auch fossile Funde — Flügelfrüchte von S e c u r í d a c a — nur bis in das Tertiär von Aegypten reichen. Die Gattungen verteilen sich auf 3 Tribus, von denen diejenigen der P o l y g ä l e a e und X a n t h o p h y l l e a e freie Kelchblätter aufweisen, sich aber durch Verwachsung bezw. Nichtverwachsung des Andröceum zu einer hinten offenen Röhre von einander unterscheiden, während bei der 3. Tribus, den M o u t á b e a e , der Kelch mit den Krön» blättern verwächst. Die beiden letztgenannten Tribus besitzen nur je 1 Gattung. X a n t h o p h y l l u m Roxb. ist eine etwa 40 Arten umfassende Gattung von kleinen bis mittelhohen Bäumen, die meist lederige, bisweilen mit Träufelspitze versehene Laubblätter und in Aehren oder Rispen stehende weisse, rote oder braunrote Blüten besitzen. Von X. l a n c e o l á t u m J. J. S., dem Siurbaum Sumatras, stammen die 4 0 % Oel enthaltenden Samen, die von den Eingeborenen sowohl als Speisefett, als auch gegen Mundkrankheiten (Aphten) verwendet werden. Seit 1910 werden die Früchte als Siur- oder Deaknüsse auch nach Europa ausgeführt und zur Her­ stellung von Seifen und Kerzen benützt. Der Presskuchen enthält ein giftiges Saponin. — M o u t a b é a Aubl., eine artenarme Gattung von Sträuchern oder Bäumchen mit dicken lederartigen Laubblättern und gelben oder weissen, stark duftenden Blüten besitzt essbare, mehrsamige Beeren. — Von der Tribus der P o l y g ä l e a e ist die Gattung P o l y g a l a die grösste; sie umfasst etwa die Hälfte aller zur Familie gehörenden Arten (s. u.). — Die Gattung S e c u r í d á c a L. enthält meist holzige, kletternde oder schlingende Lianen oder Bäume mit meist derben Laubblättern; Blüten mit einem Anhängsel am Schiffchen, mit 8 Staubblättern und mit einseitig lang geflügelten Früchten. V on den etwa 50, durch die an halbierte Ahornfrüchte erinnernden Früchte leicht kennt­ lichen Arten liefern einige ausgezeichnete Seile, sowie Fasern für Netze und Geflechte. Im tropischen Afrika dient namentlich S. l o n g í p e d u n c u l á t a Fres, diesen Zwecken. Die gewonnene Faser wird als „Buazefaser“ bezeichnet und soll dem Flachs gleichkommen. Aus den Laubblättern wird ein Schutzmittel gegen Schlangengift

88 gewonnen, aus den Samen ein Speiseöl. — Durch etwa 60 Arten vertreten ist die Gattung M o n n i n a Ruiz et Pav., zu der 1»jährige bis ausdauernde Kräuter und Sträucher gehören, die sich von P o l y g a l a durch nicht» fachspaltig aufspringende Kapselfrüchte unterscheiden. In den Wurzeln einiger Arten, z. B. von M. p o l y s t ä c h y a R. et P., M. s a l i c i f ö l i a R. et P., M. p i c r o c ä r p a R. et P. treten giftige saponinartige Stoffe auf, die dieselbe Wirkung wie die Radix Senegae besitzen (s. unter P o l y g a l a S e n e g a ) . — M u r a l t i a 1) Neck. Sträucher, Halbsträucher oder ausdauernde Kräuter mit wechselständigen oder gebüschelten, meist kleinnadel» oder schuppenförmigen Laubblättern; Blüten mit 7 Staubblättern und meist oben 4»horniger Kapsel. Von ihren etwa 50, sehr einförmigen Arten findet sich seit 1787 in den europäischen Gewächshäusern kultiviert: M. Hei st ^r i a*) DC. Kräftiger, bis 1 m hoher Strauch mit rutenförmigen, behaarten Zweigen. Laubblätter gebüschelt, lineal» pfriemlich, gekielt, 6 bis 8 mm lang, anliegend oder zurückgekrümmt, stechend spitz, gewimpert. Blüten fast sitzend, purpurfarben, mit lanzettlichen, spitzen Kelchblättern und löffelförmigen Kronblättern. Kapsel kürzer als die pfriemlichen Laubblätter. — M. s t i p u l ä c e a DC. Durch nicht gebüschelte, mehr einzeln stehende Laubblätter von voriger Art unterschieden. Seit 1801 in Kultur. — M. f i l i f ö r mi s DC. Laubblätter starr, vollständig aufrecht. Blüten rötlich. In Europa seit 1800 in den Gärten gezogen. — M. m i x t a Marvey. Bis 60 cm hoher Strauch mit i büschelig gestellten, dachziegelig sich deckenden, am Grunde der Zweige linealen, weiter oben lineal»keulenförmigen bis spatelförmigen, kahlen Laubblättern. Blüten sitzend, mit elliptischen, stumpfen Kelchblättern und weiss und purpurfarbenen Kronblättern. Kapsel länglich, mit ebenso langen, pfriemlichen Hörnern. Seit langem in Europa eingeführt und im Mittelmeergebiete auch im Freiland gezogen. — Anatomisch zeichnet sich die Familie dadurch aus, dass die Spaltöffnungen in der Regel von mehreren, un» regelmässig gelagerten Epidermiszellen umgeben sind; Anklänge an den Rubiaceen» oder Cruciferen» Typus sind seltener. Der Mittelnerv der Laubblätter und die Blattstiele besitzen zumeist nur 1 LeitbündeL Der oxalsaure Kalk ist in Form gewöhnlicher Einzelkristalle und Drusen eingelagert. Innere Sekretorgane fehlen bei den meisten Arten. Doch gibt C h o d a t für gewisse Polygala»Arten das Auftreten von lysigenen Sekretlücken und Oelzellen an. Die Behaarung wird aus einfachen Haaren gebildet, die meist 1»zeitig, bei B r e d e m e y d r a und Xa nt ho p h y l l u m» Ar t e n aber l»zellreihig sind. Das Holz enthält schmale Mark» strahlen, Gefässe mit einfach durchbrochenen Zwischenwänden und typisch hofgetüpfeltem Holzparenchym. Gewisse Arten weisen eine anormale Achsenstruktur auf (S o 1 e r e d e r). Die Blüten sind am Grunde meist von 3 Hochblättern gestützt, von denen das mittere als Tragblatt, die beiden seitlichen als Vor­ blätter bezeichnet werden (Fig. 1721 b). Der 5»zähnige Kelch besitzt 3 äussere, laubige Kelchblätter und 2 innere bedeutend vergrösserte und kronblattartig umgebildete Kelchblätter („Flügel“). Von der Krone sind gewöhnlich nur 3 Blättchen entwickelt, das vordere und die beiden hinteren; das erstere ist viel grösser und kielartig gefaltet („Schiffchen“), häufig 2« bis 3»lappig und bei vielen Arten (z. B. bei Polygala) aussen unter dem Gipfel mit einem bärtigen, fransigen oder gelappten, mitunter doppelten Anhängsel versehen. Die beiden hinteren Kronblätter sind untereinander frei, aber mit dem Schiffchen ± verwachsen und häufig 2»spaltig. Die beiden mittleren Kronblätter fehlen in den meisten Fällen vollständig oder sind noch als Drüsen oder kleine Schüppchen erhalten. Die Staubblätter treten meist in der S»Zahl auf, sind zu je 4 beidseitig der Symmetrieebene angeordnet und in eine hinten offene, vorn meist tiefer gespaltene Scheide verwachsen, die zugleich mit den Kronteilen, besonders dem Schiffchen, zusammenhängt. Der 2»fächerige Fruchtknoten trägt einen meist nach der Rückenseite der Blüte gekrümmten Griffel. Zwischen das Androeceum und Gynaeceum schiebt sich häufig noch ein Diskus ein. Seine allmähliche Reduktion hat C h o d a t in der Sektion C h a m a e b ü x u s der Gattung P o l y g a l a verfolgt. Bei 2 indischen Arten ist er (typisch) vollständig und ringförmig entwickelt. Bei amerikani­ schen Arten steht er schief aufrecht zur Blütenachse. Bei P. M ä n n i i Oliv, aus Afrika ist der hintere Teil bereits drüsenförmig und vorn in Verkümmerung begriffen. Bei den europäischen und nordafrikanischen Arten der Sektion ist der vordere Teil vollständig verschwunden und an Stelle des ursprünglichen Diskus eine fleischige Drüse getreten, die von E i c h l e r u. a. fälschlich für ein reduziertes Staubblatt angesehen worden ist. Die Pollenkörner geben das sicherste Merkmal für die Familienzugehörigkeit a b ; sie sind von verschiedener Gestalt (Fig. 1720 d bis f). Beide Pole sind grob getüpfelt und gegenseitig durch linealische Verdickungsleisten verbunden, die in der Mitte durch eine verdünnte Aequatorialzone geteilt werden. Ist das Pollenkorn trocken, so erscheint diese Zone eingeschnürt, hat das Korn hingegen Wasser aufgenommen, so wölbt sich die Mitte zu einem her­ vorragenden Ringe. ’) Benannt nach Joh. v o n M u r a l t , geb. 18. Febr. 1645 in Zürich, gest. 12. Jan. 1733 ebenda, Arzt und Verfasser von Physicae specialis pars quarta, Botanologia, seu Helvetiae paradisus. Tiguri 1710. s) Benannt nach Lorenz H e i s t e r , geb. 19. September 1683 in Frankfurt a. M., gest. 18. April 1758 in Helmstedt, Professor ebenda, Verfasser mehrerer botanischer Werke.

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CCCCL P olygala1) (Tournef.) L (= Polygalum Buchenau). K reuzblum e. Franz.: Herbe au lait, laitier; engl.: Milkwort; ital.: Poligala. Einjährige bis ausdauernde Kräuter, Halbsträucher und Sträucher, selten Bäume. Laub* blätter Wechsel«, gegen* oder quirlständig, ungeteilt. Nebenblätter vorhanden oder fehlend. Blüten meist in Trauben, median*zygomorph, zwitterig (Fig. 1720 a). Kelchblätter ungleich, die 3 äusseren kelchblattartig, die 2 inneren viel grösser, kronblattartig (,,Flügel“). Kronblätter 5 oder meist durch Reduktion der beiden seitlichen nur 3, mit* einander und mit den Staubblättern verbunden; das vordere ge* stielt, rinnig, vorn oft mit lappigem oder fransigem Anhängsel („Kamm“) ; die beiden hinteren meist untereinander frei und meist mit dem Kelch verwachsen. Staubblätter in der Regel 8, selten weniger, in 1 oder 2 Gruppen verwachsen; Staubbeutel mit 4 (z. B. bei P. myrtifolia) oder (bei allen unseren Arten) durch zu* nehmende Reduktion der unteren 2 Pollenfächer mit 3 (von unseren Arten P. Chamaebuxus; Fig. 1720 c) oder mit 2 Pollenfächern (unsere übrigen Arten). Diskusring dem Staubblattkreise zugehörig, oft zu einer Drüse reduziert (P. Chamaebuxus) oder ganz fehlend (unsere übrigen Arten). Fruchtknoten oberständig, sitzend oder gestielt, aus 2 median gestellten, parallel zur längeren Achse zusammengedrückten Fruchtblättern verwachsen, 2*fächerig mit je einer hängenden Samenanlage; Griffel verschiedenartig gestaltet, gerade oder gekrümmt, vorn oft mit einer löffelförmig gestalteten Grube. Frucht eine senkrecht zur kürzeren Achse zusammengedrückte, fachspaltige, meist verkehrt*herzförmige, 2*samige Kapsel (Fig. 1724 d). Samen eiförmig, rundlich oder kurz keilförmig, am Grunde meist mit einem 3*lappigen Anhängsel (Caruncula); Nährgewebe fehlend oder hart und ölhaltig. Die Gattung P o l y g a l a ist die umfangreichste der Familie und zählt mehr als 450 Arten, von denen 9.20 in Amerika Vorkommen und nur wenige in Australien endemisch sind. C h o d a t (Monographia Polygalacearum, 1893) gliedert sie in 10 Sektionen, von denen in Mitteleuropa nur die Sektion Cha » m a e b ü x u s (mit P. Chamaebuxus) und die Sektion O r t h o p o l y g a l a (— Poly» galon DC.) mit dem Rest der einheimischen Arten vertreten sind. Die Sektion Chamaebuxus besitzt etwa 23 Arten in der Nordhemisphäre von Amerika, Fig. 1721. P o l y g a l a m y r t if o li a Asien und Europa und reicht in Afrika bis in das Kapland; die Sektion L. a Blütenspross, b Blüte von der Orthopolygala besitzt unter ihren etwa 350 Arten viele amerikanische Glieder, Seite, c Blüte von vorn. die anderen sind im ganzen Areal verbreitet. — Zusammen mit anderen süd» afrikanischen Hartlaubsträuchern fand bereits um 1687 P. b r a c t e o l ä t a L. als erste kapländische Polygala»Art Eingang in den Botanischen Garten zu Leyden; zur Renaissancezeit war sie auch als Gartenpflanze in Schlesien bekannt. — In Kalthäusern findet sich heute vielfach P. m y r t i f ö l i a L. (Fig. 1721), ein 1 bis 2 , 5 m hoher Hartlaubstrauch des Kaplandes mit ansehnlichen grossen, purpurroten Blüten, der bereits an der Riviera im Freien überdauert und dort stellenweise vollständig verwildert ist. Durch den Besitz von 4 Pollenkammern im Staubblatt zeigt diese Art den ursprünglichen Bauplan der Familie. — P. S e n e g a L . Erdstockstaude mit zahl» reichen, in den Achseln schuppenförmiger Niederblätter der vorjährigen Achsen entspringenden, aufrechten, bis 40 cm hohen Stengeln. Laubblätter bis 8 cm lang und 3 cm breit, wechselständig, eiförmigdanzettlich bis lanzettlich, zugespitzt, am Rande fein gezähnelt, oberseits sattgrün, unterseits etwas blasser. Blütentraube bis 9 Pflanzenname bei P l i n i u s (Nat. Hist. XXV II, 121), von noXvg [polys] — viel und yahcc [gäla] = Milch abgeleitet; weil der Genuss des Krautes die Kühe zu starker Milchabsonderung veranlassen soll. D i o s k u r i d e s (Mat. med. IV, 139) schreibt no'Kvya'Kov [polygalon]. Der Name wird von S c h i n z und T h e l » i u n g als Femininum, von A s c h e r s o n u. a. als Neutrum betrachtet.

90 8 cm lang, von Deckblättern schopfig überragt. Kronblätter blassrötlich ; Flügel gelblichweiss, von grünlichen Adern durchzogen. Heimat : Nordamerika vom atlantischen Ozean bis Texas (34° bis 52° nördl. Breite). Diese im Unterwuchs trockener, lichter Wälder lebende Pflanze liefert die ofñzínelle R á d í x S é n e g a e (Pharm. Germ., Austr. et Helv.), ein beliebtes Lösungsmittel bei Affektionen der Atmungsorgane, das in Form von Abkochungen oder als Pulver gegeben wird. Audi als Schweiss und Wasser treibendes Mittel findet es Ver» Wendung und wird (wohl aus diesem Grunde) bei Vergiftungen infolge Schlangenbiss benützt. Die Homöo» pathie bereitet aus der getrockneten Wurzel eine Tinktur. Die Wurzel kann auch als Seifenersatz dienen. Die in der Droge wirksamen Stoffe sind vor allem das Glykosid Senegin (CuHasOio) und Polygalasäure, ferner ein ätherisches Oel, das aus Acetylsalicetat und einem Ester der Baldriansäure besteht. Das Oel geht bei längerem Lagern verloren. Stärkere Beimischungen von Stengelteilen vermindern durch den Gehalt an Saponin den Wert der Droge. Verunreinigungen dieser Art lassen sich nach E. S t e i g e r (Beiträge zur Morphologie der Polygala Senega L., Berlin, 1920) leicht an der Gegenwart weisser, stark lichtbrechender, unverholzter Bastfasern erkennen. Die Wurzel selbst besitzt als gute Merkmale tiefe Längsrunzeln und Höcker und besonders im oberen Teile halbringartige Wülste und tiefe Einschnürungen, letztere aber nur auf einer Seite, während die Gegenseite dafür eine häufig scharf hervortretende Schwiele (den sogenannten Kiel) trägt. P. Senega ist ein altes Volksmittel der Senekaindianer, eines Irokesenstammes Nordamerikas1), die sie gleich den Wurzeln von Aristolochia Serpentaria gegen Schlangenbisse verwenden. In die Schulmedizin wurde sie 1735 durch den schottischen Arzt John T e n n e n t in Philadelphia als Mittel gegen Brustkrankheiten ein» geführt, der 1738 eine Probe „Rattle snake root“ an das Gouvernement sandte, nachdem schon John R ay die Pflanze 1704 als P l á n t u l a m a r y l á n d í c a in seiner Hístóría plantárum (Suppl.) erwähnt und der Nürn» berger Arzt Jakob T r e w (Treu) sie 1734 als Senegau abgebildet hatte. Sie kam durch Ph. M i l l e r 1759 in englische Gärten, verschwand aber infolge Kulturschwierigkeiten bald wieder daraus. L i n n é nannte sie 1749 P o l y g a l a m a r í l á n d í c a und widmete ihr eine zusammen mit K i e r n a n d e r verfasste Abhandlung in den A m o e n i t a t e s . Sie steht bereits in der Pharmac. helv. 1771 als Seneka oder Sennegar, aber M u r r a y sah sie 1779 nur in wenigen Apotheken. Sie erscheint dann 1784 in der Taxe von Lübeck: und 1799 in der von Hannover als Radix Senekae. In den nordamerikanischen Arzneimittellehren fehlt sie in C u t l e r s Vegetable product 1784, findet sich aber bei S c h ö p f , C u l l e n 1789 und B a r t o o n 1798 (vgl. T s c h i r c h , Handbuch der Phar» makognosie, sowie St e i g e r ) . Der gegenwärtige Bedarf Deutschlands an Senegawurzeln beträgt etwa 25000 kg, die durch Sammler zusammengebrachte amerikanische Mittelernte etwa 100000 kg. Kulturen sind schwierig zu erziehen, aber seit 1904 in Washington und seit neuerer Zeit auch in Zofingen in der Schweiz zu finden. Als Paralleldrogenpflanzen, die aber geringeren Wert besitzen, kommen wahrscheinlich P. t e n u i f ö l i a Link (Japanische Seneka) und P. á l b a Nutt. (Falsche oder Weisse Seneka) in Betracht. Als Ersatz für die Radix Senegae wird neuerdings von Wiener Aerzten Radix Primulae empfohlen ( Ro s s , H. Heil» und Gewürzpflanzen, 1920). — Die in Costarica einheimische P. C o s t a r í c é n s í s Chodat liefert ein gutes Ersatzmittel für Ipecacuanha. — Die westafrikanische, krautige P. b u t r y a c e a Heck wird der schwarzbraunen, glänzenden, mit einem Haarschopf versehenen Samen wegen angebaut (z. B. in Togo). Diese enthalten ein zwischen 35° und 52° schmelzendes, butterartiges Fett („Malukangfett“) ; die Rindenfasern dienen zur Hersellung von Netzen und Schnüren. — P. i n c t ö r i a Vahl aus Arabien soll einen indigoartigen Farbstoff liefern. — P. S í b í r í c a L., eine in Sibirien weit verbreitete Art, tritt in Europa nur auf einer kleinen, etwa 6,5 ha grossen Fläche in Ost»Ungarn unweit Magashegi (Hohenberg) bei Szascsanád auf und ist dort von der ungarischen Regierung unter Schutz gestellt worden. — Adventiv wurden im Mannheimer Hafen aufgefunden : die ostmediterrane P. r ó s e a Desf., die italienische P. f l a v é s c e n s DC. und die südamerikanische P. p a n í c u l á t a L., in Ludwigshafen die nord» amerikanische P. c r u c í á t a L. — Die Keimung der myrmekochoren Samen einiger Polygala»Arten ist von K i n z e l untersucht worden. Dabei hat sich gezeigt, dass sowohl P. amara als auch P. vulgaris nur im Licht zu keimen vermögen und dass ihre Keimung verzögert ist, d. h. dass sich zwischen die Sprengung der Samen« schale und die spätere Bildung von Würzelchen und Keimblättern eine lange Ruhepause einschiebt. Bei P. a m a r a betrug das Keimergebnis nach einem Jahr 40°/o. P. Chamaebuxus bedarf einer längeren Samenruhe und besitzt eine ähnliche, aber noch mehr verzögerte Keimung. Die Sprengung der Samenschale wird durch Frosteinwirkung gefördert. Die Samenschalen gehen nach C o p p e r aus einem Integument hervor und be» stehen aus zwei äusseren und zwei inneren Zellreihen. Die Epidermis des äusseren Integumentes wird zur haartragenden Epidermis ausgebildet, die zweite Zellreihe bildet die Palisadenschicht; das innere Integument obliteriert.— Die von F o c k e aufgesteilte und von P f e f f e r übernommene Vermutung, dass die einheimischen Polygala»Arten, weil sie nicht leicht zu kultivieren sind, Wurzelparasiten seien, ist sowohl von H e i n r i c h er , als auch von S t a h l widerlegt worden. Haustorien fehlen dem Wurzelstock vollständig; hingegen sind die Wurzeln mit Wurzelpilzen behaftet. H e i n r i c h e r insbesondere hat gezeigt, dass unsere Arten mit Aus« 9 Bekannt auch dadurch, dass diese 1923 beim Völkerbund in Genf vorstellig wurden.

91 nähme von P. Chamaebuxus nicht obligat mycotrophe Gewächse im Sinne S t a h l s sind, sonderndass sie nur eine fakultative entotrophe Mycorrhiza besitzen, die gelegentlich durch einen Besatz zwar kurzer, aber zahlreicher Wurzelhaare ersetzt sein kann. Trotzdem ist die Kultur der Polygala»Arten oft mit Schwierigkeiten verbunden, so dass sie in Botanischen Gärten selten anzutreffen sind. 1. Immergrüner Halbstrauch. Laubblätter derb, lederig, glänzend. Blüten gross, gelb oder teilweise gelb, selten rot, niemals blau, in wenigblütigem Blütenstand . . . . . . P. C h a m a e b u x u s nr. 1811. 1*. Sommergrüne Kräuter oder Stauden. Laubblätter krautig. Blüten mittelgross oder klein, niemals gelb, in meist reichblütigem B lütenstand................................................................................................................................ 2. 2. Flügel kürzer als die Kronröhre, 12 bis 15 mm lang. Stiel des Fruchtknotens 2» bis 4»mal so lang wie der Fruchtknoten......................................................................................................................P. m a j o r nr. 1812. 2*. Flügel so lang oder länger als die Kronröhre, höchstens 9 mm lang. Stiel des Fruchtknotens höchstens so lang wie der Fruchtknoten.................................................................................................................................3. 3. Untere Laubblätter gegenständig, nie rosettig genähert. Stengel fadenförmig. Blütenstand 3« bis 8 » b lü tig ........................................................................................................................................... P. s e r p y l l a c e a nr. 1817. 3*. Alle Laubblätter wechselständig. Blütenstand reichblütig......................................................................4. 4. Stengel im unteren Teile ausläuferartig, nieder liegend, spärlich mit kleinen, oft schuppenförmigen Laubblättern besetzt, in der Mitte mit rosettenförmig gehäuften, grossen, verkehrt»eiförmigen Laubblättern, aus deren Achseln mehrere Blütenstände entspringend. Rückenlappen des Samenanhängsels wenigstens anfangs wagrecht a b s te h e n d ........................................................................................................................... P. c a l c a r e a nr. 1818. 4*. Stengel im unteren Teile nicht ausläuferartig. Rückenlappen des Samenanhängsels anliegend, kurz . 5. 5. Untere Laubblätter deutlich Rosetten bildend, bedeutend grösser als die Stengelblätter; diese nach oben gleich gross oder an Grösse abnehmend; alle am Rande flach oder nur leicht umgebogen. Flügel nicht netznervig ........................................................................................................................................................................... 6. 5*. Untere Laubblätter keine Rosette bildend oder, falls vorhanden (P. alpestris), dann Stengelblätter nach oben grösser werdend; alle Laubblätter (trocken) am Rande deutlich umgerollt. Flügel i netznervig 7. 6. Laubblätter bitter schmeckend, am Rand leicht umgerollt. Rosette den Blütenstand zentralständig t r a g e n d ...................................................................................................................................................... P. a m a r a nr. 1819. 6*. Laubblätter nicht bitter schmeckend, am Rande flach. Rosette mit seitenständigen Blütenständen. Nur in den Schweizeralpen und in S ü d tir o l.................................................................................P. a l p i n a nr. 1820. 7. Obere Laubblätter grösser und breiter als die unteren, gedrängt. Tragblätter etwa von der Länge der Blütenstiele. Flügel sehr undeutlich netznervig ...........................................P. a l p e s t r i s nr. 1816. 7*. Obere Laubblätter meist nicht grösser als die unteren. Flügel deutlich und reichlich netznervig oder, wenn frei, dann die Tragblätter viel länger als die Blütenstiele......................................................................8. 8. Tragblätter kürzer oder so lang wie die Stiele der eben geöffneten Blüte, bis auf den oft undeut» liehen Mittelstreifen häutig, nicht schopfig über die Spitze des Blütenstandes emporragend. Nerven der Flügel netzartig v erb u n d en ........................................................................................................................... P. v u l g a r i s nr. 1815. 8*. Tragblätter wenigstens so lang wie die Stiele der eben geöffneten Blüte, fast stets derb, mit deutlichem, derbem, grünem oder farbigem Mittelstreifen. Blütenstand i deutlich schopfig...........................9. 9. Flügel sehr gross, etwa 8 bis 10 mm lang, breit elliptisch oder fast kreisrund, am Grund plötzlich zusammengezogen. Tragblätter doppelt so lang wie die eben geöffnete Blüte. Blütenstand schwach schopfig. Nur in Südtirol, Kärnten und K ra in ..................................................................................... P. N i c a e e n s i s nr. 1813. 9*. Flügel meist mittelgross, 5 bis 6 mm lang, elliptisch»verkehrt«eiförmig, gegen den Grund ver» schmälert. Tragblätter etwas länger als die eben geöffnete Blüte. Blütenstand deutlich schopfig. P. c o m o s a nr. 1814.

1811, Polygala Chamaebuxus L.1) ( = Chamaebuxus alpestris Spach, = Ch. vulgaris Schur). ZwergsBuchs,

Buchsblätterige Kreuzblume. Franz,: Polygale faux»Buis; ital.: Poligala falso bosso. Taf. 176, Fig. 3 ; Fig. 1720, 1722 und 1723.

Nach der pantoffelähnlichen Gestalt der Blüte und der frühen Blütezeit heisst die Pflanze F r a ue n» s c h ü c h l (Südtirol), H e r r g o 1 1 s » S t r ö m p f u n d S c h u a , H e r r g o t t a s c h ü e h l i , M i i e t t e r g o t t e s p a n » t ö f f l i , P a n t ö f f l i , H i m m e l s s c h l ü s s e l i , S c h l ö s s e l b l ü a ml i , C h e l l e r s c h l ö s s e l i (Schweiz). W ild e(r) B u c h s (Schweiz), W a l d m i r t n (Niederösterreich) gehen auf die immergrünen Laubblätter. Im romanischen Graubünden heisst die Pflanze c h ö d i n oder p o l i g a l a . l) Abgeleitet von x a fJ'a i [chamäij = Buchsbaums bei den Römern.

auf der Erde, am Boden, also niedrig und büxus, Name des

92 Niedriger, bis 30 cm hoher, reich verzweigter Halbstrauch mit ästiger, graubrauner Grundachse und kräftigen Ausläufern, Pflanze daher i dichtrasig. Zweige verholzend, teils niederliegend, teils bogig aufsteigend, am Grunde wurzelnd, mit hakigen Haaren besetzt; die älteren Teile braun, die jüngeren grün. Laubblätter lederartig, immergrün, sitzend oder sehr kurz gestielt, elliptisch bis lanzettlich oder länglich lineal, an der Spitze stumpf mit kurzer, aufgesetzter Stachelspitze, ganzrandig, am Rande umgerollt, kahl, oberseits glänzend; die untersten eines jeden Astes verkehri*breit*eiförmig, ausgerandet, mit aufgesetztem Stadielspitzchen. Blütenstände 1 * bis 2 *, seltener 3*blütig, mit rundlidi*eiförmigen, häutigen Hochblättern, blatb winkeb oder endständig. Blüten gross, 13 bis 15 mm lang. Das unpaare Kelchblatt ausgesackt, die beiden anderen kleiner, ei* förmig; Flügel länglich*spatel* förmig bis länglich verkehrbei* förmig, aufwärts gerichtet oder zurückgeschlagen, 10 bis 12 mm lang, zur Zeit der Blüte gelblich* weiss, später häufig braunrot purpurn gefärbt (siehe auch die Farbabweichungen), bei der Fruchtreife abfallend; Schiffchen so lang oder meist kürzer als die Flügel, die seitlichen Blumen* blätter eiförmig, blassgelb bis weisslich, das vordere Zitronen* gelb bis orange oder selten rot, nach der Blüte sich purpurn oder braunrot färbend. Staubblätter 8 bis 10 ; Staubfäden nur am Fig. 1722. P o i y g a i a c h a m a e b u x u s L Phot. + w. H e l le r , Zürich. Grunde oder in der unteren Hälfte verwachsen; Staubbeutel 3*fächerig (Fig. 1720 c), mit drei Klappen aufspringend, die vordere Klappe kleiner, ausnahmsweise auch 4*fächerig. Diskus dem Staubblattkreise zugehörig, auf eine rückwärts stehende Drüse reduziert. Fruchtstiele aufrecht. Kapsel (Fig. 1723d) rundlich bis verkehrbherzförmig, fleischig, dicht drüsig punktiert, mit deutlichem, kantigem Hautrande, trocken braunschwärzlich. Samen 5 mm lang, eiförmig, langhaarig, mit ungleich gelapptem Anhängsel (Fig. 1723e). — III bis VI, sehr häufig, stellenweise sogar regelmässig, mit einer zweiten Herbstblütezeit; mitunter in günstigen Lagen sogar im Winter (Januar) blühend. Ziemlich verbreitet und stellenweise häufig auf meist sonnigen, ziemlich trockenen, mineralischen oder humosen, mageren Böden; mit Vorliebe auf kalkreichen Gesteinen, doch auch auf Granit, Gneis, Porphyr, Glimmerschiefer, Phyllit, Serpentin. Von der Ebene bis in die untere alpine Stufe: in den Bayerischen Alpen bis 1750 m, in Tirol bis 2200 m, in Grau* bünden bis 2400 m, im Wallis bis 2480 m, im Berner Oberland bis 1980 m. In D e u t s c h l a n d in den Alpen, auf der Schwäbischhayerischen Hochebene, in den süd» und mittel» deutschen Gebirgen, nördlich bis Thüringen und Sachsen. In Bayern verbreitet in den Alpen, ebenso auf der oberen und unteren Hochebene (im Inngebiet selten), im Bayerischen Wald bei Wörth a. D., Hirschberg, im Oberpfälzer Wald bei Herzogau bei Waldmünchen, Neuenhammer bei Bernrieth, im Frankenwald an der Saale bis zur Landesgrenze, im Fichtelgebirge nicht selten, im Weissen Juragebiet südlich verbreitet, im Norden von der Linie Steinfeld bis Krögelstein an fehlend, im Keupergebiet zerstreut, im Buntsandsteingebiet an der Amts» grenze Eschenbach bis Kemnath, fehlt im Muschelkalkgebiet, in der Rhön und in der Pfalz. In Württemberg und Baden im Jura ziemlich verbreitet bis zerstreut, dem Neckarlande fehlend, dagegen im Hegau; in Thüringen und Sachsen im Anschluss an das Areal im Fichtelgebirge bei Lobenstein am Gallenberge und Siechenberge und

93 im Vogtlande an der Holzmühle bei Plauen, zwischen Chrieschwitz und Voigtsgrün, zwischen Mühlhausen, Sohl und Elster, zwischen Adorf und Leubetha, bei Markneukirchen, zwischen Brambach und Landwüst, bei Kemptengrün, bei Schöneck. — In O e s t e r r e i c h in Böhmen bei Karlstein, Prag ostwärts nicht überschreitend, im Erzgebirge, im Brdywald, Beraungebiet, bei Pilsen, im Kaiserwald; in Mähren angeblich bei Ecce homo bei Sternberg; in Salzburg verbreitet; in Oberösterreich in der Berg» und Voralpenstufe auf Kalk allgemein verbreitet, ferner herabgeschwemmt an Flussufern, z. B. bei Kirchdorf, Neupernstein, um Mondsee, am Traunufer oberhalb Wels, am Agerufer zwischen Stadl bei Lambach und Schwanenstadt, Atterseeufer, am Traunfall, Ostufer des Traunsees, an der Krummen Steyerling, Enns und Steyer; in Niederösterreich häufig auf den Kalkbergen südlich der Donau bis auf die höheren Voralpen, selten auf Urgestein oder Sandstein; in Steiermark auf Kalk bis in die höheren Voralpen (1500 m) häufig, in den nördlichen Kalkalpen bis zum Semmering und Sonne« wendstein gemein, im Gebiete der Zentralalpen hie und da, gemein in der Lantsch» und Schöckelgruppe und auf den Kalkbergen bei Peggau und Graz, bei Sauerbrunn nächst Stainz, Leibnitz, Marburg, am Bachergebirge bei Lembach, Hausambacher, Frauheim; sehr häufig auf den Kalkbergen von Untersteiermark bei Pöltsdiach, Gonobitz, Windischgraz, Wollen, Cilli, Tüffer, Römerbad, Steinbrück, Trifail, in den Karawanken und Sanntaler« alpen, auf dem Weizer Kulm; in Kärnten ziemlich verbreitet im Mölltal, Kreuzbergl, Maiernig, Satnitz, Gurnitz, Lavanttal um St. Paul, Wolfsberg, Mariahilferberg bei Huttaring, Osterwitz, Hurktal, Tiffen, Kanning, Maltatal, Oberdrautal, Gitschtal, Müssen, Tröpolach, Kanaltal, Raibl, Bleiberg, Karawanken, Weidisch, Kolben bei Ebern» dorf; in Krain ziemlich verbreitet; in Vorarlberg und Tirol verbreitet auf kalkreicheren Gesteinen, seltener auf Urgestein, deshalb in einem grossen Teile der Zentralalpen fehlend, am Blaser bei 1900 m, im Ortlerstock nur auf Kalk der Nordseite, im Adamellostock nur bei Campiglio, Tione, im Val Daone auf Kalk. — In der S c h w e i z verbreitet im Mittelland und in den Kalkalpen, in den Zentralalpen zerstreut auf kalkreichem Urgestein, im Jura im Westen selten (Montoz de Bévilard, Roc Coupé, Rochefort), vom Solothurner Jura an häufiger, auf der Lägern fehlend, dagegen wieder in Schaffhausen.

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g ; In der ganzen Alpenkette von Südfrankreich bis zu den Ostalpen und den Illyrischen Gebirgen; im westlichen Schweizerischen (fehlt völlig im Französischen), im Badischen und Württemberger Jura, in den südlichen herzynischen Gebirgen (östlich bis zum Erzgebirge und Prag), in Siebenbürgen nur in den Galizischen Karpaten, im Banat neuerdings unsicher, in Ungarn im Westen und Südwesten häufig, in Rumänien, im nördlichen Apennin und scheinbar sehr selten in den östlichen Pyrenäen. Aendert ab: var. l í n í f ó l í a Murr ( = var. stenophÿlla Hausm.). Alle Laubblätter lineaUlanzettlich oder fast lineal. So besonders an trockenen Orten. — Sehr veränderlich in der Blütenfarbe, in vereinzelten Fällen am selben Stock: 1. l ú t e a Neilr. Blütenblätter heller oder dunkler gelb (die gewöhnlichste Form). — 1. l e u c ö p t e r a Brügger. Flügel weiss oder sich später auch gelb liehweiss oder rötlich färbend. — 1. grandi » f 1ó r a Gaudin ( = var. rhodöptera Ball). Flügel rosenrot gefärbt. So stellenweise vorherrschend, z. B. in Graubünden und im Tessin. — 1. r ó s e a Neilr. Wie. vorige, aber Kronblätter gelb. — 1. r h o d o p t e r o i d e s Lüscher. Flügel rötlich. So z. B. bei Solothurn. — 1. h e t e r o c h r ó a Beck. Kelch und Röhre gelb mit rotem Saum. — Aus Tirol werden auch Pflanzen mit violetten Blüten angegeben. — „Rote“ Formen (nördlich der Alpen) sind wohl z. T. als Trocken»(Frost»)formen zu deuten; auch Lichtmangel verursacht bisweilen eine leichte Rötung. Polygala Chamaebuxus gehört zum mediterran»präalpinen Element. C h r i s t zählt sie zu seinen alt« afrikanischen Elementen, G r a d m a n n (Schwäbische Alb) zur pontischen Steppenheidegenossenschaft. Im Gegen» satz zu allen übrigen mitteleuropäischen Polygala»Arten gehört sie zu der Sektion Chamaebuxus und besitzt ihre nächsten Verwandten (P. Munbyäna Boiss. et Reut., P. Webbiäna Cosson und P. Balänsae Cosson) in Nordafrika, in Algier und Marokko und nur eine (P. Vayrédae Costa) in den östlich«! Pyrenäen. Auffallend ist das Fehlen im westlichen Jura. Ihren ökologischen Erscheinungen entsprechend kann sie als wärme» und kalkliebender Mager« und Trockenheitszeiger von vorwiegend präalpinem Charakter bezeichnet werden. In den Alpen ist sie am häufigsten und zahlreichsten in den Schneeheide» (Erica carna») Beständen zu finden und erscheint mit diesen in lichten Mischwäldern der Hügelstufe, in den Steineichenwäldern der Zentralalpen, in Pinus silvestris» undP.montana»Wäldern, in Oesterreich im Pinus nigra»Walde, im lichten Fichtenwalde, fehlt auch selten im Legföhren« Gebüsch (vgl. Buphthalmum salícífolium. Bd. VI, pag. 492), im Alpenrosengebüsch und in Zwergstrauchheiden, sowie in trockenem Kalk»Felsschutt. In den Zentralalpen erscheint die Pflanze nur auf Kalk oder Dolomit oder aber auf kalkhaltigem Urgestein, so nach Hegi auf den Kalkbändern ob dem Silsersee im Oberengadin (etwa 2000 m) in Gesellschaft von Dryas octopetala, Salix reticulata und S. retusa, Rhododendron hirsutum, Rhamnus pumila, Sesleria caerulea, Elyna Bellardi, Gypsophila repens, Hutchinsia alpina, Biscutella levigata, Saxifraga caesia, Sedum atratum, Laserpitium Siler, Achillea atrata, Aster alpinus, Hieracium villosum und H. bupleuroídes, Campa» nula pusílla, Valeriana trípterís, Verónica aphylla, Asplénium víríde usw. Am Pilatus (nach A m b e r g ) und auch anderwärts ist sie im Brometum erecti zu finden. Das in den Kalkalpen fast durchgängig zu beobachtende Auf» H e g i , Flora. V, 1. 209

94 treten von P. Chamaebuxus im Gefolge von Erica carnea schwindet mit der Annäherung an die nördliche Ver« breitungsgrenze in Sachsen und Thüringen. Die Schneeheide wird dort Bewohnerin des schattigen Waldes, der ZwergoBuchs hingegen bewohnt sonnige Höhen und offene, heideartige Lichtungen, wenn er auch den Rand montaner Kiefernwälder nicht meidet. Meist ist er dann in Calluna.Heiden oder in Gesellschaft von Saro» thamnus scoparius, Vaccinium Myrtillus und V . Vitis idaea usw. zu finden. Bei Wunsiedel wächst er sehr gesellig in einem lichten Kiefernwald auf dolomitischer Unterlage zusammen mit Rubus saxatilis, Helianthemum Chamaecistus, Trifolium medium u. a. m. ( D r u d e , Hercynia). Auch in Mittelböhmen bei Pribram sind seine Begleiter ziemlich dieselben. In tieferen Lagen steht er in trockenen, dürren Föhrenwäldern, in denen das Unterholz bald gänzlich fehlt, bald durch Juniperus communis, Sarothamnus scoparius, Crataegus oxyacantha und Prunus spinosa gebildet wird, während die einförmige Bodendecke namentlich aus Deschampsia flexuosa, Sieglingia decumbens, Carex digitata, Cytisus nigricans, Melampyrum vulgatum, Vaccinium Myrtillus und Calluna vulgaris besteht. In höheren Lagen, auf den Bergkämmen im Brdywalde, flüchtet er sich in trockene Nardus»Calluna» Vaccinium Myrtillus*Heiden zusammen mit Trientalis Euro» paea. — Fossil wurde die Pflanze in den interglazialen Ablagerungen der Höttinger Breccie gemeinsam mit Rhodo» dendron Ponticum, Buxus sempervirens, Hedera Helix, Potentilla micrantha (Bd. IV 2, pag. 820) nachgewiesen. — P. Chamaebuxus wird im Volksgebrauch als Ersatz für die Senegawurzel benützt, steht auch gleich dieser im Rufe, die Milchsekretion stillender Frauen anzuregen. In Kultur be» findet sich die Pflanze seit 1658. Im Sinne der Raunkiär’schen Lebensformen ist P. Chamaebuxus als ein Nano»Phanerophyt zu bezeichnen, der mit seinen im Herbste angelegten Blattknospen des win» terlichen Schneeschutzes bedarf (Fig. 1723 a und b). Die gegen Ende September sich bildenden Blüten treten z. T. voll ent« wickelt in die Winterruhe ein, können sich daher sofort beim Verschwinden des Schnees öffnen (Winterblüher). Der Bestäubungsvorgang ähnelt dem gewisser Papilionaceen (Lotus). Staubblätter und Griffel ruhen im unteren Teile der wagrecht liegenden Blüte und biegen sich an dem Fig. 1723. P o l y g a l a C h a m a e b u x u s L. a Sprosse im Winterzustand, b Sprossknospe, c Zweig mit Früchten. freien Ende nach oben. Staubbeutel und Narbe liegen d Frucht (vergrössert), e Samen. in einem seitlich zusammengedrückten, nur oben sich öffnenden Behälter, dem Schiffchen (Fig. 1720b). Dieses wird von dem besuchenden Insekt (namentlich Hummeln, selten Bienen) niedergedrückt, wobei nicht die Staubbeutel selbst, sondern ein Teil des bereits im Knospenzustande in den Behälter entleerten Pollens dem Insekt an den Leib gedrückt wird. Dabei berührt auch die Narbe den Insektenleib und kann mit Blütenstaub belegt werden (siehe K n u t h , Blütenbiologie). Doch ist, wie B. J a u c h (Quelques points de l’anatomie et de la biologie des Polygalacées, Bull, de la société de Genève, X. 1918) durch Versuche nachgewiesen hat, eine Wechselbestäubung zur Fruchtbildung unbedingt erforderlich; eine Bestäubung mit eigenem Pollen ist ergebnislos. Räuberischer Einbruch in die Blüte erfolgt häufig und kann nach R i c c a bis 95 Prozent der Blüten betreffen. S c h u l z fand an etwa 800 untersuchten Blütenständen südtiroler Pflanzen nur 21 mit Je 1 bis 4 noch nicht angebrochenen Blüten. Manche Blüten, wiesen 3 bis 4 Einbruchslöcher auf. Im Laufe von 5 Minuten führte ein weiblicher B ö m b u s m a s t r u c d t u s 34, ein anderer 39 und ein dritter 42 solche räuberische Eingriffe aus. — Die xero» phytisch gebauten, lederigen Laubblätter sind im ersten Sommer frischgrün nnd nehmen den dunklen, glänzenden Ton erst während der Ueberwinterung an. Sie gleichen Jenen von Arctostaphylos Uva ursi und Vaccinium Vitus Idaea-, von den letzteren unterscheiden sie sich leicht durch das Fehlen der gelben Drüsenpunkte auf der Unterseite. — Die Pflanze wird infolge der äusserlichen Aehnlichkeit ihrer Blüten mit einer Schmetterlings» blüte von Anfängern gern für eine Leguminose gehalten; abgesehen von der völlig verschiedenen Frucht ist sie aber durch die 2 seitlichen grösseren Kelchblätter, die an Stelle der 1»blätterigen Fahne der Schmetterlings» blütler treten, leicht zu unterscheiden. Auch in älteren Kräuterbüchern werden mit P o l y g a l o n mitunter solche Pflanzen bezeichnet, die zu anderen Familien gehören. So heisst es im Kräuterbuch des H i e r o n y m u s B o c k , herausgegeben von M e l c h i o r S e b i z i u s : „Es ist aber allhie zu mercken, das auch andere Ge« wächb Polygala heifeen ; Als das Foenograecum sylv. Tragi oder Glycyrrhiza sylv. Gesneri, so vnsere Kräutter Glidtweich nennen. Dann dih simplex würdt von Cordo Polygalon getaufft. Item das Cicer astragaloides Ponae, oder der Astragalus alpinis Clusii. Dann disen nennt Herr Joachim Camerarius Polygalam. So würd

95 auch die Onobrychys Dodon. Clus. Thal, vnd Tabernaem. oder das Caput gallinaceum Belgarum in Herbario Lugdunensi genennt“ (angeführt von H o l z n e r und N a e g e l e . Die bayerischen Polygalaceen, 1905). Poly# gala Chamaebuxus heisst bei C a m e r a r i u s im Hortus medicus und philosophicus (1588) Anonymos pervincae folio (vgl. Berichte der Bayerischen Botanischen Gesellschaft, 1922) und wird „in Bavaria et Vindelicia“ an# geführt; J u n g e r m a n n (1615) nennt sie Anonymos Coluteae flore.

1812.

Polygala mafor Jacq. ( = P. magna Georgi).

Gro ss e Kreuzblume.

Fig. 1724.

Ausdauernde, 10 bis 40 cm hohe Pflanze mit dicker, spindelförmiger Wurzel und reichästigem Erdstock. Stengel meist zahlreich, derb, aufsteigend bis aufrecht, selten liegend, am Grunde verholzt, einfach, selten wenig verästelt, kurz flaumig behaart, meist dicht beblättert. Laubblätter ganzrandig, am Rande schwach knorpelig rauh, kahl oder besonders am Rande spärlich behaart; die unteren kleiner, verkehrt*eiförmig bis länglich*elliptisch, spitzlich, die mittleren und oberen lineal* lanzettlich, spitzlich oder stumpflich. Blütenstand anfangs dicht* blütig, schlank pyramidenförmig, deutlich schopfig, später sich sehr verlängernd und lockerblütig. Hochblätter elliptisch, spitz, fast ganz häutig, am Rande gewimpert, bis doppelt so lang wie der kurze, gebogen abstehende Blütenstiel. Aeussere Kelchblätter den Hochblättern ähnlich, lineablanzettlich, spitz, fast ganz häutig, am Rande gewimpert; die inneren elliptisch bis verkehrbeiförmig, 10 bis 13 (zuletzt bis 17) mm lang, mit 3 stärkeren, netzig verbundenen Nerven, meist rosa mit grünem Fleck, später verbleichend; Mittelnerv dicker, in ein Stachelspitzchen endigend. Kronblätter deutlich länger als die zur Fruchtzeit 1,2 cm langen und 5 mm breiten Flügel, die seitlichen viel länger als das vordere, vorn stumpf, spatelförmig; das vordere bis an das fransige Anhängsel mit der am Grunde behaarten Staubfadenröhre verwachsen. Staubbeutel sitzend. Fruchtknotenstiel 3* bis 4*mal so lang als der Fruchtknoten (Fig. 1724 c); Griffel verlängert, faden* förmig. Frucht verkehrbherzförmig, plötzlich in den kurzen Stiel verschmälert, kürzer als die Flügel, ziemlich breit ge* flügelt (Fig. 1724d). Samen eiförmig, angedrückt behaart; Anhängsel schildförmig, 3*lappig; der mittlere Lappen dem Fig. 1724. P o l y g a l a m a jo r Jacq. « H a ­ Samen angedrückt, kurz, die seitlichen bis halb so lang wie bitus. b Blüte, c Blüte im fruchtenden Zu­ stand, ein Flügel entfernt, d Frucht. der Samen. — VII, VIII. Zerstreut in sonnigen, ± trockenen Wiesen und Weiden und an steinigen Hängen, in lichten Gebüschen in der Ebene und Bergstufe (in den Illyrischen Gebirgen bis in die sub* alpine Stufe). Gern auf kalkhaltigen Böden. In D e u t s c h l a n d und in der S c h w e i z vollständig fehlend. — In O e s t e r r e i c h in Mähren bei Mohelno, auf den Pollauer und Nikolsburger Bergen, bei Znaim, bei Jaispitz, Brünn (Hadiberg), Kanitz, Eiben, schitz, Seelowitz, Auspitz, Klobouk, Banow; in Niederösterreich in der Berg# und Hügelstufe besonders im Gebiete der Pannonischen Flora, so im Kalkzuge des Wienerwaldes, im Sandsteingebiet, im Leithagebirge, auf den Hügeln bei Ernstbrunn, Feldsberg, längs der Donau bis in die Wachau; in Steiermark auf dem Donatiberg, auf dem Wotsch, bei Tüffer und bei Reichenburg, in neuerer Zeit nicht mehr beobachtet ( H a y e k , Flora von Steiermark, 1908 bis 1911).

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Vom südlicheren Mähren, Niederösterreich und Steier* mark in südlicher und südöstlicher Richtung bis Italien, Griechenland, Mittel* und Südrussland, Krim*, Kaukasus, Kleinasien, östlich bis Westpersien. 209 ’

96 Sehr veränderlich, namentlich in der Blütenfarbe. Es werden unterschieden: 1. t y p i c a Beck. Flügel helllila, Kronblätter dunkelrot-lila. — 1. a z ü r e a Pantocs. Blüten azurviolett. — 1. p u r p ü r e o » r o s e a Baumg. Blüten purpurrot. — 1. c o c c i n e o « s a n g u i n e a Baumg. — f. l e p t ö p t e r a Chodat. Flügel plötzlich in einen kurzen Stiel verschmälert. Flochblätter wenig- hervorragend. Blüten oft kleiner; sonst wie der Typus. Mit dem Typus zusammen vorkommend. — Wichtiger ist die in Niederösterreich (und Ungarn) hie und da mit dem Typus auftretende var. (Rasse) n e g l e c t a (Kerner) Borbäs ( = var. vulgaris Koch, = var. acha£tes Neilr.). Blüten* stand unverzweigt, schmal, höchstens 2,5 cm breit, nie schopfig. Blütenstiele kurz, 5» bis 6»mal kürzer als die länglich»elliptischen, pfirsichblütenfarbigen, später heller oder weisslichgrünen Flügel. Aeussere Kelchblätter nur V* so lang wie die Flügel. Kronblätter rosa. Kapselstiel nur 1/s so lang wie die 4 mm lange Kapsel. Polygala major ist ein pontisduostmediterranes Element. Ihr Vorkommen beschränkt sich fast aus* schliesslich auf Trocken» und nicht zu feuchte Frischwiesen; seltener tritt sie auch in lichteren Eichen» und Sibljak»ähnlichen Gebüschen auf. In der xerophilen, blütenreichen „Pannonischen Triftformation“ vereinigt sie sich mit Steppengräsern wie Andropcgon Ischaemum, Stipa pennata, Phleum phleoides, Koeleria gracilis, Bromus erectus, Festuca glauca und F. sulcata. Weitere Begleiter dort sind etw a: Carex verna, C. montana, C. Micheln und C. humilis, Anemone nigricans und A. grandis, Adonis vernalis, Potentilla arenaria, Helianthemum canum, Alyssum montanum, Linum tenuifolium und L. flavum, Dictamnus albus, Trifolium rubens, Cytisus albus, C. nigricans und C. Kitaibelii, Seseli annuum, Nonnea lutea, Onosma Visianii, Thymus Marschallianus, Odontites lutea, Campanula Sibirica, Inula hirta, I. Oculus Christi, Anthemis tinctoria, Achillea collina und A. Pannonica, Scorzonera Austriaca und S. purpurea, Hieracium Bauhini und H. setigerum ( Hayek) . Häufig erscheint P. major auch in den von Bromus erectus beherrschten Bergwiesen der Vorhügel der Westkarpaten, in der gleichen Gesellschaft in Mittelmähren. In den Illyrischen Gebirgen, wo sie bis in die subalpine Stufe ansteigt, kommt sie sowohl in Berg» und Voralpenwiesen, als auch in Heiden vor. — Die Bestäubung der Blüte wird durch Bienen und Schmetterlinge vermittelt.

1813. Polygala Nicaeensis1) Risso ( = P. comösa Schkuhr var. Kreuzblume.

ß l

Hoppeäna Rchb.). Ni zza*

Fig. 1725.

Ausdauernde, meist 15 bis 35 cm hohe Pflanze mit dicker, spindelförmiger Wurzel und starkem, reichästigem Erdstock. Stengel aufrecht, aufsteigend, seltener am Grunde nieder* liegend, unterwärts oft verholzt, kurzhaarig. Untere Laubblätter einander genähert, schmal spatelig*verkehrt*eiförmig, stumpf, die mittleren und oberen lineaManzettlich, länger als die unteren, spitzlich, kahl oder besonders am Rande und auf der Oberseite am Mittelnerv kurz* haarig. Blütenstände 5 bis 15 cm lang, locker, durch die zur Blütezeit die Blütenstiele an Länge etwa doppelt überragenden Tragblätter schwach schopfig; Hochblätter dünnhäutig, be* wimpert, hinfällig. Blüten gross, rosa oder seltener weiss, in höheren Berglagen oft blau. Flügel sehr gross, meist 8 bis 10 mm lang, eiförmig, spitzlich oder stumpf, seltener mit auf* gesetztem Stachelspitzchen, in der Regel 3* bis 5*nervig; Mittelnerv gewöhnlich schon von der Mitte an ästig, mit aufrechten, einfachen oder 2 *spaltigen Aesten, die seitlichen nach aussen reich ver* zweigt, meist mit dem Mittelnerv verbunden. Kronblattröhre kürzer als der freie Teil der Kronblätter; Fransen zahlreich, gross. Frucht verkehrt*herzförmig, etwa 6 bis 7 mm lang, ausgerandet, fast sitzend oder gestielt, etwa 0,5 mm breit geflügelt. Samen etwa 3 mm lang, braun, dicht weisshaarig; längere Anhängsellappen bis Vs so lang als der Samen. — IV bis VII. Auf sonnigen, trockenen Hügeln, grasigen Hängen, im Gesteinsschutt, in lockeren Gebüschen und in lichten Wäldern; von der Ebene bis in die hochmontane Stufe (in Südtirol bis 1500 m, in Friaul bis 1700 m). Fehlt in D e u t s c h l a n d und in der S c h w e i z vollständig. — In O e s t e r r e i c h nur an wenigen Orten in Südtirol, Kärnten und Krain (vgl. unter den Formen).

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Im ganzen Mittelmeergebiet von Spanien über Frank* reich, Korsika, Sizilien, Italien, Südtirol, Kärnten, Krain bis zum Balkan und Kleinasien, Nord* afrika; die Küstenregion bevorzugend. ‘) Nach der Stadt Nizza benannt.

97 1. Flügel deutlidi netzaderig, Seitennerven vor der Vereinigung mit dem Mittelnerven deutlich ver» zweigt. Blütenstand fast stets deutlich schopfig. Blüten meist rosa oder blau, gross. Laubblätter alle sehr s c h m a l......................................................................................................subsp. M e d i t e r r á n e a (Dalla Torre) Chodat. Gliedert sich w eiter: 2, 1*. Flügel nicht oder nur schwach netznervig; Blütenstand nicht oder schwach schopfig . . . . 3. 2. Blüten 7 bis 8 mm lang, meist rosa, selten blau. Stengel aufsteigend, dünn. Blütenstand anfangs stark schopfig, später lockerer. Flügel elliptisch bis elliptischdanzettlich, etwa 7,5 mm lang und 4 mm breit, ab» gerundet. Kapsel verkehrtherzförmig, breit, kurz gestielt. Südtirol. (P. Nícaeensís Rísso subvar. subpubéscens Borb., = P. Mediterránea Dalla Torre et Sarntheín var. Adríátíca Dalla Torre et Sarntheín): var. A d r i á t i c a Chodat. 2*. Blüten bis 9 mm lang. Blütenstand von An» fang an etwas locker. Hochblätter bewimpert. Aeussere Kelchblätter doppelt so lang wie die Blütenstiele. Flügel elliptisch, etwa 8 mm lang und 5 mm breit, etwas kürzer als die Kelchblätter. Kapsel aus keiligem Grunde verkehrt» herzförmig. Südtirol. (P. Nícaeensís Rísso var. Kernérí Borb., = P. Nícaeensís Rísso subsp. Mediterránea Dalla Torre et Sarntheín var. Adríatíca Chodat subvar. specíosa Chodat): var. s p e c í ó s a (Kern.) March. 3. Kronblätter mit kurzer Röhre, nicht zwischen den Flügeln hervorragend. Blüten bis 8 mm lang, rosenrot. Blütenstiele sehr kurz, 1 mm lang. Aeussere Kelchblätter weiss, mit sehr zartem, grünem Mittelnerven, sehr lang, lineal, bis 6,5 mm lang und wie die Hochblätter die Blütenknospe überragend. Untere Laubblätter klein, eiförmig»elliptisch, spatelförmig verschmälert, ganz kahl oder mit wenigen Haaren besetzt. Krain, Kärnten, Südtirol. (P. vulgárís L. subsp. Nícaeensís Rísso var. Forojulensis Fiori et Paol.): subsp. F o r o j u l é n s í s 1) (Kerner). 3*. Kronblätter länger als die Flügel, die seitlichen fast doppelt so lang wie die Röhrenfransen. Blüten 8 bis 10 mm lang, blau, selten violett oder weiss. Blütenstiele über 1 mm lang. Aeussere Kelchblätter gefärbt, mit deut» lichem, grünem Mittelnerven. Hochblätter kaum die Blüten» knospe überragend. Untere Laubblätter sehr kurz, schuppen» förmig, am Rande gewimpert. Stengelblätter an Länge nach oben seltener, nach unten (f. d e c r é s c e n s Freiberg) ab» nehmend. Eine weitere Form ist f. l o n g í b r a c t e á t a Frei» Fig. 1725. P o l y g a l a N i c a e e n s i s Risso. «H abitus. b Flügel, c Aufgeschnittene Blüte, d Blüte von der berg. Blüten etwas kleiner, Hochblätter etwas über die Seite, e Blüte an der Achse. / Anhängsel der Kronblattjungen Blüten hervorragend . subsp. C a r n i ö l i c a (Kerner). Staubfaden-Röhre. g Frucht, h Frucht auigeschnitten. Der Blütenfarbe nach werden unterschieden: 1. a 1b i » i Same mit Carúncula. f l o r a Rouy et Fouc. Blüten weiss. — 1. c a e r ü l e a Freyn. Blüten blau. So namentlich in höheren Lagen. — 1. r ó s e a Pospichal. Blüten rosen» oder fleischrot. So angeblich selten. — 1. o c h r o l e ü c a Freyn. Blüten gelblich»weiss. Die subsp. M e d i t e r r á n e a (als Typus der Art) ist wahrscheinlich im ganzen Mittelmeergebiet verbreitet. Die var. A d r í a t í c a ist auf die Küstenregion des Adriatischen Meeres beschränkt und reicht von Südtirol über Friaul bis Dalmatien und Bosnien (in Südtirol bei Tschierland, in der Umgebung von Bozen bei Kaiserau und St. Jakob, wohl auch am Etschdamm bei Siegmundskron, häufig in der Umgebung von Tramin; angeblich auch am Sasso della Padella im Primor). Die var. s p e c í o s a zieht von Südtirol bis Albanien (Südtirol: im Val Vestino von 300 bis 1500 m, bei Moérna, im Ledrotal am Ledrosee, bei Molina, Pur und am Gardasee). Nur ausserhalb der Gebietsgrenze kommt die f. T í r o l é n s í s Chodat ( = P. Kernérí Dalla Torre et Sarntheín f. Tírolensis Dalla Torre et Sarntheín) bei Garda und Madderno vor, eine kräftige Pflanze mit verkehrt=eiförmigen, 10,5 mm langen und 6 mm breiten Flügeln und breit geflügelter Kapsel. — Irrtümlich wird var. c o n f ü s a Burnat ( = P. vul» garís L. var. grandíílóra DC., = P. rósea Gren. et Godr., = P. Nícaeensís Rísso subsp. Mediterránea Dalla Torre et Sarntheín var. Insúbríca Chodat), eine in der Provence und der anschliessenden italienischen Riviera häufige 9 In Friaul (im Altertum Fórum Julíánum) vorkommend.

98 Abart, von Lugano angegeben. — Die subsp. F o r o j u l e n s i s reicht von Südtirol bis nach Bulgarien (Süd» tirol: im Ampezzo in sonnigen Föhrenwäldern unterhalb Aquabuona ; Kärnten: am Nanos, zwischen Malborgeth und Pontafel, Wolfsbach in 1300 m Höhe, bei Raibl auf dem Predilkople; Kram: Lengenfeld, Moistrana, Vor» berge des Stol und der ßescica, im unteren Kanaltal bei 600—700 m). Die subsp. C a r n i o l i c a zieht von Krain bis zur Herzegowina (Krain: Nanos, bei Adelsberg und unterhalb und bei der Kapelle St. Hieronymi bei Praewald in 800 bis 1030 m Höhe). Weitere geographische Rassen sind subsp. C ö r s i c a Boreau ( = P. Nicaeensis Risso subsp. Mediterránea Dalla Torre et Sarnthein var. Corsica Chodat) in Korsika und Italien, subsp. G a r i ö d i a n a Jord. et Four. in den Südwestalpen, subsp. G rae c a Chodat ( = P. pruinosum Boiss.) in Griechenland. Viele Formen der P. N i c a e e n s i s zeigen ± enge verwandtschaftliche Beziehungen zu P. m a j o r , einige leiten zu P. c o r n o s a über. Der Mittelpunkt der Entwicklung des ganzen Formenschwarms dürfte im östlichen Mittelmeergebiet zu suchen sein. Die Ansprüche an Wärme sind ausgesprochener als bei Polygala comosa, das Auftreten innerhalb der Gebietsgrenzen der mitteleuropäischen Flora daher nur auf wenige und sehr begünstigte Orte beschränkt, wo die Pflanze sonnigheisse, xerische Hänge bevorzugt. In Krain dringt die subsp. C a r n i o l i c a als pontísch»íllyrísches Element etwa bis Adelsberg nordwärts, vereinigt mit Stipa pennata, Carex Halleriana, Asparagus tenuífolíus, Lílíum Carníolícum, Paeonía peregrina, Delphinium fissum, Lathyrus variegatus, Linum Narbonense, Euphorbia epithymoides, Rhamnus rupestris, Gentiana Tergestina, Centaurea leucolepis, Scorzonera villosa usw. Im Pinus nigra»Wald erscheint sie in den Vorbergen von Südkrain vereinigt mit Calamagrostís varía, Lasíagrostís Calamagrostís, Mélica nutans, Antherícum ramosum, Helleborus níger, Cytísus purpureus, Polygala Chamaebuxus, Euphorbía amygdaloídes, Erica carnea, Arcto» staphyllos uva ursí, Cyclamen Europaeum, Asperula arístata, Knautía drymeía und Buphthalmum salícífolíum. Auf schwach berasten Schotterhängen im Dolomitgebiete von Friaul findet sich die subsp. F o r o j u l e n s i s nach S c h a r f e t t e r zusammen mit Dianthus Sternbergii, Spiraea decumbens, Daphne Cneorum, Scabiosa gramini» folia, Centaurea rupestris und Inula ensifolia, in der Karstheide am Monte Sabotino in Illyrien nach B e c k zusammen mit Andropogon Ischaemum, Díplachne serótina, Sesleria autumnalis, Allium carinatum, Potentilla Tommasíníana, Cytísus argenteus, Ruta graveolens subsp. divaricata, Fumana procumbens, Satúrela montana, Galium Mollugo subsp. lucidum, Achillea distans, Jurinea mollis usw. — An Missbildungen wurden bis» her nur Verbänderungen von Stengeln und Blütentrauben beobachtet.

1814. Polygala comósa Schkuhr ( = P. vulgárís L. var. comosa Coss. et Germ., = P. vulgaris L. subsp. comosa Chodat). S c h o p f * K r e u z b l u m e . Fig. 1726 und 1727. Ausdauernde, 7 bis 30 cm hohe Pflanze mit spindeliger Wurzel und reichästigem Erdstode (Fig. 1726 b bis d). Stengel mehrere bis viele, aufsteigend bis aufrecht, meist einfach, seltener ästig, neben den fertilen auch unfruchtbare vor* handen, fein kurzhaarig. Laubblätter ganzrandig, gegen den Grund zu auf der Oberseite und am Rande kurz* haarig oder fast kahl, zuletzt etwas lederartig; die unteren bis etwa zur Flöhe der sterilen Stengel reichend, schmal* spatelig * verkehrt*eiförmig, stumpflich, zur Blütezeit meist schon abgefallen, die oberen lineahlanzettlich, spitzlich. Blüten in endständiger, reichblütiger, anfangs kegelförmiger und durch die die Blütenknospen überragenden Tragblätter schopfiger, später zylindrischer Traube auf etwa 1,5 bis 2 mm langen Stielen. Tragblätter lineal, zugespitzt, kahl oder spärlich be* haart, etwa 2 bis 3 mm lang; Vorblätter ei*länglich, häutig, etwa 1,5 mm lang, kahl. Aeussere Kelchblätter lineablanzettlich, etwa 2,5 bis 3 mm lang, die inneren etwa 5 bis 6 mm lang, elliptisch bis verkehrt*eiförmig, stumpf oder durch den hervortretenden, unverzweigten Haupt* nerven stachelspitzig. Seitennerven 2 , nach aussen verzweigt; diese Zweige spärlich oder gar nicht netzförmig verbunden. Kronblätter etwa so lang wie die Flügel, schön rosa violett, selten blau1) x) In Sibirien wird die blaublühende Form als vorherrschend bezeichnet.

99 oder weiss. Staubblätter behaart. Frucht etwa 5 mm lang, verkehrt *herzförmi g, am Grunde keilförmig, mit etwa 0,5 mm breitem Hautrand, meist so breit oder wenig breiter als die Flügel. Samen etwa 2 bis 2,6 mm lang, weisslich behaart; Anhängsel behaart, seitliche Lappen bis etwa 1I3 so lang wie der Samen. — V bis VII. Meist zerstreut oder häufig auf trockenen Wiesen, Rainen, sonnigen Hügeln, in lichten Wäldern, Gebüschen und Heiden, besonders auf Lehm und Kalkboden, seltener auf torfigem Untergrund und sonnige Lagen bevorzugend; von der Ebene bis in die montane, mit der var. Pedemontana auch bis in die subalpine Stufe reichend; letztere am St. Bernhard bis 2200 m. In D e u t s c h l a n d im Norden sehr zerstreut mit Nordwestgrenze (das nord» westdeutsche Flachland fast ausschlfessend), bei Fallersleben(Hannover)»Arneburg»Mi» row»Malchin»Teterow und im nördlichen Ostpreussen. Im mittleren und östlichen Deutschland zertreut, gegen Süden meist immer häufiger werdend, doch lokal (auf Urgesteinsboden) fehlend, so auf dem Vo» gesensandstein der Rheinpfalz, im Böhmer» wald und im Fichtelgebirge. — In O e s t e r » r e i c h und in der S c h w e i z verbreitet, in letzterer oft häufiger als P. vulgaris.

Allgemeine Verbreitung: Finnland, Nordrussland (Gouv. Vo* logda und Petersburg), Schweden, Deutschland, Belgien, Holland (selten), Zentralfrankreich, südöstl. Spanien, Norditalien, nördlicher Balkan, Süd* russland; Kaukasus, Kleinasien, süd* östl. Sibirien bis Dahurien.

Fig. 1727. P o l y g a l a c o m o s a Schkuhr. a Habitus, b und c Gipielschopf des Blütenstandes, d Einzelblüte an der Achse, e desgleichen, Blüte selbst entfernt, zwischen den beiden seitlichen Hochblättern (v = Vorblättern) und dem mitt­ leren Hochblatt (t = Tragblatt) der Blütenstiel. / Flügel, g Geöffnete Blüte von der Seite, h von hinten, i von vorn, k Blüte mit entfernten Flügeln. I Kronblatt- und Staubfaden-Röhre aufgeschnitten, m Fruchtknoten und Griffel von vorn, n desgl., von der Seite, o und p Frucht, q Same mit Carúncula.

Lässt sich nach A s c h e r s o n und G r a e b n e r (Synopsis) folgendermassen gliedern: 1. Alle Hochblätter deutlich länger als der Blütenstiel, die Tragblätter 2» bis 3»mal so lang. Flüge 7 bis 9 mm lang, tief rosarot, ins Bläuliche spielend, zuletzt entfärbt und einseitig rot angehaucht. Blüten» stand anfangs schopfig, später lockerblütig (Chodat). Stengel bis 40 cm lang, ausgebreitet bis aufsteigend. Obere Stengelblättter lanzettlich, breiter als beim Typus, kahl oder i fein bewimpert. Flügel wenig breiter, aber oft viel länger als die ziemlich breit geflügelte Kapsel; Mittelnerv meist vor seiner Vereinigung mit den Seitennerven verästelt; Seitennerven zahlreich. Fruchtstände kürzer und breiter als beim Typus. Samen eiförmig. Zerstreut auf Weiden, auf Felsschutt und in Felsspalten in den Südwest» und Südalpen von den Seealpen bis Steiermark. Im Gebiet nur in Südsteiermark hie und da, in Tirol im Tiersertal, um Bozen, um Tramin, bei Cenzio alto; in der Schweiz im Wallis (Simplon) und im Tessin. (P. Cörsica Gremli, = P. vulgaris L. subsp. comosa [Schkuhr] var. Gremlii C h od at)......................1. var. P e d e m o n t ä n a Perr. et Song. 1*. Hochblätter sämtlich so lang oder kürzer als die Blütenstiele, die Tragblätter mitunter länger. Blüten klein; Flügel meist 4 bis 6 mm lang (bei der var. stricta subvar. Moriana und subvar. oxysepala bis 8 mm) 2. 2. Flügel nur halb so lang wie die Kapsel. Blüten k l e i n ..................................................................... . 9 . 2*. Flügel länger und fast so breit wie die K ap sel................................................ 2. var. s t r i c t a Chodat. 3. Flügel nicht über 6 mm lang (vgl. auch subvar. r o s u l a t u m ) ...........................................................4. 3*. Flügel über 6 mm l a n g ........................................................................................................................... 7. 4. Pflanze über 10 cm hoch .................................................................................................................................5. 4*. Pflanze meist 5 cm, selten bis 10 cm hoch. Flügel meist unter 4 mm lang. Tragblätter wenig länger als die K n o s p e n ................................................................................................................................ subvar. h ü m i l i s Legr.

100 5. Hochblätter, besonders die Tagblätter, i lang b le ib e n d ......................................................................6. 5*. Hochblätter hinfällig. Stengel hin» und hergebogen, zahlreich. Blütenstand lang, reichblütig. Blüten schön azurblau. Nur in der Schweiz im Domleschg an der Adulagruppe in 650 m Höhe, subvar. n ö v a Chodat. 6. Blütenstand in fast zylindrischer Traube, an der Spitze deutlich schopfig. Hochblätter lanzettlich. Blüten ziemlich klein. Flügel meist nur 4 bis 5 mm lang, rosa oder weiss (1. l e u c o s t ä c h y s Borbäs) oder Flügel rosa, vorn dunkler. Bisweilen Blütenblätter weiss, vorn purpurn (f. p o e c i 1ä n t h a C. Bolle, so selten, nur auf Wiesen am Machnöwer Weinberg in Brandenburg)................................................................ subvar. t y p i c a Bede. 6*. Blütenstand undeutlich schopfig, an der Spitze abgerundet; Tragblätter wenig länger als die Knospen. (Mitunter an einzelnen Stengeln der vorigen subvar., mehrfach aber auch selbständig) . subvar. l i t i gi ösa Legr. 7. Flügel stumpf oder stumpflidi........................................................................................................................... 8. 7*. Flügel zugespitzt, lanzettlich bis schmal lanzettlich, fast doppelt so lang, aber schmäler als die keil» förmige, lang verschmälerte Kapsel. Im Gebiete nur in K ärn ten ...........................subvar. o x y s i p a l a Borbäs. 8. Grundblätter der Blütenstengel rosettig gedrängt. Nichtblühende Triebe sehr verkürzt, mit Blatt» rosetten; alle Rosettenblätter eiförmig. Stengelblätter breit lanzettlich, stumpflich. Nur auf den Rüdersdorfer Kalkbergen bei B e r l i n ........................................................................................................... subvar. r o s u l ä t a C. Bolle. 8*. Untere Laubblätter verkehrt»eiförmig bis lanzettlich, spitz, fast rosettig genähert. Stengelblätter lanzettlich»lineal. Blütenstand deutlich schopfig, pyramidal. Blüten meist 7 bis 8 mm lang. Hochblätter elliptisch» oval. Flügel elliptisch, so lang wie die Kapsel, der Mittelnerv mit den seitlichen nur einfach verbunden. In Süddeutschland und in den Alpen von Niederösterreich und Tirol und in der Schweiz . subvar. Mo r i a na Britt. 9. Flügel abgerundet, ganz stumpf oder mit schwacher Stachelspitze. Stengel 10 bis 50 cm hoch. Laubblätter lineablanzettlich. Blüten in ziemlich langen, auch zur Fruchtzeit sehr dichten, schwach schopfigen Blütenständen, grünlich weiss oder rosa überlaufen oder reinweiss (so in den Vogesen). Flügel 4 bis 5 mm lang, elliptisch bis verkehrt»eiförmig, kürzer oder kaum so lang wie die Kapsel, Nerven schwach, undeutlich verbunden. Kapsel verkehrt»herzförmig, etwa 6 mm lang, kaum ausgerandet. Samenlappen kurz. In der Rheinprovinz: Galmeiboden bei Aachen, in den Vogesen bisher nur ausserhalb der Gebietsgrenze nachge» wiesen. Westliche Form ...................................................................................... 4. var. L e j e u n e i (Boreau) Chodat. 9*. Flügel länglich spitz. Stengel meist steif aufrecht, etwa 20 cm hoch. Laubblätter fast linealisch, spitz, steif. Blütenstände dicht und reichblütig. Hochblätter pfriemlich, hinfällig; Tragblätter zur Blütezeit länger als der Blütenstiel. Flügel meist weiss mit grünem Mittelnerven, undeutlich 3»nervig. Seitennerven nach aussen verzweigt, deutlich netzaderig. Fruchtknoten sitzend oder sehr kurz gestielt. Eine vorwiegend östliche Form : Brandenburg, Schlesien; aber auch auf Sand am Genfer See. Als Abweichung gehört hieher: f. m i e r ä n t h a Uechtritz ( = P. Podölica [DC.] subvar. lilacina Borb.). Stengel meist nur 15 bis 20 cm hoch. Blüten helllila. Flügel schmäler als beim Typus, zuletzt so lang wie die etwa 5,5 bis 4 mm lange, vorn breitere und weniger ausgerandete Kapsel. So in Schlesien. (P. Transsilvänica Schur = P. arenäria Moritzi) . var. P o d ö l i c a DC. Polygala comosa ist ein mediterran»mitteleuropäisches Steppenelement, das nicht selten in denselben Pflanzengesellschaften wie P. vulgaris erscheint, gelegentlich sogar gemeinschaftlich mit ihr. Jedoch decken sich die ökologischen Ansprüche beider Arten nicht vollständig. P. comosa ist namentlich gegen Norden zu deutlich kalkliebend1) und findet sich daher gern auf sogenannten Orchideenwiesen. Ihren grösseren Wärmeansprüchen entsprechend zählt sie im östlichen und nordöstlichen Deutschland zu den pontischen Einstrahlungen und be» siedelt gern diluviale Hügel. Es gesellt sich dort etwa zu ihr Phleum phleoides, Stipa capillala, Koeleria glauca, Silene chlorantha, Dianthus Carthusianorum, Alyssum montanum, Vicia Cassubica, Salvia pratensis, Veronica Teucrium, Scabiosa Columbaria und S. canescens, Scorzonera purpurea, Hieracium echioides und H. Pilosella. In den niederschlagsreicheren, nördlichen Alpentälern sucht sie mit Vorliebe warme Berglehnen auf, wo sie sich namentlich in Bromus erectus»Trockenwiesen, in lichten Gebüschen vom Berberis»Rosen»Typus oder in sehr lichten Eichengestrüppen einstellt. Die dem südlichen Alpenteile angehörende var. Pedemontana, die meist bereits durch ihre Tracht eine typische Alpenpflanze darstellt, erscheint am Südhang des St. Bernhard z. B. in den buntblumigen, stufenförmig gehorsteten Buntschwingel»Halden (Festucetum variae) mit folgenden Begleitern: Festuca varia und F. ovina subsp. duriuscula, Agrostis tenuis, Deschampsia flexuosa, Anthoxanthum odoratum, Carex sempervirens, Anthericum Liliago, Allium Victoriale, Lilium Martagon, Nigritella angustifolia, Thesium alpinum, Minuartia laricifolia, Silene rupestris, Anemone sulphurea, Sempervivum montanum und S. tectorum, Potentilla grandiflora, Rosa pendulina, Trifolium alpinum, Lotus corniculatus, Anthyllis Vulneraria, Hippocrepis comosa, Polygala Chamaebuxus, Helianthemum nummularium subsp. grandiflorum, Viola calcarata und V. Thomasiana, Laserpitium Panax und L. latifolium, Vaccinium Myrtillus, Arctostaphyllos uva ursi, Gentiana campestris und G. Kochiana, Ajuga pyramidalis, Thymus Serpyllum, Veronica fruticans, Euphrasia minima, Rhinanthus glacialis, Plantago serpentina, Galium pumilum subsp. anisophyllum, Phyteuma betonicifolium, Cam» *) Auch in Steiermark ist sie nach K r a s a n ausgesprochen kalkliebend.

101 panula barbata, Solidago Virga aurea, Antennaria dioeca, Chrysanthemum Leucanthemum, Senecio Doronicum, Carlina acaulis, Centaurea nervosa, Crepis grandiflora, Hieracium Peleterianum, H. bifidum und H. scorzoneri» folium ( Be ge r und B r aun»Blanquet). — Besuchende Insekten (Falter, Apiden) benützen die Anhängsel des unteren Kronblattes als Anflugstelle und schieben ihren Rüssel durch die zweiklappige Tasche, welche die Staubbeutel und das vordere Griffelende umschliesst; letzteres ist löffelförmig ausgehöhlt und mit dem aus den darüberliegenden Staubbeuteln herabgefallenen Pollen ± gefüllt. Die Narbe ist mit klebriger Flüssigkeit bedeckt; der Honig wird im Blütengrund abgeschieden. Der Insektenrüssel berührt zunächst das mit Pollen gefüllte Griffel» ende, dann die klebrige Narbe. Selbstbestäubung ist dabei ausgeschlossen, da der mit Klebflüssigkeit in Be» rührung gekommene Rüssel erst beim Rückweg dem Griffellöffel Pollen entnimmt, um diesen dann auf die Narbe einer anderen Blüte zu übertragen. Bei ausbleibendem Insektenbesuch tritt zuletzt Selbstbestäubung und zwar dadurch ein, dass sich die Narbe nach dem Griffellöffel zu biegt und Pollen entnimmt. Selbstbestäubung findet auch statt, wenn der Griffellöffel derartig mit Pollen gefüllt ist, dass der Insekten» rüssel Pollen vor sich herschiebt, der dann auf die nur mehr wenig liegende Narbe gelangt. — An Missbildungen sind be» obachtet worden! Vermehrung der Vorblätter und damit in Kor» relation Unterdrückung der Blüten, Verwachsung der Staubblätter zu einem Bündel, Reduktion eines der beiden Fruchtblätter.

1815« Polygala vulgaris L. ( = P. vulgaris L. I. genuina Chodat, = P. vulgare L. subsp. P. vulgare Schinz und Keller). G e m e in e K reu z b lu m e. Franz.: Herbe ä lait; Engl.; Mickwort. Taf. 176, Fig. 5; Fig. 1728 und 1729. Der Name K r e u z b l u m e (ab und zu auch volks» tümlich) rührt daher, dass die Pflanze etwa um die „Kreuzwoche“ (zweite Woche vor Pfingsten) herum zu blühen beginnt. Ebenso deutet vielleicht die Bezeichnung H e i l i g ’ n g e i s t b l e a m l (Niederösterreich) auf die Zeit um Pfingsten. Andere Benen» engen, die z. T. auf die Blüten gehen, sind F e l d s t r ä u s s l , P e t e r z ö p f l (Niederösterreich), G o l d h a n s e l (Egerland), S c h n e i d e r l e i n (Böhmerwald), N a t t e r n z ü n g l (Nord» böhmen), P i l g e r b l u m e (Eifel).

Ausdauernde, 7 bis 35 cm hohe Pflanze mit spindelförmiger Wurzel und reichästigem Erdstode. Fig. 1728. P o l y g a la v u l g a r i s L. a Habitus. &Blüte. Stengel aufrecht oder aufsteigend bis niederliegend, c Blüte in fruchtendem Zustand, d Tragblatt ( = mittleres meist einfach, weniger gebogen als bei P. comosa, kahl oder schwach behaart. Untere Laubblätter verkehrheiförmig bis länglich*elliptisch, am Grunde meist keilförmig, die oberen lineablanzettlich; alle spitz, kahl oder spärlich behaart, nicht bitter schmeckend. Blütenstand reichblütig, anfangs pyramidenförmig. Tragblätter beim Aufblühen so lang oder wenig länger als die etwa 2 mm langen Blütenstiele, die Knospen nicht überragend, hinfällig, häutig. Aeussere Kelchblätter lineal, etwa 2,5 bis 3 mm lang; die Flügel anfangs etwa 5 bis 6, zuletzt bis etwa 9 mm lang, länglich verkehrheiförmig, am Grunde keilförmig, vorne abgerundet oder durch den über den Rand vortretenden Mittelnerven kurz stachelspitzig, mit 3 Nerven (Mittelnerven an der Spitze mit den Seitennerven verbunden; diese nach aussen netzig verzweigt). Kronröhre meist etwas länger als die freien Teile der Kronblätter, so lang oder länger als die Flügel. Frucht verkehrt herz*eiförmig, am Grunde stielartig verschmälert, mit etwa 0,4 bis 0,6 mm breitem Hautrand. Samen eiförmig, 2,5 bis 3 mm lang, graubraun, weisslich behaart; Anhängsel behaart; Lappen etwa 1h so lang als der Same. — V bis VIII. Verbreitet und in vielen Gegenden häufig (in der Schweiz z. B. aber stellenweise seltener als ihre Parallelform P. comosa, am Niederrhein zerstreut) auf sonnigen Hügeln, Dämmen, in

102 lichten Wäldern, im Gebüsch, in Zwergstrauchheiden, trockenen bis frischen Wiesen, Flachmooren, auf Kiesalluvionen, an Wegrändern; in Oesterreich und im südöstlichen Bayern besondersauf kalkarmen Unterlagen, gegen Westen + bodenvag; von der Ebene bis in die subalpine Stufe, in den Bayerischen Alpen bis 1800 m, am Stilfser Joch (in der var. pseudoalpestris) bis 2188 m. A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Weit verbreitet von Skandinavien südwärts bis zur Iberischen Halbinsel, Sizilien, dem nördlichen Balkan, Mittel* und Südrussland; ausserdem im gemässigten Asien. Die Art ist ein europäisches Element mit sehr ausgedehntem Verbreitungsgebiet. Sie gehört durch ihre zahlreichen Rassen zu den Formationsubiquisten und erscheint sowohl in den weit verbreiteten Trocken» wiesen vom Bromus erectus»Typus, des Sesleria caerulea» und Festuca Vallesiaca»Rasen der Alpentäler, den pontischen Andropogon Ischaemum»Beständen als auch z. B. in den feuchten Sumpfwiesen vom Festuca arun» dinacea»Silaus flavescens»Typus oder im Trichophoretum caespitosi. Auf den Bergwiesen Mitteldeutschlands vereinigt sie sich mit Alopecurus pratensis, Avena pratensis und A. pubescens, Luzula multiflora, Festuca rubra, Trifolium spadiceum, Trollius Europaeus, Meum athamanticum, Arnica montana, Centaurea phrygia, Crepis succisi« folia usw. (D rüde). Ferner findet sie sich gern in der norddeutschen Sieglingia»Heide und in vielen Zwergstrauch« Vereinen, namentlich im Callunetum und Ericetum, auch in der Genista sagittata«Heide der Vogesen. Nicht selten tritt sie im linterwuchs von Legföhrengebüschen, in lichten Kiefernwäldern, Birken», Eichen» und Kastanien« Wäldern auf. Gleich P. comosa besiedelt sie also mineralische und humose Unterlagen; bei Düngung ver» schwindet sie aber weniger rasch als ihre Parallelart. Ein ausserordentlich veränderlicher Formenkreis, dessen Glieder teils im ganzen Verbreitungsgebiet auftreten, teils ± örtlich beschränkt sind: 1. Flügel elliptisch bis breit»eiförmig»elliptisch, mit abgerundeter Spitze (Formengruppe der var. e u » v u l g a r i s S y m e)............................................................................................................................................................................. 2. 1*. Flügel lanzettlich bis breitlanzettlich, mit deutlicher Spitze. Laubblätter sehr häufig schmal (Formen» gruppe der P. o x y p t e r a s. 1.) ............................................................................................................................................ 5. 2. Stengel sehr zahlreich, niederliegend bis aufsteigend, rasenbildend, schlaff, oft bis an den Blüten« stand beblättert. Untere Laubblätter breit, mitunter fast gegenständig, gedrängt stehend, die oberen lineal. Blüten meist weisslich«violett. Torfige Wiesen, bewaldete Heiden in der Ebene und im Gebirge, zerstreut im Gebiet (in Schleswig»Holstein z. B. in den Hüttener Bergen) . . . var. c a e s p i t ö s a Pers. ( = P. vulgaris L. a. turfösa Celak., = P. vulgaris L. ß virescens Freyn). 2*. Stengel mässig zahlreich, aufrecht oder aufsteigend.................................................................................3. 3. Tragblätter deutlich länger als die Blütenstiele, alle Hochblätter gewimpert. Blüten mittelgross bis gross; Flügel 9 bis 10 mm lang, die reife Kapsel bedeutend überragend. Eine rein westliche Form. Angeblich in der f. v e n ü s t a Freiberg mit rötlichen, kurz»rothaarigen Samen und stumpfen Anhängsellappen bei Bonn, im Saargebiet und bei M e r z i g ...................................................................................... var. c a l l i p t e r a 1) Le Grand. 3*. Tragblätter kürzer oder höchstens so lang als die Blütenstiele. Blüten meist klein-, Flügel meist 4 bis 6 mm l a n g ......................................................... .................................................................................................................. 4. 4. Blütenstand gedrängtblütig. Blüten tiefblau oder weiss (f. albiflöra J. Bär) oder bunt (f. variegäta J. B är); Flügel 5 bis 6 mm lang, schmäler als die Kapsel, beim Typus nach der Blüte dunkel blaugrün bis fast grün. var. p s e u d o a l p e s t r i s Grenier. 4*. Blütenstand sich meist bald nach Beginn der Blütezeit verlängernd; Flügel meist 4 bis 6 mm (bis 9 mm-, vgl. f. u m b r ö s a ) lang. Stengel bei der f. g l a b r e s c e n s Freiberg kahl oder bald verkahlend oder (f. p u b i s c e n s Freiberg) weichhaarig. Flügel am Rande gewimpert (f. t r i c h ö p t e r a Chodat) oder nicht ge» wimpert. Stengel am Grunde mit grossen und breiten, meist rosettenartig gedrängten Laubblättern (f. r o s u l ä t a Fries. Eine namentlich in Mittel» und Süddeutschland, in den Mittelgebirgen und Alpen, an feuchteren Stellen auftretende, kalkliebende [?] Form) oder am Grunde nicht oder nur spärlich beblättert (f. m ä j o r Koch, die häufigste Form). Als Standortsformen zur letztgenannten Form gehören subf. e l o n g ä t a (Pers.). Pflanze kräftig, höher. Stengel ziemlich starr aufrecht bis aufsteigend, meist unverzweigt. Ziemlich verbreitet. — subf. m o n t a n a (Opiz) ( = P. vulgaris L. y grandiflöra Celak.). Blüten grösser; Flügel etwa 6 mm lang, oft doppelt so gross als die Kapsel. Nicht selten. — subf. u m b r ö s a Holzner und Naegele. Stengel 20 bis 30 cm lang, fädlich dünn, niederliegend bis niederliegend«aufsteigend. Laubblälter ziemlich entfernt stehend. Blüten in lockeren Blütenständen auf ziemlich langen Stielen, 8 bis 9 mm lang. Flügel zur Blütezeit zart, erst zur Samenreife deutlich nervig. Standortsform feuchter, schattiger Stellen. — subf. p s e u d o c o m ö s a Holzner und Naegele. Hochblätter 4 bis 6 mm lang, spitz. Blütenstand daher etwas schopfig oder im unteren Teile des Blütenstandes *) Abgeleitet von xa'AAo? [källos] = Schönheit und mEQoy [pterön] =

Flügel.

103 einzelne oder alle äusseren Kelchblätter verlängert, lineal und daher schopfig erscheinend. — Die Blütenfarbe ist, wie bei vielen anderen Varietäten sehr veränderlich, aber konstant. Es werden unterschieden : Blüten blau : 1. c y á n e a Rchb. — rosenrot : 1. c á r n e a Rchb. — weisslich, die Flügel selten ganz weiss, meist mit grünem Mittel» streifen: 1. á l b í d a Chodat. — Blütenstiele und äussere Kelchblätter, oft auch die Hochblätter wie die Flügel gefärbt: 1. v e r s i c o l o r ......................................................................................................................var. t y p i c a Beck. 5. Tragblätter deutlich länger als die Blütenstiele. Flügel deutlich gewimpert (f. M i c h a l é ti i Freiberg, ziemlich selten) oder nicht gewimpert. Blütenstände ¿ reíchblütíg und dann Stengel schlank, ziemlich reich verästelt. Blüten blau und Flügel kaum länger als die Kapsel (f. p r a t é n s i s Rchb. So auf Wiesen die häufigste Form) oder Blütenstände armblütig, dabei Stengel entweder fadenförmig, sehr ästig, ausgebreitet und Flügel spitz (f. m u l t i c a ü l i s Tausch) oder steif, meist nur sehr mässig hoch, aufrecht oder niederliegend, unverzweigt oder auch wenigästig (f. c o l l i n a Rchb.). Bei letzterer Form Flügel bisweilen schwach gewimpert (subf. c í l í o l á t a B o r b . ) ...........................................................................................................var. o x y p t e r a Dethard. 5*. Tragblätter höchstens so lang wie die Blütenstiele, meist kürzer (Formenkreis der var. í n t e r » 6. m é d i a F. S c h u lt z ) ....................................................................................................................................................... 6. Stengel kahl oder frühzeitig v e rk a h le n d .......................................................................................................7. 6*. Stengel bleibend weich» haarig. Laubblätter schmal, lineal bis lineablanzettlich, genähert, sich fast dachziegelig deckend. West» mediterrane Form ; angenähert bei Luisental bei Saarbrücken auf Kohlen» Sandstein bei 320 m. var. a n g u s t i f ö l i a Lange. 7. Flügel höchstens fein gezähnelt, nicht oder sehr kurz ge» w im p e rt...................................... . 8. 7*. Flügel gewimpert. Sten» gel meist 10 bis 20 cm lang, öfter auch kürzer, ausgebreitet, ziemlich locker beblättert. Untere Laubblätter klein, verkehrt»eiförmig, obere schmallan« zeitlich oder fast lineal. Blütenstände meist kurz, ¿ dicht. Tragblätter mit» unter wenig länger als die Blütenstiele. Flügel 4 bis 5 mm lang, spitz oder stumpflich und mit aufgesetztem Stachelspitzeben, bewimpert. Reife Kapsel aus keilförmigem Grunde oval, deutlich kürzer und etwa 1/a breiter als die Flügel. Auf sandigen, salz» Fig. 1729. P o l y g a l a v u l g a r i s L. mit weissen Blüten. Phot. stud. med. Meta L u tz und Dr. G. H e g i, München. haltigen Böden der Küsten. Auf Bor» kum, Juist, den Schleswig»holstein« sehen Nordseeinseln (?), Rügen, am Rhein (?). — Hierher f. c í l í á t a (Lebel) ( = P. blepharóptera Borbás, = P. vulgaris L. 1. genuina Chodat C. var. intermédia y cílíáta Chodat). Blütenstiele, ab und zu auch die Achse des Blütenstandes behaart. Obere Laubblätter, Hochblätter, Kelchblätter und Kapsel ± stark gewimpert, mit» unter nur die Flügel gewimpert. Unter dem Typus sehr zerstreut. Auf Rügen (Binz, Schmachter See) nur diese Form . . ........................................... ..........................................................................var. d u n é n s í s Buchenau.1) 8. Flügel 4 bis 5 mm lang. Blütenstände ± armblütig. Stengel zierlich, ausgebreitet, unverzweigt oder wenig verzweigt. Laubblätter gleichmässig und locker am Stengel verteilt und die oberen fast lineal oder . P a l a t i n a Freiberg) am Grunde ± rosettenartig gehäuft und verhältnismässig breit. Hochblätter nicht gewimpert. Blütenstände meist locker, ziemlich wenigblütig. Blüten ziemlich klein, grünlich»weiss, rosa oder violett überlaufen. Flügel 4 bis 5 mm lang, spitzlich. Kapsel oval, deutlich gestielt, breiter und wenig kürzer als die Flügel. Scheint in der westlichen Hälfte von Deutschland die Ostgrenze zu erreichen . var. dúbí a (ßellynck) ( = P. Lejeunéí Michal., = P. Míchalétí Gren., = P. vulgaris L. I. genüina Chodat C. var. intermédia ß — --------------Michaletü Chodat). x) Zu dieser Varietät gehört vielleicht auch f. c o m p á c t a Lange (non Freiberg). Pflanze niedrig, reichstengelig, dicht beblättert. Flügel weiss, mit grünen Adern. Soll nach La ng e , in Jütland und Schleswig gefunden worden sein.

104 8*. Flügel nur 3 bis 4 mm lang. Blütenstand dichttraubig-reichblütig. Fruchtstände dicht oder (f. Dese» g l i s e i [Legr.]) etwas lockerer und dann Blütenfarbe etwas heller und Hochblätter kürzer; mitunter dabei die Flügel fein gewimpert (subf. c i l i o l ä t a Lam.). Pflanze meist nur 5 bis 15 cm hoch. Blätter zumeist lineal. Hochblätter oft viel länger als die Blütenstiele. Reife Frucht längliduoval, etwa so lang und deutlich breiter als die Flügel. Nur im westlichsten Gebiet an mehreren Stellen in der Rheinprovinz . var. Le ns 6 i Boreau. Die leichte Frucht löst sich unschwer vom Stiel und wird dann ein Spiel des Windes. Sobald die Zwischen» wand ausgetrocknet ist, öffnet sie sich und die Samen fallen heraus. Diese besitzen 2 Elaiosome, ein grosses am vorderen Ende — von der Mikropylengegend ausgehend, dann sich zurückbiegend und ein Stück am Samen hinaufreichend — und ein kleineres am hinteren Ende, das aus einer Anschwellung der Raphe an der Chalaza besteht. Die Lappen des grossen Elaiosoms besitzen längsgerichtete, keulenförmige Zellen, welche als Speicher für Oeltröpfchen dienen (Polygala»Typus bei S e r n a n d e r ) . Die Samen werden anfänglich vom Winde verweht und später durch Ameisen verschleppt. — Gelegentlich lässt sich bei P. vulgaris als Missbildung die Brakteo» manie beobachten, das heisst die Unterdrückung der Blüte und die bedeutende Vermehrung der Brakteen; ferner wurden Verwachsung aller Staubblätter zu einem Bündel festgestellt. Manchmal ist nur eines der beiden Samenfächer wie gewöhnlich in der nahe verwandten Gattung Monnina gut ausgebildet. Durch Gallenstich werden die Laubblätter an der Sprosspitze am Wachstum gehemmt, sie häufen sich knospenartig, ihre Spreiten sind gekrümmt. — Pharmazeutisch ist die Art wertlos, wird aber oft irrtümlicherweise oder als Verfälschung für P. a m ä r a genommen. Um die Wende des 16. Jahrhunderts wurde sie bereits im H ö r t u s E y s t e t t e n s i s kultiviert.

1816.

Polygala alpestris Rchb. ( = P. microcärpa Gaudin, == P. amära L.

y alpestris Koch non Wahlenb.). V o r a l p e n * K r e u z b l u m e . Fig. 1730. Ausdauernde Pflanze mit wenig verdicktem, oft verzweigtem Erdstock. Stengel wenige, kurz, niederliegend oder aufsteigend, dünn, 7 bis 15 cm hoch. Untere Laubblätter stets deutlich kleiner als die oberen, meist schuppenförmig, selten grösser und dann breit* elliptisch und fast rosettenartig gehäuft, obere Laubblätter nach oben an Länge deutlich zu* nehmend, breitlanzettlich bis elliptischdanzettlich, die obersten genähert, den Grund des Blüten» Standes umgebend. Blütenstände kurz, später bis 3,5 cm lang, ziemlich dicht, nicht schopfig und auch zur Fruchtzeit von den oberen Laubblättern umgeben. Tragblätter elliptisch, meist kürzer, höchstens etwas länger als die Blütenstiele, zur Blütezeit hinfällig. Blütenstiele zuletzt zurückgekrümmt. Blüten klein, 4 bis 5 mm lang, blau, bläulichweiss oder weisslich. Kelch* blätter kurz, elliptisch, meist so lang wie die Kronblätter; Flügel oval bis schmal oder länglich* verkehrbeiförmig, bei der Reife 4,5 bis 6 mm lang, 3=nervig; Mittelnerv unverzweigt oder wenig ästig, selten oder undeutlich durch sehr spärliche Netzverbindungen mit den ebenfalls wenig ästigen Seitennerven verknüpft. Kronblattröhre kurz, fast eingeschlossen, aber länger als bei P. alpina und P. amara und deutlich gegliedert, mit gespreiztem Anhängsel. Kapsel sitzend, verkehrt»herz»eiförmig, schmal geflügelt, zur Fruchtzeit viel breiter und wenig kürzer als die Flügel. Samen elliptisch; seitliche Lappen der Samenanhängsel etwa 1h der Samen* länge erreichend. — VI, VIL Meist häufig auf kurzrasigen Matten und Weiden, auf verrastem Geröll, in alpinen Zwergstrauchheiden, in lichten Bergföhren Wäldern, ohne Wahl der Bodenunterlage, in der subalpinen und alpinen Stufe, selten tiefer (bei Kitzbühel bei 950 m [Murr]); in Tirol bis 2200 m, in Graubünden bis 2650 m (am Südgrat des Piz Laschadurella), im Wallis bis 2700 m. In D e u t s c h l a n d nur in den Bayerischen Alpen! Bärgündeletal im Allgäu, Brannenburger Felssturz, Salzburger Alpen am Hochfelln, Kammerlinghorn, Schlegel und Staufen bei Reichenhall, Untersberg, Landtal» alpe. — In O e s t e r r e i c h in Tirol, Salzburg und Vorarlberg verbreitet, von Niederösterreich und Steiermark nicht erwähnt, aber wohl vorhanden und verkannt, in Kärnten sehr selten (bei Grosszirknitz bei Sagritz und am Rapp bei Tröpolach, am Loibl (?); für Kr ain fraglich. — In der S c h w e i z in den Alpen verbreitet, im Jura seltener (noch im Basler Jura von Oberrechenberg bis zur Hasenmatte).

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Frankreich (Pyrenäen, Westalpen und Jura) ostwärts durch den Alpenzug über die Schweiz, Bayern, Tirol und Norditalien bis zum östlichen Alpenrand; in den Karpaten vielleicht nur auf die Kalkalpen von Liptau und Bela beschränkt $ fraglich im nördlichen Balkan und im Kaukasus.

105 Polygala alpestris ist ein endemisch=alpines Element, das sehr nahe verwandtschaftliche Beziehungen zu P. vulgaris aufweist und daher oftmals als deren Subspezies oder Varietät aufgefasst wird; andererseits leitet sie auch zu P. amara über. Die bestandesvage Pflanze tritt gern in Rasengesellschaften auf, namentlich im Seslerietum caeruleae alpinae, im Festucetum violaceae und im Caricetum sempervirentis, oft auch in alpinen Zwergstrauchvereinen, besonders im Ericetum carneae, mit dem sie vielfach in die Bergföhrenwälder eindringt. Ihr höchster Standort am Piz Laschadurella in Graubünden liegt in einem kleinen Ericetumfragment. Aendert ab.- f. e l l i p t i c a (Chodat). Flügel verlängert, fast doppelt so lang als breit. — f. obtu» s ä t a (Chodat). Flügel breibelliptisch, abgerundet bis fast kreisrund. Im Tessin, z. B. im Val Bavone, zwischen Muglierolo und La Corle grande (1500— 1800 m), Alpe Robici (1400— 1800 m). — f. J u r a t e n s e (Chodat). Laubblätter in der Mitte des Stengels mehr genähert, kleiner, etwas lederartig. — f. r ö s u l a n s (Chodat). Untere Laubblätter fast rosettenartig gedrängt. — f. c o n d e n » s ä t a Chodat. Stengel verkürzt. Blüten kleiner. — f. p o l y » s t ä c h y a Chodat. Stengel oberwärts ästig, daher seitliche Blütenstände vorhanden, in der Tracht an P. serpyllaceum er» innernd. So z. B. im Rappental und Aernergalen (Oberwallis). — var. p y x o p h y l l a Ave»Lallem. ( = P. Croatica y pyxophylla Bede). Stengel niederliegend, am Grunde etwas holzig, ästig. Untere Laubblätter klein, fast rundlich, die übrigen grösser, breit« elliptisch, beiderseits etwa gleichartig spitz. Flügel spatelförmig« verkehrt«eiförmig, etwa so lang wie die Kronblätter und länger als die Kapsel. Einzig in Krain in den Wodreiner Alpen, Jeserih und Tofer.

1817, Polygala serpyllifölia J. A. C. Hose ( = P. serpylläcea Weihe, = P. mutäbilis Dum., = P. depressa Wender., = P. Badensis Schimp. et Spenn., = P. paludösa Bönningh., = Polygalum serpyllaceum Holzner und Naegele). Q u e n d e h K r e u z b l u m e . Fig. 1731. Ausdauernde, 8 bis 25 cm hohe Pflanze. Wurzel dünn*spindelig, ästig, mit ansehnlichen, schuppenförmigen Niederblättern besetzt, hellgelb. Stengel dünnästig, faden* förmig, kurzhaarig, am Grunde niederliegend; Aeste die Hauptachse überragend. Untere Laubblätter gegen* Fig. 1730. P o l y g a l a a l p e s t r i s Rchb. a Habitus. ständig; die oberen wechselständig, die untersten sehr b Blüte, c Frucht mit Flügel und Hochblättern. d Querschnitt durch die Frucht. klein, verkehrt*eiförmig*elliptisch, stumpf, kurz gestielt, die mittleren länglich*verkehrt*eiförmig, die oberen länglich*rautenförmig bis lineablanzetflieh, spitzlich oder stumpflich, wie die übrigen ganzrandig und besonders in der unteren Hälfte der Oberseite kurzhaarig. Blütenstände 3* bis 8* (bis 10*)blütig. Hochblätter eiförmig, häutig, kahl; das Tragblatt so lang wie der etwa 1 mm lange Blütenstiel oder kürzer. Blüten hellblau bis himmelblau oder blass*grünlichweiss. Aeussere Kelchblätter linealdanzettlich, 1,2 bis 2 mm lang, grün, mit weissem Hautrande; Flügel länglich*verkehrt*eiförmig, etwa 5 bis 6 mm lang und 2 mm breit, stumpflich oder spitzlich; Mittelnerv an der Spitze scheinbar verbreitert, meist verzweigt, Seitennerven nach aussen zuletzt deutlich netznervig. Kapsel verkehrt*herzförmig, etwa 4 mm lang und 3 mm breit, undeutlich gestielt; Hautrand etwa 0,2 bis 0,3 mm breit. Samen etwa 2,5 mm lang, behaart; die längeren Lappen des Anhängsels sehr kurz, höchstens V3 der Samenlänge erreichend. — V bis IX. Meist zerstreut, nur teilweise häufig auf torfigen, humosen, feuchten oder frischen Böden, selten auf nassem Sand, bisweilen auch an ziemlich trockenen Standorten; auf kalk* reichen Unterlagen fehlend. Von der Ebene bis in die subalpine Stufe der Gebirge, im Schwarz* wald bis 1400 m. In D e u t s c h l a n d von Westeuropa eintretend im nordwestlichen Flachland ziemlich verbreitet, nach Osten immer seltener werdend, mit vorgeschobenem östlichen Grenzpunkt bei Greifswald, im mittleren Deutschland

106 bis Dresden, im südlichen bis Passau und Tölz. In Bayern vereinzelt bei Lindau, auf der Oberen Hochebene bei Rechlberg, Ellbach und Sachsenkam bei Tölz, Tannkirchen bei Dietramszell, Schwaigeralpe, Oberwarngau, Holzkirchen, Deisenhofen, Oedenpullach, Kreuzpullach, Wörnbrunn und Isartal oberhalb München, Lanzenhaar, Höllriegelskreuth bei München, um Ebersberg, auf der Unteren Hochebene früher bei Freimann bei München, im Bayerischen Wald am Oberhäuser Berg bei Passau, im Fichtelgebirge bei Benk bei Münchberg, Hallersteiner Wald, Kirchenlamitz, Hendelhammer, Zeitelmoos, Wundsiedler Weiher, Mähring bei Fichtelberg, Fichtelsee, Weissenstadt, Gefrees, bei Immenreuth (auf Buntsandstein), zwischen Immenreuth und Gabellohe (auf Quartär) usw., im Frankenwald am Rennstieg, Gerlas bei Steben?g'r'-"='ssdorf und Göhren bei Schwarzenbach a. W. auf Buntsandstein, bei Altenbuch, bei Karlshöhe, Rothenbuch irr, Spessart, in der Rhön auf dem Dammersfeld, in der Vorderpfalz bei Bienwald, in der Mittelpfalz verbreitet; in Württemberg und Baden nur zerstreut im Schwarz» wald ostwärts bis Pforzheim, Calw, Freudenstadt, Kandel, Hubertshofen, Baden, Heid, Renhardsweiler, Aepfingen, Biberach»Rot, in Nordbaden ziemlich -verbreitet (der tiefste Fundort in Baden liegt bei Rittersbach, 200 m ); in ElsassoLothringen in den Vogesen und deren Vorland, sonst selten; in den Gebirgen der Rheinprovinz (bis zur Schneifel) und in der nordwestdeutschen Tiefebene meist verbreitet und häufig; in Schleswig»Holstein im Sandgebiet nicht selten, aber in der Marsch und auf den Nordseeinseln fehlend; in Hannover nur bei Wendland und Lüchow, in Pommern nur bei Greifswald, in Braun» schweig bei Klein»Bartensleben unweit Helmstedt, in Thü» ringen zerstreut (im Kalten Tal z. B. mit blassblauen Blüten), in Sachsen im Vogtland und im Erzgebirge verbreitet. — In O e s t e r r e i c h in Böhmen im Erzgebirge an das säch» sische Verbreitungsgebiet angeschlossen oberhalb Niklasberg gegen Zinnwald, am Mückenturm bei Teplitz und im Rothen» häuser W aldrevier; in Krain bei Adelsberg; in Vorarlberg bei Möggers und in Fahrnach bei SchwarzaduBildstein süd» lieh Bregenz; in Südtirol im Valsugana. — In der S c h we i z zerstreut, im Kanton Waadt auf den Alpes d’Ollon und der Alpe dTsenau bei OrmonLdessus, Sous Jaman, im Wallis bei Crois de Coeur sur Ravoire, in Freiburg bei Vaulruz und Praz»Tevi, im Berner« und Solothurner.Jura, bei Thun, im Kanton Zug, auf der Hohen Rone, mehrfach im Kanton St. Gallen (Tössstockgebiet, S’peervorberge, Mattstode), im südlichen Tessin.

Allgemeine Verbreitung; West* europa von Nordspanien bis England, östlich bis Norwegen (Küstengebiet von Arendal bis Molda), Schweden (Schonen), Dänemark, südwärts über Greifswald, Helmstedt, das Erzgebirge, nach Passau und Tölz, längs des Alpenfusses im Vorarlberg und in der Schweiz. Versprengte Vorkommen in Krain, Südtirol, Norditalien, Friaul(?). Fig. 1731. P o ly g a la s e r p y l l i f o l i a J. A. C. Hose, au n d ö Habitus, c Blüte, d Flügel, e Frucht. / Samen.

Die Art lässt sich nach R o u y und F o u c a u d folgendermassen gliedern: var. c o l l i n a Coss. u. Germ. ( = P. serpyllaceum Rouy et Foucaud). Stengel kurz, nur 6 bis 10 cm lang, zahlreich, am Grunde dicht beblättert, schon im ersten Jahre blühend. Laubblätter breit, oval bis länglich» oval, stumpf, einander genähert, oft rötlich. Blütenstände kurz, oft fast trugdoldig. Besonders im westlichen Gebietsteile, im Kieler Gebiete nur in dieser Form. — var. m u t ä b i l i s (Dum. s. str.). Stengel meist 8 bis 15 cm hoch, locker beblättert, am Grunde oft ohne Laubblätter, nicht im ersten Jahre blühend. Laubblätter schmäler; die unteren länglich bis lanzettlich, spitzlich bis spitz, etwas schlaffer, grün. Blütenstände länger, in der Frucht lockerer und länger als bei var. collinum. Nicht selten. — var. l ä x a (Rouy et Foucaud). Grund» achse kräftiger. Stengel zahlreich, sehr ästig, am Grunde unbeblättert, 15 bis 25 cm lang. Laubblätter wie bei der var. mutäbilis, aber schmäler und oft kürzer als die Stengelglieder. Blüten sehr wenig zahlreich. Frucht« stände kurz und locker. Nicht selten. — var. m ä i o r (Rouy et Foucaud) ( = P. Lioräni J. de Puyfol). Aehnlich der var. laxa, aber kräftiger. Untere Laubblätter zerstreut stehend; die oberen verlängert, schmäler lanzettlich und spitzer. Blüten in ziemlich langen und dichteren Blütenständen, lebhaft blau, grösser. Flügel 7 mm lang. Selten. Polygala serpyllifolia gehört durch ihr gut umgrenztes Verbreitungsgebiet dem atlantischen Element an. Sie kommt in recht verschiedenen Pflanzengesellschaften vor, in moosigen Frischwiesen»Typen, Flach» und Sphagnummooren, in Uferbeständen, in feuchten Zwergstrauchheiden. Auf kalkreichen Gesteinen, z. B. im Weissen Jura der Westschweiz, erscheint sie nur in Torfmooren. In den norddeutschen Heidemooren wird sie häufig von Lycopodium inundatum, Agrostis canina und A. vulgaris, Molinia caerulea, Eriophorum gracile,

107 Rhynchospora alba und R. fusca, Carex»Arten, Myrica Gale, Salix repens, Drosera»Arten, Rubus Chamaemorus, Hypericum humifusum, Viola palustris, Ledum palustre, Andromeda poliifolia, Vaccinium uliginosum und V. Oxycoccus, Erica Tetralix, Gentiana Pneumonanthe, Pedícularís silvática, Galium saxatile usw. begleitet (G r a e b n e r). Auf den Moorwiesen der Herzynischen Niederung und ihrer unteren Bergstufe sind ihre charakteristischsten Begleiter Orchis maculatus, Tofieldia calyculata, Sagina nodosa, Trifolium spadiceum, Par» nassia palustris, Hydrocotyle vulgaris, Angélica silvestris, Valeriana dioeca, Succisa pratensis, Senecio bar» baraeífolíus, Thríncía hírta, Pedícularís silvática und Myosotis caespitosa (D ru d e). Auf den Hochweiden der Vogesen erscheint sie nadi I s s l e r an den fer'J r.en Stellen, zusammen mit Vaccinium Myrtillus und V . Vítís ídaea, Angélica Pyrenaica, Ranunculus nemorosus, Lycopodium clavatum, verschiedenen Moosen und Flechten. An der Ostsee findet sie sich bisweilen auf salzigen Wiesen mit Erythraea pulchella, Triglochin mari» timum und anderen ¿ halophilen Arten ( P r e us s ) . Seltener tritt sie im Brometum auf ( I s s l e r ) .

1818» Polygala calcárea F. W. Schultz ( = P. heterophylla F. W . Schultz, = Dumort.).

Kalk«Kreuzblume.

P. amára

Fig. 1732.

Ausdauernde, 10 bis 20 cm hohe Pflanze mit spindelförmiger Wurzel und reich« ästigem Erdstock. Stengel verzweigt, im unteren Teil ausläuferartig niederliegend, zu« letzt wenig beblättert, im oberen Teile einen roset« tenförmigen, zahlreiche aufsteigende oder fast auf« rechte Zweige aussenden« den Blattschopfausbildend, neben fruchtbaren immer auch sterile Stengel vor« handen, fast kahl oder i reichlich kurzhaarig. Laubblätter kahl oder be= sonders am Rande spär* lieh kurzhaarig, lederig, dicklich, nicht bitter« schmeckend, an den steri« len Stengeln im unteren Fig. 1732. P o l y g a l a c a l c a r e a F. W. Schultz, a bis c Habitus, d Pflanze im WinterZustand (d nach A llo r g e ). Teil sehr klein, schuppen« förmig, im oberen Teil breit=verkehrt«eiförmig, an den Rosetten der fertilen Stengel spatel* förmig«verkehrt«eiförmig, stielförmig in den Grund verschmälert, an den blütentragenden Zweigen lineablanzettlich, stumpflich, mit durchscheinendem Knorpelrand. Blüten in an« fangs kurzen, später sich verlängernden, meist 6« bis 20 «blütigen Trauben auf etwa 2 bis 3 mm langen Stielen. Hochblätter lineablanzettlich, häutig, frühzeitig abfallend, die Knospen nicht überragend. Aeussere Kelchblätter hellblau, seltener weiss, sehr selten rötlichblau; innere Kelchblätter elliptisch*länglich bis verkehrt*eiförmig, etwa 5 mm l ang; Mittelnerv oft schon von der Mitte aus verzweigt; Seitennerven meist stark verzweigt, nach aussen netz« förmig miteinander verbunden. Kronblätter die Kelchblätter überragend. Kapsel verkehrt* herzförmig, etwa 0,5 mm breit berandet, deutlich gestielt, etwa 5 bis 6 mm lang. Samen länglich, etwa 2 mm lang, dunkelbraun, weisslich behaart; Anhängsel 3*lappig; die seitlichen Lappen fast so lang oder länger als der halbe Samen, der mittlere Lappen kurz, zuerst wag* recht abstehend. — IV bis VI. Zerstreut, aber stellenweise häufig, auf trockenen, sonnigen Kalkbergen und an Weg* rändern der Ebene und des Hügellandes; nur auf kalkreichen Unterlagen. In D e u t s c h l a n d auf den Westen beschränkt. In Baden am Isteiner Klotz, bei Schönberg bei Freiburg und auf den Sdielinger Wiesen im Kaiserstuhl, im Sundgau von Lützel bis Altkirch, in Lothringen

108 (häufig bei Metz), in der Pfalz bei Zweibrücken (mehrfach), Hornbadi, Contwig, Blieskastel und Leistadt, im Taunus bei Königstein, Rothenburg a. d. Fulda, Schwarzenhasel, Lisdieid, Hanau, Röhrig und Lochborn, in der Rheinprovinz bei Gerolstein, Merzig und Saarbrücken; ausserdem in Luxemburg zwischen Wasserbilig, Mompadi und Lellig. — In O e s t e r r e i c h völlig fehlend. — In der S c h w e i z bei Fleurier im Neuenburger Jura (wenigstens früher) und im Berner bezw. Basler Jura (namentlich bei Pruntrut).

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Britische Inseln, Frankreich, Belgien nördlich und östlich bis zum belgischen Juragebiet, Luxemburg, Westdeutschland, Nordwestschweiz, Spanien. Ziemlich veränderlich.- var. o v ä t a Rouy et Foucaud. Flügel oval, stumpf. Ob im Gebiet? — f. g e n u i n a Rouy et Foucaud. Flügel länglich»eiförmig, stumpflich bis spüzlich, etwas schmäler als die Kapsel. Verbreitetste Form. Hieher gehört meist: 1. r ö s e a Freiberg. Blüten rosa. — var. l a n c e o l ä t a Rouy et Foucaud. Flügel länglicholanzettlich, spitz, deutlich schmäler als die Kapsel. Zerstreut. — f. M e t ü n s i s 1) Freiberg. Junge Blütenstände spitz pyramidal. Hochblätter z. T. länger als die jungen Knospen, Spitze des Blütenstandes infolge* dessen schopfig erscheinend. Blüten (nur?) weiss. St. Quentin über Scy bei Metz. — var. c o n d e n s ä t a (Chodat) ( = P. calcareum e minus Rouy et Foucaud). Rosettenblätter höchstens doppelt so lang als die Blätter der Blütenzweige. Blütenstengel kurz, ± dicht beblättert, kaum fingerlang, aufsteigend oder aufrecht. Jura. — f. r i g e s c e n s Freiberg. Der vorigen Form ähnlich, aber die Blütenstengel verlängert, locker beblättert, steif aufrecht. Mehrfach in der Rheinprovinz. Polygala calcarea gehört dem atlantisch»westmediterranen Element an. Sie findet sich fast ausschliesslich in Trockenwiesen vom Bromus erectus»Typus oder nahe verwandten Gesellschaften. In der Garide ( = Steppen* heide im Sinne von Gradmann) Badens erscheint sie nach O l t m a n n s (Das Pflanzenleben des Schwarzwaldes, 1922) zwischen niederem, offenem Gebüsch von Quercus pubescens, Berberis vulgaris, Viburnum Lantana, Cornus sanguinea, Coronilla Emerus, A cer campestre, Rhamnus cathartica, Sorbus Aria usw. in den Trocken» rasendecken eingeschalteter Lücken, zusammen mit Brachypodium pinnatum, Koeleria glauca, Carex humilis und C. gynobasis, Phleum Boehmeri, Thalictrum saxatile, Helleborus foetidus, Fragaria collina, Helianthemum vulgare, Bupleurum falcatum, Libanotis montana, Peucedanum Oreoselinum, Seseli Hippomarathrum und S. coloratum, Viola collina, Vincetoxicum officinale, Stachys rectus, Teucrium Chamaedrys, Veronica spicata, Scabiosa suaveolens, Lactuca virosa und L. Scariola u. a. m. P. calcarea zeichnet sich durch die ausläuferartigen, nieder* liegenden Stengel aus, die sich rings um den verholzenden Erdstode ausbreiten, Rosetten bilden und aus diesen blattachselständig wiederholt in gleicher Weise neue anzulegen vermögen. Die Pflanze erlangt dadurch einen dichten, runden, rasenförmigen Wuchs (Fig. 1732a). Die Rosetten überdauern den Winter; die Erneuerungs* knospen bilden sich unterirdisch (Fig. 1732 d); die Pflanze besitzt dadurch eine Lebensform, die halb chamä* phytisch, halb hemicryptophytisch ist. Im Gebiete nur in Krain und zwar auf den Schneeberg beschränkt, findet sich die Rasse P. Croätica Chodat, ein bis Serbien und Albanien verbreiteter Formenschwarm systematisch unsicherer Bewertung. Die Pflanze aus Krain gehört zur v a r . m ü l t i c e p s Bede ( = P. multicaülis Kit.). Die Rasse unterscheidet sich von P. c a l c a r e a s, str. durch den Mangel deutlich ausgeprägter Laubblattrosetten; ihre Laubblätter sind wenig zahlreich, elliptisdi»lanzettlich, die Stengelblätter bei unserer Pflanze breitlanzettlich, 4 bis 6 mm breit und 3 bis 4 mal länger, spitz bis zugespitzt; Flügel schmäler und kleiner, spitz, die reife Kapsel nicht völlig deckend. Am Schneeberg tritt sie als Begleitpflanze der Edraianthus graminifolius (Bd. VI, pag. 389) auf.

1819« Polygala am ara L.

Bittere Kreuzblume.

Taf. 176, Fig. 4 ; Fig. 1733 und 1734.

Ausdauernde, 5 bis 20 cm hohe Pflanze mit spindelförmiger Wurzel und meist reich» ästigem Erdstock, infolgedessen rasenbildend. Stengel meist unverzweigt oder schwach ästig, kahl oder am oberen Teile fein flaumig, am Grunde mit deutlicher Blattrosette. Rosettenblätter elliptisch bis verkehrt»eiförmig, meist 1,5 bis 3,5 cm lang und 6 bis 10 mm breit, am Grunde keil* förmig, oben abgerundet bis etwas spitzlich 5 die unteren Stengelblätter ± rundlich, am Grunde verschmälert, die oberen lanzettlich bis länglich oder länglich, länger, alle kahl, galligbitter schmeckend. Blütenstand meist reichblütig, anfangs dicht, pyramidal oder stumpf, bisweilen schwachschopfig, später sich auflockernd, bis 17 cm lang werdend. Tragblätter länger oder kürzer als die Blütenstiele, (seitliche) Hochblätter noch kürzer; alle häutig, i hinfällig, farblos oder gefärbt. Blüten blau, violett, rot, weiss oder gescheckt. Aeussere Kelchblätter kahnförmig, mit grünem Mittelnerv und oft noch 2 Seitennerven. Flügel elliptisch bis länglich*eiförmig, L) Nach der Stadt Metz benannt.

109 2,3 bis 7 mm lang und 1 bis 4 mm breit, stumpf oder spitzlich; Seitennerven meist nicht mit dem Mittelnerven verbunden. Kronblätter so lang oder wenig länger als die Flügel. An« hängsei mit kammförmigem, vielspaltigem, ± deutlich abgegliedertem Anhängsel. Griffel kurz, an der Spitze löffelförmig, mit hakigdappig angehängter Narbe. Kapsel 2,5 bis 4 mm lang und 1,6 bis 3,5 mm breit, hautrandig, so breit oder breiter als die Flügel. Samen eiförmig, 1,5 bis 2,5 mm lang, mit kurzem, 3=lappigem Anhängsel, wie dieses steifhaarig. — V bis VIII, häufig nochmals im Herbst. A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Europa nördlich bis Südengland (Kent, sehr selten), Rheinlande, Meppen, Osnabrück, Springe, Harz, Kiel (früher), nordjütisches Kalkgebiet, Nor« wegen bis Orkedal, Stod, Snaasen (64° 1 1 ' bis 64° 12' nördl. Breite), Jämtland, Aland, Abo, Südsawo, pomorisches Karelien (Shuigarvi, Segosero), Halbinsel Turfa, Archangelsk, südlich bis Spanien, Süditalien, bis zum nördlichen Balkan und bis Südrussland (Krim?).

Die beiden Unterarten zeigen folgende (auf den ganzen Formenkreis bezogen) nur wenig scharf durchgreifenden Unterschiede: 1. Blüten meist gross, 5 bis 7 mm lang, lebhaft blau bis rötlich blau, selten weiss oder schön purp (1. r u b r i f l ö r a Wiesb. [Karlsburg in Niederösterreich]). Laubblätter nach der Spitze zu rasch abnehmend, anfangs meist flaumig, später verkahlend. Blütenstand sehr locker. Tragblatt kürzer oder so lang wie der Blütenstiel; Vorblätter viel kürzer als der Blütenstiel, ziemlich spät abfallend. Aeussere Kelchblätter zur Blütezeit fast wagrecht abste» hend; Flügel elliptisch, gegen den Grund kurz« keilig, beim Verblühen 5 bis 7 (10) mm lang. Anhängsel des vorderen Kronblattes viellappig mit verhältnismässig langen und breiten Lappen, schief aufrecht oder gerade vorgestreckt, an der Uebergangsstelle zum Schiffchen eingeschnürt. Samen 2,5 mm lang (P. amara L. subsp. amarum Hayek, = P. amara L. a genuina Koch, = P. amarella Rchb. non Crantz, = P. amara L. cc grandiflora Neilr., = P. amara Chodat) subsp. eu-amära Aschers, et Graebn. 1*. Blüten meist klein, 2 bis 2,5, selten bis 6 mm lang, himmelblau, blauviolett, grün» lieh oder weisslich, selten rötlich oder gescheckt. Laubblätter mehr allmählich gegen die Spitze kleiner werdend, kurzhaarig oder kahl, beim Vertrocknen feinrunzelig, am Rande hornig. Blütenstand locker bis dicht. Tragblatt kürzer, so lang oder länger als der Blütenstiel. Vorblätter Fig. 1733. P o l y g a l a a m a r a L. s u b sp . e u - a m a r a Aschers, et Graebner. kürzer als der Blütenstiel, frühzeitig abfallend. a und b Habitus, c und ¿ Wurzelstöcke mit Blattrosetten, e und / Flügel. Aeussere Kelchblätter mit grünem Mittelnerv, g und h Blüten, i Unreife Kapsel mit 2 Kelchblättern, k Reife Frucht. I Samen. zur Blütezeit schräg vorwärts gerichtet. Flügel länglich bis verkehrt»eiförmig, am Grunde ± lang keilig verschmälert. Anhängsel des vorderen Kronblattes wenig gelappt, anfangs einwärts, später oft abwärts gekrümmt, an der Uebergangsstelle zum Schiffchen nicht oder kaum eingeschnürt. Samen 1,5 bis 1,7 mm lang (P. amara L. ß p a r v i f l ö r a Mert. et Koch). subsp. a m a r e l l a Crantz. Genauere Angaben über die Umgrenzung des Verbreitungsgebietes der subsp. eu-amara, sowie über ihre allgemeinen ökologischen Ansprüche können gegenwärtig infolge der i grossen Schwierigkeit einer eindeutigen Trennung der beiden Formenkreise eu»amara und amarella und der damit in Verbindung stehenden Unsicherheit in der Nomenklatur kaum gegeben werden. Der Verbreitungsmittelpunkt für die subsp. eu»amara liegt offenbar in den Ostalpen und endet westwärts im Tiroler und Bayerischen Alpenanteil (in der Schweiz fehlt sie ganz und wird durch die subsp. amarella ersetzt). In diesem Gebiet ist die Pflanze kalkfordernd und stellt sich am häufigsten auf Bergwiesen, in lichten Wäldern und in Legföhrengebüschen auf frischen, humosen Böden oder auf Kalkgeröll ein. In Bayern, wo sie bis 1810m ansteigt, ist sie nur am Brünnstein, Geigelstein, bei der Eis» kapellebei St. Bartholomä, bei Wasserburg am Inn und im Isarkies oberhalb München herabgeschwemmt bekannt; H e g i, Flora. V, 1.

210

liö in Tirol selten (am Sollstein bei Innsbruck, Hölltal bei Hötting, Griesalpjoch bei Kitzbühel, Schiern, Innervill« graten, Plose bei Brixen); um Salzburg gemein; in Niederösterreich häufig auf Kalk bis zur alpinen Stufe; in Steiermark nur in den nordöstlichen Kalkalpen auf der Raxalpe und Schneealpe, dem Semmering und dem Sonnwendstein; in Kärnten und Krain zerstreut; auch in Friaul. Die Angaben nördlich der Alpen bedürfen vielfach der Bestätigung, zumal die Lokalfloren oft zu wenig in Einzelheiten eintreten. Die Unterart wird angegeben reichlich in Baden (häufig im Bodenseegebiet, im angrenzenden Molasse»Hügelland und im Hegau, im Jura bei Stühlingen, in der Rheinebene am Kaiserstuhl, Bruchsal, St. Ilgen und Nussloch, in Nordbaden bei Berghausen und Schatthausen), auf Kalkbergen in Thüringen (nach A s c h e r s o n und G r a e b n e r , Synopsis; in der Erfurter Flora jedoch nur die subsp. amarella); Prov. Hannover, in Sachsen bei Schladebach und Kötzschau unweit Leipzig und bei Bischofwerda, in Böhmen (wahrscheinlich nur amarella), in Mähren im Thajatal bei Hardegg. Aendert ab: var. (Rasse) b r a c h y p t e r a 1) (Chodat) ( = P. subamära Fritsch = subsp. brachyptera Hayek). Stengelblätter alle i lanzettliduspatelig (beim Typus die unteren verkehrt«eiförmig und nur die obersten lineal»lanzettlich). Blüten kleiner als beim Typus, aber grösser als bei der subsp. amara, ± lebhaft blau bis blauviolett oder weiss; Flügel beim Abblühen etwa 4 bis 5 mm lang. So bisher nur aus dem Kalk« gebiet von Steiermark bekannt: Gemein in der ganzen Kette der nördlichen Kalkalpen, nur im Gebiete des Typus vollständig fehlend, ferner in der Lantsch» und Schökelgruppe, auf den Kalkbergen bei Frohnleiten, Peggau, Graz und auf denen von Untersteiermark bis in die Sanntaler Alpen, seltener auf Kalk der Steirischen Zentralalpen, z. B. auf der Koebenze bei St. Lambrecht, im Bachergebirge bei Maria in der Wüste und Hausambacher. Nach O l t m a n n s tritt die subsp. amara z. B. auf sonnigen Hügeln zusammen mit Bromus erectus, Brachypodium pinnatum, Avena pratensis, Carex montana, Dianthus Carthusianorum, Fragaria collina, Poten« tilla verna, Trifolium rubens, Viola alba und V. collina, Vincetoxicum officinale, Centaurea Scabiosa usw. auf. Wesentlich ähnlich sind nach D r u d e die Begleiter auf den Kalkhügeln von Thüringen. In kärntnerischen Pinus silvestris»Wäldern erscheint die Pflanze zusammen mit Koeleria pyramidata, Sesleria caerulea, Festuca ovina subsp. pseudovina und F. glauca, Carex humilis, Thesium Bavarum, Alyssum montanum, Potentilla arenaria, Peucedanum Oreoselinum, Scabiosa ochroleuca, Centaurea variegata, Hieracium sp. usw. In der alpinen Stufe wurde sie von S c h a r f e t t e r am Mittagskogel (Kärnten) in der Felsflur gemeinschaftlich mit Sesleria sphaerocephala, Poa alpina, Festuca laxa, Silene acaulis, Papaver Kerneri, Potentilla nitida, Geum montanum, Helianthemum alpestre, Daphne Mezereum, Erica carnea, Bellidiastrum Micheln usw. festgestellt. Die subsp. amarella ist die bei weitem häufigere Unterart mit viel weiterem, vielleicht den ganzen (?) geographischen Bereich der Art umfassendem Verbreitungsgebiete. In Mitteleuropa ist sie ziemlich verbreitet und häufig auf feuchten und frischeren, humosen oder mineralischen Bodenunterlagen kalkiger oder kieseliger Natur, bevorzugt aber mit der Annäherung an ihre nördliche Verbreitungsgrenze Kalkböden. Sie ist von der Ebene bis in die alpine Stufe anzutreffen: in den Bayerischen Alpen bis 2050 m, im Rosengarten in Süd» tirol bis 2400m , im Wallis bis 2500m . Ihre Verbreitung in Mitteleuropa ist folgende: in D e u t s c h l a n d in Bayern meist häufig bis verbreitet, aber im Frankenwald nur bei Seibelsdorf, Untersteinach, Stechern bei Enchenreut, im Juragebiete auf Dogger bei Weismain, Ziegenfeldertal, Würgau, Staffelberg, Truppach bei Mengers« dorf, im Muschelkalkgebiete bei Homburg a. W., auf Buntsandstein bei Lohr, Aschaffenburg, Spessart, Leuchau bei Kulmbach, in der Rhön bei Euerdorf, in der Mittelpfalz bei Zweibrücken und Kaiserslautern, in der Nord» pfalz im Nahetal; in Württemberg nicht häufig, z. B. bei Lichtei, Ellwangen, Tübingen, auf den Lochen, am Huns« rück, am Zellerhorn bei Jechingen und auf der mittleren Al b ; in Baden zerstreut bis häufig (namentlich ip der Rheinebene), aber in Nordbaden fehlend; in Elsass»Lothringen ziemlich zerstreut, nordwärts bis Bitsch; in der Rheinprovinz auf Kalk verbreitet, auf Silikatunterlage sehr zerstreut und am Niederrhein fehlend, in Westfalen zerstreut; in Hannover bis Meppen, Osnabrück, Springe und bis zum H arz; in Thüringen zerstreut; in Sachsen am Bienitz bei Leipzig und bei Cotta unweit Pirna (erloschen); im nordostdeutschen Flachland zerstreut: früher bei Kiel*), in West« und Ostpreussen nicht selten, in Schlesien sehr zerstreut und in Ober» Schlesien ganz fehlend. — In O e s t e r r e i c h in Böhmen z. B. an der Elbe bei Cecelic, Podßbrad, Libosch, Weisswasser, Habichtstein, Böhmisch»Leipa, Kratzau, Wärnstädtel, Franzensbad, Budweis ; in Mähren beiNamiest, Wsetin, Heinrichswald, Mohelno, Krzetin, Czeitsch, Bizens, Lobnig bei Kriegsdorf; in Schlesien bei Weidenau, Troppau, Gilleschau, Bielitz, Ustron, Teschen; in den Alpenländern meist verbreitet, aber für Tirol für den Nons« und Sulzberg, sowie im Fassa, Fleims und Primör nicht angegeben. — In der S c h w e i z verbreitet. Die sehr vielgestaltige Unterart wird nach A s c h e r s o n und G r a e b n e r in folgende 3 ± formen» reiche Varietäten gegliedert:

l) ßQ«Xl's [brachysj = kurz und titeqov [pterön] = Flügel. a) Die Pflanze wurde dort 1862 von H e n n i n g s auf dem Gebiete der Reichswerft entdeckt un O h l noch 1900 beobachtet. Nach Willy C h r i s t i a n s e n (br.) dürfte sie heute wohl verschwunden sein.

111 1. Stengel dünn, meist mit schwachen Aesten, bis 20 cm hoch. Rosettenblätter nach dem Grunde zu langsam verschmälert. Stengelblätter meist den Rosettenblättern ähnlich, stumpflich oder seltener lineal und spitz. Blütenstand anfangs kurz und dicht, später sehr verlängert. Aeussere Kelchblätter mit breitem Mittel» streifen, fast grün; Flügel mit starkem, grünem Mittelnerven und ± starken Seitennerven, während der Fruchtreife 2,5 bis 3,5 (5) mm lang und 1,2 bis 1,5 (2) mm breit. Kapsel 3 bis 4 mm lang und 2,5 bis 3 mm breit. Auf Steinen, im Ufersand, auf moosigen Wiesen (P. decipiens Besser, = P. amara L. var. dissita Hausskn., = P. amarum L. « genuinum Rouy et F o u c . ) ................................................................................ var. A u s t r i a c a (Crantz) Chodat. 1*. Pflanze kräftig, niedrig oder hoch. Stengel einfach oder ästig. Rosettenblätter verkehrt»eiförmig, nach dem Grunde zu rasch v e rs c h m ä le rt......................2. 2. Pflanze bis 20 cm hoch, wenigstengelig und schwachästig. Blattrosette locker, die unteren Stengelblätter meist gross, verkehrt«eiförmig, ziemlich rasch in den Grund verschmälert, obere Stengelblätter lanzettlich bis breit» lanzettlich, mitunter länglich=verkehrteiförmig und fast so gross wie die Rosettenblätter. Blütenstand locker, ver» längert, mitunter armblütig. Blüten kornblumen» oder dunkler blau. Aeussere Kelchblätter meist fast wagrecht abstehend; Flügel elliptisch, etwa 4,5 (5) mm lang und 2 bis 2,2 mm breit, meist kurz»keilförmig verschmälert. Kapsel etwa 4 mm lang. Häufigste Form der Alpen und Voralpen, an Alpen» flüssen auch herabgeschwemmt (P. Balatönica Borbäs). var. a m p l y p t e r a (Koch). 2*. Pflanze klein, bis 10 cm hoch, vielstengelig, büschelig. Blattrosette deutlich. Blütenstand ziemlich dicht, anfangs pyramidenförmig, zuweilen etwas schopfig. Hoch» blätter so lang oder wenig länger wie die Blütenstiele. Blüten meist dunkel himmel» oder kobaltblau bis violett, seltener pur» purrosa, hellbau, grünlichweiss oder bunt. Aeussere Kelch» blätter schmal, mitunter die Knospen überragend; Flügel etwa 3 bis 4 mm lang und 1,5 bis 2 mm breit, am Grunde meist etwas keilförmig, etwa so lang und etwas schmäler als die Kapsel; letztere etwa 3 bis 3,5 mm lang und 2,2 bis 3 mm breit, zuletzt meist fast kreisrund. Pflanze bald kürzer, gedrungener, der Stengel unverzweigt und die Flügel meist deutlich schmäler als die Kapsel (f. of f i » c i n ä l i s [Kittel] Freiberg, so an sumpfigen Stellen), bald höher, schlanker, der Stengel stärker ästig (f. r a m ö s a [Hegetschweder], so in dicht geschlossenem Wiesenrasen). — Eine Farbenabweichung ist: 1. l e u c ä n t h a Wimmer et Grabowsky. Blüten dunkelblau, spärlich mit weiss gemischt. Verbreitetste Form auf ausgetrockneten Moorheiden und in Trockenwiesen. IV bis V, in höheren Lagen VI bis VII (P. amarella Crantz ß typica Beck, = P. brachypetala Wallroth, = P. amara L. y alpestris Koch, = P. myrtifölia Fries), var. v u l g a t i s s i m a Chodat. Weitere Abänderungen dieser Varietät sind: f. u l i g i n ö s a Rchb. ( = P. amarella Crantz ß typica f. Reichenbächü Beck, = P. amara L. a. typica b. myrtifölia Fiori und Paoletti). Stengel meist schlanker. Kapsel am Grunde keilförmig verschmälert. Seltener. — f. o r b i c u l ä r i s (Chodat). Kapsel so lang wie breit, am Grunde nicht verschmälert, an der Spitze tief ausgerandet. Nicht häufig. — f. l ä x a (Rouy et Foucaud). Stengel 10 bis 20 cm lang, niederliegend»ausgebreitet, locker beblättert. Laubblätter grösser, länglidulanzettlich. Blütenstände locker. Selten. — f. G r e n i e r i (Rouy et Foucaud). Blüten mittelgross; Flügel 4 bis 5m m lang, viel schmäler als die Kapsel. Kapsel meist am Grund keilförmig, daher dr gestielt erscheinend. Sehr zerstreut. — f. m i n u t i f l ö r a (Chodat). Blüten kleiner. Flügel etwa so lang, aber viel schmäler als die Kapsel. An sumpfigen Orten nicht selten. — f. s u b a l p i n a (Chodat). Flügel so breit oder breiter als die Kapsel, elliptisch, am Grunde fast 5»nervig. Blüten blau. Selten? Die subsp. amarella ist ein europäisches Element mit weitem Verbreitungsgebiet und grosser Anpassungs» fähigkeit. Sie gehört zu den eurosynusischen Arten, bevorzugt aber gleichwohl merklich Pflanzengesellschaften auf feuchteren Böden. Gern erscheint sie in moosreichen, lockeren Frischwiesen, in Flachmoortypen und tritt bisweilen auch in Hochmooren auf. Am Starnberger See findet sie sich in den verlandenden Schoenus nigricans»Beständen zusammen mit Sesleria caerulea, Pinguicula alpina, Gentiana Clusii, Primula farinosa, Bartsia alpina, Valeriana dioeca, Succisa pratensis und Scorzonera humilis. In den Alpen

210

*

112 schliesst sie sich mit Vorliebe dem Trichophoretum caespitosi an mit Equisetum palustre, Selaginella Helvetica, Carex Davalliana, C. panicea, C. fusca, C. flava, C. capillaris, C. echinata und C. Hostiana, Eriophorum angusti» folium und E. latifolium, Juncus alpinus, Blysmus compressus, Allium Sdioenoprasum, Orchis masculus und O. Traunsteineri, den eingangs im Schoenetum genannten Dicotylen, ferner Willemetia stipitata u. a. Vorüber» gehend tritt sie auch auf feuchten Waldschlägen, bisweilen auch in lichten Weiden und Erlenbeständen auf. Gegen Düngung ist sie etwas empfindlich und verschwindet daher auf den Fettwiesen. Hingegen stellt sie sich bisweilen sogar auf Aedcern ein. — Als H ä r b a P o l y g a l a e (Bitteres Kreuzblumenkraut) kommen die zur Blütezeit samt der Wurzel gesammelten Pflanzen in den Handel. Nach Z o r n i g (Arzneidrogen, 1911) sind nur die an trockenen Standorten gewachsenen Exemplare bitter und pharmazeutisch verwertbar, solche von sumpfigen Stellen sollen fast geschmacklos sein. Die Pflanze enthält etwas ätherisches Oel, fettes Oel, Poly» galasäure, Polygamarin, Polygalit, Senegin, Zucker und dient bei der Landbevölkerung noch heute als Mittel gegen Lungenschwindsucht, Asthma und Magenleiden, erleichtert auch den Schleimabfluss. Der Aufguss aus der Wurzel wird (20 g auf l/i 1 Wasser) tagsüber getrunken. Auch die Milchsekretion stillender Frauen soll dadurch angeregt werden. Die Hauptsammelgebiete für die Droge sind für Deutschland gegenwärtig Thüringen und Franken. Anbau im Grossen ist noch kaum durchgeführt. Die Samen keimen ziemlich langsam und bedürfen des Lichtes. Verfälschungen mit anderen, nichtbitteren Polygala»Arten — P. vulgaris, P. calcarea u. a. — lassen sich gelegentlich feststellen. — Die Pflanze findet sich bereits im Index Thalianus (1577) vom Harz aufgeführt. Im Botanischen Garten der Fürstbischöfe von Eichstätt soll sie noch nicht bekannt gewesen sein-, vielmehr sollen an ihrer Stelle P. vulgaris und P. comosa zu medizinischen Zwecken gepflanzt gewesen sein. Erwähnt werden aus diesem Hortus Eystettensis Polygalon fl. rubro und P. fl. caeruleo. — Gelegentlich sind bei Polygala amara s. 1. regelmässige, pelorische Blüten zu beobachten. Weitgehende Missbildungen und Ver» grünungen besonders des oberen Teils des Blütenstandes werden durch die Gallmücke Eriöphyes breviröstris ver» ursacht. Bisweilen werden auch die Laubblätter der blühenden Sprosse verunstaltet und sind dann leicht behaart.

1820. Polygala alpina (DC.) Steudel ( = P. Austriaca Crantz ß alpina Pers. ?, = P. amara L. y alpina Lam. et DC., = P. glaciälis Brügger, = P. nivea Miegev.). A l p e n * K r e u z b l u m e . Fig. 1735. Ausdauernde, 2 bis 10 cm hohe Pflanze mit dünner, spindelförmiger Wurzel. Achsen niederliegend, kurz, reich verzweigt, am Grunde unbeblättert, mit Blattrosetten endigend. Stengelblätter und Rosettenblätter verkehrt*eiförmig bis länglich; die oberen viel kleiner, länglich bis lineablänglich, nicht bitter schmeckend. Blütenstengel aus den Achseln der Rosettenblätter entspringend, 1 bis 5 cm lang, aufsteigend, unten beblättert. Blüten in kurzen, dichten, 5* bis 11 *blütigen Blütenständen, sehr klein, bläulich, weisslich oder (f. Choda* tiäna Guyot) weiss, rosa überlaufen oder rein blau. Vorblätter wenig ungleich, kurz, das mittlere die beiden seitlichen wenig überragend, ein wenig kürzer als der Blütenstiel. Aeussere Kelchblätter elliptisch, stumpf, kahl, 3*nervig; Flügel elliptish*spatelförmig oder länglich=elliptisch, 4 bis 5 mm lang, 3*nervig, mit meist einfachem Mittelnerven und wenig verzweigten Seiten* nerven. Kronblätter kürzer als die Flügel. Kapsel klein, verkehrt*herzeiförmig, am Grunde ± abgerundet, doppelt so breit wie die 1,5 bis 2 mm breiten Flügel, wenig kürzer als diese. Samen ellipsoidisch; seitliche Lappen der Anhängsel bis 1h so lang wie die Samen, das mittlere sehr kurz. — VI bis VIII. Meist zerstreut und selten auf trockenen, sonnigen Weiden, in kurzhalmigen Rasen und im Feingrus der subalpinen (im Oberengadin bei Schlarigna bei 1715 m) und alpinen Stufe, meist auf Kalk, seltener auf Urgestein, von zirka 1700 bis 3000 m (Gornergrat im Wallis). Fehlt in D e u t s c h l a n d . — In O e s t e r r e i c h einzig in Südtirol am Pizlat bei Laas und am Schiern bei Bozen. — In der S c h w e i z selten und nur in den Kantonen Graubünden (nördlich bis zum Parpaner Schwarzhorn 2630 m), Wallis, Waadt und Tessin.

Allgemeine V e r b r e i t u n g : verbreitet), Pyrenäen.

Südalpen von den Seealpen bis Südtirol (im Westen

Aendert ab: f. C h o d a t i ä n a Guyot. Blüten weiss, rosa überlaufen. Polygala alpina ist ein südwestalpines Element mit einem sehr wenig zusammenhängendem Verbreitungs» gebiet im Osten. Hier stellt sie ein bemerkenswertes Relikt dar, das auf eisfreien Berggipfeln die Eiszeiten über»

113 Tafel 177. Fig. 1. V

yy iy

n V V

V V

1 a. 1 b. 2. 2 a. 2b. 2 c, 2e 3.

M e r c u r i a l i s p e r e n n i s (pag. 129). Habitus

der männlichen Pflanze. Aufgesprungene Frucht. Samen. M e r c u r i a l i s a n n u a (pag. 126). Habitus der weiblichen Pflanze. Männliche Blüte. Frucht. d. Längs- bezw Querschnitt durch die Frucht. Samen. E u p h ö r b i a C y p a r i s s i a s (pag. 167). Fruchtender Spross.

Fig. 3 a. 3 b. V 3 c. V 4. yy 4 a. Y.) 4 b. n 4 c. yy 5. yy

V

Erdstock. Cyathium. Infizierter Spross. E u p h o r b i a e x i g u a (pag 187). Habitus.

Cyathium. Querschnitt durch die Frucht. Samen. E u p h o r b ia H e lio s c o p ia (pag. Habitus. 5 a. Cyathium. 5 b. Staubblätter. 5 c. Samen.

163).

dauert haben dürfte. In der bis zu 3000 m emporragenden Rothorngruppe der Plessuralpen (MittehGraubünden) finden sich neben ihr als weitere derartige Ueberreste Primula glutinosa, Herniaria alpina und Draba Hoppeana (J. B r a u n »Blanquet, Die Vegetationsverhältnisse der Schneestufe in den Rhätisch»Lepontinischen Alpen, 1913), in i naher Nachbarschaft. B a s t a r d e sind einwandfrei noch wenig beobachtet worden oder werden z. T. bestritten. P. c o m o s a X P. a m a r a subsp. a m a r e l l a ( = P. V i l h £ l m i Podp^ra), gesellig zwischen den Eltern auf dem Wiesenmoor Hrabanov bei Lysa an der Elbe in Böhmen und vielleicht bei Naunheim? — P. c o m o s a x P . c a l c a r e a , auf Kalk» boden zwischen Lellig, Mompach und Mertert (Luxemburg). — Verbindende Glieder zwischen P. vulgaris und P. comosa werden von manchen Autoren teils als Zwischenformen, von manchen als Kreuzungsprodukte erklärt, von anderen ganz in Abrede gestellt. — P. a m a r a subsp. a m a r e l l a var. v u l g a t i s s i m a X P. v u l g a r i s ( = P. amarellum var. vulgatissimum X vulgare Podpöra = P. Skfivänekii Podp.), auf torfigen Wiesen an der Heiligen Quelle bei Kloboucky nahe Bucovice in Mähren. — P. a m a r a subsp. a m a r e l l a var. A u s t r i a c a X P. v u l g a r i s , sowie P. al» p e s t r i s X P. v u l g a r i s ( = P. hybrida Brügger, non DC.) sind ganz zweifelhaft. Als besondere Unterreihe folgt die Familie der D i c h a p e t a l ä c e a e , die zu den Euphorbiaceae, speziell zu den Phyllanthoideae, Beziehungen aufweist. Die etwa 130 Arten, die sich auf nur 5 Gattungen (Stephanopödium, Fig. 1735. P o l y g a l a a lp in a (DC.) Steudel. Habitus. Tapüra und Dichapetalum) verteilen, sind in der Haupt» sache kletternde Waldpflanzen der Tropen beider Erd» hälften; nur wenige Arten findet man in Afrika auch in der Buschsteppe und sogar an Felsen. Es sind Holz» gewächse mit abwechselnden, ganzrandigen Laubblättern, mit kleinen, schmalen, hinfälligen Nebenblättern und kleinen, zwitterigen oder eingeschlechtigen, strahligen oder zygomorphen, zu achselständigen, reich verzweigten Büscheln oder Scheindoiden vereinigten Blüten. Die 5 oft zu einer Röhre verwachsenen Kronblätter sind nicht selten ausgerandet oder gar zweispaltig; auch sind sie zuweilen mit den 5 Staubblättern verwachsen (von den letzteren können 2 bis 4 staminodial ausgebildet sein). Der aus 2 bis 3 Karpellen gebildete Fruchtknoten wird zu einer fleischigen oder lederigen Steinfrucht. Die dünnschaligen Samen zeigen zuweilen eine Caruncula, doch fehlt ihnen das Nährgewebe. Verschiedene in Afrika wachsende Dichapetalum»Arten sind giftig und dem Weidevieh schädlich; sie enthalten (auch die Früchte und Samen) wahrscheinlich ein blausäurehaltiges Glykosid.

69. Farn. Euphorbiaceae1) ( = Tithymaläceae). W o l f s m i l c h g e w ä c h s e . (Bearbeitet unter Mitwirkung von Dr. Walter Z i m m e r m a n n in Freiburg i. Br. von Dr. G. H e g i und Dr. H. B e g e r).

Ein* und mehrjährige Kräuter, Sträucher oder Holzpflanzen von sehr verschiedener, zu* weilen sogar von kakteenähnlicher Tracht oder mit Phyllokladien (Phyllantus*Arten; Fig. 1742), sehr ') Nach P l i n i u s (Nat. hist. X X V , 77) wurde die Pflanze euphorbea ( = Euphörbia officinärum L.) von dem König Juba (von Numidien) nach dessen Leibarzt Euphorbus benannt, der die Pflanze entdeckt haben soll.

114 häufig in gegliederten oder ungegliederten Schläuchen Milchsaft führend (Fig. 1739). Laubblätter meist wechselständig, seltener gegenständig, in der Regel einfach, zuweilen verkümmert, nicht selten auch handförmig gefingert oder sogar fiederähnlich. Nebenblätter fehlend oder vorhanden, manchmal drüsenartig. Blüten meist regelmässig, fast stets eingeschlechtig, 1 * oder 2 =häusig, nur ganz ausnahmsweise zwitterig (anscheinend normal Cubincola1)), von ausserordentlich mannigfachem Baue, oft unscheinbar, klein und dann dichtgedrängt zu doldentraubigen Teilblütenständen (Köpfchen, Knäuel) vereinigt; diese wiederum rispige, traubige oder ährenförmige Gesamtblütenstände bildend. Vor* und Hüllblätter oft vorhanden und blumenblattartig gefärbt, zuweilen die kleinen, eine Zwitter* blüte vortäuschenden Teilblütenstände (Pseudanthien, Cyathien) als Involucrum einschliessend und scheiben* oder wulstartige Drüsen tragend 5letztere gelegentlich mit petaloidem Anhängsel. Blüten® hülle (Perianth) fehlend oder einfach, kelchartig (Anthostema, Fig. 1751 h),zuweilen auch (besonders männliche Blüten) in Kelch und Krone ge* gliedert (Andrachninae, Chrozo* phorinae). Männliche Blüten mit 1 bis vielen (Fig. 1736a), zuweilen verzweigten Staubblättern, häufig mit intrastaminalem Diskus, hie und Fig. 1736. a Männliche, b weibliche Blüte von M e r c u r i a lis p e r e n n i s L. cTeilda mit einem Fruchtknotenrudiment. blütenstand von E u p h o r b ia P e p lu s L. Weibliche Blüten in der Regel weniger zahlreich, einen 3®(2*)blätterigen und 3* (seltener 1 *, 2 », 4* oder viel)*fächerigen Frucht* knoten enthaltend mit je 1 , seltener 2 , anatropen, hängenden Samenanlagen in jedem Fache. Staminodien gelegentlich vorhanden, aber nicht konstant. Narben zumeist 3, 2 *spaltig. Frucht in der Regel eine in 3 (seltener 2 ) Teilfrüchte (Kokken) zerfallende, von dem stehenbleibenden Mittelsäulchen sich loslösende Kapsel, seltener beeren* oder steinfruchtartig. Samen mit meist reichlichem Nährgewebe, häufig mit Caruncula. Embryo gerade oder gekrümmt; Kotyledonen meist breit, seltener schmal, halbzylindrisch, bald flach, bald gebogen oder gefaltet. Die Familie ist mit gegen 200 Gattungen und etwa 4500 Arten mit Ausnahme der kältesten Teile (arktische Gebiete und antarktische Gebiete) über die ganze Erde verbreitet. Eigentliche alpigene Arten gibt es nicht. Audi existieren nur wenige Arten, die ausgedehntere Areale bewohnen. Ihre Hauptformenfülle erreichen die Euphorbiaceen in den Wäldern der Tropen und Subtropen, wo sie in den regenreichen (hier in Gestalt von hohen Urwaldbäumen, Sträuchern oder Lianen), wie auch in den trockenen Distrikten (hier in aus» gesprochen xeromorphen Formen) auftreten. In den gemässigten Zonen kommen halbstrauchige, vollkommen verholzende (z. B. die an felsigen Küsten im Mittelmeergebiet auftretende Euphorbia dendroides L.; Fig. 1737) oder krautige, z. T. ganz unscheinbare, einjährige Formen (Euphorbia Chamaesyce usw.) vor. Die meisten Gattungsgruppen sind sowohl in der Alten wie in der Neuen Welt vertreten, ebenso zahlreiche Gattungen. Nur die beiden kleinen Unterfamilien der Porantheroideae und der Ricinocarpoideae oder Bertyeae (Pflanzen von häufig ericoidem Habitus), welche mit ihren schmalen, halbzylindrischen Keimblättern die Unterfamilie der Stenolöbeae darstellen, sind auf Australien inkl. Tasmanien und Neu=Seeland beschränkt. Eine Anzahl von Kulturpflanzen, ebenso verschiedene Anthropophyten (Gartenunkräuter, Ruderalpflanzen) haben ihre ursprüng* liehen Areale weit überschritten. In Europa ist die Familie vor allem durch die Gattung Euphorbia vertreten, die im Mittelmeergebiet eine Anzahl xerophiler Formen (Euphorbia spinosa, E. dendroides, E. Myrsinites, E. Apios, E. biglandulosa) aufweist, ausserdem durch die Gattungen Mercurialis, Chrozöphora (C. tinetöria und C. verbascifölia), Andrächne (A. telephioides) und Securinega (S. buxifölia). Fossile Formen sind aus der Kreide und aus dem Tertiär beschrieben worden; doch ist ihre Zugehörigkeit zu den Euphorbiaceen nicht einwandfrei festgestellt. Mehr Wahrscheinlichkeit hat die von C o n w e n t z aus dem Baltischen Bernstein beschriebene Blüte von A n t i d e s m a M a x i m o w i c z i i . Trotzdem darf bei der gegenwärtigen reichen Entwicklung und aus» gedehnten Verbreitung der Familie mit ziemlicher Sicherheit angenommen werden, dass die Familie mindestens bereits im Tertiär mit vielfachen Vertretern existierte. ‘) Vgl. U r b a n , Ignaz, in Berichte der Botan. Gesellschaft.

Bd. X X X V I [1919], pag. 502.

115 Hinsichtlich der Lebensformen zeigt die Familie wie selten eine überaus grosse Mannigfaltigkeit. Die krautartigen Formen liegen dem Boden bald ± an (Euphorbia Chamaesyce und Verwandte) und haben das Aussehen eines Polygonum aviculare; andere Arten sind kräftige, aufrechte, meterhohe, oft stark verzweigte Stauden (Ricinus, Euphorbia palustris). Halbsträucher von ericoider Tracht finden wir bei vielen, australischen Gattungen, ebenso in der Kapflora (Cluytia). Windende Sträucher sind seltener, während die ÄMimosenform * namentlich bei der Gattung Phyllanthus vertreten ist. In den Steppen« und Wüstengebieten beider Hemisphaeren nehmen die Euphorbia»Ärten den Habitus von Cacteen an und zeigen entweder den kandelaberartigen Typus von Cereus (E. virosa, E. trígona, E. grandícornís, E. Canariensis [Fig. 1738], E. Abyssíníca, E. Candelabrum, E. Ammak usw.) oder aber die blattlose Kugelform von Echinocactus (E. globosa, E. meloformis). Die suk« kulenten Euphorbien (vgl. B e r g e r , Alwin. Sukku« lente Euphorbien. Stuttgart, 1907) sind zum aller« grössten Teil in Afrika (nur wenige in Amerika) zu Hause, wo sie die wüsten» und steppenartigen Gebiete oder trockene Berglehnen vom Kap bis nach Gross» Namaland bewohnen und sich östlich längs der Ge» birgsketten bis ans Rote Meer ausbreiten. Im Westen besitzen Marokko, die Kanaren, Kapverden und Azoren solche Arten, im Osten Madagaskar, Arabien und Sokotra. Wohl die älteste Erwähnung und mor» phologisch richtige Deutung finden wir bei T h e o » p h r a s t (vgl. B r e t z l , Hugo. Botanische Forschun« gen des Alexanderzuges. Leipzig, 1903), dem in den Wüsten von Beludschistan die blattlose und bedornte Euphorbia antíquórum L. auffiel. Diese Art wird auch im Alten Testament erwähnt; auch hat sie einen Sans» kritnamen „Mahärriksha“. Die Sektion Xylophylla der Gattung Phyllanthus zeigt blattähnliche, glänzende Phyllokladien. Stattliche baumartige Typen mit leder» artigen, immergrünen Laubblättern besitzen viele Waldformen der Tropen (Hévea). Von anatomischen Merkmalen sind der bei vielen Gattungen auftretende markständige Weichbast, dann Sternhaare oder Elae» Fig. 1737. E u p h o r b ia d e n d r o id e s L., an der Riviera. agnus»artige Schuppen, welche bei den Crotoneae Phot. Dr. G. H e g i, München. eine dichte, silberglänzende Bekleidung bilden können, dann aber vor allem die Milchsaftröhren (Fig. 1739) und der Obturator hervorzuheben. Diese letzteren erscheinen bald als gegliederte Schläuche mit deutlich wahrzu» nehmenden Querwänden (Acalypheae usw.) oder aber wie bei den Euphorbien als ungegliederte Röhren. Der Milch» saft, der allermeist stark giftig ist (das Gift ist zwar flüchtiger Natur 1), enthält reichlich Stärke (Fig. 1739) oder ist kautschukhaltig. Immerhin gibt es ganze Gruppen (Phyllanthoideae und Caletioideae, so auch Mercurialls und Ricinus), denen der Milchsaft fehlt. M. A u b e r t o t konstatierte kürzlich im Milchsaft den Flagellaten L e p » t o m ö n a s D a vi di . Nach den Untersuchungen von Oscar M a y u s über den Verlauf der Milchröhren in den Blättern der Euphorbiaceen kommen die folgenden Fälle v o r : Die Milchröhren begleiten die Leitbündel bis zu deren Endigung oder treten aus den Leitbündeln aus und nehmen im Schwammparenchym freien Verlauf. Schliesslich gibt es Milchsaftgefässe, welche sich durch alle Zellschichten von der Epidermis der Blattunterseite bis zur Epidermis der Blattoberseite hinziehen. Hans Curt D o m m e 1 (Berichte der Deutschen Botan. Gesell» schaft. Bd. XXVIII, 1910) zeigte, dass die Spaltöffnungen an den Stengeln der einheimischen Euphorbia»Arten einen langsamen Uebergang vom Rubiaceen»Typus (hier liegen 2 Nebenzellen dem Spalte parallel) in den Ranunculaceen=Typus (3 Nebenzellen umgeben den Spalt derart, dass 2 ihm parallel liegen, während die dritte dazu quer gelagert ist) aufweisen. In den Laubblättern der einheimischen Arten ist der Rubiaceen»Typus durchgeführt. Der Blütenstand weist innerhalb der Familie überaus zahlreiche Variationen auf. Rispen, Aehren, blattachselständige Knäuel bilden den Gesamthabitus, während die Teilblütenstände meistens dichtgedrängte Trugdolden darstellen, die oft von Hüllblättern umgeben werden. Die meist kleinen, unscheinbaren Einzel« blüten stehen häufig so dicht beisammen, dass man den Eindruck einer einzigen Blüte erhält, welcher Eindruck noch verstärkt wird, wenn — wie bei Dalechämpia — buntgefärbte Hochblätter auftreten. Derartige Formen erleichtern das Verständnis für die Entstehung der Scheinblüten oder Cyathien von Euphorbia, die heute wohl allgemein als rückgebildete Blütenstände anerkannt werden (vgl. die Gattung Euphorbia und Fig. 1736 c). Ver» mutlich ist auch der einfache Blütenbau der übrigen Euphorbiaceen als rückgebildet aufzufassen. Namentlich

116 die Eingeschlechtigkeit der Blüten erscheint besonders nach Entdeckung der Gattung Cubincola (Fig. 1751 a, b) mit Zwitterblüten als eine Rückbildung. Auf der verschiedenartigen Deutung der Blüte gründet sich natürlich auch im wesentlichen die verschiedenartige Stellung der Familie in den einzelnen Pflanzensystemen. Die Samenanlagen wohl der meisten Gattungen zeigen eine merkwürdige Erscheinung, den „Obturator“ (Fig. 1740). Dieser gehört stets der Plazenta (nie dem Samen) an und entsteht aus 2 Teilen, die je dem Rande eines und desselben eingebogenen, verwachsenen Frucht« blattes entspringen; durch Verwachsung beider Hälften im Verlaufe der Entwicklung entsteht ein einheitliches Organ. Dieses schiebt sich als Leitungsgewebe für den Pollenschlauch zwischen Plazenta und Nucellus ein ; ausser« dem hat es für die Ernährung des Pollenschlauches zu sorgen. Nach erfolgter Befruchtung treten Nucellusspitze und Obturator in innigste, meist direkte Verbindung. Bei Mercurialis, wo dies nicht der Fall ist, bildet sich da« zwischen ein eigenes Leitungsgewebe aus (Fig. 1740c, d). Nach der Befruchtung schwindet der Obturator bis auf eine kleine Stelle (vgl. hierüber S c h w e i g e r , Josef. Beiträge zur Samenentwicklung der Euphorbiaceen. Flora Bd. 94, 1905). Von dem Obturator ist die „Caruncula“ zu unter» scheiden, ein ebenfalls in der Mikropylengegend aus dem äusseren Integument entstehender Auswuchs, der aber erst am reifen Samen (Fig. 1740 f) seine volle Ausbildung erhält und infolge seines Reichtums an Reservestoffen (besonders an fetten Oelen) in erster Linie zur Verbrei» tung der Samen durch die Ameisen dient. Nach den Untersuchungen von S e r « n a n d e r werden jedenfalls vollständige Samen verschie» big. 1738. E u p h o r b ia C a n a r i e n s i s L., als Typus einer sukkulenten, Cereus-artigen Form. dener Euphorbia«Arten von Ameisen wesentlich rascher verschleppt als Samen ohne Caruncula. Zugleich dient die Caruncula zur Los» lösung der Samen von der Plazenta, vielleicht ver-grössert sie auch die Kraft, mit der die Samen herausgeschleudert werden. Die Entwicklung des Embryosacks und Em» bryos weicht verschiedentlich von dem allgemeinen Typus ab (vgl. Bd. I, pag. CXLVII). Einerseits bilden sich ohne Befruchtung Nucellarembryonen, so bei unserer im Waldesschatten wachsenden Euphorbia dulcis, die durch ihren meist schlecht entwickel« ten Pollen schon auf den Geschlechtsverlust hinweist. Ferner ist die Zahl der Em» bryosackkerne herabgemindert auf 4 (bei Codieeum) oder vermehrt bis auf 16 (bei Euphorbia pilosa, E. palustris und vielleicht auch bei E. virgata, sowie bei Acalypha). Zufolge der streng durchgeführten Trennung der Geschlechter sind die Euphorbiaceen an Fremdbestäubung angepasst. Bei der weitaus grössten Zahl vermitteln Insekten, vor allem Fliegen, Wespen, Käfer und Apiden, die Bestäu« bung. Als Schauapparat dient die lebhafte Färbung der Hochblätter vieler Euphorbia« Arten, von Dalechampia usw., ebenso die petaloide Ausbildung des Kelches von Manihot; Honig wird von Drüsen des Cyathium abgeschieden. Erst neuerdings hat P o r s c h (Blütenstände als Vogelblumen. Oesterr. Botan. Zeitschrift. Bd. LXXII, 1923) verschiedene augenfällig gefärbte Euphorbien (die feuerroten Hochblätter wirken als Schauapparat, während dieCyathien fleischig«wulstige, goldgelbe Nektarien tragen 1) aus der Sektion Poinsettia (E. pulcherrima Willd. und E. cyathöphora Murr aus Zentral« und Südamerika) und der Sektion Tithymalus Subsektion Laurifolia Fig. 1739. Ungegliederte Milch­ saftröhre von E u p h o r b ia C y (E. punicea Jacq.) als vogelblütig („Kolibripflanzen“) erklärt. Auch die Pedilänthus« p a r i s s i a s L. Arten werden ähnlich gedeutet. Windblütig sind vor allem die Gattungen Mercurialis (pag. 126) und Ricinus und wohl noch andere Acalypheen. Eine grosse Zahl von Euphorbiaceen besitzt kapselige Schleuderfrüchte. Die grossen, bis 25»fächerigen Früchte des tropisch»amerikanis z. B. in Finnland, aber nach P. F r i e d r i c h z. B. auch in den Lübecker Waldungen, verzweigt er sich meist von Grund auf, bleibt straudng und meist unfrucht» bar. Gut fruchtende, etwa 80 cm hohe Zwergsträucher traf B e g e r an felsigen Orten im Fränkischen Jura bei Eichstätt an. — Häufig bildet der Baum zu» sammen mit Quercus sessiliflora einen Mischwald (Quercus sessiliflora.Tilia cordata.Mischwald), dem E. S c h m i d (Vegetationsstudien in den Urner Reuss« tälern. Ansbach, 1923) besondere Aufmerksamkeit geschenkt hat. Diese Waldgesellschaft bildet für ziem» lieh warme und mässig feuchte Gebiete, wie sie in Mitteleuropa z. B. die von den Gebirgen geschützten Talmulden, im Mittelmeergebiet die montane Stufe bietet, den klimatisch bedingten Gehölzabschluss. Sie zeichnet sich über weite Gebiete hin durch grosse floristische Einheitlichkeit und bedeutenden Arten, reichtum aus, ist aber infolge der starken Wirtschaft» liehen Beanspruchung durch den Menschen recht vielseitig umgestaltet worden. Als bezeichnende (Charakter.)Arten sind etwa hervorzuheben: Quercus sessiliflora, Juglans regia, Castanea sativa, Sorbus Aria, Ulmus scabra, Prunus avium, A cer campestre subsp. hebecarpum, Corylus Avellana, Crataegus monogyna, von Rosa.Arten z. B. R. dumetorum und Fig. 1956. Winter-Linde (T ili a c o r d a ta Mill.). R. Vogesiacum, ferner Lonicera Xylosteum, Evo» nymus latifolia, Coronilla Emerus, Viburnum Lan» tana, Melica uniflora, Festuca heterophylla, Polygonatum officinale, Asplenium Adiantum nigrum, Cephalan» thera grandiflora und C. rubra, Tamus communis, Anemone Hepatica, Arabis Turrita, Sedum Telephium subsp. maximum, Lathyrus niger, Astragalus glycyphyllos, Lithospermum purpureo.caeruleum und Chrysanthe, mum corymbosum. Sehr regelmässig (als Konstante) erscheinen Carpinus Betulus, Rhamnus cathartica, Ligustrum vulgare, Viburnum Lantana, Cornus sanguinea, Salix Caprea, Prunus spinosa, Pirus communis und P. Malus, Sorbus Aria, Fraxinus excelsior, Evonymus Europaea, Juniperus communis, Crataegus monogyna und C. Oxyacantha, Sambucus nigra, Berberis vulgaris, Clematis Vitalba, Hedera Helix, Melica nutans, Brachypodium silvaticum, Lathyrus vernus, Asperula odorata, Euphorbia dulcis, Vincetoxicum officinale, Buphthalmum salici» folium usw. Der weiten Verbreitung der Gesellschaft entsprechend lassen sich eine Anzahl geographischer Rassen unterscheiden, die durch folgende floristische Färbungen ausgezeichnet sind: Die atlantische Rasse, die im nördlichen Teile an die atlantischen Buchenwälder, im südlichen Teile im mediterranen Florenbezirk im Hügellande an reine, in Süd.Frankreich von Quercus pubescens und Q. Ilex, auf der Iberischen Halbinsel von Q. Suber, Q. Ilex und Q. Tozza gebildete Eichenwälder grenzt, in der subalpinen Stufe von Buchenwäldern (Sevennen) oder Tannenwäldern (Nord.Spanien), seltener Föhrenbeständen abgelöst wird, besitzt Ilex Aqui folium, Sarothamnus scoparius, Prunus Lusitanica, Carex depauperata usw. In der submediterran.montanen Rasse erscheinen Quercus Cerris, A cer Opalus, Celtis australis, Castanea sativa, Ostrya carpinifolia, Fraxinus Ornus, Cytisus Laburnum, Buxus sempervirens. Diese Arten begleiten den Wald bis etwa Mittel.Spanien,

441 SüdJtalien und zum südlichen Balkan. Hier wird er nach oben durch. Bucheno und BuchenoFichten«Mischo Wälder, in den Illyrischen Gebirgen auch durch BuchenoTannenwälder begrenzt, während sich in tieferen Lagen mediterrane Gehölze und Felsensteppen anschliessen. Die pontische Rasse ist durch Prunus Chamaeo cerasus, P. nana, Staphylea pinnata, Cytisus nigricans, Cornus mas und andere Arten gekennzeichnet. Mit der Am näherung an die südostrussischen Steppen geht das TilietooQuercetum in reine oder ± gemischte Quercus RoburoWälder über. Nach Norden zu verarmt der Wald sehr rasch und ist auch auf die untersten, wärmsten Gebirgslagen oder auf weite Talmulden beschränkt, lieber ihm finden sich Büchern und Buchentannen»Misch» Wälder, im Osten auch Koniferengehölze. Die Nordgrenze verläuft etwa von den Kalkgebieten Nordwesto Frankreichs und Süd»Belgiens zum Moseltal, über den Taunus und das Thüringische Bergland zu den Hängen der Sudeten, zur Lysa Gora und quer durch das mittlere Russland zum Ural und schneidet dadurch im Westen die anstossenden Buchenwälder, im Osten die sich anschliessenden Quercus Roburo, Picea excelsao und Pinus silvestrisoßestände. Nördlich dieser Grenze findet sich der Mischwald in Deutschland nur noch in kleineren Inseln. Florengeschichtlich lässt sich nachweisen, dass Tilia cordata schon während des Diluviums in M ittel europa ansässig war. So wurde sie bei Perle unweit Fismes (Aisne, Frankreich) zusammen mit Salix cinerea, Populus nigra, Ainus incana, Quercus, Juglans regia, Ficus Carica, Ulmus campestris, Cercis Siliquastrum, Pirus acerba, Euonymus Europaea, Tilia platyphyllos, Acer campestre und Sassafras (?) aufgefunden, lebte also schon damals (Mindei»Riss»Zwischeneiszeit) in fast ähnlicher Gesellschaft wie gegenwärtig. Jedoch war sie, wie zahlreiche Ablagerungen gezeigt haben, wenigstens am Anfang der Diluvialzeit weniger häufig als T. platyphyllos. In den Mergeln von Kaltbrunn, die H. B r o c k m a n n als glazial erklärt, die aber nach J e a n n e t eher der Mindel»Riss*Zwischeneiszeit angehören, fand sie sich neben sehr reichen Resten von Tilia platyphyllos, Quercus Robur und Picea excelsa, ferner mit Salix cf. Caprea, Corylus Avellana, Clematis Vitalba, Asarum Europaeum, A cer platanoides und A. Pseudoplatanus, Fraxinus excelsior, Viburnum Lantana und V. Opulus, sodass sie an diesem Orte als Nebenart in einem FichtemMengwald gewachsen sein mag. Dieselben Arten mit Ausnahme von Quercus Robur (?), Acer, Salix und den beiden ViburnumoArten, aber mit Juniperus communis, Populus tremula, Carpinus Betulus, Betula alba (?), Quercus sessiliflora, Rhamnus Frangula, Tilia intermedia, Cornus sanguinea u. a. kamen in den Mergeln von Honerdingen vor, die C. A. W e b e r in die erste Interglazialzeit stellt. Auch in präglazialen (tertiären) Schichten wurden bereits mit Tilia cordata übereinstimmende oder ihr nahe verwandte Formen festgestellt, so in den Kalken von Striesa in Schlesien, in den miozänen Schichten von Sinigaglia in Umbrien, in den obermiozänen Ablagerungen des Schichower Tales und den gleich« alterigen von Münsterberg in Schlesien. Da nach der gegenwärtig herrschenden Meinung Lindenreste nie in eiszeitlichen Sedimenten, wohl aber in den älteren Torfen (unter mächtigen Hochmoortorflagern und Leber» torfen) gefunden worden sind, so ist für Mitteleuropa die frühzeitige Einwanderung aus dem Osten nach dem Rüdezug der grossen Vergletscherung sehr wahrscheinlich. Nach Skandinavien gelangte Tilia cordata vielleicht schon in der borealen, sicher in der atlantischen Phase (Funde von Skäne, Smäland, Hailand, Blekinge, Wester« und Oester»Götland). Im kontinentaleren Norddeutschland und in Finnland verdrängte sie durch ihr Erscheinen zur Eichenzeit mit dem allmählichen Steigen der Temperatur den Birken«Espen«Kiefern»Wald oder den dr reinen Kiefernwald, im ozeanischen Westen den Birken=Espen»Wald und bildete zunächst mit Pinus silvestris, Acer platanoides, Ulmus scabra, Corylus u. a., später im postglazialen Wärmehöhepunkt (subboreale Phase), als die einwandernde Eiche die Kiefer ablöste, gemeinsam mit diesem Neuankömmlinge und weiteren Laub« hölzern den oben bereits kurz gezeichneten Mengwald. In der folgenden, klimatisch mehr ozeanischen atlan« tischen Phase, welche Buche, Fichte und Tanne nach Mitteleuropa brachte, wurden ihr durch diese Bäume weite Gebiete entrissen, sodass sie bereits in der feuchteren und anfangs kälteren subatlantischen Phase, die etwa der Pfahlbauerzeit bis zur Jüngeren Hallstatterzeit entspricht, auf ihre ihr noch gegenwärtig klimatisch zuge« wiesene Verbreitung beschränkt wurde. Der Mensch hat dann auf dieses Gebiet aus wirtschaftlichen Gründen weiterhin zerstückelnd eingewirkt. Doch lässt sich z. B. für die Alpen ein erneutes Vordringen gegenwärtig wieder feststellen. Das Holz der Winterlinde ist sehr leicht und hat ein spezifisches Frischgewicht von 0,80, ein Trocken» gewicht von 0,45. Der Splint ist trocken, rötlichweiss, das Holz hell und im Längsschnitte schwach seiden» glänzend. Es ist ziemlich grobfaserig, aber sehr gleichmässig, sehr weich, elastisch, ziemlich biegsam, wenig fest und nur trocken einigermassen dauerhaft, schwindet stark (um 7°/o) und spaltet leicht, aber nicht glatt. Der Brennwert ist gering. In der Forstkultur ist die Winterlinde aus diesem Grunde und, da sie grosse Boden» ansprüche stellt, wenig beliebt. Ihrer geringen Wärme« und Lichtbedürfnisse wegen wird sie allerdings in kühleren Lagen geschont. Nach G a y e r wurde sie früher sogar vielerorten infolge ihrer Rasch wüchsigkeit und ihrer starken Lichtabdämmung wegen zugunsten der Buche entfernt. Falls ihre Vermehrung aber im Forst» betrieb vorgenommen wird, so geschieht es meist durch Selbstverjüngung durch die nach einjähriger Ruhe ( F e u c h t ) reichlich keimenden Samen; seltener werden Halb* oder Ganzheister gepflanzt. Stock» und Wurzel» ausschläge tragen reichlich dazu bei, die Art an ihren Siedelungsorten zu erhalten. K. L i n k o l a nennt Tilia

442 cordata zwar hemerophob (menschenfliehend), hebt aber hervor, dass sie sich träge an einmal eingenommenen Orten halte. Im Tessin werden die Bäume, die zur Brennholzgewinnung bestimmt sind, im vorangehenden Winter geschneitelt. Selten verwendet man das Holz als Bauholz, häufiger zu Rebstützen in Weinbergen, zu Dielen und Wandverkleidungen, Möbeln (meist als Blindholz), beim Waggonbau und zu Gebraudisgegenständen des täglichen Lebens (Zubern, Mulden, Trögen, Schüsseln, Löffeln, Holzschuhen), zu Laubsäge»Arbeiten, Zeichen» brettern, ferner zum Bau von Wasserfahrzeugen, in der Wagnerei zu Bremsklötzen und als Füllholz, beim Flugzeugbau, nicht selten auch als Kistenholz. Vorzüglich eignet es sich seiner weichen und gleichmässigen Beschaffenheit wegen für die Holzschnitzerei: zur Herstellung von Zierschränken, Bilderrahmen, Schachfiguren, Heiligenbildern. Früher hiess es aus letzterem Grunde Lignum sanctum. Lindenholzspäne dienen in Russland der ärmeren Bevölkerung zum Füllen von Matrazen. Das stärkehaltige Holzmehl kann zu Futterzwecken ver» wendet werden. Die weiche Holz« kohle dient als Reisskohle zum Zeichnen, zur Herstellung von Pulver und von Räucherkerzchen, als Zahn» pulver und war früher — namentlich in der schweizerischen Pharmokopoe — zu medizinischen Zwecken ( Ca r b o T i l i a e ) sehr geschätzt, da sie eine starke fäulniswidrige Wirkung bei Wunden und offenen Geschwüren aus» übt. — Die Rinde enthält Vanillin und kristallisiertes Tiliadin (CnHsjOj). Ihres Schleimgehaltes wegen wurde sie schon im Altertum äusserlich bei Brand» und Schusswunden, Augen» Verletzungen usw. benutzt. Im Cam» bialsaft finden sich Saccharose, Sal» miak, Gummi, in jungen Zweigen ausserdem Gallussäure ( We h me r ) . Das Holz ist reich an Kalk. — Die Laubblätter enthalten Saccharose und etwas Invertzucker, das Glykosid Tilia» ein und den Farbstoff Carotin; W i c k e stellte darin auch 0,066 °/o CuO fest. Der Absud derselben soll ein gutes Mittel gegen Bleichsucht sein. Im Alter» tum galt er als harntreibendes und blutstillendes Mittel. In futterarmen Gegenden werden wie bei Tilia platyphyllos die Laubblätter oder auch ganze Zweige Ende August oder Anfang September gesammelt (die Bäume geschneitelt) und als Schaf» oder Geissenfutter für den Winter getrocknet. Angeblich dienen sie auch als Tabakverfälschung. Die durch Blattläuse erzeugten Ausscheidungen auf der Oberseite der Spreiten (Honigtau) enthalten unter anderem Saccharose, Mannit, Traubenzucker, Gerbstoff, Gummi und Schleim. In den Blüten tritt als medizinisch wirksame Substanz ein unter dem Namen Lindenblütenöl bekanntes ätherisches Oel auf. Ferner sind darin nachgewiesen worden: Gerbstoff, Schleim, Zucker, Gummi, Wachs, Fett, Anthoxanthin, apfel» und essigsaures Kalium, Kalziumsalze, Cerasin und Pektin. Die offizineilen „Fl ör es T i l i a e “ (Pharm. Germ., Austr. et Helv.) werden nach A. T s c h i r c h namentlich in Süddeutschland (Franken, Eisass [hier nach R o s e n » t h a l e r etwa 5000 kg jährlich]), in Oesterreich und in der Schweiz, ferner in Belgien, Ungarn, Südrussland und in den Balkanländern gesammelt. Die Droge darf aus den Blütenständen von Tilia cordata, T. platyphyllos und ihrem Bastarde bestehen. Hingegen ist die Verwendung der Blüten amerikanischer Arten, die sich durch einen ganz anderen Duft auszeichnen, nicht gestattet. Die Blütenstände enthalten in der Regel noch das Flügelblatt. Dieses bleibt auch am Baume häufig bis zum Frühling erhalten („Wintersteher“), eine Erscheinung, die bei Tilia platyphyllos viel seltener ist. Der Duft der Lindenblüten nimmt infolge des ziemlich starken Verdunstens des ätherischen Oeles bereits beim Trocknen stark ab und erlischt nach etwa 1 Jahr, sodass die Droge nur inner» halb dieser Zeit verwendbar ist. Der Tee ist als schweisstreibendes Mittet allbekannt. Er wirkt ferner wasser» treibend, krampfstillend, magenstärkend und blutreinigend und wird auch als Mund» und Gurgelwasser benutzt. Die aufgekochten Blüten dienen ähnlich wie Leinsamen zu Umschlägen oder werden Bädern für Nervenleidende beigegeben. Der Gebrauch der Droge wird auf T r a g u s zurückgeführt. Neuerdings wird das ätherische Oel,

443 dessen Ausbeute nach N e g e r nur 0,05 °/o beträgt, fabrikmässig gewonnen1). Es übertrifft alle anderen ätherischen Oele an Feinheit des Duftes und wird etwa 10»mal teuerer bezahlt als Rosenöl. Wichtig sind die Blüten auch als Bienenfutter. Ihretwegen war der Baum im Mittelalter gebannt und galt als „des heiligen römischen Reiches Bienengarten0. Reiner Lindenblütenhonig wird hoch bewertet und ist sehr begehrt.— Die Samen enthalten ein Zitronen» gelbes fettes Oel, welches nach D i e 1s dem besten Olivenöl gleichgestellt werden kann, nicht trocknet, nicht ranzig wird und bei —21° erstarrt. Im Herbste 1915 wurde in Deutschland vom „Kriegsausschuss für Oele und Fette“ für 100 kg lufttrockene Lindensamen frei Verladeplatz 140 Mark bezahlt. Nach den Untersuchungen von C. M ü l l e r können mit Petroläther bis zu 58°/°, nach M u t h durch Abpressen bis zu 2 8 % des fetten Oeles gewonnen werden. Die gehegten Hoffnungen einer weitgehend technischen Ausnützung sind aber fehlgeschlagen, da der durchschnittliche Gehalt nur 9 % (bis 16°/°) beträgt und sich gleichzeitig herausgestellt hat, dass ein grosser Teil der Früchte völlig taub oder sonst irgendwie unbrauchbar ist. Mehrfach sind sie auch als Kaffee» ersatz vorgeschlagen und benutzt worden. Unter Friedrich dem Grossen wurde der Versuch unternommen, aus Lindenblüten und Lindensamen auf Grund eines von einem Chemiker M a s s i gegebenen und von M a r g » g r a f geprüften Rezeptes Lindenschokolade herzustellen. Viel beliebt ist die Winter.Linde als Alleebaum, zumal die fast unbehaarten Laubblätter weniger unter Staub und Befall durch Milben leiden wie manche der ausländischen bei uns eingeführten Linden»Arten. Als Zier» bäum ist sie auch weit verbreitet in Parkanlagen, Gärten, auf Dorfplätzen, vor Kirchen, um Kapellen (Fig. 1957), auf Friedhöfen, auf Weiden als Schattenbäume für das Vieh usw. Für solche Pflanzungen kommen nur selten Wildlinge, Stecklinge oder bewurzelte Stocklohden als Ausgangsmaterial zur Verwendung. Meist werden die Pflänzlinge für solche Zwecke in Baumschulen aus Samen gezogen. Der Grund der Beliebtheit der Linden (beide heimischen Arten kommen dafür in Betracht) liegt wohl darin, dass sie im Volksglauben und Volksleben, in der Religion und in der Poesie von altersher eine bedeutende Rolle spielen. Zu Unrecht hat später K l o p s t o c k diese Bedeutung der Eiche zugeschrieben, ein Irrtum, auf den besonders S c hl e i de n nachdrücklich hingewiesen hat. Das Lindenblatt war das Zeichen des freien Grundbesitzers; die Eichel hingegen bezeichnet in der Wappenkunde den Stand des besitzlosen Knechtes. Den slavischen und germanischen Volksstämmen war der Baum heilig. Erstere weihten ihn der Ostora (die Russen der Liebesgöttin Krasogani), bei den Germanen galt er als der heilige Baum der Frigga, der Göttin der Fruchtbarkeit. In seinem Schatten wurde Gericht gehalten, gearbeitet, gespielt, getanzt und Hochzeit gehalten. Er galt als Talisman, als Zauberbaum und als Schutz gegen böse Geister und gegen den Blitz. Am Stamme brachte man Votivbilder an. Eine Quelle an seinem Wurzelfuss galt als heilkräftig. Mil seinem Baste waren der Teufel und die bösen Geister zu fesseln. Lindenzweige verjagten die Hexen aus dem verzauberten Walde. Lindenblütenwasser galt als Heilmittel gegen „fallende Sucht, Schlag, Schwindel, Kalte Gebresten des Hirns, Bauchgrimmen, verzehrte Därm, rote Ruhr, Gichter bei Kindern, Blattern, Mund» fäule“ usw. Ein herabfallendes Lindenblatt verhinderte die vollständige Hornung Siegfrieds beim Bade im Drachenblut. Die bisweilen auftretende, monströse, kappenartige Form von Laubblättern entstand der Sage nach auf dem Kirchhof eines Cisterzienserklosters bei Sedlitz an Linden, an denen Mönche den Märtyrertod gefunden hatten (Naturwissenschaftliche Wochenschrift, 1914, pag. 48). Von der 1878 durch einen verheerenden Sturm niedergeworfenen Katharinenlinde auf der Rüdener Heide (Württemberg) wird berichtet, dass die heilige Katharina, die vor ihrem Verfolger Maximilianus II. aus Alexandrien geflohen war, auf der Rüdener Heide gefangen genommen wurde und den Tod dort erlitten habe. Vor ihrer Hinrichtung durch das Schwert habe sie gebeten, dass man auf ihrem Grabe eine Linde umgekehrt pflanze. Wachse der Baum weiter, so sei das ein Zeichen ihrer Unschuld und für die Wahrheit des Christenglaubens. Die Linde habe darauf Wurzeln ge» schlagen und sei zu einer mächtigen Gestalt herangewachsen. Eine ähnliche Sage knüpft sich an eine Linde auf dem Friedhof von Annaberg in Sachsen, die täuschend einem umgekehrten Baume ähnlich sieht, indem die Hauptäste (als die angeblichen einstigen Wurzeln) mit flachgedrücktem Grunde von dem unförmig kurzen und dicken Stamm abgehen, ganz ähnlich wie bei alten Stämmen die Wurzelanfänge als platte Strebepfeiler vom Stamme ab und in den Boden einzutreten pflegen. Die Krone ruht auf einem Gestänge von 23 Säulen. B r a n d t (Verhandlungen des Botanischen Vereins der Prozinz Brandenburg, 1915) berichtet von Brettästen an Winterlinden im Park zu Kassel, die dicht über dem Erdboden entspringen und bei einer Höhe von 52 cm nur eine Breite von 10 cm besitzen (epinastisches Dickenwachstum). Nach T h y s s e n (1. c.) stehen im Schloss» park zu Brühl bei Köln 8 starke Linden, deren Stämme schon unten abgeplattet sind und sich dann nach oben in zwei Richtungen ganz auffallend verbreitern, ohne dabei dicker zu werden. Andere brettästige Linden finden sich z. B. in Schwabstedt (Husum), Jerrishoefeld (Flensburg) und Viburg bei Kiel. Die Aeste der letztgenannten Linde sind z. T. 1 m breit und 10 cm dick. Von der Kunigundenlinde zu Nürnberg wird berichtet, dass sie dem Reise einer Linde entstamme, durch die der Kaiser Heinrich III. vor dem Tod auf der Jagd infolge eines Gebetes seiner Gemahlin Kunigunde bewahrt worden sei (W a 1s e r). In Utstedt (Oldenburg) steht die sog. x) Zur Verwendung kommen dabei auch die Blüten von T. p l a t y p h y l l o s und T. t o m e n t o s a .

444 „dicke Linde“, die am Fuss 17 m, in Brusthöhe 14 m und an der Ansatzstelle der Aeste noch 9 m im Umfang misst. Die Krone hat einen Durchmesser von 22 m und einen Umfang von 70 m. Der Baum dürfte bis in das 9. Jahrhundert zurückblicken und es ist wahrscheinlich, dass er als „Marienlinde* von den ersten aus dem Kloster Corvey entsandten Missionaren des Amberggaues um 850 gepflanzt worden ist. Vielleicht handelt es sich aber auch um eine „Fehmlinde“ auf einer alten Dingstätte oder um einen frühmittelalterlichen Grenzbaum. Die letzte Gemeindetagung unter seinen Aesten fand 1866 statt, bei welcher der damalige Bürgermeister der Versammlung die Einverleibung des Königreiches Hannover in Preussen mitteilte ( Li nne« mann) . Eine andere „Gerichtslinde“ von 5,66 m Umfang findet sich in Boldesholm in Holstein, unter der noch am Anfang des 18. Jahrhunderts „Tilialgerichte“ gehalten wurden (wahrscheinlich T. platyphyllos). Die Linde zu Grimmental in Thüringen war ehedem Zeugin grossartiger Wallfahrten nach dem „vällis furöris“, wie L u t h e r zornentbrannt den Ort nannte. Andere bemerkenswerte thüringische Linden sind die zu Gierstädt (Gotha), die Hörscheler Linde bei Eisenach (1532 zum Andenken an die Uebergabe der Augsburger Konfession gepflanzt), die Merwigslinde bei Nordhausen usw. Im Sihlwald bei Zürich wurde zur Erinnerung an die Niederwerfung des Sonderbundes eine Linde gepflanzt. Auch die wohl 1470 gepflanzte Murtener Linde bei Freiburg in der Schweiz ist weit bekannt. Die an Grösse, Alter (600 bis 700 Jahre) und Reichtum historischer Erinnerungen ehrwürdigste Linde von Graubünden steht in Scharans im Domleschg (näheres bei Chr. B r ü g g e r in Sei l er , J., Bearbeitung der Brüggerschen Materialien zur Bündnerflora. Dissertation, Zürich, 1909). Lange Zeit fanden die Gemeindeversammlungen unter dieser Linde statt. Ferner sei an die Hohenstaufen«Linden in Schwaben und an die vielen Dichtern gesetzten Linden: Uhlandlinde zu Stuttgart, Goethelinde zu Weimar, Wolframslinde zu Ried bei Cham (Bayern), Gellertlinde, usw. erinnert. Von der Seidellinde wird berichtet, dass sie mit dem Tode des Dichters zusammengebrochen sei (P. H a u e r s d i m i d ) . Um die Mitte des 16. Jahrhunderts wurden in Zürich viele Linden gepflanzt, aus denen z. T. so kräftige Stämme erwachsen sind, dass sie zwei Männer nicht umspannen können. Besonders ansehnlich sind die Bäume an der Limmat auf dem Lindenhof. Die Linde ist, wie bereits weiter oben angedeutet, schon seit alten Zeiten viel besungen worden. Die Minne« Sänger, vor allem Walter von der V o g e l we i d e , G. P a r z i v a l , Hans S a c h s , später V. S c he f f e l , G. S c h wa b und viele Lokalpoeten priesen sie als den Baum des Friedens, der Erinnerung und der frohen Ereignisse im Menschen« leben. Wer kennt nicht die trauten Lieder: „Am Brunnen vor dem Tore, da steht ein Lindenbaum* oder „Lindenwirtin, du Junge“ oder das alte Studentenlied „Halle, alte Lindenstadt, vivat, crescat, floreat*. Als stärkste Linde Europas und als vielleicht ältester Baum Deutschlands gilt die Alte Linde zu Staffelstein, die am Fuss 16,5 m, in Mannshöhe 15 m Umfang misst. An der Nord Westseite sind Aeste des Baumriesen kahl und tot, aber gegen Süden entfaltet sie im Frühsommer ein wundervolle Blütenpracht, die zu den Sehenswürdig« keiten der Umgebung von Bamberg gehört. Das Alter dieses Veteranen wird auf etwa 1200 Jahre (vielleicht sogar auf 1900) geschätzt. In Zell bei Ruhpolding (Oberbayern) stehen zwei 6« bis 700®Jährige Linden, an deren Wetterseite mehr als 12 teils gerade, teils gebogene, mit gesunder Rinde bekleidete Stämme von Armes» stärke, die als „Luftwurzeln“ bezeichnet werden, vom Kronenabsatz in die Erde herablaufen. Von interessanten Linden in Bayern seien weiter genannt: Die Dorflinde in Hendungen (Unterfranken), die Dorflinde in Effeltrich in Oberfranken (dürfte ums Jahr 1000 von heidnischen Wenden gepflanzt worden sein), die Tanzplatzlinde in Peesten bei Kulmbach, die Dohlenlinde bei Untergräfental (Oberfranken), die Kreuzberglinde zu Wiesau, die Kunigundenlinde bei Karsberg (Oberpfalz), die Kapellenlinde zu Ostheim (S.»Weimar), die Rüssinger Linde in der Pfalz, die grossen Linden auf Frauenchiemsee, die einstige Korbinianslinde zu Weihenstephan, die Thassilo»Linde in Wessobrunn, die Grosse Linde in der Ramsau, die Christuslinde bei Berchtesgaden, die alten Linden bei Aufhausen (bei Erding), die Kirchenlinde bei Holzhausen, die Edignalinde bei Puch (bei Fürstenfeldbruck), die Norbert« linde in Roggenburg (Schwaben), die Kastuluslinde bei Hög (ungefähr 1000 Jahre alt mit Gedenktafel von Lehrer F i l g e r t s h o f e r , dem Erfinder der Rechentafel), die Historische Linde auf der Insel Wörth im Staffelsee usw. Nur noch ruinenhafte Reste sind die Ewiglichlinde von Wolfratshausen und Klaus bei St. Wolfgang in Oberbayern (näheres über diese und andere Linden vgl. S t ü t z e r , Fr. Die grössten, ältesten und sonst merk» würdigen Bäume Bayerns . . . ., München, 1922). Aus Württemberg verdienen Erwähnung: die Rottweiler Hofgerichtslinde, die Katharinenlinde bei Esslingen, die Cassinilinde bei Cannstatt (nachdem Geodäten Cassi ni de T h u r y benannt), die Linde zu Neuenstadt am Kocher, die von 88 steinernen und 12 hölzernen Säulen getragen wird und erstmals 1325 genannt wird, die Ortslinde bei Griesbach am Kocher, die Meimsheimer Linde im Zabertal, die Kaiserlinde in Schlichten, die Hohenstaufenlinde beim Kloster Lorch, die Tübinger Schlosslinde, die Ziegelhoflinde bei Ehingen, die 11 Winterlinden („Apostel“) bei Undingen im Oberamt Reut» lingen, die Hoflinde im Alienspacherhof, die Badlinde in Ditzenbach, die Sommerlinde in Luizhausen (gilt als der genaue Mittelpunkt zwischen Wien und Paris), die Berglinde bei Erolzheim, die Siechenlinde bei Wurzach, die Hohengrabenlinde in Isny, die vierteilige Sommerlinde in Bergatreute usw. Aus Baden verdient die Alte Linde von St. Trudpert im Münstertal im Schwarzwald, deren Krone nach Art der Schatten»Plantanen breit

445 schirmförmig gezogen ist, dann die Dorflinde von Oedengesäss bei Wertheim a.M. Erwähnung sowie die einstige neun» teilige Linde auf dem Todenkopf (Neunlindenberg) im Kaiserstuhl. Als Sehenswürdigkeit des Aachener Stadtgartens wird ein uralter Baum gezeigt, der am Grunde aus 8 Stämmen besteht. Die aus der Reformationszeit stammende Linde bei der Kirche von Seeberg im Emmental (Schweiz) besitzt einen Stammumfang von 7,5 m. Ebenfalls aus der Reformationszeit stammt die Linde in Rietwil. Die rund 450=jährige Murtner» Linde in Freiburg hat (1,3 m über dem Boden gemessen) einen Umfang von 4,7 m (vgl. hierüber Baum» und Waldbilder aus der Schweiz. Erste Serie, 1908). Die Linde von Prilly bei Lausanne hat, trotzdem sie den Gipfel verloren hat, noch 25 m Höhe und 160 cm über dem Boden einen Umfang von 6,70 m. Berühmt sind aus der Schweiz ausserdem die Linden vom Heiterplatz ob Zofingen, bei Linn»Bözberg, die Riesenlinde in Emaus bei Bremgarten (Fig. 1957), „Drei» linden“ ob St. Gallen, St. Valentinsberg bei Rüthi im Rhein» tal usw. Bei Marksuhl bei Eisenach zerstörte 1911 ein Sturm eine etwa 300»Jährige, kernfaule Linde, die im Inneren des hohlen Stammes eine von einem Aste ausgehende Wurzel getrieben hatte, mit deren unzähligen Fasern sie in dem entstandenen Mulm Nahrung suchte (Natur, 1911, pag. 192). Eine ähnliche Linde findet sich noch bei Forst unweit Weilheim (Fig. 1966). Wie tief das Gemütsleben des Volkes mit der Linde versponnen ist, erhellt aus der grossen Zahl der Ortsnamen, die mit ihr in Verbindung zu bringen sind, v o n B e r g zählt in Deutschland deren 871, für Bayern allein werden 204 genannt ; B r a n d s t e t t e r kennt 241 deutsch»schweizerische, J a c c a r d 52 französisch»schwei» zerische Ortsnamen. Bezeichnungen wie Lindau, Linden, Lindach, Lindenberg, Hohenlinden, Linderhof, Gernlinden in Bayern, Lindenau (Leipzig), Lindenfels (Odenwald), Kirdi» lindach (Kt. Bern), Lindencham (Kt. Zug), Lienz lassen ihre Herkunft ohne weiteres erkennen. Fraglich ist u. a. die Ab» leitung von Limburg. Vom slavischen lipa = Linde leiten sich u. a. ab : Leipe = Lindheim, Lipine = Lindenberg, Lipsa = Lindendorf, Leipzig (Lipkso = Lindenort), Lipnitz, Lieps, Lubsee usw. Vom keltisch en und altfranzösischen til stammen die westschweizerischen Ortsbezeichnungen: au Thé, auThet, au They, au Thay, Theils, Tilles, au Tilly, Teilly, Tillay, Tilliez, es Tillats, Tillery, Montelier, Montilliez, Montilly u. a. Audi Flur« oder Quartierbezeichnungen stehen oft in Ver» bindung mit Linden (vgl. auch [pag. 430] „lind“ = weich), so : Unter den Linden (Berlin), bei der Linde, Dreilinden (An» höhe bei Luzern und St. Gallen), Linden »hof, »wald, »giessen, »boden, »brunnen, »berg, »feld, »moos, »egg, »wies, »tal, »bühl, «acker usw. Aus dem romanisdi»italienischen Sprachgebiete sei auf den Flurnamen Tigliedo, einen Hang am Ein» gang ins Val Calanca gegenüber Castaneda hingewiesen. Auch viele Geschlechtsnamen wie Lindner, Linde, Lind« bicher, Lindacher, Lindemann, Lindemayer, Lindemüller, Lindenthal, Lindenberger, Lindendorfer, Lindenfelser, Lindenschmitt, Lindau, Lindauer, Lindpainter, Zurlinden, Zerlinden, Terlinden, Linné1), Lindélius, Lindström, Linde» blad, van der Linde, Tilliander usw. zeigen deutlich ihre Abstammung. Viele Gemeinden führen Lindenbäume oder Teile davon im Wappen, z. B. Lindenberg im Bayer. Allgäu, Lindau im Bodensee (eine ausgerissene Linde), Hett» lingen, Dietikon, Uster, Uetikon (Kt. Zürich), Beinwil (Kt. Aargau), ebenso zahlreiche Familien in Württemberg, ferner z. B. das bayerische Geschlecht Seggendorfer, die Familie Struckmann in Osnabrück und die schwyzerische Familie Lindauer. Auch die Regensburgertaler besitzen eine Linde. Beliebt ist die Linde für Wirtshausbezeidi» nungen: zur Linde, zum Lindenbaum, Lindenwirt. Bildungsabweichungen sind bei Tilia cordata nicht selten. Häufiger kommen Laubblätter mit 3« bis 5»lappiger Spreite vor (vgl. unter den Varietäten), die wohl Rückschläge zum Primärblatt»Typus vorstellen, ferner Verwachsungen der grundständigen Lappen der Spreite, so dass Schild», tuten», kapuzen« oder becher» förmige Gestalten zustande kommen. Vielgliederige Blüten sind seltener. Die häufig auftretenden Wurzel» sprosse sind nicht als teratologische Bildungen aufzufassen, ebensowenig die ab und zu auftretenden Luftwurzeln im Inneren hohler Stämme, An stark dem Winde ausgesetzten Orten bildet die Linde Windformen. — Ziemlich verbreitet sind Gallen. Von diesen werden die rundlichen, bis 4 mm grossen, fleischigen oder schwammigen, grün oder rotbraun gefärbten, 1» bis mehrkammerigen Anschwellungen an Knospen, Blattstielen und Nerven x) L i n n é s Familie nannte sich nach einer im Dorfe Stegaryd in Smäland stehenden Linde. H e g i, Flora.

V, 1.

231

446 und Blütenständen von der schwefelgelben Larve der C o n t a r i n i a t i l i ä r u m Kieff. hervorgerufen (Fig. 1959a). Die gelbliche Larve von D i d y m o m y i a R e a u m u r i ä n a (F. Löw) Rübs. verursacht bis 8 mm grosse, kegelförmige, in die Laubblattfläche eingesenkte, einkammerige Gallen, die weissliche von O l i g o t r ö p h u s H a r t i g i Liebel auf der Spreite kreisrunde oder flache, unten schwach gewölbte Blasen. Blattrollung wird durch D a s y n e ü r a t i l i am» v ö l v e n s Rübs. und E r i ö p h y e s t e t r a t r i c h u s Nah bedingt, Beutelgallen bis zu 1 5mm Länge durch E r i ö p h y e s T i l i a e Pagenstecher. Die var. e x i l i s Nah dieses Tieres erzeugt in den Nervenwinkeln nach oben gerichtete Buckel, die var. l i o s ö m a Nah filzige Behaarung auf der Blattunterseite zwischen den Nerven oder oberseits längs der Nerven. Weitere Schädlinge unserer beiden Lindenarten sind: Borkenkäfer ( B o s t r y » c h u s » Arten, z. B. B. t i l i a e F., P o g o n o c h ö r u s h i s p i d u s L . , A n ö b i u m t e s s e l ä t u m F . usw.), auf den Laubblättern lebende Schmetterlingsraupen, wie S me r i n t h u s t i l i a e L., der bekannte Lindenschwär» mer, V a n e s s a a n t i o p a L., G a s t r ö p a c h a » , Li» pari s », A c r o n y c t a » , Or t h ö s i a » , Eug ö ni a » , A m p h i d ä s y s » und L a r e n t i a » A r t e n , blatt» minierende Raupen von Kleinschmetterlingen, z. B. die von N e p t i c u l a T i l i a e Frey und C o» l e ö p h o r a t i l i c e l l a Tr., ferner die in eben“ solcher Weise tätige Larve der Blattwespe Cal i » r ö a a n n ü l i p e s Kl. Im Holze leben die Raupen von C ö s s u s l i g n i p e r d a L . , Z e u z e r a A’es» c u l i L. und solche von Blattwespen. Blattläuse sind auf Linden selten ( A p h i s T i l i a e L.). Auf der Rinde schmarotzen A s p i d i ö t u s T i l i a e Bche. und P h y t o c ö r i s P ö p u l i var. T i l i a e Fb. Die Laubblätter leiden auch unter Pilzen, welche sich in Form von Flecken und Russtau kenntlich machen. Es seien genannt: F u m ä g o Fig. 1959. a An einem Lindenzweig durch C o n t a r i n i a ti liä r u m Kieff. hervorgerufene Knospengalle. — b Durch D id y m o m y ia R e a u m u r i a n a T i l i a e Fuckel, A s o c h y t a T i l i a e Lasch und (F. Löw.) Rübs. hervorgerufene Blattgallen. — c Domatie in einem G loeospörium Tiliaecolum Allescher. Nervenwinkel. Des weiteren vgl. N a 1e p a , Die Phytoptocecidien von Tilia und ihre Erzeuger (Verhandlungen der zoologisch=botanischen Gesellschaft Wien, 1920).

1889. Tilia platyphyllos Scop. ( = T, Europaea L., = T. officinärum Crantz, = T. grandi* fölia Ehrh.). S o m m e r * L i n d e , Früh* oder Gras*Linde. Franz.: Tilleul ä grandes feuilles, tilleul femelle; engl.: Large leaved lime, female lim e; ital.: Tiglio nostrale, tiglio d’estate (im Tessin tei); ladin.: im Engadin tigl, im Bergell teja, im Vorder*Rheintal tegl.J) Taf. 181, Fig. 4 ; Fig. 1949 a bis f, 1955 a, 1960 bis 1963. Meist bis 40 m hoher Baum, seltener mehrere Meter hoher Strauch mit kräftiger Pfahl* und langen Seitenwurzeln und breit gerundeter, lockerer Krone. Stamm ähnlich wie bei T. cordata, aber Borke gröber, rissig und schwärzlich. Junge Zweige anfangs behaart, später kahl oder mit spärlichen Sternhaaren besetzt, olivgrün bis braunrot, glänzend. Knospen ziemlich gross und spitz, breit bis rundlich*eiförmig, die unterste Schuppe meist höchstens xh so lang wie die Knospe; fast hinter jeder Knospe eine Narbe. Laubblätter mit 2 bis 4,5 cm langen, reichlich behaarten Stielen, rundlich, asymmetrisch, am Grunde + seicht herzförmig, vorn mit kurz aufgesetzter Spitze, an Stocklohden bis 17,5 cm lang und 19,5 cm breit, am Rande scharf gesägt, oberseits dunkelgrün, auf den Nerven oder auch auf der ganzen Fläche einfach und drüsig behaart (Haare oft dichtwandig, seltener zu Büscheln vereinigt), unterseits bläulichgrün, behaart bis kahl, in den Nerven winkeln weisslich bebartet; Nerven 3. Ordnung deutlich her* vortretend und untereinander ± deutlich parallel verlaufend. Blüten in 3* bis 9* (bis 17*) blütigen, aus den Blattachseln neuer Triebe entspringenden Blütenständen. Kelchblätter 5, bis 6 mm lang, länglich*eiförmig, am Rande und gegen die Spitze zu reichlich sammtig behaart. *) H o f f m a n n (1662) nennt die Art T i l i a m o n t á n a l a t í f ó l í a .

447 Kronblätter etwa 8 mm lang, verkehrt*eilänglich, aus schmalem Grunde allmählich verbreitert, gelblich»weiss, zur Blütezeit flach ausgebreitet. Staubblätter 30 bis 40, nie mit Staminodien (Fig. 1960 b). Griffel mit 5 aufrechten Lappen. Frucht kugelig, 4* bis 5*rippig, verholzt, hart, sammetig behaart. Samen eiförmig, d: matt, feinkörnig rauh, dunkel graubraun (Fig. 1949 c und d); Schale dicker als bei T. cordata, auf der Rückenseite mit 1* bis 3*Längsriefen, bei der Keimung längs dieser aufplatzend. Keimblätter mit handförmig*, lang* und spitz*gelappten Keim* blättern; Endlappen häufig geteilt (Fig. 1955a). — Anfang bis Ende V I oder bis Anfang VII, etwa 14 Tage früher als Tilia cordata. Ziemlich verbreitet, aber meist nicht zahlreich, meist auf frischen und tiefgründigen Unterlagen aller Art in reinen Laub* oder in Laub* und Nadelmischwäldern, Buchen» und Erlenbeständen, Laub* gebüschen; häufig auch in Dörfern, in Gartenanlagen, an Strassen usw. angepflanzt. Von der Ebene bis in die obere montane Stufe (meist aber weniger hoch steigend als T. cordata); im Erzgebirge am Rechenberg bis 612 m, im Bayerischen Wald bis 948 m, in den Nordalpen in Bayern bis 1060 m, im Gotthardgebiet bis 1220 m, in Grau* bünden (Schanfigg) bis 1240 m, in Niederösterreich am Schneeberg bis 1550 m, in den Zentralalpen im Ber* ner Oberland bis 1290 m, im Wallis (Dent de Mordes bis 1790 m), in den Süd* alpen im Tessin bis 1200m, im J ura an der Dole (als Strauch) bis 1678 m. Auf Kalk und Urgestein. In D e u t s c h l a n d meist zerstreut, nur stellenweise verbreitet (namentlich im Fränkischen Jura, in Teilen des Süddeutschen Keupergebietes, im Thüringer Muschelkalkgebiet). Nördlich bis in die mittelrheinischen Gebirge, die Berggegenden der oberen Weser, Hannover (in der Nordwestdeutschen Tiefebene z. T. wenigstens sicher nur gepflanzt), Holstein (nach W. C h r i s t i a n s e n urwüchsig in Bauernwaldungen der Geest [reichlich z. B. in Nord=Dithmarschen], in Gebüschen an den Treenehöhen), Schleswig (selten in den Kratts, hie und da in den Knicks, aus den Staatsforsten und anderen gut bewirtschafteten Waldungen wohl völlig verdrängt), bis zum Nordostdeutschen Flachland (in der Spontanität zweifelhaft und nicht sehr häufig), Sachsen, Schlesien; sonst vielfach gepflanzt. — In O e s t e r r e i c h ziemlich verbreitet, aber in den Zentralalpen nur zerstreut. — ln der S c h w e i z ziemlich verbreitet im Mittelland, stellenweise auch im Jura (namentlich im Solothurner« und Aargauer Jura), in den Alpen in den zentralen Teilen (Wallis und Graubünden) tiefer eindringend als Tilia cordata, Jedoch in den Tessiner, Urner und Berner Alpen seltener als diese.

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Europa: nördlich bis England (Hereford, Radnor und West*York), Holland, zu den Gebirgen am Mittelrhein und an der oberen Weser, Süd*Dänemark, Süd=Skandinavien, Südpolen, Westrussland (bis Charkow ?, Krim ?); südliche G renze: Zentral* und Ostspanien (bis zum Tafelland und bis zur Serrania de Cuenca), Korsika, Süditalien; Kaukasus. 231*

448 Tilia platyphyllos ist ausserordentlich formenreich und sehr schwierig zu gliedern1). Nach C. K. S c h n e i d e r lassen sich 5 einander von Nord nach Süd sich ablösende Unterarten auseinanderhalten. 1. Laubblätter beidseitig, namentlich aber auf der Unterseite reichlich b e h a a r t ................................ 2. 1*. Laubblätter spärlich behaart, beidseitig ausgesprochen g r ü n f a r b e n ................................................ 3. 2. Laubblätter oberseits und nament» lieh unterseits stark abstehend behaart und dadurch bleichgrün. Junge Zweige und Blatt» stiele reichlich zottig behaart; letztere didc und nur Vs so lang wie die Spreite . . . . . I. subsp. e u » g r a n d i f ö l i a C. K. Schneider. 2*. Laubblätter beiderseits ± grün, weniger behaart, deutlich weiss bebärtet. Junge Zweige und Blattstiele reichlich behaart . . . II. subsp. c o r d i f ö 1i a (Besser) C. K. Schneider. 3. Laubblätter auf den Nerven und Adern reichlich und ziemlich lang weichhaarig, am Rande gesägt, deutlich hell bebärtet. Flügel» blatt gestielt. Junge Zweige k a h l ...................... III. subsp. B r a ü n i i (Simk.) C. K. Schneider. 3*. Laubblätter unterseits auf den Fig. 1961. T ili a p l a ty p h y l lo s Scop. subsp. p s e u d o - r u b r a C. K. Hauptnerven nur zerstreut behaart oder kahl. 4. Schneider, a Laubblatt von der Oberseite, b Ausschnitt aus dem Laub­ blatt von der Unterseite, c Berandung des Laubblattes. 4. Laubblätter unterseits auf den Hauptnerven zerstreut behaart; Adernetz kahl oder spärlich behaart, deutlich bebärtet. Blattstiele zerstreut behaart oder kahl. Junge Zweige kahl oder behaart ..................................................................................................................IV. subsp. eu» p l a t y p h y l l o s C. K. Schneider. 4*. Laubblätter fast haarlos, höchstens auf den Hauptnerven unterseits i zerstreut behaart (Fig. 1916 b) ...................................................... V . subsp. p s e u d o . r u b r a C. K. Schneider. Zu diesen Unterarten gehören eine ± grosse Anzahl von Formen. Zu der I. subsp. e u » g r a n d i f ö l i a C. K. Schneider ( = T. grandifolia Ehrh. s. str., = T. Europeea L. p. p.), die den Typus (subsp. eu»platyphyllos) in Nord» Europa vertritt und in Mitteleuropa bis nach ^Vien reichen soll, gehört vielleicht die var. möl l i s Ortm. Laubblätter dunkel, aber doch oberseits weich» haarig. Frucht verkehrt»eiförmig. Flügelblatt weichhaarig. — Die II. subsp. c o r d i f o l i a (Besser) C. K. Schneider ( = T. grandifolia hört., = T. mollis Spach) schliesst sich dem Hauptverbreitungsgebiete der subsp. eu»grandifolia südwärts an, bewohnt namentlich das nördliche Mitteleuropa und geht ost» wärts bis Galizien, westwärts bis Frankreich. Die Südgrenze ist unbekannt. Zur Gliederung eignet sich nach Fr. V o l l m a n n vor allem die Form der Früchte: 1. var. s p h a e r o c a r p a (Rchb.) C. K. Schneider. Frucht fast kugelig, kaum merklich gerippt. Laubblätter i schief, am Grunde i ab» gestutzt; Flügelblatt gestielt, nicht zum Grunde der Blütenstandsachse herab» laufend. — 2. var. o b l i q u i f ö l i a Ortm. ( = T. obliqua Opiz, = T. piri» förmis und turbinäta Rchb.). Frucht oben mehr abgeplattet, deutlich kugelig oder i kurz»verkehrt»eiförmig, birn» oder kreiselförmig, deutlich (4») 5»rippig. Laubblätter am Grunde i seicht schiefherzförmig. Wohl häufig. — var. a p i c u l ä t a (Courtois) ( = ? oxyeärpa Rchb.). Frucht verkehrUeiförmig, oben etwas zugespitzt, deutlich (4») 5=rippig. Flügelblätter häufig sitzend. Laubblätter ± herzförmig bis gestutzt, wenig schief. Wohl häufig. Hiezu: f. v i t i f ö l i a (Host). Laubblätter sehr breit, am Rande lappig.gesägt oder seicht 3»lappig. Flügelblätter weiss, gestielt. Behaarung der Blattstiele und der Jüngsten Zweige oft schwächer. Selten. Bisweilen in Gärten gezogen. — 3. var. l e p t o l e p s i s (Rchb.). Frucht sehr schlank, verkehrt»eilänglich, Fig. 1962. T ili a p l a t y p h y l l o s Scop. nach oben etwas zugespitzt, nach unten lang keilförmig. Stützblätter schmal, a Zweig im Winterstadium, b Winter­ knospe, c Knospenschuppe. oft kürzer als die Blütenstiele. Als monströse Abänderungen gehören zur U nterart: 1. c u c u l l ä t a (Jacq.) C. K. Schneider. Laubblätter teilweise tutenförmig gerollt. — 1. m u l t i b r a c t e ä t a (Kuntze) C. K. Schneider. Einige Blütenstiele mit Flügelblättern.V V Zur Gliederung der Formen empfiehlt es sich, Herbstzweige mit r e i f e n Früchten zu sammeln.

4 49 __ 1, l a c i n i ä t a (Miller). Laubblätter unregelmässig gelappt, geteilt oder geschlitzt. Auch die Bezeichnungen f. a s p l e n i f ö l i a hört, und f. f i l i c i f ö l i a hört, beziehen sich auf ähnliche Formen. — Die III. subsp. B r a ü n i i (Simk.) C. K. Schneider ( = var. Braunii Beck) ist im Gebiete bisher nur in Niederösterreich, Böhmen, Sachsen und im Jura beobachtet worden, dürfte aber im Grenzgebiet der subsp. grandifolia und eu»platyphyllos verbreitet sein. Von S i m o n k a i wurde sie anfangs als Bastard zwischen beiden betrachtet. — Die IV. subsp. e u » p l a t y p h y l l o s C. K. Schneider ( = T. platyphyllos Scop. s. str.) ist im pontischen und submediterranen Gebiete verbreitet, zieht sich von Niederösterreich südlich bis Rumänien und tritt auch im südöstlichen Frankreich auf. Zu ihr gehören: 1. var. c o r a l l i n a (Host) C. K. Schneider ( = T. rubella Ortm,). Zweige vom Herbst bis zum Frühling rot, dann durch neue Splintbildung wieder ergrünend, abstehend, durch Narben deutlich rauh. Laubblätler breit herzförmig, am Grunde ungleich, oft mit rötlichen Nerven. Flügelblätter sitzend. Blütenstand 2» bis 4=blütig. Frucht kugelig. Selten. — 2. var. l a t e b r a c t e » a t a (Host). Laubblätter breit=eiförmig, mit kurzer Spitze, dicht grannig gesägt; dieunteren am Grunde herzförmig, die oberen seicht ausgerandet bis fast ausgeschnitten; Be« haarung abfällig. Flügelblätter meist ge» stielt, sehr breit. Blütenstand 3» bis 7» blütig. Frucht kugelförmig. — 3. var. m u t ä b i l i s (Host) C. K. Schneider. Laub» blätter dick, breit»eiförmig, ziemlich gross, am Rande ungleich gesägt, am Grunde deutlich (mit Ausnahme der obersten) herz» förmig, vorn in eine kurze Spitze verlaufend, schon im Juli gelbbraun werdend; Haare i hinfällig. Frucht ver kehr t»eiförmig. Wohl selten. — 4. var. t e n u i f ö l i a (Host) C. K. Schneider. Laubblätter Verhältnis» mässig klein, länglich, am Grunde rundlich und ± schief. Flügelblätter gestielt. Viel» leicht nur in Kultur. — Die V. subsp. p s e u d o r u b r a C , K . S c h n e i d e r ( = T.rubra auct. et Host ex p.) (Fig. 1961) ist dem südöst» liehen Verbreitungsgebiete eigen, geht viel» leicht bis in die Krim und strahlt in Mittel» europa längs des Alpenzuges bis nach dem Oytal bei Oberstdorf im Allgäu westwärts, wo sie nach J. B o r n m ü l l e r im Knieholz in 1360 m Höhe zusammen mit Sorbus Chamaemespilus und S. Aria wächst. Die Fig. 1963. T ilia p l a t y p h y l l o s Scop. Gekappte Bäume. Angaben von V . E n g 1e r für den Schwarz» Phot. W il le , Salzburg. wald und die Vogesen bedürfen der Be» stätigung. Im Gebiete beobachtet oder zu erwarten sind: 1. var. o b l i q u a (Host) C. K. Schneider ( = T. nitida Ortm.). Zweige hängend. Laubblätter, besonders die oberen, länglich, länger als breit, mittelgross; oberseits glänzend, am Grunde schief abgeschnitten, am Rande gesägt, mit deutlich begrannten Zähnen. Flügelblatt rh gestielt, oft sehr lang und schmal, aber den Blütenstand nicht überragend. Frucht rundlich. Die gewöhnliche, ver» breitete Form ; auch viel in Kultur. — 2. var. i n t e r m e d i a (Host). Zweige abstehend. Laubblätter am Grunde abgeschnitten oder seicht herzförmig, mit kurzer Spitze und dichtstehenden, aber nicht grannigen, nach unten um» gebogenen Zähnen. Frucht rundlich. — 3. var. p y r a m i d a l i s (Host) C. K. Schneider. Zweige aufsteigend. Laubblätter ungleich herzförmig, mit kurzer Spitze, freudig grün, oberseits glänzend. Flügelblatt schmal, sitzend. Frucht verkehrt»eiförmig. In Schlesien und Polen wild beobachtet. — 4. var. p r a e c o x (Host) C. K. Schneider ( = var. corymbösa Ortm.). Zweige abstehend. Laubblätter sattgrün, unterseits bleicher, besonders die unteren nierenförmig, mit kurzer Spitze oder fast stumpf. Flügelblatt gestielt. Blütenstand 5» bis 10»blütig. Frucht verkehrt»eiförmig. Viel in Kultur. — 5. var. H o f f m a n n i ä n a (Opiz) C. K. Schneider. Laubblätter klein, 2,7 bis 5 cm lang und 1,7 bis 4 cm breit, am Grunde abgerundet, bisweilen mit vereinzelten Haaren auf der Unterseite. Flügelblatt meist gestielt. Blütenstand 2» bis 3»blütig. Frucht klein, verkehrt«eiförmig. Vielleicht nur eine Kulturform. — 6. var. c o r y l i f ö l i a (Host) C. K. Schneider. Laubblätter schief herz«eiförmig,

450 runzelig, eingeschnitten gesägt, kahl, oberseits sattgrün, unterseits bleicher. Flügelblatt meist gestielt. Blüten* stand 5« bis 7-blütig. Tilia platyphyllos gehört dem mitteleuropäischen Elemente an. An Klima und Boden stellt dieser düfte­ reichste und anmutvollste unserer Waldbäume ähnliche Ansprüche wie Tilia cordata, ist aber etwas mehr an luft- und bodenfeuchte Orte gebunden. Die Art nähert sich dadurch der Buche, in deren Bestände sie auch häufig eindringt, ohne jedoch das Tilieto-Quer» cetum, sowie Kastanienwälder und andere Laubgehölze zu meiden. Auf der klimatisch rauhen Schwäbisch-baye» rischen Hochebene ist sie häufiger als die Winter-Linde. K i n z e l hat die sehr bemerkenswerte Feststellung gemacht, dass letztere z. B. am Starnberger See fast nur noch taube Früchte hervor­ bringt, während sich ihre Schwesterart durch reichliche, völlig ausgereifte Samen auszeichnet. Bei Keimproben hat sich gezeigt, dass Tilia cordata die frost­ empfindlichere und daher auch durch Frosteinwirkungen leichter zu beein­ flussende Art ist. Sie keimt sehr rasch nach bereits schwacher Durchfrierung und wird durch Licht stark angeregt. Tilia platyphyllos hingegen ist viel träger, erfordert stärkere Kälte und ist auch durch Licht viel weniger in der Keimung zu fördern. Ihre Keim­ linge sind dafür aber frosthärter, so« dass die Sommer-Linde der anspruchs­ losere und hochsteigende Gebirgsbaum Fig. 1964. T i l i a c o r d a t a Miller X T. p l a t y p h y l l o s Scop. a Blühender Zweig, oder Strauch, Tilia cordata hingegen b Laubblatt-Oberseite, c Ausschnitt der Laubblatt-Unterseite, d Rand des Laubblattes, — wenigstens in Mitteleuropa — der Baum der Ebenen und der geschützten Berglagen genannt werden kann. D r u d e (Der Herzynische Floren­ bezirk) weist darauf hin, dass beide Linden ihr Gegenstück in Acer platanoides und A. Pseudoplatanus besitzen, indem die Verbreitung des ersteren der der Winter-Linde, die des letzteren der der Sommer-Linde entspricht (vgl. Fig. 1847, pag. 274). Auch in der Vergesellschaftung tritt dieser Zusammenhang namentlich im Herzynischen Florenbezirke deutlich hervor. Tilia platyphyllos gehört mit Vorliebe dem montanen Buchen» und Buchenmeng» Wald an, zu dem als weitere Zeiger der Höhenlage Ulmus montana, A cer Pseudoplatanus und Sambucus racemosa zählen. Die Winter-Linde hingegen meidet diese Stufe und vereinigt sich z. B. im Hügelgelände an der Elbe auf Felsabhängen, auf sonnigen Tonerdehügeln im Weissen Elsterlande in 200 bis 300 m Höhe und ebenso in gleicher Höhe in den Vorgebirgstälern mit der Hainbuche zu gemischten Beständen (D ru d e). Auf­ fällig für Tilia platyphyllos bleibt allerdings, dass sie tiefer in die Zentralalpen eindringt und dabei stellen­ weise die Winter-Linde vollständig ersetzt. Die höchstgelegenen Täler werden allerdings auch dort gemieden und selbst in Anpflanzungen ist der Baum nicht fortzubringen, da er nach B r a u n - B l a n q u e t den dort herr­ schenden winterlichen Temperaturen unter —25° nicht gewachsen ist. Wahrscheinlich spielen florengeschichtliche Ursachen eine Rolle für die gegenwärtigen Verbreitungsverhältnisse beider Bäume. Am Calvarienberg bei Mitten­ wald ist die Sommer-Linde in 950 m Höhe mit Pinus silvestris und P. montana, Sorbus Aria, Juniperus communis, Amelanchier vulgaris, Rosa tomentella und R. rubiginosa, Berberis vulgaris, Ligustrum vulgare und Rhamnus saxatilis vereinigt (H egi). In der Regel tritt Tilia platyphyllos in den Nordalpen als bezeichnende Art in einem Laubmischwald auf, der aus klimatischen Gründen das Fagetum ersetzt und in Nordlagen in flachen, wasserdurchzogenen Talsenken oder an feuchten, schattigen Hängen mit humosen Böden den dynamisch be­ dingten Gehölzabschluss darstellt. Tonangebend in diesem mesohygrophilen Mengwald ist namentlich Acer Pseudoplatanus, bezeichnend ferner Ulmus montana, sodass dieser Wald als Acereto-Ulmetum bezeichnet werden kann (vgl. B e g e r , H. Vegetationsstudien in der Waldstufe des Schanfigg, 1922). In dieser Waldgesell. Schaft, die sich in ihrer floristischen Zusammensetzung zwischen das Fagetum und das Alnetum einschaltet, zählen ausserdem noch etwa Sorbus Aria, Viburnum Opulus, Ribes alpinum, Aruncus Silvester, Aconitum Lycoctonum, Lilium Martagon und Actaea spicata zu den Charakterarten. Dazu treten vereinzelte Arten aus

451 dem Fagetum: Fagus silvática selbst in geringer Menge, Mercurialis perennis, Asperula odorata, Milium effusum, usw. und aus dem Alnetum vereinzelt bis reichlicher Ainus incana, Stachys silvaticus, Galium Mollugo subsp. dumetorum, Brachypodium silvaticum, Aegopodium Podagraria u. a. m. Im Gegensatz zum Buchenwalde fehlen die vielen Frühlingsblüher, wohingegen die Strauchschicht infolge der geringeren Lichtabdämmung reichlich, wenn auch locker entwickelt ist. Als weiteres Merkmal dieser Gesellschaft ist die grosse Menge hochwüchsiger Stauden zu nennen, die oft mehr als Meterhöhe erreichen können. V on diesen seien genannt» Senecio nemorensís var. subalpestrís, Polygonatum vertícíllatum, Knautía silvática, Ranunculus nemorosus, Geranium silvaticum, Dryopteris Fílíx mas und D. spinulosa, Phyteuma spicatum, Streptopus amplexifolius, Pimpinella major, Astrantia major, Chaerophyllum hirsutum, Thalictrum aquilegifolium und Angélica silvestris. — Reine Tilia platyphyllos» Wälder scheinen sich nur in Osteuropa, z. B. in Wolhynien, in Polen und in der Ukraine

Fig. 1965.

T ilia e u c h l o r a Koch. a. Blühender Zweig, b Blüte, c Längsschnitt durch die Blüte, d Laubblatt von der Oberseite. e Ausschnitt aus dem Laubblatt von der Unterseite. / Berandung des Laubblattes, g Fruchtender Zweig.

zu finden. In diluvialen Ablagerungen wurde die Art vielfach festgestellt, so in den älteren Schichten von Honerdingen, Hamburg, Oststeinbeck, Fahrenkrug bei Segelberg, Ingramsdorf (Schlesien), Kaltbrunn (vgl. Tilia cordata, pag. 441), Ré., Pianico»Sellere am Iseosee (vgl. z. B. Buxus sempervirens pag. 208 f.). In der Höttinger Breccie findet sie sich zusammen mit Pícea excelsa, Fagus silvática, Ulmus campestris, A cer Pseudoplatanus, Prunus avium, Sorbus aucuparia und S. Aria, Frángula Ainus, Cornus sanguínea, Viburnum Lantana usw. In den sehr ergiebigen Grenzschichten und den darüber gelagerten tonigen Lehmen von Ludwino (Polen) fanden sich nach Z m u d a mit ihr neben 16 Moosen Acer Pseudoplatanus, Abíes, Populus trémula, Ainus incana, Fagus, Quercus Robur, Carpinus, Fraxinus excelsior, Ulmus montana, Prunus Padus und P. spinosa, Corylus, Cornus sanguínea, Betula nana, Carex silvática, Rumex obtusifolius var. silvaticus, Agrimonia Eupatoria (?), Aethusa Cynapium, Heracleum Sphondylium und Pedícularís silvática (vgl. P a x , F. Pflanzengeographie von Polen, 1918). Häufig findet sich der Baum nach Aniela K o z o w s k a (La Flora interglaciaire des envírons de Raków, Acta Societatis Botanicorum Poloniae. Vol. I, 1923) in zwischeneiszeitlichen Ablagerungen des Kiedronka»Baches bei Raków, wo er an der Zusammensetzung eines ähnlichen Laubwaldes teilnahm, unter dessen Arten aber auch Tsuga Cana» densis (erster diluvialer Fund dieses gegenwärtig nur in Nordamerika lebenden Baumes) auftrat. Nach G. A n d e r s s o n wanderte der Baum in Südskandinavien, wo er heute nur noch reliktartig vorkommt, zur

452 Lítorínazeít ein. Audi in England muss er vor der Trennung dieser Insel vom Festland erschienen sein. In Deutschland folgte er auf die Kiefer und gemeinschaftlich mit Cornus sanguínea, Carpinus Betulus, Corylus Avellana und A cer campestre. — Im Volksleben spielt T. platyphyllos dieselbe Rolle wie die Winter»Linde. In Salzburg pflegt man alljährlich am Fronleichnamstag die Zweige bestimmter Bäume abzuschneiden, wodurch eigenartige Krüppelformen entstehen (Fig. 1963). Auch zur Viehfütterung werden die Bäume vielerorts geschneitelt. Im Schanfigg z. B. werden zu diesem Zwecke starke Aeste abgeschlagen, die zu „Garben“ zusammengebunden und im Schatten getrocknet werden. Bei der Verwendung im Winter als Schweinefutter werden die Laubblätter abgestreift, zerstossen und abgebrüht. Das Holz zeigt nur geringe Abweichungen von dem der T. cordata, ist aber noch leichter. Der Baum ist auch raschwüchsiger, erreicht im allgemeinen ein höheres Aller und eine ansehn» lichere Gestalt. Ein grosser Teil der bis zu unserer Zeit überkommenen, uralten Linden zählen ihm zu (vgl. T. cordata, pag. 443 und 444). Die forstwirtschaftliche Bedeutung ist sehr gering ; doch schätzt man den Baum seiner schönen Kronenbildung wegen als Allee» und Parkschmuck sehr. Auf felsigem Untergrund und auf Grob« schutthängen ist er meist nur kümmerlich entwickelt. In höheren Gebirgslagen erreicht er auch häufig die Baumform nicht mehr, sondern bleibt niedrig und strauchíg, z. B. in der Rheinprovinz, in Westfalen, in den Bayerischen Alpen und in Nordbünden. — Blütenbiologisch schliesst sich T. platyphyllos der Winter»Linde völlig an, gelangt aber bereits 14 Tage vor dieser zur Blüte. Die Fruchtstände fallen meist im Herbste ab und werden vom Winde auf kurze Strecken verweht. Häufig sollen sie dann von der Feuerwanze ( P y r r h o c ö r i s á pt e r u s L.) weiter verschleppt werden. K i n z e l hat bei Alleebäumen in München den grossen Einfluss nach» gewiesen, den Rauchschäden auf die Ausbildung reicher Samen ausüben und festgestellt, dass die Frucht» barkeit dadurch oft ganz aufgehoben werden kann. Häufig finden sich an derartigen geschädigten Bäumen neben einem verschwindenden Bruchteil keimfähiger Früchte solche, die entweder unvollkommen ausgebildet bezw. hohl oder aber nur pfefferkornartig und an der Spitze eingedrückt sind. In ihrem Aussehen weichen solche Früchte wesentlich von gut ausgereiften ab. Bei T. tomentosa hat V. En gl e r solche Formen als f. s p h a e r o b a l ä n a (Borb.) bezeichnet. Infolge des häufigen Zusammentreffens unserer beiden einheimischen Linden, sowie deren ± aus» gesprochener Fremdbestäubung treten nicht selten Bastarde zwischen ihnen auf, zu denen sich weiterhin solche der eingeführten Arten gesellen. Die Feststellung dieser Kreuzungen ist infolge der Formenmannigfaltigkeit der Eltern oft nicht leicht und trägt auch dazu bei, die Erkennung der reinen Arten bisweilen sehr zu erschweren: T. c o r d a t a Mili. X T. p l a t y p h y l l o s Scop. ( = T. Europaéa L. var. a, = T. vulgäris Hayne). Ho l l ä n d i s c h e Linde. Fig. 1964. Laubblätter ± schief, am Grunde herzförmig, oberseits grün und kahl, unterseits bleich oder bläulichgrün, auf der Fläche mit wenigen sternförmig gruppierten Haaren, in den Nervenwinkeln bräun» lieh oder weisslich bebärtet. Frucht angedrückt filzig, deutlich gerippt. Samen schwach gerippt (1» bis 3»rippig). Im allgemeinen die Mitte zwischen den Eltern haltend. Hie und da mit den Eltern; nach V o l l m a n n mehr als 1000» jährig auf der Insel Wörth im Staffelsee (Bonifatiuslinde), in der Schweiz im Kanton St. Gallen zwischen Weesen und Amden, in Graubünden im Val Calanca bei 1100m (vgl. S t e i g e r , Emil. Beiträge zur Kenntnis der Flora der Adulagebirgsgruppe, Basel 1906), im Jura bis zu der Lägern, im Kanton Zug auf der Baarburg, bei Bramegg im Entlibuch, bei Freiburg, Píghé bei Rossa, Roche, bei Lausanne, Orbe, Outrey«Rhöne. Dieser Bastard wird viel« fach in Anlagen und an Strassen gepflanzt, da er auch auf trockenen, sandigen Böden rasch und gut gedeiht. — T. A m e r i c a n a L. X T. c o r d a t a Mili. ( = T. flavéscens und T. floríbúnda A. Braun, = T. laxiflöra hört. p. p.). Merkmale der T. c o r d a t a überwiegend. Blütenstände gespreizt, die für T. Americana charak» teristischen Verdickungen fehlend oder sehr schwach ausgeprägt. In Europa in Kultur entstanden. — Eine der T. Americana näher stehende Form T. Spaét hí í L. Späth wurde in der Baumschule von S p ä t h bei Berlin erzeugt und soll sehr winterhart und widerstandsfähig sein. — T. A m e r i c a n a L. x T. h e t e r o p h y l l a Venten. ( = T. heterophylla hört., = T. pubéscens Koch). Ziemlich genau die Mitte zwischen den Eltern haltend. Laubblätter unterseits graugrün behaart, bis 23 cm lang, länglich»eiförmig. — T. A m e r i c a n a L. x T. p l a t y p h y l l o s Scop. ( = T. praecox A. Braun), mit den beiden Form en: T. C a r l r u h é n s í s Simk., die der T. platyphyllos näher, und T. f l á c c i d a Host, die der T. Americana näher, steht. — T. c o r d a t a Mili. X T. r u b r a DC. var. d a s y c h l ö r a ( = T. e u c h l ö r a Koch, = T. Europaea L. var. dasystyla Loud., = T. multiflöra Simk. non Leder, = T. rubra DC. var. euchlöra Dipp., = T. Corinthiaca Koehne). K r i m» L i n d e . Fig. 1965. Zweige und Knospen gelbgrün (im Sommer) und hellgelb bis korallenrot (im Winter). Laubblätter am Rande einfach grannig gezähnt, oberseits kahl, satt glänzend dunkelgrün, unterseits in den Nervenwinkeln schmutzig rostrot gehärtet. Griffel kahl oder bis zur Mitte behaart, blassgrün; Narbenlappen aufrecht. Fruchtschale lederig, schmal 5»rippig, im allgemeinen der T. rubra ähnlicher. Wild in der Krim mit den Eltern. Seit 1884 sehr häufig als beliebter, gegen Staub und Trockenheit sehr widerstandsfähiger Alleebaum oder in Parkanlagen eingeführt. Die kultivierten Bäume sollen nach V. En g i e r von wilden Bastarden der Krim abstammen. — Als Tripelbastard wird T. o r b í c u l á r í s Carr. gedeutet, die zwischen T. e u c h l ö r a Koch und T. t o m e n t o s a Moench var. p e t i o l a r i s (DC.) steht und sich durch überhängende Zweige und oberseits

182

453 Tafel 182. Malva moschata (pag. 479). Blühender Spross. 2. Malva silvestris (pag. 481). Blühender Spross. 2 a. Staubfadenröhre mit hervortretenden Narbenästen, die Kronblätter entfernt.

Fig. 1. „ „

Fig. „ „ „ „ „

3. 3a. 3b. 3 c. 3d. 4.

Malva neglecta (pag. 485). Blütenspross. Kelch von aussen mit Aussenkelch. Querschnitt durch den Fruchtknoten. Längsschnitt durch die Blüte. Samen. Lavathera T h u rin gia ca (p a gA 72).Blüten­ spross.

glänzende, unterseits weissfilzige Laubblätter kenntlich macht. — In Kultur befinden sich ferner T. c o r d a t a Mill. X T. t o m e n t o s a Moench in der der T. cordata näher stehenden Form T. J u r a n y i ä n a Simk. und in der der T. t o m e n t o s a genäherten T. H e g y es önsi s Simk., ferner T. p l a t y p h y l l o s Scop. X T. t o m e n « t o s a Moench ( = T. H a y n a l d i ä n a Simk.) in einer der T. t o m e n t o s a näher stehenden Form.

82. Fam.

Malväceae.

Mal v e n g e wä c h s e .

Ein* oder mehrjährige Kräuter, Stauden, Halbsträucher, Sträucher und Bäume mit Schleim* Schläuchen (Fig. 1983c) in Rinde und Mark. Laubblätter oft an der gleichen Pflanze verschieden gestaltet, wechselständig, einfach, häufig handnervig, oft gelappt, büschelhaarig. Nebenblätter meist hinfällig. Blüten in der Regel gross, einzeln, blattachselständig oder seltener in aus Wickeln zusammengesetzten oder traubigen Blütenständen, fast stets zwitterig, strahlig (Fig. 1987 e), seltener durch ungleiche Ausbildung der Kronblätter schwach asymmetrisch, 5*zählig. Hüll* kelch (,,Aussenkelch“) oft vorhanden, aus ± zahlreichen, i freien oder + verwachsenen Hochblättern bestehend. Kelch in der Knospenlage klappig, frei oder verwachsen. Kronblätter frei oder am Grunde zuweilen zusammenhängend, in der Knospenlage gedreht. Staubblätter durch Spaltung meist viele, in 2 Kreisen angeordnet, sehr selten nur 5, der äussere Kreis zuweilen staminodial; Staubfadenröhre den Fruchtknoten be* deckend und mit den Kronblättern verbunden; Staubbeutel 1»fächerig, mit 2 Pollensäcken und mit grossen, meist stacheligen Pollenkörnern (Fig. 1981 o). Fruchtknoten sitzend, 3* bis viel* fächerig; Griffel an Zahl den Fruchtblättern gleich oder doppelt so viele, meist hoch miteinander verwachsen; Narbe kopfig. Samenanlagen in jedem Fache 1 (Fig. 1986e) bis viele, am Innen* Winkel angeheftet, aufsteigend, hängend oder wagrecht, umgewendet. Frucht meist trocken, kapselig oder in Teilfrüchte zerfallend, seltener fleischig, sehr selten beerenartig. Samen oft behaart, mit Nährgewebe; Keimling gekrümmt mit gefalteten, blattartigen Keimblättern. Die vornehmlich in den Tropen verbreitete Familie umfasst 42 Gattungen mit rund 900 Arten. Sie schliesst sich innerhalb der Reihe der Columniferae oder Malvales am nächsten an die Bombaceae an. Audi den Tiliaceen steht sie sehr nahe (vgl. Bd. IV/3, Fig. 1608) und unterscheidet sich von ihnen in wesentlichen Merkmalen nur durch die stets monothecischen (nicht dithecischen) Staubbeutel. Das Andröceum entwickelt sich aus 5 epipetalen Höckern, die sich tangential in 10 weitere Höcker und zentripetal in bis 25 Höcker verzweigen können; die 5 äussersten werden unmittelbar zu monothezisdien Staubbeuteln, während die übrigen 20 sich erst spalten und dann erst die monothezischen Staubbeutel ergeben. Der für die Malvaceen so bezeichnende .Aussenkelch“ geht aus 3 Hochblättern hervor. Die Blüten sind durchgehends proterandrisch. Nach dem Ver« stäuben schlagen sich die Staubblätter zurück, so dass eine Berührung mit den erst später sich spreizenden Narbenstrahlen oder Griffelästen nicht mehr stattfinden kann. Spontane Selbstbestäubung nach ausbleibendem Insektenbesuch ist für einige Arten der Gattung M ä l v a nachgewiesen worden. Die Entwicklung der Pollen wurde von S t r a s b u r g e r (Lieber den Bau und das Wachstum der Zellhäute, 1882) u. a. beschrieben. Etwas davon abweichende Beobachtungen teilt Z. W o y c i c k i (Zur Frage der Entstehung der Pollenhaut bei Malva silvestris L. Berichte der Deutschen Botanischen Gesellschaft, Bd. XXIX, 1911) mit. Verschiedene brasilianische Arten der Gattung A b ü t i l o n werden nach Fr. M ü l l e r durch Kolibris bestäubt. Auch gewisse Hi bi scus« Arten sind ornithophil. Die brasilianische Gattung G oe t h £ a Nees et Mart, ist cauliflor. Von wirtschaftlich grösster Bedeutung ist das Auftreten langer, einzelliger, spinnfähiger Haare an den Samen einiger G o s s y p i u m « A r t e n (pag. 460) und zahlreicher Hybriden, die das Rohmaterial für die heute unentbehrlichen Baumwollstoffe liefern.

454 Die mit einer widerstandsfähigen Stäbchenschicht ausgestatteten Samen gelangen ziemlich schwer zur Keimung und sind wie die der Leguminosen und Convolvulaceen durch Licht nur schwach zu beeinflussen. Die am typischsten ausgeprägten Malvaceen.Gattungen zeigen anatomisch neben dem regelmässigen Besitze von morgen» sternartigen Kalkoxalat»Drusen eine deutliche Schichtung des sklerotischen Belages der Gefässbündel, eine Er» scheinung, die sich um so mehr verliert, je höher eine Gattung im System steht und bei den höchststehenden Malvaceen (Gossypium L. und Verwandte) nur noch undeutlich ausgebildet ist oder (bei der amerikano» australischen Gattung C i e n f u e g ö s i a Cav.) ganz fehlt. Auf dem Besitze von allerdings nicht immer ganz hochwertigen Bastfasern beruht teilweise der technische Wert einer grösseren Zahl von anderen Arten wie von H í b í s c u s t i l i ä c e u s L. („Strand»Malve“), H. c a n n á » b í n u s L. oder „Hanfrose“ (liefert den Gambo», Dekkan» oder Bombay «Hanf), H. S a b d a r i f f a L. (,,Rosella“=Hanf in Vorderindien), H. e la tu s („Kuba»Bast“, dient als Zigarren» band), H. c o l l í n u s usw., U r é n a l o b á t a L. und U. s i n u ä t a (Tropen), W í s s á d u l a p e r í p l o c í f o l i a (L.) Thw. (Tropen beider Erdhälften) und W. r o s t r ä t a (Sudan), L a = v a t é r a a r b ó r e a L. (für Schiffstaue geeignet), N apséa d i d e c a L. (Nordamerika), S i d a r h o m b í f ó l í a L. (Indien), M a l á c h r a r a d í á t a (Sudan), P a v ó n í a s p í n í f e x (L.) W. (Wärmeres Amerika), T h e s p é s i a (Híbíscus) l á mpa s Da l z . et Gíbs. (Hindostán), A b e l m ó s c h u s e s c u l é n t u s L . (liefert in den Tropen die „Okra»Fibre“), A. m o s c h ä t u s Med. und A. t e t r a p h y l l u s u. a. Die nie fehlenden, aber in der Tribus der H í b í s c í n é a e seltener auftretenden Schleimschläuche bestehen teils aus einzelnen Zellen, teils aus langen Zell» reihen, die durch Verschmelzung entstanden sind. Bei Gos» sypium finden sich schizogene Schleimtaschen, wie sie bei der verwandten Familie der S t e r c u l i a c e e n (pag. 489) allgemein zu beobachten sind. Bei manchen Arten tritt in Wurzeln, Sprossen und Früchten ein besonders hoher Gehalt von Pflanzenschleim auf, der von altersher in der Heilkunde eine grosse Rolle gespielt hat. Eine nicht un« bedeutende Zahl solcher Arten wurde deshalb schon im ägyptischen, griechischen, römischen und slavischen Altertum allgemein angebaut, besonders solche aus den Gattungen Fig. 1966. Linde mit „Luftwurzeln“ bei Forst nächst WeilM a l v a und A ltheea. Die alten Angaben über die meist heim (Oberbayern). Phot. Baurat von S c h a b , Weilheim (Oberbayern). als Malva, gríech.! ^aXáyr¡ [maláchej, [¿ohó/rj [molóche] und aXd-uia [althaia] bezeichneten Pflanzen (weitere Namen siehe bei Althaea [pag. 464] und Malva [pag. 474]) lassen sich infolge der mangelhaften Beschreibungen meist nicht auf eine bestimmte Art beziehen. Ausser der bei den betreffenden Arten näher behandelten Anwendung als erweichendes, lösendes, schmerzstillendes und wundheilendes Mittel usw. wurden die Malvaceen auch vielfach in anderer Weise gebraucht, nach X e n o k r a t e s z. B. als Aphrodisiacum, nach O l y m p i a s T h e b a n a als Abortivum, bei den Römern besonders auch als Purgans, weshalb M a r t i a l singt: Exoneraturas ventrem mihi víllíca malvas Attulit et varías, quas habet hortus, opes. Andererseits galten Malvenblätter (z. B. bei den Pythagoräern) als vornehmstes Schreibmaterial für magische Sprüche. Auch bei den Aegyptern und später bei den Arabern genossen viele Malvaceen hohe Wertschätzung. Als „Prophetennamen“ führt D i o s k u r i d e s für die Gartenmalven aiy'os anXvv [aigös spien] = Ziegenmilz und o v q k [¿v6g [urä myös] = Mausschwanz an. Frühzeitig gelangten zahlreiche Arten auch nach Mittel» europa, wo sich mehrere vollständig einbürgerten, weshalb sie heute in den meisten Floren als einheimische Pflanzen bezeichnet werden. Trotzdem steht für keine Malvacee das Indigenat in Mitteleuropa ausser Zweifel. Die Malvaceen sind über die ganze Erde — die kalten Zonen ausgenommen — verbreitet; nach den Tropen hin nehmen sie an Artenzahl stark zu. Meistens sind es Bewohner niederer Regionen. Das Verbreitungsgebiet der Familie ist sehr weit und erstredet sich im Norden (mit M a l v a r o t u n d i * f o l i a ) bis zum 65°, im Süden mit einigen Vertretern der Gattung H o h e r i a Cunningh. und P l a g i ä n t h u s Forst, auf Neuseeland bis zum 45°. Dank der zahlreichen Lebensformen, unter denen nur die Hygrophyten

455 fehlen, treten die Malvaceen sowohl in feuchten als auch in ariden Landstrichen auf, besiedeln aber mit Vor» liebe tiefere Lagen. Nur in den Anden steigen sie mit zwergig**dichtrasigen Arten der Gattung M a l v á s t r u m L. sehr hoch empor, M. P í c h í n c h é n s e A. Gray bis 4600 m. Wenn auch nach P o t o n í é bisher keine fossilen Reste der Familie aufgefunden worden sind, so ergibt sich doch schon allein aus der gegenwärtigen Verteilung der Gattungen oder einzelner Formenkreise ihr bereits höheres Alter. Viele Gattungen eignen sich sehr gut zur Kennzeichnung gewisser Florengebiete. Ausser den Tropen, wo die Familie am reichsten vertreten ist ( H í b í s c u s , A b ú t í l o n Gaertn., P a v ó n í a L.), können Amerika und Asien als die Haupt« Verbreitungsgebiete bezeichnet werden. Australien ist durch die Gattungen Ho wi t t i a F. v. Müell., L a g u n á r í a G. Don, Neuseeland durch H o h é n í a ausgezeichnet. Afrika ist verhältnismässig artenarm, besitzt aber in S é n r a í n c á n a Cav. eine alte monotypische Gattung, die von Ostafrika nach dem an endemischen Arten so reichen Sokotra und nach Arabien übergreift. Europa zeichnet sich in erster Linie an der unteren Donau durch den Besitz der monotypischen Gattung K í t a í b é l í a 1) Willd. aus, deren nächste Verwandte die im Mediterran« gebiet in 3 Arten auftretende Gattung M a l ó p e L. ist, während die dritte zu dieser engeren Einheit (Tribus der M a l op é ae) gehörende Gattung P a 1á v a Cav. in Chile und Peru lebt. Die Mittelmeerländer sind der Mittel« punkt der Gattung L a v a t é r a , die mit etwa 16 Arten in jenem Florenreiche vertreten ist, ferner aber noch 2 weitere Arten auf den Kanarischen Inseln, 1 in Mittelasien und 1 in Australien besitzt. Auch die über« wiegend tropische Gattung H í b í s c u s L. tritt noch mit 2 Arten in Südeuropa auf. Erwähnt sei ferner S i d a S h e r a r d í á n a (L.) Benth. et Hook, aus dem Balkan, die mit der südamerikanischen S. l é p r ó s a Ort. eine gut umschriebene Einheit, die Sektion P s e u d o m a l v ä s t r u m , bildet, während die Gattung sonst erst wieder in Asien spärlich auftritt und ihre Hauptverbreitung in Amerika besitzt. Ein Gegenstück dazu bildet K o s t e » l é t z k y a p e n t o c á r p a Led. mit italienisch«südrussisch»persischem Areale, deren Verwandten zum grössten Teil (6 Arten) in Amerika leben, während eine weitere Art in Abessinien vorkommt. Verbreiteter sind die auch in Europa heimischen, für die nördliche gemässigte Zone bezeichnenden, artenreicheren Gattungen A l t h a é a und M a l v a . Auf Grund des verschiedenartigen Fruchtbaues und der Zahl der Griffeläste werden die Malvaceen in 4 Tribus eingeteilt. Die Tribus der Malopéae ist vor allen anderen Malvaceen durch die grosse Zahl von nicht nur neben», sondern auch übereinander stehenden, zu einem dichten Köpfchen vereinigten Fruchtblättern ausgezeichnet. Die Gattung M a l ó p e L. umfasst l»jährige Kräuter mit 3*blätterigem Aussenkelch. Davon sind M. t r í f i d a Cav. und M. m u l t i f l ö r a Cav. westmediterran (Südspanien, Portugal, Algerien, Marokko), M. m a l a c o i d e s L. ( = M. stipuläcea Cav., = M. althaeoídes Mor.) vielleicht nur im Adriabecken bis Dalmatien heimisch, aber gegen« wärtig in ganz Südeuropa, Nordafrika und Kleinasien verbreitet und dort häufig als Arzneipflanze in Kultur. In Mitteleuropa findet sich die erste der genannten Arten, M. t r í f i da , nicht selten als Zierpflanze. Kraut mit verschieden geformten, gestielten, oft gelappten oder geteilten, gekerbten, kahlen Laubblättern und grossen, einzeln stehenden Blüten. Aussenkelchblätter 3. Kronblätter hellpurpurrot oder rosa mit dunkleren Adern. In Mitteleuropa mehrfach verwildert oder eingeschleppt, so in Hamburg an der Aussenalster (1885), Kiel, Brandenburg (Hopfenbruch bei Landsberg), Oberösterreich (Ried), Nordtirolundin der Schweiz (Zürich [um 1885] und in Oberdorf [Solothurn] 1919, zusammen mit Trifolium anguslifolium, Medicago«Arten, Erodium cygnorum). — M. v i t i f ö l i a Willd. 1* bis mehrjährige, bis 2,5 m hohe Staude mit drüsig behaarten Stengeln, gelappten Laubblättern und einzel« stehenden, grossen Blüten. Aussenkelch 6» bis 9»blätterig. Kronblätter rot oder weiss. Heimat i Ungarn, Slavonien, Serbien. Als Gartenpflanze hie und da gezogen ¡ verwildert in einem Spargelacker bei Schwetzingen in Baden (1909). — P a l ä v a * ) Cav., mit 3 Arten in Chile und Peru. Von diesen findet sich bisweilen in Kultur: P. f l e x u ó s a Mast. Einjährige, bis 50 cm hohe, vom Grunde auf ästige, mit Sternhaaren besetzte Pflanze mit langgestielten Laubblättern. Stengelblätter fieder» oder doppelt»fiederschnittig. Blüten einzeln, blattachselständig, langgestielt. Aussenkelch fehlend. Kronblätter rosa oder lila, gegen den Grund zu weiss mit dunklem Fleck. — Die Tribus der Malvéae besitzt Fruchtblätter, die in einer Ebene kreisförmig angeordnet sind und in Teilfrüchte zerfallen. Die Zahl der Griffeläste entspricht derjenigen der Fruchtblätter. Zu der Subtribus der M a l v í n é a e (mit einzeln stehenden, aufrechten Samenanlagen) gehören ausser den Gattungen M a l v a , A l t h a e a und L a v a t e r a (s. unten) als bemerkenswertere Gattungen: S í d á l c e a A. Gray. Von den vorigen Gattungen durch das Fehlen des Aussenkelches und die deutlich in 2 Reihen angeordneten Staub* blätter verschieden. Von den 10 auf Nordamerika beschränkten Arten wird die etwa 1 m hohe, schön rosa blühende S. N e o m e x i c ä n a A. Gray als winterharter Zierstrauch gezogen. Eine von Fr. Z i m m e r m a n n im Hafen zu Ludwigshafen aufgefundene, wahrscheinlich zur kalifornischen S. m a l v i f e b r a (Moc. et. Sesse) A. Gray zu stellende, aber ganz kahle Pflanze, wird als f. gl á b r a Fr. Zimmermann bezeichnet. — Mal « v á s t r u m A. Gray hat im Gegensatz zu allen vorangehenden Gattungen nicht spitze, sondern kopfig ver« dichte Griffeläste. Von dieser Gattung sind aus dem tropischen und subtropischen Amerika und aus Süd» *) Zu Ehren des ungarischen Botanikers Paul K i t a i b e l (geb. 1757, gest. 1817) benannt. *j Benannt nach dem spanischen Professor Palauy V e r d e r a , gest. im 18. Jahrhundert.

456

afrika über 70 Arten bekannt, von denen einzelne zu den gemeinsten Tropenunkräutern zählen, so z. B. M. C o r o m a n d e l i ä n u m (Willd.) Garcke ( = M. trícuspídátum [Aitón] A. Gray), aus dem tropischen Amerika, das Jetzt auch in den Tropen von Afrika und Asien und in Australien weit verbreitet ist und mit, Baumwolle eingeschleppt 1917 bei der Vigognespinnerei Pfyn in der Schweiz aufgefunden wurde. — Bei Berlin wurden beobachtet : M . C a p é n s e Garcke aus Südafrika (zwischen Wilmersdorf und Halensee, 1S76) und M. g e r a n í ó í d e s A. G ray aus Südamerika (Getreidespeicher an der Tengelstrasse, 1896). — Die nordamerikanische mono« typische N a p æ a dich c a L., ein hohes, ausdauerndes, krautiges Gewächs mit kleinen weissen Blüten liefert eine sehr brauchbare Faser. — Bei der Subtribus der S í d í n é a e sind die Samenanlagen wie bei den Malvineae einzeln, aber hängend, statt aufrecht. Ein Aussenkelch fehlt fast ausnahmslos. Zu ihr zählen: die oben bereits genannte, ihrer geographischen Verbreitung wegen interessante Gattung S i d a L, filzige Kräuter oder Halb« sträucher mit bleibenden Fruchtscheidewänden. S. s p i n ó s a L. Pflanze mit länglichen, stumpfen Laubblättern und auffälligen Stachelhöckern am Grunde der Laubblattstiele. Vermutlich in den Golfstaaten Nordamerikas ursprünglich, Jetzt aber weit verbreitet im wärmeren Nord» und Südamerika, Afrika und Asien, auch auf Honolulu sicher nur eingeschleppt. Im Gebiete wurde diese Art adventiv beobachtet bei Hamburg (Grassbrook), Hannover (Döhrener Wollwäscherei, 1896) und in Vorarlberg (als Gartenunkraut in Dornbirn, 1908). — S. r h o m b i f ö l i a L., mit rhombischen, vorn gesägten Laubblättern, in den Tropen und Subtropen von Afrika und Asien und in Ozeanien bis Hawai heimisch, wurde verschleppt (ausser in Südamerika und im südlichen Nordamerika) einmal auch in Hamburg festgestellt. Die Laubblätter werden als Tee (franz. : Faux thé [auf Mauritius] ; portugiesisch: Cha inglez, techincha) benützt, die Stengel einer abweichenden Rasse in Indien zu Faserstoff verarbeitet. — In den Rheinhäfen wurden ausserdem beobachtet: S. t r i l o b a Cavan., aus Südafrika (Hafen von Mannheim 1894, auf Schutt bei Dürkheim 1894), S. h e r m a p h r o d i t a (L.) Rusey ( = S. Napaéa Cavan.) aus Nordamerika (Hafen von Ludwigshafen) und S. b r a c h y á n t h a Diè 1891). Die Angabe von S. t í l í í f ó l í a Fischer aus China und Tibet von Genf (1882) bezieht sich wohl auf Abutilón Avicennae. — A n ó da Cav. Von voriger durch die sich zwischen den Frucht» blättern auflösenden Scheidewände verschieden. Laubblätter 3« eckig, die oberen eilanzettlich, meist ganzrandig. Blüten einzeln in den Blattachseln. Krone blaulila. Von den 8 grossenteils auf Mexiko beschränkten Arten sind A . h a s t á t a (Willd.) Cav. und A. c r i s t ä t a Schlechtend. ( = A. lavateroides Medikus, = A. Dil« leníána Cav., = Sida Dílleníána Willd.) im tropischen Amerika weit verbreitete, im Gebiet zuweilen als Zierpflanzen gezogene Unkräuter. A. cristata wurde im Rheintal (Neustadt 1881) auch adventiv gefunden. — Die Subtribus A b u t i l i n a e besitzt in Jedem Fruchtblatt mehrere, meist übereinander stehende Samen. Die Gattung A b ü t i l o n Gaertner (Fig. 1967), bei der ebenso wie bei der früher nicht von ihr getrennten Gattung Sida der Aussen» kelch fehlt, ist mit etwa 80 Arten in den Tropen und Subtropen beider Hemisphären verbreitet. Einzelne Arten sind in den Tropen fast kosmopolitische Unkräuter, so die auch als Heil» und Faser» pflanzen benutzten A. n di cu m (L.) G. Don, A. A s i ä t i c u m (L.) G. Don, A. c r í s p u m (L.) G. Don und A. A v í c é n n a e 1) Gaertner ( = Sida Abutilón L., = S. tílíífólía Fischer). Die zuletzt genannte Art, ein bis 1Vs m hohes, einjähriges, samtig behaartes Kraut mit an Tilia platyphyllos erinnernden, langgestielten Laubblättern und kleinen, hellgelben, blattwinkelständigen Blüten, ist von China und Tibet, wo sie als Faser» und Heilpflanze ähnlich wie im Gebiet Althaea officinalis gebaut wird, durch Vorderasienbis zu den Balkanländern, Ungarn (besonders in der Sand» undSalz»Puszta) und Italien verbreitet, im übrigen Europa, Nordafrika, Australien und Nordamerika (»Indian Mallow“) stellenweise eingebürgert. In D e u t s c h l a n d wurde sie schon im 16. Jahrhundert kultiviert (so um 1600 in Schlesien und zu Eichstätt als Abutilón Avicennae oder Welsche gelbe Pappel), verwildert aber nur selten, so bei Dürkheim (Pfalz 1880). — In O e s t e r r e i c h anscheinend erst in neuerer Zeit aus Ungarn eingewandert, wo die Pflanze mit Althaea officinalis namentlich in den Auen der unteren Donau, Drau und Save häufig in den Süssholz» beständen (Glycyrrhiza echinata. Bd. IV/3, pag. 1454) und in den Salzsteppen mit Chenopodiaceen, Melilotus x) Unter dem Namen Abutilón von dem arabischen Arzt A v i c e n n a beschrieben. hielten diese Pflanze für die gelbe Althaea des Theophrast.

B a u h i n u. a.

457 dentatus, Statíce Límoníum usw. auftrítt. In Böhmen adventiv bei Prag (1903); in Mähren bei Brünn (Königs» feld und Adamstal), in Niederösterreich um Wien (am Donaukanal bei der Sophienbrücke im Prater, Ödland bei Moosbrunn, erst seit 1913). Beständig schon im Küstenland (Quarnero»Inseln, besonders auf Veglia) und in Südtirol (um Bozen, vorübergehend auch bei Brixen). — In der S c h w e i z adventiv bei Genf (1882), Villeneuve (am Bahnhof 1915), um Basel (mehrfach seit 1906), im Zürcher Botanischen Garten (1904), angeblich auch bei Chiasso. — Beliebte Zierpflanzen sind ferner i A. v e n ö s u m Hooker ( = Sida venosa Dietr.) aus dem tropischen Amerika. Fast baumartiger Strauch mit langgestielten, herzförmigen, tief handförmig»7»lappigen Laubblättern; Lappen lanzettlich, grob eingeschnitten gesägt. Kronblätter etwa 2,5 cm lang, breit spatelförmig, dunkelgelb, mit blut» roten Adern. — A. s t r í á t u m Dícks. ( = Sida picta Gill., non hört.) aus Mexiko. Kahler Strauch mit herz» förmigen, 3» bis 5»lappigen Laubblättern; Lappen zugespitzt, grob gesägt. Blüten einzeln, blattachselständig. Kronblätter 3«mal so lang wie der Kelch, blassrot. Verwildert in der Pfalz bei Dürkheim. — A. B e d f o r d » i ä n u m Hook. ( = Sida Bedfordiana DC.) aus Brasilien. Fast baumartiger Strauch mit kahlen Zweigen und tief»herzförmigen, lang zugespitzten, gesägten Laubblättern. Blüten einzeln oder zu 2, blattachselständig. Kelch» abschnitte 5, lang zugespitzt, zurückgeschlagen. Kronblätter kurz benagelt, fast kreis rundlich, gelb, rot geadert. Fruchtknoten filzig. — A. D a r w i n i i Hook. f. ( = A. Hildebrändii Fenzl) aus Brasilien. Bis über 1 m hoher, filzig behaarter Strauch mit am Grunde herzförmigen, 3» bis 5»spaltigen Laubblättern; Lappen gekerbt. Blüten einzeln oder zu 2 oder 3 in den Achseln der Laubblätter. Kronblätter verkehrt»eiförmig»kreisrund, blutrot» orangefarben (Schauapparat im Dienste der Bestäubung durch Kolibris). — A. i n s i g n e Planchón aus Neu« Granada u. a., sowie mehrere Bastarde. — Durch das Vorhandensein eines Aussenkelches unterscheiden sich: S p h a e r ä l c e a St. Hilaire mit einfächerigem Fruchtknoten. Von den ungefähr 25 im wärmeren Amerika und am Kap verbreiteten Arten werden mehrere als Zierpflanzen gezogen, so S. E m ö r y i Torr., aus Kalifornien. Bis 60 cm hohe, vom Grunde an verästelte, dicht weisshaarige Staude mit eiförmigen, gekerbten oder rundlich» herzförmigen, 3» bis 5»lappigen, meist stumpfen und kleingekerbten Laubblättern. Blüten in kurzen, blatt» achselständigen Trauben. Kronblätter ziegelrot, am Grunde grün. — S. m í n í á t a Spach, aus Südamerika. Bis 1 m hoher Halbstrauch (in Kultur meist nur 1»Jährig) mit aufrechtem, reich verzweigtem Stengel und eiförmigen, 3»lappigen, gezähnten Laubblättern. Blüten in 1» bis wenigblütigen, blattachselständigen Trauben. Kronblätter mennigrot. — M o d í o l a C a r o l í n í a n a (L.) Don, aus Mittelamerika und Südafrika, unterscheidet sich von der vorangehenden Gattung durch die quer zweifächerigen Fruchtblätter. Eingeschleppt im Hafen zu Mannheim (1906). — Die Tribus der Urenéae unterscheidet sich von den Malveae dadurch, dass die Zahl der Griffeläste doppelt so gross wie die der Fruchtblätter ist. U r é n a L. ist in den Tropen mit 6 Arten ver» breitet, die ihres Schleimgehaltes wegen ähnliche medizinische Verwendung wie die Malva»Arten finden. Auch die Fasern einiger Arten werden benutzt, so besonders die von II. lo b á t a L., eines in den Tropen kosmo» politischen Unkrautes, das z. B. auf Madagaskar als Ersatz für Jute dient. — Als Zierpflanzen haben ver» schiedene Arten der grossen, vornehmlich amerikanischen Gattung P a v ó n í a L. in Europa Eingang gefunden. Als Topfpflanzen in Warmhäusern, Gärten und Zimmern werden z. B. folgende Sträucher gezogen: P. M a c k o y á n a E. Morr., aus Brasilien. Vom Grunde an verzweigter, bis 160 cm hoher Strauch mit ellip» tischen oder elliptisdulanzettlichen, zugespitzten, fast ganzrandigen, auf behaarten Stielen stehenden, sonst aber kahlen Laubblättern. Blüten langgestielt, in endständiger Traube. Aussenkelchblätter 5, herzförmig, rosenrot. Kronblätter dunkelpurpurrot. — P. m u l t i f l ö r a St. Hilaire ( = P. Wíótí E. Morr.), aus Brasilien. Laubblätter ei»lanzettlich, am Rande stark gezähnelt, unten rauh. Blüten gestielt, blattachselständig. Äussenkelchblätter lineahzungenförmig, purpurrot. Kronblätter dunkelpurpurrot. Griffel sehr lang, behaart. — P. s e m p e r » H ö r e n s Garcke, aus Brasilien. Laubblätter elliptisch, vorn gesägt, schwach behaart, lederig. Blüten fast endständig. Aussenkelch 6»spaltig, braunrot. Kronblätter 5, eingerollt, purpurrot; Staubblattröhre weit über die Kronblätter hervorragend. — P. S c h r ä n k i i Spr. ( = Lebretónía coccínea Schrank). Behaarter Strauch mit eiförmigen, lang zugespitzten, gesägten Laubblättern. Blüten scharlachrot. Kronblätter eingerollt. — P. s p e c i ö s a H. B. et Kth. Laubblätter fast herz«eiförmig, zugespitzt, gezähnelt, dicht und kurz behaart, unterseits weissgrau. Äussenkelchblätter 7 bis 9, lanzettlich»spatelförmig, mit Anhängseln. Kronblätter violett, am Grunde purpurrot. — M a l v a v i s c u s Dill., von den übrigen Malvaceen durch fleischige, beerenartige Früchte unterschieden, bewohnt mit 10 Arten das wärmere Amerika. Der in Jamaika, Neugranada und Mexiko heimische M. a r b ö r e u s Cav. wird wie Althaea officinalis verwandt. — Die aus 2 Sträuchern bestehende australische Gattung G o e t h é a Nees und Mart, ist cauliflor. G. s t r í c t i f l ö r a Hook, wird zuweilen in Gewächshäusern gezogen.— Zur Tribus der Hibiscéae, die durch die vielsamige, fachspaltige Kapselfrucht charakterisiert ist, ge» hören ausser H i b i s c u s (s. unten) und mehreren kleinen, rein tropischen Gattungen: A b e l m ö s c h u s Medikus (bisweilen auch mit Hi b is c u s vereinigt). Einjährige bis ausdauernde, oft bestachelte Kräuter der Tropen und Subtropen beider Hemisphären mit linealen Aussenkelchblättern und zur Blütezeit aufreissendem Innen» kelch. Von den 10 bis 12 Arten wird A. m o s c h ä t u s Medikus viel angebaut und lieferte die früher zu Parfüm gebrauchten „Bisamkörner“. Die Heimat der Pflanze dürfte in Vorderindien zu suchen sein. —

458 A. e s c u l é n t u s (L.) Meyer, die Okrapflanze, aus Nubien, Kordofan, Sennar und Abessinien, eine verholzende Staude mit gelappten Laubblättern, schwefelgelben Kronblättern und lineaLlänglichen Früchten, wird ebenfalls angebaut. Die Laubblätter und die Wurzeln dienen zu Heilzwecken, die unreifen Früchte (Gömbobohnen) sind in verschiedenartiger Zubereitung beliebte Genussmittel; die Samen liefern ein kaffeeartiges Getränk. Die grössten Kulturen befinden sich in Ostindien, kleinere in der Türkei und in Griechenland. In Aegypten ist der Anbau schon aus dem 2. Jahrtausend v. Chr. nachgewiesen. — H i b i s c u s 1) L. Kräuter, Sträucher« und Bäume. Fruchtblätter 5, mit glattem Endokarp und langen Griffeln. Ueber 150, hauptsächlich in den Tropen und Subtropen der ganzen Erde verbreitete Arten, wovon in Europa nur die folgenden zwei heimisch sind: H. r ó s e u s Thore ( = H. palústrís DC. non L., = H. paluster var. roseus Spruce). An Ufern in Südfrankreich, Mittel» und Oberitalien. Ueber 1 m hohe Staude mit ± herzförmigen, lang zugespitzten, gezähnten oder ge» kerbten (die unteren fast 3»lappig), unterseits dicht grau» grün behaarten Laubblättern. Aussenkelch 9» bis 11» blätterig. Kronblätter bis über 7 cm lang, meist rosa und am Grund ± karminrot gefleckt. H. T r i ö n u m L. ( = Tríonum diffúsum Moench, = Kétmía Trionum Scop.). Stundenblume, Stunden»Eibisch, Wetterrösel. Fig. 1968. Einjährige, 15 bis 60 (300) cm hohe, zerstreut abstehend steifhaarige und von Sternhaaren filzige Pflanze. Stengel aufrecht, einfach oder am Grunde wenig verzweigt (var. te r n ä t u s [Cav.] Oborny), zuweilen zick» zackartig gebogen oder purpurrot überlaufen. Laubblätter weich, gestielt; die untersten fast kreisrund, schwach gelappt, seltener geteilt, kleiner als die folgenden; die mittleren und oberen 3» bis 5»spaltig, mit länglich»lan» zeitlichen, grob fiederspaltigen Abschnitten (Mittelzipfel der obersten Laubblätter mehr als nochmals so lang als die Seitenzipfel). Nebenblätter fädlich. Blüten einzeln blattwinkelständig, bis 4 cm im Durchmesser. Aussen» kelch aus 12 schmal linealen, steifborstig bewimperten Blättern gebildet (Fig. 1968 b bis d), etwa halb so lang als der häutige, bleichgrüne, netzaderige, an den ge» zackten Riefen knotig borstige, zur Fruchtzeit vergrösserte und stark blasig aufgetriebene Innenkelch. Kronblätter eirund, 1,5 bis 3 cm lang, rasch welkend, stumpf, aus» gebreitet, hellschwefelgelb, am Grunde und zuweilen auch am Rande schwarzpurpurn. Staubblätter zahlreich, in eine Röhre verwachsen; Staubfäden blutrot, kurz Fig. 1968. H ib is c u s T rio n u m L. «Habitus. & Schnitt durch die Blüte, c Reife Frucht geschlossen, d Reife Frucht oifen. drüsenhaarig; Staubbeutel orange. Narben kopfig, e Samen. schwarz»purpurn. Frucht eine eiförmige, borstige, von dem blasig»häutigen Aussenkelch umgebene, fachspalüg aufspringende, 5»fächerige, vielsamige Kapsel (Fig. 1968 d). Samen nierenförmig, warzig=stachelig (Fig. 1968 e), 2 mm lang. — Hie und da, aber meist nur vorübergehend, auf Aeckern (in Krain namentlich Hirseäckern), Brachen, Schuttplätzen, an Rainen — besonders in Oesterreich — eingebürgert oder gartenflüchtig, jedoch im Gebiet nirgends ursprünglich. In O e s t e r r e i c h ¿ eingebürgert im Gebiete der pannonischen Flora: in Niederösterreich bei Karlsburg, Scheibbs, um Wien im Marchfeld; in Südmähren bei Brünn, Eibenschitz, Satschan, Mönitz, Auspitz, Poppitz, Czeitsch, Lundenburg; in Steiermark bei Gleichenberg, Ehrenhausen, Pösnitz, Radkersburg, bei Aller» heiligen, Friedau, Marburg, am Bachergebirge, bei Pettau, Ankenstein, Stattenberg, Hochenegg, Prassberg, um Graz vielfach, aber nur vorübergehend; in Kärnten bei Klagenfurt und im tieferen Unterkärnten; in Unter» krain von Gurkfeld über Landstrass, St. Barthelmae, Rudolfswert, Töplitz, Tschernembl, Möttling bis an die Kulpa allgemein verbreitet (namentlich in Hirseäckern), hie und da auch in Inner»Kraín, z. B. bei Wippach, Kosana; in Vorarlberg bei Raggall und Gisingen; in Tirol mehrfach um Innsbruck, bei Partschins, Meran, um Brixen, Lienz (hier im Jahre 1797 mit Kochia scoparia und Chrysanthemum segetum an einer Stelle, an der im vorangegangenen Jahre ein Militärdepöt gelegen hatte), bei Nanno, um Bozen (z. T. massenhaft), in Wein» bergen bei Valfloríana, Capríana, Comano, bei Trient und A rco ; in Böhmen vorübergehend in Prag, bei Chrudin und Jaromez. — In D e u t s c h l a n d nur vorübergehend: in Bayern in und bei München, Lindau,*) *) Griech. ¿ßiaxog [ebiskos] oder iß iaxog [ibiskos] griechische Bezeichnung einer wilden Malvenart, bei D i o s k u r i d e s gleichbedeutend mit aX & a ia [althaia], ¿X& iaxog [althiskos] und [¿oXo/rj a y q ia [molöche agria].

459 Murnau, Landshut, Deggendorf, Nürnberg, Fürth, Michelau, Bamberg, Rüdenhausen und Castell (1895), Himmels» pforte bei Würzburg?, in der Pfalz bei Dürkheim (1889), Hessheim und Worms (1889) und anderwärts auf Komposthaufen in der Nähe von Dörfern spontan fortkommend; in Baden bei Mannheim (1899); Hannover (1895), in Brandenburg bei Pforten (1904) und Forst (1901); bei Erfurt (mehrfach); Jena (im Garten von H a l l i e r hielt sie sich 10 Jahre lang); bei Dresden (1922); in Schlesien häufiger, z. B. bei Glogau, Liegnitz, Jauer, Oels, Breslau, Reichenberg, Bohrau. — In der S c h w e i z in und um Zürich (seit 1874), bei Winterthur, Murg (1909), Solothurn (1916, 1919), Basel (mehrfach), Rorschach (1914), Aarau, im .Tessin mehrfach als Gartenunkraut. A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Oestliches Mittelmeergebiet und dessen nördliche Ausstrahlungen bis Krain, Niederösterreich, Mähren, Galizien, Südrussland; verschleppt oder verwildert in Mitteleuropa, im westlichen Mittelmeergebiet vielfach eingebürgert; Asien bis China, Australien, A frika; auch in Nordamerika verwildert. Auf Aeckern und Oedland tritt besonders die var. t e r n ä t u s (Cav.) Oborny mit bis zum Grunde 3» bis 5»teiligen Laubblättern auf (beim Typus die unteren nur 5»lappig und stumpf). Hibiscus Trionum ist ein alter Kultur» begleiter, der bereits in den neolithischen Ablage» rungen von Aggtelek in Kroatien aufgefunden worden ist und dessen Heimat vielleicht im östlichen Mittel» meergebiet liegt. In Mähren wurde die Pflanze schon in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts von H o c h s t e t t e r beobachtet. Sie gehört zu den alten Gartenpflanzen und wird von S c h w e n c k f e l d um 1600 aus Schlesien unter dem Namen Malva hör» ténsís VI angeführt. Im Herbar R o s t i u s (1610) in Lund heisst sie maluna ueneta, ,,felriss“, im Hortus Eystettensis (1597) Álcea Véneta. — Die Schwefel» gelben Blüten sind sehr vergänglich und öffnen sich nur zwischen 8 und 12 Uhr vormittags. Aus der Mitte der eben ausgebreiteten Blüten erheben sich die pollenbedeckten Antheren, deren freie Staub» fadenteile sich bald im Bogen herabschlagen, so dass nun die empfängnisfähig werdenden Narbenäste an die Stelle der Antheren treten können. Besuchende In» sekten müssen also Fremdbestäubung vollführen. Nach wenigen Stunden drehen sich die Griffel S» förmig und krümmen sich so weit herab, dass die Narbenpapillen mit den noch pollenbedeckten An» theren in Berührung kommen. Als Gartenpflanze in warmen Lagen findet sich mitunter H. S y r í a c u s L. (Fig. 1969), dessen Fig. 1969. H i b is c u s S y r i a c u s L. a Sprossspitze, b Blüte mit Heimat vielleicht in China und Indien oder in Klein« Laubblättern, c Kronblatt. d Staubblattröbre im weiblichen Stadium. e Fruchtstand. / Aufgesprungene Kapsel, g Samen. asien liegt, der aber durch die Kultur in den Tropen und Subtropen weit verbreitet worden ist. Bis 3 m hoher, buschiger, langtriebiger Strauch mit aschgrauer Rinde und verkahlenden Trieben. Laubblätter ei-keilförmig, meist 3»lappig, gesägt *). Aussenkelchblätter meist 6 bis 7. Kelch 5»lappig. Kronblätter gross, mattlila, mit dunkleren Adern, am Grunde dunkelfleckig (in Gärten häufig weiss, rosenrot, violett oder gestreift oder Blüten gefüllt). Bisweilen verwildert, so bei Mannheim (1909), im Tessin z. B. bei Ascona, in Südtirol bei Meran, Bozen, Deutschmetz, Trient, Riva, Rovereto. Auch in Nordamerika eingeschleppt. — Seltenere nordamerikanische ') Nach M. K o e r n i c k e (in Festschrift zum 70. Geburtstage von Ernst Stahl, 1918) dürften die Laub» blätter der Hibiscaceen allgemein extraflorale Nektarien besitzen. Diese finden sich stets auf den Rippen der Blattunterseiten, nehmen aber dort bei den verschiedenen Arten verschiedene Stellen ein. Sie werden sehr oft von Pilzen befallen und stehen infolge ihrer (wahrscheinlich periodischen) Zuckerausscheidungen vermutlich mit Ameisen in symbiotischer Verbindung. Die Sekretion geschieht entweder durch Trichome mit Fuss», Stiel» zelle und kugel» bezw. quer»eiförmigem, 8» bis 10», bisweilen auch mehrzelligem Köpfchen oder aber durch solche von mehrzelliger, keulenförmig=gestreckter Gestalt mit ebenfalls einer Fuss» und Stielzelle. Für feinere systematische Unterscheidung besitzen die extrafloralen Nektarien keinen Wert.

460 Vertreter (wohl nur der Kalthäuser) sind: H. M o s c h e ü t o s L.1), H. p a l ü s t e r L.2), H. i n c ä n u s Willd., H. m i l i t ä r i s Cav., H. g r a n d i f l ö r u s Midix. und H. s p e c i ö s u s Ait. Zu den häufigsten Warmhaus» pflanzen zählt H. R ö s a » S i n e n s i s L., ein wahrscheinlich aus Südasien stammender Strauch oder kleiner Baum mit eiförmigen, lang zugespitzten, kahlen, im vorderen Teile grob eingeschnittenen, gezähnten Laub» blättern. Aussenkelch meist 7»blätlerig. Blüten gross. Kronblätter rot, seltener purpurn, weiss, isabell» färben oder gefleckt. Staubbeutelröhre dünn, lang aus der Blüte hervorragend. — Seltenere Erscheinungen sind H. v e s i c ä r i u s Cav. aus Mittelafrika* eine 1»jährige, etwa 50 cm hohe Pflanze. Untere Laubblätter ungeteilt, obere 5»teilig; Lappen länglich, stumpf, gezähnt. Kelch häufig aufgeblasen (soll auch im Freiland zu ziehen sein), ferner der brasilianische H. i n s i g n i s Mart, und der ostindische H. m u t ä b i l i s L.; letzterer wird bereits in Süd»Spanien im grossen gebaut und liefert einen geschätzten Bast. Die Laubblätter und Blüten finden in der Volksmedizin Verwendung. Eine wichtige Faserpflanze ist ferner H. c a n n ä b i n u s L., ein in Afrika und Vorderindien verbreitetes l»jähriges, bis 3 m hohes Kraut mit stachelhöckerigem Stengel, hanf« ähnlichen Laubblättern und grossen Blüten. Kronblätter gelb, am Grunde dunkelrot gefleckt. Die Pflanze wird seit alter Zeit in einigen Gebieten Vorderindiens feldmässig gebaut und liefert den ,,Dekkan», Madras», Bombay», Bimlipatam« oder Gambohanf“, auf Java die ,,Java»Jute“. Auch im Sudan und in Westafrika wird die Faser gewonnen. Die jungen Laubblätter dienen im Sudan als Gemüse, die Samen enthalten bis 25 °/o fettes Oel. Die Pflanze ist gegen Wurmfrass, Wanzen, Aelchen und Bakterien»Krank» heiten sehr empfindlich. — H. S a b d a r i f f a L . Bis 1,50 m hohes, kahles Kraut mit gelappten Laub« blättern und blassgelben, dunkelbraun gefleckten Kronblättern. Ueberall in den Tropen wegen der zur Frucht» zeit fleischig werdenden Kelche gebaut, die in mannigfaltiger Weise zu Speisen und Getränken dienen. Die Laubblätter liefern einen Salat. Die ölhaltigen Samen werden gemahlen oder geröstet wie Sesam als Nahrungs» mittel verwandt. Die Fasern liefern den vor allem in der Präsidentschaft Madras in Ostindien kultivierten ,,Rosella»Hanf“. — Von H. e l ä t u s stammt der „Kuba»Bast“, der als Zigarrenband nach Europa kommt. Auch aus dem lindenblättrigen, baumartigen, überall an den Küsten der Tropen verbreiteten H. t i l i ä c e u s L., mit gelben, ornithophilen Blüten, lässt sich ein gutes Gespinst» und Fasermaterial gewinnen. — Zur Tribus der Hibisceae zählt ferner die wichtigste aller spinnbare Fasern liefernden Gattungen: G o s s y p i u m L., die Baumwolle, franz.: cotonnier, engl..- cotton plant, welche die offizineile „Baumwolle“, „Gossypium“, pili gossypii, läna gossypina, franz.: coton, engl.: cotton, cotton wool, ital.: cotone, span.: algodon, port.: algodäo, schwed.: bomull, Ungar.: gyapot, malay.: kapas liefert. Die Gattung umfasst zumeist strauchige bis fast baumförmige, bis 2 m hohe, in der Kultur zumeist 1»jährige, krautige Pflanzen mit gewöhnlich 3» bis 7»lappigen, am Grunde herzförmigen Laubblättern und mit meist grossen, dunkel» oder blassgelben, purpurroten oder weissen, in den Blattachseln einzeln stehenden Blüten, die von dem 5»spaltigen, angedrückten Kelch und von 3 grossen, bleibenden, tief gezackten Aussenkelchblättern umgeben werden. Die 3» bis 5»klappig aufspringenden, walnussgrossen Kapseln enthalten 5 bis 10 nierenförmige oder eilängliche, 3 bis 5 mm dicke, schwärzliche Samen, deren Oberfläche mit langen, in der Regel weissen, seltener gelblichen oder bräunlichen, einzelligen Haaren bedeckt ist, die in ihrer Gesamtheit den bis faustgrossen, aus der reifen Frucht heraustretenden Wollbauschen dar» stellen. Die Länge („Stapel“) der Faser variiert zwischen 19,55 und 45,72 mm; sie besteht fast aus reiner Zellulose. Neben diesen langen, eigentlichen Baumwollhaaren oder dem „Vlies“ weisen bestimmte Arten auf der Samenoberfläche noch einen kurzen Filz auf, welcher ein ziemlich wertloses Produkt, die sog. „Grundwolle“ liefert. Die Keimblätter sind in den Samen eigenartig gefaltet und erscheinen punktiert (Fig. 1970 c, d). lieber die namentlich auf der Mittelrippe der Blattunterseite auftretenden extrafloralen Nektarien vgl. E. Sc hwe n dt (Dissertation. Göttingen, 1906). Die eigentliche Heimat der Gattung liegt auf den Inseln des Stillen Ozeans, wenngleich auch Vorderindien, Brasilien, Kalifornien, Mexiko und Yukatan einige wenige Arten beherbergen. Bis vor wenigen Jahren unterschied man nur 2 asiatische ( G o s s y p i u m h e r b ä c e u m L. und G. a r b ö r e u m L.) und 3 amerikanische (G. B a r b a d e n s e L., G. h i r s ü t u m L. und G. P e r u v i ä n u m Cav.) Arten. Kürzlich wies G. W i s b a r die Baumwolle als Gyssopites tertiärius in der deutschen Braunkohle nach. Von den zahlreichen Kreuzungen nehmen aber nur wenige in grossem Masse an der Weltproduktion teil, so in erster Linie die Upland«Baumwolle von G. hirsutum und Kreuzungen mit G. Barbadünse aus den Südstaaten der Union, von der mehr als a/s sämtlicher angebauter Baumwolle stammt (in Nordamerika davon 99 °/o), dann die Sea»Island»Baum» *) Ein Bastard H. M o s c h e ü t o s L. X H. m i l i t ä r i s Cav., der sich durch schöne, rote Blüten auszeichnet, wurde in Nordamerika künstlich erzeugt und konnte bereits in Mitteleuropa in Gärten kultiviert werden (vgl. H e m m i n g , M. Ein neuer Hibiscus in Mitteilungen der Deutschen Dendrolog. Gesellschaft, 1911, mit Abb.). a) S c h w e n c k f e l d erwähnt die Art 1610 als Malva hortensis VII aus Schlesischen Gärten; bei S c h o l z wird sie ,,Sabdariffa“ genannt (eigentlich der Name von H. S a b d a r i f f a L. aus Ostindien s. o.).

461 wolle (auch Barbados und New Orleans cotton genannt) von G. Barbadense aus den nordamerikanischen Küsten» gebieten (Carolina, Georgia, Florida und den vorgelagerten Inseln), die Aegyptische Baumwolle (sie stammt von G. Barbadense, z. T. audi von Kreuzungen von G. hirsutum mit G. herbaceum) mit zahlreichen Kultur» rassen (Mitafif, Ashmouni, Ivannovitch, Nubari, Assili, Voltos, Gallini, Abbassi, Siftah, Messifieh, Zagazig, Mansurah, Beharab), die Indische Baumwolle von G. herbaceum oder aus Bastarden von G. arboreum, G. Nanking und G. obtusi» folium var. Wightiänum (die Deccabaumwolle wurde ehedem zu Musselinen verarbeitet) und die Peru»Baumwolle, auch Brasil» oder Nierenbaumwolle (Kidney cotton) von G. Peruvianum aus Südamerika. Neuere Züchtungen sind die Caravonica (Queensland» und Mamara» [Salomons»Inseln])»Baumwolle. Die Haupt» erzeugungsgebiete von Baumwolle sind die Süd» Staaten der Union (über 12 Mill. Hektar) und zwar Texas, Georgien, Alabama, Mississippi, Nord» und Süd=Karolina, Arkansas, Louisiana, Oklahoma, Tennessee (als bestes Land gilt das durch Dämme [levees] gegen den höher gelegenen Strom ge» schützteMississippi»Delta aufwärts bis nachMemphis), Westindien und zwar Haiti, Portoriko, Jamaika, Martinique und Guadeloupe (trotz der Güte der Produkte geht der Anbau zurück), Mexiko, Süd» amerika und zwar Guayana, Columbien, Venezuela, Peru und besonders Brasilien mit den Ausfuhrhäfen Barranquilla, Sabanilla, Puorto Cabello, Pernam» buco, Maceiö und Cearä, Aegypten mit dem Sudan (542000 Hektar Anbaufläche), Vorderindien, China, Japan, Russisch» Asien (Turkestan, Samarkand, Taschkent, Buchara, Chiwa, Transkaspien undTrans» kaukasien), Vorderindien, Persien, Syrien, Mesopo» tarnten, Smyrna, neuerdings auch das tropische Afrika, Australien und die SüdseeJnseln. Heute ist die im 9. Jahrhundert unter der Herrschaft der Araber nach Sizilien, Spanien (Valencia), Süd» Italien und nach der Krim überführte Baumwoll» kultur in Europa bis auf wenige Gebiete in Bul» garien, der Türkei, Griechenland, Süditalien (Castel» lamare) und Spanien (Granada) aufgegeben worden. Fig. 1970. G o s s y p iu m (Baumwolle), a Spross mit Blüten und reifen Früchten, b Samen und Wolle, c und d Quer- und Längsschnitt durch V or etwa 10 Jahren wurden von der öster» den Samen mit den gefalteten Keimblättern, e Fasern vergrössert, / im reichischen und bulgarischen Regierung Schritte Querschnitt. unternommen, um den Anbau wieder zu beleben. Besonders in Dalmatien in der Umgebung von Spyjet, Vis und Tadar konnten gute Ergebnisse erzielt werden. Im Balkan kommen namentlich die Umgebung von Adrianopel und das Sumpfgebiet der Dobrudscha, eventuell auch Bosnien, Syrmien und Südungarn als Anbaugebiete in Frage. In der Alten Welt wird die Baumwolle etwa 800 v. Chr. genannt; die ersten Nachrichten über den Anbau dürften aus der Mitte des 4. Jahrhunderts stammen. In der Neuen Welt scheint die Kultur gleichfalls sehr alt zu sein und sich dort selbständig entwickelt zu haben. Im Buch Esther gibt die Bibel genauen Bericht über die Baumwollstoffe des Palastes von Susa. Die Vermehrung und die Anzucht geschieht alljährlich neu und zwar ausschliesslich durch Samen, in Gross» betrieben mit Hilfe von Maschinen. Das Einsammeln der Wolle in den Monaten Oktober bis Dezember erfolgt fast überall durch Händearbeit durch Auszupfen der Samen mit der daranhängenden Wolle aus der reifen Kapsel; Pflückmaschinen sind noch wenig im Gebrauch. Für die Entfernung der Samen aus der Wolle, die in be» sonderen Entkörnungs» oder Egrenieranstalten vollzogen wird, sind Säge» und Walzengins (gin = Abkürzung für engl, engine = Maschine) im Gebrauch, wodurch dann die Samenbaumwolle zur Linterbaumwolle wird, in welcher Form sie zu Ballen gepresst und verschifft wird. Die Ausfuhr von amerikanischer Baumwolle nach Europa begann im Jahre 1747. Hauptmarktplätze für Baumwolle in Europa sind Liverpool und Bremen, dann folgen Hamburg, Le Havre, Marseille, Antwerpen, Rotterdam, Dünkirchen, Barcelona, Triest, Venedig, Neapel, Genua. In Europa wird die eingeführte entkörnte Rohbaumwolle mit besonderen Maschinen gereinigt, gekrempelt und kardiert (bisweilen unter Zusatz von Olivenöl), dann aufgelockert und durch Benzol oder durch verdünnte Natronlauge bezw. Soda vom Fette befreit, mit verdünnter Schwefelsäure, mit Seifenwasser und Wasser ge» H e g i , Flora. V, 1

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232

462 waschen, gebleicht und schliesslich in den Waltemaschinen aufgelockert. Die mit Pottasche oder verdünnter Natronlauge behandelte und nachher gebleichte, fettfreie Baumwolle findet rein oder mit Antisepticis als Ver» bandwatte ( G o s s y p í u m d e p u r ä t u m ) in der Heilkunde allgemeine Verwendung. Aus der Baumwolle stellt man das Baumwollgarn her, das sich wegen seiner Glätte und Gleichmässiökeit zum Nähen, Strichen, Sticken und Häkeln gut eignet, aber nicht so haltbar ist wie Leinenzwirn. Die Abfälle werden zu Filzen, Vigogne» garn, Sackmaterial, Bindfaden usw. verarbeitet. Das feinste Maschinengarn kommt aus England unter dem Namen „twist“ (engl, twist = flechten), das stärkste ist das Wassergarn (waterdwist), das weichere, weniger gedrehte das Mulegarn (muledwist). Das durch Weben erzeugte Produkt wird je nach Dichtigkeit und Reinheit unterschieden als Kattun (vom ital. cotóne), Indienne (aus Indien stammend), Calicó (zuerst aus Kalkutta ein» geführt), Nanking, Perkal (für Buchbinder), Musselin oder Nesseltuch, Jacouet, Gimgang (javanisch = verbleichend), Tüll (nach der Stadt Tulle in Frankreich benannt), Barchent (mit Leinen verwoben), Piqué, Manchester oder Baumwollsammet (weil in der Stadt Manchester zuerst hergestellt). Ausserdem wird die Baumwolle in ausgedehntem Masse technisch verwertet, in erster Linie zur Schiess» baumwolle, Nitrozellulose oder Pyroxylin, ein Gemisch von konzentrierter Salpeter» und Schwefelsäure mit gereinigter (durch Sodalauge) und entfetteter Baumwolle. Sie wurde 1845 durch den Chemiker Christian Friedrich S c h ö n b e i n in Basel entdeckt, später durch den Engländer F. A b e l verbessert und wird in der Sprengtechnik, für detonierende Zündschnüre, zu Feuerwerkszwecken (mit Salzen getränkt), zum Filtrieren von Säuren, Alkalien usw. verwendet. Aeusserlich unterscheidet sich die Schiessbaumwolle nicht von gewöhnlicher Baumwolle, fühlt sich aber rauher an. Die lösliche, gummiartige, transparente Kollodiumwolle wird durch Behandeln von flockiger Schiessbaumwolle mit geeigneten Flüssigkeiten (Schwefeläther, Aceton, Nitroglyzerin) gewonnen und dient zur Herstellung des rauchschwachen Pulvers. Neuerdings ist die Schiessbaumwolle als Sprengstoff durch Pikrinsäurepräparate (Melinit, Ekrasit, Lyditt, Schimose) und Trinitrotoluol (Trotyl) stark zurück» gedrängt worden. Kollodium oder Klebäther ist eine Auflösung von Kollodiumwolle in alkoholhaltigem Aether und stellt eine farblose, sirupartige, leicht entzündliche Flüssigkeit dar, die an der Luft rasch verdunstet und ein an der Unterlage fest haftendes, firnisartiges Häutchen zurücklässt. Man verwendet Kollodium zum Ver« schliessen oder Bedecken von kleinen Wunden, Frostbeulen, in der Photographie (1850 von Le G r a y erfunden) zur Darstellung von Negativbildern, als Elektrophor, für künstliche Blumen, in der Gärtnerei als Ersatz von Baumwachs, zur Herstellung von Sprenggelatine oder Nitrogelatine (ein 1875 von A. N o b e l erfundenes Spreng» mittel, bestehend aus 91 bis 93°/o Nitroglyzerin und 7 bis 9°/o Kollodiumwolle). Für medizinische Zwecke liefert Kollodium mit Rizinusöl oder Terpentin gemischt das Collödium elästicum, mit Aether und Spanischen Fliegen (Lytta vesícatóría L.) das blasenziehende, olivgrüne Collödium canlharídátum. Durch Behandlung mit Kampfer unter hohem Druck und Erhitzen (bis auf 130°) erhält man das harte, hornartige, durchscheinende, geruchlose, elastische, schwer zerbrechliche, leicht färbbare, in der Wärme plastisch werdende, aber leicht entzündliche Zelluloid oder Zell» horn (Ballistit, Cordit, Pegamoid), das als Ersatz für Hartgummi, Elfenbein und Schildpatt zu Kämmen, Haar» pfeilen, Klammern, Schmucksachen, Billardbällen, Schirm«, Bürsten« und Messergriffen, chirurgischen Instrumenten, Gebissen, Klischees, zu photographischen Trockenplatten und Films, zu Wassermessern usw. verarbeitet wird. Dagegen ist es noch nicht gelungen, aus dem Rindenbast der Baumwolle eine spinnfähige Faser herzustellen; Schuld daran ist das Fehlen einer billigen und leistungsfähigen Schälmaschine. Doch wird dieser zur Papierfabrikation ver» wendet. Die früher unbeachteten oder nur als Viehfutter benützten Samen werden seit 1783 (in grösserem Umfange erst seit 1852) zur Oelpressung verwendet. Die der Haare beraubten Samen enthalten 15 bis 30% fettes Oel (Baumwollsaat» oder Cottonöl, Ó l e u m Go s s y p i i ) , (7) 11, 11% Wasser, 19,69% stickstoffhaltige Substanzen, 2 3 ,43% stickstoffreie Extraktivstoffe, 2 1 , 1 % Rohfaser, 0,02% TíO j (nach C z a p e k ) und 3 , 8 % Asche. Das Oel selbst setzt sich zusammen aus etwa 7 0 % Palmitin, den Glyzeriden der Oel» und Linolsäure, anscheinend auch Arachin» und Stearinsäure, ferner aus geringen Mengen von Oxyfettsäure und Cottonölsäure, einem aldehydartigen Körper, Cholin und Betain. Seit 1880 wird das Oel namentlich in Nordamerika, neuerdings auch in Aegypten und Ostindien, wo es für Olivenöl ausgegeben wird, gewonnen. Es dient als Salat» und Speiseöl, als Verschnittöl und zur Verfälschung von Erdnuss», Oliven», Sesam» und Rizinus»Oel, zur Herstellung von Margarine; die unreinen Teile werden zu Seifen, Kerzen, Waschpulvern, Glyzerin, Olein, Schmieröl und Kitt verarbeitet. Das Oel ist im rohen Zustande braunschwarz bis rot, nach der Reinigung mit Kalilauge rot» gelb und hat einen angenehmen Geschmack. Ehedem wurden die Samen ( S é me n G o s s y p i i oder s. b o m» b ä c i s ) wie Leinsamen zu Schleim abgekocht. Die aus den geschälten Samen gewonnenen Pressrückstände liefern ein wertvolles Kraftfutter, das gemischt mit Weizenmehl auch als menschliches Nahrungsmittel in Betracht kommen kann und zwar als Fleischersatz. Es enthält nämlich 4 3 ,3 % Eiweiss, 14, 3% Fett und 16, 7% stick» stoffreie Extraktivstoffe. Die Rinde ( C ó r t e x r á d í c í s g o s s y p i i ) soll eine ähnliche Wirkung wie das Mutter« körn besitzen und wird in Nordamerika vom Volke wie jenes verwendet; in Ostindien gilt sie als Diuretikum. Die Blüten enthalten als Glykosid den Farbstoff Gossypetin von der Formel (nach P e r k i n ) CieHioOe oder CuHisOs, der 6 Hydroxylgruppen aufweist und mit dem Myricetin isomer ist. Wie andere Flavonfarbstoffe

463 gibt Gossypetin ein Monokaliumsalz, das beim Kochen einer alkoholischen Gossypetinlösung mit Kaliumacetat als orangegelbes, kristallinisches Pulver erhalten wird. Neben dem Gossypetin ist auch das Glukosid Gossypitrin (C 21 H20O 18 + 2 H2 O) in den Blüten nachgewiesen worden. Die Baumwollstaude hat unter einer ganzen Anzahl von Schädlingen und Krankheiten zu leiden. Am gefährlichsten ist der mexikanische Kapselrüssler, Pikudo, „boll weevil“ ( A n t h ö n o m u s g r ä n d i s Boh.), ein 5 mm langes, graues Käferchen, das seine Eier in die Blütenknospen und in die jungen Kapseln legt, dann die Raupe („Curuqueri“) des unscheinbaren Schmetterlings A l e t i a a r g i l l a c e a Hübn., die Grosse Kapselraupe oder „boll worm“ ( H e l i ö t h i s ä r m i g e r Hübn.), von kosmopolitischer Verbreitung, die Erd»Raupen verschiedener Eulen, Blattläuse, Zikaden, Wanzen, Heu« schrecken usw., daneben eine Reihe von Krankheiten hervorgerufen durch Pilze, Bakterien, wie die sogen. Mosaik« und Gelbfleckenkrankheit, der Keimlingsbrand, Anthraknose oder Kapselbrand, Kapselfäule, Welk« krankheit (wilt dease), Wurzelfäule (root rot) usw. — T e r a t o l o g i s c h e B i l d u n g e n sind bei den Malvaceen häufig beobachtet worden. Meist beziehen sie sich auf Unregelmässigkeiten in der Blüte. So sah G a g n e « p a i n bei Althaea hirsuta Blüten mit sehr vermehrter Anzahl von Fruchtblättern und Verminderung in der Zahl der Staubblätter. Malva moschata wurde mit veränderten Blütenstielen und den dazu gehörigen Trag» blättern beobachtet. Gefülltblütige Formen sind von derselben Art, sowie z. B. von Malva rotundifolia und Althaea rosea (vgl. dort) bekannt und werden auch häufig gezogen. L a p e y r o u s e beschreibt bei Malva silvestris eine Vergrünung der Blüten; P e n z i g beobachtete bei derselben Art eine solche, bei der an Stelle der Kronblätter lang gestielte Laubblätter getreten waren. Stengelverbänderungen sind häufig. Von Althaea rosea werden auch Ring»Fasziation, sowie Verwachsung von Laubblättern und Aszidien»Bildung gemeldet. Durch Verletzung der Hauptachse von Hibiscus Rosa»Sinensis erhielt B l a s i n g h e m allerhand Abweichungen an den Ersatzsprossen. Bei Abelmoschus esculentus beschreibt H a r r i s eine Prolifikation der Früchte. Durch» wachsung der Kapseln, d. h. Auftreten einer kleinen Kapsel innerhalb der normalen Frucht wurde von H. tiliaceus durch D e 1a v a u d abgebildet. J u n g e fand bei dieser Gattung trikotyle Embryonen. Bei Gossypium wurden die Keimblätter wechselständig und durch ein Stengelglied voneinander getrennt beobachtet (weitere Angaben vgl. P e n z i g , O. Pflanzen»Teratologie. Bd. II, pag. 162 u. f., 1923). 1. Frucht in Dsamige Teilfrüchtchen (Fig. 1973 c, d) zerfallend. Aussenkelch vorhanden (falls fehlend, vgl. S i d a 1c e a pag. 455 und S i d a pag. 4 5 6 ) ................................................................................................................. 2. 1*. Frucht eine aufspringende Kapsel (Fig. 1969) mit mehreren mehrsamigen Fächern . . . . 5. 2. Aussenkelch aus 6 bis 9 verwachsenen Hochblättern bestehend . . . . A l t h a e a CCCCLXIX. 2*. Aussenkelch aus 3 (seltener 2) Hochblättern b e ste h e n d ......................................................................3. 3. Fruchtblätter auf dem kugeligen Blütenboden kopfig g e h ä u f t......................M a l o p e (pag. 455). 3*. Fruchtblätter um die Blütenachse kranzförmig an g eo rd n et.................................................................4. 4. Aussenkelchblätter 2 oder 3, frei, am Kelchgrund eingefügt . . . . M a l v a nr. CCCCLXXI. 4*. Aussenkelchblätter zu einer unter dem Kelche eingefügten, 3»spaltigen Hülle verwachsen . . . ................................................................................................................................................ L a v a t e r a CCCCLXX. 5. Aussenkelch vielspaltig. Kapsel fa c h s p a ltig ......................................................H i b i s c u s (pag. 458). 5*. Aussenkelch fehlend. Kapsel nur oben aufspringend......................................A b u t i l o n (pag. 456).

CCCCLXIX. Althaea1) L (= Älcea L). Eibisch, Stockrose. Franz.: Guimauve; engl.: Althaea; ital.: Altea (Grödner.-ladin.: Melva). Meist ausdauernde, seltener 1«jährige, filzig behaarte Gewächse mit gelappten oder geteilten Laubblättern. Blüten zuweilen in wickeligen Gruppen, aus den Blattachseln hervor* tretend; diese mitunter wiederum traubig angeordnet. Hüllkelch 6* bis 9*spaltig. Reife Früchtchen in der Mitte eingedrückt, von der Mittelsäule nicht überragt, abfallend oder nicht aufspringend, zuweilen von einem häutigen, gefurchten Rande umzogen. Die Gattung ist mit etwa 15 Arten in der gemässigten Zone der Alten Welt vertreten und zerfällt in die beiden Sektionen Ä l c e a (Früchtchen auf dem Rücken tiefrinnig, an den Rändern scharf; Griffelpolster kegelförmig) und A l t h a e d s t r u m (Früchtchen auf dem Rücken gewölbt, an den Rändern abgerundet). Zu der erstgenannten Gruppe zählen A. r ö s e a Cav. und A. p ä l l i d a Waldst. et Kit., zur zweiten A. o f f i c i » l) Nach T h e o p h r a s t nannten die Arkadier die [¿aXccxtj a y q ia [maläche agria] = wilde Malve auch aX&aict [althaia] oder dX&Ea [althea], vom griech. «Xd-eXv [althein] = heilen bezw. cltöos [älthos] = Heilmittel. Die Be» Schreibung des Theophrast scheint sich auf Abutilon Avicennae zu beziehen, wogegen die des D i o s k u r i d e s gut zu Althaea«Arten passt. P l i n i u s zählt Althaea (vielleicht A. hirsuta) zu den Malvae silvestres.

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4 64 n ä l i s L., A. c a n n ä b i n a L., A. h i r s ü t a L., A. N a r b o n e n s i s Willd. und A. T a u r i n e n s i s DC. In Mitteleuropa treten als ursprünglich einheimisch oder alteingebürgert nur A. o f f i c i n a l i s , A. h i r s u t a und A. p a l l i d a auf. Eine uralte und weitverbreitete Garlenzierpflanze ist A l t h a e a r o s e a Cav., Gemeine, Schwarze oder Chinesische S t o c k r o s e . Franz.: Rose tremiere; engl.: Hollyhock; ital.: Rosoni, malva rosa. Nach den grossen, rosenähnlichen (im Herbste erscheinenden Blüten) heisst die Pflanze: K la p p r o s e (Bremen), B u r r o s e n (Lübeck), S t o c k r o s e , S t a n g e n b l o m (Nahegebiet), S t a n g e ( n ) r o s (Eisass, Schweiz); B u a b a r o s e , S t i c k e l r o s a , S t i g b l u a m a (St. Gallen), S a m m e t r o s e (Zürich), C h o l r o s e (Oberbaden), B ä b l r o s n (Nieder» Österreich), H a l s r o s e [gegen Halsweh] (Nahegebiet), S a at » , H e r b s t r o s e(n) (Schweiz). Zu P o p e l , P ä p p e l vgl. Malva pag. 474. Fig. 1971, 1972 und Fig. 1978 s und t. Pflanze 1» oder 2=jährig (bis ausdauernd), 1 bis 3 m hoch. Stengel steif aufrecht, zerstreut rauhhaarig. Laubblätter lang gestielt, meist 5» bis 7»lappig, mit herzförmigem Grunde, gekerbt, runzelig, steithaarig»filzig. Blüten gross (offen 6 bis 10 cm breit), einzeln oder zu 2 bis 4 in den Blattwinkeln, die oberen sitzend oder fast sitzend, eine lange Aehre bildend. Aussen» kelch bedeutend kürzer als der Kelch (Fig. 1971 d). Kronblätter weiss, karminrot bis schwarzpurpurn oder schwarzbraun, bis gelb, breiter als lang, bis 4 cm lang und 5 bis 6 cm breit, mit den Rändern sich deckend, am Grunde gehärtet, am Rande seicht ausgerandet, oft gefüllt. Staubbeutel gelblich. Reife Früchtchen in der Mitte eingedrückt, von einem häutigen, gefurchten Rande umzogen; Teilfrüchtchen am Rande nicht gezähnt, kahl. — VII bis IX. Wild angeblich im Orient, auf der Balkanhalbinsel und Kreta, vielleicht aber daselbst wie auch in Italien und Südfrankreich nur eingebürgert. Nach B e c k nur eine Kulturrasse der A. p a l l i d a Waldst. et Kit. In Mitteleuropa seit dem 16. Jahrhundert sehr häufig kultiviert, namentlich in Bauerngärten. Völlig ein» gebürgert im Küstenland [z. B. Pola), in Südtirol (z. B. Bozen) und im Wallis (Valere bei Sitten); anderwärts öfters verwildert, so im Rheintal (z. B. bei Ilvesheim), in Thüringen (mehrfach bei Erfurt, früher feldmässig gebaut), in Württemberg, Bayern (z. B. Schweinfurt), Nordtirol und in der Schweiz (Orbe, Vevey, Solo» thurn). — Die Herkunft dieser Pflanze ist dunkel. Während die einen Autoren (z. B. schon Caspar Ba u» hi n) die Garten» und Baummalve der Alten, des Capi» tulare de villis, des Albertus M a g n u s usw. zu er» kennen glauben (vgl. Anm. pag. 472), schliesst F i s c h e r » B e n z o n aus dem Umstand, dass die ersten sicheren Angaben im 16. Jahrhundert auftreten, dass die Stock» rose erst ähnlich wie die Tulpen durch die Türken aus dem Orient gebracht worden sei. Hieronymus B o c k , der die Pflanze 1551 als Herbst»1) oder Ern» (Ernd») Rose und Römische Pappeln beschreibt, kannte bereits mehrere Farbenspielarten. Zu Metz hiess sie nach ihm Rose ultramarin. Spätere Autoren wie M a t t h i o l i , T a b e r n a e m o n t a n u S j B a u h i n u . a. nannten sie Malva hortensis oder rosea, Gartenpappel, Herbst» oder Winter» rose. — Die Blüten der Stockrose enthalten einen weinroten Farbstoff, das A l t h a e i n , das nachR. W i l l s t ä t t e r Jhd Karl M a r t i n wie das ihm ähnliche Myrtillin ein Mono» glukosid des Myrtillidins darstellt und früher zu ver» schiedenen technischen Zwecken (Drucken), besonders aber zur künstlichen Färbung von Rotwein, Likören und Fig. 1971. A lt h a e a r o s e a Cav. a und b Blühende Triebe. Sirup verwendet wurde. Aus diesem Grunde waren v o r c Geschlechtssäule zu Beginn des weiblichen Stadiums, d Frucht. allem die Blüten der „schwarzen“ Malve (var. nigra) von e Samen. Weinhändlern sehr gesucht. V or mehreren Jahrzehnten hat die Bayerische Regierung Untersuchungen über die chemische Natur des Farbstoffes angeregt, die dann von L. A. B ü c h n e r , F. E l s n e r , vor allem von E. K o pp sowie später von R. G l a n und V. G r a f e aus» geführt worden. Die Vermehrung der in vielen Formen, besonders in England gezüchteten, äusserst malerisch wirkenden Staude geschieht am einfachsten durch Abtrennen des an den zweijährigen Pflanzen gegen den*) *) Auch im Herbarium von R o s t i u s (in Lund, 1610) wird A. r o s e a (flore pleno) als R ö s a s e p» t e m b r i s , Herps (Herbst)rosen genannt.

4 65 Herbst zu in der Nähe des Wurzelhalses entstehenden Laubsprosses oder aber zeitraubender aus Samen. Für die Kultur ist ein kräftiger, durchlässiger Boden erforderlich. In den ausgesprochen proterandrischen Blüten wird der Nektar von den 5 am Grunde des Kelches zwischen den Lücken der Kronblattbasen befindlichen gelben Stellen abgesondert; die behaarten Kronblätter schützen ihn vor Regen und kleinen Insekten. Bei ausbleibendem Insektenbesuch — in Betracht kommt die Honigbiene und Hummeln — tritt zuletzt Selbst­ bestäubung ein, indem die Narben sich zwischen die noch nicht ganz entleerten Staubbeutel zurückkrümmen. Als F l ö r e s M ä l v a e a r b ö r e a e oder h o r t e n s i s waren die getrockneten Blüten der dunkelvioletten Sorte gegen Husten ein beliebtes Volksheilmittel; zuweilen wurden sie zu diesem Zwecke mit Wollblumen gemischt. Ebenso kommen sie allein oder zusammen mit Salbeiblättern abgekocht als Gurgelwasser in Betracht, auch zu Dämpfen bei Ohrenleiden. Die Pflanze liebt sonnige .Lagen und tiefe, humusreiche Böden. Sie wird auch als Nachzucht auf Kartoffeläckern oder Kornfeldern empfohlen. Ab und zu wird Althaea rosea auf Eisenbahndämmen, an Flussufern, auf Schutthaufen, an Zäunen, in Weinbergen usw. als Gartenflüchtling angetroffen. Die gefülltblütigen Varietäten dieser Art werden sehr häufig in Gärten ge­ zogen. Die Füllung wird bei ihnen nach P e n z i g fast aus­ schliesslich durch corollinische Ausbildung der Staub­ blätter hervorgebracht. Je nach den Varietäten können diese petaloiden Organe dichte Knäuel im Blüteninneren bilden oder, ausgebreitet, den echten Kronblättern auch in der Gestalt ähnlich sein. Meist ist dann das Gynaeceum solcher Blüten petaloid. Weit seltener er­ folgt die Füllung durch Vermehrung der Kronblattkreise. Zur Füllung gesellt sich ziemlich häufig auch eine Durch­ wachsung der Blüten. Bei gewissen Handels-Sorten (z. B. Passerose Harlequin) wird sogar eine Art von Füllung durch das Auftreten zahlreicher Blütenknospen in den Achseln der Staubblätter bedingt. Bisweilen treten auch andere Umbildungen auf. So wurde von M a s s a l o n g o in gefüllten Blüten die Umwandlung einzelner Staubblätter in Fruchtblätter beobachtet. Als ausgesprochene Missbildung wurde von demselben Forscher ein Stock beschrieben, an dem in allen Blüten, bei regelmässig entwickeltem Aussen» und Innenkelch die Krone aus einem einzigen Kronblatt bestand, vor dem epipetal, mit seinem Grunde zusammenhängend, ein _ . , . . , . , Fig. 1972. A lt h a e a r o s e a Cav. Blühende Pflanzen. Staubblattbundel oder, wenn man will, ein einziges, verPhot. B. H a ld y , Mainz. zweigtes Staubblatt stand. Ueber die Beziehungen zwischen der Befruchtung und den postfloralen Blüten- bezw. Fruchtstielbewegungen vgl. E. M. S c h m i t t (Zeit­ schrift für Botanik, 1922). Eine Form mit bis über die Mitte 7-lappigen Laubblättern (die obersten 3-lappig und spiessförmig) ist die var. S i b t h ö r p i i (Boiss.) Baker ( = Älcea rösea var. Sibthorpii Boiss., = A. ficifölia Gouan non L., = Althaea rosea var. ficifölia auct. non Cav.). Verschleppt auf Schutt bei Solothurn (1916). Die echte A. ficifölia (L.) Cav. aus der Ukraine, Armenien, Persien und Südsibirien bis zum Altai wird nach B o i s s i e r in Europa nicht kultiviert. — A. c a n n ä b i n a L., die H a n f - S t o c k r o s e , eine 1 bis 1, 5m hohe, rauhhaarige Staude mit entfernten, tief 5» bis 7-teiligen, scharf gesägten Laubblättern und lang gestielten, einzeln oder zu 2 stehenden Blüten liefert sehr feste Fasern, wird aber nirgends im grossen gebaut. Sie ist eine südeuropäisch-westasiatische Art, die in der Karstheide im Küstenlande (bei Monfalcone, Triest, Duino, Fiume), nicht aber in Niederösterreich (vor 1756 an den Adelsberger Weingärten bei Bruck an der Leitha, angeblich auf dem Bisamberge) auftritt. Ausserdem verwildert in der Pfalz (Dürkheim 1901), im Güterbahnhof Zürich (1917/19) und angeblich in Südtirol (Gardasee, Val Tesino). — Die mediterrane A. T a u r i n e n s i s DC. wurde einmal am Erfurter Güterbahnhof adventiv beobachtet. 1. Sprosse dicht weichhaarig bis sammtig. Blüten in kurzen, aber meist mehr als 3-blütigen Trauben. A. o f f i c i n a l i s nr. 1891. 1*. Sprosse steifhaarig oder locker sternhaarig-filzig. Blüten einzeln oder paarweise in den Blatt« achsein 2 2. Blütenstiele länger als die Blüten und die Tragblätter. Obere Laubblätter handförmig gespalten. 3.

.................................................................................................................................. .

4 66 2*. Blütenstiele kürzer als die Laubblätter, die oberen auch kürzer als die Blüten. Alle Laubblätter nur stumpf g e la p p t ...................................................................................................................................................................... 4. 3. Einjährig, unter V2 m hoch. Kronblätter bleich, ± l 1/2 cm lang. Antheren gelb. A. h i r s u t a nr. 1892. 3*. Ausdauernd, oft über 1 m hoch. Kronblätter rosa, l 1/2 bis 2 1/2 cm lang. Antheren purpurn. A. c a n n a b i n a pag. 465. 4. Aussenkelchblätter fast so lang und breit wie die l 1/2 bis 2 cm langen Kelchblätter. Kronblätter tief ausgerandet, bleichlila. Pannonische A r t ........................................................................... A. p a l l í da nr. 1890. 4*. Aussenkelchblätter kürzer als die Kelchblätter. Kronblätter weniger tief ausgerandet, meist rot, rosa, weiss oder hellgelb. Als „Stockrose“ oder „Pappelrose“ häufig kultiviert . . . A. r o s e a pag. 464.

1890.

Althaea pállída Waldst. et Kit.

Blasse Stoc kro se.

Fig. 1973.

Zweijährige, 50 bis 150 cm hohe Pflanze. Wurzel spindelförmig, ästig. Stengel auf* recht, einfach oder ästig, wie die Blatt* und Blütenstiele von Sternhaaren und von büschelig gestellten Haaren filzig*rauh. Laubblätter gestielt, eirundlich, stets länger als breit, am Grunde fast herzförmig, am Rande ungleich gekerbt, von fast lauter einfachen Haaren rauh, mit rundlichen, stumpfen Lappen oder fast ungeteilt; die untersten am grössten (bis 15 cm breit), die obersten klein, mit etwas spitzeren Lappen. Nebenblätter lanzettlich, meist gespalten. Blüten einzeln oder zu 2 bis 3, mit kurzen, dicken Stielen, ausgebreitet, bis 8 cm breit, zu einer lockeren, langgestreckten Traube zusammen* gestellt; Blütenstiele höchstens so lang als der Kelch und stets kürzer als der Stiel des Tragblattes. Aussenkelch 6*spaltig, mit spitzen, eiförmigen Abschnitten, filzig*borstig, fast so lang als der Kelch. Kronblätter aus keilförmigem Grunde verkehrt*eiförmig, länger als breit, mit den Rändern einander nicht deckend, rosenrot oder lila, am Grunde schwefelgelb und bebärtet, vorn ausgerandet, fast 2*lappig (Fig. 1973 b). Staubbeutel gelb. Früchtchen am Rücken gezähnt (Fig. 1973d), anfangs borstenhaarig, später ver* kahlend. Samen mit weisslichen Höckerchen besetzt. — VII bis IX. Selten und meist unbeständig auf Schuttplätzen, an steinigen Rainen, auf Feldern, in Weinbergen, Hecken und auf Heiden. Nur im Bereiche der pannonischen Flora sich dauernd haltend. In O e s t e r r e i c h in Mähren bei Kromau, Znaim, Gruss. bach, Misslitz, Nikolsburg, Brünn, Eibensdiitz usw .; in Nieder» Österreich bei Simmering, Laa, Klederling, Himberg, Guntramsdorf, Jetzelsdorf nächst Haugsdorf, Baden, Soos, Vöslau, ebenso bei Korneu» bürg und Hadres. — In D e u t s c h l a n d nur auf dem Südbahnhof München adventiv festgestellt. — Fehlt in der S c h w e i z . Fig. 1973. A lt h a e a p a l l i d a Waldst. et Kit. a, «i Blühender Spross, b Blüte, c Frucht. d Teilfrüchtchen, e Samen.

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Südost*Europa, von Ungarn (Mähren, Niederösterreich) und der Lombardei südöstlich durch den ganzen Balkan bis Südrussland; Bithynien. Eingeschleppt in Südfrankreich.

Die orientalische Art, die auch als die Stammart der Stockrose (Althaea rosea) angesehen wird, scheint im Gebiete der Mitteleuropäischen Flora meist nur unbeständig zu sein und ihre Siedelungen ständig zu wechseln. In den siebenbürgischen Steppen erscheint sie zusammen mit Stipa» und Andropogon»Arten, Adonis vernalis, Anemone montana, Ranunculus Illyricus, Filipéndula hexapetala, verschiedenen Astragalus» Arten, Onosma arenarium, Digitalis lanata, Inula hirta, Artemisia Pontica und A. campestrls und einer weiteren

467 grossen Zahl oft sdiön blühender Stauden. Der Stengel trägt bei ungestörter Entwicklung in den Achseln der oberen Laubblätter kurzgestielte, in Büscheln angeordnete Blüten. Wird er aber gestutzt, so spriessen nach K e r n e r aus den Achseln der übriggebliebenen Laubblätter kurze Triebe hervor, die lang gestielte, kleine Blüten tragen.

1891. Althaea officinälisx) L. E i b i s c h , Heilwurz, Sammetpappel. Franz.: Guimauve sauvage, bourdon de Saint Jacques; engl.: Marsh mallow, white mallow, moorish mallow ; itah: Bismalva, benefischi, malvavisco, malvaccioni. Fig. 1974, 1975 und 1983 a bis c. Das Wort E i b i s c h , das bereits im Althochdeutschen als ibisca (mhd. ibische) auftritt, ist aus dem griech.dat. ibiscum entlehnt. In der Schweiz wird es als I b i s c h , I b s c h e , I s p e , I b s c h g e , I bs t e , H ü b s c h e usw. gesprochen. Gar sonderbare Verwandlungen erleidet das Wort „Althaea“ im Volksmunde. In der Pfalz und in Sachsen wird ein A l t t h e e , a l t e r T h e e , in Oberösterreich sogar eine „ a l t e E h “ daraus.

Ausdauernde, 60 bis 150 (200) cm hohe, filzig behaarte Pflanze. Wurzel Spindel* förmig, frühzeitig durch einen didcen, walzlichen, wagrecht kriechenden, ästigen, arm* faserigen Wurzelstock ersetzt. Stengel aufrecht, einfach oder wenig verzweigt, dicht büschelhaarig*filzig. Laubblätter ziemlich kurz gestielt, dick, beiderseits dicht sammtig*weichfilzig, grau bis grau* grün, seidig glänzend, spitz, länger als breit, am Rande unregelmässig gekerbt* gesägt, zwischen den Adern gefaltet; die unteren dreieckig*herzförmig, spitz, 3* bis 5*lappig, mit unterseits stark hervortretenden Nerven, mittlere und obere Stengelblätter ungleich eiförmig, zugespitzt, schwach 3* bis 5*teilig, aber weniger tief gelappt. Nebenblätter lineal, etwa 1 cm lang, fast bis zum Grunde geteilt, dicht sternhaarig. Blüten bis 5 cm breit, in blattwinkelständigen und endständigen, armblütigen Trauben, mit kurzen, sternhaarfilzigen Stielen. Aussenkelchblätter 8 bis 10, am Grunde verwachsen, eiförmig, etwa 1 cm lang, Fig. 1974. A lt h a e a o f f i c i n a l i s L. a Blühender Spross, b Blüte von unten. c Geschlechtssäule, d Frucht, e Samen. / Ausschnitt aus dem Laubblatt zugespitzt, mit Ausnahme der unteren mit Spaltöffnungen und Büschelhaaren, g Keimpflanze (stark vergrössert). Hälfte der Oberseite filzig behaart. Kronblätter 3*eckig*verkehrt*herzförmig, seidig glänzend, 12 bis 20 mm lang, vorn seicht aus* gerandet, oberseits nach dem Grunde zu papillös, am Grunde bärtig, weiss oder hellrosa (Fig. 1974b). Staubblätter bis 12 mm lang; Staubfäden schwach flaumig, hellviolett; Staub* beutel purpurrot. Fruchtknoten filzig behaart. Früchtchen auf dem Rücken konvex, nicht rinnig, an den Rändern abgerundet, glatt oder gekörnelt rauh, dicht filzig. — VII bis IX. ’) Diese Art ist wohl der ißiaxog [ibiskos] (vgl. Anm. 1 pag. 458), die txX&aicc [althaia] und nheiotoXo%eLa [pleistolocheia], bei P l i n i u s plistolochia der antiken Autoren. Wegen ihrer besonderen Heilkraft nannte man sie auch Dialthaea und Bismalva (uismalva in spätlateinischen Glossaren, Mismalva im Capitulare de villis usw., daraus auch das französische guimauve). A l b e r t u s M a g n u s nennt sie altea, bismalva, malvaviscus (wohl aus Malva hibiscus), K o n r a d von M e g e n b e r g alcea, bismalva, weizpapel, die heilige H i l d e g a r d ybischa. Im 16. Jahrhundert wurde sie allgemein (z. B. bei T h a l 1577 und im Hortus Eystettensis (1597) Althaea vulgaris genannt.

468 Stellenweise auf feuchten Wiesen, im Ufergebüsch, in feuchten Hecken, auf Viehweiden, in Gräben der Ebene; besonders auf kalb oder salzhaltigen Böden (Meeresstrand, Salinen) und hier vielleicht einzig ursprünglich. Ausserdem hie und da aus Gärten verwildert und eingebürgert. In D e u t s c h l a n d wild oder doch alteingebürgert an der Ostseeküste von Usedom bis Schleswig (sehr zerstreut), vielleicht auch auf den Salzstellen des Binnenlandes in Posen (Kreise Strelno und Hohensalza), in der Altmark, in Hannover (z. B. Königshorst), um Magdeburg, in Thüringen (z. B. um Erfurt), Sachsen (mehrfach bei Leipzig), im Mittelrhein» (z. B. in der Vorderpfalz bei Frankenthal, Oggersheim, Dürkheim, Maxdorf, Eiers» heimer Mühle, Erpolzheim, Lambsheim, Mutterstadt, Speyerdorf, Bernhardsgraben bei Neustadt, früher auch bei Eppstein und Landau) und dm Untermaingebiet; im übrigen Deutschland häufig kultiviert und öfters verwildert, so insbesondere in Franken (namentlich um Bamberg, Nürnberg, Erlangen und Schweinfurt, angeblich wild um Schweinfurt, Grettstadt und Münnerstadt), in der Nieder» lausitz (bei Schwiebus, Sorau, Schönwalde, Sommerfeld, Pforten, Forst, KL Jamno), vereinzelt auch im übrigen Brandenburg, in Ostpreussen (Schleuse bei Heiligenbeil), Westpreussen (Niederfelde bei Danzig, Nieschewken bei Thorn), Schlesien und Sachsen (mehrfach), Südbayern (z. B. München, Bad Oberdorf, Lindau, Helfkam bei Deggendorf [Aug. 1916]), Württemberg, Baden (Oberrhein» undTauber» tal), Eisass (Burgfelden), am Harz (Krottorf bei Aschers» leben) und Westfalen, dagegen anscheinend nirgends an der Nordseeküste. — In O e s t e r r e i c h wild wohl nur an der Donau und deren grösseren Zuflüssen (in Mähren besonders an der March, Thaya, Iglawa und Schwarzawa (verwildert z. B. bei Tuczap unweit Holleschau, Wsetin, Mistek, Pittlach bei Saitz); in Böhmen bei Podöbrad, Neratowitz,Saidschitz,Sadskausw.;inNiederösterreich (be» sonders im Marchfeld), in der unteren Steiermark und Krain im Gebiet der Pannonischen Flora ziemlich verbreitet; im Küstenland in Istrien, im Karstgebiet und Unter» friaul in den Flusstälern ziemlich verbreitet; vielleicht auch im südlichsten Tirol (z. B. Brentonico, Val di Ledro, Valsugana, im Etschtal vereinzelt bis gegen Bozen, im Vintschgau wohl nur verwildert oder adventiv). Im übrigen Alpengebiet öfters verwildert, so z. B. in Kärnten (z. B. Malta», Möll», Lesach» und Gailtal, im |Drautal bis Lienz in Tirol), Salzburg und Nordtirol (z. B. im Inns» brucker Tiergarten, in Vorarlberg bei Tosters und Gisingerau). — In der S c h w e i z sicher nur verwildert, so z. B. bei Basel (Birsfelden 1916), Mumpf, Brugg, um Schöftland, im Rhonetal vielfach um den Genfersee, bei Vouvry, Sitten und Chippis, ferner bei Lugano, im Reusstal, am Randen usw.

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Sibirien bis zum Alatau und Altai, Stromgebiete des Kaspischen, Schwarzen und östlichen Mittelländischen Meeres, sowie der südlichen Ostsee (vereinzelt bis Pommern, Schonen und Süd*Dänemark); im westlichen Mittelmeergebiet und Atlantischen Europa (bis Irland, England und Holland) wohl nur eingebürgert. Eingeschleppt in Nordamerika in den Salzmarschen der Küsten von Massachusetts, New-York und Penn* sylvanien. Die Art ist hinsichtlich ihrer Blütengrösse veränderlich. Pflanzen mit 15 bis 20 mm langen Krön» blättern werden als var. t y p i c a Beck, solche mit nur 10 bis 1 2mm langen als var. m i c r ä n t h a (Wiesb.) Beck bezeichnet; doch finden sich bisweilen beide Extreme an derselben Pflanze. — var. a m b i g u a Rouy et Foucaud. Laubblätter grüner, weicher. Blüten einzeln in den Laubblattachseln, auf sehr kurzen Stielen. Althaea officinalis ist eine ponüsche Stromtalpflanze und tritt in der ungarischen Tiefebene z. B. an der Donau und an der Theiss in grossen Mengen in Glycyrrhiza echinata»Buschbeständen auf. In Mitteleuropa besiedelt sie gern salz», namentlich kalihaltige, häufig auch ± stark ammoniakalische Böden. Als fakultative

469 Salzpflanze ist sie nach D r u d e z. B. auf den salzgeschwängerten Böden bei Numburg, in der Umgebung der Mansfelder Seen und im Magdeburger Salzgebiete häufig mit Lavatera Thuringiaca zu finden. An anderen Orten dieses Gebietes schliesst sie sich einer Ruderaltrift an, die durch das Vorherrschen von Rumex maritimus, Atriplex hastatum (mit der var. salinum), anderen Chenopodiaceen, vielen gewöhnlichen Cruciferen usw. aus® gezeichnet ist. Im südlichen Mähren zählt sie, vereinigt mit Heleochloa schoenoides, Crypsis aculeata, Atropis distans, Suaeda maritima, Spergularia salina, Bupleurum tenuissimum und Scorzonera parviflora zu den Be» standteilen der Salicornia herbacea»Bestände. Audi den an Halophyten reichen mittelböhmischen Talwiesen ist sie nicht fremd. Ihre Vorliebe für Salzböden erklärt z. T. ihr häufiges ruderales Auftreten auf Schuttplätzen und anderen stark ammoniakalisdien Orten. Der natürliche Verlauf der westlichen Verbreitungsgrenze ist unsicher, da die Pflanze seit dem 9. Jahrhundert auf Grund der Verordnung Karls des Grossen als Heilpflanze gezogen worden ist, und vielfach aus den Gärten, in denen sie gegenwärtig noch allgemein eine Heimstätte besitzt, verwildert. Die Verbreitung der Samen erfolgt durch das Wasser, durch Vögel und Säugetiere. Im grossen wird die Pflanze gegenwärtig besonders bei Gochsheim unweit Schweinfurt und im „Knoblauchlande“ bei Nürnberg (der nördlichen Umgebung der Stadt) angebaut. Die Länge des Anbaugebietes zwischen Nürn» berg und Erlangen wird mit 7, die Breite mit 2 Stunden angegeben. Die Pflanze wird dort neben Gemüsen, Spargel usw. gepflanzt. Kleinere Anbaugebiete liegen bei Ulm, Salzkotten in Westfalen, Jena»Löbnitz und Schlaufach, in Belgien im südlichen Hennegau in der Nähe der französischen Grenze. In Ungarn werden nur wildwachsende Pflanzen verwendet. Auch in Italien fehlt der Anbau. In Böhmen ergaben Versuchsanlagen 18S7 kein befriedigendes Ergebnis. Die Vermehrung geschieht entweder durch Wurzelteilung (bei Nürnberg nur auf diese Weise) oder durch Aussaat, aus der die jungen Pflänzchen im günstigen Falle bereits nach 21 Tagen erscheinen. Die Ernte ergab bei Nürnberg nach W a g n e r (in R o s s und E s c a l e s , Heil« und Gewürzpflanzen, I. Jahrgang) 1895 150000 kg trockene Wurzeln, 12500 kg trockene Blüten und 125 kg trockene Laubblätter. Später sank das Ergebnis etwas, erreichte aber nach B o s h a r t (1. c.) im Jahre 1917 wieder etwa 70000 bis 80000 kg. Die Schweinfurter Ernte belief sich in der Regel durchschnittlich auf 200000 kg, ist aber gegenwärtig in stetiger Abnahme begriffen und betrug 1918 nur noch 80000 kg. Als Schädlinge machen sich namentlich Erdflöhe (H ä 11i c a »Arten) unliebsam bemerkbar, die die Blattflächen austreibender Pflänzchen siebartig durchlöchern und dadurch oft ganz zum Absterben bringen. Ferner richten auch Flohkäfer ( P o d a g r ä r i a fusci» cörnis) , und Schmetterlingsraupen ( La r e nt i a c e r v i n ä r i a Hb., H e s p e r i a m a l v a r u m Hfsg.) grossen Schaden an. Nach P a t e r nagen Wühlmäuse die Wurzeln wohl an, dringen mit ihrem Frass aber nie bis zum inneren Fleisch vor. Von parasitären Pilzen ist die auch andere Malvaceen befallende P u c c i n i a M a l v a c e ä r u m Mont.1) zu nennen. Sie tritt besonders auf den Unterseiten der Spreiten in Form kleiner, runder Warzen auf, die anfangs rotbraun, später dunkelbraun und zuletzt aschgrau gefärbt sind. — Die Pflanze spielt in der Pharmacopoe eine grosse Rolle. Als Ra di x Althae ae sind die im Herbst oder im Frühjahr gesammelten geschälten und bei35°C getrockneten, gelb» lichweissen, fleischigen Wurzeläste und Nebenwurzeln der zweijährigen, kultivierten Pflanzen offizineil. Sie enthalten 35°/o Schleim, 3 7 % Stärke, 10% Zucker, 2 % Asparagin (dieses wurde bei Althaea entdeckt und zunächst als Al« thaein bezeichnet), ferner Gerbstoff, Fett und 5 % mineralische Bestandteile. Die Droge wird als deckendes Mittel bei Magenleiden und Darmentzündungen, gegen Husten, bei Gonorrhoe, Fluor albus, zu Mund» und Gurgel» wässern, verschiedenen Latwergen, Pillen (das feine Pulver), Breiumschlägen, Sirupen usw. verwendet. Der schon im 17. Jahrhundert aus Basel ( Z w i n g e r , 1696) als Hustenmittel angeführte „Hübscheteig“ ( = Lader» zucker, weisse Reglise) wird gern von Kindern genommen. Diese Althaeen»Paste ( P a s t a Al t ha eae ) wird aus einer Abkochung der Wurzel mit Zucker, arabischem Gummi und Eiweiss hergestellt. Auch zu Tee und zu Salaten wird die Wurzel beigesetzt. Ob sich die Angaben der antiken Autoren wirklich auf Althaea offici» nalis beziehen, ist unsicher; T h e o p h r a s t beschreibt seine Althaea mit gelben Blüten (Abutilon Avicenna?), D i o s k u r i d e s mit rosenroten. H i p p o k r a t e s rühmte Althaea insbesondere als Wundmittel und verordnete dazu eine Abkochung der Wurzel. Ausserdem wurde die Pflanze schon im Altertum als erweichendes Mittel gegen die verschiedenartigsten Geschwülste, gegen Stiche von Bienen und Wespen, Zahn» und Ohrenschmerzen, Nervenleiden, Husten, Durchfall, Steinleiden usw. vielfach benützt. Die Stengel» und Wurzelfasern sollen stellenweise zur Papier»Verfertigung Verwendung finden. — Die Blüten sind als F l Ör e s Al t h a e a e offizinell. Sie werden im Juli oder August gesammelt und kommen getrocknet in den Handel. Sie enthalten Asparagin, Schleim, Zucker, fettes Oel usw. — Die Laubblätter ( F ö l i a Al t h a e a e ) enthalten als wesentlichsten Bestandteil*1873 ‘) Der Pilz ist ursprünglich in Chile heimisch, wurde 1869 das erste Mal in Spanien auf europäischem Boden beobachtet, erschien 1872 in Frankreich, von wo aus er sich mit grosser Geschwindigkeit ausbreitete, 1873 wurde er nach I h n e bereits im Eisass, Baden und Erfurt, 1874 nach R e e s auf Althaea»Kulturen bei Nürnberg, 1878 im nördlichen Schlesien festgestellt, lieber die Entwicklung der Pilzes vgl. z. B. das Referat im Botanischen Zentralblatt, 1912, pag. 575 u. f. zur Arbeit von E r i k s o n , Der Malvenrost (Puccinium Malvacearum Mont.), seine Verbreitung, Natur und Entwicklungsgeschichte, 1911.

4 70 Sdileim und ergeben etwa 15°/o Asdienrückstände. Im Querschnitt (Fig. 1982a und b) zeigen sie nach G i l g auf beiden Spreitenseiten in grosser Zahl sternartige Büschelhaare, indem 3 bis 8 sternförmig auseinander spreizende, l»zellige Haare aus ebensoviel nebeneinander liegenden, aussen verholzten und getüpfelten Epi» dermiszellen entspringen. Ferner besitzen sie kleine Drüsenhaare und spärlich l»zellige Haare mit kolbig ver» dichtem Grunde. Die Zellen sind mit Schleim erfüllt (Fig. 1982 c). Das Mesophyll, das besonders unter den Haarbüscheln grosse Oxalatdrusen, aber weniger Schleimzellen führt, besteht aus einer Schicht von Palisaden* Parenchym und einem w eitsichtigen, löcheren Schwammparenchym. Von den bisweilen als Verfälschung aufgefundenen Laubblättern der L a v a t e r a T h u r i n g i a c a unterscheiden sich ihre Laubblätter nach A u» g u s t i n und S c h w e i t z e r dadurch, dass ihre Zähne länger als breit (bei Lavatera gewöhnlich doppelt so breit als lang) und die Büschelhaare auf der Unterseite der Hauptnerven mit ihrem Grunde zwischen die übrigen Epidermiszellen eingesenkt sind, während sie bei Lavatera auf einem erhöhten Gewebepolster sitzen. Die Eibischblätter werden ihres Schleimgehaltes wegen zu Klistieren, gleichfalls zu Brusttee, Umschlägen an» gewendet; der Absud ist geruch» und geschmachlos. Auch eine gelbe Althaea»Salbe ( U n g u e n t u m Al t h a é a e ) aus Wachs, Schweineschmalz, Eibisch und aus der Wurzel von Curcuma dient beim Landvolke den gleichen Zwecken. — Die proterandrischen Blüten werden von Honig» bienen und Hummeln besucht. Der Nektar wird von 5 am Grunde des Kelches zwischen den Lücken der Kronblatt» basen befindlichen gelben Stellen abgesondert und ist durch die Behaarung der Kronblätter vor Regen und kleinen Insekten geschützt. Bei ausbleibender rechtzeitiger Fremdbestäubung tritt zuletzt spontane Selbstbestäubung ein, indem die Narben sich zwischen die noch nicht ganz entleerten Staubbeutel zurück» krümmen. Nach A. C. C o o p e r geht die Samenschale aus zwei Integumenten hervor, von denen das äussere aus zwei, auch zur Fruchtzeit wohlerhaltenen Schichten besteht, während das innere Integument sich aus 6 Zellschichten zusammen» setzt. Aus der Epidermis entsteht die Palisaden»Sklereiden» Schicht. Auf diese folgt die Pigmentschicht und dann die obli» terierte Parenchymschicht.

1892.

Althaea hírsúta1) L.

( = Malva setigera Spenn., = M. hirsuta Schultz, = Axólopha hirsuta Alfid.). B o r s t e n * E í b i s c h . Fig. 1976. Einjährige, 15 bis 60 cm hohe, borstig*rauhe Pflanze. Wurzel spindelförmig, faserästig. Stengel aufrecht oder aufsteigend, stumpfkantig, abstehend rauhhaarig (zwischen den Borsten auch Büschelhaare), zuweilen rot überlaufen. Laubblätter weich, ober* seits fast kahl, grasgrün, unterseits auf den Nerven und am Rande borstig; die unteren rundlich*herz* förmig, seicht 5*lappig, grob gekerbt, die mittleren handförmig tief 3* bis 5*spaltig, mit keilförmigen oder lanzettlichen, eingeschnitten*gezähnten Lappen, die obersten meist 3*spaltig, mit lanzettlichen, gezähnten Abschnitten. Blüten stets einzeln, mit schlanken, das Stützblatt weit überragenden Stielen, an der Stengel* h'ig. 1976. A lt h a e a h i r s u t a L. a Blühender Spross. spitze trugdoldig gehäuft, etwa 2,5 cm im Durch* b Verwelkende Blüte, c Kelch mit Aussenkelch von aussen, d Samen, e Teilfrüchtchen. messer. Aussenkelch 6* bis 8*spaltig, mit schmalen, lanzettlich*pfriemlichen, 15 bis 20 mm langen, lang zugespitzten, steifhaarigen Zipfeln (Fig. 1976 c). Kelch tief 5*spaltig, mit lanzettlichen, verlängerten *) Zuerst wurde A. hirsuta von B a r r e i f e r als „Alcéa hírsúta, mínima, flore caésío, Hispánica“ beschrieben. Im Hortus Eystettensis (1597) wurde sie als Althaea frútícans Hispánica kultiviert.

471 Zipfeln (Fig. 1976 b). Kronblätter verkehrbeiförmig, 12 bis 17 mm lang, bleidilila, vorn fast gestutzt und seicht ausgerandet, am Grunde bärtig. Staubfäden kahl, gelb; Staubbeutel gelb. Früchtchen querrunzelig, am Rücken mit einem feinen Kiel, 2,5 mm lang (Fig. 1976e). — V bis VIII. Zerstreut auf Aeckern, Brachen, an Mauern, in Weinbergen, auf Kulturland der Ebene, zuweilen auch eingeschleppt auf Ruderalplätzen, aber unbeständig; im Wallis bis 1100 m ansteigend. Aendert ab: f. p r o s t r a t a Fr. Zimmermann. Pflanze niederliegend, mit bis 1 m langen, dem Boden angedrückten, kreisförmig angeordneten Zweigen. So z. B. im Rheintale bei Käfertal (mit Kleesaat eingeschleppt) und Lambsheim, ferner in der Schweiz im Wallis. In D e u t s c h l a n d sicher nirgends ursprünglich, als Archaeophyt nur im Südwesten: in Württemberg (vielfach auf der Schwäbischen Alb), Baden (zerstreut, besonders am Kaiserstuhl), Lothringen (Metz, Saar« brücken), in der Pfalz (Kallstadt, Grünstadt, Dürkheim, Speyer, Zweibrücken, Dietrichingen, Obermoschel), sehr zerstreut auch im übrigen Mittelrhein», z. B. bei Käfertal (in der f. p r o s t r a t a) und im Maingebiet (bei Iphofen an Weinbergsmauern mit Asplenium Ceterach), in der Rheinprovinz bis Kreuznach, Merzig und Trier, in Thüringen bei Haarhausen, Schnepfental, Martinrode, Mühlhausen, früher auch an der Wandersiebener und Mühlberger Gleiche und bei Eisenach. Im östlichen Deutschland nur selten adventiv, z. B. am Münchener Südbahnhof (noch 1903) und bei Benzigerode am Harz (vorübergehend unter Luzerne). — In O e s t e r r e i c h nur südlich der Donau alteingebürgert, wirklich wild vielleicht im südlichen Istrien. Im Gebiet der Pannonischen Flora in der unteren Steiermark, Niederösterreich (vielfach, aber oft nur vorübergehend) und Südmähren (vorübergehend bei Landshut und Lundenburg). Vom Küstenland bis Krain (im Karstgebiet ziemlich verbreitet), Unterfriaul und Südtirol (an der Valsuganabahn, am Terlago, am Doss Brione, angeblich früher auch bei Meran). — In der S c h w e i z sicher nirgends wild, als Archaeophyt in Weinbergen und Roggenfeldern im Rhonetal (vom Genfersee bis Siders, im Bagnes« und Eifischtal bis zirka 1000 m steigend) und längs des Jura von Genf bis Basel (Hersberg, Sissach, Liestal). Ausserdem mehrfach adventiv, so in den Kantonen Aargau (01sberg»Magden, Rheinfelden 1920), Zürich (Zürich, Winterthur, Elgg) und St. Gallen (Weesen).

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Mittelmeergebiet von Persien und Palästina bis zu den Atlasländern, Balearen und Spanien, als Archaeophyt eingebürgert bis in die Donau» länder, im Rheingebiet bis Belgien, im Atlantischen Küstengebiet vereinzelt bis England. In Mitteleuropa ist diese mediterran»pontische Art nur ein Archaeophyt, in vielen Gegenden sogar nur ein Neophyt oder Ephemerophyt. Im Wallis wächst sie besonders oft neben Bromus squarrosus und Orlaya grandiflora. Ruderal findet sich daselbst und im Rheintal (z. B. zu Lambsheim) öfters die niederliegende Form (f. p r o s t r ä t a Fr. Zimmermann). Zur Zeit von F. W. S c h u l t z war die Art im pfälzerischen Wein» baugebiete viel häufiger als gegenwärtig. Gelegentlich wird sie mit Kleesaaten eingeschleppt.

CCCCLXX. L a v a t e r a 1). S t r a uc hpa ppe l , Lavatere. Franz.: Lavatere; engl.: Tree mallow; ital.: Malvere. Kräuter, Sträucher oder selbst baumartige Gewächse, oft filzig behaart. Laubblätter eckig bis gelappt. Blüten einzeln in den Blattachseln, nicht selten eine endständige Traube bildend. Aussenkelch zu einer unter dem Kelch inserierten dreispaltigen Hülle verwachsen. Kelch 5»spaltig. Früchte wie bei Malva. Die Gattung umfasst etwa 20 Arten, die besonders das Mittelmeergebiet bewohnen. Sie gliedert sich in die folgenden Sektionen: I. S t e g i a DC. Mittelsäule kegelförmig zugespitzt, am Grunde scheibenartig verbreitert, den Ring der Nüsschen nicht bedeckend. Hieher L. trimestris. — II. Ö l b i a DC. Mittelsäule kegel« förmig zugespitzt, unten verbreitert, den Ring der Nüsschen nicht bedeckend. Hieher L. Thuringiaca, L. punctata und L. Olbia. — III. O x o l ö p h a DC. Mittelsäule gestutzt, mit häutigen Kämmen geziert. Hieher L. maritima. — IV. A n t h e m a DC. Mittelsäule vertieft. Hieher L. arborea und L. Cretica. Ausser der unten ausführlicher behandelten L. T h u r i n g i a c a werden als Zierpflanzen kultiviert oder adventiv angetroffen: L a v a t e r a t r i m e s t r i s L. ( = Stegia Lavatera DC.). Garten»Lavatere. Franz.: Lava«*) *) Von T o u r n e f o r t nach seinem Freunde, dem Zürcher Arzte und Naturforscher J. R. L a v a t e r , so benannt. Die früheren Autoren rechneten Lavatera zu Malva; C. B a u h i n bezeichnet sie als Malva folio vario, J. B a u h i n als Malva stellata.

472 tere ä grandes fleurs, mauvefleuríe; engl.: Three mouthly lavatera. Heimat: Mittelmeergebiet, Syrien, Nord* afríka. Einjährige, 60 bis 120 cm hohe, etwas rauhhaarige, verästelte Pflanze. Untere Laubblätter rundlich herz« oder fast nierenförmig, obere eckig oder 3*lappig; alle am Rande unregelmässig kerbig*gezähnt. Blüten* stiele kürzer als das Stützblatt. Blüten einzeln achselständig, gross. Kronblätter rosarot, dunkler geadert oder ganz weiss, schwach ausgebuchtet, 30 bis 40 mm lang. Diese Art ist eine altbekannte, dankbare Sommer* blume, die vereinzelt auch gartenflüchtig beobachtet wurde, so in Franken (Altenbuch), bei Mannheim (1909), in Brandenburg (Wernitz bei Nauen), Ostpreussen (Ortelsburg, Sensburg), in Böhmen (Sloupnitz), in Nieder* Österreich (Währing, Klosterneuburg), in Tirol (Tiers, um Laas und Partschins usw.), in Istrien (Campo Marzio bei Triest, 1841) und in der Schweiz bei Sarmenstorf (1906), Friedmatt bei Basel (1914), Hühnerhof in Solothurn (1918/19), Güterbahnhof Zürich (1918). In Schaffhausen 1921 als Bienenfutter kultiviert. — L. Ó l b í a L. Süd* französische Lavatere, aus Südfrankreich. Franz.: Lavatere d’Hyéres. Halbstrauchig, bis 2 m hoch, vom Grunde an verzweigt. Laubblätter weich, graufilzig, 5*lappig; die oberen 3*lappig mit verlängerten Mittellappen, die obersten länglich, fast ungeteilt. Kronblätter 2»lappig, purpurrot. — L. a r b ó r e a 1) L., Baumartige Lavatere. Franz.: Mauve de jardín, mauve arborescente; engl.: Velvet leaf; ítal.: Malva arbórea, Malvone; aus dem westlichen Mittelmeergebiet und den Canaren. Bis 3 m hoher Strauch von baumartigem Wuchs (in der Kultur meist 2»jährig). Laubblätter etwas filzig, wellig*gefaltet, undeutlich handförmig gelappt. Kronblätter purpurrot, dunkler geadert, bis 4 cm im Durchmesser. In der Kultur finden sich auch buntblätterige Formen. — Adventiv wird vereinzelt und meist vorübergehend L a v a t e r a p u n c t a t a All. aus dem Mittelmeergebiet im Hafen von Mannheim (1890), bei Berlin (Rüdersdorfer Kalkberge), in Südtirol (vorübergehend an der Valsuganabahn), bei Triest (Campo Marzio 1847/74) und in der Schweiz bei Solothurn (1904) und Reigoldswil (1904) beobachtet^ ferner L. m a r i t i m a Gouan aus dem westlichen Mittelmeergebiet im Hafen von Mannheim und L. C r é t i c a L. aus dem Mittelmeergebiet in der Schweiz bei Solothurn (1915).

1893. Lavatera Thuringíaca L. ( =

L. vítifólía Tausch, = Málva Thuríngíaca Vis.). T h ü r i n g e r S t r a u c h p a p p e l . Taf. 218, Fig. 4 und Fig. 1977.

Ausdauernde, 50 bis 100 (200) cm hohe, in der Tracht der Malva Alcea ähnelnde Pflanze. Stengel aufrecht, krautig, ästig, stielrund, entfernt beblättert, unterwärts zerstreut angedrückt sternhaarig, oberwärts nebst den Aesten, Blatt* und Blütenstielen sternhaarig*filzig. Laubblätter gestielt, trübgrün, oberseits zerstreut*flaumig, unterseits büschelhaarig dünn*filzig; die untersten herzförmig*rundlich, stumpf, kurz 5*eckig, die folgenden handförmig=5*lappig mit länglicheren Lappen (der mittlere zuweilen vorgezogen), die obersten eiförmig, allmählich 3*lappig; mit gleichfalls vorgezogenen, vorn meist abgerundeten Mittel» und kurzen Seiten* lappen; Lappen ungleich gekerbt, zuweilen alle zugespitzt und spitz gesägt. Nebenblätter 4 bis 6 mm lang, lanzettlich, mit breiter Basis sitzend, zugespitzt, besonders an den unteren Laubblättern hinfällig. Blüten einzeln in den Blattachseln, etwas länger als die Blattstiele, eine endständige, lockere Traube bildend, 5 bis 8 cm breit. Aussenkelch meist mit 3 rundlichen, sehr stumpfen, zugespitzten, filzigen Zipfeln, kürzer als die 5 rundlich*eiförmigen, zugespitzten Kelchblätter (Fig. 1977 b, c undf). Kronblätter gross, verkehrt*3*eckig, blassrosarot, mit dunkleren Adern, trocken blasslilafarben, 2 bis 4,5 cm lang, 3 bis 4*mal länger als der Kelch, vorn tief aus* gebuchtet, am Grunde behaart (Fig. 1977d). Staubfadenröhre 22 bis 45 mm lang, etwas länger als der Kelch. Staubfäden weiss, zottig; Staubbeutel hellgelb. Griffelpolster kegelförmig zu* gespitzt, die Früchtchen nicht bedeckend. Frucht von dem bleibenden und sich vergrössernden Kelch eingeschlossen. Teilfrüchtchen kahl, schwarzbraun, auf dem erhabenen Rücken fein gekielt, an den seitlichen Kanten abgerundet oder etwas querriefig, 3 bis 3,5 cm hoch. Samen schwarz, matt, 2,5 bis 3 mm breit, nierenförmig, seitlich etwas zusammengedrückt (in der Form der Frucht entsprechend). — VII bis X. *) *) Diese Art, die als Malva arbórea im 16. und 17. Jahrhundert in zahlreichen deutschen Gärten kultiviert wurde, ist möglicherweise die Baummalve (gr. óei>ÓQo[j,oX¿%r¡ [dendromolóche] oder {icdá%r¡ vnodsvÓQov[¿évr¡ [maláche hypodendruméne], lat. arbor malvae) der allen Autoren, u. a. auch noch des Albertus Magnus. In Griechenland wird sie noch jetzt ähnlich wie Althaea benützt.

473 Stellenweise in der Ebene an buschigen Stellen, Waldrändern, Wegen, Rainen, unbebauten Orten, in Weinbergen, an Flussufern, auf Salzwiesen; vielerorts nur Archaeophyt. Mit Vorliebe auf Schwarzerdeböden. In D e u t s c h l a n d selten in Bayern in Oberbayern (Magnetsried bei Weilheim), früher bei Landshut, im Jura bei Müggendorf und Streitberg, in Baden bei Weinheim (1883), verwildert in Strassburg, mehrfach in Thüringen (auf den Salzwiesen bei Ottenhausen unweit Greussen [hier mit Althaea officinalis], um Tennstädt, bei Herbstleben, adventiv bei Erfurt-Nord), im Harz (Steinholz bei Quedlinburg, am Alten Stollberg), bei Windehausen im Regierungsbezirk Hildesheim, in der Provinz Sachsen von Magdeburg bis Barby, bei Schöne­ beck, Hadmersleben und Aschersleben, bei Marburg, bei Höxter (seit zirka 1830 adventiv), bei Hamburg und Flottbeck in Holstein verwildert, in Schlesien ziemlich verbreitet, besonders im mittleren Teil der Ebene auf Schwarzerde bei Glogau, zwischen Liegnitz und Jauer, im Leobschützer Hügelland und im Gr. Strehlitzer Kreise, in der Niederlausitz bei Forst (adventiv 1911), in Westpreussen (mehrfach im Kreis Schwetz [besonders bei Gruczno], ver­ wildert bei Könitz, früher bei Thorn [seit 1883 nicht mehr], im Kreis Kulm am Lorenzberge zwischen Kulm und Althausen), in Ostpreussen (adventiv beim Bahnhof Ly de) und in Posen (Kreis Ostrowo, Schrimm, Strelno, Hohensalza). — In O e s t e r r e i c h in Böhmen (Mittelböhmen, Elbe» niederungen, Teplitz, Saaz), zerstreut in Mähren (nördlich bis Olmütz, Sternberg, Rottalowitz, Holle­ schau), in Schlesien (Teschen, Bielitz), in Nieder­ österreich häufig im Gebiete der Pannonischen Flora, stellenweise im Wiener Wald, von der March bis Retz, bis an die Taffa und den Kamp, in Oberösterreich sehr spärlich auf den Traunalluvionen bei W els; fehlt in Tirol; im Küsten­ land vorübergehend in Triest auf dem Mars­ feld. — In der S c h w e i z einmal adventiv im Tessin (Buzza di Biasca).

Allgemeine Verbreitung; Mittelrussland, Galizien bis Polen (bis Warschau), nördliche Balkanstaaten, Nord® und Mitteldeutschland, Oesterreich, Ungarn, Italien; in Südschweden sicher nur verwildert; Ostasien. Aendert wenig ab : f. t y p i c a Bede. Lappen der unteren Laubblätter abgerundet oder die der oberen gerundet spitz; Mittellappen kaum auffallend grösser. Laubblätter beiderseits reich­ Fig. 1977. L a v a t e r a T h u r i n g i a c a L. a Blühender Spross, b Blüte lich sternhaarig, seltener oberseits fast kahl (f. von aussen, c Kelch von aussen, d Kronblatt. e Geschlechtssäule. glabréscens Bede). — f. p r o t é n s a Beck. Mittel­ / Blüte in fruchtendem Zustand. lappen der oberen Laubblätter verlängert, stärker vorgezogen und lang zugespitzt. — f. o b t u s i l ö b a Beck. Lappen aller Laubblätter abgerundet, sehr stumpf, der mittlere vorgezogen. Lavatcra Thuringiaca ist eine pontisch-pannonische Steppenpflanze, die in Deutschland nur in Schlesien, Thüringen, in Posen sowie stellenweise in Ost- und Westpreussen ursprünglich sein dürfte; in den übrigen Gebieten erscheint sie als Archaeophyt. In Mähren tritt sie (z. B. bei Olmütz) als Bestandteil der „Salvia-Trift“ auf, in Begleitung von Salvia pratensis, Fragaria viridis, Cytisus Ratisbonensis und C. procumbens, Euphorbia Cyparissias und E. vírgata, Nonnea pulla, Inula hírta, Híeracíum setígerum, Asperula glauca, Verbascum Phoeníceum, Thymus lanugínosus und Th. Marschallíanus, Stachys rectus, Betónica officinalis, Cerínthe mínor, Díanthus Carthusíanorum, Filipéndula hexapetala, Onobrychís vícíaefolía, Plantago medía, Potentílla rubens

474 und P. íncrassata, Bromus patulus, Andropogon Ischaemum, Bradiypodíum pínnatum, Koelería gracílís, Avena pubescens und A. pratensis, Holcus mollis usw. — Die blassroten, grossen Blüten sind proterandrisdi und werden von der Honigbiene besucht. Die Staubbeutel der 70 bis 90 Staubblätter bleiben öfters nach dem Oeffnen der Blüte noch eine Zeit lang geschlossen. Eine spontane Selbstbestäubung erfolgt nicht. — Nach N y m a n soll Lavatera Thuringiaca nur eine in der Kultur enstandene Rasse der südeuropäischen L. a m b i g u a DC. darstellen. Im Hortus Eystettensis (1597) wird die Pflanze als Althaea Thuringiaca kultiviert, ebenso in Schlesien unter den Gartenpflanzen im Zeitalter Ludwigs XIV (1643 bis 1715) genannt.

CCCCLXXI. M á lv a 1) L. Mal ve, Käsepappel. Franz.: Mauve; engl.: Mallow; ¡tal.: Malva (grödner.-ladin.: Mélva). Der Name M a l v e , der erst im Neuhochdeutschen auftritt, ist aus dem lateinischen Worte entlehnt (vgl. Anm.1)). Im Hoch» und Niederdeutschen findet sich das Wort „ P a p p e l “ (oft in Zusammensetzung mit „Käs“, „Ross“ usw.), das vielleicht mit „Pap, Pappe“ ( = Brei, Kinderbrei) zusammenzubringen ist mit Bezug auf den Schleimgehalt der zu Umschlägen verwendeten Blätter, die auch als Gemüse gegessen werden: P ö p p e l , P o p p e l n (Nordwestl. Deutschland), B a b b e l (Hessen), P ä p e l n (Nordböhmen), B ä w i l l e (Neckarsulm), B a p p l e ( n ) (Eisass), P a p p e l ä c h r u t (Schweiz). Als wildwachsende Gemüse liefernde Pflanze und als ge« meines Unkraut heisst die Art (zusammen mit M. silvestris): H a s e n p a p p e l (mundartlich z. B. im Platt« deutschen, Hessischen, Bayerísch»Oesterreíchíschen), H a s e n k o h l (Weichseldelta), R o s s « , S a u« , G ä n s , p a p p e l (Oesterreich). Weitaus die meisten Volksbenennungen nehmen Bezug auf die rundlichen, napfähnlichen Früchte, die besonders von den Kindern als „Käse“, „Käslein“ usw. gegessen werden (die Zusammensetzung mit „Katze“ bezeichnet wie auch sonst in Pflanzennamen das Wertlose): K e e s k e s (Ostfriesland), K a i s k e s (Westfalen), K ä s l e (Eisass), C h ä s l i , Z i g e r l i (Schweiz); Kä s e « , K ä s c h e n k r ä t (mundartlich besonders im Niederdeutschen und in der Schweiz), K ä s 1a e b 1a (Schwäbische A lb ); K ä s e n ä p f c h e n (Leipzig), K a s n a p f e l (Egerland), K ä s e b a b b e l (Gotha), K a s p o b l n usw. (Böhmerwald), C h a s p a p p e l e ( n ) (Schweiz), P ö p p e l k e e s (Nordwestdeutschland), K a t t e n k ä s ( e ) (plattdeutsch). — T w i e b a c k (Untere Weser), L o a b e r l [Laiberl, Dimin. zu Laib = Brot] (Oesterreich, Böhmerwald), L e í b l e (Eisass), H o s a b r u t l a n [Hasenbrötchen] (Riesengebirge), S c h m é r l a e b l a [ = Butter] (Schwäbische Alb), B u t t e r w e c k e (Bayer. Schwaben), B u t t e r « s c h l ä g l (Egerland), K ü a c h i a [kleiner Kuchen] (Schwäb. Alb), P a n n k o k e n (Schleswig), Z u c k e r p l ä t z c h e n « k r a u t (Eifel), Z u c k e r z ö l t l [»plätzchen zu „Zelten“, flaches Gebäck, vgl. „Lebzelten“), E r d ä p p e l k e s (Westfalen), H u n d s k ü m m e r l i [»gurke] (Unterfranken). Im nordwestlichen Deutschland finden sich schliesslich noch die Volksnamen: K r a l l e n , K r a l l e n b l ö m e (Ostfriesland), K r a l l e n k r u d (Kreis Verden: Achim), K r a l l e n b l ä e r (Westfalen), K a t t e n k r a l l e n (Schleswig).

Einjährige oder ausdauernde, behaarte, zuweilen später verkahlende Pflanzen mit gelappten oder eingeschnittenen Laubblättern. Nebenblätter lanzettlich oder eirund. Blüten einzeln, gestielt oder wickelig gebüschelt in den Blattachseln, selten in wirklichen Trauben. Aussenkelch frei, 3», selten 2»blätterig, am Grunde mit dem 5*blätterigen Innenkelch ver» wachsen. Kronblätter 5, keilförmig, am Grunde mit der Staubfadenröhre etwas verwachsen, in der Knospenlage gedreht. Staubblätter zahlreich, zu einer Röhre vereinigt (Taf. 182, Fig. 2a). Fruchtknoten aus zahlreichen Fruchtblättern gebildet, in jedem Fache mit einer aufsteigenden x) Lat. málva z. B. bei C o l u m e l l a und P l i n i u s , entsprechend gríech. [xo%ó%r¡ [molóche] oder fMxXáxri [maláche]. Letztere Form (z. B. bei T h e o p h r a s t und D i o s k u r i d e s ) wurde schon im Altertum mit gríech. ^laXcacóg [malakósl weich, wegen der erweichenden Eigenschaften des Malvenschleims, in Verbindung gebracht. Die antiken Autoren unterscheiden hauptsächlich zweierlei Malven: fxoX¿xr¡ áyqía [molóche agria] oder [m. chersaía], lat. málva rústica oder silvestris, die wilden oder Feldmalven, zu denen wohl hauptsächlich M. neglecta und M. silvestris, vielleicht auch Althaea hirsuta u. a. zählten, und die fxoX¿xr¡ xr¡n£vxr¡ [molóche kepeuté], lat. malva sativa, also die gebaute Malve, wozu u. a. auch eine baumförmige Malve, fiaX¿x^¡ dnoáevóqovfxévri [maláche apodendruméne] bei Theophrast, ÓEvdqo[A,oX¿xri [dendromolóche] der späteren Autoren, arbor malvae des Albertus Magnus, gezählt wurde. Die Deutung dieser Pflanze ist strittig. Während viele Autoren darunter wie auch unter den Malvae des Capitulare de villis und anderer Garteninventare Althaea rosea zu erkennen glauben, nimmt F i s c h e r « B e n z o n an, dass diese Art, die mit Sicherheit erst im 16. Jahr» hundert beschrieben wird, von den Türken nach Europa gebracht worden sei, und dass die Gartenmalve der Alten Malva silvestris oder aber Lavatera arbórea war. Möglicherweise beziehen sich aber die antiken An« gaben eher auf Althaea officinalis. Die Beschreibungen lassen die Frage unentschieden.

475 Samenanlage; Griffel zahlreich, unterwärts verwachsen und zu einem scheiben* oder kegel* förmigen Polster erweitert. Früchte abgeplattet, scheibenförmig, kreisrund, in der Mitte ein* gedrückt, von der Mittelsäule überragt, bei der Reife in zahlreiche, ungeschnäbelte, nicht auf* springende, von der Mittelsäule sich loslösende, nierenförmige, an der Seite flache, l*samige Teilfrüchtchen zerfallend. Die Gattung umfasst etwa 30 Arten, die das gemässigte Europa, Asien, Nordafrika und Nordamerika bewohnen. Einzelne davon sind Archaeophyten oder durch neuere Verschleppung weit verbreitete Ruderal» pflanzen geworden. Die Arten verteilen sich auf 3 Sektionen: B i s m ä l v a DC. Blüten einzeln, blattwinkel» ständig, an der Stengelspitze gehäuft, ansehnlich bis gross. Fruchtstiele stets aufrecht. Früchtchen ungeschnäbelt und ohne Membrananhang. Stengelblätter tief handförmig geteilt. Ausdauernde Arten (z. B. M. Älcea und M. moschäta). — F a s c i c u l ä t a e DC. ( = Malvotypus Dumort.). Blüten zu 2 bis 6 in den Blattachseln, gebüschelt, mittelgross bis klein. Laubblätter gelappt, mit um geteilten Abschnitten. 2»jährige Arten (z. B. M. silvestris, M. Nicaeensis, M. rotundifölia, M. boreälis und M. verti» cilläta). — C a l l i r h ö e (A. Gray) Bail» Ion (häufig als eigene Gattung betrachtet), Blüten einzeln, blattachselständig. Frücht» dien unter dem schnabelförmig vorge« zogenen Griffelende mit einer Quer» membran. Hierher nur nordameri» kanische Arten (z. B. M. involucräta und M. trianguläta). — Malva neglecta und wohl auch M. silvestris und andere Arten werden endozoisch verbreitet, während M. Alcea und M. moschata hauptsächlich anemochorsind. Die Jungen Sprosse werden gelegentlich als Spinat Fig. 1978. M a lv a p u s illa Withering. a, ßi Habitus, b Blüte nach Entfernung des gegessen. — Als Zier» und Heilpflanzen Kelches; Fruchtknoten herauspräpariert, c Kelch von aussen, cl Frucht. eTeilfrüchtchen. finden sich ausser M. Alcea, M. moschata / Samen. — M. p a r v i f l o r a L. g, h und i Staubbeutel in verschiedener Ansicht. und M. silvestris in unseren Gärten : — M. s i l v e s t r i s L. k Schema des Baues der Pollenhaut. I Querschnitt durch die Exine und Intine. — M. n e g l e c t a Wallr. m Blüte, n Kelch von aussen, o Kelch M. yerticilläta L. 2»jähriges, bis gegen von innen mit Frucht, p Frucht, q Teilfrüchtchen, r Samen. — A lt h a e a r o s e a 2 m hohes Kraut. Stengel aufrecht, ein» Cav. s Durchschnitt durch ein Pollenkorn, t Teilstück der Exine und der an­ schliessenden Intine (g bis i nach H irm e r, k, l, s und t nach W o y c i c k i). fach oder ästig, spärlich kurz behaart und drüsig bis fast kahl. Untere Laub» blätter lang, obere kürzer gestielt, fast kreisrund, am Grunde herzförmig, seicht 5» bis 7»lappig, oberseits frischgrün, mit einfachen, anliegenden Haaren, unterseits bläulichgrün, mit dichteren, einfachen und Büschelhaaren. Neben» blätter eiförmig. Blüten fast sitzend, in den Blattachseln kopfig gehäuft. Aussenkelchblätter 3, lineal, ± V2 cm lang, behaart. Kelchblätter wenig länger, etwa bis zur Mitte miteinander verwachsen, spitz, vorne filzig. Krön» blätter keilförmig verkehrt=herzförmig, so lang bis höchstens doppelt so lang als der Kelch, meist blassrosa, nur am Rand gewimpert. Frucht i 6 bis 7 mm breit, in 2 1/* bis 3 mm grosse, kantige, auf den Seiten radial gestreifte, auf dem Rücken netzig»rauhe Teilfrüchte zerfallend. Samen nierenförmig, i 2 mm breit, glatt, graubraun. — VII bis IX. — Alte, wahrscheinlich aus China stammende, in Südasien und Südeuropa völlig eingebürgerte Heilpflanze. Die typische Form mit flachen, grob gekerbten Laubblättern und den Kelch deutlich überragenden, meist rosa gefärbten Kronblättern ist ausser in Südostasien, wo sie zu den ältesten Heilpflanzen zählt, auch in Vorderasien, Aegypten, Abessinien, Südeuropa, Nordamerika und auf Neuseeland stellenweise eingebürgert. In Mitteleuropa wird sie nur selten kultiviert. Verwildert oder adventiv be» obachtet wurde sie z. B. bei Hamburg, in Brandenburg (Spandau, Ruppin 1880), im Rheintal (Mühlau bei Mannheim), in Bayern (Nürnberg, Steinbühl [1890, 1892], München) und Tirol (auf Schutt bei Inns* bruck 1892). — Viel häufiger kultiviert wird die wohl nirgends einheimische, sondern nur eine Kulturrasse

4 76 der vorigen darstellende var. c r i s p a 1) L. ( = M. crispa L., = M. breviflöra Gilib.) mit am Rand wellig krausen, didit und fein gesägten Laubblättern und bleich fleischfarbenen bis weisslichen, den Kelch nur wenig überragenden Kronblättern (Fig. 1979d). K r a u s e M a l v e ; franz.: Mauve crépue, in der Westschweiz M ävra; im Tessin Malba. Fig. 1979. Zum Typus der M. verticillata verhält sie sich wohl ebenso wie die Krauseminzen zu Menta rotundifolia, M. spicata und M. aquatica. Im Gegensatz zu den Krauseminzen scheint Jedoch M. crispa ebenso wie Althaea rosea erst im 16. Jahrhundert aus dem Orient in mittel» europäische Gärten gelangt zu sein. C a m e r a r i u s rühmte ihr nach, dass sie stärkere erweichende Kraft als die übrigen Malven besitze, und denselben Ruf geniesst sie noch heute z. B. in vielen Südalpentälern. Verwildert kommt sie in fast ganz Europa (völlig eingebürgert in Russland, Polen und Süd» europa und auch in Nordamerika) vor. In D e u t s c h l a n d wurde sie u. a. be» obachtet im Oldenburgischen, in Han» nover (Meppen, Stade, Achim, Duder» stadt, Nienburg usw.), bei Hamburg, Lübeck, Kiel, häufig noch im Nordost» deutschen Flachland bis Westpreussen (z. B. Elbing), Ostpreussen (z. B. Orlo» wen, Duttken) und Posen (Wongrowitz, Posen, Kolatschin), im Rheingebiet (z. B. Neudorf, Karlsruhe, Mannheim, Zwei» brücken, auch mehrfach in Hessen, in der Rheinprovinz und in Westfalen), in Bayern (Thierhaupten, Simbach, Auing bei Steinebach, Nürnberg, Neustadt bei Coburg), Thüringen (z. B. Saalfeld, Greussen, Erfurt, Dudersleben), Sachsen (z. B. in Dresden [1922], Thürmsdorf, Fig. 1779. M a lv a v e r t i c i l l a t a L. var. c r i s p a L. a, ai Sprosse mit Blüten und Königstein, Bautzen) und Schlesien (viel» Früchten, b Laubblatt von unten, c Abschnitt eines Laubblattes, d Blüte, e Samen. fach). — In O e s t e r r e i c h z. B. in Böhmen (Goldenkron, Jungbunzlau usw.), Mähren (vielfach), Niederösterreich (Kaisersteinbruch, Mautern, Marbach, Schottwien usw.), Oberösterreich (Linz), Steiermark (Stiftsberg bei Vorau), Tirol (Sterzing, Brixen, Völs usw., auch mehrfach in Vorarlberg und Liechtenstein, z. B. bei Tisis, Feldkirch, Schaan, Tosters, Viktorsberg usw.). — In der S c h w e i z vielfach in den Kantonen Basel, Solothurn, Aargau, Zürich (am Schnebelhorn in Gärten bei 1043 m kultiviert), St. Gallen (z. B. im Bahnhof Buchs beständig), Graubünden, Tessin, Wallis (besonders in den südlichen Tälern eine der gemeinsten Gartenpflanzen) usw. — Verwendung findet die Pflanze, die schon in den ältesten Chinesischen Pharmakopoen genannt wird, bei uns fast nur noch als Volksmittel, namentlich als Emolliens und reizmilderndes Heilmittel bei Augen» und Brustleiden. In Franken benutzen die Bauern die Laubblätter oft zum Umwickeln der Holzpfropfen ihrer Holzgefässe ( S c h wa r z ) , — Aus der nordamerikanischen Sektion C a l l i r h ö e (A. Gray) Bâillon werden häufiger als Zierpflanzen gezogen: M. i n v o l u c r ä t a Torrey et Gray ( = Callirhöe involucrata A. Gray, = C. verticillata hört.), aus Mexiko. Bis 80 cm hohe Pflanze mit dicker, spindeliger Wurzel und niederliegendem, von abstehenden Haaren rauhem Stengel. Laubblätter rund, 5»teilig ; Abschnitte keilförmig eingeschnitten, 3» bis 5»spaltig. Nebenblätter eirund, ziemlich gross. Blüten bis 6 cm breit, einzeln in den Blattachseln. Kronblätter purpurviolett, gegen den Grund zu weiss. Früchtchen etwa 20, fast kreisrundlich, netzförmig»runzelig, oben nur sehr kurz geschnäbelt. — Seltener findet sich die durch deutlicher geschnäbelte und mit einem grösseren Querwulst versehene Früchtchen unterschiedene M. P a p d v e r Cav. ( = Callirhöe Papaver A. Gray) und einige verwandte Arten, von denen M. t r i a n g u l ä t a Leaven» worth ( = Callirhöe triangulata A. Gray), die in Nordamerika von Indiana bis Minnesota und südwärts bis Nordkarolina und Alabama heimisch ist, einmal in Königsberg eingeschleppt beobachtet worden ist. — Ver»*) *) Als Malva crispa oder „Krause M alve“ bei C a m e r a r i u s , im Hortus Eystettensis usw. auf» geführt. In Schlesien wurde sie um 1600 nach S c h w e n c k f e l d als „Römische Widerthon“ kultiviert.

477 einzelt eingeschleppt wurden folgende mediterrane Arten im Gebiete gefunden; M. N i c a e ^ n s i s 1) All. ( = M. circinnäta Vis., = M. excdlsa Presl, = M. rotundifölia auct. Ital., non L.). Pflanze l.jährig, borstig behaart, mit niederliegendem oder aufsteigendem, ästigem Stengel und langgestielten, rundlichen, am Grunde nur schwach herzförmigen, 5« bis 7»lappigen Laubblättern; Lappen der oberen Blätter spitz. Blüten auf kurzen Stielen zu 2 bis 6, selten einzeln. Aussenkelchblätter eiförmig oder breitlanzettlich. Kronblätter schmal»keilförmig, etwa 10 bis 12 mm lang, doppelt so lang wie der Kelch, bläulichviolett. Früchtchen scharfrandig, kahl oder behaart, unregelmässig netzig«rauh. Samen glatt. Heimat: Mittelmeergebiet, Vorderasien bis zum Kaukasus und Be» lutschistan. In West« und Mitteleuropa (auch in Chile) mehrfach eingeschleppt, so in D e u t s c h l a n d in den Rheinhäfen (in Ludwigshafen und Mannheim seit 1898), Kiel (1898), in Bayern (Mering, Passau 1911) und in der S c h w e i z (Hühnerhof bei der Solothurner Malzfabrik 1915, 1916, 1919; die Angabe von Airolo [leg. C h e n e v a r d ] bezieht sich auf M. silvestris). In O e s t e r r e i c h nur im Küstenland. In Chile stellt sich die Art gern auf Brandstätten ein und sprosst dann üppig aus den ungebrannten Lehmziegeln hervor ( R e i c h e , K. Pflanzenverbreitung in Chile). — M. p a r v i f l ö r a L. Von M. neglecta und M. pusilla hauptsächlich durch die noch kleineren, bläulichvioletten Kronblätter und die sehr stark runzeligen, mit gezähntem Saum versehenen, bei der var. m i c r o c ä r p a (Pers.) Loscos. sehr kleinen Früchtchen verschieden. Heimat: Westliches und südliches Mittelmeergebiet (im nordöstlichen wohl nur adventiv), Vorderasien; eingeschleppt in Mitteleuropa, auf den Kanaren und Azoren, Australien und Neuseeland, in Nord» und Südamerika. In Deutschland bei Hamburg (Wollkämmerei am Reiherstieg 1896), bei Erfurt (1906), in Brandenburg (Neuruppin 1868) und im Rheintal (Strassburger Sporeninsel 1902). In der Schweiz mehrfach um Basel (seit 1916) und Solothurn (seit 1909 bei der Malzfabrik Solothurn, bei der Kammgarnfabrik Derendingen), im Zürcher Güterbahnhof (seit 1916), bei Canobbio im Tessin (1920), in Solothurn (1915); in Zürich (1916) und Altona (1922) zusammen mit der var. m i c r o c a r p a . 1. Blüten einzeln in den Blattachseln oder die obersten traubig bis kopfig gehäuft. Kronblätter meist über 2 cm lang. Obere Laubblätter fast bis zum Grund 5» bis 7 » sp a ltig .......................................................2. 1*. Blüten zu 2 oder mehr in den Blattachseln gebüschelt. Kronblätter meist unter 2 cm lang. Laub» blätter nur bis zu 1/t bis s/s g e t e i l t ...................................................................................................................................... 4. 2. Früchtchen unter dem schnabelförmigen Griffelende mit einem ± deutlichen Querwulst. Ameri» kanische Zierpflanzen aus der Sektion C a llir h o e ...........................M. i n v o l u c r a t a und Verwandte pag. 476. 2*. Früchtchen ohne Querwulst. Grosse, ausdauernde, altweltliche A r t e n ............................................ 3. 3. Blattabschnitte 3»spaltig, gezähnt. Aussenkelchblätter eiförmig. Früchtchen kahl oder fast kahl, fein querrunzelig...........................................................................................................................................M. A l c e a nr. 1894. 3*. Blattabschnitte einfach bis doppelt fiederspaltig. Aussenkelchblätter lineal»lanzettlich. Früchtchen rauhhaarig, nicht r u n z e l i g ...........................................................................................................M. m o s c h a t a nr. 1895. 4. Blütenstiele sehr kurz, auch zur Fruchtzeit höchstens doppelt so lang als der Kelch. Krone sehr klein, bleich. Stengel steif aufrecht. Laubblätter oft (var. crispa) kraus . . . M. v e r t i c i l l a t a (pag. 475). 4*. Blütenstiele mindestens zur Fruchtzeit mehrmals länger als der Kelch. Stengel aufsteigend oder niederliegend.

Laubblätter f l a c h .................................................................................................................................................. 5.

5. Laubblätter bis über die Mitte in meist 5 spitze Lappen geteilt. Fruchtstiele aufrecht abstehend. Aussenkelchblätter länglich»eiförmig............................................................................................................................................. 6. 5*. Laubblätter zu V* bis V» in abgerundete Lappen geteilt. Fruchtstiele nickend. Aussenkelchblätter lineahlanzettlich. 1» bis 2=jährige A r t e n .................................................................................................................................. 7. 6. Kronblätter 3» bis 4»mal so lang als der Kelch, deutlich länger als der Aussenkelch, purpurn. 2« bis mehrjährige P f l a n z e ...................................................................................................... M. s i l v e s t r i s nr. 1896. 6*. Kronblätter nur 1» bis 2»mal so lang als der Kelch, ± so lang wie der Aussenkelch, violett. 1»jährige, selten eingeschleppte P f l a n z e ...........................................................................M. N i c a e e n s i s (pag. 477). 7. Kronblätter meist ± doppelt so lang als der Kelch, tief ausgerandet. Früchtchen last glatt, behaart. Gemeine Art . . ........................................................................................................................... M. n e g l e c t a nr. 1897. 7*. Kronblätter nicht oder wenig länger als der Kelch, tief ausgerandet. Früchtchen deutlich runzelig und berandet. Seltenere A r t e n ..................................................................................................................................................8. 8. Früchtchen mässig querrunzelig, mit schmalem, scharfem, ganzem Rand. Verbreitung nordöstlich. M. p u s i l l a nr. 1898. 8*. Früchtchen grob runzelig, mit breiterem, gezähntem Rand. Mediterrane Art. M. p a r v i f l o r a pag. 477.*) *) Abgeleitet von Nicaea, dem alten Namen von Nizza. H egi, Flora. V, 1.

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478 1894. Malva Ä lcea1) L. ( = Alcea palmâta Gilib.). S i g m a r s k r a u t , Rosenpappel. Franz.: Alcée, mauve musquée; ital? Alcèa.

Fig. 1980.

Die Art wird in den Büchern bezeichnet als F e l l r i s s , « w u r z e l (gegen das »Fell“ in den Augen), S i g m a r s w u r z , » k r a u t , P f l u g w u r z , W e t t e r r o s e , H o c h l e u c h t e , S t u d e n t e n w u r z , Namen, die sich alle schon in den alten Kräuterbüchern (des 16. Jahrh.) finden.

Ausdauernde, (40) 50 bis 125 cm hohe Pflanze mit nichtästigem Erdstock und spindel* förmiger, verästelter und verholzter Wurzel. Stengel aufrecht, einfach oder ästig, von ein« fachen Haaren und besonders im oberen Teile von Büschelhaaren i rauh. Untere Laub» blätter lang gestielt, rundlich=herzförmig, 5*lappig bis 5*spaltig, unregelmässig gekerbt, einfach, gabelig und büschelförmig behaart; die mittleren und oberen Stengelblätter abnehmend kürzer gestielt, handförmig 5=spaltig oder 5=teilig, die obersten oft nur 3=spaltig ; Zipfel grob-gezähnt bis fiederspaltig. Nebenblätter lineahlänglich, etwa 6 mm lang, unterseits und am Rande, seltener auch oberseits behaart. Blüten auf kurzen, behaarten Stielen einzeln in den Blattachseln, an den Spitzen des Stengels und der Aeste unregelmässig traubig gehäuft. Aussen* kelchblätter eblanzettlich, etwa 6 mm lang, spitz, büschel* haarigTilzig, am Rande borstig. Kelchblätter bis zur Mitte verwachsen, mit 3=eckigen Zipfeln, etwa 9 mm lang, büschelhaarigTilzig. Kronblätter 3*eckig*verkehrt*eiförmig, 2 bis 3,5 cm lang, vorn ausgerandet, gegen den Grund verschmälert und am Grunde gewimpert, lebhaft rot bis blassrosa mit oft etwas dunkler gefärbten Nerven. Staub* blätter etwa 1,2 bis 1,5 mm lang, fleischfarben. Frucht etwa 10 mm breit ; Früchtchen etwa 2,5 bis 3 mm lang, kahl oder meist (wenigstens zur Fruchtreife) verkahlend, auf dem Rücken gekielt, an den Kanten abgerundet und schwach gerieft (Fig. 1980d), innerer Teil der Scheidewände erhalten bleibend. Samen nierenförmig, etwa 2 mm breit, dunkel graubraun, an den Seiten vertieft, glatt. — VI bis IX (X). Ziemlich zerstreut, aber meist truppweise an trockenen, lichten Orten : auf steinigen Hängen, Weiden, in lockeren Gebüschen, auf Waldlichtungen, an Bahndämmen, Burgwällen, Strassenrändern, Zäunen, Mauern, bei Kalk* öfen, in Weinbergen (Pfalz). Von der Ebene bis in die mon* tane Stufe : in Südbayern bis 605 m (im oberen Donaugebiet bis 850 m), im Wallis bis 1000 m, in Graubünden bis 1250 m, in Südtirol bis 1200 m. Mit Vorliebe auf kalkreichen Böden, aber auch auf trockenen Lehm* und Sandböden. In D e u t s c h l a n d ziemlich zerstreut: in Bayern in den Alpen und im Fichtelgebirge fehlend, auf der oberen Hochebene und im Bayerischen Wald sehr zerstreut, in der Rhön etwas häufiger, im Oberpfälzer Wald nur bei Gleissenberg, auf der unteren Hochebene ziemlich verbreitet, im Frankenwald und im übrigen nördlichen Bayern (mit Ausnahme der Rhön) ziemlich verbreitet; in Württemberg im Unterland und im Jura verbreitet, im Schwarzwald und in Oberschwaben zerstreut ; in Baden ziemlich verbreitet, in Eisass» Fig. 1980. M a lv a A lc e a L. a Habitus, b Blüte (von aussen), c Frucht, d Teilfrüchtchen. e Samen.

l) Gr. afocaia [alkaia] oder akxéa [alkéa] bei D i o s k u r i d e s Name einer wilden Malvenart mit tief zerteilten, an die von Verbena officinalis erinnernden Laubblättern und kleinen Blüten. Wohl verwandt mit ak&aicc [althaia), vgl. Althaea.

479 Lothringen nicht selten-, in Mitteldeutschland zerstreut, am Niederrhein selten, in Westfalen meist nicht häufig, in der Nordwestdeutschen Tiefebene nur im äussersten Südosten bei Clievenberg unweit Fallersleben ; in Hol» stein zerstreut von Hamburg bis Segeberg»Bothkamper, See«Lütjenburg, nördlich davon selten und wohl nur aus Gärten verwildert; im Nordostdeutschen Flachland zerstreut, aber in West» und Ostpreussen häufig ; in der Nähe der Ostseeküste selten. — In O e s t e r r e i c h in Böhmen verbreitet; in Mähren namentlich im südlichen und mittleren Teil, ausserdem bei Namiest, Iglau, Mährisch-Trubau, Bizens, Olmütz, Sternberg, Prossnitz, Närn, Freiberg, Wsetin, Raudenberg; in Salzburg und Oberösterreich sehr zerstreut; in Niederösterreich hie und da im Granitgebiet des Waldviertels, im Süden bis an die Pielach, bis Melk und Amstetten, ausserdem bei St. Pölten, Texing, Aschbach bei Seitenstetten, zwischen Marbach und Persenberg; in Steiermark verbreitet; in Kärnten zerstreut, in Krain häufig, im Vorarlberg und in Tirol verbreitet. — In der S c h w e i z hie und da, bisweilen eingeschleppt, z. B. mehrfach zwischen Laufenburg und Brugg (1916, Mobilisationsfloral), zuweilen unbeständig. — Ausserdem hie und da aus Gärten verwildert.

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Europa: nördlich bis Dänemark, Südschweden, Oesel, Livland und Witebsk, südlich bis Spanien, Italien, bis zum Balkan und bis Südrussland. In Nordamerika kultiviert und verwildert. Der Formenkreis von Malva Alcea ist hinsichtlich des Laubblattschnittes und der Behaarungsver» hältnisse an Stengel, Laubblättern und Früchtchen ziemlich veränderlich, aber in seiner Gliederung noch nicht endgültig geklärt. Die wichtigeren Formen unterscheiden sich folgendermassen voneinander: 1. Stengelblätter tief (bis über die Mitte) handförmig geteilt. Behaarung der Pflanze vorwiegend aus einfachen Haaren bestehend. Früchtchen fast oder ganz kahl. — 2. Kronblätter lebhaft rot, breit»herzförmig, gegen den Grund zusammen» gezogen. Obere Laubblätter mit 5 verkehrUeilanzettlichen, eingeschnitten gezähnten Abschnitten : var. t y pi c a Fiori et Paolettí. — 2*. Kronblätter lila bis rosa, verkehrt» bis keilig»eiförmig, gegen den Grund verjüngt. — 3. Untere Laubblätter nierenförmig, die oberen mit 5 schmalen, eingeschnitten gezähnten oder gesägten (bis*, weilen krausen [f. c r i s p a Heller und Schwarz]) Abschnitten (M. Itálica Rchb., = M. cännabina Serr.): var. m u l t i d e n t ä t a Koch. — 3*. Untere Laubblätter seicht herzförmig, die oberen mit 2 bis 5 ungeteilten oder mit 1 bis 3 grossen Zähnen versehenen Abschnitten (M. alceoides Ten., = M. Moréníí Rchb.): var. I t á l i c a (Poll.). — 1*. Stengelblätter gelappt oder kaum bis zur Mitte in 5 gezähnte oder leicht eingeschnittene Ab» schnitte geteilt. Behaarung der Pflanze vorwiegend aus Büschelhaaren bestehend. Kronblätter rosa, breit» verkehrt»herzförmig, gegen den Grund zusammengezogen. Reife Früchtchen schwach behaart (M. Bismalva Bernh.) : var. f a s t i g i a t a (Cav.). Eine auffällige Abart, in der Tracht an Malva moschata L. erinnernd und auch durch Moschusduft ausgezeichnet, aber durch die fast kahlen Früchtchen von ihr unterschieden, von var. fastigiata durch oberwärts stärkere Behaarung und eingeschnitten gezähnte, lineale bis lanzettliche Laubblattzipfel und tief ausgerandete Kronblätter unterschieden ist var. e x c i s a (Rchb.) Aschers. Selten, z. B. im Nordostdeutschen Flachland, aber auch anderwärts vielleicht nur übersehen. Malva Alcea gehört dem pontisdumediterranen Elemente an. Als nitrophile Pflanze hat sich die Art unter dem Einflüsse des Menschen stark ausgebreitet, so dass ihr natürliches Verbreitungsgebiet gegen» wärtig kaum mehr festgestellt werden kann. In Mitteleuropa tritt sie vielfach als hortifuger Oekiophyt auf und hält sich mit Vorliebe in der Nähe menschlicher Siedelungen, in Halbkulturen und an Ruderaistellen, wo sie stellenweise eine sehr bezeichnende Pflanze ist. Ihre Kultur in Gärten ist sicher alt, da sie früher zu ähn» liehen Zwecken wie Malva neglecta und Althaea officinalis in den Apotheken gebräuchlich war. Im Mittelalter schrieb man ihr Schutzwirkungen vor Unfällen zu (daher „Fellriss“ = Hautriss) oder trug sie zur Stärkung der Augen als Amulett um den Hals. Als sicher ursprüngliche Siedelungsorte können in Böhmen z. B. die ostböhmischen Eichenwälder mit spärlichem Einschlag von Rot« und Weissbuche, von A cer Pseudoplatanus und A. campestre angesehen werden, in denen sie nach H a y e k in dem meist reichen Unterwuchs zusammen mit Pulmonaria angustifolia, Galium vernum, Potentílla alba, zahlreichen Gräsern und Carices, Cytisus nigricans, Trifolium ochroleucum, Astragalus Danícus, Vicia pisiformis, Hypericum hirsutum, Bupleurum falcatum, Peucedanum Cervaria, Inula salícífolía u. a. anzutreffen ist. Ebenso dürfte sie in den trockenen Fels» und Hügelfluren Mitteldeutschlands natürlich sein, wo sie sich nach D r u d e mit Carexhumilis, Brachypodium pinnatum, Bromus erectus,Anthericum Liliago und A. ramosum, Allium montanum, Híppocrepís comosa, Potentílla arenaría, Seselí Libanotís, Asperula glauca, Centaurea Scabíosa, Verbascum Lychnítís, Stachys Germanícus, Alyssum montanum, Adonis vernalís, Díanthus Carthusíanorum und vielen anderen vereinigt.

1895. Malva moscháta1) L. B i s a m * M a l v e , Moschus»Malve.

Franz.: Mauve musquée; engl.: Musk mallow. Taf. 162, Fig. 1; Fig. 1981 und 1982. Ausdauernde, 20 bis 100 cm hohe Pflanze mit spindelförmiger Wurzel und ästigem

l) M a l v a m o s c h a t a wurde von Valerius C o r dus als Alcaéa tenuífólía beschrieben, unter welchem Namen sie auch T h a l in seiner Harzflora 1577 anführt. 233*

480 Erdstode. Stengel ästig, aufrecht, von einfachen oder gebüschelten Borstenhaaren rauh. Grund» ständige Laubblätter auf längeren Blattstielen, am Grunde herzförmig, handförmig gelappt; Lappen unregelmässig gezähnt; Stengelblätter handförmig 5» bis 7»teilig, mit einfach bis doppelt fiederspaltigen Abschnitten; Zipfel lineal bis lineablanzettlich, i spreizend (Fig. 1981 d). Alle Laubblätter dl spärlich einfach behaart oder büschelhaarig. Nebenblätter lineaMänglich, etwa 6 mm lang, borstig gewimpert. Blüten auf kurzen, behaarten Stielen, einzeln oder bis zu 3 in den Blattachseln oder an den Spitzen der Hauptachse und der Aeste gehäuft. Aussenkelchblätter etwa 3 mm lang, lineaManzettlich, borstig behaart und bewimpert (Fig. 1981 f). Kelchblätter zu Vs oder 2h miteinander verwachsen, etwa 3 mm lang, mit 3*eckigen Zipfeln, oberseitsfilzig»behaart, unter» BLA seits borstig und büschel» ^ \ haarig. Kronblätter keil» förmig»3»edcig, ausgerandet, 2,5 bis 3 cm lang, mit Aus» nähme des bewimperten Grundes kahl, rosaviolett, selten weiss, mit dunkleren Nerven (Fig. 1981 e). Frücht» dien glatt, dicht behaart (Fig. 19811), an den Seiten querrunzelig, auf dem Rücken abgerundet (Fig. 1981 m). Samen nierenförmig, glatt, rötlich (Fig. 1981 n). Junge Pflanze leicht nach Moschus duftend. — VI bis VII (bisX). Zerstreut und meist spärlich in trockenen bis frischen Wiesen, Gebüschen, an Waldrändern, Bahndäm» men, Weg» und Strassen» Fig. 1981. M alv a r a o s c h a ta L. a Blühender Spross, b Zusammengedrängter Blüten­ knäuel. c Stengelabschnitt, d Laubblatt, e Blüte von aussen. / Kelch von aussen, g und rändern, Zäunen, in Obst» h Entwicklungsstufen der Geschlechtssäule, i und k Blüte im Fruchtzustand. I Frucht. gärten, in Kleefeldern. Von m Teilfrüchtchen, n Samen, o Pollen. der Ebene bis in die untere Bergstufe: in Südbayern bis 604 m, im oberen Donautal bis 790 m, im Wallis bis 1450 m ; mit Vorliebe in der collinen Stufe. Auf kalkarmen Böden. In D e u t s c h l a n d fast nur im Süden und Südwesten häufiger, in Mittel* und Norddeutschland zerstreut bis selten: in Bayern im Alpengebiet nur bei Melleck bei Reichenhall und adventiv bei Ober» audorf (1910) und Garmisch (1909), im Bodenseegebiet nur verwildert bei Heimersreut und früher bei Lindau, auf der Hochebene sehr zerstreut (gegen die Donau zu häufiger), im Bayerischen Wald in Achslach bei Ruhmannsfelden, im Fichtelgebirge bei Wunsiedel, Erbendorf, Tirschenreuth, im Frankenwald im Tal der Wilden Rodach, im Jura zerstreut, im Muschelkalk», Keuper» und Buntsandsteingebiet sehr zerstreut, in der Rhön selten, z. B. bei Neuwirtshaus; in Württemberg im Unterland, Jura und Oberschwaben zerstreut, im Schwarzwald bei Calw, Kohlerstal, Aach, Pfalzgrafenweiler, Krähenbad; in Baden im Bodenseegebiet zerstreut, im Jura in der Baar, in den SchwarzwaldsVorbergen bei Rheinweiler und Köndringen, im Schwarzwald zerstreut, ebenso in der Rheinebene und in Nordbaden; in Elsass»Lothringen zerstreut; in der Vorderpfalz bei Dürkheim und Landau, in der Mittelpfalz zerstreut, in der Nordpfalz bei Wolfstein, Dannenfels und Wartenberg bis Rohrbach; in der Rheinprovinz ziemlich verbreitet, aber am Niederrhein sehr zerstreut, in Westfalen verbreitet; in der Nordwestdeutschen Tiefebene nur vereinzelt und verschleppt und sich meist nicht haltend, in Schleswig»Holstein im östlichen Gebiet und in Südschleswig zerstreut; in Mitteldeutschland nicht

481 häufig; im Nordostdeutschen Flachland selten und wohl nur eingeschleppt, aber stellenweise massenhaft, so z. B. besonders um Magdeburg und im Kreise Putzig bei Rixhöft (Westpreussen), bei Forst in der Lausitz; in Ost» preussen bei Tilsit 1820, 1859 und um 1866 adventiv beobachtet; in Schlesien vielfach verwildert und im Vor« gebirge stellenweise fast eingebürgert. — In O e s t e r r e i c h in Salzburg und Oberösterreich sehr spärlich; in Böhmen selten-, in Mähren bei Hohenstadt, Stefanau und Grosswasser bei Olmütz, verwildert bei Rajnochowitz, UngarischoHradisch, Strassnitz undNam iest; in Niederösterreich im Sandsteingebiet sehr zerstreut von Vierling bis in die Brühl, bei Lilienfeld, Seitenstetten, Kodes; in Steiermark im unteren Murtal bei Hainsdorf, Weitersfeld, Purkla und Mureck, verschleppt bei Laarstein bei Aussee und bei F rein ; in Kärnten bei Pontafel und Villach (?); in Vorarlberg in Valduna verwildert; in Tirol nur adventiv, z. B. in Trient vor der Lorenzobrücke (1906) und an der Valsuganabahn bei Pergine, zwischen Bozen und Meran fraglich. — In der S c h w e i z sehr zerstreut, sicher nirgends einheimisch und sich kaum dauernd haltend, am häufigsten noch in der Nordschweiz.

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Europa: nördlich bis Irland, England, Südostnorwegen, MittebSchweden, Kurland und Wilna (?), südlich bis Portugal, Spanien, Italien, Griechenland und bis in die Türkei und Westrussland (?). In Nordamerika kultiviert und verwildert. Die Art zeigt folgende Gliederung: 1. var. 1a c i n i ä t a Gren. et Godr. ( = M. moschata L. var. typica Beck, = var. undulata Sims., = var. angustisecta Celak., = var. typica Fiori et Paoletti). Stengel kräftig, ziemlich hoch. Laubblätter gross, bis zum Stiel in lineale bis lineablanzett» liehe Abschnitte zerteilt; Abschnitte der oberen Laubblätter doppelt fiederspaltig. Die gewöhnliche Form. — 2. var. h e t e r o p h y l l a Lej. et Court. Grundständige Laubblätter nierenförmig, gezähnelt. Stengelblätter, wenigstens die oberen, handförmig mit geraden (eingeschnittenen oder ge» zähnten) Abschnitten. Findet sich im Gebiet meist in der f. l a t i s e c t a Celak. Pflanze überall behaart. Stengel 4 bis 8 dm hoch. Obere Laubblätter mit 3 bis 5 keilförmigen, 2»zähnigen Abschnitten. — f. g l a b r e s c e n s Becherer et Gyhr. Pflanze unterwärts kahl und nur in der Blüten» Standsregion behaart. So bei Basel (bei Neuhüsli und Beinwii). Malva moschata ist ein submediterranes Element, das von Westen und Südwesten her mit Eisenbahntrans» porten, Klee« und Grassaaten gegen Osten in der Aus» breitung begriffen ist. Auch aus Gärten, wo die Pflanze ihres schönen Aussehens wegen vielfach gezogen wird, entweicht sie häufig, ohne sich aber vielerorten dauernd halten zu können. Für ganz Mitteleuropa scheint sie kaum zu der alteingesessenen Flora zu zählen. Aus dem Mittel» meergebiet wird sie z. B. von B e c k von Berg» und Vor» alpenwiesen angegeben, die mitteleuropäischen Floren» Charakter mit pontischem Einschläge zeigen. W i l l k o m m führt die f. latisecta aus Portugal aus der Umgebung von Pontevedra als Begleiterin zahlreicher atlantischer Elemente, wie Mibora Desvauxii Lge., Lobelia urens L., Wahlenbergia bederacea Rchb., Hypericum undulatum Schousb. usw. an. In Baden findet sich die Art nach O l t m a n n s gern an trockenen und unfruchtbaren Orten an Hängen, Wegrändern und Strassenböschungen zusammen mit Aira caryophyllacea, Bromus inermis, Carex verna, Cerastium brachy» petalum, Geranium columbinum, Medicago falcata, Ononis spinosa, Plantago lanceolata, Verbascum»Arten usw. ln der Norddeutschen Tiefebene stellt sie sich bisweilen nach P. G r a e b n e r in der Calluna»Heide ein. Aehnlich verhält sie sich auch im Spessart, wo sie aber andererseits auch in ziemlich frische Wiesen eindringt.

1896. Malva silvestris1) L. W i l d e M a l v e . Franz.: Mauve sauvage, fausse guimauve, fromage, petit fromage, grande m auve; engl.: Common oder high mallow, marsh*mallow, round*dock, cheesedog; ital.: Malva, riondela. Taf. 182, Fig. 2 ; Fig. 1983d bis h, 1978k und 1, 1984 bis 1986, 1987 e. Zweijährige bis ausdauernde, 25 bis 120 cm (bis mannshohe) lange Pflanze mit Spindel* *) In den Kräuterbüchern des 16. und 17. Jahrhunderts heist diese Art M a l v a s y l v e s t r i s m a i o r (so z. B. bei T h a l 1577) oder M a l v a s y l v ö s t r i s f ö l i o s i n u ä t o (z. B. bei C. B a u h i n ) im Gegensatz zu M. neglecta und Verwandten.

482 förmiger, wenig ästiger, fleischiger Wurzel. Stengel meist niederliegend oder aufsteigend, seltener aufrecht, ästig, imunteren Teile dlverholzend, innen mit lockerem Mark erfüllt, rund, d: reichlich mitkurzen,anliegenden oder abstehenden, einfachen Haaren und Büschel* haaren besetzt. Laubblätter kreisrundlich oder nierenförmig, grasgrün, die grundständigen lang* gestielt, am Grunde deutlich herzförmig, wenigstens die Stengelblätter 3* bis 7*lappig, mit halbkreisförmigen oder eiförmig*3*eckigen, unregelmässig gekerbten Abschnitten, am Blatt* rande spärlicher, an den Stielen reichlicher behaart, mit einfachen und starren, l*zelligen oder 2* bis 6*strahligen Haaren; Drüsen* haare fast nur auf den Nerven. N ebenblätter kurz* 3*eckig*eiförmig, ungleich. Blüten zu 2 bis 6 in den Blattachseln, auf etwa 1 bis 2,5 cm langen Stielen. Aussenkelchblätter 3, frei, etwa 4 bis 5 mm lang, länglich* lanzettlich, auf der Oberseite kahl, am Rande borstig bewimpert, auf der Unterseite meist behaart. Kelch* blätter 5, etwa 6 mm lang, zu a/3 miteinander verwachsen, im freien Teile 3*eckig. Kronblätter 5, frei, 20 bis 25 mm lang, verkehrt*eiförmig, in den Grund keilförmig verschmälert, an der Spitze tief ausgerandet, auf der Oberseite gegen den Grund zu kurzhaarig, am Grunde dichthaarig bewimpert, rosaviolett, mit je 3 dunkleren Streifen, (3* bis) 5*mal länger als der Kelch. Staubblätter viele, zu einer behaarten, 10 bis 12 mm langen Röhre verwachsen; Pollen im Mittel 144 ,u breit. Frucht* knoten mit zahlreichen, in der unteren Hälfte verwachsenen Griffeln mit fädlichen, auf der Innenseite papil* lösen, behaarten Narben. Frucht scheibenförmig, 8 bis 8,3 mm breit und im Mittel 3,5 mm hoch, ge* nabelt, mit überragender Mittelsäule. Fig. 1983. A lt h a e a o f f i c i n a li s L. a und b Querschnitte durch das Laubblatt. Teilfrüchtchen 9 bis 11, scharf be* c Schleimzelle. — M a lv a s i l v e s t r i s L. d Spross mit Blüten und Früchten. e Querschnitt durch das Laubblatt. /, g und h Verschiedene Entwicklungs­ randet, am Rücken netzig*grubig* stufen der Geschlechtssäule. — M. n e g l e c t a Wahr, i und k Verschiedene Ent­ höckerig, kahl oder spärlich behaart. wicklungsstufen der Geschlechtssäule. (a ,b un d en ach G ilg , c nach T s c h irc h ). — V bis IX. Verbreitet und ziemlich häufig auf wüsten Plätzen, Schuttstellen, an Zäunen, Mauern, Weg* rändern, auf Düngerhaufen, in Hecken, auf Aeckern, in Kunstwiesen, Weinbergen, stark genutzten Weiden, Sandfeldern, am Meeresstrande, auf Waldschlägen, in Felssteppen usw. Von der Ebene bis in die untere Bergstufe, die vertikale Getreidebaugrenze kaum überschreitend; im Wallis bis 1400 m, in Graubünden (Schanfigg [adventiv] bis 1320; soll auch in Arosa [in etwa 1740 bis 1820 m

483 Höhe] in einem Gärtchen einmal eingeschleppt beobachtet worden sein) ; im Inntal bis 1200 m, im Puschlav bis etwa 1000 m, in den oberen Reusstälern bis 930 m, in den Bayerischen Alpen bis 800 m, im Bayerischen Walde bis 660 m. Auf Unterlagen aller Art, doch mit Vorliebe auf ammoniakalischen Böden. In D e u t s c h l a n d verbreitet und meist häufig, nur am Niederrhein zerstreut und in den höheren Mittelgebirgen seltener oder ganz fehlend. — In O e s t e r r e i c h in Böhmen meist verbreitet, aber z. B. in der östlichen Elbeniederung selten, in anderen Landesteilen auch ganz fehlend; in Mähren häufig, nur im nörd» liehen Teile fehlend; in den Alpenländern meist verbreitet, aber nicht häufig; in Kärnten ziemlich zerstreut. In der S c h w e i z bis in die Alpentäler verbreitet.

Al l g e me i n e V e r b r e i t u n g : Europa, nördlich bis Irland, Schottland (vielleicht nur adventiv), Skandinavien (Bergen, Kristiania, Mittelschweden), Livland und Pleskau; Sibirien, Kleinasien, Kaukasus, Dsungarei, Altai, Vorderindien; Nordafrika. Adventiv auch in Ostasien, Nordamerika, Südamerika (Chile, Brasilien), Australien, Südafrika. In Indien kultiviert. Zu dem formenreichen T y p u s gehören folgende Formen: var. l a t i l ö b a Celak. ( = var. typica Bede). Laubblätter gross, herzförmig, angedrückt weichhaarig, mit breiten, gerundeten, durch spitze Winkel getrennten Lappen, bleichgrün. Früchte kahl. Verbreitet. — var. a n g u s t i l ö b a Celak. ( = M. récta Opiz). Laubblätter kleiner, am Grunde gestutzt, tief 3»(bis 5»)lappig, mit weiten, recht» bis stumpfwinkeligen Buchten und länglichen Abschnitten, sonst wie vorige. Hie und da, z. B. bei Buttendorf (Nürn» berg) und bei Prag. — var. hispidula Beck. Kelch, Blütenstiele und der obere Teil des Stengels reichlich rauhhaarig, oft wollig (nicht nur zerstreut borstenhaarig) und mit beigemischten Büschel» haaren. Früchte kahl. So z. B. hie und da mit der var. lati» loba. — var. g l a b r i ü s c u l a Parlai. Laubblätter und Stengel fast kahl, schön grün. Früchte kahl. Hiervon tritt gelegent« lieh eine kleinblütige Form auf, deren Blüten nur etwa Vs so lang sind als beim Typus (f. p a r v i f l ö r a Schur). — Weiter werden beschrieben.var. p e n d u l a Jacobasch. Zweige überhängend oder zuletzt niederliegend. Laubblätter kleiner, meist 3»lappig. Blüten meist einzeln. Selten, z. B. im Nordostdeutschen Flachland und (vielleicht adventiv) in einer Kiesgrube bei Erfurt. — var. o r b i c u l ä r i s Dethard. Laubblätter (namentlich die unteren) rund, ungelappt oder nur ganz stumpf gelappt. Hierzu als Strandform mit grösseren Laubblättern f. l i t o r ä l i s Aschers. — Eine südliche, in Mitteleuropa wohl nur adventiv auftretende Form ist die var. d a s y e ä r p a Beck ( = var. eriocarpa Boiss. p. p.), der var. an» gustiloba im Blattschnitt ähnlich, aber stärker behaart und mit behaarten Früchtchen. So z. B. eingeschleppt auf dem Wolfsbahnhof in Basel (1919), bei Freiburg i. Br. sowie in Rathen a. d. Elbe (1923, B eg er). — Als Unt er » a r t e n gehören ferner zu M. silvestris: subsp. ambigua (Guss.) Rouy et Foucaud. Laubblätter im allgemeinen kleiner als beim Typus, stärker behaart, von Büschelhaaren flaumig bis zottig, die oberen mit spitzen Ab» schnitten und Zähnen. Blüten nur 1 bis 3, nur mittelgross. Fruchtstiele schwächer, so lang oder länger als die Laubblätter (beim Typus meist kürzer). Früchte meist behaart. Westmediterrane Rasse. In Mitteleuropa bisher nur in Orbe in der Schweiz in der kleinblättrigen Form var. m i c r o p h y l l a Rouy et Foucaud ein» geschleppt beobachtet (1880). — subsp. Mauritanica (L.) Thellung ( = M. Mauritanica L., = M. silvestris L. var. gldbra Bertol., = var. Mauritanica Boiss.). Stengel bis 150 cm hoch, aufrecht, spärlich behaart bis fast kahl. Laubblätter gross, rundlich, stumpf» und breitlappig, gezähnelt, fast kahl; Blattstiele nur auf der oberen Seite flaumhaarig. Blüten zu 2 bis 6 in den Achseln der Laubblätter, gross. Kronblätter 1,5 bis 2,5 cm lang, den

484 Kelch 3» bis 4»mal überragend, verkehrt»herzförmig, vorn ausgebuchtet, lila, auf den Nerven dunkler gestreift oder ganz dunkelrot. Früchtchen 3 bis 3,5 mm hoch, netzigsgrubig. Einheimisch im südlichen Mittelmeergebiet. Im Gebiet als Heil» und Zierpflanze in Bauerngärten häufiger angepflanzt als M. silvestris und ab und zu daraus verwildert (selten eingeschleppt). In D e u t s c h l a n d z. B. bei Augsburg, München, Passau, Ober» reichenbach, Schwabach, Fürth, Schniegling, in und bei Bamberg (1905, 1909), Altenteich, Altenbuch, Ludwigs» hafen, in und bei Berlin, Prenzlau, Pforten, um Pirna, bei Dohna, Weissenberg, mehrfach bei Erfurt, Altona (1922), Helgoland, Elbing, Brinsk, AlbPillau, Mertinsdorf, Milken, Grontzken, Malga. — In O e s t e r r e i c h in Böhmen, z. B. bei Jicin, Opocno unweit Pulic und P rag ; in Mähren bei Brünn, Adamstal, Znaim, Mähr. Budwitz j in Vorarlberg bei Feldkirch ; in Tirol bei Pettnau (1887), V ö l s (in Maisäckern), Mühlau; in Niederösterreich bei Simmering, Vöslau, Neuwaldegg, Rodaun. — In der S c h w e i z bei Basel (Ruchfeld 1918), Lenzburg, im Churer Rheintal und bei Fully. Malva silvestris ist eine eurosibirische Art, deren ursprüngliches Verbreitungsgebiet infolge ihrer ausgesprochenen Archaeophyten»Natur nicht mehr feststellbar ist. Natürliche Standorte scheint die Art z. B. in den dalmatinischen Felsensteppen zu besitzen. In Mitteleuropa tritt sie seltener in r t ursprüngliche Pflanzen» gesellschaften ein. P. G r a e b n e r erwähnt sie als gelegentlich auftretende Pflanze aus den Norddeutschen Gras» heiden und ihrer Ursprünglichkeit wegen unsicher aus Weingaertneria canescens*Festuca ovina»Sandfeldern. Am Meeresstrand erscheint sie in der f. litoralis bisweilen zusammen mit halophilen Begleitern. G r a d m a n n kennt sie von der Schwäbischen Alb nur als Kulturbegleiter. Oft findet sie sich im Schutze lockerer Hecken zusammen mit Alliaria officinalis, Lamium maculatum und L. purpureum, Malva neglecta, Urtica dioeca, Viola odorata und Geum urbanum, bisweilen auch in vernachlässigten Feldern, wo sie sich mit Chenopodium album, Solanum nigrum, Stellaria media, Lamium purpureum usw. vereinigen kann. Auf Düngerhaufen, an Ruderalstellen und auf fetten Gartenböden entwickelt sie sich zu mastigen Formen. In Bauerngärten ist sie seltener als ihre Unterart Mauritanica zu finden. Sie spielt noch gegenwärtig in der Heilpflege eine nicht unbedeutende Rolle und war für diese Zwecke schon bei den römischen und griechischen Aerzten bekannt. Samenfunde bei Ostra in der Oberlausitz, die aus der letzten Eiszeit stammen, deuten ebenfalls auf eine frühzeitige Verwendung bei den Slaven. Aus der an Funden von Pflanzensamen so reichen schweizerischen Pfahlbauzeit ist die Art merk* würdigerweise noch nicht bekannt geworden. Die von der wildwachsenden Pflanze gesammelten Blüten sind als F l ö r e s M ä l v a e seit dem 17. Jahrhundert in der Apotheke gebräuchlich und heute noch (Pharm. Germ., Austr., Helv.) offizinell. Sie enthalten reichlich Schleim und finden zu Gurgel» und Mundwassern, Umschlägen, bei Erkrankung der Augen, Brustschmerzen, Zahngeschwüren, Hals» und Mandelentzündungen usw. Verwendung. Bisweilen wird diese Malva auch als Gemüsepflanze gezogen; die Blätter gelten auch als Tee»Ersatz. Die zur Blütezeit gesammelten Laubblätter werden gleich denen von M. neglecta als F ö l i a M ä l v a e (Pharm. Germ., Austr., Helv.)ihresSchleimgehaltes wegen als reizlinderndes und erweichendes Mittel, innerlich als Expectorans, äusserlich zu Umschlägen (Kataplasmen), benützt. Der in den Kronblättern enthaltene Färb» Stoff besteht nach R. W i l l s t ä t t e r und W. Mi eg (Ueber den Farbstoff der wilden Malva, 1915) aus einem Digly» kosid C2 9 Hs* O 17; sein zuckerfreies Deri» vat, das Malvidin, ist isomer und mit dem Oenidin nahe verwandt. Nach den eingehenden Untersuchungen von B o c h * Fig. 1985. M alva s i lv e s t r i s L. a bis /Entwicklung von Einzel- und Büschel­ m a n n (Beiträge zur Entwicklungsge» haaren. g bis k Entwicklung von Köpfchenhaaren (nach R eu ter). schichte offizineller Samen und Früchte, 1911) geht die Samenschale aus zwei Integumenten hervor. Das äussere ist 2»schichtig. Jedoch ist nur im Reifezustand die zweite Schicht noch gut entwickelt und wird teils aus längs», teils aus querrechteckigen, schleim» erfüllten Zellen gebildet. Die äussere Zellschicht hingegen wird im Laufe der Entwicklung immer mehr zusammen» gepresst und erscheint zur Zeit der Reife nur noch in Form schmaler, quergestellter und stark verdickter Zellen. Das innere Integument schliesst sich mit einer Reihe ansehnlicher, tangential gestellter, prismatischer und im Querschnitt 5» bis 8»eckigen Stäbchen oder Palisadenzellen an, deren Inneres von einem spindelförmigen, am oberen Ende allmählich verschwindenden Lumen eingenommen wird. Innerhalb dieser Zellen liegt Je ein kleines

4 85 aus Kieselsäure oder Silikaten bestehendes Körperdien. Am oberen Ende dieser Zellen (oberhalb des verdrängten Lumens) entwickelt sich mit zunehmender Reifung sehr scharf eine „Lichtzone“ oder „Lichtlinie“, die sich durch ihre helle Färbung kenntlich macht und ähnlich bei den Samen bezw. Sporenfrüchten der Leguminosen, Convolvulaceen, von Pilularia, Marsilia, Nelumbo nucifera Gaertn. usw. beobachtet worden ist. Nach den Untersuchungen von A. T s c h i r c h scheint diese optische Erscheinung nicht, wie früher von R u s s o w , S e m p o l o w s k y , W e t t s t e i n u. a. angenommen wurde, auf dem verschiedenen Wassergehalt der einzelnen Schichten zu beruhen, sondern auf Verschiedenheiten im Chemismus der Membranen. Eine biologische Bedeutung für diese eigenartige Bildung hat sich bis jetzt noch nicht finden lassen. Auch K i n z e 1 kommt bei seinen Keimungsstudien nur zu dem Ergebnis, dass zwar die Keimung durch Licht gefördert werden kann, dass aber die physikalischen Einflüsse von geringer Bedeutung sind. Unterhalb der Stäbchenschicht lagern sich 2 oder 3 parenchymatische, grosszeilige Reihen an, die anfangs mit Stärke erfüllt sind, diese aber zur Reife völlig abgeben. Ihre mit einem braunen, gerbstoffhaltigen Stoffe erfüllte äussere Reihe verdicht bei dieser Abgabe die den Stäbchenzellen abgewandten Wände, während die übrigen Schichten („Nährschicht“ nach T s c h i r c h ) bei der Entwicklung aufgelöst werden. — Der Blühvorgang nimmt folgenden Verlauf! Zu Beginn der Blütezeit bedecken die reifen, bläulichen Staubbeutel die noch unentwickelten, in der Staubblattröhre eingeschlossenen Narbenäste (Fig. 1982f) und stehen in der Mitte der Blüte. Später krümmen sich die Staubblätter nach abwärts und überlassen den heran» wachsenden und sich strahlig ausbreitenden Narbenästen Fig. 1986. M a lv a s i l v e s t r i s L. a Blüte im Längsschnitt. ihren Platz (Fig. 1982 g und h). „Kurz“» und „Langgrifflig» b Geschlecütssäule im männlichen Stadium, c Frucht. keit“ der Blüten sind also zwei Entwicklungsphasen, nicht d Teilirüchtchen. eDesgl. im Längsschnitt (nach W a r m in g). aber, wie T s c h i r c h (Handbuch der Pharmakognosie. Bd. II, 1912) angibt, zwei verschiedene Ausbildungsweisen der Blüten, wie sie z. B. bei manchen Primulaceen anzu» treffen sind. Während K n u t h eine nachträgliche, spontane Selbstbestäubung als unwahrscheinlich ablehnt,■ hält W a r n s t o r f eine solche im zweiten Stadium für möglich, da sich die dichtstacheligen, grossen Pollen» körner noch lange nach dem Verstäuben noch an den entleerten Staubbeuteln vorfinden. Ein Blütenduft soll nicht wahrnehmbar sein; doch stellen sich eine grosse Zahl der verschiedensten Insekten als Besucher ein. Bemerkenswert ist die von F. M ü l l e r festgestellte Beobachtung, dass von den vielen von ihm beobachteten Bienenarten nur eine ( C h e l o s t ö m a n i g r i c ö r n e Nyl.) Pollen sammelte, während die anderen sich nur an den Nektar hielten. Derselbe Forscher beobachtete auch Honigraub, indem Honigbienen bei geschlossenen Blüten den Rüssel nacheinander hinter den 5 Kelchblättern einführten und diese Tätigkeit dann auch bei offenen Blüten fortführten.

1897. Malva neglécta1) Wallr. ( = M. vulgaris Fries, = M. rotundifölia L. p. p. non Fries). K ä s e p a p p e l , Kleine Malve, Gänsepappel, Ffasenpappel. Franz.: Fîerbe à fromage, fromageon, petite mauve, mauve des chemins; engl.: Dwarf or common mallow; dän. : Katost; ital. : Malvetta. Taf. 182. Fig. 3 ; Fig. 1987 a bis d, 1988, 1978 m bis r, 1983i und k. Einjährige oder ausdauernde, 7 bis 45 cm lange Pflanze mit langer, dünner, spindel* förmiger Wurzel. Stengel niederliegend oder aufsteigend, seltener aufrecht, ästig, rund, zerstreut einfach und büschelhaarig, oft rötlich überlaufen (schmächtiger als bei M. silvestris). Laubblätter sehr lang (bis 27 cm) gestielt, nierenförmig bis fast kreisrund, undeutlich 5* bis 7»lappig (Lappen abgerundet oder stumpf), gekerbt, am Grunde stets herzförmig, oberseits spärlich behaart oder fast kahl, unterseits und am Rande reichlich einfach und büschelhaarig und mit ziemlich reich» liehen Drüsenhaaren. Nebenblätter kurz, ungleichseitig*3»eckig»eiförmig, fast häutig, bewimpert. Blüten einzeln oder zu mehreren in den Achseln der Laubblätter, auf sich verlängernden *) Diese Art, die von L i n n é noch nicht von der folgenden unterschieden wurde, heisst in den Kräuterbüchern meist schlechthin Malva oder Malva vulgaris und Pappel, oder aber im Gegensatz zu M. s i l v e s t r i s auch Malva sylvestris pümila (z. B. bei Th a l ) oder M. sylvestris folio rotündo (z. B. bei B a u h i n ) .

486 (bis 4 cm langen), mit Büschelhaaren und Drüsen besetzten Stielen. Aussenkelchblätter 3, etwa 4 bis 5 mm lang, lineaHänglich, beidseitig behaart, am Rande bewimpert (Fig. 1978 n). Kelchblätter 6 bis 10 mm lang, bis etwa zur Hälfte verwachsen, aussen behaart, innen fast kahl; Zipfel 3*eckig, zugespitzt, ganzrandig oder undeutlich gezähnelt, im vorderen Teile der Oberseite + wollig behaart (Fig. 1978 o und 1987 d). Kronblätter verkehrt* eiförmig, am Grunde keilig, vorn ausgerandet, etwa 8 bis 13 mm (ausnahmsweise bis über 20 mm) lang, 2* (bis 3*)mal so lang als der Kelch (vgl. auch var. brachypetala), auf der Oberseite gegen den Grund zu behaart, am Grunde beidseitig dicht bärtig, hellrosa* rot bis fast weiss, über den Nerven dunkler (Fig. 1978 m, 1987 b). Staubfäden zu einer etwa 6 mm langen, dicht kurzhaarigen, weissen oder rötlichen Röhre verwachsen; Pollen im Mittel 112 ^ breit. Fruchtknoten aus 11 bis 15 Frucht* blättern verwachsen, fein behaart oder fast kahl. Frucht auf verlängerten Stielen, scheibenförmig, schwach genabelt, etwa 6 bis 7 mm im Durch* messer und etwa 2 bis 2,5 mm hoch, behaart (Fig. 1978 p); Teilfrüchtchen glatt oder schwach runzelig, an den Kanten abgerundet (Fig. 1978q); Griffelpolster nahezu so breit wie die Teilfrüchtchen. Samen nierenförmig, fein punktiert (Fig. 1978r). — (V) VI bis XI. Sehr verbreitet und meist häufig an Ruderal* stellen: auf Schutthaufen, an Wegrändern, Mauern, auf Dämmen, um Häuser, Hütten und Ställe, in Gärten, ferner auf Aeckern, in lichten Hecken, auf trockenen Wiesen (meist Kunstbeständen), in Heiden. Von der Ebene bis in die subalpine Stufe oder (seltener verschleppt) noch höher; in den Bayerischen Alpen bis 900 m, in den Reuss* tälern bis 920 m, in Südtirol und im Wallis bis 1700 m, am Ofenberg bis 1800 m, Alp Spluga ob dem Silsersee 1900 m, beim Berninahospiz einmal auf Schutt verschleppt bei 2309 m. Auf Unterlagen aller A rt; ammoniakliebend. Fig. 1987. M a lv a n e g l e c t a Wallr. a Habitus, b Längs­ schnitt durch die Blüte, c Stengelstück mit einfachen und gebüschelten Haaren, d Blüte im Fruchtzustand. — M. s i l v e s t r i s L. e Blütendiagramm (nach M a r k ta n n e r ).

Im ganzen Gebiete sehr verbreitet und häufig, nur in den höheren Mittelgebirgen und in den alpinen Hochtälern seltener.

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Europa: nördlich bis Irland, Schottland, Dänemark, Ost*Norwegen (von Haugesund und den Hvalöern bis Kristiania), Mittel*Schweden, Aland, Abo, Nyland, Süd*Karelien; Westasien bis zum Baikalsee und Tibet, Vorderindien; Nord* afrika. Eingeschleppt in Nordamerika, Chile und Australien. Ausser der gewöhnlichen Form (var. t y p i c a Beck) mit grossen, rundlichen, 3 bis 5 (7,5) cm breiten Laubblättern, 10 bis 12 mm langen Kronblättern und 7 bis 8 mm breiter Frucht werden unterschieden: var. e l a c h i s t a Bede. Laubblätter klein, 8 bis 15 mm breit, oft nierenförmig und breiter als lang, mit höchstens 3,5 cm langen Stielen. Kronblätter 8 bis 11 mm lang. Frucht 5 bis 6 mm breit. So in Nieder» Österreich bei Hetzendorf. — var. b r a c h y p e t a l a Uechtritz (== var. decipiens Aschers.). Kronblätter kaum oder bis l7**nial so lang wie der Kelch. In Mitteleuropa in Schlesien vielleicht schon heimisch, sonst nur adventiv, so bei Tübingen (1902), Erfurt, Zürich, Solothurn (1912, 1915) und mehrfach bei Basel (1915). — A b r o m e i t erwähnt aus der Umgebung von Königsberg (Ostpreusssen) Formen mit auffällig grossen, bis über 2 cm breiten Blüten.

487 Matva neglecta gehört dem eurosibirischen Elemente an. Sie ist einer der gewöhnlichsten Archäo» phyten Mitteleuropas auf Schutt und erscheint oft in grossen Herden in den Ruderalgesellschaften. Ihrer Vor» liebe für Ammoniak entsprechend siedelt sie sich gern an überdüngten Orten, längs der Strassenränder, in unsauber gehaltenen Ortschaften, in der Nähe von Ställen und auf Viehlägern an. Häufige Begleiter dabei sind mehrere Chenopodium»Arten, Atriplex patulum, Arctium Lappa, Urtica urens, Capselia Bursa pastoris, Geranium molle, Potentilla Anserina, Poa annua usw. Auf Brachäckern können Lepidium ruderale, Anagallis arvensis, Sonchus arvensis, Cirsium arvense, Plantago major, Senecio vulgaris, Lamium amplexicaule, Delphinium Consolida, Hyoscyamus niger u. a. mit ihr erscheinen. In lichten Gebüschhecken stellt sie sich neben M. silvestris ein (vgl. pag. 484). Mit Grassaat wird sie nicht selten in Kunstbestände eingeschleppt und hält sich häufig in den entstehenden Halbkulturfor» mationen. P. G r a e b n e r erwähnt die Art auch aus der norddeutschen Callunaheide, O. D r u d e aus trockenen Triften Mitteldeutschlands. In den Salzsteppen der ungarischen Tiefebene tritt sie nach H a y e k zusammen mit Camphorosma ovata, Lep» turus Pannonicus, Hordeum murinum subsp. Gusso» neanum, Festuca ovina subsp. pseudo»ovina, Statice Gmelini, Lepidium crassifolium, Bupleurum tenui» folium usw. auf. Nach B e c k findet sie sich z. B. in Dalmatien auf den Salzböden der Meeresküste, in der Felsensteppe usw. Ueber die Zeit der Ein» Wanderung der Art in Mitteleuropa liegen keinerlei Daten v o r; sie wird aber z. B. von T h a l in der Harzflora angegeben. — Nach P. K n u t h steht die Blüteneinrichtung dieser Art in der Mitte zwischen derjenigen von M. s i l v e s t r i s und M. p u s i l l a . Auch hier schliessen am Anfang der Blütezeit die über den unterwärts verwachsenen Staubfäden pyramidenförmig zusammengestellten Staubfäden die noch unentwickelten Narben vollständig ein. Nachdem sich die Staubbeutel entleert haben, biegen sich die oberen, freien Teile der Staubblätter nach unten, sodass die bisher von ihnen eingeschlossenen Narben frei werden. Diese breiten sich strahlenförmig auseinander und biegen sich soweit zurück, dass die an ihrer Innenseite gelegenen Papillen frei hervortreten und die zuvor von den Staubbeuteln eingenommene Stelle einnehmen. Insekten, die von einer im ersten Zustande befind» liehen Blüte kommen, müssen daher in einer im zweiten Zustande befindlichen Fremdbestäubung hervorrufen. Gegen Ende der Blütezeit krümmen sich die Narbenäste so weit zurück, dass sie die noch mit etwas Pollen bedeckten, herabgeschlagenen Staubblätter berühren und zu Selbstbestäubung Veranlassung geben können. Die Pflanze wurde bereits von P 1i n i u s und S c r i b a r i u s L a r g u s als Gemüse empfohlen. In Norddeutschland werden die rundlichen Früchte gern von Kindern zum Spielen verwendet, bisweilen auch gegessen (Keeskrut).

1898. Malva pusilla Withering ( = M. rotundifölia L. p. p. et Fries, non auct. plur., = M. borealis Wallman, =

M. Henningü Goldbach, = Althsea borealis Alefeld). K l e i n b l ü t i g e Kä s e » p a p p e l . Fig. 1989 und Fig. 1978 a bis f.

Einjährige oder ausdauernde, (8) 15 bis 40 (60) cm lange, gelbgrüne Pflanze mit Spindel* förmiger, langer, wenig verzweigter Wurzel. Stengel niederliegend, am Ende aufsteigend oder bisweilen ganz aufrecht, ästig, zerstreut behaart. Untere Laubblätter sehr lang gestielt, rundlich*nierenförmig, am Grunde herzförmig, sehr seicht winkelig 5* bis 7*lappig, unregel* mässig gesägt*gekerbt, oberseits angedrückt einfach behaart, unterseits mit einfachen, büscheligen und drüsigen Haaren; mittlere und obere Stengelblätter kürzer gestielt, deutlicher 5* bis 7*teilig gelappt. Nebenblätter lineablänglich, unterseits und am Rande behaart. Blüten zu 2 bis 6 in den Achseln der Laubblätter, mit ziemlich langen, behaarten Stielen. Aussenkelchblätter 3, lineal, etwa 3,5 mm lang, borstig gewimpert. Kelchblätter etwa 5 mm lang, bis zur Hälfte miteinander verwachsen, mit breit*3*eckigen, etwas krausen Zipfeln, aussen und am Rande einfach* und büschelhaarig. Kronblätter länglich=eiförmig, etwa 4 mm lang,

488 vorn abgestutzt oder seicht ausgerandet (Fig. 1978 b), am Grunde zerstreut gewimpert, hell* rosa bis fast weiss. Staubblattröhre etwa 3 mm lang, kahl. Pollen im Mittel 100 fx breit. Früchte auf wagrecht abstehenden oder abwärts gebogenen Stielen (Fig. 1978 a, ai), etwa 6 mm breit und etwa 2 mm hoch, fein behaart oder kahl (Fig. 1978 d); Früchtchen scharf berandet, an den Seiten radial gerippt, auf dem Rücken netzförmig rauh (Fig. 1978 f); Griffel* polster viel schmäler als die Teilfrüchtchen. Samen nierenförmig, etwa 1,8 bis 2 mm breit, glatt, etwas flachgedrückt, dunkelbraun (Fig. 1978e). — VII bis Herbst. Zerstreut und meist einzeln auf Ruderalplätzen aller A rt: auf Schuttplätzen, über* düngten Plätzen, an Dorfstrassen, Zäunen, auf Bahnhöfen, bei Mühlen, in Hafenanlagen, seltener an Ackerrändern und auf Feldern. Von der Ebene bis in die Bergstufe. Mit Vor* liebe auf kalkarmen, sandigen Böden. In D e u t s c h l a n d nur in Ost» und Westpreussen häufig, sonst zerstreut bis selten und in grossen Gebieten des Westens und Südens ganz fehlend. In Bayern im Keupergebiet bei Schniegling und mehrfach (? vielleicht z. T. übersehen) bei Nürnberg (anscheinend einheimisch), eingeschleppt in München und Deggendorf; in Württemberg einzig im Unterland bei Laibach und Schöntal; in Baden bei Mannheim häufig (im Hafen» gebiete in starker Ausbreitung begriffen und vollständig eingebürgert), bei Rheinau (seit 1880) und unweit Ravens» bürg bei Sulzfeld, Altwiesbach und Baiertal; in Elsass«Lothringen mehr» fach in Strassburg, bei Kehl; in den Rheinlanden nur im Norden bei Krefeld, Traar, Uerdingen, Neuss, Breyell (1893), Viersen, Hilden bei Düsseldorf, Aachen (für Bonn und Neuwied unsicher), mancherorten sich einbürgernd; in Westfalen hie und da eingeschleppt, z. B. bei Siegen, Dortmund und an der Emschertalbahn bei Huckarde; Hannover (1890); in Braunschweig bei Derenburg, Halberstadt, Langenstein, Bornecke, Westerhausen, Oschersleben, Rüdigsdorf, Neustadt; bei Eisleben, H alle; in der Nordwestdeutschen Tiefebene sehr selten und scheinbar ver» schwindend: Bremen, Bardenfleth, Timmersloh bei Liliental (früher bei Mittelbüren, zwischen Vegesack und Blumental und Bremerhaven), an» geschwemmt bei Celle (1889), Hastedt; in Schleswig »Holstein zerstreut und wohl nur eingeschleppt; im Nordostdeutschen Flachland im südlicheren Teile stellenweise häufiger, sonst zerstreut und in der Nähe der Ost» see selten odar ganz fehlend, öfters vorübergehend adventiv; in der Erfurter Flora bei Erfurt, Alpersstedt, Stottersheim, Herbstleben, Rüde» stedt, Gebesee, Bremstal, Ringleben usw .; ferner z. B. häufig bei Tenn» stedt, Schleiz; im Freistaat Sachsen im Elsterland bei Leipzig (Schöne» feld, Lindental, Gundorf, Stahmeln), Weida, um Dresden; in Schlesien zer» streut. — In O e s t e r r e i c h in Vorarlberg adventiv bei Tosters (1910); in Salzburg (St. Johann); in Oberösterreich um Steyr, an mehreren Stellen der Haide; in Niederösterreich besonders im Marchfeld und im südlichen Wiener Becken; in Böhmen im Mittellande und in der Elbe» niederung, häufig z. B. am Fuss des Erzgebirges bei Komotau; in Schlesien bei Teschen; in Mähren besonders im südlichen Teile, ausserdem bei Olmütz, Prossnitz, Holleschau, Weisskirchen, Rusawa und Mistek. — In der S c h w e i z selten eingeschleppt; mehrfach in Zürich (seit 1889), Solothurn (1904, 1910, 1914), bei Basel (seit 1914), bei Freiburg (1917) und in Locarno.

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Europa, nördlich bis Skandinavien (Drontheim, Mjösensee, Dalarne, Medelpad, Satakunta), Ladoga* und Onega*Karelien (für England [Kent] unsicher); westlich bis zum Rhein, südlich bis Nord*Jtalien, bis zum nördlichen Balkan, Südrussland; in Sibirien bis zum Irkisch, im Orient bis Indien.

Fig. 1989. M a lv a p u s illa Withering. a Habitus, b Blütentrieb.

Malva pusilla gehört dem osteuropäisdi-westasiatischen Elemente an. Sie ist wie M. silvestris und M. neglecta ein Archäophyt und hält sich in den westlicheren Gebietsteilen fast ausschliesslich an Ruderalplätze und wird durch menschliche Tätigkeit nicht selten dort eingeschleppt. In der Norddeutschen Tiefebene soll sie nach B u c h e n a u im Verschwinden begriffen sein. Am Niederrhein hat sie sich nach H ö p p n e r an

489 einigen Orten dauernd angesiedelt. Meist erscheint die Art im Gebiet nur vereinzelt. In Russland gehört sie hingegen zu den lästigsten Unkräutern und entwickelt bisweilen ein ausserordentlich üppiges Wachstum. Nach S. D a v i d bedeckten einzelne von ihm beobachtete Exemplare dort eine Bodenfläche von 1,6 qm und erzeugten bis 57000 Früchte. — Die Blüteneinrichtung entspricht nach K n u t h anfangs derjenigen von M. silvestris; doch besitzt M. pusilla infolge ihrer viel kleineren und weniger lebhaft gefärbten Kronblätter, mit denen ein viel ge« ringerer Insektenbesuch verknüpft ist, in der zweiten Blütenphase die unbedingte Möglichkeit der Selbst« bestäubung, da die Staubblätter soweit aufgerichtet bleiben, dass die mit Pollen bedeckten Staubbeutel von den sich zurückkrümmenden und sich spiralig aufrollenden Narbenästen berührt werden. Nach W a r n s t o r f sind die( unter dem dichten Blätterdach fast verdeckten Blüten sogar fast homogam, indem sich die Narben bereits zu Anfang der Blütezeit i stark aufr ollen. Als Bestäuber wurden geflügelte Ameisen, Bienen, Fliegen usw. festgestellt. Von B a s t a r d e n kommen vor : M . A l c e a L. x M . m o s c h a t a L. ( = M. i n t e r m é d i a Boreau, = M. Alcea L. var. intermedia Dur.«Duq., = M. intermedia Dethardingii Link?). Mehrfach aus Frankreich und Schweden angegeben; in Deutschland mit Sicherheit nur aus dem Botanischen Garten von Berlin bekannt (vgl. U r b a n , J. in Verhandlungen des Botanischen Vereins der Provinz Brandenburg. Bd. XXII, Sitzungs» berichte, pag. 94). Vielleicht in Gärten. — M. n e g l e c t a Wahr. X M. pusi l l a Withering ( = M. a d u l t e r i n a Wahr., = M. hybrida Celak., = M. boreälis Wallman var. liläcina Opiz). Im Nordostdeutschen Flachland hie und da; in Westpreussen am Weichselufer bei Thorn und in Feuerfier; in Ostpreussen bei Schwentainen; in Schlesien bei Kontopp, Neusalz, Liegnitz, Jauer, Militsch, Breslau (vielfach), Oppeln und Gross»Strehlitz ; in Niederöster« reich bei Biedermannsdorf und Hof a. d. March; in Mähren bei Znaim; in Böhmen bei Birma unweit Aussig, Laun und bei Prag. — M. n e g l e c t a Wallr. X M. s i l v e s t r i s L. Wird von F r i t s c h für Oesterreich angegeben. Die B o m b ä c e a e mit 22 Gattungen und etwa 14 Arten sind auf die Tropen (besonders in Südamerika) beschränkt. Es sind meistens Bäume mit oft eigenartig bewehrten, plumpen, geradezu tonnen» förmigen Stämmen, mit einfachen, fieder» oder handnervigen oder auch gefingerten, zuweilen beschuppten oder sternhaarigen Laubblättern und hinfälligen Nebenblättern und gewöhnlich sehr grossen, oft schön gefärbten Blüten. Staubbeutel 1», 2» oder mehrfächerig, zuweilen wurmförmig gekrümmt oder nach dem Verblühen schneckenförmig eingerollt. Pollen fast stets glatt, niemals stachelig. Fruchtknoten 2« bis 5«fächerig ; in jedem Fach 2 bis viele Samenanlagen. Frucht trocken, seltener fleischig, aufspringend oder geschlossen bleibend. Samen kahl, zuweilen mit Arillus oder von den von den Fruchtwänden ausgehenden Haaren umschlossen. Zu den auffallendsten Erscheinungen des innerafrikanischen Steppengebietes gehört der Affenbrotbaum, Calabassenbaum oder „Baobab“, A d a n s ö n i a d i g i t ä t a L., ein bis 18 m hoher, sehr raschwüchsiger Baum mit äusserst dickem (bis 4 0m im Umfang) Stamm und gefingerten, zur Trockenzeit abfallenden Laubblättern. Das sehr leichte und weiche, aber gegen Pilze wenig widerstandsfähige Holz, sowie der Rindenbast (Adansonfibre) und die an langen Stielen herabhängenden, gurkenähnlichen, nicht aufspringenden, holzigen, leichten Früchte, endlich die geniess» baren, fettreichen Samen finden vielseitige Verwendung, so das Holz für Kanus, die Früchte als Schwimmer für Fischnetze, das gelbliche Fruchtmark (es enthält u. a. 12°/o Weinstein und 2°/o Weinsäure, 14,5% Zucker) als durststillendes Getränk, zu Mehl gestampft („Terra Lemnia“) als Fiebermittel, gegen Dysenterie usw. Den im Alter hohlen Stamm verwenden die Eingeborenen als Wohnung oder als Leichenkammer. — Die säuer» lieh schmeckenden Früchte von Ä. G r e g ö r i i Ferd. v. Müller in Nordaustralien werden gleichfalls gegessen. — Eine Anzahl von Arten der Gattungen B ö m b a x (besonders B. C e i b a L. [ = B. Malabäricum DC.J in den süd« asiatischen Urwäldern, dann B. B u o n o p o z é n s e Beauv. in Westafrika) und C h o r i s i a , ferner der tropisch»ameri» kanische Hasenpfoten« oder Balsabaum, O c h r ö m a l a g ö p u s Sw., und dann vor alternder ursprünglich im tropischen Amerika beheimatete, heute aber auch in Südasien (besonders auf Java) sowie im tropischen Afrika und auf Neuguinea kultivierte, bis über 50 m hohe, sehr schnellwüchsige „Kapokbaum“, silk cotton tree, fromager der Franzosen, C e i b a p e n t ä n d r a Gaertn. ( = Eriodéndron anfractuosum DC.), enthalten in den Früchten weiche, seidenartige Wollhaare, die aber wegen ihrer Sprödigkeit, ihrer geringen Dauerhaftigkeit und geringen Stapel» länge nicht versponnen werden können. Die Hauptverwendung von Kapok (in Brasilien paina limpa ge» heissen) beruht in der Benützung als Polster» und Füllmaterial (Pflanzendaunen) für kühlende Kissen, für Schwimm» gürtel, zum Füllen von Matratzen, als Papiermaterial usw. — Als Obstbaum verdient der vielfach gefeierte, aber auch gelästerte Durianbaum oder Indische Zibetbaum (D ürio zi bet hi nus L.) aus dem Malayisxhen Archipel Beachtung. Die fleischigen, nach faulen Zwiebeln und altem Käse riechenden Bestandteile der kopfgrossen, gelbbraunen, dicht stacheligen, melonenähnlichen Früchte werden von den Eingeborenen leidenschaftlich gern gegessen, zumal sie ihnen als Aphrodisiacum gelten, während sich die Europäer nur schwer an den Geschmack gewöhnen. Wegen des durchdringenden Geruches ist der Genuss dieser Frucht in besseren Hotels nicht gestattet. Zibetkatzen können mit Hilfe der Früchte gefangen werden. Die letzte Familie, die S t e r c u l i ä c e a e , umfasst Holzpflanzen (darunter auch einzelne kletternde Lianen) und krautartige Gewächse mit zuweilen i zygomorphen Blüten und in der Regel einfachen, doch auch gelappten und gefingerten Laubblättern mit einer oft sehr dichten Sternhaarbekleidung. Ein Aussenkelch ist

4 90 gewöhnlich nicht ausgebildet. Alle Staubblätter sind i zu einem röhrenförmigen Bündel verwachsen; die des äussern („episepalen“) Kreises fehlen oder sind staminodial (zuweilen auch petaloid) ausgebildet, die des inneren Kreises besitzen stets dithezische, extrorse Antheren. Zuweilen ist der Fruchtknoten nebst den Staubblättern über den Blütenboden durch einen stielartigen Fortsatz (Androgynophor) emporgehoben. Die trockene, hie und da holzige Frucht ist beeren» oder kapselartig oder zerfällt in Teilfrüchte (Kokken). Die Familie ist mit etwa 53 Gattungen mit 660 Arten ausschliesslich auf die wärmeren Gebiete und zwar meist einer Hemisphäre beschränkt; immerhin sind einzelne artenreiche Gattungen wie S t e r c ü l i a , B u e t t n e r i a , H e l i c t e r e s , H e r m a n n i a und W a l t e r i a beiden Erdhälften gemeinsam. Von grosser wirtschaftlicher Bedeutung ist der echte Kakaobaum ( T h e o b r o m a 1) C a c ä o 2) L.), ein im wilden Zustande 4 bis 6, selten bis 13 m hoher Baum, mit unregel»

Fig. 1990. T h e o b r o m a C a c a o L. a Blühender Zweig, b Blüte, c Diese im Längsschnitt, d Staubblatt, e Staubblattröhre. g Quer- und Längsschnitt durch den Fruchtknoten, h Geöffnete Frucht, i Querschnitt durch die junge Frucht, k Samen. I bis n Samen durchschnitten mit den gefalteten Keimblättern, o Epidermis der Keimblätter mit den „Mitscherlich“schen Körperchen (Fig. / und g nach B e r g und S c h m id t, o nach P r a n t l - P a x ) .

mässigem, etwas knorrigem Stamm, breiter Krone, dunkelgrünen, in der Jugend rötlichen, ziemlich grossen, lederigen, länglich»eiförmigen Laubblättern und kleinen, rötlichen, zu Büscheln auf dem Stamme und an den dickeren Zweigen auf sog. „Blütenkissen“ sitzenden (Cauliflorie oder Stammbürtigkeit) Blüten. Kelchblätter 5, schmal. Kronblätter kappenförmig, gestielt, mit fahnenartiger Spreite. Staubblattröhre kurz, mit 5 fruchtbaren Staubblättern und 5 pfriemenförmigen Staminodien. Frucht eine Beere, gross, 15 bis 25 cm lang und 10 cm dick, länglich oder verkehrFeilänglich, dickschalig, gelb oder rötlich, gefurcht, zuweilen höckerig, gurken» ähnlich. Samen 20 bis 50 (70), in Reihen angeordnet, in ein süss=säuerliches, rosafarbenes Fruchtmus eingebettet, i flachgedrückt, nährgewebelos, mandelförmig, rötlichbraun („Kakaobohnen“), unter einer dünnen, brüchigen, gelb» oder rotbraunen Samenhaut zwei dicke, fleischige, dunkelbraune bis dunkel» violette, stark ineinandergefaltete, leicht in eckige Stücke zerfallende Keimblätter („nibs“) aufweisend. Der Rest des Nährgewebes (Perisperm) überzieht die Falten in Form eines dünnen Häutchens (Fig. 1990 o) und zeigt*) J) Von & to s [theös] = Gott und ß^w/xct [bröma] = Speise; also „Götterspeise“. *) Der Baum hiess bei den Mexikanern Cacaua Quahuitl.

491 eigenartig gekrümmte, wurmartige, quergestreifte Haarbildungen (Mitscherlich’sche Körperdien). Die sehr nähr» haften Kakaobohnen (sömina Cacao, fäbae Mexicänae) enthalten durchschnittlich 1,49°/° Theobromin oder Dimethylxanthin = C7 He N* Oa (wie das nahe verwandte, in geringen Mengen ebenfalls vorhandene Koffein oder Trimethylxanthin ein Methylderivat), 45 bis 56°/o eines bei 30 bis 33 (35)° schmelzenden Fettes, 14 bis 15°/o Eiweissstoffe, 8 bis ll,72°/o Stärke, 5 bis 7°/o Wasser, 6,7°/o Gerbstoff, 2°/o Cacaorot, ferner Asparagin, Cholin, Wein« und Apfelsäure. Entölter Kakao wie Schokoladen (Cacao tabuläta) sind deshalb nicht nur als Genuss» mittel, sondern als vollwertiges Nahrungsmittel zu betrachten. Beide werden auch in Mischungen mit Arzneien als Geschmackskorrigens oder als Stärkungsmittel (mit Rhabarber, Chinin, Ipecacuanha, Santonin, Isländische Moos [Moos»Schokolade], Kalomel, Magnesia) verwendet. Der Baum, der wild nur im tropischen Mittel» und Süd» amerika vorkommt, wird heute fast überall in den Tropen kultiviert; gut gedeiht er aber nur in den wärmsten Teilen der Tropen, etwa zwischen dem 13.° nördlich und 13.° südlich des Aequators. Die Kultur war bereits den alten Tolteken und Azteken bekannt, die den Kakao kalt oder warm als schäumendes Getränk, „chocolatl“ (choco = Schaum und atl = Wasser) geheissen, genossen; die gerösteten, geschälten und zerstossenen Bohnen, die auch als Geld eine Rolle spielten, wurden mit gequollenem Mais oder Maniokmehl, auch mit Gewürzen, Spanischem Pfeffer, Orlean, Vanille, Honig oder mit duftenden Blumen versetzt. Im Jahre 1526 kam die erste Kunde vom Kakao durch Ferdinand C o r t e z nach Spanien; im 17. Jahrhundert breitete sich der Genuss — wenn auch nicht immer ohne Widerstand — in Italien und in Frankreich aus. So musste sich Maria Theresia von Spanien, die Gemahlin Ludwig XIV., noch verstecken, um Schokolade zu trinken. In Deutschland wird der Kakao zum erstenmal im Jahre 1640 erwähnt und zwar im Inventar der Braunschweiger Ratsapotheke, dann 1656 in Hessen»Kassel, 1669 in Leipzig, 1682 in Zelle, 1694 in der Mark Brandenburg. Friedrich der Grosse verbot die Einfuhr von Schokolade und beauftragte den Chemiker M a r g g r a f dafür ein Surrogat aus Lindenblüten herzustellen. Heute wird der raschwüchsige, eine gleichmässige Wärme (mindestens 22° C), Feuchtigkeit und Schatten (deshalb werden Bananen oder breitkronige Leguminosenbäume aus den Gattungen Erythrina, Inga, Albizzia, Caesalpinia als Schattenspender angepflanzt) verlangende Baum im grossen im tropischen Amerika kultiviert und zwar heute vornehmlich in Ekuador (dieses Land liefert mehr als ein Drittel der Weltproduktion), dann in Venezuela („Caracas»Kakaoa), Bolivien, Peru, Brasilien, Kolumbien, Surinam, West» indien (Trinidad, Grenada, San Domingo), ausserdem seit einigen Jahrzehnten in Westafrika (San Thome, Fernando Pö, Goldküste, Liberia, Gabun, Kamerun, Kongo), auf Ceylon und Java. Von den zahlreichen Sorten, die sich in der Ausbildung der Früchte und Samen unterscheiden, mögen genannt sein: der sogen. Kriollokakao (der das feinste Produkt liefert) im westlichen Venezuela und Zentralamerika, die Forastero»Sorten mit Trinitario, Carupano, Cundeamor, die Amelonado» und Calabacillo»Sorten mit Arriba, Balao, Machala (Guayaquil). Die mit Messern abgeschnittenen Früchte werden geöffnet und dann in Körben oder Gefässen in die Gärhäuser gebracht, wo sie einen doppelten Prozess, eine Gärung (das „Rotten“ oder „Schwitzen“) unter Mitwirkung von Enzymen (hydrolytische Oxydation) und Saccharomyceten und eine Trocknung (an der Sonne oder durch künstliche Er» wärmung in Trockenhäusern) durchmachen müssen, was eine sehr umständliche Behandlung erfordert. Durch die Gärung schwindet der den frischen Bohnen eigene bittere Geschmack, während sich gleichzeitig das angenehme Aroma einstellt. „Ungerotteter“ Kakao wird direkt getrocknet und schmeckt bitter. In den Kakao» und Schokoladefabriken werden die Bohnen geröstet, von den Schalen befreit, gemahlen, worauf dann ein Teil des Fettes (für Kakaopräparate bis auf 3 0 % ) abgepresst („entölter Kakao“) wird. Zur Herstellung von Schoko« lade soll das Fett nicht entfernt werden. Der fetthaltigen Kakaomasse werden hierauf durch Walzwerke Zucker, Milch und Gewürze (besonders Vanille oder das künstlich hergestellte Vanillin, seltener auch Zimmt, Gewürz» nelken, Cardamomen oder Perubalsam) beigegeben, worauf die in Blechformen gebrachte Masse in Kellern oder Kühlapparaten (auf 12,5°) abgekühlt wird. Hiebei erstarrt das Fett kleinkristallinisch. Neuerdings nimmt der Verbrauch von reinem, entfettetem Kakao ohne Zusatz von Zucker usw. immer mehr zu. Um den letzteren angeblich leichter verdaulich zu machen, wird er durch Kaliumkarbonat, durch leicht flüchtige Ammoniumsalze oder Wasserdampf „aufgeschlossen*. Billigere Sorten von Schokolade werden gelegentlich mit Mehl, mit Pulver von gerösteten Eicheln, Kastanien, Erdnüssen, Cichorien, ja sogar mit Gips vermengt. Die in den Kakao» fabriken massenhaft abfallenden Schalen, die ebenfalls Theobromin enthalten, gelangen als „Kakaotee“ oder ,,Kakao»Kaffee“ in den Handel. Die erste Schokoladefabrik wurde in Deutschland 1756 von dem Fürsten Wilhelm von Lippe in Steinhude errichtet. Bekanntere Unternehmen sind heute SarottLBerlin, Stollwerck» Köln, Hartwich & Vogel»Dresden, Reichardt»Hamburg»Wandsbeck, Rüger»(Hansi»)Dresden, Most»Halle, Fass» bender»Berlin, Alpursa.Biessenhofen (Bayern), Petzold & Aulhorn*Dresden, Moser»Roth»Stuttgart, Riquet»Leipzig, Waldbaur»Stuttgart, Cenovis»Mündien, Karnatzski»Wernigerode, Kant»Wittenberg, dann Milka, Velma, Hildebrand, Nimrod, Holdie, Balda, Elldee, W einberg, Brinkmann, Ritter, Badenia, W ernick, Jentzsch, Mauxion, Wadoka,Eszet, Teel, Spanetti, Frankonia, Frankenland, Hoffmann, Lobeck, Subtzik, Colima, Portola, Püberno, Heller»Wien, Van Houtten, Bensdorf«Amsterdam usw. In der Schweiz sind zu nennen: Tobler»Bern, Lindt» & Sprüngli»Zürich»Bern, Grison»Chur Frey» Aarau, Villars.Freiburg, Klaus»Locle, Suchard»Neuenburg (Filiale in Varese),Maestrani»St. Gallen, Peter, Cailler,

492 Kohler»La Tour de Pertz, Croisier«Genf. Das aus den enthülsten, geriebenen und stark gepressten Kakaobohnen als Nebenprodukt gewonnene und gereinigte fette Oel bildet eine talgartige Masse, die Kakaobutter ( Ö l e u m C a c a o , Butÿrum Cacao) oder richtiger Kakaoöl, eine bei 15° brüchig«, spröde, zuerst schwach bräunliche, später blassgelbe, nicht leicht ranzig werdende Substanz von feinem, angenehmem, an Kakao erinnerndem Gerüche und mildem Geschmack. Sie enthält 59,7°/° feste Fettsäure und zwar Stearinsäure (39 bis 40°/o), Palmitin« und Arachinsäure (letztere zum Teil als Triglyceride), flüssige Oelsäure und noch 6,3°/o andere flüssige Fettsäuren (darunter Linolsäure), gemischte Ester (Oleopalmitostearin, Oleodipalmitin, Myristicopalmitoolein und Oleostearin), eine Lipase, wohl auch Stigmasterin und Sitosterin, vielleicht auch etwas Cholesterin und neben einem Kohlenwasserstoff (CaoH«) ein hyazinthartig riechendes Oel. Das oflizinelle Oel (Pharm. Germ., Austr., Helv.) wird zu Pillen, Salben, Einreibungen, Ceraten, Suppositorien (Stuhlzäpfchen), Vaginalkugeln, Urethralstäbchen, Lippenpomaden und Augensalben (es schmilzt bei Körpertemperatur), zum Einfetten von Patronen, zur Herstellung von Pralines und bessern Seifen verwendet. In der Medizin gilt das Theobromin als essigsaures (Agurin) oder als salicylsaures«Natrium*Theobromin (Diuretin) als gutes Diureticum, das seine besten Wirkungen bei allgemeinem Hydrops (Wassersucht), insbesondere im Gefolge von Herzkrank» heiten entfaltet, ebenso bei Oedemen. — Von anderen Arten der Gattung werden in Amerika noch The o » b r o m a p e n t ä g o n u m (liefert den Lagarto» oder Alligator »Kakao), Th. b i c o l o r Humb. et Bonpl. (Cacao blanco), Th. a n g u s t i f ö l i u m Moç. et Sess. (Cacao mico) und Th. B a l a é n s i s (Cacao del monte) angebaut, die aber alle keine grössere Bedeutung haben. Mit den Kakaobohnen haben die Kola«, auch Guru» oder Ombenen»Nüsse der westafrikanischen, baumartigen C ö l a v é r a K. Schum. ( = C. nitida) und C. a c u m i n ä t a R. Br. eine gewisse Aehnlichkeit, zumal sie wie diese keine reinen Genussmittel, sondern Reiz» und Nährmittel zugleich darstellen. Die nicht sehr auffälligen, eingeschlechtigen, einhäusigen Blüten entspringen häufig am alten Holz und entwickeln eine sternförmige, in Teilfrüchte (Balgkapseln) zerfallende, lederartige, 8 bis 16 cm lange, 4» bis 5»fächerige Frucht, in deren Fächern je 3 bis 5, in das Fruchtfleisch eingebettete, etwa 4,5 cm lange und 3 cm breite, rot» oder weissgefärbte Samen (Fig. 1991 m) mit dicken, gespaltenen oder ungespaltenen Kotyledonen liegen. Die Nüsse enthalten 2,35 bis 2,71 % Coffein, 0,023 °/o Theobromin, Colarot, 3,25 % Zucker, 33,75% Stärke, 29,83 % Cellulose, 12,22% Wasser (in frischen Nüssen bis 60% ), 6,7 bis 8,6 % Eiweissstoffe, 0 ,5 8 % Fett, 3 ,0 4 % Gummi, 1,62% Gerbstoff (Cola« tannin) sowie ein fettspaltendes Enzym (Colalipase). Der Gehalt an Coffein ist also ausserordentlich gross (grösser als beim Kaffee) ; ihm und dem Theobromin werden auch die das Hunger» und Durstgefühl vertreibenden Eigenschaften, sowie die Fähigkeit des Ertragens von grossen Strapazen zugeschrieben. Bei den Eingeborenen (namentlich bei den Sudanvölkern), welche die frischen Nüsse kauen, werden diese als Nahrungs», Genuss» und Heilmittel sehr hoch geschätzt. Immerhin werden sie erst in der Mitte des 16. Jahrhunderts von Leo Af r i » c a n u s und zwar als „Goro" erwähnt. In neuerer Zeit wird der Baum in Afrika als Nebenkultur angepflanzt. Versuche, die Kolanuss in Europa zu verwerten, hatten bisher keinen nennenswerten Erfolg. Im allgemeinen gelangen nur getrocknete Kolanüsse (Fig. 19911) nach Europa, die einerseits zu Pastillen, Extrakten, Tabletten, Biskuits und Bonbons verarbeitet werden, andererseits Weinen (vinum cölae), Likören, Kakao usw. zugesetzt werden. Als s é m e n C ö l a e (Pharm. Austr., Helv.) werden sie als anregendes Mittel, als Tonicum, Analepticum, Diureticum, gegen Migräne, Neuralgie, hysterische Zustände, chronische Diarrhoe angewendet. — G l o s s o s t é m o n Br u» g u é r i Desf. liefert die echte „Revalenta Arabica", ein aus den Wurzelknollen stammendes, leicht verdauliches Mehl. — M a n s ö n i a G a g é i in Birma liefert das wohlriechende, in der Heimat sehr geschätzte Kalanutholz, T r i p l o c h i t o n u t i l e von der Goldküste eine Art Mahagoni, S t e r c ü l i a t r a g a c ä n t h a Lindl. und S. t o m e n t ö s a Guill. et Perr. aus dem tropischen Afrika afrikanisches Traganthgummi. — H e r i t i é r a l i t o r ä l i s Dryand., ausgezeichnet durch starke, bajonettartig aus dem Sand oder Schlamm hervorstehende, grosse Atem» wurzeln, ist ein von Ostafrika bis Ozeanien verbreiteter Strandbaum, dessen Früchte durch Meeresströmungen (Driftfrucht) weithin verfrachtet werden. — Als Zierpflanzen werden in Kalthäusern gelegentlich einzelne Arten der Gattung H e r m ä n n i a (vor allem aus dem Cap) sowie T h o m ä s i a q u e r c i f ö l i a Gay aus Westaustralien mit prächtig rotgefärbtem Kelch kultiviert. Die Reihe der P a r i e t a l e s 1) zeichnet sich durch einen in der Regel aus 3 Fruchtblättern gebildeten synkarpen, ober» oder unterständigen Fruchtknoten mit parietalen und zwar laminalen Plazenten aus ; seltener sind freie Fruchtblätter oder Plazenten, die in der Mitte Zusammentreffen ; schliesslich gibt es auch grundständige Samenanlagen. Neben durchwegs zyklisch angeordneten, meist strahlig gebauten Blüten sind auch solche mit teilweise spiraliger (spirozyklischer) Anordnung innerhalb einzelner Kreise vorhanden. Diese sind meist 5«zählig, hypo« bis peri» oder epigyn, zuweilen mit sympetalem Kronblattkreis, mit zahlreichen Staubblättern und einem l»bis mehrfächerigen Fruchtknoten. Die Samen bezw. Keimblätter enthalten gewöhnlich fett» und eiweiss», oft auch stärkehaltiges Nährgewebe. Die sehr formenreiche Reihe ist nicht einheitlich, sondern9 9 Von lat. paries = Wand; nach der Anordnung der Samenanlagen.

493 polyphyletisch und hat zu den Ranales, Rhoeadales, Málvales, je selbst zu den Cucurbitales (besonders die Familien der Passifloraceae und Achariaceae), Euphorbiaceae usw. unleugbare genetische Beziehungen (vgl. Fig. 1608 pag. 1643). Sie umfasst 28 Familien, die sich auf die folgenden 11 Unterreihen (die Unterreihe der Theineae wird auch als be« sondere Reihe der Guttíferáles aufgefasst) verteilen. 1. Unterreihe. T h e i n e a e . Gynaeceum frei, auf konvexer oder flacher Achse. Nährgewebe der Samen Oel und Proteinkörner enthaltend. Hieher die Familien der Dille n í á c e a e , E u c r y p h í á c e a e (mit der einzigen antarktischen Gattung E u c r y p hi a), O c h n á c e a e (pag. 494), C a r y o » c a r á c e a e (oder Rhízoboláceae), M a r c g r a v í á c e a e , Q u í i n á c e a e (die beiden Gattungen Q u í í n a und T o u r o ú l í a mit 19 Holzgewächsen sind auf das tropische Amerika beschränkt), T h e ä c e a e oder Ternstroemiäceae (pag. 494), G u t t í f é r a e (pag. 498) oder Hypericaceae (mit den Unterfamilien der Kielmeyeroideae, Hypericoideae, Endodesmioideae, Calophylloideae und Clusioldeae [vielfach Baumwürger]) und D i p t e r o c a r p ä c e a e (pag. 533). 2. Unterreihe. T a m a r i c i n e a e . Gynaeceum frei, auf flacher Achse. Nährgewebe stärkehaltig oder fehlend. Kronblätter frei. Staubblätter in Quirlen oder (wenn zahlreich) in Bündeln. Hieher die Familien der E l a t i n ä c e a e (pag. 535), F r a n k e n i ä c e a e (pag. 543) und T a m a r i c ä c e a e (pag. 544). 3. Unterreihe. F o u q u i e r i n e a e . Gynaeceum frei, auf flacher Achse. Nährgewebe ölhaltig. Krön» blätter vereinigt. Diese früher zu den Tamaricaceen gestellte Familie hat Aehnlichkeiten mit den Polemoniaceen. Sie umfasst 2 auf die trockenen Gebiete von Südkalifornien und Nordamerika beschränkte Gattungen ( Fou» q u i é r a und l dr i a ) mit z. T. auffallend bauchig verdickten Stämmen. F o u q u í é r a s p l é n d e n s Engelm., der Ocotillastrauch oder Coach«whip der Yankees, ein 7 m hoher Strauch mit peitschenartigen Zweigen und prächtig ziegelroten Blüten, eignet sich zur Bildung von Hecken; die Rinde enthält Gummi, Wachs (Ocotillawachs), Glykoside, sowie einen roten Farbstoff und wird in Nordamerika medizinisch verwendet. 4. Unterreihe. C i s t i n e a e. Gynaeceum frei, auf flacher oder konvexer Achse. Nährgewebe stärke« haltig. Kronblätter frei. Staubblätter zahlreich, nicht in Bündeln. Hieher die beiden Familien der C í s t á c e a e (pag. 552) und B í x á c e a e . 5. Unterreihe. C o c h l o s p e r m i n e a e . Wie vorige, aber Nährgewebe der nierenförmigen Samen ölhaltig. Hierher die Familie der C o c h l o s p e r m ä c e a e mit den Gattungen S p h a e r o s é p a l u m (2 Arten auf Madagaskar), A m o r e ü x i a (3 Arten in Mittelamerika) und C o c h l o s p é r m u m oder Maxímílíanéa bezw. Wíttelsbáchía (13 Arten in den gesamten Tropen). Es sind Sträucher, kleine Bäume oder Halbsträucher * ;t meist handförmig gelappten oder gefingerten Laubblättern, zuweilen knollig verdickten Stämmen und sehr häutig behaarten Samen. Die Samenhaare von mehreren Arten dienen als Ersatz von Kapok. 6. Unterreihe. F l a c o u r t i n e a e . Gynaeceum frei, auf dem konvexen Blütenboden oder in röhriger Achse, selten seitlich angewachsen. Nährgewebe reichlich Oel und Eiweiss enthaltend. Hieher die Familien der C a n e l l á c e a e ( = Wínteranáceae), V i o l ä c e a e , F l a c o u r t i ä c e a e , S t a c h y u r ä c e a e (die Gattung S t a c h y ü r u s mit 5 holzigen Arten in Süd« und Ostasien, ln Europa St. Yunnanénsís Franch. et St. praecox Sieb, et Zucc. selten kultiviert), T u r n e r á c e a e , M a l e s h e r b í á c e a e ( M a l e s h é r b í a mit 30 stark behaarten Kräutern oder Halbsträuchern im westlichen Südamerika), P a s s i f l o r ä c e a e und A c h a r i ä c e a e (mit den 3 Gattungen A c h á r í a , G u t h r í é a und C e r a t o s i c y o s in Südafrika mit Sympetalen Kronblättern). 7. Unterreihe. P a p a y i n e a e . Aehnlich der vorigen Unterreihe, aber in allen Teilen mit gegliederten Milchsaftschläuchen. Hieher die Familie der C a r i c ä c e a e ( = Papayäceae). 8. Unterreihe. L o a s i n e a e . Fruchtknoten unterständig, mit der Blütenachse und dem Kelch ver» schmolzen. Samen meist Oel und Protein enthaltend. Hieher die Familie der L o a s á c e a e . 9. Unterreihe. D a t i s c i n e a e . Fruchtknoten unterständig. Nährgewebe spärlich. Embryo Oel und Proteinstoffe enthaltend. Blüten stark reduziert, windblütig, in Trauben. Hieher die Familie der D a t i s c ä c e a e . 10. Unterreihe. B e g o n i i n e a e . Wie vorige, aber Nährgewebe fehlend. Blüten eingeschlechtig, in Wickeln oder Dichasien. Hieher die Familie der B e g o n i ä c e a e . 11. Unterreihe. A n c i s t r o c l a d i n e a e . Fruchtknoten unterständig, 1«fächerig, mit 1 grundständigen Samenanlage. Nährgewebe zerklüftet, stärkehaltig. Hieher (Stellung zwar unsicher) die Familie der A n e is t r o» c l a d á c e a e mit der aus kletternden Lianen bestehenden Gattung A n c í s t r o c l á d u s (8 Arten), in Westafrika und im tropischen Asien. Die D í l l e n í á c e a e 1) umfassen 14 Gattungen mit rund 300 Arten, in der Hauptsache Holzgewächse (nicht selten Lianen mit konzentrisch gebautem Holzkörper) mit abwechselnden, fast immer einfachen, oft behaarten und rauhen, viel Kieselsäure enthaltenden, meist lederigen und ungezähnten Laubblättern (Nebenblätter fehlen in der Regel) und häufig sehr ansehnlichen, meist gelben oder weissen (seltener rötlichen), einzeln stehenden oder zu Büscheln und Trugdolden angeordneten, strahligen oder zygomorphen Blüten. Kelchblätter 3 bis 5 oder zahlreich, nach dem Verblühen oft vergrössert. Kronblätter in der Regel 5, hinfällig. Staubblätter 10 bis viele, oft ± gebüschelt, manchmal z. T. staminodial. Fruchtknoten 1 bis viele, frei oder miteinander l) Benannt nach Johann Jakob D i l l e n i u s , geb. 1687 zu Darmstadt, gest. 1747 als Professor der Botanik in Oxford. H e g i , Flora.

V, 1.

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494 verwachsen; Griffel fast immer frei. Frucht gewöhnlich eine trockenhäutige, seltener eine holzige Kapsel, seltener eine Beere. Samen wenig zahlreich, zuweilen mit geschlitztem Arillus. Die Familie ist im wesentlichen auf die warme Zone der Alten und Neuen Welt beschränkt; nur wenige Arten reichen in Australien (hier stark vertreten), in Mittelchina und in Osttibet bis in die gemässigte Zone. Einige Arten liefern brauchbare Hölzer oder Gerbrinden; D i l l é n i a l n d i c a L. ( = D. speciösa Thunb.) besitzt apfelgrosse, stark säuerlich schmedeende Scheinbeeren (Kelch wird fleischig), die wie Zitronen zu Limonaden verwendet werden. Diese Art, sowie S a u r a û j a g i g a n t é a DC.,’ H i b b é r t i a d e n t ä t a R. Br., H. v o l u b i l i s (Vent.) André ( = H. seändens [Willd.] Gilg) und H. (Candöllea) c u n e i f ö r m i s (Labill.) Gilg werden gelegentlich in Gewächshäusern angetroffen, während verschiedene laubabwerfende Arten der Gattung A c t i n i d i a aus dem östlichen Asien (vom Himalaya [hier bis 3000 m aufsteigend] und von Cochinchina bis zum Amurgebiet verbreitet) mit dünnhäutigen, ganz** randigen oder gezähnten Laubblättern, meist weissen Blüten und vielfächerigen Beeren ab und zu als Schlingpflanzen oder Klettersträucher im Freien gehalten werden, so A. c a l l ö s a Lindl. vom Himalaya, A. K o l o m i k t a (Rupr.) Maxim, aus der Mandschurei, A. p o l y g a m a (Sieb, et Zucc.) Planch. aus Japan und der Mandschurei, A. a r g ü t a Miq., A. C h i n é n s is Planch., A. r u b r i c a ü l i s Dünn. Viele Arten der Gattungen T e t r a c é r a und C u r a t e l l a sind „Wasserlianen*, deren Stämmen man durch Einschneiden trinkbares Wasser entnehmen kann. Die Laubblätter mancher Arten (besonders von C u r a t é l l a A m e r i c ä n a L.) werden ihrer rauhen Oberfläche wegen als Glas* oder Schmirgelpapier benützt. Zu den O c h n ä c e a e 1) gehören 18 Gattungen mit 200 Arten, die fast ganz auf die Tropen beschränkt sind. Es sind fast ausschliesslich Holzgewächse (aber keine Lianen) mit wechselständigen, meist lederartigen, kahlen, häufig ganzrandigen Laubblättern (Nebenblätter stets vorhanden) und oft sehr ansehnlichen, meist gelben, zu Rispen oder Trauben angeordneten, gewöhnlich strahligen Blüten. Fruchtblätter 2 bis 5 (15), frei oder ver® wachsen, aber mit gemeinsamem Griffel. Frucht Steinfrucht» oder beerenartig oder eine 1» bis vielsamige Kapsel, im ersteren Falle die einsamigen Steinfrüchte der stark anschwellenden und fleischig werdenden Blüten» achse aufsitzend. Samen ohne Arillus, zuweilen geflügelt. Verschiedene Arten liefern ein brauchbares Holz ( O l d f i é l d i a A f r i c a n a , O e h n a * und Our a t é a » Ar t e n) , andere gerbstoffreiche Rinden oder besitzen ölhaltige Samen ( L o p h i r a a l ä t a Banks, der Bongosibaum, in Zentral» und Westafrika liefert Méni»Oel). In Gewächshäusern wird gelegentlich O e h n a a t r o p ü r p u r e a DC. vom Kap mit farbigem Blütenpolster angetroffen. — Die kleine Familie der C a r y o c a r ä c e a e oder Rhizoböleae mit den beiden Gattungen C a r y o c a r L. ( = Pékea AubL, = Rhizöbolus Gaertn.) und A n t h o d i s c u s G. Mey. mit etwa 13 Arten ist auf das tropische Amerika beschränkt, wo ihre Arten zu den höchsten und dicksten Bäumen gehören. Sie sind ausgezeichnet durch meist 3»teilige, gegenständige Laubblätter, zahlreiche feine und sehr lange Staubblätter und eigenartig gebaute Steinfrüchte; der Keimling zeigt ein stark ausgebildetes Stämmchen. Die fettreichen, nach Mandeln schmedeenden Samenkerne von verschiedenen Caryocar»Arten kommen gelegentlich als Butter», Pekea» oder Suari»Nüsse aus Brasilien in den europäischen Handel. Andere mit butterartiger Mittelschicht der Frucht» wand liefern Pekafett. Die sehr eigenartigen Vertreter der M a r c g r a v i ä c e a e sind kletternde oder epiphytische Sträucher, teilweise mit ausgesprochenem Dimorphismus der Sprosse (sterile Schattensprosse mit zweireihig angeordneten, flach ausgebreiteten, der Unterlage mittels Klammerwurzeln angehefteten Laubblättern und in Blütenstände endende Lichtsprosse mit viel grösseren, gestielten, spiralig stehenden, meist gespitzten, lorbeerartigen Laub» blättern). Die strahligen Blüten besitzen eigenartige, gefärbte, kugelige, schlauch» oder spornförmige Tragblätter, womit sie den besuchenden Insekten und Vögeln Nektar darbieten. Sämtliche 50 Arten der 5 Gattungen ( M a r c g r a v i a , N o r ä n t e a , S o u r ö u b e a , R u y s c h i a und C a r a c ä s i a ) sind auf das tropische Amerika beschränkt. Neuerdings hat H. M e l c h i o r bei der Familie Inulin und zwar als Assimilationsprodukt nach» gewiesen. In Botanischen Gärten werden in Warmhäusern gelegentlich getroffen : M a r c g r a v i a p i c t a Willd., M. u m b e l l ä t a L., sowie N o r ä n t e a G u y a n é n s i s Aubl. D ieT h eäceae*), auch Ternstroemiäceae*) oder C a m e l l i ä c e a e 4) geheissen, umfassen etwa 200 Holz» pflanzen mit einfachen, wechselständigen, häufig immergrünen, lederartigen Laubblättern, die sich auf 18 Gattungen der Tropen und Subtropen verteilen. Viele davon sind Unterhölzer der tropischen Gebirgswälder ; nur wenige Arten dringen in Ostasien und Nordamerika (Arten von Stewärtia, Gordönia und Théa) auch in die gemässigte Zone vor. Anatomisch sind die Theaceae durch das Vorkommen von stark verdichten, getüpfelten Steinzellen *) Von griech. op'iy föchne] oder a^ça'f [adirés] = wilder Birnbaum; die Blätter einzelner Arten sollen jenen dieses Baumes gleichen. a) Nach dem chinesischen Namen theäh, tschäh oder tai. 8) Der Schwede T e r n s t r o e m (+ 1745) beabsichtigte China zu erforschen. *) Benannt nach Georg Jos. K am e il (Camellius), Apotheker der mährischen Brüder»Mission auf Manila, der die Camellie 1738 aus Japan nach Europa (angeblich dem Lord P e t r e in London) brachte.

495 (Sclereiden oder Idioblasten) im Mesophyll der Laubblätter (Fig. 1991 k) und im Stamme gekennzeichnet. Als Genuss» mittel hat der Teestrauch die grösste Bedeutung. Er gehört zur Sektion Euthea Szysz. mit gestielten, nickenden Blüten und nicht abfallenden Kelchzipfeln. Als Stammpflanze des Grün» und Schwarztees kommen zwei Haupt» arten ( T h e a S i n e n s i s L. und T h e a A s s ä m i c a Masters) in Betracht (letztere, oft nur als Unterart von Thea Sinensis aufgefasste Pflanze, hat bedeutend grössere und an der Spitze deutlich ausgezogene Laubblätter), sowie zahlreiche Kreuzungen zwischen den beiden. Die Assam »Hybriden bilden heute die Grund« läge vieler Kulturen. Beide Arten sind in der Kultur reich ver» zweigte, 1 bis 3 m hohe Sträucher (in wildem Zustande mehr bäum» artig) mit dunklen, immergrünen, kurz ge» stielten, länglich»lanzett» liehen oder lang»eiför» migen, am Rande grob» gesägten, deutlich netz» aderigen, in der Jugend seidig.flaumigen Laub» blättern und mit einzeln, zu 2 oder 3 in den Blattachseln stehenden, kurzgestielten, weissen oder schwach rosaroten, zirka 3 cm breiten Blü» ten von Jasminartigem Duft. Die 5 bis 6 Krön» blätter fallen beim Ver» blühen nicht a b ; die zahlreichenStaubblätter sind am Grunde (wenig» stens die äusseren) mit» einander verwachsen. Die Frucht ist eine 3» fächerige, grünlich» braune, holzige Kapsel (Fig. 1191 e) mit 3 gros» sen, runden, braunen, ölreichen, nährgewebe» losen Samen. Die über der Erde sich entfalten» den Keimblätter sind Fig. 1991. T h e a S i n e n s i s L. a Blühender Zweig, b Laubblatt, c Blüte im Längsschnitt, d Zweig dich (Fig. 1991 i), halb» mit Frucht, e Aufgesprungene Kapsel. /S a m e n , g Zweig von T h e a A ss a rn ic a Masters, h Laub­ blatt. i Keimling, k Querschnitt durch das Laubblatt mit Idioblasten (nach M o e lle r). — C o la v e r a kugelig. Die Heimat K. Schum. I Getrocknete Frucht (*/2 natürl. Grösse), m Samen. des Teestrauchs liegt im südlichen Asien, in Assam, im nördlichen Hinterindien (Ober»Birma und Schanstaaten), sowie in Südchina. Bis ins 19. Jahrhundert blieb die Kultur auf China und Japan (dort angeblich 1191 aus China eingeführt) beschränkt; 1841 wurde der Teestrauch auf Ceylon (bis 2500 m), 1826 durch S i e b o l d auf Java eingeführt; 1885 in Batum am Schwarzen Meere, 1810 versuchsweise in Brasilien (in den Staaten Rio de Janeiro und Sao Paulo), ebenso in Mexiko, 1828 in Kalifornien, Süd»Carolina und Texas, Jamaika, 1859 in Australien, auf den Azoren, Philippinen, Borneo, in Tonkin, bei Singapore, Penang, auf St. Helena. Versuche zeigten, dass er auch in Oberitalien (Pallanza, Isola Madre, Pavia) reife Früchte hervorbringen kann. Heute wird er im grossen in China (zwischen dem 22. und 36. Breitengrade), in Japan (nördlich bis zum 43.°), in Britisch«Ostindien (im Himalaya bis 2200 m Höhe), 234*

496 auf Ceylon, Java und Sumatra (Siantar bis 2400 m) gebaut; neueren Datums ist der Teebau in Natal, Trans» kaukasien (bis fast zum 42.° nördl. Breite), in Guatemala, Britisdi»Nyassaland, auf Mauritius und den Fidji» Inseln. In China ist die anregende Wirkung (auch als Heilmittel) des Tees seit alten Zeiten bekannt; so wird er bereits 276 n. Chr. von Kuo P’o als t’u, ming und tschuan erwähnt. Europa erhielt die ersten zuverlässigen Nachrichten im 16. Jahrhundert. 1610 wurde der erste echte Tee nach Holland gebracht, 1643 wird er von dem Missionar Alv. S e m e d o , 1645 von dem Augsburger M a r t i n i beschrieben. 1667 findet man ihn als Herba Schak in der Apotheke der Stadt Nordhausen, 1662 in der Taxe von Liegnitz, 1664 in Jener von Ulm, 1683 als Herba Cha in Dresden. Im Jahre 1638 kam er nach Russland, wo er sich sehr rasch allgemein beliebt machte. Der Teestrauch besitzt eine weitgehende Anpassungsfähigkeit; er kann sogar Temperaturen, die unter dem Gefrierpunkt liegen, ertragen. Im allgemeinen eignen sich mittlere Gebirgslagen am besten für die Kultur. Der Boden muss tiefgründig und sehr durchlässig sein; längere Trockenzeiten sind ihm schädlich. Die Anpflanzung erfolgt ausschliesslich durch Samen, worauf nach 1 %, 2 oder 3 Jahren mit dem Pflücken der Blätter begonnen wird. Die Verarbeitung des eingesammelten Laubes ist sehr verschiedenartig, wodurch man Je nach der Art desselben den „Schwarzen“ oder den „Grünen“ Tee bekommt; den letzteren erhält man dadurch, dass das frische Laub kurze Zeit der Einwirkung heisser Wasserdämpfe (bis über 100°) ausgesetzt oder in eisernen Pfannen erhitzt, also gedämpft wird. Hiebei wird die beim Schwarztee durch die Einwirkung auf das Tannin die dunkle Farbe erzeugende „Oxydase“ getötet, so dass die grüne Farbe erhalten bleibt. Grüner Tee stammt also nicht, wie man früher annahm, von einer besonderen A rt (Thea viridis) ab. Für die Aufbereitung des Schwarzen Tees sind bei den Chinesen nicht weniger als 14 Operationen erforderlich, die in Indien auf 4 (Welken der Blätter, Drehen oder Rollen, Fermentieren, Rösten oder Trocknen) beschränkt sind. Der wichtigste und schwierigste Punkt ist das Fermentieren bei einer Temperatur von 35 bis 40° C, in der Hauptsache bedingt durch Fermente (Oxydase und Jaquemase). In China und auf Java wird vielfach das Aroma durch Zufügen von wohlriechenden Blüten, Früchten oder Wurzelstöcken korrigiert bezw. verbessert (Parfümierter Tee), so durch die Blüten von Olea fragrans, Ligusticum Sinense, Jasminum Sambac und S. paniculatum, Citrus»Arten, Gardenia floribunda, Thea (Camellia) Sassanqua, Chloranthus inconspicuus, Magnolia fuscata, Viburnum odoratissimum, Aglaia odorata, Tee»Rose, durch die Früchte vom Sternanis, die Wurzelstöcke von Iris florentina, Curcuma sowie durch das Oel von Bixa Orellana. Die Teeblätter enthalten folgende Bestandteile: 8,46 (bis 11,97)% Wasser, 24,13 (38,63)% Stickstoffsubstanz, 2,79 (1,09 bis 4,67)% Alkaloide, 8 ,2 4 % ätherisches Extrakt, 12,35 (4,48 bis 25,20) % Gerbstoff, 30,28% stickstoffreie Extraktstoffe, 10, 61% Rohfaser, etwas Oxalsäure, Cholin, 5 ,93% Asche, sowie das wasserlösliche Vitamin B (Wachstum»Vitamin). Für die Wirkung des Tees als Genuss» und Erregungsmittel kommen die verschiedenen Alkaloide, der Gerbstoff und die ätherischen Oele in Betracht. Von den ersteren, die sich fast ausschliesslich im Mesophyll der Blätter vorfinden und wohl beim Zerfall und Abbau der Proteinstoffe entstehen und Exkrete des Stoffwechsels darstellen, übertrifft an Menge das 1827 von O u d r y im Teestrauch aufgefundene und mit dem Coffein identische Thein oder Trimethylxanthin die übrigen verwandten Alkaloide (Harnsäure» oder Purinderivate) bei weitem, so das Xanthin oder Dioxypurin (1884 von B a g i n s k y aufgefunden), das Theophyllin, Theobromin oder Dimethylxanthin (1888 durch K o s s e l festgestellt), das Adenin oder Aminopurin (1895 durch K r ü g e r dargestellt) und das Monomethyl» xanthin (1903 von A l b a n e s e entdeckt). Wahrscheinlich kommen die Alkaloide wie bei zahlreichen alkaloid» haltigen Pflanzen ursprünglich als Tannate vor und werden erst beim Welken und Rollen in Freiheit gesetzt. Diesen Alkaloiden ist auch ausschliesslich die anregende und ermunternde Wirkung des Tees zugeschrieben, während das Aroma durch das ätherische Oel, als dessen Hauptbestandteile Methylalkohol, Methylsalicylat, Salicylsäure, Aceton und ein weiterer Alkohol (CeHigO) bekannt wurden, und den adstringierend wirkenden Gerbstoff (wohl glykosidischer Natur) bedingt wird. In den frischen, lebenden Blättern fehlt das ätherische Oel noch ganz; es entsteht offenbar erst beim Fermentationsprozess. Das Koffein wird medizinisch (zuweilen in Form von Doppelsalzen) am meisten bei Herzkrankheiten (als teilweises Ersatzmittel von Digitalis, Adonis und Convallaria) angewendet, dann als Diureticum, bei Migräne, zum Schwinden von Oedemen, bei schweren Alkoholvergiftungen (Teeaufguss dient heiss getrunken zur Steigerung der Körperwärme [als Excitans]), zur Linderung von Kopfschmerz, bei Uebelkeit, wegen des Gerbsäuregehaltes als Antidot bei Alkaloidver» giftungen, als Mittel zur Verstopfung, während seine psychische Wirkung sich in einer Beschleunigung des Bewusstseinsvorganges äusserst und überhaupt auf geistige Arbeit von förderndem Einfluss ist. Die Zahl der Ersatzstoffe des Tees, die in den Kriegsjahren wieder an Bedeutung gewonnen haben, ist eine sehr grosse (vgl. hierüber H a s t e r l i k , A. Tee, Tee»Ersatzmittel und Paraguaytee in Wirtschaft und Wissen» schaft. Leipzig, 1919). Bereits im 16. Jahrhundert wurden eine ganze Reihe von einheimischen und ausländischen Pflanzen — in erster Linie allerdings wie z. T. noch heute als Arzneimittel — zu Tee verwendet. Allen noch so sehr gepriesenen Surrogaten (z. Z. gegen 80) geht aber zufolge Mangels der Alkaloide Jede anregende Wirkung ab. Für Mitteleuropa kommen die folgenden in Betracht und zwar werden Blätter, Blüten, Früchte, Samen, Wurzeln und Rinde benützt: Anthoxanthum odoratum (Kraut), Juglans regia (Blätter), Myrica Gale (in

497 Norddeutschland), Salix»Arten, Betula alba (Blätter), Quercus, Ulmus (im sog. „Warschauer-Tee“), Morus alba und M. nigra, Urtica urens (Blätter), Ranunculus-Arten, Paeonia officinalis, Anemone Hepática, Aquilegia vulgaris, Clematis Vitalba, Papaver Rhoeas, Nasturtium officinale (wirkt blutreinigend), Cheiranthus Cheiri, Sedum maximum, Ribes nigrum und R. rubrum, Sorbus Aucuparia (Blätter), Crataegus oxyacantha, Brombeer-Arten (die jungen Blätter bilden den wichtigsten Ersatztee), Himbeere, Erdbeeren, Potentilla Tormentilla und P. Anserína, Agrimonia Eupatoría, Sanguisorba officinalis, Rosa-Arten (Kerne liefern den Hagebutten-Tee), Filipéndula Ulmaria, Síeversía montana (Alpen), Geum rivale (Erdstodc), Dryas octopetala (Alpen), Alchemílla alpina, Prunus spinosa P. Avium (Blätter und Fruchtstiele) und P. Cerasus, Onobrychís sativa, Melilotus officinalis (Blüten), Anthyllis Vulneraría, Glycyrrhíza glabra (im Harzer Gebirgstee), Trifolium »Arten (minderwertig), Ilex Aquifolium (Bd. V, pag. 243), Frángula Ainus (Rinde), Tilia» Arten (Blüten), Althaea officinalis (Wurzel), Malva-Arten (Blätter), Hyperi» cum»Arten (zum Erzielen einer schön gelben Farbe des Aufgusses), Viola tricolor, Epilobium angustifolium (Blätter liefern den Koporka, Koprischen oder Kurdischen Tee, in Russland auch „Iwan Tschai“ geheissen), Sanícula Europaea (Blätter), Coriandrum sativum, Foeni« culum officinale, Carum Carvi und Pimpinella Anisum (Früchte als Bei» gäbe wegen des Aromas), Pimpinella Saxifraga, Peucedanum Oreoselinum, Cornus mas, Pyrola-Arten (Blätter), Vaccinium Vitis Idaea, V . Oxycoccus und V . uliginosum, Rhododendron»Arten (Alpen), Calluna vulgaris (Blüten), Prímula officinalis (besonders die Blüten), Menyanthes trifoliata, Chlora perfoliata (Schweiz), Gentiana»Arten, Erythraea Centaurium, Lysimachia Nummularia, Anagallis arvensis, Vinca minor, Fraxí» nus excelsior (Blätter im Warschauer» Tee), Borrago officinalis, Lithospermum officinale (Blätter liefern den sog. Böhmischen oder Kroatischen Tee), Pulmonaria officinalis, Lamium» und pjg. 1992. T h e a (Camellia) J a p ó n i c a Nois. a Zweig mit gefüllten Blüten und Menta»Arten, Lavandula spica (Blüten), einer Blutenknospe (links oben). Betónica officinalis (Blätter), Salvia officinalis, Melissa officinalis, Origanum vulgare, Thymus Serpyllum und Th. vulgaris, Calamintha Clinopodium, Monarda didyma, Dracocephalum Moldávica, Glechoma hederacea, Teucrium Chamaedrys, Scrophularia nodosa, Verbascum, Alectorolophus und Euphrasia»Arten, Veronica chamaedrys (entspricht der V . theezans im 17. Jahr» hundert), V . officinalis und V . Beccabunga, Lycium barbarum, Pinguicula vulgaris, Plantago»Arten (Blätter), Asperula odorata (Kraut dient zur Erzielung eines angenehmen Aromas), Sambucus nigra (Blüten im sog. „Lebenstee“), Scabiosa», Knautia» und Succisa»Arten (Blätter), Bellis perennis, Antennaria dioeca (mehr Füllmaterial), Achillea Millefolium und A. Clavenae, Tanacetum vulgare, Matricaria Chamomílla, Tussilago Farfara („Teeblümchen"), Carlina acaulis (Blätter), Centaurea Cyanus (Blütenköpfe), Buphthalmum salicifolium, Calendula officinalis, Cichorium Intybus (Kraut), Solidago Vírga aurea, Arnica montana, Lappa»Arten, Artemisia vulgaris und A. Abrotanum, Hieracium Pilosella, Scolopendrium vulgare, Asplenium Ruta muraría, Equísetum arvense, Marchantía, Cetraria Islándica usw. Eines der ältesten Tee»Surrogate (in Deutschland bereits 1719 erwähnt) bildet das Kraut von Chenopodíum ambrosíoídes L. aus dem tropischen Amerika (vgl. Bd. III, pag. 233). T h e a J a p ó n i c a Nois. (Fig. 1922) ( = Camellia Japónica L., = Rösa Chínénsís Edw., = Taubäkki montäna Kaempfer) aus Japan (hier „Jabu tsubaki“ geheissen) und China („Son»tsfa“ = Tee der Berge“), ein bis 4 m hoher, kahler, immergrüner Strauch mit eirund»länglichen, ± lang zugespitzten, glänzenden, lederartigen, scharf gesägten Laubblättern und prachtvollen, grossen, aufrechten, ungestielten, geruchlosen Blüten,

498 wird in vielen Formen mit einfachen und gefüllten, rein weissen bis dunkelroten, gestreiften oder gesprenkelten Kronblättern als Topfpflanze in Wohnräumen (im Süden auch als Freilandpflanze) kultiviert. Bei der Treibkultur blühen die Sträucher bereits vor Weihnachten, sonst im Frühjahr. Die Knospen haben den unangenehmen Nachteil, dass sie bei mangelhafter Pflege leicht abfallen. Aus den Samen, die 72°/o Fett enthalten, wird ein Haar» und Uhrmacheröl gewonnen. Eine über 200 Jahre alte Camellie steht im Schlossgarten zu Pillnitz bei Dresden. Der Baum ist etwa 8 m hoch und hat einen Kronenumfang von 35 m ; er dürfte also wohl der grösste in Europa sein. Eine eigene Fleizanlage sorgt dafür, dass es dem Baum nicht zu kalt wird. Die älteste Camellie befindet sich (sie wurde 1760 gezogen) im Gíardíno Inglese zu Caserta bei Neapel. Grosse Kulturen befinden sich heute in Dresden, in Tremezzino am Comersee und in Holland. Norbert C o r n e l i s s e n schrieb 1820 ein allegorisches Märchen „de fatis Camelliae Japonicae, lusus poeticus“ ; auch Alphonse K a r r , sowie der jüngere D u m a s (letzterer in seiner „Dame aux Camélias“) verewigten die vielfach gefeierte Blume (siehe S t r a n t z v., M. Die Blumen in Sage und Geschichte, Berlin 1875). Da die Samen schon nach wenigen Monaten ihre Keimfähigkeit einbüssen, erfolgt die Vermehrung in der Kultur durch Stecklinge oder durch Pfropfen. Dem Leipziger Georg B a u e r , alias „George Agrícola“ und 1835 V e r s c h a f f e l t in Gent gelang es als ersten die Pflanze durch Blattstecklinge zu vermehren. — Weitere ostasialische Arten, vor allem T h e a S a s s á n q u a (Thunb.) Nois., T. d r u p i f e r a (Lour.) Pierre usw. liefern technisch und für Speisen verwertbare Oele (Teesamenöl); die wohlriechenden weissen Blüten der ersteren Art werden zur Aromatisierung dem Chinesischen Tee beigemengt. Ausserdem werden gelegentlich in Wintergärten, in wärmeren Gegenden auch im Freien gehalten : V í s n é a M o c a n é r a L. von den Kanaren, E ú r y a J a p ó n i c a Thunb. (Blüten zweihäusig) aus Japan, S t e w ä r t i a V i r g i n i c a Cav. ( = St. Malachodéndron L.) und St. p e n t a g y n a L’Hérít. aus dem südlichen Nordamerika, St. m o n a d é l p h a Sieb, et Zucc. und St. P s e ú d o » C a m é l l í a Maxim, aus Japan, sowie G o r d ó n í a (Franklínía) A l t a m á h a Sarg, und G. L a s í á n t h u s L. aus Virginien und Mexiko.

83. Farn.

H ypericáceae

(= Guttiferae).

J oha nni s kr a ut ge wä c hs e .

Zumeist Bäume oder Sträucher, seltener Halbsträucher und Kräuter mit Sekretbehältern in Zweigen, Laub* und Blütenblättern. Laubblätter gegenständig, selten wechselständig. Neben* blätter meist fehlend. Blüten zwitterig oder Dgeschlechtig, strahlig, meist zyklisch, an den Zweigen endständig, seltener einzeln, meist in zymösen Blütenständen. Blütenhülle in der Regel in Kelch und Krone geschieden. Kelchblätter meist 5 bis 6, in der Knospenlage gewöhn* lieh dachig. Kronblätter in gleicher Zahl wie die Kelchblätter, in der Knospenlage gedreht, dachziegelig oder gekreuzt. Staubblätter 4 bis viele, frei oder meist zu Bündeln (Synandrien) verwachsen, hin und wieder am Grunde mit den Kronblättern verbunden, oft zum Teil zu Staminodien verkümmert; Staubbeutel verschieden gestaltet, zuweilen teilweise miteinander verschmolzen, mit Spalten oder Poren aufspringend. Fruchtblätter meist 3 bis 5, selten weniger oder mehr. Fruchtknoten l*fächerig oder mit ebenso vielen Fächern als Fruchtblättern; Pia* zenta meist wand*, selten grund* oder scheide wandständig ; Samenanlagen meist viele, um* gewendet. Griffel gleichviele wie Fruchtblätter, frei oder vereinigt; Narbe oft breit, konkav, ganzrandig oder gelappt. Frucht eine scheidewandspaltige, selten fachspaltige Kapsel, eine Steinfrucht oder Beere. Samen ohne Nährgewebe, mitunter mit Arillus; Keimblätter häufig sehr schwach entwickelt, bisweilen fehlend. Die annähernd 820 zur Familie zählenden Arten verteilen sich auf etwa 43 Gattungen, die in 5 bis» weilen zu Familienrang erhobene Unterfamilien zusammengefasst werden. Die Familie ist durch den Besitz von Oellücken oder langen, durch Spaltung entstandenen (sdiizogenen) Oelgängen (Fig. 1995) in Rinde, Mark, Laubblättern, Kronblättern usw. gut gekennzeichnet. Der weitaus grösste Teil der Gattungen und Arten bewohnt die Tropen; nur die umfangreiche, mehr als 200 Arten umfassende Gattung H y p e r i c u m greift auch in die Subtropen und sehr stark in die gemässigten Zonen über. Ihre Siedelungsorte innerhalb der Wendekreise liegen vornehmlich in den Gebirgen, in den gemässigten Zonen jedoch in den Ebenen und Hügelländern. Sie auch besitzt unter ihren Lebensformen Halbsträucher und Stauden, die sonst der Familie in der Regel fehlen und durch Bäume und Hochsträucher, seltener Klettersträucher oder ausnahmsweise durch Epiphyten ersetzt sind. Die Laubblätter sind teils typische, tropische, grosse Glanzblätter, teils in den arideren Klimaten lederartig, nehmen bisweilen kleine, schmale bis nadelförmige, selbst schuppenförmig sich deckende Gestalt von xero» morphem Bau an und zeigen alle Liebergänge vom immergrünen zum sommergrünen Typus. Auch die Aus» gestaltung der Blüten unterliegt grossen Schwankungen. Ein, wenn auch nicht durchgehendes und gegenüber

499 anderen Familien nicht völlig durch greifend es Merkmal liegt in der Vereinigung von mehreren bis vielen Staubblättern zu Bündeln, die frei oder häufig in Form von Bechern, Röhren, Säulen, Flaschen, Keulen, Kugeln, Halbkugeln usw. vereinigt sind. Durch eine ± weitgehende Verwachsung dieser Staubblattbündel mit den Griffeln oder teilweise mit den Kronblättern wird weiterhin eine grosse Mannigfaltigkeit im Blütenbau hervorgerufen, wie sie namentlich in den Gattungen H y p e r i c u m L., C l ü s i a L. und G a r c i n i a M. zum Ausdruck kommt. Im Bereiche der mitteleuropäischen Flora stehen die Hypericaceen innerhalb der fast rein tropischen Familie völlig isoliert da. Ihre nächsten Verwandten sind die Theaceen, von welchen sie sich nur durch den Besitz der schizogenen Oelgänge unterscheiden. Auch mit den Dipterocarpaceen haben sie zahlreiche Berührungspunkte. Die sero»diagnostischen Untersuchungen haben die Familie als Seitenzweig in die Nähe der Cistaceen ver« wiesen (Fig. 1608). Ihrer gegenwärtigen geographischen Verbreitung entsprechend muss die Familie als eine alte Einheit angesprochen werden, wenngleich auffälligerweise fossile Reste bisher noch nicht aufgefunden bezw. als zu ihr gehörig gedeutet worden sind. Hingegen spricht das endemische Auftreten der Gattungen M o n t r o u z i e r a Pancher und C l u s i a n t h e m u m Viell. auf Neu»Kaledonien, EliaeaCam b. auf Madagaskar, sowie T r i p e t a l u m K. Schum, und P e n t a p h a l ä n g i u m Warb, auf Neu»Guinea für diese Auffassung. Die Verbreitung der Gattungen in den Tropen ist sehr unregelmässig. Die wenigsten Glieder finden sich in Afrika; doch gehören auch diese z. T. endemischen Gattungen an (z. B. E n d o d i s m i a Benth.). Als Stütze der We g ne r » sehen Hypothese einer alten Landverbindung (Atlantis) zwischen Westafrika und Südamerika können Arten der Gattungen V i s m i a Veil, und S y m p h ö n i a L. f. herangezogen werden. Madagaskar ist durch die im wesentlichen amerikanische Gattung R h ö e d i a L . mit dem Neuen Erdteile verknüpft. Die asiatisch»amerikanischen C a l o p h y l l u m » Arten strahlen in einer, die Meeresküsten bewohnenden Art nach Afrika aus. Gut aus» gestattet mit endemischen Gattungen ist das Indo»malayische Gebiet; reich ist ferner Südamerika, das in den tropischen Anden allein 5, im Amazonasgebiet 8, im mittleren und südlichen Brasilien 2 eigene Gattungen besitzt. Die grosse, rein amerikanische Gattung C 1ü s i a L. verteilt sich mit den meisten ihrer Sektionen über gut begrenzte geographische Gebiete von Mittel» und Südamerika. Die Gattung Hypericum ist in allen Erd» teilen vertreten. — Der wirtschaftliche Wert der Hypericaceen ist recht bedeutend und ergibt sich teils durch das feste Holz vieler baumartiger Arten, teils durch den Besitz von Gummi« und Balsamharzen, ätherischen Oelen usw., teils werden Früchte oder Samen als Nahrungs» oder Genussmittel verwertet. Die wichtigeren Gattungen verteilen sich folgendermassen auf die 5, durch keine scharfen Grenzen geschiedenen Unterfamilien: Zu der kleinen, mittel» und südamerikanischen Unterfamilie der Kielmeyeroideae mit meist wechselständigen Laubblättern, freien oder nur am Grunde verwachsenen Staubblättern, 3 bis 5 verwachsenen Griffeln und Kapselfrüchten gehören: Ki e l m e y ¿ r a Mart., eine zumeist für die Campos von Südbrasilien bezeichnende Gattung. Bäume, Sträucher oder Halbsträucher mit meist lederartigen, undeut» lieh fiedernervigen Laubblättern, weissen oder rosa gefärbten, oft wohlriechenden Blüten und an beiden Enden geflügelten Samen. Einige Arten liefern gutes Werkholz. — C a r a i p a Aubl. Meist stattliche Bäume mit gestielten, fiedernervigen Laubblättern, in Rispen stehenden, wohlriechenden, weissen Blüten und nackten Samen aus dem Amazonasgebiet; zeichnet sich ebenfalls durch dauerhaftes Holz aus. C. f a s c i c u l ä t a Camb. liefert durch tiefe Einschnitte in das Kernholz einen sehr scharfen, blasenziehenden, weissen, geruchlosen Saft, der mit Erfolg gegen Ungeziefer und Krätze angewandt wird. — Das schöne rote Holz der beiden zu H a p l o c l ä t h r a Benth. gehörigen Baumarten dient zur Anfertigung von Instrumenten aller Art. — Die Unterfamilie der Hypericoideae mit fast stets gegenständigen Laubblättern, meist zahlreichen, zu 5 Bündeln vereinigten Staubblättern, sowie 3 bis 5 meist getrennten Griffeln zerfällt in 3 Tribus, die der H y p e r i c e a e mit lofächerigem oder unvollkommen gefächertem Fruchtknoten und wandspaltiger Kapsel, die d e r C r a t o x y » l e a e mit 3»fächerigem Fruchtknoten und fachspaltiger, z. T. gleichzeitig wandspaltiger Kapsel und die der V i s m i e a e mit 5»fächerigem Fruchtknoten und Beeren oder Steinfrüchten. Die erstgenannte Tribus um« fasst nur die zwei, einander sehr nahe verwandten Gattungen A s c y r u m L. und H y p e r i c u m (vgl. unten). Zur Tribus der C r a t o x y l e a e zählt nur die strauchige Eliaea a r t i c u l a t a Spach mit gelbem Safte, die als einzige Vertreterin ihres Geschlechtes Madagaskar bewohnt, und die strauchige oder baumförmige, 12 Arten umfassende Gattung C r a t ö x y l o n Blume aus Hinterindien und dem Malayischen Archipel, deren Holz bis» weilen zu Bauzwecken verwandt wird. — Die Tribus der V i s m i e a e verfügt über etwa 40 Arten der Gattung V i s m i a Veil, in Mittel» und Südamerika, von denen einige, namentlich V. G u a y a n ü n s i s (Aubl.) Choisy, durch ihr eingetrocknetes Gummiharz — Amerikanisches Gummigutt — früher einige Bedeutung be» sassen. Ihre Sektion E u v i s m i a Wawre lebt in Westafrika. — Die nur durch eine einzige Art, die 25 bis 40 m hohe E n d o d ö s m i a c a l o p h y l l o i d e s Benth. in Kamerun und Gabun, bekannte Unterfamilie der Endodesmoideae besitzt gegenständige Laubblätter, zahlreiche, unterwärts in 5 Bündeln, oberwärts zu einer Röhre verwachsene Staubblätter, einen fadenförmigen, exzentrischen Griffel und eine im oberen Teile des Fruchtknotens hängende Samenanlage. — Die umfangreiche Unterfamilie der Calophylloideae ist durch gegen» ständige, von zahlreichen, dicht nebeneinander verlaufenden, parallelen Seitennerven durchzogene Laub» blätter, durch einen 1« bis 4»fächerigen, von einem Griffel gekrönten Fruchtknoten mit 1 bis 2 Samenanlagen

500 in jedem Fach und durch fleischige, meist geschlossen bleibende Früchte ausgezeichnet. Zu ihr gehört die von Vorderindien bis Java in 3 Arten verbreitete Gattung M é s u a L. Sträucher oder Bäume mit lanzeltlichen, lederartigen Laubblättern und ziemlich grossen, einzeln und blattachselständigen Blüten mit 4 Kelchblättern. M. f é r r e a L. ( = M. speciösa Choisy) ist der bekannte, in den wärmeren und feuchteren. Teilen Vorder« und Hinterindiens lebende, weissblühende „Nagas« oder Eisenholzbaum“ (Indian Rose Chesnut), der durch eisen* hartes, von gewöhnlichen Aexten nicht angreifbares Holz (Ceylon« oder Ostindisches Eisenholz bezw. Nagas* holz) ausgezeichnet ist und in ganz Ostasien, namentlich in Tempelgärten, vielfach gepflanzt wird. Der mittel« grosse Baum besitzt einen geraden, aufrechten Stamm, dünne Zweige und lineallanzettliche, starre, oberseits dunkelgrüne, unterseits wachsüberzogene Laubblätter. Die veilchenartig duftenden Blüten werden als F l ö r e s N a g k ä s c a r in der Parfümerie verwendet und enthalten nach W e h m e r ätherisches Oel und zwei toxische Bitterstoffe. Wurzel und Rinde wirken schweisstreibend. Die Samen enthalten ein bitteres fettes Oel — die Keimblätter bis 73°/o — sowie zwei wenig bekannte Bitterstoffe, von denen einer harzartig ist und als Herz« gift wirkt. Sie sind essbar, führen aber leicht ab. Sie werden auch zu Einreibungen oder zu Brennzwecken benutzt. Unter dem Namen „Surli»“ oder „Nangelnüsse“ gelangen sie zur Ausfuhr. Auch die Blüte der M. s al i ei n a liefert durch ihre angenehm duftenden Staubbeutel eine kosmetische Handelsware.— M ä m m e a A m e r i c ä n a L. ist ein in Westindien endemischer, im tropischen Amerika vielfach gepflanzter Baum mit ausgebreiteter, dichter Krone, ganzrandigen, lederigen Laubblättern, blattachselständigen Blüten und bis 20 cm im Durchschnitt messenden rötlich»gelben Früchten (Mammi«Apfel, Aprikosen von St. Domingo), die unter der sehr bitteren Aussenschale ein goldgelbes Fleisch von aprikosenartigem Geschmack besitzen und roh oder gekocht gegessen oder gleich dem Safte der Zweige zu Mammi»Wein (Toddy) verarbeitet werden. Aus den Blüten wird ein Líqueur (Eau de Creóle) bereitet. Das Holz ist unter Wasser sehr haltbar und liefert zudem ein Harz. — Von der nahe verwandten Gattung O c h r o c ä r p u s Thouars sind die gelben Früchte des O. A f r i c ä n u s (Don) Oliv, von Sierra Leone und die des O. M a d a g a s c a r í é n s í s DC. essbar, von ersterer Art wird auch das Holz vielseitig benützt. Die Laubblätter des vorderindischen O. l o n g i f ö l i u s (Wight) Benth. et Hook, dienen zum Färben von Seide. — Die wichtige Gattung C a l o p h y l l u m L. tritt mit mehr als 50 Arten in den altweltlichen Tropen und mit 4 Vertretern im tropischen Amerika auf. Sie besteht aus Bäumen mit glänzenden, lederigen Laubblättern und in Rispen oder Trauben angeordneten Blüten, die einen 1«fächerigen Fruchtknoten mit nur 1 Samenanlage besitzen. Das küstenbewohnende C. i n o p h y 11 u m L. (Alexandrinischer Lorbeerbaum, franz.: Tamanou) mit rötlichem, hartem Holze und grossen, wohlriechenden Blüten hat pflaumengrosse Früchte, die als Driftnüsse weithin verfrachtet werden und dem Baume eine wichtige Rolle als Besiedelungspionier zukommen lassen. Die im Handel unter dem Namen Ponang®, Pinnay«, Calaba» oder Dombanüsse bekannten Samen enthalten 41,2°/o Rohfett, 5% Protein, 7,8% stickstoffreie Extraktstoffe und 3,5% Rohfasern. Technisch und medizinisch wichtig ist der Gehalt des Rohfettes an 58% Triolein, 42% Tri« Stearin und Tripalmitin, sowie das stark HaO«haltige fette Oel, in welchem sich neben Schleim u. a. 10% bis 25% toxisches Harz befindet. Das grünlichgelbe Fett („Ndilo«Oel“) dient zur Feuerung, zu Heilzwecken gegen Rheumatismus und zur Herstellung von Seifen, das Oel gegen Rheumatismus. Mit dem aus Risswunden aus» fliessenden Harz (Ostindisches Tacamahac) von angenehm lavendel» und ambraartigem Dufte, das in Kürbis« schalen in den Handel kommt, werden Schiffe geteert, Werkzeuggriffe befestigt, Fackeln hergestellt oder medizinische Präparate (Balsämum Mariae) bereitet. Das Holz wurde früher versuchsweise als Indisches Ma» hagoni« oder Rosenholz nach Europa gebracht und zu Fournierarbeiten und Täfelungen empfohlen. Auch das Harz anderer Arten, z. B. von C. T a c a m a h á c a Willd., C. B r a s í l í é n s e Camb., C. C a l a b a Jacq. „Galba“ wird hie und da benützt, ebenso wie das Samenöl vielfach zu Feuerungszwecken herangezogen wird. Der letztgenannte Baum wird in Westindien auch viel als Windschutz angepflanzt. Das Holz mehrerer Arten liefert teils Masten (C. s p e c t ä b i l e i n Hinterindien), teils anderes Schiffs» oder Möbelholz (z. B. C. T h o r é l í í Pierre und C. S a l g o « n é n s e Pierre, beide aus Cochinchina). — Die Unterfamilie der Clusioideae besitzt im wesentlichen dieselben Merkmale wie die Calophylloideae, ist aber durch den Besitz eines Samenmantels ausgezeichnet, der teils vom Funiculus, teils von der Micropyle ausgeht und in letzterem Falle von P l a n c h ó n und T r i a n a als „Arillodium“ bezeichnet worden ist. Die beiden zu ihr gehörenden Tribus der C l u s í é a e und G a r c í n é a e unterscheiden sich voneinander dadurch, dass bei der ersteren die Staubbeutel nie zu Bündeln vereint, sondern frei oder vollständig verwachsen sind und die Frucht scheidewandspaltig aufspringt, während bei der zweiten die Staub» blätter meist zu Bündeln verwachsen sind und die Frucht eine Beere ist. Von den nur in Amerika heimischen C l u s i e a e besitzt nur die etwa 100 Arten starke Gattung C l ú s í a L. grössere Bedeutung. Sie besteht zu» meist aus epiphytisch lebenden Sträuchern vom Typus der „Baumwürger“, selten aus Bäumen und ist an ihren lederartigen, gegenständigen, bisweilen kleinen Laubblättern und den einzelstehenden oder rispig an» geordneten Blüten kenntlich. Die Arten enthalten in ihren Harzgängen viel bitteres Gummiharz, das in der Heimat teils zu Arzneizwecken (Abführmittel, Heilsalben, Zusatz zu Bädern), teils zu kosmetischen Zwecken oder auch zur Bereitung von Pech und Teer für den Schiffsbau verwendet wird. Die zu diesen Zwecken am

183

501 Tafel 183* Fig. 1. „ „ „ „ „ „ „ „ „ „

H ypericum h u m ifu su m (pag. 514). Habi­ tus. 1 a. Fruchtknoten. lb. Kelchblatt. 1 c. Samen. 2. H ypericum C oris (pag. 513). Habitus. 2 a. Laubblatt,quergeschnitten. 2b. Laubblatt. 2 c. Kelchblatt. d. Samen. 3. H ypericum m o n ta n u m (pag. 514). Blüten­ spross. 3 a. Kelchblatt.

Fig. 3b. Blüte nach der Anthese, a 3 c. Frucht a 4. H y p ericu m p erfo ra tu m (pag. 526). Blütenspross. „ 4 a. Staubblätter und Fruchtknoten. „ 4 b. Frucht. „ 4 c. Samen. „ 5. H y p ericu m m a cu la tu m (pag. 517). Ha­ bitus. „ 5 a. Stengelquerschnitt. „ 5 b. Frucht. „ 5 c. Querschnitt durch denFruchtknoten.

meisten benutzten Arten sind C. r ó s e a L. und C. m í n o r L. in Westindien. Von der ebenfalls in West« Indien einheimischen C. f l á v a stammt das als Wundmittel geschätzte „Schweinsgummi“, dessen Name angeb» lieh daher stammt, dass sich verwundete Schweine an den Stämmen reiben, bis der Saft zu fliessen beginnt. — Die artenreiche Tribus der G a r c i n e a e umfasst zunächst die drei kleinen, wirtschaftlich belanglosen, auf Neu»Kaledonien und Neu»Guinea heimischen Gattungen C l u s í á n t h e mu m Víell., T r í p é t a l u m Schum, und Pen» t a p h a l ä n g i u m Warb., ferner die nur durch wenige Arten bekannte Gattung A l l a n b l ä c k i a Oliv, mit grossen, dickschaligen, geschlossenen Früchten, in denen zahlreiche kastaniengrosse, abgerundet«4»kantige, von einem rosafarbenen, fleischigen Arillus umgebene, sehr fette Samen eingeschlossen sind. Die Samen der A. f l o r í b ú n d a Oliv, besitzen ungeschält 46°/o, geschält bis 7 3 ,2 % fettes Oel, das unter dem Namen Bouandjo» butter gehandelt wird und viel Stearin, gegen 12,65% Olein und noch wenig bekannte Glyceride, ferner Tannin, Glykose, Saccharose, Harz, Phlobaphene u. a. m. enthält.— A. S t u h l m a n n i Engler (Ostafrikanischer Talgbaum, in Ostafrika Mkanyi oder Msambo geheissen) verfügt ungeschält über 55,5°/o, geschält über 67,8°/o talgartiges Fett (Mkanifett), das von den Eingeborenen Ostafrikas gegessen oder zu Heizzwecken benützt wird, aber auch durch seinen hohen Stearinsäuregehalt (52,75% ) recht wohl zur Herstellung von Seifen und Kerzen benutzt werden könnte. Weiter gehören hierher! die pflanzengeographisch beachtenswerte Gattung R h eé dí a (s. pag. 499) mit etwa 30 Arten, deren wohlschmeckende Beerenfrüchte, namentlich die von R. f l o r í b ú n d a (Miq.) Planch. et Tr. in Guayana, R. l a t e r í f l ó r a L. in Westindien und R. e d ü l i s in Mittelamerika, gegessen werden. In Peru gewinnt man aus dem ausfliessenden Balsamharz mehrerer Arten ein ärztlich angewandtes Heilmittel. — Sehr vielseitigen Nutzen gewährt die altweltliche, etwa 150 Arten umfassende, aus Bäumen oder Sträuchern mit meist lederartigen, lanzettlichen oder länglichen Laubblättern und mittelgrossen Blüten mit 4 bis 5 Kelchblättern gebildete Gattung G a r c í n í a 1) L. Am wertvollsten ist sie durch die Gewinnung des aus spiralig gezogenen, sehr flachen und wenig breiten Rinden»Einsdmitten mehrerer Arten (namentlich G . H a n b ü r y i Hook. f. in Hinterindien, in geringerem Masse auch von G. p i e t ö r i a (Roxb.) Pierre auf Ceylon, G. M o r é l l a Desr. [ = Hebradéndron Cambogíoídes Grah., = Combogío gútta L.J, ,,Tong rong“ oder Gokatoogas in Vorder» und Hinter» indien, sowie einigen anderen südasiatischen Vertretern) während der Trockenzeit ausfliessenden Gummiharzes — Gummigutt — , das entsprechend der Herkunft von verschiedenen Arten gelb bis schön dunkelrot gefärbt ist. Bei G. H a n b u r y i fängt man die beste Sorte in Bambusrohren auf, trocknet sie am Feuer, befreit sie aus ihrer Form und bringt sie als Stangen von bis 0,5 m Länge in den Handel. Schlechtere Sorten entstammen dem an den Bäumen selbst erstarrten Harze oder Auskochungen von Abfällen, Fruchtschalen und Laubblättern. Das Gummiharz ist in Form von sehr feinen Körnchen in der schleimreichen, stark quellenden, resinogenen Schicht der langen und grossen schizogenen Sekretbehälter enthalten, welche besonders in der sekundären Rinde, aber auch im Mark, in den Laubblättern und Früchten Vorkommen. Erst im Alter von 7 bis 10 Jahren können die Bäume angezapft werden und zwar jeder Baum 2» bis 3«mal. Chemisch besteht das Gummigutt im wesentlichen aus etwa 7 7 % Harz und 15 bis 2 3 % Gummi. Ersteres besitzt Säurecharakter und enthält nach älteren Untersuchungen namentlich Cambogia« und Garcinolsäure, letzteres ist vom Arabischen Gummi verschieden und liefert bei seiner Zersetzung Phloroglucin, Butter«, Valeriana«, Essig» und Isuvitinsäure, nebst zahlreichen änderen Nebenbestandteilen. Seines gelben Farbstoffes wegen wird das Gummigutt namentlich in der Aquarellmalerei — den Chinesen schon im 13. Jahrhundert geläufig — viel benutzt, ferner auch zum *) Nach dem Engländer Lawrence G a r e i n , der im 18. Jahrhundert Indien bereiste.

502 Lackieren und zur Bereitung von Goldfirnis. Medizinisch diente es im 17. Jahrhundert in Europa als stark abführendes Mittel, heute noch als G u t t i 1) oder G u m m i r e s i n a G u t t i (Pharm. Germ., Austr., Helv.) zur wirksamen Bekämpfung von Würmern, als Diuretikum, bei Hydropsien. Die Rinde mancher Arten wird zu Färbezwecken benutzt; G. D e l p y ä n a Pierre, G. m e r g u e n s i s Wight u. a. färben hellbraun, G. V i l e r s i ä n a Pierre grün, G. M a n g o s t ä n a L . fixiert die Farben. Die bitteren Wurzeln von G. p i c r o r r h i z a werden im Malayischen Archipel zur Verbesserung des Palmweines herangezogen. Das Stammholz ist hinsichtlich seiner technischen Verwendbarkeit bei den einzelnen Arten recht verschieden, z. T. sehr hart und brauchbar, z. T. aber weich und ¡k wertlos. Seine Färbung ist sehr verschieden, bei einigen Arten weiss bis gelblich, bei anderen blassgelblichbraun, gelblich bis bräunlich, rotbraun oder blassrot. Die Früchte sind i geniessbar. Bei G. p e d u n c u l a t a Roxb., G. p a n i c u l ä t a Roxb. u. a. wird das Fruchtfleisch roh oder zubereitet gegessen, beider vielgepflanzten G. M a n g o s t ä n a L. z. B. erfreut sich der saftige, schneeweisse, aromatische Arillus grosser Beliebtheit. Die Früchte anderer Arten hingegen können nur zur Essig»Bereitung benutzt werden. Die Samen der G. In di c a L. enthalten in ihrem 20 bis 2 5 % ihres Gewichts ausmachenden fetten Oel 8 0 % Oleodistearin und anscheinend etwas Laurin, nach älteren Angaben auch Stearin, Olein und 7 bis 10 % freie Fettsäure und werden wegen dieses schmutzig»weissen, bei 40° schmelzenden Fettes teils für medizinische Zwecke, teils zum Färben oder in Indien auch zur Verfälschung von Butter (Kokumbutter) benutzt. In Afrika gelten die bitteren, etwas aromatischen, jedoch alkaloidlosen Samen der G. C ö 1a Heckei als gutes Mittel bei Erkältungen und Schnupfen und werden von den Negern vielfach gekaut (Bitter» oder Orogbo»Kola). — Die Unterfamilie der Moronoboideae besteht aus z. T. sehr hohen Bäumen, enthält aber auch einige Sträucher, die durch zwitterige Blüten mit in 5 Bündeln oder in 1 Röhre vereinigten Staubbeuteln und Beerenfrüchte ausgezeichnet sind. Die 5 hieher gehörenden Gattungen sind artenarm und meist auf kleine Gebiete beschränkt. Der westafrikanische Talg» oder Butterbaum P e n t a d e s m a b u t y r ä c e u m Don mit 30 bis 40 m Stammlänge besitzt dunkelbraune Früchte von der Grösse kleiner Melonen mit essbarem, gelbem Fruchtfleisch. Das Harz der Fruchtschalen wird gegen Rheumatismus benutzt. Die kastaniengrossen Samen — die Lamynüsse des Handels — sind reich an Gerb« säure und enthalten kein Eiweiss, aber einen sehr verschieden hoch angegebenen Gehalt an fettem Oel — afrikanische Pflanzenbutter, Kanyabutter — mit 82 % Stearin und 18% Olein und werden daher zur Her» Stellung von Seifen und Kerzen benutzt. Als vikarisierende Art tritt in Togo P. K e r s t i n g i i auf. — Die brasilianische P l a t ö n i a i n s i g n i s Mart., ein prächtiger Baum mit glänzenden Laubblättern, liefert sehr beliebte Früchte mit süsslich»säuerlich schmeckendem Fruchtfleisch. Ihr gelbbraunes, politurfähiges Stammholz ist für Parkett» und Möbel»Herstellung geeignet. — Die Gattung S y m p h ö n i a L . f. ist durch 5 Arten auf Madagaskar und durch S. g l o b u l i f e r a L., dem Macona»Baum oder Oananie, in Westafrika und in Südamerika vertreten. Die letztgenannte Art liefert einen schwefelgelben, als Wundmittel dienlichen Balsam, der wie bei dem Gummiharz der CI us i a» Ar t en als „Schweinsgummi“ bekannt ist oder getrocknet und sich dann schwärzend als „Anani» harz“ zum Pechen und Teeren von Schiffen brauchbar ist. Die Samen enthalten ein dunkelrotes Fett. Diejenigen von S. f a s c i c u l ä t a Baill. (mit 5 6 % fettem Oel [49% Olein, 4 5 % Stearin und Palmitin]) werden teils gegessen, teils als kosmetisches Mittel verwendet.

CCCCLXXII.

Hypericum2)

L J o h a n n i s k r a u t , Hartheu. pertuis; engl.: St. JohrTswort; ital.: Iperico.

Franz.: Mille-

Stauden, selten 1»Jährige Kräuter, Halbsträucher, Sträucher, bisweilen Bäume. Stengel stielrund, kantig bis geflügelt. Laubblätter gegenständig, selten quirlständig, sitzend oder kurzgestielt, oft durch Oeldrüsen (Fig. 1992 a und 1996 b) durchscheinend oder schwarz punktiert. Blüten in endständigen, zusammengesetzten, zumeist in Schraubein endigenden Trugdolden oder Rispen, selten einzeln. Kelchblätter 5, selten 4, gleich oder verschieden gestaltet, in der Knospenlage dachig oder klappig, an der Frucht erhalten bleibend. Krön* blätter 5 oder selten 4, in der Knospenlage gedreht, ungleichseitig, einfach oder über dem Grunde mit einem meist zungenförmigen Anhang, meist erhalten bleibend. Staubblätter viele, frei oder meist zu 3 oder 5 vor den Kronblättem stehenden Bündeln verwachsen; Staub» beutel rückenständig, intrors, oft mit Sekretdrüsen zwischen den Beuteln; vor den Kelchblättern bisweilen 5 hypogyne Drüsen (Staminodien ?) oder auch einzelne Staubblätter. Fruchtblätter *) Von dem malayischen Worte gutah, guttach oder getah = Gummi, Balsam. a) Pflanzenname b e i P l i n i u s und H i p p o k r a t e s , bei D i o s k u r i d e s In e^ ix S v [hyperikön] genannt. Wahrscheinlich bezog sich der Name auf das in Griechenland weit verbreitete H. c r i s p u m L.

503 3 bis 5, zu einem oberständigen, freien, vollkommen oder nur im unteren Teile 3* bis 5*fächerigen Fruchtknoten (Fig. 1996c) verwachsen; Griffel 3 bis 5, fädlich, frei oder dl hoch hinauf miteinander verwachsen; Narbe kopfig, seltener keulenförmig oder scheibenförmig, papillös; Samenanlagen meist viele, anatrop oder pleurotrop; Samenleiste naht* oder zentral* ständig. Frucht meist eine wandspaltige, 3* bis 5*klappige Kapsel (Fig. 2011 d) mit häutigen oder lederartigen, oft mit linealen oder blasigen Harzgängen versehenen Wänden, seltener eine Beere. Samen klein, länglich, mit netzig*streifig angeordneten Vertiefungen oder durch Papillen fein sammtig*rauh (Fig. 2011 f, i), selten gekielt oder geflügelt; Keimling gerade oder gekrümmt; Nährgewebe fehlend. Die Gattung umfasst etwa 200 Arten, die auf Grund ihres Blütenbaues nach Robert K e l l e r auf 18 Sektionen verteilt werden. Zu diesen kann auch die sehr nahe verwandte Gattung A s c y r u m L. gestellt werden, die mit 5 Arten in Nordamerika und den Anden und einer weiteren Art im Himalaya heimisch ist. Die Sektionen sind sehr ungleich gross, z. T. klein, mitunter sogar nur monotypisch (z. B. die Sektionen H e l ö d e s , H u m i f u s o i d e u m , C a m p y l o p u s und P s o r o p h y t u m ) , z. T. aber sehr umfangreich, wie die Sektion E u h y p é r í c u m mit etwa 100 Arten, zu der alle in Mitteleuropa einheimischen Arten mit Ausnahme von H. H e l ó d e s L. (Sektion Helödes) und H. A n d r o s a e m u m L. (Sektion Androsaemum) zählen. Geographisch sind viele der Sektionen auf ± enge Gebiete beschränkt oder wenigstens ihre Arten räumlich sehr eng begrenzt. Im Gegensatz dazu stehen Arien mit sehr weiter Verbreitung, wie Hypericum humífúsum L., das im Westen der östlichen Halbkugel von der Nordhemisphäre bis zur Südspitze Afrikas reicht und ostwärts bis nach Indien geht, und Hypericum Japönicum Thunb., das von Japan bis Neuseeland und Australien reicht und auch in Nordamerika Vorkommen soll. Die Sektion E u h y p é r í c u m erscheint vornehmlich in der ganzen nördlichen gemässigten Zone, die Sektion A n d r o s a e m u m in Mittel« und Nord» amerika, die Sektion N o r y s c a von Afrika über Indien, China bis Japan. Die Sektion B r ä t h y s ist nord« und südamerikanisch und besitzt einige Vertreter in Japan. Gebiete des Massenauftretens von Sektionen und Arten sind das Mittelmeerbecken, der Himalaya und die Anden. Für letztere ist die Sektion M y r i ä n d r a sehr bezeichnend. Aus dem Reichtum an endemischen Formen, der Art»Verteilung innerhalb gewisser Sektionen in verschiedenen Erdteilen, dem Auftreten vikarisierender Arten in geologisch älteren Gebieten oder auch dem gemeinsamen Besitz derselben Arten auf lang isolierten Gebieten ergibt sich mit völliger Klarheit das bereits hohe Alter der Gattung, aus ihrer grossen Artenzahl ihre Lebensfähigkeit. Im Gegensatz zu der Beschränkung der weitaus meisten Glieder der übrigen Familie auf rein tropische Gebiete lebt die Gattung H y p e r i c u m meist in den Gebirgen der Tropen und Subtropen und erstredet sich von dort aus bis zu den Grenzen der gemässigten Zonen, wobei die nördliche Halbkugel weitaus bevorzugt ist. Nur in der Arktis und Antarktis fehlt die Gattung, steigt aber z. B. in den Anden mit H. l a r i c i f ö l i u m Juss. bis 3600 m aufwärts, in der Owen Stanley»Kette auf Neu»Guinea mit H. M a r c g r e g ö r i i nach L a u t e r b a c h bis 4000 m. In der Eichenwald« stufe der mexikanischen Gebirge treten gemeinschaftlich mit Hypericum«Arten auch andere in Europa heimischen Gattungen auf, z. B. Ranunculus, Thalictrum und Salvia ( Engi er ) , in Java in den Gebirgen nach B e c c a r i Alchemilla, Agrimonia, Sanícula, Pimpinella, Daphne, Cerastium und Stellaria. Als tropísch=afríkanísche Elemente seien H. R o e p e r í á n u m L., H. A b y s s í n í c u m L. und H. a n g u s t i f ö l i u m genannt. Unter den Lebens« formen überwiegen weitaus die xeromorph und mesohygromorph gebauten Sträucher, Halbsträucher und Stauden, selten sind Baumformen, vergängliche Kräuter, sowie Wasser« und Sumpfpflanzen (H. m ü t i l u m L. in Nordamerika, H. m y r t i f ö l i u m Lam. in Florida und H. H e l o d e s in Westeuropa). Der schönen gelben Blüten wegen werden neuerdings eine ständig zunehmende Zahl von Arten aus anderen Erdteilen nach Europa eingeführt und auch in Mitteleuropa in Gärten gezogen. Die verbreiteteren davon lassen sich mit Hilfe des folgenden Schlüssels (im wesentlichen nach C. K. S c h n e i d e r ) unterscheiden: 1. Laubblätter zu 3 (vgl. auch H. Coris pag. 513) quirlständig, fein nadelförmig,kahl,durchscheinend punktiert, sitzend, bis 16 mm lang. Bis 40 cm hoher Zwergstrauch mit z. T. niederliegenden Zweigen.Blüten« stand reichblütig, pyramidenförmig. Blüten hellgelb, 1,5 bis 2 cm im Durchmesser, trimer. Kelchblätter am Rande schwarzdrüsig, zur Fruchtzeit abstehend oder zurückgeschlagen. Kronblätter 3« bis 4»mal so lang wie die Kelchblätter. Staubblätter in 3 Bündeln. Frucht lederartig. Mit H. Coris eng verwandt. Heimisch in Griechenland und Kleinasien. Seit 1820 in Kultur ................................................ H. e m p e t r i f ö l i u m Willd. 1*. 2. 2*. 3.

Laubblätter zu 2 gegenständig, meist nicht fein n a d e l f ö r m ig ...............................................................2. Staubblätter frei, nicht oder nur ganz undeutlich v e rw a c h s e n .............................................................. 3. Staubblätter deutlich in 3 oder 5 B ü n d e ln ...................................................... ................................ 5. Griffel 3 (4). Kapsel vollkommen oder unvollkommen 3 « f ä c h e r ig ................................................ 4.

504 3*. Griffel 5. Kapsel 5»fächerig. Aeltere Zweige ± 4»kantig, jüngere r t abgefladit und 2=kantig. Laubblätter länglich.lanzettlich, unterseits stark bläulich. Blüten 1,5 bis 2,5 cm im Durchmesser. Kelchblätter spitz.eiförmig, 6 bis 8 mm lang. Frucht 6 mm lang, eiförmig. Heimat: Nordoststaaten der Vereinigten Staaten von Nord, amerika. Seit 1759 in K u l t u r ............................................................................................................H. K a l m i ä n u m L. 4. Blüten sitzend, einzeln oder seltener zu 3, 2,5 cm breit, goldgelb. Etwa 1 m hoher Strauch. blätter lederig, 2,5 bis 7 cm lang, breit.eilänglich, stumpf oder mit aufgesetzter Spitze, flach oder am Rande leicht umgerollt, unterseits blaugrün. Kelchblätter sehr ungleich, laubblattartig. Heim at: Südliches Nordamerika. Seit etwa 1890 in Kultur ...................................................... H. a ü r e u m Bartr. 4*. Blüten gestielt, bis 2 cm breit, tief gelb, in wenigblütigem, schmalem Blütenstand. Bis 1,2 m hoher, lockerer, winterharter Strauch. Laubblätter schmallanzettlich.eiförmig, 2 bis 8 cm lang, am Rande leicht umgerollt, kurz gestielt. Kelchblätter ungleich, meist 5, 4 bis 6 mm lang. Frucht 8 bis 10 mm lang. Heimat: Nordöstliches N o rd a m e rik a ........................... . . . ............................................ H. p r o l i f i c u m L.

Fig. 1993. H y p e r ic u m c a ly c in u m L. a Habitus. — H. M o s e r ian u m André, b Zweig, c Blutenknospe, d Abgeblühte Blüte. e Längsschnitt durch eine reifende Frucht.

5. Staubblattbündel 5 ................................6. 5*. Staubblattbündel 3. Niedriger, kahler, wenig verästelter Strauch mit dünnen, runden, i rot* gelben Zweigen. Laubblätter halbwintergrün, schmal, eiförmig, in Kultur meist bis 3,5 cm lang und 1,1 cm breit, spitz, i graugrün, sitzend. Blütenstand 1. bis 5»blütig. Blüten bis 5 cm im Durchmesser. Kelch, blätter breit.eiförmig, zugespitzt, i fein gezähnelt. Frucht 3=kantig=eiförmig. Heimat: Südost.Europa und Kleinasien. Nur für ganz warme Lagen geeignet. ...........................................................H. O l y m p i c u m L. 6. Griffel 5. Kapseln i 5»fächerig. Krön, und Staubblätter hinfällig. Staubblätter 30 bis 100. 7. 6*. Griffel 3. Kapsel ± 3.fächerig . 11. 7. Kelchblätter ungleich, zur Fruchtzeit ver» grössert, abstehend oder zurückgeschlagen. Blüten einzeln, 6 bis 8 cm im Durchmesser. Niedrige, immergrüne S trä u c h e r..................................................... 8. 7*. Kelchblätter lederartig, zur Fruchtzeit a u f r e c h t........................................................................... 10. „

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®1S 1>5 m hoher Strauch. Zweige rund» lieh, jung etwas bläulich. Laubblätter spitz.eiförmig bis elliptisch, bis 8 cm lang, i sitzend. Blüten in 3. bis 5»blütigen Blütenständen, etwa 5 cm im Durchmesser, weisslich.gelb. Frucht kegelförmig, 12 mm lang. Heimat: W e st.H im a la y a ......................H. c é r n u u m Roxb. 8*. Niedrige, bis 30 cm hohe H a lb s tr ä u c h e r .................................................................................................9. 9. Blüten einzeln, an den Zweigen sitzend, 6 bis 8 cm im Durchmesser, goldgelb. Laubblätter läng, lich.elliptisch, stumpf, 3 bis 8 cm lang und 1,5 bis 3 (4) cm breit, fast sitzend, unterseits graugrün. Kelch breit» eiförmig.abgerundet. Frucht nickend, eiförmig. Heimat: Griechenland, Türkei, Nordwest.Kleinasien. Seit 1676 in Kultur und bisweilen verwildernd (Heidelberg, Arco in Südtirol, Aarburg in der Schweiz). Fig. 1993 a. H. c a l y c i n u m L. 9*. Blüten meist zahlreich. Kelchblätter ungleich, zur Fruchtzeit aufgerichtet. Krön, und Staubblätter nicht abfallend. Sonst wie H. calycinum und vielleicht nur eine Varietät dieser Art. V on dem in der Tracht ähnlichen H. Androsaemum (pag. 511) durch scheidewandspaltige (nicht beerenartige) Früchte und ungeflügelte (nicht geflügelte) Samen unterschieden. Heimat: Sibirien, Japan, Nordamerika. Seit 1747 in Kultur . . . . . . . . ..............................................................................................................................................................H. A s c y r o n L. 10. Zweige rundlich. Laubblätter i Wintergrün, derb, eiförmig bis eiförmig.lanzettlich, bis 10 cm lang und 2 bis 5 cm breit, oberseits sattgrün, unterseits blaugrün oder rostfarben, sitzend. Blütenstand reich« blütig. Blüten sattgelb. Frucht ei» oder stumpfkegelförmig, fast 2 cm lang. Heimat: Ost.Himalaya, West.China (zwischen 2000 und 4000 m). In Mitteleuropa über Winter schutzbedürftig. Schon längere Zeit in Kultur H. H o o k e r i ä n u m Wight et Arn.

505 10**. Zweige ± 2»kantig. Laubblätter derb, immergrün (?), spitz»eilän glich. Blüten 2 bis 4,5 cm im Durchmesser, ± hellgelb. Frucht stumpfkegelförmig, etwa 1,3 cm lang. Formenreiche (Sammel?»)Art, vom Himalaya bis Japan heimisch. Blüht erst im IX und X ........................................................................... H. p á t u l u m Thunb.1) 11. Griffel kürzer als der fast 1«fächerige, nicht aufspringende Fruchtknoten. Kelchblätter bis zur Fruchtzeit erhalten b le ib e n d ........................................................................................... H. A n d r o s a e m u m n r . 1901. 11*. Griffel ± länger als der Fruchtknoten. Frucht an der Spitze aufspringend, lederartig (Kapsell). Kelch an der reifen Frucht f e h l e n d ...................................................................................................................................... 12. 12. Wohlriechender, bis 1 m hoher Strauch mit reichblütigen Blütenständen und undeutlichen Staub» blattbündeln. Zweige gerötet, die jungen 2»streifig, drehrund. Laubblätter spitz oder stumpflich, am Grunde häufig herzförmig, bis 6 cm lang und 4 cm breit, unterseits blaugrau. Kelchblätter eiförmigdanzettlich, ganzrandig, an der noch unreifen Frucht zurückgeschlagen. Heimat: Kanarische Inseln und Madeira. Nur in Kalthäusern. H. g r a n d i f ö l i u m Choisy2). 12*. Strauch mit Bocksgeruch. Blütenstände armblütig. Blüten 2,5 bis 3,5 cm breit. Staubblattbündel deutlich. Zweige braunrot, i 2ekantig. Laubblätter spitz»eilanzettlich, 4 bis 7 cm lang und 1,2 bis 3 cm breit, unterseits hell« bis graugrün, sitzend. Kelchblätter schmähet» lanzettlich, abfallend. Heimat: Nördliches Mittelmeergebiet von Nord» Spanien und Südfrankreich bis Syrien. Leicht kultivierbare Art, die bereits im H ö r tu s E y s t e t t e n s i s gezogen wurde; bei T h a l heisst sie Androsaémum fdetidum; auch in Schlesien wurde sie zur Zeit der Renaissance gepflanzt........................................................... H. h i r c i n u m L. Andere kultivierte Arten sind z. B. H. ly s í m a c h í o íd e s Wall, aus dem westlichen Himalaya und (?) China (1894 eingeführt), H. r é p t a n s Hook. f. et Thoms. aus dem Himalaya, H. p o l y p h y l l u m Boiss. et Bai. aus Kleinasien, H. r é p e n s L. aus dem Orient, H. g a l i o i d e s Lam. aus Florida und Alabama (1896 eingeführt). Eingeschleppt wurden be= obachtet: H. t o m e n t ö s u m L. aus dem westlichen Mittelmeergebiete, mit weissfilzigem Stengel, im Hafen von Ludwigshafen (1912). — H. J a p ö n i c u m Thunb. ( = ? H. gymnánthum Engelm. et Gray) und H. m ú t i l um L. aus Nordamerika, die beide, wahrscheinlich mit amerika* nischen Grassamen eingeschleppt, 1884 von S t r a e h l e r auf Moor* wiesen beim Forsthaus Theerkante bei W ronke (Posen) aufgefunden wurden. Letztere Art, eine Sumpfpflanze, wurde früher bereits am Lago di Bi entina in der Toskana festgestellt, wo sie sich mehrere Jahrzehnte hin» durch gehalten hat. Die in Mitteleuropa vertretenen Arten gehören sämtlich zum Raunkiär’schen Typus der Hemikryptophyten, d. h. ihre Ueberwinterungs» Fig. 1994. H y p e r ic u m p e r f o r a t u m L. knospen liegen über der Erdoberfläche (Fig. 1994 a). Eine Ausnahme a Habitus im Dezember mit hemikryptomacht bisweilen H. h u m i f u s u m , das auch einjährige Formen aus» phytischen Erneuerungsknospen, b Anlage zubilden vermag. Von den Arten mit dauernd lebensfähiger Primär» der Blütenblatteile (Fig. b nach M. H irm er). wurzel und ästigem Erdstock, an dem die überwinternden Sprosse aufrecht stehen, bis zu denjengen Arten, deren Primärwurzel abstirbt und durch Adventivwurzeln am Grunde kurz ausläuferartig kriechender Sprosse ersetzt wird und deren Stengel aus niederliegendem Grunde aufsteigen, finden sich alle Uebergänge. Eine i ausgesprochene Vegetationsruhe scheint aber — wenigstens bei den mitteleuropäischen Arten — nicht einzutreten, da bereits im Spätherbst, wenn die Fruchtstengel vollständig abgedorrt stehen, die neuen Triebe über der Grundachse zu treiben beginnen und dicht beblättert den Winter überdauern. Die meisten Arten stellen keine besonderen Ansprüche an Klima und Boden, sind auch vielfach an keine besonderen x) H. p a t u l u m bildet zusammen mit H. c a l y c i n u m einen von M o s e r in Versailles gezogenen Bastard H. M o s e r i ä n u m André (Fig. 1993b bis e), der folgende Merkmaie zeigt: Junge Zweige leicht über» hängend, rund, rot. Laubblätter dick, stumpf, eiförmig, 5 bis 6 cm lang und 2,5 bis 3 cm breit, glanzlos, oberseits sattgrün, unterseits bläulich, fast sitzend. Blütenstand 1» bis 3» (seltener mehr»)blütig. Blüten goldgelb, 6 bis 7 cm im Durchmesser. Kelchblätter stumpf eif‘örmig»länglich bis ± rundlich. VII bis VIII. Liebt geschützte Lagen. *) Mit H. g r a n d i f o l i u m wird häufig das nach R. K e 11 e r in Amerika heimische, aber den Amerikanern nicht bekannte H. e l ä t u m Ait. zusammengebracht, das also eine zweifelhafte Art darstellt. Verwildert werden unter dem letzteren Namen bezeichnete Pflanzen aus dem Wallis (Notre Dame de Sex Bieudron und La Planta bei Sitten) angegeben.

506 Pflanzengesellschaften gebunden und können somit als euryözisch bezeichnet werden. Im allgemeinen bevorzugen sie aber reichlich belichtete Siedelungsorte, Gras» und Staudenfluren, lichte Gebüsche und schüttere Wälder. Nicht selten treten mehrere Arten miteinander vergesellschaftet auf, so z. B. H. pulchrum und H. Androsaemum oder H. perforatum, H. acutum und H. humifusum. Audi H. acutum und H. maculatum erscheinen in gewissen Gebieten miteinander oder in Gesellschaft von noch weiteren Hypericum»Arten. Es sei jedoch hervorgehoben, dass Kreuzungen meist zu den Seltenheiten gehören und bisher nur von wenigen Arten nachgewiesen sind. In dieser Beziehung steht die Gattung also in merklichem Gegensatz zu der ihr in Hinsicht auf das gruppenweise Auftreten verschiedener Arten am selben Siedelungsort sehr ähnlichen Gattung Epilobium, deren Bastarde dann aber fast stets zu finden sind. — Blütenbiologisch sind die Johanniskräuter durch ihre grossen, lebhaft gelb gefärbten Krön» und Staubblätter und den Reichtum an Pollen ausgezeichnet. Die Blüten sind homogam. Die Befruchtung geschieht durch Fremd» und durch Selbstbestäubungen» dem die zahlreichen besuchenden In» sekten, besonders Schmetterlinge, Flie» gen und Bienen, die inneren Staubbeutel und die mit ihnen in gleicher Höhe auf gespreizten Griffeln stehenden Narben berühren, während die äusseren Staub» blätter kürzer sind und sich bereits früher öffnen. Bis» weilen werden klei» Fig. 1995. H y p e r ic u m p e r f o r a t u m L .1) a Querschnitt durch das Laubblatt mit Leitbündel, Sekret­ stogame Blüten be» gängen und bypodermalem Gewebe. — H. C o r is L. b Schematisierter Querschnitt durch das Laubblatt. obachtet. Die sehr c Ausschnitt eines Laubblatt-Querschnittes mit 2 Palisadenschichten und der Stärkescheide (nach Albert P ü n te r-E g li). kleinen und leichten Samen können durch vorüberstreichende Tiere (z. B. Vögel) oder auch durch den Wind verschleppt werden. Nach K i n z e l keimen sie erst nach längerer Zeit und nur bei Lichtzutritt. Im Dunkeln können sie jahrelang feucht liegen, ohne zum Austreiben zu gelangen. Auch im ersteren Falle verharrt ein kleiner Bruchteil sehr lange in Samenruhe. Nach C. A. C o o p e r wird die Samenschale aus zwei Integumenten gebildet, von denen im Reifezustand das äussere aus 2 Zellreihen parenchymatischer Natur besteht, während von den ursprünglich 5 bis 6 Zellreihen des inneren die Sklereidenschicht zur inneren Epidermis wird und die übrigen Zellen obliterieren. Bei H. macu» latum, H. perforatum und H. calycinum vergrössern sich bei der Samenentwicklung nach K. S c h n a r f (Bei» träge zur Kenntnis der Samenentwicklung einiger europäischer Hypericum»Arten, 1914) die Epidermiszellen am Ende des Nucellus kurz vor ihrer Auflösung stark und weisen einen grossen „aktiven“ Kern auf. Sie dienen zu dieser Zeit als eine Art von Schwellkörper, der den engen Raum innerhalb der Integumente erweitert und für die Ausdehnung des Embryosackes Platz schafft. Dem auf dem entgegengesetzten Pole liegenden Endosperm fällt die Aufgabe zu, die zugeleiteten Stoffe an sich zu ziehen und wahrscheinlich chemisch umzuwandeln. Die so gewonnenen Nahrungsstoffe werden durch Vermittlung des wandständigen Endosperms weitergeleitet und durch die mikropylaren Kerne dem Embryo zugeführt. Gleichzeitig wird das innere Integument bis auf die Sklereidenschicht aufgesogen, während dafür der Embryo und das Antipoden» Endosperm anwächst. Bei Hypericum maculatum treten ganz vereinzelt zwei Eizellen auf, die beide zu Keimlingen heranwachsen können. Durch diese Samenentwicklung zeigt Hypericum nur insofern Abweichungen von dem gewohnten Gang bei den übrigen Angiospermen, als der Nucellus klein und nur aus wenigen Zellen aufgebaut ist, sein gefächertes Endosperm nur kurze Lebensdauer besitzt und Tapetenzellen fehlen. Gewisse Aehnlichkeiten ergeben sich zuParnassia; doch reichen sie nach der Ansicht des Verfassers nicht aus, um eine nähere Verwandtschaft zwischen beiden Gattungen zu begründen. Eine abweichende Darstellung der x) Figur 1995, 1996 u. a. stammen aus einer unveröffentlichten, im Systematisch»botan. Institut der Universität Zürich ausgeführten Diplom»Arbeit von Albert P ünt e r » Eg l i , Sekundarlehrer in Uster (Schweiz).

507 Endospermbildung gibt B. P a l m (Das Endosperm von Hypericum. Svensk. Botanisk. Tidskrift, 1922) auf Grund von Untersuchungen bei Hypericum Japonicum. Darnadi soll nidit eine anfangs nuklear verlaufende Endosperm« bildung und Kernwanderung stattfinden, sondern ein zellularer Typus vorliegen, wie er bei den Saxifragales üblich ist (vgl. G ä u m a n n , E. Studien über die Entwicklungsgeschichte einiger Saxifragales, Rec. trav. bot. néerlandais., 16, 1919; J a c o b s s o n » S t i a s n y , Emma. Die spezielle Embryologie der Gattung Semper» vivum . . . . in Denkschriften der K. Akademie der Wissenschaften. Wien, 89, 191ö$ J u e l , H. O. Studien über die Entwicklungsgeschichte von Saxifraga granulata. Nova Acta R. Soc. Sei. Upsaliensis, IV, 1907). Bei H y p e r i c u m H e l o d e s im besonderen verändern sich nach O h l e n d o r f (Beiträge zur Anatomie und Biologie der Früchte und Samen einheimischer W asser, und Sumpfpflanzen, 1907) während des ReifungsVorganges die geraden Wände der inneren Zellschicht, indem sie sich schwach wellig zueinander stellen. Gleichzeitig wachsen diese stärker in die Höhe, sodass zwischen Epidermis und der nach innen folgenden Schicht Interzellularräume entstehen. Diese stellen jedoch keine besondere „zweckmässige Einrichtung“ für das Wasserleben der Art dar, da auch die Samen terrestrer Arten wie H y p e r i c u m p e r f o r a t u m und H. h u m i f us u m — bei denen sie fehlen — mit Wasser schwer netzbar sind, mehrere Tage auf der Wasseroberfläche schwimmen und durch die Strömung oder den Wellenschlag verbreitet werden können. Die Samen von Hypericum Helodes pflegen nach etwa 3 Tagen unterzu« sinken, im schlammigen Boden zu überwintern und im nächsten Frühling zu keimen. Trocken aufbewahrte Samen keimten nach O h l e n d o r f bereits 12 Tage nach der Aussaat. Ueber die Ent» Wicklung der Keimpflanze berichtet O h l e n d o r f weiterhin, dass der Keimling die Testa am Funi» kulusende mit seinem dicken Würzelchen durch» bricht und dieses durch starke Streckung des Hypo« cotyls in den Boden einsenkt, worauf sich an der Uebergangszone in das Hypocotyl ein dichter Kranz von Wurzelhaaren entwickelt. Die Keim» blätter bleiben ziemlich lange in den Samen» schalen eingeschlossen, streifen diese erst nach dem Ergrünen ab und besitzen dann eine länglidueiför» mige Gestalt. Der Spross entwickelt sich langsam. Die ersten Laubblätter und die erste Neben» wurzel erscheinen erst nach etwa Monatsfrist. Die bald nachfolgenden zahlreichen Nebenwurzeln überholen die Hauptwurzel rasch an Länge. — Der Blütenbau ist hinsichtlich der Zahl der Krön», Kelch» und Fruchtblätter mannigfaltig und durch Liebergänge miteinander verknüpft. Häufig sind Arten»Gruppen mit rein 5» oder 3»gliederigen Blüten. Max H i r m e r hat die von P a y e r ver» mutete Ableitung der letzteren von ersteren be» Fig. 1996. H y p e r ic u m p e r f o r a t u m L. a Querschnitt durch das stätigt und gezeigt, dass die Zahl der StaubblattLaubblatt mit Sekretgängen und hypodermalem Gewebe b und c Teil­ stücke von Stengelquerschnitten. — H. h i r s u t u m L . d Haare der Laubbündel in Abhängigkeit von der sinkenden Zahl blattnerven in der Aufsicht und im Längsschnitt, e Innere Epidermis der Fruchtblätter steht und dass je 2 Paare be» der Samenleiste. — H. a c u tu m Moench. / Teilstück eines Stengelquer­ schnittes (nach Albert P ü n te r-E g li). nachbarter Bündel unter Wahrung der Alternanz zu den Fruchtblättern miteinander verschmelzen. Zahlenmässige Unregelmässigkeiten innerhalb der einzelnen Blütenblattkreise sind vielfach festgestellt worden. So wurden bei sonst regelmässig gebauten Blüten von H. A s c y r o n L. nur 4 Fruchtblätter festgestellt. Pseudotetramere Blüten, d. h. solche, in denen je 2 Kronblätter seitlich bis zur Spitze verwachsen, wurden von P e n z i g bei H. p e r f o r a t u m beobachtet. Die Bildung vollständig 4»gliederiger Blüten bei sonst gewöhnlich pentameren Arten ist mehrfach festgestellt worden : für die var. Liotärdii des H. humifusum sind sie bezeichnend ; bei H. Androsaemum, H. hirsutum und H. Olympicum treten sie an den Gipfelblüten auf; C a m u s fand auch H. a c u t u m ± tetramer. Durch den Einfluss von Parasiten soll H. p e r f o r a t u m mitunter eingeschlechtig werden. Pistillodie, d. h. Verwandlung von Staubblättern in Fruchtblätter, wird von R e h d e r bei H. nudi » f l o r u m beschrieben. In jeder Blüte waren 3 bis 10 Staubblätter in z. T. offene, gekrümmte Fruchtblätter umgewandelt. Sehr beachtenswerte Mittelgebilde trugen bisweilen gleichzeitig Samenanlagen und Pollensäcke. Polyembryonie ist bei H. p e r f o r a t u m undH. m a c u l a t u m beobachtet worden. — Gegen den Herbst bildet

5 08 sich am Stengel bis zur Mitte eine starke Korkschicht aus, die dem Rindenparenchym die Nahrungs» zufuhr unterbindet und die Stengelrinde später in grossen Streifen sich ablösen lässt. Die in Form von Sekretbehältern entwickelten Oelgänge liegen im Leptom der Stengel und der Laub* und Krön» blattnerven. Bei H. Androsaemum zeigen sie sich auch im Rindenparenchym. Sie bilden ein ununterbrochenes Kanalnetz, dessen Anlagen schon im Keimling vorgezeichnet sind und das erst in den älteren, verholzenden Teilen verschwindet. Ferner enthalten die Laub», Kelch», Krön» und Fruchtblätter rundliche oder streifenförmige Sekretlücken. Die Entstehung dieser Behälter ist lange Zeit umstritten gewesen. Nach der Auffassung von H i e s e r , M e y e n , v. M o h l , F r a n k , v. H ö h n e l , v a n T i e g h e m , K i e n a s t und T s c h i r c h sind es schizogene Gebilde, die durch Erweiterungen von Interzellularen entstehen, nach L i n k , M a r t i n e t , De B a r y und G r e e n entstehen sie auf lysigenem Wege durch Auflösung von Zellwänden. Nach unveröffentlichten Untersuchungen von Albert P ü n t e r»Egli werden die Kanäle aus grösseren Zellen durch Teilung und Auseinander» weichen der Tochterzellen gebildet, wobei letztere plattgedrückt werden (vgl. Fig. 1996 a). Reste aufgelöster Zellen fand P ü n t e r nie vor. Nach seinen Feststellungen tritt das ätherische Oel nur in den Kanälen der Blattnerven auf, fehlt hingegen in denen der Stengel. Aehnlich entstehen die von klaren, hellen Oeltropfen erfüllten Sekretlücken der Laubblätter und die dunkelvioletten, eine dunkle, harzige Masse enthaltenden Drüsen, die ausser in den Laub» und Kronblättern auch in der Stengelepidermis zu finden sind. Sie stehen im Zusammenhang mit dem Fibrovasalsystem, von dem Je ein Strang zu ihnen verläuft. Der Farbstoff des dunklen Sekretes löst sich in Alkohol und Glyzerin. Ueber seine genauere chemische Zusammensetzung ist wenig bekannt (vgl. unter H. perforatum). — Verlaubung von Hochblättern und Auftreten von Laubsprossen im Blütenstande, d. h. der Beginn einer Virescenz, ist bei H y p e r i c u m p e r f o r a t u m von M a s s a l o n g o beschrieben worden. Von H. a c u t u m kennt man auch das Herabrücken von Kelchblättern (Apostasie). Abweichungen in der gewohnten Anordnung der vegetativen Teile sind seltener. Solche wurden in der Blattstellung von H. Coris nachgewiesen. H. m a c u l a t u m zeigt mitunter an Stelle der Laubblattpaare 3»gliederige Laubblattquirle, H. p e r f o r a t u m ausserordentlich kleine Laubblättchen. Die oberen Laubblatt» paare schwellen durch Stiche der D a s y n e ü r a h y p e r i c i (Bremi) Rübs. zu geröteten Verdickungen oder zu kahnförmigen Aufblasungen an. G e o g r y t a B r a ü n i i (Handl.) Rübs., eine Mücke, verhindert das Oeffnen der unterirdischen Sprossknospen und wandelt sie in fleischige, gelbliche, lanzettliche Schuppenblätter um. Die Sprossachsen von H. perforatum zeigen durch Einstiche der Schildlaus A s t e r o l e c ä n i u m f i m b r i ä t u m Fons, spindelförmige Anschwellungen. Die in Mitteleuropa einheimischen Arten unterscheiden sich nach folgendem Schlüssel: 1. Zwergstrauch. Laubblätter lineal, nadelförmig, quirlständig, am Rande umgerollt. Einzig in Süd» tirol und in der N o r d s c h w e iz ........................................................................................................... H. C o r i s nr. 1901. 1*. Laubblätter nicht lineal, flach oder, wenn am Rande etwas umgerollt, dann enlänglich . . . 2. 2. Pflanze b e h a a r t...................................................................................................................................................... 3. 2*. Pflanze kahl, höchstens an den Hoch» und Kelchblättern fransig gew im p ert................................ 4. 3. Stengel aufrecht, 40 bis 100 cm hoch, mit länglich»eiförmigen oder elliptischen Laubblättern. Staubblätter nur am Grunde verwachsen. Kapsel 3 » fä c h e rig ........................................... H. h i r s u t u m nr. 1903. 3*. Stengel bis 40 cm lang, niederliegend oder aufsteigend, mit rundlich»eiförmigen, mit herzförmigem Grunde sitzenden Laubblättern. Staubblätter bis zur Mitte zu Je 5 in 3 Bündeln verwachsen. Kapsel 1»fächerig, subatlantisches G e b i e t ...................................................................................................................... H. H e l ö d e s nr. 1899. 4. Pflanze 1» bis mehrjährig. Stengel niederliegend, mit den Sprossenden aufsteigend, dünn, hohl, mit 2 Längsleisten. Staubblätter 15 bis 2 0 ............................................................................... H. h u m i f u s u m nr. 1902. 4*. Pflanze ausdauernd. Stengel aufrecht oder aus aufsteigendem Grunde aufrecht. Staubblätter über 2 0 ................................................................................................................................................................................. 5. 5. Kelchblätter gross, ungleich, bleibend und an der Frucht zurückgeschlagen. Staubblätter in 5 Bündeln. Frucht eine Beere. Nur in den Südalpen oder kultiviert . . H.A n d r o s a e m u m nr. 1901. 5*. Kelchblätter klein. Staubblätter in 3 Bündeln. Frucht eine K a p s e l ......................................................6. 6. Kelchblätter am Rande drüsig gewimpert oder g e z ä h n t .......................................................................... 7. 6*. Kelchblätter ganzrandig, nicht gefranst, selten mit einzelnen, unregelmässigenSägezähnen oder D rü se n ................................................................................................................................................................................................. 11. 7. Stengelblätter viel länger als die Stengelglieder, dicht dachig stehend, fest, auf der Fläche nicht oder nur spärlich durchscheinend punktiert, am Rande mit schwarzen Drüsenpunkten. Kelchblätter mit langen, die Breite der Kelchblätter an Länge übertreffenden, teilweise mit Drüsenköpfchen versehenen Fransen. Pflanze der S ü d a l p e n ...................................................................................................................................... H. R i e h e r i nr. 1910. 7*. Laubblätter meist kürzer als die Stengelglieder, durchscheinend punktiert, am Rande mit schwarzen Drüsenpunkten oder nicht oder sehr spärlich durchscheinend punktiert, dann aber mit über die ganze Fläche verteilten, schwarzen Drüsenpunkten (vgl. H. barbatum pag. 5 3 2 ) ........................................................................... 8.

509 8. Laubblätter nidit oder nur sehr spärlich durchscheinend punktiert, unterseits mit schwarzen Drüsen. Kelchblätter mit langen, die Breite der Kelchblätter an Länge übertreffenden, drüsenlosen Fransen (Fig. 2008 c). Einzig in Niederösterreich und in S teierm ark ........................................... H. b a r b a t u m nr. 1911. 8*. Laubblätter reichlich durchscheinend punktiert. Kelchblätter nicht gefranst; Länge der randständigen Stieldrüsen die Breite der Kelchblätter nicht erreichend (Fig. 2003 b ) ......................................................9. 9. Laubblätter herzförmig, an der Spitze abgerundet, am Rande ohne schwarze Drüsen. H. p u l c h r u m nr. 1907. 9*. Laubblätter am Rande mit schwarzen Drüsen, eiförmig, lanzettlich oder länglich, spitz oder stum pflich............................................................................................................................................................................................10. 10. Stengel stielrund. Laubblätter 2 bis 8 cm lang, kürzer als die Stengelglieder, eiförmig. H. m o n t a n u m nr. 1908. 10*. Stengel wenigstens im oberen Teil mit 2 Längsleisten. Laubblätter 1 bis 3,5 cm lang, meist so lang oder länger als die Stengelglieder, länglichdanzettlich. Zerstreut in Mitteldeutschland, in Böhmen, Mähren und N iederösterreich........................................................................................................................... H. e i e g a n s nr. 1906. 11. Stengel stielrund oder durch 2 Längsleisten kantig. Kelchblätter fein zugespitzt. H. p e r f o r a t u m nr. 1909. 11*. Stengel durch 4 Längsleisten kantig oder geflü gelt................................................................................ 12. 12. Stengel in der Regel 4»kantig. Kelchblätter stumpf, zuweilen einzelne spitz. H. m a c u l a t u m nr. 1904. 12*. Stengel 4-flügelig. Laubblätter halbstengelumfassend. Kelchblätter zugespitzt. H. a c u t u m nr. 1905.

1899. Hypericum Helödes 1) L. ( = Helodes palustris Spach, = Tripentas helodes Ascherson). S u m p f s j o h a n n i s k r a u t . Franz.: Elodes des marais. Fig. 1997 und 1998. Ausdauernde, abstehend flaumig behaarte, (6) 10 bis über 40 cm lange Pflanze mit spindel* förmiger, kriechender, verzweigter, an den Knoten wurzelnder Grundachse. Stengel aus nieder* liegendem Grunde aufsteigend, ein* fach oder ästig, stielrund, gefurcht, im unteren Teile kahl, weiter oben von abstehenden, weissen Haaren dicht zottig. Laubblätter rundlich*eiförmig, wenig länger als breit, mit undeut* lieh herzförmigem Grunde halb* stengelumfassend*sitzend, die oberen grösser als die unteren, alle fein durchscheinend punktiert, rauhhaarig, nur die untersten kahl. Blüten in 1* bis 10* (13*)blütigen Rispen, auf spärlich behaarten oder kahlen Stielen, ziemlich gross. Kelchblätter eiförmig oder länglich, 4 mm lang, spitzlich, häutig*nervig, ebenso wie die Deck* blätter am Rande rotdrüsig ge* wimpert (Fig. 1997 c). Kronblätter am Grunde mit zerschlitzter Schuppe, keil* förmig*verkehrt=eiförmig,ganzrandig, 3* bis 4*mal so lang wie die Kelchblätter, Fig. 1997. H y p e r ic u m H e lo d e s L. a Blühende Pflanze, b Überwinterter, im Frühling austreibender Stock, c Blüte. zitronengelb, mit grünen Nerven, nicht abfallend, nach dem Verblühen gedreht. Staubblätter kürzer als die Kronblätter, zu je 5 *) Abgeleitet von ehos [helos] = Sumpf. Die vielfadi angewandte Schreibweise E l o d e s entstammt der französischen Gewohnheit, den griechischen Spiritus asper unbeachtet zu lassen (vgl. H e l o d e a C a n a d e n s i s . Bd. I, pag. 160). Hegi , Flora. V, 1.

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510 in 3 Bündeln bis zur Mitte verwachsen; Staubbeuteldrüse gelb, zwischen den Bündeln je 1 sehr kleine, kronblattartige, 2=spaltige, dem Fruchtknoten anliegende Honigschuppe. Fruchtknoten 1'fächerig, 3'griffelig (Fig. 1997 c). Frucht eiförmig, wenig länger als der Kelch, 3=klappig aufspringend. Samen 0,8 mm lang, eiförmig, längsgefurcht. — V I bis VIII (XI). Nur stellenweise verbreitet und vereinzelt auf feuchten bis nassen, sandigen oder torfigen Böden in Heiden, in Torfstichen, in Gräben, an versumpften Ufern, auf stark feuchten Wiesen. Von der Ebene bis in die obere Bergstufe (in den Sevennen bis 1300 m). In D e u t s c h l a n d im Gebiete des Rheins bis zur W eser und versprengt im Elbegebiet im Bereich der Schwarzen Elster. In der Nähe des Mittelrheins bei Mossau im Odenwald, zwischen Messel, Offental und Ober»Rode nordöstlich Darmstadt, von Siegburg abwärts z. B. bei Siegburg, Troisdorf, Schlebusch, Leichlingen, Hilden (Hildener Heide, Vennhauser Sumpf), Düsseldorf, Krefeld, Oberhausen, Dinslaken, Wesel, Cleve, Emmerich, im Moselgebiet in den lothringischen Vogesentälern, und zwar im Gebiet der Mosel selbst und ausser« halb der Gebietsgrenze in dem der Vologne und Meurthe; im Maingebiet bei Hanau und im Lohrtal westlich von Heigenbrücken, früher bei Waldaschach bei Kissingen und bei Neuhütten j nördlich des Mains ausserdem im Büdingerwalde und bei Wächtersbach; im Ruhrgebiet bei Hagen (?), im Lippegebiet bei Dülmen und Lüdinghausen, an zahlreichen Orten im Gebiet der Ijssel und Vechte in der Rheinprovinz; in West« falen z. B. bei Bocholt, Burgsteinfurt und Ochtrup; in Hannover bei Bentheim, Schüttorf, Nordhorn und Neuenhaus; in den Gebieten der Roer und Niers vielfach, z. B. bei Gangelt, Geilenkirchen, Randerath, Heinsberg, Hüls, Geldern, Goch, Gennep; im Ems« gebiet zahlreich in der weiteren Umgebung von Münster, z. B. bei Rheda, Sassenberg, Warendorf, Drensteinfurt, bei Kattenvenne, Ladbergen, Saerbeck, Emsdetten, Rheine, im Randgebirge bei Tecklenburg, Ibbenbüren, nördlich davon strichweise häufig bis zum Ledagebiet (Edewecht, Zwischahn, Westerstede, östlich bis Neuenkirchen, Quakenbrück, Vechte); scheint in Ostfriesland zu fehlen; zwischen Rhein und Ems an mehreren Stellen in der Küstengegend; im Wesergebiet südlich bis Hille und Petershagen, ab» wärts bei Hunteburg, Lemförde, am Dümmer und bei Diepholz, Hude östlich Oldenburg, an der Aller bei Hannover und Celle; zwischen Ems und Weser bei Aurich und Jever-, im Gebiet der Schwarzen Elster mehrfach bei Hoyerswerda und Ruhland. — In O e s t e r r e i c h fraglich; angeblich in Oberöster« Fig. 1998. Verbreitung einiger H y p e ric u m -A rte n in Mitteleuropa. reich bei Neuhaus a. d. Donau und im Kienauer — • — • — Ostgrenze und versprengtes, östlichstes Vorkommen Torfstich bei Weissenbach am Walde im unteren von H. H e lo d e s L. — —» —•— Östgrenze von H. p u lc h r u m L. Mühlkreis. — In der S c h w e i z ganz fehlend. — -)- Verbreitung von H. e l e g a n s Stephan. Orig, von H. B e g e r .

Allgemeine Verbreitung: Westeuropa, nördlich bis Norddrland und WesbSchottland (Argyll), östlich bis Deutschland (Jever, Westerstede, Hude, Celle, Hannover, Diepholz, Wittlage, Münster, Düsseldorf, Bonn, Spessart, westliche Vogesen; versprengt bei Hoyerswerda) und Oberösterreich (?); ferner in Frankreich (mit Ausschluss des Jura, der Alpen und des mediterranen Gebietes), Italien (Ligurien, Toscana [selten]), Nord'Spanien (von Catalonien bis Galizien), Nord'Portugal; Azoren. Hypericum Helodes zählt gleich Isnardia palustris, Scutellaria minor, Wahlenbergia hederacea usw. zu den subatlantischen Arten. A. E n g l e r (Versuch einer Entwicklungsgeschichte . . .) bringt den Hygrophyten in Ver* bindung mit Meconopsís Cámbrica Vig., Hypericum linearifolium Vahl, Lavatera arbórea L., Erica arbórea L., E. cílíarís L., E. vagans L., E. mediterránea L., Pínguícula Lusítaníca L., Scilla verna Huds., Símethis bicolor Kunth, Asplenium lanceolatum, A. marinum Huds., Trichomanes radicans Sw. und Hymenophyllum Tunbrid» gense Sm., die im westlichen Mittelmeergebiet heimisch sind und die Eiszeit an den milden Gestaden des Atlantischen Ozeans überdauern konnten. Die Art ist der einzige Vertreter der Sektion Helödes. Die nächsten

511 Verwandten, die zur Sektion Elodda gehören, leben z. T. im atlantischen Nordamerika, eine Art, H. b r e v i » f l ö r u m Wall, in Khasia. Wie fast alle Wasserpflanzen ist auch dieser Hygrophyt in der Ausbildung seiner Vegetationsorgane stark von der Höhe des Wasserstandes abhängig. Die ihm am meisten zusagenden Ver» hältnisse findet er nach G l ü c k (Biologische und morphologische Untersuchungen über Wasser« und Sumpf« gewächse. 3. Teil, 1911) in seichtem Wasser, etwa in feuchten Gräben, am Ufer von Wasseransammlungen in Mooren und Torfstichen. Diese Seichtwasserform, die regelmässig überwintert, zeichnet sich durch eine lange kriechende Achse aus, die an den Stengelknoten aufrechte Aeste über das Wasser schickt, an denen die Luft« blätter (Folgeblätter) breit»eiförmig, beidseitig rauhhaarig und am Grunde oft schwach herzförmig ausgerandet sind. Die Blüten stehen in den Blattachseln in sehr schwach verzweigten Rispen von 2 bis 10 cm Länge und erreichen bei dieser Form ihre grösste Anzahl (4 bis 13). Die untergetauchte Form (f. s u b m d r s u m Glück) besitzt gegenüber den Luftsprossen stark verkleinerte, allerdings noch immer bis über 40 cm (83 cm) lange, aber fadendünne, stets vereinzelte und senkrecht im Wasser stehende, unverzweigte, kahle Sprosse mit kleinen, (*/»« bis '/«mal so gross wie die Luftblätter), schmäleren, zarteren und kahlen Laubblättern und gelangt in diesem Zustande nie zur Blüte. Die Landform ist als rückgebildete Seichtwasserform aufzufassen und entsteht in der Regel im Herbste, wenn der Wasserstand gesunken ist. Die Primärblattsprosse entwickeln wasserblatt« artige, aber kleinere Laubblätter und können wahrscheinlich überwintern. Die im nächsten Frühling erscheinenden Folgeblätter gleichen denen der submersen Form, sind aber kleiner. Auch die Blütenbildung erfolgt weniger reich» lieh. — August S c h u l z hebt hervor, dass die Art am häufigsten am Rande von Teichen, Tümpeln und Gräben mit ± schlammigem oder torfigem Sandboden, selten Lehm» oder Tonboden erscheint. Bei lang anhaltender Austrocknung der Wohnstätte pflegt die Pflanze zugrunde zu gehen, dagegen kurz anhaltende lieber» schwemmungen gut auszuhalten. Gegen wuchernde Begleiter ist sie stets im Nachteil und fällt dabei bald der Vernichtung anheim. Die Samen bleiben lange Zeit im Boden keimfähig erhalten und können unter passenden Umständen zur Entwicklung gelangen. Die Lausitz erreicht Hypericum Helodes zusammen mit Scirpus multi» caulis, Heliosciadium inundatum und Cicendia filiformis, die gleichfalls subatlantische Areale besitzen. Im Nordwestdeutschen Tiefland findet sich die Pflanze in fast stehenden, torfigen Wasserläufen gemeinschaftlich mit Sparganium affine, Ranunculus hederaceus, R. hololeucus, Potamogeton polygonifolius, Scirpus caespitosus, Myriophyllum alterniflorum, Heliosciadium inundatum usw. Bisweilen füllt sie auch allein grössere Torftümpel aus. R. L a u t e r b o r n (Die geographische und biologische Gliederung des Rheinstroms. Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Abt. B., 1918) erwähnt sie vom Niederrhein aus verschilften Moor» tümpeln, wo sie aber gleich ihren Begleitern Calla palustris, Carex limosa, Elisma natans, Litorella juncea und Myriophyllum alterniflorum seit einem Menschenalter in ständigem Rückgang begriffen ist. Im Lohrtal ober« halb Heigenbrücken (Spessart) wächst die Art in einem versumpften Wiesengraben zwischen Sphagnen, zusammen mit Drosera rotundifolia, Lotus uliginosus, Hypericum acutum, Hydrocotyle vulgaris, Vaccinium Oxycoccus usw. — In Gärten wird sie bisweilen in Wasseranlagen ausgesetzt.

1900.

Hypericum Androsaemum])

G a e rtn ., =

L.

(=

A n d ro s a e m u m

officinäle A ll.,

K o n rad sk rau t.

e n g l.:

v u lg ä re

T u tsan , p ark *leaves, allsaint’s= w o rt; i ta l.: A n d ro s e m o ,

cicilian a, erb a S an to L o re n z o , ru ta se lv a tica , e rb a san a. A u sd a u e rn d e r, G ru n d ach se.

30

bis

100 cm

S ten gel

h o h e r,

aufrecht,

k ah ler H alb strau ch

ästig,

m it

2

au fgesetztem Spitzchen, durchscheinend punktiert,

F ig . 1 9 9 9 . m it

L än gsleisten .

h alb sten gelu m fassen d , sitzend, herz=eiförm ig, selten er eidanzeltlich, led erig.

A.

F r a n z .: A n d ro s e m e , to u te sain e, tou te b o n n e , h e rb e ä tou s m a u x , so u v e ra in e ,

g ra n d m illepertuis en a rb u ste ;

w a g rech ter

=

H y p e ricu m b a e d fe ru m L a m .). M a n n s b l u t , Blutheil, G ru n d h eil, St. C äcilien k rau t,

v e rh o lz te r,

ästiger,

L au b b lätter

g a n z ra n d ig ,

g ro ss,

stum pf,

m it

oberseits frischgrün, unterseits bläulichgrün,

B lü ten gross, au f k u rzen Stielen, in en d stän d ig en , arm b lü tig en T ru g d o ld en .

Kelch*

blätter ungleich, gross, eiförm ig o d e r länglich*eiförm ig, g a n z ra n d ig , unterseits spärlich drüsig p u nktiert, an d er reifen F ru ch t zurü ck g eschlag en. stum pf, gelb.

S tau b b lätter in (5*)

K ro n b lätter eiförm ig, 2 ,5

10* bis 25*zäh ligen B ü n d eln ,

b lätter, o h n e sch w arze D rü sen a n d en S tau b b eu teln .

Griffel 3 ,

bis 3 c m la n g ,

etw as lä n g e r als die K rön* k ü rz e r als d er F ru ch tk n o ten .

F ru ch t ein e k u gelige o d e r k u gelig*eiförm ige, 6 bis 7 m m la n g e B e e re , durch die v o rsp rin g e n d e n *) A n d r o s a e m u m wird abgeleitet vom griech. ccvii(> (a.ner), Gen. dvöqis [andrös] = Mann und alfia [haima] = Blut, also Menschenblut; der Name bezieht sich auf die Farbe des Saftes der Pflanze oder der noch nickt völlig reifen Frucht.

235

'

512 Plazenten unvollständig 3*fädierig (Fig. 1999 c), nicht aufspringend, schwarz. Samen gekielt, unregelmässig grubig gestreift. — V I bis VIII. Im Gebiete sehr zerstreut und selten und vielleicht nur verwildert und eingebürgert in feuchten Gebüschen der Ebene und der Bergstufe. In D e u t s c h l a n d wild vollständig fehlend; 1880 bis 1889 bei Heidelberg verwildert. — In O e s t e r r e i c h in Untersteiermark bei Radkersburg und Ankenstein (nach H a y e k wohl nur verwildert); angeblich auch in Krain und in Südtirol (nach D a l l a T o r r e und S a r n t h e i n beruhen die Angaben von Rovereto wahrscheinlich auf Irrtum). — In der S c h w e i z im südlichen Teile des Kantons Tessin am Lago Maggiore (Verbano) bei Moscia und Brissago, am Luganer See (Cerisio) bei Lugano, Sorengo, Melide, Vico Morcote, Ponte Tresa, Pugerna, Monte Caprino, zwischen Campione und Bissone, Mendrisio, von Chiasso bis Pedrinate und wohl noch-an anderen Orten in der Umgebung der beiden Seen. — Nicht selten im ganzen Gebiet in Botanischen Gärten, in Anlagen, in Felsgruppen und in Ziergärten gepflanzt.

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Europa: Atlantisches Gebiet von Irland, Kanablnseln, Belgien, WesbFrankreich, Portugal, Spanien, Italien, Südschweiz, Kroatien; Kaukasus, Klein« asien, NorcPPersien; Algerien, Tunis; verwildert in Chile (zwischen Lebu und Canete). Hypericum Androsaemum gehört dem mediterran-atlantischen Elemente an und stellt gleichzeitig das einzige Glied der Untersektion Euandrosaemum dar, die mit der Untersektion Pseudoandrosaemum die Sektion Androsaemum bildet. Das Verbreitungsgebiet der wenigen hierher gehörigen Arten, u. a. H. hircinum L., zieht sich vom Kaukasus und dem westlichen Mittelmeerbecken bis zu den Kanaren und bis zu den Azoren und greift nach Nordamerika bis nach Kalifornien über. Die natürlichen Standorte von H. Androsaemum liegen in ozeanischen Gebieten mit starker Nebelbildung. Im nordatlantischen Spanien tritt die schöne Pflanze in schattigen Gebüschen von Ilex aquifolium, Cistus salvifolius, Sam» bucus nigra und S. Ebulus, Ligustrum vulgare und Evonymus latifolia, zusammen mit Digitalis purpurea, Melittis Melissophyllum, Wahlen» bergia hederacea, Hesperis matronalis, Litho» spermum officinale usw. auf ( Wi l l k o m m) . Im Kaukasus zählt sie zu den Begleitern der urwaldartigen kolchischen Mengwälder, von deren kleineren Sträuchern und Halbsträuchern ausser unserer Art A. En gl e r (Ueber die Vege» tationsverhältnisse des Kaukasus, 1913) Ame» lanchier vulgaris, Cotoneaster vulgaris, C.Fonta« nesii Spach, Rubus Idaeus, Rosa Gallica, Cytisus biflorus, Ruscus aculeatus, R. hypophyllum L., Andrachne Colchica Fisch, et Mey., Hypericum ramosissimum Ledeb., Daphne Pontica L., a Blühender Spross. Fig. 1999. H y p e r ic u m A n d r o s a e m u m L. Jasminum fruticans L. und Vaccinium arcto» b Fruchtender Spross, c Querschnitt durch die Frucht. staphylos L. nennt. — In Mitteleuropa wurde die Art das erstemal in den vermutlich der ersten Zwischeneiszeit angehörenden Tonen von Tegelen an der Maas nachgewiesen, wo mit ihr zusammen Hypericum perforatum und H. pulchrum, Melissa officinalis, Physalis Alkekengi, Vitis vinifera, Magnolia kobus, Pterocarya Caucasica usw. vorkamen. Dennoch ist ihre gegenwärtige Ursprünglichkeit in Oesterreich und in der Südschweiz nicht ganz sichergestellt; vielmehr dürfte sie dort als alter Kulturftüchtling aufzufassen sein, zumal sie im Mittelalter als Zier» und Heilpflanze (zur Bereitung von Wund« tränken und Wundsalben) gehalten wurde. Für das Jahr 1597 ist ihr Anbau im Botanischen Garten der Fürstbischöfe von Eichstätt nachgewiesen. Im Herbar von R o s t i u s aus dem Jahre 1610 liegt sie unter dem Namen Antro semon oder box biren. Z w i n g e r gibt in seinem Kräuterbuch vom Jahre 1696 an, dass sie in Flandern und Italien angebaut werde, dagegen auf Sizilien und in England wild wachse. In Schlesien wurde sie in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts in Gärten kultiviert.

513 1901. Hypericum Cöris1) L. ( = H. verticillätum Lam.). N a d e l * J o h a n n i s k r a u t . Franz.: Coris jaune; ital.j Cori.

Taf. 183, Fig. 2 ; Fig. 2000 und Fig. 1995b und c.

Ausdauernder, (10) 15 bis 40 (60) cm hoher, kahler Kleinstrauch mit spindelförmiger, ästiger Wurzel und ästigem Erdstock. Stengel mehrere, neben fruchtbaren auch unfruchtbare, einfach oder vom Grunde aus ästig verzweigt, aufsteigend, stielrund, hohl, am Grunde mit wirtelig stehenden, 3*eckig*eiförmigen, etwa 1 mm langen Niederblattschuppen. Laubblätter zu 3 bis 5 wirtelig stehend, nadelförmig, lineal, stumpflich, mit kurzem, aufgesetztem Spitzchen, kurz gestielt, sehr fein durchscheinend punktiert, unterseits bläulichgrün, oberseits frischgrün, am Rande zurückgerollt. Blüten in lockeren, armblütigen Rispen. Hochblätter am Rande mit schwärzlichen Drüsen. Kelchblätter lam zeitlich bis elliptisch, etwa 3 mm lang, schwarzdrüsig gezähnt, vorn abgerundet. Kronblätter länglich, etwa 9 bis 10 mm lang, reingelb oder hin und wieder mit rötlichen Streifen. Staubblätter kürzer als die Krön* blätter. Griffel 3, etwa 3*mal so lang wie der Fruchtknoten. Kapsel eiförmig, etwa 6 bis 8 mm lang, mit dicken, schräg ver* laufenden Harzgängen. Samen 6 bis 10 in jedem Fach, papillös, braun. — VI bis VIII. Zerstreut, doch stellenweise reichlich, an sonnigen, trockenen, felsigen Kalkhängen, in Felsspalten, selten an Mauern. Von der Ebene bis in die subalpine Stufe; am Col de Tende in den Seealpen bis gegen 2000 m. Fehlt in D e u t s c h l a n d . — In O e s t e r » r e i c h nur in Südtirol in Judikarien am Idrosee bei Bondo (mehrfach), am Doss Brione bei Riva, ober» halb Bolognano bei A rco (140 bis 280 m), um Rovereto bei Drö gegen den Monte Stivo, bei Garniga, oberhalb Cei gegen die Becca und gegen Prä dell’ Albi, bei Castelcorne. — In der S c h w e i z einzig im oberen Linth», Sihl» und Reuss» gebiete: im Linthtal bei Bilten, am Wiggis, Alp Morgenholz bei Niedurnen (von W. R is 1909 ent» Fig‘ 20oa HL?e, ri Cum C° rif t ™ aPelle ain Vier’ deckt), zwischen Mollis und Netstal ob Riedern» Glarus und Föhmen bei Schwanden, im Muottatal und dessen Ausgang gegen Sdiwyz, an den beiden Mythen, am Gibel, von Illgau bis Muottatal, auf Lipplisbühl, Platte bei Wasserberg, im Bisital, Rätschtal, Loch» weiden, an der Guggerenfluh und am Wändli hinter Studen, am Vierwaldstättersee beim Kindli, Morschadi, am Axen, Mythenstein, bei Seelisberg, an der Schwandfluh bei Emmetten, ob Bauen, bei Isleten, am Gitschen, Hochweg, Rosenbergli bei Stans.

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Am Nordhang der Alpen im Reuss*, Sihl* und Linth* gebiet, am Südhang in Südtirol, in den norditalienischen Alpen, in den Seealpen, in den Basses Alpes und im Departement Var (südlich bis Montrieux), in den Apenninen südlich bis Mittel* italien, Korsika? Hypericum Coris gehört dem südalpinen Elemente an. Seine nächsten Verwandten, H. linearifolium Vahl, H. empetrifolium Willd., H. ericoides L. und H. galiifolium Rupr., mit denen zusammen H. Coris innerhalb *) Der Name findet sich bereits bei D i o s k u r i d e s .

514 der Sektion Euhypericum die Subsektion Coridium bildet, bewohnen das Mittelmeergebiet bis zum Kaukasus. Der kleine, zierliche Strauch ist ein echter, ausgesprochener Xerophyt mit linealen, umgerollten Laub» blättern, der festverankert mit grosser Vorliebe in wenig breiten Fugen sonniger, heisser Kalkfelsen nistet. Am Urner See findet er sich an solchen Orten zusammen mit Asplénium Ruta muraria, Stipa Lasia» grostis, Kernera saxatilis, Potentilla caulescens, Fumana ericoides, Sedum album und S. Hispanicum, Laserpitium Siler, Hieracium sp. Auf breiteren Felsbändern findet er sich neben kümmerlichen Kiefern oder lockerem Gebüsch nach C h r i s t gemeinsam mit Asplénium Adiantum nigrum, Stipa pennata, Carex humilis, Lilium bulbiferum, Allium sphaerocephalum, Vicia Cracca subsp. Gerardi, Coronilla Emerus, Colutea arborescens, Geranium sanguineum und anderen wärmeliebenden Arten. In Kultur ist er seit 1690.

1902. Hypericum humifüsum1) L.

Erd*Johanniskraut. Taf. 183, Fig. 1} Fig. 2001.

Franz.: Millepertuis couché.

Einjährige bis ausdauernde, meist kahle Pflanze mit spindeliger, reichlich verästelter, gelblicher Wurzel und meist kurzer, holziger, wagrechter Grundachse. Stengel ausgebreitet, niederliegend, 3 bis 35 cm lang, am Grunde oft wurzelnd, an der Spitze meist aufsteigend, selten aufrecht, 2*kantig, selten ganz stielrund, hohl. Laub» blätter sitzend oder sehr kurz gestielt, eiförmig oder länglich*eiförmig bis ellip* tisch * lanzettlich, stumpf, ganzrandig, am Rande nicht oder nur sehr wenig umgerollt, blaugrün, auf der Fläche meist durch* scheinend punktiert, am Fig. 2001. H y p e r ic u m h u m ifu su m L., fruchtend. Locker begraster Waldweg (Mischwald auf schwach lehmigem Boden) im Dahlemer Holz bei Neuenwalde (Kreis Lehe). Rande mit schwarzen Phot. Dr. loh. M a ttf e ld , Berlin. Punkten. Blüten in arm* blütigen Trugdolden, meist 5*zählig. Kelchblätter ungleich, 3 grössere, eiförmige, stumpfe oder kurz zugespitzte und 2 kleinere, lanzettliche, alle ganzrandig oder schwach drüsig gezähnelt. Kronblätter 5 bis 7 mm lang, die Kelchblätter nur wenig überragend, schmal verkehrt*eilänglich, hellgelb bis weisslichgelb, am Rande mit schwarzen Drüsen. Staubblätter 15 bis 20, kürzer als die Kronblätter. Kapsel eiförmig, etwa 5 mm lang, wenig länger als der Kelch, mit harzerfüllten Längsstreifen. Samen zylindrisch, an beiden Enden kurz zugespitzt, warzig gestreift, 0,5 bis 0,6 mm lang, dunkelbraun. — VI bis IX. Ziemlich verbreitet und vielfach in Menge auf Torf», feuchtem Sand* oder Lehm* boden : an offenen Stellen in Mooren, an Gräben, auf sandigen und mergeligen Aeckern, an Wegrändern, auf Weiden, seltener in feuchten Fettwiesen, bisweilen herdenweise an lichten Stellen in Laub* und Nadelwäldern, an Waldrändern und auf Waldschlägen (hier unbeständig). Von der Ebene bis in die montane Stufe: in Tirol und Steiermark bis 1200 m, in Bayern nach V o l l m a n n angeblich bis 1800 m (Druckfehler?), am Rachel bis 730 m, in der Schweiz in der Adulagruppe bis etwa 1550 m. In D e u t s c h l a n d meist häufig, aber in den Alpen zerstreut (Oberstdorf, Benediktenwand, Schliersee [auf Flysch], Gindelalm, Oberaudorf, Reichenhall, Berchtesgaden), ebenso im Jura, am Niederrhein und in manchen anderen Teilen der Norddeutschen Tiefebene, in Schleswig»Holstein unbeständig, auf den Friesischen Inseln, sowie J) Bei J u n g e r m a n n (1615) als Hypericum supinum gldbrum Bauhin geführt.

515 im nördlichen Ostpreussen ganz fehlend. — In O e s t e r r e i c h im Urgesteinsgebiet von Böhmen, Mähren und Niederösterreich verbreitet, im Voralpengebiet, den Alpen und der Kalkzone Mährens zerstreut. — In der S c h w e i z im Jura und in den Alpen zerstreut, im Mittellande ziemlich verbreitet.

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Europa, nördlich bis England, Dänemark, Schonen, Blekinge, Smäland, Estland, W ilna; gemässigtes Asien bis Japan; Makaronesien, Südafrika. Die Art zeigt folgende Gliederungi var. t y p i c u m Bede. Kelchblätter ganzrandig, einzelne hie und da mit spärlichen grünen Zähnchen; schwarze Drüsen an den Zähnchen fehlend. Verbreitet. — var. d e c ü m b e n s Peterm. ( = H. humifusum L. var. radicans Neyr.). Pflanze kräftiger. Stengel bis 35 cm lang. Kelchblätter mit spärlichen schwarzen Drüsenköpfen. Verbreitet. — var. L i o t t ä r d i (Vill.) Car. et St. Lager. Pflanze 1« bis 2»jährig. Stengel aufrecht, oft einfach, armblätterig, 3 bis 6 cm hoch. Kelch und Krone 4«zählig, seltener 5-zählig. Staubblätter 10 bis 15. Zerstreut, stellenweise verbreitet, so im Bayerischen Keupergebiet und in Nord» Hannover im Marschkreise Staade, besonders auf trockenem Sand» und Torfboden aufAeckern, bisweilen auch an Ruderaistellen. — f. a r e n ä r i u m F. A. Noväk. Kelchblätter ungleich, stumpf, dicht schwarzdrüsig. Kapseln einfarbig. Staubblätter drüsenlos (Böhmen). Hypericum humifusum ist der einzige Vertreter der zur Sektion Euhypericum zählenden Untersektion Oligostéma und besitzt eine fast kosmopolitische Verbreitung. Die ihr nächst verwandte Untersektion Olympia ist südosteuropäisch»kleinasiatisch. Die Art findet sich sowohl auf feuchten wie auf trockenen Unterlagen, scheint aber nicht gern auf Kalk zu wachsen und die Gebiete mit kontinentalem Klima zu meiden. In der Norddeutschen Heide ist die oft zierliche Pflanze nach P. G r a e b n e r bisweilen in Menge auf sandigem Grunde anzutreffen, kann aber vielfach auch plötzlich von altbesiedelten Orten verschwinden. In den Calluna» Heiden auf diluvialen Sanden sind ihre Begleiter Moose wie Ceratodon purpureus, Polytrichum juniperinum und Hypnum Schreberi, ferner Sieglingia decümbens, Molinia caerulea, Weingaertneria canescens, Carex arenaria, C. ericetorum, Rumex Acetosella, Calluna vulgaris, Empetrum nigrum usw. Ueber die Begleitflora in Sandfluren vgl. die Angabe über die Besiedelung des Tertiärhügels bei Wolnzach unter Aira caryophyllea (Bd. 1, pag. 241). In dicht geschlossenen Gesellschaften vermag sie sich nicht zu halten, tritt dafür aber in grossen Herden auf frischen Torfstichen mit Agrostis canina, A. alba, Trifolium spadiceum usw. oder nach B u c h e n a u auf durch Verletzungen entstandenen offenen Böden, z. B. Maulwurfshaufen, auf. Sehr häufig erscheint sie apophytisch auf sandigen und feuchten Aeckern und Brachen. Auf Stoppelfeldern Nordostdeutschlands trifft man dann mit hr nach A b r o m e i t etwa Alchemilla arvensis, Centunculus minimus, Radiola linoides, Gypsophila muralis, Juncus capitatus usw. In forstlichen Pflanzgärten, auch in manchen Botanischen Gärten ist sie ihrer Kleinheit und ihrer starken Vermehrung wegen ein äusserst lästiges und schwer zu beseitigendes Unkraut. Die Blüten gelangen bisweilen schon während der Vollblüte zur Selbstbestäubung. Regelmässig soll nach K n u t h eine Pollen» Übertragung innerhalb derselben Blüte bei sich schliessenden Blüten zu beobachten sein. Auch bei ungünstiger Witterung, bei der sich die Blüten nicht öffnen, soll nach K e r n e r spontane Selbstbestäubung eintreten. Hin und wieder sind die Gipfelblüten 4»zählig. Kraut und Blüten waren ehedem als Heilmittel im Gebrauch; die Blüten färben und riechen wie jene von Hypericum perforatum.

1903« Hypericum hirsütum L. ( = F r a n z .: M illepertuis hérissé.

H. villösum Crantz).

A u sd a u e rn d e , 4 0 bis 1 0 0 (1 4 4 ) c m m it

sp in d elförm iger W u rz e l.

S ten gel

sp rin gen d , a m G ru n d e w u rzeln d ,

Behaartes Johanniskraut.

Taf. 1 8 4 , F ig . 1 ; F ig . 2 0 0 2 u n d F ig . 1 9 9 6 d u n d e. aus

h ohe,

dicht k u rzh aarig e, m e h rste n g e lig e P flan ze

ein em

k u rzen ,

ästigen

Erdstode

w a g re ch t

ent»

d an n aufrecht, einfach o d e r kurzästig, stielrund, dicht k u rz

u n d k rau s b e h a a rt, im nich tb lü h end en Z u stan d e a m G ru n d e m it N ied erb lättern .

L au b b lätter

se h r

am

k u rz

gestielt,

g e w im p ert,

eiförm ig

durchscheinend

oder

länglich*eiförm ig,

punktiert,

ohne

lo ck erem ,

p y ram id en fö rm ig e m

lanzettlich

o d e r lanzettlich, spitzlich, e tw a 4

D rü sen

i

dicht k u rzh aarig ,

sch w arze D rü sen ,

B lü ten stan d e,

g e w im p ert, auf d e r U n terseite

stum pf,

au f

b e h a a rte n

bis 5 m m reichlich

unterseits

Stielen.

la n g ,

heller.

K elchblätter

durch sch w arze,

k u rzh aarig .

K ro n b lätter

8

R an d e

B lü ten in länglich»

k urzgestielte bis

11 m m

la n g , eilänglich, sch m ab zu n g en fö rm ig , an d e r Spitze m it w e n ig e n sch w arzen D rü sen , bleichgelb bis gold gelb . la n g , 1 bis

S tau b b lätter w en ig

k ü rz e r als die K ro n b lätter.

m it h arzfü h ren d en L än gsstreifen . 1 ,2 m m

— V I bis VIII.

lan g ,

von

S am en

in L ä n g sre ih e n

zylindrisch,

a n g e o rd n e te n

K apsel eiförm ig, e tw a 8 m m an

b eiden

P apillen

ra u h ,

Enden

ab g eru n d et,

h ellziegelro tb rau n .

516 Ziemlich verbreitet und stellenweise in grosser Menge, seltener nur vereinzelt in lichten Laubwäldern, Gebüschen, an Waldrändern, auf Waldschlägen, in Schluchten, Hecken, auf schattigen Wiesen, an Gräben. Von der Ebene bis in die montane Stufe: in Bayern bis 860 m, im Schweizer Jura bis 1600 m. Mit Vorliebe auf Kalkboden. In Mittel« und Süd « D e u t s c h l a n d meist verbreitet, doch in den höheren, aus Urgesteinen be« stehenden Mittelgebirgen zerstreut (z. B. im Schwarzwald, im Bayerischen und Oberpfälzer Wald, Fichtelgebirge, Harz, in den Thüringischen Gebirgen, im höheren Erzgebirge); in der Norddeutschen Tiefebene meist nur zerstreut: in Ostfriesland und im Emslande ganz fehlend, ebenso in grossen Teilen des Nordostdeutschen Flachlandes, in Schleswig-Holstein von Ahrensburg über Oldesloe und Lübeck im östlichen Gebiet (besonders an Steilküsten), um Kiel und Eckernförde fehlend; in Mecklenburg nur bei Dassow; im Elbe« und Odergebiet sehr zerstreut, in Pommern bei Altdamm (1916 von F. R ö m e r entdeckt), in West« preussen früher bei Danzig, häufiger im nördlichen Ostpreussen östlich von Insterburg, namentlich im Instergebiete. — ln O e s t e r « r e i c h nur in Böhmen, Nieder Österreich, Vorarlberg und Krain verbreitet, sonst zerstreut und streckenweise ganz fehlend, wie z. B. in grossen Teilen der Zentralalpen (so im Unterinntal, bei Kitzbühel, Meran wie überhaupt im Vintschgau), in Südtirol sehr zerstreut, in der Umgebung von Trient fehlend. — In der S c h w e i z im Jura verbreitet, im Mittelland zerstreut und stellenweise ganz fehlend, in den Kalkvoralpen ziemlich verbreitet (fehlt Appenzell), im zentral« und südalpinen Gebiete sehr zerstreut und auf weiten Strichen fehlend, in Graubünden z. B. nur bei Thusis und Seewis, im Urgesteinsgebiet des Kantons Uri fehlend, im Tessin nur im Süden, im Wallis nur bei Vionnaz, Murac und angeblich (?) bei Sitten.

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Europa mit Ausschluss des äussersten Südostens und Südwestens, nördlich bis zu den Britischen Inseln, Holland (sehr selten), Nordwestdeutschland, Dänemark, Skandinavien (bis zu den Lofoten [68° 13' nördl. Breite], Mittel* Schweden, Aland, Abo, Oesel, Moon), Estland, Pleskau; Sibirien, Kaukasus, Dsungarei, Armenien; Nordwest* Afrika. Aendert ab: f. l a t i f ö l i u m Beckhaus ( = var. mäjus F. Ger). Schattenform mit breiteren und grösseren, 4 bis 6 cm langen Laubblättern. — f. c o n g e s t u m Bor. Blütenrispe dicht gedrängt, eiförmig. — var. p s e u d o m o n t ä n u m Murr. Stengelblätter spärlicher, breit«eiförmig, an der Spitze abgerundet. Seiten« zweige zu kurzen Blattbüscheln rückgebildet. Kronblätter grösser, bleicher. Kelchblätter länger, mit länger gestielten Drüsen. In der Tracht an Hypericum montanum erinnernd. Im Vorarlberg verbreitet, z. B. an der Bregenzer Ache, Hard, Klaus, Göfnerwald; in Liechtenstein bei Vaduz. Hypericum hirsutum gehört dem eurosibirischen montanen Florenelemente an. Seine nächsten Verwandten, H. p r u i n ä t u m Boiss. et Bai. und H. K o t s c h y ä n u m Boiss., die mit ihm zusammen die Untersektion Homotaenium der Sektion Euhypericum bilden, treten in Vorderasien auf. Im allgemeinen bevorzugt die Pflanze feuchte, Hz schattige Standorte auf kalkhaltiger Unterlage, ist aber an keine besondere Pflanzengesellschaft gebunden. Gern tritt dieser Hemikryptophyt in Laubmischwäldern aus Eiche, Hainbuche und Winterlinde auf, gemeinschaftlich mit Potentilla erecta, Geum urbanum, Trifolium alpestre, Cytisus nigricans, Lathyrus niger und L. vernus, Astragalus glycyphyllos, Pulmonaria officinalis, Melampyrum nemorosum (so nach H a y e k z. B. in den Sudeten). Sehr ähnliche Begleiter besitzt die Pflanze nach D r u d e auch im Her« zynischen Florenbezirke in der „Formation der gemischten Laubhölzer und Buschgehölze“. In Buchenhochwäldern und in anderen Berglaubwäldern ist sie meist seltener. In Auenwäldern erscheint sie zusammen mit Paris quadrifolius, Galeobdolon luteum, Epilobium hirsutum, Phyteuma spicatum, Senecio Fuchsü. Nicht selten findet sie sich auch auf Waldschlägen und Schonungen, so z. B. bei Starnberg (Fig. 2002) zusammen mit Dactylis glomerata, Lathyrus pratensis, Vicia sepium, Pimpinella magna, Aegopodium Podagraria, Epilobium anguslifolium, Cirsium arvense, C. lanceolatum und C. oleraceum (H egi), bisweilen auch gemeinsam mit anderen Hypericum»Arten, z. B. H. perforatum, H. pulchrum und H. humifusum.

517 1904.

Hypericum maculatum Crantz ( = H. quadrängulum auct. non Crantz nec auct. brit). G e f l e c k t e s J o h a n n i s k r a u t .

Fig. 2003, 2004 und 2005.

Ausdauernde, 20 bis 60 cm hohe, kahle Pflanze mit vergänglicher, ästiger, spindeliger Wurzel und kurzer, wagrechter, ästiger, ausläuferartige Sprosse treibender Grundachse. Stengel aufrecht oder aufsteigend, einfach oder im oberen Teile ästig, durch 4 Leisten 4*kantig (Fig. 2003 b), seltener ohne Leisten, bisweilen schwarz punktiert (Fig. 2003 c). Laubblätter sitzend, + breibeiförmig bis elliptisch, gegen den Grund abgerundet, vorn stumpf, ganzrandig, am Rande, bisweilen auch auf der Fläche mit schwarzen Drüsenpunkten, aber meist nicht oder spärlich, selten reichlich durchscheinend punktiert, oberseits dunkelgrün und meist dicht netz* aderig, auf der Unterseite hellgrün (Fig. 2003 c). Blüten etwa 20 bis 30 mm im Durchmesser, auf schwarzdrüsigen Stielen, in meist armblü* tigen, einfachen oder zusammengesetzten Trauben. Kelchblätter elliptisch, stumpf oder etwas zugespitzt, so lang bis l 1/2*mal so lang wie der Fruchtknoten, ganzrandig oder an der Spitze stark buchtig gezähnt, am Rande und auf der Unterseite, seltener auch auf der Oberseite mit nur hellen oder hellen und dunklen, punktförmigen oder punkt* und strichförmigen Drüsen. Kronblätter eiförmig*rundlich, etwa 10 bis 11 mm lang, goldgelb, am Rande mit oder ohne schwarze Drüsen* punkte, auf der Fläche mit nur hellen oder mit hellen und dunklen, punktförmigen oder punkt* und strichförmigen Drüsen (Fig. 2003 e). Staubblätter viele (bis 100), 2/3 bis fast so lang wie die Kronblätter. Fruchtknoten breibeiförmig, etwa 9 (10) mm lang, reichlich mit schmalen, grösstenteils strichförmigen Längsleisten; Griffel 1* bis 2*mal so lang wie der Fruchtknoten (Fig. 2003 f). Samen zylindrisch, 0,8 bis 1,2 mm lang, an beiden Enden stumpf, feinwarzig, hell* bis dunkel* braun (Fig. 2003 g). — VI bis IX. Eine sehr vielgestaltige Art, deren Glieder z. T. ökologisch verschiedenes Verhalten zeigen, z. T. geographisch getrennt (sowohl horizontal, als auch vertikal) auftreten und d: feuchte Unterlagen aller A rt: Wälder, Gebüsche, Legföhrenbestände, Hochstaudenfluren, Wald* wiesen und Waldschläge, Sumpfwiesen, Flachmoore, Gräben, feuchte Weiden usw. von der Ebene bis in die alpine Stufe (am Rachel bis 1330 m, in den Bayerischen Alpen bis 1800 m, im Neuenburger Jura bis 1550 m, in Tirol bis 2100 m, im Wallis bis 2300 m, in Grau* 1 bünden bis 2650 m [Schanfigg]) besiedeln. Fig. 2003. H y p e ric u m m a c u A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Ganz Europa ausser dem la tu m Crantz. a Habitus. b Stengelaus chnitt. c Laubblatt. äussersten Südosten, nördlich bis Irland, MittebEngland, Skandinavien: d Blüte, e Kelchblatt. / Kapsel. g Samen. Hindö (68° 2 2 ' nördl. Breite), Jämtland, Nord*Onega, Imandra*Land (Umba); West*Sibirien. Hypericum maculatum umfasst folgende Unterarten: I. subsp. e u » m a c u l ä t u m Schinz et Thellung (— H. maculatum Crantz subsp. typicum Fröhlich, = H. dübium Leers, = H. Delphinense Vill., = H. obtüsum Moench, = H. quadrängulum auct. plur.). Laubblätter mit unterseits sehr dichtem, durchscheinendem, Verhältnis» mässig stark hervortretendem Nervennetz, fast ohne oder mit zahlreichen hellen Drüsenpunkten. Blüten 20 bis 25 mm im Durchmesser. Kelchblätter verhältnismässig kurz, so lang wie der Fruchtknoten, sehr breit, stumpf oder etwas spitz, mit meist unmerklich gezähnter Spitze und sehr feinen, hellen und dunklen punkt» förmigen Drüsen. Kronblätter etwa 10 mm lang, ganzrandig, auf der Fläche mit strich» und punktförmigen, sehr feinen, meist dunklen Drüsen, am Rand meist drüsenlos. Staubblätter */s bis fast so lang wie die Kronblätter. Griffel etwa so lang wie der Fruchtknoten. Fruchtwand mit zahlreichen schmalen, strich förmigen Drüsen. Samen nur etwa 0,8 mm lang, gelblich» bis grünlichbraun. Die verbreitetste Form in Mitteleuropa, in den

Q.0ot> i¿Vi 2 y

i

& B**-

r

518 Alpen vornehmlich hochmontan bis alpin (in Bayern bis 1800 m, in Graubünden bis 2650 m). Zerfällt ín¡ 1. var. g e n úí nu m (Schinz) Fröhlich. Laubblätter ohne oder fast ohne durchsichtige Punkte. Häufig. — 2. var. p u n c t ä t u m (Schinz) Fröhlich ( = H. commutätum Nolte). Laubblätter mit vielen durchscheinenden Punkten. Selten. Beide Varietäten können auf Grund ihrer Laubblattform weiterhin gegliedert werden in f. r o t u n d i f ö l i u m (Fröhlich). Laubblätter sehr breit, fast kreisrund. — f. a n g u s t í f öl u m Fröhlich. Laubblätter sehr schmal.— f. g l ä b r u m Fröhlich. Stengel fast ohne Leisten. So namentlich bei der var. punctätum. — f. s u b n e r v ö s u m Fröhlich. Nervennetz der Laubblätter unterseits weitmaschig. — f. l üt eum Fröhlich. Kronblätter ohne oder mit nur hellen Drüsen. — II. subsp. i m m a c u l ä t u m (Murb.) Fröhlich ( = H. quadrangulum Crantz var. immaculatum Murb.). Laubblätter mit dichter durchscheinender Netznervatur, mit oder ohne helle Drüsenpunkte. Kelchblätter breit« eiförmig, stumpf oder etwas spitz, meist mit unmerklich gezähnter Spitze und, wie die Kronblätter, mit vielen, sehr feinen, nur hellen punkt« und strichförmigen Drüsen. Bisher nur in der montanen bis alpinen Stufe der Balkangebirge nachgewiesen. — III. subsp. o b t u s í ú s c u l u m Fröhlich ( = subsp. obtusiusculum [Tourlet] Hayek z. T., = subsp. erösum [Schinz] Fröhlich z. T.). Pflanze höher, reichlicher verzweigt. Zwischenstengel« glieder länger als bei subsp. eu«maculatum. Nebenleisten meist deutlich, seltener fehlend. Laubblätter breiter oder schmäler elliptisch, reichlich helldrüsig punktiert oder fast ohne Drüsenpunkte; Nervennetz Verhältnis« mässig weniger dicht, durchscheinend. Blüten meist grösser als bei subsp. eu«maculatum, 25 bis 30 mm im Durchmesser. Kelchblätter meist sehr breit, eiförmig oder ei»länglich, stumpf oder mehr spitz, mit meist stark buchtig gezähnter Spitze und mit nur hellen oder hellen und dunklen, punkt« und strichförmigen Drüsen. Kronblätter in der Regel nur an einem Rande etwas gekerbt und schwarz drüsig punktiert, auf der Fläche mit nur hellen oder hellen und dunklen, vorwiegend lang strichförmigen Drüsen in geringer Zahl. Staubblätter */* bis fast so lang wie der Fruchtknoten. Griffel so lang bis doppelt so lang wie der Fruchtknoten. Drüsen der Fruchtwand verhältnismässig wenige, breiter und von mehr wechselnder Länge als bei subsp. eu»maculatum. Samen etwa 1 bis 1,2 mm lang, hell» bis dunkelbraun. Von der Ebene bis in die Bergstufe. So namentlich in Südde ut s c hl a nd und in der S c h we i z ; in O e s t e r r e i c h bisher nur für Krain nachgewiesen, aber zweifellos weiter verbreitet; ausserdem in Frankreich. Gliedert sich in: 1. var. i n p e r f o r ä t u m (Tourlet) Fröhlich ( = var. epunctatum Schinz). Laubblätter ohne Drüsenpunkte. Häufig.— 2. var. p e r f o r ä t u m (Tourlet) Fröhlich ( = var. punctätum Schinz). Laubblätter mit durchsichtigen Drüsenpunkten. Selten. — f. l a t í s é p a l u m Fröhlich. Kelchblätter sehr breit, fast rundlich«eiförmig, gezähnt, häufig mit fast nur hellen Drüsen. — f. l ü c i d u m Fröhlich. Kronblätter mit hellen Drüsen. — f. n i g r u m Fröhlich. Kelch» und Kronblätter mit dunklen Drüsen« punkten und Strichen. — IV. subsp. S t y r i a c u m Fröhlich ( = subsp. obtusíúsculum [Tourlet] Hayek z. T., = subsp. erösum [Schinz] Fröhlich z. T.). Stengel scharf 4»kantig. Laubblätter meist dicht durchscheinend netz» aderig, meist sehr wenig drüsig punktiert. Kelchblätter sehr breit, oft fast rundlich, verhältnismässig gross, vorn stumpf, gezähnt, wie die Kronblätter spärlich dunkel und reichlich hell gestrichelt und punktiert. Bisher nur im Hügellande und in der unteren montanen Stufe in Steiermark nachgewiesen. — V. subsp. D e s e t ä n g s i i (Tourlet) Fröhlich ( = subsp. Desetängsii [Lamotte] Tourlet z. T., = H. perforatum L. var. latifölium Gaudin, = H. íntermédíum Bellynck, = H. perforatum x H. quadrangulum O. Kuntze, = H. maculatum X perforatum Fröhlich). Pflanze 30 bis 100 cm hoch. Stengel oberwärts reichlich verzweigt. Laubblätter länglich»oval, ungestielt, fein und zart helldrüsig punktiert; Nervennetz meist sehr locker, durchscheinend; die oberen vom Stengel abgebogen, nicht hängend. Kelchblätter breiter oder schmäler lineaManzettlich oder länglich«lineal, spitz oder zugespitzt, mit feiner Haarspitze, ebenso wie die Kronblätter spärlich schwarz punktiert. Kronblätter etwa 12 bis 15 mm lang, etwa von der Grösse derer von H. perforatum. Blütezeit später als bei subsp. eu»maculatum. In der Ebene und im Hügelland auf Sumpfwiesen, Mooren, an Gräben. In D e u t s c h l a n d in Bayern z. B. bei Peterhof, Glonn, im Leutstettener Moor, München gegen Föhring, bei Spiegelau; in Württemberg beim Bad Boll, südlich Göppingen, Donnstetten; in Baden bei Köndringen, Buchheim, Denzlingen, Freiburg, Günterstal, Ravennaschlucht hinter Höllsteig, Hinterzarten, Titisee ¡ in der S c h w e i z sehr verbreitet bis in die Bergstufe, am Untersee z. B. bei Gottlieben, Triboltingen, Wollmatinger Ried, im Wallis bei Sitten; im Solothurner Jura z. B. viel häufiger als subsp. eu«maculatum, in Arosa (Graubünden) einmal eingeschleppt bei 1840 m ; in O e s t e r r e i c h bisher nur in Salzburg nachgewiesen; in Europa ausserdem in Spanien, Frankreich, Belgien, England und Italien. — VI. subsp. D e s e t a n g s i i f ö r m e Fröhlich ( = subsp. Desetängsii [Lamotte] Tourlet z. T.). Unterscheidet sich von der vorhergehenden durch oberseits etwas runzelige, auffällig am Stengel herab» geschlagene, mitunter angedrückte Laubblätter mit zahlreichen, grösseren, auf beiden Seiten mehr hervortretenden und in ein meist ziemlich dichtes, durchscheinendes Nervennetz eingebetteten Drüsen. Kelchblätter im Durchschnitt breiter und nur wenig spitz und ebenso wie die Kronblätter reichlich schwarzdrüsig punktiert. Nur in Steiermark, dort aber an Waldrändern und in Wiesen der Ebene und des Hügellandes nicht selten, z. B. bei Stübing, Judendorf, Göeting, St. Martin, Puntigam, Strassgang, Doblbad, Wundschuh, Maria Trost, Stiftingtal, Ragnitztal, Raabtal (Gleisdorf). Aendert a b : var. a p o r ö s u m Fröhlich. Laubblätter nur mit spärlichen oder ganz fehlenden Drüsenpunkten. Selten auf feuchten Wiesen an Waldrändern bei Maria Trost bei Graz.

519 Die systematische Bewertung der vom Monographen der Gruppe, A. F r ö h l i c h , als Unterarten bezeichneten Sippen ist nicht über jeden Zweifel erhaben und wird namentlich dadurch erschwert, dass diese Sippen einesteils formenreich und z. T. durch Zwischenglieder untereinander verbunden sind, andernteils nicht selten Kreuzungen mit Hypericum acutum und H. perforatum eingehen. Ferner sollen auch noch nichthybride Annähe» rungsformen, namentlich bei der ersteren Art, auftreten, während sich auch Hypericum perforatum durch ihre var. latifolia dem Hypericum maculatum nähert. Bereits die dem typischen H. maculatum subsp. eu»maculatum nahestehende subsp. obtusiusculum zeigt mischkörnige Pollenkörner. Die subsp. Desetangsü ist noch am meisten umstritten. Auch sie besitzt mischkörnigen Pollen und ist bereits ihrer Tracht wegen vielfach als Kreuzung angesehen worden. Nach der Zu» sammenstellung von A. T h e l l u n g (Ueber ein verkanntes Hypericum der Flora Süddeutschlands [Hypericum Desetangsü Lamotte], 1912) sehen La s c h, O. K u n t z e , F o c k e und (früher auch) F r ö h l i c h diese Unterart als Bastard zwischen Hypericum maculatum und H. perforatum an, M i c h a 1e t als solchen zwischen Hypericum acutum und H. perforatumj B r ü g g e r erklärte sie z. T. gleichfalls als Mischling dieser beiden Verbindungsmöglichkeiten, z. T. als Bastard zwischen Hypericum acutum und H. maculatum. Eine Reihe anderer Autoren dagegen erblicken in ihr eine eigene Art, die entweder zwischen H. perforatum und H. maculatum oder H. maculatum und H. acutum zu stellen sei, bald eine Varietät oder Unterart einer der zwei letztgenannten Arten. Durch die Form und feine Punktierung der Laubblätter, sowie durch die kleinen gelben Blüten erscheint eine Kreuzung zwischen Hypericum acutum und H. maculatum am wenigstens wahrschein» lieh, zumal sichere, von Desetangsü deutlich verschiedene Bastarde dieser Verbindung bekannt sind. Mischlings» natur zwischen Hypericum maculatum und H. perforatum ist eher in Betracht zu ziehen, weil die subsp. Desetangsü wenigstens in Frankreich und in der Schweiz fast ausschliesslich in Gesellschaft dieser beiden Arten aufzutreten pflegt. Doch sind die Kelchblätter bei beiden Arten schmäler als bei der in Frage stehenden kritischen Form. Dennoch glaubte auch F r ö h l i c h ursprünglich eine solche Stellung annehmen zu müssen. Dagegen haben T o u r 1e t und später T h e l l u n g Bedenken geltend gemacht. Die Möglichkeit einer hybridogenen Abstammung wird dabei aber nicht durchwegs abgelehnt, vielmehr wird an Circaea intermedia, Menta ver» ticillata und M. villosa erinnert, die mit grosser Wahrscheinlichkeit als konstant gewordene Abkömmlinge ursprünglicher Bastarde zu betrachten sind. Die subsp. Desetangsü bewohnt vorzugsweise Sumpfwiesen der Ebene und der unteren Bergstufe. Der Schwerpunkt der Verbreitung der subsp. eu»maculatum liegt in den Alpen in der subalpinen und alpinen Stufe und zwar namentlich auf Jh trockenen Böden (Alpenweiden, in lichten Wäldern usw.), in Nord« und Mitteldeutschland ebenfalls auf trockenen Unterlagen, aber ohne Ausprägung bestimmter Höhenstufen. Die subsp. obtusiusculum nimmt sowohl in Bezug auf die morphologischen Verhältnisse als auch auf die Höhenstufe eine Mittelstellung zwischen den zuvorgenannten Unterarten ein. Neuerdings hat F r ö h l i c h im Gebiete der mitteleuropäischen Flora noch die weiteren Unterarten D e s e t a n g s i i f o r m e und S t y r i a c u m unterschieden, zu denen im Balkan noch die subsp. i m m a c u l a t u m tritt. Die subsp. Dese» tangsüforme steht zwischen subsp. eu»maculatum und subsp. obtusiusculum, die subsp. Styriacum zwischen subsp. obtusiusculum und subsp. immaculatum. Hinsichtlich der vertikalen und horizontalen Verbreitung der verschiedenen Sippen ergibt sich auf Grund der gegenwärtigen Kenntnisse folgendes Bild: subalpimalpin in den Alpen und ohne Höhengliederung im nördlicheren Gebiete und verbreitet im ganzen Verbreitungs»Areal ist •die subsp. eu»maculatum; die Ebenen« und Hügelform im weiteren Bereiche des westlichen Alpenzuges (etwa bis

520 Salzburg) ist subsp. Desetangsii, die des Ostens (bisher nur als eng begrenzter Neo«Endemismus von Steiermark bekannt) subsp. Desetangsiiforme. Für die montane Stufe erscheint eine horizontale Gliederung insofern nicht streng durchführbar, als die subsp. o b t u s i u s c u l u m sowohl im Osten (Krain) als auch im Westen (allgemein) auftritt, während der Osten bisher nur in Steiermark durch die subsp. Styriacum ausgezeichnet ist. Die subsp. eu»maculatum tritt im Herzynischen Florenbezirk nach D r u d e namentlich in den etwa über 400 m gelegenen, durch Avena pratensis und A. pubescens, Alopecurus pratensis, Luzula multiflora, Agrostis canina, Meum athamanticum, Trollius Europaeus, Arnica montana, Centaurea pseudophrygia, Crepis succisifolia und Phyteuma orbiculare ausgezeichneten Bergwiesen auf. In den norddeutschen Erica Tetralix« Heiden mit vorherrschendem Juncus squarrosus erscheint sie öfters in grösserer Menge an grasigen Stellen mit Scirpus caespitosus, Eriophorum vaginatum, Carex pilulifera, Salix«Arten, Polygala depressa, Gentiana Pneumonanthe, Pedicularis silvatica usw. (G r a e b n e r ) . Im Alpengebiet findet sie sich in der Regel in Trisetum flavescens« und in mittelfeuchten Agrostis tenuis.Fettwiesen. Im Schanfigg gehört sie bisweilen zu den Begleitern des Delphinietums elati, einer Hochstaudenflur, die auf gefestigten Grobgeröllhalden als Pionier« Verein dem Alpenerlengebüsch vorausgeht und in der sich Aconitum Vulparia, Adenostyles glabra, Carduus Personata, Cerinthe glabra, Chaerophyllum hirsutum, Laserpitium latifolium, Valeriana montana, Petasites niveus, Gentiana asclepiadea als die bezeich» westalpin ostalpin nendsten Vertreter vor» finden ( B e g e r ) : In Pinus subalpin»alpin montana«Gebüschen am Wie» eu»ma culatum (im Norden nicht vertikal gegliedert) ner Schneeberg zeigen sich in der Gesellschaft dieser Unter» montan obtusius» Styriacum »culum art Betonica Alopecurus, (in den Alpen i. w. S.) Carduus defloratus, Astran« tia major, Helianthemum Ebene und collin Desetangsii Desetangsiiforme (in den Alpen i. w. S.) vulgare, Achillea Millefolium, Senecio Fuchsii und Pimpi» Fig. 2005. Horizontale und vertikale Gliederung der Unterarten von H y p e ric u m m a c u l a t u m nella major (Hegt). Oeko« Crantz in Mitteleuropa. logisch fast kongruent wächst sie auch unter Legföhren am Torrenerjoch bei Berchtesgaden. — Die subsp. Desetangsii gehört zu den ± bezeichnenden Gliedern der Molinietum»Serie, erscheint auf feuchten Böden, auf denen sich Molinia caerulea bereits in grösseren Mengen eingestellt hat oder an Grabenrändern und hält sich im Molinietum, bis dieses durch das Aufkommen von Rhamnus Frangula, Salix cinerea und S. aurita, Betula verrucosa u. a. Bäume und Sträucher in einen Auenwald übergeführt wird. Bei Glattfelden unweit Zürich wurde die Unterart in der Endphase des Molinietums mit folgenden wichtigeren Arten beobachtet: Iris Sibirica, Allium angulosum, Selinum carvifolium, Pulicaria dysenterica, Thalictrum flavum und var. exaltatum, Sanguisorba officinalis, Serratula tinctoria, Parnassia palustris, Menta aquatica, Gentiana Pneumonanthe, Succisa pratensis, Epipactis palustris, Galium verum, Cirsium oleraceum, Spiraea Ulmaria, Gymnadenia odoratissima, massenhaft Molinia caerulea und weniger Deschampsia caespitosa (Beger).

1905* Hypericum acütum n o n L .).

M o e n c h l)

(=

H . te trä p te ru m F ries, =

Flügelsjohanniskraut.

H . q u a d rä n g u lu m C ra n tz

F ig . 2 0 0 6 u n d 1 9 9 6 f .

A u sd a u e rn d e , (15) 2 0 bis 7 0 c m h o h e , k ahle P flanze m it k u rzleb iger, sp in d elförm iger, ästiger H au p tw u rzel u n d treib en d em W u rzelstock .

ästigem , w a g re ch te m ,

v iele d ü n n e,

la n g e

unterirdische A u släu fer

Sten gel aufrecht, ästig, durch 2 H aup tleisten u n d 2 w en ig sch w äch ere

N eb en leisten 4*kantig o d e r geflügelt (Fig. 2 0 0 6 b), h o h l, an d en K an ten m it sch w arzen D rü se n (Fig. 2 0 0 6 b). L au b b lätter eiförm ig bis b reitselliptisch, m it b reitem G ru n d e halbstengelum fassend, sitzend, stu m p f o d e r selten er spitz, g an zran d ig , se h r fein u n d dicht durchscheinend punktiert, mit spärlichen, schw ürzen, sitzenden D rü sen (Fig. 2 0 0 6 c). B lü ten in dichten, zu sam m en g esetzten T ru g d old en . Kelchzipfel schm aM anzettlich, zugespitzt, etw a 4 bis 5 m m lan g , g an zran d ig , m it hellen, punkt* u n d strich förm igen und spärlichen sch w arzen , p u n k tfö rm igen D rü sen (Fig. 2 0 0 6 d). K ro n b lätter 7 bis 8 m m lang, elliptisch, a m R an d e au f ein er Seite m eist etw as g ek erb t, auf d er Fläch e m it hellen, g e g e n

die Spitze zu m it dunklen

D rü sen

(Fig. 2 0 0 6 f).

S tau b b lätter

*) H o f f m a n n bezeichnet die Art 1622 als Hypericum ascyrum variegatum sive aureum.

521

etwa 30 bis 40 (60), gleich lang wie die Kronblätter oder wenig kürzer als der Fruchtknoten. Frucht eiförmig bis schmabeiförmig, spitz, etwa doppelt so lang wie der Kelch, mit strich* förmigen Drüsenleisten. Samen ziemlich zahlreich, zylindrisch, 0,8 bis 1,1 mm lang und 0,3 mm breit, dunkelbraun, feinwarzig. — VII bis VIII (IX). Verbreitet und meist häufig auf dl feuchten Unterlagen aller A rt: auf Waldwiesen, in Ufergebüschen, an Gräben, Bächen, quelligen Orten, in Flachmooren, an Seeufern, in feuchten Hecken, Weinbergen, auf Gänseangern. Von der Ebene bis in die untere montane Stufe: im Jura bis 750 m, in den Bayerischen Alpen bis 810 m, in Tirol im Oberinntal bis 1050 m, im Val Blegno bis 900 m, im Wallis bis etwa 1300 m 1). In D e u t s c h l a n d meist nicht selten, aber in den höheren Mittelgebirgen, im Jura und am Nieder» rhein meist nur sehr zerstreut, auf den Nordseednseln ganz fehlend, aber z. B. in Schleswig»Holstein nicht selten. — In O e s t e r r e i c h verbreitet in Salzburg, Ober» und Niederösterreich, Böhmen, Steiermark und Krain, zerstreut in Mähren, Schlesien, in Vorarlberg und Kärnten, in Tirol ziemlich zerstreut und stellenweise ganz fehlend, so im Lechgebiet, im Bezirk Kitzbühel und im Pustertal. — In der S c h w e i z im Mittelland und im Jura verbreitet, in den Alpentälern ziemlich zerstreut.

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Europa; Sibirien, Vorderasien; N ordwest*Afrika. Aendert wenig ab: f. h ú m í l e Boenningh. Stengel kaum 20 cm hoch, wenig geflügelt, nur im oberen Teile kurzästig. Auf Lehmboden. Aus Westfalen angegeben. — f. p ä t u l u m Böen» ningh.- Stengel von unten auf langästig. Laubblätter elliptisch. Blüten wenig dicht stehend. In Gebüschen. Aus Westfalen angegeben. Nach F r ö h l i c h ist auch die Breite und die Deut» lichkeit der Netznervatur der Laubblätter, die Breite der Kelch» blätter, die Zahl der schwarzen Randdrüsen an denselben und die Stärke der Ausbildung der Leisten an den Fruchtwänden grossen Schwankungen unterworfen. Hypericum acutum ist ein europäisch =mediterranes .Element. Am häufigsten tritt die Pflanze in feuchten, von Erlen und Pappeln durchsetzten Weidengebüschen auf, zusammen mit Caltha palustris, Cicuta virosa, Peucedanum palustre, Angélica sílvestrís, Filipéndula Ulmaría, Lythrum Salicaria, Epílobíum hír» sutum und E. palustre, Scrophularía nodosa, Solanum Dulcamara, Lysímachía vulgaris, Symphytum offícínale usw. In norddeutschen Waldheiden mischt sie sich mit Aspidium montanum, Blechnum spícant, Platanthera bifolia, Trifolium medium, Scrophularía nodosa, Bídens trípartítus, Centaurea Jacea, Origanum vulgare u. a. und bevorzugt dabei buschige Stellen. In Molinia»Beständen erscheint sie im Schanfigg (Kt. Graubünden) z. B. gemeinsam mit Festuca arundinacea, Juncus glaucus und J. artículatus, Epílobíum parvi» florum, Eupatorium cannabinum, GaliumMollugo subsp. elatum, G. verum, Convolvulus sepíum, Rhínanthus mínor, Crepís paludosa, Helleborine palustris usw. Auf den Alluvionen grösserer Flüsse stellt sie sich am Saume von Erlenwäldern zusammen mit Equi» setum limosum, Sparganium erectum, Glyceria plicata, Montia rivularís, Stellaría uliginosa und S. aquatica, Caltha palustris, tus. b Stengelausschnitt, c Laubblatt, d Kelchblatt. Nasturtíum offícínale, Cardamine amara, Verónica Beccabunga u. a. e Kelch. / Kronblatt. feuchtigkeitsliebenden Pflanzen ein. — Die Samen keimen nach K i n z e l nur im Lichte und nach langer Ruhezeit. — Die Blüten verhalten sich blütenbiologisch wie diejenigen von H. perforatum. Nach K i r c h n e r ist aber an offenen Blüten eine freiwillige Selbstbestäubung unmöglich. Als Ueberträger der Pollen wurden Nitiduliden, Fliegen und Syrphiden festgestellt. — Stöcke mit tetramerem Kelch x) Auf einer Verwechslung beruht wohl die Angabe von M u r i t h von Planards im Wallis bei 1930 m.

522 und Krone sind von C a m u s beobachtet worden. — Zoocecidien werden durch die Stiche von T h e c o d i p l ö s i s g i a r d i ä n a Kieff. hervorgerufen. Pilzbefall wurde bisher nur durch die fast alle Hypericum»Arten befallende E r y s i b e p o l y g o n i DC. festgestellt.

1906. Hypericum elegans Stephan ( = H. Kohliänum Sprengt.). k r a u t . Fig. 2007 und Fig. 1998.

Zierliches Johannis*

Ausdauernde, 15 bis 40 cm hohe, kahle Pflanze mit langer, spindelförmiger, ästiger Wurzel und reichästigem Erdstock, teils dünne unfruchtbare Sprosse, teils blühende Stengel treibend. Stengel am Grunde kurz wagrecht kriechend oder aufrecht, im unteren Teile stielrund, im oberen mit 2, meist reichlich schwarzdrüsigen Leisten, einfach oder kurzästig. Laubblätter länglich* lanzettlich (Fig. 2007 e), mit halbstengelumfassendem Grunde sitzend, meist so lang oder länger als die Stengelglieder, die unteren an der Spitze abgerundet, die oberen dl zugespitzt, am Rande etwas umgerollt und meist spärlich schwarz punktiert, auf der Fläche reichlich durchscheinend punktiert, selten mit ver* einzelten schwarzen Drüsenpunkten. Hochblätter teilweise zugespitzt und gefranst. Blüten in lockeren Rispen. Kelchblätter eilanzettlich, spitz, etwa 5 mm lang, auf den Flächen reichlich helldrüsig, nicht oder nur sehr spärlich schwarzdrüsig, am Rande mit kurzen, die Breite der Kelchblätter an Breite nicht übertreffenden Drüsenfransen, bleibend (Fig. 2007 c). Kronblätter etwa 10 bis 12 mm lang, sdiief*verkehrt*eilanzettlich, am Rande mit schwarzen Drüsenpunkten, hellgoldgelb; Staubbeutel mit einer schwarzen Drüse zwischen den Staubbeutelfächern (Fig. 2007 d). Frucht eiförmig, etwa 7 mm lang, mit linealen, blasigen Drüsen. Samen länglich, etwa 1 mm lang, fein längsstreifig* punktiert, braun. — VI, VII. Meist vereinzelt an trockenen, sonnigen Orten, vorzugsweise auf kalkiger Unterlage, aber auch auf Sandstein, Keuper und Gips auf mageren Wiesen, Weiden und an-Felsen, apophytisch auch in Wein* bergen und Kiesgruben. Von der Ebene bis in die untere Bergstufe. In D e u t s c h l a n d (Fig. 1998) bei Bennstedt unweit Halle an der Saale und bei Eisleben; in Thüringen z. B. bei Mertendorf bei Naumburg, Erfurt (Schellenburg bei Kühnhausen, Gerichtsfeld bei Gebesee, Schrotheim, an der Schallenburg und an der Landstrasse Schallenburg»Gramme»Mühle, bei Erfurt.Nord auch verschleppt), bei Wendelstein a. U., am Frevel bei Allstedt, Nebra, Frankenhausen, Tennstedt, Kickeiberg bei Schwarza (westlich Suhl); in Hessen bei Odernheim (linksrheinisch!); früher auch am Tosmarberg bei Hildesheim und verschleppt bei Königsberg in Ostpreussen. — In O e s t e r r e i c h in Böhmen bei Karlstein, Sfbsk bei Beraun, Georgsberg, Lobositz, Leitmeritz und Budin; in Mähren bei Cejtsch, Austerlitz (zwischen Ottnitz und Koberitz); in Niederösterreich hinter Stein bei Krems. — Fehlt in der S c h w e i z .

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Mittel*Deutschland, Tsdiedioslowakei, Oesterreich, Galizien, Ungarn, Banat, Kroatien, Transsylvanien, Südwest* und Süd*Russland *, Sibirien bis zum Altai. Hypericum elegans ist eine sarmatisch«südsibirische Steppenpflanze, die hohe Sommertemperaturen erfordert, aber kalte Winter gut verträgt und im Saalebezirk, Thüringen und Hessen ihre nordwestliche Grenze findet. Neben Prunus fruticosa, Quercus pubescens, Poa Badensis, Gagea saxatilis, Astragalüs exscapus und A. Danicus, Oxytropis pilosa, Seseli Hippomarathrum usw. ist sie nach D r u d e eine der sehr

523 bezeichnenden Pflanzen der erstgenannten beiden Landschaften. Sie besiedelt trockene, grasige Hügel von xerothermem Charakter und erscheint in Böhmen z. B. zusammen mit Brachypodium pinnatum, Stipa pennata und S. capillata, Melica Transsylvanica, Thesium Linophyllum, Chondrilla juncea, Inula hirta, Anemone patens, Erysimum crepidifolium, Bupleurum falcatum usw. ( Domi n) . In Weinbergen bei Krems gedeiht sie mit Reseda Phyteuma, Rosa Jundzillü und R. Kremsensis. In den Prunus fruticosa»Gebüschen Galiziens und der Bukowina entwickelt sie sich nach H a y e k im überaus artenreichen, kräuterreichen Unterwuchs neben Aconitum Anthora subsp. Jacquini, Seseli annuum, Gentiana ciliata, Nepeta Pannonica, Phlomis tuberosa, Adenophora liliifolia, Carlina Simplex, Waldsteinia geoides, Euphorbia tristis usw. Oestlich der Strypa tritt sie auch in die Steppen ein, bei Bilcze und Cygan unweit Borszczow z. B. zu Avena compressa, Melica altissima, Muscari comosum, Asparagus tenuifolius, Oxytropis pilosa, Astragalus Austriacus, Crepis rigida, Hieracium virosum und anderen südöstlichen Arten gesellt. — Auf Grund des zerstückelten Verbreitungs» gebietes in Mitteleuropa, das gewisse Aehnlichkeit mit dem von Erysimum crepidifolium und Seseli Hippomarathrum besitzt, und auf Grund der Tatsache, dass die Samen durch keinerlei Verbreitungs«Einrichtungen aus» gezeichnet sind, so dass Verschleppungen durch Zugvögel auf Entfernungen bis zu 500 km — wie dies dann bei den beiden Vorkommen bei Krems in Nieder» Österreich und Odenheim südlich von Mannheim der Fall sein müsste — als äusserst fraglich erscheinen, äussert August S c h u l z die Anschauung, dass H. elegans während einer der wärmeren Zwischeneiszeiten schritt» weise von Ungarn her nach Mitteleuropa gelangt sei und zwar vermutlich teils über Böhmen und dann längs der Oder oder Elbe, z. T. auch längs der Donau. Durch klimatische Rückschläge sei die Art später wieder an vielen Orten ausgestorben, so dass dadurch ihre gegenwärtige Arealfigur entstanden sei. Die Art ist eng mit H. p u l c h r u m und H. m o n t a n u m verwandt und bildet mit noch weiteren 8 Arten einen engeren zur Untersektion Homotaenmm zählenden Artenschwarm, der zumeist im westlichen Eurasien, mit einzelnen Arten auch im Himalaya, in Südafrika und in Mexiko lebt.

1907« Hypericum pülchrum L. ( = H. amplexicäule Gilib.). Hei de® J o h a n n i s k r a u t . Engl.: Small upright St. John’s wort. Fig. 2008 und Fig. 1998. Ausdauernde, (15) 20 bis 60 (100) cm hohe, kahle Pflanze mit spindeliger, ästiger, ausdauernder Wurzel und kurzem, niederliegendem oder aufrechtem, reichästigem Erdstock; neben blühenden Stengeln auch unfruchtbare Sprosse treibend. Stengel aufrecht oder aufsteigend, einfach oder ästig, stielrund, hohl, oft rötlich überlaufen. Läubblätter des Hauptstengels kreuz® weise gegenständig, 3*eckig*herzförmig, stumpf, mit breitem, halbstengelumfassendem Grunde sitzend, mit sich deckenden Oehrchen, durchscheinend punktiert, oberseits grün, unterseits blaugrün, am Grunde knorpelig (Fig. 2008 d); Laubblätter der nichtblühenden Sprosse, der Stengeläste und des untersten Stengelteils länglich®eiförmig, sonst wie die übrigen. Blüten auf Fig. 2008. H y p e r ic u m p u lc h ru m JL . langen Stielen, in lockerer, schmaler, langgestreckter Rispe. a, a\ Habitus, b Kelch, c Krönblatt. ct Laubblatt. Kelchblätter verkehrt®eiförmig, etwa 3 mm lang, stumpf, am Rande mit gestielten oder sitzenden, schwarzen Drüsen, nicht abfallend (Fig. 2008 b). Krön® blätter länglich*lanzettlich, 8 bis 9 mm lang, 3® bis 4®mal so lang wie die Kelchblätter, am Rande mit sitzenden und ± deutlich gestielten, schwarzroten Drüsen, goldgelb, oft rötlich überlaufen (Fig. 2008 c); Staubblätter wenig kürzer als die Kronblätter; Staubbeutel gelbrot. Griffel etwa 4 mm lang. Kapsel etwa 6 mm lang, eiförmig. Samen eilänglich, etwa 0,5 mm lang, hellbraun, fein papillös»rauh. — VII bis IX. Meist einzeln oder in kleinen Gruppen auf kalkarmen Böden, gern auf Sand: in trockenen Nadel® (bes. Kiefern®) und Laubwäldern, Zwergstrauch* und Grasheiden, an Waldrändern, seltener

524 auch in Strassengräben. Vorzugsweise in der collinen und unteren Bergstufe: in den Vogesen bis etwa 1000 m. Kieselhold. In D e u t s c h l a n d häufig im Westen und Süd westen: Vogesen, Pfälzer Bergland, Schwarzwald, im Bergland des unteren Neckars, Mains, Mittelrheins und seiner Nebenflüsse, weniger häufig in den an die Nordwestdeutsche Tiefebene angrenzenden Bergländern, zerstreut im Jura, am Oberrhein und in der Nord» deutschen Tiefebene bis etwa östlich der Elbe, auf den NordseeJnseln fehlend, verbreitet wieder in Schleswig« Holstein (im Geestgebiet, vereinzelt im Hügelland). Die Ostgrenze (Fig. 1998) verläuft in Deutschland vom Hohentwiel auf die Schwäbische Hochebene, nach Leutkirch, Memmingen, Schorren bei Füssen, Augsburg nach Eggstädt am Chiemsee, im Jura bis zum Veldensteiner Forst, greift über den Neckar und zieht über die Umgebung von Bayreuth (Rot bei Sackdilling, Thurnau, Vierzehnheiligen, Lichtenfels) in das nördliche Westsachsen (Nossen, Oschatz) und das Elbsandsteingebirge, tritt nach Böhmen (Fugau bei Löbau, Schluckenau [früher] und Mähren [zwischen Cejtsch und Cejkowitz] über, erscheint wieder in Schlesien bei Geiersberg, bei Rengersdorf, Hammerwald bei Klein»Kotzenau und Görlitz und zieht nordwärts nach Lübben, Luckau, Klötze, Havelberg, Ludwigslust, Schwerin und Ratzeburg. Oestlich dieser Linie tritt die Art nur verschleppt oder verwildert auf, so in Westpreussen bei Karlsberg unweit Oliva. — In O e s t e r r e i c h in Böhmen und Mähren (s. o.), angeblich nach F l e i s c h m a n n (1853) in Untersteiermark bei Cilli und Tüffer und in Krain südlich von Laibach (nach H a y e k in beiden Ländern sehr zweifelhaft; die Angaben beruhen wahrscheinlich auf Verwechslungen mit H. montanum). — In der S c h w e i z nur im nördlichen Teile ziemlich verbreitet, östlich bis zum Mont Sion bei Genf (ausserhalb der Gebietsgrenze), dann im Jura südlich von Biel (nicht am Creux du Van) eintretend mit der östlichen Grenze bei Entlibuch (Kt. Luzern), Geissboden (Kt. Zug, früher), Hohe Rone, dann bei Rheinfelden, Lenzburg, Baden, Boppelsen, Dielsdorf, Winterthur, Klettgau (Kt. Schaffhausen) zum Hohentwiel überleitend.

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Westeuropa, nördlich bis Irland, Shetlands*Inseln, Norwegen, östlich bis zur Nordseite des Drontheimer Fjords, Tvedestrand, Larvik, Halland, Bohus, Dänemark, Mecklenburg, Brandenburg, Schlesien, Mähren, Nordböhmen, Fränkischer Jura, Slappigen Laubblätter die Lanze, die Ranken die Geissein, die weisse Farbe die Unschuld des Erlösers. Andere verglichen den Strahlenkranz mit einem Glorienschein, die 5=lappigen Laubblätter mit den Händen der Feinde, die 10 Blütenhüllblätter mit den 10 Aposteln. Die beiden fehlenden Apostel sollen Petrus und Judas sein. Ehedem soll diese Wunderblume das Sinnbild des 1644 zur Förderung der Reinheit der Deutschen Sprache (vorzüglich in der Reimkunst) gestifteten „gekrönten Blumenordens“ der sogen. „Pegnitzer Hirtengesellschaft“ gewesen sein. — Nicht allzu selten kann bei dieser und anderen Arten eine zentrale Durchwachsung der Blüte, die zu einer Doppelfrucht führt, beobachtet werden; ebenso können die Ovarien oben offen sein und längs der Carpellränder Samenanlagen und Antheren tragen. Ausser P. caerulea werden in Europa noch gelegentlich in Kultur angetroffen: P. v i t i f ö l i a H. B. et Kunth ( = P. sanguinea Sm., = Tacsönia Buchanänü Lern.). Laubblätter herzförmig»dreilappig. Blüten 8 bis 15 cm breit, prächtig rotorange oder scharlachrot mit scharlachroter, weiss punktierter Nebenkrone. — P. i n c a r n a t a L. Laubblätter tief

660 3 »teílíg mit grobgesägten, flaumigen Abschnitten.

Blüten weiss und blassrötlich mit violettpurpurner Neben» kröne. Ueberwintert wie P. caerulea in milden, frostfreien Lagen im Freien. Seit 1609 in Europa bekannt. P. v i o l á c e a Veil. Laubblätter kahl, tief 3 =lappig. Blüten 8 bis 11 cm breit, violett, mit violettweisser Nebenkrone. — P. r a c e m ö s a Brot. Laubblätter vielgestaltig, ungeteilt bis 3 »lappig, fast schildförmig, lederig. Blüten 8 bis 12 cm breit, Scharlach» bis dunkelrot, mit dunkelblauer Nebenkrone, zu langen, traubigen Blüten» ständen vereinigt. — P. R a d d í á n a DC. ( = P. kermesina Link et Otto). Laubblätter bis zur Mitte 3»lappig, unterseits weinrot bis violettpurpurn. Blüten karmesinrot, mit ziemlich langröhriger, violetter Nebenkrone. — P. q u a d r a n g u l á r í s L. Stengel häutig»4 »kantig. Blüten etwa 11 cm breit, vanilleartig riechend, weiss, innen rosarot; Nebenkrone weiss, purpurn und violett gescheckt. Wurzel giftig. — Seltener sind anzutreffen: P. s e r r á t a L. ( = P. Selöwii Dehnh.). Blüten lilafarben-, Nebenkrone hellviolett. — P. s p e c i ö s ' a Gardn. Blüten scharlachrot, bis 15 cm breit; Nebenkrone gegen die Spitze hin purpurrot. Ferner P. a m e t h y s t i n a Mikan, P. c í n c í n n á t a , P. á l b a , P. pi nna t i s t i pul a (Blüten langröhrig), P. m i x t a , P. Va n u x é mí í u. a. Die kleine, nur 2 8 Arten umfassende Familie der C a r í c á c e a e 1) oder P a p a y á c e a e 2) besteht aus kleinen, meist unverzweigten Bäumen mit verhältnismässig dicken, saftigen (sukkulenten), zuweilen stacheligen Stämmen. Die grossen, lang gestielten, handförmigen oder gefingerten, nebenblattlosen Laubblätter sind an den Enden der Stämme und Aeste zu einer auffälligen Schirmkrone gehäuft. Die achselständigen, zwitterigen oder durch Verkümmerung eingeschlechtigen und dann verschieden gestalteten Blüten bezw. Blütenstände besitzen einen 5 »blätterigen Kelch, eine 5 »blätterige, verwachsene Krone, 10 Staubblätter und einen oberständigen, meist 5 (seltener l»)fächerigen, aus 10 Fruchtblättern hervorgegangenen Fruchtknoten, der an den parietalen, oft weit in die Fächer vorspringenden Plazenten zahlreiche umgewendete Samenanlagen trägt. Die Frucht ist eine grosse, fleischige, etwas melonen» oder kürbisartige, weichschalige, häufig schwach 5 =kantige Beere, mit zahlreichen, ölhaltigen, von einer saftigen Aussenschicht (die äussere Sarcotesta ist saftig»weich, die Endotesta holzig»höckerig) umgebenen Samen. Alle Teile enthalten in den verzweigten und gegliederten, durch die Cambialzone hindurchgehenden Miichsaftschläuchen einen weisseo, bitteren Saft. Die Caricaceen haben mit anderen Familien der Parietales nur geringe verwandtschaftliche Beziehungen; am nächsten stehen sie noch den Achariaceae, während andererseits zu den Cucurbitaceae gewisse (mehr äusserliche) Anklänge vorhanden sein sollen. Die 3 Gattungen sind ursprünglich auf die Tropen beschränkt. Die Gattung C a r i c a (mit 21 Arten) erstredet sich von Mexiko und Westindien bis Chile und Argentinien, J a c a r á t í a mit 5 Arten durch Westmexiko und das nördliche Südamerika, während C y l í c o d á p h n e mit 2 Arten in Afrika (LIsambara, Kamerun) auftritt. Am bekanntesten ist der ursprünglich aus Zentralamerika stammende, seit dem 16 . Jahr» hundert auch nach anderen Tropenländern verbreitete, in der Kultur meist streng zweihäusige »Melonenbaum“, C é r i c a P a p a y a L. ( = Papaya vulgárís DC.), auch Mamaja, Mamoeiro, Papaw, Papaya» oder Mamabaum geheissen. Dieser im wilden Zustande nicht bekannte, 4 bis 6 m hohe, staudenartige Baum mit unverzweigtem fleischig» holzigem Stamm trägt einen Schopf von grossen, langgestielten (Stiel bis 9 0 cm lang), handförmig 5 » bis 7 »teiligen (denen von Ricinus ähnlich) Laubblättern und gelblichweisse, nach Maiblumen duftende, in den beiden Geschlechtern grundverschiedene Blüten. Die männlichen Blütenstände bilden reichverzweigte, herabhängende Rispen mit verhältnismässig kleinen Blüten, während die weiblichen Blüten fast stiellos (Cauliflorie) in den Blattachseln am Stamme sitzen. Daneben treten sowohl auf den männlichen, als auch auf den weiblichen Bäumen vereinzelt vollkommen zeugungsfähige Zwitterblüten auf; letztere können sich nach S o 1 m s »Laubach auch kleistogam bestäuben. Da diese Zwitterblüten sich in den einzelnen Tropenländern morphologisch und physiologisch sehr verschieden verhalten, glaubt S o l m s beim kultivierten Melonenbaum ein kompliziertes Mischungsprodukt, hervorgegangen durch Bastardierung (diese erfolgt tatsächlich sehr leicht) verschiedener Stammpflanzen annehmen zu dürfen. Wahrscheinlich gibt es auch parthenokarpe, ebenso samenlose Früchte. Als Bestäuber der sehr angenehm riechenden und auch nachts geöffneten Blüten kommen Nachtfalter und vielleicht Honigvögel (Cinnyriden) in Frage. Die Samen werden wahrscheinlich durch Ameisen verbreitet. Die normal unverzweigten Stämme teilen sich nicht selten in mehrere Aeste. Eine sehr häufige Anomalie ist die Prolifikation der Früchte, die zur Entstehung einer inneren Frucht führen kann. Näheres hierüber namentlich bei A. U s t e r i (Studien über Carica Papaya L. Berichte der Deutschen Botan. Gesellschaft. Bd. X X V , Berlin 1907 ), welcher Autor auch für eine Verwandtschaft mit den Euphorbiaceen, speziell zu den Jatropheen (Milchröhren, Obturator, gelegentliche Trimerie der Zwitterblüten) eintritt. Die länglichen, bis 3 0 cm langen, 15 cm dicken und 2 bis 5 kg schweren, keulenförmigen bis kürbisartigen, schwach längsfurchigen, gelben bis gelbgrünen Beerenfrüchte enthalten in der Mitte meist zahlreiche schwarze, pfefferkorngrosse, etwas scharf nach Kresse schmeckende Samen, die als x) Lat. Cárícus = carisch, d. h. aus Karlen in Kleinasien stammend. Von den Spaniern wird die Frucht von Carica Papaya mit der Feige (Ficus Carica L.) verglichen und als „higo de mastuerzo® (mastuercposTropaeolum) bezeichnet. 2) Papaya stammt von dem karaibischen Worte Ababai oder Mabai ( = Melonenbaum).

661 Gewürz oder gepulvert als Wurmmittel Verwendung finden. Das reiche orangegelbe Fruchtfleisch (es enthält u. a. zirka 5 ,5 5 °/o Zucker, 2 4 % Fett, etwas Eiweiss, Aepfel» und Weinsäure) hat im reifen Zustand einen angenehmen, melonenartigen Geschmack; die jungen Früchte werden wie Kürbisse eingemacht oder dienen als Kompott für Gemüse, ebenso bilden sie einen wesentlichen Bestandteil des westindischen Pickels. Der in allen Teilen vorhandene Milchsaft (Ketah, im getrockneten Zustande „Papain“ geheissen) enthält vor allem das dem Pepsin ähnlich wirkende, Eiweiss verdauende, 1879 von W u r t z und B o u c h u t dargestellte „Papayacin“ oder „Papayotin“, das grosse Mengen von Fibrin aufzulösen vermag. Ausserdem sind in dem an der Luft sofort koagulierenden Milchsaft nachgewiesen: 4 ,5 °/o kautschukartige Substanz, 2 ,4 °/o Wachs, 2 ,9 % Harze, 7,1 % Pektin und Asche, 2 ,3 % Extraktivstoffe, 0 ,4 % Apfelsäure, Fett, Eiweiss, Zucker, ein Labenzym, das Alkaloid Carpain (ein Herztonicum und Diureticum), in den Wurzeln, Blüten und Samen ferner ein SenföLabspaltendes Sinigrin» ähnliches Glykosid (Caricin) sowie ein Myrosimartiges Enzym. Auf dem Gehalt des Papayotin beruht Zweifels» ohne die wohltätige, erst seit 1878 bekannte Wirkung (Digestivum) der Frucht auf den Magendarm-Traktus. Es wird deshalb innerlich als Heilmittel gegen Beri»beri, als Vermifugum und Laxans verwendet und gelangt als Süccus Papayae aus Westindien und Ceylon (auch nach Europa) in den Handel. Das aus dem Safte der Blätter ( F ö l i a C ä r i c a e P a p a y a e ) gewonnene Papayotin wird innerlich als Stomachicum bei dyspeptischen und katharralischen Magen» und Darmleiden, als Anthelminticum, äusserlich gegen Hautkrankheiten (gemischt mit Oel) zur Beseitigung diphtheritischer und kangröser Exsudate auf den Mandeln, zur Auflösung von Neu» bildungen benützt. 5 % ige Lösungen von Papayotin sollen Muskelfleisch und Kroupmembranen in 2 Stunden zu einem Brei verdauen. Seit undenklichen Zeiten wird der Saft zum Gerinnen der Milch, sowie zum Mürbe» machen von frisch geschlachtetem oder von zähem bezw. trockenem Fleisch verwendet, wodurch dieses weich und leicht verdaulich wird. Zu diesem Zwecke bringt man dasselbe in Wasser mit zerkleinerten Blättern zusammen, wickelt es nachts in Papayablätter ein oder besprengt es mit dem Milchsaft. In Westindien dient der Saft in den Zuckersiedereien gleich dem tierischen Eiweiss zur Klärung des Zuckersaftes. In Panama bedient man sich der Blätter statt Seife. Aus dem Baste des sehr weichen Stammes werden Stricke und Gewebe verfertigt. Die Kultur des äusserst rasch wachsenden Baumes ist sehr einfach und mühelos. Vielerorts entwickelt er sich von selbst aus den verstreuten Samen. Schon im dritten Jahre ist er 3 0 cm dick und erzeugt dann bis 6 0 Früchte. Allerdings trägt er nur während 2 bis 4 Jahren Früchte, um dann abzusterben. — Andere Arten besitzen kleinere, aber trotzdem wohlschmeckende Früchte, so die Berg=Papaya (C. C u n d i n a « m a r c e n s i s Hook.), in den Anden von Ekuador „Chamburü“ geheissen, die AffemPapaya (C. p e it a ta Hook, et Arn.), C. d o l i c a ü l a usw. C. q u e r c i f ö l i a St. Hil. ist ein Charakterbaum der ostandinen Täler. Ein äusserst merkwürdiger kleiner Strauch des Gran chaco ist I a c a r ä t i a H a s s l e r i ä n a , der „Sipoy“ der Indianer, dessen ungeheure, rübenförmige Wurzelknollen von den Eingeborenen zu Zeiten grosser Dürre als Wasserquell ausgegraben wird (Th. H e r z o g ) . Zur Familie der L _ o a s ä c e a e oder Brennwinden gehören etwa 2 5 0 Kräuter (darunter auch Schling» gewächse), sowie einige Sträucher und niedrige Bäume mit Wechsel» oder gegenständigen, meist gelappten oder fiederspaltigen, seltener ganzrandigen, in der Regel nebenblattlosen Laubblättern. Alle vegetativen Organe sind mit verschiedenartigen Trichomen, besonders mit verkieselten Hackenhaaren und Brennborsten ausgerüstet, deren Inhalt durch Abbrechen der Spitze auf der Haut ein starkes Jucken verursacht. Die meist ansehnlichen, bunten, strahligen, zwitterigen, in der Regel 5 » (seltener 4 », 6» oder 7 »)gliederigen, perigynen Blüten tragen auf der mit dem unterständigen Fruchtknoten + verwachsenen Blütenachse 5 in der Knospenlage gewöhnlich dachige, meist bis zur Fruchtzeit bleibende Kelchblätter, 5 gewöhnlich freie, seltener zu einer Röhre verwachsene, sehr oft konkave, kahn» oder kapuzenförmige Kronblätter und (2) 5 oder 10 oder viele (bis 3 0 0 ), zuweilen in Bündel verwachsene und zu oft blumenblattartigen Staminodien bezw. hohlen Nektarschuppen umgewandelte Staubblätter. Der ganz oder zum Teil unterständige, aus 1 bis 7 Karpellen gebildete Fruchtknoten ist einfächerig oder durch Auswachsen der Plazenten 2»fächerig und trägt an den 3 bis 5 parietalen Plazenten viele bis wenige (1) umgewendete, nur mit einem Integument und mit mächtigen Haustorien (an der Mikropyle und Chalaza) versehene Samen» anlagen. Die meist lederige, dünnwandige oder holzige Frucht ist eine zuweilen unregelmässig aufspringende Schliess» oder eine häufig spiralig gewundene, aufgeblasene Kapselfrucht, deren ab und zu geflügelte Samen meist stark ölhaltig sind. Die recht eigenartige (ausserordentlich vielgestaltig ist ganz besonders das Androe» ceum) und sehr isoliert stehende Familie bewohnt fast ausschliesslich die Neue Welt und zwar vor allem die Andengebiete von Südamerika-, nördlich reicht ihre Verbreitung über Mexiko, Kalifornien und Texas bis zu den östlichen Staaten der Union, südlich bis Argentinien bezw. Patagonien. Viele Arten sind Bergpflanzen und reichen bis in die Schneestufe, andere sind Savannen» oder Steppenbewohner oder Ruderalpflanzen. In Chile, wo die Familie sehr stark entwickelt ist, werden einige Arten ( L o ä s a a c a n t h i f ö l i a Desr. und L. t r i c o l o r Ker., C a j ö p h o r a c o r o n ä t a Hook, et Arnold) für das Vegetationsbild mitbestimmend. Alt» weltlich ist einzig die monotypische Gattung K i s s d n i a mit K. s p a t h u l ä t a Endl. in Südarabien, im Somaliland und in Südwestafrika. Die Blüteneinrichtungen, die J. U r b a n genau studiert hat, sind äusserst mannigfaltig.

662 Selbstbestäubung ist bei ausbleibendem Insektenbesudi bei verschiedenen Arten möglich. Kleistogame Blüten besitzt L. t r i l ö b a Domb. Einzelne Arten der Gattung Mentzélía, besonders die weissblühende M. d e c a » p é t a l a (Pursh) Urban et Gilg, sind Naditblüher. Wiederholt wurde beobachtet, dass an den Widerhäkchen der Pflanze Fliegen, ja sogar Eidechsen hängen bleiben. Die zuerst fleischigen, später austrodcnenden, auf« geblasenen, leichten Früchte bei B l u m e n b ä c h i a werden durch den Wind verbreitet. Wirtschaftliche Bedeutun« haben die Loasaceen nicht. M e n t z é l í a 1) h í s p i d a Willd. wird in Mexiko gegen Syphilis, früher auch (wie B l u m e n b ä c h i a i n s i g n i s Schrad.) zu Nesselpeitschungen verwendet. Dagegen haben eine ganze Zahl von Arten wegen ihrer eigenartigen Blüten (Gestalt, Farbe) als Zierpflanzen (die meisten lassen sich durch Samen mühelos ziehen) in Europa Eingang gefunden, so G r o n ó v í a s c á n d e n s L. aus Mexiko und Zentralamerika, ein mittelst anker» förmiger Borsten kletterndes, einjähriges Kraut mit langgestielten, nieren» bis herz» förmigen Laubblättern. — Me n t z é l í a d e c a p é t a l a Urban et Gilg ( = Bar» tönia ornäta Nutt.) aus Nordamerika, ein zweijähriges, bis 1 m hohes Kraut mit sehr grossen, gelblichweissen, wohl» riechenden, an gewisse Kakteen erinnern» den, abends und nachts sich entfaltenden Blüten mit 200 bis 300 fadenförmigen Staubblättern und mit einem laubblatt» artigen In volucr um.— M .L in d le y iT o rr. et Gray ( = Bartönia aürea Lindl.) aus Kalifornien mit glänzenden, tiefgelben Blüten. — M. b a r t o n i o i d e s (Presl) Urban et Gilg aus Mexiko mit Zitronen» gelben Blüten. — M. a l b í c a ú l í s Dougl. aus den östlichen Vereinigten Staaten undMexiko. — M. a r b o r é s c e n s Urban et E. Gilg aus Mexiko, ein Halbstrauch mit sehr grossen, zu reichen Inflores» zenzen vereinigten Blüten. — M. pol y» ä n t h a Urban et Gilg aus Mexiko, ein bis 3 m hoher Strauch mit dichtgedrängten Blütenständen. — L o ä s a 2*) t r i p h y l l a Juss., L. h í s p i d a ( = L. ürens Jacq.), L. p a p a v e r í f ó l í a H. B. et Kth. usw., einjährige, rauhhaarige bis borstige, brennende Arten mit keulen» bis kegel» förmigen Kapseln. — C a j ö p h o r a 8) J l a t e r i t i a Klotzsch ( = Loäsa lateritia Hook.), Ziegelrote Brennwinde, Brennrebe, Fackelträger. Fig. 2096. Ein in Argentinien heimisches, bis 10 m hohes, einjähriges, mit Brennborsten versehenes Schlinggewächs, mit mennigroten Blüten und kreiselförmigen Kapseln. Seltener sind die nicht windenden Arten, wie C. c o n t ö r t a (Desr.) Urban et Gilg, C. Chuqui « t é n s í s Voss, C. c o r o n ä t a Hook, et Arnold, sowie C. c a n a r í n o í d e s (Lenné et C. Koch) Urban et Gilg anzutreffen. — B l u m b ä c h i a 4*) i n s i g n i s Schrad; ein einjähriges, zierliches, kletterndes mit Brennhaaren und Widerhaken ausgestattetes Kraut, mit gegenständigen und dekussierten Laubblättern, weissen Blüten und bei der Reife trockenen und aufgeblasenen, kugeligen Kapseln. Aehnlich ist B. H i e r ö n y m i Urban aus Argentinien. x) Benannt nach dem Brandenburger Arzt Chr. M e n t z e l , gest. 1701. *) Einheimischer Name in Südamerika. ®) Griech. xcdoo [kaio] = brenne und pegoo [phero] = trage; wegen der Brennborsten. 4) Benannt nach dem Zoologen Joh. Friedrich B l u m e n b a c h , geb. 1752 zu Gotha, gest. 1840 als Professor in Göttingen.

6 63 — A d v e n t i v wurden gelegentlich beobachtet: L o ä s a t r i p h y l l a Juss. bei Speyer, M e n t z é l i a L i n d l e y i Torr, et Gray bei Mannheim (1910), B l u m e n b a c h i a i ns i g ni s Schrad. bei Speyer und Bl. Hi e r ö n y m» Urban bei der Dampfmühle Wandsbeck bei Hamburg (1896) und in Prag (1912 beim Physikalischen Institut). Die kleine Familie der D a t i s c ä c e a e 1) mit den 3 Gattungen T e t r a m é l e s (monotypisch), O c t o i m ê l e s (monotypisch) uad D a t i s c a ( = Tricerästes) mit 4 bis 5 Arten besteht einerseits aus Bäumen mit un» geteilten oder höchstens schwach gelappten, behaarten Laubblättern, andererseits aus Stauden mit abwechselnden, tief eingeschnittenen oder einpaarig gefiederten, stets nebenblattlosen Laubblättern. Die kleinen, unauffälligen, strahligen, eingeschlechtigen (meist diözischen), gewöhnlich nackten Blüten besitzen einen 3» bis 1Ohlätterigen, ± verwachsenen Kelch, 4 bis 25 Staubblätter und einen unterständigen, aus 3 bis 8 Karpellen gebildeten, ^fächerigen Fruchtknoten (mit deutlichen freien Griffeln), der an den wandständigen Plazenten zahlreiche, um» gewendete, mit 2 Integumenten versehene Samenanlagen trägt. Die Frucht ist eine dünnhäutige Kapsel, die zahlreiche, äusserst kleine, nährgewebelose Samen enthält. Die stark rüdcgebildeten Blüten, die die sichere systematische Stellung sehr erschweren, dürfen, zumal Nektar und Schauapparat fehlen, als Windblütler angesehen werden, weshalb H a l l i e r die Familie als Verwandte der Salicaceen zu den Amentifloren stellen will. Die Familie, die heute ein sehr zerstückeltes Areal aufweist, dürfte früher verbreiteter gewesen sein. T e t r a m e i e s n u d i f l ö r a R. Br. (ein blattabwerfender [z. B. in den Teakwaldungen] Laub» bäum) von Vorderindien bis Java und O c o t m é l e s S u m a t r â n a Miq., gleich» falls ein hoher Baum, kommen im Malayischen Archipel vor, während die Gattung D a t i s c a mit Je einer Art (D. cannäbina) im Orient (westlich Kreta) bis Nordindien und (D. glomeräta) [Presl] B. et H., im wärmeren Amerika (Cali» formen bis Mexiko) verbreitet ist. Lokale wirtschaftliche Bedeutung hat D a t i s c a c a n n ä b i n a L., der „Gelbe Hanf“, auch „Strich» oder Streichkraut“ ge» heissen, eine hanfähnliche, stattliche, bis 2 m hohe Staude mit Wechsel» ständigen, tiefeingeschnittenen, unpaar gefiederten, am Rande gesägten Laub» blättern undachseiständigen, zu büsche» ligen (männliche) oder traubigen (weib» liehe Pflanze), gelben Blütenständen ver» einigten Blüten. Die Pflanze enthält in Fig.2097. Blattformen von Begonien: a Spross von B e g o n i a f u c h s i o i d e s Hook, allen Teilen einen gelben Farbstoff, das mit Laubblatt (ai). b Laubblatt von B. m e t a l l i c a G. Sm., c B. u l m i f o l i a Willd., Datiscetin, das in Form eines Glykosides, d' B. c a r o l i n i a e f o l i a Regel, e B. m a c r o p h y l l a Dry and., / B. m a n i c a t a Brogn., g B. i m p e r i a l i s Lern. var. s m a r a g d i n a Lern., h B. s c a n d e n s Sw. des Datiscins (Csi H24O 11 + 2 HsO), noch heute in Indien (Lahore) und im Orient zum Färben von Seide verwendet wird. Mit Alkalien gibt das Glykosid Datiscin eine tiefgelbe, dauer» hafte Farbe. Aus den Bastfasern kann eine spinnbare Faser hergestellt werden. Ebenso besitzt die Pflanze bittere, purgierend wirkende Substanzen. Als Einzelpflanze für grössere Ziergärten eignet sich wegen ihrer längeren Blütentrauben besonders die weibliche Pflanze. Die Wurzelknöllchen sollen eine von Bacterium radicicola der Leguminose verschiedene Bakterienart aufweisen. T i s c h l e r hat Parthenokarpie nachgewiesen. Verwildert wurde die Pflanze in Mannheim 1907 beobachtet. Zu den B e g o n i ä_c e a e 2), Schiefblattgewächse, gehören vorherrschend krautartige Gewächse mit saftigen Sprossen (darunter Wurzelkletterer, Spreizklimmer und Epiphyten) und mit dicken Laubblättern, sowie Halbsträucher. Neben aufrechten Formen gibt es solche mit kriechendem Stengel, mit knollig verdickten Stengelteilen oder Rhizomen. Die gestielten, wechselständigen und in der Regel 2»zeilig angeordneten (eine Aus» nähme machen einzig die Sprossknöllchen von Bégonia Socotrana Hook, f.) sind allermeist i asymmetrisch, schief, meist handnervig, ganzrandig, gezähnt, gelappt oder i schief eingeschnitten, zuweilen auch hand» oder*3 x) Von dccréofica [datéomai] = teile, zerteile; wegen ihrer Wirkung bei skrofulösen und ähnlichen Krankheiten (nach W i t t s t e i n ) . 3) Benannt nach Michael B e g o n , geb. 163S, Gouverneur von St. Domingo (Westindien).

664 fussförmig geteilt bis schildförmig (Fig. 2097) und besitzen meist grosse, häutige oder lederige, zuweilen blattartige Nebenblätter (Fig. 2102). Die zu end» und achselständigen Didiasien oder Widceln angeordneten Blüten sind stets eingeschlechtig und einhäusig, allerdings selten ganz strahlig, mit einfacher oder doppelter, weisser oder roter (seltener gelber) Blütenhülle; selten sind die Kronblätter, noch seltener die Kelchblätter, ± verwachsen. Die männlichen Blüten besitzen meist 2 Kelchblätter, 2 bis 5 (oder 6) Kronblätter und zahlreiche, ± verwachsene Staubblätter, ohne Andeutung eines Fruchtknotens; die weiblichen Blüten zeigen einen meist vollständig unter, ständigen, mit der Blütenachse verwachsenen, 2. bis 3» (selten 4» bis 6.)fächerigen, gewöhnlich 3.flügeligen [Flügel oft ungleich stark ausgebildet]) Fruchtknoten mit zahlreichen, umgewendeten, 2=hülligen, zentralwinkelständigen oder parietalen Samenanlagen, der von 2 bis 5 (6 bis 8) Blütenhüllblättern und meist von 3 (2, 4 bis 6) tief zweispaltigen, oft schraubig gedrehten Griffeln (die Narbenpapillen [Fig. 2098 f] bilden auf denselben ein kontinuierliches Schraubenband) gekrönt wird. Die Frucht ist grösstenteils eine hornige, seltener eine papierartige, lederige oder fleischige, geflügelte, vielsamige Kapsel, seltener eine Beere. Die sehr kleinen, punktierten oder gerieften, (später) nähr» gewebelosen Samen, werden von einem dicken, geraden, ölhaltigen Keimling mit 2 kurzen Keimblättern aus. gefüllt. Die Familie ist mit ihren 420 Arten, von denen über 400 Spezies auf die Gattung B e g ö n i a entfallen, auf die Tropengebiete be» schränkt, wo diese besonders als Bewohner des Regenwaldes inErscheinungtreten, um jedoch in den Gebirgen (Himalaya Fig. 2098. a Laubblatt mit stark verbreitertem Blattohr von B e g o n i a r i c i n i f o l i a A . Dietr. bis 3600 m, Anden) auch in f. W e h e a n a hört. — b Blühender Spross von B e g o n i a R e x Putzeys. c 4 Narben. — B e g o n i a t u b e r h y b r i d a hört. ¿Männliche Blüten, e Fruchtknoten mit Naiben. /Griffel die kühleren Zonen hinauf, mit Narbenband. zusteigen. Nur wenige Arten reichen in die gemässigte Zone hinein, so B e g o n i a E v ä n s i a n a Andr. (Fig. 2101) bis Nordchina und Mittel. Japan, einige bis ins nördliche Argentinien und bis Natal. Sogar die trockene Insel Sokotra besitzt einen morphologisch sehr interessanten Vertreter ( B e g o n i a S o c o t r ä n a Hook. f.). Die monotypische Gattung H i l l e b r ä n d i a Oliv, ist auf die Sandwichinseln, die gleichfalls monotypische Gattung S y m b e g ö n i a Warburg auf Neu.Guinea und B e g o n i e l l a Oliv, mit 3 Arten auf Kolumbien beschränkt. Die verwandtschaftlichen Beziehungen und die systematische Stellung sind noch nicht genügend geklärt. Seit 50 Jahren haben die Begoniaceen ihren Platz im System wiederholt wechseln müssen. Alexander B r a u n erhob die Familie zu einer selbständigen Ordnung, den Plagiophyllae, B e n e c k e (1888) zu den Hillebrandinae, während andere Beziehungen vor allem zu den Cucurbitaceen (eingeschlechtige Blüten, unterständiger Fruchtknoten, Verwachsung der Staubblätter, Plazentation, Nervatur, Cystolithen), dann zu den Umbelliferen, Campanulaceen, Euphorbiaceen, Cactaceen, Aristolochiaceen, Saxifragaceen (Hydrangeen) u. a. erkennen wollten. Die 1901 von H. H a l l i e r lediglich auf Grund der „Haare“ vertretene Anschauung einer Verwandtschaft mit den Compositen dürfte tatsächlich an den „Haaren“ herbeigezogen sein. Ziemlich ungezwungen lassen sich die Begoniaceen in die Reihe der Parietales einordnen, wo sie zu den Loasaceen, vor allem aber zu den Datiscaceen (mit Tetrameies), wie dies Walter S a n dt neuerdings in seinen Beiträgen zur Kenntnis der Begoniaceen (Flora. N. F. Bd. 14, 1921) bestätigen konnte, die nächsten Anklänge zeigen. Technische oder medizinische Bedeutung kommt den Begoniaceen nicht zu. Sie enthalten ziemlich viel Oxalsäure und werden lediglich lokal als kühlende, antiskorbutische, purgierende, schweiss» und harntreibende oder adstringierende Mittel benützt. Von einzelnen asiatischen Arten werden die Blätter als Gemüse gegessen. Auch soll der saure Saft zum Reinigen von Waffen verwendet werden. Wegen ihrer hübschen, roten, weissen oder gelbin Blüten und wegen ihrer eigenartigen, oft grossen und eigenartig gezeichneten Laubblätter gehören die Begonien zu unseren beliebtesten und bekanntesten Freiland., Ampel, und Zimmerpflanzen, die sich durch Blatt» (Fig. 2099) und Spross.Stecklinge leicht vermehren lassen. Man unterscheidet in der Praxis Blatt», Knollen», Grundstamm», halbstrauchige und strauchige Begonien. Alle Arten zeichnen sich durch dorsiventral

665 gebaute, fleisdiige Sprossachsen aus, die in 2 Längszeilen die meist stark asymmetrischen (ungleichhälftigen), dicken, buntgezeichneten, zuweilen metallisch glänzenden Laubblätter tragen. Diese besitzen sehr vielgestaltige Tridiome (Peitschen«, Stern», Büschel», Köpfchen», Zotten» und Schuppenhaare, Schülfern, Perldrüsen) oder zeigen eine samtartige Oberfläche, die von papillenartigen, lichtfangenden Epidermiszellen gebildet werden. Die oft rot gefärbten Blattunterseiten dürften, ebenso wie die durch Lufträume erzeugten hellen oder spiegelnden Flächen der Oberseiten zufolge ihrer stärkeren Erwärmung die Transpiration fördern. Bei vielen hygrophilen Arten ist ein grosszeiliges Hypodermgewebe ausgebildet. Sehr bezeichnend sind die Kristalle aus Kalkoxalat, sowie die Doppelcystolithen, die Stein» und Spikularzellen. Die durchgängige Eingeschlechtigkeit der Blüten, die Farbe und die Lage der Blütenhülle, der bei vielen Arten vorhandene feine Geruch, die stets zu verschiedenen Zeiten erfolgende Reife der männlichen und weiblichen Blüten, die in der Regel vorhandene Proterandrie sprechen trotz der Abwesenheit von Nektarien für eine Fremdbestäubung durch kleine Insekten. Immerhin ist in einigen Fällen auch Selbstbestäubung (Geitonogamie) nachgewiesen. Die Grösse der Pollenkörner ist bei allen Arten fast konstant. Lufttrocken sind sie nach W. S a n d t durchschnittlich 26 /j . lang und 13 breit (im gequollenen Zustande 29 ^ lang und 23 fu, breit) und weisen in der sonst glatten Exine 3 Meridionalfalten auf, in deren Mitte sich je eine kreisrunde Durchlassöffnung für den Pollenschlauch vorfindet. In der Kultur scheinen Begonien nur spärlich reife Früchte auszubilden. Die sehr kleinen, ellipsoiden Samen sind im Mittel 0,4 mm lang und 0,22 bis 0,25 mm breit; solche von Begonia W a 11 i c h i ä n a DC. zeigen ein Durchschnittsgewicht von 6,0032 mg. Sie sind nach der Reife sofort keimfähig, wachsen nach etwa 4 bis 6 Tagen aus und zwar wird an dem mikropylen Ende (Wurzelpol) wie bei den Datiscaceen eine scharf umrissene, runde Kappe von der keimenden Wurzel abgesprengt. Infolge ihrer ausserordentlichen Kleinheit und ihrer rauhen Oberfläche bleiben sie an den Schnäbeln der Vögel, an Krallen, Rüsseln von Tieren, in Rindenrissen, Erdklümpchen sehr leicht hängen. Allgemein bekannt ist die starke Neigung zur Blütenfüllung; nach S a n d t in dürfte es sich um teratologische Bildungen, hervorgerufen durch die verbreitete Inzucht, handeln. Dadurch resultieren eine ganze Reihe von Abnormitäten, wie Zwitterbildung, Wechsel des Geschlechts und der Funktion der Blütenorgane usw. Vor allem und in allen Fällen sind es immer zuerst die männlichen Blüten, die durch Petaloidwerden der Staubblätter, dann auch durch Spaltung der Blütenblätter „gefüllt“ werden. Solche gärtnerische Züchtungen sind bei Knollenbegonien erstmals 1874 erzielt worden. Ebenso können an Stelle der Staubblätter Einzelblüten treten oder die Fruchtflügel werden durch abnormes Wachstum und Teilung zu Schau» apparaten. Samenanlagen vermögen in Griffel mit wohl» ausgebildeten Narben, Antheren zu Narben auszuwachsen. Durch ein i vollständiges Verwachsen solcher aus Staub» blättern hervorgegangenen Griffel können „weibliche“ Blüten mit oberständigem Fruchtknoten entstehen. Sehr häufig kann man auf verschiedenen Blütenteilen die Samenanlagen bemerken. Ebenso ist eine Vermehrung der Fruchtblätter, ein Petaloidwerden der Griffel, eine Vergrünung eines oder mehrerer Blütenblätter, Prolifikation, eine i deutliche Zygo» Fig. 2099. Junge Begonie als Blattsteckling erzogen. morphie der Blüte möglich. Laubblätter können als Ascidien, als Doppelblätter oder als Wendeltreppenblätter mit spiralig aufgerollten Blattohren (Fig. 2098 a) auitreten. Selten Schemen dagegen ganz symmetrische, nierenförmige Laubblätter ausgebildet zu werden. Ziemlich häufig ist die Entwicklung von achselständigen Bulbillen, besonders aber von blatlbürtigen Adventivknospen, die z. T. durch Wucherung und Umbildung der bartbildenden Emergenzen auf der Blattfläche entstehen. Diese Gebilde können leicht künstlich an abgeschnittenen Laubblättern erzeugt werden; es entwich ein sich dann an den durch» schnittenen Nerven junge Knospen. Bei B. g e mmi p a r a Hook. f. aus dem östlichen Himalaya ist diese Bildung auf den Laubblättern fast normal. Besonders eigenartig sind die Adventivknospen bei der in Gewächshäusern gelegentlich kultivierten B. (Magnüsia) p h y l l o m a n i a c a Mast., die nach G o e b e l wahrscheinlich einen Bastard zwischen B. manicäta Brogn. und B. incarnäta Link et Otto darslellt. Hier treten sie auf den Laubblättern, Blatt» und Blütenstandsstielen, vor allem aber auf den Sprossachsen in grosser Menge auf, lösen sich aber nicht, wie man erwarten sollte, freiwillig von der stets unfruchtbar bleibenden Mutterpflanze los. W. S a n d t glaubt annehmen zu dürfen, dass diese stets exogen entstehenden Adventivsprosse ursächlich mit der Bastar» dierung Zusammenhängen bezw. eine Folgeerscheinung derselben darstellen, zumal auch andere Begonien» Bastarde stark „proliferieren“. Für die Kultur in Gärten (zur Gruppenpflanzung), weniger in Zimmern kommen verschiedene aus den Anden stammende „Knollen»Begonien“ mit einfachen und gefüllten, gekräuselten oder gewellten Blüten in

666 Betracht. Viele von ihnen stellen Züchtungen unbekannter Herkunft dar und werden als Begonia t u b e r « h y b r i d a (Fig. 2098 d bis f und 2100) zusammengefasst. Sie verlangen alljährlich eine gewisse „Ruhezeit“ und werden deshalb im Herbst aus dem Boden genommen und frostfrei, trocken und massig warm (öfter in Sägespänen oder in Sand) aufbewahrt. Die Pflanzen erliegen den ersten Herbstfrösten. Ausserdem gehören hieher: B. B a u , m] á nní Lemoine aus Bolivien mit scheinbar lauter grund« ständigen, wenig asymmetrischen, dunkelgrünen Laubblättern und hellrosaroten, wohlriechenden, nach Teerosen oder Primeln duftenden Blüten. Staubblätter zu einer Säule verwachsen. Aehnlich ist B. f ü l g e n s Lemoine. — B. B o l í v í é n s í s DC. ans Peru und Bolivien mit schmal lanzettlichen, langzugespitzten, gesäghgezähnten Laubblättern und rosaroten Blüten. — B. oct o« p é t a l a l’Hér. ( = Hüszia octopetala KL) aus Peru mit lang» gestielten, nierenförmigen bis eirunden, unterseits flaumigen Laubblättern und weissen (aussen grünen) oder rötlichen Blüten (weibliche Blüten mit 6 Blütenhüllblätter). Bildet mit anderen KnollemBegonien dankbare Kreuzungen (La Lorraine). — B. c i n n a b a r i n a Hook. f. aus Bolivien mit handförmig® mehrnervigen, am Grunde fast herzförmigen, gekerbten Laub« blättern und mit grossen, Scharlach« oder zinnoberroten Blüten. — B. F r o e b é l í í DC. aus Ekuador mit grundständigen, schief« elliptischen am Rande welligen und gekerbten, unterseits dicht Fig 2100. B e g o n i a t u b e r h y b r i d a hört. Knollenwolligen Laubblättern und glänzend scharlachroten Blüten. — Begonie. Phot. Dr. G. H e g i , München. B. V e i t c h i i Hook. f. aus Peru. Pflanzestengellos, mit dick» gestielten, schief«eirunden oder rundliduherzförmigen, lederigen, gekerbten Laubblättern und karminroten oder weissen Blüten. — B. D á v í s í í Hook f. aus Peru. Laubblätter grundständig, schiefrundlich«herzförmig, oberseits grün, unterseits braunrot. Blüten 5 bis 6 cm breit, zinnoberrot. — B. P e a r c é í Hook. f. aus Bolivien und Peru. Laubblätter fast grundständig, ziemlich lang gestielt, schiefaoval, langgespitzt, oberseits sammtig*bronzegrün, unterseits trübrot. Blütenstandstiele viel länger als die Laub» blätter, meist 2 (seltener 3) goldgelbe Blüten tragend. Bildet mit B. Bolívíénsís und B. cinnabarina Kreuzungen mit schön orangeroten Blüten. — B. g r á c í l í s H. B. et Kth. aus Mexiko. Pflanze kahl oder kurz behaart. Laubblätter bei den einzelnen Formen sehr verschieden, eirund»spitz, 5 bis 8 cm lang und 2,5 bis 3 cm breit, am Rande breit gekerbt, in den Achseln oft Bulbillen tragend. Nebenblätter bleibend. Blüten zu 1 bis 2, rosarot. Kapseln ungleich geflügelt Sehr dankbare Gruppenpflanze. — B. S o c o t r á n a Hook. f. von der Insel Sokotra. Pflanze abstehend behaart, ver» zweigt. Untere Laubblätter schildförmig, kreisrund, gekerbt; die obersten herzförmig oder 3» bis 5«lappig. Blüten 6 bis 8 cm im Durchmesser, rosarot. Blüht im Herbst und Winter. Hieher auch die bekannten Sorten Gloire de Lorraine (ist wohl ein Bastard B. Socotrana X B. Dregei) und Gloire de Sceaux. — B. T h w a í t é s í í Hook. f. aus Ceylon. Pflanze stammlos. Laubblätter eirund»spitz, fein gekerbt, oberseits kupferig und grün, zuweilen weiss gefleckt, zerstreut purpur» haarig. Blüten mittelgross, weiss. Kapsel etwas behaart, ungleich geflügelt (Warmhauspflanze). — B. E v a n s í á n a Andr. ( = B. discolor Sm.) aus China, Japan und Java F ig . 2101. B e g o n i a E v a n s i a n a An dr . (Fig. 2101). Laubblätter schieheirund, spitz oder zugespitzt, Ph o t. Dr. G. H e g i , Mün che n. am Rande borstig»gezähnt. Blüten rosarot. — B. D r e g é í O. et D. aus Natal mit kleinen, weissen Blüten. — Die „Grundstamm»Begonien“ haben einen dicken, schiefen Wurzelstock und sind meist stengellos. Die weitaus bekannteste ist die aus Ostindien stammende B. R e x Putzeys

667 (Fíg. 2098 b) aus der Sektion Platycéntrum mit grossen, bis über 30 cm langen und bis über 20 cm breiten, schieb eirunden bis herzförmigen, kurz zugespitzten, am Rande buchtig»gezähnten, oberseits kahlen oder zerstreut behaarten, schwärzlichen bis purpurnen oder silberweissen, unterseits gewöhnlich roten Laubblättern und mit lanzettlichen, borstig zugespitzten Nebenblättern. Blütenstandsachsen so lang oder länger als die meist rötlichen Blattstiele. Blüten rosarot, seltener weiss oder gelblich. Die „Königs»Begonie“ wird in zahlreichen Formen (z. T. Kreuzungen mit Knollenbegonien) als interessante Blattpflanze in Zimmern gehalten. Bei der merkwürdigen Comtesse Louise Erdödy ist der eine der beiden Grundlappendes Laubblattes schneckenförmig eingerollt. — B. G r í f f í t h í í Hook. f. ( = Platycéntrum annulátum C. Koch) aus Ostindien. Blattstiele und Blütenstandsadisen mit filzigen, gelbroten Haaren besetzt. — B. x a n t h i n a Hook. f. mit gelblichen Blüten. — B. h e r a c l e i f o l i a Cham, et Schlecht, aus Mexiko. Pflanze stammlos, Laubblätter handförmig, tief 7dappig, fast kreisrund. — B. í m p e r í á l í s Lern, aus Mexiko. Laubblätter breit»eirund, spitz, fast ganzrandig, samtartig (Fig. 2097), smaragdgrün, unterseits ausgehöhlt netzig. — Seltener sind B. a s p l é n í f ó l í a Hook. f. aus den Gebirgen des tropischen Westafrika, mit zarten, farnkrautartigfiederschnittigen Laubblättern und weissen Blüten, B. p e p o n i f ö l i a Vis. von Jamaika, B. á l b o o c o c c í n e a Hook, f., B. r í c í n i f ó l í a A. Dietr. ( = B. heracleifolia X B. peponifolia) u. a. (vgl. auch f. Wehleána hört., Fig. 2098 a). Als B. r h i z o h y b r i d a werden alle Jene, meist Stengel« lose Kulturformen zusammengefasst, die keinen knol« ligen, sondern einen wagrechten oder schiefen Erd« stock aufweisen. Von den „halbstrauchigen“ oder „strauchigen“ Begonien ist die fast das ganze Jahr hindurch blühende, wenig empfindliche und deshalb für Gruppen im Freien wie als Zimmerpflanze allgemein verwendete B. s e m p e r f l ö r e n s Linket Otto, „Gottesauge“, die bekannteste (Fig. 2102). Stengel und Aeste fleischig. Laubblätter schieheirund, gekerbt«wellig, am Grunde herzförmig. Nebenblätter bleibend, schwach be» wimpert. Blütenstandsachse mit 2 bis 10 Blüten. Blüten weiss oder rosaweiss, bei den vielen Züch» tungen auch rosarot bis blutrot. — B. c u c u l l ä t a Willd. ( = B. spathuläta Lodd.) aus Brasilien. Aehnlich, aber die Laubblätter am Grunde eingebogen und die Nebenblätter gross. — B. m a g n í f i c a Warsc. aus Zentralamerika. Pflanze robust. Stengel ver» holzend; Aeste, Blatt» und Blütenstiele rostfarben, weichhaarig. Blüten purpurn oder scharlachrot. Kann im Sommer ins Freie gepflanzt werden. — B. H o e g e á n a Regel und Schmidt. Halbstrauchig, bis 2,5 m hoch. Stengel z. T. mittelst Haftwurzeln klet» ternd. Laubblätter glänzend»grün, breit=eirund, lang zugespitzt (Warmhauspflanze). — B. n i t i d a Ait. aus Jamaika. Pflanze strauchig, ästig, ausgebreitet, kahl. Laubblätter schieheirund, glänzend, 7»nervig, unter» seits punktiert. — B. s u a v é o l e n s Lodd. aus Zentral» amerika. Halbstrauchig. Laubblätter schief»eirund, spitz, deutlich gekerbt. Blüten klein, weiss, wohl» riechend. — B. S c h m i d t i ä n a Regel aus Brasilien. Fig. 2102. B e g o n i a s e m p e r f l o r e n s Link et Otto, a BlühendeKleiner Halbstrauch. Laubblätter schief herzförmig» Pflanze, b Männliche Blüte (von oben), c Weibliche Blüte, d Frucht­ eirund, spitz,kerbig»gesägt, fast lederig, beiderseits kurz» knoten mit Narben, e Querschnitt durch denselben. haarig, oberseits metallisdndunkelgrün, unterseits blutrot. Blüten zu 3 bis 7 achselständig. — B. m a c u l á t a Raddi ( = B. argyrostigma Fisch., = B. älbo»picta hört., = Gaérdtía maculáta Kl.) aus Brasilien. Bis 1,5 m hoher Strauch mit schief»eiförmigen, lederigen, am Rande knorpeligen, welligen, oberseits weiss fleckigen, unterseits i purpurroten Laubblättern. — B. L u b b é r s í í Morr, aus Brasilien. Winterblütiger Strauch mit schildförmig»lanzettlichen, nach beiden Seiten zugespitzten, oberseits silbernetzig, unterseits bronziert dunkelrot. Blüten schneeweiss. — B. m e t á l l í c a G. Smith aus Brasilien. 50 bis 75 cm hoher, ästiger, von weissen Borsten kurzhaariger Halbstrauch mit langgestielten,.

668 schíefoeíranden, oberseíts olivgrün und metallisch glänzenden, unterseits purpurroten Laubblättern. Frucht« knoten kurz, braunhaarig. — B. m a n i c a t a Brogn. „Manschetten»Begoniett aus Mexiko. Niedriger, fleischig» holziger Strauch. Laubblätter eirund»spitz, gezähnelt und bewimpert, oberseíts kahl, unterseits auf den Nerven und am oberen Ende des Blattstieles (hier manschettenartig angeordnet) mit purpurn gefransten Schuppen (Fig. 2 0 9 7 f). Blüten zahlreich, ziemlich klein, rötlich (Wínterblüher ¡ zuweilen in Bauernstuben). — B. f u c h » s i o i d e s Hook. f. ( = Títtelbáchía fuchsíoídes Kl.) aus Zentralamerika (Fig. 2 0 9 7 a). Bis über 1 m hoher, ästiger, kahler Strauch mit dicht stehenden, ziemlich kleinen, verkehrt»eirunden oder elliptischen, spitzen, am Rande feingesägten, sehr kurz gestielten Laubblältern und breit»lanzettlichen, borstig zugespitzten Nebenblättern (Guter Wínterblüher). — B. N a t a l é n s í s Hook. f. ( = Augústía Natalénsís Kl.) aus Südostafrika. Laubblätter ungleiduhalbherzförmig, zugespitzt, kantig»gelappt, oft geöhrt, gesägt, oberseíts weissgefleckt. — B. S c h a r f » f í á n a Regel aus Brasilien. Niedriger, wenig verzweigter, steif rothaariger Halbstrauch mit schief»herzförmigen fast geschwänzt»zugespitzten, ganzrandigen oder ausgeschweift»gezähnten, oberseíts dunkelgrünen oder metallisch» glänzenden, unterseits purpurroten Laubblättern. Blüten weiss, rot gefleckt. Bildet mit B. metallíca G. Smith beliebte Kreuzungen (B. C r e d n é r í Haage et Schm.) mit weissen, in dichten Dolden stehenden Blüten (Zimmer» pflanze). — B. c o c c í n e a Hook. f. ( = Prítzélía coccínea Kl.) aus Brasilien. Bis 6 0 cm hoher, ästiger Halb» Strauch mit schieflänglich=eirunden, zugespitzten, kurzgestielten Laubblättern. Blüten schön Scharlach» und korallenrot. — B. s c ä n d e n s Sw. aus Westindien, Zentralamerika und Peru. Bis 2 m hoher Kletterstrauch mit länglichen, stumpfen, unregelmässig gekerbt»gezähnten Laubblätttern (Fig. 2 0 9 7 h) und kleinen, weissen Blüten (Warmhauspflanze). — Seltener sind anzutreffen: B. c a r o l i n a e f ö l i a Regel aus Mexiko (Fig. 2 0 9 7 d), B. fol i ösa H. B. et Kth., B. f r u t í c ó s a DC., B. h e d e r á c e a DC. aus Zentralamerika, B. J a m e s o n í á n a DC., B. í n c á n a Lindl. aus Mexiko, B. í n c a r n á t a Link et Otto (Hänge»Begonie), B. M a u r á n d í a e DC. aus Zentral» amerika, B. m i c r o p h y l l a DC., B. p l a t a n í f ó l í a Grah., B. P o e p p í g i á n a DC., B. Rc ez l i i Regel, B. s e r i c o n e ü r a Liebm,, B. s u b v i l l ö s a Klotzsch aus Brasilien, B. t o m e n t ö s a Schott, B. c o n c h í f ó l í a A. Dietr. aus Costarica, B. u l mi f o l i a Willd. (Fig. 2 0 9 7 c), B. a n g u l ä t a Raddi aus Brasilien u. a. Als B. c a u l o h y b r i d a werden alle jenen halbstrauchigen und strauchigen Kreuzungen bezeichnet, die bei den Arten nicht als zugehörige Formen untergebracht werden können.

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Register zu Band V, Teil 1. (Bearbeitet von cand. med. Meta L u t z , München). Die einzelnen Teilbände (r, 2 und 3) sind fortlaufend paginiert. Berücksichtigt sind alle Gattungen und Arten. Ein Register der „Deutschen“ Namen folgt am Schlüsse des letzten Bandes.

A. Abelmoschus Medikus 457 Abutilón Gaertner 456 Acalypha Sanderi N. E . Brown 125 „ Wilkesiana Seem. 125 Acer L. 262 „ Bornmülleri Borbas 295 „ Boscii Spach 295 „ campestre L. 284 „ cordifolium Moench 272 „ Creticum Schmidt non L. 295 „ dasycarpum Ehrh. 271 „ Dieckii Pax 295 „ Durettii (hört.) Pax 295 „ glabrum Torr. 271 „ Guyoti Beauv. 295 „ hybridum Spach 295 „ tfyrcanum Fisch, et Mey. s. str. 295 „ insigne Boiss. et Buhse 271 „ Italicum Lauche 291 „ Monspessulanum L. 288 „ montanum Lam. 274 „ Neapolitanum Ten. 293 „ Negundo L. 293 „ obtusatum Waldst. et Kit. 290 „ Opalus Miller 290 „ opulifolium Vid. 290 „ platanoides L. 280 „ procerum Salisb. 274 „ Pseudoplatanus L. 274 „ pusülum Schwerin 295 „ rubrum L. 271 „ Sabaudum Chabert 295 „ saccharinum L. 271 „ saccharum Marsh. 271 „ silvestre Wender. 284 „ Tataricum L. 272 „ trilobum Moench 288 „ Zoeschense Pax 295 Aceraceae 262 Adansonia digitata L. 489 Adenandra Willd. 50 Adenolinum perenne Rchb. 17 Aegle 54 Aegle separia DC. 58 H e g i , Flora. V, 1.

Aesculus L. 298 „ Chinensis Bunge 299 „ glabra Willd. 299 „ Hippocastanum L. 301 „ octandra Marsh. 299 „ parviflora Walt. 300 „ Pavia L. 300 „ turbinata, Bl. 299 Agathosma Willd. 49 Aglaia odorata Lour. 84 Ailanthus Desf. 80 „ Cacodendron Schinz ei Thellung 81 „ glandulosa Desf. 81 Alcea palmata Gilib. 478 Aleurites Moluccana Widd. 120 Allanblackia Oliv. 501 Alsinastrum triandrum Rupr. 538 Althaea L. 463 „ borealis Alefeld 487 „ cannabina L. 465 „ hirsuta L. 470 „ officinalis L. 467 „ pallida Waldst. et Kit. 466 „ rosea Cav. 464 „ Taurinensis DC. 465 Ampelidaceae 350 Ampélopsis Michx. 355 „ cordata Michx. 355

B. Balanites Delile 41 Balsaminaceae 309 Balsamodendron Gileadense Kth. 84 Barosma Willd. 49 Begonia 664 Begoniaceae 663 Berchemia Neck. 324 Blighia sapida Kon. 307 Blumenbachia 663 Bombaceae 489 Bombax Ceiba L. 489 Boronia Smith 48 Boswellia Carteri Birdwood 84 Brucea antidysenterica Lam. 79 „ Sumatrana Roxb. 79 Bulnesia Gray 40 Burseraceae 83 Buxaceae 202 Buxus Japónica Müll.-Aarg. 204 „ sempervirens L. 204

c

Cajophora 661 Callitrichaceae 190 Callitriche L. 193 „ androgyna L. 2 :0 „ autumnalis Kütz. 198 „ autumnalis L. non Kütz. „ quinquefolia Michx. 358 194 „ tricuspidata Sieb. et „ cophocarpa O. Sendtner Zucc. 357 197 Amyris L. 53 „ hamulata Kütz. 198 Anacardiaceae 213 „ obtusangula Le Gad 199 Anacardium Occidentale L. 215 „ stagnalis Scop. 196 Ancistrocladaceae 493 „ verna L. 200 Androsaemum officinale All. 511 „ virens Kütz. 194 „ vulgare Gaertn. 511 Camelliaceae 494 Anoda Cav. 456 Camellia Japónica L. 497 Anthostema 118 Canarium edule Engler 83 Antidesma venosum Tul. 120 Canellaceae 584 Aquifoliaceae 233 Caraipa Aubl. 499 Atalantia Correa 54 Cardiospermum L. 307 Augea Capense Thunb. 40 Caricaceae 660 Carica Papaya L. 660 Azadirachta Indica L. 85 Azara microphylla Hook. f. 656 Caryocaraceae 494

245

670 Casimiroa Llav. et Lex. 53 Catha edulis Forsk. 244 Cathartolinum pratense Rchb. 6 „ tenuifolium Rchb. 12 Ceanothus L. 324 Cedrela odorata L. 85 Ceiba pentandra Gaertn. 489 Celastraceae 243 Celastrales 202 Celastrus orbiculata Thunbg. 245 „ punctata Thunbg. 245 „ scandens L. 246 Chamaebuxus alpestris Spach 91 „ vulgaris Schur 91 Chlaenaceae 426 Chloroxylon DC. 52 Choisya ternata Knuth 48 Chrozophora tinctoria Just. 120 Cissus L. 354 Cistaceae 552 Cistus L. 554 „ albidus L. 556 „ ladaniferus L. 556 „ laurifolius L. 556 „ Monspeliensis L. 556 „ salviifolius L. 556 Citrus L. 54 „ Aurantium L. 59 „ Bigaradia Risso 59 „ decumana Thellung 63 „ hystrix DC. 68 „ Madurensis Lour. 59 ,, medica L. 64 „ nobilis Lour. 59 „ Papeda Miqu. 68 „ Pompelmos Risso 63 „ trifoliata L. 58 Clausena Burm. 54 Clusia L. 499 Cneorum L. 44 Gochlospermaceae 493 Cola vera K. Schum. 492 Goleonema Bartl. 50 Colletia cruciata Gill, et Hook. 322 „ spinosa Lam. 322 Columniferae 425 Commiphora Abyssinica (Berg) Engler 83 „ Opobalsamum (L.) Engler 84 Corchorus L. 428 Correa Sm. 49 Cotinus Miller 226 „ Coggygria Miller 226 Croton Eluteria (L.) Bennet 124 „ lacciferus L. 120 „ spinosus L. 120 „ Tiglium L. 124

Cusparía trifoliata (Willd.) Engler 51 Cyrillaceae 233

D. Dalechampia Roezliana Müll.-Aarg. 125 Datiscaceae 663 Dichapetalaceae 113 Dictamnus alba L. 74 „ Fraxinella Pers. 74 Dilleniaceae 493 Dillenia Indica L. 494 Diosma L. 50 Dipterocarpaceae 533 Dryobalanops aromática Gaertn. 534 Durio zibethinus L. 489

E. Elaeocarpaceae 426 Elatinaceae 535 Elatine L. 535 „ Alsinastrum L. 536 „ ambigua Wight 539 „ campylosperma Seubert 543 ,, hexandra (Lapierre) DC. 540 „ Hydropiper L. 541 „ Oederi Moesz 541 „ paludosa Seubert 540 „ triandra Schkuhr 538 „ verticillata Lam. 536 Empleurum ensatum (Thunb.) Eckl. et Zeyh. 50 Eriodendron anfractuosum DC. 489 Erythrochiton Nees et Mart. 51 Erythroxylaceae 37 Erythroxylon Coca Lam. 37 Esenbeckia H. B. et Kth. 51 Euphorbia L. 134 „ acuminata Lam. 185 „ alpígena Kerner 155 „ ambigua Waldst. et Kit. 156 ,, amygdaloides L. 164 „ amygdaloides Lumn. nec L. 166 „ angulata Jacq. 156 „ Austríaca A. Kerner 149 „ Carniolica Jacq. 156 „ Chamaesyce L. 145 „ Cyparissias L. 167 „ dulcis L. 154 „ Engelmanni Thellung 145 „ epithymoides Jacq. non „ „

L- 153 epithymoides L. Jacq. 152 Esula L. 170

non

Euphorbia exigua L. 187 falcata L. 184 Figerti Dörfler 189 flavicoma DC. 159 fragifera Jan. 152 fulgens Karvv. 135 Gayi Salis z. T. 182 Gerardiana Jacq. 177 Helioscopia L. 163 humifusa Willd. 144 hypericifolia Hill. 143 Jaquiniaeflora Hook. 135 intercedens Podp. 189 Kaleniczenkii Czern. 171 Kerneri Huter 182 Lathyris L. 146 lucida Waldst. et Kit. 172 maculata L. 145 Myrsinites L. 137 Myrsinites Wulf, non L. 180 Nicaeensis All. 180 nutans Lagasca 143 palustris L. 150 Pannonica Host 181 paradoxa Schur 166 paradoxa Schur 189 Peplis L. 140 Peplus L. 186 pilosa L. p. p. 148 platyphyllos L. 160 polychroma Kerner 153 procera Bieb. 148 pseudolucida Schur 189 pulcherrima Wild. 136 resinífera Berg 124 salicifolia Host 166 saxatilis Jacq. 181 saxatilis Poli, non Jacq. 182 segetalis L. 183 Seguieri Vill. 177 Seguieriana Necker 177 serótina Host 180 serpens Humb., Eonpl. et Kth. 140 serpyllifolia Pers. 140 serratula Thuill. iói splendens Bojer 136 stricta L. 161 variabilis Cesati 182 verrucosa L. 157 villosa Waldst. et Kit. 148 virgata Waldst. et Kit. 173

Euphorbiaceae 113

671 Evodia Forst. 47 Evonymus L. 246 „ Europaea L. 249 „ „

Japónica Thunb. 247 latifolia Miller 254 ,, radicans Miq. 248 „ verrucosa Scop. 252 „ vulgaris Miller 249 Excoecaria Agallocha L. 120

F. Fagara L. 47 Fegimaura Africana Pierre 80 Feronia elephantum Correa 54 Flacourtiaceae 656 Flindersia R. Br. 52 Fouquierineae 493 Frángula Miller 343 „ Ainus Miller 344 „ pentaphylla Gilib. 344 „ Purshiana Coop. 343 ,, rupestris Brongniard 349 ,, vulgaris Borkh. 344 „ Wulfenii Rchb. 349 Frankeniaceae 543 Fraxinella Dictamnus Moench 74 Fumana (Dun.) Spach 578 ericoides (Cavan.) Pau 579 „ vulgaris Spach 579 „ vulgaris Spach 581

G. Galipea jasminiflora (St. Hil.) Engler 51 Garcinia L. 501 Goethea Nees et Mart. 457 Gonystilaceae 426 Gossypium L. 460 Grewia L. 429 Guajacum L. 39 Guttiferae 498

H. Halimium (Dunal) Willk. 552 Haplophylhim patavinum A. Juss. 73 Helianthemum Miller 561 „ alpestre Grosser p. p. 576



Apenninum (L.) Mill.



5 Ó3 canum (L.) Baumg.

573 „ „ „ „

Chamaecis.us Miller 565 eiicoides Dunal 579 F umana Dunal 579 Fumana Mill. 581

Helianthemum guttatum Mill. 559 „ Italicum (L.) Pers.

I* (})Jatropha curcas L. 120 575 „ Manihot L. 119 „ Kerneri Gottlieb et Icacinaceae 261 Janchen 578 Idesia polycarpa Maxim. 656 „ marifolium MiFer Ilex L. 234 „ non Lam. et DC. 573 „ Aquifolium L. 236 „ nummularium (L.) „ Paraguariensis St. Hil. 235 Miller 565 Impatiens L. 310 „ Oelandicum Lam. et „ glandulifera Royle 313 DC. 576 „ H olstii Engl, et Warb .314 ,, pulverulentum Lam. „ Marianae Rchb. 313 et DC. 563 „ Noli tangere L. 314 „ salicifolium (L.) „ parviflora DC. 317 Mill. 572 „ Roy lei Walpers 313 „ vulgare Gaertner 565 „ Sultani Hook. f. 314 Helodes palustris Spach 509 Irvingia Hook. f. 80 Heritiera litoralis Dryand. 492 Hevea 118 K. „ Brasiliensis Müll.-Aarg. 118 Kelleronia splendens Schinz 40 Hibiscus L. 458 Khaja Senegalensis Juss. 85 „ Syriacus L. 459 Kirkia acuminata Oliv. 80 „ Trionum L. 458 Koelreuteria paniculata Laxm. 308 Hippocastanaceae 296 Hippocastanum vulgare Gaertner 301 L. Hippocrateaceae 256 Larrea Cav. 40 Hippomane 118 Lavatera 471 „ Mancinella L. 118 „ arbórea L. 472 Hovenia dulcis Thunb. 324 „ Olbia L. 472 Hypericaceae 498 „ Thuringiaca L. 472 Hypericum L. 502 „ trimestris L. 471 „ acutum Moench 520 „ vitifolia Tausch 472 „ amplexicaule Gilib. 523 Leea L. 351 „ Androsaemum L. 511 Limnanthaceae 213 „ Ascyron L. 504 Limnanthes Douglasii R. Br. 213 „ bacciferum Lam. 511 Linaceae 1 „ barbatum Jacq. 532 Linodes Ludw. 2 „ calycinum L. 504 Linum L. 3 „ Coris L. 513 „ alpinum Jacq. 15 „ elegans Stephan 522 „ Anglicum (Mill.) 17 „ Helodes L. 509 ,, angustifolium Huds. 22 „ hircinum L. 505 „ angustifolium Tomaschek 12 „ hirsutum L. 515 „ Austriacum L. 19 „ humifusum L. 514 „ Bavaricum F. Schultz 17 ,, Kohlianum Sprengl. 522 „ bienne Mill. 21 ,, Laschii Fröhlich 533 „ campanulatum L. 5 ,, maculatum Crantz 517 „ catharticmn L. 6 „ medium Petermann 533 „ Darmstadinum Alefeld 17 „ montanum L. 524 „ flavum L. 8 „ officinarum Crantz 526 ,, Gallicum L. 14 „ perforatum L. 526 „ grandiflorum Desf. 5 „ pulchrum L. 523 „ hirsutum L. 11 „ quadrangulum auct. 517 „ Julicum Hayek 16 „ quadrangulum Crantz „ laeve Scop. 16 520 „ Leonii F. Schultz 17 „ Richeri Vill. 530 „ Narbonense L. 14 „ tetrapterum Fries 520 „ nodiflorum L. 5 Hur a crepitans L. 118

245

672 Murraya L. 54 Polygala alpina (DC.) Steudel 112 „ amara L. 108 Myricaria Desv. 548 „ Badensis Schimp. et „ Germanica (L.) Desv. 548 Spenn. 105 „ calcarea F. W. Schultz 107 N. ,, Chamaebuxus L. 91 Negundo aceroides Moench 293 „ comosa Schkuhr 98 „ fraxinifolium Nutt. 293 „ depressa Wender. 105 Nitraria L. 41 ,, heterophylla F . W.Schultz M. 107 Mallotus Philippinensis Müll.-Aarg. „ magna Georgi 95 125 Ochnaceae 494 „ major Jacq. 95 Malope L. 455 Ochrocarpus Thouars 500 ,, microcarpa Gaudin 104 Malpighiaceae 86 Ochroma lagopus Sw. 489 „ mutabilis Dum. 105 Malva L. 474 Oryxa Thunb. 48 „ myrtifolia L. 89 ,, Alcea L. 478 „ Nicaeensis Risso 96 P. „ borealis Wallman 487 „ Senega L. 89 „ hirsuta Schultz 470 Pachysandra Michx. 202 „ serpyllacea Weihe 105 „ Mauritanica L. 483 Palava Cav. 455 ,, serpyllifolia J. A. C. Hose „ moschata L. 479 Paliurus Gaertner 326 105 „ neglecta Wallr. 485 „ aculeatus Lam. 326 „ Sibirica L. 90 „ parviflora L. 477 „ australis Gaertner 326 „ Vilhelmi Podpéra 113 „ pusilla Withering 487 „ Spina-Christi Miller 326 „ vulgaris L. 101 „ rotundifolia L. p. p. 485 Papayaceae 660 Polygalaceae 86 „ setigera Spenn. 470 Parietales 492 Polygalum Buchenau 89 ,, silvestris L. 481 Parthenocissus Planchon 356 Psedera Necker 356 „ Thuringiaca Vis. 472 „ quinquefolia (L.) „ quinquefolia Greene 358 „ verticillata L. 475 Planch. 358 Ptelea L. 52 „ vulgaris Fries 485 „ tricuspidata Planch. Pterisanthus Blume 354 Malvaceae 453 357 Málvales 425 „ Veitchi Graebner 357 Qu, Malvastrum A. Gray 455 ,, vitacea Hitchcock Quassia amara L. 79 Malvaviscus Dill. 457 357 Quinaria Raf. 356 Mamma Americana L. 500 Passifloraceae 658 „ quinquefolia Koehne 357 Mangifera Indica L. 215 Paullinia Cupana H. B. et Kth. 307 „ tricuspidata Koehne 357 Manihot Aipi Pohl 119 „ sorbilis Mart. 307 „ Veitchi Koehne 357 „ Carthagiensis (Jacq.) Müll.- Pavia alba Poir. 300 R. Aarg. 119 „ rubra Poirr 300 Radiola Hill. 2 ,, Glaziowii Müll.-Aarg. 119 Pavonia L. 457 „ linoides Roth 2 „ ütilissima Pohl 119 Peganum L. 41 Marcgraviaceae 494 Pentaclethra macrophylla Benth. 80 Reaumuria L. 544 Rhamhaceae 320 Melia Azedarach L. 84 Pentadesma butyraceum Don 502 Rhamnales 320 Meliaceae 84 Pentaphylacaceae 233 Rhamnus L. 329 Melianthaceae 309 Phellodendron Rupr. 53 „ Alaternus L. 330 Mentzelia 662 Phylica 326 „ alpina L. 340 Mercurialis annua L. 126 Phyllanthus emblica Willd. 120 „ alnifolia L ’Hérit. 331 „ ovata Sternb. et Hoppe „ Niruri L. 117 „ Carniolica A. Kern. 342 „ speciosus Jacq. 125 133 „ cathartica L. 332 „ Paxii Graebner 134 Phytocrenaceae 261 „ fallax Boiss. 342 „ perennis L. 129 Picraena excelsa Planch. 79 „ Frángula L. 344 ,, tomentosa L. 126 Picramnia Sw. 80 „ hybrida L ’Hérit. 343 Mesua L. 500 Picrasma excelsa Planch. 79 „ imeretina Booth. 331 Micrandra siphonioides Benth. 119 Pilocarpus Vahl 50 „ Mulleyana Fritsch 343 Millegrana Kramer 2 Pistacia L. 229 „ Paliurus L. 326 Modiola Cäroliniana (L.) Don. 457 „ Lentiscus L. 230 „ pumila Turra 337 Monnina Ruiz et Pav. 88 „ Terebinthus L. 232 „ Purshiana DC. 343 Monnieria L. 52 . Poinsettia Graham 136 ,, rupestris Scop. 3 4 9 Moutabea Aubl. 87 Polygala (Tournef.) L. 89 „ saxatilis Jacquin 335 „ alpestris Rchb. 104 Muraltia Neck. 88 Linum perenne L. 17 „ Petryi R. Beyer 18 ,, tenuifolium L. 12 „ usitatissimum L. 20 ,, viscosum L. 10 Litchi Chinensis Sonn. 307 Loasaceae 661

o.

673 Rhamnus Zizyphus L. 322 Rhizoboleae 494 Rhoicissus Planch. 354 Rhus L. 218 „ aromática Ait. 220 „ Cacodendron Ehrh. 81 „ coriaria L. 224 „ Gotinus L. 226 „ glabra L. 223 „ Osbecki Steud. 225 „ radicans L. 221 „ succedanea L. 225 „ Toxicodendron L. 220 „ trilobata Nutt. 220 „ typhina L. 222 ,, venenata DC. 222 „ vernicifera DC. 221 „ Vernix L. 222 „ viridiflora Poir. 222 Ricinodendron 118 Ricinus communis L. 120 „ inermis Jacq. 120 Rottlera tinctoria Roxb. 125 Ruta L. 68 „ divaricata Tenore 70 „ graveolens L. 69 „ Patavina L. 73 Rutaceae 44

Staphylea Bumalda Sieb, et Zucc. Tithymalus exiguus Moench 187 257 „ falcatus Klotzsch et „ pinnata L. 258 Garcke 184 „ trifolia L. 258 „ fruticosus Gilib. 150 Stegia Lavatera DC. 471 „ lucidus Klotzsch et Garcke 172 Sterculiaceae 489 „ palustris Hill. 150 Swietenia Mahagoni L. 85 „ segetalis Lam. 183 T. „ Seguierii Scop. 180 „ verrucosus Scop. 157 Tamaricaceae 544 „ virgatus Klotzsch et Tamariscus Scop. 548 Garcke 173 „ Germanicus Scop. 548 Toddalia aculeata Lam. 53 Tamarix Africana Poir. 547 Toxicodendron altissimum Miller 81 „ articulata Vahl 546 „ Capense Thunb. 120 „ elegans Spach 547 „ pubescens Mil!. 220 „ Germanica L. 548 Tragia cannabina L. 120 „ mannifera 545 Tremandraceae 86 „ pentandra Pall. 547 Tribulus terrestris L. 42 „ tetrandra Pall. 548 Trigoniaceae 86 Ternstroemiaceae 494 Tripentas helodes Ascherson 509 Tetradiclis salsa Stev. 41 Triphasia Aurantiola Lour. 54 Tetrastigma Planch. 354 Triumfetta L. 429 Thea Assamica Masters 495 Tuberaria guttata (L.) Fourreau 559 „ Japónica Nois. 497 Turneraceae 657 ,, Sinensis L. 495

u.

Theaceae 494 Theobroma Cacao L. 490 Thomasia quercifolia Gay 492 Urena L. 457 Tiglium officinale Klotzsch 124 Tilia L. 430 Sabiaceae 309 ,, Americana L. 43Ó Sapindaceae 306 Vateria Indica L. 534 „ Baroniana Diels 436 Sapindales 202 Viola adulterina Godr. 654 „ cordata Mill. 437 Sapindus Saponaria L. 307 ,, alba Besser 645 „ euchlora Koch 452 Sapium X19 „ alpina Jacq. 613 „ Europaea L. 446 „ sebiferum Rox. 120 „ Altaica Ker-Gawler 593 „ grandifolia Ehrh. 446 Sargentia Wats. 53 „ ambigua Waldst. et Kit. 642 „ heterophylla hört. 452 Schinopsis Engl. 217 „ arborescens L. 594 „ heterophylla Venten. 436 Schinus molle L. 217 „ arenaria DC. 636 „ parvifolia Ehrh. 437 Schizochlaenaceae 426 „ arvensis Murray 601 „ petiolaris C. K. Schneider 434 Scytopetalaceae 426 „ atrichocarpa Borb. 655 „ platyphyllos Scop. 446 Securidaca L. 87 „ Austriaca Kerner 649 „ rubra DC. 434 Shorea Wiesneri Schiffner 534 „ Battandieri W. Becker 593 „ Sibirica Bayer 433 Sida L. 456 „ Bernoulliana W. Becker 656 „ silvestris Desf. 437 Sidalcea A. Gray 455 „ biflora L. Ó17 „ Spaethii L. 452 Simaruba amara Aubl. 79 „ - Borussica (Borb.) W. Becker „ tomentosa Moench 434 „ officinalis DC. non Mach 654 „ ulmifolia Scop. 437 79 „ Braunii Borb. 653 Simarubaceae 77 Tiliaceae 426 ,, Bumati Gremli 654 Simmondsia Chinensis Link 203 Tithymalaceae 113 „ calcarata L. 609 Siphonia 118 Tithymalus Tourn. 134 „ Canadensis L. 594 Skimmia Japónica Thunb. 53 „ amygdaloides Hill. 164 ,, canina L. 619 Sparmannia Africana L. f. 428 „ angulatus Klotzsch et „ caninaeformis C. Richter 635 Sphaeralcea St. Hilaire 457 Garcke 156 „ Cenisia L. 612 Spondias L. 216 „ cinerascens Moench 183 „ Chenevardii W. Becker 654 „ Christii Wolf 616 Stachyuraceae 493 „ Cyparissias Scop. 167 „ chrysantha Hook. 594 Stackhousiaceae 256 „ dulcis Scop. 154 Staphyleaceae 256 „ collina Besser 640 ,, Esula Moench 170

s.

V.

674 Viola cornuta L. 614 „ cucullata Aitón 594 „ cyanea Celak. 648 „ declinata Gaudin 608 „ digenea Rouy et Fouc. 656 „ Dioszegiana Borb. 655 „ Dubyana Burnat 608 „ Duffortii Fouilld. 656 „ elatior Fries 623 „ epipsila Ledebour 629 „ Gerstlaueri L. Gross 654 „ grandiflora Host non L. 613 „ Gremblichii Murr 655 ,, Haynaldii Wiesb. 655 „ heterocarpa Borb. 654 „ hirta L. 638 „ hirtaeformis Wiesbaur 654 „ Hungarica Degen et Sabr. 655 „ hybrida Wulfen 626 „ insignis C. Richter 648 „ interjecta Borb. 654 „ intermedia Rchb. 654 „ Iselensis W. Becker 654 „ Kalksburgensis Wiesbaur 655 „ Kerneri Wiesbaur 654 „ Klingeana Kupfer 653 „ lactea Sm. 621 „ Luganensis Becker 655 „ lutea Huds. 605 „ Mantziana Becker 615 „ Medeli W. Becker 654 „ Merkensteinensis Wiesb. 655 „ mirabilis L. 631 „ mixta Kerner 654 „ Moedlingensis Wiesb. 655 „ montana L. 621, 623 „ Montfortensis Poil 655 „ multicaulis Jord. 655 „ Murbeckii Dörfler 654 „ Muretii F. O. Wolf 655 „ Murrii Poil 655 „ neglecta Schmidt 654 „ Neoburgensis Erdner 655 „ nigricans Schur 646 „ nitens Host 626 „ obliqua Hill 594 „ odorata L. 649

Viola Oenipontana Murr 655 Viola uliginosa Besser 626 „ Olimpia Beggiato 656 „ umbrosa Sauter 644 „ oreades Bieb. 593 „ variifrons Poli 655 „ Pacheri Wiesbaur 654 „ Vindobonensis Wiesb. 655 „ palustris L. 628 „ Vilinaensis W. Becker 634 „ pedata L. 594 „ Wiesbaurii Sabransky 655 „ Wilczekiana Beauverd 655 „ permixta Jord. 655 „ Williamsii Wittrock 616 „ perplexa Gremli 654 „ Wittrockiana Gams 616 „ persicifolia Roth 622 „ Wolfiana W. Becker 649 „ pinnata L. 630 „ Zoisii Wulfen 611 „ Poelliana Murr 655 V'iolaceae 585 „ pratensis Mert. et Koch 625 Vitaceae 350 „ pumila Chaix 625 Vitis L. 359 „ Pyrenaica Ramond 644 „ aestivalis Michx. 361 „ Raetica Borb. 655 „ Californica Benth. 361 „ Reichenbachiana Jordan 634 „ candicans Engelm. 301 „ Reverchoni Willk. 649 „ Coignetiae Pulliat 361 „ Riviniana Rchb. 635 „ cordata C. Koch 355 „ Rothomagensis Desf. 605 „ cordifolia Michx. 362 „ rupestris Schmidt 636 „ Labrusca L. 361 „ Ruppii Rchb. 621 „ riparia Michx. 361 „ Ruprechtiana Borb. 653 ,, rotundifolia Michx. 360 „ Salvatoriana Becker et Thel„ rubra Michx. 362 lung 655 „ rupestris Scheele 361 „ Sardagnae W. Becker 655 „ Solonis Pulliat 362 „ scaturiginosa Wallr. 626 „ Thunbergii Sieb, et Zuce. 361 „ Scharlockii W. Becker 654 „ vinifera L. 363 „ Schultzii Kirschl. 621 „ vulpina L. 361 „ sciaphila Koch 644 Vochysiaceae 86 „ scotophila Jord. 645 „ Sedunensis F. O. Wolf 655 „ sepincola Jord. 647 u. 649 Winteranaceae 584 „ silvática Fries 634 „ silvestris Lam. 634 „ stagnina Kit. 622 Xanthoceras sorbifolium Bunge 308 „ suaviflora Borb. et H. Braun Xantholinum flavum Rchb. 8 655 Xanthophyllum Roxb. 87 „ suavis Becker 647 Xanthoxylum L. 47 „ Sudetica Willd. 607 Xylocarpus obovatus A. Juss. 85 „ Tatrae Borbás 615 Xylophylla latifolia hort. 125 „ Tessinensis Becker 655

w.

X.



Thomasiana Perr. et Song.

„ „ „ „

Tirolensis Borb. 635 Torslundensis W. Becker 653 tricolor L. 597 Tridentina W. Becker 640

643

z. Zizyphus Jujuba Miller non Lam. 322 „ Paliurus Willd. 326 Zygophyllaceae 38

Inhaltsverzeichnis für Band V, Teil L 64. Familie Linaceae R ad io la.......................... L i n u m ..............................

.

F a m ilie H u m iria cea e . . . F a m ilie E ry th ro x y la cea e

65. Familie Zygophyllaceae . Tribulus.................................... F a m ilie C neoraceae . . . . 66. Familie Rutaceae Citrus . . . . . . R u t a ......................................... Dictamnus............................... 67. Familie Simarubaceae A ila n th u s..................... F a m ilie B u rs e ra c e a e . F a m ilie M eliaceae . . . F a m ilie M a lp ig h ia cea e . F a m ilie T rig o n ia cea e F a m ilie V ochysiaceae F a m ilie T rem a n d ra cea e

68. Familie Polygalaceae P o l y g a l a ......................... F a m ilie D ich a p eta la cea e

. .

.

Seile 1 • 2 . . . 3 . . 36 . 37 38 .4 2 44 . 44 .5 4 .6 8 .7 4 . 77 .8 0 . 83 .8 4 86 86 . 86 . 86 86 . . 89 . 113 . 113

69. Familie Euphorbiaceae R icin u s..................... . 120 Mercurialis .......................... . . 126 Euphorbia................. . 134 70. Familie Callitrichaceae . . 190 Callitriche.......................... . . 195 71. Familie Buxaceae . . . . . . 202 B u x u s .............................................. .. . 204 F a m ilie C o ria ria cea e . . . . . 213 F a m ilie L im n a n th a c ea e . . 213 72. Familie Anacardiaceae \213 R h u s ................................... . . 218 Cotinus . . . . . . 226 P ista cia .................................... . 229 F a m ilie C y r i l l a c e a e ................................................ 233 F a m ilie P en ta p h y la ca cea e . . . . . . . 233 F a m ilie C o ry n o ca rp a cea e . . . . . 233 73. Familie A q u i f o l ia c e a e .................................253 I l e x ................................................... .. . 234 74. Familie Celastraceae . . . . . . 243 Evonym us................................... . . . . 246 F a m ilie H ip p o cra tea cea e . . . 256 F a m ilie Sta ck h o u sia ceae . . . . 256 75. Familie Staphyleaceae 256 S tap h y lea.......................... 257 F a m ilie Ica cin a cea e . 261 76. Familie Aceraceae . . . . . . 262 A c e r ...............................................................................262 77. Familie H ip p ocastan aceae............................296 A e s c u l u s .................................... . . . . 298 F a m ilie S a p in d a c e a e . . . . 306

Fam ilie S a b i a c e a e ........................... Fam ilie M elianthaceae . . .

78. Familie Balsaminaceae . . . Impatiens.................................... 79. Familie Rhamnaceae . . . . Paliurus.................................... R ham nus................................ Frangula ................................ 80. Familie Vitaceae .................. Ampelopsis.................................... Parthenocissus................................ V itis.................................................. Fam ilie E la eo ca rp a cea e..................... Fam ilie C h la e n a c e a e ........................... Fam ilie Gonystilaceae . . . .

81. Familie T ilia c e a e .................. T ilia .................................................. 82. Familie Malvaceae.................. Gossypium ..................................... Althaea............................................. Lavatera ....................... . . . M a l v a .............................................. Fam ilie Fam ilie Fam ilie Fam ilie Fam ilie Fam ilie Fam ilie

Bom baceae . . . . . Sterculiaceae . . Dilleniaceae . . . . . O c h n a c e a e ........................... Caryocaraceae . . . M arcgraviaceae . . T h e a c e a e ................................

83. Familie Hypericaceae (Guttiferae) Hypericum ..................................... Fam ilie D ipterocarpaceae . . . .

84. Familie Elatinaceae . . . E latin e................................ Fam ilie Frankeniaceae .

.

85. Familie Tamaricaceae . . . Tamarix ......................................... M yricaria......................................... 86. Familie C is ta ce a e ...................... C i s t u s .............................................. Tuberaria................................ Helianthemum................................ Fumana ......................................... Fam ilie B i x a c e a e ..................... . Fam ilie W in tera n a cea e..........................

87. Familie V iolaceae...................... Viola .................................................. Fam ilie Fam ilie Fam ilie Fam ilie Fam ilie Fam ilie Fam ilie

F la c o u rtia c e a e .......................... Turneraceae ........................... P a s s iflo ra c e a e .......................... C a r i c a c e a e ................................ L o a s a c e a e ................................ D a t is c a c e a e ................................ B egoniaceae . . . .

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309 309 309 310 320 326 329 343 350 355 356 359 426 426 426 426 430 453 460 463 471 474 489 489 493 494 494 494 494 498 502 533 535 535 543 544 546 548 552 554 558 561 579 584 585 585 586 656 657 658 660 661 663 663