Illustrierte Flora von Mitteleuropa. 4.1, Dicotyledones 2

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fjffustrierte , . . ~ < 3 1 T3 J i rö m scheibe last flach, am R an d e g elap p t,

F ig . 734. P a p a v e r d u b i u m l . «. H a b itu s p/s n a tü ri. G r ö ss e ), b S ta u b b la tt, c R eife F r u c h tk a p se l, d Q u er sc h n itt d u rch d ie K a p s e l. « S a m e.—/ K a p s e l v o n P a p a v e r R h o e a s L .

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mit 4 bis 9 freien oder mit ihren Rändern sich deckenden Narbenstrahlen. Samen 0,5 bis 0,6 mm lang, nierenförmig, schwarzpurpurn, netzig-grubig. — V, VI. Ziemlich häufig, doch nicht überall und oft wohl übersehen auf Aeckern und Feldern, unter dem Getreide, an Wegen, auf Brachen, Eisenbahndämmen, Holzschlägen, an unbebauten Orten, vereinzelt bis in die alpine Region (bis ca. 1900 m). In einzelnen Gegenden (z. B. um Wiesbaden) fast häufiger als P. Rhoeas. A llg e m e in e V erb reitu n g: Mittelmeergebiet, Mitteleuropa. Aendert ab: var. s u b i n t e g r u m (O. Kuntze) Fedde. Laubblätter fast ungeteilt, gezähnt-fieder­ lappig. Kapsel am Grunde allmählich verschmälert (Selten, z. B. in Mäliren bei Bisenz beobachtet). — var. c o l l i n u m (Bogenh.) Fedde ( = P. dübium Rchb., == P. erröneum Jord.). Laubblätter fiederteilig, mit schmalen, verlängerten, zugespitzten Abschnitten. Milchsaft gelblichweiss. Stengel im untern Teile stark borstenhaarig. Narbenstrahlen 4 bis 8, den Rand der fast flachen Narbenscheibe nicht erreichend (Im Gebiete zerstreut). — var. su b p in n at if i dum (O. Kuntze) Fedde ( = P. turbinätum DC., = P. Lamottei Bor., = P. lüteo-rübrum Jord.). Die Mehrzahl der Laubblätter fiederteilig mit schmaler, eingeschnittener oder doppelfiederteiliger Kapsel, nach dem Grunde allmählich verschmälert (Häufigste Form. Verbreitung der Gesamtart). — var, L e c ö q u i i (Lamotte) Fedde ( = P. impröperum Jord. et Fourr., = P. Cörsicum Jord. et Fourr.). Pflanze kräftig verzweigt. Milchsaft weisslich, an der Luft sich rasch gelb färbend. Staubbeutel braungelb. Kapsel keulenförmig, am Grunde + plötzlich abgerundet. Narbenstrahlen 6 bis 8, den Rand der Narbenscheibe erreichend (Selten in Deutschland und in der Schweiz; häufiger im westlichen Europa). — var. u m b i l i c ä t u m Fedde. Pflanze sehr stark ästig und stark beblättert. Narbenscheibe nicht flach, sondern (besonders im unreifen Zustande) pyramidenartig erhöht (Thüringen: Bahndämme bei Jentsch). — Weitere Formen finden sich in Frankreich, im Mittelmeergebiet und in Zentralasien (var. levigätum [Bieb.] Elkan, var. confine [Jord.] Fedde, var. Maroccänum Ball., var. austro-occidentale Hüter). Papaver dubium, der wohl sehr häufig mit P. Rhoeas verwechselt wird, scheint in einzelnen Gegenden häufiger zu sein als die letztere Art. In Mähren (zwischen Bisenz und Rohatetz) wurde P. dubium an Eisenbahndämmen beobachtet neben Oenothera biennis, Gypsophila fastigiata und paniculata, Silene Otiles und viscosa, Jasione montana, Helichrysum arenarium, Achillea setacea und collina, Verbascum phoeniceum (Bd. VI, pag. 8), Onosma arenarium, Cynoglossum officinale, Sisymbrium Sinapistrum, Linaria genistifolia (Bd. VI, pag. 26), Kochia prostrata (Bd. III, pag. 249), Cynodon Dactylon, Corynephorus canescens etc. (nach Laus) . In der Schweiz (Lägern) konnte die Art (speziell die var. Lecöquii) nach Ri kl i als Schlagpflanze konstatiert werden im Vereine mit Malva Alcea, Carduus nutans, Verbascum nigrum und Thapsus, Stachys alpinus, Euphorbia stricta, Digitalis ambigua, Hypericum perfoliatum und hirsutum, Aethusa Cynapium, Pimpinella magna, Solidago Virgaurea, Sonchus asper, Galium silvaticum und mollugo, Turritis glabra etc. — Die Bestäubungseinrichtungen sind die gleichen wie bei P. Rhoeas; doch werden die Staubbeutel von der Narbe um einige Millimeter überragt, so dass spontane Selbstbestäubung nicht leicht stattfinden kann. Vereinzelt werden Exemplare mit 3-zähligen Perianth-Kreisen und in Carpelle umgebildeten Staubblätter beobachtet.

L. (= P. hispidum Lärm). Bastard-M ohn. Ital.: Papavero spinoso. Taf. 123, Fig. 4. Einjährig, 15 bis 60 cm hoch, 1- oder mehrstengelig. Stengel aufrecht, seltener aufsteigend, meist verzweigt, mehrblütig, abstehend oder angedrückt steifhaarig, beblättert. Grundblätter gestielt, mit meist breiteren Abschnitten. Stengelblätter sitzend, einfach bi& doppelt- (selten dreifach-) fiederteilig, mit langen, linealen, spitzen oder ± stumpfen, an der Spitze zuweilen begrannten Abschnitten, borstig behaart. Blüten einzeln, endständig, nickend oder fast aufrecht, bis 4 cm im Durchmesser, an langen, angedrückt-behaarten Blütenstielen. Kelchblätter 2, grüngelb, abfallend, behaart. Kronblätter 4, rundlich bis verkehrt-eiförmig, ziegelrot oder weinrot, 1,5 bis 2 cm lang, am Grunde mit schwarzem Flecken. Staubblätter zahlreich, mit nach oben keulig-verdickten, dunkelvioletten Filamenten (Taf. 123, Fig. 4 a). Kapsel eiförmig-rundlich, dicht mit gelblichweissen, nach aufwärts gebogenen, steifen Borsten besetzt, 1 bis 1,25 cm lang. Narbe 5- bis 8-strahlig. Samen graubraun, nierenförmig, tief netzig-grubig (Taf. 123, Fig. 4 b). — V bis VII.

1167. Papaver hybridum

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Selten auf Aeckern und Feldern, in Weinbergen, unter dem Getreide, auf Schutt, an unbebauten, wüsten Plätzen. In D e u t s c h l a n d zerstreut im Rhein-, Nahe- und Glangebiet, vereinzelt in Hessen, Thüringen und Sachsen. Bei Stettin verschleppt. Fehlt in O e s t e r r e i c h mit Ausnahme des Küstenlandes vollständig. In der S c h w e i z einzig vereinzelt im Wallis (von Conthey bis Brig).

A llgem ein e V erb reitun g: Mittelmeergebiet, Kanaren, Marokko, Mitteleuropa (nördlich bis Südengland, Nordfrankreich, Mitteldeutschland), Zentralasien.

Auch diese Art ist in Mitteleuropa meist als Unkraut mit der Saat eingeschleppt worden; oft erscheint sie nur vorübergehend.

L. (= P. clavigerum Lam., = P. maritimum With., = P. clavätum Gilib.). Sand-M ohn. Taf. 123, Fig. 3. Ein- oder zweijährig, (10) 15 bis 30 (50) cm hoch, 1- oder mehrstengelig. Stengel aufrecht oder aufsteigend, einfach oder verzweigt, beblättert, anliegend borstig - behaart. Grundständige Laubblätter gestielt, fiederteilig bis doppelt fiederteilig mit lanzettlichen Abschnitten; die stengelständigen sitzend mit längeren, spitzeren Abschnitten, meist alle anliegend steifhaarig, selten kahl. Blüten 2 bis 3,5 cm im Durchmesser, ± aufrecht. Blüten­ stiele borstenhaarig. Kelchblätter 2, grüngelb, behaart, abfallend. Kronblätter 4, länglich verkehrt-eiförmig, nach dem Grunde zu keilförmig, 12 bis 25 mm lang, dunkelscharlachrot, am Grunde mit schwarzem Flecken. Staubblätter zahlreich mit rotvioletten, nach oben ver­ breiterten Filamenten (Taf. 123, Fig. 3a). Fruchtkapsel ± lang-keulenförmig, allmählich in den Stiel verschmälert, 15 bis 17 mm lang, deutlich gerippt, mehrmals länger als breit, spärlich (zuweilen nur an der Spitze) mit aufrechten Borsten besetzt. Narbenstrahlen 4 bis 6, mit den Rändern sich nicht deckend, die Scheibe überragend. Samen halbmond­ förmig, netzig-grubig. — V bis VII. Zerstreut (stellenweise ganz fehlend) auf Feldern und Aeckern, unter der Saat, auf Brachen, Sandplätzen, unbebauten Orten, Dämmen, besonders im Tiefland (vereinzelt bis 1600 m). Mit Vorliebe auf sandigem oder lehmigem Boden. A llg em ein e V erb reitun g: Mittelmeergebiet (in Italien und auf der Balkan­ halbinsel ziemlich selten), Mitteleuropa (im Norden noch bei Kristianstad und Upsala).

1168. Papaver Argemöne1)

Aendert ab: var. g l a b r ä t u m (Coss. et Germ.) Rouy et Fouc. Kapsel nur im obern Teil mit ver­ einzelten Borsten besetzt (Hie und da). — var. g l ä b r u m Koch ( = var. leiocärpum Celak., = var. psilocarpum Körnicke). Kapsel vollständig kahl oder höchstens an der Spitze mit ganz wenigen Borsten besetzt (Hie und da). — var. a r v e n s i s (Borkh.) Elkan. Pflanze zart, 10 bis 15'cm hoch. Laubblätter weniger stark einge­ schnitten, mit linealen Abschnitten. Blüten kleiner (Selten). — var, l a c i n i ä t u m Lamotte. Kronblätter + tief eingeschnitten (Thüringen: Salza, Heringen; Niederösterreieh: Stockerau). — var. n e g l e c t u m O. Kuntze. Laubblätter kleiner und weniger zerschlitzt. Fruchtknoten meist kahl. Borsten der Fruchtkapsel nicht auf­ recht, sondern spreizend oder zurückgebogen (Selten mit der Stammform beobachtet, so bei Warnemünde, Genf, Paris). Ueber die Begleitpflanzen vgl. Polygonum Convolvulus Bd. III, pag. 205.

L. (= P. nigrum Crantz, = P. ophferum Forsk., = P. amplexicaüle Stokes). G arten-M ohn. Franz.: Pavot, oeilette, pavot des jardins; engl.: Garden-poppy, opium-poppy, chessbolls; ital.: Papavero, papavero indiano, papavero domestico. Taf. 123, Fig. 2 und Fig. 735.

1169. Papaver somniferum

Das Wort Mo h n (althochdeutsch mäge, mago, mittelhochdeutsch mägen, mähen, man) ist urver­ wandt mit dem gleichbedeutenden gr. f,irjxcov [mekon]. Mundartliche Formen sind: Ma n , M ä n b l a u m e (niederdeutsch), Mü y e n (Gotha), Mag( e) n (bayerisch-österreichisch), Mu o n (Krain: Gottschee), M ä g i , Mä g i s , M ä g i c h (Schweiz). Bezeichnungen, die ursprünglich für die Samen, dann aber für die ganze Pflanze*) *) Griech. dgyEfxdvrj [Argemöne] bei Dioskorides mat. med. II, 177 Pflanze, deren Saft die Flecken in den Augen ( = ärgema) vertreiben soll. H e g i , F lo r a , Bd. I V .

Name einer mohnähnlichen 95

34 se lb st g elten, sind: M a g s a m e (rh ein isch ), M a s ( t ) [M a g sa t], M o s ( t ) [M o h n saat] (E isass). D e r M o h n k o p f w ird b e ze ic h n e t als M ö h e i t l (N ordböhm en), K ö l b e , K i 1b e (N a ssau ), G u g g l (T irol), K l e p p e r l i (S c h w a b en ), M a s t k l ü p f e l (E isass), M a g t h ü s l i , R o l l e , C h o l b e (S chw eiz).

E injährig-, 30 bis 150 cm hoch, 1-stengelig, blaugrün bereift. S tengel aufrecht, einfach od er verzw eigt, kahl (selten w enig borstenhaarig), wie die ganze Pflanze weissen M ilchsaft führend. L a u b b lä tte r stengel­ ständig, sitzend, länglich,-eiförm ig, die untern in einen kurzen Stiel hinablaufend, die obern + stengelum fassend, am R an d e g ek e rb t oder g esäg t. B lütenstiele lang, hin und h e rg e ­ bogen, kahl o d er abstehend b ehaart, 1-blütig. B lüten + aufrecht,, bis 10 cm im D urchm esser. K e lc h b lä tte r 2, grün,.kahl, abfallend. K ronb lä tte r 4, violett bis weiss o d er rot, rundlich bis verkehrt-eiförm ig, zusam m enneigend, am G runde m it einem dunkleren F lecken, ganzra n d ig oder w ellig bis + eingeschnitten. S ta u b b lätte r zahlreich m it nach oben v e r­ dickten F ilam enten und länglichen, b la u ­ grünen A n th eren (T af. 123, F ig. 2 c) N a rb en strah len 8 bis 12. — V I bis V III. Stellenw eise (bis in die A lp en täler bis ca. 1600 m) auf F eld ern oder in G ärten (als Oel- oder Z ierpflanze kultiviert) oder auf S ch u ttp lätzen , an Zäunen, W e g rän d ern , F elsen, im Flusskies verw ildert. P a p a v e r som niferum is t in der F o rm - der K ap sel u n d K ro n b lä tte r, in der F a rb e der S am en u n d P e ta le n se h r v e rän d e rlic h , so dass zah lreich e F o rm e n u n te rsc h ie d e n w erd en können. N a ch der F a rb e d e r S a m en lasse n sich u n te rs c h e id e n : var. á l b u m D C . ( = var. officinále Coss. et G erm ., = var. álb u m p aeo n iifló ru m A lefeld, = P . officinále G m el., = P. indehiscens D u m o rt.). S am en w eiss (D iese F o rm lie fe rt die offizineilen S em en P a p a v e ris). — var. n i g r u m D C . ( = var. genuinum , = var. sp itátu m , = var. h o rte n s e ). S am en sc h w a rz (D iese sc h w a rze n S a m en w erd en b e so n d e rs zur O e lg ew in n u n g v e rw en d e t). — S e lte n e r w e rd en S a m en von b la u e r (var. csesium), ro te r (var. ró se u m ), g ra u e r (var. g riseu m ) oder g e lb e rj (var. luteum ) F a rb e a n g etro ffen . — Bei dem „ S c h ü ttm o h n “ sp rin g e n die K apseln u n te r den M ü n d u n g sla p p e n zur R eifezeit m it L ö c h e rn auf, b e i dem „S c h lie ssm o h n “ b le ib e n die K a p se ln au ch z u r R eifezeit g eschlossen. S ow ohl S chliess- als S c h ü ttm o h n k om m en m it w eissen o d e r sc h w a rze n S am en vor. W e ite r g ib t es F o rm en m it g e stie lte n u n d u n g e stie lte n K apseln, m it g a n zra n d ig e n , g e fra n ste n o d er g e sc h litz te n („ S c h litz m o h n “), m it v o llstä n d ig w eissen, m it ro sa ro te n , m it sc h w a rzg e flec k te n , d u n k e lg e stre ifte n K ro n b lä tte rn so w ie m it g efü llten B lüten. D ie S o rte „ D a n e b ro g “ z eig t sc h a rla c h ro te , w e iss­ gefleckte B lüten, so d ass ein a n das dän isch e F e ld ze ich e n erin n e rn d es K re u z e n tste h t. V on M issb ild u n g en der B lü te n w e rd en e r w ä h n t: d reizäh lig e Q uirle, das A u ftre te n von 3 kleinen B lü ten in der A ch sel d e r K e lch ­ b lä tte r, die häufige U m b ild u n g d e r S ta u b b lä tte r in C arpelle (diese f. poly cép h alu m ist, w ie d u rc h la n g jä h rig e K u ltu rv e rsu c h e g e z e ig t w u rd e , sam en b e stän d ig ), fe rn e r F älle von „ C a rp e llo m a n ie “, b e i w e lc h e r sä m tlich e B lü ten k reise aus C arpellen b e ste h e n können, F ä lle von „m ed ian er P ro lifik a tio n “ ( = zen trale D u rc h w a c h s u n g ), so dass in n erh a lb von no rm alen K a p seln a u f dem G ru n d e v o llstän d ig e, k lein e re K a p seln zur A u sb ild u n g g elan g en , fe rn e r p e ta lo id v e rb ild ete F ru c h tb lä tte r o d e r S a m en a n lag e n , ra d ia l v e rd o p p e lte C arpelle (auf dem R ü c k en der C arp elle ist ein an d eres, + vollk o m m en es C arpell a n g e h e fte t) etc. S ch liesslich m a g no ch e rw ä h n t w e rd en , dass g e le g en tlic h die S am en b e re its in n erh a lb der F ru c h t ausk eim en , w ä h re n d sie den P la ze n ten n o c h a n h a fte n . D ie B lü te n e in ric h tu n g is t d ieselbe w ie b e i P . R h o eas, ebenso die V e rb re itu n g d e r Sam en, die du rch den W in d aus d e r an eine S tre u sa n d b ü c h se erin n e rn d en F ru c h tk a p s e l h e ra u sg e sc h le u d e rt w erd en . N a ch S c h u l l e r u s d e u te t

35 die Aufrichtung und Entfaltung der Blüte auf Licht- und Wärmehunger, weniger auf Anlockung von Insekten. Diese Blüte ist eher windblütig als tierblütig, da die Insekten nur Räuber sind. Als Stammpflanze des nur im kultivierten Zustande bekannten Schlafmohnes wird allgemein das im Mittelmeergebiet (besonders im östlichen Teile) vorkommende P a p a v e r s e t i g e r u m DC. (Narbenstrahlen 7 bis 8, Blätter eingeschnitten, Pflanze deutlich borstenhaarig) angesehen. Dieser Mohn wird auch heute im Norden von Frankreich mit P. somniferum zusammen kultiviert. Der Pfahlbau-Mohn scheint dem P. seti­ gerum ziemlich nahe zu stehen, so dass er gewissermassen eine Stufe in der Entwicklung der Nutzpflanze darstellt. Papaver somniferum hat als Genussmittel, Heilpflanze und ölliefernde Pflanze Bedeutung. Offizinell die unreifen Mohnköpfe ( F r u c t u s P a p a v e r i s i mma t u r i ) , das Op i u m, die Mohnsamen ( S e me n P a p a v e r i s ) und das Mohnöl ( Ol e um Pa p a v e r i s ) . Die offizinelle Droge Fructus Papaveris immaturi stammt meist von der weisssamigen Kulturform ab, deren Porenklappen sich nicht öffnen. Die Fruchtkapseln werden im Juni vor der vollen Reife, also noch unreif, grün und milchend eingesammelt, der Länge nach halbiert und bei gelinder Wärme vorsichtig und schnell getrocknet. Die Droge findet als beruhigendes und schlafbringendes Mittel, als Sedativum; bei Kolikschmerzen sowie äusserlich zu schmerzstillenden Kataplasmen Verwendung. Das O p i u m , welches ausser als Heilmittel als Genussmittel und zwar im rohesten Sinne bezeichnet werden muss, wird gleichfalls aus den Kapseln und zwar aus dem Milchsaft von Papaver somniferum gewonnen. Es scheint, dass das Opium und die schlafbringenden Kräfte des Mohnes bereits zu Homers Zeiten bekannt gewesen sind. Die Stadt Sikyon im Peloponnes führt bei Hesiod in der Theogonie (8. Jahrhundert vor Chr.) den Namen „Mekone“ ( = Mohnstadt), woraus man wohl mit Recht auf einen alten Anbau des Mohnes schliessen darf. Theophrast, der Schüler von Aristoteles, spricht von dem Ausziehen des Milchsaftes sowie von der Giftigkeit des Opiums. Etwa seit dem Ende des 4. Jahrhunderts wird der Gott des Schlafes „Hypnos“ abgebildet, in der einen Hand einen Stengel mit Mohnkopf haltend, während er mit der anderen erhobenen, aus einem hornartigen Gefäss eine Flüssigkeit ausgiesst. Aus den Berichten von Plinius geht hervor, dass Opium damals bereits in Kleinasien gebaut wurde. In Deutschland soll Opium durch Paracelsus bekannt geworden sein; er nannte es Laudanum. Nach Indien und China, wo das Opium später zu einem Volksgift schlimmster Art geworden ist, soll der Schlafmohn im 7* oder 8, Jahrhundert gekommen und in Kultur genommen worden sein und zwar wahrscheinlich durch Vermittelung der Mohammedaner, denen der Genuss des Weines verboten war. Zu einem wirklichen Volksgift wurde das Opium in China jedoch erst im Mittelalter (ca. 1650). Im Jahre 1728 soll das Opiumrauchen mit dem Banne belegt worden sein; 1796 wurde die Opium­ einfuhr namentlich aus Indien, wo der Opiumhandel seit dem 16. Jahrhundert durch die mohammedanischen Herrscher monopolisiert war, verboten. Das wiederholte Verbot hatte schliesslich zwischen England und China die bekannten „Opiumkriege“ (1843, 1856, 1860) zur Folge, nach deren Beendigung die Opiumeinfuhr schliesslich freigegeben wurde. Von China aus hat sich der Opiumgenuss zu anderen Völkern verbreitet, welches Vor­ schreiten jedenfalls noch lange nicht zum Stillstand kommt. — Das Opium wird aus den noch nicht ganz reifen, eben gelb werdenden Kapseln gewonnen und zwar durch mehrmaliges (bis siebenmal) Einschneiden (in Kleinasien macht man horizontale, in Indien schräge Einschnitte) in den untern Teil der Kapsel. Diese Einschnitte werden abends gemacht; am nächsten Morgen schabt man den langsam ausgeflossenen, anfangs milchweissen, an der Luft eingetrockneten und bräunlich gewordenen Milchsaft ab und formt ihn mit hölzernen Keulen in kleine Kuchen, die man in Mohnblätter einwickelt und hernach trocknet. Zwischen dem Einschneiden und Sammeln dürfen nicht mehr als 24 Stunden verstreichen. In China, wie überhaupt in allen Gegenden (Formosa Indien, Bulgarien, Türkei, Persien, Kleinasien, Aegypten), wo Angehörige der mongolischen oder malayischen Rasse wohnen, wird das Opium, nachdem es in einer sehr sorgfältigen und umständlichen Weise zu einem „Tschandu“ genannten Extrakte umgeformt worden ist, geraucht. Seine Wirksamkeit verdankt das Opium einer grossen Zahl (ca. 20) von Alkaloiden und zwar ist der Milchsaft der unreifen Kapsel daran am reichsten. Während der weiteren Entwicklung der Pflanze werden die Alkaloide wieder verbraucht (die grosse Abnahme wird vielleicht durch Enzyme bedingt); deshalb enthalten die reifen Mohnkapseln höchstens noch Spuren von AJkaloiden und sind so gut wie nicht giftig. Die Alkaloide zerfallen in die beiden Gruppen des Morphins und des Papaverins. Zu den ersteren, die einen Phenantrenkern im Molekül enthalten, gehört das Morphin C17 Hj7 NO (OH)2, das Codein C1 7 H17 NO; (OH) OCH3 und das Thebain. Zu den Alkaloiden mit geringer physiologischer Wirkung sind zu rechnen das Papaverin Cie He N (OCHs)4 , das Codamin Cis Hie NO (OH) (OCHa)?, das Laudanin, Tritopin, Mekonidin, Protopin, Narkotin, Papaveramin, Gnoskopin, Narcei'n, Hydrocotarnin, Xanthalin etc., alles Abkömmlinge des Isochinolins. Nach K e r b o s c h erscheinen in der jungen Pflanze diese Alkaloide in folgender Reihenfolge: zuerst das Narkotin, dann das Codein, Morphin, Papaverin, Thebain. Die 4 erstgenannten finden sich schon in Pflanzen, welche erst 5 bis 7 cm hoch sind. Ausserdem enthält Opium von charakteristischen Bestandteilen Mekonsäure (Oxydicarbonpyronsäure C 7 H* O7 ), an welche die Alkaloide zum Teil gebunden sind, einen indifferenten Körper das Mekonin (C1 0 H1 0 O4 ), Schwefel-, Essig- und Milchsäure (diese sind gleichfalls an die Alkaloide gebunden), Schleim-, Pektin- und Eiweissstoffe, Gummi,

sind

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36 Wachs; Farbstoffe, kautschukähnliche Substanzen, Fett etc. Der Riechstoff des Opiums ist noch unbekannt. Die Verwendung des Opiums ist sehr mannigfach. Sie geschieht in Form von Pillen, Pulvern, Extrakt, Tinktur, Syrup; auch zu Salben und Pflastern wird es verwendet. In der Medizin wird es angewendet als Anodynum bei vielen schmerzhaften Krankheiten, als Antidiarrhöicum, bei Darmblutungen, Diabetes, als Hypnoticum, Sedativum, Antispasmodicum, in der Veterinärmedizin bei Fohlen- und Kälberruhr, gegen Husten bei Hunden, bei Krampfkoliken der Pferde etc. Versuche, Opium durch Kultur von Papaver somniferum in Nordamerika, England, Frankreich, Spanien, Deutschland, in der Schweiz, Schweden etc. zu gewinnen, mussten, obgleich das hier gewonnene Opium zum Teil sich als ziemlich morphinhaltig (in Frankreich wurde das morphinreichste Opium erhalten) erwies, wegen der hohen Grund- und Bodenpreise sowie der hohen Arbeitslöhne als wenig rentabel aufgegeben werden. Im Handel werden eine Reihe von Sorten unterschieden, so levantinisches (klein­ asiatisches oder Smyrna-Opium), persisches, ägyptisches, ostindisches, amerikanisches, australisches, griechisches, bulgarisches, türkisches, deutsches, französisches Opium sowie Rauchopium oder Tschandu. Offizineil ist in Deutschland, Oesterreich und in der Schweiz einzig das kleinasiatische oder Smyrna-Opium, im Handel in Form kleiner, rundlicher, flachgedrückter, in Mohnblätter eingehüllter, meist mit Früchten einer Rumexart bestreuter Kuchen erhältlich. Diese haben einen eigenartig narkotischen, widerlichen Geruch (nach H a r t w i c h , Zorni g, F e d de usw.). Vergiftungen mit Papaver somniferum kommen gelegentlich bei Kindern, die die Pflanze (auch P. Rhoeas) kauen, vor. Ebenso sind Kinder gegen Morphium, das wirksamste Alkaloid des Opiums, ungemein empfindlich (schon 0,001 gr kann letal wirken). Sie pflegen unter Krämpfen zu sterben. Bei Er­ wachsenen injiziert man Morphium in der Praxis subkutan mit der Pravaz-Spritze, gewöhnlich y 2 ctgr bis D/sctgr als Morphium hydrochloricum. Da Morphium nur durch Vermittelung des Gehirns wirkt, hat dessen Injektion an der Schmerzstelle gar keinen Wert. Die nierenförmigen Samen ( S e me n Pa pa v e r i s ) , die Mohnsamen, graine de pavot, poppy seed, seme di papavero, finden in der Medizin wie die Mandeln als Emulsion, früher wohl auch zu Umschlägen Verwendung. In manchen Gegenden werden sie als Würze zu Backwerk oder Speisen benutzt oder sie werden auf Brot­ semmeln gestreut. Die in Kuchenform gepressten Rückstände der Oelfabrikation dienen als Futtermittel (Mohn­ kuchen). Die Samen enthalten 40 bis 55% fettes Oel, bis 23°/o Schleim, bis 13 % Eiweissstoffe, 6 °/o Cellulose, 5 bis 8% Asche; die letztere ist reich an Kalk und Phosphorsäure. Zuweilen sind die Samen (aus Russland) verunreinigt mit Samen von Hyoscyamus agrestis und pallidus. Das Mohnöl ( Ol e um Pa p a v e r i s ) , huile d’oeilette, maw-oil, poppy-oil, von blassgelber Farbe wird namentlich aus schwarzen Samen durch kaltes oder warmes Pressen gewonnen. Wie das Leinöl gehört es zu den trocknenden Oelen und erstarrt bei 18° zu einer dicken, festen und weissen Masse. Das Oel enthält 30°/o StearinPalmitin- und Ole'inglycerid, 65% Linolsäure- und 5% Linolensäure- und Isolinolensäureglycerid. Das kalt­ gepresste, klare und dünnflüssige Oel (huile blanche) von angenehmem Geschmack dient (besonders in Frank­ reich) als Speiseöl und kann Olivenöl ersetzen, während das heissgepresste, durch die zweite Pressung und aus Mohnsamen geringerer Qualität gewonnene, dunkelgefärbte, rote Mohnöl (huile de fabrique, huile rousse) von kratzendem Geschmack und leimähnlichem Geruch zu industriellen Zwecken Verwendung findet, so als Brennöl, zu Kernseifen (Südfrankreich), Firnissen, Malerfarben etc. — Namentlich früher war die Kultur von P. somniferum als ölliefernde Pflanze sehr verbreitet. Immerhin kann man noch heute bis in die Gebirgstäler (Tirol) hinein vereinzelte Mohnfelder antreffen. Von P a p a v e r - H y b r i d e n werden erwähnt: P a p a v e r R h o e a s L. X P. d u b i u m ( = P. e x s p e c t ä t u m Fedde). Der Einfluss von P. dubium tritt in der schmal verkehrt-eiförmigen Kapsel zutage. Die Blüten­ stiele sind entweder angedrückt- oder abstehend borstig. — P. R h o e a s L. X P. s t r i g ö s u m Schur ( = P F e d d e ä n u m K.Wein) wurde im Harz (zwischen Bennungen und Wickerode) beobachtet. — P. r u p i f r a g u m Boiss. X P. s o m n i f e r u m L. ( = P. V e t t e r i Beauverd) konnte 1909 im Pfarrgarten zu Yvonand (Schweiz) unter den Stammarten festgestellt werden.

CCCX.

Coryxlalis1) Medikus.

L e r c h e n s p o r n , Hohlwurz.

Vielfach mittels unterirdischer Knollen ausdauernde, milchsaftlose Kräuter mit mehrfach geteilten Laubblättern und endständigen oder mit den Laubblättern wechsel­ ständigen Blütentrauben, bläulich bereift. Blüten 1 bis 3 cm lang, zwitterig, querzygomorph, von Tragblättern gestützt. Kelchblätter 2, abfallend oder fehlend. Kronblätter 4, in 2 Kreisen angeordnet; die beiden des inneren gleichgestaltet, länglich mit kantigem Rücken, nach oben zu einer innen schwarzgefärbten Platte verbreitert, die beiden äusseren dagegen verschiedengestaltig, das obere nach rückwärts gespornt, nach vorne in eine breite aufJ) Gr. xoQvdaXiq [korydalis] = Schopflerche (von y.ögvg = Helm); wohl nach der Gestalt des Blütenspornes.

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geschlagene Platte (Oberlippe) endigend, das untere ohne Sporn, am Grunde schwach sackförmig erweitert, nach vorn ebenfalls in eine herabgeschlagene Platte (Unterlippe) verbreitert (Fig 740b). Staubblätter 2, oben 3-teilig, der mittlere Teil mit 1, die äusseren mit je y2Anthere (Taf. 124, Fig. 1 b); das dem Sporn gegenüberliegende Staubblatt am Grunde mit einem in denselben hineinreichenden, spornartigen Nektarium. Fruchtknoten aus 2 Karpellen bestehend, 1-fächerig, stets mit mehreren Samenanlagen (Fig. 738 d) und 2-strahligen Narben­ lappen auf verlängertem Griffel (Taf. 124, Fig. lg). Frucht eine mehrsamige, schotenähnliche Kapsel, die 2 Seiten als Klappen abfallend (Fig. 738 i). Samen nierenförmig, glatt, glänzend, schwarz, mit gekrümmtem Anhängsel (Fig. 737c; 738 e, k). Keimling mit 1 oder 2 Keimblättern. Die Gattung Corydalis umfasst ca. 100 zumeist in Zentral- und Nordostasien sowie im Mittelmeer­ gebiete verbreitete Arten. Die wenigen in Mitteleuropa vorkommenden Arten sind Frühjahrsblüher mit unter­ irdischen Speicherorganen. Bei Corydalis cava ist die unbegrenzte Hauptachse knollig verdickt; sie stirbt von rückwärts unter Hohlwerden sowie Bildung von neuen, dünnen Seitenwurzeln ab (Taf. 124, Fig. 1 c und 1 d) An der Spitze entspringen aus den Achseln von Niederblättern Blütensprosse, welche aber selbst keine Niederblätter besitzen. Bei Corydalis solida und verwandten Arten dagegen repräsentiert die Knolle eine Anschwellung der Wurzel. Mit der Entwickelung der Erneuerungsknospe aus einer Niederblattachsel bildet sich unter dieser im Innern der alten Knolle eine neue, oberwärts sich knollig verdickende Wurzel (Taf. 124, Fig. 2 a). Dadurch wird -die alte Knolle auf hüllenartige Stücke an der Oberfläche und auf den Rest des axilen Stranggewebes zusammengedrängt. Die Blütensprosse tragen bei C. solida dicht über der Wurzelknolle mehrere Niederblätter, denen in einiger Entfernung ein weiteres Niederblatt am Stengel folgt. — Blütenbiologisch sind die Lerchen­ sporne als Bienenblumen zu bezeichnen (genaue Angaben siehe bei Corydalis cava 1) und sind zum Teil selbst­ steril. Nicht selten bohren Hummeln den Sporn von aussen an, um zum Honig zu gelangen. Die mit einem Anhang versehenen Samen (z. B. Corydalis fabacea, capnoides und pumila) werden durch Ameisen verschleppt, worauf bereits Ke r n e r aufmerksam gemacht hat. ln den Knollen verschiedener einheimischer wie chinesischer Corydalis-Arten sind durch He y l , Ga d a me r , S t e i n b r e c h e r , S c h m i d t , M a k o s h i etc. verschiedene Alkaloide festgestellt worden, so das Protopin, Deshydrocorydalin, Bulbocapnin (Cio H1 0 NO4), Corytuberin Evgä o d er nXevgöv [pleurä, pleurön] = S e ite u n d gi^a [rhiza] = W urzel.

56 blätter anliegend, accumbent): die Keimblätter liegen flach aneinander; ihre Trennungslinie verläuft in der Symmetrieebene des Samens, und das Würzelchen liegt den Seitenkanten der beiden Keimblätter an (Taf. 125, Fig. 60 und Fig. 746c, k). Schema: o =. 3. Der Keim mit l ä n g s g e f a l t e t e n Ke i mb l ä t t e r n (émbryo condupliqätus, Cruciferae orthoplöceae4) : Keimblätter in ähnlicher Lage wie beim rückenwurzeligen Keim, aber um die Mittelrippe gleich einem halb­ offenen Buche längsgefaltet und mit ihren Rändern das Würzelchen, das in die Rinne des zunächstliegenden Keimblattes zu liegen kommt, umschliessend (Taf. 125, Fig. 61 und Fig. 746d, 1). Schema: o ». 4. Der s p i r a l i g g e r o l l t e Ke i m (embryo spirälis; Cruciferae spirolöbeae2) : Taf. 125, Fig. 64. Schema: o II II (bei sehr starker Einrollung, wie in Fig. 64, werden die Keimblätter auf dem Querschnitt nicht nur 2 mal, sondern 3 mal getroffen). 5. Der d o pp e l t g e f a l t e t e Ke i m (émbryo biplicätus; Cruciferae diplecolöbeae3) : vgl. Fig. 746e. Schema: o II II ||. In schwächerer Ausbildung findet sich dieser Keim auch bei Coronopus (Taf. 125, Fig. 63). Nach neueren Untersuchungen sind die vorstehend genannten 5 Typen nicht nur teilweise durch mannigfache Uebergänge verbunden, sondern sie entsprechen auch nur zum kleinsten Teil natürlichen Gruppen innerhalb der Familie. Sie werden daher mit Vorteil auf die folgenden 3, von P o m e l (1860) aufgestellten Typen reduziert: 1. O r t h o p l o c e a e ( = Typus 3 von D e C a n d o l l e ; siehe oben). 2. P l a t y l d b e a e 4): Keimblätter flach (weder längs- noch quergefaltet), an der Krümmung des Keimlings entspringend (Fig. 746b, c), im übrigen in notorrhizer oder pleurorrhizer Lage (vgl. oben Typus 1 und 2). 3. P l e u r o p l o c e a e 5), pleuroploker Embryo : Keimblätter länger als das Würzelchen, in ihrem untern Teil abgeknickt und mit dem untern, stielartig verschmälerten Ende über die Krümmung des Keimlings hinüber in den Mikropylen- oder Synergidenschenkel des Embryosackes hinübergreifend (so bei allen Lepidinae, Fig. 746a); meist in notorrhizer, seltener (z. B. Lepidium Virginicum) in pleurorrhizer Lage (zuweilen ausser der basalen Knickung noch spiralig gewunden oder nochmals quergefaltet; vgl. oben Typus 4 und 5). A n o m a l i e n (Bil d u n gs ab w ei ch u n ge n). 1. Aufbau und Verzweigung. Cardamine pratensis tritt zuweilen in einer f. acaulis auf, bei der die Achse gestaucht ist und die langgestielten Blüten einzeln aus den Achseln der Grundblätter entspringen, ein Verhalten, das für einige andere Gattungen (Ionopsidium, Morisia u. a.) normal und typisch ist. — 2. Auf den Laubblättern treten zuweilen, namentlich bei feuchte Standorte bewohnenden Arten, Auswüchse in Form von B r u t k n o s p e n auf (Cardamine pratensis, hirsuta, Impatiens; Nasturtium officinale u. a.), wie solche — in achselständiger Stellung — bekanntlich bei Dentaria bulbifera (Taf. 134, Fig. 1) normal Vorkommen. — 3. In den Blütenständen werden die in der Regel fehlenden Tragblätter der einzelnen Blütenstiele bei sehr zahlreichen Gattungen ab und zu als Abnormität ausgebildet; viel seltener (namentlich in vergrünten Blütenständen) können auch Vorblätter beobachtet werden. — 4. Anomalien der Blüten. Vergrünungen sind häufig zu konstatieren und meist von anderen sekundären Bildungsabweichungen (Verlängerung der Blütenachse, Verschiebung der Glieder eines Wirtels, Trennung der Fruchtblätter usw.) begleitet. Hervorgerufen werden die Vergrünungen meistens durch pflanzliche oder tierische Parasiten (Pilze: Cÿstopus cändidus, häufig z. B. auf Capsella Bursa pastoris ; Blattläuse : Aphis-Arten ; Gallmilben : Eriophyes Drabae). G e f ü l l t e Bl ü t e n treten namentlich in der Kultur auf (Matthiola incana, Cheiranthus), doch auch an wild­ wachsenden Arten (Cardamine pratensis). Durchwachsungen der Blüten sind nicht selten anzutreffen. Durch­ wegs dreizählig gebaute Blüten ( K 3 - j - 3 C6 A 3 - J - 6 G 3 ) wurden z. B. bei Brassica Napus, durchwegs 4-gliederige Wirtel bei B. oleracea beobachtet. Umwandlung von Kronblättern in Staubblätter sind bei ge­ wissen Abarten von Capsella Bursa pastoris und Cardamine pratensis als + erblich gewordene Bildungsab­ weichungen zu betrachten. Häufig sind Abweichungen vom normalen Typus des Androeceums zu beobachten. Die medianen Staubblätter sind oft paarweise zum Teil oder auch in ihrer ganzen Länge verwachsen, was für die Hypothese ihrer Entstehung durch Dédoublement spricht; noch öfter tritt der Fall ein, dass an Stelle jedes langen Paares ein einziges Staubblatt ausgebildet ist (normal ist diese Erscheinung für manche Arten von Lepidium, Coronopus u. a.). Umgekehrt können aber auch zuweilen die medianen Staubblattanlagen 3- oder 4-fach seitlich dedoubliert sein (Matthiola, Cheiranthus, Tonopsidium acaüle, Iberis semperflorens) ; bei Megacarpæa ist dieses manchen Capparidaceen analoge Verhalten zur Norm geworden, die Blüten dieser Gattung J) Gr. ÔQ'dôç [orthds] = gerade und nXéxcù [pléko] (in Zusammensetzungen nXox [plok]) = ich flechte, biege. 2) Gr. oJitlça [speira] = Windung und Xoßog [Iobös] = Lappen; hier speziell = Samenlappen. 3) Gr. ôLg [dis] = zweimal, jiX.éxco [pléko] = ich flechte, biege und Xoßög [lobds] = Lappen, Samenlappen. 4) Gr. nXazvg [platÿs] = platt, flach und Xoßog [lobds] =■ Lappen, Keimblatt. 5) Gr. nXevgä oder nXtVQÔv [pleura, pleurdn] = Seite und nXéxa = ich biege, falte. Keimling seitlich gefaltet.

57 sind k o n sta n t p o ly an d risch . E n d lich finden w ir se lb st im ä u sse ren , no rm al zw eizäh lig en S ta u b b la ttk re is als g ele g en tlic h e A u sn a h m e n ähnliche S p a ltu n g se rsc h e in u n g e n (C h e ira n th u s C heiri, T h la sp i arvense, R a p h an u s R a p h a n istru m ). A ls w e ite re A nom alie des A n d ro eceu m s ist n o c h die zuw eilen zu b e o b a c h te n d e U m w a n d lu n g von S ta u b - in F ru c h tb lä tte r zu erw äh n e n . __ A b w eich u n g e n in der Z ahl d e r F ru c h t­ b lä tte r w u rd e n b e re its ob en (pag. 53) e r­ w ä h n t. In a b n o rm e n poly k arp id isch en S choten von B ra ssic a o lera ce a w u rd e n bis 1 4 F ru c h tb lä tte r g e zä h lt. — P olyem bryonie der S am en is t b e i C h e ira n th u s C h e iri und R a p h an u s sa tiv u s n a c h g e w ie se n u n d d ü rfte auch so n st h ie u n d d a V orkom m en. A n a t o m i e , P h y s i o l o g i e und B i o l o g i e . D ie H a a re d e r C ru c ife ren w eisen häufig eine m it K a lk in k ru stie rte M e m b ran auf, und es sind n a m e n tlic h die zw ei­ spitzigen, der E p id e rm is d ic h t anliegenden „ F e ile n h aa re “ von E ry sim u m als S c h u tz ­ m ittel g e g en S c h n e ck e n frass b e tra c h te t w orden. In d e r R e g el d ü rfte je d o c h die B ehaarung als S c h u tz g e g en V e rd u n stu n g aufzufassen sein, w a s n a m e n tlich au ch d a ­ raus h e rv o rg e h t, dass b e i k a h le n S ten g eln und B lä tte rn h äu fig das H a ark le id d u rc h Fig-, 747. E i w e i s s z e l l e n . a T e i l e in e s „ M e so p h y ll-Id io b la sten * v o n B r a s ­ einen b läu lich e n W a c h sü b e rz u g e rse tz t ist s i c a n i g r a ( L ) K o c h , b B la tt q u e rsch n itt von A r a b i s h i r s u t a (L .) S co p . m it M e s o p h y ll-I d io b la s te n . c Q u e r sc h n itt d urch ein B la ttle itb ü n d e l v o n A r a b i s (L epidium sativ u m , B ra ssic a -A rte n ). S e h r T u r c z a n i n o w i i L ed eb . m it P h lo e m b e le g -I d io b la s te n . d B la ttq u e r s c h n itt leh rreich is t in d ieser H in sic h t das V e r­ v o n A r a b i s H a l l e r i L ., d ie I d io b la s te n lie g e n in der P a r e n c h y m sc h e id e . e P h lo e m b e le g - I d io b la s t v o n A r a b i s T u r c z a n i n o w i i L e d e b . im B la tt­ h a lte n einiger z w e ijä h rig e r o d e r ü b e rflä c h e n s c h n itt (a lle F ig u r e n n a ch S c h w e i d l e r ) . w in te rn d -e in jä h rig e r A rte n , die im e rsten Jahre (n a m e n tlich im W in te r) eine R o se tte g ra sg rü n er, w e ich e r, b e h a a rte r L a u b b lä tte r, am B lü te n ste n g el 'd a g e g e n s ta rk a b w e ic h e n d g e b a u te , d ickliche kahle, b la u g rü n e L a u b b lä tte r ausbilden (B rassica R a p a, Isa tis tin c to ria , T u rritis g lab ra ). E s sc h e in t dies eine A npassung an ein su b tro p isc h e s K lim a m it m ildem , n ied e rsc h la g sre ich e m W in te r u n d tro c k e n e m S om m er (M ittelm eerk lim a!) zu s e in ; ganz analo g v e rh alte n sich a u c h einige m e d ite rra n e C om positen, z. B. C h o n d rilla juncea und L a c tü c a vim inea. H e rv o rzu h e b e n ist no ch , d ass in n e rh a lb der C ru ciferen in m an c h e n V e rw a n d t­ sch aftsk reisen n u r ein fach e, in an d eren a usschliesslich o d er v o rw ie g e n d v e rz w e ig te H a are V orkom m en; b eiderlei H a arfo rm e n verm ö g en in g leic h er W eise die F u n k tio n des V e rd u n stu n g ssc h u tz e s auszuüben, so fe rn sie in g e ­ nügender D ic h te die B lattflä ch e b e k leid en (L epidium h irtu m , B isc u te lla -A rte n einerseits, M a tth io la a n d e rse its). B l a t t a n a t o m i e . C h a ra k te ristisc h is t fü r die C ru ciferen das V o ik o m m e n eig en tü m lich er, e iw eissh a ltig e r Idioblasten im B la ttg e w e b e , die von ih rem E n td e c k e r H e i n r i c h e r (1886) als E iw eiss-S c h lä u ch e , von a n d ere n F o rsch e rn a u c h als M y r o s in - S c h l ä u c h e ( S p a t z i e r 1893) o d e r M y r o s i n - Z e I l e n ( G u i g n a r d 1890, S o l e r e d e r 1899) b e z e ic h n e t w u rd e n (Fig. 747). Sie sind den M ilch rö h re n d e r P a p a v e ra c e e n h o m o lo g und e n th a lte n , w ie G u i g n a r d e rk an n te, das F e rm e n t M y r o s i n , das, w e n n es infolge von V e rletzu n g des G e w e b es m it in anderen Zellen lo k alisierten G lycosiden in B e rü h ru n g k o m m t, die F ä h ig k e it b esitzt, diese G lycoside zu hy d ro lisieren und ä th e ris c h e Senföle (n e b st Z ucker) zu b ild e n ; so w ird K a liu m m y ro n a t (S inigrin) u n te r E in w irk u n g von M yrosin in A llylsenföl (A llylth io carb im id ), T ra u b e n z u c k e r u n d K a liu m b isu lfat (saures sc h w e felsa u re s K alium ) gespalten n a ch d e r G le ic h u n g : C 10 Hie N S j O s K + H 2 O = ' Cs H 5 N C S + Ce H 12 Oe + K H SO*. D ie M y ro sin sch lä u ch e finden sich n a c h den U n te rsu c h u n g e n von H e i n r i c h e r , G u i g n a r d und nam entlich von S c h w e i d l e r 1) in den B lä tte rn b a ld n u r im M esophyll (F ig. 747a, b ; sie sind dann c h lo ro p h y ll­ führend), b a ld sin d sie an die L eitb ü n d el g eb u n d en und c hlorophyllos (F ig. 747c b is e). E ndlich k o m m en beid e T ypen n e b en e in a n d e r im gleich en B la tte vor (ü b e r die sy ste m a tisc h e B e d e u tu n g der L o k alisa tio n der M y ro sin ­ zellen siehe p a g . 64). U e b erd ie s w e rd en die Id io b la ste n in den v e rsch ie d en ste n O rg an en der C ruciferenpflanzen a n g etro ffen : in d e r W urzel, im S ten g el, in den L a u b b lä tte rn , in den K elch-, K rö n - und S ta u b b lä tte rn , in den F ru c h tk la p p e n u n d n a m e n tlich au ch im S am en (K e im b lä tte r u n d W ü rzelch en ), w o das M y ro sin b e im Z erJ) S c h w e i d l e r , J. M . D ie sy ste m atisc h e B e d eu tu n g d e r E iw e iss - oder M yrosinzellen n e b st B e iträ g e n zu ih rer a n ato m isch -p h y sio lo g isch e n K e n n tn is. B er. der D e u tsc h , b o tan . G es. X X III (1905), 274 b is 285, T a f. X II.

58 quetschen oder Zerreiben der Samen aus den Glycosiden die (im unverletzten Samen noch nicht gebildeten) charakteristisch riechenden Senföle in reicher Menge erzeugt. Entsprechend den drei für die Laubblätter geschilderten Typen der Verteilung finden sich die Idioblasten auch in den übrigen genannten Organen entweder nur im Grundgewebe cder ausschliesslich an den Leitbündeln oder endlich an beiden Orten gleichzeitig. Bl üt e nb i o lo gi e. Die Blüten der Cruciferen sind fast stets zwitterig1); sie sind— mit wenigen Aus­ nahmen*2) — an die Insektenbestäubung angepasst und homogam oder schwach proterogyn.3) In der Regel wird der anfangs meist eine Doldentraube bildende Blütenstand durch Streckung der Achse zu einer ver­ längerten Traube, die je nach der Grösse und Zahl der Blüten eine grössere oder geringere Augenfälligkeit der Pflanze bewirkt; doch steigert sich letztere nur bei wenigen Arten der Familie so erheblich, dass der Insekten­ besuch ein sehr ausgedehnter ist. Es besitzen daher auch fast alle Cruciferen die Möglichkeit spontaner Selbstbestäubung am Ende der Blütenentwicklung für den Fall, dass infolge ausbleibenden Insektenbesuches oder schlechter Witterung die Fremdbestäubung unterblieben ist. Die Kelchblätter dienen nicht nur als Schutz­ organ für die sich entwickelnde Blüte, sondern bilden oft durih enges Zusammenschliessen unter einander und festes Zusammenhalten der Nägel der Kronblätter ein Honigreservoir. Der Anlockung der Insekten dienen die meist auffällig — weiss; gelb, seltener violett, blau oder rot — gefärbten Kronblätter, ferner die Nektar absondernden Honigdrüsen, die der Blüte zuweilen einen intensiven Honigduft (Lepidium Draba, Thlaspi rotundifolium, Lobularia maritima, Armoracia, Crambe) oder einen sonstigen starken Geruch (Cheiranthus Cheiri, Matthiola incana: Nelkengeruch) verleihen. Trotz der weitgehenden Uebereinstimmung im morpho­ logischen Aufbau der Blüten zeigen die Cruciferen doch eine grosse Veränderlichkeit in der Zahl und Lage der Honigdrüsen, in der Stellung der Staubblätter zu diesen und zu der Narbe, sowie in der Art der Auf­ bewahrung und der Bergung des Nektars. Die Zahl der blütenbiologischen Typen ist entsprechend eine recht grosse; an dieser Stelle können nur die folgenden 2 Extreme der biologischen Differenzierung, die durch alle erdenklichen Uebergänge mit einander verbunden sind, geschildert werden, während bezüglich der Einzelheiten auf K n u t h ’s Handbuch der Blütenbiologie, sowie auf die einschlägigen Arbeiten von G ü n t h a r t 4) verwiesen werden muss5) (letzterer unterscheidet [1910] 13 verschiedene biologische Blütentypen). 1. Niedrig organisierte Cruciferenblüten: Kelchblätter abstehend oder aufrecht abstehend; mediane Hebung der Blütenachse gering, seitliche Kelchblätter daher ungesackt. Kronblätter + abstehend mit kurzem Nagel und davon oft nicht scharf abgesetzter, in der gleichen Richtung liegender Platte. Staubfäden + abstehend oder bogig aufstrebend, ohne Flügelleisten und Zähne. Nektarien ringsum gleichmässig um den Fruchtknoten und den Grund der Staubfäden verteilt, freiliegend, von aussen sichtbar, auch für kurzrüsselige Insekten leicht zu erreichen (kein Schutzmittel zur Bergung des Nektars); z. B. Biscutella levigata; Draba Aizoon (Fig. 748 a bis c). 2. Biologisch hochdifferenzierte und spezialisierte Blüten: Kelchblätter aufrecht, zusammenschliessend, die seitlichen im Zusammenhang mit der starken medianen Hebung des Blütenbodens am Grund sackförmig ausgezogen, oft als Honigreservoir dienend. Kronblätter mit langem, aufrechtem Nagel und scharf abgesetzter, abstehender Platte, in der Medianebene zusammenschliessend, nur seitlich eine Lücke zwischen sich lassend.

4) Ausnahmen bilden das subdiöcische, neuseeländische Lepidium sisymbrioides Hooker fil. un zur Diklinie (Gynomonöcie oder -diöcie) neigende Cardamine pratensis. 2) Arten mit fehlenden oder ganz unscheinbaren Kronblättern, wie Lepidium ruderale und Coronopus didymus, dürften kaum von Insekten besucht werden. Indessen ist die vorwiegende Autogamie dieser Arten sicherlich ein sekundärer Zustand von geringem phylogenetischem Alter, da die Honigdrüsen die Funktion der Nektarabsonderung noch immer erfüllen. 3) Eine beginnende Heterostylie zeigen z. B. Lepidium ruderale, Cardamine pratensis und Brassica nigra. 4) Gü n t h a r t , A. Beiträge zur Blütenbiologie der Cruciferen, Crassulaceen und der Gattung Saxi­ fraga. Bibliotheca bot. Heft 58 (1902), 97 S., 11 Taf. — Ders. Prinzipien der physikalisch-kausalen Blütenbiologie in ihrer Anwendung auf Bau und Entstehung des Blütenapparates der Cruciferen. Jena 1910. 5) Der letztgenannte Autor vertritt die Auffassung, dass die Emporhebung der medianen Teile der Blütenachse (gegenüber den tieferstehenden seitlichen), die die Wurzeln des vorderen und des hinteren Kelch­ blattes — oft weit über die Ansatzstelle der seitlichen Staubblätter hinaus — am Blütenkegel emporsteigen lässt, sehr nachhaltig auf die Plastik der ganzen Blüte einwirkt v*od in letzter Linie, je nach dem verschiedenen Grade dieser Hebung, physikalisch-kausal die Mannigfaltigkeit der Blütenformen bewirkt. Die medianen Kelch­ blätter heben nämlich die ebenfalls nahe der Medianlinie entspringenden Kronblätter in die Höhe; der gleiche Einfluss trifft auch die medianen Honigdrüsen, die bei starker Hebung infolge Raummangels sich nicht ent­ wickeln können. Endlich werden die an die medianen Kelchblätter angrenzenden Enden (Ränder) der Wurzeln der seitlichen Kelchblätter durch jene in die Höhe gehoben, wodurch sich teilweise ihre Sackbildungen erklären lassen.

59 S ta u b fä d e n a u fre c h t, o ft m it län g sv erlau fe n d e n L e iste n - o d e r F lü g elb ild u n g en , die h äufig als „ F ü h ru n g s k a n ä le “ fü r den In se k ten rü ssel dienen. S ta u b b e u te l d e r län g e ren S ta u b b lä tte r a u sw ä rts (g eg en die ku rzen S ta u b b lä tte r) g e d re h t N e k ta rie n d u rc h die zu sam m en sch liessen d en K elch - und K ro n b lä tte r g e sc h ü tz t und a u f die L a te r a l­ seite (den G ru n d der k u r­ zen S ta u b fäd e n ) be­ sc h rän k t, die m edianen n ic h t a u sg e b ild et. A uf diese W eise w ird d e r N e k ta r n u r d u rc h die zw ei se itlic h e n , in z w e c k m ä s ­ sig e r W eise v o rg eb ild eten , sen k rech ten , rö h re n fö rm i­ gen B lü te n e in g ä n g e e r­ re ic h b ar, und z w a r le d ig ­ lich fü r lan g rü sse lig e In ­ sekten. B e m e rk e n sw e rt ist dabei die bio lo g isch äu sse rst z w ec k m ässig e r­ scheinende K o rre la tio n , Fig-, 748. a b is c B lü te v o n D r a b a A i z o o n W a h len b . a B lü te in v o lle r A n th e s e (von ob en ), b D ie ­ s e lb e v o n d er S e ite g e s e h e n , c D ie s e lb e n a ch d em V e r b lü h e n k n o s p e n fö r m ig g e s c h lo s s e n . — die d a rin b e s te h t, dass d B lü te v o n A u b r i e t i a p u r p u r e a D C . v o n o b e n , e S e x u a lo r g a n e u nd N e k ta r ie n v o r B e g in n über d en jen ig en S tellen, d es S tä u b en s. f E b e n so , B e g in n der P a p ille n b ild u n g an der N a rb e, g b is i S c h e m a ta der wo die g rö ss te A n sa m m ­ B e w e g u n g e n der A ntikeren, k B lü te m it t e ilw e is e en tfern tem P e ria n th . A n th e r e n der lä n g e r e n S ta u b b lä tter n a ch der S e ite g e d r e h t. I D ia g ra m m , F o r tsä tz e der F ila m e n te , d ie H o n ig z u g ä n g e , lung von D rü s e n g e w e b e B lü te n e in g ä n g e u nd den s tä rk ste n Grad der A b d re h u n g der o b eren A n th e r e n d a rstellen d . — anzutreffen ist, a u ch die vi Q u er sc h n itt d urch d en B lü ten g ru n d v o n B e r t e r o a i n c a n a (L.) D C . n B lü te v o n o b en (a lle F ig u r e n n a c h G ü n t h a r t ) . L ücken im K ro n te ller, die dem In se k t den Z u g an g erm öglichen, u n d au sserd em die g rö sste A n h ä u fu n g von P ollen (infolge der D re h u n g der m ed ian en S ta u b b e u te l) sich finden (die b e id e n B lü te n e in g ä n g e w e rd en von stä u b e n d e n A n th e re n flan k iert). H ie h er z. B. die B lü ten von B iscu tella c ic h o riifo lia u n d A u b rie tia p u rp u re a (Fig. 748 d b is 1). W ird d e r B lü te n g ru n d w ie b e i B e rte ro a incana (Fig. 748 m, n) a u f je d e r S eite d u rc h einen a u f der In n e n seite v o rsp rin g e n d en Z ahn am G ru n d e des k u rz en S tau b fad en s (T a f. 125, F ig . 9) nochm als in 2 H ä lfte n a b g e te ilt (also im ganzen 4 -fäc h e rig ), so m uss das b e su c h en d e Insekt w ä h re n d des S au g en s m eh rm als seinen K ö rp e r a uf- und a b b e w e g e n , w o b ei es m it den S ta u b b e u te ln und der N arbe w ie d e rh o lt in g rü n d lic h e B e rü h ru n g kom m t. — N ie d rig - u n d h o c h o rg a n isie rte B lüten e n tsp re c h e n nun n ic h t etw a sy s te m a tisc h e n G ru p p en in n erh a lb der F a m ilie ; sie k ö n n en v ielm eh r in n erh alb der gleich en G a ttu n g n eb en ein an d er b e i v e rsch ie d en e n A rte n V orkom m en (B iscutella, D ra b a ), j a se lb st in n erh a lb ein er u n d derselb en Spezies sc h w a n k e n die b lü te n b io lo g isc h en M erk m ale zuw eilen b ei E xem plaren von v e rsch ie d en e n L o k a litä te n . D ie b e re its e rw ä h n te , am S chlüsse der A n th e se (o d er au ch b e i a n h a lte n d sch lec h te m W e tte r in den geschlossen b leib e n d en B lüten) e in trete n d e S e lb stb e s tä u b u n g k o m m t d a d u rc h zu stan d e, dass a u ch b e i den n iedrig o rg a n isie rte n B lü te n b e i dem B eginn des W elkens K e lch und K ro n e sich k n o sp e n fö rm ig schliessen (Fig. 748 c). D a b e i w e rd en die lan g en S ta u b b lä tte r an den F ru c h tk n o te n a n g ed rü c k t, und die d u rc h das L än g e n w a c h stu m des le tz te re n e m p o rg e h o b en e N a rb e m uss n o tw e n d ig m it den S ta u b b e u te ln in B e rü h ru n g kom m en. In den e rste n S ta d ie n d e r A n th e se s te h t d a g eg e n die N a rb e tie fe r als die B eutel der lan g e n S ta u b ­ b lä tte r, die zudem o ft sta rk n a c h a u sw ä rts g e k rü m m t o d e r n a c h der S e ite g e d re h t sind, so dass in d ieser E n t­ w ick lu n g sp h ase n u r F re m d b e s tä u b u n g , a b e r keine A u to g a m ie m ö g lic h ist (F ig. 748e, f). — T ro tz d e r w o h l bei allen *) C ru ciferen zu k o n sta tie re n d e n E in ric h tu n g e n z u r A u to g a m ie sin d m an ch e A rte n se lb ststeril, d. h. sie v e rm ö g e n bei B e stä u b u n g m it dem P o llen d e r gleichen B lüte o d er se lb st (z. B. b e i C ard am in e p ra te n sis) m it P o llen aus einer a n d ere n B lü te des gleichen S to ck es kein e oder n u r ta u b e S a m en zu e rze u g e n ; so n a c h H i l d e b r a n d (1896): C a rd am in e p ra te n sis, A e th io n e m a gran d iflö ru m , H e sp e ris tris tis, S isym brium tan a ce tifo liu m , L o b u la ria m aritim a u. a. D a g e g e n is t S e lb stfe rtilitä t (d. h. S a m en e rze u g u n g b ei S e lb stb e stä u b u n g ) d u rc h V e rsu c h e m it G azebeuteln p o sitiv fe stg e s te llt w o rd en , z. B. bei A llia ria officinalis, M alcölm ia m aritim a , E ro p h ila verna, B rassica R a p a . — B a s t a r d e sind in einzelnen G a ttu n g e n (z. B. C ard am in e, D e n ta ria , R o rip a [N a stu rtiu m ], A rab is, D ra b a ) häufig, in a n d eren , se lb st se h r fo rm en re ic h e n G e n era (w ie S isym brium , B ra ssic a, L ep id iu m ) d agegen n ic h t sic h er n ach g e w iesen . Biologie der F rü c h te und Samen, Di e S p r i n g f r ü c h t e (S choten oder S c h ö tc h e n ) zeigen keinerlei E in ric h tu n g e n zur F ru c h tv e rb re itu n g , w ohl a b e r zu w eilen V o rric h tu n g e n , die das A u fsp rin g e n der K la p p en ‘) N u r fü r einige T h la sp i-A rte n m it a n se h n lich e n B lü te n (T . alpinum , T . rotu n d ifo liu m ) w ird a n g e ­ geben, dass S e lb stb e s tä u b u n g a u sg e sch lo ssen sei (?)

60 und die Ausstreuung der Sannen erleichtern. So das elastische Zurückrollen von dünnen Schotenklappen ohne starren Mittelnerv (Cardamine-Arten; Taf. 125, Fig.36). In den über das Ende der Scheidewand vorspringenden Flügel­ lappen (Taf. 125, Fig. 28, 45, 46, 47) 4) kann man zweckmässige Angriffspunkte für mechanische Angriffe (etwa das Vorbeistreifen von Tieren, eventuell auch Windwirkung usw.), die die Frucht gewaltsam zum Aufspringen bringen, erblicken. Die in den Springfrüchten gebildeten Samen weisen meist eine dicke, + papillöse, höckerige oder grubige Samenschale auf, die bei Benetzung klebrig verschleimt (Fig. 745 h); die letztere Eigentümlichkeit mag zur Verbreitung der Samen (mittelst Anhaftens2) an sich bewegenden Gegenständen) und auch zu ihrer Befestigung im Keimbett dienen. Häufig weisen die Samen auch Flügelbildungen (Taf. 125, Fig. 44, 48, 56, 57, 59) auf, die eine Oberflächenvergrösserüng bezw. Verminderung des spezifischen Gewichtes bewirken und folglich die Flug­ fähigkeit der in diesen Fällen ohnehin flachgedrückten Samen erhöhen. Ganz anders die S c h lie s s - uud S p a lt f r ü c h te . Hier weist die Oberfläche der Frucht oft stark vorspringende Runzeln oder Zacken auf (Neslea* Taf. 125, Fig. 27; Coronopus, Taf. 127, Fig. lb ; Bunias Erucago, Fig. 745b), die als zoochore Verbreitungsmittel der Frucht mit dem eingeschlossenen Samen zu deuten sind, oder Flügelbildungen, die der Windverbreitung3) dienen (Schötchen von Isatis, Taf. 125, Fig. 40, sowie von Clypeola; Teilfrüchte von Biscutella, Fig. 43). Die Schale der Samen der Schliessfrüchte ist in der Regel dünn und glatt und entbehrt mit wenigen Ausnahmen4) völlig der Fähigkeit der Verschleimung; letztere wäre auch ganz zwecklos, da ja die Samenschale zeitlebens in der Frucht eingeschlossen bleibt und nie mit der Aussenwelt in Berührung kommt. Sehr bemerkenswert sind in dieser Hinsicht die Früchte und Samen der heterokarpischen und heterospermen Aethionema-Arten (vgl. oben pag. 55). Ueber das Zustandekommen der Lagerung des Keimlings während der ontogenetischen Entwicklung geben die Untersuchungen von H a n n ig 5) Auskunft. Im unreifen Keim ist — im Gegensatz zum reifen Samen — die primäre Orientierung der Keimblätter (notorrhiz oder t pleurorrhiz) vollkommen regellos. Beim fort­ schreitenden Längenwachstum des Keimlings und bei seinem Uebertritt aus dem Mikropylen- (Synergiden-) Schenkel des Embryosackes (wo bekanntlich die Eizelle liegt und die erste Entwicklung des Embryo sich abspielt) in den Chalaza- (Antipoden-) Schenkel findet durch mechanischen Zwang infolge der Raum­ verhältnisse eine Ueberkrümmung der Keimblätter statt, ohne dass dabei jetzt schon eine Aenderung oder Regelung ihrer Querschnittsorientierung zu bemerken ist. Dass die Krümmung des Keimlings nicht etwa eine spontane Nutationsbewegung ist, wie auch schon vermutet wurde, geht daraus hervor, dass jugendliche, aus dem Embryosack befreite Keimlinge, in einer geeigneten Nährlösung kultiviert, gerade in die Länge wachsen, ohne sich zu krümmen oder eine bereits vorhandene Krümmung zu verstärken.6) Zudem lässt sich leicht beobachten, dass bei frischen (grünen) Samen, wenn die Samenschale an geeigneter Stelle geritzt wird, der Keimling, zufolge einer energischen Rückkrümmung der Keimblätter, mit dem einen Schenkel oder auch völlig aus dem Samen herausschnellt, wobei seine Krümmung beträchtlich zurückgeht — ein offenkundiges Zeichen dafür, dass er sich vorher in einer unnatürlichen Zwangslage befand. Allerdings stösst der Keimling bei seinem Wachstum und der Ueberkrümmung der Keimblätter nicht an die Wand des Embryosackes selbst an, sondern an schwer lösliche periphere Partieen des Nährgewebes, die er nicht zu durchdringen vermag; er wächst vielmehr in eine zum voraus aufgelockerte Zone des Nährgewebes hinein. — Die anfangs unregelmässige Orientierung der Keimblätter tritt, nachdem die Ueberkrümmung + weit vorgeschritten ist, erst während der Vollendung des Längen- und Dickenwachstums durch nachträgliche Drehung in die typische, definitive Lagerung über. Als massgebende und prädestinierende Ursachen sind dabei zu betrachten die Raumverhältnisse des Embryosackes einerseits und die Gestalt (Querschnittsform) der Keimblätter anderseits, die als konstante, gegebene Grössen vorauszusetzen sind; so ist z. B. einleuchtend, dass in dem zusammengedrückten Embryosack der angustisepten Siliculosen breite und flache Keimblätter, wie bei Biscutella (Fig. 746 c), nur in seiten-*234 4) Letztere dürfen nicht, wie man etwa bei flüchtiger Betrachtung glauben könnte, als Mittel zur Frucht- und Samenverbreitung durchden Wind aufgefasst werden, dabeim Sich-Loslösender Klappen vom Rahmen die Samen entweder an den Plazenten hängen bleiben oder selbständig abfallen, nie aber — im Gegensatz zu den Spaltfrüchten — von den Klappen umschlossen mit diesen verbreitet werden. 2) Beim Austrocknen bleiben die gequollenen Samen ausserordentlich fest an ihrer Unterlage kleben. 3) Auch die eigenartigen Höhlungen in der Schliessfrucht von Myagrum perfoliatum (Taf. 125, Fig. 49) erniedrigen das spezifische Gewicht derselben und erleichtern ihre Verfrachtung durch den Wind. 4) Dass bei Lepidium Draba trotz der Ausbildung einer Schliessfrucht die Samenschale verschleimt, findet seine Erklärung darin, dass die Indehiscenz des Schötchens phylogenetisch jung und die korrelative Veränderung — Verlust der Verschleimungsfähigkeit der Samenschale — noch nicht eingetreten ist. 5) H a n n ig , E. Ueber das Zustandekommen der Lagerung der Keimlinge bei den CruciferenEmbryonen. Bot. Zeitung LXIV (1906), 1. Abt., 1 bis 14, Taf. I. 6) Ha n n i g , E. Ueber die Kultur von Cruciferenembryonenausserhalb des Embryosackes. Bot. Zeitung LX1I (1904), 1. Abt., 45 ff.

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wurzeliger Lage (Taf. 125, Fig. 60 und Fig. 746k), im Querschnitt rundliche oder fast quadratische Keimblätter da­ gegen, wie z.B. diejenigen vonLepidium ruderale (Fig. 746 a), nur in rückenwurzeliger Orientierung (Taf. 125, Fig. 62) Platz finden können. Bei Bunias Erucago, einem Beispiel für spiroloben Keimling, ist die Samenanlage fast kugelig, die Krümmungsbahn entsprechend fast kreisförmig (nicht geknickt) ; das äussere Keimblatt stösst daher bei fort­ schreitendem Längenwachstum schliesslich mit der Spitze an die Scheidewand zwischen den beiden Embryosack­ schenkeln an und wird so zu spiraliger Aufrollung gezwungen. Bei den Orthoploceen (Taf. 125, Fig. 61 ; Fig. 746 d, 1) sind die Keimblätter sehr breit und dünn und liegen von Anfang der Embryosackwand flach an; bei der Ueberkrümmung müssen sie sich infolge des geringen Querdurchmessers des Embryosackes wie ein halbgeöffnetes Buch einfalten. Der halbgeöffneten Seite gegenüber steht dann im Synergidenschenkel das Würzelchen, das schliesslich in die Rinne der zusammengefalteten Keimblätter zu liegen kommt. Auch die übrigen + abnorm anmutenden Lagerungsformen der Keimblätter (Diplokolobie usw.) dürften durch die Raumverhältnisse ihre Erklärung finden (vgl. z. B. unten bei der Gattung Coronopus). Hervorzuheben ist noch, dass an der nachträg­ lichen Drehung der Keimblätter in die typische Lage nur ihre im Antipodenschenkel (also über der Knickung des Keimlings) gelegene Partie teilnimmt; der stielartige, im Synergidenschenkel verbleibende Teil der pleuroploken Keimblätter behält + die ursprüngliche unregelmässige Lage bei, weil der Gesammtquerschnitt der Kotyledonarstiele annähernd rundlich ist, mithin in jeder Orientierung ungefähr gleich gut Platz findet. Zum D i a g r a m m der Cruciferenblüte. Ueber diesen Gegenstand existiert seit den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts eine umfangreiche Literatur; selbst in der neuesten Zeit werden über einzelne Punkte noch verschiedene Meinungen vertreten. — A u g u s t P y r a m u s de Ca ndo l l e (1821) nahm folgende Blütenformel an: K41) (orthogonal) C4 (diagonal) A6 (aus einem orthogonalen, ursprünglich 4-zähligen Kreis durch Spaltung der medianen Glieder entstanden) G 2 (lateral); die Blüte wäre demnach mit Ausnahme des Fruchtknotens aus 4-zähligen, alternierenden Quirlen gebildet. Dagegen ist jedoch zu bemerken, dass die Staubblätter wegen der höheren Einfügung der medianen Glieder deutlich in 2 Kreisen stehen2) (etwas weniger augenfällig ist das letztere auch bei den Kelchblättern der Fall). Die empirische Blütenformel lautet vielmehr: K 2 + 2 C4 A2 + 4 G2 (oder 4 nach anderer Auffassung) ; vgl. dazu das Diagramm (Fig. 749 b). Hinsichtlich des Kelches herrscht heute wohl allgemeine Uebereinstimmung (K2 + 2 )3). Bezüglich der Deutung des Androeceums stehen sich besonders zwei Theorien gegenüber: 1. die „Spaltungstheorie“, begründet von A. Pyr. D e C a n d o l l e 1821 (vgl. oben) und fort­ gesetzt von S e r i n g e , A u g . S t - H i l a i r e , M o q u i n - T a n d on, W ebb, A. Gr a y und Ei chl er (1865); nach ihr sind die beiden medianen Staubblattpaare durch Spaltung (Dédoublement) aus einer einzigen Anlage hervorgegangen, was aus dem paarweisen Beisammenstehen der Staubfäden und auch aus embryologischen Befunden (Anlage eines einzigen Primordiums für jedes Paar der langen Staubblätter nach Ei chl er ) hervorgehen soll (Fig. 749d). 2. Die „Aborttheorie“, begründet von L e s t i b o u d o i s (1826), L i n d l e y , Ku n t h (1831), adoptiert und weiter ausgeführt von J. Ga y , S c h i mp e r , Wy d l e r (1859), C h a t i n (1861), Godron (1864), Cho da t (1867), C e l a k o w s k ÿ (1894), C h o d a t & L e n d n e r (1897). Nach diesen Autoren wären zwei vierzählige miteinander alternierende Kreise von Staubblättern anzunehmen (A 4-f 4), die medianen Glieder des äussern Kreises wären jedoch abortiert (Fig. 749c). Keine dieser beiden Theorien vermag ganz zu befriedigen; gegen die Spaltungstheorie ist einzuwenden, dass nach Beobachtungen von C h a t i n , P a y e r u n d Wr e t s c h k o (1868) — im Gegensatz zu den Angaben von E i c h l e r — jedes der beiden langen Staubblätter eines Paares aus einem besonderen Primordium hervorgeht, dass ferner die langen Staubblätter stets — abgesehen von zufälligen Abnormitäten — vollkommen ausgebildete (nicht etwa halbierte) Staubbeutel auf weisen; gegen die Aborttheorie spricht die Stellung der langen (inneren) Staubblätter, die nicht diagonal stehen, sondern paarweise der Mittellinie genähert sind. Manche Autoren verzichten daher völlig auf eine theoretische Erklärung des Androeceums und bescheiden sich mit dem empirischen Diagramm ( Wre t s c hko) . Recht glücklich erscheint jedoch der Erklärungsversuch von K. S c h u ma n n (1890)4), der die langen Staubblattpaare nicht durch Spaltung einer einzigen Anlage, sondern durch Verdoppelung derj Anlagen infolge des in transversaler Richtung (zufolge einer starken transversalen Dehnung der Blütenachse) reichlich vorhandenen Raumes entstanden wissen will. — Hinsichtlich der Krone nehmen fast alle Autoren nach dem empirischen Befund einen vierzähligen Kreis in diagonaler Stellung an; nur wenige extreme Anhänger der Spaltungstheorie ( S t e i n h e i l 1839, M e s c h a j e f f 1872) lassen auch die*23 *) In Blütenformeln bedeuten: K = Kelchblätter, C = Kronblätter, A = Staubblätter (Androeceum), G = Fruchtblätter (Gynaeceum). 2) Schon Li nn é hat bekanntlich auf Grund dieses auffälligen Verhaltens aus den Cruciferen eine eigene (seine 15te) Klasse: T e t r a d y n ä m i a (Viermächtige; von %é%Qa [tétra] = 4 und ôéva/xig [dÿnamis] = Macht) konstituiert. 3) Zuletzt hatte C h o d a t (1887) die Theorie von der durchgängigen Tetramerie der Blüten (auch des Kelches) vertreten; der gleiche Autor kam jedoch später (1897) von dieser Annahme zurück. *) Neue Untersuchungen über den Blütenanschluss (1890), pag. 1/5 bis 187.

62 4 K ro n b lä tte r d u rc h S p a ltu n g zw eier m ed ia n er A n lag en e n tste h en , eine A n n ah m e, die sich e n tw ic k lu n g s­ g e sc h ic h tlic h n ic h t stü tz e n lässt. W as endlich no ch das G y n aeceu m b e trifft, so sind bis in die jü n g ste Z eit die M e in u n g en ü b e r die Z ah l d e r F ru c h tb lä tte r g e te ilt. E in T eil d e r F o rs c h e r (so D e C a n d o l l e 1821, E i c h l e r 1865, W r e t s c h k o 1872 und in n e u e re r Z eit b e so n d e rs C e l a k o w s k ÿ 1894, S o l m s - L a u b a c h 1900, H a n n i g 1901) n im m t n u r 2 tra n s v e rs a l ste h en d e K arp elle an, d eren R ä n d e r die sa m e n tra g e n d e n P la z e n te n (R a h m e n stü ck e ) bilden, w ä h re n d a n d ere (b eso n d ers C h o d a t 1887, J. K l e i n 1893, C h o d a t & L e n d n e r 1897, G e r b e r 1904) die R a h m e n stü c k e als einen zw eiten K re is von m e ­ dianen, u n fru c h tb a re n F ru c h tb lä tte rn b e tr a c h t e n ]). G e g en d iese le tz te re T h e o rie sp ric h t e n tsch ied e n d e r von H a n n i g ( 1 9 0 1 ) fe stg e s te llte G e fä ss b ü n d e lv e rla u fin F ru c h t- u n d S c h e id e w a n d ; denn w o llte m an 4 F ru c h t­ b lä tte r in d e r C ru c ife re n fru c h t annehm en, w obei die 2 R a h m e n stü c k e als je ein m ed ian es F ru c h tb la tt a u fz u fa sse n w ä re n , so k ä m e m an zu dem w id e r­ sin n ig en R e su lta t, d ass von diesen B lä tte rn aus G efä sss trä n g e in die b e n a c h b a rte n B lä tte r (die K la p p en ) ü b e rtre te n . W ir w e rd en schliesslich am b e s te n die im S inne d e r S c h u m a n n ’sch en A u ffa ssu n g m o d i­ F ig . 749. a D ia g ra m m ein er d iz e n tr is c h e n F u m a r ia c e e n b lü te , b ein er fizierte „ S p a ltu n g sth e o rie “ a n n eh m en u n d die C ru c ig e w ö h n lic h e n C ru cifer en b lü te o h n e Z u g r u n d e le g u n g ein e r T h e o r ie . c D ia g ra m m der C r u cifer en b lü te n a ch der A b o r tth e o rie, d n ach fe re n b lü te sic h aus 6 d u rc h w eg s u rsp rü n g lich 2-glieder S p a ltu n g s th e o r ie der S ta u b b lä tter (n ach E i c h 1 e r ), e n a c h der d e rig e n Q u irlen a u fb au e n lassen, w o b ei je d o c h in V e r d o p p e lu n g s th e o r ie der K rön - u n d der m ed ia n en S tau b b lätter. K ro n e u n d A n d ro e ce u m die m ed ian en G lieder in f F r u c h t v o n L e p i d i u m a n t i q u u m H e e r (3/i). (F ig . a b is d n a ch tra n s v e rs a le r R ic h tu n g v e rd o p p elt sind; w ir g e la n g en E i c h l e r , F ig. e u n d f O r ig in a le n a c h T h e 1 l u n g .) d a m it zu d e r F o rm e l K 2 + 2 C 2 X 2 A 2 + [2 X 2] G 2, die den V o rz u g d e r A n n a h m e eines e in h e itlich e n B a u p la n es in d e r g an ze n B lü te fü r sich h a t, u n d zu einem D ia g ra m m (F ig. 749 c), d as eine w e itg e h en d e U e b e re in stim m u n g m it dem jenigen der sich erlich n a h e v e rw a n d te n d izen trisch en F u m a rio id e e n (F ig . 749 a) z eig t (die seitlichen, o ft g e sa c k te n K e lc h b lä tte r d e r C ru c ife ren sind h o m o lo g den se itlich e n gleichfalls in einen H o n ig sp o rn a u sg e zo g e n en K ro n b lä tte rn , z. B. von D ic e n tra , die 4 K ro n b lä tte r der C ru c ife ren den 2 m edianen d e r F u m a rio id e e n ).*2) S y s t e m a t i k u n d P h y l o g e n i e . K aum in einer zw eiten P flanzenfam ilie d ü rfte eine so g ro sse K lu ft zw ischen den E rfo rd e rn isse n d e r p ra k tisc h e n B estim m u n g und den A n fo rd e ru n g en an ein n a tü rlich e s, die p h y lo g en isc h v e rw a n d tsc h a ftlic h e n B eziehungen zum A u sd ru ck b rin g en d e s S y stem b e steh e n , w ie bei den C ruciferen. A lle U n te rsch e id u n g sm erk m a le , m it denen d e r F lo rist o p e rie rt: S c h o te n - o d e r S c h ö tch e n fo rm d e r F ru c h t, O effnungsw eise derselb en , Z ahl d e r S am en p ro F a c h , S c h n a b el- u n d F lü g e lb ild u n g en , F a rb e d e r K ro n b lä tte r, ja se lb st bis zu einem g e w isse n G ra d die L a g e des K eim lings im S am en — k ö n n en in d e r R eg el n u r zur U m g re n zu n g von G a ttu n g e n u n d A rte n , nie und n im m e r a b e r z u r C h a ra k te risie ru n g g rö ssere r, p h y lo g en e tisch e in h e itlich e r G ru p p en V e rw e n d u n g finden, d a es sich d abei, w ie n e u ere U n te rsu c h u n g e n g e le h rt h a b en , fa st s te ts um A n ­ p assu n g sm e rk m ale von g e rin g e m p h y lo g en e tisch e m A lte r h a n d e lt. So m ü ssen alle ä lte re n C ru ciferen sy stem e, die sich n u r a u f äu sse rlic h m o rp h o lo g isc h e M e rk m ale g rü n d e n , als k ü n stlic h , d. h. lediglich einer p ra k tisc h e n K lassifikatio n dienend, b e z e ic h n e t w e rd e n ; den w a h re n V e rw a n d ts c h a ftsv e rh ä ltn iss e n v e rm ö g e n sie n ic h t g e re c h t zu w erden, Zu d ieser K a te g o rie von S y stem en g e h ö re n z. B. die fo lg en d en von L i n n é , A d a n s o n u n d C r a n t z : L i n n é (1753/4) te ilt seine XV. K lasse der T e tra d y n ä m ia in 2 O rd n u n g e n : A. S i l i c u l o s a e (vergl. ob en ): M y a g ru m , V ella, S u b u la ria , D ra b a , L epidium , T h la sp i, C o ch learia, Iberis, A lyssum , C lypeola, B iscu tella, L u n a ria . J) C h o d a t & L e n d n e r h a lte n im G e g en satz zu den ü b rig e n V e rtre te rn der T e tra k a rp e lla rth e o rie die se itlich e n F ru c h tb lä tte r fü r u n fru c h tb a r, die m ed ia n en d a g eg e n fü r fru c h tb a r. 2) D e r V o llstä n d ig k e it h a lb e r sei n o c h b e ig e fü g t, d a s s L i g n i e r (1895), der eine v ollkom m ene H o m o ­ logie d e r C ru c ife ren - m it d e r F u m a rio id e e n b lü te und einen A u fb a u aus d u rc h w eg s 2-gliederigen Q u irlen a n ­ nim m t, das A n d ro e ce u m der C ru c ife ren aus 2 seitlich en , 3 -g a b elig e n B lä tte rn b e ste h e n d b e tra c h te t (ähnlich w ie b e i D ic e n tra ), u n d dass n a c h ihm auch die — m edian g e ste llte n — F ru c h tb lä tte r 3-lap p ig w ä ren , w o b e i d e r M itte lla p p en den fe rtilen R a h m e n stü c k e n , die S eiten lap p en den ste rile n F ru c h tk la p p e n e n tsp rec h en w ü rd e n ; endlich sollen, e n tsp re c h e n d den 3-lap p ig en K ro n b lä tte rn z. B. von H yp ecö u m , die K ro n b lä tte r der C ruciferen als S eiten lap p en zu den m edianen K e lc h b lä tte rn g e h ö ren .

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63

B. S i l i q u ö s a e : Dentaria, Cardamine, Sisymbrium, Erysimum, Cheiranthus, Hesperis, Arabis, Turritis, Brassica, Sinapis, Raphanus, Bunias, Isatis, Crambe. Die Verteilung der Arten auf die genannten Gattungen ist ziemlich willkürlich; scharfe Gattungs­ diagnosen hat Li n n é nicht aufgestellt, die Hauptrolle spielen dabei Blüten- und Fruchtmerkmale. A d a n son (1763) bringt die- an Zahl beträchtlich vermehrten Gattungen in folgende 4 Sektionen unter: 1. Les Roquetes. Er uc a e : Frucht eine 2-klappig aufspringende Schote. 2. Les Lunaires. L u n a r i a e : Frucht ein aufspringendes, breitwandiges Schötchen. 3. Les Thlaspi. T h l a s p i : Frucht ein aufspringendes, schmalwandiges Schötchen. 4. Les Raiforts. R a p h a n i : Frucht eine geschlossen bleibende Nuss oder quer in Glieder zerfallend. C r a n t z ’ Cruciferensystem (1/69) zeigt zwar in der Umgrenzung und Charakterisierung der Gattung einen Fortschritt, hinsichtlich ihrer Anordnung in 3 Gruppen jedoch einen Rückschritt gegenüber A d a n s o n : I. Siliculosae, II. Siliquatae (angeblich Zwischenformen zwischen I und III, in Wirklichkeit jedoch Fo mit in der Regel nicht aufspringenden oder quer gegliederten Früchten), III. Siliquösae. Nachdem zuerst G ä r t n e r (1791) auf die verschiedene Lage des Würzelchens zum Keimling der Cruciferen aufmerksam gemacht hatte, verwendete Rob. B r o w n (1812) dieses Merkmal zu einer schärferen und natürlicheren Umgrenzung mancher Gattungen; Teesdalia, Aëthionema, Petrocallis, Hutschinsia, Malcolmia, Euclidium, Matthiola u. a. wurden von ihm aufgestellt, während die alten, unnatürlichen Sammelgattungen Thlaspi, Lepidium, Sisymbrium, Erysimum, Cheiranthus, Bunias im wesentlichen auf ihren heute angenommenen Umfang beschränkt wurden. In der Anordnung der Gattungen zeigt R. B r o w n ’s Arbeit jedoch keinen wesentlichen Fortschritt. Fussend auf den erwähnten Untersuchungen von R. B r o w n , stellte A. Pyr. D e C a n d o l l e (1821) ein Cruciferensystem auf, dessen Hauptgruppen auf bestimmte Kombinationen von Samen- und Fruchtmerkmalen begründet sind. Die ganze Familie („Ordo“) zerfällt nach der Beschaffenheit des Keimlings in 5 Subordines: Pleurorrhizeae, Notorrhizeae, jOrthoplöceae, Spirolöbeae und Diplecolobeae (vgl. oben pag 55, 56), deren jede nach dem Bau der Frucht in eine Anzahl von Tribus eingeteilt wird, nach folgendem tabellarischem Schema: Pleurorrhizeae

N otorrhizeae

Orthoplöceae

Spirolöbeae

D ip lecolob eae

Siliquösae

Arabideae

Sisymbrieae

Brassiceae



Heliophileae

Latiseptae

Alyssineae

Camelineae

Velleae



Subularieae

Angustiseptae

Thlaspideae

Lepidineae

Psychineae



Brachycarpeae

Nucamentaceae

Euclidieae

Isatideae

Zilleae

Buniadeae



Lomentaceae

Cakilineae

Anchonieae

Raphaneae

Erucarieae



Dieses geniale System trägt den Bedürfnissen einer praktischen und übersichtlichen Klassifikation in weitgehendem Masse Rechnung, da es alle bekannten — und auch allenfalls noch neu zu entdeckenden — Gattungen in ein leicht fassliches Schema bringt. D e C a n d o l l e ’s System ist denn auch bis gegen das Ende des letzten Jahrhunderts das herrschende geblieben; die Systeme von G r e n i e r et G o d r o n (1847), B e n t h a m et H o o k e r (1862), F o urni e r (1862), B o i s s i e r (1867), L e M a o u t et D e c a i s n e (1868), B a i l l o n (1872) P o m e l (1883), W e t t s t e i n (1889) und B e c k (1890, 1892) stellen lediglich mehr oder weniger bedeutende Modifikationen des D e C a n d o lle’schen dar, in allen Fällen beruht die Gruppierung der Gattungen auf Frucht- und Samenmerkmalen. Erst in jüngster Zeit hat sich die Erkenntnis Bahn gebrochen, dass auf Grund dieser Merkmale allein niemals ein natürliches System Zustandekommen kann, dass vielmehr zur Ergründung der wahren verwandt­ schaftlichen und phylogenetischen Beziehungen der einzelnen Gattungen noch andere, von der Anpassung an äussere Verhältnisse oder an bestimmte biologische Funktionen möglichst unabhängige — z. B. anatomische — Merkmale herangezogen werden müssen. Dass die Einteilung in Siliquösae und Siliculosae (vgl. pag. 54, 62) keine natürliche sein kann, beweist z. B.die Gattung Roripa (Nasturtium), in der Schoten- und Schötchenfrüchte nebeneinander Vorkommen (auch Arabis Vochinensis würde, im Gegensatz zu ihren schotenfrüchtigen Gattungsgenossen, streng genommen zu den Siliculosen gerechnet werden müssen), letztere können durch Verkürzung und Verminderung der Samen­ zahl direkt aus den ersteren hervorgehen.1) Die heterokarpischen Aethionema-Arten (vgl. pag. 55) lehren des ferneren, dass nicht nur in engen Verwandtschaftskreisen, sondern selbst auf der gleichen Pflanze Spring- und Schliessfrüchte nebeneinander Vorkommen können; unnatürlich wäre z. B. auch die Trennung von Lepidium Draba J) Die Schote von Brassica (Sinapis) arvensis kann experimentell durch Abtöten aller jungen Samen bis auf einen in ein einsamiges Schötchen (Schliessfrucht) umgewandelt werden ( Goebel ) .

64 von den übrigen Arten der Gattung1), oder die Versetzung von Vogelia ( = Neslia) in eine von Camelina entfernte Gruppe, lediglich auf Grund des Geschlossenbleibens der Frucht. Die verschiedenen Arten der südafrikanischen Gattung Heliöphila haben teils aufspringende oder geschlossen bleibende Schoten, teils Schötchen und wurden dementsprechend von früheren Autoren in die verschiedensten Gattungen, deren Früchten sie äusserlich gleichen, versetzt (Cheiranthus, Arabis, Hesperis, Cleöme, Lunaria, Farsetia, Ricötia, Aurinia [Alyssum], Peltaria); sie beweisen jedoch ihre nahe Verwandtschaft durch den allen Arten gemeinsamen eigenartigen Bau des Keimlings (Fig. 746e) und durch die Form der Narbe. Man gewinnt schliesslich die Ueberzeugung, dass ein- oder wenigsamige Schliessfrüchte in verschiedenen Verwandtschaftskreisen innerhalb der Familie als Endglieder von Reduktions­ reihen auftreten können, und dass es folglich vom Standpunkt einer phylogenetischen Systematik ein Unding wäre, alle schliessfrüchtigen Cruciferen in eine Gruppe bringen zu wollen. Dass auch die relative Lage von Würzelchen und Keimblättern im Samen unter Umständen kein zuverlässiges systematisches Merkmal abgibt, lehren z. B. folgende Gattungen und Arten, bei denen ein Schwanken zwischen Notorrhizie und Pleurorrhizie zu kon­ statieren ist: Kernera saxatilis (Fig.746m, n), Hutchinsia alpina, Capsellaprocumbens, Lobulariamaritima, Petrocallis Pyrenaica (schon 1826 von Mo n n a r d beobachtet), Isatis, Aethionema, Cakile, Cheiranthus Cheiri, Cardamine, Roripa, Cochlearia. So leicht es nun ist, zu zeigen, dass die Merkmale, auf denen D e C a n d o l l e ’s Cruciferensystem beruht, für eine natürliche Systematik unzulänglich sind, so schwer ist es, etwas wirklich Besseres an ihre Stelle zu setzen. Die gegenwärtige Aufgabe der Cruciferensystematik besteht darin, Merkmale aufzusuchen, durch die sich grössere einheitliche Gruppen innerhalb der Familie charakterisieren lassen. In diesem Sinne werden in neuerer Zeit namentlich folgende Merkmale herangezogen: 1. Die Haare ( De n n e r t 1885, Pr a n t l 1891). ln P r a n t l ’ s Cruciferensystem (1891) spielt die Beschaffenheit der Haare (ob einfach oder wenigstens teilweise verzweigt oder mehrzellig und drüsentragend) eine grosse Rolle bei der Bildung der Gruppen. Tatsächlich sind z. B. die artenreichen Subtribus der Brassicinae und der Lepidiinae durch das Vorkommen von stets nur einfachen Haaren charakterisiert, während z. B. die Alyssinae und Erysiminae durch verzweigte Haare, die Hesperidinae durch mehrzellige Drüsenhöcker ausgezeichnet sind, ln andern Gruppen jedoch erweist sich das Merkmal des Behaarungscharakters als unnatürlich, da nach ihm z. B. Sisymbrium Sophia von den übrigen Arten getrennt und sicherlich nahe verwandte Gattungen wie Draba und Petrocallis, Arabis*2) und Cardamine in verschiedenen Gruppen untergebracht werden müssten. 2. Die Lage der Eiweiss- oder Myrosinzellen (vgl. pag. 57) namentlich in den Laubblättern. S c h w e i d l e r (1905) teilt die Cruciferen nach dem Lokalisationstypus der Idioblasten geradezu in 3 Unter­ familien ein: a) Exo-Idioblastae: Myrosinzellen ausschliesslich im Mesophyll, chlorophyllführend („MesophyllIdioblasten“). ß) Endo-Idioblastae: Myrosinzellen an die Leitbündel gebunden, chlorophyllfrei („Leitbündel-Idioblasten“). y) Hetero-Idioblastae: Planzen mit Mesophyll- und Leitbündel-ldioblasten. Das Verhalten der Eiweiss-Schläuche ist sicherlich systematisch verwendbar und dient häufig zur Charakterisierung von Gattungen • doch sind die 3 S ch w ei dl e r ’ sehen Unterfamilien als Ganzes genommen un­ natürlich, da z. B. Arabis Halleri (und arenosa) und die übrigen Arabis-Arten, Lepidium Draba und der Rest der Gattung Lepidium und Teesdalia in verschiedene Unterfamilien zu stehen kämen. 3. Die Honigdrüsen (vgl. pag. 52) wurden schon von C r a n t z (1769) beobachtet und später besonders von Blütenbiologen (z. B. K i r c h n e r 1888) untersucht. Auf Grund ihrer Beschaffenheit stellten V e l e n o w s k y (1883), B a y e r (1905) und C a l e s t a n i (1908) besondere Cruciferensysteme auf, und auch in P r a n t l ’s System (1891) spielen sie eine bedeutende Rolle. Tatsächlich geben sie oft ein vorzügliches phylogenetisch-systema­ tisches Merkmal ab. Nur darf das System nicht einseitig auf ihr Verhalten aufgebaut werden, da die Honig­ drüsen häufig mit bestimmten blütenbiologischen Verhältnissen in Korrelation stehen, die als Anpassungs­ merkmale von geringem phylogenetischem Alter zu deuten sind. 4. Die Gestalt der Narbe (vgl. Taf. 125, Fig. 11 bis 16) wurde von P r a n t l (1891) neben dem Charakter der Behaarung als erstklassiges Einteilungsprinzip der Familie benutzt. Während jedoch einzelne — besonders phylogenetisch alte — Gruppen durch das Merkmal der kugeligen Narbe gut charakterisiert sind (Heliophilinae, Schizopetalinae, Cremolobinae), tritt in anderen Verwandtschaftskreisen wiederum eine grosse Mannigfaltigkeit in der Narbenform auf (z. B. rundum gleichmässig entwickelte und + 2 lappige Narben innerhalb der Gattungen Erysimum und Sisymbrium). Dazu kommt, dass die Beschaffenheit der Narbe an gepressten Pflanzen oft sehr schwer festzustellen ist. 5. Der anatomische Bau der Scheidewand der Frucht, den schon F o u r n i e r (1865) in seiner Mono­ graphie zur Charakterisierung der Arten der Gattung Sisymbrium verwendet hatte, wurde in weitergehendem Masse von P r a n t l (1891) zur Abgrenzung von Subtribus innerhalb der Hauptgruppen der Familie herangezogen *) Lepidium heterophyllum, normal mit aufspringenden Schötchen, bildet in England eine lokale Abart mit Schliessfrüchten (var. alatostylum [Townsend] Groves). 2) Arabis caerulea hat oft nur einfache Haare im Gegensatz zu den übrigen Arten der Gattung.

65 (vgl- pag. 66). ln einzelnen Fällen sind Gattungsgruppen, die auch nach den übrigen Merkmalen eine enge Zusammengehörigkeit beweisen, durch eine eigenartige Struktur der Scheidewand-Epidermiszellen charakterisiert (z. B. die Alyssinae), während in anderen Fällen selbst in grösseren Abteilungen eine grosse Gleichförmigkeit in der anatomischen Beschaffenheit der Scheidewand herrscht oder umgekehrt nahe verwandt erscheinende Gattungen wegen der Verschiedenheit des anatomischen Baues voneinander weit getrennt werden müssten. In Würdigung der eben geschilderten Verhältnisse kommt man ohne weiteres zu dem Schluss, dass ein wirklich natürliches Cruciferensystem nie und nimmer auf ein einzelnes Merkmal begründet werden darf, da, wie wir gesehen haben, kein einziges Merkmal sich durchwegs in der ganzen Familie als von phylogenetisch­ systematischem Wert erweist. Zur Ermittlung der nähern oder weitern Verwandtschaft zweier Gattungen oder von Gattungsgruppen untereinander müssen vielmehr sämtliche genannte Merkmale herangezogen und gegen­ einander abgewogen werden, wobei in der Regel die Verwandtschaft als um so enger betrachtet werden kann, je grösser die Zahl der gemeinsamen übereinstimmenden Merkmale ist. Das erste auf derartigen Prinzipien beruhende Cruciferensystem, das vollkommen mit der Tradition des D e C a n d o l l e ’schen Systems bricht und gänzlich neue Wege einschlägt, ist dasjenige von Prant l (1891), das auch — trotz gewisser Mängel — in dieser Flora der Aneinanderreihung der Gattungen zugrunde gelegt werden soll. P r a n t l gruppiert die Cruciferen folgendermassen: A. Haare unverzweigt oder fehlend; keine mehrzelligen Drüsenhaare oder Drüsenhöcker. a) Narbe ringsum gleichmässig entwickelt auf ungeteiltem oder über den Medianen der Fruchtblätter ver­ längertem oder zurückgeschlagenem Griffel.

1. 2. 3. 4.

Tribus I: T h e l y p o d i e a e . 1. Keimblätter weder gerollt noch gefaltet. 2. Frucht 2-klappig, mehrsamig: Subtribus: S t a n l e y i n a e . Nothothläspi, Pn'nglea, Warea, Stanleya, Thelypödium etc. 2.* Spaltfrucht mit 1-sämigen Fächern. Subtribus: C r e m o l o b i n a e . Cremdlobus, Menonvillea etc. 1* (vgl. 1**). Keimblätter verlängert, spiralig gerollt oder meist zweimal quergefaltet. Subtribus: He l i o p h i l i n a e . Heliöphila, Carponema, Brachycarpaea u. a. 1**. Keimblätter mit zweimal einwärts gefalteten Seitenflächen. Subtribus: C h a mi r i n a e . Chamira.

b) Narbe über den Plazenten stärker entwickelt, auf gestutztem oder seicht- bis tief 2-lappigem, vorn zuweilen eingezogenem Griffel. Tribus II: S i n a p e a e . 1. Keimblätter hinter der Krümmung des Embryos entspringend. Blüten perigyn oder mit seitlichen und medianen Honigdrüsen. 5. Subtribus: L e p i d i i n a e . Subuläria, Teesdälia, Lepidium, Corönopus, Ochthödium, Stroganövia, Biscutella, Megacarpaea. 1*. Keimblätter an der Krümmung des Embryos entspringend. 2. Frucht fast stets ein Schötchen oder eine 1- bis 2-samige Schliessfrucht. Keimblätter nicht ge­ faltet. Nur seitliche Honigdrüsen. Griffel fast stets gestutzt. 6. Subtribus: C o c h l e a r i i n a e . Ionopsidium, Iberis, Aethionema, Eunömia, Didymophysa, Petrocällis, Bivonaea, Thläspi, Cochlearia, Kernera, Graellsia, Peltäria. 2*. Frucht eine Schote, seltener ein Schötchen oder quergegliedert, oder 1- bis 2-samige Schliess­ frucht; meist seitliche und mediane Honigdrüsen. 3. Griffel gestutzt, nicht eingezogen. Schote oder einsamige Schliessfrucht. Mediane Honig­ drüsen vorhanden. 7. Subtribus: A l l i a r i i n a e . Eutrema, Alliäria, Sobolewskia. 3*. Griffel seicht- oder tief 2-lappig oder eingezogen. 4. Keim rückenwurzelig, mit flachen oder gewölbten oder an den Seiten längsfaltigen Keimblättern, sehr selten seitenwurzelig (dannGliederfrucht oder 1-sämige Schliessfrucht). Mediane Honigdrüsen vorhanden (diese fehlen bei IV. 19. Hesperidinae und 20. Moricandiinae). 8. Subtribus: S i s y mbri i nae. Sisymbrium, Ammosperma, Erucaria, Cäkile, Myagrum, Calepina, Boreäva, Isatis. 4* (vgl. auch 4**). Keimblätter in der Mittellinie gefaltet. Mediane Honigdrüsen vor­ handen (im Gegensatz zu den 20. Moricandiinae). 5. Schötchen oder 2-fächerige Schliessfrucht oder quergegliedert mit wagrechten Samen und derber Scheidewand im vorderen Glied; Zellen der Scheidewand nicht gestreckt und quergeteilt. H e f i , Flora, B d .IV .

97

66 9. Subtribus: V e l l i n a e . Psychine, Succöwia, Carnchtera, Vella, Zilla etc. 5*. Schote, zuweilen quergegliedert mit aufrechten (selten vom aufrechten Funiculus hängenden) Samen und höchstens zarter Scheidewand im vordem Glied. 10. Subtribus: B r a s s i c i n a e . Erüca, Sinapis, Diplotäxis, Erucästrum, Sinapidendron, Brassica, Raphanus Enarthrocarpus, Cordylocarpus, Rapistrum, Muricäria, Crämbe, Morisia, Cossönia. 4**. Keimling seitenwurzelig. Mediane Honigdrüsen vorhanden oder fehlend. Frucht stets 2-klappig. 11. Subtribus: C ard a mi ni na e. Barbarsea, Nastürtium ( = Roripa), Cardamine, Dentäria, Ricötia, Lunaria etc. B. Haare sämtlich oder teilweise verzweigt (nur selten sämtlich unverzweigt oder gänzlich fehlend); zuweilen ausserdem Drüsenhaare oder Drüsenhöcker. a) Narbe ringsum gleich entwickelt auf ungeteiltem oder über den Medianen der Fruchtblätter verlängertem oder zurückgeschlagenem Griffel. Tribus III: S c h i z o p e t a l e a e . 1. Keim rückenwurzelig: 12. Subtribus: S c h i z o p e t a l i n a e . Mäncoa, Tropidocarpum, Stenopetalum, Schizopetalum. 1*. Keim seitenwurzelig: 13. Subtribus: P h y s a r i i n a e . Synthlipsis, Lyrocarpa, Physäria, Lesquerella etc. b) Narbe über den Plazenten stärker entwickelt, auf ungeteiltem oder über den Plazenten in kürzere oder längere Lappen verlängertem Griffel. Tribus IV: H e s p e r i d e a e . 1. Oberhautzellen der Scheidewand nicht der Quere nach geteilt. 2. Oberhautzellen der Scheidewand ohne zahlreiche parallele Teilungswände. 3. Nur seitliche Honigdrüsen. Frucht meist kurz. Samen nie lreihig: 14. Subtribus: C a p s e l l f n a e . Hutchinsia, Capselia, Camelina, Neslia ( = Vogelia), Draba, Schivereckia, Aubrietia etc. 3*. (vgl. auch 3**). Seitliche Honigdrüsen mit je 1 medianen meist zu einem Ring ver­ einigt; nur selten fehlt die mediane Honigdrüse. Frucht meist lang: 15. Subtribus: T u r r i t f n a e . Descurainia, Alyssöpsis, Stenophrägma ( = Arabidöpsis), Turritis, Arabis, Macropödium. 3**. Seitliche und je 2 mediane Honigdrüsen. Frucht lang: 16. Subtribus: E r y s i m i n a e : Greggia, Erysimum, Cheiranthus. 2*. Oberhautzellen der Scheidewand mit zahlreichen parallelen, aber in den verschiedenen Zellen verschieden gerichteten Teilungs wänden: 17. Subtribus: A l y s s i n a e . Alyssum, Clypeola, Ptilötrichum, Lobularia, Lepidötrichum, Berteroa, Fibigia, Vesicaria etc. 1*. Oberhautzellen der Scheidewand der Quere nach geteilt. 4. Keine Drüsenhaare oder Drüsenhöcker: 18. Subtribus: M a l c o l m i i n a e . Braya, Notöceras, Anastätica, Malcölmia, Morettia, Farsetia, Euclidium etc. 4* (vgl. auch 4**). Drüsenhaare oder Drüsenhöcker vorhanden (nur selten fehlend): 19. Subtribus: H e s p e r i d i n a e . Hesperis, Matthiola, Bünias, Chonspora etc. 4**. Behaarung fehlt vollständig; Keimblätter gewölbt bis gefaltet: 20. Subtribus: M o r i c a n d i i n a e . Conringia, Moricändia etc. Noch weiter als P r a n t l geht A. v. H a y e k in seinem 1911 aufgestellten Cruciferensystem*) in der gleichmässigen Verwertung aller für die Systematik wichtigen Merkmale bei der Einteilung der Familie in Gruppen. Im Gegensatz zu P r a n t l misst v. H a y e k der Beschaffenheit der Haare und der Form der Narbe nur untergeordneten Wert bei; dafür führt er das Verhalten der Eiweisszellen als wichtiges Merkmal ein und sucht auch in der Reihenfolge der Gruppen und Gattungen — soweit dies bei linearer Anordnung möglich ist — die phylogenetischen Beziehungen zum Ausdruck zu bringen, indem, jeweils innerhalb der Triben die Gruppen oder Gattungen mit primitiv und einfach gebauten Früchten an den Anfang gestellt und die abgeleiteten Fruchtformen daran angeschlossen werden, v. H a y e k ’s System umfasst folgende Gruppen: Tribus I: T h e l y p o d i e a e . Frucht eine lineare Schote, meist mit Fruchtträger. Honigdrüsen mächtig entwickelt, oft die medianen und lateralen zu einem Ring verschmolzen. Narbe rundum + gleichmässig entwickelt. Mesophyll-Idioblasten. Keimblätter flach. Haare einfach oder fehlend. — Stanleya, Thelypddium etc. *) v. Haye k, A. Entwurf eines Cruciferen-Systems auf phylogenetischer Grundlage. Beih. z. Bot. Centralbl. XXVII (1911), Abt. I, 127 bis 335, 5Taf. Siehe dort die Zusammenstellung der früheren systematischen Literatur.

67 Tribus II: A r a b i d e a e , Frucht eine lineare Schote oder bei abgeleiteten Formen verschieden gestaltet. Mediane und laterale Honigdrüsen vorhanden und oft zu einem Ring verschmolzen, nur bei einigen abgeleiteten Formen die medianen fehlend. Gynophor fehlend. Narbe + zweilappig. 1. Subtribus: S i s y m b r i i n a e . Frucht 2-klappig aufspringend. Laterale Honigdrüsen ringförmig, an der Aussenseite geschlossen, mit den medianen zu einem Ring verbunden. Leitbündel-Idioblasten. Keim­ blätter flach. Sisymbrium, Descurainia, Chamseplium, Alyssopsis etc. 2. Subtribus: E r y s i mi n a e . Frucht eine 2-klappig aufspringende Schote. Laterale Honigdrüsen an der Aussenseite offen, mit den medianen zu einem Ring verschmolzen. Leitbündel-Idioblasten. Haare ästig. Erysimum, Syrenia, Greggia. 3. Subtribus: C a r d a m i n i n a e . Frucht 2-klappig aufspringend, mit oft flachen Klappen. Mediane und laterale Honigdrüsen vorhanden, die seitlichen oft innen oder aussen offen; sehr selten die medianen fehlend. Leitbündel-Idioblasten. Haare meist einlach. Barbarsea, Roripa, Armoräcia, Nastürtium, Cardämine, Cardamindpsis, Arabidöpsis, Turritis. 4. Subtribus: A r a b i d i n a e . Frucht eine lineale, 2-klappig aufspringende Schote. Mediane und laterale Honigdrüsen vorhanden, oft. zu einem Ring verbunden. Mesophyll-Idioblasten. Keimblätter flach. Arabis, Aubrietia, Alliäria etc. 5. Subtribus: P a r i a t o r i i n a e . Keine Vertreter in Mitteleuropa. 6. Subtribus: I s a t i d i n a e . Frucht schötchenförmig, meist von vorn und hinten zusammengedrückt (schmalwandig), nicht aufspringend, einsamig. Mediane und laterale Honigdrüsen zu einem geschlossenen Ring verschmolzen. Keimblätter flach. Leptom- und Mesophyll-Idioblasten. Haare einfach oder fehlend. Myagrum, Isatis etc. 7- Subtribus: B u n i a d i n a e . Frucht nicht oder kaum aufspringend, meist ein 4-kantiges Nüsschen mit holzig verdickter Fruchtwand. Mediane und laterale Honigdrüsen gewöhnlich zu einem Ring ver­ schmolzen. Mesophyll-Idioblasten. Haare unverzweigt. Ochthödium, Bünias, Boreäva etc. Tribus III: A l y s s e a e . Frucht meist 2-klappig aufspringend, linear oder schötchenförmig und dann meist von der Seite zusammengedrückt (breitwandig). Epidermiszellen des Septums fast stets mit zahlreichen parallelen Teilungs­ wänden. Laterale Honigdrüsen paarweise am Grunde der kurzen Staubblätter, meist frei, mediane stets fehlend. Narbe deutlich 2-lappig. Haare meist ästig. 1. Subtribus: H e sp e r i di n a e. Frucht eine lineare, aufspringende oder geschlossen bleibende Schote. Leitbündel-Idioblasten. Cheiränthus, Hesperis, Malcölmia, Morettia, Matthiola, Notdceras etc. 2. Subtribus: B r a y i n a e . Frucht eine nicht flachgedrückte, aufspringende oder geschlossen bleibende Schote. Myrosinzellen im Mesophyll vorhanden oder fehlend und in den Schliesszellen der Spaltöffnungen reichlich Eiweiss vorhanden. Braya, Chon'spora und zahlreiche aussereuropäische Gattungen. 3. Subtribus: E u c l i d i i n a e . Frucht ein verschieden gestaltetes, aber nicht von der Seite flach­ gedrücktes Nüsschen. Mesophyll-Idioblasten oder die Schliesszellen Myrosin führend. Euclidium, Anastätica, Octoceras. 4. Subtribus: Lu n a r i i n a e . Frucht lineal bis rundlich, von der Seite flachgedrückt. Epidermiszellen der Scheidewand mit zahlreichen parallelen, in allen Zellen gleich gerichteten Teilungswänden. MesophyllIdioblasten. Haare oft einfach. Farsetia, Ricdtia, Lunäria etc. 5. Subtribus: A l y s s i n a e . Frucht schötchenförmig, aufspringend oder geschlossen bleibend, von der Seite flachgedrückt (breitwandig) oder mit aufgeblasenen Klappen. Epidermiszellen der Scheidewand mit zahl­ reichen parallelen, aber in den einzelnen Zellen verschieden gerichteten Teilungswänden. Mesophyll-Idioblasten. Fibigia, Berteroa, Lepidötrichum, Alyssum, Degenia, Ptilotrichum, Vesicäria, Königa ( = Lobuläria), Clypeola etc. 6. Subtribus: D r a b i n a e . Frucht ein von der Seite zusammengedrücktes Schötchen. Epidermiszellen der Scheidewand wellig, ohne parallele Teilungswände. Mesophyll-Idioblasten. Schivereckia, Dräba, Petrocällis. Tribus IV: B r a s s i c e a e . Frucht verschieden gestaltet, mit einem deutlichen, oft mächtig entwickelten Schnabel, der bloss aus dem Replum mit Ausschluss der nicht bis zur Spitze reichenden Klappen gebildet wird. Laterale Honig­ 97 *

68 drüsen fast stets an der Innenseite der kurzen Staubblätter, meist auch mediane Drüsen aussen vor den langen Staubblattpaaren vorhanden. Mesophyll-Idioblasten. Keimblätter meist rinnig-längsgefaltet. Haare einfach. Epidermiszellen des Septums ohne parallele Teilungswände. 1. Subtribus: B r a s s i c i n a e . Frucht linear, nicht ausgesprochen quer 2-g-liederig. Samen + kugelig. Mediane und laterale Honigdrüsen. Diplotäxis, Sinapidendron, Brassica, Sinäpis, Erüca, Hirschfeldia etc. 2. Subtribus: R a p h a n i n a e : Frucht quer in einen stets samenführenden Schnabel (Stylarglied) und in einen samenführenden oder leeren bis ganz reduzierten Klappenteil (Valvarglied) gegliedert. Erucäria, Morisia, Cordylocärpus, Rapistrum, Cäkile, Crämbe, Zilla, Calepina, Enarthrocärpus, Räphanus» Cossdnia etc. 3. Subtribus: V e l l i n a e . Keine Vertreter in Mitteleuropa. 4. Subtribus: S a v i g n y i n a e . Desgleichen. 5. Subtribus: M o r i c a n d i i n a e . Frucht zweiklappig aufspringend mit kurzem oder undeutlichem Schnabel. Samen kugelig. Keimblätter nicht oder undeutlich längsgefaltet. Nur seitliche Honigdrüsen. Conringia, Moricändia etc. Tribus V .: L e p i d i e a e . Frucht + deutlich von vorn und hinten zusammengedrückt (schmalwandig), mit meist gekielten oder geflügelten, selten nur gedunsenen Klappen. Narbe+ 2 lappig, über den Placenten stärker entwickelt. Seitliche Honig­ drüsenpaarig, klein, frei, mediane klein oder fehlend. Keimblätter flach oder über der Ursprüngsstelle quer geknickt. 1. Subtribus: L e p i d i i n a e . Mediane Honigdrüsen vorhanden. Keimblätter über der Ursprungsstelle quer geknickt. Leitbündel-Idioblasten, daneben mitunter auch Mesophyll-Idioblasten. Lepidium, Hymenophysa, Cardäria, Coronopus, Biscutella, Megacarpzea etc. 2. Subtribus: I b e r i d i n a e . Mediane Honigdrüsen fehlend, laterale ohne seitlichen Fortsatz. Keim­ blätter flach. Leitbündel-, daneben mitunter auch Mesophyll-Idioblasten. Hutchinsia, Iberis, Aethionema etc. 3. Subtribus: Th 1as p i d in a e. Mediane Honigrüsen fehlend, laterale mit seitlichem Fortzatz. Mesophyll-ldioblasten. Cochleäria, Kernera, Ionopsidium, Eunömia, Thläspi, Bivongea, Teesdälia, Peltäria etc. 4. Subtribus: C a p s e i l i n a e . Mediane Honigdrüsen fehlend, laterale mit seitlichem Fortsatz. Leitbündel-Idioblasten. Haare ästig. Camelina, Vogelia ( = Neslia), Capsejla. 5. Subtribus: S u b u l a r i i n a e . Kelchblätter verwachsen. Fruchtknoten halb unterständig. Honigdrüsen als intrastaminaler Diskusring ausgebildet. Subuläria. Die noch folgenden 5 Tribus haben keine Vertreter in Mitteleuropa: VI. S c h i z o p e t ä l e a e (mit 5 Subtribus), VII. P r i n g l e e a e , VIII. He l i o p h i l e a e , IX. Cr e mo l ö b ea e X. C h a m i r e a e . Wie aus den vorstehenden Ausführungen leicht ersichtlich ist, entfernt sich v. H ay e k ’s phylogenetisches System noch mehr von den Bedürfnissen der praktischen Bestimmung als das P r a n t l ’sche. Die Aufstellung eines dichotomischen Bestimmungsschlüssels für die natürlichen Hauptgruppen wird geradezu zur Unmöglichkeit in Anbetracht der Labilität und des folglich nur relativen Wertes a l l e r Merkmale, welche Umstände zur Folge haben, dass zur Charakterisierung einer jeden Gruppe stets die Gesamtheit aller Merkmale verwendet werden muss. Aber auch nur für die Zwecke der rein theoretisch-phylogenetischen Betrachtung sind wir heute noch von einem für alle Zeiten feststehenden System weit entfernt. Wegen der weitgehenden Uebereinstimmung im Blüten- und Fruchtbau müssen (wie bei allen artenreichen, sehr natürlichen Familien) die Gattungen auf ver­ hältnismässig geringwertige Merkmale, deren Wert einer verschiedenen subjektiven Schätzung unterworfen ist, begründet werden. Mindestens über Detailfragen wird noch nicht so bald eine allgemeine Einigung zu erzielen sein. Um Gattungen mit gleichwertigen Merkmalen zu erhalten, mussten Genera von sehr ungleichem Umfang — sehr viele nur mit einer einzigen Art — geschaffen werden. Das Vorgehen von E. H. L. Kr a u s e , der (1902) sämtliche Cruciferen in eine einzige Gattung (Crucifera) brachte, entbehrt daher wenigstens theoretisch nicht einer gewissen Berechtigung. Die ganze Cruciferenfamilie ist nach der übereinstimmenden Anschauung neuerer Systematiker im Grunde nichts anderes als ein spezieller Typus der Capparidaceen, dem Typus von Cleöme nahestehend und von ihm abzuleiten. Allerdings haben sich die Cruciferen dann selbständig zu einem grossen Formenkreis weiter entwickelt, sodass sie aus Gründen der Zweckmässigkeit doch besser von den Capparidaceen getrennt gehalten werden. Anderseits bestehen aber auch nahe Beziehungen unserer Familie zu den Papaveraceen, von denen gewisse Typen im Diagramm eine ziemlich weitgehende Analogie mit den Cruciferen aufweisen (vgl. pag. 62); sie unterscheiden sich jedoch von den letztem durch die korollinische Ausbildung des zweiten Blüten­ hüllkreises, durch die Zweizahl im zweiten Kronblattkreis und das Vorkommen von Nährgewebe.

69 G e o g r a p h i s c h e V e r b r e i t u n g . D ie C ru c ife ren sind in ca. 1500 A rte n ziem lich ü b e r die g an ze E rd e v e rb re ite t und feh len w o h l k ein em G e b iete völlig. E inige w en ig e G a ttu n g e n , w ie L epidium , C ardam ine, N a stu rtiu m , Sisym brium sow ie C ap selia B ursa p a sto ris, h a b en fa s t k o sm o p o litisch e V e rb re itu n g , w ä h re n d die M e h rza h l auf k leinere G e b iete b e s c h rä n k t ist. D e n H ö h e p u n k t der A rte n za h l e rre ich e n die C ru ciferen in den b o re alen e x tra ­ tro p isch e n G e b ieten (d e r a lte n w ie d e r neu en W elt), n am e n tlich im M itte lm e e rg e b ie t, w o b e so n d e rs viele endem ische, m o notypische o d er a rte n a rm e G a ttu n g e n Vorkom m en. A m sp ä rlic h ste n sin d die K re u zb lü tle r d a g eg e n in den T ie flän d e rn der T ro p e n v e rtre te n (in diesen B re ite n b ew o h n en sie fa st a u ssch liesslich die G ebirge), B eim V o r­ rü ck en n a ch N o rd e n n im m t ih re n u m erisc h e B e d eu tu n g in der Z u sa m m e n setz u n g der V e g e ta tio n im m e r m e h r zu; a u f S p itzb e rg en m ac h e n sie 19°/o d e r p h a n ero g a m e n F lo ra , im S e n e g a lg e b ie t dagegen n u r 1 °/o d erselb en aus. Im h o h e n N o rd e n so w ie im H o c h g e b irg e (D ra b a, P e tro c a llis) e rre ich e n sie o ft die ä u sse rsten G renzen d e r p h a n e ro g a m e n V e g e ta tio n . — In M itte le u ro p a trifft m an die m eiste n sic h er u rw ü c h sig e n C ru c ife ren in den G eb irg en an, w o sie F e lse n , F e lssc h u tt, G eröll, A lp w eid en u. dergl. b e w o h n en . In der E b en e is t die Z ahl der n a tü rlich e S ta n d o rte b esied e ln d e n A rte n g e rin g e r (es sind b e so n d e rs V e r tre te r der G a ttu n g e n R o rip a [N a stu rtiu m ], C ardam ine, D e n ta ria , S isy m b riu m , A ra b is, A llia ria usw ., die sich an sum pfigen O rten , in Q uellfluren, in W äld ern , W aldschlägen, a u f W iesen, a n U fe rn , a u f F lussalluvionen, an ste in ig e n O rte n u sw . gefallen). D e r G ro ssteil der C ruciferen m a c h t h ie r den E in d ru c k von E in w an d e rern o d e r N e u b ü rg e rn , die in d e r H a u p tsa c h e n u r k ü n s t­ liche S ta n d o rte (K u ltu r- u n d O edland) b e w o h n en (S y n an th ro p en , A n th ro p o p h y te n , a n th ro p o p h ile s E le m en t); ih re V e rw a n d ts c h a ft w e ist, zum al w enn es sich um e in jä h rig e A rte n h a n d e lt, m eisten s n a ch dem M itte lm e e r­ g ebiet. Ih re E in w a n d e ru n g in M itte le u ro p a erfolgte a u f den b e k a n n te n W eg e n der V ersc h le p p u n g von U n­ k rä u te rn m it S a a tg u t, des V e rw ild ern s aus der K u ltu r und der E in sch le p p u n g d u rc h H a n d el und V e rk eh r. E inzelne Spezies, w ie L ep id iu m D ra b a , L . V irginicum und L . densiflorum — die b eid en le tz te re n n o rd a m e ri­ k anisch — sind h e u te in g e w isse n T eilen von M itte l­ europa so v o llstän d ig e in g e b ü rg e rt, dass sie nach ihrem V o rk o m m en als ein h e im isc h ta x ie rt w erd en m üssten und ih r a u slä n d isc h e r U rsp ru n g sich n u r m it H ilfe h isto ris c h e r Q u e lle n n a ch w e ise n lä sst. Indessen sind n ic h t alle C ru ciferen , die a u f K u ltu rla n d Vor­ kom m en, daru m n o tw e n d ig F re m d lin g e . N ic h t selten treffen w ir u n te r ih n en so g e n a n n te „ A p o p h y te n “ (A b ­ trünnige, A u sw a n d ere r), die, im L a n d e se lb st ein­ heim isch, in einem T eil ih re r Individuen die n a tü rlich e n S ta n d o rte v e rla ssen h a b e n und a u f K u n stb e stä n d e üb erg eh en (R o rip a [N a stu rtiu m -] A rte n , A rabis arenosa usw .), d a b ei o ft ih re O rg a n isa tio n n ic h t u n w e ­ sentlich m odifizierend. W ir h a b e n , w ie E . S t e i g e r 1) sich treffend a u sd rü c k t, in den C ru ciferen einen S ta m m des P flanzenreiches v or uns, d e r g e g e n w ä rtig in m ä c h ­ tigem A u fsch w u n g beg riffen is t; seinen A rte n k o m m t ein g ro sses E x p an sio n sv erm ö g en zu, sie ste h en m it den jetzigen k lim a tisc h en V e rh ä ltn isse n im b e sten E in k lan g und sind dank der w e itg e h e n d e n A n p a ss u n g sfä h ig k e it an v e rän d e rte B ed in g u n g en — z. B. an das L e b e n auf dem von dem M e n sc h en g e sc h affe n en K u ltu rla n d — im K o n k u rren zk am p f g anz b e so n d e rs e rfolgreich. K eine andere F a m ilie u n se re r ein h e im isc h en F lo ra liefert einen so h o h e n P ro z e n ts a tz von A c k e ru n k rä u te rn und F ig .7 5 0 . a C a r d a m i n e c h e n o p o d i i f o l i a P e r s . H a b itu s m it R uderalpflanzen. In d e r S ch w eiz sind von 134 A rte n den b e id e n F r u c h tfo rm e n . — b, c A n a s t a t i c a h i e r o c h u n t i c a L . 70 ( = 52°/o) ru d e ra l*2), speziell im K a n to n A a rg a u von (P fla n ze g e ö ffn e t u nd g e s c h lo s s e n ) . 9 S t e i g e r , E. B ezieh u n g en zw ischen W o h n o rt und G e s ta lt b e i den C ru ciferen . V erh . d. N a tu r­ forschenden G e se llsch a ft B asel X II (1900), 373 bis 401. 2) D iese u n d die folgenden sta tistisc h e n A n g a b en nach R i k l i , M . D ie A n th ro p o c h o re n und der F o rm e n ­ kreis des N a stu rtiu m p a lu s tre D C . B er. d. Z ürch. b o t. G es. V III, 1901 bis 03 (A n h a n g zu : B er. d. Schw eiz, b o t. Ges. X III [1903]), 71 bis 82. D ie a b so lu te n Z ahlen h a b e n sich n a tü rlic h seitdem g e ä n d e rt, a b e r die p ro z en tu alisc h en V erh ältn isse d ü rften a u c h h e u te noch a n n äh e rn d g ü ltig sein.

70 62 Arten 43 ( = 69°/o), in der Umgebung von Basel von 83 Arten 58 ( = 70°/o), um Bern von 44 Arten 33 ( = 75%), während in dem abgeschlossenen Wallis von 103 Arten nur 53 ( = 51%) Kulturlandsbewohner sind. F o s s i l e C r u c i f e r e n sind nicht mit aller Sicherheit bekannt, wenn auch 2 Früchte (von Lepidium und Clypeola) aus dem Miocän von Oeningen (Baden) und einige Samen von Sinapis aus der tertiären Braun­ kohle der Wetterau aufgezählt werden. „Lepidium“ antiquum Osw. Heer ( = Palaeolepidium antiquum Thell.) von Oeningen (vgl. Fig. 749 f) kann, wenn es sich wirklich um eine Cruciferenfrucht handelt, wegen der an­ scheinend vielsamigen Fruchtfächer nicht zu Lepidium (im Sinne der heutigen Umgrenzung der Gattung) gehören, sondern repräsentiert einen primitiveren Fruchttypus, der etwa dem der rezenten Gattung Camelina entsprechen dürfte (also ein ziemlich breitwandiges, vielsamiges Schötchen). Clypéola débilis Osw. Heer (von der gleichen Lokalität) ist sicherlich kein Cruciferenrest. N u t z p f l a n z e n . Zu unserer Familie gehörige Gemüsepflanzen sind z. B. die verschiedenen Kohl(Brassica-) Arten, der Rettig (Raphanus sativus), der Merrettig (Armoracia rusticana); als Salat wird gegessen das Kraut der Garten-Kresse (Lepidium sativum) und der Brunnenkresse (Nasturtium officinale), gelegentlich auch dasjenige anderer einheimischer Arten. Oel und scharfe Stoffe (letztere als Gewürz und zu medizinischen Zwecken dienlich) enthalten die Samen von Brassica-, Sinapis- und Raphanus-Arten; eine Oelpflanze ist auch Camelina sativa. Als antiskorbutische Heilmittel sind teilweise heute noch im Gebrauch Cochlearia-Arten und von ausländischen Spezies z. B. der Kerguelen-Kohl (Pn'nglea antiscorbütica Hook, f., auf den Kerguelen). Als Indigo liefernde Färberpflanze wurde früher der Waid (Isatis tinctöria) viel kultiviert. Ehemals waren zahlreiche einheimische Arten offizinell (vgl. Cochlearia officinalis und Brassica nigra). Ueber die spezielle Verwendung siehe später bei den einzelnen Spezies. Auch Z i e r p f l a n z e n haben die Cruciferen in grosser Zahl geliefert; es seien nur die Gattungen Aethionema, Iberis, Ionopsidium, Crambe, Moricándia, Helióphila, Cheiranthus, Erysimum, Malcölmia, Aubriétia, Matthiola, Hesperis, Lunaria, Alyssum, Vesicaria, Lobuläria und Draba genannt. Als Kuriosität wird ge­ legentlich auch die im nordafrikanisch-südwestasiatischen Wüstengebiet beheimatete A n a s t á t i c a 1) h i e r o c h ü n t i c a L.2), die echte Jerichorose3), gezogen, die vermöge ihres hygroskopischen Mechanismus — beim Ver­ trocknen krümmen sich die Aeste kugelartig ein, um sich im Wasser oder in feuchter Luft wieder auszubreiten (Fig. 750 b, c) — als Symbol der Auferstehung gilt und auch unter dem Namen Rosa sanctae Mariae gehandelt wird. Eine andere unter dem Namen Jerichorose gehende Wüstenpflanze ist die Composite Odontospérmum pygméeum (Coss. et Dur.) O. Hoffmann. Aehnlich verhält sich Selaginélla lepidophylla (Hook, et Grev.) Spring aus Kalifornien, Texas und Mexiko. Ein S c h l ü s s e l zur Bestimmung der Gattungen nach leicht auffindbaren Merkmalen folgt am Schlüsse der Familie. Ueber die natürlichen Gruppen siehe pag. 65 bis 68.

C C C X II. Subulária4) L. P f r i e m e n k r e s s e . F ra n z .: Subulaire; engl.: Awlwort.

Frucht ein 2-klappig aufspringendes, breitwandiges Schötchen mit stark gewölbten, 1-nervigen Klappen. Blütenachse ausgehöhlt, mit teilweise unterständigem, eingesenktem Frucht­ knoten und umständigen Krön- und Staubblättern. Am Blütenboden innerhalb der Staubblätter ein den Fruchtknoten umgebender, geschlossener Drüsenring (Fig. 751d). Keimling rücken­ wurzelig; Keimblätter sehr lang, quer geknickt und mit ihrem unteren Ende beträchtlich über die Krümmungsstelle des Keimlings hinübergreifend’;Würzelchen kurz und dick (Fig. 751h). Eiweisschläuche nicht nachweisbar. Die Gattung steht bezüglich des Blütenbaues (perigyne Insertion — nur bei Teesdalia ist der Blüten­ boden gleichfalls, aber nur ganz schwach, ausgehöhlt —, intrastaminaler Drüsenring) in der Familie ganz ver­ einzelt da; nach dem Bau des Keimlings gehört sie jedoch in die Gruppe des Lepidiinae oder in deren Nähe. Ausser unserer Art noch die wohl nicht spezifisch verschiedene S. m o n t í c o l a A. Br. in Abessinien.

L. (= Nasturtium palustre Crantz nec DC., = Drába Subularia Lam., = Crucifera subularia Krause). W a sser-P friem en k resse. Fig. 751. Ein- oder zweijährige Pflanze, fast stengellos, kahl, 2 bis 8 cm hoch. Wurzel faserig, mit gebüschelten Fasern. Laubblätter etwa 10 bis 20, sämtlich grundständig, aufrecht, linealisch-pfriemlich, grasartig, ganzrandig. Stengel einfach, blattlos, sein grösster Teil

1186. Subularia aquática

J) 2) *) 4)

Gr. áváozaotg [anástasis] = das Wiederaufleben, die Auferstehung. Nach dem griechischen Namen der Stadt Jericho in Palästina. Vgl. S t e i n b r i n c k und S c h i n z in Flora 98 (1908), 471 ff., besonders 495 bis 500. Lat. sübula = Pfriemen; nach der Form der Laubblätter.

71 von dem arm - (etw a 2- bis 8-) blütigen, lockertraubigen B lütenstand eingenom m en. B lüten­ stiele ungleich lang, län g er als die B lüten, u n ter diesen zu einem v erdickten P o lste r an ­ geschw ollen. B lüten sehr klein. B lütenachse etw as becherförm ig vertieft. K e lc h b lä tte r elliptisch (Fig. 751b), weiss b eran d et, aufrecht, alle gleich (am G runde nicht sackförm ig). K ro n b lä tte r weiss, län g lich -k e ilfö rm ig bis schm al verkehrt-eiförm ig, doppelt so lang als d er K elch. S ta u b b lätte r 2 + 4, m it einfachen, fädlichen S taubfäden. H onigdrüsen zu einem den F ru ch tk n o ten um gebenden R in g verschm olzen (Fig. 7 5 ld ). F ru ch tk n o ten elliptisch, m it seinem untern T eil in die B lütenachse eingesenkt. Griffel fehlend. N arb e sitzend, scheibenförm ig, ringsum ziem lich gleichm ässig entw ickelt. S chötchen auf etw a gleich langen S tielen, län g lich ­ elliptisch (Fig. 751 e), etw a (2) 3 bis 5 mm lang u nd Y2 so breit, aufgeblasen, die K lap p e n am M ittelnerv etw as gekielt. S cheidew and häutig, schm al elliptisch (nicht ganz Y2 so b re it als lang), schw ach asym m etrisch (unterer R a n d stärk e r gew ölbt als der oft fast g erad e obere). S am en etw a 2 bis 7 im F ach (Fig. 751 f), hängend, zw eireihig, klein, schm al-eiförm ig (m eist 2¡ 3 mm lang, Y2 mm breit), braun, g la tt (Fig. 751g); Sam enschale an den untersuchten (ob völlig ausgereiften?) Sam en bei B enetzung nicht v e r­ schleim end. — V I, V II. S eh r selten in und an F ischteichen, u n terg e tau ch t oder beim Z u rü ck treten des W assers am R an d e derselben. O ft m it Isoetes, L ob elia D ortm anna, L itorella oder m it C arex cyperoides, C y p eru s flavescens, H eleocharis ovata, Isolepis setacea. Im G e b ie t n u r in D e u t s c h l a n d in S c h lesw ig -H o lstein (H a d e rs­ leben [M ü h lteic h b ei R ö d d in g g aa rd ] u n d Insel A m ru n [D ünensee südlich vom L eu c h ttu rm ], an b e id e n O rte n w ohl erloschen, 1829 a u c h im P a ss o d e r See b ei P re e tz ); frü h e r am W ip p e rte ic h e b ei V o rsfeld e in B ra u n sc h w e ig (die S c h w a b e ’sehen A n g a b e n aus A n h a lt [D essau, S ie g litze rb erg , K ü h n a u e r See] sind n ic h t g e n ü g en d z u v erlässig ); in T h ü rin g e n : b e i E rk m a n n sd o rf, C rispendorf -und P lo th e n u n w e it Schleiz, S aalfeld (?), W itte n b e rg (?) ; in B ay ern (B isch o fs­ w e ih er und in einem z w e ite n W e ih e r u n w e it D e c h se n d o rf b e i E rlangen, a n g e b ­ lich a u ch b ei A n sb a c h ). E in m al a u ch in d e r S c h w e i z (1 /8 4 von L a c h e n a l in einem F isc h te ic h b e i K lein rieh en u n w e it B asel) b e o b a c h te t, se ith e r nie m ehr. V ie lle ic h t a u ch n o c h a n d e rw ä rts, a b e r b ish e r w e g e n des u n sc h e in ­ baren A u sse h en s ü b e rseh e n . F e rn e r a u sse rh alb der d e u tsch e n G renze in den V ogesen-S een von G e ra rd m e r u n d L o n g em er, auf sa n d ig -stein ig em B oden (G ranit). F e h lt in O e s t e r r e i c h gänzlich.

a H a b itu s, b K e lc h , c B lü te , d S ta u b ­ b lä tter und F r u c h tk n o te n , e. f F r u c h t. ^ S a m en , h K eim lin g ', i Q u e r sc h n itt durch das B la tt ( F ig . i n a c h H i l t n e r ) .

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : O st-P y ren äen (nur in fischhaltigen Seen) und A rieg e (1700bis 2160 m ),V ogesen, A rdennen (H auts-B uttes), B elgien (C am pine: L im burg), N iederlande, in den H och g eb irg sseen von E ngland, ferner Island, S kandinavien, N ord- und M ittel-R ussland, Galizien, Sibirien, A ltai, G rönland, N ord-A m erika (arktisches G ebiet und N o rd sta aten der Union). D ie Pflanze t r i t t n a c h H i l t n e r 1) in zw ei S ta n d o rtsm o d ifik atio n en auf : a) W a s s e r f o r m . P flanze u n te rg e ta u c h t, ü p p ig er, b la tt- und b lü te n re ic h e r. L a u b b lä tte r am G ru n d e v e rb re ite rt, z u r S p itze s ta rk v e r­ sch m älert. S ta m m se h r v e rk ü rz t, m it zah lreich en , g e b ü sc h e lte n , u n v e rzw e ig te n W urzeln. D ie B e fru ch tu n g der B lüten e rfo lg t d u rc h S e lb stb e stä u b u n g im u n te rg e ta u c h te n Z u stan d , w ä h re n d sie noch g esc h lo sse n u n d im Innern von L u ft e rfü llt sind, und z w a r d a d u rch , dass die se h r lan g e n , n a c h allen S eiten w a ch sen d e n N a rb e n ­ papillen d ire k t m it den S ta u b b e u te ln in B e rü h ru n g t r e t e n ; sie w a c h se n den einzelnen Pollenzellen en tg e g en , bis sie, fe st an ih n en h a fte n d , das E in d rin g en der P o llen sch lä u ch e v e ran lasse n . D a n n v ersch ru m p fen die P apillen, die B e fru c h tu n g erfolgt, und der ra sc h h e ra n w a c h se n d e F ru c h tk n o te n d rä n g t je tz t e rst die B lü te n h ü llb lä tte r, die bald abfallen, m e c h a n isc h a u se in a n d er. b) U f e r f o r m ( = f. t e r r e s t r i s W ario n in Bull. Soc. b o t. F r. 1871). P flanze k ü m m e rlic h e r en tw ic k elt. L a u b b lä tte r m e h r linealisch. R hizom ziem lich lang, d e u tlich w a h rn e h m b a r. B lü ten sich an d e r L u ft öffnend. D ie B e fru c h tu n g e rfo lg t w o h l in der R egel d u rc h F re m d b e s tä u b u n g v e rm itte ls t In se k ten (die d ich te n B estän d e, ’) H il t n e r, L . U n te rsu ch u n g e n ü b e r die G a ttu n g S u b u la ria . E n g l e r ’ s Bot. Ja h rb .V II (1886) 264 bis 272, m it 1 T af. und 1 H olzschnitt.

72 in denen die Pflanze auftritt, sind diesem Vorgang förderlich); indessen dürfte, da die pollenbedeckten Staub­ beutel fast unmittelbar der Narbe anliegen, auch Selbstbestäubung Vorkommen. Vom verbreitungsbiologischen Standpunkt ist hervorzuheben, dass die Samen unserer Art nicht schwimmfähig sind und dass ihnen anscheinend (vgl. oben) auffallenderweise auch die Fähigkeit der klebrigen Verschleimung der Samenschale (bei Benetzung), die sonst den Samen fast aller siliculosen Cruciferen mit Springfrüchten zukommt, und die z. B. der Verbreitung der Samen durch Wasservögel (vermittelst Anhaften an den Füssen derselben) förderlich sein könnte, abgeht. Anderseits aber könnte vielleicht in dem letztem Umstand eine Anpassung dieser Wasser- und Uferpflanze par excellence an ihren für eine Crucifere immerhin recht ungewöhnlichen Standort erblickt werden insofern, als die Samen beim Aufspringen des Schötchens fast not­ wendigerweise in ein nasses oder feuchtes Medium gelangen müssen und, falls dann sofort die klebrige Ver­ schleimung der Samenschale einträte, sogleich an oder in der Nähe der Mutterpflanze festkleben würden und so nicht weiter verbreitet werden könnten.

CCCXIII. T eesd ä lia 1) R. Br.

T i s d ä l i e , Rahle.

Ausser nr. 1187 wurde in Mitteleuropa verschleppt beobachtet: die zweite Art der Gattung, T. c o r o n o p i f o l i a (Bergeret) Thellung ( = Lepidium nudicaüle L., = Thlaspi nudicaule Bergeret, Desf., = Thl. nudicaule ß Lam. et DC., = Thl. coronopifölium Bergeret, = Guepinia Lepidium Desf., = Teesdalia Lepi­ dium DC., = T. nudicaulis subsp. Lepidium Bonnier, = T. lepidia St. Lager, = T. reguläris Sm., = T. nudic. a reguläris ¡Fiori et Paoletti). Der Hauptart sehr ähnlich und nahestehend, aber Pflanze nied­ riger und zarter, meist kahl. Stengel in der Regel ganz blattlos. Grundblätter im Umriss linealisch bis lanzettlich, stets spitz, ganz oder mit vorwärts gerichteten Sägezähnen oder + fiederspaltig mit spitzen Lappen. Blüten noch kleiner. Staubblätter meist 4. Kronblätter alle fast gleich gross, spatelförmig. Frucht kleiner (selten über 3 mm lang), fast kreisrund. Griffel völlig fehlend. Heimat: Mittelmeergebiet. Adventiv 1894 und 1897 im Hafen von Mannheim, 1903 bei Ilvesheim (Baden) beobachtet.

(L.) R. Br. (= Iberis nudicaulis L., — Thlaspi nudicaule Lam. et DC., = Guepinia nudicaulis Bast., = Capsella nudicaulis Prantl, = Iberis bursifölia Bergeret, = Thlaspi procümbens Lapeyr. ?, = Guepinia Iberis Desv., = Teesd. Iberis DC., = Lepidium scapiferum Wallr., = Teesd. variifolia Lagreze - Fossat, = Fölis nüda Dulac, = T. verna Bubani, = T. nudicaulis ß Iberis Fiori et Paoletti, = Crucifera Teesdalea Krause). N a c k ts te n g e lig e T is d ä lie . Engl.: Shepherd Cress. Taf. 126, Fig. 1. Einjährig, meist 8 bis 15 (20) cm hoch, mit kurzer Pfahlwurzel. Laubblätter meist .sämtlich in grundständiger Rosette, im Umriss spatelförmig, 2 bis 5 cm lang, meist leierförmig-fiederspaltig mit breitem End- und stumpfen Seitenzipfeln, kahl oder von einfachen "Haaren schwach borstig gewimpert. Stengel einzeln oder mehrere, einfach, seltener ver­ zweigt, aufrecht, kahl, meist unbeblättert, selten mit kleinen, lanzettlich-linealen Blättern. Blüten sehr klein, in gedrängter, endständiger, kurzer, später sich streckender Traube. Blütenstiele unter der Blüte kreiselförmig angeschwollen. Blütenachse schwach schalen­ förmig ausgehöhlt. Kelchblätter eiförmig, stumpllich, etwa 1 mm lang, sehr schmal hellrandig. Kronblätter 4, weiss, ungleich, die beiden äusseren fast doppelt so lang, schmal­ elliptisch, ungenagelt, ganzrandig. Staubblätter 6, weiss, am Grunde mit je einem eiförmigen, kronblattartigen Anhängsel (Taf. 126, Fig. la; Taf. 125, Fig. 8). Griffel sehr kurz, aber deutlich vorhanden, etwa so lang wie breit, an der jungen Frucht vorragend, bei der Fruchtreife etwa halb so lang als die Ausrandung. Narbe unscheinbar, scheibenförmig, nicht breiter als das Griffelende. Schötchen schmalwandig, 3 bis 4 mm lang, breit elliptisch oder breit-verkehrteiförmig, an der Spitze schwach ausgerandet und schmal- (x/3 bis 1fi mm Freit-) geflügelt, auf der Oberseite schwach konkav, auf der Unterseite stark gewölbt, durch die halb eiförmige, etwas sichelförmige Scheidewand 2-fächerig, jedes Fach mit 2 hängenden Samen. Fruchtstiele abstehend, etwa solang wie das Schötchen. Samen rundlich1187. Teesdalia nudicaulis a

l) Nach R o b e r t T e e s d a l e , einem wenig bekannten englischen Botaniker (f 1804), von R o b e r t B r o w n (1812) benannt. Der Name der Gattung wird in neuerer Zeit meist T e e s d a l e a geschrieben.

126

73

Tafel 126.

Erklärung der Figuren. Fig- 1. 1 a. lb . 2. 2 a. 3.

Teesdalia nudicaulis (pag. 72). Habitus. Geschlechtsapparat. Schnitt durch die Frucht. Lepidium ruderale (pag. 83). Blütenspross. Samenträger mit Samen. Lepidium Draba (pag. 78). Blütenspross.

Fig. 3 a. 3b. 3 c. 4. 5. ,, 5 a.

Blüte (vergrössert). Schnitt durch das Schötchen. Samen. Lepidium latifolium (pag. 89). Lepidium campestre (pag. 79). Frucht.

eiförmig, zusammengedrückt, 1 bis 1,2 mm lang, hellbraun, glatt, nicht berandet. Keimling seitenwurzelig; Keimblätter breit, mit ihren kurzen Stielen etwas über die Krümmung des Keimlings hinübergreifend. Mesophyll-Idioblasten. — IV, V (vereinzelt bis in den Herbst). Auf sandigen und tonigen Aeckern, an Rainen, auf Sandboden, auf Grasplätzen, Heiden (z.B. auf Heiden der Eifel mit Sarothamnus scoparius, Gräsern, Potentillen, Hieracien,Vaccinium Myrtillus usw.), Hügeln, Bergwiesen, in Kiefernwäldern, an Felsabhängen; kalkfliehend. Ziemlich verbreitet durch das Gebiet; fehlt jedoch in den Gebirgsgegenden und in der S c h w e i z fast völlig. In D e u t s c h l a n d nicht selten, fehlt wohl keinem grösseren Gebiet (am seltensten in Württemberg und dem südlichen Bayern) ; im Thüringerwald bis 400 m ansteigend, auch in den Vogesen in der montanen Stufe. In O e s t e r r e i c h in Böhmen (Sudetengebiet, Weisswasser, Bösig, Böhm. Schweiz, Georgswalde, Elbeniederungen, Erzgebirge, Budweis, Wittingau) und Niederösterreich (häufig im Becken von Gmünd bis nach Litschau und an der böhmischen Grenze, ferner bei Langegg, Kollapriel). In der S c h w e i z innerhalb der politischen Grenze heute nicht sicher nachgewiesen (beim „Neuen Haus“ zwischen Basel und Weil, wo die Pflanze von C. Ba u h i n ff 1624] beobachtet worden war, ist sie sicher erloschen); zunächst in Oberbaden nahe der Baseler Grenze bei Weil auf sandigen Brachfeldern mit Rumex Acetoselia, Scleranthus, Crassula rubens, Trifolium arvense, Ornithopus perpusillus, Lycopsis arvensis, Arnoseris minima usw. (nach C h r i s t [briefl.] ; nach ebendemselben auch hier jetzt durch intensive Kultur verdrängt), vielleicht noch bei Haltingen; die alten H a lle r ’schen An­ gaben aus dem Genfer-, Neuenburger-, Berner-, Aargauer- und Solothurner Jura (Salève, Thoiry, Colombier, Grandson, Tavannes, zwischen Court und Sonvillers, Balstal, Biberstein) sind mit Rücksicht auf die Kalkfeindlich­ keit der Pflanze wohl sicher irrig, diejenige aus dem nördlichen Aargau (zwischen Möhlin und Wallbach, auf Verrucano) zwar nicht unwahrscheinlich, aber neuerlich nicht bestätigt; dagegen findet sie sich häufig an der Grenze des französischen Jura gegen die Vogesen bei Montbéliard. Ausserdem einmal bei Ennenda (Kt. Glarus) beobachtet (Binzl). Vgl. T h e l l u n g in Ber. der Schweiz, bot. Gesellschaft 1913.

A llg e m e in e V erbreitung; Fast ganz Europa (besonders im mittleren Teil); Kaukasus ?

Aendert nur unbedeutend ab: f. i n t e g r i f ö l i a (Dumortier) Lackowitz ( = T. Ibéris ß integrifölia Dumort.). Pflanze mit ungeteilten Laubblättern (Meist blosse Kümmerform). — f. r a m ö s a (Boenningh.) Thellung ( = T. Iberis var. ramösa Boenningh., = T. nudic. var cauléscens Rchb.). Pflanze mit ästigem, + beblättertem Stengel (Vereinzelt unter dem Typus; meist nur individuelle Variation, besonders bei spätblühenden Individuen). — f. h i r s u t a Rchb. Pflanze stärker behaart. Während der Blütezeit sind die Blüten zu einer Fläche zusammengedrängt, wobei die nach aussen gerichteten Krönblätter, ähnlich wie bei den Umbelliferen, stärker entwickelt sind als die nach innen liegenden. Da aber in dem Masse, wie das Verblühen fortschreitet, die Blütenstandsachse sich streckt und die Blüten­ fläche in eine Traube auseinanderzieht, so kommt jede Blüte gerade während ihrer Vollblütezeit an den Rand der Fläche zu liegen. Dementsprechend sind nicht wie bei den Umbelliferen und Compositen nur die ursprünglich randständigen, sondern sämtliche Blüten zygomorph ausgebildet. — Die Auffälligkeit der sehr kleinen Blüten wird ausserdem durch die an der Spitze weissgefärbten Kelchblätter und die kronblattartigen Anhängsel der Staubblätter erhöht. Die Anhängsel der langen Staubblätter umschliessen dicht den Frucht­ knoten; über der Mitte des Grundes des benachbarten Kronblattes hat jedes Anhängsel eine Ausbuchtung, mit der es eine Honigdrüse umfasst; auf der entgegengesetzten (äusseren) Seite wird jede Honigdrüse von der gleichfalls ausgebuchteten Mitte des Kronblattgrundes umschlossen. Die Antheren der 4 langen Staubblätter überragen die Narbe etwas und drehen sich beim Aufblühen nach dem benachbarten kurzen Staubblatt hin; die Staubbeutel der kurzen Staubblätter stehen in der Höhe der Narbe und wenden sich nach der Aussenseite des Blütenstandes. Besuchende Insekten bewirken sowohl Fremd- als Selbstbestäubung; bei ausbleibendem Insektenbesuch erfolgt letztere spontan durch die langen Staubblätter.

74

C C C X IV .

Lepidium ') L . em. R. Br. K r e s s e .2)

F ran z.: Passerage; engl.:

P epperw ort; ita l.: Lepidio.

Ein- bis zweijährige Kräuter oder ausdauernde Stauden (ausländische Arten auch halbstrauchig oder strauchig). Wurzel der ein- und zweijährigen Arten dünn, spindelförmig^ blass gefärbt, die der ausdauernden Spezies kräftiger, oft nach oben verzweigt und dadurch mehrköpfig werdend, die Aeste mit einer Rosette von Blättern abschliessend. Bei einigen Arten (L. Draba, L. latifolium) erfolgt durch kriechende Wurzeläste ausgiebige vegetative Vermehrung. Stengel bald einzeln (oder zu mehreren) aus dem Zentrum der grundständigen Blattrosette, bald in Mehrzahl seitlich aus den Achseln der Grundblätter oder ihrer ver­ trockneten Ueberreste entspringend, beblättert und fast stets verzweigt, meist behaart (mit stets einfachen und einzelligen Haaren). Laubblätter sehr verschieden ausgebildet: bald zart, bald (bei salzliebenden Arten) ± häutig oder lederig-dicklich. Keim- und Primär­ blätter sind gegenständig, die Grundblätter (wechselständig) durch Verkürzung der Inter­ nodien rosettig gedrängt, die Stengelblätter deutlich wechselständig. Form, Zähnung und Teilung der Laubblätter sehr verschieden; im allgemeinen nehmen Breite und Zerteilung vom Grunde zur Spitze des Stengels ab (in sehr abrupter Weise geschieht dieser Uebergang z. B. bei L. perfoliatum; vgl. Fig. 753 e). Behaarung der Laubblätter analog der­ jenigen des Stengels. Blütenstände am Stengel und seinen Verzweigungen endständig (seltener durch Achselsprosse übergipfelt und dadurch scheinbar blattgegenständig), einfach traubig, ohne Tragblätter der einzelnen Blüten, zuweilen fast doldig verkürzt und zu einem rispigen Gesamtblütenstand vereinigt (L. latifolium). Blüten (unserer Arten) klein, oft unscheinbar, bei unseren Arten stets zwitterig. Kelchblätter kreisrund bis breitlinealisch, schwach ausgehöhlt, alle 4 ziemlich gleichgestaltet, am Grunde nicht sackartig vertieft, mit häutigem (weisslichem oder rötlichem) Rande, der oft zur Erhöhung der Auffälligkeit der Blüten beiträgt (namentlich bei apetalen Arten, wo er zuweilen das Vorhandensein von Kronblättern vortäuscht). Kronblätter der ausdauernden Arten stets vorhanden, meist doppelt so lang als der Kelch, mit schlankem, deutlichem Nagel und rundlicher bis breit­ spatelförmiger Platte, weiss oder (selten) rötlich; bei einjährigen Arten oft verkümmert (spatelförmig bis kurz linealisch oder fadenförmig, oft gelblich) bis fehlend. Staubblätter bei den ausdauernden Arten 6 (2 + 4), bei den einjährigen oft nur 2 (— 4) mediane; Staub­ fäden fädlich, stets ohne Zähne oder Anhängsel. Honigdrüsen (bei unseren Arten) höckerförmig, zwischen den Ansatzstellen der Staubfäden sich vom Blütenboden emporwölbend, bei Ver­ doppelung der medianen Staubblätter 6, bei einfachem Auftreten derselben 4 (je eine an jeder Seite eines jeden der beiden medianen Staubblätter). Frucht ein (mit Ausnahme von L. Draba) zweiklappig aufspringendes, schmalwandiges Schötchen (Taf. 125, Fig. 6) von verschiedener Form (breit-herzförmig, querelliptisch, kreisrund, breiter oder schmäler eiförmig, elliptisch, verkehrt-eiförmig oder rautenförmig), oft ausgerandet und im oberen Teil geflügelt,der Griffel zuweilen an die Flügelränder angewachsen. Scheidewand lanzettlich bis elliptisch, oft schwach sichelförmig aufwärtsgebogen. Samen normal einzeln in den Fruchtfächern, von der Spitze der Scheidewand herabhängend (Taf. 125, Fig. 45,46 und Fig. 754h), ellipsoidisch oder ovoidisch, meist ± zusammengedrückt. Samenschale gelb bis braun, ziemlich glatt bis schwach netziggrubig oder höckerig (bei L. campestre durch verlängerte Papillen etwas samtglänzend), an *) Gr. Xsmöiov (lepidion) = Schüppchen, Deminutivum von Xentg [Genitiv Xenidog] (lepis, lepidos) = Schuppe; nach der Form der Frucht mancher Arten. Mit Rücksicht darauf wurde die Pflanze nach der Lehre von der signatura rerum als Sympathiemittel gegen Warzen und schuppende Hautkrankheiten verwendet. Xt.'iiöiov bei Dioskorides = lepidium bei Plinius = L. latifolium. 2) Vgl. T h e l l u n g , A. Die Gattung Lepidium (L.) R. Br., eine monographische Studie (Neue Denk­ schriften der Schweiz. Ges. für Naturw. Bd. XLI, Abh. 1 [1906], 340 S., 12 Textfig.).

t

75

der äusseren Kante (wo das Würzelchen des Keimlings liegt) oft schmal durchscheinend flügelig berandet, bei Benetzung stets stark verschleimend. Keimling meist rückenwurzelig selten schief seitenwurzelig (L. Virginicum). Keimblätter (im Samen) kantig-walzlich oder abgeflacht, nach der Keimung eiförmig bis fast kreisrund (bei einer Art [L. sativum] 3-teilig, Fig. 745 c, d, i), stets an ihrem stielförmigen Grunde^abgeknickt, d. h. mit ihrem Ur­ sprung über die Krümmung des Keimlings hinaus auf die Seite des Würzelchens übergreifend (Fig. 752e, i). Mesophyll-Idioblasten, bei L. Draba ausserdem (oder ausschliesslich?) Leitbündel-Idioblasten. In biologischer Hinsicht sind die Blüten der Lepidium-Arten niedrig organisiert. Die Kronblätter sind lediglich Schauapparat, die Kelchblätter sind abstehend; nirgends kommt es durch Zusammenschliessen der Kelch- und Kronblätter zur Bildung eines Honigreservoirs oder eines bestimmt vorgeschriebenen Weges für den Rüssel des besuchenden Insektes. Immerhin sind die Arten mit verhältnismässig ansehnlichen Blüten und komplettem Androeceum an die Bestäubung durch Insekten angepasst. Die Blüten sind meist schwach proterogyn und die Autogamie wird durch spontanes Abbiegen der Staubbeutel der längeren Staubfäden nach aussen erschwert; sie scheint auch erfolglos zu bleiben. Dagegen geht Hand in Hand mit der Rückbildung der Krone eine zunehmende Neigung zur Selbstbefruchtung, die bei apetalen Arten mit homogamen Blüten (z. B. bei L. ruderale) zur Autokarpie führt; das Ausbleiben der Verdoppelung der medianen Staubblätter ist für die Selbstbestäubung günstig, weil ihre Staubbeutel genau in der Medianebene liegen und im jugendlichen Zustand der Blüte durch die geschlossenen Kelchblätter an die Narbe angedrückt werden. — Einrichtungen zur Verbreitung der Früchte fehlen den mitteleuropäischen Arten der Gattung. Die Flügelränder der Fruchtklappen können nicht als Mittel der Verbreitung durch den Wind aufgefasst werden, da die Schötchen bei der Reife auf­ springen und die Samen zu Boden fallen lassen. Die über das Ende der Scheidewand vorspringenden Flügel­ zipfel '(solche fehlen bezeichnenderweise bei dem schliessfrüchtigen L. Draba) dienen vielmehr als Ausstreu­ vorrichtung für die Samen in Form von Angriffspunkten für mechanische Eingriffe (z. B. das Vorbeistreifen von Tieren), die das Schötchen zum Aufspringen bringen. Die Reduktion der Samen auf 1 pro Fruchtfach wird biologisch reichlich kompensiert durch die Reichblütigkeit und den starken Fruchtansatz der meisten Arten, namentlich der einjährigen Spezies. So stellen bei mässig verzweigten Exemplaren von L. campestre 600, von L. Draba 800, von L. Virginicum 1000 Blüten noch gar keine besonders hohen Zahlen dar; bei einem 50 cm hohen, auf gedüngtem Boden gewachsenen Exemplar von L. sativum wurden 5500 Schötchen gezählt, und bei dem südafrikanischen L. myriocärpum Sonder, das seinen Namen (das „ 10000 früchtige“) mit Recht trägt, sind 15 000 Blüten keine Seltenheit. Die Samen sind wegen ihrer Kleinheit für die Windverbreitung geeignet; auch das klebrige Verschleimen der Samenschale bei Benetzung dürfte bei der Verbreitung und namentlich bei der Befestigung der Samen im Keimbett eine Rolle spielen (bei den schliess- und spaltfrüchtigen Cruciferen, so bei den Arten der verwandten Gattung Coronopus, tritt keine Verschleimung der Samenschale ein). Der scharfe, charakteristische Geruch und Geschmack der Kresse-Arten beruht auf der Bildung eines ätherischen Senföls (bei L. sativum vorzugsweise Benzylsenföl) aus einem Glykosid (bei L. sativum Glykotropaeolin) unter der Einwirkung des (im unverletzten Zustand der Pflanze auf besondere Zellen, die sog. Eiweissschläuche lokalisierten, Fermentes M y r o s i n bei Verletzung der Gewebe durch mechanische Eingriffe (z. B. beim Zer­ reiben der Blätter). Ausserdem enthalten die meisten Lepidium-Arten in Kraut und Samen einen eigentüm­ lichen, bisher noch nicht rein dargestellten Bitterstoff „Lepidin“. Die Gattung ist in ca. 125 Arten, die sich auf 5 Sektionen verteilen, gleichmässig über die gemässigten Zonen und die Subtropen beider Hemisphären verbreitet; auch in Neuseeland, den Südsee- und Hawai-Inseln finden sich endemische Vertreter, was auf ein hohes Alter der Gattung schliessen lässt. In den Polarländern und den Tropen fehlen Lepidium-Arten oder sind in den letztem auf die Gebirge beschränkt (Abessinien, Anden). Hinsichtlich ihrer Standortsansprüche sind die Arten der Gattung Lepidium ursprünglich teils Fels- und Weide­ pflanzen (besonders in meridionalen Gebirgen), teils Bewohner salzhaltiger Stellen (Steppen, Salzwiesen usw.). Mehrere Arten haben aber in einem Teil ihrer Individuen diese natürlichen Standorte verlassen, sind auf die vom Menschen geschaffenen künstlichen Lokalitäten (Mauern, Kulturland, Schutt, Wegränder, Bahngeleise usw.) übergegangen und werden jetzt durch die unbeabsichtigte Tätigkeit des Menschen verbreitet. So ist das ursprünglich in Nord- und Zentralamerika heimische L. Virginicum im Begriff, auf diese Weise ein Kosmopolit zu werden. Eine Art, L. sativum, ist vom Menschen als Salatpflanze in Kultur genommen und so über die ganze Erde verbreitet worden; auch L. latifolium wird zuweilen als Küchengewächs gezogen. Medizinische Verwendung fanden früher neben den zuletzt erwähnten Arten auch L. campestre, L. ruderale und L. graminifolium (siehe unten)* Ausser den im Text mit Beschreibung aufgeführten Arten wurden im Gebiet der mitteleuropäischen Flora adventiv vereinzelt beobachtet: Aus der Sekt. L e p i a : L e p i d i u m p r a t e n s e Serres (=• L. Villärsii Gren. et Godron, = L. heterophyllum var. pratense F. Schultz, = Thläspi hirtum Vill. nec L.) aus den Gebirgen

76 von Südost-Frankreich und Südost-Spanien im Hafen von Mannheim 1903 (vgl. den Bestimmungsschlüssel der Arten). — L. h i r t u m (L.) DC. ( = Thláspi hirtum L.) aus dem Mittelmeergebiet, in der subsp. e u - h i r t u m Thell. (Süd-Europa, Syrien) im Hafen von Mannheim 1901. — Aus der Sektion L e p i o c á r d a m o n : L. s p i ­ no s um Ard. ( = L. cornütum Sibth. et Sm., = L. Carrerásii Rodríguez), einheimisch in der Türkei, Griechen­ land und Südwest-Asien, verschleppt und eingebürgert auf den Balearen und in Süd-Spanien; Schöngrün bei Solothurn (Schweiz), aus Abfällen von der Malzfabrik (orientalisches Getreide!), 1912, leg. Probst. — L. A u c h é r i Boiss. aus Südwest-Asien und Aegypten (ob hier einheimisch?), einmal (1895) bei der Wollkämmerei am Reihersteg bei Hamburg. — Sekt. D i l é p t i u m : L. n e g l é c t u m Thellung ( = L. médium Thellung olim nec Greene) aus Nordamerika (vgl. den Bestimmungsschlüssel und Fig. 754a bis d), meist nur vorübergehend mit amerikanischem Getreide eingeschleppt bei Kornhäusern, Mühlen und auf Eisenbahngelände in England, Frankreich, D e u t s c h l a n d (Freiburg i. B. 1900 bis 1903, 1912; Hafen von Ludwigshafen, 1903 [Poeverlein]; Dresden; Döhrener Wollwäscherei bei Hannover 1912 [Scheuermann!]; Homberg a. Rhein 1912 [Bonte!]; auch von Luitpoldheim [Bayern] angegeben), O e s t e r r e i c h (Rauchsche Schleppbahn in Mühlau bei Innsbruck), S c h w e i z (Sitten 1891, Hombrechtikon [Zürich] 1894, Zürich mehrfach 1901 bis 1904, 1911, Embrach [Zürich] 1902, Schwanden [Glarus] 1897, Schavaretschas bei St. Moritz 1904), Siebenbürgen. — L. B o n a r i é n s e L., aus dem östlichen Südamerika, 1912 bei der Hautwollfabrik Rodleben (Anhalt) von Z ob el gesammelt. — L. h y s s o p i f ö l i u m Desv. em. DC. (ähnlich dem L. ruderale) aus Australien, mit australischer Schafwolle 1907 und 1910 bei der Kammgarnfabrik Derendingen bei Solothurn (Schweiz) eingeschleppt. ^ 1. Frucht nicht aufspringend, 2-fächerig, 1- bis 2-samig (Taf. 126, Fig. 3b), weder geflügelt noch ausgerandet, gedunsen, mit nur schwach gekielten Klappen. Griffel schlank, mindestens 1¡3 so lang als die Scheidewand, frei vorragend. Narbe über den Fruchtklappen stärker entwickelt. Blüten vollständig. Frucht­ stiele schlank, abstehend, mehrmals länger als die Frucht, kahl. Obere Stengelblätter (bei unsern Formen) mit herz- oder pfeilförmigem Grunde stengelumfassend (Sect. C a r d a r í a ) L. D r a b a nr. 1188. 1*. Frucht ein 2-klappig aufspringendes, 2-samiges Schötchen, meist geflügelt und ausgerandet (wenn nicht, dann wenigstens stärker zusammengedrückt und mit kürzerm Griffel). Narbe ringsum gleichmässig oder über den Rahmenstücken stärker entwickelt 2. 2. Schötchen oberwärts breit geflügelt, die Flügel ein Stück weit an den untern Teil des Griffels angewachsen. Fruchtstiele + wagrecht abstehend, etwa so lang wie die Frucht. Blüten vollständig. Stengel­ blätter ungeteilt, mit geöhrtem Grunde stengelumfassend (Sect. Lc p i a ) 3. 2*. Fruchtflügel, wenn ausgebildet, vom Griffel frei (bei L. sativum kurz angewachsen, aber zugleich Fruchtstiele aufrecht abstehend, kürzer als die Frucht, und Stengelblätter am Grunde verschmälert) 6. 3. Pflanze ein- bis zweijährig. Wurzel spindelig, am Wurzelhals ohne Faserschopf. Stengel meist einzeln aus der Mitte der Blattrosette entspringend, aufrecht. Schötchen dicht schuppig-rauh, sonst kahl. Freier Teil des Griffels höchstens 1/z mm lang (Taf. 126, Fig. 5 a) L. c a m p e s t r e nr. 1189. 3*. Pflanze ausdauernd. Wurzel dicker, am Wurzelhals von faserigen Ueberresten vorjähriger Laub­ blätter umgeben. Schötchen glatt oder schwach schuppig-rauh, zuweilen behaart. Freier Teil des Griffels mindestens 1 mm lang (nur bei behaarter Frucht zuweilen kürzer). Stengel zu mehreren aus den Achseln der Rosettenblätter oder ihrer Ueberreste entspringend, aus niederliegendem Grunde aufsteigend bis aufrecht 4. 4.

Schötchen auch in der Jugend ganz kahl

5.

4*. Schötchen rauh- oder weichhaarig L. h i r t u m (s. oben). 5. Fruchtklappen vom Grunde an allmählich breiter geflügelt; Flügelbreite an der Spitze = V* der Länge der Scheidewand. Blütenstiele ganz kahl. Stengel unterwärts mit + zurückgeschlagenen Haaren besetzt, meist 20 bis 30 cm hoch, in der Regel ganz einfach L. p r a t e n s e (s. oben). 5*. Fruchtklappen vom unteren Drittel an sehr schmal-, dann plötzlich breitgeflügelt; Flügelbreite an der Spitze = 1/a der Länge der Scheidewand. Stengel, wie die Blütenstiele, von abstehenden Haaren flaumig bis zottig, niedrig und einfach oder höher und oberwärts + verästelt L. h e t e r o p h y l l u m nr. 1190. 6. Keimblätter fast stets 3-teilig oder 3-spaltig (Fig. 752 e). Frucht 5 bis 6 mm lang, beträchtlich länger als der von der Achse wenig (meist 20 bis 30°) abstehende Stiel, an der Spitze deutlich geflügelt (Fig. 752 c) und ausgerandet. Blüten vollständig. Kronblätter oft rötlich. Stengel bläulich bereift (Sect. C ä r d a mo n ) L. s a t i v u m nr. 1191. 6*. Keimblätter stets ungeteilt. Frucht bis 3 * / 2 mm lang, kürzer oder höchstens so lang wie der unter mindestens 45° abstehende Fruchtstiel. Kronblätter weiss oder gelblich oder fehlend. Pflanze nie blau bereift (Sect. D i l é p t i u m ) /• 7. Schötchen an der Spitze deutlich ausgerandet. Griffel (mit der Narbe) kürzer oder höchstens so lang wie die Ausrandung. Seitliche Staubblätter fehlend (Subsect. E u - D i l é p t i um). Vgl. auch L. perfoliatum. 8.

77 7*. Schötchen an der Spitze ganz oder sehr schwach ausgerandet. stets vollständig, verhältnismässig ansehnlich (Subsect. L ep id i äs t rum)

Griffel stets vorragend.

Blüten 11.

8. Schötchen eiförmig, 2 bis 21/* mm breit, an der Spitze deutlich ausgerandet, im Umriss eckig, kürzer als der schlanke, unter 45 bis 600 abstehende Fruchtstiel. Kronblätter stets fehlend. Grundblätter doppeltseltener einfach-) fiederteilig, mit linealischer, deutlicher Spindel und breit-linealischen, stumpflichen Abschnitten; obere Stengelblätter linealisch, stumpflich. Einheimische Art L. r ü d e r a l e nr. 1192. 8*. Schötchen kreisrund, verkehrt-eiförmig, breit-eiförmig-kreisrund oder querelliptisch, (21/*) 2*/a bis 3 mm breit (bei L. densiflorum zuweilen schmäler, aber von abweichender Form und auch Stengelblätter anders gestaltet). Kronblätter meistens vorhanden, aber oft verkümmert. Grundblätter ungeteilt oder leierförmig-fiederspaltig bis fast fiederteilig mit nach oben stark verbreiterter und undeutlicher Spindel und halb­ eiförmigen, auf der Vorderseite gezähnten oder eingeschnittenen Abschnitten; obere Stengelblätter spitz, oft gezähnt. Amerikanische, bei uns eingeschleppte Arten 9. 9. Haare des Stengels und der Laubblätter schlank, spitz, sichelförmig gebogen, + angedrückt; untere Blätter daher borstlich behaart. Kronblätter (ausgenommen an den obersten Blüten) ansehnlich, deutlich länger (bis doppelt so lang) als der Kelch. Schötchen kreisrund, an der Spitze ziemlich seicht und breit aus­ gerandet, kürzer als der unter 60° abstehende, schlanke Fruchtstiel. Samen am äussern Rande schmal flügeligberandet. Keimling schief seitenwurzelig (Fig. 753 c, d). Obere Stengelblätter linealisch-lanzettlich, spitz. L. V i r g i n i c u m nr. 1194. 9*. Haare des Stengels stumpflich, gerade, abstehend, kurz; untere Laubblätter sehr kurz flaumig be­ haart. Kronblätter (ausgenommen in den ersten Blüten) kürzer als der Kelch, meist verkümmert. Keimling rückenwurzelig 10. 10. Schötchen kreisrund oder quer-elliptisch, seltener breit-eiförmig, 3 mm breit, an der Spitze im Umriss stumpflich-abgeründet (Fig. 754 b), schmal und ziemlich seicht ausgerandet, meist etwas kürzer als der ziemlich schlanke Stiel. Samen am äusseren Rande schmal flügelig-berandet (Fig. 754 c, d). Obere Stengel­ blätter linealisch, meist völlig ganzrandig, 1-nervig, am Rande mit meist kurzen (1 2 bis 3), papillenförmigen, gerade abstehenden Haaren besetzt. Kronblattrudimente stets vorhanden L. n e g l e c t u m (s. oben). 10*. Schötchen breit verkehrt-eiförmig, meist 2*/j mm breit, schmal aber tief ausgerandet, an der Spitze im Umriss abgerundet-stumpf, solang wie der etwas dickliche Stiel (Fig.752h). Samen fast unberandet. Obere Stengelblätter linealisch-lanzettlich, spitzlich, meist entfernt gesägt und mit + deutlichen Seitennerven, am Rande gegen den Grund mit schlankeren (1 3 bis 5), spitzen, meist aufwärts gekrümmten Haaren besetzt, die gegen die Spitze des Blattes allmählich kürzer und zuletzt zähnchenförmig werden. — L. d e n s i f l o r u m nr. 1193. 11. Kronblätter blassgelb, schmal spatelförmig. Untere und obere Stengelblätter auffallend ver­ schieden : erstere doppelt fiederschnittig mit fast linealischen Abschnitten, letztere eiförmig-kreisrund, völlig ganzrandig, mit tief herzförmigem Grunde stengelumfassend (Fig. 753 e). Pflanze ein- bis zweijährig L. p e r f o l i a t u m nr. 1195. 11*. Kronblätter weiss. Pflanze nicht so auffallend verschiedenblättrig. Stengelblätter am Grunde verschmälert oder auch (L. cartilagineum) umfassend und gleichzeitig alle Laubblätter ungeteilt. Pflanzen ausdauernd 12. 12. Laubblätter dicklich, etwas lederig, die stengelständigen mit herz-pfeilförmig geöhrtem Grunde umfassend. Kronblätter doppelt so lang als der Kelch. Schötchen eiförmig, bei der Reife deutlich netzig-grubig, etwas kürzer als der dickliche, unter 60° abstehende Stiel. Haare des Blütenstandes teilweise keulig angeschwollen. L. c a r t i l a g i n e u m nr. 1196. 12*. Stengelblätter am Grunde verschmälert. Schötchen bei der Reife glatt oder schwach netzaderig. Haare stets zylindrisch 13. 13. Stengelblätter breiter oder schmäler eiförmig, etwas lederig, die obersten stark verkleinert, hoch­ blattartig, am Rande trockenhäutig. Kelchblätter kreisrund oder breit-verkehrt-eiförmig, fast vom Grunde an breit weiss berandet. Kronblätter doppelt so lang, mit breit-verkehrt-eiförmig-rundlicher Platte, plötzlich in den schmalen Nägel zusammengezogen. Einzelblütenstände sehr zahlreich, auch zur Fruchtzeit scheindoldig ver­ kürzt, zu einem pyramidenförmig-rispigen Gesamtblütenstand vereinigt. Schötchen elliptisch, meist weichhaarig. L. l a t i f o l i u m nr. 1197. 13*. Stengelblätter linealisch-lanzettlich bis linealisch, die oberen nicht auffallend verkleinert, bis zui Spitze krautig, nur mit knorpeligem Stachelspitzchen. Kelchblätter eiförmig, von der Mitte an schmal weiss berandet. Kronblätter 1 Vj mal so lang, mit verkehrt-eiförmig-spateliger, in einen ziemlich breiten Nagel ver­ schmälerter Platte. Blütenstände wenig zahlreich, rutenförmig verlängert. Schötchen eiförmig, spitz, kahl (Fig. 754 g). L. gr a m in if o 1ium nr. 1198.

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1188. Lepidium Dräba1) L.

(= Cochleäria Draba L., = Nastürtium Draba Crantz, = Cardäria Draba Desv., = Cardaria Cochlearia Spach, = Jundzillia Draba Andrz., = Iberis Draba Krause, = Cardiölepis dentata Wahr., = Crucifera Cardaria Krause, = L. drabifölium St. Lager). P fe il-, H erz-oder T ü rk isch e K resse. Franz.: Pain-blanc; engl.: Whitlow pepperwort, hoary cress; ital.: Cocola, lattona, erba Santa-Maria salvatica. Taf. 126, Fig. 3. Die Pflanze heisst in Niederösterreich wohl nach den weissen leicht abfallenden Blüten a l t e M o n a [ = alte Männer], a l d i Mo n a h ä u d , nach dem Standort Kr o d n wu r z n [ = Krötenwurz]. ZuSa u b r e i n vgl. „Brein“ = Hirse (Bd. I, pag. 188), zu M o i l t ’n vgl. Melde (Bd. III, pag. 225); auch diese Namen werden für Niederösterreich angegeben.

Ausdauernd. Wurzel verlängert, nach oben stark verzweigt, die Wurzeläste dünn, unterirdisch weit kriechend, in fruchtbare und unfruchtbare Stengel auslaufend. Blüten­ stengel etwa 20 bis 50 cm hoch, meist aufrecht, etwas kantig, in der Regel ± kurz grauhaarig, reichbeblättert, oberwärts scheindoldig verästelt, die in Blütenständen auslaufenden Aeste über den letzten Verzweigungen meist blattlos. Laubblätter in der Regel kurz grauhaarig. Grund- und untere Stengelblätter gestielt, meist buchtig oder leierförmig (zur Blütezeit meist abgestorben), mittlere und obere Stengelblätter ungestielt, ± elliptisch-länglich (über dem Grunde oft etwas geigenförmig eingeschnürt) bis lanzettlich, mit herzpfeilförmigem Grunde stengelumfassend, meist entfernt buchtig gezähnt. Blütenstände dicht scheindoldig ange­ ordnet. Blüten ansehnlich, wohlriechend. Kronblätter doppelt so lang als der Kelch, weiss, benagelt, mit breit verkehrt-eiförmiger Platte. Staubblätter 2 + 4. Fruchttrauben bogig aufsteigend, verlängert, locker. Fruchtstiele 2 mal so lang als das Schötchen (ohne Griffel), zylindrisch-fädlich, wagrecht abstehend, (bei uns) völlig kahl. Schötchen herz-eiförmig bis elliptisch, durch Verkümmerung des einen Samens oft unsymmetrisch, an der Spitze ganz, gedunsen, jedoch an den Rahmenstücken eingezogen und dadurch schwach zweiknöpfig, bis mm lang und breit, von dem schlanken, langen, frei vorragenden Griffel ge­ krönt (Taf. 126, Fig. 3b). Fruchtklappen nur oberwärts schwach gekielt, bei der Reife oft etwas netzig-grubig, an den Rahmen fest angewachsen, Frucht daher nicht aufspringend. Samen (oft nur einer ausgebildet) ovoidisch oder ellipsoidisch, mässig stark zusammengedrückt, fast glatt, nicht berandet, braun. Keimling rückenwurzelig; die Keimblätter (im Gegensatz zu allen übrigen Arten) nur wenig hinter der Krümmung des Keimlings entspringend. — V bis VII. A llgem eine Verbreitung: Mittelmeergebiet und östliches Mitteleuropa bis WestSibirien; sonst in mehreren Erdteilen verschleppt und eingebürgert. 3 7 2

4 7 2

Hierher: Subsp. I. eu-Draba Thellung. Schötchen am Grunde schwach herzförmig. — An Strassenund Ackerrändern, Hecken, Eisenbahndämmen, auf Schutt- und Bahnhofterrain, heute im ganzen Gebiete zer­ streut, dank der ausgiebigen vegetativen Vermehrung meist in individuenreichen Kolonien. Am seltensten und unbeständigsten in Norddeutschland und in höheren Gebirgslagen, auch sonst in verkehrsarmen Gegenden stellenweise noch fehlend; ursprünglich einheimisch nur in O e s t e r r e i c h . In D e u t s c h l a n d seit 1728 in Ulm auf der ehemaligen „Gänsebastey am Comödienhaus“, offenbar durch das Donautal eingewandert; in Bayern von S c h r a n k 1789*2) bei Ingolstadt um die Gegend der Kothau angegeben. Die Haupteinwanderung in grösserem Massstab erfolgte jedoch erst am Anfang des 19. Jahrhunderts, und zwar einerseits von Oesterreich durch das Donautal aufwärts, anderseits ausFrankreich an den Mittelrhein. Im Jahre 1807 wird die Pflanze von Pitzen­ burg bei Eisdorf (Flora von Halle) angegeben, 1825 aus Bayern, Franken, Erlangen, Sachsen, Halle, Bonn, Schlesien, 1833 ausserdem von der Rheinebene von Speyer bis Mainz und Frankfurt sowie von Magdeburg. Von diesem Zeitpunkt an erfolgte eine rasche und intensive Ausbreitung der Pflanze in Süd- und Mitteldeutschland, namentlich längs den Eisenbahnlinien. In Norddeutschland scheinen ihr die klimatischen Bedingungen keine dauernde Ansiedelung mehr zu gestatten; sie findet sich hier meist nur vorübergehend mit Saaten (z. B. Luzerne) und in der Nähe von Mühlen mit Korn verschleppt; als nördlichstes dauerndes Vorkommen wird der Zeltberg bei Lüneburg genannt. In O e s t e r r e i c h in der ganzen Monarchie verbreitet, bis in die Voralpen ansteigend; *) Der Name dgdßr) (dräbe), latinisiert Draba tritt zuerst bei Dioscorides Mat. med. II, 157 auf; vgl. die Cruciferengattung Draba. 2) Die Angaben von L e y s s e r (1783) und R o t h (1788) bei Halle, Erlangen, Nürnberg, Bremen sind unzuverlässig, da die Beschreibungen der genannten Autoren sich auf L. campestre beziehen!

79 doch in den nördlichen Ländern vielleicht nicht ursprünglich. In der S c h w e i z 1842 bei Grenzach (Baden!) unweit Basel aufgetreten (offenbar rheinaufwärts gewandert), von hier längs der Eisenbahnen landeinwärts vor­ dringend. Anderseits benützte die Pflanze sicherlich auch die Rhonepforte unterhalb Genf zur Einwanderung aus Frankreich und die Wanderstrasse der „pontischen“ Arten aus dem Donautal in die östliche Nordschweiz; 1854 wurde sie bei Schleitheim (Schaffhausen) und Zürich gefunden, 1869 war sie ausserdem aus Genf, Wallis, Waadt, Solothurn, Aargau und St. Gallen bekannt, 18/9 auch von Glarus und Landquart. Heutige Verbreitung: Ebene und Haupttäler der Alpen, besonders längs der Eisenbahnen und Verkehrsstrassen; oberhalb Arosa bis 1850 m, Salastrains bei St. Moritz bis 2100 m ansteigend. Aendert ab: var. g e n u i n u m Thell. ( = var. typicum L. Micheletti). Stengelblätter länglich, un­ regelmässig gezähnt, mit meist spitzen Oehrch£n (Die häufigste Form). — var. c r a s s i f ö l i u m N. Terracciano. Laubblätter dicklich. Frucht oft grösser, deutlicher netzaderig (Sälzige Stellen der Mittelmeerküste; wohl auch im Gebiet). — var. s u b i n t e g r i f o l i u m L. Micheletti. Stengelblätter fast oder völlig ganzrandig, meist breiter als beim Typus, die oberen oft herz-eiförmig, mit stumpfen Oehrchen (Italien; 1910 verschleppt bei Delsberg in der Schweiz). — var. M a d r i t e n s e (Pau) Thell. Stengelblätrer schmäler als beim Typus, spitz, wie die ganze Pflanze fast kahl (Süd-Euiopa; 1905/1906 verschleppt bei Solothurn [Schweiz]). — A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g der Unterart: wie die Gesamtart; eingebürgert im extramediterranen Europa in England, Belgien, Dänemark, Süd-Schweden, Süd-Norwegen usw. Subsp. II. Chalepense1) (L.) Thell. ( = L. Chalepense L„ = Thlaspi Chalepense Poir.). Schötchen am Grunde gestutzt oder abgerundet bis kurz verschmälert. In der var. t y p i c u m Thellung selten aus SüdwestAsien eingeschleppt: Südbahnhof München 1903 (Hegü), Brunnen (Schwyz) 1910. Die ziemlich kleinen, weissen Blüten dieser Art sind an sich wenig auffällig; doch erhöht die weissliche Färbung der Kelchblätter, sowie die Anordnung der Blüten zu dichten Doldenrispen die Augenfälligkeit. Auch wirkt ein bemerklicher Honigduft anlockend auf die Insekten. Bei hellem Wetter spreizen sich zu Beginn des Blühens Kelch, Krone und Staubblätter bis zu einem Blütendurchmesser von 7 bis 8 mm auseinander, und die 6 kleinen, aussen zwischen den Basen der Staubfäden sitzenden Nektardrüsen werden auch kurzrüsseligen Insekten leicht zugänglich. In einem späteren Stadium legen sich die Blütenteile bis zu einem Durchmesser von 4 bis 5 mm zusammen; dabei kommen die Antheren der langen Staubblätter an die Narbe zu liegen und bewirken Selbstbestäubung. Die scharf schmeckenden Samen dieser Art wurden ehemals als Würze statt des Pfeffers gebraucht und der Aufguss des scharfen Krautes fand arzneiliche Verwendung.

(L.) R. Br. (= Thlaspi campestre L., = Lepia campestris Desv., = Iberis campestris Wallr., = Thlaspi incanum Gilib., =■ Cochlearia foetida Schrank, = Crucifera Lepidium Krause). F eld -K resse. Franz.: Passerage, nasitort, bourse de Judas; engl.: Mithridate pepperwort; ital.: Erba-storna. Taf. 126, Fig. 5. Ein- bis zweijährig, meist 20 bis 50 cm hoch. Wurzel spindelig, blass, meist ein­ köpfig. Stengel fast stets einzeln, gerade aufrecht, von sehr kurzen und schlanken, wag­ recht abstehenden Haaren weich flaumig-filzig (selten fast kahl), dicht beblättert, oberwärts meist ebensträussig-äsfig, mit bogig-aufsteigenden, beblätterten Aesten. Grundblätter (zur Blütezeit meist abgestorben) leierförmig-fiederlappig; untere Stengelblätter in einen kurzen Stiel verschmälert, mittlere und obere meist 1 bis 2 cm lang, dreieckig- oder eiförmiglanzettlich, mit herzpfeilförmigem Grunde stengelumfassend, meist ausgeschweift-gezähnelt, alle gleich dem Stengel weichhaarig. Blüten ziemlich unansehnlich. Kelchblätter eiförmig, ± 1Ya mm lang. Kronblätter 11fi mal so lang als der Kelch, mit verkehrt-eiförmig-keiliger, allmählich in den langen Nagel verschmälerter Platte. Staubblätter 2 + 4. Fruchtstiele wagrecht abstehend, (wie die Traubenspindel) abstehend weichhaarig bis fast kahl. Schötchen meist 5 :4 mm, aufsteigend (mit dem Fruchtstiel einen stumpfen Winkel bildend), unterseits stark konvex, oberseits wegen der aufwärts gebogenen Flügelränder schwach konkav, breit-eiförmig, am Grunde gedunsen und abgerundet, oberwärts stark zusammen­ gedrückt, an der Spitze ausgerandet. Fruchtklappen fast vom Grunde bis zum unteren Drittel sehr schmal-, dann breiter geflügelt (Flügelbreite an der Spitze = 73 der Scheide­ wandlänge), von schuppenartigen, dicht stehenden Papillen rauh; Scheidewand rhombisch-*)

1189. Lepidium campestre

*) Nach der Stadt Aleppo (Haleb) in Syrien benannt.

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elliptisch, etwas halbmondförmig aufwärts gebogen. Griffel kurz, aus der Ausrandung kaum hervorragend. Samen ovoidisch, kaum zusammengedrückt, höckerig-papillös, nicht berandet, braun. Keimling rückenwurzelig. — V, VI. An Dämmen, kiesigen Orten, auf Mauerwerk, Schutt, an Strassen- und Acker­ rändern, auf Brachfeldern, Aeckern und Grasplätzen (besonders auf schweren Böden); im ganzen Gebiet verbreitet bis zerstreut, im nördlichen Gebiet sowie in Gebirgslagen oft nur vorübergehend verschleppt. In D e u t s ch 1an d im norddeutschen Flachland besonders mit Kleesaat eingeführt und oft nach kurzer Zeit wieder verschwindend; im übrigen Gebiet meist verbreitet, am häufigsten in Baden und Eisass. In O e s t e r r e i c h meist gemein (fehlt jedoch in Kärnten). In der S c h w e i z in der Ebene und in den grösseren Alpentälern verbreitet (in Graubünden jedoch sehr selten).

A llg em ein e V erb reitu n g: Fast ganz Europa; Klein-Asien, Armenien, Kaukasien; adventiv in Nord-Amerika und wohl auch in anderen Erdteilen.

Aendert nur unwesentlich ab: f. t y p i c u m Pospichal ( = var. calcicolum n'gidum et var. pseúdo-hírtum Schur). Wurzel zweijährig, dickspindelig, oft mehrköpfig, an den Köpfen knollig angeschwollen. Stengel oben ebensträussig verästelt, wie die gezähnelten Laubblätter + grauhaarig-flaumig. — f. s i m p l e x Pauquy ( = f. gräcile Pospichal). Wurzel einjährig, dünn, am Kopfe nicht verdickt. Stengel schlank, einfach oder mit 1 bis 2 kurzen Aesten (Kümmerformen, auf Sandboden oder in sehr dichten Beständen der Art). — f. p o l y c á r p u m Ch. Guffroy. Stengel vom Grunde an mit blütentragenden Aesten versehen. — f. p l u r i c a ü l e Thellung. Stengel zu 2 bis mehreren aus einer Blattrosette entspringend. — f. i n t e g r i f ó l i u m G. Beck. Stengelblätter fast oder völlig ganzrandig. — f. g l a b r á t u m Lejeune et Courtois ( = var. subglábrum Hagenb. non DC., = var. Reutéri O. Kuntze, = var. umbrósum Schur, Clavaud). Pflanze fast kahl, grün (Schattenformen.) Die Samen dieser Art waren früher (gleich denjenigen der Thlaspi-Arten) als S e m e n T h l ä s p e o s offizinell. — Die kleinen, weisslichen Blüten sind unansehnlich und haben nur 2 mm im Durchmesser. Die anfangs (nach der Entfaltung der Blüte) von der Narbe entfernten Antheren der langen Staubblätter werden später durch die sich schliessenden Kelchblätter an die Narbe angedrückt, so dass notwendig Selbstbestäubung erfolgt; dasselbe ist der Fall, wenn die Blüte bei dauernd schlechtem Wetter geschlossen bleibt.

(DC.) Bentham (= Thláspi heterophyllum DC., = Nastiirtium heterophyllum O. Kuntze, = L. campestre subsp. heterophyllum Bonnier, = L. Smithii Hooker, = L. campestre subsp. Smithii Robinson, = Crucifera lepidioides Krause, = L. campestre var. longipedunculátum F. Schultz ? x), = L. campestre f. prostrátum Vollmann, = Thláspi hirtum Hudson nec L., = L. hirtum Sm. nec DC., = L. campestre var. longistylum Bucknall et White nec A. G. More). V e r sc h ie d e n b lä tte r ig e K resse. Engl.: Smooth Field Pepperworth, Smith’s Cress. Der vorigen Art sehr ähnlich und von ihr hauptsächlich durch die im Bestimmungs­ schlüssel (vgl. pag. 76) angegebenen Merkmale zu unterscheiden. Blüten weniger unansehnlich. Kelchblätter eiförmig-lanzettlich. Kronblätter mit breiterer, rundlich-verkehrt-eiförmiger, in den Nagel ziemlich plötzlich zusammengezogener Platte. — V, VI. Steinige Orte, Dämme, Schutt, Mauern; im Gebiet nur verschleppt und teilweise eingebürgert. In D eu tsch la n d auf Melaphyr bei Kusel in der bayerischen Pfalz von F. S ch u ltz gefunden (ob noch vorhanden?), nach F. S ch u ltz und W irtgen am Ufer der Nahe von Oberstein bis Kreuznach vereinzelt unter L. campestre und Barbaraea vulgaris (seit 1857 neu aufgefunden), nach Literaturangaben auch in Lothringen und im Saargebiet; im Hafen von Mannheim 1900 bis 1904 ; im bayerischen Wald: verschleppt zwischen Eisenstein und Ludwigstal. In der S ch w eiz früher bei Genf verwildert, beim alten Dolder auf dem Zürichberg bei Zürich seit 1907, bei Celerina gegen Pontresina (Engadin) am Damm der Berninabahn, 1750 m, 1911 (leg. Branger). 1190. Lepidilim heterophyllum

9 Die Pflanze des Nahetals, von F. S c h u l t z selbst früher — gewiss mit Recht — für L. hetero­ phyllum gehalten. Die Beschreibung der Varietät enthält ein Gemisch von Merkmalen von L. campestre und heterophyllum, was sich wohl daraus erklärt, dass im Nahetal beide Arten untereinander wachsen.

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A llg em ein e V erb reitu n g : Südwesteuropa (Portugal, Spanien, Frankreich [ost­ wärts bis zur Rhone und Saône], Grossbritannien und Irland); verschleppt in Belgien und an den oben genannten Orten, ferner in Nord-Amerika und Neuseeland. Ueber die Abänderungen dieser Art vgl. T h e l l u n g a. a. O. pag. 99 bis 100.

L. (= Thlaspi sativum Crantz, = Nastürtium sativum Medikus, = Thlaspidium sativum Spach, = Cardamon sativum Fourreau, = L. horténse Forsk., = Thlaspi Nastürtium Bergeret, = Crucifera Nasturtium Krause). Gart en-K resse. Franz.: Cresson alénois, nasitort; engl.: Garden-cress, cultivated Peppergrass; ital.: Nasturzio ortense, crescione inglese. Fig. 752 a bis e.

1191. Lepidium sativum

Das Wort K r e s s e (althochdeutsch kresso), das vor allem den westgermanischen Sprachen eigen zu sein scheint, ist auch ins Romanische (franz. cresson, ital. crescione) übergegangen. Sein Ursprung ist uner­ klärt. Im Niederdeutschen lautet das Wort K a s s e n , K ä s s e , Ke r s (vgl. niederl. kers, dän. karse), in der Schweiz C h r e s s i g , C h r e s s e s c h . Vgl. auch Brunnenkresse! — Im romanischen Graubünden heisst die Pflanze c r e s c h u n d ’u e r t (Remüs).

Einjährig. Wurzel dünn, spindelförmig, blass. Stengel einzeln, meist aufrecht, 20 bis 40 cm hoch, oft kräftig, meist ganz kahl, jedoch bläulich bereift, oberwärts in der Regel ästig. Blütenstände an den Aesten achsel- und endständig. Laubblätter dünn, hell­ grün, wenigstens am Rande des Blattstieles borstlich behaart. Grundblätter meist leier­ förmig-fiederschnittig, mit meist verkehrt-eiförmigen, + eingeschnittenen oder gezähnten Abschnitten ; untere Stengelblätter meist doppelt bis einfach fiederschnittig, mit gezähnten, stachelspitzigen Abschnitten; mittlere und obere von verschiedener Form, meist ± fiederig zenschlitzt, seltener nur gezähnt, zuweilen etwas leierförmig; die obersten meist linealisch, ganzrandig, spitz. Blüten verhältnismässig ansehnlich, vollständig. Kelchblätter elliptisch, 1 bis L/a mm lang, auf dem Rücken oft borstig-flaumig. Kronblätter D/a bis L/a so lang als der Kelch, weiss oder (häufig) rötlich, länglich-spatelförmig, undeutlich benagelt. Staubbeutel oft violett. Fruchttrauben stark verlängert, locker, gegen die Spitze hin verjüngt. Trauben­ spindel und Fruchtstiele meist ganz kahl; letztere dicklich, unter 20 bis 30° abstehend, lj'i bis d/i so lang als die Frucht. Schötchen (Taf. 125, Fig. 45, 46; Fig. 752 c) mässig stark zusammengedrückt, rundlich-eiförmig, meist 5 bis 6 mm lang und 3 bis 4 mm breit, vom untern Drittel oder von der Mitte bis zur Spitze deutlich geflügelt (Flügelbreite an der Spitze = y5 bis 7« der Scheidewandlänge), ausgerandet. Flügellappen stumpf, vorgestreckt, im unteren Teil mit dem Griffelgrund verwachsen. Griffel (bei unseren Formen) kürzer oder höchstens so lang wie die Ausrandung. Fruchtklappen kahl, auch bei der Reife glatt. Samen (Fig. 745 g, h) ovoidisch, kaum zusammengedrückt (im Querschnitt dreieckig-rundlich), fast glatt, rotbraun. Keimling rückenwurzelig; Keimblätter fast stets 3-spaltig oder 3-teilig (Fig. 752 e). — V bis VII. Im ganzen Gebiet als bekannte und beliebte Salatpflanze in Gärten und auf Aeckern kultiviert (in Tirol noch am Stilfserjoch bei 2188 m) und nicht selten an Wegrändern, auf Flusskies, Schutt, Grasplätzen, Sandhaufen, an Bahndämmen u. dgl. vorübergehend ver­ wildert; zuweilen auch als Unkraut in Flachsfeldern. A llg em ein e V erb reitu n g der Art: Wie die der unten genannten Wildformen; ausserdem durch Kultur über den grössten Teil der Erde verbreitet. Die Garten-Kresse, deren Heimat lange Zeit unbekannt war, stammt mit Sicherheit aus dem Orient. Als Wildformen sind zu betrachten: 1. die durch das östlich Nordafrika (Kordofan, Abessinien, Aegypten) und Südwest-Asien (Sinai, Arabien, Palästina, Persien, Pendjab, Tibet) an + natürlichen Standorten verbreitete Rasse s i l v é s t r e Thellung, die sich von der Kulturpflanze durch kleinere (meist unter 5 mm lange), schmäler geflügelte Schötchen und infolgedessen die Ausrandung deutlich überragenden Griffel unterscheidet und 2. die subsp. s p i n é s c e n s (DC.) Thellung, eine ausgesprochen xerophytisch gebaute Wildform mit stark ver­ dickter, zur Reifezeit an der Spitze dornig verhärteter Traubenspindel und gleichfalls kleinerem, schmalgeflügeltem Schötchen; heimisch in den wüstenartigen Gebieten von Aegypten, Syrien, Mesopotamien und Persien. — Die H e g i , Flora, Bd. IV

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82 K u ltu r d e r P flanze ist w ohl re c h t a lt u n d m ag an v e rsch ie d en e n S tellen des W o h n g eb iete s der W ildform en ih re n A u sg a n g gen o m m en h a b en , w a s aus der sta m m lic h en V e rsc h ie d e n h e it der N a m en der G a rte n -K re sse n ic h t n u r im G rie ch isc en (xdgdafiov [kärdam on] b ei T h e o p h ra s t u n d D io sk o rid e s) sow ie im N e u g riec h isch e n und L a te in (n a stü rc iu m bei C o l u m e l l a und P l i n i u s ) , so n d ern a u ch in den a ra b isc h e n , p ersisch en , h in d o stan isc h e n , b e n g alisch e n und alb a n esisch e n Idiom en h e rv o rg e h t (indessen is t k ein S a n sk ritn a m e der Pflanze b e k an n t). D ie ä lte ste n a rch ä o lo g isc h e n F u n d e d e r G a rte n K re sse sta m m e n aus A eg y p ten , w o S am en d e r Pflanze in G rä b e rn d e r P h a ra o n e n z e it a n g e ­ tro ffen w u rd e n ; ein v o llstän d ig e rh alte n e s S c h ö tc h e n g e h ö rt der var. silv estre an. F ü rM itte le u ro p a 1) w ird die Pflanze zum e rsten M ale in dem b e rü h m te n „ C ap itu la re de v illis“ L u d w ig s des F ro m m e n (796) als n a stu rtiu m u n te r den a n z u b a u en d e n G e w ä ch sen g enannt. F e rn e r e r­ w ä h n t sie die h eilig e H i l d e g a r d (im 12. J a h r ­ h u n d e rt) als „ c ra sso “ ; s p ä te r v e rb re ite t sich A l b e r t u s M a g n u s (im 13. Ja h rh u n d e rt) a u s­ fü h rlic h ü b e r n a stu rciu m . H e u te findet sich die G a rte n -K re sse als K ulturpflanze in den g e ­ m ä s sig te n u n d w ä rm ere n R egionen d e r ganzen E rd e. D ie s c h a rf sch m eck en d e P flanze w ird ju n g als S a la t g e g essen . D a s K ra u t und die n o c h s c h ä rfe r schm eckenden, ä th e ris c h e s und fe tte s O el e n th a lte n d e n S am en, die (nam entlich die le tz te re n ) eine äh n lich e m ed izinische W irk ­ sa m k e it b e sitz e n w ie die S e n f-A rten , w a re n frü h e r als H e r b a et S e m e n N a s t u r t i i h o r t e n s i s offizinell (n a m e n tlich als eröffnendes, verteilen d es, b lu tre in ig e n d es, a n tisk o rb u tisc h e s M ittel). D ie S am en finden g e le g en tlic h auch als G ew ü rz, in A bessinien au ch zu O el V erw en d u n g . E n d lich ist die Pflanze w e g en d e r sp ric h w ö rtlic h ra sc h e n , in 2 b is 3 T a g e n erfolgenden K eim u n g der S a m en („ K resse n sa m e n , der es schnell v e r­ r ä t “) u n d des schnellen W ac h stu m s zu allerlei S pielereien, N am en szü g e n sow ie zu p h y sio lo ­ g isc h en E x p erim en ten u. dgl. beliebt. A b ä n d e ru n g e n : die K u ltu rfo rm e n g e ­ h ö re n sä m tlich d e r subsp. T hell. F ig . 752. L e p i d i u m s a t i v u m L . a, a\ H a b itu s ( 2/5 n atü rl. G r ö sse). b B lü te o h n e K e lc h b lä tte r , c F r u c h t, e E m b r y o , — d F r u c h t (g e ö ffn e t) v o n var. v u l g ä r e A lef. (sens. am pl., em . T hell.) a n : T ra u b e n sp in d e l zur F ru c h tz e it w e n ig v e r­ L e p i d i u m g r a m i n i f o l i u m L . — L e p i d i u m d e n s i f l o r u m S ch räd er. f J u n g e P fla n z e, g , g i F r u c h te x e m p la r , h F r u c h t, i E m b r y o . d ic k t (n u r 2 bis 3 m al so dick als die F r u c h t­ stiele), n ic h t dornig. S ch ö tch e n m eist 5 1/a bis 6 m m lang. G riffel (einschl. N a rb e ) h ö c h ste n s so lan g w ie die A u sran d u n g . D iese R a sse z e rfä llt in folgende U n te ra b a rte n : su b v a r. t y p i c u m T h ell. ( = var. v u lg äre A lef. sens. stric t., = var. lucänum A . T e rra c c ., = var. incisum A . T e rra c c .). S te n g e lb lä tte r fied e rig -g e teilt o d er e in g e sc h n itte n ; A b s c h n itte am R a n d e n ic h t k ra u s. — su b v a r. c r i s p u m (M edikus) D C . S te n g e lb lä tte r fiederig z e rsc h litz t; die A b s c h n itte g e g en die S pitze d ich t k a m m ­ fö rm ig - o d e r fra n s e n a rtig e in g e sc h n itte n und k ra u s. — su b v a r. l a t i f ö l i u m D C . (— L . o b o v ä tu m K it., = L . latifo liu m var. o b o v ä tu m L ed eb ., = L . ly rätu m h ö rt, nec L .). S te n g e lb lä tte r u n g e te ilt, g e z ä h n t oder sc h w ach g e la p p t, zu w eilen e tw as leierfö rm ig . — A ls selten e A b n o rm itä te n k o m m e n v o r: F rü c h te m it 3 K la p p en und 3 R a h m e n stü c k en ( = f. t r i v ä l v e [A. B raun] T hell. F ig . 745 c, d) und S am en m it u n g e te ilten K e im b lä tte rn .

eu-sativum

l) N a ch n e u ere n h isto ris c h e n U n te rsu ch u n g e n h a t das C a p itu la re a llerdings b e so n d e rs fü r S ü d w estF ra n k re ic h G eltung.

83 Die weissen oder rötlichen Blüten sind nur mittelgross, aber durch einen starken Duft ausgezeichnet und werden reichlich von Insekten besucht. Bei sonnigem Wetter krümmen sich die Antheren nach aussen zurück, so dass bei eintretendem Insektenbesuch sowohl Fremd- als Selbstbestäubung stattfinden kann; bei Regenwetter öffnen sich die Blüten nicht völlig und es tritt leicht spontane Selbstbestäubung ein.

L. (= Iberis ruderalis Crantz, = Nastürtium ruderale Scop. [ex syn., excl. descr.], Besser, = Thläspi ruderale All., = Senckenbergia ruderalis Gaertner, Meyer et Scherbius, = Crucifera ruderalis Krause, = L. ruderale var. typicum Beck, = Thläspi tenuifölium Lam., = L. apetalos Gilib., = Nasturtioides inconspicuum Medikus, = L. glaucescens Dumort., = L. subulatum auct. Helv.-1) nec L.). S ch u tt- oder S tin k -K r e sse , auch Wanzen-Kresse oder Hundeseiche genannt. Franz.: Cresson des ruines; engl.: Rubbish Pepperwort; ital.: Lepidio de’ calcinacci. Taf. 126, Fig. 2. Ein- bis zweijährig, meist 15 bis 25 cm hoch. Ganze Pflanze beim Zerreiben von charakteristisch stinkendem Geruch, der am stärksten bei auf ammoniakhaltigem Boden gewachsenen Exemplaren auftritt, während er bei der Kultur in reiner Gartenerde bedeutend abgeschwächt erscheint. Wurzel dünn, spindelig, blass. Stengel meist einzeln, aufrecht, von sehr kurzen, zylindrischen, abstehenden Haaren schwach flaumig (selten fast kahl), oberwärts ästig, mit bogig aufsteigenden, in Blütenstände auslaufenden Aesten. Laubblätter dunkel- oder bläulichgrün, am Rande mit kurzen, denen des Stengels ähnlichen Härchen besetzt. Grundblätter langgestielt (mit Stiel meist 5 bis 7 cm lang), doppelt fiederteilig (seltener einfach fiederteilig mit nur eingeschnittenen Abschnitten), mit abstehenden, ent­ fernten, linealischen oder schwach spatelförmigen, ganzrandigen, stumpflichen Lappen. Untere Stengelblätter den Grundblättern ähnlich, aber weniger zerteilt; obere (und oft schon die mittleren) linealisch oder schmal linealisch-spatelförmig, völlig ganzrandig (selten am Grunde mit einem Läppchen versehen), stumpflich, meist U bis 2 cm lang und U bis 2 mm breit. Blüten (Taf. 125, Fig. 6) unansehnlich, grünlich. Kelchblätter schmal eiförmig-lanzettlich, je­ doch sogleich nach der Blüte (wegen der eingerollten Ränder) linealisch erscheinend, + 3/i mm lang. Kronblätter stets fehlend; 2 (bis 4?) mediane Staubblätter. Fruchttrauben locker, ver­ längert, wie die Fruchtstiele fein flaumig; letztere dünn, etwa unter 45 0 abstehend, meist 11/i mal so lang (selten nur so lang) als die Frucht. Schötchen 2 bis 2 1/i mm lang, U bis 2 mm breit, eiförmig (seltener fast elliptisch), mässig stark zusammengedrückt, am Grunde kurz verschmälert-spitzlich, an der Spitze im Umriss eckig-spitzlich, deutlich (etwa bis auf 1/e der Länge der Scheidewand) ausgerandet, die Ränder der Ausrandung einen rechten oder spitzen Winkel bildend; die Flügellappen zu beiden Seiten spitzlich, vorgestreckt oder schwach zusammenneigend. Griffel äusserst kurz. Narbe im Grunde der Ausrandung fast sitzend. Fruchtklappen gekielt, an der Spitze schmal geflügelt, zur Reifezeit fast glatt. Samen ovoidisch, zusammengedrückt, fast glatt, nicht berandet, gelbbraun (Taf. 126, Fig. 2a). Keimling rückenwurzelig. — V bis VII. An Mauern, Wegen, Teichen, auf Schutt, wüsten, sandigen und steinigen Plätzen, zwischen Strassenpflaster, in Bahnhöfen; gern auf ammoniak- oder salzhaltigen Stellen.

1192. Lepidium ruderäle

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Im ganzen Gebiet ziemlich gemein bis zerstreut, jedoch in vielen Gegenden erst in neuerer Zeit häufiger geworden und in Gebirgslagen und an verkehrsarmen Orten noch mancherwärts fehlend. Am häufigsten in S ü d we s t de ut s c h l a n d und O e s t e r r e i c h ; im norddeutschen Flachland ursprünglich nur in der Nähe der See häufig, breitet sich jetzt durch den Eisenbahnverkehr sowie durch den Transport von Seeschlick mehr und mehr im Binnenland aus. In der S c h w e i z noch in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts nur (selten) im westlichen Gebiet, jetzt in der Ebene fast allgemein längs den Verkehrswegen verbreitet, vereinzelt auch im Gebirge J) Die irrige Angabe des L. subulatum L. (einer spanisch-algerischen Steppenpflanze) im Wallis (Schweiz) geht auf J. J. S c h e u c h z e r (1/23) zurück; Scheuchzers Herbarexemplar, das noch heute in den Sammlungen der eidgen. technischen Hochschule in Zürich existiert, gehört jedoch zu L. ruderale.

98 *

(Graubünden: Arosa 1720 m, Bernina 2081 m). Im Norden gilt die Pflanze als „Steppenläufer“, d. h. die nach der Samenreife abgestorbenen Fruchtexemplare werden vom Winde über grosse Strecken hin verweht.

A llg e m e in e V erb reitu n g : Fast ganz Europa (ausser dem hohen Norden); Südwest- Asien ; vereinzelt (verschleppt?) im westlichen Sibirien; ferner adventiv in NordAfrika, Nord-Amerika und wohl noch anderwärts.

Die sehr unscheinbaren, grünlichen Blüten zeigen regelmässig spontane Selbstbestäubung, die auch von Er­ folg ist. Die Antheren der 2 allein vorhandenen (medianen) Staubblätter stehen meist so hoch wie die Narbe, bei manchen Individuen jedoch auch beträchtlich höher, so dass eine an die Fremdbestäubung angepasste Form (Heterostylie? oder biologische Rasse ?) vorzuliegen scheint (z.B. beobachtet in Karlsruhe 1912, Thel l ung) . — Diese höchst widerlich riechende und schmeckende Pflanze dient in Russland schon seit langer Zeit als Volksmittel gegen Wechsel­ fieber und wurde auch von Aerzten gelegentlich dagegen gebraucht. Der widrige Geruch soll Wanzen, Flöhe, Kornwürmer u. dgl. vertreiben (im südlichen Dalmatien wird das Kraut zu diesem Zwecke getrocknet und pulveri­ siert); er teilt sich auch dem Fleisch, der Butter und dem Käse der Tiere mit, die die Pflanze gefressen haben.

Schräder (= L, ruderâle Richardson nec L., = L. inter­ médium A. Gray ex p. nec A. Rieh., = L. Virginicum Macoun ex p. nec L., = L. incisum O. Kuntze et auct. germ. nec Roth nec Bieb., = L. micranthum auct. Germ, nec Ledeb., = L. apétalum Ascherson ex p. et auct. Germ, et Amer. nec. Willd.1), = Crucifera apétala Krause, = L. ruderâle var. ineänum M. Grütter). D ic h tb lü tig e K resse. Fig. 752f bis i. Ein- bis zweijährig, ohne den stinkenden Geruch der vorigen Art. Wurzel dünn, blass. Stengel einzeln, aufrecht, von kurzen, zylindrischen, geraden, abstehenden Haaren kurz-, aber meist dicht graulich flaumig, in der Regel oberwärts ästig. Laubblätter grau­ grün. Grundblätter lang gestielt, im Umriss länglich oder elliptisch, tief eingeschnitten­ gesägt mit auswärts gebogenen Zipfeln, seltener fast fiederteilig mit halbeiförmigen, am Vorderrand konvexen und gekerbten Abschnitten und grösserem, am Grunde verschmälertem Endlappen, von kurzen, zylindrischen, stumpfen, fast papillenförmigen Haaren feinflaumig; untere und mittlere Stengelblätter länglich - lanzettlich oder lanzettlich, stielartig ver­ schmälert, spitz gesägt; obere linealisch - lanzettlich, beiderends spitz, sitzend, meist deutlich entfernt - sägezähnig (selten fast ganzrandig), mit deutlichen Seitennerven, am Rande mit kurzen Haaren besetzt. Blüten unansehnlich. Kelchblätter eiförmig, auf dem Rücken borstig-flaumig (diese Behaarung ragt im Knospenzustand über die Spitze des kompakten Blütenstandes vor und verleiht ihm ein borstig-zottiges Aussehen). Kronblätter fehlend oder verkümmert, dann fädlich bis linealisch-länglich, höchstens an den ersten Blüten nahezu so lang wie der Kelch. Staubblätter 2 bis 4, median. Fruchtstände verlängert, dichter als bei L. ruderâle, feinflaumig grauhaarig. Fruchtstiele etwas dicklich, unter 45 bis 60° abstehend, gerade oder etwas auswärts gebogen, + so lang wie die Frucht. Schötchen verkehrt-eiförmig bis fast kreisrund (Fig. 752h), am Grunde spitzlich, an der Spitze im Umriss abgerundet-stumpf, ziemlich tief-, aber sehr schmal ausgerandet (Ränder der Ausrandung fast parallel), mit stumpfen, zusammenneigenden Flügellappen. Griffel fast 0. Fruchtklappen gekielt, im oberen Drittel geflügelt. Samen ovoidisch, zusammengedrückt, ziemlich glatt, fast unberandet, gelbbraun. Keimling rückenwurzelig (Fig. 752i). —V bis VII. Nordamerikanische Art ; im Gebiet seit etwa 30 Jahren auf Sand- und Schuttstellen, bei Mühlen, Fabrikanlagen und auch auf Eisenbahngelände hin und wieder eingeschleppt*2)

1193. Lepidilim densiflörutn

*) L. apétalum Willd. ( = L. micranthum Lebeb.) ist eine zentral- und ostasiatische Pflanze, die noch nicht ausserhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes verschleppt beobachtet worden ist. — Ueber die Ge­ schichte der Einschleppung und die Nomenklatur des L. densiflorum vgl. A s c h e r s o n in Verh. Brandenb. bot. Ver. XXXIII (1891) 108ff. (unter L. apétalum) sowie T h e 11u n g in Bull. Herb. Boiss. 2 halbeiförmig, 1,5 bis 2 mm lang, schwarz- (seltener grau-) braun. Samenschale durch konzentrisch-bogenförmige Runzeln rauh (Taf. 125, Fig. 58; Taf. 128, Fig. 1 a), bei Benetzung nicht verschleimend. — IV bis VI und vereinzelt bis in den Herbst. Häufig bis gemein auf Aeckern (namentlich auf Lehmboden), Brachen, in Wein­ bergen, auf Gemüseland, an Wegrändern, Rainen, auf unbebauten und wüsten Plätzen. Nur im nördlichen Gebiete stellenweise weniger häufig bis selten (gilt z. B. in Westfalen und bei Schwerin als eingebürgert), auch im österreichischen Küstenland nicht gemein; steigt in den Alpen bis an die obere Grenze des Getreidebaues (Tirol bis 1640 m, Graubünden [Engadin] 1852 m, ruderal bis 1900 m, Wallis [Chandolin im Einfischtal] 1980 m). A llg e m e in e V erbreitung: Als Ackerunkraut und Ruderalpflanze in ganz Europa, auch in Skandinavien (nördlich bis Lyngen [79° 20'] und Alten); Westasien, Sibirien, Japan; Algerien (eingeschleppt?), Madeira; verschleppt und eingebürgert in Nordamerika. Im weitaus grössten Teil seines Verbeitungsgebietes kommt Th. arvense nur als Ackerunkraut und Ruderalpflanze vor; einzig im Altaigebiet wird es von L e d e b o u r als wiesenbewohnend angegeben, so dass seine Urheimat — gerade wie auch diejenige vieler Getreidearten — offenbar im mittleren und westlichen Asien zu suchen ist. Prähistorische Vorkommnisse der Pflanze wurden in den Pfahlbauten der Schweiz festgestellt: Steckborn (neolithisch) und Mörigen am Bielersee (Bronzezeit). In Deutschland ist die Einwanderung der Pflanze vielleicht neueren Datums, da sie nach H ö c k zum ersten Male im 16. Jahrhundert sicher erwähnt wird, Th a l kennt sie (um 15/7) noch nicht aus dem Harz, dagegen Cas p ar S c h w e n ckf el d um 1600 aus Schlesien. Aendert nur unwesentlich ab. Hieher: f. f c e t i d u m G. F. W. Meyer ( = T. alliäceum Ficinus nec L.) Pflanze bläulich bereift, stark knoblauchartig riechend (Besonders an stark düngerhaltigen Stellen).— f. h i r s ü t u m L. V uy ck (Prodr. fl. Batav. ed. 2,1 1 [90], pag. 159). Pflanze behaart. Eine ganz zweifelhafte, vom Bearbeiter nicht gesehene Form, deren Zugehörigkeit zur Gattung fraglich erscheint. — f. c o l l i n u m (Steven pro spec.) Thell. ( = Th. nemorösum Adami Hoffm.). Stengel am Grunde ästig, mit niederliegend-aufsteigenden Aesten. — f. nänum Peterm. ( = f. minimum Vollmann). Stengel nur 5 bis 12 cm hoch, fädlich, einfach. Laubblätter klein, linealischlänglich bis länglich-eiförmig, meist ganzrandig. Blütenstand armblütig. Form des sterilen, sehr mageren Bodens; beobachtet z. B. bei Leipzig, München, Schwetzingen (F. Z i mme r mann). — f. Ba i c a l ens e ') (DC.) C. A. Meyer ( = T. Baicalense DC., = T. arvense f. strictum Murr 1902, = T. strictum Dalla Torre et Sarnth.). Laubblätter gröber und spitzer gezähnt als bei der gewöhnlichen Form. Früchte oft sehr gross (bis 18 mm breit). So vielleicht nur in Südosteuropa und Westasien heimisch und im Gebiete lediglich mit orien­ talischem Getreide eingeschleppt: Rauch’sche Schleppbahn in Mühlau bei Innsbruck um 1900.*) *) Am Baikalsee in Sibirien gefunden.

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D ie P flanze e n th ä lt a u sse r R h odanallyl a u ch A llylsulfid und rie c h t d e sh a lb b eim Z e rre ib e n k n o b la u c h ­ a rtig . D ie sc h a rf sch m eck en d en S am en e n th a lte n K a liu m -M y ro n a t (S inigrin), das d u rc h das F e rm e n t M y ro sin (vgl. p a g . 57) in Senföl ü b e rg e fü h rt w i r d ; sie w a ren frü h e r u n te r dem N a m en S e m e n T h l ä s p e o s g e b rä u c h lic h als b lu tre in ig e n d es, reizen d es u n d d iu retisc h es M itte l und w u rd e n a u ch g e g en H ü ftw e h u n d rh e u m a tis c h e U eb el em p fo h len . D ie g rü n e Pflanze soll K o rn w ü rm e r u n d W an zen v e rtre ib e n . — D ie w eissen B lüten sind klein und w e rd e n n u r sp ä rlic h von In sek ten b e su c h t. D ie K e lc h b lä tte r v e rä n d e rn w ä h re n d des B lühens ih re F a rb e von G rü n in G elb. Am G runde d e r 2 k u rz en S ta u b fä d e n b efindet sich je d e rs e its ein g rü n e s, fleischiges N e k tariu m . D ie A n th e re n der 4 lan g en S ta u b b lä tte r ste h e n d e r N a rb e n a h e u n d k e h re n ih r die g eöffnete S e ite zu, so dass sp o n ta n e S e lb stb e s tä u b u n g f a s t u n v erm eid lich i s t ; die S ta u b b e u te l d e r 2 k u rzen S ta u b b lä tte r d a g eg en ste h en tie fe r als die N a rb e und von ih r e n tfe rn t, sie dienen der F re m d b e s tä u b u n g b e i ein trete n d em In se k ten b e su c h . — Als A b n o rm itä te n sind zuw eilen zu b e o b a c h te n : A u sb ild u n g von T ra g b lä tte rn im B lü ten stan d , v e rg rü n te o d e r 8-m ännige B lüten sow ie 3 -k lap p ig e F rü c h te .

1212. Thlaspi alliáceum

x) L . ( = T . arvense fí L am ., = L epídium cristátum L ap ey r. ?, = C rucifera thlaspoídes K rause, = M yagrum satívum A u b ry nec L.). L a u c h - T á s c h e l k r a u t . I ta l.: A glina. F ig. 7 6 1 a bis d. E in jäh rig , 20 bis 60 cm hoch, m it L auchgeruch. W u rzel dünn, einfach, senkrecht. aufrecht, einfach oder verzw eigt, deutlich g e rillt, am G runde m it ziem lich langen, dünnen, abstehenden, verbogenen, weissen H a a re n besetzt, sonst kahl, am G runde ohne sterile L aubsprosse. L a u b b lä tte r lanzettlich bis keilig-verkehrt-eiförm ig, blaugrün, die untersten gestielt, die übrigen m it geöhrtem G runde sitzend (über der A nsatzstelle m eist zusam m engezogen), die unteren stum pf entfernt gezäh n t bis leierförm ig, die oberen oft ganzrandig, + spitz, alle k a h l; O ehrchen der S ten g elb lätter m eist la n z e ttlic h , etw as auseinanderfahrend. B lüten in sp äter sehr stark verlängerter, lockerer T ra u b e. K elch b lätter elliptisch, schm al w eissrandig, etw a l ’^ r n m lang. K ro n b lä tte r weiss, 2^2 bis 3 mm lang, noch nich t dop p elt so lang als der K elch. S ta u b b lä tte r kürzer als die K ro n b lä tte r; S tau b b eu tel stets gelb. Griffel sehr kurz, fast fehlend, etw a x/z mm lang. F ru c h t auf dünnem , stets längerem , etw a w ag ­ re ch t abstehendem Stiel, schm al ververkehrt-eiförm ig, etw a 6 bis 7 mm lang, auf d er U n terseite stark bauchig gew ölbt, auf d er O berseite im M ittelteil schw ächer gew ölbt, am R a n d e durch die aufw ärts gebogenen F lü g elrän d er etw as b ecken­ förm ig vertieft, an der Spitze seicht und (spitzw inkelig-) ausgerandet. g R e ife F r u c h t, h Q u e r sc h n itt d urch den F r u c h tk o te n , schm ali S am en . F ru ch tk lap p e n kahnförm ig, netzaderig,

S ten g el

k n o te n ,

*) L a t. alliäceus = erinnernden G eruch.

la u c h a rtig ; m it R ü c k sic h t auf den an L a u c h -A rte n (A llium ; vgl. Bd. 1, pag. 213)

121

unterwärts gekielt (Fig. 761b), oberwärts schmal- (noch nicht 1 mm breit) geflügelt. Flügel­ lappen zu beiden Seiten der Ausrandung sehr kurz, flach-bogenförmig abgerundet, vor­ gestreckt oder etwas zusammenneigend, die Narbe wenig überragend. Samen meist 5 pro Fach, ovoidisch-ellipsoidisch, wenig zusammengedrückt, etwa 1,5 bis 1,8 mm lang; Samen­ schale dunkelbraun, netzip-grubigf (Fig-. 761 c), bei Benetzung schwach verschleimend. — V, VI (im Süden schon IV). Sehr selten und zerstreut auf Aeckern und Brachfeldern. ln D e u t s c h la n d mit Sicherheit beständig einzig in Bayern: Salzburger Alpen bei Berchtesgaden und Ramsau, angeblich auch im bayerischen Juragebiet bei Kelheim. Ausserdem vorübergehend verschleppt bei Berlin (Köpenik, Rüdersdorfer Kalkberge 1903), sowie angeblich bei Hamburg (1901), ferner im Hafen von Mannheim (seit 1881 mehrmals eingeschleppt beobachtet), 1903 auch bei Ludwigshafen (Bayer. Pfalz). Die alten Angaben vom südlichen Harz (W a llro th ), von Dresden (F ic in u s), aus Holstein (N o lte ), aus West­ falen (B ö n n in gh au sen ), von Aachen, Tübingen und aus Schlesien sind wohl auf T. arvense f. foetidum zu beziehen. In O e s t e r r e i c h in Salzburg (Bergheim, Maria Plain, Thalgau usw.), in Oberösterreich (Mondsee, besonders auf dem Gaisberge daselbst und an der salzburgischen Grenze gegen Thalgau), in Niederösterreich (früher bei Wien, von C rantz und S c h u lte s „hinter dem Theresianum an den Schottergruben“ angegeben), Steiermark (nur im Südosten: auf dem Höhenrücken zwischen St. Veit und St. Marein bei Erlachstein, bei Rohitsch-Sauerbrunn, an der Rohitscher Bezirksstrasse unterhalb Kostreinitz, im Sottlatale bei WindischLandsberg, bei St. Hema, Fautsch, Drachenburg), Krain (vereinzelt im südöstlichen Unterkrain bei GrossDolina an der steirischen Grenze [P aulin briefl.]) und Küstenland (Grasplätze unter der Stadt Montona [übrige Angaben irrig oder zweifelhaft]). Fehlt in der S c h w e iz vollständig.

A llg em ein e V erb reitu n g: Südeuropa (von Spanien bis zum nördlichen Balkan, Banat und Siebenbürgen); aus Belgien irrtümlich angegeben.

Die Samen waren früher als Sem en S c o r d o th lä s p e o s offizinell. — Die Kelchblätter verfärben sich beim Verblühen aus Grün in Gelb, was zur Erhöhung der Auffälligkeit des Blütenstandes beiträgt. Die Blüten sind proterogyn; später findet durch Berührung von Antheren und Narbe Selbstbestäubung statt.

1213. Thlaspi perfoliätum L. (= Crucifera perfoliata Krause, = T. montanum ß Lam., = Thlaspidium cordätum Bubani, = Thlaspi alpestre Hudson nec L.). S te n g e lu m fa sse n ­ d e s1) T äsch elk rau t. Franz.: Mousselet; ital.: Erba-montanella. Taf. 128, Fig. 2. Meist überwinternd 1-jährig, seltener 1-jährig, 7 bis 20 (30) cm hoch, ohne grund­ ständige sterile Laubsprosse. Stengel einzeln oder mehrere, aufrecht, einfach oder seltener verzweigt, stielrund, wie die ganze Pflanze oft bläulich bereift. Grundständige Laubblätter rosettenförmig angeordnet, verkehrt-eiförmig, gestielt, ganzrandig oder schwach gezähnelt; Stengelblätter sitzend, eiförmig, am Grunde herzförmig, stengelumfassend, ganzrandig oder gezähnelt. Blüten in endständigen, zuletzt stark verlängerten Trauben, klein. Kelch­ blätter elliptisch, etwa 1 bis IV mm lang, grün oder rötlich überlaufen, hellrandig, nach dem Verblühen sich in Gelb verfärbend. Kronblätter weiss, 2 (bis 3) mm lang, den Kelch fast doppelt überragend, länglich spatelförmig (Taf. 128, Fig. 2a). Staubblätter kürzer als die Kronblätter. Staubbeutel stets hellgelb. Honigdrüsen unscheinbar. Griffel sehr kurz, noch nicht 0,5 mm lang. Frucht auf fast wagrecht abstehendem, dünnem, mit ihr etwa gleich­ langem Stiel, verkehrt-herzförmig, 4 bis 6 mm lang, nach dem Grunde zu kurz keilig ver­ schmälert, an der Spitze mässig tief- und ziemlich stumpf buchtig-ausgerandet, auf der Unterseite gewölbt, auf der Oberseite im Mittelteil fast flach, am Rande durch die auf­ wärts gebogenen Flügelränder etwas beckenförmig vertieft. Fruchtklappen vom Grunde an allmählich breiter geflügelt (Flügelbreite an der Spitze etwa bis der grössten Breite des Faches selbst); Flügel mit deutlichem Randnerv und ausserdem strahliggenervt. Flügellappen zu beiden Seiten der Ausrandung schief bogenförmig, stumpf, etwas 2

2

2/ 3

0 Die Laubblätter sind nicht eigentlich durchwachsen, wie der lateinische Name angibt, sondern nur mit tief herzförmigem Grunde stengelumfassend (Taf. 128, Fig. 2).

122

auseinanderstehend. Narbe am Fruchtknoten vorragend, bei der Fruchtreife im Grunde der Ausrandung fast sitzend. Scheidewand halb eiförmig-elliptisch, mit stark gewölbtem Unterund fast geradem Oberrand, durch den sehr kurzen Griffel stachelspitzig. Samen meist 4 in jedem Fach, rundlich-eiförmig, zusammengedrückt, etwa 1,5 mm lang, mit gelbbrauner, fast glatter Samenschale. — (III) IV bis VI, vereinzelt auch später. Auf Aeckern und Brachen, auf Kalk- und Lehmboden, in Weinbergen, auf Gras­ plätzen, an Wegrändern, Rainen, an erdigen und steinigen Stellen, an Bergabhängen und auf Bergwiesen; im südlichen und mittleren Gebiet verbreitet und häufig bis zerstreut, im nördlichen selten und oft unbeständig, stellenweise fehlend. In D e u ts c h la n d im südlichen und mittleren Teile zerstreut, am häufigsten im Süd westen; in der nordwestdeutschen Tiefebene fast völlig fehlend (früher verschleppt bei Hamburg), in Hannover nur im Regierungsbezirk Hildesheim; im nordostdeutschen Flachland zerstreut im Magdeburgischen, in Branden­ burg bei Havelberg (Weinberge), in Westpreussen ehedem verschleppt bei Danzig (Ganskrug). In O e s t e r ­ r e i c h verbreitet bis in die Voralpen (Tirol bis 1350 m). In der S c h w e i z in den wärmeren Gegenden verbreitet, besonders in den Weinbaugebieten; steigt im Puschlav bis 1000 m, im Wallis bis 1600 m hinauf.

A llgem ein e V erb reitu n g: Europa (mit Ausnahme des hohen Nordens), Kau­ kasus, Südwestasien bis Persien und Turkestan, westliches Nordafrika; verschleppt und eingebürgert in Nordamerika.

Aendert ab: f. s i m p l i c i s s i m u m DC. ( = var. minus Babey, = var. minimum Schur, = var. prfficox Bolzon, = T. pratuldrum Gandoger, = T. alpestre Gmelin nec L.). Stengel niedrig, einzeln, ganz einfach. Blutenstand oft armblütig. — f. mu l t i c a ü l e F. Zimmermann et Thell. Pflanze vom Wurzelkopf an in zahlreiche Stengel aufgelöst; diese niedrig und sehr reichblütig (Hie und da in Weinbergen). Aehnlich ist: f. c a e s p i t e s c e n s Murr. Grundrosette noch zu Beginn der Fruchtzeit frisch. Nebenstengel 10 bis 15, + niederliegend (Weinberge bei Trient). — Ferner beschreibt R e c h i n g e r eine 1896 in Weinbergen auf dem „Aiseck“ bei Dörnbach (Wien) beobachtete Form mit ausdauernder Wurzel. In manchen Gegenden lassen sich unterscheiden: var. e r r a t i c u m (Jordan) Gren. ( = T. erraticum Jordan, = Pterötropis1) erratica Fourr.). Pflanze ziemlich hellgrün. Stengelblätter fast oder völlig ganzrandig, mit stumpflichen Oehrchen. Dies z. B. in der S c h w e i z die allgemein verbreitete Form. — var. i mp r ö p e r u m (Jordan) Gren. ( = T. impröperum Jordan, = Pterötropis impropera Fourr., = T. perfoliatum f. denticulätum Busch?). Pflanze dunkel- (bläulich-) grün. Stengelblätter deutlich gezähnt, mit spitzlichen Oehrchen (In der "West­ schweiz und in Süddeutschland). Im Gebiete nicht sicher nachgewiesen ist: var. n e g l e c t u m (Crepin) Durand ( = T. neglectum Crepin). Frucht stark gewölbt, Flügel schmal, kaum die Hälfte der Breite jeder Fruchtklappe erreichend. Griffel ungefähr so lang wie die Ausrandung (Aus Belgien beschrieben). Die Angabe dieser Abart auf Sand bei Forsthof unweit Nürnberg (1902 bis 1903) ist irrig und auf die var. impröperum zu beziehen. Die Blüten sind noch kleiner als die von T. arvense, mit denen sie sonst im biologischen Bauplan übereinstimmen (etwa 2 mm lang). Bei trübem Wetter bleiben sie nahezu geschlossen; aber auch bei hellem Sonnenschein öffnen sie sich nur so weit, dass ein ca. 1 mm weiter Blüteneingang entsteht. Die Auffälligkeit der Blütenstände wird dadurch erhöht, dass die Kronblätter auch nach der Befruchtung noch eine Zeit lang stehen bleiben.

1214. Thlaspi alpestre L. (= Thlaspidium alpestre Bubani, = Thlaspi montanum Hudson nec L , = T. preecox Schleicher nec Wulfen). V oralp en -T äsch elk rau t. Fig. 761 e bis i. Pflanze meist 2- bis 3-jährig und nach einmaligem Blühen absterbend, (10) 20 bis 30 (40) cm hoch, oft blaugrün. Grundachse nur an der Spitze kurz verzweigt; Laubblattrosetten daher dicht gedrängt und oft zusammenfliessend, rasenbildend. Rosetten­ blätter gestielt, elliptisch bis spatelig oder verkehrt-eiförmig, zumeist ganzrandig. Stengel oft zu mehreren, einfach oder (seltener) ästig, meist steif aufrecht. Stengelblätter schmal­ herzeiförmig, mit stumpfen oder spitzlichen Oehrchen stengelumfassend, ganzrandig oder — in der Regel sehr schwach — gezähnelt. Blütenstand zur Zeit des Aufblühens trugdoldig verkürzt, zur Fruchtzeit stark verlängert (oft so lang oder länger als der beblätterte Teil des Stengels). Blütenstiele dünn. Kelchblätter elliptisch, deutlich hautrandig, oft rötlich 0 Gr. nzEQÖv [pterön] = Flügel und ZQonig [tropis] = Kiel; der Kiel der Fruchtklappen geflügelt.

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überlaufen, etwa 1 mm lang. Kronblätter länglich-keilförmig, kaum länger bis doppelt so lang als der Kelch, weiss oder rötlich bis blasslila Staubblätter in der Regel so lang oder länger als die Kronblätter (vgl. jedoch die var. calaminare); Staubbeutel weisslich bis gelblich oder (mindestens nach dem Verblühen) rötlich bis schwarzviolett. Frucht auf dickem, wagrecht abstehendem bis etwas niedergebogenem, etwa gleichlangem Stiel, breiter oder schmäler verkehrteiförmig-keilig, etwa (6) 7 bis 9 (10) mm lang, am Rande durch die aufwärts gebogenen Flügelränder beckenförmig vertieft, an der Spitze verschieden tief ausgerandet (Fig. 761g). Fruchtklappen am Grunde gekielt, etwa vom unteren 1/i an all­ mählich breiter geflügelt; Flügelbreite an der Spitze 7*2 bis ebenso gross als die Breite des Faches selbst. Griffel 3/± bis U^mm lang (Fig. 761 f), kürzer bis länger als die Ausrandung. Scheidewand breiter oder schmäler elliptisch, beiderends zugespitzt. Samen meist 4 bis 6 pro Fach, ellipsoidisch, zusammengedrückt, gelbbraun, fast glatt (Fig. 761 i), etwa 11/ :1 mm. — IV bis VI. An gebirgigen, buschigen, steinigen Orten, grasigen Bergabhängen, auf Bergweiden, auf überwachsenem Schutt, auf Wiesen, an Rainen, in Grasgärten ; in den Alpenländern ziemlich verbreitet (bis 2309 m), in den deutschen Mittelgebirgen zerstreut, besonders in den grösseren Stromtälern. Vgl. die Unterarten. A llgem ein e V erb reitun g: Gebirgsländer von Mittel- und Südeuropa (östlich bis zu den Karpaten und Montenegro), Grossbritannien, Südschweden; verschleppt und eingebürgert in Finnland. Verwandte, vielleicht nicht spezifisch trennbare Formen in Nordund Südamerika. 2

Zerfällt im Gebiete in eine Anzahl von Rassen, die sich unter folgende 3 Unterarten gruppieren lassen: I. subsp. b r a c h y p é t a l u m 9 (Jordan) Durand et Pittier ( = T. brachypetalum Jordan sens, ampl., = T. Salisii Dalla Torre nec Brügger). Staubbeutel auch nach dem Verblühen gelb bleibend. Junge Frucht deutlich und ziemlich scharf ausgerandet. Griffel meist unter 1 mm lang, bei der Fruchtreife kürzer oder höchstens so lang als die Ausrandung. Reife Frucht länglich-keilförmig, doppelt so lang als breit, tief und ziemlich schmal ausgerandet. Stengel meist kräftig, oft ästig. Vorzugsweise auf Urgestein. Zerfällt in 2 geo­ graphisch geschiedene Rassen: var. t ÿ p i c u m Thell. ( = T. alpestre Vill., = T. brachypetalum Jordan sens, strict., = T. alpestre var. brachypetalum Gremli, = T. Salisii var. brachypetalum Dalla Torre, = T. virgâtum Gren. et Godron, = T. perfoliatum subsp. virgâtum Bonnier, = T. Verlôti, saltfcolum et nemoricolum Jordan, = T. vulcanörum Lamotte). Kronblätter so lang oder nur wenig länger (etwa U/ 3 so lang) als der Kelch. Frucht auffallend schmal. Fruchtflügel an der Spitze fast so breit wie jedes Fach selbst; die Lappen zu beiden Seiten der Ausrandung vorgestreckt, etwa so lang wie breit, den Griffel meist überragend. So im Gebiete in typischer Ausbildung nur in den südwestlichen Alpen: Waadt und westliches Wallis mehrfach. — var. S a l i s i i 2) (Brügger) Thellung ( = T. alpéstre Massara, Moritzi, Salis, = T. Salisii Brügger, = T. alpestre var. Salisii Gremli, = subsp. Salisii Murr, = T. Ræticum Jordan). Kronblätter doppelt so lang als der Kelch. Frucht oft etwas breiter (nicht ganz doppelt so lang als breit). Fruchtflügel an der Spitze etwa 2 / 3 so breit als jedes Fach; die Lappen zu beiden Seiten der Ausrandung kürzer, den Griffel meist nicht überragend. Scheidewand etwas breiter als bei der vorigen Rasse. In den Alpen von Tirol (1500 bis 2000 m), Vorarlberg (Schruns, Montavon), Graubünden (südlich und östlich vom Rhein, auch Misox) und Tessin (Airolo?), sowie im Veltlin (Teglio, Bormio usw.). — II. subsp. L e r e s c h i i 3) (Reuter) Thellung ( = T. Lereschii Reuter, = Pterötropis Lereschii Fourr., = T. alpestre form. T. Gaudiniänum ß Lereschii Rouy et Fouc.). Ausgesprochene Zwischen­ form zwischen der vorigen und der folgenden Unterart. Kronblätter 19 2 mal so lang als der Kelch. Staub­ beutel bald gelb, bald rötlich bis violett. Junge Frucht an der Spitze seicht-, aber deutlich ausgerandet. Griffel etwa 1 mm lang, bei der Reife so lang wie die Ausrandung. Reife Frucht in der Ausbildung intermediär, etwa l 2/s mal so lang als breit. Stengel meist kräftiger und höher als bei subsp. silvestre, häufiger ästig. 9 Gr. ßgaxvg [brachÿs] = kurz und nêvaXov [pétalon] = Kronblatt. 2) Nach Ulysses Adalbert Freiherr von S ali s-Marschlins, geb. 1795, gest. 17- Februar 1886 als Privatier auf Schloss Marschlins bei Landquart (Graubünden), verdient um die botanische Erforschung Graubündens, des Veitlins und Korsikas. 3) Nach Louis L e r e s c h e , geb. 10.Dezember 1808 in Lausanne, gest 11. Mai 1885 in Rolle, Pfarrer in Château d’Oex (Waadt); verdient um die Kenntnis der Flora der Schweiz und des westlichen Südeuropas.

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Laubblätter bläulichgrün, die Grundblätter schmäler, die Stengelblätter grösser und spitzer. Ausgeprägt besonders in den Waadtländer- und Freiburgeralpen (Chateau d’Oex [verschiedene Fundorte], Etivaz, Rossinieres, Jaman; gemein in der Haute-Gruyere), vielleicht auch im Berner-Oberland (Gsteig bei Saanen); ferner mit subsp. brachypetalum im Champey-Tal (Wallis), nach R e u t e r auch im Jura (Thoiry, Vallee de Joux). III. subsp. s i l v e s t r e (Jordan) Gillet et Magne [incl. subsp. Gaudinianum1) eor.] ( = T. alpestre auct. plur. sens. strict., = T. montanum subsp. alpestre Bonnier, = T. silvestre et Gaudinianum1) Jordan, = Pterötropis silvestris et Gaudiniana Fourr., = T. alpestre var. silvestre Babington, = var. typicum Jaccard, = Crucifera caerulescens Krause, = T. montanum Pollich, Leers, Schkuhr Handb. t. CLXIII, Wirtgen etc. nec L ). Kronblätter doppelt so lang als der Kelch. Staubbeutel nach dem Verblühen dunkelviolett. Junge Frucht an der Spitze meist abgerundet bis gestutzt. Griffel meist über 1 mm lang, bei der Fruchtreife die Ausrandung deutlich überragend. Reife Frucht verkehrteiförmig-keilig, etwa D/imal so lang als breit, seicht ausgerandet; Flügellappen zu beiden Seiten der Ausrandung kurz, sehr stumpf, fast 3 mal so breit als hoch, etwa Va bis *2/a so breit als jedes Fruchtfach. Stengel meist niedriger als bei den 2 vorigen Unterarten, häufiger einfach. Laub­ blätter heller grün; Stengelblätter meist kurz, stumpflich. Dies im ganzen Gebiete die verbreitetste Unterart. In D e u t s c h l a n d (hier die Nordostgrenze des urwüchsigen Vorkommens erreichend) in den Vogesen ziemlich verbreitet (Hochvogesen bis 1400 m, steigt auch in die Talsohlen bis 600 m herab, z. B. bei Mittlach, sowie bei Wasserburg unterhalb der Ruine Strauenburg; ferner bis zu den Tälern der Thur, der Lauch und der Obermosel herabsteigend [besonders häufig bei Vagney im Dept. des Vosges]), im badischen Schwarzwald sehr selten (nur •am Rinken und bei Lenzkirch), in Nordbayern (Juragebiet: Burglengenfeld; Gipskeupergebiet: Lohweiler bei Feucht­ wangen), in der Nordpfalz (Lemberg, zwischen Niederalben und Erzweiler, Steinbach am Donnersberg, Lichten­ berg bei Kusel [verschleppt im Hafen von Mannheim 1913, Zi mme r ma n n ] ) , in der Rheinprovinz und in Hessen-Nassau (südlich der Linie Aachen-Medebach) mehrfach (besonders auf Porphyr und Melaphyr): Eifel, Hunsrück, in der Nähe der Ahr, des Rheins, der Nahe, der Lahn und der Dill, sowie an der Eder bei Batten’berg2), im südlichen Westfalen (Medebach, Ramsbeck [südöstlich von Meschede]), im südlichen Hannover {Regierungsbezirk Osnabrück) auf dem Roten Berge bei Hasbergen, an der Hangstrasse und auf dem Silber­ berge (hier die Nordgrenze erreichend) [in der nordwestdeutschen Tiefebene nur verschleppt am Bahndamm bei Agathenburg]; weiter östlich erst wieder im Flussgebiet der Elbe (im Anschluss an das böhmische Ver­ breitungsgebiet) auftretend (fehlt im Harz): in der Nähe der oberen Saale bei Ebersdorf und Schleiz, sodann im Vogtland, im Erzgebirge (verbreitet), Elbsandsteingebirge und den nördlichen Vorlanden, besonders im Elbeund Muldetal (durch Hochwasser aus dem Erzgebirge herabgeführt) und in deren Nähe (bis Barby und zur Mündung der Mulde abwärts); östlich der Elbe bei Elsterwerda, Finsterwalde und Spremberg (verschleppt bei Potsdam [Sanssouci] und Berlin [Grasplätze im alten botanischen Garten]); endlich im Flussgebiet der Oder (Nordostgrenze des Areals): im Vorland der Sudeten von der Neisse (Görlitz) bis zum Bober (abwärts bis Bunzlau) sowie im Gebiete der Glatzer Neisse bei Kamenz, Reichenstein und Patschkau. In O e s t e r r e i c h in den Alpenländern ziemlich verbreitet, auch in Böhmen und Mähren mehrfach; fehlt in Schlesien, Ober­ österreich, Krain (nach Paul i n) und Küstenland, in Tirol und Vorarlberg wohl grösstenteils durch subsp. brachy­ petalum var. Salisii ersetzt, in Niederösterreich nur im Kohlgraben bei Züggen (und an der ungarischen Grenze bei Rettenbach, Redlschlag). In der S c h w e i z im südlichen und mittleren Jura verbreitet von Genf bis Solo­ thurn, ferner in den Alpen: Wallis (Südkette); für Waadt (Jaman?), Freiburg und Berner-Oberland (Gsteig bei Saanen?) zweifelhaft (vielleicht durch subsp. Lereschii ersetzt), Tessin? (vgl. var. Salisii). ln Graubünden mit Sicherheit nur bei Davos; fehlt völlig den Urkantonen, St. Gallen, Appenzell und Glarus. Die subsp. III ändert ab: f. r a m ö s u m Lüscher. Stengel ästig. — f. H u t e r i 3) (Pernhoffer pro spec.) Dalla Torre. Stengelblätter auffällig scharf gezähnelt, die Zähne abstehend, knorpelspitzig. Stengel gleichfalls oft ästig (Tirol: Griesental, 1300 bis 1500m). — f. s t e n o p e t a l u m Borbäs. Kronblätter sehr schmal, fast linealisch (Hie und da). — f. c a e r u l e s c e n s (Presl pro spec.). Pflanze bläulichgrün. Kelch rötlich. Griffel auffallend kurz, 2/s bis 8 / 4 mm (Böhmen, Mähren). Diese Form nähert sich der subsp. Lereschii, aber Kronblätter fast doppelt so lang als der Kelch und Frucht sehr seicht ausgerandet. [Die in den Vogesen unterschiedenen var. g r a n d i f l ö r u m F. Schultz ( = T.Vogesiacum Jordan, = T. silvestre ß Vogesiacum Rouy et Fouc.) und var. p ar vif l ö r u m F. Schultz (-= T. ambiguum Jordan, = T. silvestre y ambiguum Rouy et Fouc.) lassen sich unter­ einander und vom Typus der Unterart kaum trennen]. — Stärker verschieden (als Rasse oder vielleicht eigene *) Nach Jean Francois Gottlieb Philippe Ga u d i n , g e b . 1766, gest. 1833, Pastor zu Nyon (Kanton Waadt), hochverdient um die Kenntnis der Schweizer Flora (Flora Helvetica, 7 Bände, Turici 1828 bis 1833), namentlich der Gramineen und Cyperaceen (Agrostologia Helvetica, 2 Bände, Paris 1811). 2) Ueber die Verbreitung in Mittel-und Norddeutschland vgl. L o e w in Linnaea XLII (1878 bis 1879) pag. 552 und Aug. S c h u l z im 40. Jahresber. d. Westfäl. Provinzialver. Bot. Sekt. 1911/12 (1912), pag. 219 bis 233. 3) Nach Rupert Hü t e r , geb. 26. September 1834 zu Kais (Tirol), Pfarrer zu Ried bei Sterzing in Tirol, ■einem hochverdienten Erforscher der Osfalpen und- mehrerer Gebiete Südeuropas.

125 U n te ra rt? ) is t var. c a l a m i n ä r e 1) Lej. [sub T . alp estri] ( = T . c alam in are L ej. e t C o u rt., = T . prsecox L ej. n e c W ulfen). A u sd a u e rn d (m eh r als einm al blühend). A e ste der G ru n d a ch se o ft e tw as v e rlä n g e rt. K ro n b lä tte r m eist lila a n g e h a u c h t, g rö ss e r als bei den m eisten ü b rig en F o rm e n von T. a lp e stre (etw a 3*/2 m m lang), die S ta u b b lä tte r d e u tlich ü b e rra g e n d . G riffel e tw a 1 bis 1 l/s m m lan g , w e n ig lä n g e r als die A u sran d u n g . S am en m eist n u r 2 bis 4 p ro F ru c h tfa c h . W e ic h t von T . a lp e stre (silvestre) e tw as g e g e n T . m o n ta n u m h in a b ; u n te rs c h e id e t sich von T . v iren s leic h t d u rc h den k u rzen G riffel. So a u f sc h w e rm e tallh altig e m (G alm ei-) B oden bei A a c h e n u n d O sn a b rü c k [fern e r in den N ie d erlan d e n u n d in B elg ien ]; einm al v e rsch le p p t im H afen von M annheim a n g etro ffen (F. Z im m e r m a n n !). V gl. W ir t g e n F l. P re u ss. R heinl. I (1870), p ag . 190; C r e p i n M an. Fl. B elg. ed. 5 (1884), p ag . 7 0 ; A ug. S c h u l z im 40. J a h re s b e r. W estfä l. P ro v in z ia lv er. B o tan . S ek t. 1911/12 (1912), p a g . 222 b is 223.

1215. Thlaspi virens

Jo rd an (= P te rö tro p is virens Fourreau, = T . alpestre subsp. virens G illet et M agne, = var. virens D ruce, = T . alpestre ß püm ilum G audin, — T . A rv e rn en se*2) Jo rd an , = T . M u re ti3) G rem li, = T . alpestre Sm. pro p arte nec = T . m ontanum M urith nec L.). G r ü n e s T ä s e h e l k r a u t . F ig . 762 a bis c.

L.,

F i g . '6 2 . T h l a s p i v i r e n s Jord an , p r a e c o x W u lfe n ,

von

a H a b itu s (3/s n atü rl. G r ö ss e ), b B lü te (v e r g r ö ss e r t). c F r u c h t (sta rk v e r g r ö ss e r t). d H a b itu s (8/s n atü rl. G r ö sse), e F r u c h tsta n d , f F r u c h t (stark v e r g r ö sse r t).

— T h la s p i

’) N a ch dem V ork o m m en a u f G alm eib o d en b en an n t. 2) In der fran z ö sisc h e n L a n d s c h a ft A u v e rg n e g efu n d en . s) N a ch J e a n M u r e t , g eb . 21. M ärz 1799, g e st. 8. F e b ru a r 1877) J u ris t in L a u sa n n e (S chw eiz), d e r sich 1845 an der B o ta n ik w id m ete und einer d e r h e rv o rra g e n d ste n K e n n er d e r sc h w e ize risch e n F lo ra w u rd e.

126

Meist ausdauernd, 5 bis 20 cm hoch. Aeste der Grundachse oft etwas verlängert, in Laubblattrosetten endigend. Fruchtbare Stengel (meist zu mehreren dichtgedrängt) auf­ recht, einfach. Laubblätter freudiggrün; grundständige langgestielt, elliptisch oder breit spatelförmig, sehr stumpf, ganzrandig. Stengelblätter eiförmig lanzettlich, spitzlich oder stumpflich, mit stumpfen Oehrchen stengelumfassend, am Rande ganz oder sehr schwach gezähnelt. Blütenstand zur Blütezeit sehr dicht, halbkugelig, auch zur Fruchtzeit verkürzt (selten über 5 cm lang). Blüten ansehnlicher als bei T. alpestre. Kelchblätter etwa l bis U mm lang, schmal elliptisch, oft rötlich überlaufen, weissrandig. Kronblätter meist bis 4 mm lang, verkehrteiförmig-keilig, weiss (Fig. 762b). Staubblätter etwa so lang wie die Kronblätter; Staubbeutel zuletzt schwarz-violett. Junge Frucht gestutzt oder seicht ausgerandet, mit weit vorragendem, U/a bis 2 mm langem, fädlichem Griffel. Reife Frucht auf dünnem, etwa gleichlangem Stiel, verkehrteiförmig-keilig, meist 5:37a mm, oberseits etwas vertieft, am Grunde verschmälert, fast vom Grunde an schmal geflügelt (Flügel­ breite an der Spitze etwa 73 bis 7*2 der grössten Breite jedes Fruchtfaches), an der Spitze breit und seicht ausgerandet (Fig. 762 c); Flügellappen sehr kurz (vielmal breiter als hoch), bogenförmig abgerundet-stumpf und vorgestreckt oder spitzlich und auseinanderfahrend. Scheidewand elliptisch-lanzettlich, etwas ungleichhälftig (der Unterrand stärker gewölbt als der Oberrand), beiderends zugespitzt. Fruchtfächer meist 4-samig. Samen rundlich ellipsoidisch, zusammengedrückt, etwa 1 mm> gelbbraun, glatt. — IV, V. Auf Wiesen und Weiden; nur in den westlichen S ch w eizer A lpen: im Wallis (von 1400 bis 2400 m; selten: Ferrettal, St. Bernhard, Nikolai- und Saastal, Simplon), in Freiburg (Montsalvens) und Uri (Hospental). A llg e m e in e V e r b r e itu n g : England (selten), Frankreich, Westschweiz, Piemont (Aostatal). 1/ 3

/2

3 7 2

7 3 : 3/ 4

T. virens weicht durch die ansehnlicheren Blüten und den verlängerten Griffel von T. alpestre subsp. silvestre in der Richtung nach T. alpinum ab und stellt gleichsam ein morphologisches Uebergangsglied zu dieser Art dar.

1216. Thlaspi montänum L. (= Crucifera montana Krause, = T. montanum a tjrpicum Fiori et Paoletti nec Beck, = T. montanum Rasse montanum Hermann, = Iberis Badensis1) L., = T. spathulätum Gaterau, = T. Beugesiacum2) et Villarsianum3) Jordan, = T. praecox Ficinus nec Wulfen), B erg-T äsch elk r aut. Taf. 128, Fig. 4. Ausdauernd, 10 bis 20 cm hoch, mit ausläuferartig verlängerten Aesten der Grund­ achse, meist mehrere fertile und sterile Sprosse treibend und dadurch ± rasenbildend. Stengel aufrecht, unverzweigt, kahl, entfernt beblättert. Grundständige Laubblätter in deutlichen Rosetten angeordnet (die sterilen Rosetten erzeugen im zweiten Jahr einen Blütenstengel), rundlich-eiförmig bis spatelig, ziemlich rasch in einen langen Stiel verschmälert, 2 bis 3 cm lang; Stengelblätter länglich-eiförmig, in der Regel mit herz- oder pfeilförmig ge­ ährtem Grunde sitzend und stengelumfassend. Alle Laubblätter kahl, etwas blaugrün über­ laufen, ganzrandig oder nur schwach gezähnelt, etwas lederig. Blüten gross, weiss, in zu­ erst halbkugeligem, erst später sich streckendem Blütenstand. Kelchblätter länglich-elliptisch, 2 bis 3 mm lang, meist gelblichgrün (selten schwach rötlich), hell-berandet. Kronblätter 5 bis 7 mm lang, mehr als doppelt so lang als der Kelch, mit verkehrteiförmiger, breit 0 Nach dem Fundort Baden bei Wien (Niederösterreich). 2) Nach der Landschaft Bugey im französischen Jura zwischen Genf und Lyon. 3) Nach dem französischen Botaniker Dominique V i l l a r s (oder Vi l l ar) , geb. 1745, gest. 1814, Arzt und Professor in Grenoble, zuletzt in Strassburg, Verfasser des für die Flora der Westalpen grundlegenden Werkes „Histoire des plantes du Dauphine“ (Grenoble 1786 bis 1789).

127

abgerundeter, etwa 3 mm breiter Platte und schmalem Nagel. Staubblätter viel kürzer als die Kronblätter (etwa 3 bis 4 mm lang); Staubbeutel gelb oder weisslich. Frucht (Taf. 128, Fig. 4a und 4b) auf wagrecht abstehendem, meist längerm Stiel, etwa 4 bis 8 mm lang, in der Regel rundlich verkehrteiförmig und fast ebenso breit als lang (vgl. jedoch die Abarten), beckenförmig vertieft, am Grunde fast abgerundet (konvexrandig), vom Grunde bis zur Spitze allmählich breiter geflügelt (Flügelbreite an der Spitze = 72 bis V3 der grössten Breite jedes Fruchtfaches), an der Spitze breit und seicht ausgerandet (Flügel­ lappen von wechselnder Form und Richtung, unterwärts kurz mit dem Grunde des Griffels verwachsen). Griffel (l1/3) 17 bis 2 mm lang (zuweilen aber auch kaum 1 mm), weit vor­ ragend. Scheidewand halbelliptisch, mit stark gewölbtem Unter- und fast geradem (nur schwach gewölbtem) Oberrand, beiderends verschmälert und kurz zugespitzt. Samen 1 bis 2 pro Fruchtfach (selten 5 in der ganzen Frucht), ellipsoidisch, zusammengedrückt, etwa U/a bis 2 mm lang und 1 bis U/a mm breit, gelbbraun, glatt. — IV, V An felsigen Stellen, im Felsschutt und Geröll, an berasten Bergabhängen, auf Hügeln, in lichten Bergwäldern und Gebüschen, besonders auf Kalk, doch auch auf Serpentin, Porphyr etc. ; ziemlich selten und zerstreut (aber gesellig) in den Alpenländern, sowie im südlichen und mittleren Deutschland. 2

In D e u t s c h l a n d im Eisass (bei Pfirt, Illfurt, Ingersheim und Florimont, bei Kolmar, sowie auf Kalle am Rande der Vogesen bei Sulzmatt, Strangenberg bei Westhalden, Osenbach), in Lothringen (Ars an der Mosel, sowie an der Grenze bei Joeuf und Rosselange), [Luxemburg: bei Echternach], in der Bayerischen Pfalz (Lambrecht, früher auch zwischen Dürkheim und Grünstadt aber sicher nicht bei Schifferstadt; die alten Angaben bei Landau, auf dem Donnersberg und bei Kusel sind auf T. alpestre zu beziehen), in der Rhein­ provinz (Lemberg bei Waldböckelheim im Nahetal, in Hessen (Minschbach bei Jotzenbach im Kr. Erbach, zwischen Elmarshausen und Volkmarsen, Herborn, früher auch bei Datterode im Kr. Eschwege), in Baden (Hegau, z. B. Freudental, Talkapelle, Kriegertal, Engen), im Badischen und Württembergischen Donautal von der Baar an abwärts (fehlt jedoch um Ulm), in Württemberg ferner im Eschachtal bei Hausen O. A. Rottweil, sowie auf der Schwäbischen Alb (ziemlich verbreitet), in Bayern in den Algäuer Alpen (Vorderjoch bei Hindelang), auf der oberen Hochebene (Eggental bei Kaufbeuren), im nördlichen Bayern verbreitet im Jura- und Muschelkalk­ gebiet, in Thüringen ziemlich häufig (Saalgebiet auf Muschelkalk, Willinger Berg bei Stadtilm, Berka a. d. Ilm, Arnstadt). In O e s t e r r e i c h in Böhmen (Beraungebiet, Leitmeritz), in Niederösterreich (südlich der Donau bis in die Voralpen [800 m] häufig, auch auf Serpentin bei Aggsbach und Steinegg am Kamp, Bernstein bei Hochneunkirchen), in Oberösterreich (Vorder- und Hinterstoder, in der Grünau), in Salzburg (nur im Lungau bei Tamsweg, bei Mauterndorf), in Kärnten (z. B. Gipfel des Kasbauersteins und Langenberges bei St. Paul, ober Eis), in Steiermark (an der niederösterreichischen Grenze bei Mariazell und Weichselboden, sowie bei Hirschbach und Krampen nächst Neuberg), Krain (in Oberkrain am Mali Stol in den Karawanken [ Paul i n briefl.], nach P o s p i c h a l auf der Nordseite des Berges Vremsica und an waldigen Lehnen im Rekatale), Küsten­ land (nach P o s p i c h a l mehrfach, von F r i t s c h jedoch nicht angegeben). Die Angaben aus Tirol sind sehr zweifelhaft und wohl irrig. In der S c h w e i z mit Sicherheit nur im Jura von St. Croix (Waadt) bis zum Randen (Schaffhausen), aber hier meist häufig; nur im Kt. Waadt selten (Longeaigues, Noirvaux, Chasseron). Die An­ gaben aus den Schweizerischen Nordalpen (Gurnigel, Pilatus) sind zweifelhaft, diejenige aus dem Wallis ist irr­ tümlich. Da die Pflanze einerseits auch am französischen Westfuss des Jura (von Sous-le-Saunier bis Mömpelgard) im Anschluss an das elsässisch-lothiingische Areal und das Seine-Becken verbreitet ist und anderseits südwärts erst wieder in Savoyen (Champagny bei Bozel) und in der Dauphiné (Grande Chartreuse bei Grenoble), sowie im Lyonnais auftritt, dürfte sie im Französischen und Schweizerischen Jura als aus dem Nordwesten durch die „burgundische Pforte“ eingewandert betrachtet werden, während sie auf der Schwäbischen Alb als „pontische Einstrahlung“ gilt. Auf der Schwäbischen Alb bei Ueberkingen findet sich die Pflanze z. B. in Moosrasen (Hypnum) auf trockenen, steinigen Abhängen zwischen Prunus spinosa, Juniperus communis und Rosen mit Euphorbia Cyparissias, Potentilla opaca, Viola hirta, Primula officinalis, Achillea Millefolium, Helleborus fœtidus, Carlina vulgaris.

A llg em ein e V erb reitu n g: Mittel-Europa,.Frankreich, Nord-Italien, Balkan, Rumänien, Süd-Russland; für Spanien und Portugal zweifelhaft.

Aendert ab: a) Nach der Laubblattform: f. t y p i c u m A. Schwarz (nec Beck). Grundblätter (wenigstens teilweise) spatelig-verkehrteiförmig, zuweilen selbst rundlich, ganzrandig oder sehr undeutlich

128 gezähnt, stumpf; Stengelblätter am Grunde herz- oder pfeilförmig geöhrt (Normalform). — f. a n g u s t i f ó l i u m A. Schwarz. Grundblätter sämtlich auffallend schmal, lanzettlich (Spreite 3 bis 4 mal so lang als breit), spitz, keiförmig in den Stiel verschmälert, deutlich entfernt ausgeschweift gezähnt (Bayern: Lichtenstein). — f. e x a u r i c u l ä t u m Beck. Stengelblätter am Grunde abgerundet oder gestutzt ohne Oehrchen. Hie und da; wohl meist Schattenform. — f. L o t h a r i n g u m (Jordan pro spec.) Rouy et Fouc. Grundblätter eckig gezähnt. Blüten verhältnismässig gross. Frucht fast kreisrund (Im französischen Lothringen). b) Nach der Fruchtform: f. g e n u í n u m Crépin ( = f. typicum Beck. Taf. 128, Fig.4a). Frucht rundlich-verkehrtherzförmig, wenig über der Mitte am breitesten, mit abgerundetem Grunde, an der Spitze deutlich ausgerandet und mit flachbogig stumpfen, vorgestreckten Flügellappen (Gewöhnliche Form). — f. d ú b i u m Crépin ( = f. obcordátum Beck, = T. praecox Pacher? nec Wulfen). Frucht dreieckig-verkehrt­ herzförmig, gegen den Grund verschmälert, gegen die Spitze am breitesten, an der Spitze gestutzt oder sehr schwach ausgerandet, die Flügellappen stark auseinanderfahrend, meist spitzlich, Frucht daher im Umriss an diejenige von Capsélla Bursa pastóris erinnernd; von T. praecox durch den lockerrasigen Wuchs, mehr gras­ grüne Farbe, nicht purpurnen Kelch und nur 1 bis 2-samige Fruchtfächer zu unterscheiden (vereinzelt, oft unter dem Typus, z. B. Karlstein bei Prag, Niederösterreich, Kärnten [Schwarzenbach im Gailtal] und auf der Lägern in der Schweiz, ferner im Französischen Jura). — f. p s e u d o a l p i n u m Thellung. Frucht länglich verkehrteiförmig, fast doppelt so lang als breit, sehr schmal geflügelt, an der Spitze abgerundet. Unter­ scheidet sich von T. alpinum durch die nur 1- (bis 2-) sämigen Fruchtfächer und die Verbreitung. Wittwald bei Eptingen im Basler Jura ( S i e g f r i e d ! in Herb. Helv. Univ. Zürich), Rötifluh bei Solothurn ( The l l ung ) . Offenbar eine Hemmungsbildung, bei der (ähnlich wie bei Capselia Heegeri) die Frucht auf einem frühen Ent­ wicklungsstadium stehen geblieben ist und sich nicht zur vollen Organisationshöhe entwickelt hat. Die weissen Blüten von Thlaspi montanum sind ziemlich ansehnlich. Die Antheren der 4 langen Staubblätter stehen mit der gleichzeitig entwickelten Narbe auf gleicher Höhe und richten ihr ihre pollen­ bedeckte Seite zu; die gleichfalls nach innen gerichteten Beutel der kurzen Staubblätter stehen etwas tiefer.

Wulfen (= T. montánum ß Willd., = T. montanum ß praecox Pers., = Dába Cárnica Scop. [= D. Carniólica Vitm.] pro parte??*2), = Hutchínsia Torreána Ten., = T. montánum Scop. [„calyces rubri“] nec L., = T. alpéstre Sieber Exsicc. [sec. Scheele] nec L., = T. Goesingénse Krasan nec Hai.). F rü h b lü h en d es T äsch elk rau t. Fig. 762 d bis f. Ausdauernd, 10 bis 20 (30) cm hoch, mit meist unverzweigtem, mehrköpfigem Wurzel­ stock; dieser sehr gedrängt stehende, fertile und sterile Blattrosetten erzeugend. Stengel zu mehreren beisammenstehend, aufrecht, beblättert, unverzweigt, stielrund, im Frucht­ stadium bis 35 cm verlängert. Grundständige Laubblätter in deutlichen Rosetten (letztere 1 oder mehrere Stengel entwickelnd), 2 bis 4 cm lang, rundlich bis länglich spatelig, in einen langen Stiel verschmälert, ganzrandig oder gekerbt-gezähnt, auf der Unterseite oft violett; Stengelblätter länglich eiförmig, spitzlich, meist fein gezähnelt, mit stumpf geöhrtem Grunde stengelumfassend; alle lederig, bläulichgrün, kahl. Blüten in gedrängter, später sich verlängernder Traube (Fig. 762 e), gross. Kelchblätter schmal-elliptisch, 2 bis 3 mm lang, besonders an der Spitze lebhaft violett überlaufen, weiss berandet. Kronblätter weiss, mehr als doppelt solang als der Kelch, 5 bis 7 mm lang, länglich keilförmig, unter der fast gestutzten Spitze meist kaum 2 (selten 3) mm breit, am Grunde allmählich geradlinig in einen undeutlichen Nagel verschmälert. Staubblätter viel kürzer (etwa 2/3 so lang) als die Kronblätter. Staubbeutel gelb. Frucht (6) 7 bis 9 (10) mm lang, dreieckig-verkehrt-

1217. Thlaspi praecox1)

9 Lat. praecox = vorzeitig, frühblühend. 2) Draba Carnica Scop. ( = D. Carniolica Vitm.), die von R e i c h e n b a c h zu Thlaspi praecox gezogen wird, ist eine ganz zweifelhafte Pflanze und anscheinend aus Bestandteilen zweier Arten zusammengeschweisst. Während Blütenstand und Frucht (schmalwandig, 4-samig) zu Thlaspi (alpinum oder praecox) gehören könnten, stimmen die Abbildung und die Beschreibung der Laubblätter (weichhaarig; Stengelblätter am Grunde ver­ schmälert) gar nicht zu dieser Gattung und sind wohl einer echten Draba-Art entnommen. P a u l i n (briefl.) möchte S c o p o l i ’s Pflanze (auch nach den Fundortsangaben) zu D. dubia Suter ziehen; der Name D. Carnica ist jedoch, obgleich älter, nach Art. 51, Al. 4 der Internationalen Nomenklaturregeln auf jeden Fall zu verwerfen.

129 herzförm ig, 1 :1 x/2 bis 2, beckenförm ig vertieft, am G runde keilförm ig-verschm älert (F ig. 762 f), im unteren V iertel schm al, dann allm ählich b reiter geflügelt (F lügel an der S pitze so breit wie jedes F ru ch tfach ), an d er S pitze m eist b reit- und seicht a u sg e ra n d e t; F lüg ellap p en stum pflich, in d er R egel auseinanderfahrend, u n terw ärts m it dem G runde des Griffels kurz verw achsen. Griffel (1) 2 bis 3 mm lang, dünn, w eit v o rrag en d . S cheidew and schief länglich-lanzettlich, b eiderends zugespitzt, m it fast g erad em bis etw as konkavem O ber- und m it sta rk konvexem U n terran d . Sam en 2 bis 4 in jedem F ach, rundlichellipsoidisch, zu sam m en g ed rü ck t, etw a 1,2 mm lang, hellgelb. — III, IV (m anch­ mal bis VI). Selten an steinigen, buschigen A b ­ hängen, auf H ügeln, trockenen W iesen (besonders K arstw iesen), in lichten W ä l­ dern, vorzugsw eise in K arstlandschaften. N u r im südlichen O e s t e r r e i c h in der B erg -u n d V o ralp en reg io n (Süd-Tirol, SüdS teierm ark, K rain , K üstenland). In O e s t e r r e i c h in S ü d -T iro l (F ersenF ig . 763. T h l a s p i a l p i n u m C rantz v a r. e u - a l p i n u m T h e llu n g . T a l b e i P e rse n u n d je n se its d e r italien isch en a H a b itu s p/s n a tü rl. G r ö sse), b F r u c h tsta n d . — v a r. K e r n e r i (H ü ter) R o u y e t F o u c . c H a b itu s der b lü h en d e n P fla n z e, d F r u c h t­ G renze b e iT e z z e ), in K ä rn te n ? (A b h a n g der P e tze n sp r o ss . e F ru ch t, f Q u e r sc h n itt. — T h l a s p i r o t u n d i f o 1 i u m (L.) b e i S c h w a rz e n b a c h n a ch P a c h e r ; n a c h P r o h a s k a G au d in . g F r u c h te n d e s E x em p la r , h R e ife F r u c h t (g eö ffn et). — is t diese A n g a b e je d o c h frag lich u n d w o h l auf su b sp . c e p a e i f o l i u m (W u lfen ) R o u y et F o u c. i H a b itu s. ¿ F r u c h t ­ sta n d . I F r u c h t, m L ä n g ss c h n itt, n Q u er sc h n itt d urch d ie F r u c h t. T . m o n ta n u m var. dubium zu beziehen), in SüdS te ie rm a rk (K a lk b e rg e bis in die V oralpen ziem ­ lich v e rb re ite t und häufig), in K ra in (m ehrfach, b eso n d e rs h äu fig im eig e n tlich e n K a rs tg e b ie te ; vgl. P a u l i n S ch ed ae fl. exs. C arniol. no. 72) und im K ü ste n lan d (K a rstla n d sc h a ft von F ria u l b is F iu m e v e rb re ite t, häufig z. B. um T r ie s t; a u c h in S ü d -Istrie n gem ein). F e h lt in D e u t s c h l a n d u n d in d e r S c h w e i z v o llstän d ig .

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Italien (ob auch Sizilien?), südliches O esterreich, nördliche B alk an staaten (K roatien, D alm atien, Bosnien, H erzegow ina, M ontenegro, S erbien); angeblich auch in R um elien und S iebenbürgen. D ie A b g re n zu n g g e g e n die n ä c h s tv e rw a n d te n A rte n T . m o n ta n u m und alpinum , zw ischen denen T . praecox in m a n c h e r H in sic h t eine M itte lstellu n g einnim m t, is t n ic h t im m er leic h t d u rc h zu fü h re n . N a ch K r a s a n (M itteil, des N a tu rw . V er. S teierm . 38. H eft 1901 [1902], p ag . 153 b is 166 und O e ste rre ic h . B otan. Z e itsc h rift LII [1902], p ag . 130) k o m m en in S te ie rm a rk z ah lreic h e U e b e rg ä n g e , n a m e n tlich zu T . m o n ta n u m v o r (a n sc h a ttig e n S tellen v e rz w e ig t sich das R hizom ä hnlich w ie b ei d e r letz te re n A rt), so dass es v ielleicht ric h tig e r w ä re, T . praecox m it T . m o n ta n u m zu e in e r A rt zu verein ig en , w ie dies frü h e r W i l l d e n o w (S p e c .p l.), P e r s o o n (S ynopsis) u n d D e C a n d o l l e (S y stem a) u n d n eu erd in g s w ie d er F i o r i und P a o l e t t i (Fl. anal. Ital.) g e ta n h a b en . D ie ric h tig e R a n g stu fe d ü rfte dann diejenige einer U n te ra rt des T . m o n ta n u m (n ich t V a rie tä t, w ie jen e A u to re n w ollten ) sein.

1218. Thlaspi alpinum

C rantz ( = T . m ontanum y F iori et P ao letti, = subsp. alpinum Bonnier, = R asse A rd., = T . alp estre Jacq. nec = Iberis rotundifölia T ä s c h e l k r a u t . F ig . 76 3 a bis f

L.,

D C ., = T . m ontanum y alpinum alpinum H erm ann, = T . m inim um S turm pro p a rte nec Alpenund F ig. 764.

L.).

A u sd au ern d , 5 bis 10 (seltener bis 40) cm hoch. V erzw eigungen der G ru n d ach se kurz o d er ± ausläu ferartig verlängert, m eist m ehrere fertile und sterile Sprosse treib e n d H e g i , F lo ra B d . I V ,

101

130

und dadurch + rasenbildend. Stengel aufrecht, meist unverzweigt (nur der Blütenstand zuweilen verästelt), kahl, beblättert. Grundständige Laubblätter in deutlichen Rosetten angeordnet, rundlich-eiförmig bis elliptisch, langgestielt, 2 bis 3 cm lang; Stengelblätter eiförmig bis lanzettlich, mit kurz herz- oder pfeilförmig geöhrtem Grunde stengelumfassend. Alle Laubblätter kahl, etwas Iederig, meist ganzrandig. Blüten in zuerst halbkugeligen, erst später sich strecken­ den Blütenständen (Fig. 703b), gross, weiss. Kelchblätter elliptisch, etwa 2 bis 3 mm lang, weiss berandet, grün, später gelblich. Kronblätter 5 bis 7 (8) mm lang, mit verkehrteiförmiger, etwa 2 bis 3 mm breiter Platte und schmalem Nagel, den Kelch weit überragend. Staub­ blätter viel kürzer als die Kronblätter; Staubbeutel stets gelb. Fruchtstand bald kurz, bald verlängert. Frucht auf schlankem, gleichlangem oder meist kürzerem, ± wagrecht ab­ stehendem Stiel, (6) 8 bis 10 mm lang, keilig- verkehrteiförmig, gegen den Grund ver­ schmälert, ungefähr doppelt so lang als breit. Flügelbreite und Ausrandung bei den ein­ zelnen Rassen verschieden. Griffel (1) 2 bis 3 mm lang, weit vorragend. Scheidewand elliptisch-lanzettlich, beiderends zugespitzt, mit stark konvexem Unter- und fast geradem Oberrand. Samen in jedem Fach meist 2 (bis 4), 1,5 bis 2 mm lang, rundlich ellipsoidisch, zusammengedrückt, hellbraun, glatt. — V, VI (in höheren Lagen bis IX). An felsigen Stellen, im Felsschutt, an Bergabhängen und auf Hügeln, auf Felsen, steinigen Alpen-Triften, in der Nähe des schmelzenden Schnees; im Gebiet nur in den Alpen von O esterreich und der S ü d sch w eiz. A llgem eine Verbreitung: Süd- und Ostalpen (französische, südschweizerische und norditalienische Alpen, Tirol bis Montenegro), Bosnien, Serbien, Karpaten, nördlicher Appennin. T. alpinum steht dem T. montanum sehr nahe und erscheint von ihm nicht immer scharf geschieden. Namentlich die Form pseudoalpinum des letztem ist von T. alpinum morphologisch kaum zu trennen. Die beiden Arten nach dem Vorgang mancher (auch neuerer) Autoren zu vereinigen, hätte daher manches für sich. Indessen müsste dann mit gleichem Recht auch T. rotundifolium, das von T. alpinum durch kein durch­ greifendes Merkmal zu trennen ist, mit der Sammelart T. montanum verschmolzen werden, wodurch ein allzu heterogenes Gemenge entstehen würde. Diese Art zerfällt in 4 Rassen: 1. Stengel etwa bis 15 cm hoch, meist ganz einfach (auch der Blütenstand unverzweigt). flügel nur bis 1/t mm breit. Fruchtfächer meist 2-samig. 2. Stengel meist etwa 10 bis 15 cm hoch. Fruchtstand meist über 3 cm lang.

Frucht­

I. var. e u - a l p i n u m Thellung (= T. alpinum Cr. sens. strict.). Fig. 763a und b. Aeste der Grundachse verlängert, ausläuferartig, wurzelnd; Wuchs daher lockerrasig, wie bei T. montanum. Grundblätter oft fast kreis­ rund; Stengelblätter meist länglich-eiförmig bis länglich-lanzettlich, stumpflich. Frucht länglich-verkehrt-eiförmig, an der Spitze abgerundet, gestutzt oder seicht ausgerandet. Griffel ± 2 mm lang. — In den ö s t e r r e i c h i s c h e n A l p e n in Niederösterreich (häufig in der Krummholz- und Alpenregion der Kalkgebirge; seltener in den Voralpen, z. B. Radersbach im Steinapiestingtal 600 m), in Oberösterreich (mehrfach), in Steiermark (häufig in der Krummholz- und Hochalpenregion der Kalkalpen, von 1500 bis 2300 m; auch in die Täler hinabgeschwemmt), für Krain fraglich (nach P a u l i n [briefl.] beziehen sich wohl alle Angaben auf die Rasse Kerneri), in Kärnten (mehrfach in den Kalkalpen, auch in die Täler herabsteigend), in Salzburg (Mauterndorf und Bundschuhtal im Lungau, 1900 bis 2500 m) und in Tirol (selten; im Zillertal, Vette di Feltre nahe der italienischen Grenze, Montalon). II. var. s y l v i u m 1) (Gaudin) Rouy et Fouc. ( = T. sylvium Gaudin, = Lepidium sylvium Moritzi, = Noccsea stylösa Rchb. pro parte, = T. alpestre Suter nec L., = T. alpinum auct. Gail, et Helv. nec Crantz sens. strict., = T. stylosum Mutei [sec. Rouy et Fouc.] nec [Ten.] Rchb.). Aeste der Grundachse (unter normalen Wuchsverhältnissen) sehr kurz; die grundständigen Blattrosetten daher dicht rasen- oder polsterförmig gedrängt (an rutschigen Stellen im Gesteinsschutt erscheinen jedoch gelegentlich durch gewaltsame Streckung verlängerte Aeste der Grundachse). Grundblätter meist in den Stiel verschmälert; Stengelblätter breit-eiförmig (oft nur wenig länger als breit). Frucht an der Spitze abgerundet bis schwach ausgerandet. Griffel meist 2 ^ 2 bis 3 mm lang. Dies die Rasse der Westalpen; vorzugsweise auf Urgestein. In der S c h w e i z J) Nach dem Mons sylvius = Matterhorn (franz.: Mont Cervin; ital.: Monte cervino) bei Zermatt im Wallis.

131 im W allis (A lpen von Z e rm a tt, 2400 bis 3000 m : F lu h a lp , R iffelb erg , F indelen, A u g ste ib erg , R iffelbord, G o rn erg ra t, S c h w a rzsee , M a tte rh o rn ); a n g eb lich a u c h in den T e s sin e r A lp e n (V al d’E fra ); au sse rd em in den F ra n ­ zösischen u n d P ie m o n te se r A lpen. 2*. S te n g el n ied rig , m eist 5 bis 10 cm ho ch .

F ru c h ts ta n d k u rz (bis 3 cm lan g ).

III. var. K e r n e r i (H ü te r) R ouy e t F o u c. ( = T . K e rn eri H ü te r, = T . alpinum a u c t. A u stria c , pro p arte, nec C ran tz). F ig . 763 c bis f. A e ste d e r G ru n d a c h se (ä h n lich w ie b ei T . ro tu n d ifo liu m ) v e rlä n g ert, a b e r n ic h t w u rz e ln d ; W u ch s d a h e r lo ck e rrasig , L a u b b la ttro s e tte n n ic h t g e d rä n g t. G ru n d b lä tte r fa s t k re is ­ ru n d lic h ; S te n g e lb lä tte r läng lich -eifö rm ig . F ru c h t v e rk e h rt-e ifö rm ig (F ig . 763 e, f), g e stu tz t o d e r sc h w a c h ausg e ran d e t. G riffel m e ist n u r 1 bis 1 7 2 m m lang. U n te rsc h e id e t sich von d e r var. e u-alpinum a u sse rd em d u rc h b lau g rü n e , m a tte (s ta tt g rü n e , glänzende) L a u b b lä tte r und d u rc h k lein e re (kaum 5 m m lan g e ) B lü ten , von T . ro tu n d ifo liu m , dem es sich d u rc h die T ra c h t n ä h e rt, d u rc h die ste ts w e isse n K ro n b lä tte r, von den m eiste n F o rm e n je n e r A r t au ch d u rc h (fast) g a n zra n d ig e G ru n d b lä tte r, sc h m älere und s tä rk e r g e ö h rte S te n g e lb lä tte r, d e u tlic h - (w e n n g leich se h r sc h m al-) g eflügelte F ru c h tk la p p e n u n d den se h r k u rzen G riffel. — Z e rs tre u t in den O sta lp en in K ä rn te n (O b ir, V e lla c h e r K ocna), in S te ie rm a rk (F e lssc h u tt in d e r K ru m m h o lz- u n d H o c h alp e n ­ reg io n d e r S a n n ta le ra lp e n , 1600 bis 2 0 0 0 m ), in K ra in (n a ch P a u l i n [briefl.] a u f F e lssc h u tt in d e r K ru m m h o lz und A lp e n re g io n ; häufig in den S a n n ta le r A lpen und K a ra w a n k e n , in den Ju lisc h en A lpen sic h e r n u r u n te r der R odica) u n d im K ü ste n lan d , a b e r n ic h t in T iro l (jed o c h n a h e der T iro le r G renze in V en etien , sow ie in Illyrien). 1*. S te n g el 20 b is 50 cm h o ch . B lü te n sta n d (n o rm al) ä stig . fä c h e r m e ist (3-) 4- b is 6-sam ig.

F ru c h tflü g e l 1/ i bis 1 m m b re it. F ru c h t­

IV . v a r. G o e s i n g e n s e 1) (H aläcsy) T h ellu n g ( = T . G oesingense H ak). F ig . 764. A e ste d e r G ru n d ­ achse se h r k u rz, die g ro ssen L a u b b la ttro s e tte n d a h e r d ic h t ra s ig g e d rä n g t, se lte n er (an s c h a ttig e n Stellen) G ru n d a ch se m it v e rlä n g e rte n (bis 10 cm langen), an ih re r S p itze die R o se tte n tra g e n d e n A e ste n ( — f. u m b r o s u m [W a isb e c k e r p ro spec.] H ay ek ). S te n g el m eist einzeln aus je d e r R o s e tte e n tsp rin g e n d . G ru n d b lä tte r m eist g ro ss (4 b is 10 cm lang), e llip tisc h o d e r sp a telig , in den S tiel v e rsch m ä le rt. S te n g el­ b lä tte r län g lich -e ifö rm ig b is lan z ettlic h , m eist spitzlich, am G ru n d e p feil­ förm ig , zuw eilen b läu lich b e re ift. K ro n b lä tte r o ft 7 bis 8 m m lang. F ru c h t lä n g lic h -v e rk e h rte ifö rm ig , m e ist d o p p e lt so lan g als b re it (F ig . 7 6 4 c ); G riffel m e ist U /2 bis 2 i/2 m m lang. N u r in O e s t e r ­ r e i c h in N ie d e rö s te rre ic h (lic h te W äld er und ste in ig e S tellen des G ö sin g -B e rg es b e i T e rn itz bis auf die F la tz e rw a n d , a u f K a lk ; am O c h se n rie g e l bei R e d sc h la g [an d e r u n g a risc h e n G renze] auf S e rp e n tin ), in S te ie rm a rk (in lich ten N a d elw ä ld ern und an sonnigen A b h ä n g e n , n u r a u f S e rp e n tin zw ischen K irc h d o rf u n d T ra fö ss bei P e rn e g g ). A u sse rd em in U n g a rn im E ise n b u rg e r K o m ita t. Z erfällt n a c h d e r A u sb ild u n g d e r F ru c h t in folg en d e F o rm e n : su b v ar. t y p i c u m B eck. F lü g e lla p p en d e r F ru c h t an d e r S pitze sch m al a u s­ gezogen, v o rg e stre c k t o d er sc h w a c h d iv erg iere n d ; F ru c h t d a h e r d eu tlich und ziem lich tie f u n d sc h m al a u sg e ra n d e t (F ig . 764c), am G ru n d e v e rsch m ä le rt. — su b v a r. t r u n c ä t u m B orbäs. F ru c h t d re ie ck ig k eiligv e rk eh rteifö rm ig , an d e r S p itze fa s t g e s tu tz t, die F lü g e lla p p en sta rk a u se in a n d e rfa h re n d (B ei R e d sc h la g und in U n g a rn ).— H ie h e r a u ch f. (?) c o c h l e a t u m 2) B o rb ä s. F ru c h t löffelförm ig, fa s t k re isru n d , am G ru n d e a b g e ru n d e t (E b en fa lls b e i R e d sc h la g ; v ielleich t eine A b ­ n o rm itä t). U e b e r die B l ü t e n b i o l o g i e der R a sse sylvium sind von K i r c h n e r a u f dem G o rn e rg ra t b ei Z e rm a tt folg en d e B e o b a c h tu n g e n g e m a c h t w o rd e n : D e r D u rc h m e ss e r d e r geö ffn eten , w eissen B lüte b e tr ä g t 7 m m . T ro tz H o m o g am ie e rsch e in t sp o n ta n e S e lb stb e s tä u b u n g d a d u rc h au sg e sch lo ssen , da ss die N a rb e die A n th e re n d e r lan g e n S ta u b b lä tte r e tw a um 1 m m ü b e rra g t. A lle 6 A n th e re n k e h re n ih re p o lle n b e d ec k te S e ite n a c h innen. B e stä u b u n g w ü rd e d e m n a ch n u r d u rc h b e su c h en d e In se k te n erfolgen können.

x) N a c h dem F u n d o rte , dem G ö sin g -B e rg in N ie d e rö ste rre ic h . 2) L a t. c ö ch lea r = L öffel.

101*

132

1219. Thlaspi rotundifölium x)

(L.) Gaudin (= Iberis rotundifolia L., = Lepidium rotundifolium All., = Noccsea12) rotundifolia Moench, = Hutchinsia3) rotundifolia R. Br., = Iberidella4) rotundifolia Hooker, = Crucifera rotundifolia E. H. L. Krause, = Iberis repens Lam.). R undb lä tte r ig e sT ä sc h e lk r a u t, Gamskresse (inSalzburg). Taf. 128, Fig.3 und Fig.763g bis n. Ausdauernd, 5 bis 10 (15) cm hoch, mit im Boden ausläuferartig-verästelter Grund­ achse und zahlreichen fertilen und sterilen Sprossen, meist im Geröll kriechend. Stengel an jedem fertilen Spross 1, aufrecht, unverzweigt, kahl. Laubblätter der kriechenden Sprosse meist in entfernten Paaren gegenständig, oft niederblattartig, an ihrem Ende jedoch rosettig-gehäuft. Grundständige Laubblätter der Blütenstengel in deutlicher Rosette, etwa 1 bis 2 cm lang, meist rundlich-eiförmig, stumpf, in einen langen Stiel zusammengezogen, häufig gekerbt oder gezähnt; die stengelständigen wechselständig, eiförmig, ganzrandig, spitzlich, mit breiter, geöhrter Basis sitzend, etwa 1 cm lang. Alle Laubblätter dicklich, bläulichgrün. Blüten in reichblütigen, halbkugeligen, doldentraubigen Blütenständen, die sich später in der Regel nicht oder nur wenig verlängern. Kelchblätter schmal elliptisch, etwa 2 bis 3 mm lang, hautrandig, oft violett überlaufen. Kronblätter 5 bis 7 (8) mm lang (Taf. 128, Fig.3a),hellviolett mit dunkleren Adern (ausnahmsweise weiss), mit schmalem Nagel und (beim Typus) meist rundlich-elliptischer, etwa 2 bis 3 mm breiter, am Grunde plötzlich verschmälerter Platte. Staubblätter beträchtlich kürzer als die Kronblätter; Staubbeutel gelb. Fruchtstand meist doldentraubig-verkürzt (selten über 2 cm lang); Fruchtstiele kräftig, wagrecht abstehend oder die unteren abwärts geneigt, meist sämtlich kürzer als die Früchte (Fig. 763 g). Frucht meist länglich-verkehrteiförmig-keilig, 7 bis 11 mm lang und noch nicht so breit, am Grunde verschmälert, an der Spitze abgerundet. Fruchtklappen kahnförmig, scharf gekielt, aber ungeflügelt (Taf. 128, Fig. 3b und 3c). Scheidewand länglich, beiderends ver­ schmälert, unsymmetrisch, mit stark gewölbtem Unter- und fast geradem Oberrand. Griffel (bei unsern Formen) etwa 1 bis 3 mm lang, frei vorragend. Samen in wechselnder An­ zahl (1 bis 5 pro Fach; vgl. die Rassen), rundlich-ellipsoidisch, zusammengedrückt, etwa 2 bis 2,5 mm lang, hellbraun; Samenschale oft deutlich punktiert. — VI bis IX. Häufig im Geröll und im beweglichen Felsschutt der Kalkalpen von O esterreich , B ayern und der S ch w eiz (die Rasse corymbosum jedoch auf Urgestein), meist zwischen 1500 und 3000 m. x/ 2

In D e u t s c h l a n d einzig in den Bayerischen Alpen (1300 bis 2700 m) ziemlich verbreitet, zuweilen mit den Flüssen in die Ebene herabsteigend (z. B. bis Lechbruck). In O e s t e r r e i c h in den Kalkalpen ver­ breitet in Niederösterreich (Kaiserstein auf dem Schneeberg und bei der Eisenhüttenalm der Raxalpe), in Ober­ österreich (Hoher Priel, Traunstein, Dachstein), in Steiermark (verbreitet in den nördlichen Kalkalpen, von 1900 bis 2700m), in Krain (Hochalpenregion der Julischen Alpen [ Pa u l i n briefl.]), in Kärnten (nicht selten), in Salzburg (nicht selten von 1900 bis 2550 m), in Tirol und Vorarlberg (nördliche und südliche Kalkalpen, selten in den Zentralalpen, meist zwischen 1400 und 1700m; höchste Standorte: Sulzfluh 2750 m, Zugspitze 2753 m, Dürrenstein 2600 bis 2800m; tiefste Standorte in Tirol: Kranebitterklamm bei Innsbruck 930m, Oefen bei Waidring 800 m; auch herabgeschwemmt). In der S c h w e i z in den nördlichen Kalkalpen allgemein verbreitet, selten unter der Baumgrenze, ferner in den Südalpen von Wallis. Der Typus der Art scheint dem Tessin zu fehlen und nur in dessen Grenzgebiet am Gotthard und am Pizzo di Gino vorzukommen; die Art fehlt auch dem südöstlichen Graubünden (mit Ausnahme eines neuerlich nicht bestätigten Vorkommnisses am Umbrail [Ofenberg­ gruppe]), sowie dem Jura. Höhengrenzen: Wallis 1400 bis 3400 m (Theodulpass); Glarus bis 2850 m; St. Gallen und Appenzell von 1600 m an, selten schon bei 1450 m; Graubünden bis 2960 m (Scesaplana im Rätikon). 1) Lat. rotündus = rund und folium = Blatt. 2) Nach dem italienischen Botaniker Domenico N o c c a , Professor der Botanik zu Pavia, der gegen Ende des 18. und zu Anfang des 19. Jahrhunderts zahlreiche botanische Schriften verfasste. 3) Von Robert B r o w n 1812 nach der Irländerin Miss H u t c h i n s , die in den Alpen fleissig botani­ sierte und auch in der Kryptogamenkunde sehr bewandert war, benannt. *) Deminutivform von Iberis (vgl. oben pag. 102).

133

A llg e m e in e V erb reitun g: Alpenkette, nördlicher Balkan (Kroatien), Rumänien, Siebenbürgische Karpaten; verwandte, als Unterarten zu betrachtende Formen ferner in Spanien (Sierra Nevada), im Appennin und in Mazedonien. Thlaspi rotundifolium gliedert sich im mitteleuropäischen Gebiet in 2 Rassen und in eine Unterart:

I. var. o l i g o s p é r m u m 1) Gaudin ( = var. a Koch, = Rasse rotundifolium Hermann, = f. genu Bolzon, = T. cepeaefólium Stur nec Koch, = Noccgea cepeaefolia Fleischm. nec Rchb.). Aeste der Grund­ achse stark verlängert, dünn, reich verzweigt, im Geröll weit kriechend. Stengel zahlreich, aufsteigend. Grund­ blätter rosettig-zusammengedrängt, fast kreisrund oder verkehrteiförmig, plötzlich in einen kürzeren Stiel zu­ sammengezogen; Stengelblätter meist eiförmig, mit sehr kurzen, in der Regel stumpfen Oehrchen stengel­ umfassend. Fruchtstand meist kurz und dicht, oft fast ebensträussig (an sehr kräftigen Exemplaren zuweilen auch etwas verlängert). Fruchtfächer meist 1- bis 3-samig. Griffel 1 bis 2 mm lang (Gewöhnliche, verbreitete Form der Kalkalpen). — Dazu f. a l b i f l ó r u m Bolzon („a. genuinum subf. albiflorum“ = var. álbum Gaudin nom. nud.) mit weissen Kronblättern (Hie und da mit dem Typus). — f. r a c e m ó s u m Briq. (sub T. rot. pro var.). Pflanze kräftiger. Fruchtstand verlängert, bis 6 cm lang (Bisher nur in den Lemanischen Alpen von Savoyen).— Nach der Form der Frucht lassen sich unterscheiden: f. o b l ö n g u m Thellung. Frucht schmal länglich-verkehrt­ eiförmig, mindestens doppelt so lang als breit (Die häufigere Form). — f. o b o v á t u m Thellung (vgl. Greml i , Neue Beiträge, Heft V [1890], pag. 7). Frucht verkehrteiförmig, noch nicht doppelt so lang als breit (Seltener). — II. var. c o r y m b o s u m (Gay) Gaudin ( = Hutchinsia corymbosa Gay, = T. corymbosum Rchb., = T. rotundi­ folium subsp. corymbosum Gremli, = forma T. corymbosum Rouy et Fouc., = Noccséa cepeaefólia Rchb. pro parte, = T. cepeaefólium Moritzi et auct. Helv. nec Koch). Aeste der Grundachse kurz. Stengel niedrig, ge­ drungen. Grundblätter rosettig, elliptisch-spatelförmig, allmählich in einen fast gleichlangen Stiel verschmälert; Stengelblätter oft schmäler eiförmig und mit spitzen Oehrchen. Kronblätter oft mit schmälerer, schmal ellip­ tischer (etwa D/ 2 mm breiter), am Grunde keilig verschmälerter Platte. Fruchtstand noch kürzer und dichter als bei der vorigen Rasse, fast trugdoldig. Fruchtfächer 2- bis 5-samig. Griffel etwa 2 bis 3Vs mm lang (Auf Urgestein in den Walliser Südalpen um Zermatt [Riffelberg, Findelen, Gornergrat, Schwarzsee, Theodulpass, Furggengrat 3400 m] und am Griespass, sowie auf dem Gipfel des Pizzo di Claro 2719 m [Tessin-Calancatal]). Ferner im Aostatal; die Angaben aus Süd-Tirol (Monte Baldo und Lessinerberge) und Kärnten (Raibl: Confin) sind sehr zweifelhaft. — Im Gebiet nicht nachgewiesen sind 3 weitere westalpine Rassen: var. L e r e s c h i ä n u m Burnat (Cognetal in Piemont), var. C e n i s i u m (Rouy et Fouc. pro subsp.) Vaccari (Mont Cenis und Cognetal) und var. lim o s e 11 i f ó l i um (Reuter pro spec.) Burnat (Seealpen). Stärker verschieden ist die Unterart: subsp. c e p a e i f d l i u m *2) (Wulfen) Rouy et Fouc. ( = lbéris cepeaefolia Wulfen, = Hutchinsia cepeaefolia DC., = Lepidium cepeaefólium Rchb., = Noccsea cepeaefolia Rchb. pro parte, = Thlaspi cepeaefólium Koch, = T. rotundifolium d. cepeaefólium Fiori et Paoletti). Fig. 763 i bis n. Aeste der Grundachse verlängert wie beim typischen T. rotundifolium. Laubblätter klein, meist deutlich gekerbt-gezähnt, verkehrteiförmig oder fast kreisrundlich; die unteren im untern Teil des Stengels zwar genähert, aber nicht dicht rosettig zusammengedrängt, die Stengelblätter sehr zahlreich (10 bis 20), am Grunde in der Regel nicht geöhrt. Fruchtstände (Fig. 763k) oft etwas traubig verlängert (bis 3 cm). Früchte meist reich-, etwa 8 - bis 12-samig (Fig. 763m), an der Spitze oft etwa ausgerandet; Griffel etwa 1 bis 2 mm lang (Fig. 7631). — Blüht (IV) V bis VII. — Mit Sicherheit einzig in Kärnten im feinen Kalkgeröll der Karnischen Alpenkette (Tschwarzen beim Tuffbade und am Lumkofel auf dolomitischem, schwarzem Kalk, Jauken und Poling auf blei­ haltigem Kalk, Jauken massenhaft auf Zinkblende-Schutt, Seisera-Giessbach, Kaltwassertal, Raibl bei der Mauth, hinter dem See und auf Galmeihalden am Fusse der Vitriolwand, Dobratsch, Pelzen, Drautalseite des Reisskofels). [Als irrig sind zu streichen die Angaben aus Krain (nach F l e i s c h m a n n ; die Pflanze ist nach P a u l i n [briefl.] gewöhnliches T. rotundifolium), Süd-Tirol (Muttekopf, Schobergruppe, Kreuzkofelgruppe, Kerschbaumeralpe, Revoltopass, Campogrosso, hier mit Th. rotundifolium und Uebergängen) und dem Wallis (Zermatt; die Pflanze ist T. rot. var. corymbosum)]. — P a c h e r erwähnt von der Jauken (auf Zinkblende-Schutt) auch einen Bastard T. c e p a e i f o l i u m X r o t u n d i f o l i u m . Die primäre Wurzel von T. rotundifolium dauert als kurze, mässig dicke, nach unten wenig ver­ zweigte, die Saugwürzelchen tragende Pfahlwurzel aus. Aus ihrer Spitze entspringen zahlreiche, unbewurzelte Kriechtriebe, die sich durch den Schutt winden; sie verzweigen sich aus den Achseln der paarweise entfernt stehenden, kleinen Laubblätter vom Primärblatt-Typus, endigen in Blattrosetten und bilden in ihrer Gesamtheit einen dichten Schopf oder Rasen („Schuttstrecker“). Es kommt also zu einer Differenzierung in gestreckte, langgliederige, spärlich beblätterte, der Befestigung und Ausbreitung der Pflanze dienende Schopftriebe und in gestauchte, mit rosettig zusammengedrängten Laubblättern versehene Assimilationstriebe. Die Primärblätter *) Gr. éXíyog [oligos] = wenig und onéQfxa [spérma] = Same. 2) Die Laubblätter ähneln denen der Fetthennen-Art Sédum cepáea L.

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der Kriechtriebe vermögen mehrere Winter zu überdauern, die Rosettenblätter einen Winter, die Stengelblätter der Blütenstengel sterben im ersten Herbst ab. Die Samen keimen nur nach vorangegangener Frostwirkung. Die Zweigenden überwintern im grünen Zustand, meist unter Schneebedeckung. Die Blütenanlagen sind im Herbst schon sehr weit vorgebildet (die Blütenstände gut erkennbar); daher erblüht die Pflanze sehr frühzeitig (sogleich nach dem Ausapern). Die hellvioletten, im Farbenton an das Wiesen-Schaumkraut erinnernden (nur ausnahmsweise weissen), wohlriechenden und zu ansehnlichen Ständen vereinigten Blüten heben sich von dem hellfarbigen Kalkgeröll, auf welchem die Pflanze oft quadratmetergrosse Flächen bedeckt, sehr gut ab. Die Staubblätter mit den Antheren werden durch die ziemlich enge Blumenrohre nahe zusammengehalten; die 4 Haupt-Honigeingänge finden sich, entsprechend der Stellung der Honigdrüsen, je zwischen einem langem und einem kürzern Staubblatt. Im Uebrigen funktioniert, ähnlich wie bei Biscutelia levigata (vgl. Bd. IV, pag. 100) der blütenbiologische Apparat je nach Exposition des Standortes und Witterung verschieden. In Südlage und bei gutem Wetter sind die Blüten ausgesprochen proterogyn. Die Narbe hebt sich beim Oeffnen der Blüten rasch über die langen Staubblätter, deren Antheren noch geschlossen sind, hinaus; letztere drehen sich alsbald, während sie zu stäuben beginnen, nach den kurzen Staubblättern hin und flankieren so die Honig-Zugänge, während Selbstbestäubung unmöglich gemacht wird. In Nordexposition (sowie wohl auch bei trüber Witterung und in besonders hohen Lagen) sind die Blüten homogam und autogam; die langen Staubblätter überragen die Narbe weit, während die kurzen sie erreichen; die Antheren der langen Staubblätter drehen sich nicht nach der Seite, sondern alle 6 legen sich direkt der Narbe an. In einer mittlern blütenbiologischen Variante stehen die Antheren der langen Staubblätter zwar so hoch oder höher als die Narbe, sind aber durch seitliches Ab­ biegen von ihr entfernt, so dass, da die kurzen Staubblätter die Narbe nicht erreichen, spontane Selbst­ bestäubung ausgeschlossen ist, wenn auch nicht so sicher wie im ersten geschilderten Fall. — Die Laubblätter besitzen einen scharf kressenartigen Geschmack und bilden ein Lieblingsgericht der Gemsen und der Gems­ jäger. ln Mittenwald (Oberbayern) wird die Pflanze zur Bereitung eines Tees gesammelt, der bei starkem Aufguss purgierend wirkt, während schwacher Aufguss gegen Lungenleiden wirksam sein soll ( V o l l ma n n ) . — T. rotundifolium gehört in den hohem Kalkalpen zu den auffallenden Erscheinungen des Felsschuttes und der Geröllhalden. Als häufige Begleitpflanzen sind zu nennen: Cystopteris fragilis, Carex firma, capillaris und sempervirens, Festuca rupicaprina, Rumex scutatus, Ranunculus alpestris, Arabis alpina, Papaver Sendtneri (Bd. IV, pag. 27), Silene inflata, Cerastium latifolium, Alsine verna und sedoides, Moehringia ciliata (Bd. III, pag. 416), Hutchinsia alpina, Kernera saxatilis, Viola biflora, Linaria alpina, Myosotis alpestris, Galium Helveticum, Achillea atrata, Aronicum scorpioides, Cirsium spinosissimum, Hieracium villosum, Petasites niveus, Crepis Terglouensis, Dryas octopetala, Saxifraga caesia, aizoides und aphylla, Sedum atratum, Trifolium badium, Polygonum viviparum. Von B a s t a r d e n (vgl. auch oben T. rotundifolium subsp. cepaeifolium) ist zu nennen: T. a l p i n u m (var. s y l v i u m) X T. r o t u n d i f o l i u m (var. c o r y m b o s u m ) = T. G r e m l i ä n u m 1) Thellung ( = T. alpinum X rotundifolium Focke ap. Gremli 1870, = T. alpinum X corymbosum Morthier et Favrat 1879, = T. alpinum X rotundifolium var. corymbosum Favrat ap. Gremli 1880). Pflanze in den Merkmalen zwischen denen der Stammarten schwankend. Laubblätter in der Form meist mehr an T. alpinum erinnernd, doch die grund­ ständigen oft deutlich gezähnt. Kronblätter blass rosa. Fruchtstand verkürzt (wie bei T. rotundifolium). Frucht fast von T. alpinum (+ deutlich verkehrtherzförmig). — Mit den Stammarten mehrfach in der Umgebung von Zermatt: Findelen, Riffelberg (hier zuerst 1866 von F o c k e gefunden), Riffelhorn, Schwarzsee, Lychenbretter am Gornergletscher, ausserdem noch im benachbarten Aostatal (Col de Champorcher) beobachtet.

C C C X X I.

Cochleäria*2) L.

Löffelkraut.

Kräuter und Stauden, bei unsern Arten stets kahl. Laubblätter grund- und stengel­ ständig, stets ungeteilt, meist dicklich; Stengelblätter oft umfassend. Eiweissschläuche im Mesophyll der Laubblätter, chlorophyllführend. Kelchblätter abstehend, stark gewölbt, aber am Grunde ohne sackförmige Erweiterung. Kronblätter 4, alle gleichgestaltet (Taf. 125, Fig. 2), weiss oder violett, kurz benagelt, ganzrandig. Staubfäden einfach, regelmässig bogenförmig-gekrümmt und zusammenneigend; zu beiden Seiten der kurzen Staubfäden je eine 3-eckige Honigdrüse. Frucht kugelig bis ellipsoidisch oder eiförmig (Taf. 127, Fig. 6b *) Nach dem schweizerischen Floristen August G r e m l i , geb. 15. M ärz 1833 in Kreuzlingen (Kanton Thurgau), gest. 30. M ärz 1899 in Egelshofen (ebenda), Herausgeber der bekannten „Exkursionsflora für die Schweiz“ (1. bis 8. Aufl. A arau 1867 bis 1896) und Verfasser monographischer Arbeiten über Rosa, Rubus, Hieracium , Thlaspi (vgl. pag. 117), D raba, V io la usw., hochverdient um die Förderung der schweizerischen Floristik. 2) Vom lat. cöchlear = Löffel; nach der Form der Grundblätter von Cochlearia officinalis.

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Tafel 129.

Erklärung der Figuren. Fig. 1. Sisymbrium officinale (nr. 1232). Spross mit Blüten und Früchten. la. Blüte (vergrössert). lb. Frucht. 2. Sisymbrium Sophia (nr. 1229). Spross mit Blüten und Früchten. 2 a. Same (stark vergrössert). 2b. Querschnitt durch den Samen. 3. Calepina irregularis (nr. 1241). Spross mit Blüten und Früchten. ,, 3a. Staubblätter und Fruchtknoten.

Fig. 3 b. Frucht (vergrössert). 3 c, d. Querschnitt durch eine reife und eine junge Frucht. 4. Myagrum perfoliatium (nr. 1240). Spross mit Blüten und Früchten. 4 a. Längsschnitt durch die Frucht. 4b. Querschnitt durch den Samen. 5. Eruca sativa (nr. 1243). Spross mit Blüten und Früchten. 5 a. Blüte. „ 5b. Querschnitt durch den Samen.

und Fig. 766c), über dem Kelchansatz nicht gestielt, nicht oder wenig zusammengedrückt, meist-breitwandig (nur bei C. Anglica schmalwandig), 2-klappig aufspringend (Fig. 766 f); Klappen meist deutlich netznervig, gewölbt, ungeflügelt, dünnwandig, mit deutlichem, bis zur Spitze reichendem Mittelnerv. In jedem Fach (1) 2 bis 4 (6) hängende, 2-reihig an­ geheftete Samenanlagen (Taf. 127, Fig. 6 a). Scheidewand rundlich bis rhombisch-elliptisch oder lanzettlich, oft durchlöchert. Griffel kurz. Narbe kreisrund (Taf. 125, Fig. 12). Samen eiförmig oder ellipsoi'disch, wenig zusammengedrückt, ohne Rand, mit stark höckeriger oder papillöser (Taf. 125, Fig. 55), bei Benetzung nicht verschleimender Samenschale, mit flachen (Taf. 127, Fig. 6 c), an der Krümmung des Keimlings entspringenden Keimblättern und seit­ lichem, seltener nach dem Rücken des einen Keimblattes verschobenem Würzelchen. Die Gattung umfasst etwa 15 Arten, die in den gemässigten, gebirgigen und arktischen Gebieten Europas und Asiens, sowie im arktischen Nordamerika zu Hause sind. Von unseren drei einheimischen, untereinander sehr nahe verwandten und am besten zu einer Gesamtart C. officinalis zu vereinigenden Arten sind zwei (C. Anglica und Danica) ausgeprägte, auf das Strandgebiet der nördlichen Meere beschränkte Salzpflanzen (Halophyten), während C. officinalis auch im Binnenland an salzhaltigen Stellen (verwildert?), sowie in einer besondern Unterart (subsp. Pyrenaica) an quelligen Stellen (besonders der Gebirge) vorkommt. — Ausser unsern Arten wurde aus Mittel-Europa angegeben C. g l as ti f 6 l i a *) L. ( = Kernera glastifolia Rchb.). Vgl. den Bestimmungsschlüssel 1 Einheimisch in Spanien. In frühem Zeiten in Süd- und auch in Mitteleuropa mehrfach (als Arzneipflanze von ähnlicher Wirkung wie C. officinalis) in Gärten kultiviert; eingebürgert in Portugal und in Süd- und Mittelfrankreich. Die Angaben aus Norditalien und Korsika sind zweifelhaft; sie sind, wie auch diejenigen aus Mitteleuropa (Regensburg nach R ay 1694 [vgl. F ü r n r o h r in Flora XIV. 2. (1831), pag. 787]; Schlesien nach K r o c k e r 1790), wenn überhaupt richtig, nur auf kultivierte oder allenfalls ver­ wilderte Exemplare zu beziehen. Die Angabe aus Istrien beruht nach M a r c h e s e t t i auf einer irrigen Inter­ pretation des „Lepidium annuum glastifolium“ C. Bauhin, das in Wirklichkeit dem Thlaspi arvense entsprechen soll. — Ueber C. f e n e s t r ä t a R. Br. und ihre Unempfindlichkeit gegen Kälte vgl. unter C. officinalis (pag. 138). 1. Pflanze einjährig. Stengel aufrecht, 40 bis 80 cm hoch, reichbeblättert. Stengelblätter lanzettlich, mindestens 3 mal so lang als breit, ganzrandig, mit tief herz- oder pfeilförmigem Grunde stengelumfassend. Kronblätter fast 3 mal so lang als der Kelch. Frucht kugelig, etwa 4 mm lang, nicht aufgeblasen, auf etwa 3 bis 5 mal längerm Stiel. Samen klein, eiförmig, rotbraun, dicht mit weissen, spitz kegelförmigen, stachel­ artigen Papillen besetzt. . C. g l a s ti f o 1i a (s. oben). 1*. Pflanze meist 2- bis mehrjährig (aber zuweilen nur einmal blühend). Stengel aufsteigend, etwa bis 30 (40) cm hoch. Stengelblätter eiförmig bis länglich-lanzettlich, meist nur bis doppelt (seltener bis 3-mal) so lang als breit, in der Regel eckig-gezähnt. Samen stumpf körnig-höckerig (Taf. 125, Fig. 55). 2. 2. Mittlere und obere Stengelblätter ungestielt, mit deutlich geöhrtem Grunde umfassend. Kron­ blätter mehr als doppelt so lang als der Kelch (Taf. 125, Fig. 2) 3. 2*. Stengelblätter sämtlich gestielt oder die mittleren und oberen doch stielartig oder keilförmig verschmälert, ungeöhrt. Kronblätter nur doppelt so lang als der Kelch C. D a n i c a nr. 1222. 3. Grundblätter am Grunde abgestutzt bis herz- oder nierenförmig, ihre Spreite vom Stiel scharf abge­ setzt. Stengelblätter meist eiförmig bis rundlich, bis etwa doppelt so lang als breit. Frucht etwa bis 7 mm lang, über *) Lat. glästum = antiker Name für Isatis tinctoria und fölium = Blatt.

136 d e r S c h e id e w a n d n ic h t e in g e sc h n ü rt, n ic h t au ffällig gedunsen, n o c h b e so n d e rs s ta rk n e tz a d e rig (T af. 127, F ig . 6b) ; S c h e id e w a n d ru n d lic h -eifö rm ig bis rh o m b isch -e llip tisch ( 1 :1 1/2 b is 2). K e lc h b lä tte r (1,2) 1,5 b is 2 (2 7 4 ) m m lang. K ro n b lä tte r e tw a (3) 4 b is 5 ( 5 7 2 ) m m lan g . G riffel k a u m ü b e r 7 2 m m la n g . . . . C. o f f i c i n a l i s nr. 1220. 3*. G ru n d b lä tte r am G ru n d e a b g e ru n d e t bis k u rz k e ilfö rm ig (F ig . 7 6 6 a i ) ; die S p re ite am S tiel e tw as h e ra b la u fe n d . S te n g e lb lä tte r m eist län g lich -lan z e ttlic h , bis 3 m al so la n g als b re it. F ru c h t (F ig. 766c) g ro ss (bis 1,6 cm lang), m eist run d lich -ellip tisch , ü b e r d e r S c h e id e w a n d sta rk e in g e sc h n ü rt-g e fu rc h t (n a m e n tlich a u f der O b e r­ s e ite ) ; ih re H älften s ta rk a u fg eb lasen -g e d u n se n , se h r d e u tlich n e tz a d e rig ; S c h e id e w a n d ellip tisch -län g lich o d er sic h elfö rm ig -lan z ettlic h (e tw a 1 :3 b is 5). K e lc h b lä tte r 2 7 2 bis 3 m m lang. K ro n b lä tte r 5 7 2 bis 6 7 2 m m lang. G riffel e tw a 2/s bis ü b e r 1 m m l a n g .........................................................................................................C. A n g l i c a n r. 1221.

1220. Cochlearia officinälis L. (= C. L innæ i G riew ank pro p arte , = N astürtium cochlearia K rau se, = C rucifera cochlearia K ra u se pro p arte). E c h t e s L ö f f e l k r a u t , Löffelkresse, S charb o ck sk rau t. F ra n z .: C ranson, herbe aux cuillères, h erb e au scorbut, cranson offi­ cinal; engl.: Spoonw ort, scorbute-grass, scurvy g ra ss; ital.: coclearia. T af. 127, F ig . 6; T af. 125, F ig . 2, 12, 55 und F ig . 765. N a ch dem S ta n d o rt h e is st die Pflanze in N ie d e rö ste rre ic h m edizinischen A n w en d u n g L u n g ’n k r e s s .

Q u e l l e n k r ä u t ’l, n a c h ih re r (volks-)

Z w e i-b is m eh rjährig, 15 bis 30 (35) cm hoch, kahl, m it spindeligem , reichfaserigem W urzelstock, 1- oder m ehrstengelig, fru ch tb are und u n fru ch tb are Sprosse erzeugend. S tengel aufsteigend bis fast aufrecht, einfach oder verzw eigt, k a n tig -g e fu rc h t,b e b lä tte rt. G rundständige L au b b lä tte r in lo ckerer R o sette, rundlich-herzförm ig o d er nierenförm ig, g anzrandig oder geschw eift, langgestielt. S te n g elb lätter eiförm ig bis rundlich, grob entfernt g ezäh n t (selten fast g an zran d ig ), m it herzförm igem G runde stengelum fassend. B lüten in zuerst g ed rän g ter, etw as überh än g en d er, sp äter v erlän g erter T rau b e, gross, weiss, w ohlriechend. K e lc h b lä tte r (1,2) 1,5 bis 2 ( 2 1/ i ) mm lang, schm al elliptisch, w eiss-hautrandig. K ro n b lä tte r (3) bis 5 ( 572) mm lang, länglich-verkehrteiförm ig, in den N agel verschm älert (T af. 125, F ig. 2). S ta u b ­ b eu tel gelb. F ru c h t auf fast w agrechtem bis spitzw inkelig abstehendem Stiel, (3) 4 bis 7 mm lan g , k u gelig o d er eiförm ig bis rhom bisch-ellipsoidisch, durch den kurzen, bleibenden, kaum ü b er x/2 mm langen G riffel g ekrönt (T af. 127, F ig. 6b). F ru ch tk lap p e n gew ölbt, durch den starken M ittelnerv oft etw as gekielt, bei der R eife (nicht sehr stark ) netznervig. S ch eid e­ w and ru n d lich , eiförm ig oder rhom bisch - elliptisch, etw a bis dop p elt so lang als breit, m eist sym m etrisch, oft zerrissen-durch­ löchert. Sam en 2 bis 4 pro F ach (T af. 127, F ig. 6 a), rundlich-ellipsoidisch,w enig zusam m engedrückt (T a f. 127, F ig. 6 c), 1 bis 3 mm lan g ; Sam enschale m eist ro t­ braun, fein stum pfhöckerig-w arzig (T af. 125, F ig. 55), bei B enetzung nicht verquellend. — (IV) V, V I (die G ebirgsform en blühen später). H ie und d a an feuchten Stellen, in Süm pfen, an Q uellen und B ach­ rän d ern , oft in grösseren K olonien F ig . 765. C o c h l e a r i a o f f i c i n a l i s L . su b sp . P y r e n a i c a (D C .) R o u y e t F o u c., (Fig. 765), vgl. die U n terarten . b e i W a s se r b u r g am Inn in B a y er n . P h o t. s t u d .A n d r é P r a t j e , B re m en .

4

137

A llg e m e in e V erb reitun g: Strandgegenden von West- und Nordeuropa (auch Island, Spitzbergen und Nowaja Semlja); felsige und quellige Stellen in Mitteleuropa (fehlt dem mediterranen Süd-Europa; in Nord-Italien angegeben, aber wohl nur verwildert); arktisches Nordamerika; nahe verwandte Formen auch in Nord-Asien. Zerfällt in 2 Unterarten: I. subsp. etl-officin ális Aschers, et Graebner emend. ( = C. officinalis L. sens. strict., = C. Linnfei a) officinalis Ascherson, = Crucifera cochlearia b) officinalis Krause, = Cochlearia flagrans Gilib., = C. renifólia Stokes, = C. vulgäris Bubani, = C. officinalis var. maritima Gren. et Godron, = var. microrrhiza Schur?, = var. vulgäris Alef., = var. typica Beck, = var. vera Beckhaus-Hasse). Frucht kugelig oder eiförmig, beiderendjs oder wenigstens am Grunde abgerundet-stumpf; die unterem beträchtlich kürzer (meist kaum J / 2 so lang), die oberen etwa so lang als der (in der Regel unter 60 bis 90° abstehende) Fruchtstiel. Fruchtstand meist ziemlich kurz und dicht. Kronblätter etwa (3) 4 bis 5 mm lang. Grundblätter rundlich, am Grunde gestutzt oder (schwach-) herzförmig. Pflanze meist 2-jährig oder infolge der Vermehrung durch unterirdische Knospen auch ausdauernd, mit dünner Wurzel, in der Regel kräftig, etwa 20 bis 30 cm hoch. — Wildwachsend in den Küstengegenden (auf Salzwiesen, Aussenweiden, an Grabenrändern, sumpfigen Stellen usw.) und an salzhaltigen, sumpfigen Stellen des Binnenlandes; ferner häufig (namentlich früher) in Apotheker- und Gemüse-Gärten als Arzneipflanze gezogen und gelegentlich daraus verwildernd. In D e u t s c h ­ l a n d an der Küste der Nordsee nicht überall, aber gesellig, am häufigsten in Schleswig-Holstein (auch ver­ wildert, z. B. an der Elbe bei Blankenese), an der Küste der Ostsee in Schleswig-Holstein (mit Sicherheit nur am Barsbecker See bei Kiel), in Mecklenburg (Salzwiesen an der Wismarischen Bucht nicht selten), in Westpreussen (nur vorübergehend verschleppt auf der Westerplatte bei Danzig, Pillau). Ausserdem selten an salz­ haltigen Stellen des Binnenlandes im westlichen Ober-Weser-Emsbezirk (Dissen [Rothenfelde] zwischen Osna­ brück und Bielefeld, Salzuflen [Lippe], Salzquelle bei Pyrmont [Indigenat hier etwas zweifelhaft]), ferner sicher wild im Salzgebiet der Wetterau (Soden am Taunus); verwildert oder verschleppt auch in Westfalen (Hattingen und Annen). Aus Süd-Deutschland ist die subsp. eu-officinalis mit Sicherheit nur als Kulturflüchtling bekannt, so aus dem Eisass (zur K i r s c h l e g e r’s Zeiten [um 1850] hin und wieder), aus Baden (verwildert ehedem nach G m el i n [1808] bei Karlsruhe, neuerdings am Neckar bei Ilvesheim und Wieblingen und bei Mannheim; ferner bei Wert­ heim und im Bodenseegebiet bei Pfullendorf, Klosterwald, Heiligenberg usw.; ob hier nicht subsp. Pyrenaica?), aus Württemberg (Dörzbach; Kirchener Tal; Risstissen, Erisdorf, Krauchenwies, Biberach, Ochsenhausen, Guten­ zell, Mühlhausen, Wolfegg, Weissenbronnen, Roth, Ravensburg, Weingarten, Isny; ein Teil der Vorkommnisse dürfte sich auf die subsp. Pyrenaica beziehen und wäre demnach als ursprünglich wild zu betrachten), aus Bayern (Augsburg, Simbach am Inn und wohl noch anderwärts [vgl. subsp. Pyrenaica]; auch gebaut, z. B. bei Regensburg, Schweinfurt) [die übrigen Angaben aus Süd-Deutschland sind wohl durchwegs auf die Unterart Pyrenaica zu beziehen; siehe dort 1], In O e s t e r r e i c h gelegentlich verwildert beobachtet, so vielleicht in Niederösterreich zwischen Moosbrunn und Mitterndorf unweit Wien (die Pflanze dieses Fundortes ist stark variabel und nähert sich in manchen Exemplaren mehr der subsp. eu-officinalis, in andern mehr der subsp. Pyrenaica!); weitere Fundorte sind festzustellen [die Angabe aus Tirol (Fassa) neuerlich nicht bestätigt]. In der S c h w e i z früher als verwildert angegeben aus dem Birstal bei Basel, von Moutier-Grandval und Pierre Pertuis (Berner Jura), [Pontarlier (Franzos. Jura)], Baden im Aargau, Bex (Waadt) und Massongex (Wallis). — Aendert ab: f. p ar v i s í li qu a Thellung. Frucht sehr klein, kaum 3 mm lang (Nordseestrand). II. subsp. Pyrenáica (DC.) Rouy et Fouc. ( = C. Pyrenaica DC., = C. officinälis var. Pyrenaica Gren. et Godr., = Crucifera cochleäria c) Pyrenaica Krause, = C. officinalis Lapeyr. et auct. mult. pro parte, nec L., = C. officinalis ß et y Smith?, = var. minor Pers.?, = var. rotundifölia D C .?, = C. rotundifolia S. F. Gray?, = C. officinalis var. alpina Babington?1), = C.alpina Watson?, = C. officinalis var. macrorrhiza Schur, = var. macrocärpa Alef. ?, = var. microcärpa Reichenb. ex Rouy et Fouc., = C. Grcenländica With. ?, Sm. ? nec L .*2), = C. Dánica Gunnerus? nec L.). Frucht meist rhombisch-ellipsoidisch oder rhombisch-verkehrteiförmig, beiderends verschmälert; die unteren kaum kürzer, die oberen meist länger als der dicke, meist unter 45 bis 60° abstehende Stiel. Pflanze meist ausdauernd, mit dickerer Wurzel. Grundblätter oft nierenförmig. An quelligen, moorigen (nicht salzhaltigen) Stellen des Tieflandes und der Gebirge (Pyrenäen, Cantal, Puy de Dome, Alpen, Karpaten;

*) Die nordische var. mi no r Pers. ( = var. alpina Bab.) stellt vielleicht eine besondere, mit den var. eu-Pyrenaica und excelsa zu koordinierende Rasse der subsp. Pyrenaica dar; möglicherweise fällt sie auch mit der var. excelsa zusammen. 2) C. Groenlándica L. ist, wie N o l t e (Novit, fl. Holsat. [1826], pag. 61 und bei K o c h in Flora XXI [1841], pag. 466) wohl mit Recht hervorhebt, ein Gemenge aus Zwergformen (mit verkümmerten Stengelblättern) von C. officinalis und C. Danica; es empfiehlt sich daher, diesen von Anfang an konfusen und in der Folgezeit ganz verschieden interpretierten Namen völlig fallen zu lassen. L a n g e (Consp. fl. Grcenl. in Meddel. om Grcenl. 3. Heft [1890], pag. 34) behält dagegen den Li nnéschen Namen für eine arktische Sammelspezies bei.

138 wohl auch im Norden : Grossbritannien, Skandinavien usw.), — Zerfällt bei uns in 2 Rassen : var. e u - P y r e n ä i c a Thellung ( = C. Pyrenaica DC. sens, strict., = C. officinalis Maly pro parte). Pflanze meist kräftig, etwa 15 bis 30 (50) cm hoch. Stengel in der Regel ästig und reichbeblättert. Grundblätter meist nierenförmig, oft breiter als lang, in der Regel, beträchtlich grösser als die Stengelblätter, am Grunde deutlich ausgerandet. Stengelblätter dreieckig-eiförmig bis rundlich, die meisten eckig gezähnt. Kronblätter oft etwas über 5 mm lang. Fruchtstand locker; untere Fruchtstiele meist etwas länger als die Frucht. So in den tieferen und mittelhohen Lagen des mitteleuropäischen Verbreitungsgebietes der Unterart. In D e u t s c h l a n d 1) bei der Emmaburg unweit Altenberg bei Aachen [sowie im angrenzenden Belgien und angeblich in Luxemburg]; an den Almequellen bei Brilon (Westfalen) und an der Alme bis unterhalb Niederalme, sowie bei Warstein ; in Baden vielleicht bei Wertheim und im Bodenseegebiet (vgl. subsp. eu-officinalis) ; in Württemberg ausdrücklich nur bei Isny (Oberamt Wangen) angegeben, aber wohl weiter verbreitet (vgl. subsp. eu-officinalis); in Bayern (hier die weitaus vorwiegende Form, aber mit zahlreichen Uebergängen zu subsp. eu-officinalis)*2) ziemlich verbreitet3) in den Salzburger Alpen (zwischen Berchtesgaden und Schellenberg), auf der oberen Hochebene (Kempten, Grönenbach, Ottobeuern, Memmingen, Untrasried, Kaufbeuren, Steingaden, Thalham, Glonn, Rosenheim, Wasserburg, Gars, Waging, Törring, Taching, Tengling, Laufen, Burghausen), auf der unteren Hochebene (Breitenthal im Günztal, Dinkelscherben, Zusmarshausen, Haselbach bei Rain, bei Aichach, Schrobenhausen, Reichertshofen, Altötting, Mühldorf), im nördlichen Bayern im Juragebiet (Steinensittenbach bei Hersbruck, Artelshofen, Thalheim, Griesmühle; früher auch bei Pommelsbrunn, Rödenstatt und Kucha) und in der Rhön (Oberweissenbrunn unweit Bischofsheim). In O e s t e r r e i c h in den Gebirgen von Niederösterreich (in den Kalkvoralpen zerstreut von Pernitz bis an die steierische Grenze und längs derselben bis zum Dürren­ stein; herabgeschwemmt an den Oetschergräben 700 bis 500 m), in Oberösterreich, in Steiermark (Täler der nordöstlichen Kalkalpen : Wildalpen, Grünau und Salzaleiten bei Mariazell, Höllenseige in der Terz und bei Frein, Mürzsteg an der Stillen Mürz gegen das „Tote Weib“ und im Brunnengraben, Neuberg am Eingang in die Krampen). Kärnten? (vgl. var. excelsa). ln der S c h w e i z in der Voralpen-Region im Kanton Freiburg (Ganterisch-Kette) und im Berner-Oberland (Ganterischseeli 1575 m und Schwefelbergbad, Quelle am N.-W.Fuss des Widdergrinds [Stockhornkette], Eriz bei den Wasserfällen [früher in Menge, jetzt durch Ausgraben wohl ausgerottet], Justistal, Kandersteg, Rosenlaui); einzelne Exemplare nähern sich der var. excelsa. — var. e x c e l s a (Zahlbr.) Thellung4) ( = C. excelsa Zahlbr., = C. Grcenländica Host, Hoppe in Flora XIV. 2. [1831], pag. 462, Rchb. nec L., = C. officinalis Maly pro parte, Pacher nec L., = C. Pyrenäica Koch pro parte, Pernh. nec DC., = C. officinalis var. Pyrenaica Alef. ? nec Gren. et Godr.). Pflanze niedrig (etwa 10 bis 15 cm hoch), schlank. Stengel meist einfach oder kaum verzweigt, armblätterig. Grundblätter klein (meist nicht grösser als die Stengelblätter), dreieckig bis rhombisch, mit meist herzförmigem Grunde. Stengelblätter ei­ förmig bis rhombisch, meist ganzrandig. Fruchtstand meist kurz und dicht; auch die unteren Fruchtstiele höchstens so lang als die Frucht. — V il, VIII. Alpine Rasse der Unterart. Sehr selten an feuchten, quelligen Stellen der Krummholz- und Hochalpenregion, von 1900 bis 2400 m in den Alpen von Steiermark (Seckauer Zinken an der N.-Seite des Gipfels und gegen den Hagenbachgraben; Eisenhut, Diesingsee) und Kärnten (Koralm, Saualm am sog. Kapplerbrunnen; von P a c h e r 1885 als C. officinalis aufgeführt, von F r i t s c h zu C. excelsa gerechnet); ferner in den Karpaten (nach v. H a y e k Sched. fl. stir. exs. 9./10. Lief. [Dez. 1906], pag. 13 unter Nr. 432). H a y e k spricht dieser Rasse eine interglaziale Herkunft zu und weist auf die nahen Beziehungen der Flora der östlichen Alpen mit derjenigen der Karpaten hin. Aehnlich verhalten sich in den Ostalpen Ranunculus crenatus (Bd. III, pag. 569), Viola Sudetica, Saxifraga hieraciifolia und Wulfeniana, Anthemis Carpatica etc. Cochlearia officinalis zeichnet sich durch eine hochgradige Unempfindlichkeit gegen Frost aus, was angesichts ihrer saftreichen, glatten Blätter, die ein Erfrieren schon bei geringer Kälte erwarten Hessen, über­ raschen muss; tatsächlich vermag sie nach K e r n e r die tiefsten Kältegrade ohne Nachteil zu ertragen. Ein extremes Beispiel dieser Art bietet die verwandte C. f e n e s t r â t a R. Br. (== C. fenesträlis Kerner, = Eutréma5) Rössii Sprengel), eine Pflanze Spitzbergens, des arktischen Sibiriens und Nordamerikas, die K j e l l m a n im Winter 1878/79 am Winterhafen der „Vega“ bei Pitlekaj in Nordsibirien auf einem schutzlos den Winden preis­ gegebenen, schneefreien Strandhügel antraf, wo sie mit Knospen und offenen Blüten vom Frost überrascht Vgl. B e c k h a u s - H a s s e Fl. Westfal. (1893), pag. 163 und Aug. S c h u l z in 40. Jahresber. d. Westfäl. Prov.-Ver. f. Wissensch. u. Kunst (Bot. Sekt.) für 1911/12 (1912), pag. 170. 2) Als sicher zur subsp. eu-officinalis gehörig bezeichnet A. S c h w a r z nur die Pflanzen von Augsburg und von Simbach (s. oben); diejenige des Haselbacher Moores scheint eine Uebergangsform zu sein. 3) Im Bezirk Friedberg ist die Pflanze seit 1908 gesetzlich geschützt. 4) Diese Rasse ist vielleicht von der nordischen var. minor Pers. (sub C. officinali) nicht genügend verschieden; vgl. oben pag. 137 und Fussnote 1.

5) Gr. e{> [eu] = schön und Scheidewand dieser Art.

[tréma] = Loch, Oeffnung; wegen der zierlich durchlöcherten

139 worden war und Kältegrade von bis —46° Jbei eisigem Nordwinde auszuhalten hatte, gleichwohl aber (nach K j e l l m a n ’s — seither nicht anderweitig bestätigter — Angabe) im nächsten Sommer unbeschadet ihre Ent­ wicklung da fortsetzte, wo sie im Vorjahr stehen geblieben war. Da den Cochlearia-Arten jegliche äusserlich sichtbare Einrichtung zum Schutze gegen Frost (etwa starke Behaarung u. dgl.) fehlt, so kann ihre Un­ empfindlichkeit nur aus der spezifischen Konstitution des Protoplasmas erklärt werden. Im ;Hochschwabgebiet in Obersteiermark erscheint C. officinalis subsp. Pyrenaica nach N e v o l e in Quellfluren mit 5,5° C Wasser­ temperatur in Begleitung von Arabis bellidifolia, Nasturtium officinale, Epilobium alsinifolium, Viola biflora, Saxifraga rotundifolia, Caltha palustris, Hylocomium splendens, triquetrum, Schreberi und uncinatum, Brachythecium rivulare, Neckera crispa, Cinclidonotus fontinaloides, während sie auf den Wiesenmooren um Moos­ brunn bei Wien zwischen Gymnadenia odoratissima, Pinguicula alpina (Bd. VI, pag. 158), Veratrum album und Salix nigricans' auftritt. Der Durchmesser der geöffneten Blüten beträgt 8 bis 10 mm. Die Kelchblätter sind abstehend und bilden kein Honigreservoir. Die Kronblätter sind (bei der Unterart eu-officinalis) etwas über doppelt so lang, mit weisser, eiförmig-elliptischer, abstehender Platte, am Grunde in einen kurzen (nur etwa Vs so langen), grünlichen (Saftmall) Nagel zusammengezogen. Die Antheren der langen Staubblätter stehen mit der gleich­ zeitig entwickelten Narbe in gleicher Höhe (anfangs etwas von ihr abgewendet); auch diejenigen der kurzen Staub­ blätter, die anfangs etwas tiefer stehen, erreichen später die Höhe der Narbe, so dass leicht (zumal bei schlechter Witterung) spontane Selbstbestäubung eintreten kann, während besuchende Insekten auch Fremd­ bestäubung bewirken können. Die nur seitlich vorhandenen, zwischen den Staubfadenbasen versteckten Honig­ drüsen sind sehr unscheinbar und oft verkümmert, erzeugen aber gleichwohl einen kräftigen Honigduft. — Als Abnormitäten wurden Tragblätter im Blütenstand, sowie 3-klappige Früchte beobachtet. D as beim Zerreiben beissend-scharf riechende und kressenartig scharf schmeckende frische K rau t ist als H e r b a C o c h l e ä r i a e offizinell (Pharm. Germ.); ebenso waren es früher die Samen ( S e m i n a C o c h l e ä r i a e ) , die ähnliche Eigenschaften aufweisen wie die Kressensamen. Das Kraut enthält besonders ein flüchtiges, scharfes, schwefelhaltiges Oel, „Löffelkrautöl“ (Oleum Cochleäriae), ein Glykosid (Rhodanverbindungen des sekundären Butyls), ausserdem Eiweissstoffe, Harze, Gum m i und mehrere Salze. D as ätherische Oel von der Formel C s H 9 S N riecht sehr scharf und unangenehm und zeigt eine gewisse Verwandtschaft mit den Senf­ ölen. Es wird aus dem K rau t durch Destillation gewonnen und stellt der Hauptsache nach das Isosulfocyanat des sekundären Butylalkohols dar. Das ätherische Oel wurde bereits in der Mitte des 17. Jahrhunderts in deutschen Apotheken destilliert. Seit alters gilt das K raut als eines der vorzüglichsten antiskorbutischen Mittel, das den Seefahrern sehr bekannt war und durch diese in alle Weltteile verbreitet wurde. A uch gegen Krankheiten der Verdauungsorgane, Verschleimung der Luftwege, Hautausschläge, Krankheiten des Mundes und des Zahnfleisches, gegen Zahnschmerz, Rheumatismen, als desinfizierendes Mittel, sowie als schweiss- und harntreibendes oder hautreizendes M ittel usw. findet es Anwendung. Aus dem frischen K raut w ird ferner durch Destillation ein Spiritus (Spiritus Cochleäriae) bereitet; schliesslich kann Soda daraus gewonnen werden. Im Norden wird es auch als Gemüsepflanze verwendet oder als Zutat zu Salat oder auf Butterbrot genossen. A ls angebaut w ird die Pflanze anscheinend zuerst von C . G e s n e r (1557) aus Brabant erwähnt; in Schlesien wurde sie -um 1 7 0 0 kultiviert.

L. (= C. officinális [var.] Anglica Alef., = subsp. Anglica Aschers, et Graebner, = Nastúrtium Anglicum [N. cochleária x Danicum?] Krause, = Cruci­ fera cöchlearia a) Anglica Krause, = Cöchlearia longifólia Medikus, = C. Bátava Dumort., = C. Batávica Gandoger, = C. officinalis ß Van Hall, = C. Linnaei Griewank pro parte, = C. Anglica var. gémina J. T. Boswell, = C. Groenlándica Gunn.? nec L.). E n g lisch e s L öffelk rau t. Fig. 766a bis c. Meist zweijährig, mit ziemlich dünner, spindeliger Wurzel, aber oft durch nach der Blüte am Stengelgrund hervorsprossende Laubblattrosetten sich erhaltend und er­ neuernd, kahl, etwa 20 bis 30 (40) cm hoch. Grundblätter in Rosetten, langgestielt, breiter oder schmäler eiförmig bis rhombisch-elliptisch, oft eckig oder unregelmässig gezähnt, am Grunde abgerundet oder (häufiger) in den an der Spitze etwas geflügelten Stiel kurz keilförmig-zusammengezogen (Fig. 766 a ). Stengel meist zahlreich, aufsteigend bis fast auf­ recht, kantig, beblättert, meist ästig. Stengelblätter meist länglich-eiförmig oder länglich­ elliptisch, seltener fast eiförmig, stumpf, meist grob eckig-gezähnt, seltener fast ganzrandig,

1221. Cöchlearia Angl ica

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mit tief herzpfeilförmig-geöhrtem Grunde stengelumfassend. Blüten in anfangs halbkugelig gedrängten, später sich streckenden Blütenständen, weiss, grösser als bei den übrigen Arten. Kelchblätter elliptisch, weiss - hautrandig, 2 bis 3 mm lang, oft etwas purpurn überlaufen. Kronblätter meist bis (7) mm lang, 2 bis mm breit, verkehrteiförmigkeilig, in einen kurzen Nagel zusammengezogen. Fruchtstände verlängert (Fig. 7b6b), ziemlich locker; Fruchtstiele dick, kantig gefurcht, unter 45° abstehend bis aus- oder selbst abwärts gebogen; die unteren oft etwas länger, die oberen so lang bis etwas kürzer als die Frucht. Letztere im Um­ riss breit elliptisch (Fig. 766 c), beiderends stumpf, etwa 8 bis 16 mm lang, über der schmalen a b c d, e Scheidewand stark eingeschnürtf gefurcht (namentlich oberseits), ihre Hälften stark aufgeblasen-gedunsen, bei der Reife sehr deutlich erhaben netzaderig. Scheidewand elliptisch-, länglich- oder sichelförmig-lanzettlich (etwa 1:3 bis 5), beiderends spitz zulaufend, durch den ansehnlichen bis U mm langen) Griffel bespitzt. Samen meist 5 bis 6 pro Fach, rundlich- oder eiförmig-ellipsoidisch, etwa bis mm lang, mässig stark zusammengedrückt; Samenschale rotbraun, fein stumpfhöckerig-warzig. — V bis VII. Hin und wieder an der Nord- und Ostseeküste (auch in die Flussmündungen vor­ dringend) und auf den ostfriesischen Inseln (vgl. Bd. III, pag. 383), auf Aussenweiden und an Grabenrändern; ziemlich verbreitet in Hannover, Oldenburg, Bremen (an der Weser aufwärts bis zum Strohhauser und Drepte-Siel; an der Elbe bei Kuxhaven häufig, aufwärts bis Neuhaus), in Schleswig-Holstein, Mecklenburg, Pommern (nur bei Stralsund); selten im Binnenland, z. B. in Mecklenburg (früher bei Brüel in einer — wohl hybriden — Uebergangsform zu C. officinalis = var. pseudo-officinalis Boll). Einmal (1909) verschleppt im Hafen von Mannheim. Fehlt in O esterreich und in der S ch w eiz vollständig. A llg e m e in e V erb reitun g: Küsten des nördlichen Atlantischen Ozeans und der Nordsee (West- und Nord-Frankreich [aus Belgien irrig angegeben], Niederlande, westliches Nord-Deutschland, Dänemark, Norwegen, Grossbritannien, Island); angeblich auch in Südost-Schweden, Finnland und Lappland; arktisches Nord-Amerika. Verwandte, vielleicht nicht spezifisch zu trennende Formen kommen im arktischen Europa und Asien vor. x/ 2

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F ig . 766. C o c h l e a r i a A n g l i c a L . H a b itu s (*/3 n atü rl. G r ö sse), sta n d . F r u c h t (e tw a s v e r g r ö ss e r t). — C o c h l e a r i a D a n i c a L. R e ife F r u c h t.

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F ru ch t­ H a b itu s.

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In typischer Ausbildung, namentlich im Stadium der Fruchtreife, ist C. Anglica von der ihr zunächst verwandten C. officinalis, mit der sie auch die medizinischen Eigenschaften gemeinsam hat, in der Regel leicht durch die oben genannten, nach F o c k e samenbeständigen Merkmale zu unterscheiden. Indessen treten nicht selten Uebergangsformen auf, die die Trennung der beiden Arten erschweren und neueren Schriftstellern (so G r i e w a n k , der 1856 die beiden als C. Linnaei vereinigte, und A s c h e r s o n und G r a e b n e r , 1898) Ver­ anlassung geboten haben, sie als Formen einer und derselben Spezies zu betrachten. Da jedoch die Ueber­ gangsformen in der Regel nur im Verbreitungsgebiet der beiden Arten Vorkommen (vgl. z. B. J. T. B o s w e l l in Journ. of Bot. XIV. [1876], pag. 275/76) und ausserdem nach E. H. L. K r a u s e (in St urm Fl. v. Deutschi. 2. Aufl. VI [1902], pag. 57) durch mischkörnigen Pollen ausgezeichnet sind, liegt es nahe, jene Formen mit F o c k e (Pflanzenmischlinge [1881], pag. 39 bis 40) als B a s t a r d e zu deuten.

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L. (= C. officinális [var.] Danica Alef., = Nastürtium Danicum Krause, = Crucifera Danica Krause, = Cochlearia hastáta Mönch). Dänisches L öffel­ kraut. Fig. 766d bis f. Pflanze meist zweijährig, mit dünner, spindeliger Wurzel, nach der Fruchtreife absterbend (nur ausnahmsweise ausdauernd), 10 bis 20 cm hoch, meist vielstengelig. Stengel in der Regel aufsteigend und am Boden ausgebreitet, meist einfach, seltener verzweigt, kantig gestreift, kahl, wenig beblättert. Grundständige Laubblätter lang gestielt, etwa 1 cm im Durchmesser, rundlich- oder dreieckig-herzförmig, meist fast ganzrandig. Stengel­ blätter gleichfalls klein und grösstenteils gestielt; die unteren im Umriss rundlich, in der Regel handförmig- (efeuartig-) (3-) 5- bis 7-Hppig, die mittleren oft dreieckig-eiförmig mit spiessförmig-ausgezogenen Ecken, die oberen länglich-lanzettlich, spiessförmig oder ganz­ randig, in den kurzen Blattstiel verschmälert oder mit keilförmigem (nie geöhrtem) Grunde sitzend. Blüten in meist armblütigen, anfangs kurzen, später sich verlängernden und wenigstens unterwärts lockeren Trauben, kleiner als bei den 2 vorhergehenden Arten, weiss oder blasslila angehaucht. Kelchblätter elliptisch, weiss hautrandig, oft purpurn überlaufen, etwa U bis 2 mm lang. Kronblätter kaum doppelt so lang (etwa 2 l¡2 bis 3!/2 [4] mm lang), mit länglich-elliptischer Platte, in einen kurzen Nagel verschmälert. Staubblätter oft nur 4 (die 2 seitlichen fehlend). Frucht auf etwa gleichlangem, meist unter 45° abstehendem, ziemlich kräftigem, kantigem Stiel, klein (etwa [3] 4 bis 6 mm lang), rundlich-eiförmig oder breit bis schmal ellipsoidisch, kaum länger bis über doppelt so lang als breit, beiderends ab­ gerundet-stumpf bis verschmälert-spitzlich, durch den kurzen (^3 bis 3/s mm langen) Griffel bespitzt. Fruchtklappen mässig stark gewölbt (nicht aufgeblasen), kaum gekielt, fein erhaben-netzaderig (Fig. 766f). Scheidewand breit-eiförmig oder breiter oder schmäler elliptisch, beiderends stumpf bis spitzlich. Samen in jedem Fache meist 5 bis 7, klein (kaum über 1 mm lang), eiförmig oder ellipsoidisch, zusammengedrückt, mit rot- oder dunkelbrauner, fein stumpfhöckerig-warziger Samenschale. — V, VI. Hin und wieder am nördlichen Meeresstrande auf Strandwiesen, Erdumwallungen, schwach begrasten Dünenabhängen und sandigen Weiden (hier namentlich auf Ameisen­ haufen). In D eu tsch la n d ziemlich verbreitet an den Küsten der Nord- und Ostsee von Hannover bis Mecklenburg; häufig namentlich auf den ostfriesischen Inseln, auch auf Helgo­ land sowie auf der Insel Rügen. An der Weser aufwärts bis Blexen, an der Elbe vorüber­ gehend bei Blankenese beobachtet. Fehlt in O esterreich und in der S ch w eiz vollständig. A llg em ein e V erb reitu n g: Faer-Oer (aber nicht auf Island), südliches Nor­ wegen, südliches und mittleres Schweden, südwestliches Finnland, Inseln Oesel und Mohn, Dänemark, Norddeutschland, Belgien, Niederlande, Grossbritannien, Frankreich (Küsten des Kanals und des Ozeans), Nordwest-Spanien (Asturien, Galicien), Portugal (Porto und südlich bis zu den Berlenga- und Farilhöes-Inseln); arktisches Nord-Amerika (?). 1222. Cochlearia Dánica

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Aendert ab: var. i n t e g r i f ó l i a DC. ( = var. minima Pers.? [nomen nudum], = var. prsécox Lejolis?, = C. Groenlándica L. pro parte [cf. pag. 137], = C. Danica var. Groenlandica Gullan et Scully). Stengelblätter wenig zahlreich, rundlich, fast ganzrandig (Wohl Kümmerform). — var. s t e n o c á r p a 1) Rouy et Fouc. Frucht auffallend schmal-elliptisch, über doppelt so lang als breit, beiderends verschmälert, an diejenige von Dräba murälis oder von gewissen Formen von Eróphila vérna erinnernd; Scheidewand gleichfalls verlängert-elliptisch (Hie und da). — Ueber weitere Abänderung vgl. Mc. T a g g a r t C o w a n in Trans, and Proc. Bot. Soc. Edinburgh XXVI. part II (1913), pag. 136 bis 140, wo drei Abarten a ) t y p i c a , b) s u b e r é c t a und c) a g g l o m e r ä t a ) mit umfangreichen Beschreibungen unterschieden werden. Die Blüten sind beträchtlich kleiner als bei C. officinalis; ihr Durchmesser beträgt nur 4,5 mm. Die Antheren aller 6 (bzw. 4) Staubblätter sind gegen die Mitte der Blüte geneigt und bewirken leicht spontane Selbstbestäubung (die auch von Erfolg ist), falls nicht vorher durch Insektenbesuch Auto- oder Allogamie*) *) Gr. ovevóg [stenós] = schmal und naQnóg [karpós] = Frucht.

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stattgefunden hat. — Die medizinischen Eigenschaften sind denjenigen der C. officinalis ähnlich;*die Pflanze findet gleichfalls als Antiskorbuticum, sowie als Salatpflanze Verwendung. Auch C. D a n i c a soll mit C. officinalis (und C. Anglica?) durch (hybride?) Uebergangsformen ver­ bunden sein (vgl. F o c k e , Pflanzenmischlinge [1881], pag. 39 bis 40), die z. B. A l e f e l d (1866) veranlasst haben, die beiden Arten zu einer einzigen zu vereinigen. Der Bearbeiter hat solche Zwischenformen nicht gesehen; immerhin muss zugegeben werden, dass Zwergformen der beiden Arten mit verkümmerten Stengelblättern ( = C. Groenlandica L., vgl. pag. 137) hinsichtlich ihrer Zugehörigkeit zur einen oder andern Art oft schwer bestimmbar sind. So nähert sich C. m i c á c e a 1) Marshall, die von H. und J. G r o v e s (in Babington Man. of Brit. Bot. ed. 9 [1904], pag. 35) als Abart zu C. alpina Wats, gezogen wird, durch die am Grunde kaum merklich geöhrten Stengelblätter morphologisch stark der C. Danica. Unter der Bezeichnung C. A n g l i c a L. X C. o f f i c i n a l i s L. (vgl. pag. 140) können Zwischenformen zwischen den beiden Arten mit mischkörnigem Pollen zusammengefasst werden, wie solche sich nach Krause (a. a. O.) nicht selten an der westlichen Ostsee bis Wismar und im Binnenlande bei Brüel (Suiten) in Mecklen­ burg finden; am letztem Orte kommt heute keine reine Art mehr vor. Zu diesem Bastard, der wohl überall im gemeinsamen Verbreitungsgebiet der beiden Stammarten auftritt, gehören vielleicht (nach den Beschreibungen zu schliessen) C. officinalis var. a e s t u á r i a Lloyd, C. Anglica var. p s e u d o - o f f i c i n á l i s Boíl und var. H órt i i Syme.

C C C X X II.

Kemera*2)

Medikus.

Kugelschötchen.

Ausdauernde Alpenpflanzen mit grundständiger Laubblattrosette und beblättertem (bei einer Art stark verkürztem) Stengel. Laubblätter (wenigstens die Grundblätter) und Stengel (mindestens unterwärts) mit borstlichen, einfachen, etwas kegelförmig verjüngten, sehr spitz zulaufenden, aufwärts angedrückten Haaren besetzt. Eiweissschläuche sehr zahl­ reich im Mesophyll der Laubblätter, oft auch an den Leitbündeln. Blütenstände zuweilen beblättert. Kelchblätter abstehend, am Grunde nicht gesackt. Kronblätter weiss, benagelt (Fig. 768f). Staubblätter 6 (Taf. 128, Fig. 5a). Staubfäden einfach; die 4 längeren S-förmig gebogen (Fig. 768). Zu beiden Seiten der kurzen Staubfäden je eine kleine, dreieckige Honigdrüse. Fruchtknoten sitzend oder kurz stielartig-zusammengezogen. Griffel kurz; Narbe fast scheibenförmig, gestutzt bis schwach 2-lappig. Frucht schötchenförmig, fast kugelig (Taf. 128, Fig. 5 b), breit ellipsoidisch, eiförmig oder verkehrt-eiförmig, bei der Reife 2-klappig aufspringend; Klappen stark gewölbt, hart (fast holzig), mit oder ohne Mittelnerv, sehr schwach netzaderig. Scheidewand breit, rundlich oder ± elliptisch bis verkehrt-eiförmig (Taf. 128, Fig. 5 c), oberwärts oft durchlöchert, reichlich netzfaserig, mit vielseitigen Oberhautzellen. Samenanlagen etwa 5 bis 8 (12) pro Fach, 2-reihig angeordnet, oft nicht alle zur Weiterentwicklung gelangend. Samen klein, rundlich-eiförmig oder breit-ellipsoidisch, zusammengedrückt (Taf. 128, Fig. 5d), ohne Flügelrand (nur an der Spitze etwas berandet). Samenschale fast glatt (nur sehr schwach runzelig), bei Benetzung nicht verschleimend. Keimling meist seiten-, seltener rückenwurzelig (vgl. Fig. 746 m und n). Keim­ blätter flach, mit ihrem stielartigen Grunde etwas über die Krümmung des Keimlings hinüb ergreifend. Zu dieser Gattung gehören nur die beiden folgenden in den Gebirgen von Mittel- und Südeuropa beheimateten Arten. 1. Stengel verlängert, meist 10 bis 40 cm hoch. Blütenstand locker traubig, meist ohne Tragblätter (Taf. 128, Fig. 5). Kelchblätter kahl, breit-hautrandig, nach dem Verblühen abfallend. Fruchtklappen mit bis zur oder über die Mitte deutlichem Mittelnerv. K. s a x a t i l i s nr. 1223. 1*. Stengel sehr kurz, 2 bis 4 cm hoch, die Grundblätter nicht oder kaum überragend. Blütenstand gedrungen, fast doldentraubig (Taf. 128, Fig. 7)- Blütenstiele mit Tragblättern. Kelchblätter auf dem Rücken behaart, schmal-hautrandig, bis zur Fruchtreife bleibend. Fruchtklappen ohne Mittelnerv. K. a l p i n a nr. 1224. J) Nach dem Vorkommen auf glimmerhaltigem Boden benannt. 2) Von M e d i k u s 1792 nach J. S. Ke r n e r , 1755 bis 1830, einem wenig bekannten württembergischen Botaniker, Verfasser einer Flora von Stuttgart (1786), benannt.

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(L.) Rchb. (= Cöchleäria saxatilis L., = Myagrum saxatile L., = Nastürtium saxatile Crantz, = CamelifiaHsaxatilis Pers., = Alyssum saxatile Clairv. nec L., Gonyclisia1) saxatilis Dulac., = Alyssum alpinum Scop., = A. myagroides All., = K. myagroides Medikus, = Camelina myagroides Moretti, = Alyssum rupestre Willd. nec Ten., = Lepidium cristatum Lapeyr. herb. sec. ßubani, = Crucifera Kernera Krause). F elsen K u g elsch ö tch en . Taf. 128, Fig. 5; Fig. 768e bis g und Fig. 767. Ausdauernd, 10 bis 30 (45) cm hoch. Wurzelstock ziemlich kräftig, kurzfaserig, 1- oder mehrköpfig. Stengel einzeln oder zu mehreren aus den grundständigen Laub­ blattrosetten entspringend, etwas kantig, meist ziemlich dünn und oft etwas zickzackförmig verbogen, einfach oder oberwärts, seltener schon vom Grunde an verzweigt, unterwärts meist anliegend borstlich-behaart, oberwärts kahl. Grundblätter in dichten Rosetten, ge­ stielt, spatelförmig oder elliptisch, stumpf bis spitz, ganzrandig oder gezähnt bis fiederlappig, anliegend borstlich-behaart (selten verkahlend). Stengelblätter den Grundblättern ähnlich, nach oben schmäler und kleiner werdend; die mittleren und oberen ungestielt und meist ganzrandig, lanzettlich bis linealisch, am Grunde verschmälert oder ± geöhrt um­ fassend, in der Regel kahl. Blütenstände meist ästig; die einzelnen Trauben ziemlich wenigblütig,] zur Fruchtzeit locker (Fig. 767). Kelchblätter breit-elliptisch, etwa l 1/* bis l 3/* mm lang, kahl, meist gelbgrün, breit weiss-hautrandig. Kronblätter weiss, reichlich doppelt so lang als der Kelch (etwa [2 x/ ] 3 bis 4 mm), verkehrteiförmig-keilig (Fig. 768 f), etwa L bis 2 mm breit, an der Spitze abgerundet, unterwärts in einen kurzen Nagel ver­ schmälert. Längere Staubfäden an der Spitze knieförmig nach auswärts gebogen*2) (Fig. 768). Achse des Fruchtstandes meist zickzackförmig verbogen. Fruchtstiele abstehend, dünn, meist mehrmals länger als die Früchte (etwa 10 bis 15 mm lang); die unteren oft mit kleinen Tragblättern. Frucht fast kugelig oder ellipsoidisch bis verkehrt-eiförmig, etwa () bis 3 ( ) rnm lang, am Grunde oft kurz stielartig-zusammengezogen, durch den kurzen Griffel bespitzt. Fruchtklappen gewölbt, hart, mit bis zur oder über die Mitte geradem und deutlichem, dann sich netzartig verzweigendem Mittelnerv und ausserdem schwach netzaderig. Scheidewand fast kreisrund, elliptisch oder verkehrt-eiförmig. Samen in jedem Fache meist 4 bis 5 (6), selten mehr, 2-reihig angeordnet, klein (kaum 1 mm lang), breit-eiförmig oder ellipsoidisch, zusammengedrückt, nur an der Spitze etwas flügelartig berandet (Taf. 128, Fig. 5d), fast glatt. — VI bis VIII. Nicht selten an Felsen, steinigen Hängen, im Geröll und Gesteinschutt, in lichten Wäldern der Kalk alpen und deren Vorberge; ebenso im Schweizerischen und im Badischwürttembergischen sowie im Fränkischen Jura. 1223. Kernera saxätilis

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In D e u t s c h l a n d im Eisass? (nur von Lützel und St.Peter bei Pfirt im Jura an der Schweizer Grenze von Mo n t a n d o n angegtben, neuerlich nicht bestätigt; fehlt den Vogesen), im Badisch-württembergischen Donautal auf Jurakalk (Tuttlingen, Fridingen-Bronnen, Beuron, Irrendorf, Werenwag usw.; vgl. K. Be r t s c h in Allg. bot. Zeitschr. XIX [1913], pag. 185) und auf der Schwäbischen Alb (600 bis 800 m [hier als Glazialrelikt gedeutet]: Grüner Fels, Dettinger Rossberg, Hohenneuffen)3) sowie in Bayern (in den Alpen verbreitet [bis 2080 m]; auf der obern Hoch­ ebene an Mauern der Ruinen Freiberg und Eisenberg bei Pfronten, sonst mit den Flüssen herabsteigend: Iller bis Kempten, mit dem Lech bis Mering [früher Augsburg], Isar bis Landshut. Ausserdem ganz vereinzelt in Nordbayern im Jura: Schambachtal bei Kipfenberg in einer Seitenschlucht bei Böhmfeld). In Oe s t e r r e i c h verbreitet in den Alpen und Voralpen (zuweilen auch durch die Flüsse herabgeschwemmt), meist häufig, so in Nieder-Oesterreich, Steiermark, Krain (auch mehrfach in die Saveebene herabgeschwemmt, z. B. bei Zwischen­ *) Griech. yövv [göny] = Knie und xkivco [klino] = ich beuge; wegen der knieförmig-gebogenen Staubfäden. 2) R e i c h e n b a c h s Abbildung (Ic. fl. Germ. Fig. 4264) zeigt knieförmig e i n w ä r t s gebogene Staub­ fäden, was offenbar auf einem Irrtum beruht. 3) Vgl. E i c h l e r , G r a d ma n n und M e i g e n , Ergehn, der pflanzengeogr. Durchforsch, von Württem­ berg, Baden und Hohenzollern, I., in Beil, zu Jahresh. Ver. Naturk. Württ. 61. Jahrg. (1905), pag. 35 bis 36.

144 w ä ssern 320 m, b e i M o s tra n a u n d L en g en feld ), K ä rn te n (bis 1700 m ), T iro l (von den tie fste n L ag e n bis 2370 m ), V o ra rlb e rg (bis F e ld k irc h h e ra b s te ig e n d ; a u ch h e ra b g e sc h w e m m t am R h ein n a h e sein er M ün d u n g in den B odensee zw isch en H ö c h st und G a issa u , 402 bis 406 m ) ; selten im ö ste rre ic h isc h e n K ü ste n lan d (T e rn o v a n e r W ald, u n te rh a lb D ol, G o la k -B erg e , M ali M a d ra z o v a c ; h e ra b ­ g e sc h w em m t am Isonzo b e i S olkan u n te rh a lb G örz). In der S c h w e i z v e rb re ite t in den K a lk b e rg e n u n d K a lk alp en (W allis 450 bis 2200 m , T e ssin 240 bis 2100 m, W a a d t 450 bis 2100 m, G larus bis 1000 m, St. G allen u n d A ppenzell 400 bis 2000 m, B e rn in a 2080 bis 2700 m, O fe n b e rg bis 2300 m ) sow ie im J u ra (no rd ö stlich b is zum H a u e n s te in ; in d e r K lus bei M ü n s te r h e ra b ste ig e n d vgl. Bd. III, p a g . 417); z e rstre u t u n d m eist u n ­ b e stä n d ig in den K iesallu v io n en des R h ein s von R o th e n b ru n n e n bis F lä sc h (620 bis 520 m ).

A llg em ein eV erb reitu n g : Gebirge von Nord-Spanien (die Rasse Bois sie ri [Reuter pro spec.] Pau in Süd-Spanien), Frankreich (Pyrenäen, Corbieres, Sevennen, Jura, Alpen, Provence), Alpen­ system (meist etwa 400 bis 2000 m, also vorzugs­ weise subalpin), Badisch - württembergischer und Fränkischer Jura, Balkan (Dalmatien, Bosnien, Montenegro, Serbien, Griechenland [Olymp und Insel Kephalonia]), Rumänien, Transsilvanische Alpen und Karpaten, Appennin.

D ie se h r v ielg e staltig e P fla n z e J) lä s s t sich in un serem G e b iet in 2 g e o g ra p h isc h + g e so n d e rte R assen g lie d e rn : var. a) g e n u i n a D u co m m u n s. am pl. ( = K. m y ag ro id es a ty p ic a B eck, = C o c h le aria sax atilis v a r. ty p ic a Poeverlein). S te n g e lb lä tte r g e g e n den G ru n d m eist v e rsch m ä le rt, e n t­ w e d e r g a n z ra n d ig o d er m it z a h n fö rm ig e n E ck e n k u rz g e ö h rt, a b e r n ic h t tie f p fe ilfö rm ig . Im g rö ss te n T eil des m itte le u ro p ä isc h e n (und östlichen) V e rb re itu n g sg e b ie te s, a u c h in den P y re n ä e n ; in d en W e sta lp e n u n d in den sü d w e ste u ro p ä isc h e n G e b irg e n m e ist d u rc h die R a sse a u ric u la ta e rsetz t. Z erfä llt in folgende F o r m e n : f. i n t e g r ä t a R o u y e t F o u c. ( = C o c h le aria saxatilis ß L , = M y a g ru m sa x a tile a L .). G ru n d b lä tte r sp a te l­ fö rm ig , stum pflich, g a n zra n d ig oder an d e r S pitze kaum e tw as g e z ä h n t. — f. s i n u ä t a R ouy et F o u c. ( = M y­ a g ru m sax. y L .). G ru n d b lä tte r e llip tisc h -lan z ettlic h , spitzlich, g e z ä h n t bis fa st fied ersp altig . — f. i n c i s a (DC.) R o u y e t F o u c . (== C. sax atilis ß in cisa D C ., = K. in cisa G an d o g er, = C. sax. y ly ra ta G audin, = K . sa x a tilis y ly ra ta D u co m m u n , = var. co ronopifölia B rü g g er, = C o c h le aria C o rö n o p u s P o o l [sec B rü g g e r] n e c L.). G ru n d b lä tte r leie rfö rm ig -fie d ersp altig . — f. s u b a u r i c u l ä t a (F io ri sub C o c h le aria sax.) T h e llu n g ( = K . sax atilis ß K o ch , = C. sax atilis ß a u ric u la ta K och n e c G audin, == K . saxatilis var. a u ric u la ta S c h u r e t au ct. G erm . m ult. nec R c h b ., = K . m y ag ro id es ß a u ric u la ta B eck). S te n g e lb lä tte r am G ru n d e m it k u rz z a h n fö rm ig -v o rsp rin g e n d en (m eist k a u m 1 m m langen) E cken e tw a s g e ö h rt-ste n g elu m fasse n d . A ls individuelle F o rm (nam en tlich an ü p p ig en E xem plaren) im g an zen m itte le u ro p ä isc h e n A real der A r t; o ft n u r an einem T e il d e r S te n g el eines Individuum s d e u tlich a u sg e b ild et. — Z ur v ar. g e n u in a g e h ö ren no ch die 2 F o rm e n : f. p u s f l l a (G au d in sub C o c h le aria ) D u c o m m u n ( = C o c h le aria sax atilis a in te g ra ta f. d im in ü ta Bolzon). Z w e rg e x e m p la re m it fädlichem , e tw a 5 bis 10 cm h o h em , einfachem , a rm - (e tw a 4- b is 10-) b lü tig e m S te n g el. — f. g l a b r e s c e n s (B eck sub K. m y a ­ groides) T h ellu n g . Pflanze a u c h u n te rw ä rts v e rk ah len d . var. b) a u r i c u l a t a (D C .) R c h b . ( = M y a g ru m sax atile ß L ., = C o c h le aria sax atilis ß L am .?, = M y­ a g ru m m o n ta n u m B e rg e re t, = M y ag ru m alp in u m L ap ., = C h e irä n th u s a u ric u la tu s L ap., = M y ag ru m a u ric u la tu m D C ., = C o c h le aria a u ric u la ta D C . n e c L am ., = K . a u ric u la ta R c h b ., = C. sax atilis g [mys] = Maus oder fA,vla [myia] = Fliege und äyga [ágra] = Fang; also Mäuse- oder Fliegenfänger. Der Name bezeichnete bei den Alten eine Schlange und eine Pflanze (angeblich Camelina sativa oder Vogelia paniculata). 2) Nach einem alten, von C. B a u h i n (1620) erwähnten Namen der Pflanze („Bricourrues nomine“). 8) Versuch einer Latinisierung des vorgenannten Namens. 4) Von gr. óéXza [delta], dem vierten Buchstaben des griechischen Alphabetes, bekanntlich in Dreiecks­ form (4) und xagnóg [karpós] = Frucht. 6) Von gr. olvîotcùq [sim'stor] = Mörder und cpÓQOg [phóros] = tragend. 6) Dieser Name wird in der neueren systematischen Literatur (z. B. vom Index Kewensis und von D a l l a T o r r e und H a r m s , Genera siphonogamarum) irrtümlich als Synonym zu Camelina gezogen. 7) Das Wort „Dotter“ findet sich als Bestandteil der Namen mehrerer ackerbewohnenden Kreuzblütler (z. B. Leindotter, Schotendotter); offenbar mit Rücksicht auf die rötlich-gelbbraune Farbe der Samenschale. 8) Dieser Name (amplexicaulis = stengelumfassend) wäre vom Standpunkt der Morphologie richtiger als das von L i n n é gegebene Epitheton perfoliatum ( = durchwachsen); letzteres darf jedoch wegen seiner Priorität nach den internationalen Nomenklaturregeln nicht verworfen werden.

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Eiweissschläuche im Mesophyll und am Leptom der Leitbündel. Grundblätter des ersten Jahres (zur Blütezeit meist abgedorrt) schmal spatelförmig, in einen Stiel verschmälert, mit auffallend reinweissem (beim Trocknen verschwindendem) Mittelnerv. Stengelblätter (mit Ausnahme der untersten, den Grundblättern ähnlichen) ungestielt, etwa 1lji bis 5 cm lang, stumpf oder die oberen spitzlich bis spitz, beim Typus der Art ganzrandig, eiförmig- oder spatelförmig-länglich, über dem Grunde meist etwas zusammengezogen, am Grunde selbst verbreitert und herz-pfeilförmig, mit stumpfen oder spitzlichen Oehrchen stengelumfassend. Blütenstände reichblütig, anfangs gedrängt, zur Fruchtzeit stark rutenförmig verlängert und locker. Blütenstiele tragblattlos, dünn, etwa D bis 3 mm lang, aufrecht-abstehend. Kelch­ blätter schmal elliptisch, etwa 2 mm lang, schmal weissrandig, aufrecht, die seitlichen am Grunde seicht gesackt. Kronblätter hellgelb (getrocknet weisslich), länglich-spatelförmig, nach dem Grunde allmählich verschmälert, etwa 1 mal so lang als der Kelch, kaum 1 mm breit. Staubfäden einfach. Um den Grund der seitlichen Staubfäden findet sich je eine einfache, nach aussen offene, innen ausgebuchtete Honigdrüse, die mit den medianen (aussen am Grunde jedes langen Staubblattpaares in Einzahl gelegenen) Drüsen zu einem geschlossenen Ring verbunden sind. Fruchtknoten sitzend, mit kurzem, pfriemlichem Griffel und sehr kleiner, polsterförmiger, das Griffelende an Breite nicht übertreffender Narbe. Frucht ein nicht aufspringendes, einsamiges Schötchen, auf stark keulenförmig verdicktem (hohlem), aufrechtem Stiel der Spindel anliegend, verkehrt-eiförmig-birnförmig, etwa 5 bis 7 nun lang und 4 bis 5 mm breit, von vorn und hinten etwas zusammengedrückt, längsgestreift, unter der Spitze beiderseits etwas aufgetrieben und oft höckerig-runzelig, darüber gestutzt und plötzlich kegelförmig verjüngt, aus 2 (stets fest verbunden bleibenden) Klappen gebildet, die im unteren Teil der Frucht einen Hohlraum für die 2 von der Spitze herab­ hängenden Samenanlage bilden, während sie im oberen Teil lückenlos verwachsen sind. Fruchtwand schwammig-korkig, oberwärts jederseits mit einer unechten (durch nachträgliche Spaltung entstandenen), stets leeren Höhlung (Taf. 129, Fig. 4 a). Scheidewandanlage nur in der Jugend in Form eines vorspringenden, eine Oese bildenden Wulstes vorhanden, später infolge starken radialen Wachstums der angrenzenden Epidermiszellen der inneren Fruchtwand mit dieser in einer Fläche liegend und äusserlich nicht mehr erkennbar1). Samenanlagen 2, nur eine sich weiter entwickelnd (Taf. 125, Fig. 49). Same ziemlich gross (etwa 3 mm lang und fast 2 mm breit), verkehrt-eiförmig, etwas zusammengedrückt, am Grunde gestutzt, oben kurz bespitzt, die echte Höhlung der Frucht völlig ausfüllend und ihr in der Form entsprechend. Samenschale rötlich-gelbbraun, fast glatt, bei Benetzung nicht verschleimend. Keimling rückenwurzelig, im Querschnitt rhombisch-elliptisch, mit etwas rinnigen (gegen das nur schwach vorspringende Würzelchen ausgehöhlten), kurz hinter der Krümmung- des Keimling-s entspringenden (daher über der Ursprungsstelle abgeknickten) Keimblättern. — (V) VI, VII. /2

2

Die systematische Stellung der Gattung Myagrum ist einigermassen strittig. Mit Rücksicht auf die etwas rinnigen Keimblätter (erste Andeutung einer Längsfaltung) wurde sie schon (z. B. von P o me l ) zu den Sinapeae-Vellinae gestellt oder ihre Zugehörigkeit zu den Brassicinae vermutet; tatsächlich hat auch die Frucht, rein äusserlich betrachtet, eine gewisse Aehnlichkeit mit derjenigen von Rapistrum, zu welcher Gattung unsere Art in der Tat von B e r g e r e t (1/86) gestellt worden ist. Dagegen macht A. v. H a y e k (a. a. O., 1911) mit Recht geltend, dass bei Myagrum die Fruchtklappen bis zur Spitze der Frucht reichen und dass von der für die meisten Brassicinae charakteristischen Schnabelbildung und der häufig (z. B. bei Rapistrum und Cakile)9 9 Vgl. E. H a n n i g in Botan. Zeitung LIX (1901), pag. 237 bis 238. A. v. Ha y e k (Beihefte zum Botan. Zentralbl., Bd. XXVII, Abt. I [1911], pag. die Scheidewände zwischen dem fruchtbaren und den beiden leeren Fächern den Septums, die den Samen zwischen sich einschliessen, entsprechen, ist sicher wicklungsgeschichtlichen Untersuchungen H a n n i g s endgültig widerlegt.

Die ältere, neuerlich auch von 212) geteilte Auffassung, dass beiden Blättern des gespaltenen irrtümlich und durch die ent­

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anzutreffenden queren Gliederung der Frucht in ein Klappen- und ein Griffelglied keine Andeutung vorhanden, dass ferner die Verteilung der Eiweissschläuche und die Ausbildung der Honigdrüsen eine von den Brassiceae durchaus abweichende ist. ln diesen zwei letzteren Merkmalen stimmt Myagrum mit Isatis überein, neben welcher Gattung Myagrum am richtigsten in der Gruppe der Isatidinae Platz finden dürfte. Die abweichende (rinnige) Gestalt der Keimblätter lässt sich vielleicht aus. den eigenartigen, beschränkten Raumverhältnissen erklären, unter denen der Same sich entwickelt; er füllt die Fruchtknotenhöhlung völlig aus und ist gleichsam in eine durch die derben Wände gebildete Form gepresst, dabei wird im Interesse der Erzielung eines möglichst abge­ rundeten Querschnittes das Würzelchen in die anliegenden Keimblätter hineingedrückt und veranlasst so zwangsweise ihre rinnenförmige Ausgestaltung.

Selten und meist nur unbeständig (mit fremden Samen eingeführt) in Aeckern (besonders unter Getreide und Raps), auf Brachfeldern, Grasplätzen, an Rainen, auf Oed­ land (in Kiesgruben und Bahnhöfen), an Flussufern usw. Sehr zerstreut durch das Gebiet; am beständigsten in der Gegend des Mittelrheins und des Neckars, sonst meist nur vorüber­ gehend mit osteuropäischem Getreide eingeschleppt.

In D e u t s ch 1a nd im Eisass zu Ki r s c h l e g ers Zeiten (1852) hin und wieder „verwildert“ in Gärten und auf Feldern, neuerlich einmal (1902) in Strassburg beim Proviantamt gefunden. (Die alte J. B a u h in ’sche Angabe [1651] „in agro inter Dampierre & S. Mauritium“ bezieht sich nicht, wie M a p p u s [1742] und Gm e l i n [1808] annahmen, auf St. Maurice in den Vogesen [auf französischem Gebiet unweit der Elsässer Grenze], sondern auf eine gleichnamige Ortschaft im Arrond. Mömpelgard). In Baden am Neckar zwischen Heidelberg und Mannheim, z. B. bei Ilvesheim (auch verschleppt in Mannheim selbst, z. B. 1909 häufig in der Mühlau)1). ln Württemberg ziemlich verbreitet im Neckargebiet (Ludwigsburg, Asperg, Zuffenhausen; Korntal, Ditzingen; Ellwangen, Ellenberg-Aumühle; Stuttgart, Degerloch, Plieningen; Böblingen; Esslingen, Denkendorf, Köngen; Kirchheim; Nürtingen, Grafenberg; Hagelloch; Unterjesingen; Wurmlingen; Haigerloch); auf der Alb (bei Gammelshausen OA. Göppingen 1865) wohl nur vorübergehend verschleppt. In Bayern wohl erst in neuerer Zeit eingewandert, aber stellenweise eingebürgert (Oberndorf [seit 1866], Ellgau bei Meitingen, Osten­ dorf bei Wertingen, Mering, Puchheim [1910], einmal im Südbahnhof München, ferner bei Deggendorf und mehrfach um Nürnberg); in der bayerischen Pfalz bei Speyer. In Hessen früher bei Worms und Mainz. In der Rheinprovinz bei einer Mühle in Uerdingen 1907. In Westfalen verschleppt im Bahnhof Hattingen a. d. Ruhr. In Hannover zwischen Langenforth und Rothfeld 1911 auf Schutt. Um Hamburg verschleppt bei Mühlenkamp (1871) und Kuhwärder (vor 1890). In Anhalt vorübergehend (1907) bei Dessau beobachtet. In der Provinz Brandenburg bei Rüdersdorf (1887, 1894, 1896), Köpenik (1890) usw. — In O e s t e r r e i c h in Mähren (verschleppt bei Kremsier 1866), Niederösterreich (vorübergehend und zerstreut im Gebiete der Pannonischen Flora namentlich in der Ebene südlich der Donau bis an die Abfälle des Wiener Waldes, auch bei Floridsdorf, gegen Ungarn zu häufiger; H a l a c s y nennt speziell folgende Fundorte: Hernals, Nussdorfer Linie, Brigittenau, Prater, Floridsdorf, Kaiser-Ebersdorf, Laaerberg, Gramat-Neusiedel, Margarethen am Moos, Moosbrunn, Reisenberg, Münchendorf, Aachau, Laxenburg, Baden, Eichkogel, Mödling, Perchtoldsdorf, Lainz, Hütteldorf, Angern; nach R e c h i n g e r verbreitet als Ackerunkraut auf der oberen Haide bei Lassee), in Oberösterreich (sehr selten und vorübergehend bei Hörzing und zwischen Neubau und Marchtrenk), Steiermark (vorübergehend in Weiz und bei Marburg), im Küstenland (hie und da, am häufigsten in Istrien, seltener im nördlichen Teil des Gebietes bei Barka und Tublje), in Krain (nach P a u l i n [briefl.] sehr selten und vielleicht nur zufällig eingeschleppt im nördlichen Innerkrain bei Ober-Lezece und bei Schloss Raunach nächst der Süd­ bahnstation St. Peter am Karste), in Kärnten (unter der Saat im Unterlevanttal), Tirol (verschleppt bei Innsbruck, Bozen [1910] und Trient). — In der S c h w e i z nur vorübergehend verschleppt bei Genf (1881), im Wallis (Vetroz nach Mu r i t h [1810], Branson), bei Fusio im Tessin, um Solothurn mehrfach (neuerlich z. B. 1908), bei Delsberg, im Kanton Basel (um Basel mehrfach, neuerlich z. B. 1902 und 1909; bei Liestal; bei BielBenken [nahe der Solothurner Grenze] nach C. F. H a g e n b a ch [1834] im Jahre 1637 von J. J. H a g e n b a c h , nach Ha l l e r [1742] von Benedikt S t ä h e l i n und später [nach Haller 1768] auch noch von L a c h e n a l (?)*2) gefunden, seither verschwunden), im Kanton Zürich bei Adlisweil (1882) und Unter-Affoltern (1899), einmal beim Schlösschen Wörth am Rheinfall, im Bahnhof Buchs (St. Gallen), Bahnhof Chur (1908), St. Moritz (1905), St. Peter ob Samaden (1800 m).

*) Nach H a 11 i e r - W o h 1f ahr t Kochs Synopsis 3. Aufl. I. 1./2. (1890), pag. 150 auch bei Konstanz, Messkirch, in der Bodenseegegend, im Jura, sodann bei Weinheim und Wertheim; offenbar irrtümliche, in den Lokalfloren nicht aufzufindende Angaben. 2) Diese letztere Angabe Hal l er s erscheint nicht ganz sicher, da nach Dr. A. Binz-Basel (brie einer Notiz im Herbarium von L a c h e n a l (1736 bis 1800) nur J. J. H a g e n b a c h (1595 bis 1649) und Bened. S t ä h e l i n (1695 bis 1750) als Finder genannt werden.

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A llg em ein e V erbreitung: Südeuropa von Spanien bis Südrussland (in Frank­ reich besonders im Süden, Westen und im Zentrum, jedoch im Nordosten bis in die Nähe unseres Gebietes [Côte d’Or, Jura bis Pontarlier und Mömpelgard] ausstrahlend), Ungarn; Südwestasien von Syrien und Kleinasien bis Persien ; verschleppt in England, Belgien, den Niederlanden, sowie in Nordamerika (Kanada) und in Australien (Victoria). Die Pflanze gilt als in Europa nicht einheimisch, sondern als seit dem 16. Jahrhundert mit Getreide aus dem Orient eingewandert, eine Annahme, die durch ihr Vorkommen fast ausschliesslich auf Kulturland und das Fehlen eigentlicher Volksnamen gestützt wird. Aus Italien erwähnt sie C. B a u h i n (1620) von den Euganeen, sodann Z a n n i c h e l l i (1730) aus Venetien und S e g u i e r (1745) aus dem Veronesischen; aus Frankreich nennt sie J. B a u h i n (1651) um Mömpelgard, M o r i s o n (1680) als Ackerunkraut, speziell aus der Umgebung von Blois; Gé r a r d führt sie (1761) aus der Provence auf. Die ältesten Angaben aus dem Gebiete sind anscheinend : „Bühlbenken“ (Biel-Benken) an der Grenze von Solothurn und Basel ( Hal l e r, 1742); Vétroz im Wallis ( Mu r i t h , 1810); Stuttgart (J. S. Ke r n e r , 1786); Nassau ( Ho f f m a n n , 1791; eine seither nicht mehr bestätigte Angabe). In Oesterreich ist das Auftreten der Pflanze neueren Datums, da S c h u l t e s (1814) sie nur aus Ungarn angibt. — Das Vorkommen im westlichen Deutschland ist ziemlich sporadisch und isoliert und dürfte, falls man nicht eine zufällige, regellose Einschleppung annehmen will, am ehesten mit dem französischen Areal der Art in Verbindung zu bringen sein. Die vereinzelten Vorkommnisse im Schweizerischen Jura lehnen sich an diejenigen im Französischen Jura an, diejenigen im Wallis können vielleicht auf Einschleppung oder Ein­ wanderung aus dem benachbarten Aostatal1) zurückgeführt werden. In Oesterreich ist die Pflanze teils ein mediterraner, teils ein pontischer Einwanderer. Die Art ändert nur unbedeutend ab: f. l i t t o r a l e (Scop. prro spec.) Thellung. Laubblätter deutlich gezähnelt. — Nur die seitlichen Honigdrüsen sind gut ausgebildet und sondern reichlich Nektar ab, der sich in den Höhlungen am Grunde der seitlichen Kelchblätter sammelt; die medianen Drüsen sind nur in Form von schmalen, grünlichen Streifen angedeutet. Selbstbestäubung ist möglich und auch von Erfolg begleitet. — Die lufterfüllten Höhlungen in der Fruchtwand setzen das spezifische Gewicht der Frucht herab und begünstigen dadurch ihre Verbreitung durch den Wind oder durch fliessendes Wasser. Zur Reifezeit gliedert sich die Frucht, die mit ihrem keulig verdickten, hohen Stiel fest verbunden bleibt, am unteren Ende des letzteren von der Fruchtstandsachse ab.

C C C X X V III.

Calepina*2) A danson. C a l e p i n e , W endich.

Zu dieser monotypischen Gattung gehört einzig die folgende Art.

(Asso) Thellung (= Myagrum irreguläre Asso, = Crambe Corvini4) All., = Calepina Corvini Desv., = Calepinia Corvini Ten., = Cochleäria Corvini Chaub. et Bory, = Crucifera Corvini E. H. L. Krause, = Lselia Corvini Sampaio, = Myagrum perfoliatum ß Lam., = Cochlearia auriculata Lam., = Rapistrum bursifölium Bergeret, = Myagrum bursifölium Thuill., = Crambe bursifolia L’Herit. ex Lam. et DC., = Bünias növa Winterl, = Myagrum erucifölium Vill., = Neslia erucifolia Noulet, = Crambe amplexicaülis Solander ex Russell, = Myagrum iberioides Brot., = Lselia iberioides Pers., = Cochlearia lyrata Sibth. et Sm., = Crambe lyrata Sibth. et Sm. ex Bertol., = Cochlearia saxatilis y Chaub., = Calepina Ruellii5) Bubani? = Myagrum erucoides et Iberis divaricata Pourret Herb, ex Bubani, = Myagrum rugösum Vill. nec L., = Bunias cochlearioides 1241. Calepina irreguläris3)

*) Die Pflanze kommt daselbst z. B. bei Etroubles vor; sie fehlt indessen merkwürdigerweise in V a c c a r i ’s Katalog. 2) Anscheinend ein willkürlich gebildeter Name ohne Bedeutung. Einige Schriftsteller leiten ihn von Aleppo (Haleb) ab und schreiben dementsprechend: Chalepina („Alepposchote“). 8) Unregelmässig, wegen der etwas ungleich grossen Kronblätter. 4) Nach Georg Ludwig C o r v i n u s , der eine „Dissertatio inauguralis de Scilla“ (Altdorf 1715) schrieb. Die Pflanze heisst bei B a r r e l i e r (Icones pag. 40, Fig. 894n. I, ed. Jussieu 1714): Thlaspi anglicum flore albido Corvini. 8) Nach J e a n de l a R u e l l e (Joh. Rue l l i us ) , geboren 1474 zu Soissons, Arzt und Botaniker, Leibarzt Franz’ I., gestorben zu Paris 1537. B u b a n i glaubte in R u e l l e ’s Kräuterbuch „De natura stirpium“ 1. 2. cap. 105, pag. 563 lin. 20 (1536) die erste Erwähnung der Pflanze gefunden zu haben.

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Waldst. et Kit., Willd., Lam. et DC., Bieb., Murith, Roehl., Hegetschw. etc. nec Murr.1), = Lselia cochlearioides Pers., = Calepina cochlearioides Dumort.). U nregelm ässige C alepine. Franz.: Calepine: ital.: Miagro rostellato. Taf. 129, Fig. 3. Pflanze einjährig oder überwinternd-einjährig, kahl, mit ziemlich dünner, blasser, spindelförmiger Wurzel. Stengel aufsteigend bis fast aufrecht, meist zu mehreren aus dem Wurzelhals entspringend, etwa 20 bis 50 cm lang, fast stielrund (getrocknet gerillt), einfach oder ästig, wie die Aeste beblättert und in Blütenstände auslaufend. Laubblätter gelblichbis etwas bläulich-grün. Eiweissschläuche im Mesophyll. Grundblätter in einer Rosette, etwa bis 10 cm lang, gestielt, grob gebuchtet oder leierförmig-fiederteilig mit grösserem, länglich-verkehrt-eiförmigem oder fast kreisrundem Endabschnitt, mittlere und obere Stengel­ blätter wechselständig, länglich, etwa 2 bis 4 cm lang, stumpf, selten spitz, entfernt buchtiggezähnt bis fast ganzrandig, über dem Grunde oft etwas zusammengezogen, ungestielt, am Grunde pfeilförmig, mit abwärts gerichteten (meist etwas einwärts gebogenen), schlanken, spitzen Oehrchen stengelumfassend. Blüten klein, in anfangs dicht halbkugeligen, später stark verlängerten und lockeren, tragblattlosen Blütenständen. Blütenstiele etwa 3 bis 5 mm lang. Kelchblätter aufrecht-abstehend, eiförmig-elliptisch, gelblich-grün, weisslich berandet, etwa 1 bis U mm lang, die seitlichen am Grunde nicht gesackt. Kronblätter meist weiss (selten rötlich), etwa doppelt so lang als der Kelch, verkehrt-eiförmig-keilig, nach dem Grunde lang verschmälert, kaum benagelt, an der Spitze abgerundet oder gestutzt bis schwach ausgerandet, die 2 äusseren etwas grösser als die 2 inneren. Staubfäden (Taf. 129, Fig. 3 a) einfach, frei. An der Innenseite der kurzen Staubblätter je eine schuppenförmige, aussen etwas eingebuchtete Honigdrüse, ferner aussen am Grunde der längeren Staubblatt­ paare je eine längliche Drüse. Fruchtknoten sitzend, mit einer einzigen, von der Spitze herabhängenden Samenanlage. Griffel sehr kurz und undeutlich. Narbe sitzend, sehr klein, polster- oder scheibenförmig, schmäler als das Griffelende. Frucht auf bogig-aufsteigendem oder aufrecht-abstehendem, ziemlich dünnem, etwa 2 bis 3 mal längerem Stiel, ei- oder verkehrt-birnförmig, etwa 3 bis 4 mm lang und 2 bis 2^2 mm dick, an der Spitze kegel­ förmig verjüngt, nussartig, 1-fächerig und 1-sämig, nicht aufspringend, ohne Klappen- und Rahmenbildung. Fruchtwand sehr hart, auf der Innenseite glatt und glänzend, aussen überall tief netzig-runzelig und auf jeder Seitenfläche von einem Längsnerv durchzogen, an den medianen Rändern etwas gekielt. Scheidewand nur in der ersten Anlage vorhanden, dann durch die heranwachsende Samenanlage in ihrer Entwicklung gehemmt und in der reifen Frucht nicht mehr erkennbar (vgl. E. H annig in Bot. Zeitung LIX [1901], pag. 235 bis 237). Same das Fach völlig ausfüllend, fast kugelig, etwa IV mm lang und fast ebenso dick, an der Spitze gestutzt; Samenschale dünn, fast glatt, schmutzig - weisslich, bei Be­ netzung nicht verschleimend. Keimling rückenwurzelig. Keimblätter sehr breit, an der Spitze gestutzt, aufeinanderliegend, in ihrem Mittelteil breit und seicht längsrinnig (gegen das Würzelchen hin ausgehöhlt), mit jederseits etwa bis zur halben Spreitenhälfte einwärts geschlagenen Rändern, ausserdem noch in der Mitte quergefaltet (mit sattelartiger Ein­ schnürung gegen das Würzelchen hin, von dieser Seite gesehen sanduhrförmig), in der unteren Hälfte mit den eingefalteten Rändern das Würzelchen umfassend, in der oberen Hälfte (Taf. 129, Fig. 3 c und 3d) von demselben frei. — V, VI. /2

2

Die systematische Stellung auch dieser Gattung ist nicht völlig abgeklärt. A. Pyr. de C a n d o l l e rechnete sie wegen der Kombination von Nussschötchen und orthoplokem Keimling zusammen mit Zilla und9 9 Vgl- C. A. M e y e r in Ledebour Flora Altaica III (1831), pag. 216; B u r n a t , Flore des Alpes Maritimes IV (1906), pag. 262; N. B u s c h in Fl. Cauc. crit. III, 4 (1908), pag. 236. Die echte Bunias coch­ learioides Murr, ist eine zwar äusserlich ähnliche, aber durch den Frucht- und Samenbau deutlich verschiedene südrussisch-sibirische Art.

191 Muricaria zu seiner Tribus Zilleae ( = Nucamentaceae-Orthoploceae, vgl. Bd. IV, pag. 63), immerhin unter richtiger Hervorhebung der Tatsache, dass unsere Gattung innerhalb der Familie hinsichtlich der Ausgestaltung der Keimblätter ganz einzig dasteht. In P r a n t l s System steht Calepina neben Cakile, Myagrum, Boreava und Isatis in der durch rückenwurzeligen Keimling charakterisierten Gruppe der Sinapeae-Sisymbriinae. A. v. Ha y e k endlich (Beih. zum Bot. Zentralbl. Bd. XXVI [1911], Abt. I, pag. 269) hält die Pflanze nach der Verteilung der Eiweissschläuche, der Gestalt der Honigdrüsen und dem orthoploken Embryo für eine typische ßrassicee; das einsamige Nüsschen, das keine Andeutung von Rahmen- und Klappenbildung zeigt, dürfte am wahrscheinlichsten, wie auch die Frucht von Zilla, als das Stylar- (Griffel-) glied einer Rapistrum ähnlichen Brassiceen-Frucht mit völlig reduziertem Valvar-(Klappen-) gliede zu deuten sein.

Selten (aber oft ziemlich gesellig) in Weinbergen, auf Brachfeldern, Grasplätzen und an Eisenbahndämmen (mit fremdem Grassamen eingeführt); vorzugsweise auf Kalk. Im Gebiete nur in den wärmsten Gegenden (erst im 19. Jahrhundert aufgetreten), vorzugs­ weise in den Rebbaugebieten, nämlich am Mittel- und Niederrhein, in Südtirol und im österreichischen Küstenland, sowie in der Südwest- und Westschweiz (hier, wie auch im Oberrheingebiet, meist nur vorübergehend verschleppt). In D e u t s c h l a n d im Eisass zwischen Gross-Hüningen und Neudorf (1894), sowie im Altkircher Güterbahnhof (1894) beobachtet; in Strassburg auf dem Walle zwischen Ruprechtsauer- und Kanaltor einge­ bürgert seit 1900; ferner neuerlich in Weinbergen des Wurmberges und der Haselbach bei Weissenburg und am Nationalberg bei Oberehnheim gefunden. In Baden nur am Bahndamm der Freiburgerlinie bei Leopolds­ höhe unweit Basel seit 1863 (von S c h n e i d e r entdeckt; die Pflanze war infolge der Zerstörung des Standortes durch die Anlage der strategischen Bahn Lörrach-Hüningen einige Jahre verschwunden und trat dann an einer neuen Stelle wieder auf). In Lothringen um Metz (Magny an der Seille, bei der Ferme Bloury und La Grangeaux-Ormes, zwischen Borny und Colombey, bei Pange), im Ornetal, bei Fentsch (Fontoy) und Diedenhofen; in Französisch-Lothringen bei Verdun, St. Mihiel, Commercy, Bar-le-Duc und Remiremont. In Luxemburg bei Echternach (selten). In der bayerischen Pfalz in Weinbergen bei Edenkoben (1870 von F. S c h u l t z entdeckt), Weiher, Rhodt bei Landau, Edesheim, sowie neuerdings (etwa seit 1905) im Haselbachtal beim Pauliner Schloss gegenüber Weissenburg. In Rheinhessen in der Umgebung von Mainz (z. B. zwischen Hechtsheim und Bodenheim). In der Rheinprovinz auf Saatfeldern und Brachäckern des ganzen Maienfeldes zwischen Mayen, der Mosel und Andernach (hier nach B l u f f und F i n g e r h u t [1825] zuerst von B r a n d e s , dann auch von Wi r t g en als neu für Deutschland gefunden), auf dem rechten Moselufer bei Koblenz selten, ferner bei Leubdorf unweit Linz, bei Sinzig an der Ahr, zwischen dem Mahrhofe und Müngersdorf usw., einzeln bis Köln (nach Ko c h [1833] von S e h l m e y e r gefunden). Verwildert und eingebürgert an einer trockenen Stelle im Bo­ tanischen Garten zu Erlangen; ehedem (um 1610) im Eystetter [Eichstädter] Garten bei Stuttgart kultiviert. — In O e s t e r r e i c h nur in Südtirol (um Trient mehrfach verschleppt, seit 1900 beständig am Etschkanal) und im Küsten­ land (auf Brachen und Mauern in Istrien; um Ospo und Gabrovica spärlich, in Menge um Strugnano, Sta. Lucia und Sicciole bei Pirano sowie in Südistrien bei Pola). — In der S c h w e i z im Wallis bei Branson seit Mur i t h (1810) beständig, einmal auch bei St. Maurice beobachtet; ausserdem vorübergehend verschleppt bei Genf (aux Pâquis, um 1830; 1873 am Bahndamm der Lyoner Linie), im Kanton Waadt (Chamblande, Renens, St. Roch zw. Yverdon und Grandson), um Solothurn (Wengistein 1904, Malzfabrik 1905 bis 1909) und Bahnhof Buchs (St. Gallen) 1915 ( Sc hnyde r) .

A llg e m e in e V erb reitun g; Südeuropa von Portugal bis Griechenland und Südrussland (in Frankreich ziemlich verbreitet, doch im Osten seltener, im Nordosten und Norden sehr selten und teilweise nur verschleppt); Mitteleuropa (vgl. oben), Ungarn, Siebenbürgen, Rumänien; Südwestasien bis Persien; Algerien. Verschleppt in England, Belgien (eingebürgert) und in den Niederlanden. Die Pflanze gilt als in Europa nirgends einheimisch. Nach A. de C an d o l l e (Géogr. bot. raisonnée II [1855], pag. 638 bis 639) würde sie aus den Steppengegenden nördlich des Kaspischen Meeres (wo sie an feuchten Stellen, in Wiesen usw. wächst) stammen; sie fehlte wohl dem griechischen und lateinischen Altertum und wanderte erst in neuerer Zeit in Italien, sodann in Frankreich, Deutschland usw. ein. Für ihre neuere Ausbreitung sprechen gewisse Unregelmässigkeiten in der Verbreitung selbst in Südeuropa; so fehlte sie, ob­ gleich um Neapel sehr gemein, 1855 auf der Insel Ischia. Immerhin wird die Art aus Italien schon in den ältesten Kräuterbüchern genannt ( Ru e l l e 1536 nach Bu b a n i ; J. B a u h i n 1651: zwischen Bologna und Florenz), auch aus dem Gebiet von Montpellier wird sie schon 1620 ( Burs er nach C. Ba u h i n ) angegeben. Um Paris fehlte sie zu T o u r n e f o r t s Zeiten (1698, 1725); erst V a i l l a n t (1727) nennt sie auf Gartenmauern in Passy. — Die Pflanze ändert nur unbedeutend ab. In den Weinbergen bei Edenkoben lassen sich zwei durch die Tracht allerdings

192 erheblich verschiedene Formen unterscheiden: f. m à j o r F. Zimmermann. Pflanze überwinternd-einjährig (im Sommer keimend, im Herbst eine Grundrosette bildend und so überwinternd), kräftig, mit dicker (etwa 3 bis 5 mm) Pfahlwurzel, bis 50 cm hoch, sehr reichblütig. f. m í n o r F. Zimmermann. Pflanze im Frühjahr keimend, 2 bis 3 Wochen später blühend als f. major, klein, mit dünner Wurzel, schwach, armblütig. Nach Wi r t g e n soll die überwinternd-einjährige Form durch tief-fiederspaltige, die einjährige durch leierförmige Laubblätter ausgezeichnet sein. — Durch die Blütenfarbe weicht ab: f. W i r t g é n i Thellung (vgl. Wirtgen Fl. d. Preuss. Rheinprov. [1857], pag. 52). Kronblätter blass rosenrot. — Als Abnormität wurden Tragblätter im Blütenstand beobachtet. Blütenanomalien kommen ziemlich häufig vor, so: Verwachsung zweier Blüten (mit der Formel Ks Ca Ag Gi mit 2 Fruchtknoten); Abweichungen in der Zahl der Blütenteile, meist durch seitliche Spaltung einfacher, oder Vereinigung normal getrennter Organe hervorgebracht (z. B. KiC«; Ki CsAa; K5 C5 ; Ks C b As) ; Unterdrückung einzelner Staubblätter, kronblattartige Ausbildung anderer usw. ; auf die letztere Art können gefüllte Blüten zustande kommen. An Calepina schliesst sich an: Boreáva1) Orietltális Jaub. et Spach ( = Martínsia*2) glastifolia3) Godron, = B. glastifolia Jaub. et Spach ex Thell., = Crucifera Boreava E. H. L. Krause). Einjähriges, kahles, blaugrünes Kraut, in der Tracht an Bunias erinnernd. Stengel doldentraubig-ästig, beblättert. Laubblätter länglich-eiförmig, spitz, ganzrandig; die stengelständigen mit herzförmig-geöhrtem Grunde umfassend. Blüten ohne Tragblätter, blassgelb. Kronblätter etwa 5 mm lang, länglich-spatelförmig, benagelt. Frucht auf ab­ stehendem Stiel, schötchenförmig, nussartig, eiförmig, 4-kantig, pyramidenförmig in den Griffel verschmälert, mit diesem etwa 10 bis 13 mm lang, sehr hartschalig, an den 4 Längskanten geflügelt mit wellig verbogenen Flügeln, dazwischen stark wellig-faltig und etwas höckerig, innen 1-fächerig, mit 2 Samenanlagen, zur Reifezeit 1-sämig. Keimling rückenwurzelig, mit etwas rinnigen Keimblättern. — Die Pflanze stammt aus Griechenland, Kleinasien und Armenien und wurde im Gebiet (wie auch früher bei Montpellier und Marseille, sowie in England) vorübergehend verschleppt beobachtet bei Rüdersdorf unweit Berlin (1894), bei Dresden (um 1910, nach A. V o i g t briefl.), auf Schutt zwischen Haidhausen und Berg am Laim östlich von München (190») und bei einem Hühnerhof in Mannheim (1908). — Die verwandte B. á p t e r a 4) Boiss. et Heldr., in Kleinasien und Palästina beheimatet, mit flügelloser Frucht, wurde verschleppt bei Marseille, aber noch nicht im Gebiete gefunden.

C C C X X IX . isatis5) L 6). (= Glástum R u p p .)7). W a i d 8). F ranz.: Pastel, guède, vouède; eng].: W o ad ; ita l.: G u ad o 8), glasto.

Ein- bis zweijährige oder ausdauernde, kahle oder von einfachen Haaren flaumige bis zottige Kräuter mit beblättertem Stengel. Laubblätter ganzrandig bis schwach buchtigoder kerbig-gezähnt; die grundständigen in einen Stiel verschmälert, die stengelständigen mit herz- oder pfeilförmigem Grunde umfassend. Eiweissschläuche im Mesophyll und am Leptom der Leitbündel. Traubige Einzelblütenstände zu einem reichblütigen, ziemlich blatt­ losen, doldenrispigen Gesamtblütenstand zusammengestellt. Kelchblätter aufrecht-abstehend ; die seitlichen am Grunde nicht gesackt. Kronblätter unter sich gleich, kurz benagelt, ganzrandig, gelb. Staubfäden einfach, frei. Am Grunde der kurzen Staubblätter je eine x) Nach Alexander B o r e au, geboren 1803 in Saumur, gestorben 1875 in Angers, Professor und Direktor des Botanischen Gartens daselbst, hochverdient um die Kenntnis der Flora Mittelfrankreichs; er schrieb u. a. eine sehr geschätzte Flore du Centre de la France in 3 Auflagen (1840, 1849, 1857). *) Nach Charles M a r t i n s , geboren in Paris am 6. Februar 1806, weiland Professor der Botanik und Direktor des Botanischen Gartens in Montpellier, Verfasser bedeutsamer Abhandlungen, namentlich pflanzen­ geographischen Inhalts. 3) Vgl. oben pag. 135 und unten Fussnote 74) Von gr. d [alpha privativum] = ohne und nTSQÓV [pterón] = Flügel. 5) Griech. iodzig, von iodÇco [isázo] = ich mache gleich, da die iodziç des Dioskorides zum Heilen von Geschwüren (also gleichsam zum „Glätten“ der Haut) diente. In lateinischer Uebertragung (isatis) z. B von P l i n i u s gebraucht. e) Spezialliteratur: T r a u t v e t t e r , De Sameraria et Isatide generibus commentatio. Mémoires de 1’ Acad. St. Pétersb. IV (1845), pag. 299 bis 317, Taf. I, II. 7) Der lateinische, z. B. von P l i n i u s , dann auch von L o b e i (1570), J. B a u h i n (1651), M o r i s o n (1680) und R ay (1688) für den Färberwaid gebrauchte Name. 8) Ein germanisches Wort (althochdeutsch Weit), das im italien, guado, franz. guède wiederkehrt; spätlatein.: wasdus. Es ist verwandt mit dem gleichbedeutenden latein. vitrum ( Ca e s a r Bellum Gail.).

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Tafel 133.

Erklärung der Figuren. F ig .l. Cardamine trifotia (nr. 1285). Habitus. 2. Cardamine pratensis (nr. 1291). Blühender Spross. 2a. Gefüllte Blüte. 3. Cardamineamara (nr.1292). BlühenderSpross. 3 a. Längsschnitt durch die Blüte. 4. Cardamine hirsuta (nr. 1288). Habitus. 4 a. Blüte (zwei Kronblätter sind nach abwärts geschlagen).

Fig. 5. Cardamine flexuosa (nr. 1289). Blühender Spross. 5 a. Schote (geöffnet). 5 b. Same (vergrössert). 5c. Querschnitt durch den Samen. 6. Cardamine resedifolia (nr. 1294). Habitus. 6 a. Fruchtknoten, b Same (vergrössert). 7. Dentaria digitata (nr. 1282). 7a. Blüte (Kronblätter entfernt).

ringförmige, innen und aussen eingebuchtete Honigdrüse, die mit den medianen, aussen am Grunde der langen Staubblattpaare gelegenen Drüsen zu einem geschlossenen Ring breit verbunden sind (Taf. 125, Fig. 18). Fruchtknoten sitzend; Griffel fast fehlend, Narbe ausgerändet. Frucht (Taf. 125, Fig. 40; Fig. 77b) schötchenförmig, linealisch-länglich, länglich­ keilförmig, eiförmig-länglich, verkehrt-eiförmig oder elliptisch bis fast kreisrund, an herab­ gebogenem Stiel hängend, von vorn und hinten stark zusammengedrückt, flach, schmalwandig, von einem blattartig-dünnen oder schwammig-verdickten Flügel umzogen, nicht auf­ springend, in der Mitte 1-fächerig, mit 2 hängenden, übereinander liegenden Samenanlagen, von denen nur die eine (meist die untere) sich zum Samen entwickelt, selten 2-fächerig und 1- bis 2-samig. Scheidewand in den 1-fächerigen Früchten nur in der ersten Anlage (als Septalleiste) erkennbar, später im Wachstum zurückbleibend und sich in die Fläche der Fruchtwand einebnend, im samentragendem Teil der reifen Frucht völlig fehlend, im unfrucht­ baren Teil der Fruchthöhle dagegen, durch nachträgliches schlauchförmiges Auswachsen der Füll- und Epidermiszellen, sich in ein pseudoparenchymatisches, den ganzen Raum aus­ füllendes Gewebe, in das auch die verkümmmerte Samenanlage eingeschlossen ist, umwandelnd (vgl. E. H annig in Botan. Zeitung Bd. LIX [1901], pag. 239 bis 241). Keimling rücken- (selten seiten-) wurzelig, mit fast flachen (gegen das Würzelchen nur schwach rinnig gebogenen) Keimblättern (Taf. 130, Fig. 2 b). Aus der Gattung Isatis, die unter unseren mitteleuropäischen Gattungen den nächsten Anschluss an Myagrum (vgl. Bd. IV, pag. 186) findet, sind in neuerer Zeit etwa 50 Arten unterschieden worden, die wohl auf deren 20 bis 30 zu reduzieren sein dürften; sie bewohnen in ihrer Gesamtheit das Mittelmeergebiet (namentlich dessen östlichen Teil bis nach Indien) und Mitteleuropa (hier nur unsere Art). Die Angabe der in Klein-Asien, Armenien und Persien beheimateten I. g l a ü c a Aucher [nec Gilib.] als adventiv im Hafen von Mannheim (1906) beruht auf einer Verwechslung mit einer halbpathologischen Kümmerform von 1. tinctoria (wahrscheinlich zu deren var. alpina gehörig).

1242. Isatis tinctöria L. (= I. glaüca Gilib. nec Aucher, = I. littoralis Steven ex DC., = I. corymbösa Boiss., = I. Lockmanniana Kotschy, = Crucifera isatis E. H. L. Krause, = I. Lusitanica Desf., Brot., Pieri etc. nec L.). F ä rb er-W aid (elsässisch: Weyde), Deutscher Indigo, Pastel. Franz.: Pastel des teinturiers, teinturière, herbe de St. Philippe; engl.: Woad, wade; ital. : Guado, guadone, vado, erba-guada, glastro, pastella. Taf. 130, Fig. 2; Taf. 125, Fig. 18 un d 40 u nd Fig. 776. Zweijährige bis ausdauernde, unterwärts meist weichhaarige, oberwärts häufiger kahle und bläulich bereifte Pflanze mit ziemlich dicker, oft mehrköpfiger, unfruchtbare Blattrosetten und Blütenstengel treibender Pfahlwurzel. Stengel kräftig, meist (30) 50 bis 100 (140) cm hoch, am Grunde oft 5 bis 8 mm dick, stielrund (getrocknet etwas gerillt), unter­ wärts meist zerstreut-behaart, mit ziemlich langen (etwa 1fz bis l mm), weissen, schwachen, abH e g i , F lo r a , B d . I V .

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stehenden Haaren, oberwärts in der Regel kahl, reichbeblättert, im oberen Teil doldenrispig ästig. Laubblätter meist ganzrandig bis etwas buchtig, sehr selten deutlich gezähnt, oberseits mit breitem, weissem (beim Trocknen meist verschwindendem) Mittelstreifen. Grund­ blätter (zur Blütezeit meist nicht mehr vorhanden) länglich, in einen langen Stiel ver­ schmälert, wie dieser in der Regel dicht weichhaarig und grasgrün, am Rande meist buchtig. Mittlere und obere Stengelblätter sitzend, länglich-lanzettlich, etwa 2 bis 6 cm lang, in der Regel kahl (nur am Rande und am Mittelnerv oft etwas gewimpert) und blau­ grün, fast stets ganzrandig, am Grunde herz-pfeilförmig, mit spitzen (selten stumpflichen), meist verlängerten und abwärts gerichteten Oehrchen stengelumfassend, über der Ansatz­ stelle oft etwas geigenförmig zusammengezogen, in ihrer Achsel häufig unfruchtbare Büschel kleiner, behaarter Laubblätter tragend; die obersten Astblätter oft unscheinbar, hochblatt­ artig und am Grunde undeutlich oder gar nicht geöhrt. Einzelblütenstände zahlreich, am Ende der Verzweigungen des doldenrispigen Gesamtblütenstandes, anfangs dicht halb­ kugelig, später etwas verlängert und locker. Blütenstiele sehr dünn, etwa 3 bis 6 mm lang, bald nach dem Verblühen abstehend bis zurückgebogen. Blütenknospen rundlich-ellipsoidisch. Kelchblätter elliptisch, etwa U bis 2 mm lang, nach dem Ver­ blühen (wie die Kronblätter) oft längere Zeit stehenbleibend und sich noch etwas ver­ längernd. Kronblätter gelb, 172 bis 2 mal so lang als der Kelch (etwa 3 bis 4 mm lang), länglich-verkehrteiför­ mig bis spatelig, an der Spitze meist abge­ rundet (Taf. 130, Fig. 2 a), nach dem Grunde lang keilförmig - ver­ schmälert (kaum deut­ lich benagelt). Frucht an herabgebogenem, etwa4 bis 7mmlangem, a. d, e f g dünnem, an der Spitze b, c h i, k lt vt n o jedoch keulenförmig­ q r verdicktem Stiel h r hängend, elliptisch oder länglich-keilförmig bis verkehrt-eiförmig, etwa 8 bis 25 mm lang und 3 bis 7 mm breit, am Grunde und an der Spitze von wechselnder Umrissform (vgl. die Abarten, Fig. 776), 1-fächerig und meist 1-sämig (sehr selten beide Samen entwickelt), zur Reifezeit meist schwärzlich. Fruchtflügel meist breiter als das Fach, schwammig-korkig, mit dickem, stumpfem Rand, zuweilen etwas netzaderig. Flächen der Frucht ziemlich flach oder etwas konvex, mit einem vorspringenden, fadenförmigen Nahtnerv versehen; Fruchtfach linealisch bis länglich, flach oder häufiger durch den Nahtnerv etwas gekielt. Griffel fehlend (aber das Ende der Fruchtklappen oft in Form einer kurzen, kegelförmigen Stachelspitze vor/2

F i g . 776. I s a t i s t i n c t o r i a L. F r ü c h t e ( e t w a s v er g rö ss er t ) . var. p r a e c o x (Ki t. ) K o c h . s u b v a r . h e b e c a r p a (DC.) L e d e b . var. a l p i n a K o c h , b is var. v u l g a r i s K o c h emend, su b v a r . s u b e l l i p t i c a T h e l l . s u b v a r . M a e o t i c a (DC.) A l e f . subv ar. T a u r i c a (DC.) A l e f . subvar. v i l l o s a (R ouy et Fouc.) T h e ll. var. c a n e s c e n s (DC.) Gr en . et G o d r o n . / , v ar. c a m p e s t r i s ( S t e v e n ) K o c h . —r I s a t i s a l p i n a V i l l . F r u c h t (natürl. G r ö ss e ) . — Or ig in a l, n a c h R e i c h e n b a c h , ü b r ig e F i g u r e n n a c h T r a u t v e t t e r .

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gezogen); Narbe sitzend, fast scheibenförmig, etwas ausgerandet und über den Plazenten (bzw. den Nahtnerven) kurz herablaufend. Same schmal länglich-ellipsoidisch, etwa 3 mm lang, l mm breit und 1 mm dick, im Querschnitt dreieckig-eiförmig, mit gelbbrauner, fast glatter (nur etwas runzelig-gestreifter), bei Benetzung nicht verschleimender Samen­ schale. Keimblätter fast flach, an der Krümmung des Keimlings entspringend. Würzelchen stark vorspringend. — (IV) V bis VII, vereinzelt auch später blühend. Hie und da an buschig-steinigen Abhängen, an Felsen, Mauern, Flussufern, auf Dünen, an Bahndämmen, Ackerrainen (besonders auf tonreichem Kalkboden), in Weinbergen, auf Kunstwiesen; vorzugsweise in den wärmeren Teilen des Gebietes. Wohl überall nur aus ehemaliger Kultur verwildert oder eingeschleppt, aber vielfach völlig eingebürgert und in die natürlichen Pflanzenformationen übergehend; häufig eine urwüchsige Art vortäuschend und auch von manchen Floristen als solche aufgefasst. x/ 3

In D e u t s c h l a n d ziemlich verbreitet im ganzen Rheintal (von Basel bis Wesel) und in dessen Seiten­ tälern, namentlich im Neckar-, Main-, Nahe-, Mosel- und Sauertal (auf den Kalkvorbergen der Vogesen und des Schwarzwaldes, sowie im Nahetal an sonnigen Felshängen vielfach beständig angesiedelt und den Eindruck einer einheimischen Art erweckend [„wild“ bei Kreuznach und Meisenheim nach Hieron. B o c k [„Tragus“] um 1550]; in der Pfalz, wo die Pflanze von P o l l i c h [1777] und F. S c h u l t z [1846] als stellenweise häufig an­ gegeben wurde, ist sie nach F. Z i m m e r m a n n [briefl.] heute viel seltener geworden und anzahlreichen Fund­ orten völlig erloschen, einzig am Neckar zwischen Heidelberg [und Mannheim ist sie dauernd eingebürgert, wahrscheinlich aus dem württembergischen Neckargebiet, wo sie früher im Grossen angebaut wurde, herab­ gewandert; alljährlich ziemlich zahlreich auch in den Hafenanlagen von Mannheim und Ludwigshafen). In Württemberg im Unterland ziemlich verbreitet, sonst zerstreut. In Bayern zerstreut, besonders im nördlichen Muschelkalkgebiet und im Jura (hier wie wild). In Mitteldeutschland (namentlich in Thüringen und Sachsen) ehemals im Grossen angebaut (von manchen Floristen auch als einheimisch angegeben), jetzt nur noch ver­ wildert bezw. als Kulturrelikt, neuerdings vielfach seltener werdend, auch neu mit Gras- und Kleesamen einge­ schleppt; im Königreich Sachsen am Elbufer zerstreut und unbeständig (aus Böhmen herabgeschwemmt). In Norddeutschland wohl überall nur vorübergehend verschleppt oder verwildert, so in Hannover (in den Regierungs­ bezirken Hannover, Hildesheim, Lüneburg und Osnabrück), um Hamburg (teilweise durch die Elbe herabge­ schwemmt), in Braunschweig (Thiede, Rautheimer Steinbruch, Wolfenbüttel, Oelber a. w. W.), Anhalt (früher gebaut, neuerdings mehrfach eingeschleppt, aber unbeständig), Brandenburg (erst seit 1864 mit fremder Saat in Luzerne-, Esparsetten- und Wasserrübenfeldern eingeschleppt; so bei Pritzerbe [Havelgebiet] 1866, Spremberg, Rüdersdorfer Kalkberge, Wriezen a. O. usw.) und Westpreussen (Thorn nur noch spärlich, Weisshof, Ringchaussee, Vandsburg, Zempelburg, Dratz, Appelwerder); in Schlesien früher gleichfalls gebaut, jetzt nur noch sporadisch verwildert. — In O e s t e r r e i c h ziemlich verbreitet (fehlt nur in Schlesien, Oberösterreich und Salzburg), so in Böhmen (Prag, Polzengebiet, Saaz, Teplitz), Mähren (früher im südlichen Teil gebaut, ver­ wildert bei Eibenschitz, Czeitsch, Nikolsburg, Joslowitz, auf Bahndämmen bei Misslitz, Frischau und Grussbach, Ung. Hradisch, Göding; sonst nur noch bei Iglau und Neutitschein), in Niederösterreich (im ganzen Gebiete der pannonischen Flora, besonders in der Ebene häufig, teilweise als pontische Felspflanze; anderwärts nur zufällig), Steiermark (nur auf dem Grazer Schlossberge), im Küstenland (in der var. praecox verschleppt auf dem Campo Marzio bei Triest, desgleichen zwischen Chersano und Fianona [!] und [1861] bei Fasano in Süd-Istrien), in Krain (nach F l e i s c h m a n n bei Laibach, bei Wippach in Innerkrain und bei Rudolfswert [Neustadtl] in Unterkrain; nach P a u l i n [briefl.] neuerdings nirgends gefunden), in Kärnten ( z u Wu l f e n ’s Zeiten [gegen Ende des 18. Jahrhunderts] um Klagenfurt und Wolfberg in Aeckern gebaut; neuerdings in Aeckern und an Rainen im Lavanttale, an Kalkfelsen bei Föderaun), Tirol (mehrfach) und in Vorarlberg (verschleppt um Feldkirch). — In der S c h w e i z heute ziemlich verbreitet (zu H a l l e r ’s und G a u d i n ’s Zeiten [1742, 1829] einzig von Basel und aus dem Wallis bekannt; fehlte 1897 nur den Kantonen Zug, Glarus und Appenzell). Häufig am ganzen Jura­ rand (vorzugsweise an Eisenbahnböschungen) von Genf bis Aargau, sowie in Nordzürich (bei Eglisau) und im Kanton Schaffhausen; seltener im Innern des Jura (bei Grenzach unweit Basel schon von C. B a u h i n 1622 gefunden). Auf dem Plateau und in den Nordalpen sehr zerstreut und meist nur vorübergehend (gut einge­ bürgert jedoch z. B. an den warmen Felsen der Axenstrasse am Vierwaldstättersee). Im Wallis ziemlich gemein in der Ebene und der Bergregion des Mittelwallis von Martigny bis Brig (hier wie wild) von 400 m bis 1950 m (Chandolin im Eifischtal) ansteigend. Im Tessin bei Stalvedro und Airolo, sowie neuerdings (1914) zwischen Lugano und Melide. ln Graubünden mehrfach verschleppt, so noch am Inn bei Samaden in 1715m Höhe. 105*

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A llgem ein e V erb reitun g: Einheimisch wohl nur im südosteuropäisch-west­ asiatischen, vielleicht auch im nordafrikanischen Steppengebiet; heute infolge des ehemaligen Anbaues oder durch rezente Einschleppung ziemlich verbreitet in Süd- und Mittel- (seltener in Nord-) Europa; Vorderasien von Kleinasien und Syrien bis Persien und Indien, Dsungarei, Turkestan, Ostsibirien, Sachalin, Mongolei, China; Algerien, Marokko. Verwildert auch in Chile.

Aus dem Formenkreis von Isatis tinctoria ist eine grosse Anzahl von Kleinarten und Formen be­ schrieben worden, deren systematischer Wert und geographische; Verbreitung durch eingehende monographische Untersuchungen erneut zu prüfen sind. Ueber den Wert der von Schriftstellern zur Abgrenzung und Unter­ scheidung der verschiedenen Sippen herangezogenen Merkmale herrscht in der Literatur eine weitgehende Meinungsverschiedenheit. Während T r a u t v e t t e r (a. a. O., 1845) nach der Behaarung bezw. Kahlheit der Frucht die Gattung in zwei Sektionen, Dasycárpae und Gymnocárpae, gegliedert hatte, erklärt C o s s o n (Compendium florae Atlanticae II [1883/7], pag. 299) dieses Merkmal für systematisch ganz geringwertig, da nach den Beobachtungen von D u r i e u aus den Samen einer und derselben Pflanze kahl- und behaartfrüchtige Individuen hervorgingen.1) Auch die Form der Spitze der Frucht (ausgerandet, gestutzt, abgerundet oder bespitzt) ist nach C o s s o n (a. a. O.) nicht kulturkonstant und schwankt zuweilen auf der gleichen Pflanze. Da C o s s o n auch der Umrissform der Frucht, die tatsächlich grossen Schwankungen in gradueller Abstufung unterworfen ist, nur minimalen systematischen Wert beimisst, kommt er dazu, auf eine Gliederung von Isatis tinctoria völlig zu verzichten und alle Formen des Verwandtschaftskreises als blosse Synonyme (nicht einmal Varietäten) dazu zu ziehen. Umgekehrt treffen wir in der Bearbeitung der Gattung Isatis durch N. B u s c h in der Flora Caucásica critica IX, 4 (1908), pag. 238 bis 253 wiederum eine engere Fassung des Speziesbegriffes, indem z. B. I. Taurica und I. canescens spezifisch von I. tinctoria getrennt werden. Da beispielsweise in Siebenbürgen und auf der Krim Sippen mit übereinstimmender Fruchtform, die sich lediglich durch die Behaarung der Frucht — zudem zuweilen nur graduell und unscharf — unterscheiden, nebeneinander wachsen, erscheint es angezeigt, die Fruchtform zum erstklassigen Einteilungsprinzip zu erheben und die Behaarung der Frucht erst in zweiter Linie zu verwerten. Die für Mitteleuropa und die angrenzenden Gebiete in Betracht kommenden Sippen lassen sich in folgender Weise anordnen: 1. Frucht im Mittel etwa doppelt so lang als breit. Fruchtfach häufig nur mit kielartigem Mi nerv, vom Flügelsaum durch eine Furche abgesetzt. Flügel oft deutlich netzaderig: I. var. prsécox (Kit. ap. Tratt. pro spec. ex descr. nec ic., Trautv.) Koch ( = var. y Koch in M. K., = I. tinctoria Baumg. et auct. Transsilv. nec L., = I. campéstris Schur nec Steven). Frucht in der Jugend spatelförmig, an der Spitze gestutzt, zur Reifezeit (Fig. 776 a) elliptisch-verkehrteiförmig, am Grunde stumpf, an der Spitze gestutzt-abgerundet. Im Gebiete nur verschleppt in Istrien (vgl. oben); urwüchsig in Ungarn, Siebenbürgen, Rumänien, der Herzegowina, Bulgarien, Südrussland und im Ural. Eine stark angenäherte Form auf dem Chaumont im Neuenburger Jura ( Ve t t e r l in Herb. Univ. Zürich). — Zerfällt nach der Behaarung der Frucht in 2 Unterabarten: subvar. l e i o c á r p a Ledeb. (pro var.). Frucht kahl; subvar. h e b e c á r p a (DC. pro spec.) Ledeb. [pro var.] ( = I. littorális ß hebecarpa Ledeb. pro parte [quoad syn. DC ], = I. littorälis ß Steven ex DC., = I. dasycárpa Ledeb. Fl. Ross, in syn. nec Trautv., = I. littorälis Besser [nec Steven] ex Ledeb., = I. lasiocärpa Schur nec Ledeb.). Frucht wenigstens am Fruchtfach + stark flaumig-filzig (Fig. 776b, c), im Alter zuweilen verkahlend (Hieher die Pflanze von Fianonal). II. var. a l p i n a Koch ( = I. Dalmática Miller?, = I. hirsuta Pers., = I. tinctoria ó microcárpa DC. ?, = I. heterocárpa Andrz. sec. Trautv., = I. Villärsii*2) Gaudin, Trautv., = I. tinctoria f. Villarsii H. Jaccard, = I. alpina Thuill. nec Vill. nec All.3). Frucht in der Jugend elliptisch, beiderends spitz, zur Reifezeit (Fig- 776 d, e) elliptisch - verkehrt-eiförmig, am Grunde spitz, an der Spitze stumpflich. Stengel und Laubblätter meist rauhhaarig. Trotz der von der var. vulgaris stark abweichenden Fruchtform handelt es sich vielleicht doch nur um einen abnormen Zustand der Pflanze (Verstümmelungsform?), da die var. alpina J) Immerhin ist hervorzuheben, dass es sich dabei um die M e n d e l ’sehe Aufspaltung eines Bastardes gehandelt haben kann. 2) Vgl. Bd. IV, pag. 126, Fussnote 3. 3) Die echte I. a l p i n a Vill. (Prosp. 1779, Fl. Delph. et Hist. pl. Dauph.), All. (1785) ( = I. Appenm'na Ten.) ist den französischen Westalpen (am Monte Viso bis auf italienisches Gebiet reichend) und dem mittleren Appennin eigen; sie unterscheidet sich von I. tinctoria durch niedrigen, gedrängten Wuchs, durch aus einer vielköpfigen Grundachse entspringende, am Grunde aufsteigende und daselbst holzige, dann aufrechte Stengel, durch bedeutend grössere ([4] 4^2 bis 5 mm lange) Blüten und zur Reifezeit grosse, meist elliptische (etwa 15 bis 22 : 8 bis 13 mm), an beiden Enden gleichförmig abgerundete, seltener breit verkehrt-eiförmige, am Rande von einem dünnen, pergamentartigen Hautsaum umzogene Früchte (Fig. 776 r). Ueber die Nomenklatur vgl. F o u ch é - Pr u n e 11 e in Bull. Soc. Bot. France VII (1860), pag. 702/3.

197 sich in der Regel auch noch durch abweichende Tracht (starke Verzweigung aus den Blattachseln, oft büschelig genäherte obere Stengelblätter) und spätere Blütezeit (Sommer bis Herbst) auszeichnet und sich meist nur vereinzelt imVerbreitungsgebiete der var. vulgaris findet (so im Eisass bei Fünfzehnerwörth, in Baden bei Istein [ T h e l l u n g ] und namentlich hie und da im Wallis und in der Waadt bei Lausanne).J) Zu dieser Abart gehört anscheinend auch (als Kümmerform?): I. g l a ü c a F. Zimmermann! Ruderal- und Adventivflora von Mann­ heim (1907), pag. 29 [nec Aucher] im Hafen von Mannheim (1906). Wohl sicher eine halbpathologische Form ist f. o b t ü s a (Gaudin 1836 pro var. I. Villarsii) Thellung ( = I. alpina Gaudin 1829 nec alior.). Stengelblätter stumpf, fast gestielt (nicht pfeilförmig). Wahrscheinlich eine Verstümmelungsform, bei der aus der Achsel der {bereits abgefallenen) Stengelblätter Zweige mit Blättern vom Typus der Grundblätter hervorgesprosst sind. 1*. Frucht mindestens 3 mal so lang als breit. Fruchtfach meist 3-nervig, d.h. ausser dem oft kielartig vor­ springenden Mittelnerv jederseits mit einem das Fach vom Flügel abgrenzenden, vorspringenden Seitennerv versehen. 2. Frucht nach dem Grunde lang keilförmig verschmälert: III. var. v u l g a r i s Koch emend. ( = I. tinctoria Trautv., = var. a Koch in M. K„ Ledeb., = var. a genuina Godron, = I. prsecox Kit. ap. Tratt. ex ic. [nec descr.], Link, Rchb., Lowe, Hayek Fl. Steierm., = I. tinctoria var. alpestris F. Sauter?, = var. campestris Beck [nec I. campestris Besser], = I. tinctoria „formes“ I. tinctoria, I. campestris et I. apiculata Rouy et Fouc.). Frucht bis 16 mm lang, beim Typus der Rasse (Fig. 776 f, g) kahl und etwa 3 mal so lang als breit, meist länglich-keilförmig, an der Spitze in der Regel gestutzt bis abgerundet. Die häufigste und am weitesten verbreitete Rasse. Davon weichen ab : a) durch die Form, Farbe, Behaarung oder Bezahnung der Laubblätter: f . B a p ä t i c a 2) (Link pro spec.) Alef. [pro var. I. tinctoriae]. Oehrchen der Stengelblätter kürzer (Blattgrund daher fast gestutzt), an den obersten + fehlend. — f. l a e t e v i r e n s Ball [pro var.] ( = I. virens Cosson olim). Laubblätter freudig- (nicht bläulich-) grün. — f. r u p i c o l a Beauverd [pro var.]. Grundachse mit unfruchtbaren Laubblattrosetten. Untere Laubblätter scharf gezähnt, obere gezähnelt oder ganzrandig (So an Felsen ob Faverges in Hochsavoyen). — Nach der Behaarung: f. s a t f v a DC. [pro var.] ( = var. ß Lam., = var. a typica Fiori et Paoletti, Haläcsy pro parte). Stengelblätter kahl, meist ziemlich breit (So in Kultur durch sorgfältige Ausmerzung der behaarten Formen erhalten). — f. s i l v e s t r i s Duby [pro var.] ( = var. typica Haläcsy pro parte). Stengelblätter am Rand und unterseits am Mittel­ nerv zerstreut wimperig behaart. — f. h i r s ü t a D C . [pro var., emend., excl. syn. I. alpina Vill.] ( = I. tinctoria y Lam. et DC., = var. ß pilosa Caruel pro parte, = I. tinctoria „forme“ I. campestris ß hirsuta Rouy et Fouc., = I. tinctoria ß Villarsii Fiori et Paoletti pro parte, = var. campestris Hausskn. sec. Haläcsy nec alior.). Stengel blätter wenigstens unterseits, wie meist auch der Stengel, zottig behaart. So vorzugsweise im Mittelmeer­ gebiet, ob auch bei uns ? (hier vielleicht mit der var. alpina oder mit gelegentlich vorkommenden halbpathologischeh Verstümmelungsformen mit gleichfalls behaarten Blättern verwechselt). — b) Durch die Form der Frucht: subvar. o b l o n g ä t a (Rchb. pro var. I. praecocis) Thellung. Frucht 1 : 3 7 2 . — subvar. M a e ö t i c a 3) (DC. pro spec.) Alef. [pro var.] ( = var. ß Ledeb., = var. longicärpa Beck pro parte, = I. tinctoria Hayek Fl. Steierm.). Frucht 1:4 (Fig. 7761, k). — subvar. T a ü r i c a (DC. pro spec.)4) Alef. [pro var.] ( = var. y Ledeb., = var. longicarpa Beck pro parte). Frucht 1 :5 (Fig. 7761, m). — f. o x y c ä r p a (Jordan pro spec.) Rouy et Fouc. [„forme“, emend.] ( = apiculäta Jordan? nec Boiss.). Frucht spitz oder bespitzt. — f. s u b e l l i p t i c a Thellung. Frucht schmal-elliptisch, ihre grösste Breite etwra in der Mitte, statt deutlich oberhalb derselben (Fig. 776h). — c) nach der Farbe der Frucht sind zu unterscheiden: f. e u - t i n c t ö r i a Hermann [„Rasse“]. Reife Frucht schwarzviolett; f. m a r i t i m a (Rupr. ? pro spec.) Hermann [„Rasse“]. Reife Frucht strohgelb. — Durch behaarte Früchte sind ausgezeichnet: subvar. v i l l ö s a (Rouy et Fouc. pro var. y I. cam­ pestris) Thellung ( = I. dasycärpa Ledeb. ex Trautv. nec alior., = I. canescens Lamotte nec DC.). Frucht (wenigstens in der Jugend) weichhaarig-filzig, etwa 1:3 .(Fig. 776n). So in Frankreich und in Armenien (?), sowie in Kultur in Botanischen Gärten. — subvar. s t e n o c ä r p a Boiss. [pro var.] (== I. tomentella Boiss. olim). Frucht ebenso behaart, aber sehr klein und schmal (Kleinasien). IV. var. c a n e s c e n s (DC., Trautv. pro spec.) Gren. et Godron ( = var. ß pilosa Caruel pro parte, = I. tinctoria Ucria, Badarö, Presl nec L., = I. Aleppica Moris nec Scop.). Frucht gross, (16) 18 bis 25 mm lang, meist etwa 1:3 bis 4, wenigstens in der Mitte flaumig-filzig (Fig. 776 o), seltener kahl (subvar. g l a b r ä t a *) Vgl. auch L. F a v r a t in Bull. Murith. IX, 1879, pag. 68 bis 69 (1880) und H. J a c c a r d Cat. fl. valais. (1895), pag. 34. Weitere Literatur: G r i e s e b a c h [sic!] in Flora XVII (1834), pag. 330. 8) lm Banat (Südungarn) gefunden. 3) Nach dem „mäotischen“ Sumpf bei Taganrog am Asow’schen Meer benannt. 4) Nach N. B u s c h (Flora Caucasica critica IX, 4 [1908], pag. 249) soll sich I. Taurica von I. tinc­ toria durch ebensträussigen (statt rispigen) Gesamtblütenstand und kleinere Blüten (Kelchblätter 13/* mm, Kronblätter 2J/a mm lang) spezifisch unterscheiden und auf Südrussland (Prov. Cherson) beschränkt sein. Unsere oben als subvar. Taurica beschriebene, schmalfrüchtige Form würde daher vielleicht richtiger als subvar. longicärpa (Beck emend.). bezeichnet.

198 Thellung). Südeuropäisch-südwestasiatische Rasse, von Spanien bis Thracien, Griechenland und Südrussland; Kleinasien, Armenien; im Gebiet vielleicht verschleppt zu erwarten. Dazu f. r o s t e l l a t a (Bertol. pro spec.) Thellung ( = I. Lusitänica Moris nec L. nec alior.). Frucht schmal (1:5 bis 6), an der Spitze in einen Schnabel verschmälert (Sardinien). 2*. Frucht nach dem Grunde kaum verschmälert: V. var. c a m p e s t r i s (Steven, Trautv. pro spec.) Koch emend. ( = var. ß Koch in M. K.). länglich, etwa 1 : 3, am Grunde stumpf, an der Spitze abgerundet (Fig. 776 p, q). So in typischer Ausbildung besonders in Südrussland; angenähert jedoch auch in Frankreich, ob im Gebiete? Trotz der geringen Grösse der Einzelblüten sind die straussförmigen Blütenstände wegen ihres Um­ fanges sehr auffällig und werden auch viel von Bienen besucht. Die Antheren biegen sich nach aussen, so dass sie von der Narbe weit entfernt sind, und kehren ihre aufgesprungene Seite nach oben. Besuchende Insekten bewirken daher besonders Fremdbestäubung. — Die Flügelbildung der Früchte begünstigt ihre Ver­ breitung durch den Wind. — Von Anomalien wurden beobachtet: Verbänderung des Stengels; Verholzung der Fruchtstandsachse im Herbst und Austreiben neuer Blattbüschel aus derselben; Vergrünung der Blüten; Aus­ bildung eines langen Staubblattes an Stelle eines der inneren Paare. Der Färber-Waid ist in Europa eine uralte Kulturpflanze. Die Namen im Französischen, Angel­ sächsischen, Deutschen und ln den Slavischen Sprachen weisen eine weitgehende Stammesverwandtschaft auf, was auf einen alten gemeinsamen Gebrauch der Pflanze im grössten Teile von Europa deutet. Julius Caesar berichtet bei der Beschreibung des zweiten Feldzuges nach Britannien im Jahre 54 vor Christo in seinem Werke „De bello gallico“ (Buch V, Kap. XIII), dass sich die alten Bretonen (Britannier) mit Waid (vitrum) die Haut blau gefärbt und dadurch in der Schlacht ein schreckhaftes und wildes Aussehen gewonnen hätten (omnes vero se britanni vitro inficiunt, quod caeruleum efficit colorem atque hoc horridiores sunt in pugna aspectu). Wir dürfen annehmen, dass auch den Kelten und Germanen sowie den Slaven vor ihrer Unterwerfung durch die Deutschen die Herstellung der blauen Farbe aus dem Waid bekannt war. Die Griechen nannten ihn, wie uns Dioskorides berichtet, isätis, die Römer nach einer Bezeichnung im Gallischen glästum. Dieses hoho Alter der Kultur erschwert die Forschung nach der Urheimat der Pflanze. Der grosse Formenreichtum im südosteuropäisch-südwestasiatischen Steppengebiet (z. B. in Südrussland und im Kaukasus) deutet auf ein hier gelegenes Entwicklungszentrum des Formenkreises hin. Wie weit nach Westen die „proanthrope“ Verbreitung der Pflanze reichte, lässt sich naturgemäss nicht mehr feststellen; sie dürfte jedoch das mitteleuropäische Gebiet im besten Fall im pontischen Florenbezirk von Niederösterreich erreicht haben. Dass sie im mittleren und westlichen Teil von Südeuropa trotz des stellenweise häufigen Auftretens nicht urwüchsig sein kann, geht aus ihrer lückenhaften Verbreitung hervor (schon in Istrien ist sie nur vorübergehend verschleppt; im Languedoc war sie bis 1830 nur in Kultur bekannt, und auch auf Madeira besiedelt sie längst nicht alle ihr zusagenden Standorte) und wird auch durch das Fehlen endemischer Rassen bestätigt. — Als „waisdo“, „wisdila“ oder „erwaisda“ wird die Pflanze im Capitulare de villis Kap. 43 (um 795) erwähnt. Nach der uns erhaltenen Ver­ ordnung Ludwigs des Frommen musste der Waid ähnlich wie der Krapp (Bd. VI, pag. 231) als Abgabe bestimmter Dörfer in die königlichen Weiberhäuser den dort mit Spinnen und Färben für den königlichen Hofhalt be­ schäftigten Frauen abgeliefert werden. Aus altdeutschen Gärten nennen ihn die heilige H i l d e g a r d (um 1150, als „weyt“), A l b e r t u s M a g n u s (um 1250, als „sandix“) und Konrad von M e g e n b e r g (um 1298, als „waittkraut“ viel um Erfurt gebaut). Nach der Zerstörung von 66 Thüringischen Raubschlössern unter R u d o l f v o n H a b s b u r g (1209) säten die Erfurter an jenen Stellen Waidsamen aus. Aus Schwaben stammen die ersten Nachrichten über den Anbau des Waides aus dem Jahre 1276. Die höchste Blüte erreichten die feldmässig betriebene Waidkultur und der Handel mit dem Farbstoff in einigen norddeutschen Gegenden, sowie in Thüringen (noch um 1616 kultivierten 300 thüringische Dörfer den Waid), als dessen „goldenes Vliess“der Waid genannt wurde, und in Schlesien vom 15. bis zum 18. Jahrhundert. Auch eine Ratsverordnung aus dem Jahre 1259 zu Regensburg erwähnt Waidfärber. Die „Waidstädte“ Erfurt, Gotha, Tennstedt, Arnstadt und Langensalza hatten bereits um die Mitte des 13. Jahrhunderts die Gerechtsame erworben, den Waid­ handel zu betreiben. In Erfurt bildeten die Waidhändler die Aristokratie der Stadt und waren so reich, dass sie 1392 die Mittel für die Gründung der einst berühmten, erst 1816 eingegangenen Universität Erfurt auf­ bringen konnten. In Strassburg werden Waid und Safran (Bd. II, pag. 297) um die Mitte des 15. Jahrhunderts als Handelsware erwähnt. Im 17- Jahrhundert hatte die Stadt Strassburg grosse Einnahmen aus dem IndigozolL Auch um Magdeburg, Braunschweig, in Brandenburg, Schlesien, am Niederrhein und bei Nürnberg bestand am Ende des 13. Jahrhunderts ein umfangreicher Waidbau. Mit der Entdeckung des Seeweges nach Ostindien (1560) wurde jedoch einem Konkurrenten des Waid, dem Indigo (Produkt der Leguminosen Indigöfera tinctöria L., I. Anil L., I. disperma L., I. leptostachya DC. etc.), derWeg nach Europa eröffnet, und die Einführung dieses ebenso billigen, gleichzeitig aber ergiebigeren, noch lebhafteren und beständigeren Farbstoffes führte zu einer zunehmenden Einschränkung des Waidbaues, der zwar zu Napoleons Zeiten durch die Kontinentalsperre einen

F

199 nochmaligen vorübergehenden Aufschwung (namentlich in Frankreich) erfuhr, dann jedoch unaufhaltsam seinem Verschwinden entgegenging, zumal da auch die moderne Anilinfarbstoffabrikation einen neuen, gefährlichen Konkurrenten ins Feld führte. Napoleon setzte sogar einen Preis von einer halben Million Franken auf die lukrativste Gewinnung von Indigo aus Waid aus. Um die Waidkultur nach Möglichkeit zu erhalten, wurde im Jahre 1577 in Frankfurt der Gebrauch des Indigos verboten und das Verbot öfters, von Ferdinand III. sogar 1654 noch erneuert. In Sachsen war von 1650 bis 1653 die Todesstrafe auf die Verwendung von Indigo gesetzt; ebenso in England unter der Königin Elisabeth. Auch Heinrich VI. verbot in Frankreich 1604 den Gebrauch des Indigo bei Todesstrafe. Noch am längsten hat sich der Waidbau bis in die neuere Zeit in einigen Teilen von Thüringen erhalten, ebenso im Eisass, wo die Gemeinde Bischweiler im Jahre 1825 noch 4 Hauptfärbereien mit 8 Waidküpen (Küpe = Farbkessel) besass. 1834 wird noch eine kleine Waidfabrik in Wasselnheim im Eisass erwähnt. Heute dürfte der Waidbau überall erloschen sein; die letzte deutsche Waidmühle; stand, bereits dem Untergang geweiht, um 1910 in dem gothaischen Dorfe Pferdingsleben. Seit dem Aufhören des Anbaues nehmen auch die als „wild“ betrachteten Vorkommnisse in Mittel- und Süddeutschland stark an Ausdehnung ab, ein offenkundiges Anzeichen dafür, dass es sich nur um verwilderte Pflanzen gehandelt hatte. — Die technische Gewinnung des zum Blau- oder Grünfärben verwendeten Waidfarbstoffes geschah auf folgende Weise: Zur Verwendung gelangten nur möglichst kihle Pflanzen; die behaarten Individuen, an deren Blättern leicht Staub und Schmutz hängen blieben, wurden schon im jungen Zustand durch Ausreissen nach Möglichkeit aus den Feldern entfernt. Ein Hektar lieferte durchschnittlich 60 bis 70 Zentner lufttrockene Blätter. Dieselben wurden im Juli noch vor der Blütezeit geerntet; zuweilen erfolgte im September noch eine zweite Ernte. Hierauf wurden die Blätter in der „Waidmühle“, die meist im Besitze der Gemeinde war, durch einen rotierenden Mühlstein zermalmt und zerquetscht. ‘Gleichzeitig wurde Wasser beigegeben, so dass dadurch ein dicker Brei zustande kam. Diese dickflüssige Masse wurde dann auf einer Tenne zu einem bis ca. 60 cm hohen Haufen zusammengeschüttet und feucht gehalten, wodurch eine Gährung eingeleitet wurde. Bei diesem Prozesse wird das in der Pflanze (gebunden) enthaltene Indoxyl unter Bildung von Indigo zersetzt. Zuweilen wurde der Brei auch in mit Wasser gefüllte Bottiche gebracht. Nach ca. 14 Tagen wurde die breiige Masse — meist von Kindern — zu Kuchen oder Kugeln geformt, die dann im Backofen oder besser in der freien Luft getrocknet wurden, um zuletzt an einem kühlen, luftigen Orte bis zum Verkaufe aufbewahrt zu werden.1) Aus den so getrockneten Kugeln bereitete man zuweilen auch ein Pulver, das sich zum Aufbewahren besser eignete. Wie bei Indigofera findet sich also der Farbstoff nicht fertig gebildet in der Pflanze vor, sondern nur seine Muttersubstanz, ein dem Indikan ähnlicher glykosidischer Körper, welcher nach dem Absterben der Blätter unter d^m Ein­ flüsse eines Fermentes oder durch verdünnte Säuren in eine Zuckerart und in Indoxyl gespalten wird. Das letztere nimmt in alkalischer Lösung Luftsauerstoff auf und verwandelt sich dabei in den blauen Farbstoff. Nach B e i j e r i n c k besteht bei Isatis tinctoria das „Indigoblau“ nicht wie bei Indigofera aus einem Indoxylglykosid (Indikan) und auch nicht aus freiem Indoxyl, wie man früher annahm, sondern aus einer noch nicht näher bekannten Indoxylverbindung, „Isatan“ genannt. Dieses Isatan wird im Gegensatz zum Indikan von der Formel Cu Hn O« N schon durch schwache Alkalien gespalten. Ebenso wird es durch ein besonderes „Waidenzym“ gespalten, die „Isatase“, welche aber Indikan nicht zerlegen kann. Andrerseits wird auch Isatan nicht durch das gewöhnliche Indigoferment gespalten. Adolf v. B a e y e r ist es 1878 gelungen, das Isatin und damit auch den Indigo synthetisch aus Orthonitrozimtsäure darzustellen. — Die Blätter des Waid waren ehedem unter dem Namen He r b a vel f ö l i a Gl äs t i seu I s ä t i d i s offizinell als Antiscorbutikum, zur Vernarbung von Wunden und gegen Krankheiten der Milz. Mit Gras angebaut liefert die Pflanze ein vorzügliches, gegen Winterkälte widerstandsfähiges Viehfutter. Aus den Samen wurde zudem ein fettes Oel (ähnlich dem Leinöl) gepresst; auch fand der Waid gelegentlich als rasch treibende Futterpflanze Verwendung.

CCCXXX.

Erüca*2)

Miller em. A danson ( = E uzom um 3) Link, = V ellerüca4) Pomel). R a u k e .

Ein- bis zweijährige Kräuter mit aufrechtem, beblättertem, meist ästigem Stengel, von einfachen Haaren papillös-rauh oder lang rauhhaarig bis verkahlend oder fast kahl.

9 InSkalitz in Ungarn wurde der Waid nachL e u n i s - F r a n k (Synopsis, 1885) noch damals viel gebaut und lieferte jährlich gegen 1500 Zentner Farbe, die als „Kugelwaid“ zum Färben des blauen Tuches in den Handel kam. 2) Name unserer Art bei Columella, Plinius, Horaz u. a. Vom gr. ¿QevyOßCU [ereügomai], lat. eructäre = rülpsen, aufstossen, erbrechen (wohl wegen des brennenden, eigenartigen Geschmackes der Pflanze); oder (nach anderer, weniger ansprechenden Auffassung) von lat. ürere = brennen, als ob die Pflanze urica geheissen hätte. 3) Gr. evfaflov [eüzomon], Name der Rauke bei Theophrast und Dioskorides, von griech. £-ö [eu] = schön, gut und £(0[i6g [zomös] = Suppe, Brühe; also eine Gewürzpflanze. 4) Der Name bezieht sich auf die Formen von Eruca vesicaria subsp. sativa mit kurzer, fast schötchenförmiger Frucht, die äusserlich einen Uebergang von Eruca zu der Gattung Vella bildet.

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Laubblätter leierförmig bis fiederteilig. Eiweissschläuche im Mesophyll. Blüten sehr kurzgestielt, gross. Kelchblätter aufrecht, am Grunde etwas höckerartig gewölbt, jedoch nicht eigentlich gesackt. Kronblätter gelb oder weisslich, seltener lila oder purpurn, dunkler netzaderig, lang genagelt, mit abgerundeter oder gestutzter bis fast ausgerandeter Platte. Kurze Staubblätter innen am Grunde mit einer wulstigen, halbmondförmigen Honigdrüse; lange Staubblattpaare aussen am Grunde mit einer kurzen, zungenförmigen Drüse. Frucht­ knoten sitzend; Griffel deutlich, Narbe kurz 2-lappig, mit zusammengedrückten, aufrechten Lappen, über den Mittellinien der Fruchtklappen herablaufend. Frucht auf kurzem, auf­ rechtem Stiel der Traubenachse anliegend, breit schotenförmig, 2-klappig aufspringend, mit durch einen starken Mittelnerv gekielten Klappen und langem, breitem, schwertförmig zu­ sammengedrücktem, samenlosem Schnabel. Scheidewand zart; ihre Oberhautzellen viel­ seitig, mit dicken, welligen Wänden. Samen in jedem Fach ± deutlich 2-reihig (bei einzelnen Formen auch fast 1-reihig), rundlich-ellipsoidisch, etwas abgeflacht, meist nicht berandet. Keimblätter um das Würzelchen rinnig-längsgefaltet (Taf. 129, Fig. 5b), an der Spitze ausgerandet-2-lappig. Die Gattung Eruca steht Sinapis sehr nahe, unterscheidet sich jedoch durch die 2-lappige Narbe mit aufrechten Lappen, die 1-nervigen, gekielten Fruchtklappen, die meist 2-reihigen, kleineren, abgeflachten Samen usw. Die etwa 10 in neuerer Zeit unterschiedenen Arten, die wohl bedeutend — vielleicht auf deren zwei — zu reduzieren sein dürften, sind im Mittelmeergebiet beheimatet. Für Mitteleuropa kommen folgende Sippen in Betracht:

1243. E ruca v e sic ä ria (L.) Cav. em. Thellung (= E. sativa Cosson). G em eine R auke, Ruke (auch Rucke, Runke, Rukke), Raukette, Raukenkohl, Senfkohl. Franz.: Roquette, eruce, ruce; engl.: Garden rocket, Roman rocket; ital.: Eruca, ruca, ruchetta, rucola oder rucula (im Tessin ricola). Taf. 129, Fig. 5. Ein- bis zweijährige Pflanze mit ziemlich dünner, spindelförmiger Wurzel, etwa 5 bis 40 (60) cm hoch, rauh-flaumig oder seltener lang-rauhhaarig mit abstehenden oder zurückgeschlagenen Haaren, zuweilen auch verkahlend bis fast völlig kahl (vgl. die Unterund Abarten), beim Zerreiben mit eigenartigem, unangenehmem, an Diplotaxis muralis und D. tenuifolia erinnerndem Geruch. Stengel aufrecht, oberwärts (oder auch vom Grunde an) ästig, kantig gestreift. Untere Laubblätter gestielt, mittlere und obere häufiger ungestielt, alle leierförmig-fiederteilig, seltener fiederschnittig, mit jederseits etwa 2 bis 5 länglichen, lanzettlichen oder linealischen, lappig- oder buchtig-gezähnten oder ausgeschweiften, seltener ganzrandigen Abschnitten und meist grösserem, länglichem oder verkehrt-eiförmigem^ seltener gleichgestaltetem Endlappen; zuweilen auch alle Stengelblätter nur fiederspaltig, gezähnt oder selbst fast ganzrandig. Blüten in am Stengel und den Aesten endständigen, anfangs dichten, später sich rutenförmig verlängernden und lockeren Blütenständen, ohne Trag­ blätter. Blütenstiele kurz (etwa 1/i bis V2> selten bis so lang als der Kelch), aufrecht­ abstehend, auch nach dem Verblühen kaum verlängert. Kelchblätter linealisch-elliptisch, stumpf, etwa 7 bis 10 (12) mm lang und U/a bis 2 mm breit, oberwärts schmal-hautrandig, nach der Blütezeit zuweilen stehenbleibend. Kronblätter etwa doppelt so lang als der Kelch, mit langem, schmalem, aufrechtem, den geschlossenen Kelch überragendem Nagel und abstehender, verkehrteiförmig-keiliger, an der Spitze abgerundeter, seltener gestutzter bis etwas ausgerandeter Platte, verschieden gefärbt (vgl. die Unterarten), stets mit dunklerer (meist violettbrauner) Netzaderung. Frucht auf aufrechtem Stiel der Traubenachse an­ liegend, etwa 15 bis 25 (34) mm lang und 3 bis 5 mm breit, in der Umrissform, sowie im Längenverhältnis von Fruchtklappen und Schnabel sehr veränderlich, kahl oder behaart. Samen meist (4) 5 bis 10 (20) in jedem Fach, etwa l 1/i bis 21/a mm lang und U bis 2/3

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mm breit. Samenschale gelbbraun bis rötlichgelb, fast glatt, bei Benetzung nicht oder wenig verschleimend. — V, VI (in südlichen Gegenden auch schon III, IV). Selten an Wegen, in Rebbergen, Feldern, auf Gartenland, Mauern, Schutt, an sandigen Abhängen. Ueberall nur aus der ehemaligen (namentlich im Mittelalter betriebenen) Kultur (als Salatpflanze) verwildert oder neuerlich aus Südeuropa (z. B. mit LuzerneSamen) eingeschleppt; dauernd eingebürgert im österreichischen Küstenland, in Südtirol und im Kanton WTallis, sonst nur vorübergehend auftretend. A llg em ein e V erb reitu n g: Mittelmeergebiet (Südeuropa, Nordafrika bis Nubien, Vorderasien von Syrien und Kleinasien bis nach Afghanistan und Turkestan); verwildert oder verschleppt in England, Belgien, den Niederlanden, Schweden, Mitteleuropa (vgl. unten), Südafrika, China, Neuseeland, Nordamerika und Mexiko. 21/i

Im blühenden Zustand ähnelt die Pflanze stark gewissen Formen von Raphanus Raphanistrum; diese letzteren unterscheiden sich jedoch leicht durch die längeren (dem Kelch an Länge mindestens gleichkommenden) Blütenstiele, die nur sehr kurz (fast 2-knotig) ausgerandete, kaum herablaufende Narbe und einen abweichenden Geruch der zerriebenen Pflanze. — Eruca vesicaria im weiteren Sinne lässt sich für die Zwecke der mittel­ europäischen Floristik provisorisch folgendermassen gliedern : I. subsp. sativa (Miller) Thellung (= Brassica Eruca L., = Raphanus eruca Crantz, = Sinäpis Eruca Clairv. [1811], Roehling [1812], = Cäülis eruca E. H. L. Krause, = Eruca eruca A. et G., = Crucifera eruca E. H. L. Krause, = E. sativa Miller [1768] pro parte [synon. confusa], Lam. [1779], = Euzömum sativum Link, = Eruca sativa var. sativa Cosson [emend.], = E. foetida Mönch, = E. grandiflöra Cav., = Brassica türgida Pers., = B. erucoides Hornem. nec Boiss., = Sinapis erucoides Lapeyr. herb, [nec L.] sec. Bubani, = Sinapis exötica Hort, ex DC., = E. Ruchetta Spach, = E. Ruchella [err. typ.] Steudel, = Erucago sativa, Brassica Erucago et Erucago Erucago [err. pro Eruca] Huth, = Eruca silvestris Bubani, = E. latifolia [C. Bauhin] Lunell [1916]). Frucht zur Reifezeit etwa bis 4 ( 4 7 2 ) mm breit. Samen etwa D/ 2 bis 2 mm lang. Pflanze kürzer oder länger rauhhaarig (vgl. jedoch die var. longirostris). Laubblätter meist leierförmig-fiederspaltig mit gezähnten, spitzen Abschnitten (selten fast ungeteilt). Kronblätter beim Aufblühen meist gelblich, später in der Regel weisslich- oder lila­ verblassend, mit violettem Adernetz. Dies die in Europa weitaus vorwiegende, im ganzen Areal der Art ver­ breitete Unterart. In D e u t s c h l a n d als Gartenpflanze z. B. zu C. G e s n e r s Zeiten (1560) gezogen; von H o f f m a n n (1791) nur aus Schlesien (nach K r o c k e r 1790; eine ganz zweifelhafte Angabel) erwähnt. Im Eisass und in Baden zu C. G m e l i n s Zeiten (um 1820) hie und da in Gemüsegärten gezogen, auch in K i r s c h l e g e r s Flore d’Alsace (1852) in dieser Eigenschaft aufgeführt; im Eisass neuerlich eingeschleppt zwischen Fröningen und Hochstatt, zwischen Hessenheim und Ohnenheim und bei Kaysersberg (unter Espar­ sette); in Baden im Hafen von Mannheim (1887 usw.) und in der Mühlau daselbst, in der bayerischen Pfalz im Hafen von Ludwigshafen (seit 1901). In der Rheinprovinz bei Kreuznach und zwischen Norheim und Hüffelsheim (1908), sowie in den Rheinhäfen von Neuss, Dorsten (1908), Düsseldorf, Uerdingen und Krefeld, bei Essen (1912). In Westfalen bei Rothenfeld. In Hannover verschleppt bei Steigertal (Regierungsbezirk Hildesheim) 1897. Beim alten Hamburger Bahnhof zu Bremen 1893. Um Hamburg schon vor 1890 mehrfach (Winterhuder Alsterufer, Diebsteich, Mühlenkamp, Altonaer Begräbnisplatz). In Anhalt bei Aken. In Brandenburg bei Rüdersdorf (1893/94), Köpenick (1893) und Tegel (1895). In Westpreussen bei Thorn (1897). In Schlesien nach K r o c k e r (1790) angeblich mehrfach an ungebauten Orten (?); neuerlich verschleppt bei Grünberg und Militsch. In Sachsen im Plauenschen Grunde bei Dresden, bei Nordhausen und Magdeburg. In Bayern ehedem gebaut, neuerlich ver­ schleppt oder verwildert bei Kottersdorf unweit Kiech, um Nürnberg und bei München. — In O e s t e r r e i c h in Böhmen (mit Klee eingeschleppt; Neu-Beratek, Jungbunzlau, Klattau), Niederösterreich (zu Cr a n t z ’ Zeiten [um 1760] in Gemüsegärten gebaut, neuerlich [1868] vorübergehend im Wiener Prater eingeschleppt), im Küstenland (auf Brachen, Gartenauswurf und Grasplätzen, wohl überall ursprünglich aus Saatland entflohen; in den südlichen Vorstädten von Triest sehr häufig, sonst hie und da; kultiviert und verwildert in Südistrien, dort auch als wildwachsende Pflanze die var. longirostris), in Krain (im südwestlichen Teil im Wippach- und Rekatale stellen­ weise gebaut und daselbst auf Brachen, Grasplätzen und an Wegen verwildert), Kärnten (zu W u l f e n s Zeiten [Ende des 18. Jahrhunderts] auf Gebirgsäckern in Oberkärnten), Tirol (stellenweise eingebürgert; um Trient mehrfach, Valle Lagarina, Castel Corno; vorübergehend verwildert oder verschleppt bei Innsbruck [um 1853], Meran, Brixen und Bozen), Vorarlberg (kürzlich bei Frastanz gefunden). In der S c h w e i z dauernd eingebürgert im Wallis, schon von Ha l l e r (1742) zwischen St. Leonhard und Siders angegeben (in den Abarten hispida und dasycarpa [vgl. unten], verbreitet in der Talsohle von St. Maurice bis Leuk, 450 bis 1180 m [Chermignon]); im Waadtländer Rhonetal unbeständig bei Ollon undTombey ( Hal l er, 1768) und bei Bex beobachtet; ehedem als Gartenpflanze gezogen, z. B. in Genf und Basel nach J. Ba u h i n [1651] (auch noch neuerlich [1901] von

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Italienern oberhalb Gibswil im Kanton Zürich), vorübergehend verwildert bei Versoix am Genfersee, am Frei­ burger Ufer des Neuenburgersees usw.; neuerlich verschleppt bei Genf, bei Rüschlikon [Kanton Zürich] (1907), im Bahnhof Zürich (1916, The l l ung) ; im Tessin gebaut und verwildert, so bei Molino Nuovo und Melide. Die Unterart sativa ist in der Grösse, der Tracht und der Behaarung der Pflanze, im Schnitt der Laubblätter, der Färbung der Kronblätter, der Form (Länge) der Fruchtklappen und des Schnabels, der Be­ haarung der Frucht usw. sehr veränderlich; vgl. A. Pyr. de C a n d o l l e System all (1821), pag. 638. Es lassen sich etwa folgende 6 durch Uebergangsformen verbundene Rassen festhalten: a) var. g e n u i n a Rouy [Pospichal pro forma] ( = E. sativa auct. sens. strict., == E. vesicaria var. sativa Thellung Fl. adv. Montpell., = E. breviróstris, lanceolata et deserti [?] Pomel, = E. sativa f. lanceolata Durand et Schinz). Kelch frühzeitig abfallend. Fruchtschnabel verhältnismässig kurz und breit, etwa ^2 so lang als die Fruchtklappen oder nur wenig länger; Fruchtklappen bis 4*/2 mm breit. Samen deutlich 2-reihig. Wohl jm ganzen Verbreitungsgebiet der Art. Hieher die meisten mitteleuropäischen Vorkommnisse. Nach der Be­ haarung lassen sich unterscheiden: subvar. h í s p i d a (Ten.) Rouy et Fouc. [pro var., nec Groves] ( = Brässica hispida Ten. [pro parte?], = E. hispida DC. [pro parte?], = Euzómum hispidum Link). Stengel bis zu den Blüten, wie auch der Kelch, von langen (etwa 2 mm), weissen, abstehenden bis etwas abwärts geneigten Haaren dicht rauhhaarig oder zottig., Dies vielleicht eine Wildform der Art; so im Wallis bei FollateresBranson und verschleppt bei Genf aux Päquis (1874). — subvar. d a s y c ä r p a Trautv. ( = Brassica hirta Mönch?, = E. permixta Jordan?, = E. sativa var. híspida Groves, = E. hispida Groves nec DC., = Brassica Eruca Suter, Murith, = E. sativa Gaudin et auct. Helv.). Oberer Teil des Stengels, Blütenstandsachse und Kelch kurzhaarig, mit meist rückwärts angedrückten Haaren. Fruchtklappen steifhaarig, mit rückwärts gerichteten, pfriemlichen, am Grunde oft höckerig verdickten Borstenhaaren. Hieher fast alle Vorkommnisse im Wallis; Erfurt 1895 ( Rei neckel ) . — subvar. o l e r á c e a Thellung ( = E. sativa auct. sens. strictiss.). Behaarung des Stengels und des Blütenstandes wie bei voriger subvar. Fruchtklappen kahl. So als Salatpflanze gebaut und verwildert, offenbar in der Kultur durch fortgesetzte Auslese möglichst kahler Pflanzen, die für die Zwecke der menschlichen Nahrung naturgemäss am geeignetsten sind, entstanden. — Nach dem Schnitt der Laub­ blätter lassen sich unterscheiden: subvar. m e d i t e r r á n e a Sickenberger (pro var. E. sativae), mit leierförmigfiederteiligen Laubblättern (die Normalform) und subvar. N üb i c a Sickenberger (pro var.), mit verkehrteiförmig­ länglichen, ungeteilten, nur etwas gezähnten Laubblättern (So in typischer Ausbildung kultiviert und verwildert in Nubien; eine vielleicht hieher gehörige Pflanze wurde 1908 im Rheinhafen von Neuss in der Rheinprovinz [H. Hö p pn e r l ] gesammelt). b) var. l o n g i r ö s t r i s (Uechtr. pro spec.) Rouy s. ampl. ( = var. leptocárpa Pau, = Brassica Uechtritziána *) Janka, == B. Eruca Sibth. et Sm. [nec L.] sec. Heldr.). Fruchtschnabel so lang wie die etwa 3 mm breiten, mit starkem Mittelnerv versehenen Klappen, oder nur wenig kürzer (mindestens 3/ i so lang), lanzettlich. Samen oft schmal berandet. Pflanze in Behaarung, Schnitt der Laubblätter usw. bald der var. genuina gleichend, bald (subvar. g l a b r e s c e n s [Jordan pro spec.] Thellung [= E. sativa „forme“ E. glabrescens Rouy et Fouc., = Brassica Eruca Boiss. nec L.]) stark verkahlend, mit entfernten, sehr schwach gezähnelten Laubblattabschnitten und oft deutlicher gelben Kronblättern, im blühenden Zustand der subsp. lativalvis var. Cappadocica sehr ähnlich. Durch behaarte Fruchtklappen ist ausgezeichnet: subvar. hi s pi di v á l v i s Thellung ( = E. glabrescens ß dasycärpa Rouy et Fouc. nec Trautv.). Heimisch im Mittelmeergebiet, z. B. auch in Südistrien als wild angegeben; verschleppt im Rheinhafen von Karlsruhe (1910 A. M a e n n i g im Herb. K n e u c k e r l ? zu junge Exemplare, anscheinend subvar. hispidivalvis), bei Triest, im Rheinhafen von Basel (1915, P. A e l l e n l , subvar. hispidivalvis), in Solothurn (1916, Pr o bs t ! ) und beim Belvoir in Zürich (1915, Th e l l u n g ) . Die subvar. glabrescens besonders im westlichen Mittelmeergebiet (Südspanien, Südfrank­ reich, Korsika usw.); eingeschleppt in den Niederlanden, in der Rheinprovinz (Kreuznach und zwischen Norheim und Hüffelsheim 1908), bei Genf (Chätelaine, 1882, S c h m i d e l y l ) und wohl noch da und dort unter süd­ französischer Luzerne, aber bisher nicht genügend unterschieden (möglicherweise gehören auch einige Angaben von „E. Cappadocica“ in Wirklichkeit hieher). c) var. o r t h o s e p a l a *2) (Lange pro var. E. vesicariae) Thellung ( = E. orthosepala Lange, = E. sativa var. polyspérma Rouy). Fruchtklappen schmäler als beim Typus, meist länger als der Schnabel. Samen kleiner und auffallend zahlreicher als bei den 2 vorhergehenden Rassen (8 bis 20 in jedem Fache), meist deutlich 2-reihig (Spanien). d) var. s t e n o c á r p a (Boiss. et Reuter pro spec.) Cosson ( = subsp. stenocarpa Rouy et Camus). Frucht schmal (meist nur 2 bis 21/jmm breit). Mittelnerv der Klappen undeutlich. Samen fast 1-reihig. J) Nach Rudolf v o n U e c h t r i t z , geboren am 31. Dezember 1838 in Breslau, gestorben ebenda am 21. November 1886, verdientem Erforscher der Schlesischen und der Europäischen Flora überhaupt. 2) Von gr. ÓQ'd'óg [orthös] = gerade, aufrecht und lat. sépalum = Kelchblatt.

203 Fruchtschnabel oft kürzer als bei var. longirostris. Einheimisch in Algerien und Marokko, vielleicht auch in Südspanien; eingeschleppt bei Genf (aux Päquis, 1874). e) rar. v e s i c ä r i a e (L.) Cosson ( = Brassica vesicaria L. et E. vesicaria Cav. sens. strich, = Räphanus vesicarius Crantz, = Euzomum vesicarium Link, = Vellerüca vesicaria Pomel, = E. sativa subsp. vesicaria Briq., = E. vesicaria var. vesicaria Thellung Fl. adv. Montpell.). Kelch nach dem Verblühen meist stehen bleibend, etwas blasig erweitert. Fruchtklappen meist stark gewölbt und bei der Reife verhärtet, oft kürzer als der Schnabel, in der Regel dicht rückwärts-steifhaarig. Vielleicht mehr nur eine Abnormität als eine Rasse oder in der angegebenen Fassung möglicherweise ein Gemenge heterogener Formen. Eine Form mit frühzeitig abfälligem Kelch (subvar. l o n g i s t y l a [Pomel pro spec.] Thellung [ = Vellerüca longistyla Pomel]) unterscheidet sich von den vorhergehenden Rassen durch die sehr kurze, fast kugelige Frucht mit verhältnismässig sehr langem (fast die doppelte Länge der Klappen erreichendem) Schnabel. Ein­ heimisch in Spanien und dem westlichen Nordafrika; eingeschleppt in England, bei Montpellier, bei Paris (1871, „Florula obsidionalis“) und in Korsika gefunden, 1915 auch in der Schweiz (Disentis [Graubünden], unter Algerisch-Marokkanischem Hafer [Avena Byzantina], H ag er 1; Solothurn 1915/16, Probst l ). f) var. p i n n a t i f i d a (Desf.) Cosson ( = Brassica pinnatifida Desf., = E. pinnatifida Pomel). Hohe, kräftige Pflanze mit röhrigem, leicht zusammendrückbarem Stengel. Untere Laubblätter sehr gross, oft 25 bis 40 cm lang, fiederteilig, mit entfernten, lanzettlichen oder länglich-lanzettlichen, meist nur schwach gezähnten, am Grunde längs der Blattspindel in einen Flügel zusammenfliessenden Abschnitten. Fruchtstiele fast 7* so lang als die Frucht, bogig-aufsteigend. Blüten gross. Kelch abfällig. Früchte gross; Klappen gedunsen, mit starkem, kielartigem Mittelnerv; Schnabel linealisch-lanzettlich, kürzer als die Klappen. Samen regelmässig 2-reihig. So in Algerien, Tunesien und vielleicht in Südspanien.

II. subsp. lativälvis (Boiss. pro spec., sens. ampl.) Thellung. Frucht breiter als bei der Unterart sativa (etwa 47s bis 6.mm breit), mit kurzem, breitem Schnabel. Samen auffallend grösser, etwa (27*) 2 7 2 bis 3 mm lang. Pflanze meist nur im unteren Teil des Stengels zerstreut langhaarig, sonst verkahlend. Heimisch in Südwestasien. Zerfällt in 2 Rassen: a) var. e u - l a t i v a l v i s Thellung ( = Brassica lativalvis Boiss. olim, = E. lativalvis Boiss. sens. strict.). Laubblätter fiederschnittig mit linealischen, gezähnten Abschnitten. Kronblätter blass rosa-gelblich, violett geadert, verkehrteiförmig-keilig. Frucht elliptisch-länglich, bis 6 mm breit, gedunsen, mit gekielten Klappen und breitem, kurzem (etwa die Hälfte der Klappen erreichendem) Schnabel. Nur aus Persien bekannt. b) var. C a p p a d ö c i c a (Reuter pro spec.) Thellung ( = E. sativa var. Cappadocica Post). Laub­ blätter fiederschnittig, mit zusammenfliessenden, stumpfen, sehr schwach gezahnten, am Grunde oft etwas ge­ lappten Abschnitten. Kronblätter in der Regel auch nach dem Verblühen deutlich schwefelgelb, mit braunviolettem Adernetz, an der Spitze meist gestutzt oder schwach ausgerandet. Fruchtschnabel etwa 7» so lang als die Klappen. Aendert ab: subvar. e r i o c ä r p a Boiss. [pro var.] ( = Brassica Eruca ß Sibth. et Sm.?, = E. sativa var. eriocarpa Post). Frucht + behaart. Die Rasse ist in Cypern und in Vorderasien (Kleinasien, Armenien, Syrien, Persien, Turkestan) beheimatet und findet sich in neuerer Zeit eingeschleppt in Südfrankreich (Montpellier?), in den Niederlanden!, in Deutschland in Hannover (Luzernefeld des Finkenberges über Sorsum [Reg.-Bez. Hildesheim] 1910 mit Centaurea solstitialis [auch die subvar.]; mit Brassica iuncea unter Luzerne am Bahndamm zwischen Ahlem und Seelze und an der Chaussee nach Bemerode), auch im Hafen von Krefeld (1913), ferner bei Triest (Porto Nuovo, 1896) und in der Schweiz (Bahnhof Zürich, 1917, Solothurn bei der Malz­ fabrik, 1911; Wiesendamm in Basel, 1915, P. Ael l enI) . Bei mehreren Vorkommnissen ist wegen des Fehlens gutausgebildeter Früchte die Bestimmung nicht völlig sicher; ein Teil der Pflanzen dürfte aus handelsgeschicht­ lichen Gründen eher zu subsp. sativa var. longirostris subvar. glabrescens gehören. Die Rauke ist eine uralte Kulturpflanze, die schon dem griechischen und römischen Altertum bekannt war und auch heute noch im Mittelmeergebiet als Oel-, Senf-, Salat- und Gemüsepflanze viel gebaut wird; namentlich werden die jungen Triebe als Zutat (Würze) zu Salat verwendet. In den mitteleuropäischen Gärten spielte sie, wie schon bemerkt, namentlich im Mittelalter und in der frühen Neuzeit eine Rolle, während sie seit etwa 100 Jahren bei uns fast völlig ausser Gebrauch gekommen ist. Als „Senfpflanze“ wird sie heute noch in Südfrankreich, in Spanien, in Persien sowie in Indien (hierher Yamba Rapssaat und Cawnpure Reps) angebaut. Die Pflanze besitzt einen (beim Zerreiben entstehenden) starken, unangenehmen, an unsere gelbblütigen Diplotaxis-Arten erinnernden Geruch und einen scharfen, pikanten Geschmack; sie wurde ehedem auch als Heilmittel (Diureticum, Antiscorbuticum, Stimulans, Rubefaciens, gegen Wassersucht, als magen­ stärkendes Mittel usw.) verwendet und galt als wirksames Aphrodisiacum („Excitat ad venerem tardos Eruca maritos“ ; „Erucas jubeo vitare salaces“). Die gleichen Eigenschaften wurden auch den scharfschmeckenden, zur Herstellung von Senf namentlich in Griechenland verwendeten Samen zugeschrieben, die Schwefelver­ bindungen und ziemlich viel Oel enthalten; in dem letzteren findet sich eine Fettsubstanz (Erucin), associiert mit Olein und Stearin. Nach den Untersuchungen von Ha l s und Gr a m enthalten die Samen von Eruca

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sativa etwa 30°/o Rohprotein und 30,8% Fett. Das mit Petroläther extrahierte fette Oel steht in der Zu­ sammensetzung dem Rüböl nahe; auch in der Zusammensetzung der Asche zeigt sich eine grosse Aehnlichkeit mit den Rapssamen. Durch Destillation lässt sich 0,5 bis 1,3% eines flüssigen Oeles (vermutlich ein oder mehrere Senföle) gewinnen, das sich von den Senfölen der gewöhnlichen Raps-Arten durch den scharfen, brennenden Geschmack, die geringe Flüchtigkeit, die Löslichkeit in warmem Wasser und durch den höheren Gehalt an Stickstoff und Schwefel wesentlich unterscheidet. Die getrockneten Destillationsrückstände der Samen, die keine flüchtigen Bestandteile entwickeln, werden (besonders in Norwegen) vorteilhaft als Futter für Milchkühe verwendet. Da die Samen sich häufig in Saatgut von südfranzösischer Luzerne vorfinden, gilt die Pflanze geradezu als „Provenienzunkraut“ für südfranzösische Luzerne. — Die ziemlich ansehnlichen (etwa 25 mm im Durchmesser haltenden), zudem durch die violettbraune Äderung der weisslichen Kronblätter noch auffälliger gemachten Blüten werden gern von Bienen besucht. Nur die seitlichen, am Grunde der kurzen Staubfäden gelegenen Honigdrüsen sondern Nektar ab; die medianen sind in der Regel funktionslos. Die Staub­ beutel stehen dicht um die gleichzeitig entwickelte Narbe herum, so dass spontane Selbstbestäubung unver­ meidlich ist. — Als Abnormität wurden durchwachsene Blüten beobachtet, bei denen aus der Achsel der (verlaubten ?) Fruchtblätter Blattbüschel oder Blütenstände entsprossten. Die Keimfähigkeit der Samen dauert 4 Jahre.

C C C X X X I. Sinapis1) L. em. P rantl (= Sinäpi A danson pro parte, = N äpus sect. Sinapis Schim per et Spenner pro parte, = Sinapis sect. Leucosinäpis D C ., = Leucosinäpis Spach, = Brassica sect. Leucosinapis Bailion, = B onännia*2) Presl, = R[h]am phosperm um 3) Andrz. ex R chb., = Sinapis sect. Ram phosperm um A ndrz. ex R chb., = Rham phosperm a H assk., = Brassica Boiss. pro parte nec L.). S en f. F ranz.: M outarde, sénevé; engl.: M ustard; ital. : Senapa. Das Wort S e n f (althochdeutsch senaf, goth. sinap, schwedisch senap) ist (wie andere Gewürznamen, z. B. Pfeffer, Kümmel) aus dem lateinischen sinapis (vgl. Fussnote 1) entlehnt. An die althochdeutsche Form schliesst sich das thüringische S e n e f (Gotha) und das elsässische S ë ne f [ t ] noch eng an; in Norddeutschland ist auch S e mp , in der Schweiz S e m p f gebräuchlich. Gewöhnlich gilt jedoch im Niederdeutschen die Be­ zeichnung Mo s t e r t , M u s t e r t , M u s t e r t s a d , was eigentlich „mit Most angemachter Senf“ bedeutet (auch Mostrich). Im Englischen finden wir das Wort als mustard, im Französischen als moutarde (vgl. pag. 239).

Einjährige, aufrechte, meist ästige Kräuter mit ungeteilten oder leierförmig-fiederspaltigen bis fiederteiligen Laubblättern und stets einfachen Haaren. Eiweissschläuche im Mesophyll der Laubblätter. Blüten ziemlich ansehnlich, ohne Tragblätter. Kelchblätter abstehend (selten fast aufrecht), nicht gesackt. Kronblätter gelb oder blass mit violetten Adern. Innen am Grunde der kurzen Staubblätter je eine nierenförmige bis rechteckige Honigdrüse, ferner vor jedem der längeren Staubblattpaare je eine zungenförmige Drüse. Fruchtknoten sitzend. Griffel allmählich in den Schnabel des Fruchtknotens übergehend. Narbe ausgerandet-2-lappig, nicht herablaufend. Frucht schotenförmig, 2-klappig auf­ springend, mit langem, stark seitlich zusammengedrücktem, schwertförmigem, 2-schneidigem Schnabel (Taf. 130, Fig. 3 a). Fruchtklappen gewölbt, mit 3 bis 5 deutlichen Längsnerven, oft über den Samen höckerig vorgewölbt, zuweilen steifhaarig. Scheidewand derb, mit sehr dickwandigen, vielseitigen Oberhautzellen. Samen kugelig (Taf. 130, Fig. 3b), in jedem Fach 1-reihig. Keimblätter tief ausgerandet - 2-lappig, rinnig-längsgefaltet, mit in der Rinne liegenden Würzelchen (Taf. 130, Fig. 3c).

In der obigen Fassung — d. h. bei Beschränkung auf die Arten mit flach zusammengedrücktem Schnabel — enthält die Gattung Sinapis etwa 4 Arten, die im Mittelmeergebiet beheimatet sind; die einzige derselben, die für Mitteleuropa in Betracht kommt (S. alba), ist heute durch Anbau und durch Verwildern aus den Kulturen oder durch Verschleppung über einen grossen Teil der Erde verbreitet. J) Lat. sinapis oder sinäpi, Name des Senfs bei Columella und Plinius; griech. oivani [sinapi] oder atvanv [sinapy] bei Nikandros und Theophrast, aivrjni [sinepi] und vdnv [näpy] bei Dioskorides, vänv [näpy] bei Hippokrates und Athenaios ; vänv entsprechend dem lat. näpus, verwandt mit räpus = Rübe. Unrichtig ist die Ableitung von gr. oivoç oder olvog [sinos] = Schaden und coq), ônôç [öps, opös] = Auge, da der Senf den Augen schädlich sei. 2) Nach Vincenzio und Antonio B o n a n n i , zwei Sizilianischen Botanikern, Mitarbeitern Francesco C u p a n i ’s (1657 bis 17H) an dessen grossem und seltenem Werke „Panphyton siculum“ (1713). 3) Von gr. Qdi-LCpoç [rhämphos] = (gebogener) Schnabel und onêg^ia [spérma] = Same.

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1244. S inapis â lb a L. em. Alef. W eiss er S en f, auch Echter-, Tafel-, Speise- oder Englischer Senf genannt. Franz.: Moutarde blanche, sénevé blanc, herbe au beurre; engl.:. White mustard [anglo-amerikan. : Senvie, kedlock] ; ital. : Senapa bianca, ruchettone, luchettone, rapicello salvatico. Taf. 130, Fig. 3, Fig. 777 und Fig. 778 p. Pflanze einjährig, meist überall steifhaarig, mit dünner, blasser, spindelförmiger Wurzel. Stengel etwa 30 bis 60 cm hoch, aufrecht, in der Regel ästig (ausgenommen an Kümmerformen), kantig-gefurcht, von einfachen, nach rückwärts gerichteten, etwa 2/s bis 1 mm langen, pfriemlichen Borsten wenigstens unterwärts steifhaarig, seltener verkahlend. Laub­ blätter meist gleichfalls steifhaarig, sämtlich gestielt, etwa 4 bis 10 (15) cm lang, im Umriss länglich oder eiförmig-länglich, leierförmig-fiederspaltig bis fiederteilig, mit jederseits meist 2 bis 3 länglichen bis lanzettlichen, eingeschnitten-gezähnten oder buchtig-gelappten Ab­ schnitten und grösserem oder fast gleichgestaltetem Endlappen. Blütenstände am Stengel und den Aesten endständig, beim Aufblühen dicht doldentraubig (Fig. 778 p), dann stark ver­ längert und locker. Blüten ziemlich ansehnlich, auf etwa 5 bis 7 mm langen, meist steifhaarigen Stielen. Blütenknospen ellipsoidisch. Kelchblätter an der Knospe schmal-elliptisch, stumpf (die zwei äusseren unter der Spitze oft etwas behörnelt), im aufgeblühten Zustand wagrecht abstehend (durch Einrollen der Ränder linealisch erscheinend), stumpflich, etwa 4 bis 5 mm lang, gelbgrün. Kronblätter hellgelb, etwa doppelt so lang als der Kelch, mit breit verkehrt-eiförmiger (etwa 3 bis 4 mm breiter), an der Spitze abgerundeter, am Grunde verschmälerter Platte und so langem, schmalem (stielartigem) Nagel. Frucht auf ver­ längertem (etwa 10 mm), kantig-gefurchtem, zuletzt etwas verdicktem, anfangs aufsteigendem, dann fast wagrecht abstehendem Stiel aufsteigend, 2 bis 4 mal so lang als der Stiel, etwa (2) 2 bis 4 (4y2) cm lang und 3 bis 7 mm breit. Fruchtklappen häufiger steifhaarig, von 3 starken Längsnerven durchzogen, meist stark holperig, an der Spitze mit einem nach innen und oben vorspringenden, kurzen, stumpfen Fortsatz in eine entsprechende Höhlung des Schnabels hineingreifend. Fruchtschnabel so lang oder bis 3 mal so lang als die Klappen, am Grunde so breit wie dieselben (aber viel dünner) und am Rahmen etwas herablaufend, dreieckig-lanzettlich, nach der Spitze allmählich verschmälert, oft etwas sichelförmig aufwärts gebogen, in der Mitte jeder Fläche von 3 starken Längsnerven durch­ zogen, in seinem unteren Teil zuweilen einen Samen enthaltend. Narbe breiter als das Griffelende, tief 2-lappig, mit rundlichen (oft fast halbkugeligen), meist spreizenden Lappen. Samen in jedem Fach meist 2 bis 3 (selten 4 oder nur 1), fast kugelig, etwa 1,78 bis 2,5 mm im grössten Durchmesser. Samenschale bräunlich oder weisslich, unter starker Lupe dicht und fein grubig-punktiert erscheinend, bei Benetzung verschleimend. — VI, VII bis Herbst. Im ganzen Gebiet hie und da auf Aeckern zur Senfgewinnung (vgl. pag. 239) oder auch als Grünfutter (meist mit Hafer, Oelrettich, Buchwreizen, Roggen, Wicken gemengt), sowie gelegentlich als Einfassung der Aecker zum Schutze gegen das Vieh angebaut und nicht selten in Aeckern (besonders unter Hafer und Flachs), auf Brachfeldern, Gartenland, Grasplätzen, Schutt, an Wegrändern, in Wäldern um Kohlenmeiler usw. verwildert; doch wohl überall nur vorübergehend (als „teilweise völlig eingebürgert“ vom Preussischen Weichselufer angegeben). In den Gebirgsländern im allgemeinen seltener (in Niederösterreich jedoch bis an die Schwaighütten, 1435 m, ansteigend); in Steiermark, Krain, Tirol und im Kanton Wallis sehr selten. Fehlte 1897 nach R hin er den Kantonen Graubünden, Tessin, Uri, Zug, St. Gallen und Appenzell. Häufig dagegen z. B. auf Helgoland. A llg e m e in e V e r b r e itu n g : Einheimisch im Mittelmeergebiet7 (Südeuropa von Spanien bis zur Krim; Vorderasien bis nach Ostindien; Nordafrika von Aegypten bis zu9 * /2

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9 Da die Pflanze, ähnlich wie Brassica nigra (pag. 236), heute selbst im Mittelmeergebiet fast nur an künstlichen Standorten vorkommt, lässt sich ihre Urheimat nicht mehr ermitteln.

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den Kanaren). Angebaut und verwildert oder verschleppt in Mittel- und Nordeuropa (in Norwegen bis 67° 9' nördl. Breite, in Schweden bis Jämtland), Japan, Neuseeland, Nordamerika, Westindien, Uruguay usw. Die Art gliedert sich in folgende Sippen : I. subsp. eu-álba Briq. ( = S. alba L. et auct. sens, strict., = Ráphanus albus Crantz, = Ramphospérmum album Andrz. ex Rchb., = Leucosinápis alba Spach, = Brássica alba Boiss. [1839], Scheele [1843], = Sinapistrum*) album Chevallier, = Erúca alba Noulet, = S. foliósa Willd. sec. Boiss. [ = S. alba var. foliosa Alef.], = Bonánnia officinális Presl, = Nápus Leucosinapis Spenner, = Crucifera lámpsana*2) E. H. L. Krause, = S. nigra Plenck nec L., = S. incána Kit.? nec L., = S. híspida Ten., Laterr. nec Schousboe). Pflanze + steifhaarig, kräftig, mit meist ziemlich dicken Aesten. Laubblattabschnitte breit, länglich oder verkehrteiförmig-elliptisch, ungleichmässig gezähnt, genähert, die oberen zusammenfliessend, der Endlappen meist deutlich grösser (vgl. jedoch die var. Corsica). Fruchtstiele und Früchte zur Reifezeit meist abstehend, letztere ziemlich cylindrisch, etwa 3 bis 4 mm breit, gleich dem Stengel von pfriemlichen, bis 1 mm langen Borsten steifhaarig.34) Im ganzen Verbreitungsgebiete der Art. Gliedert sich in 2 Rassen: a) var. g e n ui na Briq. Laubblätter leierförmig-fiederspaltig, ihr Endabschnitt viel grösser als die seitlichen, meist eiförmig und stumpf. Dies die allgemein angebaute und verwilderte Form der Art. Nach der Farbe des Samens lassen sich 3 Abarten unterscheiden: subvar. v u l g a r i s Alef. [pro var. S. albae] ( = var. tÿpica Beck). Samen gelblich-weiss ; subvar. B a t á v i c a Jessen [pro var.] („Holländischer Senf“). Samen zum Teil (selten alle) hellbraun; subvar. m e l a n o s p e r m a * ) Alef. [pro var.] ( = var. phaeospérma5) Beck [pro var.]). Samen braunviolett bis schwärzlich. b) var. C o r s i c a Briq. ( = S. dissécta Salis et auct. Gail, pro parte [quoad pl. Cors.], nec Lag.). Laubblätter etwas leierförmig oder fiederteilig; Abschnitte schmäler, länglich-elliptisch, der Endlappen nicht oder kaum grösser als die seitlichen, weniger abgerundet. Pflanze etwas weniger steifhaarig. Eine Uebergangsform zu folgender Unterart, bisher mit Sicherheit nur aus Korsika bekannt. II. subsp. dissécta (Lag.) Bonnier [1911], Briq. [1913] ( = S. dissecta Lag., = Bonánnia dissecta Presl, = Brássica dissecta Boiss., = Crucifera dissecta E. H. L. Krause, = S. Ucránica Czern., = S. alba var. glabráta Döll, Simonkai, = f. leiocárpa Murr, = Sisymbrium glaúcum Sieber sec. Cosson, = S. laciniáta [sphalm.] „Lag.“ ex Abromeit). Pflanze meist stark verkahlend, mit dünnen, weniger kantigen Aesten. Laubblätter dünn, fiederteilig, mit schmalen (lanzettlichen oder länglich-lanzettlichen), entfernten, oft ziemlich tief gelappten Abschnitten (dadurch zuweilen fast doppelt-fiederspaltig) ; Endlappen nicht oder kaum grösser als‘die seitlichen. Fruchtstiele auch zur Reifezeit + gebogen, die Früchte auf ihnen aufstrebend. Frucht gedunsen, etwa 4 bis 7 nun breit, bald + steifhaarig (f. L a g a s c á n a [Alef. 1866 pro var. S. albae] Thellung, = var. ß Lag., = Bonánnia multífidá Presl, = S. dissecta var. dasycárpa Busch [1908], = var. pseudálba Briq. [1913]), bald kahl (f. s u b g l á b r a Briq. [pro var,]r = var. a DC., = Bonannia dissecta Presl sens, strict., = S. alba var. dissecta Alef.). Same unter der Lupe etwas gröber grubig-punktiert erscheinend als bei der Unterart eu-alba. Durch einen sehr kurzen, fast kreisrundlichen Klappenteil der Früchte ist die f . s u b o r b i c u l á t a Busch ausgezeichnet. — Die Unterart gedeiht (meist als Kulturunkraut, vorzugsweise unter Lein) in Spanien, Italien, Sardinien, Sizilien, Rumänien, Südrussland (an ungebauten Orten wie wild [?], doch auch angebaut), auf Kreta, im Kaukasus und in Algerien und findet sich mit fremdem Getreide, unter Lein usw. eingeschleppt in Frankreich (nordwärts bis zu den Ardennen und nach Lothringen [Malzéville, Longuyon, le Chesne]), England, Belgien, den Niederlanden, in Dänemark, Schweden, sowie in D e u t s c h l a n d (in Baden zwischen Karlsruhe und Rintheim vor 1862 [nach D ö l l , als S. alba var. glabrata]; Hafen von Mannheim-Ludwigshafen 1912; Rheinwerft von Uerdingen 1912 [ Bont e! ] ; in Thüringen in einer Kiesgrube bei Ilversgehofen und im Bett der Apfelstedt bei Tambach unweit Erfurt 1891; bei Zerbst [Anhalt] 1908; bei Tegel 1895; am Kaibahnhof in Königsberg seit 1882 mehrfach; bei Breslau einmal vor 1881 [? als S. alba var. glabrata angegeben]; in Bayern angebaut bei Dechsendorf un­ weit Erlangen 1894), in Oesterreich (Triest nach B e r t o l o n i 1847; Leinfelder bei Mühlau unweit Innsbruck von 1884 an mehrfach [die Angabe vom Bahnhof Landeck ist irrig]) und in der Schweiz (Villeneuve [Waadt] vor 1869; Orbe [Waadt] bei einer Mühle, 1883 bis 1891!; Reckingen [Wallis] vor 1895; Wiesendamm in Basel 1915 [P. Ael l en! ] , Birsfelden 1916 [W. We be r ! ] ; Pfarrgarten Kilchberg bei Zürich, 1883, Baumann! ) . Die behaart- und die kahlfrüchtige Form treten oft gemischt auf und sind, zumal da Uebergänge Vorkommen, systematisch ziemlich wertlos. — Die Samen der Unterart dissecta, die namentlich in Südrussland angebaut wird, *) 2) 3) 4) 6)

Von sinápis und ástrum = Stern, Bild, Abbild; also eine dem Senf ähnliche Pflanze. Gr. Áafiy)ávr] [lampsáne], Name des weissen Senfs bei Dioskorides. Die var. glabráta Döll (1862) mit kahlen Schoten gehört fast zweifellos zur subsp. dissécta. Von gr. jttéXaç, Genitiv ß éXavog [mêlas, mélanos] = schwarz und anégna [spérma] = Same. Von gr. qpcuóg [phaiós] = schwarzgrau und onsQßa [spérma] = Same.

207 dienen zur Herstellung des sogenannten „Gardal-Senfs“ [Gardal = arabische Bezeichnung für Senf]. Nach A. V u i l l e m i n (Beiträge zur Kenntnis der Senfsamen, Dissertation Universität Zürich, 1904) sind sie von denjenigen der Unterart eu-alba (vgl. Bd. I, pag. L und Bd. IV, Fig. 777) anatomisch durch die Maschenzeichnung der Samen­ schale (hervorgerufen durch die ungleiche Höhe der Skiereiden), von den typisch hellsamigen Formen auch durch das Vorkommen von Farbstoffen in Skiereiden und Pigmentschicht selbst in Pulverform leicht zu unterscheiden. Aehnlich wie die Rauke (vgl. pag. 203) und der später zu besprechende Schwarze Senf (Brassica nigra, nr. 1253) zählt auch der Weisse Senf zu den altangesehenen Kulturpflanzen, die bereits im klassischen Altertum .berühmt waren und in Mitteleuropa schon im frühesten Mittelalter eingeführt wurden. Im Capitulare de villis vom Jahre 795 figuriert die Senfpflanze als sinape; dagegen fehlen Senf und alle verwandten Pflanzen im Klosterplan zu St. Gallen (um 830). Die heilige Hi l d e g a r d (um 1150) erwähnt das Senfkraut (senff herba) und den Senfsamen (sinape); bei A l b e r t u s M a g n u s (um 1250) heisst die Pflanze sinapis (silvestris et hortulana, wilder und Gartensenf), b e i Ko n r a d vo n Me g e n b e r g (um 1350) „haimisch senif“. Offizinell sind die gelblichweissen bis rötlichgelben, fein punktierten, 5 bis 6 mgr schweren (100 Stück wiegen nach H a r t w i c h 0,4885 gr), geruchlosen Samen ( S e me n E r ü c a e oder S e me n S i n a p i s äl bae) , auch Senfkörner, weisser oder Gelbsenf geheissen. Diese enthalten das Senfglykosid „Sinalbin“ (Cso H4 2 Na S 2 O15), das sich, mit Milions Reagenz erwärmt, rotfärbt, sich durch Alkohol aus den Samen ausziehen lässt und unter der Einwirkung des eiweissartigen Fermentes „Myrosin“ und bei Gegenwart von Wasser in Sinalbin-Senföl (C7 H7 ONCS), in saures schwefelsaures Sinapin oder Sinapinbisulfat (Cie H2 3 NO 5 Hi SOt) und in Glukose (Ce Hia Oe) spaltet (vgl. auch Bd. IV, pag. 57) nach der Formel: O — SO 2 — O — Cie H2 4 NO5

I

C — S — Ce Hu Os

II

N — CH2 • Ce Hi OH Sinalbin

-f

Ha O = Wasser

C7 H7 ONCS Sinalbinsenföl

+

Cie H2 3 NOs Ha SO* + Ce H1 2 Oe Sinapin Glukose (Zucker).

Das Glykosid Sinalbin, das sich durch die geringsten Spuren von Alkalien rot färbt, leitet sich wie das Sinigrin (C1 0 Hie KNS 2 Os>), das Glukonasturtiin (C1 5 H2 0 KNSa Oe) von Nasturtium officinale, sowie das Glukotropaeolin (Cu Hie KNSa Oe) der Kapuzinerkresse (Tropaeolum maius) und von Lepidium von dem Isosulfocyanwasserstoff (S = C = N — H), durch Ersatz des Wasserstoffatomes durch aliphatische oder aromatische Reste, ab. Das ätherische Sinalbinsenföl (Gehalt 0,827%) ist mit Wasserdampf nur in Spuren flüchtig, weshalb es im Gegensatz zu dem von Brassica nigra und iuncea stammenden Sinigrinsenföl nicht durch Destillation gewonnen werden kann. Der Gehalt an Myrosin, das 1840 von B u s s y festgestellt wurde und selbst durch sechzigjähriges Lagern der Samen nicht zerstört wird (wohl aber durch Alkoholdampf bei 1/s Atmosphären Druck), beträgt bei Sinapis alba 4 bis 5 %. Myrosin findet sich ausser bei Cruciferen auch bei Resedaceen, Capparidaceen, Tropaeolaceen undLimnanthaceen. Ausserdem kommen in den Samen Dextrin und 24 bis 35% fettes Oel vor, das als Brenn- und zufolge seiner goldgelben Farbe auch als Speiseöl benützt wird. Die Verwendung des Samen zu „Speisesenf“, Fig. 777- Q uerschnitt durch die Sam enschale von S in a p is a lb a Senfpflaster, Senfspiritus, Speiseöl etc. ist dieselbe wie beim Schwarzen Senf L. ep = Epiderm is, gr = G ross­ (pag. 239). Die im Geschmack der Gartenkresse ähnlichen jungen Laubblätter zellschicht, St = Steinzellenschicht, Pi = Pigm entschicht, P r = Pro­ des weissen Senf wurden ehedem auch bei uns (ebenso von den Angelsachsen), teinschicht, N = N ährschicht. N ach namentlich vom 12. bis 14. Jahrhundert, genossen; noch heute wird das zarte A. V u ille m in . Kraut in Griechenland als „Spinat“ oder als gekochter Salat im Winter viel ge­ gessen. In Mitteleuropa ist es seit dem 16. Jahrhundert zum Viehfutter degradiert worden, das wegen seiner Raschwüchsigkeit nur in trockenen Jahren, wenn andere Futterpflanzen schlecht gedeihen, gelegentlich zu Ehren gezogen wird (neuerdings z.'B. bei Nürnberg auf trockenen Böden angebaut). — Die Blüten von Sinapis alba halten etwa 15 mm im Durchmesser. Sie sind durch Vanilleduft ausgezeichnet und werden gern von Bienen besucht. Die Kelchblätter stehen horizontal ab, wodurch der von den Honigdrüsen ausgeschiedene Nektar leicht zugänglich wird. Die Antheren der 4 langen Staubblätter stehen in gleicher Höhe mit der Narbe und wenden ihre aufgesprungene Seite nach aussen. — Als Abnormität wurde eine Vergrünung sämtlicher Blüten­ teile beobachtet. Die Samen keimen nach Ke r n e r schon bei Temperaturen von wenig über 0°. Ent­ gegen anderen Behauptungen ist die Pflanze nach L e m m e r m a n n und Bl a n k nicht imstande, die Stick­ stoffassimilation des Bodens in besonderem Masse zu fördern, weshalb sie sich nicht für Gründüngung eignet. Der Bastard S i n a p i s a l b a X S. a r v e n s i s Dutoit (in Gremli. Neue Beiträge zur Flora der Schweiz III [1883], pag. 36; ohne Beschreibung) vom Weyermannshaus bei Bern darf wohl unbedenklich als falsch gestrichen werden.

IpOOnnnrpr

20S

Sitiapis arvensis L., welche Pflanze von neueren Forschern ( Baye r 1905, v. Ha y e k , O. E. S c h u l z in Engler’s Pflanzenreich mscr.) — sicherlich mit Recht — wieder zu Sinapis gestellt wird, siehe später unter nr. 1258.

C C C X X X II. Diplotäxis1) DC. (= Brassica sect. D iplotaxis Boiss., = subgen. D iplotaxis Beckhaus-Hasse, = D iplotaxis sect. Sisym briästrum Gren. et Godron). D o p p e l s a m e , M auersenf, D oppelrauke, Ram pe, Rem pe. F ran z.: D oublerang, D iplotaxide; engl.: W all m ustard, rocket; ita l.: Rucola.

Einjährige bis ausdauernde, krautige, am Grunde zuweilen verholzende Pflanzen, von einfachen Haaren borstig-flaumig bis fast kahl. Laubblätter meist fiederspaltig bis fiederteilig. Grundblätter oft rosettig angeordnet. Stengelblätter meist (bei unseren ein­ heimischen Arten stets) am Grunde verschmälert. Eiweissschläuche im Mesophyll. Blüten in meist reichblütigen, endständigen Trauben. Kelchblätter abstehend bis fast aufrecht, am Grunde nicht oder (bei D. erucoides) nur sehr schwach gesackt. Kronblätter gelb, seltener weiss oder blasslila, benagelt, an der Spitze gestutzt bis abgerundet. Staubfäden einfach; am Grunde der kurzen Staubfäden innen je eine nierenförmige, am Grunde der langen Staubblattpaare aussen je eine zungenförmige Honigdrüse. Fruchtknoten über dem Kelch zuweilen deutlich gestielt. Griffel kurz; Narbe ziemlich gross, ± deutlich 2-lappig. Frucht schotenförmig, meist verlängert und schmal, linealisch bis linealisch-lanzettlich, an den Enden oft verschmälert, seitlich zusammengedrückt, breitwandig, 2-klappig aufspringend, mit kurzem (etwa 2 bis 7 mm langem), zusammengedrücktem, vom Griffel nicht deutlich geschiedenem, am Grunde oft 1 bis 2 Samen enthaltendem Schnabel. Fruchtklappen häutig, fast flach, nur mit deutlichem Mittelnerv. Scheidewand pergamentartig, ziemlich derb, mit welligen und dickwandigen Oberhautzellen. Samen zahlreich, in jedem Fach mehr oder weniger deutlich 2-reihig (vgl. Fig. 745, pag. 54), eiförmig, etwas zusammengedrückt, nicht berandet. Keimblätter rinnig längsgefaltet, mit in der Rinne liegendem Würzelchen, an der Spitze ganz oder nur schwach ausgerandet. Die Gattung umfasst etwa 15 Arten, die im Mittelmeergebiet und in Mitteleuropa beheimatet sind. Einzelne Arten haben durch neuerliche Verschleppung durch den Menschen eine weitere Verbreitung in anderen Erdteilen erlangt. — Die Abgrenzung gegenüber den nächstverwandten Gattungen, namentlich gegenüber Erucästrum und Hirschfeldia, ist ziemlich willkürlich und im Einzelnen oft schwierig durchzuführen, da das Haupt­ merkmal, nämlich die 2-reihige Anordnung der Samen in jedem Fruchtfache, bei Diplotaxis zuweilen undeutlich, bei Erucastrum gelegentlich andeutungsweise ausgebildet ist. Erüca, Sinapis und Brassica unterscheiden sich hauptsächlich durch die tief ausgerandet 2-lappigen Keimblätter, die 2 letztgenannten Gattungen auch durch die kugeligen, in jedem Fache meist deutlich 1-reihigen Samen. Unsere 3 gelbblütigen Arten sind untereinander sehr nahe verwandt und oft schwer gegeneinander abzugrenzen. Sie zeichnen sich durch einen beim Zerreiben der Pflanze entstehenden, charakteristischen, demjenigen von Erüca vesicäria analogen, an „Schweinebraten“( As c he r s o n) erinnernden Geruch aus. Ausser den mit Nummern aufgeführten Arten wurden im Gebiete verschleppt beobachtet: D i p l o t a x i s v i r g ä t a (Cav.) DC. ( = Sinapis virgata Cav., = Brassica virgata Boiss., = B. erucodes ß cathölica 8. virgata O. Kuntze), der D. murälis zunächst verwandt und mit ihr durch Zwischenformen verbunden (vgl. C o s s o n , Compendium florae Atlanticae II [1883 bis 87], pag. 166); unterscheidet sich von dieser Art in typischer Ausbildung hauptsächlich durch folgende Merkmale: Stengel aufrecht, am Grunde einfach, steifhaarig, höher hinauf beblättert. Laubblätter meist leierförmig, oft blassgrün, beiderseits steifhaarig. Geöffnete Blüten an der Spitze der Trauben zahlreich gedrängt stehend. Früchte einander mehr genähert (auch die unteren in der Regel nicht entfernt). Fruchtklappen dünn, durch die Samen stark höckerig. Griffel kegelförmig (an der Spitze verschmälert) oder linealisch. Samen oft auffällig kleiner, länglich (statt eiförmig), auch am Grunde und an der Spitze der Frucht regelmässig 2-reihig (statt fast 1-reihig). Einheimisch in Spanien, Portugal und*) *) Gr. duiAovg [diplüs] = Fache 2-reihigen Samen.

doppelt und Ta^ig [taxis] =

Aufstellung, Reihe; wegen der in jedem

209 im westlichen Nordafrika; einmal (1914) verschleppt in St. Ludwig (Eisass) bei Basel ( Ae l l e n und We be r l ) . _. D i p l o t a x i s t e n u i s f l i q u a Delile ( = D. auriculata Durieu). Von den übrigen gelbblütigen Arten durch die am Grunde herzförmig-geöhrten, umfassenden Stengelblätter verschieden. Pflanze (wenigstens unterwärts am Stengel) von kurzen, nach rückwärts gerichteten Haaren borstlich-flaumig. Stengelblätter eiförmig bis länglich-lanzettlich, gezähnt. Blüten mittelgross. Früchte einander genähert, über dem Kelchansatz kaum gestielt, bald linealisch und D ^ b is 2 mal solang als ihr Stiel, bald länglich, dann am Grunde und an der Spitze verschmälert und nur etwa so lang wie ihr Stiel. Fruchtschnabel bald samenlos und linealisch, bald 1-sämig und lanzettlich bis eiförmig, von wechselnder Länge. Samen regelmässig- oder unregelmässig 2-reihig, unter der Lupe deutlich netzig-grubig. Erstmals (1839) im Port-Juvenal bei Montpellier eingeschleppt beobachtet; erst später in der eigentlichen Heimat (Marokko, Algerien) aufgefunden, durch den Krieg von 1870/71 auch bei Orleans mit algerischem Heu verschleppt. In der Schweiz bei Solothurn, aus Abfällen von der Malzfabrik 1915/16 ( Ael l en, Pr o bs t l ) , in einer Form mit auffallend breitem, eiförmigem Fruchtschnabel; bei Disentis (Graubünden), unter angebauter Avena Byzantina, 1916 (P. K. Hagerl ) . 1. Kronblätter gelb. Haare des Stengels grösstenteils wagrecht abstehend, nur am Grunde nach rück­ wärts gerichtet. Blattzähne nicht auffallend knorpelig-bespitzt 2. 1*. Kronblätter weiss oder blasslila. Frucht 2 bis 3 mal so lang als ihr Stiel. Haare des Stengels rückwärts angedrückt. Blattzähne mit schwielenartiger, weisslicher Knorpelspitze. D. e r u c o i d e s nr. 1248. 2. Pflanze 1- bis 2-jährig, krautig. Laubblätter mehr oder weniger tief leierförmig-fiederlappig oder -teilig mit grösserem Endlappen, oder ungeteilt und länglich-spatelförmig. Blütenstiele nicht länger als die eben geöffnete Blüte. Alle Kelchblätter gleichmässig aufrecht-abstehend, nicht behörnelt. Kronblätter meist höchstens 8 mm lang und 3’/2 mm breit. Früchte (wenigstens die oberen) deutlich länger (bis 3mal so lang) als ihr Stiel, über dem Kelchansatz nicht gestielt 3. 2*. Pflanze ausdauernd, am Grunde verholzend (aber zuweilen schon im ersten Jahre blühend). Laub­ blätter meist tief fiederteilig, mit verlängerten, schmalen, entfernten Seitenlappen und mit kaum breiterem End­ abschnitt, selten ungeteilt und linealisch-lanzettlich. Blütenstiele beträchtlich länger als die eben geöffnete Blüte. Mediane Kelchblätter wagrecht-abstehend, im Knospenzustand unter der Spitze deutlich behörnelt. Kron­ blätter meist grösser. Früchte (wenigstens die unteren) wenig länger als ihr Stiel, über dem Kelchansatz meist nochmals deutlich gestielt. Narbe viel breiter als der Griffel (Fig. 778 t, u, pag. 215) D. t e n u i f o l i a nr. 1247. 3. Blütenstiele kürzer als die eben geöffnete Blüte (meist kaum länger als ihr Kelch). Kronblätter (Fig. 778 x, zi) länglich-verkehrteiförmig-keilig, etwa bis 4 mm lang, kaum über 1mm breit, allmählich in einen Nagel verschmälert, etwa so lang wie die längeren Staubblätter, wenig länger als der Kelch. Griffel kaum über 1 mm lang, an der Spitze kaum schmäler als die undeutlich ausgerandete Narbe (Fig. 778yi). D. v i mi n e a nr. 1245. 3*. Blütenstiele etwa so lang wie die eben geöffnete Blüte. Kronblätter meist etwa 7 bis 8 mm lang und 3 bis 4 mm breit (bei einzelnen Formen und bei Spätblüten jedoch oft kleiner), mit rundlich-verkehrteiförmiger Platte, plötzlich in einen Nagel zusammengezogen, die Staubblätter überragend. Griffel meist etwa 2 mm lang, an der Spitze schmäler als die 2-lappig ausgerandete Narbe (Taf. 131, Fig. 1 b). D. mur a l i s nr. 1246.

1245. D iplotaxis v im in ea (L.) DC. (= Sisymbrium vimineum L., = Brassica viminea Boiss., = D. muralis var. viminea Doscli et Scriba [pro parte ? saltem ex descr.], Th. Kirk, = Brassica muralis var. viminea O. Kuntze, = Crucifera viminea E. H. L. Krause, = D. muralis subsp. viminea Druce, = Sisymbrium pümilum Lam.j = S. vineäle Gaterau, = S. brevicaüle Wibel, = D. brevicaulis Bluff et Fingerh., = Brassica brevicaulis Bubani, = D. glabra Dulac, = Brassica brevipes Syme pro parte, = Sisymbrium Irio Wibel, Gmelin nec L., = S. murale M. Bieb., Bory et Chaub. nec L., = S. murale var., Lapeyr. herb., = D. muralis Moris nec DC., = D. saxätilis Ledeb. [pro parte?] nec DC. sec. Boiss.). R u ten ­ ä stig er D op pelsam e. Franz.: Frotin; ital.: Rucoletta nuda. Fig. 778 w bis z (pag. 215). Pflanze einjährig, fast kahl (nur unterwärts spärlich behaart), etwa 10 bis 30 cm hoch, in allen Teilen kleiner und zierlicher als die folgenden Arten. Wurzel dünn, spindel­ förmig. Stengel meist schaftartig, blattlos oder am Grund 1- bis 2-blätterig. Laubblätter sämtlich oder grösstenteils in grundständiger Rosette, durchschnittlich etwa 5 cm lang und 1 bis 1y cm breit, im Umriss spatelförmig, stumpf, mehr oder weniger tief leierförmig­ fiederlappig oder -spaltig, seltener fast ganzrandig; Seitenabschnitte dreieckig - eiförmig bis länglich, fast ganzrandig, Endabschnitt viel grösser, verkehrt - eiförmig bis länglich, 2

H e g i, Flora Bd. IV.

106

210

meist grob buchtig-gezähnt. Blütenstände verhältnismässig arm- (etwa 6- bis 15-) blütig. Blütenstiele kürzer als die Blüten, meist kaum so lang wie der Kelch (etwa 1 bis 2 mm lang). Blüten klein, unansehnlich. Kelchblätter schmal-elliptisch, etwa 2 bis 2V2 mm lang, 2/3 mm breit, kahl, stumpf, hell hautrandig. Kronblätter blassgelb (nach dem Verblühen lederbräunlich), länglich - spatelförmig, wenig länger als der Kelch (etwa 3 bis fast 4 mm lang), ungefähr 1 mm breit, allmählich in einen undeutlichen Nagel ver­ schmälert. Staubblätter (2 -f- 4) etwa so lang wie die Kronblätter. Fruchtstand unterwärts locker (unterste Früchte oft weit abgerückt, bisweilen fast grundständig), oberwärts dichter. Fruchtstiele aufrecht-abstehend; die unteren oft bis so lang wie die Früchte, die oberen vielmal kürzer (oft nur 2 bis 3 mm lang). Frucht linealisch-lanzettlich, meist nur 1 bis 2 (seltener bis 3) cm lang, etwa D mm breit, an beiden Enden etwas verschmälert, über dem Kelchansatz nicht gestielt. Fruchtklappen flach, durch die Samen grob- und unregel­ mässig höckerig-aufgetrieben. Scheidewand der Umrissform der Frucht entsprechend. Fruchtschnabel samenlos, linealisch, am Grunde oft deutlich verjüngt, meist kaum über 1 mm lang; Narbe kaum oder nur sehr schwach ausgerandet, kaum breiter als das Griffel­ ende. Samen in jedem Fache grösstenteils 2-reihig (nur am Grunde und an der Spitze der Frucht fast 1-reihig), ziemlich klein (kaum 1 mm lang und etwa 2/3 s0 breit), eiförmig, zusammengedrückt. Samenschale gelbbraun, glatt, bei der Benetzung nicht verschleimend. — VI bis IX (im Mittelmeergebiet schon im Vorfrühling blühend). Selten in Weinbergen, Aeckern, auf Gartenland, Schutt, an Wegrändern und Fluss­ ufern; auf Sand, Kalk und Mergel. In D eu tsch la n d nur in den klimatisch bevorzugten Weinbaugebieten am Ober- und Mittelrhein und im Maingebiet, sowie (meist nur verschleppt und unbeständig) in Bayern, vereinzelt auch anderwärts. Für O esterreich (Triest?) zweifelhaft. In der S ch w eiz nur vorübergehend verschleppt. 72

/2

Am Oberrhein im Breisgau in Weinbergen am Kaiserstuhl (!), z. B. bei Sasbach (schon von Gme l i n Flora Badensis IV [1826], pag. 488/9 unter Sisymbrium angegeben, von S p e n n e r Flora Friburgensis III [1829] pag. 950 bestritten, wurde aber wenigstens später dort sicher echt gefunden). In der Pfalz zwischen Germersheim und Neupfotz; seit 1892 bei Frankenthal und Maxdorf; früher bei Ludwigshafen; Schwetzingen (19071); Wertheim. In Hessen nach D o s c h und S c r i b a (1888) mehrfach am Main-, Rhein- und Naheufer, in Rhein­ hessen und im Ried (z. B. bei Höchst, Frankfurt a. M., Hanau, Steinheim, Hochstadt, Grossauheim, Bischofsheim, Hattenheim, Hochheim, Flörsheim, Kostheim, Kastei, Rüsselsheim, Mainz, Okriftel). In der Rheinprovinz bisher nur von Cleve (nach He r r e n k o h l ) und zwischen Ober- und Niederspai (1896) angegeben, dürfte auch im Südosten an der hessischen Grenze noch aufzufinden sein. Bei Hamburg 1884 verschleppt nach A. J u n g e 1891 (? wird von den späteren Schriftstellern nicht mehr aufgeführt). In Bayern nur verschleppt und meist unbeständig (Althegnenberg bei Mering 1880 bis 1883; Wolfertsbronn bei Dinkelsbühl, Markteinersheim; bei Nürnberg [seit 1883] und Fürth [1888] mit der Würzburger Bahn aus dem Maintale eingewandert, jedoch ziemlich selten). — In der Schweiz mit Sicherheit einzig im Güterbahnhof Zürich (1917, T h ellu n g ).1)

A llg e m e in e V erbreitung: Mediterranes Südeuropa, England (ob urwüchsig?), Niederlande (wohl nur verschleppt), extramediterranes Frankreich (fehlt jedoch dem Jura; in Lothringen selten), Mitteleuropa (vgl. oben), Siebenbürgen (verschleppt?); Vorderasien (von Kleinasien und Syrien bis Persien); Aegypten (!) [von den Floren nicht erwähnt], Algerien.

Aendert ab: a) nach dem Schnitt der Laubblätter: f. t y p i c a Haläcsy. Laubblätter leierförmig­ fiederlappig oder -spaltig. — f. i n t e g r i f ö l i a Guss. ( = D. Prolöngi Boiss., = D. viminea f. Prolongi Murbeck, Halacsy, = Brassica Prolongi Boiss.). Laubblätter ungeteilt, nur gekerbt. — b) nach Wuchs und Tracht: f. prfficox Lange ( = f. hiemälis Sommier, = Brassica muralis e scapösa O. Kuntze). Stengel niedrig und zart, nur etwa bis 10 cm hoch oder wenig höher, wenig länger als die Grundblätter, blattlos. Blütenstände arm- (oft nur bis 5-) blütig, locker. Unterste Fruchtstiele oft fast grundständig und verlängert (dies die extrem*) *) Die Angabe von Lausanne, 1907 (H. L é v e i l l é in Le Monde des Plantes 14ä année [2e sér.] No. 79 [1912], pag. 45), erscheint dem Bearbeiter (Dr. Th e l l u n g ) nicht sicher genug.

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typische, von D. muralis am stärksten abweichende Form der Art; ausgeprägt namentlich im Mittelmeergebiet, besonders an im Vorfrühling blühenden, kümmerlichen Exemplaren). — f. g e n u in a Willk. et Lange. Pflanze höher und kräftiger. Stengel viel länger als die Grundblätter, am Grunde oft 1 bis 2 Laubblätter tragend. Blütenstände mit zahlreichen Blüten, locker (Im mitteleuropäischen Gebiete die häufigste Form).1) — f. f o lio s a Post. Stengel reicher beblättert (Aus Syrien beschrieben). — f. p r o s t r ä t a Hüter, Porta et Rigo. Stengel mehrere, niederliegend, 50 bis 60 cm lang, bis zum Blütenstande beblättert. Wurzel etwas holzig (Anscheinend über­ winterte Exemplare. Aus Calabrien beschrieben). — f. c o n f e r t i f lo r a Willk. et Lange ( = D. murális Willk. exs.). Grundblätter in dichter Rosette stehend, kürzer gestielt als bei den übrigen Formen. Blütenstände dicht. Früchte einander genähert. — Die zu D. muralis überleitende Form pseúdo-vimínea Schur siehe unter der folgenden Art.

1246. Diplotaxis murális (L.) DC. (= Sisymbrium murale L. Spec. pl. ed. 1 pro parte*2), Syst. ed. 10, Spec. ed. 2 et herb, [teste DC.], = Brassica muralis Hudson pro parte, Boiss., = Sinápis muralis R. Br., = Erúca muralis Besser, = Caülis muralis E. H. L. Krause [1900], = D. muralis var. muralis Th. Kirk, = Erúca Béllidis folio Miller? [ex syn. Moris.], = E. Bellidis-folia Chazelles?, = Arabis silvéstris Scop.?3), = Sisymbrium Erucástrum Gouan, Latour., Hopfner, Suter, non Vill. nec Poll., = Erúca decümbens Mönch, = Brassica decumbens Bubani, = D. variábilis Rochel pro parte, = Brassica brévipes Syme pro parte, = Crucifera diplotaxis E. H. L. Krause, = Sisymbrium Barreliéri All.?, Thuill., nec L., = S. valentinum Krocker ? nec L., = S. Monénse Thuill. nec L., = S. vimineum Gmelin ? [sec. Spenner; cf. supra pag. 210] nec L., = D. viminea Grecescu pro parte, Fedtschenko, nec DC., = D. tenuifólia Sturm [sec. Rchb.], Unverricht ap. Fuss, nec DC., = D. tenuifolia var. x Bertol., = D. viminea b. Guss. [sec. Bertol.]). M au er-D op p elsam e, Echter Mauersenf, Mauerrauke. Franz.: Roquette de muraille; engl.: Sand-rocket; ital.: Ruchetta salvatica. Taf. 131, Fig. 1. Pflanze meist 1- bis 2-jährig, mit dünner Wurzel und mit ganz krautigen Stengeln, seltener am Grunde verholzend und mehrjährig. Stengel etwa 20 bis 50 cm hoch, oft zu mehreren aufsteigend, seltener einzeln und fast aufrecht, von wagrecht-abstehenden bis nach rückwärts gerichteten Haaren wenigstens unterwärts borstig-flaumig, selten fast kahl, ästig und an den Verzweigungen (meist spärlich) beblättert, seltener einfach und fast blattlos. Laubblätter grösstenteils in grundständiger Rosette (diese nur an mehrjährigen Exemplaren fast fehlend), gelblichgrün, kahl oder besonders unterseits und am Rande kurz borstlichflaumig, im Umriss länglich, etwa 5 bis 10 cm lang und 1 bis 2 cm breit, am Grunde in den Stiel verschmälert, tief buchtig- (seltener nur seicht-) gezähnt oder fiederspaltig bis fiederteilig mit meist spitzen, dreieckig-eiförmigen bis länglichen, fast ganzrandigen oder *) Nach B u b a n i (Flora Pyrenaica III [ed. Penzig 1901], pag. 186) soll die mitteleuropäische Pflanze, die er Brassica brevicaülis (mit den Synonymen Sisymbrium brevicaule Wibel, D. brevicaulis Bluff et Fing, ed. 1, D. viminea Bluff et Fing, ed 2, Koch pro parte, Godron Fl. Lorr. ed. 2 nec DC., Sis. vimineum Gmelin) nennt, und die nach seiner Beschreibung ziemlich der f. genuina entspricht, von der echten, nur in der Oliven­ region des Mittelmeergebietes auf Kalk wachsenden D. viminea (d. h. unserer f. praecox) spezifisch verschieden sein und nur auf Sandboden gedeihen. Der Bearbeiter vermochte jedoch zwischen der deutschen und der mediterranen Pflanze keinen irgendwie fassbaren oder gar durchgreifenden Unterschied zu finden. s) Nach dem Synonym : Eruca sylvestris minor lutea, bursae pastoris folio C. Bauhin Pinax (1623), pag. 98, Prodr. (1620), pag. 39, das von D e C ando Ile zu D. viminea gezogen wird, aber nach der Beschreibung („flores subaurei, satis magni“ sicherlich zu D. muralis gehört. Die von L in n é ferner zitierte G u e t ta r d ’sche Pflanze dürfte, obgleich der Verfasser sich in erster Linie auf C. B a u h in beruft, nach dem Fundort (Wein­ berge um Etampes, Dépt. Seine-et-Oise) eher zu D. viminea gehören, ebenso (nach B e r to lo n i) die B o c c o n e’sche Pflanze, während die B arr e li e r ’sehe Figur 1016 die spätere D. B a r r e l i é r i (L.) DC. darstellt. 3) Nach der Beschreibung und dem Synonym „Sinapi Genevense sylvestre J. Bauhin Hist. II (1650), pag. 858“, sowie auch nach dem Fundort (Wippach in Krain). Die Bauhin-Scopolische Spezies wird von S u t e r zu „Brassica Erucastrum“ ( = Erucastrum nasturtiifolium), von D e C a n d o l l e und Gau din zu B. Cheiranthus ( = Brassicella Erucastrum), von K o c h endlich (mit „?“) zu D. tenuifolia gezogen, gehört aber wegen des aufrechten Kelches („calyces erecti“ : S c o p o l i ) eher zu D. muralis. 106*

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buchtig-gezähnten Seitenlappen und grösserem, meist verkehrt-eiförmigem, oft dreilappigem Endabschnitt. Blütenstände arm- bis reichblütig, meist locker (nur an der Spitze dicht)^ kahl oder von ziemlich langen Haaren feinborstig. Blütenstiele etwa so lang wie die eben geöffnete Blüte (etwa 5 bis 10 mm lang), später sich meist verlängernd. Kelchblätter schmal-elliptisch, etwa 3 bis 4 mm lang und 1 bis l 3/* mm breit, schmal weisslich-hautrandig, besonders gegen die Spitze feinborstig, seltener kahl. Kronblätter meist etwa doppelt so lang als der Kelch, (5) 6 bis 8 mm lang und 2 bis mm breit (vgl. jedoch die Abarten), länger als die Staubblätter, verkehrt-eiförmig, am Grunde in einen kurzen, aber deutlichen Nagel zusammengezogen, an der Spitze abgerundet bis fast gestutzt, zitronengelb, nach dem Verblühen sich lederbraun oder rötlich verfärbend. Staubblätter kürzer als die Kronblätter. Fruchtstiele kürzer als die Frucht, die unteren etwa 2¡3, die oberen 73 so lang als dieselbe, aufrecht-abstehend. Frucht fast linealisch, am Grunde und an der Spitze etwas verschmälert, bei normaler Ausbildung etwa 3 bis 4 cm lang und 2 mm breit, über dem Kelchansatz nicht oder nur undeutlich gestielt. Fruchtklappen flach, durch die Samen aufgetrieben-höckerig. Fruchtschnabel etwa 2 mm lang, samenlos, linealisch oder gegen die Spitze etwas verbreitert; Narbe breiter als das Griffelende, deutlich 2-lappig. Samen wie bei D. viminea. — (V) VI bis IX (X). Nicht selten auf Kulturland aller Art, an Strassen- und Wegrändern, Mauern, Zäunen, auf Schutt, in Aeckern, trockenen Gräben, auf Sanddünen, am kiesigen Strande usw.; fast nur in tiefen Lagen. Vielfach (namentlich im nördlichen Gebiete) erst in neuerer Zeit ein­ gewandert und eingebürgert; heute durch das ganze Gebiet verbreitet, aber in verkehrs­ armen Gegenden noch selten. 3 7 2

In D e u t s c h l a n d seit dem 18. Jahrhundert aus Südwesten eingewandert (Im Eisass vielleicht schon früher, doch auch hier erst seit 1840 — im Zusammenhang mit dem Bahnbau — häufiger). Zahlreich und beständig heute vorzugsweise in den Weinbaugebieten von Südwest- und Süddeutschland; in Mittel-, Nord- und Ostdeutschland vielfach mit fremder Saat verschleppt und stellenweise eingebürgert, vielerorts noch in starker Ausbreitung, vorzugsweise längs den Bahnlinien, begriffen; in den Hafenstädten der Nord- und Ostsee, sowie des Niederrheins, auch durch den Schiffsverkehr (Ballasterde usw.) eingeschleppt. — In O e s t e r r e i c h heute1) verbreitet, doch in den Gebirgsländern vielfach noch selten (in Salzburg 1894 beim Salzburger Bahnhof und bei der Haltestelle Parsch aufgetreten; in Kärnten 1885 bei Klagenfurt, seither bei Hermagor und Villach); am häufigsten in Niederösterreich (verbreitet bis in die Voralpen; auch in natürlichen Beständen, wie in der Flockgras- [Andropogon Ischaemum-] Formation im Alluvionsgebiet der Flüsse) und im Küstenland. — In der S c h w e i z heute nicht selten, besonders in den wärmeren Gebieten und längs der Verkehrswege. Anscheinend schon 1650 von J. B a u h i n als „Sinapi Genevense .“ (vgl. oben pag. 211, Fussnote 3) von Genf angegeben; von G a u di n (1829) nur aus der Waadt genannt, im Jura 1875 noch selten (nur Boudry und Maison-Rouge); fehlte 1897 den Kantonen Tessin [seither aufgefunden], Zug und Appenzell; auch im Wallis, in Luzern, Glarus und Graubünden (um Chur) erst neuerlich eingewandert. — [Steigt in dem benachbarten Aostatal in Piemont bis 1000 m hinauf].

A llg em ein e V erb reitu n g: Zerstreut durch Südwest-, Süd- und Mitteleuropa (fehlt in Griechenland); Algerien und Tunesien. In England und Skandinavien nur ein­ geschleppt; verschleppt auch an der atlantischen Küste von Nordamerika, am Kap und in Neuseeland.

D. muralis steht völlig in der Mitte zwischen der einjährigen, kleinblütigen, zur Autogamie neigenden D. viminea und der verholzend-ausdauernden, grossblütigen, an die Insektenbestäubung angepassten D. tenuifolia. Die Abgrenzung nach den beiden genannten Arten hin ist in gleicher Weise schwierig und unsicher (vgl. die Abarten). In der Tat ist denn auch D. muralis von mehreren Forschern ( G u s s o n e , S y m e , D o s c h u. S c r i b a , O. K u n t z e u. a.) mit D. viminea, von anderen ( B e r t o l o n i , R o c h e l ) mit D. tenuifolia zu einer Art vereinigt worden. Die vegetativen Merkmale können zur Unterscheidung nicht oder nur in ganz be­ *) Aus Mähren liegt die Pflanze schon in dem um 1620 angelegten Herbarium von C. B a u h i n (in Basel) vorl

213 schränktem Masse herangezogen werden, da schwächliche, auf starken Veränderungen ausgesetztem Kulturland sich entwickelnde Exemplare von D. muralis sich in der Tracht kaum von D. viminea unterscheiden, während ungestört wachsende Individuen eine Neigung zum Ausdauern zeigen und dann der D. tenuifolia sehr ähnlich werden; umgekehrt blüht auch D. tenuifolia oft schon im ersten Jahr mit noch krautigem, wenig ästigem Stengel. Die besten Unterscheidungsmerkmale dürften die im Bestimmungsschlüssel hervorgehobenen Merkmale der Blüte und Frucht abgeben; doch gelten auch diese nicht ausnahmslos. Wollte man daher den Artbegriff in dieser Gruppe weiter fassen, so müssten gleich alle 3 Arten (und dazu noch D. virgata [vgl. oben] und vielleicht noch andere meist mediterrane Spezies) zu einer einzigen vereinigt werden, wodurch jedoch nach der Meinung des Bearbeiters ein allzu heterogenes Konglomerat entstehen würde. Ein Teil der Uebergangsformen wird übrigens von manchen Schriftstellern (vielleicht mit Recht) als Bastarde aufgefasst. Nach Dauer und Wuchs der Pflanze können 2 Hauptformen unterschieden werden: f. s c a p i g e r a Kittel ( = var. , jn H a b itu s n atürl. G r ö sse). — D i p l o t a x i s t e n u i f o l i a (L.) D C . q, qi, qz B lü h e n d e und 1809 w a r sie w ie d e r v e rsc h w u n d e n , tr a t fr u c h te n d e S p r o ss e , r B lü te (v e r g r ö ss e r t). s K r o n b la tt. t} F r u c h t, v S a m e. dann a b e r d u rc h e rn e u te E in sch lep p u n g — D i p l o t a x i s v i m i n e a (L.) D C . w H a b itu s fl /4 n a tü rl. G r ö sse ), x B lü te (v e r ­ g r ö sse r t). y, y i F r u c h t, z S a m e, zi K r o n b la tt. a b erm als d a u e rn d d a se lb s t auf, w ie au ch in R o sto c k , G re ifsw a ld , S w in e m ü n d e, W iek, D a n zig u n d in a n d ere n H a fe n stä d te n . In P re u sse n w a n d e rte sie z w isc h en 1818 und 1819 (z u erst im P illau er H afen) ein u n d h a t sich z. B. im W eich selg e b ie t v o llstä n d ig e in g e b ü rg e rt. Im südlichen W estfa le n in n e u e re r Z e it län g s den E isen b a h n lin ien e in g e b ü rg e rt. Im n o rd w e std e u ts c h e n F la c h la n d e e rs t n e u erlic h im südlichen H a n n o v er (M ü n d e n , H a n n o v er [1899], D ö h re n , L e in h a u se n [1900]; n ördlich b is Celle n a ch S c h e u e r m a n n briefl.) a u fg e tre te n ; aus S c h lesw ig -H o lstein a n sc h ein en d n o c h n ic h t a n g e g e b e n . — In O e s t e r r e i c h is t D . ten u ifo lia h e u te v e rb re ite t, am h ä u fig ste n in N ie d e rö ste rre ic h (von K r a m e r [1756], C r a n t z u n d J a c q u i n [um 1760] n ic h t u n te r dem ric h tig e n N am en a n g eg e b en , a n sc h ein en d fü r B ra ssic a E ru c a stru m L . g e h alten ) u n d im K ü ste n la n d ; am se lte n ste n u n d v ielfach e rst neu erlich e in g e sc h le p p t in den G e b irg slän d e rn (V o ra rlb e rg , S a lzb u rg , K ä rn te n , au ch O b e rö ste rre ic h ). — In der S c h w e i z schon 1650 von J. B a u h i n b e i G enf a n g eg e b en , 1742 von H a l l e r a u sse rd e m von Bex, S itte n u n d B ad en (die A n g a b e „ a n d e r W iese b e i B a se l“ n a c h C. B a u h i n [1622] d ü rfte sich e h e r a u f E ru c a stru m G allicum beziehen), 1768 a u ch von Fully, B ra n so n (W allis), C o lo m b ier (N e u e n b u rg ) u n d Z ü ric h ; G audin (1829) fü g t 2 F u n d o rte aus d e r W a a d t hinzu. 1897 fe h lte die Pflanze den K a n to n e n B e rn (se ith e r gefunden), S o lo th u rn , U n te rw a ld e n , Z ug, G larus, A pp en zell u n d S c h a ffh a u se n ; a u ch h e u te findet sie sich n ic h t ü b e rall, vo rz u g sw e ise n u r in den w ä rm e re n G eg en d en .

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A llg em ein e V erb reitu n g: Zerstreut durch das südliche und mittlere Europa (in England, Skandinavien [nördlich bis Drontheim, Norrland und Uleáborg] und Dänemark eingebürgert); Livland, Polen; Kleinasien, Syrien, Kaukasus; Marokko. In Algerien ein­ geschleppt, desgleichen in Argentinien. Nach der Tracht und dem Wuchs kann man mit O. K u n t z e (Revisio generum plantarum I [1891], pag. 18) unterscheiden: f. n o r m á l i s (O. Kuntze sub Brassica) Thellung. Stengel verlängert, 30 bis 60 (100) cm hoch, ästig, reichbeblättert (Normalform). — f. s u b e r a m d s a (Ot Kuntze) Thellung ( = D. muralis var. viminea Dosch et Scriba in herb. Berol. sec. O. Kuntze). Stengel niedrig, nur 10 bis 30 cm hoch, fast einfach, armblätterig bis fast blattlos (Im ersten Jahre blühende Individuen. Wohl hie und da). — Nach dem Schnitt der Laubblätter können unterschieden werden: f. g e n u i n a Ducommun ( = B. tenuifolia ß 5. pinnatifida O. Kuntze). Laubblätter grösstenteils fiederteilig, mit verlängerten, fast ganzrandigen oder nur schwach gezähnten Ab­ schnitten (Normalform). — f. s u b b i p i n n a t i f i d a (O. Kuntze) Thellung ( = var. sisymbriifórmis Murr). Ab­ schnitte der Laubblätter grösstenteils tief gezähnt bis fiederlappig (Anscheinend eine vorzugsweise südliche Form, die im Herbarium von C. B a u h i n [1622] von Padua und Paris vorliegt. An sehr heissen und trockenen Abhängen in Südtirol und wohl noch anderwärts. Verschleppt im Bahnhof Zürich, 1914 [Thellung]). — f. int e g r i f ó l i a Koch ( = Brassica tenuifolia a 3. integrifolia O. Kuntze). Laubblätter sämtlich oder in der grossen Mehrzahl ungeteilt, verlängert-lanzettlich bis fast linealisch, nur grob gezähnt bis fast ganzrandig (Besonders in Südeuropa; neuerlich [um 1910] bei Strassburg gefunden, 1917 im Bahnhof Zürich [Thellung]). Nach B é g u i n o t (Atti Accad. Venet.-Trent.-lstr. VII [1914], pag. 122/3 und Sched. fl. Ital. exs. XII [1914], pag. 32 nr. 2060) hat sich diese Form in einzelnen Fällen als samenbeständig erwiesen, in anderen schlug sie bei der Aufzucht aus Samen in die Normalform zurück. — Durch abweichende Blütenfarbe sind ausgezeichnet: f. s u l p h u r á c e a K. Johansson. Kronblätter grünlich-schwefelgelb. — f. n i g r i c a n s (O. Kuntze sub Brassica) Thellung. Kronblätter beiderseits oder wenigstens aussen olivenfarbig (oder später gelb werdend), beim Trocknen schwarz werdend. — Durch besonders (4 bis 7 mm) langes Karpophor (Stielchen der Frucht über dem Kelch­ ansatz) auffällig ist f. m a n u b r i c á t a K. Johansson (Aus Gotland beschrieben). Die Blüten sind gross, gelb und wohlriechend. Nur die seitlichen Honigdrüsen sondern Nektar ab; die ihnen opponiert stehenden Kelchblätter sind aufrecht, die medianen horizontal ausgebreitet. Die aufge­ sprungenen Antheren der 2 kurzen Staubblätter sind nach innen gewendet, die der langen schraubenförmig seitlich nach den kurzen herumgedreht, an deren Grunde allein Nektar ausgeschieden wird. Besuchende Insekten bewirken meist Fremdbestäubung; bei ausbleibendem Besuch erfolgt spontane Selbstbestäubung. — Das Kraut wirkt adstringierend und antiskorbutisch und wird in Südfrankreich noch heute unter dem] Namen „Rouquette“ als Salat gegessen. Die Samen besitzen einen sehr scharfen Geschmack. — Von Bildungsabweichungen werden beschrieben: Verbänderung des Stengels; Auftreten von Tragblättern, namentlich im unteren Teil des Blüten­ standes; Vergrünung der Blüten (zuweilen infolge Angriffs des parasitischen Pilzes Albugo cándida) mit Neben­ erscheinungen (Aussprossen von kleinen Blüten aus verschiedenen Blütenorganen; Ausbildung eines langen Fruchtträgers); Vermehrung der Zahl der Fruchtblätter; verarmte Blüten von der Formel K i — 2 C2 Ao G2 ; Fehlschlagen einiger Staubblätter usw.

Bastard (?): D i p l o t a x i s m u r a l i s (L.) DC. X t e n u i f o l i a (L.) DC.? Ph. Wirtgen, Flora der Preuss. Rheinlande(1870), pag. 168/169; Focke Pflanzenmischlinge (1881), pag. 39, = D. W i r t g é n i Haussknecht ex Dosch et Scriba (1888). Ph. W i r t g e n beschreibt (a. a. O.) von Oberwesel 2 Pflanzen, die in den Merkmalen zwischen den beiden Arten schwanken, und die er, da sie von der einzigen Stelle des Gebietes stammen, wo die Stamm­ arten in grösserer Menge durcheinander wachsen, vermutungsweise als Bastarde anspricht. Bei der grossen Veränderlichkeit aller Organe bei den Arten dieses Verwandtschaftskreises ist der Beweis für die Bastardnatur der fraglichen Pflanzen sehr schwer zu erbringen, umsomehr, da sie keine mangelhafte Ausbildung der Staub­ beutel oder der Früchte erkennen lassen. Die eine der beiden Formen steht der D. tenuifolia sehr nahe und unterscheidet sich in der Hauptsache nur durch die kürzeren Fruchtstiele (auch die unteren nur etwa Va so lang als die Frucht); die zweite Pflanze, die in Blüte und Frucht mit D. muralis, aber in Behaarung und Tracht mit D. tenuifolia übereinstimmt, dürfte zu D. muralis var. intermedia gehören. Der Bastard wird ausserdem angegeben auf Aeckern zwischen Hochheim und Kastei bei Mainz ( Ha u s sk n ec ht ) und von Rolandseck in der Rheinprovinz (F. W i r t g e n briefl., von H a u s s k n e c h t bestätigt), ferner beschreibt ihn K. J o h a n s s o n (Botaniska Notiser 1895, pag. 169/170) in vergleichender Zusammenstellung mit den Stamm­ arten in schwedischer Sprache aus Gotland (auch diese letztere Pflanze könnte nach der Beschreibung noch zu D. muralis var. intermedia gehören. Sie unterscheidet sich von den schwedischen Formen der D. muralis durch den an D. tenuifolia erinnernden Zuschnitt der Laubblätter, durch längere Blütenstiele [diese werden für D. muralis als „kürzer als die Blüte“ angegeben] und grössere Blüten [15 mm im Durchmesser]). (Vgl. auch B é g u i n o t in Annali di Botánica I [1904], pag. 306/307 nota und in Atti Accad. Venet.-Trent.-lstr. VII [1914],

217 pag. 122.) Weitere Beobachtungen, dringend erwünscht.

die vielleicht grössere Klarheit in die Frage bringen könnten, sind

(L.) DC. (= Sinapis erucoides L., = Räphanus erucoides Crantz, = Sisymbrium erucoides Desf., = Erüca erucoides Rchb., = Euzömum erucoides Spach, = Brassica erucoides Boiss., = Crucifera erucoides E. H. L. Krause, = Erucastrum erucoides V. Calestani, = Eruca viminia Miller [!], = E. viminea Chazelles, = Brassica erucödes a normalis O. Kuntze, = Sinapis raphanifölia Pourret herb. ? sec. Bubani, = Sinapis älba Ucria nec L.). R au k en äh n lich er D oppelsam e, falsche Rauke. Franz.: Fausse roquette, roquette blanche, roquette sauvage; Ital.: Rucola salvatica, senapa pazza. Pflanze ein- oder überwinternd - einjährig, mit dünner, spindelförmiger Wurzel. Stengel meist zu mehreren oder vom Grunde an ästig (seltener einzeln und fast einfach), von nach rückwärts angedrückten, borstlichen Haaren besonders unterwärts rauh, beblättert; der mittelständige aufrecht, die seitlichen (oder die fast grundständigen Aeste) aufsteigend. Laubblätter bei einjährigen Exemplaren grösstenteils in grundständiger Rosette, bei über­ winterten fast nur stengelständig, alle von borstlichen, angedrückten Haaren rauh bis fast kahl. Grundblätter etwa 5 bis 15 cm lang und H bis 3 cm breit, leierförmig-fiederspaltig oder fiederteilig mit jederseits 1 bis 4 dreieckig-eiförmigen oder länglichen, ungleichmässig gezähnten Abschnitten und meist grösserem, oft rundlich-eiförmigem Endlappen, seltener ungeteilt (nur buchtig gezähnt). Zähne mit deutlichem, weisslichem, schwielenartigem Knorpelspitzchen. Stengelblätter den Grundblättern ähnlich, doch meist an Grösse ab­ nehmend, am Grunde stielartig verschmälert oder sitzend bis schwach herzförmig umfassend, häufiger ungeteilt (nur grob gezähnt bis schwach gelappt), am Grunde durch tiefer abge­ trennte, abstehende oder schwach rückwärts gerichtete Lappen oft fast spiessförmig, die obersten hochblattartig. Blütenstände (normal) reichblütig, meist angedrückt-borstig, an der blühenden Spitze dicht doldentraubig (geöffnete Blüten die Knospen oft etwas überragend), unterwärts lockerer. Blütenstiele beim Aufblühen etwa so lang wie der Kelch, dünn, später wenig verlängert, aber kräftiger werdend. Blüten ansehnlich. Kelchblätter fast aufrecht (jedoch nicht fest zusammenschliessend), schmal-elliptisch, 4 bis 5 mm lang, H bis F mm breit, aber durch Einschlagen der Ränder bald schmäler erscheinend, hell-hautrandig, beim Abblühen sich meist lila-purpurn verfärbend, auf dem Rücken zerstreut-borstig; die seitlichen nach dem Verblühen am Grunde schwach höckerartig ausgesackt. Kronblätter etwa doppelt so lang als der Kelch, 7 bis 11 mm lang und 2 bis 5 mm breit, spatelförmig bis breit verkehrt-eiförmig, an der Spitze abgerundet bis fast gestutzt, am Grunde in einen Nagel verschmälert, weiss, kaum merklich geadert, beim Abblühen meist vom Nagel aus sich in lila verfärbend. Fruchtstiele ziemlich derb, kantig; die unteren etwa 7 bis 13 mm lang, oft von einem Tragblatt gestützt, die oberen kürzer, tragblattlos, alle fast wagrecht- bis aufrecht-abstehend. Frucht fast aufrecht (mit dem Stiel einen Winkel bildend), seltener fast abstehend, über dem Kelchansatz nicht oder sehr kurz (etwa bis 1 mm lang) gestielt, etwa 2- bis 3- (seltener 4-) mal so lang als der Fruchtstiel, linealisch bis linealisch-lanzettlich, nach den Enden zu oft verschmälert, etwa bis 4 cm lang und 2 mm breit. Fruchtklappen flach, durch die Samen 2-reihig aufgetrieben-höckerig. Fruchtschnabel etwa bis 4 mm lang, bis H mm breit, von der Seite zusammengedrückt, linealisch bis eiförmig-lanzettlich, meist samenlos, seltener am Grunde 1 Samen enthaltend; Narbe breit scheibenförmig, deutlich 2-lappig ausgerandet, an der jungen Frucht deutlich breiter als der Griffel, später etwa so breit wie das Ende des Schnabels. Samen ähnlich den vorher-*) 1248. Diplotaxis erucoides1)

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*) Von Erüca (vgl. oben pag. 199, Fussn. 2) und gr. elöog [eidos] = Aussehen.

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gehenden Arten, fast 1 mm lang und *2/3 mm breit- Samenschale bei lange dauernder Benetzung verschleimend. — Blüht bei uns vom (April) Mai bis Spätherbst, im Süden auch im Winter und Vorfrühling. Im Mittelmeergebiet ein vielfach gemeines, oft lästig wucherndes Unkraut auf Kulturland aller Art, namentlich auf intensiv umgearbeitetem Boden (in Weinbergen u. dgl.). In Mitteleuropa bisher nur selten und zumeist vorübergehend eingeschleppt oder verwildert: in Frankfurt a. O. im Buek’schen Garten an der Bergstrasse und in dessen Nähe seit gegen 1850 viele Jahre hindurch zahlreich aus ursprünglicher Anpflanzung verwildert, zuletzt noch 1884 festgestellt; an einem Bahndamm beim Potsdamer Bahnhof in Berlin 1906? (vom Bearbeiter nur aus der Entfernung vom fahrenden Zuge aus beobachtet!); in Strassburg in neuerer Zeit mehrfach aus dem Botanischen Garten verwildert; in der Wiehre bei Freiburg i. B. auf Schutt 1905; bei Genf eingeschleppt 1874, 1875, 1877j 1880 und 1881; auf Schuttstellen um Zürich (Belvoir, Güterbahnhof, Kiesgrube Hardau) seit 1899 fast alljährlich, aber in stark wechselnder Häufigkeit; um Basel gegen Burgfelden, bei Birsfelden und St. Jakob-Neue Welt; Solothurn 1916 (Probst!); Bern 1916 (R. Streun!). A llg em ein e V erb reitu n g: Mittelmeergebiet (von Portugal und Marokko bis Mesopotamien), jedoch nicht überall (fehlt dem Oesterreichischen Küstenland [auch SüdIstrien] und der Balkanhalbinsel). In Frankreich in der Folge des Krieges von 1870/71 vorübergehend auch im Zentrum („Florula obsidionalis“ von Paris) und im Osten beobachtet; neuerlich verschleppt in England. Diplotaxis erucoides weicht von unseren gelbblütigen Arten der Gattung durch die Tracht, die Be­ haarung und die Knorpelspitzen der Blattzähne stark ab und nähert sich durch diese Merkmale der Gattung Erucästrum, zu der sie tatsächlich neuerdings auf Grund der Anatomie des Fruchtschnabels von V. C a le s t a n i gestellt worden ist. Nach der heute üblichen Abgrenzung der beiden Gattungen muss sie jedoch mit Rück­ sicht auf die in jedem Fruchtfach sehr deutlich 2-reihigen Samen bei Diplotaxis verbleiben. — Von Ab­ änderungen sind zu erwähnen: a) nach der Behaarung: f. g l a b e r r i m a (O. Kuntze sub Brassica) Thellung. Pflanze fast völlig kahl. — f. p i l o s i ü s c u l a Thellung. Pflanze (besonders der Stengel) spärlich behaart. — f. h i s p i d u l a (Ten.) Rouy et Fouc. ( = Brassica hispida Ten. pro parte?, = Erüca hispida DC. pro parte? [vgl. oben pag. 202], = D. hispidula Ten., = Brassica erucodes a normälis var. hispidula O. Kuntze). Ganze Pflanze dicht steifhaarig. — b) Durch den Wuchs weicht ab: f. n a n a (O. Kuntze sub Brassica) Thellung. Stengel niedrig, fast blattlos. Laubblätter fast sämtlich in grundständiger Rosette. — c) Nach dem Schnitt der Laubblätter: f. t y pi c a (O. Kuntze sub Brassica) Fiori (pro parte). Laubblätter leierförmig-fiederlappig bis fast schrotsägeförmig, mit stumpfen, breiten Lappen. — f. a c u t i l o b a (O. Kuntze) Thellung. Laubblätter ebenso, aber mit spitzen, verlängerten Lappen. — f. p i n n a t i s e c t a (O. Kuntze) Thellung. Laubblätter fiederschnittig. — f. v e r s i c o l o r (Hüter, Porta et Rigo pro spec.) Fiori. Laubblätter klein und schmal, leierförmig-buchtig, mit stumpfem Endlappen. Kronblätter klein, schmal, verkehrt-eiförmig, frisch weiss, getrocknet violett werdend. — f. dent at a (O. Kuntze) Thellung. Laubblätter ungeteilt, nur (besonders am Grunde) gezähnt. — d) Durch besonders grosse Früchte weicht ab: f. A p ü l a (Ten. pro spec.) Arcangeli ( = Sinäpis Apula Ten.). Kräftige, fast kahle Pflanze mit buchtig gezähnten oder fast schrotsägeförmigen Laubblättern. Früchte lang gestielt, fast doppelt so gross als bei den übrigen Formen. — Die Blütenstiele sind zuweilen durch Tragblätter gestützt. Vergrünungen der Blüten mit mehr oder weniger vollkommener Verlaubung aller Teile sind nicht selten; häufig sind sie die Folge des Parasitismus einer Phytoptus-Art.

C C C X X X 1II. Erucästrum1) (DC .) Presl em. Schimper et Spenner (= Brassica sect. Erucastrum D C. pro parte, Benth. et H ook., = subgen. Erucastrum B eck­ haus-Hasse, = E rucastrum a Erucastrum R chb., = D iplotäxis sect. Erucastrum Gren. et G odron, = H irschfeldia2) sect. E rucastrum v. H ayek, = Erucastrum 9 Von Erüca (vgl. oben pag. 199, Fussn. 2) und der Endung ästrum = Stern, Bild, Abbild; also eine der Rauke ähnliche Pflanze. 2) Vgl. die folgende Gattung (pag. 226).

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sect. Euerucastrum W illk., = Brassicäria Gillet et M agne, = Corynölobus-1) R . Roem er, = C onirdstrum *2) D ulac, = H irschfeldia Fritsch pro parte nec M önch). H u n d s r a u k e , Ram pe, Rempe. F ranz.: E rucastre, fausse roquette; engl.: B astard­ rocket; ita l.: E rucastro.

Einjährige bis ausdauernde Kräuter mit beblättertem, meist ästigem Stengel, von einfachen Haaren meist rauhflaumig. Laubblätter oft fiederteilig; Eiweissschläuche im Mesophyll. Blütenstiele oft mit Tragblättern versehen. Kelchblätter abstehend bis fast aufrecht, am Grunde nicht gesackt (die seitlichen nur ganz schwach höckerartig vorgewölbt). Kronblätter gelb, oft dunkler geadert, selten weiss, genagelt, mit ganzrandiger Platte. Staub­ fäden einfach, frei. Am Grunde der kurzen Staubblätter innen je eine 3-lappige Honig­ drüse, ferner aussen am Grunde jedes langen Staubblattpaares je eine grosse Honigdrüse. Fruchtknoten sitzend. Griffel kurz; Narbe kopfig, ungeteilt oder schwach 2-lappig. Frucht von der Achse entfernt, kürzer oder länger linealisch, mehr oder weniger seitlich zusammen­ gedrückt, 2-klappig aufspringend. Fruchtklappen gewölbt, 1-nervig, d. h. nur mit deut­ lichem (vorspringendem) Mittelnerv (Seitennerven schwach, geschlängelt und anastomosierend oder fast ganz unsichtbar), durch die Samen oft höckerig-aufgetrieben. Scheidewand zart, mit unregelmässig vieleckigen, quergestreckten Epidermiszellen. Fruchtschnabel deutlich, kegelförmig, oft seitlich schwach zusammengedrückt, fast stets 1 bis 2 Samen enthaltend. Samen in jedem Fache einreihig (selten, besonders in der Mitte der Frucht, undeutlich 2-reihig), eiförmig bis länglich, etwas zusammengedrückt, nicht berandet. Keimblätter rinnig-längsgefaltet (mit in der Rinne liegendem Würzelchen), an der Spitze gestutzt oder nur kaum merklich ausgerandet. Die Gattung umfasst etwa 12 Arten, die in ihrer Gesamtheit über das Mittelmeergebiet (besonders in dessen südlichem Teil) und über Mitteleuropa (bis Westrussland) verbreitet sind; 2 Arten wachsen in Südafrika. Die Abgrenzung gegenüber den verwandten Gattungen ist vielfach schwankend und unsicher. Diplotaxis unterscheidet sich im allgemeinen durch die in jedem Fache deutlich 2-reihigen Samen; doch findet sich dieses Verhalten (immerhin in undeutlicher Ausbildung) gelegentlich auch bei unseren Erucastrum-Arten, was Grenier und Godron (1847) veranlasst hat, die beiden Gattungen zu vereinigen. C a l e s t a n i unterscheidet sie (1908) auf Grund der Anatomie des Fruchtschnabels und gelangt auf diese Weise dazu, Diplotaxis erucoides zu Eruc­ astrum zu stellen; die morphologischen und anatomischen Merkmale gehen also offenbar nicht Hand in Hand. Hirschfeldia, die in neuerer Zeit fast allgemein mit Erucastrum vereinigt wird, unterscheidet sich durch die auf verdicktem, anliegendem Stiel aufrecht angedrückte, stielrunde Frucht ohne vorspringenden Kielnerv der Frucht­ klappen und durch mehr eiförmig-kugelige Samen; Brassica durch kugelige Samen, nach Ca l es ta n i auch durch ab­ weichende Anatomie der Fruchtklappen; Sinapis und Eruca durch den flach zusammengedrückten Fruchtschnabel. Ausser unseren 2 einheimischen Arten wurden in Mitteleuropa verschleppt beobachtet: E r uc as t ru m värium Dur. ( = Brassica varia Dur., = Hirschfeldia varians Pomel, = E. obtusangulum var. exauriculatum Cosson olim pro parte; vgl. den Bestimmungsschlüssel und Fig. 779e bis f). In Algerien und Marokko einheimisch, vorübergehend auch in Südfrankreich bei Montpellier verschleppt; 1915 bei Disentis (Kanton Graubünden) unter fremder Hafersaat (Avena Byzantina; wohl aus Algerien oder Marokko stammend) mit anderen algerisch- marok­ kanischen Unkräutern (z. B. Anthemis mixta L. var. aürea [Dur.] Thellung) gefunden (P. K. Hager!) und zwar in den folgenden 2 Abarten: var. c a m p e s t r e (Dur. sub Brassica) Thellung ( = var. varium Cosson). Frucht schmal­ linealisch; Schnabel länglich, nur an der Spitze verjüngt, etwas stumpflich (Fig. 779 e). — var. m o nt änu m (Dur. sub Brassica) Cosson. Frucht oft breiter linealisch; Schnabel länglich-lanzettlich bis fast linealisch, gegen die Spitze allmählich verjüngt, spitzzulaufend, an der Spitze selbst stumpflich (Fig. 779 f). Beide Abarten ändern ab mit fein kurzhaariger Frucht (f. d as y c a r pu m Thellung). — E r u c a s t r u m T h e l l ü n g i i 3) O. E. *) Von gr. xoQVV'tj [koryne] = Keule und Xoßog [lobds] = Schote. a) Von gr. %(övog [kdnos] = Kegel und lat. rdstrum = Schnabel. 3) Nach Dr. phil. A l b e r t T h e l l u n g , geboren den 12. Mai 1881 in Zürich, Assistent am Botanischen Garten und Museum und Privatdozent an der Universität daselbst, dem Bearbeiter der Cruciferetl (bis und mit den Brassicinae ausschl. Crambe) für die vorliegende Flora, Verfasser von „Die Gattung Lepidium“ (1906) und „La flore adventice de Montpellier“ (1912), sowie kleinerer Schriften über Systematik, Nomenklatur und Adventivfloristik.

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Schulz (vgl. den Bestimmungsschlüssel und Fig. 779g, h). Intermediär zwischen E. varium und dem marokka­ nischen E. elätum (Ball sub Brassica) O. E. Schulz. Heimat unbekannt; vermutlich (Nach der Verwandtschaft und der Begleitflora zu schliessen) Algerien oder Marokko. Bisher einzig mit der vorigen Art 1915/16 bei Disentis ge­ funden (P. K. Hager!); ist in der Heimat aufzusuchenl Zerfällt gleichfalls in 2 Abarten: var. i n c r a s s s ä t u m Thellung ( = E. varium var. [?] incrassatum Thellung olim, = E. Thellungii O. E. Schulz sens, strict.). Fruchtstiele kurz (3 bis 5 [6] mm lang) und dick (wenig dünner als die Frucht), steif. Fruchtschnabel durch die Samen (ähnlich der Gliederfrucht von Rapistrum) deutlich gegliedert; das oberste Glied meist eiförmig-länglich, am Grunde plötzlich zusammengezogen, an der Spitze kegelförmig-verjüngt (Fig. 779g). — var. d o l i c h ö p o d u m 1) O. E. Schulz. Frucht­ stiele bis 9 mm lang, dünner. Fruchtschnabel schmal-ellipsoidisch, nicht oder kaum gegliedert (Fig. 779 h). — E. A b y s s i n i c u m (A. Rieh.) O. E. Schulz ( = E. Arabicum var. Abyssinicum A. Rieh., = E. Arabicum Hort, bot.! nec Fischer et Meyer, = E. Polh'chii Hort. bot. nonnull. 1 nec Schimper et Spenner; vgl. den Bestimmungs­ schlüssel). Aus Abessinien stammend ; in Botanischen Gärten hin und wieder unter den erwähnten unrich­ tigen Namen gezogen. Im Gebiete einmal (1915) im Hafen von Ludwigshafen (Pfalz) angetroffen (F. Z i m m e r ­ mann!); wohl eher irgendwie aus der Kultur verwildert als direkt aus der fernen Heimat eingeschleppt. 1. Stengel reichbeblättert, von nach rückwärts gerichteten, grossenteils angedrückten Haaren rauhflaumig bis fast zottig. Stengelblätter nach oben allmählich an Grösse abnehmend, auch die oberen nie linealisch noch ganzrandig und stielartig verschmälert. Kelchblätter borstlich behaart . 2. 1*. Stengel armblätterig, von teilweise abstehenden bis aufwärts gerichteten Haaren wenigstens unterwärts borstig (oberwärts oft verkahlend). Grundblätter leierförmig-fiederteilig. Stengelblätter rasch an Grösse abnehmend; die oberen hochblattartig, fast linealisch, schwach gezähnt bis ganzrandig, am Grunde stielartig verschmälert. Blütenstand ohne Tragblätter. Kelchblätter von weichen, feinen Haaren locker flaumig-zottig. 4. 2. Alle Laubblätter (auch die oberen Stengel- und die Tragblätter) fiederspaltig bis fiederschnittig. Blütenstände höchstens im unteren Teile durchblättert. Fruchtstiele meist unter 60 bis 90° abstehend . 3. 2*. Obere Stengelblätter und Tragblätter der Blütenstiele ungeteilt, nur gezähnt, eiförmig-länglich bis eilanzettlich, mit breitem Grunde sitzend. Blütenstände bis zur Spitze durchblättert. Fruchtstiele unter höchstens 30° abstehend; Frucht fast aufrecht . E. A b y s s i n i c u m (s. oben). 3. Untere Fiedern der oberen Stengelblätter nach abwärts gerichtet, den Stengel öhrchenartig umfassend. Blütenstiele (mit Ausnahme des untersten jeder Traube) fast stets tragblattlos. Kelchblätter wagrecht ab­ stehend. Kronblätter lebhaft gelb. Frucht über dem Kelchansatz deutlich gestielt. Fruchtklappen an der Spitze gestutzt. Fruchtschnabel fast stets 1-samig, lanzettlich-kegelförmig E. n a s t u r t i i f ö l i u m nr. 1249. 3*. Untere Fiedern der Stengelblätter eher vorwärts gerichtet, den Stengel nicht öhrchenartig um­ fassend. Mehrere der unteren Blütenstiele jeder Traube (normal) mit Tragblättern versehen. Kelchblätter fast aufrecht. Kronblätter (in der Regel) weisslichgelb. Frucht über dem Kelchansatz nicht oder kaum merklich gestielt. Fruchtklappen an der Spitze ausgerandet. Fruchtschnabel fast stets samenlos, linealisch-walzlich. E. G a l l i cum nr. 1250. 4. Fruchtstiele meist dünn, 5 bis 12 mm lang. Fruchtschnabel meist 1-samig, seltener 2-samig oder auch samenlos, länglich-eiförmig-lanzettlich oder lanzettlich-linealisch bis fast linealisch, nicht auffallend ge­ dunsen (Fig. 779e, f) . E. v a r i u m (s. oben). 4*. Fruchtstiele dicker, steif, 3 bis 9 mm lang. Fruchtschnabel 2 bis 3-samig, gedunsen, meist dicker als die Frucht (Fig. 779g, h) E. T h e l l u n g i i (s. oben).

1249. Erucastrum nasturtiifölium ) (Poiret) O. E. Schulz (= Brassica Erucastrum Vill. Prosp., All., Gaudin, Soyer-Willemet in Ann. sc. nat. 1834 et auct. plur. [sed vix L. vel pro minima parte tantum]*23), = Râphanus Erucastrum Crantz?, = Erysimum Erucastrum Scop.,

*) Von gr. ôoXi%oç [dolichös] = lang und novç, noôôç [pus, podds] = Fuss, Stiel. 2) Die Laubblätter dieser Art erinnern an diejenigen gewisser Arten von Nasturtium ( = Ro vgl. später unter dieser Gattung. s) Brassica Erucastrum L. steht bei Li nné in der durch den schwertförmigen Griffel gekennzeichneten Gruppe „Erucae“, was für die Zugehörigkeit der Pflanze zu Brassicella Erucastrum ( = Brassica Cheiranthus) spricht. Die Art ist im übrigen in der Hauptsache begründet auf „Eruca sylvestris major lutea caule aspero“ C. Bauhin Pinax (1623), pag. 98, deren Typus nach Ausweis seines Herbars (!) dem Erucastrum Gallicum ent­ spricht, während die als Synonym zitierte Eruca sylvestris der alten Kräuterbücher teils zu Diplotaxis tenuifolia, teils zu Brassicella Erucastrum, teils zu Erucastrum Gallicum gehört. Erucastrum nasturtiifolium ist also als Bestandteil der L in n é ’schen Brassica Erucastrum nicht sicher nachzuweisen, wenn es auch unwahrscheinlich ist, dass L i nn é diese verhältnismässig häufige Art gar nicht gekannt haben sollte. Eruca aspera Miller und E. silvestris Lam. stellen lediglich Umtaufungen von Brassica Erucastrum dar und fallen mithin, abgesehen von der Unsicherheit ihrer Bedeutung, als „totgeboren* nomenklatorisch ausser Betracht.

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Clairv. !, = Sisym brium E rucastriim Vill. vol. I ll [non I] nec G ouan nec Pollich, = S inápis E ru castru m R u ch in g er, = E ru ca E ru castru m Baum g. p ro p a rte ? nec Fl. W eft., = D iplotáxis E ru castru m G ren. et G odron, = B rassicária erucastrum G illet et M agne, = H irschféldia E ru castru m F ritsch , = E ru c a áspera M iller p ro p arte ?, = E . silvéstris L am . pro p a rte ? = Sinapis nasturtiifolia P oiret, = Sisym brium o b tu sán g u lu m x) [H aller f. ap. Schleicher, nomen nudum] S chleicher ap. W illd., = E rysim um obtusángulum C lairv., = B rassica obtusángula R ch b . [1829], S huttlew . [1838], = E ru castru m obtusángulum R chb., = C oniróstrum

F ig . 779. E r u c a s t r u m n a s t u r t i i f o l i u m (P o ir e t) O . E . S c h u lz , a, b H a b itu s ( 1 /4 n a tü rl. G r ö ss e ), c Frucht."''«/ S a m e. — F r ü c h te (o b erer T e il, v e r g r ö s s e r t) v o n E r u c a s t r u m v a r i u m D u r., e v o n var. c a m p e s t r e (D ur.) T h e llu n g , / v o n var. m o n ­ t a n u m (D u r.) C o sso n . — E . T h e l l u n g i i O. B . S c h u lz , g F r u c h t v o n v a r. i n c r a s s a t u m T h e llu n g , h v o n var. d o l i c h o p o d u m O. E . S ch u lz. — H i r s c h f é l d i a i n c a n a (L.) L a g r e z e -F o s s a t. i H a b itu s (1 / 4 n atürl. G r ö sse), h F r u c h t. I F r u c h tsc h n a h e l.

obtusang[u]lum D ulac, = D iplotaxis obtusangula „G ren. et G o d ro n “ ex R eu ter, = G uenth eria obtusangula A n d rz. ex D ucom m un, = H irschféldia obtusangula F ritsc h ex V ollm ann, = Sisym brium jacobaeifólium B erg eret ex Vill., = S. obtusifólium D ucros ex G audin, = E . G m elin i*2) et E . L a m á rc k ii3) S chim per et Spenner, = C rucifera L am arckii E . H . L . K rause, = B rassica E ru castru m a m aior G audin [1836], = E. m ontanum H e g e tsc h w .!, 9 L a t. o b tu sa n g u lu s = stu m p fk a n tig o d er stu m p fe c k ig ; h ie r m it R ü c k sic h t auf die — im G e g en satz zu S isy m b riu m a c u ta n g u lu m D C . ( = S. P y ren aicu m subsp. A u stria c u m v a r. acu tan g u lu m ; vgl. ob en p ag . 173) — stu m p fen L a u b b la tta b s c h n itte . 2) N a c h K a rl C h ristia n G m e l i n , A rz t in K a rlsru h e (B a d en ), g e b o re n zu B a d en w eile r am 18. M ä rz 1762, g e sto rb e n zu K a rlsru h e am 26. Ju n i 1837, V e rfa s se r v o n „ F lo ra B adensis A lsa tic a “ (1805 bis 1826). N ach ih m is t die C ru c ife re n -G a ttu n g C a ro li-G m elin a F l. W e tt. ( = R o rip a) b e n an n t. s) N a ch Je a n B a p tiste A n to in e P ie rre M o n n e t de L a M a r e k (L a m a rc k ), dem b e rü h m te n B o ta n ik e r und Z oologen, g e b o re n zu B azen tin (Som m e) in d e r P ic a rd ie am 1. A u g u s t 1744, g e sto rb e n zu P a ris am 18. D e ze m b er 1829, V e rfa sse r (a u f b o ta n isc h e m G e b iete) ein er „ F lo re fra n ç a is e “ (1779, 2. A ufl. 1793) und B e­ a rb e ite r eines T eiles des A b s c h n itte s „ B o ta n ik “ in d e r „ E ncyclopédie m é th o d iq u e “ (1783 bis 1717)- N a ch ih m is t die G ra m in e e n g a ttu n g L a m a rc k ia M ö n ch b e n a n n t.

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= Sisymbrium negléctum Chaix herb. sec. Timbal-Lagrave, = S. Tournefórtiix) Schleicher ex Schimper et Spenner, = Brassica obtusanguláta St. Lager, = Sinapis nasturtioides [sphalm.] „Lam.“ sec. Gaudin et Rchb., = Sinapis Hispánica Gueldenst., Thuill., Lam., nec L., = Sisymbrium Monénse Gmelin pro parte [quoad loc. Constanz] nec L., = Brassica Cheiránthus Hagenb. [ex loc.] nec Vill., = Sinapis Baética Willk. nec Boiss., = E. Pollichii Willk. nec Schimper et Spenner). B ru n n en k ressen b lä tterig e oder Stumpfeckige H undsrauke. Fig. 779a bis d. Pflanze zweijährig bis ausdauernd, am Grunde oft etwas verholzt. Stengel meist (1 0 ) 40 bis 80 cm hoch, aufrecht, kräftig, (getrocknet) kantig-gefurcht, wenigstens unter­ wärts von kurzen, weisslichen, nach rückwärts gerichteten (grossenteils angedrückten) Haaren rauhflaumig bis fast zottig, beblättert, ästig. Laubblätter ähnlich dem Stengel behaart bis verkahlend. Grundblätter (an älteren Stöcken meist nicht mehr vorhanden) rosettig ange­ ordnet, gestielt, fiederteilig oder leierförmig-fiederteilig. Stengelblätter den Grundblättern ähnlich, an Grösse sehr verschieden, im Durchschnitt etwa 10 bis 15 cm lang und 4 bis 6 cm breit, bis zum Grunde fiederschnittig, mit jederseits meist etwa 5 bis 7 länglichen bis eiförmig-länglichen (selten fast lanzettlichen), stumpfen, grobbuchtig gezähnten bis stumpf gelappten (selten fast ganzrandigen), am Grunde am unteren Rande meist durch ein auf­ fallend vorspringendes Läppchen geöhrten, unterwärts entfernten, nach der Blattspitze zu mehr genäherten und oft etwas zusammenfliessenden Seitenabschnitten und wenig verschiedenem Endlappen, oft in der Form auffällig an Senecio Jacobaea L. erinnernd; unterstes Paar der Blattfiedern meist abwärts gerichtet und den Stengel öhrchenartig umfassend. Obere Stengelblätter allmählich an Grösse und Zerteilung abnehmend. Blütenstände am Stengel und an den Aesten endständig, zu einem pyramidenförmigen oder trugdoldig-rispigen Gesamt­ blütenstand einander genähert, reichblütig, am blühenden Ende dicht halbkugelig, nach dem Verblühen sich stark streckend, fast stets (mit Ausnahme der untersten Blüte) tragblattlos; ihre Achse kahl oder zerstreut rückwärts anliegend borstlich behaart. Blüten ziemlich ansehnlich. Blütenstiele schlank, kahl, etwas kürzer bis etwas länger als die Blüten, etwa 5 bis 12 mm lang. Knospen länglich-verkehrt-eiförmig. Kelchblätter länglich-elliptisch, etwa 4 bis 6 (8) mm lang und 1 x/2 mm breit, aber bald nach dem Oeffnen der Knospen durch Einrollen der Ränder fast linealisch erscheinend, nahezu wagrecht-abstehend, gelb­ grün, aussen borstlich behaart. Kronblätter lebhaft gelb, zuweilen dunkler netzaderig, meist doppelt so lang als der Kelch (etwa 8 bis 12 [15] mm lang, 3 bis 4 [5 x/ 2] mm breit), mit breitelliptischer, an der Spitze abgerundeter, am Grunde plötzlich in einen schlanken, fast gleichlangen Nagel zusammengezogener Platte. Staubblätter aufrecht; Staubbeutel linealisch, etwa 2 bis 2 ljz mm lang, nach dem Verstäuben am Grunde und an der Spitze stark spiralig nach auswärts gebogen. Fruchtstand verlängert, aber dicht, reichfrüchtig. Fruchtstiele etwa bis so lang als die Frucht, dünn, meist nahezu wagrecht-abstehend. Früchte aufstrebend, mit dem Stiel meist einen deutlichen Winkel bildend, gerade oder schwach sichelförmig aufwärts gebogen, linealisch bis breit-linealisch, etwa (2) 3 bis 4 cm lang und H /2 mm breit, am Grunde etwas verschmälert und über dem Kelchansatz oft deutlich bis 1 mm lang) gestielt. Fruchtklappen kahnförmig-gewölbt, am Mittelnerv gekielt, ohne äusserlich sichtbar vorspringende Seitennerven, ziemlich dünn, durch die Samen aufgetrieben-höckerig, an der Spitze gestutzt und mit einem auf der Innenseite vorspringenden, in eine Höhlung des*) x/ 2

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*) Nach Joseph Pitton de T o u r n e f o r t , geboren zu Aix (Provence) am 5. Juni 1656, gestorben zu Paris am 28. Dezember 1708, bedeutendem Reformator der botanischen Systematik (und direktem Vorläufer L i n n e ’s auf dem Gebiete der Gattungsabgrenzung), Verfasser von: Eiemens de Botanique (1694); Histoire des plantes . . . . aux environs de Paris (1698; 2. Aufl. 1725); Institutiones rei herbariae (1700, 3. Aufl. 1719) u. a. m.

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Fruchtschnabels greifenden, spornartigen Fortsatz versehen. Scheidewand der Umrissform der Frucht entsprechend, etwas schwammig, undurchsichtig, stark verbogen-grubig, die Samen in den Vertiefungen bergend. Fruchtschnabel ziemlich kurz und unansehnlich, etwa bis 4 mm lang, lanzettlich, seitlich zusammengedrückt, gegen die Spitze meist kegelförmig­ verjüngt, in der Regel einen Samen enthaltend und dadurch unterwärts etwas aufgetrieben. Narbe halbkugelig, breiter als das Ende des Schnabels, ungeteilt oder schwach 2-lappig. Samen (selten gut ausgebildet!) in jedem Fruchtfach 1-reihig oder nur in der Mitte un­ deutlich -reihig, länglich-eiförmig bis eiförmig, etwa U mm lang, 2/s bis mm breit, etwas zusammengedrückt, braunrötlich, glatt. — V bis VIII, nur vereinzelt auch noch später blühend. Zerstreut an kiesigen oder sandigen Fluss- und Seeufern, an sonnigen, trockenen, steinigen Abhängen, an Mauern, auf Dächern, an erdigen Stellen, Wegrändern, in den Alpen auf Schuttkegeln und Moränen, ferner auf Schutt, zwischen Bahngeleisen, an Bahn­ dämmen, auf Brachäckern; auch mit fremdem Saatgut in Aeckern und unter südeuropäischer Luzerne verschleppt. Als urwüchsige Pflanze im südlichen Gebiete, besonders in den grösseren Alpentälern den Lauf der Flüsse begleitend; weiter nördlich nur herabgeschwemmt oder vorübergehend eingeschleppt. Die Pflanze wird von Gradm ann für Süddeutschland zu den „Thermophyten“ gerechnet. 3

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In D e u t s c h l a n d urwüchsig nur am Strande des Bodensees bei Lindau und Wasserburg und im Württembergisch-Badischen Bodenseegebiet (Hier oft zusammen mit den eingebürgerten amerikanischen Arten Oenothera biennis. Erigeron annuus, E.Canadepsis und Solidago Canadensis), sowie herabgeschwemmt am Oberrhein bei Laufenburg, bei Hüningen und Neudorf unweit Basel, auf einer Rheininsel bei Neuenburg unweit Müllheim und einmal am Rheinufer bei Neubreisach. Verschleppt (und meist nur vorübergehend beobachtet) z. B. in Elsass-Lothringen bei Chalampe, Illfurt, Strassburg und Kehl (an den 2 letztgenannten Orten seit 1865, jetzt völlig eingebürgert), Metz usw.; in Hessen auf Brach- und Kleeäckern bei Rohrbach, Ostern und an der Weschnitz; in Rheinhessen bei Sprendlingen; neuerdings im Krefelder Hafen, bei Uerdingen und Viersen eingeschleppt; in Westfalen bei Dortmund und Buer; in Anhalt am Wartenberg bei Calbe; bei Magdeburg; selten eingeschleppt im nordost­ deutschen Flachlande, z. B. im Odergebiet bei Müncheberg (Behlendorf); in Bayern um Lindau (abgesehen von den natürlichen Vorkommnissen) auch an Bahndämmen, ferner vorübergehend verschleppt bei München (ehemals im Südbahnhof und am Würmkanal) und angeblich (um 1880) in einem Saatfeld bei Metten. — In O e s t e r ­ r e i c h in Mähren (zwischen Auspitz und Tracht, Klobouk, Borkowan und Boschowitz), Niederösterreich (selten; um Wien und hie und da im südlichen Wiener Becken von der Donau bis Katzelsdorf, auch beiMautern und Hainburg), Krain (nach P a u l i n [briefl.] bisher nur bei Radmannsdorf und Veldes in Oberkrain, 1915 auch bei Laibach; nach F l e i s c h m a n n auch in Unterkrain bei Gottschee [?]), Salzburg (Bahnhof Salzburg [Damm gegen Fünfhaus] und Aigen, nur verschleppt), Tirol (verbreitet) und Vorarlberg (häufig im Rhein- und Illtal bis ins Montavon- und Klostertal, sowie am Bodenseeufer bei Bregenz). — In der S c h w e i z stellenweise, hauptsächlich an den Ufern der grösseren Flüsse und Seen, besonders der Rhone und ihrer Zuflüsse, des Genfersees, der Saane, der Aare (auch im Berner Oberland, z. B. an der Kander), des Neuenburger- und Bielersees, des Urner- und des Walensees (nebst der Seez), des Rheines, des Bodensees (am Untersee nach Bau mann vorzugsweise in Gesellschaft von verwilderter Brassica oleracea und von Barbaraea vulgaris), der Birs, des Doubs, des Tessinflusses usw.; am häufigsten im Wallis (im Haupt- und in den Seitentälern, hier am Simplon bis 2400 m ansteigend; im benachbarten Aostatale bis 2000 m) und im Rheintal vom Rheinwald bis zum Bodensee (am Gonzen 1200m); höchste Fundorte in Graubünden (auf Schutt, verschleppt): Arosa 1750 m, Samaden 1750 m, St, Moritz 1770 m; im Tessin: Val Bavona 2050 m. Fehlte 1897 den Kantonen Solothurn (seither bei Büren gefunden), Luzern, Unterwalden, Schwyz und Zug; in Zürich nur ruderal (seit 1875).

A llg em ein e V erb reitu n g: Südwest- und Mitteleuropa: Portugal, Spanien, Frankreich, Belgien (fehlt den Niederlanden), Deutschland (vgl. oben), Schweiz, Italien, Oesterreich, Ungarn, Polen, Westrussland; verschleppt in England, sowie in Argentinien.

Von Abänderungen wurden beschrieben: a) nach der Tracht: f. alpinum (Favre sub E. obtusangulo) Thellung. Stengel nur 10 bis 15 cm hoch, fast einfach, stärker behaart. Laubblätter fast nur grundständig; Stengelblätter sehr klein, fast kahl. Blüten um grösser als bei der gewöhnlichen Durchschnittsform (An den höchstgelegenen Standorten im Wallis, z. B. beim Kaltwassergletscher am Simplon; auch sonst hie und da in angenäherter Ausbildung [mit kleineren Blüten] als Kümmerform sehr magerer Orte). — b) Nach dem

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Schnitt der Laubblätter: f. n o r m a l e Thellung. Abschnitte der Laubblätter meist länglich, von einander entfernt, lappig gekerbt bis fast ganzrandig. — f. s u b b i p i n n a t f f i d u m (Lag.) Thellung ( = Sinäpis subbipinnatifida Lag., = E. subbipinnatifidum Lange, = E. obtusangulum var. ß subbipinnatifidum Willk. et Lange, = E. obtusangulum Bourgeau exs. nec Rchb. sens. strict.). Abschnitte der unteren Laubblätter tiefer- und unregelmässig buchtig-gelappt, fast fiederspaltig (Aus Spanien beschrieben; angenähert z. B. mehrfach in der Schweiz). — f. l a t i s e c t u m (Fiori) Thellung ( = Brassica Erucastrum f. latisecta Fiori 1906, = E. obtusan­ gulum var. latffidum Murr 1914). Abschnitte der unteren Laubblätter weniger zahlreich, kürzer, sehr breit, sich grösstenteils berührend, die oberen zusammenfliessend (Hohenems in Vorarlberg; auch im Wallis, an der Axenstrasse und im St. Galler Rheintal). — c) Nach der Blüte und Frucht: var. (forma?) s t e n o c ä r p u m *) (Rouy et Fouc.) Thellung E. intermedium Jordan!, = Diplotaxis Erucastrum forme D. stenocarpa Rouy et Fouc., = E. hybridum [E. Pollichii X obtusangulum] Brügger ex Seiler 1909? sine descr. [Sils im Domleschg]). Blüten kleiner und blasser als beim Typus; Spreite der Kronblätter schmäler, kürzer als der Nagel. Fruchtschnabel schlanker; Narbe kleiner. Früchte dünner (Scheidewand kaum 1 mm breit), stärker holperig. Laubblatt­ abschnitte schmal, kurz gezähnt (Aus Südfrankreich beschrieben; bei uns in der Schweiz auf der Reinacher Heide bei Basel [Binz!]). — Die ziemlich ansehnlichen Blüten halten ca. 12mm im Durchmesser und werden von Bienen viel besucht. Die Kelchblätter stehen horizontal ab; die Kronblätter sind goldgelb. Die Antheren sind von der gleichzeitig entwickelten Narbe entfernt, so dass Selbstbestäubung in der Regel vermieden wird. — Als Abnormität sind gelegentlich an einigen der unteren Blütenstiele (nicht nur am alleruntersten) kleine Trag­ blätter zu beobachten. In Ungarn soll aus den Samen eine Art Senf hergestellt werden.

EruCastrum Gällicum (Willd.) O. E. Schulz (= Brassica Erucastrum L. pro parte [vgl. pag. 220, Fussnote 3], Schultes, Boenningh., Gmelin, Labram et Hegetschw., Schleicher exsicc. sec. Gaudin, Hagenb., Schmitz et Regel etc. nec auct. rec., = Sisymbrium Erücastrum Chaix ap. Vill. vol. I et herb, [teste Timb.-Lagr.], Pollich, non Gouan nec Vill. vol. III, = Erysimum Erucastrum Roth [ex loc.] nec Scop., = Erüca Erucastrum Fl. Wett., Baumg. ?, = Sinäpis Erucastrum Roehling pro parte nec Ruchinger, = Moricändia Erucastrum Comien [sec. Nyman], = Erucastrum Erucastrum Huth, = Sisymbrium supinum ß Gouan, = S. Erucastrum var. B. Vill., == S. Gällicum Willd.*2), Loisel., = Brassica Erucastrum ß ochroleüca Gaudin, = Brassica ochroleuca Soyer-Willemet [1834! nec „1824“ ut in Ind. Kew.], = Erucastrum Pollichii3) Schimper et Spenner, = Brassica Pollichii Shuttlew., = Br. obtusängula ß Pollichii Arcang., = Caulis Pollichius E. H. L. Krause, = Crucifera Pollichii E. H. L. Krause, = Hirschfeldia Pollichii Fritsch, = E. vulgäre Endlicher [1830] sec. Neilr., = Sisymbrium hirtum Host, = Diplotäxis hirta Hermann, = E. inodörum Rchb., = Erysimum inodorum E. H. L. Krause [pro syn.], = Diplotaxis bracteäta Gren. et Godron, = Brassicäria bracteata Gillet et Magne, = Brassica bracteata Janka, = E. bracteatum St. Lager, = Sisymbrium obtusängulum Van Hall, Roth Man., Portenschl., nec Schleicher, = Erysimum obtusangulum „Scop.“ sec. Schimper et Spenner, = Guenthera obtusangula Andrz. herb. sec. Schimper et Spenner, = Erucastrum obtusangulum Hegetschw. pro parte nec Rchb., = Sisymbrium supinum Duval [sec. Mert. et Koch] nec L.). F ran­ zö sisc h e oder P o llic h ’s H undsrauke. Taf. 131, Fig. 2. Pflanze ein- bis zweijährig, von schwächerem Wuchs als bei nr. 1249. Stengel etwa (15) 30 bis 60 cm hoch, öfter äufsteigend und schlaff. Behaarung ähnlich wie bei 1250.

*) Gr. OTEVÖg [stends] == eng, schmal und xagnög [karpös] = Frucht. 2) Dieser Name ist oben pag. 1/0 in der Synonymie von Sisymbrium Irio f. xerophilum Fourn. zu streichen. 3) Nach Johann Adam P o l l i c h , Arzt in Kaiserslautern (Pfalz), geboren daselbst am 1. Januar 1740, gestorben ebenda am 24. November 1780, verdient um die floristische Erforschung seiner Heimat, Verfasser von: Historia plantarum in Palatinatu electorali sponte nascentium (1776 bis 1777). worin unsere Art zum ersten Male eindeutig kenntlich beschrieben wird, jedoch leider unter einem unannehmbaren Namen. Nach ihm benannten Medikus (1783), Schrank (1782) und Aiton (1789) je eine Gattung Pollichia; den gleichen Namen trägt auch heute noch eine wissenschaftliche Gesellschaft in Dürkheim (Pfalz).

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nr. 1249, aber oft dichter und bis in den Blütenstand sich erstreckend. Grund- und untere Stengelblätter oft ungeteilt, leierförmig, nur am Grunde deutlich gelappt. Auch die Stengelblätter mehr zur Leierform neigend; ihr Endabschnitt oft grösser als die Seiten­ lappen. Letztere am Grunde ihres unteren Randes meist nicht deutlich geöhrt, gegen die Spitze des Blattes zu stärker zusammenfliessend, am Grunde deutlicher an Grösse abnehmend; die untersten meist abstehend oder etwas vorwärts gerichtet, den Stengel nicht deutlich öhrchenartig umfassend. Laubblätter daher im Schnitt mehr an Senecio erucifolius L. oder S. aquaticus Huds. als an S. Jacobaea L. erinnernd. Blütenstände ähnlich nr. 1249, doch in ihrem unteren Teile (fast stets) von einigen kleinen (den Stengelblättern im übrigen ähnlichen) Tragblättern durchsetzt, ihre Achse oft stärker behaart (Blütenstiele jedoch in der Regel kahl). Blüten kleiner. Kelchblätter etwa 31fi bis 4 mm lang, mehr krautig und grün, fast aufrecht. Kronblätter in der Regel (vgl. jedoch die Abarten) weisslichgelb, grünlich geadert, etwa 7 bis 8 mm lang, 2 bis 3 mm breit, mit schmälerer, verkehrteiförmigspateliger, mehr allmählich in den Nagel verschmälerter Platte. Staubbeutel etwas kleiner (wenig über 1 mm lang). Fruchtstiele verhältnismässig kürzer, 1jz bis 1/s so lang als die Frucht, meist unter 45 bis 60° abstehend. Frucht meist die Richtung des Stieles fort­ setzend (keinen deutlichen Winkel mit ihm bildend), meist deutlich sichelförmig nach aufwärts­ gebogen; in Form und Grösse der vorigen Art ähnlich, jedoch über dem Kelchansatz nicht oder kaum merklich gestielt. Fruchtklappen mit deutlicher hervortretenden, schwachen, netzförmig-anastomosierenden Seitennerven, an der Spitze ausgerandet und auf der Innen­ seite mit einem sehr kurzen und undeutlichen, die Klappenspitze kaum erreichenden, sporn­ artigen Fortsatz. Scheidewand sehr zart, durchscheinend, weniger tief grubig. Frucht­ schnabel 3 bis 4 mm lang, fast linealisch-walzlich, fast stets samenlos. Samen wie bei nr. 1249. — Blüht Mai bis Herbst (bei mildem Wetter zuweilen auch im Winter und Vorfrühling). Meist nicht selten an Fluss- und Seeufern (auf Sand und Kies), an Dämmen, Mauern, Strassenrändern, auf thonigen oder kalkhaltigen Aeckern, Brachfeldern und Grasplätzen, auf (vorzugsweise sandigem) Schutt, auf Bahnkies wie überhaupt auf Eisenbahngelände. Ursprünglich einheimisch wohl nur im südlichen Gebiete. Weiter nordwärts meist erst in neuerer Zeit eingewandert oder mit fremder Saat eingeschleppt; an vielen Orten jedoch dauernd eingebürgert. In D e u t s c h l a n d am häufigsten (und wohl ursprünglich einheimisch) im ganzen Rheintal von Basel bis Wesel sowie in den Seitentälern (im Neckar-, Main-, Nahe-, Mosel- und im Saartal), ebenso im Donaugebiet. Im übrigen Süddeutschland (ausschliesslich der Alpen) und in Mitteldeutschland bis Thüringen zerstreut. In Sachsen, Schlesien und Norddeutschland meist erst in neuerer Zeit eingewandert und vielfach noch unregel­ mässig verbreitet; im westlichen Westfalen nicht selten, in Braunschweig verschleppt (z. B. bei Schöningen, Krottorf, Holzminden und Rotenkamp), in Hannover erst 1912 am Altenbekener Bahndamm aufgetreten, in Schleswig-Holstein verschleppt bei Hamburg und Rendsburg, in Anhalt neuerdings mehrfach eingebürgert, in Brandenburg hie und da (stellenweise eingebürgert; bei Sanssouci schon 1842 beobachtet), auch im übrigen nordostdeutschen Flachland mehrfach. — In O e s t e r r e i c h in Böhmen (Podebrad, Czelakowitz, Lissa, NeuBenatek, Pankraz bei Prag), Mähren (als Ackerunkraut mehrfach), Niederösterreich (häufig längs der Donau von Amstetten und der Ybbs abwärts bis nach Ungarn; sonst zerstreut), Oberösterreich (selten), Steiermark (zerstreut), Krain (nur Laibach 1915, nach P a u l i n briefl.), Salzburg (Bahnhof Salzburg, Aigen), Tirol und Vorarlberg (ziemlich verbreitet). — In der S c h w e i z ziemlich verbreitet, besonders auf der Hochebene; fehlt den Kantonen Tessin und Unterwalden. Im Wallis (Sitten, Saxon, Randa usw.) und in Graubünden (Churer Rheintal, Domleschg usw.) noch selten (erst neuerlich eingewandert). Steigt im Berninagebiet (Plaun God) bis 1750 m hinauf.

A llg em ein e V erb reitun g: Zerstreut durch West- und Mitteleuropa (östlich bis Norditalien, Ungarn, Siebenbürgen, Rumänien [verschleppt?], Insel Oesel; nördlich bis Südschweden). Eingeschleppt in Nordamerika. H e g i , Flora Bd. IV. 107

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Während die Pflanze im nördlichen Gebiet streng einjährig ist, überwintert sie nicht selten in milden Gegenden. Die im zweiten Jahre blühenden Individuen besitzen nach W i r t g en goldgelbe Kronblätter ( = f. l u t e i f l d r u m [Rouy et Fouc. sub Diplotaxide bracteata] Thellung). Eine Standortsform ist: f. e r é c t u m F. Zimmermann (sub E. Pollichii). Stengel völlig aufrecht (Auf trockenem, sandigem Schüttboden). — Als Monstrosität wurden vergrünte Blüten mit verlaubten Samenanlagen beobachtet.

C C C X X X IV . Hirschféldia *) M önch (= Sinápis sect. Hirschféldia D C., = E r u o ástrum sect. H irschféldia D ucom m un [1869], W illk. et Lange [1880], = Hirschfeldia sect. Euhirschfeldia v. H ayek, = S ty lo cárp u m 12) N oulet, = S trán g alis3) Dulac, = Erucastrum K och pro parte nec Presl). H i r s c h f e l d i e , Bastardsenf.

Ein- oder überwinternd-einjährige Kräuter mit ästigem, beblättertem Stengel, von einfachen Haaren meist weisslich weichflaumig bis zottig oder schwach steifhaarig. Laub­ blätter oft leierförmig-fiederspaltig; Eiweissschläuche im Mesophyll. Kelchblätter fast auf­ recht, am Grunde schwach gesackt. Kronblätter genagelt. Staubfäden einfach, frei. Honigdrüsen ähnlich wie bei Erucastrum ausgebildet. Frucht auf aufrechtem, kurzem, dickem Stiel der Traubenspindel angedrückt, bei der Reife stielrund. Fruchtklappen dick, gewölbt, mit starken Bastbündeln, der Mittelnerv nicht kielartig vorspringend. Fruchtschnabel meist 1 bis 2 Samen enthaltend und dann gedunsen, eiförmig oder ellipsoidisch, am Grunde zusammengezogen. Samen eiförmig bis fast kugelig. Keimblätter an der Spitze gestutzt. Die Gattung umfasst in der angegebenen Umgrenzung 2 Arten, deren eine (H. incäna), ursprünglich im Mittelmeergebiet beheimatet, heute durch Verschleppung eine weite Verbreitung in verschiedenen Erdteilen erlangt hat, während die zweite (H. r o s t r á t a [Balf. f.] O. E. Schulz) auf die Insel Sokotra beschränkt ist. Ueber die Unterschiede von Erucastrum vgl. oben pag. 219; von Brassica unterscheidet sich Hirschféldia durch die stark verdickten Fruchtstiele, die nicht gekielten Fruchtklappen und die mehr zur Eiform neigenden Samen mit kaum ausgerandeten Keimblättern, von beiden Gattungen ausserdem nach C al e s tan i durch einen ab­ weichenden anatomischen Bau der Fruchtklappen.

(L.) Lagrèze-Fossat [1847; Lowe 1868] (= Sinápis incana L., = Ráphanus incanus Crantz, = Erucastrum incanum Koch, = Stylocárpum incanum Noulet, = Melanosinapis incana Kirschl., = Brassica incana F. Schultz 1846, Döll 1862, nec Ten., = Sisymbrium incanum Prantl, = Brassica nigra var. B. incana Dosch et Scriba, = Hirschfeldia adpressa Mönch, = Brassica adpressa Boiss., = Sinapis adpressa Schlosser et Vukot., = Strángalis adpressa Dulac, = Myagrum Hispánicum L. pro parte? [sec. auct.], Brot., = Cákile Hispánica L’Hérit. ex DC., = Sinapis Taiirica M. Bieb. non Fischer nec DC., = Cordyloçàrpus pubéscens Sibth. et Sm., = Erucária Hyrcânica DC., = Sinapis paniculâta „Desf.“ ex Boiss. Fl. Or. [cum cit. falsa!], = Erucaria Pérsica Hort, ex Fischer et Meyer, = Crucifera Hirschféldia F. H. L. Krause, = Sinapis nigra Pallas, Mauri, nec L., = Erucaria Aléppica M. Bieb. [sec. C. A. Meyer] nec Gaertner, = Sinapis levigáta Tornab. ? nec L., = Barbaræa stricta Angeenko pro parte nec Andrz.). W eissh aarige H ir sc h fe ld ie , weisslicher Bastardsenf. Franz.: Roquette bâtarde, tiéloque, moutarde (bezw. sénêve) blan­ châtre; engl.: Bastard-rocket; ital.: Senapa bastarda, cimaredda, rizetta. Fig. 779i bis . Einjährige oder (bei uns vorwiegend) überwinternd-einjährige, meist ziemlich kräftige und hochwüchsige (bis 1 m hohe) Pflanze. Stengel öfter vom Grunde an ästig, mit auf1251. H irschféldia in c á n a 4)

1

1) Nach C. C. L. H i r s c h f e l d , einem wenig bekannten holsteinischen Botaniker, der u. a. 1755 über Gartenkunst schrieb. 2) Gr. ozv?iOÇ [stylos] = Griffel und xaçjiôç [karpös] = Frucht; offenbar wegen des auffällig stark ausgebildeten Griffels. 3) Gr. o’vayyáXr) [strangále] = Tod durch den Strang; wegen des am Grunde zusammengezogenen, von der eigentlichen Frucht gleichsam durch eine Einschnürung getrennten Fruchtschnabels. 4) Lat. incanus = weisslich behaart.

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strebenden Aesten, beblättert, unterwärts von ziemlich schwachen, weichborstlichen, weissen, ziemlich kurzen (etwa bis 1 mm langen), nach rückwärts gerichteten Haaren mehr oder weniger dicht borstig - flaumig bis fast zottig, nach oben verkahlend (selten auch oberwärts rauh­ flaumig) und schwach bläulich bereift. Grund- und untere Stengelblätter gestielt, gross (bis cm lang und cm breit), meist dicht grauflaumig bis grauzottig, leierförmig-fiederspaltig bis -fiederteilig mit jederseits bis zu 5 kleinen, rundlichen bis länglichen, stumpfen, ganzrandigen oder ausgeschweiften Seitenlappen und viel grösserem, rundlichem bis eiläng­ lichem, gleichfalls stumpfem und meist schwachbuchtig gekerbtem Endabschnitt; Lappen und Kerben an der Spitze mit einem flachen, kaum vorragenden, weisslichen Knorpelspitzchen. Obere Stengelblätter viel kleiner, oft hochblattartig, länglich- bis linealischverkehrt-lanzettlich (über der Mitte am breitesten), nach dem Grunde lang stielartig ver­ schmälert, an der Spitze meist stumpflich, entfernt buchtig - gekerbt bis fast ganzrandig, am Grunde zuweilen etwas gelappt, meist verkahlend. Blütenstand an der blühenden Spitze dicht kopfig gedrängt (geöffnete Blüten die Knospen überragend), später stark rutenartig verlängert. Blütenstiele etwas kürzer als der Kelch, gleich der Traubenspindel kahl oder zerstreut borstlich-behaart, zur Blütezeit dünn. Kelchblätter fast aufrecht (nur beim Abblühen etwas abstehend), schmal - elliptisch, etwa 3 bis 4 mm lang und bis 1 mm breit (durch Einrollen der Ränder schmäler erscheinend), gelblichgrün, sehr schmal hautrandig, kahl oder auf dem Rücken weichborstig-behaart, die seitlichen am Grunde etwas sackartig aus­ gehöhlt. Kronblätter etwa doppelt so lang als der Kelch, blassgelb, oft dunkler geadert, mit breit - verkehrteiförmiger (etwa bis 3 mm breiter), an der Spitze abgerundeter, am Grunde in einen langen, schlanken Nagel zusammengezogener Platte. Fruchtknoten pfriemlich; Narbe flach polsterförmig, schwach -lappig ausgerandet, bis 3 mal so breit als das Griffelende. Fruchtstiele kurz (etwa 2 bis 3 mm), zur Reifezeit stark keulen­ förmig verdickt (an der Spitze oft so dick wie die Frucht selbst), oft etwas gebogen, der Traubenspindel anliegend. Frucht die Richtung des Stieles fortsetzend, der Traubenachse angedrückt, kurz linealisch-walzlich oder etwas pfriemlich-verjüngt, mit dem Schnabel etwa (7) bis (15) mm lang und 1 bis U mm dick, kahl oder fein kurzhaarig. Frucht­ klappen derb, gewölbt, zur Reifezeit ohne äusserlich sichtbare Nerven, beiderends flach abgerundet, unter der Spitze mit einem kurzen, nach innen und oben gerichteten, in eine Höhlung des Fruchtschnabels greifenden, schnabelartigen Fortsatz. Scheidewand ziemlich derb, oft grubig verbogen; Rahmenstücke am Grunde verbreitert und verdickt. Frucht­ schnabel etwa 1/z bis fast ebenso lang als die Klappen, fast stets 1 bis 2 ausgebildete Samen enthaltend, oft gedunsen und am Grunde zusammengezogen, an der Spitze plötzlich oder allmählich verschmälert, gerade oder mit der Frucht einen Winkel bildend (vgl. die Unterarten), seine Spitze meist auch zur Reifezeit etwas schmäler als die scheiben­ förmige Narbe. Samen in jedem Fache 3 bis , 1-reihig, in der Form wechselnd, bald mehr kugelig-eiförmig, bald mehr eiförmig-länglich, etwa 3/i bis mm lang und 2/s bis 31 mm breit, etwas zusammengedrückt; Samenschale rotbräunlich, fein netzig-grubig, bei Benetzung nicht verschleimend. Keimblätter rinnig-längsgefaltet, an der Spitze gestutzt (kaum merklich ausgerandet). — Blüht VI (im Süden schon IV) bis Herbst. 20

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2

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U /3

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Die in der Tracht sehr ähnliche Brassica nigra (nr. 1253) unterscheidet sich zur Blütezeit durch die sehr spärliche und entfernte, abstehend-borstige Behaarung des untern Teils der Pflanze, durch breitere, deutlich abgesetzt-gestielte obere Stengelblätter und durch etwas lebhafter gelbe Kronblätter.

Selten an steinigen Abhängen, kiesigen Orten, berasten Dämmen (mit Grassamen eingeschleppt), an Mauern, in frisch angelegten Klee- und Luzernefeldern (aus süd­ europäischem Saatgut), an Wegen, auf Schutt, Eisenbahngelände u. dgl.; fast stets nur vorübergehend verschleppt, da die Samen bei uns nur selten zur Reife gelangen. Dieselben 107*

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gelten in der wissenschaftlichen Samenkontrolle als charakteristisch für südfranzösisches Luzerne-Saatgut. In D e u t s c h l a n d fast nur im Südwesten und Süden. Im Eisass bei Hüningen (1840), St. Ludwig (am kiesigen Rheinufer), Mülhausen (1755), Habsheim (1842), Strassburg (seit 1841 hie und da und fast einge­ bürgert), Ostwald (1855), Colmar (1903), Münster (1892). In Baden bei Leopoldshöhe und unterhalb KleinHüningen, auf einer Rheininsel bei Neuenburg, bei Müllheim, Freiburg i. B., Kirchzarten, sowie bei Singen im Hegau; auf einer Rheininsel bei Ketsch 1898, 1901, am Rhein beim Rohrhof (Pfalz) 1880 bis 1905. Ehemals auch am Neckar bei Heidelberg (?). In der Bayerischen Pfalz bei Maximiliansau und Blieskastel. In der Rheinprovinz bei Kreuznach und Bingerbrück, sowie neuerdings (1914) in den Industriestädten Steele und Essen a. d. Ruhr sowie im Hafen von Düsseldorf (Bonte!). In Hannover am Kanaldamm hinter Seelze 1915 (Scheuermann!). Ferner z. B. bei Hamburg, Magdeburg, in Thüringen (nach S c h ö n h e i t 1850), bei Dresden, Frankfurt a. O. (seit 1889 eingebürgert), Breslau (seit 1878 mehrfach). In Bayern früher im Münchener Süd­ bahnhof, ferner z. B. bei Fürth unweit Nürnberg (1868) und bei Cadolzburg (1878). In O e s t e r r e i c h nur aus Südtirol (1899 aus griechischer Saat an der Valsuganabahn Alle Ghiaie, bei Povo, Pergine, San Cristoforo usw.; 1906 nur mehr ganz vereinzelt) und aus dem Küstenland (Böschung bei der Station Draga der Herpelje-Bahn [vielleicht vom Campo Marzio bei Triest dahin verschleppt]; hält sich daselbst) angegeben. In der S c h w e i z hin und wieder vorübergehend eingeschleppt, so in den Kantonen Genf (mehrfach um Genf), Waadt (z. B. Gilamont, Beimont, St. Prex bei Morges, Rolle), Wallis (Martigny, Branson), Tessin (Muralto, Locarno, Solduno, Ponte Tresa, Airolo, Reazzino), Neuenburg (Colombier), Bern (z. B. bei Delemont 1871 bis 1872 als Folge der schweizerischen Grenzbesetzung), Basel (in einem Acker vor dem Spalentor gegen Allschwyler vor 1768, beim St. Johanntor vor 1834, auch seither hin und wieder um die Stadt; ferner bei Liestal [vor 1843], Schauenburg, Oristal, St. JakobNeue Welt und im Bahnhof Bubendorf), Solothurn (mehrfach in der Umgebung der Stadt, bei Derendingen, Beilach, Gerlafingen, Bahnhof Oensingen), Aargau (Aarau vor 1822, Suhr 1884), Zürich (seit 1887; an den Dämmen der Sihl und der Limmat unterhalb der Stadt ziemlich beständig; 1838 zwischen Waltalingen und Stammheim),. Schaffhausen (bei der Stadt und bei Ober-Hallau); ferner bei Altdorf (Uri) [1865] und bei Rheineck (St. Gallen)^

A llg e m e in e V erb reitun g: Mittelmeergebiet (östlich bis Mesopotamien und Kaukasien). Verschleppt (und teilweise eingebürgert) im extramediterranen Frankreich (z. B. bei Paris 1871 als Bestandteil der „Florula obsidionalis^), in England, Holland usw. (vielleicht mancherorts übersehen, da die Pflanze ohne gut ausgebildete Früchte schwer bestimmbar ist), ferner in Kalifornien, Australien und Neuseeland.

Nach der Ausbildung der Frucht können 2 Rassen (Unterarten?) unterschieden werden: I. var. (vel subsp.) i n cä n a (L.) Thellung ( = Sinapis incana L. sens. strict., = Erucastrum incan et Brassica adpressa auct. sens. strict., == H. adpressa Battand., = E. incanum var. a incanum Cosson, = H. adpressa a genuina Battand. etTrabut nec Fiori). Fruchtschnabel verhältnismässig kurz (meist beträchtlich kürzer als die Klappen) und stumpf, fast stets durch den in ihm enthaltenen Samen in der Mitte kugelförmig auf­ getrieben, an der Mehrzahl der Früchte gerade (d. h. die Richtung der Fruchtklappen fortsetzend). Dies die weitaus vorwiegende Rasse. Nach der Behaarung der Frucht werden unterschieden: f. l e i o. cä r p a Lowe ( = B. adpressa f. genuina Fiori, nec Battand. etTrabut). Frucht kahl; f. d a s y c ä r p a (Lange) Thellung ( = Eruc­ astrum incanum var. dasycarpum Lange, = H. incana ß hebecärpa Lowe, = B. adpressa var. lasiocärpa Ball, = c. inflexa Fiori [nec H. inflexa Presl], = Sinapis heterophylla Lag.?, = H. heterophylla Presl, Amo?, = Brassica heterophylla Boiss. ?, = Erucästrum heterophyllum Nyman?). Fruchtklappen kurz weichhaarig. — Abweichende Formen sind ferner: f. i n t e g r i f ö l i a (Presl pro spec.) Thellung ( = Sinäpis integrifolia Walp. nec West, = S. Panormitäna Sprengel). Laubblätter grösstenteils ungeteilt, lanzettlich, nur gezähnelt. Stengel, am Grunde steifhaarig (Aus Sizilien beschrieben; vielleicht zur Rasse geniculata gehörig?). — f. a c u t i f o l i a (Moris) Thellung ( = Sinapis incana ß acutifolia Moris, = Br. adpressa d. acutifolia Fiori, = S. heterophylla Guss, nec Lag.). Untere Laubblätter mit eiförmig-lanzettlichen End- und spitzen Seitenlappen (z. B. in Sizilien und Sardinien). — f. c r a s s i f ö l i a (Moris) Thellung ( = Sinapis incana y crassifolia Moris, = Br. adpressa e. crassifolia Fiori). Laubblätter dicklich, fast ganzrandig, stumpf, schwach behaart. Stengel unterwärts borstig­ rauh. Früchte dicker und länger, mit 6 Samen in jedem Fach und walzlich-kegelförmigem Schnabel (Aus Sardinien beschrieben; vielleicht eine Salzform, möglicherweise mit f. integrifolia identisch). — f. c o n s o b r i n a (Pomel pro spec.) Thellung ( = H. adpressa ß consobrina Battand. et Trabut). Fruchtstiele auch zur Reifezeit ziemlich schlank, weniger dicht der Spindel anliegend (Vermutlich eine in jugendlichem Entwicklungsstadium zur Fruchtreife gelangende Form, ähnlich wie Sisymbrium Orientale f. tenuisiliquum, vgl. oben pag. 181). — Die Südtiroler Pflanze wird von Murr als „H. adpressa f. glabräta Freyn“ bzrV. „var. glabrescens“, von D a l l a T o r r e und S a r n t h e i n als „H. incana f. glabrata Freyn“ angegeben; Diagnose und Publikationsort blieben dem Bearbeiter unbekannt. Die von Murr eingesandten Exemplare gehören zur Rasse II.

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II. var. (vel subsp.j g e n i c u l á t a (Desf.) Thellung ( = Sinápis geniculata Desf., =• H. genic Pomel, = Brâssica geniculata Bail, = B. sinapoides ß geniculata Arcangeli [1882], = Erucástrum incanum var. ß geniculatum Cosson, = B. nigra ß geniculata Arcangeli [1894], = B. adpressa b. geniculata Paoletti, = B. incana var. geniculata Thellung, = H. indexa Presl, = Sinapis indexa Walpers). Fruchtschnabel schlank, verlängert (oft so lang wie die Fruchtklappen), nach der Spitze allmählich verjüngt, an den meisten Früchten geknickt (d. h. mit den Fruchtklappen einen deutlichen Winkel bildend). Heimisch im südlichen und östlichen Mittelmeergebiet: Süditalien, Sizilien, Griechenland nebst den Inseln, Krim,Kleinasien,Kaspisches Gebiet, westliches Nordafrika. Hieher (und zwar zu der kahlfrüchtigen Form) gehört die Südtiroler Pdanze (vgl. oben); ein­ geschleppt ferner in der Schweiz bei Solothurn (seit 1904 ziemlich regelmässig), Zürich (1907, 1916/7) und Disentis in Graubünden (unter angebauter Avena Byzantina, 1915). — Zerfällt ebenfalls in f. p s i l o c ä r p a Thellung ( = H. adpressa f. glabráta „Freyn“ Murr! [nomen], = var. glabrescens Murr! [nomen], = H. incana f. glabrata „Freyn“ Dalla Torre et Sarnth.! [nomen]), mit kahler und f. t r i c h o c ä r p a Thellung mit kurz­ haariger Frucht. Die Blüten von Hirschfeldia incana werden viel von Bienen besucht. Im Süden von Europa ist die Pflanze ein lästiges Unkraut in Feldern; in jungem Zustand wird sie (z. B. in Italien) als Salat gegessen.

C C C X X X V . B r â s s ic a 1) L. em. K och (= Sinápis L. pro parte, = Sinápi A danson pro parte, D ulac, = R â p a *2) Ludw ig, Miller, = M u tárd a3) Bernh., = G uenthéra4) Andrz. ex Besser, = Erucástrum sect. G ünthéria R chb., = G u n th éra5) Steudel, = R ham phospérm um A ndrz. pro parte [cf. supra pag. 204], = M icropddium 6) (DC.) R chb., = N a p u s7) Schimper et Spenner, = M elanosinápis8) Schimper et Spenner, = B rassicástrum 9) Link, = Sinapistrum 10) Spach nec M önch, = Brassicária Pom el, = H eterocrám be Cosson et Durieu, = A g ro sin áp isn ) Fourreau). K o h l . F ranz.: Chou, choux; engl.: Cabbage, çolew ort; ital. : Cavolo. Taf. 130, Fig. 4; Taf. 131, Fig. 3, 4; Fig. 7 7 8 a bis o; Fig. 780 bis 787-

Einjährige bis ausdauernde Kräuter, zuweilen am Grunde etwas verholzt, von ein­ fachen Haaren borstig bis zottig oder auch kahl, oft (besonders oberwärts) bläulich bereift. Stengel bald stark verästelt und reichbeblättert, bald fast oder völlig einfach (schaftartig) und zuweilen fast blattlos. Untere Laubblätter (zur Blütezeit oft abgestorben) leierförmig-, seltener schrotsägeförmig - fiederspaltig bis fiederteilig, zuweilen auch nur buchtig oder gezähnt, in einen Stiel zusammengezogen oder verschmälert, öfter behaart; die oberen häufiger ungeteilt, oft sitzend und stengelumfassend, öfter kahl. Eiweissschläuche im 9 Name der Brassica olerácea bei Cicero u. a. ; wird von „Bresic“ oder „Brassic“, dem keltischen Namen des Kohls, abgeleitet, nach anderen vom lat. praesécáre = vorweg abschneiden (weil man die Blätter vom Stengel als Viehfutter abschneidet) oder vom griech. ßQdooüi [brässo] = knistern (weil beim Abbrechen der Blätter ein knisterndes Geräusch entsteht). s) Vgl. unten unter B. Rapa (nr. 1257). 3) Nach dem französischen moutarde = Senf; vgl. oben pag. 204 und später pag. 239. 9 Nach Karl Christian G ü n t h e r , 1769 bis 1833, Apotheker in Breslau, hochverdient um die Kenntnis der schlesischen Flora durch Herausgabe der Schlesischen Centurien (teilweise gemeinsam mit S c h u m m e l , W i m m e r und G r a b o w s k i ) . B) Druckfehler für Guenthera. 6) Von gr. [UXQÔÇ [mikrós] = klein und nóóiov [pódion] = Füsschen; wegen der über dem Kelch kurzgestielten Frucht von B. elongata. 7) Vgl- später unter B. Napus (Nr. 1256). 8) Von gr. [¿êXaç, /A/éXavoç [mêlas, métanos] = schwarz und Sinápis (vgl. oben pag. 204); der Name bezieht sich speziell auf den schwarzen Senf (B. nigra, nr. 1253). 9) Von Brassica und dem Suffix ástrum = Stern, Bild, Abbild. 10) Vgl. oben pag. 206, Fussn. 1. Die Gattung, mit der — bei ihrem ursprünglichen Autor — einzigen Art S. arvénse ( = Sinapis arvensis), wird jetzt richtiger zu Sinapis gezogen. 11) Von gr. áyQÓg [agros] = Acker und oivam [sinapi] (vgl. oben pag. 204, Fussn. 1) == Senf. Die Gattung, begründet auf Sinapis arvensis, wird wohl besser zu der letzteren Gattung gezogen.

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Mesophyll der Laubblätter. Blüten in am Stengel und seinen Verästelungen endständigen, traubigen, oft rispig angeordneten Blütenständen, meist ansehnlich. Kelchblätter abstehend oder aufrecht, am Grunde nicht oder nur sehr schwach ausgehöhlt. Kronblätter gelb (selten weiss), benagelt; die Platte länger als der keilförmige, oberwärts verbreiterte Nagel (Taf. 131, Fig. 4a). Staubfäden einfach, frei; kurze Staubfäden innen am Grunde je eine, meist nierenförmige Honigdrüse tragend, ferner je eine grosse Drüse aussen am Grunde jedes langen Staubblattpaares. Fruchtknoten in der Blüte sitzend oder kurz gestielt, linealisch - pfriemlich. Narbe gross, meist halbkugelig - kopfig, seicht 2 -lappig. Frucht schotenförmig (Fig.784c,d), schmäleroder breiter linealisch, seltener länglich, stielrund oder etwas zusammengedrückt, zuweilen auch gedunsen oder fast 4-kantig, geschnäbelt, bei der Reife 2-klappig aufspringend. Fruchtklappen gewölbt, 1-nervig, d. h. neben dem kräftigen, kiel­ artig vorspringenden Mittelnerv nur mit viel schwächeren, netzförmig anastomosierenden Seitennerven (nur bei den besser zu Sinapis zu stellenden Arten B. arvensis, B. turgida und B.pubescens deutlich 3-nervig). Scheidewand meist derbhäutig, mit dickwandigen, unregelmässig welligen Oberhautzellen. Fruchtschnabel oft ansehnlich (Fig. J84e) und 1 bis wenige Samen enthaltend. Samen meist ziemlich gross, fast kugelig (Fig. 784 f), nicht berandet, in jedem Fache meist zahlreich, 1-reihig (selten unregelmässig 2-reihig). Keimblätter rinnig-längsgefaltet, breiter als lang, an der Spitze ausgerandet-2-lappig; das Würzelchen in ihrer Rinne liegend. Die Gattung umfasst in der hier angenommenen Umgrenzung — über die Unterschiede von den vorhergehenden Gattungen siehe unter diesen — etwas über 30 Arten, die im Mittelmeergebiet, teilweise auch in West-, Mittel- und Osteuropa, sowie in Mittel- und Ostasien zu Hause sind; das Indigenat für Mitteleuropa ist allerdings bei fast allen Arten zweifelhaft. B. arvensis und die adventiven Arten B. turgida und B. pubescens, die sich von den übrigen Arten durch 3-nervige Fruchtklappen (Fig. 789b, c) unterscheiden, werden von den neueren Systematikern (so auch von O. E. S c h u l z in seiner im Drucke begriffenen Monographie der Brassiceen in E n g l e r ’s Pflanzenreich) wieder mit Sinapis vereinigt, welchem Vorgehen hier nur aus äusserlichen (technischen) Gründen nicht Folge geleistet werden kann. — Die meisten Arten sind Kulturpflanzen von grosser wirtschaft­ licher Bedeutung und haben als solche unter dem züchtenden Einfluss der Menschen mannigfache Umge­ staltungen erfahren. In der ökonomisch besonders wichtigen Gruppe B. oleracea — B. Napus — B. Rapa stehen B. oleracea var. acephala (der Blätterkohl) und die als Oelfrüchte gebauten B. Napus var. arvensis (Oelraps) und B. Rapa var. silvestris (Oelrübsen) den wilden Stammformen der betreffenden Arten noch recht nahe; die 2 letzteren Kulturrassen unterscheiden sich von den anzunehmenden Wildformen (von B. Napus ist eine solche nicht mit Sicherheit bekannt) nur durch kräftigeren Wuchs und sehr reichliche Samenproduktion, die erstere durch reichlichere Blattentwicklung und infolgedessen durch etwas herabgesetzte Blütenbildung. Die übrigen Kulturformen zeichnen sich dadurch aus, dass die verschiedensten Organe der Pflanze vergrössert, oft auch auffallend fleischig und saftig und dadurch für die menschliche oder tierische Nahrung verwendbar geworden sind. Bei B. Napus var. Napobrassica (Bodenkohlrabi) und bei B. Rapa var. Rapa (Weissrübe) ist es die Wurzel (mit dem hypokotylen Glied), bei B. oleracea var. gongylodes (Kohlrabi) der Stengelgrund1), bei B. oleracea var. Botrytis (Blumenkohl) der Blütenstand, der abnorm verdickt, fleischig und essbar geworden ist. Bei B. oleracea var. Sabauda (Wirsing) und var. capitata (Kopfkohl) sind die besonders stark ausgebildeten Laubblätter in grosser Zahl zu Köpfen zusammengedrängt; bei B. oleracea var. gemmifera (Rosenkohl) endlich bilden sich in den Achseln der Laubblätter kugelige, zarte und wohlschmeckende, kopfförmige Blattknospen aus. — B. nigra (Schwarzer Senf) und B. iuncea (Sarepta-Senf), sowie einige indische (Sinapis glauca Roxb. und S. dichotoma Roxb.) und japanische (S. cernua Thunb.) Arten werden wegen ihrer zur Herstellung von Senf verwendbaren Samen angebaut. Die erstere Pflanze findet sich bei uns häufig, die zweite seltener verwildert oder eingeschleppt. Ausser den unten (unter Nr. 1252 bis 1258) beschriebenen Arten wurden in Mitteleuropa vorüber­ gehend verschleppt beobachtet: 1. B r a s s i c a f r u t i c u l ö s a Cyr. (= Erucästrum fruticulosum Presl, Calestani,*) *) H. V ö c h t i n g beschreibt in seinen „Untersuchungen zur experimentellen Anatomie und Pathologie des Pflanzenkörpers“ (Tübingen 1908) die morphologischen und anatomischen Verhältnisse der Kohlrabipflanze sehr eingehend. Darnach kann man an einer zweijährigen Pflanze an deren Achse 3 Regionen unterscheiden, nämlich den Stamm unter der Knolle (den sog. „Träger“), die Knolle selbst — beide werden im ersten Jahre erzeugt — und den Stammteil über der Knolle, ein Produkt des zweiten Jahres. Die Knolle zeigt eine abnormale Ausbildung des Holzkörpers, d. h. sie ist mit 3 verschiedenen Meristemen ausgestattet. Neben dem eigentlichen Cambium ist ein äusseres und ein inneres Phellogen vorhanden (Dr. Hegi).

231 — Sinápis radicáta Desf., = B. radicata Battand., = B. rupéstris Rafin., = B. Cossoneána Boiss. et Reuter, — B. glabérrima Pomel, = B. Mauritánica et Numídica Cosson ex Battand-, = Sinápis erucoídes Ucria necL.; vgl. den Bestimmungsschlüssel). Heimisch in einer grösseren Zahl von Unterarten oder Rassen im südlichen Mittelmeergebiet, von Spanien durch die Ostpyrenäen, durch Süditalien (nebst den Inseln) bis Griechenland und Malta, sowie in Algerien (und Marokko?). — var. f r u t i c u l o s a (Cyr.) Cosson. Laubblätter kahl oder sehr spärlich borstlich behaart. Endabschnitt der Grund- und der unteren Stengelblätter meist sehr gross, fast kreisrund. Blüten ziemlich klein, blassgelb, im Alter in weiss verblassend. Griffel meist 1ß. so lang als die Frucht. Heimisch in Südeuropa. Eingeschleppt im Hafen von Ludwigshafen (Bayer. Pfalz) 1909 und im Güterbahnhof Zürich 1916/7 (Thellung). — var. M a u r i t á n i c a Cosson. Laubblätter fast kahl. Endabschnitt der unteren Laubblätter verhältnismässig kleiner, häufiger verkehrt-eiförmig oder länglich (selten fast kreisrund). Blüten etwas grösser (oft fast 1 cm lang), weniger blass gelb, erst zuletzt verblassend. Griffel (bezw. Frucht­ schnabel) meist 1¡i bis 1¡a so lang als die Frucht. Heimisch in Algerien (und Marokko?). Verschleppt bei Disentis (Graubünden) unter angebautem algerisch - marokkanischem Hafer (Avena Byzantina), 1915 (P. K. Hager!). — 2. B r a s s i c a To ur n e f ó r t i i *) Gouan ( = Erucästrum Tournefortii Link, = Erúca erecta Lag., = B. sisymbrioides Fischer ex DC., = Sisymbrium setósum Ledeb., = Sinápis Cáspica Willd. herb. sec. Ledeb., = B. Stöcksii Hooker f. et Thomson, = B. amblyorrhyncha Coust. et Gandoger [1917], = B. fruticulosa Xatard [ex Bubani] nec Cyr., = B. sabulária Moris nec Brot. ; vgl. den Bestimmungsschlüssel). Heimisch im wärmern Mittelmeer­ gebiet von Südspanien, Süditalien (nebst Sardinien) und Algerien ostwärts bis Ostindien und Tibet (hier angebaut) ; adventiv in England (!). Vorübergehend eingeschleppt beobachtet im Hafen von Ludwigshafen (Bayer. Pfalz), 1911, bei Kettwig a. d. Ruhr, 1913 ( Bo n te !) und im Hafen bei Aken (Prov. Sachsen), 1911 (Zobel!). — 3. S i n á p i s t ú r g i d a (Pers.) Delile ( = Ráphanus turgidus Pers., = S. Alliönii Jacq. va x.ß túrgida Boiss., = S. arvensis var. túrgida Aschers, et Schweinf). Der S. A l l i ö n i i Jacq. ( = S. arvensis var. AHionii Aschers, et Schweinf., == Ráphanus erucoídes L. f., = S. Alliönii a genuina Boiss., = S. Orientális „L.?“ Rchb.) sehr nahestehend, von dieser Art (nach O. E. S chu 1z spezifisch) verschieden hauptsächlich durch folgende Merkmale (nach D e Ca n d ol l e ): Stengelblätter fiederspaltig oder eingeschnitten (statt fiederteilig); Blütenstiel kürzer (statt so lang), als der Kelch, nach dem Verblühendicker, kaum 5 mm lang; Fruchtklappen zwischen den Längsnerven netzaderig (statt glatt), kurz, eine eiförmige (fast schötchenförmige, statt eiförmig-längliche) Frucht bildend, oft kürzer als ihr Schnabel. Beide Arten (?) sind einheimisch in Aegypten als Unkräuter des Kulturlandes (besonders in Leinfeldern); S. túrgida fand sich in Schleswig-Holstein bei Ausacker und Adelberg in Angeln vorübergehend verschleppt ( H a n s e n nach P r a h l 1890, bestimmt von A s c h e r s o n ; von H ö c k [ob absichtlich?] nicht erwähnt). — 4. S i n á p i s p u b é s c e n s L. ( = Brassica pubescens Ardoino, = Erucástrum? pubescens Willk., = Farsétia clypeáta Kok Ankersmit nec R. Br.; vgl. den Bestimmungsschlüssel). Stammt aus dem südwestlichen Mittelmeergebiet (Spanien?, Nizza [wohl eingeschleppt; vorübergehend auch bei Marseille beobachtet], Süditalien und Inseln, Archipel?; Cyrenaica, Tunesien, Algerien) und fand sich 1909 im Hafen von Mannheim verschleppt, desgleichen einmal in Holland bei Apeldoorn. Nach der Behaarung werden unterschieden: var. p u b é s c e n s (L.) Cosson, ganze Pflanze von abstehenden Haaren dicht weichflaumig oder von kurzem, angedrücktem Flaum fast seidig, Laubblätter weich (die Normalform), und var. g l a b r á t a Guss. {= Brassica pubescens d. glabrata Fiori, = S. circináta Desf. pro parte, = S. pubescens var. ß circinata Cosson, = var. glábra Lojac.-Pojero), Pflanze spärlich flaumhaarig oder verkahlend bis kahl, Laubblätter derber. Abweichende Formen sind ferner: f. c i r c i n á t a (Desf. pro spec. pro parte) Thellung ( = B. pubescens c. circinata Paoletti). Endabschnitt der Grundblätter nierenförmig, Seitenabschnitte rundlich (beim Typus sämtliche Abschnitte eiförmig), f. s e r r á t a Porta et Rigo ex Arcangeli ( = S. serrata Porta et Rigo, = B. pubescens b. serrata Paoletti). Abschnitte der Grundblätter gesägt (statt fast ganzrandig oder gezähnt). Stengelblätter scharf gezähnt. Pflanze schwach behaart. 1. Fruchtklappen 1-nervig (Fig. 780 c, e), d. h. mit starkem, kielartig vorspringendem Mittelnerv und schwachen und undeutlichen, netzförmig anastomosierenden Seitennerven 2. 1*. Fruchtklappen 3- bis 5-nervig (Fig. 789 b, c), d. h. neben dem Mittelnerv jederseits von 1 bis 2 diesem ähnlichen, geraden und parallelen (nicht netzförmig aufgelösten) Seitennerven durchzogen; zur Zeit der Fruchtreife durch starke Verdickung der Fruchtwand zuweilen nervenlos erscheinend. Richtiger zur Gattung Sinapis zu rechnende Arten 9. 2. Obere Stengelblätter gestielt oder wenigstens stielartig nach dem Grunde verschmälert 3. 2*. Obere Stengelblätter am Grunde abgerundet bis tief herzförmig-stengelumfassend, selten fast verschmälert, aber dann wenigstens mit konvexen Rändern (sect. B r á s s i c a [= Eubrassica] pro parte) 7.*) *) Nach Joseph P i t to n de Tournef ort , geboren 1656 in Aix (Provence), gestorben 1708 in Paris als Professor der Botanik am kgl. Garten daselbst, mit R i vi n u s ( = „Bachmann“) Schöpfer des (von Li n n é ziemlich unverändert übernommenen) wissenschaftlichen Gattungsbegriffes, Verfasser von: Elémens de Botanique (1684), Historie des Plantes de Paris (1698, 1725), Institutiones rei herbariae (1700, 1719), Relation d’un voyage du Levant (1717) u. a. m.

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3. Pflanzen zweijährig bis ausdauernd. Stengelblätter nach oben rasch an Grösse abnehmend; die oberen hochblattartig. Frucht über dem Kelchansatz meist deutlich gestielt (Fig. 780c), auf abstehendem Stiel aufstrebend, von der Achse entfernt. Griffel (Schnabel) sehr kurz, höchstens 4 (bis 6) mm lang (Sect. Mi c r op ó d i u m ) . 4. 3*. Pflanzen einjährig. Frucht über dem Kelchansatz nicht gestielt. Fruchtschnabel meist länger, etwa (4) 6 bis 12 mm lang, oder auch nur bis 4 mm lang, aber dann Fruchtstiele und Früchte der Trauben­ spindel angedrückt 5. 4. Grund- und untere Stengelblätter dicht mit gekrümmten Börstchen besetzt, fiederspaltig oder fiederiggelappt (Fig. 780a, b) mit ziemlich gleichgrossen Abschnitten oder auch ungeteilt (nur gekerbt). Fruchtschnabel dünn-kegelförmig, walzlich oder linealisch, 1/2 bis l'/inim lang. B. e l o n g a t a nr. 1252. 4*. Grund- und untere Stengelblätter (bei uns) fast kahl (nur sehr zerstreut mit geraden, pfriemlichen Börstchen besetzt), leierförmig-fiederteilig mit sehr grossem, oft rundlichem Endabschnitt; obere Stengelblätter linealisch, gezähnt oder ganzrandig. Fruchtschnabel meist eiförmig-lanzettlich, 3 bis 6 mm lang, 0- bis 2-samig. B. f r u t i c u l o s a (vgl. oben). 5. Blütenstiele meist kürzer (seltener so lang) als der Kelch. Frucht auf aufrechtem Stiel der Achse angedrückt, etwa bis 2‘/ä cm lang, 4-kantig, mit fast ebenen Flächen; Schnabel dünn, fast walzlich, am Grunde nur schwach kegelförmig verdickt, meist nur bis 3 (4) mm lang (vgl. jedoch die var. bracteolata), dünner als die Narbe (sect. M e l a n o s i n ä pi s ) . B. n i g ra nr. 1253. 5*. Blütenstiele länger als der Kelch. Frucht auf aufrecht-abstehendem Stiel abstehend oder auf­ strebend, von der Achse entfernt, (2l/a) 3 bis 6 cm lang, stielrundlich-4kantig oder zusammengedrückt (im Querschnitt elliptisch-4eckig), mit gewölbten Flächen. Schnabel ansehnlich, kegelförmig oder breitlinealischschwertförmig, (4) 6 bis 16 mm lang (sect. B r ä s s i c a [= Eubrassica] pro parte) 6. 6. Untere Laubblätter leierförmig-fiederteilig, nur zerstreut borstlich-behaart *). Stengelblätter nach oben allmählich an Grösse abnehmend; die oberen verkehrt-länglich bis schmal verkehrt-lanzettlich. Blüten ziemlich gross. Kelchblätter 4 bis 5 mm lang. Kronblätter mit rundlich-verkehrteiförmiger, etwa 3 mm breiter Platte. Fruchtschnabel etwa ( 4) 6 bis 10 mm lang (Fig. 780e), schmal-kegelförmig, vom Grunde bis zur Spitze allmählich pfriemlich verjüngt, am Ende schmäler als die Narbe . .B. i u n c e a nr. 1254. 6*. Untere Laubblätter schrotsägeförmig-fiederteilig, unterseits (gleich dem Stengelgrund) dicht borstig­ steifhaarig und gewimpert. Stengelblätter nach oben plötzlich verkleinert; die oberen unansehnlich, fast linealisch, hochblattartig. Blüten klein. Kelchblätter 3 bis 4 mm lang, aufrecht. Kronblätter blassgelb (zuletzt weiss), schmal länglich-verkehrteiförmig-spatelig (P/srnm breit). Fruchtschnabel 10 bis 16 mm lang, 1/a bis */» so lang als die Fruchtklappen, breit-linealisch, stumpf, an der Spitze so breit wie die Narbe. B. T o u r n e f o r t i i (s. oben). 7. Pflanze zweijährig bis ausdauernd (einzelne Kulturformen auch einjährig). Wurzel nie fleischig­ verdickt (wohl aber zuweilen der Stengelgrund oder der Stengel zwischen den Laubblättern). Stengel kräftig, strunk- oder stammartig, unterwärts meist deutlich verholzend und mit stark hervortretenden Blatt­ narben besetzt. Laubblätter etwas dicklich-fleischig, sämtlich kahl und blaugrün. Mittlere und obere Stengel­ blätter gegen den Grund verschmälert (mit konvexen Rändern) oder am Grunde abgerundet, höchstens l/a des Stengels umfassend. Blütenstand auch am blühenden Ende verlängert und locker; die geöffneten Blüten viel tiefer stehend als die Knospen. Kelchblätter aufrecht. Kronblätter etwa 12 bis 26 mm lang, schwefelgelb (selten weiss); Nägel schmal keilförmig, so lang wie die Platte und der Kelch (Fig. 778 a bis d, pag. 215). Mediane Honigdrüsen aufrecht (Fig. 778f). Staubblätter sämtlich aufrecht, dem Fruchtknoten genähert, an Länge wenig verschieden (Fig. 778 e, f). Frucht fast stielrund, von vorn und hinten nur wenig zusammengedrückt. B. o l e r á c e a nr. 1255. 7*. Pflanze ein- bis zweijährig. Wurzel oft rübenförmig verdickt. Stengel krautig, die Blattnarben am seinem Grunde wenig auffallend. Laubblätter dünner; die unteren stets mehr oder weniger borstlich be­ haart. Mittlere und obere Stengelblätter am Grunde mehr oder weniger tief herzförmig, mindestens die Hälfte des Stengels umfassend. Blütenstand weniger verlängert. Blüten kleiner, kaum über 13 (14) mm lang. Kelch­ blätter aufrecht-abstehend bis abstehend, ebenso die medianen Honigdrüsen. Nägel der Kronblätter breit keil­ förmig. Seitliche Staubblätter aus bogigem Grunde aufstrebend, vom Fruchtknoten entfernt, deutlich kürzer als die medianen. Frucht von vorn und hinten stärker zusammengedrückt 8. 8. Alle Laubblätter bläulichgrün, bereift; die unteren etwas borstig, die übrigen kahl. Mittlere und obere Stengelblätter mit seicht herzförmigem Grunde etwa l/a bis 2/s des Stengelumfanges umfassend. Blüten­ stand meist schon beim Aufblühen deutlich verlängert (die geöffneten Blüten von den Knospen überragt), *) Formen von B. olerácea mit am Grunde deutlich verschmälerten Stengelblättern unterscheiden sich durch den zweijährigen bis ausdauernden, kräftigen, mit starken Blattnarben besetzten Strunk, durch sämtlich kahle, blaugrüne, dickliche Laubblätter, durch meist beträchtlich grössere und blässere Blüten usw.

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seltener doldentraubig. Kelchblätter aufrecht-abstehend. Kronblätter etwa 11 bis 14 mm lang; Nagel fast so lang wie die Platte (Fig. 778g, pag. 215) und etwas kürzer als der Kelch (Fig. 787b). Mediane Honigdrüsen aufrecht-abstehend (Fig. 778 k). Seitliche Staubblätter aus abstehendem Grunde aufrecht (Fig. 778 i, 787 d). B. N a p u s nr. 1256. 8*. Untere Stengelblätter grasgrün, mehr oder weniger dicht borstlich behaart; die mittleren und oberen blaugrün (bereift) und meist kahl, mit tief herzförmigem Grunde den ganzen Stengelumfang umfassend. Blüten­ stand am blühenden Ende meist doldentraubig (die Knospen von den geöffneten Blüten überragt), seltener etwas verlängert. Kelchblätter weit abstehend. Kronblätter lebhaft gelb, (61/*) 7 bis 11mm lang, etwa U/ 2 mal so lang als der Kelch; Nagel kürzer als die Platte und der Kelch (Fig. 7781, 787g). Mediane Honig­ drüsen weit abstehend (Fig. 778 o). Seitliche Staubblätter aus weit abstehendem Grunde bogig aufstrebend, beträchtlich kürzer als die medianen (Fig. 778n). Fruchtschnabel verhältnismässig länger als bei den 2 vorher­ gehenden Arten, oft V» bis über */% so lang als die Fruchtklappen . B. Rapa nr. 1257. 9. Pflanze einjährig, mit dünner, spindelförmiger Wurzel, steifborstig bis fast kahl. Frucht auf dem oberwärts nicht auffällig verdickten Stiel fast stets von der Blütenstandsachse entfernt, zur Reifezeit meist durch die stark vorspringenden Längsnerven der Klappen vielkantig. Fruchtschnabel kegelförmig, etwas zusammengedrückt 10. 9*. Pflanze ausdauernd, mit holzigem Wurzelstock, wenigstens unterwärts weichzottig oder flaumigbis seidigbehaart. Frucht auf aufrechtem, oberwärts verdicktem Stiel der Traubenspindel anliegend, meist weichflaumig, stielrund. Fruchtklappen nicht holperig; bei der Reife durch starke Verdickung der Fruchtwand und Einsenkung der Nerven nervenlos erscheinend. Fruchtschnabel meist etwas gebogen, etwa so lang wie die Klappen, unterwärts kegelförmig, oberwärts allmählich in den pfriemlich-fädlichen Griffel verdünnt, nervenlos. S i n a p i s p u b e s c e n s (s. oben). 10. Pflanze steifborstig. Untere Stengelblätter leierförmig oder unregelmässig buchtig, obere ungleichmässig buchtig-gezähnt. Frucht meist verlängert-schotenförmig . S i n a p i s a r v e n s i s nr. 1258. 10*. Pflanze fast kahl. Stengelblätter grösstenteils (mit Ausnahme der obersten) fiederspaltig oder fiederig eingeschnitten. Frucht kurz, eiförmig (fast schötchenförmig); Klappen zwischen den vorspringenden Längsnerven netzaderig S i n a p i s t u r g i d a (s. oben).

Ehrh. (= Erüca elongata Baumg., = Guenthera elongata Andrz. ex Besser, = Guentheria elongata C. A. Meyer, = Gunthera elongata Steudel, = Erucastrum elongatum Rchb., = Brassicastrum elongatum Link, = Sinapis elongata Spach ex Steudel, = Sisymbrium elongatum Prantl, = Crucifera elongata E. H. L. Krause, = Sinapis levigata Pallas nec L., = Brassica levigata Steven? nec Lag.). L an grisp iger K ohl. Fig. 780a bis c. Pflanze zweijährig bis ausdauernd, meist kräftig und reichlich buschig-ästig, bis 1 m hoch. Stengel am Grunde oft über 5 mm dick, im übrigen walzlich (getrocknet schwach gestreift), kahl oder mit ganz vereinzelten Börstchen besetzt, oberwärts meist bläulich bereift. Grundblätter (zur Blütezeit meist abgestorben) und untere Stengelblätter meist grasgrün, von dichtstehenden, kurzen (noch nicht 1 mm langen), nach aufwärts gekrümmten und angedrückten, am Grunde verdickten Börstchen rauh, gestielt, fiederspaltig oder nur gekerbt (vgl. die Unterarten), bis 20 cm lang und 8 cm breit. Mittlere und obere Stengel­ blätter an Grösse und Zerteilung rasch abnehmend, meist blaugrün und kahl (die an den oberen Verzweigungen stehenden hochblattartig), linealisch-länglich oder linealisch-lanzettlich, am Grunde lang stielartig verschmälert, meist über der Mitte am breitesten, spitzlich bis stumpflich, seicht- und entfernt gezähnt bis ganzrandig. Blütenstände am blühenden Ende dicht halbkugelig-köpfig (die geöffneten Blüten über die Knospen emporragend), zur Frucht­ zeit stark verlängert und locker. Blüten mittelgross. Blütenstiele kahl, schlank, etwas länger bis doppelt so lang als der Kelch der eben geöffneten Blüte. Blütenknospen ver­ kehrteiförmig-ellipsoidisch. Kelchblätter schmal-elliptisch, 3 bis 5 mm lang, U bis fast 2 mm breit (durch Einschlagen der Ränder schmäler erscheinend), gelblichgrün, am Rande weisslich-häutig, fast aufrecht; die seitlichen unter der Spitze oft deutlich behörnelt und etwas borstig, am Grunde etwas höckerartig vorgewölbt (doch nicht eigentlich gesackt). Kronblätter blassgelb (getrocknet oft fast weiss erscheinend), doppelt so lang als der Kelch, mit verkehrt-eiförmiger (etwa 21/2 bis 3 mm breiter), an der Spitze abgerundeter, am Grunde in 1252. B rassica e lo n g a ta

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einen etw a gleichlangen, schlanken N agel keilförm ig verschm älerter P la tte . F ruchtstiele ziem lich dünn, etw a 5 bis 12 mm lang, g erad e o d er schw ach nach aufw ärts gebogen, u n ter 50 bis 80° abstehend. F ru ch t au fstrebend, m it dem S tiel oft einen W inkel bildend, schotenförm ig, verlängert-linealisch, ü b er dem K elchansatz deutlich- (x/2 bis 3 mm lang) gestielt (Fig. 780 c), m it S tielchen und Griffel m eist 1 bis 2 (sehr selten bis 4) cm lang und P /a bis 2 (21/a) mm breit. F ru c h t­ klap p en dünn, durch die Sam en stark aufgetrieben-holperig, m it starkem , kiel­ a rtig vorspringendem M ittelnerv und sehr schw achen, netzförm ig anastom osierenden, kaum sichtbaren S eiten­ nerven, am G runde verschm älert, an der S p itze ab g eru n d et und m it einem u n ter d er S pitze entspringenden, in eine H öhlung des F ruchtschnabels greifenden, schnabelartigen F o rtsatz. S cheidew and zarth äu tig , durchschei­ nend, grubig-verbogen. F ruchtschnabel ( ^ 2) 1 bis 2 m m lang, sam enlos, dünn, kegelförm ig v erjü n g t oder auch fast w alzlich (oft etw as zusam m engedrückt), an der S pitze schm äler bis so b re it wie die flach polsterförm ige N arbe. Sam en in jed em F ach e m eist (3) 6 bis 8 (12), einreihig, kugelig, 1 bis D /2 mm im F ig . 780. B r a s s i c a e l o n g a t a E h rh . a, a 1 H a b itu s (}ji n atü rl. G r ö sse ). D urchm esser; Sam enschale braun, ziem ­ b L a u b b la tt, c F r u c h t. — B r a s s i c a i u n c e a (L.) C o sso n . d, di B lü h e n d e r lich g la tt, bei B enetzung schw ach v e r­ u nd fru ch ten d er S p r o ss, e R e ife F r u c h t, f S am e. schleim end. K e im b lätter rinnig län g s­ g efaltet, an der S p itz e seicht ausgerandet. — (V) V I bis H erbst. S ehr zerstreu t und fast stets nur vorü b erg eh en d (m it osteuropäischem G etreide) eingeschleppt, auf S chuttstellen in der N ähe von M ühlen und G etreidelagerhäusern, auf H afen- und B ahnhofgelände, an D äm m en, U fern usw. S cheint erst seit den 80 er Jah ren des letzten Jah rh u n d erts in M itteleuropa au fgetreten zu sein. In D e u t s c h l a n d am R h e in u fe r o b e rh alb S tra s s b u rg ; im R h e in h a fe n von M ü h lb u rg b e i K a rlsru h e 1905 ( K n e u c k e r l ) ; in d e r P fa lz b e i M a n n h e im (M ühlau, H a fe n a n la g e n 1906), L u d w ig sh a fe n (1909/10), zw ischen L a n d a u und d e r W o llm esh eim er H ö h e, b e i G e rm ersh e im (1912) u n d B ellh eim ; in H essen bei F ra n k f u r t a. M . (vor 1890) u n d b e i E b e rs ta d t a n d e r B e rg stra sse (1910); in d e r R h e in p ro v in z am N a h e u fe r b e i K re u z n a c h (vor 1890), b e i B in g erb rü c k , E ltz sc h e M ü h le b e i W a h n , am E is e n b a h n d a m m b e i E lb erfeld (v o r 1891), in den H a fe n ­ a nlagen von K refeld (1910), U e rd in g en (1912), N euss (1911/12), D ü sse ld o rf (1912) u n d H o m b e rg (1909/12), bei D o r­ m ag e n u n d G en n ep ; in W estfa le n b e i H a ttin g e n , in W irz u n d b e i d e r H e in ric h sh ü tte , sow ie a u f dem B e rg .-M ä rk . B a h n h o f bei W a tte n sc h e id ; in H a n n o v e r b e i C elle (1895) u n d n e u e rd in g s n ic h t selten um H an n o v er a u f S c h u tt, sow ie a u f der Insel B o rk u m ; b e i H a m b u rg (S c h u tt an d e r A u s se n a lste r 1885, a u ch M ü h le n k am p und D ie b ste ic h schon v o r 1890), G ra v en ste in , W a n d sb e k u n d E p p e n d o rf; b ei K ie l; in A n h a lt im G rö n a e r S te in b ru c h b ei B e rn b u rg (vor 1902), bei D e ssa u und Z e rb s t; in d e r P ro v in z S ach sen a u f H afen g elän d e b e i M a g d e b u rg (1894) u n d b e i A ken (1909); b ei D re sd e n im P la u en sch e n G ru n d (vor 1904); B a h n h o f W a h re n b e i L e ip z ig (1916); in T h ü rin g e n b ei E rfu rt, S ch m alk ald en (vor 1892) u n d in einer K ie sg ru b e b e i Ilv ersg eh o fe n (1895); in B ra n d e n b u rg im S ta d tb a h n h o f B ellevue in B erlin v o r 1885 a u fg e tre te n , au ch so n st m e h rfa c h in d e r U m g e b u n g d e r S ta d t (z. B. bei d e r D a m p f­ m ühle von K ö p en ick 1892, G ro ss-L ic h te rfe ld e 1894), a u c h beim P ro v ia n ta m t von R a th e n o w (1897), so w ie in

235 Frankfurt a. O. beim Proviantamt (vor 1887); in Königsberg am Kaibahnhof 1889 bis 1894; in Bayern ehemals am Südbahnhof München, ferner bei Neuburg a. D. (1902), mehrfach um Nürnberg seit 1887, sowie bei Würzburg (1912). — In O e s t e r r e i c h bisher nur aus Böhmen (Dvorce bei Prag, eingebürgert [?] seit vor 1883) und aus dem Küstenland (Campo Marzio bei Triest und von da bald nach der Eröffnung der Herpeljebahn nach der Station Draga verschleppt, von hier längs des Bahnkörpers bis über Borst hinab sich ausbreitend und anscheinend gut eingebürgert) angegeben. — In der S c h w e i z in der Waadt bei Orbe (1883 bis 1885, 1892 bis 1893), Vallorbe (1904 M o ui l l e f a r i n e ! ) , Yverdon, Vidy und Ouchy (19171) bei Lausanne, Aigle (1910, 1913), Leysin; im Wallis in den Bahnhöfen von Martigny (1913) und Charrat (1915), sowie bei einer Mühle in Sitten (1901); im Tessin am Seeufer zwischen Lugano und Castagnola (1909); am Ufer des Neuen­ burgersees zwischen Yverdon und Neuenburg seit 1900 (z. B. zwischen Vaumarcus und Concise und bei Auvernier 1912); bei Bern und Münsingen; um Solothurn mehrfach (am Weg von Grenchen nach Stieren­ berg bis 900m ansteigend), sowie bei Olten 1916 (G. Brunnerl ); im Mündungsgebiet der Wiese unterhalb Basel seit 1891, auch in der Stadt am Erdbeergraben (1903), sowie bei Kaiseraugst; bei den Getreidelager­ häusern von Brunnen (Schwyz) 1907; hei Kilchberg (Zürich) 1886 bis 1899. im Güterbahnhof Zürich seit 1902 (unbeständig), Bahnhof Tiefenbrunnen 1917 (Thel l ung), bei Greifensee 1891 ; bei Mühlehorn amWalensee 1888; bei einer Mühle bei Grabs unweit Buchs (St. Gallen) 1908; Neumühle Chur (1908), am Inn bei Samaden 1715 m.

A llg e m e in e V e r b r e itu n g : Ungarn, Siebenbürgen, Rumänien, Serbien, Bulgarien, Südrussland; Kleinasien, Kaukasien, Armenien, Mesopotamien, Persien. Verschleppt auch in England, Frankreich, Italien (Genua), Belgien, Holland, Dänemark und Schweden.

Die Art zerfällt in die beiden Unterarten: I. subsp. e u -elo n g á ta Thellung (= B. elongata Ehrh. sens. strict., = f. typica Vuyck, = B. nova Winterl, = Erucástrum obtusángulum Csató [nec Rchb.] sec. Simonkai). Aeste aufrecht-abstehend, wie die Fruchtstände stark verlängert. Frucht meist nur bis 20 mm lang; Griffel dünn, kegelförmig verjüngt, meist annähernd so lang wie der Durchmesser der Frucht, an der Spitze beträchtlich schmäler als die Narbe. Untere und mittlere Stengelblätter meist fiederspaltig; obere in der Regel entfernt gezähnt (vgl. jedoch die Abarten). Heimisch in Ungarn 1 und Siebenbürgen!, wahrscheinlich auch in den Balkanländern, angeblich auf der Krim und in Kaukasien (die genaue Verbreitung ist wegen häufiger Verwechslung mit der folgenden Unterart erst festzustellen). Ausdrücklich als hieher gehörig werden in der Literatur bezeichnet die Vorkommnisse von Kreuznach, Rathenow, Aigle (19101) und von Zaandam in Holland; zweifelhaft bleiben dem Bearbeiter diejenigen von Erfurt, Magdeburg und Prag; die übrigen gehören wohl sämtlich zu subsp. armoracioides. — Aendert ab: f. p i n n a t i f i d a Schmalhausen (= B. elongata 6 M. Bieb.). Laubblätter sämtlich fiederteilig oder tief fiederspaltig, mit länglichen Abschnitten (von der Krim und aus Kaukasien angegeben). — f. g e n u i na Thellung. Untere und mittlere Stengelblätter fiederspaltig oder fieder­ lappig, die oberen meist entfernt gezähnt (Die Normalform; bei Aigle 19101). — f. sub inte g rifó 1i a Thellung (= var. integrifólia Boiss. pro parte?). Mittlere und obere Stengelblätter ungeteilt, nur gezähnt; die oberen ganzrandig (Bei Aigle 19121). II. subsp. a rm o ra c io id e s 1) (Czern.) Ascherson et Graebner [1898] (— B. Pérsica Boiss. et Hohen 1849, = B. elongata b. Pérsica Paoletti, = subsp. Pérsica Thellung 1913, = B. elongata y M. Bieb., = B. armoracioides Czerniajew [1854], = B. elongata var. armoracioides Ascherson, = Erucástrum elongatum var. armoracioides Ascherson, = E. armoracioides Ascherson in sched., = B. elongata var. integrifólia Boiss. [saltem pro parte], = B. obtusángula y integrifólia Arcángeli, = B. elongata var. astyla Rupr. ?, = B. elongata auct. mult. nec Ehrh. sens. strict., = B. fruticulosa Baglietto nec Cyr.). Aeste und Fruchtstände kürzer; die ersteren spreizend und verworren. Griffel dicker, oft sehr kurz, in der ganzen Länge ziemlich gleich dick, walzlich oder zusammengedrückt, meist nur wenig schmäler als die Narbe. Grund- und untere und mittlere Stengel­ blätter nuf seicht gekerbt oder buchtig; die oberen meist ganzrandig. Einheimisch in Südrussland und von Kleinasien bis Persien. Hieher gehört die weitaus überwiegende Mehrzahl der mittel- und westeuropäischen Vorkommnisse (nur aus England werden positiv beide Unterarten angegeben), so auch derjenigen in unserem Gebiete (auch Pflanzen von Kreuznach und von Aigle!). Nach der Länge der Frucht können 3 Formen unter­ schieden werden: f. m a c r o c á r p a Thellung. Frucht (einschliesslich des Schnabels) 3 bis 4 cm lang (Süd­ russland bei Sareptal Transkaspien 1 Eingeschleppt bei Orbe 18921). — f. m e s o c árp a Thellung. Frucht etwa (15) 20 bis 25 (30) mm lang (Die am häufigsten eingeschleppte Form).— f. b r e v i s i l i q u a Busch. Frucht nur 10 bis 14 mm lang, 1- bis 3-samig (Armenien). Mit B. elongata nahe verwandt und ihr vielleicht am Richtigsten als dritte Unterart (?) anzugliedern ist die an sumpfigen Orten in Friaul in Oberitalien anscheinend endemische (? oder vielleicht aus einem noch unbekannten Heimatland eingeschleppte) B r a s s i c a p a l u s t r i s Pirona (= Erucástrum palustre Vis., = B. elongata x) Die Pflanze erinnert in der Tracht, durch die Kerbung der Laubblätter usw. an Armoracia lapathifolia (nr. 1268).

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auct. Ital. pro parte nec Ehrh.), die sich von B. elongata hauptsächlich durch den viel längeren (4 bis 6 mm langen), lanzettlichen bis eiförmigen, oft einen Samen enthaltenden Fruchtschnabel unterscheidet. Untere Laub­ blätter lappig-eingeschnitten, mit regelmässigen, wenig tiefen, eiförmigen, stumpfen, ganzrandigen oder seicht gezähnten Abschnitten. Blüten grösser (Kelch meist über 5 mm lang). Frucht (30) 40 bis 55 (im Mittel 42) mm lang; Samen mehr eiförmig. Vgl. A. B é g u i n o t in Bull. Soc. bot. ital. 1905, pag. 258 bis 264. Brassica elongata wird in Ungarn, ohne angebaut zu sein, als Oelpflanze benutzt. Sie gewährt den Vorteil, auch auf magerem Boden sehr reichlich Frucht zu tragen. Auch springen ihre Früchte erst spät auf, wodurch der Samenverlust bei der Reife stark herabgesetzt wird.

(L.) Koch (= Sinapis nigra L., = Mutarda nigra Bernh., = Sisymbrium nigrum Prantl, = Melanosinapis nigra V. Calestani, = Raphanus Sinapis offic. Crantz, = B. Sinapis Noulet nec Vis., = Crucifera sinapis E. H. L. Krause, = Melanosinapis com­ munis Schimperet Spenner, = Erÿsimum glabrum Presl, = Sinapis tetrâëdra Presl, = B. sinapoides Roth, = Sinapis erysimoides Roxb., = S. Gorræa Buch.-Hamilt. ex Wall., = S. orgyalis Willd. herb, ex Ledeb., = S. incana L. herb., Thuill., Buch, nec alior., = S. iüncea Del. et auct. Aegypt. nec L.). S ch w arzer (Roter, Brauner, Französischer, Holländischer) Senf, Senfkohl. Franz.: Moutarde noire, sénevé noir, sénevé gris; engl. : Black, brown, red, true mustard; ital.: Senapa vera, senape, senevra. Taf. 125, Fig. 34; Taf. 131, Fig. 3. Einjährige, hochwüchsige, schlankästige Pflanze. Wurzel dünn, spindelförmig. Stengel bis gegen 1 (1,50) m hoch, fast stielrund (getrocknet gestreift), am Grunde oft 5 mm dick und meist borstig behaart, oberwärts kahl und bläulich bereift, mit zahlreichen, fast aufrechten, oft gebüschelten Aesten. Laubblätter sämtlich gestielt. Untere und mittlere Stengelblätter grasgrün, zerstreut mit weissen, pfriemlichen, bis über 1 mm langen Börstchen besetzt, bis 12 cm lang und 5 cm breit, leierförmig-fiederspaltig oder -fiederlappig, mit jederseits meist (an gut entwickelten Exemplaren) 2 bis 4 stumpfen Lappen und grossem, buchtig gelapptem Endabschnitt (an Kümmerformen zuweilen ungeteilt. Vgl. auch die Ab­ arten). Abschnitte und Lappen dicht gezähnt, mit in ziemlich regelmässigem Wechsel grösseren und kleineren, knorpelig bespitzten Zähnen. Obere Stengel- und Astblätter kleiner, meist kahl und blaugrün, eiförmig- oder länglich-lanzettlich, beiderends spitz zulaufend, entfernt gezähnelt (oder die obersten, hochblattartigen auch völlig ganzrandig), in einen deutlich abgesetzten Stiel verschmälert. Blütenstände am Stengel und an den Verzweigungen end- und achselständig, am blühenden Ende dicht halbkugelig-köpfig gedrängt, unterwärts stark verlängert. Blütenstiele dünn, kürzer (selten so lang) als der Kelch. Blüten mittel­ gross. Knospen verkehrt-eiförmig. Kelchblätter etwa bis 4^2 mm lang, schmal­ elliptisch (1 mm breit), aber sogleich nach dem Aufblühen durch Einschlagen der Ränder linealisch erscheinend, gelbgrün, meist kahl, aufrecht-abstehend, am Grunde nicht gesackt. Kronblätter lebhaft gelb (bei Abblühen verbleichend), mit dunkleren Adern, etwa doppelt so lang als der Kelch, verkehrt-eiförmig (etwa 2 bis 21/a mm breit), an der Spitze abge­ rundet, am Grunde in einen etwa gleichlangeri, schlanken Nagel ziemlich plötzlich ver­ schmälert. Fruchtknoten auf dem Blütenboden sitzend, linealisch-pfriemlich. Griffel fädlich, viel dünner als die grosse, halbkugelig-polsterförmige Narbe. Fruchtstände stark ruten­ förmig verlängert. Fruchtstiele (bei unseren Formen) kurz, etwa 2 bis 3 mm lang, ober­ wärts oft schwach kreiselförmig verdickt (jedoch viel dünner als die Frucht selbst), auf­ recht, der Traubenachse anliegend. Frucht aufrecht, der Achse angedrückt, linealisch schotenförmig, meist (10) 15 bis 20 (25) mm lang und (bei uns) P bis gegen 2 mm breit (vgl. jedoch die f. turgidaund var. bracteolata), beiderends ziemlich plötzlich verschmälert, durch den dünnen Griffel bespitzt, zusammengedrückt-4kantig (Querdurchmesser grösser als die Breite der Scheidewand). Fruchtklappen kahnförmig, mit fast ebenen (kaum gewölbten) Flächen, durch den vorspringenden Mittelnerv scharf gekielt, mit schwachen und undeutlich 1253. B rassica n ig ra

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netzförmig anastomosierenden Seitennerven, innen unter der Spitze mit einem sehr kurzen, die Spitze kaum überragenden Fortsatz. Scheidewand ziemlich dünn und durchscheinend, zwischen den Samen stark grubig-verbogen. Griffel dünn, samenlos, fast walzlich-fädlich, am Grunde nur schwach kegelförmig-verdickt, bei unseren Formen etwa F/a bis 3 mm lang. Samen in jedem Fache einreihig, etwa 4 bis 10, kugelig, bei uns etwa 1 bis 1,2 (0,95 bis 1,6) mm im Durchmesser. Samenschale dunkel-rotbraun, hie und da (durch abspringende Epidermisstücke) weissschuppig, fein netzig-grubig, bei Benetzung nicht verschleimend. Keimblätter sehr breit, tief 2-lappig ausgerandet. — (V) VI bis Herbst. Hie und da an Flussufern, im Fluss- (Weiden-) gebüsch, an Dämmen, Rainen, in feuchten Aeckern, an Wiesengräben, an Wegrändern, auf Schuttstellen und bebauten Plätzen, Brachfeldern, in Luzernefeldern u. dgl. Wohl überall nur aus dem fast im ganzen Gebiete (oft im Grossen) betriebenen Anbau verwildert; stellenweise aber dauernd eingebürgert (so besonders in einigen west- und mitteldeutschen Flusstälern). In D e u t s c h l a n d hin und wieder (schon von R o t h 1789 als ziemlich verbreitet angegeben), am häufigsten und beständigsten im Ufergebiet des Rheins, des Neckars, des Mains, der Mosel, der Weser, der Elbe (auch auf den Nordsee-Inseln), der Saale, der Unstrut, mehrfach auch an der Weichsel; sonst meist nur vorübergehend verwildert oder verschleppt. In O e s t e r r e i c h wohl in allen Kronländern angebaut und ver­ wildert (am seltensten in den Gebirgsländern); eingebürgert z. B. im neuen Hafen von Triest. In der S c h w e i z schon von J. B a u h i n (1651) bei Genf und Basel, von Ha ll e r (1742) bei Augst und Biel, sowie (1768) zwischen Bötzingen und Pieterlen und bei St. Maurice (Wallis) angegeben; ehedem besonders im Jura im Grossen angebaut. Heute da und dort (vorzugsweise in den Flussniederungen), meist unbeständig; dauernd eingebürgert jedoch anscheinend im Saanegebiet um Freiburg [und im französischen Jura am Doubs].

A llgem ein e V erbreitung; Zerstreut durch Südwest-, Süd-, Mittel- und Ost­ europa, sowie im ganzen Mittelmeergebiet; östlich bis Afghanistan, Belutschistan, Tibet und zur Dsungarei. Im grössten Teile ihres heutigen Verbreitungsgebietes bewohnt die Art künstliche Standorte und verdankt daher ihr Dasein meistens dem Verwildern aus ehemaliger Kultur1); ihre Urheimat lässt sich nicht mehr mit Sicherheit feststellen. In angebautem und verwildert-eingebürgertem Zustand findet sie sich ausserdem in Skandinavien, Ostasien, Südafrika, Australien, Neu-Seeland, auf den Fidji-Inseln und in ganz Amerika.

Von Abänderungen sind erwähnenswert: f. v u l g a r i s Alef. Frucht verlängert, schlank; Fruchtklappen glatt, nicht holperig. Untere Laubblätter borstlich behaart. — f. t o r u l ö s a (Pers.) Alef. (= Sinapis torulosa Pers., = S. nigra ß torulosa DC., = B. nigra forme B. Persöonii Rouy et Fouc.). Frucht gleichfalls verlängert; aber Fruchtklappen durch die Samen aufgetrieben-holperig, — f. (?) t ür g i d a (Pers.) Alef. (= S. turgida Pers., = S. nigra y turgida DC„ = B. nigra forme B. turgida Rouy et Fouc.). Frucht verkürzt, gedunsen, stark geadert; Fruchtschnabel kegelförmig, gestreift (Vielleicht eine besondere, vorzugsweise südliche Rasse? oder mehr nur eine Monstrosität?). — f. l e v i g ä t a (Burm.) Alef. (= S. levigata Burm. nec L., = S. nigra e levigata DC.). Stengel und Laubblätter (im Gegensatz zu den vorhergehenden Formen) völlig kahl (Eine etwas zweifel­ hafte Pflanze; vielleicht mit var. Abyssinica identisch?). — Stärker verschieden sind die Rassen: var. A b y s s i n i c a A. Braun. Pflanze schlank, meist kahl (f. s u b g l ä b r a [O. Kuntze pro var. B. nigrae] O. E. Schulz). Laubblätter oft kleiner; die unteren nur am Grunde mit einem Paar abgetrennter Lappen und mit sehr grossem, eiförmigem Endabschnitt. Früchte ziemlich kurz, aber mit oft verhältnismässig langem (3 bis 4 mm) Schnabel. Heimisch in Abessinien, Ostindien usw.; eingeschleppt bei Solothurn, 1916 (Probst!). — var. b r a c t e o l ä t a (Fischer et Meyer) Spach (= .B . bracteolata Fisch, et Mey., = S. bracteolata G. Don, = S. bracteäta Steudel, = B. iüncea var. brachycärpa Thellung). Stengelblätter durch die stark vorspringenden Seitenlappen deutlich spiessförmig oder 5-lappig. Die untersten 1 bis 6 Blüten jeder Traube mit linealischen Tragblättern versehen. Blütenstiele meist so lang wie der Kelch. Fruchtstiele länger (4 bis 5 [7] mm). Früchte grösser, bis 2,5 cm lang und 3 bis 4 mm im Durchmesser, stark holperig. Griffel meist 3 bis 4 (6) mm lang, am Grunde deutlich kegelförmig verdickt. Samen grösser (etwa 1,5 mm im Durchmesser). Einheimisch*17 *) Das von manchen (auch noch neueren) Forschern angenommene Indigenat in Mitteldeutschland (z. B. an der Elbe) erscheint sehr unwahrscheinlich, zumal da die Pflanze in den Kräuterbüchern des 16. und 17. Jahrhunderts fast allgemein den Namen „Sinapi hortense“ oder „Sinapi sativum (etc.)“ führt und meist nur als „in Aeckern und Gärten angesät“ erwähnt wird.

238 in Aegypten und Arabien; verschleppt ehedem im Port-Juvenal bei Montpellier (und auch anderwärts in Frankreich), sowie neuerdings (1914, 1917) im Güterbahnhof Zürich ( T h e l l u n g , det. O. E. Schulz). Die zahlreichen, gelben, zudem durch einen starken, kumarinartigen Duft ausgezeichneten Blüten von Brassica nigra locken zahlreiche Insekten zum Besuch an. Die gelben Kelchblätter stehen schräg ab; die Kronblätter sind aufrecht. Der Durchmeser der Blüte beträgt 10 bis 12 mm. Die Antheren der langen Staub­ blätter stehen in gleicher Höhe mit der Narbe und nur 1 mm von ihr entfernt, können also beim Neigen der Blüten leicht spontane Selbstbestäubung bewirken. Die Antheren der kurzen Staubblätter stehen zumeist 2 bis 3 mm tiefer als die Narbe, dienen also nur der Fremdbestäubung durch Insekten. Gelegentlich kommen auf verschiedenen Stöcken Griffel von ungleicher Länge vor, so dass die Narben bald in der Höhe der kürzeren, bald in derjenigen der längeren Staubblätter stehen. — Von Missbildungen wurden beobachtet: Vergrünte Blüten; 2 angeblich regelmässige, 4-gliederige, mit Kelch und Krone abwechselnde Kreise von Staubblättern; endlich verarmte Blüten von der Formel K3 C3 Ai -)-3 G2 . Brassica nigra ist eine uralte Kulturpflanze. Ihr entspricht das oivrjm [sfnepi] des Dioskorides und das „sinape“ im Capitulare Ludwigs des Frommen (795). ln Mitteleuropa wurde sie in früheren Zeiten (stellen­ weise auch noch im letzten Jahrhundert) im Grossen angebaut. So wies zu K i r s c h l e g e r ’s Zeiten (um 1850) der Kreis Schiltigheim im Eisass eine Anbaufläche von 250 Hektaren mit einem jährlichen Ertrag von je 15 Hektoliter Samen, im Ganzen also 3750 Hektoliter, auf, was nach den damaligen Preisverhältnissen (1 Hektoliter = 35 Fr.) einem Betrag von 131,250 Fr. entsprach. Noch heute wird nach L u t h m e r im Untereisass in den Gemeinden Schiltigheim, Bischheim, Honheim, Suffelwegersheim und Reichstett (Kreis Strassburg-Land) der Senf feldmässig angebaut. Die Gesamtfläche des Senfanbaues betrug in diesen 5 Gemeinden im Jahre 1912 noch 184,50 Hektare. Das junge, noch zarte Kraut wird (z. B. in Griechenland und England, neuerdings auch in Deutschland) als Salat oder Spinat gegessen; auch wird die Senfpflanze in trockenen Jahren, wenn andere Futterkräuter schlecht gedeihen, als raschwüchsige Futterpflanze geschätzt. Der wertvollste Teil der Pflanze aber sind die Samen, die ähnlich wie diejenigen vom Sinapis alba (pag. 207) als Gewürz- und Arzneimittel, sowie zur Oelbereitung etc. Verwendung finden. Uebrigens besteht der zum pharmazeutischen Gebrauche bestimmte Senf­ same nicht immer ausschliesslich aus Brassica nigra, sondern er ist des öfteren mit den minderwertigen Samen von Brassica Rapa und B. Napus, Sinapis arvensis, Camelina sativa, die jedoch des scharfen Geschmackes ent­ behren, vermischt. Die offizineilen, annähernd kugeligen, 0,95 bis 1,6 mm dicken und 0,63 bis 1,96 mgr. schweren, hell-bis dunkelrotbraunen, netzig-grubigen Samen liefern die Droge S emen S i na p i s (Pharm. Germ. Austr.) oder S em e n S i na pi s n i g r a e (Pharm. Helv.), die im gemahlenen Zustande als Farina seminum Sinapis innerlich als Emeticum bei Vergiftungen, als Stomachicum und leichtes Diureticum in der Veterinärmedizin, äusserlich als haut­ rötendes, brennendes (bei längerer Einwirkung auch blasenbildendes) bezw. irritierendes und derivierendes Mittel benutzt wird. Die Samen des türkischen Senfs sind auffallend klein, die des Elsässer Senfs besonders gross. Die geruchlosen Samen geben zerrieben und mit Wasser angerührt einen stechend scharf schmeckenden und riechenden Brei, indem sich durch die Einwirkung des Myrosins das in den Samen enthaltene (Gehalt 4,5 %) Senfglykosid Sinigrin (früher allgemein als „myronsaures Kalium“ bekannt) von der Formel C1 0 Hie NS 2 O9 K bei der Gegenwart von Wasser (unter Aufnahme eines Moleküles desselben) in ätherisches Allylsenföl (Cs Hs NCS), in Traubenzucker (Ce H1 2 Oe) und in saures, schwefelsaures Kalium oder Kaliumhydrosulfat (K H SO 4 ) spaltet (vgl. auch pag. 57 und 207). Das so gebildete ätherische Senföl kann man durch Destillation abscheiden (Ausbeute 0,5 bis 0,75%). Als Nebenprodukte entstehen durch Zersetzung des Senföles Cyanallyl (CN . Cs Hs), Schwefel­ kohlenstoff, sowie freier Schwefel, Spuren von Schwefelwasserstoff, wahrscheinlich auch Allylamin (C3 Hs NH2 ), Rhodanallyl (NCS . Cb H s) und vielleicht Propenylsenföl (CSN CH = CH . CH3 ). In den frischen und unver­ letzten, d. h. nicht gemahlenen oder gepressten Senfkörnern ist also das ätherische Senföl noch nicht vor­ handen, sondern es bildet sich erst beim Anrühren der zerstossenen Samen mit Wasser. Das Senföl wurde im Jahre 1730 von B o e r h a a v e in Leiden als wirksamer Bestandteil des Schwarzen Senfs erkannt, während B o u t r o n und F r e m y als erste 1840 die glykosidische Natur des Senföl abspaltenden Körpers nachwiesen. Ausserdem enthalten die Samen neben Schleim (19°/o), Eiweiss (18%), Lecithin etc. als wesentlichen Bestandteil fettesOel (und zwar über 30%), welch letzteres inderRegel durch kaltes Pressen als Nebenprodukt bei der Darstellung des ätherischen Oeles gewonnen wird und technisch als Brenn- und Schmieröl sowie in der Seifenfabrikation (jedoch nicht als Speiseöl) verwertet wird. — Zur Darstellung des gleichfalls offizineilen ätherischen Senföles (Öleum S i na pi s ae t h e r eu m) werden die gemahlenen und durch Pressen möglichst entfetteten Samen mit Wasser angerührt, eine zeitlang der Gährung überlassen und dann mit Wasserdampf der Destillation unterworfen (Ausbeute 0,5 bis 0,75%). Das Senf öl ist eine farblose, mit der Zeit gelblich werdende, stark lichtbrechende, sehr scharf riechende und scharf schmeckende, die Augen schon aus grosser Entfernung zu Tränen reizende Flüssigkeit, die wegen der leicht erfolgenden Zersetzung vor Luft und Licht in gut verschlossenen Gefässen geschützt werden muss. Im Wasser löst sich das Oel schwer, leicht dagegen in Alkohol und Aether. Auf die Haut gebracht — auch bei noch so schwacher Verdünnung mit Spiritus — wirkt das Oel brennend und blasenziehend.

239 Ebenso hebt es beim Kochen die Gerinnbarkeit des Eiweisses auf. In Verdünnung mit Spiritus oder Alkohol wird es als Senfspiritus (Spiritus Sinápis) zu Einreibungen bei Gicht, Rheuma, Zahnschmerz etc. verwendet. Das künstliche oder synthetische Senföl wird durch Einwirkung von Rhodankalium auf Allyljodid in alko­ holischer Lösung erhalten, wobei zunächst Allylthiocyanid entsteht, das sich dann in Allylsenföl umlagert; — Die zerriebenen Samen dienen ferner zur fabrikmässigen Herstellung des Senfmehles des Handels, des Senf­ breies, des Senfpapieres sowie des Senfpflasters (Cataplasma Sinápis, Sinapismus). Zur Bereitung des Senf­ pflasters wird der Senfteig, d. h. Senf- und Roggenmehl mit Essig und warmem Wasser gemischt, etwa messerrückendick auf Leinwand gestrichen. Senfpapier ist ein mit entöltem Senfpulver bedecktes Papier, Senfspiritus eine Lösung von 1 Teil Senföl und 49 Teilen Spiritus. Alle Senfpräparate, deren Anwendung zwar die neuere Medizin etwas eingeschränkt hat, sind als flüchtige, hautreizende und raschwirkende Arznei­ mittel in erster Linie bei neuralgischen und rheumatischen Leiden allgemein beliebt. Ausserdem werden sie bei Ohnmacht oder Asphyxie, bei Chorioiditis, bei fortschreitender Kurzsichtigkeit, als „ableitendes“ Mittel bei Entzündung innerer Organe (der Lunge, der Pleura, des Perikards, des Bauchfells, der Hirnhaut etc.) mit Erfolg benützt. Bei Blutandrang nach dem Kopfe leistet ein Fussbad mit Senfmehl unter Zusatz von Kochsalz und Pottasche gute Dienste. Bei Salzsäuremangel des Magensaftes soll Senf nach P e n z o l d t (Klinische Arznei­ behandlung, pag. 163) sich als sehr nützlich erweisen. Das Volk betrachtet Senfpräparate als Aphrodisiaca. Ebenso alt wie die Verwendung des Senfes alz Arzneimittel ist dessen Gebrauch als Gewürz und Genuss­ mittel als „Speisesenf“. Allerdings lässt sich zurzeit nicht mehr mit Sicherheit feststellen, welche Senfarten im Altertum gebräuchlich waren. Die im Neuen Testament wiederholt, z. B. in dem bekannten Gleichnis vom „Senfkorn“ (Evangelium St. Matthäi, Cap. XIII, 31, 32) genannten Senfkörner, als die kleinsten unter allen Samen, waren wohl die Samen von Brassica nigra, welche Pflanze noch heute in Palästina „chardal aswad“ heisst und daselbst eine bedeutende Höhe erreicht, und nicht, wie oft angenommen wird, des Senfbaumes „khardal“ (Salvadora Pérsica L.). In Indien ist Senf das Symbol der Fruchtbarkeit. Die Römer benützten den Senf hauptsächlich als Küchengewürz; doch findet sich bereits in den Schriften des Columella eine erste Anleitung zur Herstellung des Tafelsenfes. Von einer Kultur der Sinapis- und Brassica-Arten nördlich der Alpen hören wir jedoch erst im 9. Jahrhundert. So bestanden in Paris um 800 nach Christo solche Anpflanzungen. Bei den Germanen ist die Verwendung der Samen zur Senfbereitung wohl erst in römischer Zeit bekannt geworden. Aus dem romanischen Sprachgebrauch leitet sich auch die in Norddeutschland für den Senf allgemein ver­ breitete Bezeichnung „Mostrich“ ab, in Westfalen, in der Rheinprovinz, in Friesland „Mostard“ oder „Mostert“, in Frankreich moutarde, in Italien mostarda geheissen, und zwar nach dem Kräuterbuche von Jacob Theodor T a b e r n a e m o n t a n u s (dieser, von Geburt Elsässer, latinisierte seinen Namen nach seinem Geburtsorte „Berg­ zabern“ in der Rheinpfalz; er war Leibarzt des Kurfürsten Johann Kasimir und ein Schüler von Hieronymus Bock; er starb 1590 in Heidelberg) von dem spätlateinischen mustärdum (= mústum árdeum = scharfer Most), also aus Most und Senfsamen hergestellt, wie noch heute gelegentlich Essig durch Zugabe von Senfsamen stärker gemacht wird. Die Senfe des Handels sind meist Gemische; allgemein beliebt sind tiefgefärbte sog. „englische“ Senfe. Sehr bekannt ist in Deutschland der sog. „Düsseldorfer Senf“ (Dr. Hegi) . Brassica nigra wird in den meisten Kulturländern gepflanzt, besonders aber in Holland (Nord-Brabant, Friesland, Groningen, Zeeland, Utrecht, Noord- und Zuid-Holland), in Italien (Puglia, Sizilien), in der Levante, in Frankreich (besonders um Dijon und Bordeaux), in Russland, England (Lincolnshire, Yorkshire), in Flandern, in der Picardie, etwas im Eisass, in Böhmen und Oesterreich (berühmt ist der „Kremser Senf“), dann wieder in Kroatien, Slavonien, Ungarn, Rumänien, Syrien, Kleinasien, in der europäischen Türkei, in Griechenland und in Nordafrika, in Amerika etc. Die meisten Tafel- oder Speisesenfe sind übrigens zum grossen Teil Gemische. Ausschliesslich aus den Körnern von Brassica nigra besteht der Holländische „Braunsenf“, fast ausschliesslich der Türkische (Körner auffallend klein) und Sizilianer, der Elsässer und Italienische Braunsenf. Aehnlich verhält sich der Deutsche, Holländische, Russische, Argentinische und Englische „Gelbsenf“, welche Sorten fast nur aus Samen von Sinapis alba bestehen. In der Praxis werden die Samen der beiden Arten nicht selten gemischt. So sind der Russische, Puglieser und Rumänische Bauernsenf Gemische aus den Samen von Brassica nigra, B.Rapa und Sinapis arvensis. Deutscher Braunsenf besteht zum grössten Teil aus B. nigra (der Rest ist B. Rapa), Thurgauer Braunsenf aus Sinapis arvensis und Unkräutern, Sarepta-Senf (pag. 241) zu gleichen Teilen aus B. iuncea und B. Rapa, BombaySenf aus B. iuncea und B. nigra, Japanischer und Chinesischer Senf aus Sinapis cernua Thunb., Indische und Javanische Senfsorten aus S. glauca Roxb. („Sarson“) oderS. dichotomaRoxb. („Tori“) und Brassica Napus, Persischer Senf aus Eruca vesicaria (pag. 203), Gardal-Senf aus S. alba subsp. dissecta (pag. 207) etc. Nicht selten sind die Senf­ saaten durch Unkrautsamen stark verunreinigt. In russischen Saaten finden sich fast regelmässig reife, giftige Samen von Hyoscyamus niger vor, im türkischen Braunsenf (bis zu 0,5%) die Früchte von Conium maculatum, im Gardalsenf die giftigen Samen von Agrostemma Githago. Die Fabrikation des Tafelsenfes ist eine sehr einfache und besteht in der Hauptsache darin, dass dem frischgemahlenen Senf entweder Weinessig, eventuell auch Brannt­ wein- oder Bieressig, oder aber kochender Weinmost von weissen Trauben zugesetzt wird. Je nach dem Fabrik­

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geheimnis oder nach dem lokalen Geschmack werden diesem Safte („verjus“) Blätter von Estragon (Artemisia Dracunculus), Lorbeer, ferner Mehl (in Frankreich allgemein üblich), Muskatnuss, Pfeffer, Nelken, Knoblauch etc. beigegeben. Zur Senfbereitung lässt man die Körner nicht ganz ausreifen, zumal die Reife erfahrungsgemäss ganz plötzlich eintritt, oft über Nacht, so dass die Landwirte zuweilen mitten in der Nacht zum Ein­ sammeln der reifen Körner ausziehen müssen (vgl. hierüber L u t h m e r , Hans Adolf. Die Handelsgewächse des Untereisass I, Strassburg, Karl Trübner, 1915, und L e h m a n n , Karl. Die Fabrikation des Tafelsenfes. Chemisch-Technische Bibliothek, Bd. 24) (Dr. Hegi).

(L.) Cosson, Czern.*2) (= Sinápis iuncea L., = Ráphanus iunceus Crantz, = B. arvensis var. iuncea O. Kuntze, = Gaulis iunceus E. H. L. Krause, = Cruci­ fera iuncea E. H. L. Krause). R u ten - oder S arep ta -S en f. Fig. 780d bis f. Pflanze einjährig, hochwüchsig (bis 1 m hoch), schlankästig, in der Tracht an B. nigra erinnernd. Wurzel dünn, spindelförmig. Stengel stielrund (getrocknet schwach gestreift), am Grunde bis gegen 1 cm dick und meist borstlich-behaart, im übrigen Teil kahl und (wie die Laubblätter) bläulich-bereift, etwa von der Mitte an ästig, mit zahl­ reichen, fast aufrechten, oft gebüschelten Aesten. Untere und mittlere Laubblätter meist (vgl. die Unterarten) unterseits mit zerstreuten, weissen, pfriemlichen, bis über 1 mm langen Börstchen besetzt, gestielt, bis 20 cm lang und 8 cm breit, in der Regel leierförmig-fiederspaltig (an Kümmerformen auch ungeteilt und nur gezähnt) mit jederseits 1 bis 2 kleinen, länglichen bis eiförmigen Seitenabschnitten und sehr grossem, eiförmigem oder verkehrt­ eiförmigem bis rundlichem Endabschnitt; Lappen unregelmässig eingeschnitten-gezähnt, die Zähne mit breitem, stumpfem Knorpelspitzchen. Obere Stengel- und Astblätter kleiner, meist ungeteilt (nur gezähnt bis ganzrandig), länglich-verkehrt-eiförmig bis lanzettlich oder fast linealisch, meist über der Mitte am breitesten, am Grunde stielartig verschmälert; die obersten unscheinbar, hochblattartig. Blütenstände am Stengel und an den Aesten end- und achselständig, am blühenden Ende dicht doldentraubig (die geöffneten Blüten mit den Knospen in gleicher Höhe stehend), unterwärts stark verlängert. Blütenstiele ziemlich dünn, länger als der Kelch. Blüten ziemlich gross. Knospen verkehrt-eiförmig. Kelchblätter etwa 4 bis 5 mm lang, länglich-elliptisch (U bis 2 mm breit), aber bald nach dem Auf­ blühen durch Einschlagen der Ränder viel schmäler (fast linealisch) erscheinend, gelblich­ grün, kaum merklich hautrandig, kahl, aufrecht-abstehend, am Grunde nicht gesackt. Kronblätter fast doppelt so lang als der Kelch, blass- bis ziemlich lebhaft-gelb, mit rundlich­ verkehrt-eiförmiger (etwa 3 mm breiter), ziemlich plötzlich in einen schlanken, wenig kürzeren Nagel zusammengezogener Platte. Fruchtknoten walzlich, auf dem Blütenboden sitzend; Narbe fast kopfig, breiter als der Griffel. Fruchtstände stark rutenförmig ver­ längert. Fruchtstiele dünn, meist 8 bis 12 mm lang, aufrecht-abstehend. Frucht von der Achse entfernt, aufrecht-abstehend bis fast aufrecht, breitlinealisch-schotenförmig, (2x/2) 3 bis 5 cm lang, 2 bis mm breit, an der Spitze allmählich in den Schnabel verjüngt, am Grunde plötzlicher verschmälert, von vorn und hinten etwas zusammengedrückt (daher meist deutlich breiter als dick). Fruchtklappen gewölbt, durch die Samen aufgetrieben­ holperig, durch einen starken, vorspringenden Mittelnerv gekielt (Fig. 780 e); daneben mit schwachen, netzförmig verästelten Seitennerven, innen unter der Spitze mit einem sehr kurzen, die Spitze kaum überragenden Fortsatz. Scheidewand ziemlich dünn und durchscheinend, zwischen den Samen stark grubig-verbogen. Griffel schmal-kegelförmig, meist (4) 6 bis 10 mm lang, vom Grunde zur Spitze allmählich pfriemlich-verjüngt, an der Spitze schmäler 1254. B rassica iú n c e a 1)

/2

2 1 /2

0 Lat. iunceus = binsenartig (von Iuncus [vgl. Bd. II, pag. 145] = Binse); mit Rücksicht au schlanken, rutenförmigen Aeste der Pflanze. 2) Ueber die Nomenklatur und Synonymie dieser Art vgl. T h e l l u n g in Verhandlungen des B Vereins der Provinz Brandenburg Bd. L (1908), pag. 151 bis 159.

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als die halbkugelige Narbe, (normal) samenlos. Samen in jedem Fache etwa 8 bis 12, ein­ reihig, fast kugelig, etwa D/a mm im grössten Durchmesser haltend. Samenschale dunkel­ rötlichbraun oder gelblich, schwach netzig-grubig, bei Benetzung nicht verschleimend. Keimblätter sehr breit, verkehrt-nierenförmig ausgerandet. — VI bis Herbst. In neuerer Zeit (seit den 70 er und 80 er Jahren des letzten Jahrhunderts) da und dort auf Schuttstellen, an Wegrändern, Dämmen, in Aeckern, auf Brachfeldern, Rasen­ plätzen, Eisenbahn- und Hafengelände u. dgl., vorzugsweise in der Nähe von Senffabriken, Getreidelagerhäusern und Mühlen. Fast stets nur vorübergehend aus weggeworfenen Samen (von „ostindischer Oelsaat“) aufgehend; im Gebiete wohl nirgends dauernd eingebürgert. In D e u t s c h l a n d im Eisass bei Strassburg (Hafen und Proviantamt); in Baden unterhalb KleinHüningen, mehrfach um Freiburg i. B., sowie bei Karlsruhe ( Kneucker!); im Hafen von Mannheim (1906); in Hessen bei Frankfurt a. M. (vor 1890) und bei Neuenkirchen ( Knetschl); in der Rheinprovinz am Ufer der Sauer bei Echternachbrück (vor 1893), sowie in den Hafenanlagen von Neuss, Viersen (bei Düsseldorf) und Homberg a. Ruhr; in Hannover bei Crimderode, Hildesheim, Sülze und neuerdings zahlreich um Hannover; bei Hamburg (zuerst 1885) und Uhlenhorst; in Thüringen bei Salzungen (am Werraufer, vor 1885), Schmalkalden, Spicke bei Eisenach und Apfelstedt; in Anhalt bei Dessau und Zerbst; bei Magdeburg; in Mecklenburg bei Warnemünde; in Brandenburg bei Berlin (18/0 und dann wieder seit 1887), Köpenick, Spremberg und Forst; in Pommern bei Swinemünde und Stettin (hier zuerst als Erucastrum obtusangulum angegeben); in Westpreussen bei Danzig, Thorn, Kurzebrack und Marienburg (1888); in Ostpreussen am Bahndamm beim Knautener Walde und neuerdings mehrfach in und um Königsberg, sowie bei Eydtkuhnen; bei Posen 1900 und 1901; in Bayern bei Lichtenhof und Schniegling unweit Nürnberg (1895) und Georgenschwaige bei München (1907)- — In O e s t e r r e i c h bisher nur aus Tirol (Innsbruck) und Vorarlberg (Feldkirch gegen Tosters) angegeben. — In der S c h w e i z bei Châtelaine unweit Genf (1874 A y a s s e ! als B. nigra), Orbe (1884/85, 1891), Solothurn (seit 1907), Basel (neuerdings mehrfach), Kaiseraugst, Zeughaus in Seewen (Schwyz) 1917 (Binz), Zürich (seit 1899 mehrfach, im Güterbahnhof fast alljährlich), Eglisau (1897 F rymann l ) , Bahnhof Chur (1916) und Arosa 1917 mehrfach ( Th el l u ng ), St. Moritz (1915 Branger!), Maggia-Delta bei Locarno (1917 M. Jägglit).

A llgem eine V erbreitung; Heimisch angeblich in Abessinien1) (doch wohl auch hier mindestens teilweise nur kultiviert), ferner in Süd-, Zentral- und Ostasien ; an­ gebaut (als Stammpflanze verschiedener ostindischer Senfsorten [Senf aus Kurrachee, Indischer Braunsenf, Bombay-Senf etc.] — der eigentliche Sarepta-Senf besteht zu gleichen Teilen aus Samen von B. iuncea und B. Rapa —) und verwildert in einem grossen Teil der Tropen und Subtropen beider Hemisphären, sowie in Südrussland. Nicht selten mit russischem Getreide eingeschleppt oder aus Abfällen von Senfsaat aufgehend im übrigen Europa (Oesterreich-Ungarn, Deutschland,. Schweiz, Dänemark [bereits vor 1850], Schweden, Niederlande, Belgien, England, Frankreich und Spanien [Katalonien!]) und im gemässigten Nordamerika. In den Oasen der algerischen Sahara, wird die Art nach C osson auch als Gemüsepflanze angebaut. Die Art gliedert sich in 3 Unterarten. I. subsp. eu-iüncea Thellung (= Sinapis et Brassica iuncea auct. sens, strict., = S. campéstris Besser?, Jacq. fil., = S. ramosa Roxb., = S. Timoreâna12) DC., = B. Timoreana F. v. Mueller, = B. carinata A. Braun, = B. pinnatifida Hort. Par. [ex C. A. Meyer], = B. lanceolâta Lange, = S. Abyssfnica A. Br. [ex Regel], = B. Besseriâna3) Andrz., = B. Dillânii4) Delile, = S. Dillénii [err. typ-1 Touchy, = B. affinis C. Koch, = B. chenopodiifôlia Sennen et Paul, = S. levigâta Steven [sec. Busch] et Hort. [sec. C. A. Meyer] nec L. [quae = Erucastrum Ievigatum O. E. Schulz = E. Bœticum Nyman sec. 1) Die Angaben aus Aegypten (durch D e l i l e , B o i s s i e r , S i c k e n b e r g e r , M u s c h l e r u. A.) sind irrig und beziehen sich auf B. nigra bezw. deren Rasse bracteolata. 2) Auf der kleinen Sundainsel Timor, je zur Hälfte in Besitz der Holländer und der Portugiesen, gefunden. 3) Nach Wilibald S. J. G. (von) B e s s e r , geboren 1784 in Innsbruck, gestorben 1842 in Kremenec in Wolhynien, zuletzt Professor am Lyceum daselbst, verdient um die Kenntnis der Flora von Galizien und Südwestrussland durch die Herausgabe zweier Florenwerke: Primitiae florae Galiciae (1809) und Enumeratio plantarum huicusque in Volhynia, Podolia etc. lectarum (1822). 4) Nach dem französischen Naturforscher Quartin D i l l o n , der auf einer Reise in Abessinien (1839 bis 1843) Pflanzen sammelte. H e g i , F lo ra Bd. IV.

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O. E. Schulz], = S. brassicáta Lour. nec L., = S. cernua Poir.? vix Thunb., = B. Richéri1) Lange nec Vill.*2), = Erucástrum obtusángulum C. Müller in Deutsche Bot. Monatsschr. IV [1886], pag. 125 [cf. ibid. pag. 160] nec Rchb., = B. Willdenówii Sennen! nec Boiss.). Untere Stengelblätter leierförmig-fiederspaltig, am Grunde mit 2 bis 4 rasch an Grösse abnehmenden Lappen, unterseits gleich dem Stengelgrunde mit zerstreuten, borstlichen Haaren besetzt. Obere Stengelblätter lanzettlich oder linealisch-lanzettlich, fast oder völlig ganzrandig. Im Blutenstand zuweilen kleine, linealische Tragblätter auftretend. — Im ganzen Verbreitungsgebiete der Art_ Hieher gehören speziell die in Südrussland, besonders im Dongebiet in den Gouvernementen Sarepta, Saratow, Astrachan, Tambow und Stawropol von den dort angesiedelten württembergischen Kolonisten als „Sareptasenf“ kultivierte Pflanze und wohl die sämtlichen adventiven europäischen Vorkommnisse. Der Sareptasenf des Handels ist in der Regel ein Gemisch der Samen von B. Rapa und dieser Unterart. II. subsp. integrifólia (West) Thellung (= S. integrifolia West, Willd. !, = B. integrifolia O. E. Schulz, = S. cuneifölia Roxb., = S. lanceolata DC. [excl. syn. Ráphanus lanceolatus Willd., qui = Cákile lanceolata O. E. Schulz, cf. supra pag. 182], = Raphanus lanceolatus Macfad. nec Willd., = B. lanceolata Sauvalles nec Lange, = B. Willdenówii Boiss., = B. iuncea Hitchcock nec Cosson, = S. nigra Descourt, nec L., = S. brassi­ cáta Griseb., Eggers nec^L.). Indischer Senf, „Rai“, fälschlich auch „Sareptasenf“ geheissen. Stengel kahl oder am Grunde sehr spärlich mit Haaren besetzt. Laubblätter kahl; die unteren breit verkehrt-eiförmig, ungeteilt oder mit 2 winzigen Läppchen am Grunde, fast ringsum grob- und ziemlich regelmässig gezähnt, die oberen linealisch, stumpflich, ganzrandig. Frucht meist etwas kleiner als beim Typus (30 bis 35 mm lang, 1,5 bis 2,5 mm breit), mehr plötzlich in den schlanken, meist kürzeren (3 bis 6 mm langen) Griffel zusammengezogen. Süd- und Ostasien, häufig in Westindien. Nach O. E. S c h u l z wohl in Anpassung an das feuchtwarme tropische und subtropische Klima aus der ursprünglich im kontinentalen Innerasien beheimateten subsp. eu-iuncea ent­ standen; daher ihr vielleicht besser als Rasse unterzuordnen. Diese Unterart wird in Ostindien als „Rai“ in vielen Formen im Grossen kultiviert, neuerdings auch in Nordamerika, Californien, Zentral- und Westafrika. III. subsp. (?) Urbaniána3) (O. E. Schulz) Thellung (= Sinapis Chinénsis L. [nec Brassica Chinensis L.], = S. Sinenis J. F. Gmelin, = S. tenélla Mönch, = B. Urbaniana O. E. Schulz). Stengel niedriger und stärker behaart als bei den Unterarten I und II. Untere Stengelblätter verkehrt-eiförmig, unregelmässig- und ziemlich tief eingeschnitten-gezähnt, am keilförmigen Grunde fast fiederspaltig mit gezähnten Lappen, auf der Unterseite deutlich borstlich-behaart. Obere Stengelblätter deutlich gestielt, schmal-eiförmig oder länglich, ziemlich tief sägezähnig, jederseits mit etwa 3 oft gezähnelten Zähnen. Steht den 2 vorhergehenden Unter­ arten ferner als diese unter sich und stellt möglicherweise doch eine eigene Art dar. Nach alten Angaben aus China und Indien stammend, in neuerer Zeit in Westindien (Cuba, Haiti) gefunden.

L. [excl. var. % Napobrassica] em. DC. (= Napus olerácea Schimper et Spenner, = Ráphanus Brassica offic. Crantz, = Crucifera brassica E. H. L. Krause, = B. Alliónii Moretti?, = B. campéstris Moritzi pro parte nec L.). G em üseKohl, Küchen- oder Gartenkohl, Kraut. Franz.: Chou potager; engl.: Cabbage, colewort; ital. : Cavolo. Fig. 778 a bis f und Fig. 781 bis 783.

1255.

B rassica o le rá c e a 4)

Das Wort K o h l (althochdeutsch köl) stammt aus dem lateinischen caülis (= eigentlich Stengel, dann „Kohl“) [griech.: xavP.óg (kaulös)]. Im Alemannischen lautet das Wort Choel. Der Blatt- oder Winterkohl (var. acephala) heisst im Niederdeutschen b r u n e n , g r ö n e n K o o l , der Rosenkohl (var. gemmifera) Spr ut maus. Der Welschkohl (var. Sabauda) wird häufig W i r s c h i n g genannt. Dieses Wort, das erst im Neu­ hochdeutschen vorkommt, stammt aus dem lombardischen verza (ital. verzotto), das auf lat. vin'dia („Grün­ zeug“) zurückgeht. Auf die südliche Herkunft weisen auch hin S a v o i (Westfalen), S a f a u d s c h e n K o l (Hessen), Z e f o g (Westpreussen), alles zu „Savoyen“ (vgl. auch den latein. Namen und das franz. chou de *) Nach Pierre R i c h er de Be l le v a l , geboren in Chalons-sur-Marne wahrscheinlich im Jahre 1564, gestorben nach dem 5. November 1632, Gründer des Botanischen Gartens in Montpellier (1594) und Professor der Anatomie und Botanik daselbst. Nach ihm ist die Liliaceen-Gattung Bellevália Lap. benannt. 2) B. Ri eh er i Vill. (= Erucastrum Richeri Link), die neuerdings von O. E. S c h ul z zur Gattung Brassicella (vgl. unten) gestellt wird, ist eine ausdauernde Gebirgspflanze der Westalpen (Dauphiné, Savoyen, Piemont), die in der Tracht der B. iuncea ähnelt, aber sich durch die allgemeinen Kennzeichen der Gattung Brassicella leicht von ihr unterscheiden lässt. 3) Nach Ignaz U r b a n , geboren am 7. Januar 1848 in Warburg, dem langjährigen Unterdirektor des Botanischen Gartens und Museums in Berlin und hervorragenden Systematiker, Verfasser von: Prodromus einer Monographie der Gattung Medicago L. (18/3), verdient namentlich um die Kenntnis der Flora des tropischen Amerika durch die Fortsetzung der „Flora Brasiliensis“ (seit 1887) und die Herausgabe der „Symbolae Antillanae“ (seit 1898). 4) Lat. oleráceus = als Gemüse dienlich; von ölus, óleris = Kohl, Gemüse.

243 Savoie) g e h ö ren d . F ü r den K op fk o h l (var. c a p ita ta ) is t w e it v e rb re ite t die B e zeichnung K a p p e s (n ied e r­ d e u ts c h : K a b b u s , K a p s , b a y erisc h -ö ste rre ic h isc h K a b a s , K o b a s , K a b e s , sc h w e ize risch C h a b i s ) . Sie k o m m t schon im A lth o c h d e u tsc h e n als k a b u z vor, das sich a u f lat. c ä p u t ( = K opf) g rü n d e t. S o n st h e is s t diese

Fig-, 781. B r a s s i c a o l e r a c e a L . a v a r. a c e p h a l a D C . („W in te r k o h l“) su b v a r. l a c i n i a t a L . i var. c a p i t a t a L . f. a l b a D C . („ K o p fk o h l“), c f . r u b r a L, („ B la u k ra u t“), d W u r z e ls to c k m it „ K o h lh e r n ie “ (v g l. p a g .2 5 1 ). e var. g e m m i f e r a D C . („ R o se n k o h l“).

S p ie la rt n o c h D ö p p e - , D i p p e k r a u t [w eil in T ö p fe n e in g e m ac h t] (O b e rh esse n ), H ä u p e l k r a u t (S teierm ark ), L a p p e n k o h l (P o m m ern ) o d e r k u rz w eg K r a u t (in S ü d d e u tsc h la n d ), B u n s k o o l (O ld e n b u rg ). B e so n d ers im n ö rd lic h en D e u tsc h la n d gelten die B e n en n u n g K u m s k o o l (O ld en b u rg ), K o m p s t , K u m s t , K ö r n s t (O s t- und W e stp re u sse n ). Sie leiten sich alle von K o m p o st, K o m p e st (a u s lat. co m p o situ m = das ein g eleg te [K raut]) ab. D ie A b a rt m it k u g e lig v e rd ick tem S te n g e lg ru n d (var. gongylodes) is t der K o h l r a b i , im G eg en satz zur K o h lrü b e (vgl. pag. 255) a u ch O b e r k o h l r a b i ( ü b e r der E rd e w a ch sen d ) g e n an n t. D a s W o rt (n ied e rd eu tsc h K o l r ä w e , n o r d b ö h m .K o l l r a b i , sc h w e ize risch C h o l - R a b , C h o l l a r ä b a g e s p ro c h e n ) is t e tw a im 16. Ja h rh u n d e rt a u s lta lie n (italien. cavolo [ = K ohl] ra p a [ = R übe]) n a ch D e u tsc h la n d g e d ru n g en . A us dem Italien isc h en sta m m t schliesslich a u ch das o b e rd e u tsc h e (und o stm itte ld e u tsc h e ) K a r f i o l (var. b o try tis), au s cavol fiore [ = B lum enkohl] e n tsta n d en .

P flanze zw eijährig bis ausdauernd (einzelne K ulturform en auch einjährig), kräftig, bis m annshoch und h öher w erdend. W urzel verhältnism ässig dünn, nie fleischig-verdickt. S ten g el m eist schon im ersten Jah re kräftig , strunk- o d er stam m artig entw ickelt, später unterw ärts verholzend und dicht m it B lattnarben besetzt, kahl, bläulich-bereift, oberw ärts m eist ästig. L au b b lä tte r dicklich, etw as fleischig, b laugrün (bei unseren F orm en m eist völlig kahl). U ntere L au b b lä tter gestielt, m eist leierförm ig-fiederschnittig (an K ulturform en oft in m annigfacher W eise zerteilt oder zerschlitzt) o der auch ungeteilt; obere L a u b lä tte r länglich bis linealisch-länglich, m eist fast g anzrandig, nach dem G runde verschm älert bis abgerundet, 108*

244

aber kaum je deutlich herzförmig-stengelumfassend. Blütenstand schon beim Aufblühen ver­ längert und locker; die geöffneten Blüten tiefer stehend als die Knospen. Blütenstiele meist länger als der Kelch, fast so langwie die ganze Blüte. Blüten gross. Kelchblätter aufrecht, schmal­ elliptisch, etwa 6 bis 12 mm lang und x/4 so breit; die seitlichen am Grunde etwas höcker­ artig vorgewölbt, aber nicht eigentlich gesackt. Kronblätter etwa doppelt so lang als der Kelch (12 bis 26 mm lang), schwefelgelb (selten weiss), mit schmal-elliptischer oder schmal­ verkehrteiförmiger, an der Spitze oft etwas ausgerandeter, am Grunde allmählich ver­ schmälerter Platte und etwa gleichlangem, schmal - keilförmigem, den Kelch an Länge er­ reichendem Nagel (Fig. 778a, c,pag. 215). Staubblätter sämtlich aufrecht und dem Fruchtknoten genähert; die seitlichen und die mittleren an Länge wenig verschieden (Fig. 778 e, f). Mittlere Honigdrüsen fast aufrecht. Frucht auf abstehendem Stiel anfangs aufstrebend bis fast aufrecht, zuletzt oft abstehend oder selbst hängend, verlängert-schotenförmig, etwa (6) 7 bis 10 (13) cm lang und 3 bis 5 mm dick, fast walzlich oder von vorn und hinten nur wenig zusammen­ gedrückt. Fruchtklappen gewölbt, dicklich oder dünn, durch die Samen höckerig-aufgetrieben, mit starkem, kielartig vorspringendem Mittelnerv und mit schwachen, netzförmig ver­ ästelten Seitennerven, unter der Spitze auf der Innenseite mit einem spornartig vorspringenden, in eine Höhlung des Fruchtschnabels greifenden Fortsatz. Scheidewand dünn, zwischen den Samen grubig-faltig. Fruchtschnabel verhältnismässig kurz, etwa 1ji bis V10 der Länge der Klappen erreichend, zusammengedrückt-kegelförmig, etwas kantig-gestreift, fast vom Grunde an oder wenigstens gegen die Spitze verjüngt, hier schmäler als die halb­ kugelig-polsterförmige Narbe (vgl. Taf. 125, Fig. 11), samenlos oder am Grunde 1 bis 2 Samen enthaltend. Samen in jedem Fache etwa 8 bis 16, einreihig, fast kugelig, etwas zusammengedrückt, etwa (U/a) 2 bis 4 mm im grössten Durchmesser haltend. Samenschale meist dunkel-graubraun, unter der Lupe fein netzig-runzelig. Keimblätter sehr breit, verkehrt-herzförmig-ausgerandet. — (IV) V bis Herbst. Als wichtige Gemüsepflanze in verschiedenen Abarten überall in Gärten, seltener felderweise angebaut (im Schweizer Jura bis 1400 m, im Berner Oberland bis 1870 m, bei St. Moritz im Engadin bis 1856 m) und nicht selten auf Oedland verwildert. In besonders grosser Menge subspontan auftretend und anscheinend völlig eingebürgert z. B. an den Sandsteinfelsen zwischen Ober- und Unterland auf Helgoland1) und an sandig-kiesigen Uferstellen des Untersees (Bodensee). A llg em ein e V erb reitu n g: Wildformen der Art finden sich im Mittelmeer­ gebiet (Südeuropa von Ostspanien bis nach Griechenland, zum Archipel und nach Kreta; Lazistan; Algerien und Tunesien)*2), sowie (var. silv é str is L.) dank dem milden ozeanischen Klima an der atlantischen Küste Europas nordwärts bis England und Irland (doch wird hier von kritischen Forschern das Indigenat angezweifelt). Angebaut und verwildert findet sich B. olerácea wohl auf der ganzen Erde; als eingebürgert wird sie speziell aus Neu­ seeland (an Strandfelsen) angegeben. Die Art ändert in mannigfaltiger Weise ab. Die bei uns vorkommenden Kulturformen können zu­ züglich der vermuteten Wildform8) silvéstris als subsp. olerácea (L.) Rouy et Fouc. zusammengefasst werden mit folgender gemeinsamer Diagnose (im Gegensatz zu den übrigen Wildformen): Pflanze kahl. Grössere

*) Hier macht die Pflanze durch die Massenhaftigkeit und Beständigkeit ihres Vorkommens den Eindruck der Urwüchsigkeit. Kulturversuche von H. H o f f m a n n haben jedoch ergeben, dass bei der Aussaat von Samen verschiedene, den gebauten Sorten ähnliche Varietäten entstehen, so dass die Abstammung von kultivierten Pflanzen kaum zweifelhaft sein kann. 2) Zu diesen mediterranen Wildformen, die jetzt meist als Unterarten zu B. olerácea gezogen we gehören z. B .: B. R o b e r t i á n a J. Gay ( = B. Baleárica Loisel. nec Pers.), B. m o n t á n a Pourret [nec Rafin.] ( = B. Pourrétii Rouy et Fouc., in den Corbieres bis 1500 m ansteigend), B. i n s u l á r i s Moris ( = B. Córsica Jordan), B. r u p é s t r i s Rafin., B. m o n t a n a Rafin. [nec Pourret], B. v i l l ó s a Biv., B. i n c á n a Ten. [nec F. Schultz], B. C r é t i c a Lam., B. n i v e a Boiss. et Spruner und B. A t l á n t i c a (Cosson) Rouy et Fouc.

245

Stengelblätter am Grunde meist abgerundet bis undeutlich umfassend. Kronblätter schwefelgelb oder weiss, ohne besonders hervortretende Nerven, höchstens 9 mm breit. Frucht fast stielrund, holperig. — Abänderungen, die wohl bei allen Kulturrassen Vorkommen können, sind : f. a l b i f l d r a O . Kuntze. Kronblätter weiss. — f. m i c r o p ö d i u m O. Kuntze. Frucht über dem Kelchansatz deutlich gestielt. — Im übrigen lassen sich die Formen der Unterart oleracea, die teilweise als + fixierte Monstrositäten betrachtet werden können, folgendermassen anordnenx) : 1. Stengel oberwärts ästig, entfernt beblättert, nicht fleischig verdickt. Blutenstand normal. B bildung reichlich. I. var. s i l v e s t r i s L . ( = B . silvestris Miller, = Räphanus Brassica offic. a Sylvestris Crantz, = B. oleracea Hudson, = B. [oleracea] viridis procérior Lam., = B. maritima Tardent?, = B. oleracea var. a maritima Cosson, = B. oleracea fruticösa Metzger, = B. oleracea rosuläta Kittel pro parte). W i l d e r oder S t r a u c h - K o h l . Engl.: Wild cabbage. Als einheimisch angegeben an Strandfelsen der Westküste Frankreichs von der Gironde durch die Bretagne bis zum Kanal (besonders auf Kalk), sowie an der Küste von Südengland und Irland*2) (doch überall mit Zweifel am Indigenat) ; nach neueren italienischen Floristen mehrfach in der Strand- und der montanen Stufe in Italien und auf einigen Inseln. Dieser Rasse nähern sich die meisten der in Mitteleuropa verwilderten Exemplare, namentlich bei den als eingebürgert geltenden Vorkommnissen. — Nach M e t z g e r können unterschieden werden : die eigentliche Wildform f. s i l v e s t r i s (L.) ( = B. oleracea fruticösa silvestris Metzger) und eine ihr nahe­ stehende Kulturform f. r a mö sa (DC.) ( = B. oleracea B. acephala a ramosa DC., = B. oleracea ramosa Alef., = B. oleracea fruticösa hortensis Metzger), die sich durch höheren Wuchs und stärkere Verzweigung auszeichnet und besonders in Frankreich als minderwertiges Blattkraut genutzt wird. 1*. Kulturformen. Strunk einfach, nur der Blütenstand oft verzweigt. Blütenbildung oft zugunsten der vegetativen Entwickelung zurücktretend ( = B. oleracea var. B. Suttoniäha3) Léveillé in Le Monde des Plantes Nr. 64 [1910], pag. 24). 2 (2* vgl. pag. 248). Blütenstand und Blüten, wenn auch oft erst spät entwickelt,"normal ausgebildet. 'Pflanze meist zweijährig. 3 (3* vgl. pag. 247). Stengel (auch am Grunde) stielrund, nicht angeschwollen. 4 (4* vgl. pag. 247). Stengelblätter keine auffallenden Blattknospen in ihren Achseln tragend. 5 (5* vgl. pag. 246). Strunk meist verlängert. Stengelblätter entfernt oder schopfig oder zu offenen Rosetten genähert, aber nicht kopfförmig zusammenschliessend. II. var. a c e p h a l a 4) DC. [excl. f. a ramosa] ( = var. foliösa Rchb., = var. laxifölia Kirschl., = var. rosuläta Kittel pro parte). S t au d e n- Wi n t e r ko hl, Blatt-, Grün-und Braunkohl®). Fig.781a. Franz.: Chou vert; engl.: Borecole; ital.: Cavolo d’inverno, capuccio d’inverno. Diese Gemüsepflanze ist die anspruchsloseste von allen Kohlsorten und gedeiht auch an lichtarmen Orten. Sie wird im Oetztal (Tirol) noch bei Vent und Gurgl (1900 m) angebaut. Die Kultur ist einjährig, obgleich die Pflanze ausdauert (bis 8 Jahre). Als Wintergemüse erfolgt die Aussaat erst im Mai und Juni. — Nach dem Wuchs, sowie nach dem Schnitt und der Farbe der Laub­ blätter lassen sich folgende Formen (unter 4 Unterrassen gruppiert) unterscheiden: 8) [zu S. 244]. Es muss jedoch mit der Möglichkeit gerechnet werden, dass nicht a l l e Kulturformen monophyletisch von der einzigen Rasse silvestris abstammen, sondern dass auch andere wilde Sippen Kultur­ abkömmlinge geliefert haben, die durch Konvergenz den silvestris-Abkömmlingen derart ähnlich geworden sind, dass ihre Abstammung auf dem Wege des morphologischen Vergleiches nicht mehr sicher festgestellt werden kann. Vielleicht könnten serologische Untersuchungen (falls solche bei den endospermlosen Cruciferen überhaupt möglich sind) Aufklärung schaffen. *) Vgl. besonders: Li nné . Species plantarüm ed. 1 (1753), pag. 667. — L a m a r c k . Encyclopédie méthodique (Botanique) I (1783), pag. 742/6. — A. Pyr. de Ca n d o l l e . Regni vegetabilis systema naturale II (1821), pag. 583/8. — R e i c h e n b a c h . Flora Germanica excursoria sect. 3 (1832), pag. 695. — Me t z g e r . Systematische Beschreibung der kultivierten Kohlarten (Heidelberg 1833). — J. D. K o c h in M e r t e n s u. Ko c h. Röhling’s Deutschlands Flora IV (1833), pag. 707/9. — P e t e r m a n n . Flora Lipsiensis excursoria (1838), pag. 489/91. — R e i c h e n b a c h . Flora Saxonica (1842), pag. 387/8. — A s c h e r s o n . Flora der Provinz Brandenburg I, 1 (1860), pag. 47/8. — A l e f e l d . Landwirtschaftliche Flora (1866), pag. 234 bis 242 (A.unterscheidet nicht weniger als 57 Abarten von B. oleracea). — Lund og Kj a e r s k o u . En monografisk Skildring af Havekaalens, Rybsens og Rapsens Kulturformer [La description monographique des variétés cultivées du Chou, de la Navette et du Colza] (Landbrugets Kulturplanter Nr. 4, Kj0 benhavn 1884). — H. L é v e i l l é . Essai d’une clef des Brassica oleracea et Rapa (Le Monde des Plantes Nr. 64 [1910], pag. 24/5 ; Nr. 65 [1910], pag. 32). 2) Der von der dänischen Insel Lolland angegebene „wilde Kohl“ gehört nach H. K j a e r s (Botan. Tidsskrift XVII [1890], pag. 178) zu B. Napus, die dort natürlich nicht einheimisch ist. 8) Benannt nach Arthur W. Sut t on, einem englischen Pflanzenzüchter, der 1908 eine Arbeit über Brassica-Kreuzungen (Brassica Crosses, in Journ. Linn. Soc. Bot. XXXVIII [1908], pag. 238 bis 349, Taf. 24 bis 35) veröffentlichte. 4) Gr. a (alpha privativum) = ohne und ueqiaX'fj (kephalé) = Kopf. ®) Die Blätter heissen in Baden „Blätsche, Krautblätsche“, die Strünke „Dorsche, Chrutdorsche, Storze“.

246 Ha. subvar. p l á n a Peterm. ( = subvar. ß vulgaris DC. [nec B. olerácea C. bullata a vulgaris DC.], = subvar. integrifólia Rchb., = B. olerácea var. B. Suttoniana subvar. B. acephala Léveillé). Gewöhnlicher Blatt- oder Staudenkohl, meist als Viehfutter benutzt. Franz.: Chou cavalier, grand chou vert. Laubblätter am Strunk einzelnstehend (nicht schopfartig gedrängt), flach, ungeteilt, höchstens seicht buchtig-fiederspaltig. Zerfällt in: f. v i r i d i s (L.) Thellung ( = B. olerácea ß viridis L., = Raphanus Brassica offic. ß Viridis Crantz, = B. [olerácea] viridis vulgaris Lam., = B. olerácea B. acephala ß vulgaris * viridis DC.). Grüner Blattkohl. Laubblätter grün. — f. p u r p u r á s c e n s (DC.) ( = y. rubra Koch in Rohling, Peterm. nec L.). Blauer Blatt­ kohl. Laubblätter violett. — Durch besonders hohen Wuchs (bis 3,5 m oder selbst bis 5,5 m [?]) ist ausge­ zeichnet: f. e x a l t á t a (Rchb. sub B. olerácea foliosa a. integrifólia) Thellung. Riesen- oder Baumkohl. Aus dem holzigen Strunke dieser Pflanze werden auf der Insel Jersey (England) Spazierstöcke verfertigt. Die unteren Blätter werden gepflückt und an Kühe verfüttert. II b. subvar l a c i n i á t a L. [pro var. f, sens, ampl.] ( = Ráphanus Brassica offic. £ Laciniatus Crantz, = B. laciniata Steudel, = B. Sabéllica Pers., = B. olerácea a acephala b. quercifölia Schübler et Martens, = B. olerácea c. quercifölia Jessen, = B. olerácea var. B. Suttoniana subvar. B. quercifölia Léveillé, = B. olerácea c. aloides Kittel). Fig. 781a. Geschlitzt- oder krausblätteriger Grün- oder Braunkohl, Federkohl. Franz.: Chou lacinié; engl.: Laciniated feather kale. Laubblätter am Stamm einzelnstehend, entweder tief ein- bis mehrfach fiederteilig oder auch nur gelappt, aber dann am Rande sehr kraus; hinsichtlich der Färbung dunkel- oder blaugrün, rötlich, bräunlich oder violettblau abändernd, bei Zierformen auch weissbunt. Zerfällt in folgende Formen: f. q u e r c i f ö l i a DC. [pro subvar. y]. Eichenblätteriger Kohl. Franz.: Chou à feuilles de chêne. Laubblätter + flach, einfach-fiederteilig; Abschnitte eingeschnitten, mit länglichen Läppchen. Laubblätter oft braun oder violett („Braunkohl“)* — f. s e l e n i s i a 1) L. [pro var. r¡\ ( = Raphanus Brassica offic. 7] Selenisius Crantz, = B. olerácea B. acephala 5 bis 15 m m lang. A u sd au ern d e, d u rc h z ah lreic h e sterile B la ttro se tte n ra sig e, ra u h ­ h a a rig e bis dichtfilzige P f l a n z e n ............................................................................................ ...............................................................10. 9*. K ro n b lä tte r m eist 5 m m (selten 7 o d er bis 7,5 m m ) lang. P flanzen n ic h t r a s i g ............................. 11. 10. S te n g e lb lä tte r h e rz fö rm ig -g e ö h rt.

K ro n b lä tte r h ö c h ste n s 10 m m lang.

Pflanze ra u h h a a rig . A. a l p i n a L . n r. 1336.

398 10*. Stengelblätter herz-pfeilförmig. Kronblätter 9,5 bis 15 mm lang. Pflanze filzig behaart (Fig. 849c). Im Gebiet nur verwildert . A. Ca u c á s i c a (vgl. pag. 396). 11. Samen breit-flügelrandig (Fig. 852h). Schoten 1,8 bis 2,3 mm breit, aufrecht. Ausdauernde Pflanze der subalpinen bis nivalen Stufe der Alpen A. p u m i l a nr. 1334. 11*. Samen ungeflügelt oder sehr schmal geflügelt. Schoten höchstens 1,5 mm breit 12. 12. Samen ungeflügelt. Laubblätter ungeöhrt 13. 12*. Samen mindestens gegen die Spitze zu geflügelt 14. 13. Stengel niederliegend, hin- und hergebogen. Flaumhaare meist 3- und mehrstrahlig. Selten in den Schweizer Alpen A. s e r p y l l i f o l i a nr. 1329. 13*. Stengel steiflich-aufrecht, gerade. Haare einfach oder 2-strahlig. Verbreitet in der Alpenkette. A. c o r y mb i f l o r a nr. 1326. 14. Fruchtstand locker (Fig. 848e). Schoten abstehend, mit den abstehenden Stielen einen Winkel bildend. 15. 14*. Fruchtstand dicht. Schoten aufrecht, auf aufrechten Stielen 16. 15. Laubblätter deutlich geöhrt. Kronblätter weiss. Pflanze 2-jährig. Nur in Südtirol und in der Schweiz. A. n o v a nr. 1324. 15*. Laubblätter ohne Oehrchen. Kronblätter gelblichweiss. Pflanze ausdauernd- Nur im JuraA. sc abra nr. 1328. 16. Laubblätter öhrchenlos. Blütenstand 8- bis 12-blütig. Pflanze ausdauernd. Kalkpflanze von Südtirol, der Südwest- und Südschweiz A. mur a l i s nr. 1327. 16*. Laubblätter meist geöhrt (nur bei subalpinen und alpinen Formen fast oder ganz ohne Oehrchen). Blütenstand reichblütig. Pflanze 2- bis mehrjährig. Verbreitet A. h i r s u t a nr. 1325.

L. (= A. umbrosa Crantz, = Turritis maior Wallr., = Arabis péndula Moritzi, = A. lateripéndens St. Lag.). Turm-Gänsekresse. Fig. 847a, b. Pflanze 2- bis mehrjährig, 4 bis 70 cm hoch. Wurzel spindelförmig, verästelt. Stengel aus wagrechter oder schiefer Grundachse aufsteigend oder fast aufrecht, einzeln oder mehrere, einfach oder im oberen Teil ästig, von verzweigten und einfachen Haaren rauh, im unteren Teil häufig rotviolett überlaufen. Grundständige Laubblätter eine lockere Rosette bildend, elliptisch, eiförmig-länglich, ziemlich rasch in den Blattstiel verschmälert; Blattgrund schuppenförmig verbreitert. Blattunterseite blauviolett gefärbt. Stengelblätter sitzend, länglich mit herzförmig-geöhrtem Grunde stengelumfassend, wie die Grundblätter ungleichmässig geschweift-gezähnt, von Sternhaaren rauh. Blüten in reichblütiger, dichter, trugdoldiger Traube auf aufrecht-abstehenden, 3 bis 5 mm langen, sternhaarigen oder fast kahlen Stielen. Unterste Blüten mit schmalen Tragblättern. Kelchblätter aufrecht, länglich­ eiförmig, weisshautrandig, 3 bis 4 mm lang, spärlich sternhaarig oder kahl, fast ungesackt. Kronblätter gelblich, keilförmig, 6 bis 8 mm lang mit etwas abstehender, abgerundeter oder stumpfer Platte. Längere Staubblätter die Kronblätter an Länge fast erreichend; Staub­ fäden nach dem Grund zu etwas verbreitet. Frucht in verlängertem Fruchtstand (Fig. 847a) auf (3) 4 bis 7 (10) mm langen, aufrechten, der Achse fast angedrückten Stielen, nach einer Seite bogig überhängend, 8 bis 12 (15) cm lang und 2 bis 2,5 mm breit, lineal, an den Enden rasch verschmälert (Fig. 847b). Klappen ohne Mittelnerv, netznervig, kahl oder behaart (vgl. die Varietäten!). Griffel 0,5 bis 2 mm lang, selten länger, mit stumpf kegel­ förmiger, nicht breiterer Narbe. Samen rundlich eiförmig, 2,5 bis 3 mm lang, flach, ringsum häutig geflügelt, braun. — IV bis V (VI). Verbreitet, doch meist nicht häufig, auf steinigem Boden lichter Laubwälder und Ge­ büsche, auf Felsen und Schutt, selten auch auf Ruderaistellen, auf Mauern, an Strassenrändern; von der Ebene in die subalpine Stufe ansteigend (im Algäu bis 1200 m, Vorarlberg bis 1400 m, Wallis bis 1500 m). Nur auf Kalk und kalkreichem Urgestein; am Donnersberg in der Pfalz auf Porphyr und Melaphyr, in den Zentralalpen auch auf Granit. 1321. Arabis Turríta1)

*) Vgl. Turritis glabra (Bd. IV, pag. 393).

390 In D e u t s c h l a n d z e rstre u t und selten in Süd- und M itte ld eu tsc h lan d , n ördlich bis ins A h rta l, bis E m s, H irsc h sp ru n g im S c h w a rzw ald , bis W ildenstein b ei B euron, W e re n w a g a u f der S c h w ä b isc h en A lb, S olnhofen, S taffelberg, K lein zieg en feld er T a l bei W eism ain, zw ischen W ü rg au und K ü b e lstein im F rä n k isc h en Ju ra , ö stlich bis N e u sc h w a n stein , P ö llatfa ll u n d B ä ren h ö h le b ei A m m erg a u in den B ay erisch en A lpen. — In O e s t e r r e i c h in O b e rö ste rre ic h (w e stlic h bis zur D ra c h e n ­ ste in w an d am M ondsee, b is zum S a lzk a m m e r­ g u t u n d T i-aunkreis), in B öhm en an der M oldau b ei W orlik, in M ä h re n n ö rd lic h b is F ra in , Z naim , L o m n itz ; in N ie d e rö ste rre ic h , S te ie r­ m ark , K ä rn te n und K ra in a u f K alk v e rb re ite t und ziem lich h ä u fig ; in T iro l in den n ö rd lic h en K alk alp en (ö stlich bis zum R o ss b e rg b ei V ils und bis an die b a y erisc h e G renze b e i F ü ssen ), in den z en tra le n K e tte n bis Z am s im In n tal, b is z u r M ü h lb a c h e r K lau se im E isa c k g e b ie t, in den südlichen K a lk alp en h äufiger. — In der S c h w e i z auf K alk v e rb re ite t; b e so n d e rs im J u ra häufig.

Allgemeine Verbreitung: M itteleuropa, M ed iterran g eb ie t; a d ­ ventiv auch in E n g lan d und H olland. A e n d e rt a b : f. l a s i o c á r p a U e ch tr. F ru c h t a u ch in reifem Z u stan d e flaum ig - z o ttig (S elten u n d a u ch a u f k a lk a rm e r U n te rla g e [z. B. a u f G r a n it] : im M o ld a u ta l bei W orlik, b e iW a s se n im K a n to n U ri). — f. g r a n d i f ó l i a C hiovenda. S te n g el schlank. L a u b b lä tte r se h r g ro ss, w eich, fa s t v erk ah len d , d u n k e lg rü n (vgl. Bull. Soc. B ot. Ital., 1892, pag. 389). A ra b is T u r r ita g e h ö rt dem w e s t­ m e d ite rra n e n E lem en t an. In den S üdalpen e rsch e in t die Pflanze g e rn a n ste in ig e n Stellen des B u sch w ald es neb en O s try a carpinifolia, C oronilla E m e ru s, R h u s C o tin u s, T a m u s com ­ m unis, M e littis m elissophyllum , R uscus acuF i g . 847. A r a b i s T u r r i t a L . a Fr u c h t s t a n d , b V o r d e r e r T e i l der lea tu s, S co lo p en d riu m vu lg are, L u zu la nivea, Fr u c h t . — A r a b i s p a u c i f l o r a (G r im m ) G a r ck e. c, d H a b it u s O/ 2 nat ürl . G r ö ss e ) , e Fr uc ht st a n d. C e p h a la n th e ra ensifolia und C. g randiflora, P h y te u m a S ch eu ch zeri, H e lle b o ru s n ig er, E up h o rb ia dulcís, A spidium R o b e rtia n u m etc. U e b e r die B egleitpflanzen an w a rm en , fe u ch ten K alkfelsen bei P ö n a le am G a rd a se e vgl. M o e h rin g ia P o n a e (B d. III, p ag . 415). — D ie g eflügelten S am en w erd en vom W inde le ic h t v e rw eh t. W a r t m a n n u n d S c h l a t t e r fü h ren das iso lie rte V o rk o m m en dieser A rt am S äm tisersee in den A ppenzelleralpen a u f d en T ra n s p o rt d u rc h den F ö h n zu rü ck . L e tz te re r soll die S am en ü b e r die 1600 bis 1/00 m hoh en B e rg k äm m e von den 2 bis 3 k m e n tfe rn te n S ta n d o rte n im st. g allisch en R h e in ta le dahin g e b ra c h t h a b en .

1322. A rabis p a u ciflo ra (G rim m ) G arcke ( = A. brassicaeförm is W ahr., = B rassica alpina L ., = T u rritis pauciflora Grim m , = T . alpina [L.] P ran tl, = E rysim um R o th ). A r m b l ü t i g e G ä n s e k r e s s e . F ig . 84 7 c bis e.

alpinum

A u sdauernd, 0,3 bis 1 m hoch. W urzel spindelförm ig, ästig. G rundachsen 1 bis m ehrere. S tengel aus schiefer G rundachse aufrecht, einfach oder seltener im oberen T eil verzw eigt, kahl, bläulich bereift. G rundständige L a u b b lä tte r eine arm blütige R o sette bildend, elliptisch­ länglich, eiförm ig o d er fast rundlich, in den langen, am G runde etw as v erbreiterten Stiel rasch verschm älert, g an zran d ig , kahl oder selten am G runde m it spärlichen W im perhaaren, auf der U nterseite rotviolett. S te n g elb lätter m it herzförm ig-geöhrter Basis stengelum fassend, sitzend, eiförm ig, länglich-lanzettlich, spitz, g anzrandig, kahl, bereift. B lüten in dich ter

400

Traube auf 5 bis 10 mm langen, aufrecht-abstehenden Stielen. Aeussere Kelchblätter schwach oder nicht gesackt. Kronblätter keilförmig, 6 bis 7 mm lang, weiss. Platte ab­ stehend, gerundet. Längere Staubblätter die Narbe überragend. Früchte in lockerer Traube auf 7 bis 10 mm langen, aufrecht-abstehenden Stielen, aufrecht, lineal, 3 bis 8,2 cm lang und 1,5 bis 2 mm breit, an beiden Enden stumpf; Klappen wenig gewölbt mit deutlichem Mittelnerv und mit zarten, netzig verzweigten Seitennerven. Griffel sehr kurz, 0,5mm lang, fast so breit wie die Schote. Narbe schmäler, scheibenförmig. Samen länglich-eiförmig, ziemlich stark zusammengedrückt, 2 bis 2,2 mm lang, 0,8 mm breit, trocken, fein längs­ streifig, dunkelbraun. Embryo meist seitenwurzelig, ab und zu auch rückenwurzelig, etwas pleuroplok. — V bis VII. Zerstreut und meist selten auf steinigem Boden, in lichteren Gebüschen und Wäldern, auf Waldschlägen, auf Schutthängen, an Felsen; von der Ebene bis in die sub­ alpine Stufe (Wallis 2000 m, Engadin 1950 m) ansteigend. In den Alpen fast nur in der montanen und subalpinen Stufe; selten auch herabgeschwemmt (bei Bristen im Kanton Uri bis 780 m). Nur auf Kalk und auf kalkreichem Urgestein; selten auch auf Porphyr und Melaphyr (in der Pfalz), auf Amphibolit (im Gotthardgebiet). In D e u ts c h la n d zerstreut in Süd- und Mitteldeutschland, nördlich bis ins Nahegebiet, bis ins südliche Rheinland (Poppard), bis ins südliche Sauerland (Dresseindorf bei Siegen), Teutoburgerwald, bis an die untere Werra (Allendorf), Südharz (Mühlberg bei Niedersachswerfen, Hainleite, Kyffhäusergebirge), bis ins Saalegebiet (Michelsberg und Eichberg bei Klettbach, um Erfurt, Bibra, Kosen); in Bayern südlich der Donau ganz fehlend (früher [1853] bei Augsburg); früher adventiv in einer Kiesgrube in Freiburg i. Br.. — In O e s te r r e ic h nördlich bis Saaz, Teplitz, Aussig, Tetschen, Trautenau in Böhmen und bis Kwietnitza bei Tischnowitz und Wsetin in Mähren; fehlt in Salzburg sowie in Ober- und Niederösterreich; in Steiermark, selten (nurbei Neuberg); fehlt in Kärnten und Krain (P au lin ); in Tirol nur in den Südalpen (nördlich bis Lienz im Drautal und bis Sterzing am Brenner). — In der S c h w e iz einzig in den Kantonen Graubünden (mehrfach), Schaffliausen, Uri (einzig im Maderanertal), Tessin, Bern, Wallis, Waadt und Neuenburg.

A llg e m e in e V erb reit ung: Europa (nördlich bis England [hier nur eingebürgert], Südbelgien, Mitteldeutschland, Böhmen, Mähren, Ungarn, Siebenbürgen; südlich bis Nordspanien).

Arabis pauciflora gehört dem südeuropäisch-mediterranen Element an. Die Pflanze bevorzugt wenig feuchte, etwas schattige Standorte mit mineralischer, kalkhaltiger Unterlage und kommt in verschiedenen Pflanzengesellschaften vor, so in den Alpen in der Karflur und zwar auf südexponierten Schutthalden (Rumicetum scutäti) in Gesellschaft von Lilium Martagon, Paradisia Liliastrum, Anthericum Liliago, Rumex scutatus (Bd. III, pag. 183), Silene nutans, Thalictrum minus, Aconitum Lycoctonum, Digitalis ambigua, Ribes alpinum, Phaca alpina, Potentilla grandiflora, Laserpitium latifolium, Dracocephalum Ruyschiana u. a. m., ebenso in Ge­ büschen und auf Kalkfelsen. In den deutschen Mittelgebirgen tritt sie gelegentlich in lichten Laubwäldern, sowie in Mischwäldern von Laub- und Nadelhölzern auf; in Mittelböhmen im Mischwald der Föhre mit Eiche und der Weissbuche zusammen mit Melica picta (Bd. II, pag. 292), Lilium Martagon, Anthericum ramosum und A. Liliago, Dianthus Silvester, Melittis Melissophyllum usw. — Die homogamen Blüten erzeugen wenig Honig. Die Staubbeutel der längeren Staubfäden berühren die Narbe und bewirken dadurch Selbstbestäubung. Bei trockenem Wetter biegen sie sich in der Richtung der kürzeren zurück, so dass bei Insektenbesuch auch Fremdbestäubung möglich ist. T h a l erwähnt in seinem Index aus dem Jahre 15/7 die Art aus dem Harz als Brassica silvestris folio betae.

Lam. (= Turritis pätula Ehrh., = Arabis patula Wallr.). OhrGänsekresse. Fig. 848a, b, c. Ein- bis zweijährig, (3) 10 bis 40 cm lang. Wurzel spindelförmig, ästig, hellgelb. Stengel aufrecht, einfach oder verzweigt, von einfachen und von Sternhaaren rauh; im unteren Teile blau angelaufen. Rosettenblätter länglich, in den Blattstiel verschmälert, ganzrandig oder mit vereinzelten stumpfen Zähnen, von Sternhaaren rauh, auf der Unterseite bläulich gefärbt. Stengelblätter eiförmig, am Grunde pfeilförmig-geöhrt, kleingezähnt, von Stern-

1323. Arabis auriculäta

401 haaren rauh. B lüten in ziem lich arm blütigem , traubigem B lütenstand au f 1,5 bis 2 mm langen, aufrechten, sternhaarigen Stielen. K e lch b lätter 2 mm lang, länglich-eiförm ig, w eissh au tran d ig , kahl o d er ste rn h a a rig ; die äusseren w enig gesackt. K ro n b lätter schm al k eil­ förm ig, (2) 3 bis 4,2 mm lang, an der Spitze ab g eru n d et oder stum pf. L än g e re S ta u b ­ b lätter ca. .2,5 bis 3 mm lang. Schoten in v erlängerter T ra u b e (Fig. 848b) auf 1,8 bis 4 mm langen, ab stehenden Stielen aufrecht, lineal, 10 bis 26 mm lang und 0,8 mm breit, kurz, spitzig, am G runde in den dicken Stiel kaum verschm älert, kahl oder von S tern h aaren rauh. K lap p en fast flach, m it deutlichem M ittelnerven und m it schw achen, netzig-verzw eigten Seitennerven. Griffel 0,2 bis 0,5 mm lang, m it breiterer, flacher N arbe. Sam en 0,7 bis 0,8 mm lang, länglich-rechteckig, ungeflügelt, braun, glatt. — IV bis V (VI). Z erstreu t und meist nicht häufig an steinigen, trockenen Stellen, auf Felsen, auf S a n d ­ feldern, alten M auern, besonders in südlicher E x ­ position; von der E b en e bis an die obere G renze der m ontanen Stufe (im W allis bis 1500 m) an ­ steigend. A uf K alk , D olom it, Gips, B asalt usw. In D e u t s c h l a n d n u r in einzelnen G e b ieten im südlichen u n d m ittle re n T e ile ; nörd lich bis K reuznach, B ingen (L au b e n h eim u n d L an g e n co n z h e im ), N o rd h au sen , A lte r S to lb erg , W in d e h ä u se r H olz im S ü d h arz, R o th e n b u rg und F ra n k e n h a u se n am K yffhäuser, bei E rfu rt (F a h n e rsch e s H o lz ); südlich bis T ü rk h e im u n d C olm ar im E isass, bis zu L im ­ b u rg am K a ise rstu h l in B aden, b is N e u b u rg a .d .D o n au , D e g g e n ­ d o rf (W inzerer S chlossberg) und Sinzing a. d. D o n a u (h ier auf dem von d e r R e g e n s b u rg e r B o tan . G e se llsch a ft erw o rb en e n S chutzfelsen). — In O e s t e r r e i c h n u r in B öhm en (z erstre u t in d e r U m g e b u n g von P ra g u n d L eitm e ritz , b e i L ibsic), in M ä h ren (auf den P o lla u e r B erg en , b e i N ik o lsb u rg , A uspitz, C zebin b e i T isch n o w itz ), in N ie d e rö ste rre ic h (im W ie n er­ w ald, im südlichen W ie n er B ecken, im L e ith a g e b irg e bei St. P ö lte n , R o ssatz , S tein, H orn), in S ü d tiro l (bei M e ran , bei M itte ld o rf im D ra u tale, am M o n te T o n a le, bei Cles, bei Salurn, bei M onzoni, C anzacoli bei P redazzo, bei Stenico, bei T rie n t [D o s sT re n to , S a rd a g n o ] und b ei R overeto [C astelcorno]. — ln d e r S c h w e i z n u r im w e stlic h en Ju ra , im K a n to n W a a d t (z w i­ sch en Y verdon und St. C roix b e iB a u lm e s, F ro h b u rg bei Basel), in den w ä rm e re n A lp e n tä lern (G ra u b ü n d en , T essin, W allis); fe h lt w o h l in den K a n to n e n S t. G allen, A ppenzell und G larus.

F i g . 848. A r a b i s a u r i c u l a t a Lain . a, h H a b it u s . S pi t ze der F r u c h t . — A r a b i s n o v a V i l l . d, e H a b i t u s (i/3 natürl. G r ö ss e) , f B lü t e , g S a m en .

c

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Süd- und M itteleuropa (nördlich bis M itteld eu tsch ­ land und S üdbelgien); N o rd a frik a; Südw estasien (K leinasien, A rm enien, P ersien, A rabien, südlicher K aukasus). A e n d ert w e n ig a b : var. d a s y c á r p a (G audin) ( = v a r. la sio c á rp a O borny). S ch o ten von ein fach en H a a re n und von S te rn h a a re n ra u h . B ei A u le b en in S ach sen , b e i E rfu rt u n d b ei K a lk sb u rg in N ie d e rö ste rre ic h . — f. p a u c i f l o r a F r. Z im m erm an n . Pflanze 1- bis 5 -b lü tig . U n te r dem T y p u s b e i L e is ta d t in d e r P falz. A ra b is a u ric u la ta is t eine dem p o n tisch -m e d iterra n en E lem en t a n g e h ö rig e Pflanze. A n den w a rm en , tro c k e n e n H ä n g en von Z en tralb ö h m en ersch e in t die A rt in G e se llsch a ft von S e sle ria v a ria , V incetoxicum oificinale, A n th e ric u m ra m o su m und A. L iliago, A donis vernalis, L a th y ru s versicolor, C o ronilla vaginalis, H e lia n th em u m annuum , D ic ta m n u s alb u s u n d D ra co c e p h alu m A u stria cu m . A n sonnigen F e lsh ä n g e n im O b e reisa ss t r i t t sie im S tip é tu m a u f (ü b e r die B egleitpflanzen vgl. Bd. III, p a g . 391). A n den tro ck e n en , n a ch S üden e x p o n ierten F e lse n im südlichen J u ra k om m en als B egleitpflanzen in B e tra c h t A splenium C e te rac h , A ra b is nova, H u tc h in sia p e tra e a (Bd. IV , p ag . 360), H e lia n th em u m canum , G eranium lucidum u n d P o te n tilla ru p e stris. Im M e d ite rra n ­ g e b ie t e rsch e in t A ra b is a u ric u la ta häufig auf san d ig en G etreid efeld ern . H e g i , Fl o r a , Bd. I V .

1 18

402

Villars (= Arabis saxatilis All., = Turritis mollissima Favrod ex Regnier). Felsen-G änsekresse. Fig. 848 d bis g. Zweijährig, (15) 20 bis 30 (40) cm hoch. Wurzel kurz, spindelförmig, gelblich. Stengel aufrecht, einfach, von einfachen Haaren und von Sternhaaren rauh. Rosettenblätter länglich­ verkehrt-eiförmig, in den kurzen Stiel verschmälert, unregelmässig spärlich gezähnt, von Sternhaaren fast filzig, rauh. Stengelblätter eiförmig, mit pfeilförmigem Grunde sitzend, ± spitz, gezähnt, von Sternhaaren rauh. Blüten in ziemlich armblütigem, lockerem, traubigem Blütenstand auf 3 bis 7 mm langen, aufrecht-abstehenden, mit vereinzelten Haaren besetzten oder kahlen Stielen. Kelchblätter länglich-eiförmig, 3 mm lang, weisshautrandig, mit spär­ lichen einfachen, seltener mit verzweigten Haaren besetzt; die äusseren undeutlich gesackt. Kronblätter 4 bis 6 mm lang, keilförmig, an der Spitze abgerundet. Länge der Staub­ blätter 4 mm. Schoten in verlängertem Fruchtstand (Fig. 848 e) auf 5 bis 12 mm langen, fast wagrecht - abstehenden Stielen bogig-aufsteigend, bis 7 cip lang und 1,5 mm breit, lineal, gegen die Spitze zu oft etwas verschmälert. Klappen flach, mit deutlichem Mittel­ nerven und mit 2 ± deutlichen Seitennerven. Griffel 0,5 bis 0,8 mm lang, zylindrisch. Narbe flach, gleichbreit oder wenig breiter. Samen länglich, 1,3 bis 1,4 mm lang und 0,6 bis 0,8 mm breit, sehr schmal geflügelt, braun, glatt. — VI bis VII. Zerstreut, aber stellenweise häufig, an sonnigen Felsen, auf Schutt und Geröll der montanen und subalpinen Stufe (im Wallis bis 1650 m) von O esterreich und der S ch w eiz. Nur auf kalkreichen Unterlagen. 1324. Arabis növa

In D e u t s c h la n d gänzlich fehlend. — In O e s t e r r e ic h einzig in Tirol im Vennatal bei Innsbruck, im Vintschgau (Laas, Schlanders, Gadria), im oberen Eisackgebiet bei Pontigl ob Gossensass, am Fusse des Hühnerspiel, bei Wiesen, im Pustertal bei Luttach, im Draugebiet bei Virgen, auf der Seiseralpe bei Bozen (?), bei Tesero, Predazzo, Bellamonte im Avisiotal, in Judicarien am Monte Cleaba, im oberen Ledrotal, in der Umgebung von Rovereto (Castelcorno; Valle Losanna am Monte Baldo?). — In der S c h w e iz in Grau­ bünden im Münstertal, bei Schuls, Remüs, Fetan im Unterengadin, bei Falein, Brusio, Ruine Casteis, bei Waltensburg und Stuls, im Berner Oberland in der Boitiger Klus (unter dem Kienhorn, Wandelifluh), im Berner Mittelland, im Wallis (mit Ausnahme des obersten Teiles dies Haupttales) verbreitet, im Kanton Waadt, Frei­ burg, im Jura (Saleve, Fort de l’Ecluse; im Solothurner Jura mehrfach: Lehnfluh bei Niederbipp, Solothurn, Brügglibergfluh, Wand- und Balmfluh usw,); angeblich auch im Kanton Tessin (am San Salvatore, hier aber sehr zweifelhaft I).

A llg em ein e V erb reitu n g: Spanien, Pyrenäen, Corbieres, Causses, Ain, Zentralund Südalpen (östlich bis Tirol), Jura. Aendert ab: var. V e 1 1 e r i1) Thellung. Pflanze niedrig, auch bei der Fruchtreife nicht über 15 cm hoch, schlank. Stengel armblätterig und armblütig, fast nur mit Stern- und mit Gabelhaaren besetzt; einfache Haare sehr spärlich. Stengelblätter klein, wenig über 1 cm lang, stumpflich. Fruchtstandsachse dünn, etwas ver­ bogen. Mehrfach im Kanton Wallis (z. B. bei Vernayaz) und im Solothurner Jura (Diese Form stellt nach A. T h e llu n g habituell eine Uebergangsform zu A. auriculata dar, unterscheidet sich aber von dieser Art noch immer durch die im Verhältnis zum Zwergwuchs der Pflanze auffallend langen [6 bis 7 mm] Fruchtstiele und durch die etwas über 1 mm breite Frucht). — f. Se dun e n s is a) Thellung. Pflanze sehr kräftig. Stengel reich(16-bis 20-) blätterig, schon beim Aufblühen über 30 cm hoch und in diesem Zustande der A. Turrita habituell sehr ähnlich (Bei Sitten im Kanton Wallis). Arabis nova gehört dem westeuropäisch-mediterranen Element an. "Wie A. scabra und A. serpyllifolia ist sie charakteristisch für südexponierte Kalkfelsen. Hier erscheint sie (z. B. im Wallis) zusammen mit Sisymbrium Pyrenaicum (Bd. IV, pag. 170), Erysimum Helveticum, Sempervivum arachnoideum, Onobrychis Gaudiniana, Dracocephalum Austriacum, Onosma Helveticum, Asperula cynanchica subsp. aristata, Campanula spicata usw. Andererseits besiedelt sie den Felsschutt sowie buschige, steinige Südhänge. Ueber ein fossiles Vorkommen von Arabis nova vgl. W erth E., Die Mammutflora von Borna (bei Leipzig). Naturw. Wochen*) Benannt nach Joh. Jakob V e t t e r , geb. 11. Juni 1826 in Schleitheim, Kanton Schaffhausen, gest. 1911, Konservator am Herbarium Barbey in Valley res (Waadt). 2) Von Sedünum = Sitten, Sion, Hauptstadt des Kanton Wallis.

403 schrift Bd. 13 (1914), nr. 44. Die der Riss-Eiszeit angehörende Tonschicht lieferte nach C. A. W eb er neben A. nova noch Potentilla aurea. Armeria arctica, Silene inflata, Salix polaris, S. herbacea und S. myrsinites, Coronaria flos cuculi (?), Ranunculus acer (?) usw.

(L.) Scop. (= Turritis hirsuta L., = Arabis contracta Spenner). W iesen-G änsekresse. Taf. 136, Fig. 2. Zweijährig bis ausdauernd, (4) 15 bis 60 (120) cm hoch. Wurzel lang, spindelförmig, dünnfaserig, gelblich. Stengel einzeln oder mehrere, aufrecht oder aufsteigend, einfach, selten ästig, reichlich beblättert, von einfachen Haaren und von Sternhaaren (besonders im unteren Teil) rauh, seltener fast kahl. Untere Laubblätter rosettenförmig, verkehrt-eiförmig, all­ mählich in den Blattstiel verschmälert, ganzrandig oder schwach und unregelmässig ge­ zähnt, von meist verzweigten Haaren rauh. Stengelblätter eiförmig, länglich bis lanzettlich, mit i: deutlich geöhrtem Grunde sitzend, stumpf. Blüten in reichblütiger, dichter Traube auf 2 bis 3 mm langen, kahlen, selten behaarten, aufrecht-abstehenden Stielen. Kelchblätter 2,5 bis 3 mm lang, länglich, weisshautrandig, im unteren Teil oft violett gefärbt, kahl oder behaart, äussere gesackt. Kronblätter schmal-keilförmig (Taf. 136, Fig. 2 a), mit gerundeter Platte, (4) 4,5 bis 5 mm lang, weiss. Längere Staubblätter ca. 4 mm lang. Schoten in stark verlängertem Fruchtstand, den noch blühenden Teil nicht überragend, auf 3 bis 8 mm langen, dem Stengel angedrückten Stielen aufrecht, dichtstehend, 1,5 bis 5 cm lang und 1,2 bis 1,5 mm breit, vorn allmählich in den Griffel verschmälert, am Grunde stumpf. Klappen flach, mit ± deutlichem Mittelnerv. Griffel kurz, breit, verkehrt-kegelförmig, ca. 0,5 mm lang. Narbe flach. Samen rundlich, 1,2 bis 1,5 mm lang, ringsum oder nur im vorderen Teil geflügelt, braun, glatt. — (III) V bis VII. Verbreitet und meist häufig auf sonnigen Hügeln, in lichtem Gebüsch, auf Grasund Staudentriften, in trockenen Wiesen, an Felsen, im Felsschutt, im Sand und Kies der Flüsse, in Heidebeständen, auf ausgetrocknetem Sumpfboden, in Mooren, in lichten Laub­ und Föhrenwäldern, auf Ackerrainen, an Mauern, Ufern, Wegrändern, Bahndämmen, in Aeckern; von der Ebene bis in die subalpine Stufe ansteigend (in den Berchtesgadener Alpen [Moosscheibe] bis 2050 m, im Wallis bis 2000 m, im Engadin [ruderal] bis 1980 m). Auf allen Unterlagen, doch auf kalkreichen Böden häufiger. 1325. Arabis hirsuta

In D e u ts c h la n d verbreitet und meist häufig; in der nordwestdeutschen Tiefebene, in SchleswigHolstein und im nördlichen Mecklenburg (nordwestlich der Linie Calvörde — Lüneburg — Lauenburg — Neu­ brandenburg) vereinzelt und meist nur verschleppt, so bei Warwisch bei Hamburg. — In O e s te r r e ic h ver­ breitet und häufig (in Tirol für das Gebiet von Kitzbühel nicht angegeben). — In der S c h w e iz verbreitet und häufig.

A llg em ein e V erb reitu n g: Europa nördlich bis Magerö, Aland, Abo, Ingrien, Novgorod); Nordafrika; Nordasien, Japan; Nordamerika.

Aendert ab: var. in cä n a (Roth) Gaudin. Gedrungene Bergform, dichter behaart. Grundständige Laubblätter stiellos. Pflanze frühzeitig blühend (Schweiz: St. Hilarien in Graubünden, Vevey im Kanton Waadt). — var. G e n e v e n s is Beauverd. Grundachse ausdauernd, dick, gewunden, ästig, mehrköpfig. Stengelblätter nur 2 bis 3, in den Achseln eine gut entwickelte (mit dem endständigen Blütenstand + gleichzeitig blühende) Blüte tragend. Blütezeit Ende März bis Anfang April, früher als beim Typus (Saisonrasse?). Auf trockenen Wiesen. Im Kanton Genf (Ueber die Unterschiede von A. corymbiflora siehe bei dieser Art). — f. v o l ü b i l i s Chodat. Stengel mit windenden Aesten (Fort de l’Ecluse, Longeray bei Genf). — var. d e c ip ie n s Erdner. Schoten zum Teil abstehend (Ruine Hütting bei Neuburg a. d. Donau in Bayern). — subsp. sagittäta (Bertol.) Rchb. ex Gaudin. Zweijährig, Stengel im untern Teil mit meist einfachen, abstehenden Haaren. Stengelblätter abstehend, mit herzpfeilförmigem Grunde und mit spitzigen, abstehenden Oehrchen. Mittelnerv der Fruchtklappen nur etwa bis zur Mitte deutlich. Narbe deutlich 2-lappig. Samen nur im vorderen Teil geflügelt, fein punktiert. Pflanze weniger starkbehaart als der Typus. Hieher ferner die Varietäten: var. lo n g is f liq u a (Wallr.) Rouy und Foucaud. Pflanze kräftig (4 bis 7 dm hoch). Grundblätter länglich. Stengelblätter in der Mitte verbreitert und in eine Spitze ausgezogen, jederseits mit 5 bis 9 kräftigen, spitzen Zähnen. — var. g l a s t if ö lia (Rchb.) Rouy und Foucaud. 118*

404 Grundblätter länglich-verkehrteiförmig. Stengelblätter gross, elliptisch-lanzettlich oder länglich-lanzettlich, stumpf, beiderseits mit 5 bis 7 kurzen, spitzlichen Zähnen. Besonders an trockenen Standorten. Im Gebiet des Typus, aber zerstreut und selten, häufiger nur im südöstlichen Gebiet. — subsp. p lanisiliqua (Pcrs ) Thellung ( = A. Gerärdi Besser, = A. Kdchii Jord.). Stengel von sehr kleinen, meist ästigen, angedrückten Haaren flaumig oder (wenigstens oberwärts) fast kahl, glänzend, meist rötlich. Stengelblätter samt den Oehrchen dem Stengel an­ liegend, Schoten wenig zusammengedrückt, fast nervenlos. Samen netzig-punktiert, schmal geflügelt. Auf Wiesen, Flachmooren, an Waldrändern, in Gebüschen, an Felsen, in schattigen Laubwäldern; in der nord­ deutschen Tiefebene Stromtalpflanze. Im östlichen Gebiet verbreitet; westlich bis Pommern, Brandenburg, Magdeburg (Ostholland), Nord- und Zentralfrankreich, Westschweiz. Angeblich auch in England. Hierzu auch var. in te r m e d ia Erdner. Stengelblätter weniger zahlreich, besonders die oberen etwas abstehend, weniger gezähnt (Schuttertal im Fränkischen Jura). — subsp. gläbra L. ( = A. Sudetica Tausch, = A. nemorensis Wolf, = A. hirsuta Scop. var. glaberrima Wahlenb.). Stengel kahl. Stengelblätter kahl oder gewimpert. Oehrchen abstehend. Schoten dicht stehend, flach, breit. Auf den Mooren der oberen schwäbisch-bayerischen Hochebene, im Fränkischen Jura (Schauertal, Behringersmühle), bei Weimar, im Riesengebirge (Kesselkoppe, Grosser und Kleiner Kessel); in Kärnten bei Berg im Oberdrautal und bei Villach. In den homogamen oder proterogynen Blüten überragen die 4 längeren Staubblätter mit ihren Antheren meistens die Narbe und bestreuen diese bei ausbleibendem Insektenbesuch mit Pollen. Doch kommen auch solche Blüten vor, in denen die Antheren der langen Staubblätter mit der Narbe auf gleicher Höhe stehen und sie unmittelbar berühren. — Von Abnormitäten wurden Tragblätter im Blütenstand (vgl. auch die var. bracteata Beauverd), Vergrünung der Blüten, sowie das Fehlen der kürzeren Staubblätter festgestellt. Die Pflanze ist Wintergrün; aus den Achseln der Rosettenblätter bilden sich neue Rosetten. — Arabis hirsuta gehört dem eurasiatischen Element an. Die Pflanze findet sich in verschiedenen Pflanzengesellschaften, so in der Vegetation von trockenen Wiesen und der sonnigen, trockenen Hügel, in Zentralböhmen zusammen mit Thalictrum minus, Anemone Pulsatilla, Silene Otites, Fragaria moschata, Potentilla arenaria, Ononis spinosa, Astragalus Cicer, Viola collina, Stachys rectus, Salvia pratensis, Cirsium acaule), dann in der Calluna-, in der Empetrum-, Erica- und Sieglingiaheide, als Bestandteil der Felsenheide, in der Schuttflur, auf Mooren, in lichten Gebüschen vom Charakter des Coryletum, im Kiefernwald, in lichten Laubwäldern (von der Art der Quercus sessilifloraBestände) der grösseren Alpentäler. Selten wird die Pflanze auch aus Assoziationen mit Ansprüchen an grössere Feuchtigkeit, wie aus der Karflur oder aus schattigen Buchenwäldern erwähnt. Häufig ist sie auch an ruderalen Standorten anzutreffen.

1326. Arabis corymbiflöra Vest (= A. alpestris Rchb., = A. arcuata Shuttl., = Turritis ciliäta Regnier ex Hoepfner, = Arabis ciliata DC. ex Gaudin, = Turritis rupestris Hoppe, = Arabis rupestris Hoppe ex Vest, = A. hirsuta II incana Gaudin, = A.vhirsuta I sessilifölia ß alpestris Gaudin). D olden-G änsekresse. Fig. 849i bis n. Pflanze 2-jährig bis ausdauernd, 8 bis 20 (35) cm hoch. Wurzel lang, spindel­ förmig, weiss (bei ausdauernden Exemplaren mehrköpfig). Stengel aufrecht oder aufsteigend, meist mehrere, einfach oder ästig, von längeren, einfachen, wagrecht-abstehenden und kürzeren, 2-strahligen (selten mehrstrahligen) Haaren rauh. Rosettenblätter länglich, verkehrt­ eiförmig, in einen kurzen Stiel verschmälert, ganzrandig oder spärlich und unregelmässig kurz gezähnt, von einfachen und von zweistrahligen Haaren rauh. Stengelblätter sitzend, schmal-eiförmig-elliptisch, stumpf, am Grunde abgerundet, undeutlich gestutzt, ganzrandig oder unregelmässig gesägt, von einfachen Haaren und von Gabelhaaren rauh; 3- und mehrstrahlige Haare fehlend oder nur zerstreut am Blattrand. Blüten in dichter Traube, auf 1,5 bis 2,5 mm langen, kahlen, aufrecht - abstehenden Stielen. Kelchblätter aufrecht, länglich (Fig. 849 k), eiförmig, 2 bis 2,5 mm lang, schmal weisshautrandig, gegen die Spitze zumeist mit violettem Flecken, kahl; die äusseren nicht oder nur sehr undeutlich gesackt. Kronblätter (3) 4 bis 5 mm lang, schmal länglich-verkehrteiförmig, ziemlich rasch in den Nagel verschmälert, vorn gestutzt, ausgerandet (Fig. 849 m), seltener abgerundet, weiss. Aeussere Staubblätter 3 mm lang. Frucht in verlängertem Fruchtstand auf aufrecht-abstehenden, 3 bis 5 mm langen Stielen aufrecht-abstehend, die Blüten überragend (bei Arabis hirsuta die Blüten nicht erreichend!), 1,6 bis 3 cm lang und 0,8 bis 1,2 mm breit, an der Spitze

405 plötzlich zusam m engezogen. K lap p e n flach, über den S am en etw as höckerig, m it d e u t­ lichem M itteln erv (F ig. 849 n). Griffel ca. 0,5 mm lang. N a rb e stum pf. Sam en 0,8 bis 1 mm lang, ohne H a u tran d . — V bis V II. V erb reitet und häufig auf M agerm atten, W eiden, trockenen W iesen, S chutthalden, im G eröll d er B äche, an Felsen, in H olzschlägen d er m ontanen (bei T riesen in L iechtenstein schon bei 460m ), subalpinen und alpinen Stufe der A l p e n (im W allis bis 2300 m, am Piz C urver in G raubünden bis 2640 m, in T iro l am V aledischnitz im D rau g eb iet bis 2530 m ansteigend). A u f k alk reich er U n terlag e häufiger als auf kalk­ arm em Boden. Selten auch apophytisch an S trassen rän d ern , B ah n däm m en, G rabenrändern und in W einbergen. In D e u t s c h l a n d in den B ay erisch en A lpen von 1100 bis 2200 m v e rb re ite t. — In O e s t e r r e i c h in S alz­ b u rg im T en n e n g eb irg e , auf dem S c h a fb erg e , in den L o fe re r A lp e n ; in O b e rö ste rre ic h ziem lich h ä u fig ; in N ie d e rö ste r­ re ic h v e rb re ite t; in S te ie rm a rk in den K a lk alp en gem ein, a u f U rg e ste in se h r z e rs tre u t; in K ä rn te n ziem lich v e r­ b r e ite t; in K ra in hie und d a ; in T iro l v e rb re ite t (aus dem L e c h - und L o isa c h g e b ie t z w a r n ic h t an g eg e b en ). — In der S c h w e i z in den A lpen v e rb re ite t; im J u ra hie und da (ö stlic h bis zur H a se n m a tt, T ie fm a tt-N ie d e rw ile r S tie re n ­ b e rg u n d b is zur L äg e rn ).

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : P yrenäen, Ju ra , A lpen, Illyrische G ebirge (östlich bis Serbien), K a rp aten . K o m m t in 2 V a rie tä te n v o r: 1. var. h i r t a (K och) T h ellu n g ( = A . h irs u ta II in cä n a G audin, = A . corym biflora V e st var. in ca n a H ayek). S te n g el ra u h L a u b b lä tte r F i g . 849. A r a b i s C a u c a s i c a W il ld . c S te ri le Bl at ta u ch a u f d e r F lä ch e von G a b e lh a a re n ra u h . V e rb reitetr o s e t t e n . d B e h a a r u n g der La u b blä tt er. e, f S ter n h aa re, — A r a b i s m u r a l i s B e r t o l o n i sub sp . c o l l i n a ( T e n .) — 2. var. g l a b r ä t a (K o ch ) T h e llu n g ( = A. c iliäta D C . T h e l l u n g v ar. r o s e a D C g H a b it u s , h B lü t e . — A r a b i s var. g la b rä ta K o ch , = A. a rc u a ta S h u ttl. var. g la b ra ta c o r y m b i f l o r a Y est. H a b it u s (t/s nat ürl . G r ö ss e) . G odet, = A . a rc u a ta v a r. c ilia ta B u rn at). S ten g el kahl. k B lü t e . I B l ü t e n a c h E n t f e r n u n g der K e l c h - u n d K r o n ­ blätt er . m K r o n b la t t . n S pi t ze der F r u c h . L a u b b lä tte r am R a n d e u n d am M itte ln erv e n g e w im p e rt (S elten er). A u c h Z w isc h en fo rm en zw ischen diesen b eid en V a rie tä te n w e rd en häu fig e rw ä h n t. — H ieh er fe rn e r var. C e n i s i a (R e u te r) T h ellu n g . N ied rig e, bis 8 cm h o h e Pflanze. F rü c h te in k u rz e r T ra u b e fa st g e b ü sc h e lt, kurz (H o ch ju ra, V a lso rey im W allis). — f. p s e u d o s e r p y l l i f ö l i a T h ellu n g . S ten g el sc h w a ch , verb o g en (W ohl S c h a tte n fo rm ). In d e r S c h w eiz im V al de B ag n es, b e i Z e rm a tt, G a issa u . — v a r. m u 1t i c a u li s M u rr. Pflanze m it 10 bis 15 S ten g eln , s t a r k b e h a a r t (O b e rh alb B ludesch im V o ra rl­ b e rg ; M ühlau b ei In n sb ru c k ). — D ie U n te rsch e id u n g d e r var. h irta (K och) T h e llu n g von A. h irsu ta (L.) Scop. is t o ft n ic h t leic h t. B esonders d eren var. G enevensis B eauverd n ä h e rt sich d e rselb e n se h r s ta rk du rch den e n tsch ied en au sd a u ern d e n , d icklichen, ä stig e n W urzelstock, d u rc h den n ied rig en , w e n ig b lä tte rig e n S ten g el, d u rc h die ei­ fö rm igen, am G ru n d e k a u m h e rz fö rm ig -g e ö h rte n , g a n zra n d ig e n S te n g e lb lä tte r, d u rc h die k urze (15 bis 30 m m) lan g e und d u rc h die an der S p itze p lötzlich in den G riffel z u sam m en g ezo g en e F ru c h t. — A . corym biflora var. h irta h a t einen n ied rig en , a rm - u n d k le in b lä tte rig e n S tengel, d e r an d e r S pitze m eist u m g e b o g e n ist. D e r B la ttg ru n d u m fa s st x/*j selten Vs des S tengels (bei A. h irsu ta m in d esten s */*)- D ie S c h o ten ü b e rra g e n den no ch b lü h en d e n T eil der fe rtilen A c h se ; ih re S tiele sind k ü rz e r u n d bild en m it d enselben e inen W inkel (bei A. h irs u ta h a b e n S tiel u n d S c h o te die gleich e R ich tu n g ). D e r G riffel is t k e g elfö rm ig (bei A. h irsu ta v e rk eh rt-k e g e lfö rm ig !). D ie K ro n b lä tte r sind k e ilfö rm ig -län g lich u n d an d e r S p itze a b g e ru n d e t (bei A. h irsu ta v e rk eh rt-eifö rm ig -län g lich , ziem lich ra sc h in einen ku rzen N a g el v e rsc h m ä le rt und m eist + au sg e ra n d e t). D ie .Samen sind v ollständig u n g e flü g e lt (bei A. h irsu ta m indestens an d e r S p itze Hügelig b e ran d e t). — A ra b is c o ry m b i­ flora g e h ö rt dem m ittele u ro p ä isc h -a lp in e n E lem en t an. A n d e r u n te re n V e rb re itu n g sg re n z e e rsch e in t die A rt zuw eilen auf den A lluvionen d e r F lüsse, an tro ck e n en G ra sh ä n g en im B ro m etu m erecti, im E ric etu m c ärn e ae ,

406 in h ö h e re n L a g e n in d e r F e ls- u n d S c h u ttflu r, in d e r S e sleria-H ald e, im F e stu c e tu m rü b ra e , im S em perviretum (B d. II, p a g . 103), auf der W eide u sw . — D ie u n te re n B lüten b e sitz e n zuw eilen T ra g b lä tte r. B lattlä u se ve ru rsac h e n ab und zu V e rg rü n u n g d e r B lüten. — D ie B lü ten sind sc h w a c h p ro te ro g y n ; d och e rfo lg t die B e stä u b u n g w ohl m e ist d u rc h den eig en en P ollen, in d em die 4 län g e ren S ta u b b lä tte r b is z u r H ö h e d e r N a rb e h e ra n w a c h se n u n d die n a c h innen offenen S ta u b b e u te l die N a rb e b e rü h re n . A ls B e su c h er w u rd e n die H o n ig b ien e, T a g fa lte r, S c h w e b ­ fliegen und M u scid en b e o b a c h te t.

1327. Arabis murälis

B ertoloni ( = A. incäna W illd., = T u rritis m inor Schleich.). M a u e r - G ä n s e k r e s s e . F ig . 850 a, F ig . 8 4 9 g , h und F ig . 855k, 1, m.

A u sdauernd, 10 bis 30 cm hoch. W urzel kurz, spindelförm ig, gelblich. Sprosse ästig, kriechend, m it den R esten der abgestorbenen L a u b b lä tte r besetzt, an den E n d en m it B lattrosetten. S tengel m eist zahlreich, aufrecht oder seltener aufsteigend, einfach, reichlich b e b lä tte rt, von einfachen H aaren und von S tern h aaren rauh. R o setten ­ b lä tte r länglich-verkehrt-eiförm ig bis fast spatelförm ig, in den B lattstiel verschm älert, grob stum pfgezähnt, von S tern h aaren und vereinzelten einfachen H aaren rauh. S tengel­ b lä tte r sitzen d , länglich, stu m p f, am G runde verschm älert, g an zran d ig oder g ro b stum pfzähnig, wie die G ru n d b lä tte r b eh aart. B lüten in ziem lich arm blütigem , tru g d o ld ig em B lütenstand auf 4 bis 6 cm langen, abstehenden, kahlen Stielen. K e lc h ­ b lä tte r länglich, 4 bis 5 mm lang, schm alw eissh au tran d ig ; die äusseren kurzgesackt. K ro n b lä tte r 6 bis 6,5 mm lang, v e rk e h rt­ eiförm ig - k e ilfö rm ig , vorne ab g eru n d et (F ig. 8551), weiss. L än g ere S ta u b b lätte r 5 mm lang. S choten auf 5 bis 6 mm lan g en , aufrechten Stielen aufrecht (F ig. 855 k), 25 bis 45 mm lang, in den 0,5 mm langen Griffel kurz zugespitzt (Fig. 855 m). K lap p e n flach; M ittelnerv un­ F i g \ 850. A r a b i s m u r a l i s Be r t o lo n i. a H a b it u s . — A r a b i s s c a b r a A l l . b, c H a b it u s d e r b l ü h e n d e n und der fr u c h t e n d e n Pflanze. deutlich. N a rb e nicht breiter als der Griffel, d B lü t e , e O b er er T e i l der F r u c h t . — A r a b i s s e r p y 11 i f o l i a flach. S am en 1,3 mm lang, ru n d lic h -e i­ V i l l a r s . f , g H a b it u s , h B lü t e , i S p i t ze der Fr uc ht. förm ig, ringsum h äu tig b eran d et. — V. Z erstreu t und selten auf Felsen, F elsschutt, an M au ern ; von d er E bene bis in die subalpine Stufe (im W allis bis 1800 m). F eh lt in D e u t s c h l a n d . A uf kalkreichen U nterlagen. In D e u t s c h l a n d v o llstän d ig fehlend. — In O e s t e r r e i c h v ielleich t in K ra in (an dem von V alentin P l e m e l in „ B eiträg e zur F lo ra von K ra in “ [3. Ja h re s h . des V er. des K ra in isc h e n L an d e sm u se u m s L aib ac h , 1862] a n g eg e b en e n S ta n d o rt: S andfelsen b ei N e sseltal im G o ttsc h e e r G e b ie t P a u l i n n ic h t b e k a n n t; le tz te re r h a t auch kein B eleg ex em p lar g e s e h e n !); in T iro l am F u sse des G e ie rb e rg e s b e i S alurn, b ei C adin u n te rh a lb S alurn, bei C ad in a lto u n d K ö n ig sb e rg , A i G ia rd in i b ei T rie n t (frü h er), im G e b iete von R o v e re to (A llo Spino, V a l Scudella, L avini di S an M arco), z w isc h en N a g o und L o p p io ; in V o ra rlb e rg fehlend. -— I n der S c h w e i z im K a n to n W a a d t (bei S o u sv en t, Bex, S t. T rip h o n , V illeneuve, L a C ro tta z , E slex, L a rly , D e v en s, F ondem ent, V evey etc.), im W allis (ziem lich v e rb re ite t), im T e ssin (zw ischen L u g a n o u n d M elid e); b e i B iel (Pavillon) im J u ra ei loschen.

407

A llg em ein e V erb reitu n g: Spanien, Portugal, Südfrankreich (südlicher Jura, Cevennen, Provence, Alpen), Belgien, Schweiz, Italien, Oesterreich-Ungarn, Dalmatien, Herzegowina, Bosnien, Siebenbürgen, Montenegro, Serbien, Bulgarien, Griechenland, Kreta. Aendert ab : subsp. COllina (Ten.) Thellung. Kronblätter viel grösser und breiter als beim Typus, breit, spatelförmig oder verkehrt-eiförmig, meist weiss. Hierher ferner var. r o s e a D C . (Fig. 855 k bis m). Kronblätter rosa oder purpurn (Fig. 849g, h und Fig. 855k, 1, m). Zierpflanze aus Süditalien und Nordafrika; zuweilen ver­ wildert (bei Heidelberg [1910], bei Bad Dürkheim [1911], bei Schwerin). — subvar. g la b r e s c e n s Thellung. Pflanze niedrig. Laubblätter kurz-eilänglich, am Grunde breit-abgerundet oder fast herzförmig, grün, fast kahl, nicht sternhaarig. Blüten kleiner, nur 8 mm lang, mit von der Spitze zum Grunde allmählich keilförmig verschmälerten Rändern (Belle Roche bei Neuchâtel, 1904). Vgl. de R o u g e m o n t , J. H. und B e a u v e r d , G. in Bulletin Soc. bot. Geneve, 2e ser., VII (1915) und A. T h e llu n g ref. in Berichte der Schweiz. Botan. Gesellschaft. Bd. XXIV, XXV, pag. 105. — f. (monstr.) c a l c a r ä t a Leveille. Sporne der Kelchblätter 4 bis 5 mm lang (Seealpen). Arabis muralis gehört dem europäisch-mediterranen Element an. Am Fusse der Felsen beim Fort L’Ecluse unweit Genf erscheint die Pflanze nach C h r i s t neben Ruscus aculeatus, Arabis nova und A. scabra, Hutchinsia petraea, Potentilla rupestris, Ononis Natrix, Astragalus Monspessulanus, Cytisus anagyroides, Laburnum alpinum, Colutea arborescens usw. An trockenen Kalkfelsen der Südwestschweiz sind als Begleiter Kernera saxatilis, Rhamnus alpina, Kentranthus ruber, Lactuca perennis, Scorzonera Austriaca usw. zu nennen.

All. (= A. stricta Hudson, = A. hispida Aiton, = A. hirta Lam., = Turritis Rayi Villain). Rauhe Gänsekresse. Fig. 850b bis e. Ausdauernd, selten 2-jährig, (5) 8 bis 15 (20) cm hoch. Wurzel spindelförmig, ästig, gelblich. Sprosse kurz, unverzweigt, in stengeltragende Laubblattrosetten endigend. Stengel aufrecht, einzeln oder mehrere, einfach oder ästig, im unteren Teil mit wagrecht­ abstehenden, einfachen Haaren, im oberen Teil kahl. Rosettenblätter länglich-verkehrteiförmig, in einen kurzen Stiel verschmälert, stumpf buchtig-gezähnt, auf den Flächen meist kahl, am Rande von meist einfachen Borstenhaaren gewimpert. Stengelblätter wenig zahlreich, länglich-lanzettlich, in den breit-sitzenden Grund verschmälert, ganzrandig oder grob­ gezähnt, spärlich gewimpert. Blüten in armblütigem (3 bis, 6 Blüten), traubigem Blütenstand auf 2 bis 3 mm langen, aufrecht-abstehenden, kahlen Stielen. Kelchblätter ca. 3,5 mm lang, länglich, weisshautrandig, kahl, ungesackt. Kronblätter länglich-verkehrteiförmig, in den Nagel keilförmig verschmälert, vorn abgerundet, ca. 6 bis 7 mm lang, gelblichweiss. Längere Staubblätter ca. 5 mm lang. Früchte in verlängertem Fruchtstand (Fig. 850 c) auf 5 bis 7 mm langen, ziemlich dicken, aufrecht-abstehenden Stielen fast aufrecht, 3 bis 4.5 mm lang, lineal, kurzspitzig, am Grunde wenig breiter als der Stiel. Klappen etwas gewölbt, mit deutlichem Mittelnerven und mit netzförmig verzweigten Seitennerven. Griffel 0,5 mm lang, kegelförmig oder zylindrisch; Narbe flach, wenig breiter. Samen länglich, 1.6 mm lang und 1 mm breit, scharfrandig, an der Spitze schmal geflügelt. — V bis VI. Zerstreut und selten in Spalten und Höhlungen von Kalkfelsen, auf Felsschutt. Nur im südwestlichen Jura. 1328. Arabis scabra

Fehlt in D e u t s c h l a n d und in O e s t e r r e i c h gänzlich. — In der S c h w e i z nur im Grenzgebiet am Saleve, Fort de l’Ecluse, Thoiry ( = Reculet), Mt. Vuache, Dent d’Oche. Die Angaben nach Ri o n aus dem Wallis (bei Cernettes und St. Maurice) sind unrichtig.

A llg em ein e V erb reitu n g: Gebirge von Süd Westeuropa, Iberische Halbinsel, Südfrankreich, Jura; angeblich auch in Südengland und Irland sowie in Siebenbürgen. Adventiv in Nordamerika.

Arabis scabra gehört wie A. nova dem mediterranen Element des westlichen Europa an. An den sonnigen Felsen des Saleve bei Genf wird die Art nach C h r i s t begleitet von Asplenium Ceterach, Hutchinsia petraea, Potentilla caulescens var. petiolulosa und P. rupestris, Anthyllis montana, Geranium lucidum, Helianthemum canum, Rhamnus alpina, Scorzonera Austriaca u. a. In den Garides (an den Hängen des Lac du Bourgei)

408 erscheint sie nach C h o d a t zusammen mit Coronilla Emerus, Ruscus aculeatus, Aethionema saxatile, Arabis muralis, Geranium sanguineum, Saponaria ocymoides, Helianthemum canum, Limodurum abortivum, Muscari comosum usw.

Villars. Q uendelkresse, Quendelblätterige Gänsekresse. Fig. 850 f bis i. Pflanze 2jährig, 8 bis 20 (50) cm hoch. Wurzel kurz, spindelförmig, ästig, bräunlich. Sprosse zahlreich, kurz, durch die Reste der abgestorbenen Laubblätter schopfig, unverzweigt, in stengellose oder in stengeltragende Blattrosetten endigend. Stengel einzeln oder mehrere, einfach oder ästig, aufrecht oder niederliegend bis bogig aufsteigend, hinund hergebogen, fast kahl oder flaumig behaart; Haare 3- und mehrstrahlig, seltener gabelig oder einfach. Grundständige Laubblätter rosettenförmig oder einander nur genähert, klein, länglich-verkehrt-eiförmig, in den langen Stiel allmählich verschmälert, ganzrandig oder spärlich gezähnt, von 3- und mehrstrahligen Sternhaaren rauh, am Rande gegen den Grund zu mit einfachen und gabeligen Haaren. Stengelblätter länglich-elliptisch, sitzend, ganzrandig, selten mit vereinzelten Zähnen, wie die Grundblätter von Sternhaaren rauh. Blüten in dichter Traube auf 1,5 bis 4 mm langen, aufrecht-abstehenden, kahlen Stielen. Kelchblätter 3 mm lang, länglich, gegen die Spitze zu weisshautrandig, kahl, ungesackt. Kronblätter schmal-keilförmig, an der Spitze abgerundet (Fig. 850 h), 5 bis 5,5 mm lang, weiss. Längere Staubblätter etwa 4 mm lang. Früchte in verlängertem Fruchtstand auf 3 bis 4,5 mm langen, aufrecht-abstehenden Stielen aufrecht-abstehend, mit dem Stiel keinen Winkel bildend, lineal, vorn kurz zugespitzt, am Grunde wenig verschmälert, 18 bis 22 (35) mm lang, 1 mm breit. Klappen flach, nervenlos mit undeutlichem Mittelnerv. Griffel 0,2 bis 0,8 mm lang, kegelförmig oder zylindrisch; Narbe flach, schmäler als der Griffel. Samen länglich, 0,6 mm breit und 1,2 bis 1,3 mm lang, glatt, ungeflügelt, braun. — VI bis VII. Selten und zerstreut an Felsen und auf Felsschutt; von der montanen bis zur nivalen Stufe ansteigend (Waadt von 1000 bis 2500 m; Wallis von 800 bis 2900 m). Einzig in der Sch w eiz. Auf .kalkreicher Unterlage. 1329. Arabis serpyllifölia

In D e u t s c h l a n d und in O e s t e r r e i c h fehlend. — In der S c h w e i z in den Urkantonen (Stutzberg östlich von Emmetten, Wichelsfluh, unterhalb des „Misthaufen“ im Hinterwäggital), im Berner Oberland (Schafloch im Justistal, Gasterenklus, Boltigenklus, Bäderhorn), im Berner Mittelland, im Wallis (Le Clou, St. Bernhard, Chodifagoz, Pointe de Dronaz [2900 m], Chermontane, Chanrion, Taney, Val d’Illiez, Gueuroz, Joux brûlée, Cheville, Chemin Neuf, Gorge de Trient, Gemmi) und im Kanton Waadt (in der Rhoneebene herabge­ schwemmt bei Roche; im Rhonebecken ziemlich gemein bis zur Aïrkette, Rochers des Tours, les Places, Parey, Vausseresse, Chateau Chamois, Dole, Mont Brison, Vergy, Voirons, St. Georges); angeblich auch im Kanton Tessin (Denti della Vecchia).

A llg em ein e V erb reitu n g: Pyrenäen, Südjura, Alpen (von den Seealpen bis zu den Glarner Alpen). 1330. Arabis Vochinénsis1) Sprengel (= Drâba mollis Scop., = Arabis mollis A. Kerner, =* Draba arabiformis Hohenwart, = Subularia alpina Willd.). Wo che in er G änseKresse. Fig. 851 f bis 1. Ausdauernd, bis 14 cm hoch. Wurzel dünn, spindelförmig, ästig, reichlich verzweigt. Sprosse zahlreich, kurz, beblättert und wagrecht oder (im Felsschutt) aufrecht, verzweigt, von den Resten der abgestorbenen Laubblätter bedeckt, in sterile oder in stengeltragende Blattrosetten endigend. Stengel aufrecht, einfach, fast kahl oder meist mit 2-schenkeligen (Fig-8511), seltener mit einfachen oder mit 3-schenkeligen, angedrückten Haaren. Grund­ blätter verkehrt-eiförmig, stumpf, in den kurzen Stiel allmählich verschmälert, ganzrandig, ’) Nach der Landschaft W o c h e i n in den Julischen Alpen benannt.

409 a u f den F lächen kahl oder unterseits m it vereinzelten H aaren, am R an d e m it angedrückten, gegen den G rund zu abstehenden, 2-schenkeligen H aaren. S te n g elb lätter 2 bis 6, länglich, m it verschm älertem G runde sitzend, spitz, wie die G ru n d b lä tte r behaart. Blüten in dich ter T ra u b e auf kahlen, 2 bis 5 mm langen, aufrecht-abstehenden Stielen. K e lch b lätter schm al­ eiförm ig, 3 mm lang, w eisshautrandig, k ah l; die äusseren gesackt. K ro n b lä tte r breit-keil­ förm ig, 6 mm lang, rasch in den kurzen N ag el verschm älert (F ig. 851 i), an der S pitze a b ­ g eru n d et o d er g estu tzt, weiss. L än g e re S ta u b b lätte r ca. 4 mm lang (Fig. 851h). F rüchte in v erlängertem F ru c h tsta n d a u f aufrecht-abstehenden, 6 bis 8 mm langen Stielen, lineal, kurz, bis 2,5 cm lang, in den langen (bis 1,5 mm), dünnen Griffel verschm älert. K lap p en m it deutlichem M ittelnerv (Fig. 851k). N arb e viel b re ite r als der Griffel, undeutlich 2-lappig. Sam en 1,5 mm lang, ungeflügelt. — V I bis V III. Ziem lich verb reitet und stellenweise häufig in feuchtem S chutt, auf steinigen H ängen der südöstlichen K alk alp en von O e ste rreic h ; von d er m ontanen bis zur alpinen Stufe ansteigend. In den Julischen A lpen von 1000 bis 1800 m, in den S an n taler A lpen von 1700 bis 2200m , am R osskofel in K ä rn ten noch bei 2234 m. F e h lt in D e u t s c h ­ land und in der S c h w e i z vollstän d ig . — In O e s t e r r e i c h in S teierm ark, in den S a n n ­ ta le r A lpen (G ro c h a tA lpe an der W estseite d e r R a d u h a, auf d e r M o lick a p lan in a n ä c h s t d e r K o c b e c k h ü tte , auf dem V eliki vrh, O jstrica, S te in e rs a tte l, D esk a, R in k a ; in K ä rn te n im G a ilta l zw ischen T ro g und R osskofel, im R aib lta l g e g en die ita lie n i­ sche G renze zu se h r häufig, am R a ib le r See, am P redil, K um , S tou, L o ib l, Seleniza, O rta tscha, B ab a, B ä re n ta le r F i g . 851. A r a b i s p r o c u r r e n s W a ld s t . et K it . a H a b i t u s , b K r on b la tt . c F r uc ht s ta n d, d Fr uch t. K o tsc h n a , D oujakalm , e S pi t ze der Fr u c h t . — A r a b i s V o c h i n e n s i s S p r e n g e l , f H a b it u s , g B lü t e, h B lü t e n a c h E n t ­ P etzen ; in K ra in in den f e r n u n g der K e l c h - u n d K r o n b lä t t e r. i K r o nb la t t . k F r u c h t . I H a a r der L a u b b lä t t er . — A r a b i s p u m i l a Ja cq . m H a b it u s e i n e r b lü h e n d e n Pf la nz e, n Bl ü te. S a n n ta le r A lpen (P la n ­ ja v a , D edec, S te in e r­ sa tte l, B ra n a, S k u ta , S tru c a, G rin tav e c, N a P o d e h , G re b en , D o lg a njw ä, K re u ze ra lp e , M o k ric a, Z ap lata , S rednji vrh, S to rzii), in den K a ra w a n k e n (Z elenica, V r ta ia , B egunjscica, S tol, V a jn as, B elscica, M itta g sk o g e l), Julische A lpen (T rav n ik , M a n g a rt, M oy, M o jstro k a , P riso jn ik , S lem e, S teiner, T rig la v , K re d a ric a , R javina, K iek, D e b e la pec, L ip a n c a , D ra zk i, K o n jsica, P o se, M iseljski vrh , V rsac , V o p ica, P ic e rc a , B o g a tin , R odica, C rn a p rst), in O b e rk rain allgem ein v e rb re ite t; in In n e rk ra in am S c h n e e b e rg ; in T iro l im V a lla rsa am M onte C herle.

Allgemeine V erbreitung: K ärn ten , K rain , F riaul, Südosttirol).

S üdöstliche K alkalpen

(G ebirge von S teierm ark,

410 In den Südostalpen erscheint die Art nach v. H a y e k und S c h a r f e t t e r im Caricetum firmae zusammen mit Sesleria sphaerocephala (Bd. I, pag. 267), Poa minor, Festuca nitida und F. pulchella, Carex firma, C. nigra und C. ornithopoda subsp. ornithopodioides, Juncus trifidus subsp. foliosus (Bd. II, pag. 161), Salix retusa, Moehringia ciliata, Hutchinsia alpina, Arabis pumila, Saxifraga squarrosa, Dryas octopetala, Soldanella minima, Veronica alpina und V. aphylla, Hieracium villosum usw. Auch auf feuchtem Ruhschutt mit viel Erde und Humus mit Salix retusa, Polygonum viviparum, Saxifraga stellaris, Chrysosplenium alternifolium, Soldanella alpina kommt die Art vor. Ueber die Begleitpflanzen in den Beständen von Pinus montana vgl. unter Edraianthus graminifolius (Bd. VI, pag. 389).

Waldst. et Kit. (= A. præcox Willd., = A. récta Baumg.). Ungarische Gänsekresse. Fig. 851 a bis e. Ausdauernd, bis 25 cm hoch. Wurzel dick, spindelförmig, Sprosse niederliegend, zahlreich, verzweigt, z. T. langgliederig, ausläuferartig wagrecht kriechend, in sterile oder in stengeltragende Blattrosetten endigend. Stengel aufsteigend oder aufrecht, einfach, selten ästig, einzeln oder mehrere, fast kahl oder von 2-schenkeligen, angedrückten Haaren flaumig. Grundblätter verkehrt-eilänglich, in den Stiel allmählich verschmälert, vorn mit kurzer Knorpelspitze, ganzrandig oder jederseits mit einem Zahn, durch die 2-schenkeligen, dem Rande parallel-laufenden Haare fast weissrandig, oberseits kahl, grün, unterseits auf den Nerven behaart, rotviolett. Stengelblätter 2 bis 8, eiförmig bis länglich, mit breitem, aber ungeöhrtem Grunde sitzend, wie die Grundblätter aber spärlicher behaart. Blüten in reichblütigem, traubigem Blütenstand auf abstehenden, kahlen, 5 bis 10 mm langen Stielen. Kelchblätter 3,5 bis 4 mm lang, länglich-eiförmig, breit-weisshautrandig, dünn, kahl; die äusseren gesackt. Kronblätter 8 bis 9 mm lang, breit-keilförmig (Fig. 851b), an der Spitze abgerundet, gestutzt oder seicht ausgerandet, weiss. Längere Staubblätter 5 bis 6 mm lang. Früchte in wenig verlängertem Fruchtstand auf abstehenden, bis 12 mm langen Stielen abstehend (Fig. 851c), lineal, ca. 3 bis 3,5 cm lang, in den ca. 0,8 mm langen Griffel zugespitzt (Fig. 851 d, e). Klappen mit deutlichem Mittelnerv. Narbe breiter als der Griffel, seicht zweilappig. Samen länglich, ca. 0,8 bis 1 mm lang, glatt, braun, unge­ flügelt. — IV bis V. Zerstreut und selten an buschigen Felshängen der montanen und subalpinen Stufe; auf kalkreicher Unterlage. Nur in den Alpen von Krain. 1331. Arabis procürrens

Im Gebiete nur in Krain oberhalb der Orozenhütte auf der Crna prst in den Wocheineralpen. Nach A. P a ul i n (briefl.) sind die Angaben von F l e i s c h ma nn in Uebers. Fl. Krains pag. 111 (Oberkrain bei Veldes, Unterkrain im Savetal bei Sagor und im Kulpatal bei Schweinsberg und Pölland) sehr zweifelhaft.

A llg em ein e V erb reitu n g: Südosteuropa (Karpaten, Banat, Balkan, Rhodope­ gebirge, Kroatien, Krain). Boiss. (= Draba ciliata Scopoli, = D. ciliaris Host, = D. androsâcea Willd., = Dollinaria*2) ciliata Sauter, = Arabis Scopölii Freyn et Brandis, = A. ciliata Murbeck). S copoli’s Gänsekresse. Fig. 855 d bis i. Ausdauernd, 3 bis 12 cm hoch. Wurzel spindelförmig. Sprosse kurz, verzweigt, Pflanze dadurch lockerrasig; Sprossenden mit sterilen oder mit stengeltragenden Laubblatt­ rosetten. Stengel einzeln oder zahlreich, aufrecht, einfach, kahl. Rosettenblätter länglich­ verkehrt-eiförmig, spitz, in den kurzen Stiel verschmälert oder stiellos, ganzrandig, am Rande durch kurze, einfache, steifliche Haare gewimpert. Stengelblätter 1 bis 4, schmal­ länglich, spitz, in den-Blattgrund verschmälert, kahl. Blüten in lockecer, armblütiger 1332. Arabis Scopoliana1)

*) Nach Dr. J. Anton Sc o j ) o l i , geb. 1723 zu Cavalese im Fleimsertal in Tirol, gest. 1788 zu Pavia, dem ersten Erforscher und Verfasser der Flora Carniolica. 2) Benannt nach G. D o l l i n e r , k. k. Werks-Chirurg in Idria, geb. 1794 zu Ratschach in Krain, gest. 1872.

411

Traube (Fig. 855 d), auf 2 bis 5 mm langen, kahlen, aufrecht-abstehenden Stielen. Kelch­ blätter länglich-eiförmig (Fig. 855h), 4 mm lang, breit weisshautrandig, kahl; die äusseren undeutlich gesackt. Kronblätter keilförmig mit breiter, gestutzter oder seicht ausgerandeter Platte (Fig. 855 g), ziemlich rasch in den kurzen Nagel verschmälert, 10 bis 11 mm lang, weiss. Längere Staubblätter ca. 5 mm lang. Früchte in kaum verlängertem Fruchtstand, auf 4 bis 8 mm langen, aufrecht-abstehenden Stielen aufrecht, lineal-länglich bis lineal, 5 bis 10 mm lang, 1,5 bis 2 mm breit. Klappen derb, gewölbt (Fig. 855 i) mit deutlichem Mittelnerv und mit deutlichen Netznerven. Griffel kaum 0,5 mm lang; Narbe wenig breiter als der Griffel, flach. Samen ca. 1,7 mm lang und ca. 0,9 mm breit, unberandet, braun. — V bis VI (VII). In Kalkfelsspalten und auf Kalkschutt der montanen und subalpinen Stufe der südöstlichen Kalk alpen. In lnnerkrain spärlich an den Ost-, Süd- und Westabstürzen des Nanos (unter der Hieronymuskapelle, unter der Spitze Fusa, über der St. Nikolauskapelle) und zahlreich am Schneeberge bei Laas (1650 bis 1750m); in Tirol angeblich am Monte Tonale; in Kärnten (Kum auf der Abdachung gegen Finkenstein, Seleniza).

A llgem eine Verbreitung: Gebirge von Krain und Kärnten des österreichischen Küstenlandes, von Kroatien, Dalmatien, Bosnien und der Herzegowina.

Die Form und die Behaarung der Laubblätter sowie die Gestalt der jungen Früchte von Arabis Scopoliana erinnert stark an jene von Draba. Doch zeigt der Bau der reifen Frucht enge Beziehungen zur Gattung Arabis, weshalb die Art von B o i s s i e r 1842 aus der Gattung Draba in die Gattung Arabis versetzt wurde. Auf Grund dieser Art stellte dann S a u t e r 1852 eine besondere Gattung D o l l i n ä r i a auf, die eine Zwischen­ stellung zwischen Draba und Arabis einnehmen sollte. Doch genügen die von ihm angegebenen Unterschiede von Arabis, wie die Nervatur und die Dicke der Fruchtklappen, die Zahl der Samen und die Dicke des Funiculus nach den meisten Autoren nicht, um eine solche Abtrennung zu rechtfertigen. — Ueber die Begleitpflanzen auf dem Krainer Schneeberge in einem Legföhrenbestand vgl. unter Edraianthus graminifolius (Bd. VI, pag. 389). Am Veliki Sneznik kommt die Art auch am feuchteren Nordhang vor zusammen mit verschiedenen Salices, mit Polygonum viviparum, Ranunculus alpestris, Dryas octopetala, Soldanella alpina, Gentiana utriculosa und G. acaulis usw. (nach L. D e r g a n c ) .

All. (= Turritis caerulea All.). Blaukresse, Blaue Gänsekresse. Fig. 852 a, b, c und Taf. 136, Fig. 6. Ausdauernd, 2 bis 12 cm hoch. Wurzel lang, dick, spindelförmig, bräunlich. Sprosse 1 bis mehrere, niederliegend, von den verwitterten Resten der Laubblätter schuppig, verästelt. Aeste in Blattrosetten endigend; letztere mit oder ohne Stengel. Stengel meist zahl­ reich, aufrecht, einfach, mit einfachen Haaren und mit Gabelhaaren + reichlich besetzt. Grund­ blätter einander genähert, spatelförmig, länglich-verkehrt-eiförmig, in den langen, am Grunde verbreiterten Stiel keilförmig-verschmälert, im vorderen Teil 3- bis 7-zähnig, auf den Flächen kahl oder spärlich behaart, am Rande und am Blattstiel von meist einfachen Haaren gewimpert, dicklich, glänzend grasgrün, getrocknet gelblich. Stengelblätter länglich-verkehrt­ eiförmig, keilförmig, in den stengelumfassenden Grund verschmälert, 3- bis 7-zähnig; die obersten meist ganzrandig, auf den Flächen kahl oder spärlich einfach- und gabel­ haarig, am Rande gewimpert. Blüten in nickender, arm-(2-bis 8-) blütiger, dichter Traube (Fig- 852 a), auf 2 bis 3 mm langen, abstehenden, kahlen Stielen. Kelchblätter 2 bis 2,5 (3) mm lang, aufrecht, lineal-länglich, sehr schmal hautrandig, vorn meist mit violettem Fleck; die äusseren ungesackt. Kronblätter 4 bis 5 mm lang, schmal-keilförmig bis spatel­ förmig, allmählich in den Nagel verschmälert, vorn abgerundet oder gestutzt, hellbläulichlila, am Rande weisslich, selten ganz weiss. Längere Staubblätter 3,5 mm lang. Früchte in wenig verlängertem Fruchtstand (Fig. 852b) auf aufrecht-abstehenden, 4 bis 6 mm langen, an der Spitze verdickten Stielen, 9 bis 33 mm lang und 2,5 bis 3 mm breit, beidendig rasch zugespitzt. Klappen flach, mit deutlichem Rücken- und mit netzig verzweigten Seiten1333. Arabis caerülea

412 nerven (Fig. 852 c). Griffel 0,2 bis 0,3 mm lang, kegelförm ig. N a rb e flach. Sam en rundlich, 1,8 bis 2 mm lang, ringsum b reit geflügelt (T af. 136, F ig . 6 a). — V II bis V III. V erb reitet und m eist häufig in feuchtem S ch u tt und G rus, auf Felsen, an hum us­ reichen S tan d o rten , im lockeren Pionierrasen, in S chneetälchen, in der R asen läg er der A l p e n ; von 1900 bis 3500 m (T ê te de la T ribulation im A ostatal). N u r a u f K alkgestein oder auf kalkreichem U rgestein. In D e u t s c h l a n d in den A lg äu er, B a y erisch en u n d S a lz b u rg e r A lpen v e r­ b re ite t, doch n ic h t häufig. Im W e tte rs te in ­ g e b irg e , im K a rw e n d el und in d e n T e g e rn se e b e rg e n g an z fehlend ; im O ytal im A lg äu tie f (bis ca. 1000 m) h in ab ste ig en d . — In O e s t e r ­ r e i c h in S a lzb u rg (z. B. N a ssfeld er und R ad s ta d te r T a u e rn , H e ilig e n b lu ter A lpen, B ren n ­ kogel, A c k erk o g el, S p eiereck u s w .) ;in O b e r­ ö ste rre ic h (D a c h s te in in der A ug en stein d elg ru b e am G jaid und im W ild k ar u n te r dem K arlseisfelde) ; in N ie d e rö ste rre ic h selten (S c h n e e b e rg , R a x a lp e ); in S te ie rm a rk se lte n (in den n ö rd lic h en K alkalpen, N ie d ere T a u e rn ); in K ä rn te n (ziem lich v e rb re ite t); in K ra in (se lte n in den Ju lisch en A lpen [M a n g a rt: L a h n s c h a rte ], im T rig la v g e b ie t [P ek el u n te r der R javina, K re d aric a,T rig lav ]); in T iro l (n u r im K a lk g e b ie t; fe h lt in den A lpen um K itzb ü h e l) und in V o ra rlb e rg . — In d e r S c h w e i z in den K a lk alp en v e r­ b re ite t; im U rg e ste in sg e b ie t n ur a u f k a lk ­ re ic h ere n G neisen, A m p h ib o liten und ä h n ­ lic h e n U n te rla g en .

Allgemeine A lpen, T a tra .

Verbreitung:

A ra b is c ae ru le a ist eine e n d em isch ­ alpine A rt. A m h äu fig ste n findet sich die zierliche Pflanze m it den bläulichen B lü te n in fe u ch tem , vom S c h n e ew a sser Fig-. 852. A r a b i s c a e r u l e a A l l . a, b H a b it u s ( * /2 natürl. G r ös s e) , c Fr u c h t . d u rc h trä n k te m F e in s c h u tt und G rus in B e ­ — A r a b i s p u m i l a Jacq . d, e H a b it u s fl / 2 natürl. G r ös s e) . / F r u c h t . g le itu n g von P o a m inor, A ra b is bellidig F r u c h t n a c h d em L o s l ö s e n der K l a p p e n , h S a m en . — A r a b i s b e l l i d i f o l i a Ja cq . i, k H a b it u s . / Fr u c h t . folia, H u tc h in sia alpina, S a x ifrag a opp o sitifolia und S. aizoides, G alium H elveticum , D o ro n icu m scorpioides usw ., dann a u f M o rä n en u n d Felsen. A n d e re rse its sc h e u t das Pflänzchen a u ch n ich t hu m o se S ta n d o rte und tr itt eb en so in der P o a a lp in a -L ä g e r auf, fe rn e r in S c h n e etälc h en , in h u m o sen P o lste rn von R a n u n c u lu s m o n ta n u s und R. a lp e stris, S a x ifra g a aphylla, S. m o sc h ata u n d S. a n d ro sa c e a , S edum a tra tu m , H elian th em u m -alpestre, P rim u la m inim a, L o iseleu ria p ro c u m b e n s, A chillea a tr a ta (so in den K a rre n fe ld e rn des S tein ern en M eeres in den B e rch tesg ad e n e r A lpen). In den Z e n trala lp e n e rsch e in t die A r t in so lch en h u m o sen P o lste rn zu sam m en m it H u tc h in s ia alpina subsp. b rev icau lis, S a x ifrag a m o sc h a ta , L ig u stic u m sim plex, E rig e ro n uniflorus, C h ry san th em u m alpinum u sw . — D ie a n fan g s b lauen, sp ä te r v erb leich en d en B lum en sind h o m o g am o d e r sc h w a ch p ro tero g y n . M eisten s sezernieren n u r die seitlich en N e k ta rie n H onig. B ei trü b e r W itte ru n g und in der N a c h t liegen die A n th eren d e r langen S ta u b b lä tte r d e r N a rb e d ic h t a n ; a u ch die k ü rz ere n S ta u b b lä tte r e rre ich e n diese zuw eilen, so dass dann sp o n ta n e S e lb stb e s tä u b u n g k a u m a u sb le ib t. B ei a n d au e rn d em R e g e n w e tte r b leib e n die B lüten ü b e rh a u p t g e ­ sc h lo sse n ; es erfo lg t dann eine „ p se u d o k le isto g a m e “ B efru ch tu n g . D ie F ru c h tre ife w ird a u c h in h ö h e re n L ag en e rre ic h t. D as G e w ich t d e r S am en b e tr ä g t 0,24 m g. D e r F ru c h ts ta n d b le ib t den W in te r ü b e r e rh a lte n („ W in te r­ s t e h e r “). D ie L a u b b lä tte r der R o se tte n e n tw ick eln sich im S o m m er u n d ste rb e n im folgenden F rü h so m m e r

413 ab; schlafende Knospen finden sich in den eine knorpelige, hohle Kapsel bildenden, verbreiterten Basen der Blattstiele. An den Wurzeln kommen Adventivknospen vor, die zu schwächlichen, ausläuferartigen Sprossen heranwachsen können (vgl. He s s , E. Ueber die Wuchsformen der alpinen Geröllpflanzen. Beihefte zum Botan. Zentralblatt. Bd.XXVlI, 1910).

Jacq. (= A. bellidifolia Crantz nec Jacq., = A. nütans Moench, = Turritis alpina Braune). Zwerg-Gänsekresse. Fig. 852 d bis h und Fig. 851m bis n. Ausdauernd, 5 bis 25 cm hoch. Wurzel lang, dünn, verästelt, gelblichweiss. Sprosse ziemlich zahlreich, verzweigt, von den Resten der abgestorbenen Laubblätter schuppig bedeckt, kurz oder verlängert, in sterile oder stengeltragende Blattrosetten endigend. Stengel einzeln oder mehrere, aufrecht oder aufsteigend, einfach, kahl oder mit einfachen Haaren und Gabelhaaren besetzt. Rosettenblätter gestielt, verkehrt-eiförmig, ganzrandig oder spärlich gezähnt, von Sternhaaren rauh, am Rande gegen den Blattgrund zu auch mit ein­ fachen Haaren. Stengelblätter wenig zahlreich, sitzend, eiförmig-länglich, gegen den Grund zu verschmälert oder abgerundet, ganzrandig, auf den Flächen meist kahl, am Rande (besonders gegen die Spitze zu) bewimpert. Blüten in armblütiger Traube auf 2 bis 6 mm langen, aufrecht-abstehenden Stielen, gross. Kelchblätter eiförmig, ca. 3,5 mm lang, breit, weisshautrandig, kahl; die äusseren am Grunde gesackt. Kronblätter länglich-verkehrt­ eiförmig, keilförmig in den Nagel verschmälert, vorn abgerundet, 5 bis 7,5 mm lang, weiss (Fig. 851 n). Längere Staubblätter ca. 5 mm lang. Schoten auf 4 bis / (10) mm langen, aufrecht-abstehenden, etwas gebogenen Stielen aufrecht, 20 bis 42 mm lang und 1,8 bis 2 mm breit, beidendig kurz zugespitzt (Fig. 852 f). Klappen flach, mit deutlichem Mittel- und mit verzweigten Seitennerven. Griffel 0,5 mm lang, kegelförmig; Narbe kurz 2-lappig. Samen rundlich, 2,2 bis 2,9 mm lang, ringsum breithäutig geflügelt (Fig. 852 h), braun, glatt. — VI bis VIII. Verbreitet und ziemlich häufig in feuchtem Grus, im Schutt, Geröll und Sand der Bäche, auf Felsen, in Schneetälchen, in der Rasenläger und in anderen offenen Beständen der A lpen; von der subalpinen (in Tirol bei Kufstein schon bei 500 m, in Kärnten [Garnitzen­ graben] bei 600 bis 700 m, in Oberösterreich an der Polsterlucke bei 630 m) bis in die nivale Stufe (jp Graubünden am Piz Padella bis 2860 m). Zuweilen auch herabgeschwemmt. Nur auf Kalk und auf kalkreichem Urgestein. 1334. Arabis pümila

In D e u t s c h l a n d in den Bayerischen Alpen bis 2470 m allgemein verbreitet; herabgeschwemmt auf der Hochebene bei Lechbruck, Tölz, Thalham, München, Laufen. — In O e s t e r r e i c h in Salzburg ziemlich verbreitet; in Oberösterreich verbreitet; in Niederösterreich häufig; in Steiermark in den Kalkalpen häufig, im Urgesteinsgebirge sehr zerstreut; in Kärnten verbreitet in den Sanntaler Alpen, Karawanken und Julischen Alpen; in Krain verbreitet; in Tirol in den Kalkalpen sehr häufig, im Urgesteinsgebiet nur auf kalkreicheren Unterlagen. — In der S c h w e i z in den Alpen auf kalkreicher Unterlage verbreitet.

Allgem eine Verbreitung: Alpen, Apennin, Karpaten.

Aendert ab : var. l ä x a Koch. Traube locker, nickend, zuweilen noch mit den reifen Schoten nickend. — var. n i t i d u l a Beck. Laubblätter auf der Oberseite glänzend, kahl, sonst nur spärlich am Rande und auf dem Mittelnerv, unterseits etwas zerstreut haarig. Stengel und Stengelblätter fast kahl (Seltener und mehr in tieferen Lagen). Hieher wohl auch die var. g l a b r e s c e n s Hüter. Grundblätter auf beiden Seiten kahl, nur am Rande sternhaarig (Pustertal in Tirol). Arabis pumila gehört dem mitteleuropäisch-alpinen Element an. Durch die Ausbildung mehrerer, mit zahlreichen Achselknospen versehener, langgestreckter, durch die Reste der abgestorbenen Blätter gegen Verletzung geschützter Sprosse und durch den dichtgeschlossenen Polsterwuchs („Vollkugelkissen“) ist die Pflanze an die Bedingungen des beweglichen Feinschuttes, in welchem sie am häufigsten zu finden ist, gut angepasst. Ueber die Begleitpflanzen vgl. Galium Helveticum Bd. VI, pag. 220 und Thlaspi rotundifolium Bd. IV, pag. 134; ausserdem vgl. auch unter Arabis caerulea. Gelegentlich ist die Art auch in Felsspalten anzutreffen (in tieferen Lagen zusammen mit Carex tenuis und C. mucronata, Kernera saxatilis, Rhamnus pumila, Veronica latifolia), ferner im Sand der Bäche, seltener in weniger offenen Pflanzengesellschaften, in Schneetälchen, in der Poa alpina-

414 Läger, in lockeren Beständen von Carex ferruginea sowie im Caricetum firmae. — In den ansehnlichen,>weissen, proterogynen Blüten überragt die Narbe fast stets sämtliche Antheren, so dass spontane Selbstbestäubung fast ausgeschlossen erscheint. Besuchende Insekten bewirken vorzugsweise Selbstbestäubung. Zuweilen ist Gynomonoecie zu beobachten. Die Fruchtstände bleiben den Winter über erhalten („Wintersteher“). Die durch eine unterhalb und zwischen den Sternhaaren vorhandene, ruhende Luftschicht geschützten Rosettenblätter sind winterhart. — Wie bei Cardamine amara u. a. können auf den unteren Laubblättern gelegentlich Adventiv­ knospen Vorkommen. Als weitere abnorme Bildungen sind gefüllte und vergrünte (diese können auch künstlich durch Infektion mit Aphiden hervorgerufen werden) Blüten beobachtet worden.

Jacq. (= A. Jacquinii Beck, = Turritis bellidifolia All.). M assliebchen-Gänsekresse. Taf. 136, Fig. 5 und Fig. 852i bis 1. Ausdauernd, 15 bis 30 (40) cm hoch. Wurzel ziemlich dünn, spindelförmig, ver­ ästelt. Sprosse ziemlich zahlreich, gestreckt, mit den Resten der abgestorbenen Laubblätter locker bedeckt, in sterile oder in stengeltragende Blattrosetten endigend, teilweise dünn, aus­ läuferartig kriechend und sich bewurzelnd, lockere reichbeblätterte Schöpfe bildend. Stengel meist zahlreich, aufrecht oder bogig aufsteigend, einfach oder (sehr selten) ästig, kahl. Rosettenblätter länglich-verkehrteiförmig, allmählich in den langen Stiel verschmälert, ganzrandig oder unregelmässig buchtig-gezähnt, kahl oder die jüngeren gegen den Blattgrund zu mit spärlichen, einfachen Haaren. Stengelblätter zahlreich, sitzend, eiförmig, lanzettlich, stumpf, in den Blattgrund verschmälert oder undeutlich geöhrt. Blüten in dichtblütigem, trugdoldigem Blütenstand (Fig. 852i), auf 3 bis 5 mm langen, aufrechten Stielen. Kelch­ blätter aufrecht, ungesackt, eiförmig, schmal-weisshautrandig, gegen die Spitze zu violett gefärbt, 3 bis 3,5 mm lang. Kronblätter länglich-verkehrteiförmig bis keilförmig, vorn abgerundet, 6 bis 7 nim lang. Längere Staubblätter 5 mm lang. Schoten in verlängertem Fruchtstand auf fast aufrechten, 7 bis 15 mm langen Stielen aufrecht, 2,4 bis 4 (4,5) cm lang und 1,8 bis 2,3 mm breit, beidendig abgerundet. Klappen flach, mit deutlichem Mittelnerv und mit schwächeren, netzigen Seitennerven (Fig. 8521). Griffel 0,5 bis 1 mm lang. Narbe flach, wenig breiter als der Griffel. Samen rundlich (Taf. 136, Fig. 5), 1,5 bis 2 mm lang, ringsum mit schmalem Flügelrand, dunkelbraun. — V bis VII. Verbreitet und ziemlich häufig auf feuchtem (durch Quell- und Schmelzwasser durchtränktem) Schutt und Grus, auf überrieselten Felsen, im Sand und im Kies der Hachalluvionen, in Quellfluren, an feuchten, moosigen Standorten, an sumpfigen Stellen, auf frischen Wiesen und Weiden, im Rhododendrongebüsch, in den Beständen der Legföhre der A lp en ; von der subalpinen Stufe (in den Bayerischen Alpen bei Ruhpolding bereits bei 720 m, in Niederösterreich bei Hohenberg bei 474 m, in Steiermark in den Voralpen von 800 m an) bis in die nivale Stufe (am Valserhorn in Graubünden bis 2870 m). Auf kalkreicher Unter­ lage; auf Urgestein nur dann, wenn dieses kalkreich oder wenn kalkhaltiges Wasser in der Nähe ist. Zuweilen auch herabgeschwemmt. 1335. ArablS bellidifölia

In D e u t s c h l a n d in den Bayerischen Alpen verbreitet; herabgeschwemmt auf der Hochebene (Soyermühle bei Bayersoien, Sauersbach bei Tölz, Hammer bei Tegernsee, bei Thalham, an der Salzach unterhalb Burghausen. Angeblich auch am Riesenberg bei Braunschweig (hier aber sicherlich nicht spontan!). — In O e s t e r ­ r e i c h in Salzburg verbreitet; in Oberösterreich ziemlich selten; in Niederösterreich sehr zerstreut; in Steier­ mark zerstreut; in Kärnten verbreitet; in Krain sehr selten; in Tirol auf Kalk verbreitet, auf Urgestein selten, dem ganzen Oetztalerstock, dem Zentralgneis der Zillertaleralpen sowie auf allen Granitstöcken fehlend, in den Südalpen seltener. Herabgeschwemmt an der Mündung der Lutz 520 m, Innufer bei Eichelwang 490 m. — In der S c h w e i z verbreitet; auf Urgestein immerhin seltener.

A llg em ein e V erb reitun g: Pyrenäen, Alpen, Karpaten (von der Tatra östlich bis Oslawa — Lupkow — Laborcza). Aendert ab: var. i n t e r m é d i a Hüter. Laubblätter und unterer Teil des Stengels wimperig-behaart, dazwischen vereinzelte Sternhaare. Blüten grösser. Standortsform trockener, schotteriger Stellen der Kalkalpen

415 (T iro l, V o ra rlb e rg ). — var. s u b c i l i a t a V ollm ann. L a u b b lä tte r sc h m äler, am S ten g el in g e rin g e re r Z ahl, m it A u sn ah m e der o b e rste n am R a n d e von e in fach en H a are n o d er von G a b e lh a a re n z e rstre u t b e w im p e rt. K ro n e klein. T ro c k e n e H e id estellen , ln O b e rb a y e rn zw ischen K rü n n u n d M itte n w a ld , ca. 950 m. A ra b is bellid ifo lia g e h ö rt dem m ittele u ro p ä isc h -alp in en E le m en t an. V o r allem e rsch e in t die Pflanze g e rn a u f dem fe u ch ten , von S c h m elz w asse r d u rc h trä n k te n S c h u tt und G ru s d e r a lp in en S tu fe n e b en H u tc h in sia alp in a, A ra b is caeru lea, S a x ifra g a ste lla ris und S. aizoides, E pilobium anag allid ifo liu m , A chillea a tra ta , R an u n cu lu s a lp e stris etc. H äufig is t die A r t a u c h a u f ü b e rrie se lte n F elsen , in den A lluvionen d e r B äche, se lte n e r auf fe u c h te n W eid en , im E ric e tu m c ärn e ae , im R h o d o d e n d ro n g eb ü sch , im K ru m m h o lz, an hu m o sen , m oorigen S ta n d ­ o rte n , in S ü m pfen, im T ric h o p h o re tu m c ae sp itö si, a u f S p h a g n u m - u n d H ypn u m an flü g en anzutreffen. In tie fe re n L a g e n is t das V o rk o m m en von A ra b is b e llidifolia fa st ganz auf die G eröllfluren, B a ch k ies- und S andalluvionen b e sc h rä n k t. — Di e w eissen B lüten sind p ro te ro g y n m it lan g le b ig e n N a rb e n . B ei sonnigem W e tte r spreizen sich d ie S ta u b b lä tte r n a ch au sse n , so dass b esu c h en d e In se k ten m eist F re m d b e s tä u b u n g h e rb eifü h ren . B ei trü b e m W e tte r d a g eg e n b leib e n die sich öffnenden und m it d e r N a rb e gleich h o c h ste h en d e n A n th e re n der län g e ren S ta u b b lä tte r d e r e rste re n z u g e w a n d t u n d b e le g en sie m it P ollen. D ie g län zen d en L a u b b lä tte r sind W intergrün. D e r F ru c h ts ta n d b le ib t den W in te r ü b e r e rh alte n .

1336. Arabis alpina L. ( = A . incäna M oench, = T u rritis verna Lam .). A l p e n G ä n s e k r e s s e . F ra n z .: C orbeille d ’a rg e n t; engl.: A lpine rockcress; ita l.: Pelosella d ’alpe. T af. 125, F ig. 24 und 56; F ig. 853, F ig. 855 a bis c und F ig. 854. A u sdauernd, 6 bis 40 cm hoch. W urzel spindelförm ig, ästig, lang und dünn, weisslich. Sprosse in lockeren R asen w ag rech t kriechend, m eist m ehrere (2 bis 5), an der S pitze m it einer B lattrosette oder in R o setten und in S tengel endigend. S tengel aufrecht oder aufsteigend, einfach oder ästig, von einfachen H aaren und von S tern h aaren rauh, reichlich b eb lättert. G ru n d stän d ige B lät­ ter ro settig, län g lich -v erk eh rt­ eiförm ig, in den kurzen Stiel v er­ schm älert, von S tern h aaren und von vereinzelten einfachen H a aren rauh, g rü n , grob gezähnt. S ten g elb lätter eiförm ig m it h e rz ­ förm igem G runde sitzend. Blüten in m eist reichblütiger, d ich ter T ra u b e auf 5 bis 12 mm langen, aufrech t - a b steh e n d en , kahlen o d er seltener b eh a arten Stielen. K e lc h b lä tte r länglich, 3 bis 4 mm lang, w eisshautrandig, kahl oder selten er stern h a arig ; die äusse­ ren tief gesackt. K ro n b lä tte r keilförm ig, län g lich -v erkehrtei­ förm ig (Fig. 855 b), allm ählich in den N ag el zusam m engezogen, 7 bis 10 mm lang und 2,5 bis 3,5 mm breit, weiss. L än g e re S ta u b b lätte r ca. 6 mm lang. S choten in verlän g erter, lockerer T ra u b e, auf gebogenen, oft fast w agrecht-abstehenden, 8 bis 14 mm langen Stielen, (10) 25 bis 60 mm lang und 1,5 bis 2 mm b re it (Fig. 855 c). K lap p en flach, m it undeutlichem M ittelnerven und

416 m it schw ächeren netzig-verzw eigten Seitennerven. Sam en rundlich, flach, 1 bis 1,5 mm lang, m it ziem lich breitem F lügelrand, g latt, braun. — III bis H erbst. V erb reitet und häufig an frischen bis feuchten F elsen, im F elsschutt, im Geröllund S an d d er B äche und Flüsse, auf M oränen, in B lockfeldern, an Q uellen, in feuchten S chluchten der A l p e n (selten auch ruderal an M auern); von der m ontanen Stufe (in V o ra rlb erg bei F eld k irch bereits bei 460 m , bei D ornbirn bei 420 m) bis in die nivale Stufe ansteigend (noch über 3250 m). M it denFlüssen häufig h erab ­ geschw em m t (am Isonzo bis 2 S tunden oberhalb der E inm ündung; am R hein bis St. M a rg a ­ rethen, an der Isar bei L an d sh u t bis 400 m). i \ u f allen U n terlag en ; doch auf kalkarm em U rg e ­ stein seltener. In D e u t s c h l a n d in den A lgäuer, B ayerischen und F i g 1. 854. G e s a m t v e r b r e i t u n g v o n A r a b i s a l p i n a L. S a lz b u rg e r A lpen v e rb re ite t; ( N a c h M a r r e t , L. l e o n e s F l o r a e alp in ae pla ntarum.) a u f d e r H o c h eb e n e an den g rö sseren F lü ssen h e ra b g e sc h w e m m t, so an der Iller bis A itra c h , bei M em m ingen, K a u fb eu re n , L ec h b ru c k , a n d e r Isa r b is L a n d sh u t, b ei B e rn au am C hiem see, an der S alzach bis u n te rh a lb B u rg h a u se n . A u sserd em im E isass a u f Ju ra k a lk bei Pilrt. a u f einer R heininsel bei S peier (1881 bis 1901), h ie u n d da im S c h w ä b isc h en und F rä n k isc h en J u ra (von H au sen an der S ta rze i bis K önigsbronn, bei H eid en h eim , von T re u c h tlin g e n bis zum S ta ffel­ stein ), im S au e rla n d e an den B ru c h h ä u se r S tein en b e i B rilon '(N o rd s e ite des B o rn stein es, R a b en ste in ), am S ü d ra n d e des H a rze s b ei der e h em alig en E llrich e r P a p ierm ü h le a u f G ip sfe lse n sc h u tt (S ta n d o rt d u rc h den B e trie b eines G ip sb ru c h es g e fä h rd e t!) u n d im R iesen g e b irg e in der K lein en S c h n e e g ru b e auf B a sa lt ca. 1300 m. V e rw ild e rt a n g eb lich b ei S tu ttg a rt. — In O e s t e r r e i c h v e rb re ite t u n d m e ist gem ein in den A lp e n ; h e ra b ­ g e sc h w e m m t an d e r K rem s b e i M ichldorf, an der S te y er und E nns, b ei S te y r usw . — In der S c h w e i z in den V o ralp en u nd A lpen v e rb re ite t, im J u ra h ä u fig ; au ch n o c h an d e r G o ld a ch b e i S t. G allen, b e i O b e rrie t und F o rs te c k im R h ein tal.

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g (vgl. F ig. 854); E u ro p a : S ierra N evada, P y ren äen , A u vergne, C evennen, C orbieres, A lpen, Jura, D eutsche M ittelgebirge, A pennin, Illyrische und Serbische B ergländer, K a rp aten , S kye Insel in S chottland, F ä r-O e r Inseln (in E ng lan d angeblich verw ildert), F ennoskandinavien vom N o rd k a p bis N o rd -K ristian ssan d , H erjed al, K uusam o und K ola, R ussisch L ap p lan d , S am ojedenland, W a ig a tsch Insel, N o w aja Sem lja, K olgujew -Insel, Jan M ayen-Insel, B ären-Insel, S pitzbergen, Islan d ; G rönland (nördlich bis 78° nördl. B reite); A laska, L a b ra d o r; Sibirien, H im alaya.

crispäta

A e n d ert a b : subsp. (W illd.) W eitst. ( = A. u n d u la ta L in k , = A . in cän a R oth). L a u b ­ b lä tte r g rö sser, zw ischen den Z äh n en o ft gew ellt, in d e r Ju g e n d d ic h t w e issg ra u -ste rn h a a rig , sp ä te r verk ah len d , dünn. B lütenstiele und T rau b e n sp in d el dünn, k ah l o d er fa st kahl. K ro n b lä tte r lä n g e r, 8 bis 9 m m lang. V e rtritt n a c h R. v . W e t t s t e i n (B e itra g zur F lo ra A lbaniens in B ib lio th ec a B o tan ic a. H e ft 26, 1892) den T y p u s in den S ü d ­ alpen. V erein zelt in S ü d o stste ie rm a rk b ei der R uine O bercilli, a u f dem W o tsc h , auf den G osnik bei Cilli, b e i R ie z u s w .; in K ra in b e i Id ria (K obila, S tru g , B elza), b e i S c h w a rz e n b e rg ob Id ria, b e i P la n in a am U rsp ru n g der Unz bei d e r G ro tte K leinhäusel, am Z irk n itzersee, im S a v e ta l g e g e n ü b e r S a g o r, b e i P iav sk o n ä c h s t G u rkfeld, a u f der G ö tten itze ralp e im G o ttsc h e e rg e b ie t, a u f den N anos, a u f dem K ra in e r S c h n e e b e rg ; in S ü d tiro l in den V o r­ a lp e n tälern am S chiern, a u f d e r S eiseralp e (M a h lk n ec h tssc h w a ig e ), b ei P rim ö r, im V al V estin o (bei A ndalo). H ie h e r a u ch f. a n s c h o r e t i c a P o rta . W urzel se h r dünn. L a u b b lä tte r dicklich, b leic h g rü n , m eist g an zra n ö ig .

417 Blüten nur wenige, 2 bis 7 (8). „Höhlenform“. „Am Eingänge der Höhlen, wo mehr Regen und Licht zu­ kommt, verwandelt sie sich in die Form l á t e n s Porta, welche dann rasch bei offenem Boden in die A. alpina ß crispata übergeht“ (Vgl. Hü t e r , R. Herbarstudien in Oesterr. Botan. Zeitschrift. 1908). In Südtirol im Val Lorina gegen Vall’Ampola, Val di Ledro, Monte Corno, Valle di Santa Lucia und im Wallis (Grottes de Bellalui). — f. n a n a Baumg. Pflanze kleiner. Laubblätter wenig zahlreich, weniger gezähnt, am Grunde schwach herz­ förmig. Pflanze armblütig (Kümmerform der nivalen Stufe der Alpen). — f. de nud ä t a Beck. Habitus von f. näna, aber Blütenstiele und Traubenspindel kahl (Raxalpe in Niederösterreich). — var. D e g e n i ä n a Thellung. Wuchs der f. nana, aber Frucht relativ kurz und breit (etwa 3 cm : 2 mm ; beim Typus nur U/s mm breit), an A. pumila erinnernd. Samen breiter geflügelt (Flügelrand an den Seiten 1¡z bis 1/i so breit als der Same selbst). Hochalpenform (Wallis, Graubünden). — var. p y r a m i d a l i s Beauverd. Stengel einzeln, steif aufrecht, vom Grunde an sehr ästig; Aeste abstehend, von unten nach oben an Länge abnehmend. Pflanze daher im Umriss breit pyramidenförmig (Salève, Lemanische Alpen). — var. C l u s i ä n a Schrank. Laubblätter gross, dünn. Sprosse lang, ausläuferartig (Standortsform tiefer Lagen). Arabis alpina gehört dem arktisch-alpinen Element an. Die Pflanze besiedelt frische bis feuchte Felsen und erscheint in der montanen Stufe häufig zusammen mit Phyllitis Scolopendrium, Asplénium viride, Tamus communis, Moehringia muscosa, Kernera saxatilis, Lunaria rediviva, Salvia glutinosa, Valeriana tripteris usw. In der nivalen Stufe tritt sie zusammen mit Agrostis rupestris, Festuca Halleri, Luzula spicata, Cerastium uniflorum, Draba dubia, D. Fladnizensis, Saxifraga moschata, Erigeron umflorus, Artemisia laxa usw. auf. An den Basaltfelsen der Kleinen Schneegrube im Riesengebirge kommen neben ihr — und zwar ebenfalls nur auf diesen Standort beschränkt — vor: Woodsia Ilvensis subsp. alpina (Bd. I, pag. 14), Saxifraga nivalis, S. bryoides und S. moschata, Androsace obtusifolia sowie Myosotis alpestris. Im Südharz zählt A. alpina wie Salix hastata, Rosa cinnamomea, Arabis petraea, Biscutella laevigata, Gypsophila repens zu den glazialen Reliktpflanzen. Ebenso häufig wie auf Felsen findet sich A. alpina auch in der subalpinen, alpinen und nivalen Schuttflur. Immerhin meidet die Pflanze den sehr beweglichen Schutt und zieht ruhigere Stellen zwischen grösseren Blöcken vor; in Blockfeldern besiedelt sie die spärlichen Humusansammlungen zwischen den Steinen. Seltener wagt sie sich auch in die geschlosseneren Gesellschaften hinein, so auf steiniger Unterlage in die Bestände von Rhododendron hirsutum sowie ins Pinétum montänae. — Die Blüten sind homogam. Von den 4 Honigdrüsen sind die an der Aussenseite des Grundes der kurzen Staubblätter sitzenden die grösseren; ihr Nektar sammelt sich in den Aussackungen der darunter stehenden Kelchblätter. Die Antheren der längeren Staubblätter wenden bei sonnigem Wetter ihre pollenbedeckte Seite den benachbarten kürzeren zu, so dass sie die seitlichen Zugänge zum Nektar flankieren und ein nektarsaugendes Insekt sie streifen muss. Bei trübem Wetter kehren sie dieselbe der Narbe zu und berühren sie häufig, so dass dann spontane Selbstbestäubung eintritt. Die Blüten, wie auch die Blattanlagen, sind im Winter bereits weit vorgebildet, so dass eine kurze Wärme- (Föhn-) période genügt, um sie zur Anthese zu bringen. A. alpina ist eine der ersten Frühlingsblumen und zeigt bis spät in den Herbst hinein neben reifenden Früchten einzelne Blüten. Der Stengel bleibt den Winter über erhalten und zerstreut die Samen über dem Schnee („Wintersteher“). Die Laubblätter sind teilweise Wintergrün. An das Leben im lockeren Schutt zeigt A. alpina besondere Anpassungen. So verlängern sich die unteren Internodien der Aeste bedeutend, so dass diese in lockeren Schöpfen durch und über den Schutt kriechen können („Schuttüberkriecher“). — Von Miss­ bildungen kommen in Betracht: Stengelfasciation, seitliche Durchwachsung von Blüten aus den Achseln der Laubblätter (Ueber eine üppige Form mit bis 7-facher, medianer, floraler Durchwachsung und mit derben, mit viel- (nicht 4-) strahligen, zottigen Haaren besetzten Laubblättern, die unter dem Namen A. al pi na var. f l o r e p l e n o hört, in Gärten kultiviert und durch Stecklinge vermehrt wird, vgl. N a w r a t i l l , H. in Oesterr. Botan. Zeitschrift. Bd. LXVI, 1916), ferner axillare und extraflorale Prolifikation, Fehlen oder Verkleinerung der Kronblätter oder Staubblätter, das Auftreten von 1 Staubblatt an Stelle von je 2 längeren, Ersatz der Staub­ blätter durch Fruchtblätter, das Vorkommen von 3 und 4 Fruchtblättern, das Auftreten von Blüten oder Blüten­ ständen im Innern der Frucht durch seitliche oder zentrale Durchwáchsung, das Hinzutreten eines zweiten, mit dem ersten abwechselnden Fruchtblattpaares, die Bildung unvollständiger Blüten auf der Innenseite des Fruchtblattes sowie die Vergrünung der Blüten durch Einwirkung von Aphis-Arten. Bastarde: A r a b i s a l p i n a L. X A. h i r s u t a (L.) Scop. ( = A. P a l e z i e ü x i i Beauverd). Laub­ triebe fehlend. Stengel aufrecht, 30 cm hoch, fast vom Grunde an ästig; Aeste in Blütenstände ausgehend, mit dem Gipfeltrieb gleichzeitig blühend. Untere Stengelblätter elliptisch, beiderends abgerundet, stumpf, grob-gezähnt, mit stumpfen Oehrchen stengelumfassend. Behaarung wie bei A. hirsuta (doch einfache Haare am Blattrand spärlich). Blüten in Grösse, Form etc. wie bei A. hirsuta, aber Kelch anfangs grünlich (nicht schwarzpurpurn überlaufen, wie bei daneben wachsenden Exemplaren von A. hirsuta). Dieser Bastard steht mithin der A. hirsuta sehr nahe und unterscheidet sich von dieser Art fast nur durch die Verzweigung, durch die Blattform und die Farbe der Kelchblätter. Habitus intermediär. Früchte vollständig fehlschlagend (Vallée du Reposoir, 800 m in Hochsavoyen). — A. a l p i n a L. X A. C au c a s i c a Willd. Nur kultiviert; angeblich auch verwildert H e g i , F l o r a Bd . I V .

119

418 ( K r a u s e b e i S tu rm Bd. V I, p a g . 166). *— A. b e l l i d i f o l i a Ja c q . X A . c o r y m b i f l o r a V e st soll n a c h K r a u s e (b e i S tu rm , 2 . A u flag e, B d. V I, p a g . 168) in d e r S chw eizv o rk o m m en , w a s se h r frag lich ist. — S e h r z w eifelh aft ist a u c h A . h i r s u t a (L.) Scop. X A. m u r a l i s B e rt. N a c h D u t o i t (b e i G r e m l i , A. N eue B e iträ g e z u r F lo ra der S ch w eiz III [1883], pag. 35) am S aleve. — A . b e l l i d i f o l i a Ja c q . X A . p u m i l a W ulfen ( = A . R e e t i c a B rü g g e r, = A. bellidifolia Ja c q . v ar. in te rm e d ia H ü te r) aus T iro l n a ch K r a u s e (b e i S tu rm B d.V I, p a g . 168) auch a u s d e r S ch w eiz an g eg e b en . W ird von M u r r in der D e u tsc h e n B o tan . M o n a tssc h rift. Bd. X V ( 1 8 9 7 ) » p a g . 7 7 a u s­ fü h rlic h b e sc h rie b en . N a c h H ü t e r h a n d e lt es sich um eine S ta n d o rts fo rm von A . bellidifolia. D a l l a T o r r e u n d S a r n t h e i n e rteilen d e r Pflanze so g a r das A rtre c h t. — A . c a e r u l e a All. X A. p u m i l a W u lfen ( = A. s u b n i v a l i s B rügger). W ird aus G ra u b ü n d en a n g e g e b e n , is t a b e r zu stre ic h e n (vgl. J. B r a u n in Ja h re s ­ b e ric h te der N a tu rfo rsc h . G esellsch. G ra u b ü n d en s. Bd. L II [1910], p a g . 2 7 ) . — A . c o r y m b i f l o r a V e st X A. h i r s u t a (L .) Scop. ( = A . M ü r r i i K h e k ). H ä lt die M itte z w isch en den E lte rn . E rin n e rt d u rc h den steiferen S tengel, die v io le tt a n g elau fen en K e lc h b lä tte r, d u rc h die langen K ro n b lä tte r, d u rc h die m it verein zelten , k rä ftig en Z äh n en v erseh e n e n G ru n d - und S te n g e lb lä tte r und die n u r m ässig a b ste h e n d e n S c h o ten an A . h irsu ta (M ühlau an d e r N o rd se ite des S p itzb ü h e l und B re itb ü h e l, b e i In n sb ru c k , b e i V o m p .). N a c h M u r r (briefl.) sc h e in t A . M u rrii in V o ra rlb e rg als Z w isc h e n a rt [„ a b e r m eh r m it dem C h a ra k te r e in e r steiferen , ra u h e re n , s tä rk e r g e ­ z äh n te n A . a lp e s tris “] ziem lich v e rb re ite t zu sein (R an k w eil, u n te re Illsch lu c h t b e i F e ld k irc h ). — A . c o r y m b i -

m

Fig-, 855. A r a b i s a l p i n a L . a H a b i t u s (1 / 2 natürl. G r ös s e) , b B l ü t e , c F r u c h t . — A r a b i s S c o p o l i a n a B o i s s . d, e H a b i t u s der b lü h e n d e n u nd der fr u c h t e n d e n Pf la nz e, f B lü t e , g Kr on b la tt . h K e l c h b l a t t , i Fr u c h t . — A r a b i s m u r a l i s Ber t, s u b s p . c o l l i n a (T en .) T h e l l u n g ’ v ar. r o s e a DC. k F r u c h t s t a u d . I B lü t e , m F r u c h t .

f l o r a V e st X A. s e r p y l l i f o l i a Vill. ( = A . T h o m ä s i i T h ellu n g ). H a b itu e ll m eh r an A . corym biflora e rinnernd. B lü te n sta n d sa c h se k rä ftig , e tw a s g e b o g en (a b er n ic h t z ick zack fö rm ig ), a b e r S te n g el feiner, m ehr a n g e d rü c k t, ste rn fö rm ig b e h a a rt. S tengel am G ru n d e v e rä s te lt; eine g u t e n tw ic k elte, g ru n d stä n d ig e B la ttro se tte fe h lt w ie b e i A . serpyllifolia. F rü c h te k ü rz e r und b re ite r als b ei A . serpyllifolia. B lü te n sta n d sa ch se k rä ftig er. S te rn h a a re d e r L a u b b lä tte r an d ers g e fo rm t. S te n g el w ie b ei A. serp y llifo lia b e h a a rt (n u r v e rlä n g e rte G a b el­ h a a re v e rh ä ltn ism ä ssig z ah lreic h er). L a u b b lä tte r fa st au ssc h lie sslic h m it 3- bis 4 -stra h lig e n S te rn h a a re n b esetzt, diese a b e r im G e g en satz zu A . serpyllifolia g rö sste n te ils v e rlä n g e rt (B a sa lstü c k so lan g o d er län g e r als die A este) u n d d eren S tra h le n o ft n ic h t aus einem P u n k t e n ts p rin g e n d ; diese H a a rfo rm zum T y p u s des doppelt g e g a b e lte n S te n g e lh a a re s ü b e rle ite n d . L a u b b lä tte r d a d u rc h m e h r b o rs tig als b ei A. serpyllifolia (S chw eiz: P o n t de N a n t su r Bex im K a n to n W a a d t). — A. h i r s u t a (L ) Scop. su b sp . p 1a n i s i l i q u a (P e rs.) T h e llu n g X A. h i r s u t a (L .) Scop. b e i L ie g n itz in S chlesien (nach T h . S c h u b e , F lo ra von S chlesien). — A . m u r a l i s Bert. X A . s c a b r a All. ( = A . h y b r i d a R e u te r). Pflanze w e n ig e r s ta rk b e h a a rt w ie A . m uralis. S te n g el 10 bis 20 cm h o c h , n ie d rig e r als b e i A. m u ralis, a u fre c h t. R o s e tte n b lä tte r g e z ä h n t, in den S tiel v e rsch m ä le rt. S tengel­

419 blätter nicht geöhrt, am Grunde abgerundet. Kronblätter schmutzig weiss. Kelchblätter ungesackt. Frucht­ stiele aufrecht-abstehend (bei A. muralis aufrecht). Schoten aufrecht, mit der Achse fast parallel, aber nicht zusammenneigend, kürzer als bei A. scabra, zusammengedrückt 4-kantig (bei A. scabra nicht zusammengedrückt). Am Saleve bei Genf. — Der Bastard A. pro c u rr en s Waldst. et Kit. X A. S c o p o 1ian a Boiss. ( = A. d i g e n e a Fritsch) wurde 1877 von T r a u t m a n n künstlich erzeugt. Er hält zwischen den Eltern die Mitte und hat grosse Aehnlichkeit mit Arabis Vochinensis. Die Haare der Laubblätter sind teils einfach, teils gegabelt (unter der Gabel gestielt und dadurch vom Blattrand entfernt, nicht wie bei A. procurrens dem Rande anliegend). (Vgl. C. F r i t s c h in Verhandlungen der k. k. zool.-botan. Gesellschaft in Wien. Bd. 44, 1894, pag. 314, 315).

CCCLV

C a rd a m in ö p s is *1) (C. A. M eyer) H ayek.

Schaumkresse.

Zwei- oder mehrjährige Kräuter. Grundblätter rosettenförmig, ungeteilt oder leierförmig-fiederspaltig bis fiederschnittig. Stengelblätter mit verschmälertem Grunde sitzend oder kurzgestielt. Haare des Stengels und der Laubblätter ästig, selten einfach. Eiweiss­ schläuche chlorophyllfrei, an das Leptom der Leitbündel gebunden. Kelchblätter aufrecht, ungesackt. Kronblätter lang genagelt (Fig. 856 b), weiss, rosarot oder violett. Honigdrüsen 4 (Fig. 856 e); die beiden äusseren den Grund der kürzeren Staubblätter ringförmig umgebend, nach innen offen, die beiden inneren dreilappig; zuweilen die äusseren und inneren mit­ einander schmal verbunden. Schoten lineal (Taf. 136, Fig. 3 a). Klappen flach, über den Samen höckerig Fig. 856 f), mit ±. deutlichem Mittelnerv. Oberhautzellen der derben Scheidenwand länglich, mit welliger, stark verdickter Wand. Samen flach, unberandet oder mit ± deutlichem Flügelrand, einreihig. Die Gattung umfasst ca. 11 Arten, von denen 8 der europäischen Flora angehören; die übrigen haben in Ostasien ihre Heimat. Von der Gattung Arabis, mit welcher Gattung Cardaminöpsis bisher vereinigt wurde, unter­ scheidet sich dieselbe vor allem durch die Lagerung der Eiweissschläuche, die bei Arabis chlorophyllhaltig sind und dem Mesophyll der Laubblätter eingelagert sind, während diese bei Cardaminöpsis chlorophyllfrei sind und im Leptom der Leitbündel liegen. Andere Unterschiede zeigen sich im Fruchtbau. Bei Cardaminöpsis ist die Scheidewand derb und infolgedessen sind die Samen kaum eingesenkt und die Klappen nach aussen höckerig ausbeulend, bei Arabis jedoch weicher und die Samen der beiden Fächer infolgedessen wechselweise eingesenkt, die Klappen flach oder nur wenig höckerig. Wegen ihrer Beziehungen zu Cardamine wird die Gattung Cardaminopsis in neuerer Zeit zu den Cardamininae gestellt. 1. Grundständige Laubblätter länglich, ganzrandig oder unregelmässig grob-gesägt bis buchtig. Alle Stengelblätter lineal-länglich, ganzrandig. Im Fränkischen Jura, Harz und in Oesterreich. C. h i s p i d a nr. 1337. 1*. Grundständige Laubblätter verkehrt-eilänglich, sehr selten ungeteilt, meist leierförmig-fiederspaltig oder fiederteilig. Stengelblätter sehr selten ganzrandig, wenigstens die unteren gezähnt oder fiederspaltig. 2. 2. Laubblätter dicklich. Pflanze fast kahl oder kahl. Einzig am Hohen Veitsch in Steiermark. C. n e g l e c t a nr. 1340. 2*. Laubblätter dünn. Pflanze + stark behaart . . 3. 3. Pflanze ohne Ausläufer. Stengelblätter lanzettlich. Blüten auf 3 bis 5 mm langen Stielen Aeussere Kelchblätter deutlich gesackt . C. a r e n o s a nr. 1338. 3*. Pflanze Ausläufer treibend. Stengelblätter eiförmig. Blüten auf (3) 5 bis 12 mm langen Süden. Aeussere Kelchblätter ungesackt C. H a l l e r i nr. 1339

1337. Cardaminöpsis hispida (Mygind) Hayek (= Arabis petraea [L.] Lam., = A. hispida L., = A. Crantziana Ehrh., = Cardamine petraea L.). F elsen -S ch a u m k resse. Taf. 136, Fig. 3 und Fig. 856 g. Ausdauernd, 10 bis 23 (35) cm hoch. Wurzel dick, spindelförmig, gelblich. Sprosse kurz, verzweigt, von den Resten der abgestorbenen Laubblätter schuppig, in stengeltragende Laubrosetten endigend oft verholzt. Stengel mehrere, aufrecht oder aufsteigend, einfach oder meist ästig, im unteren Teil von meist einfachen, abstehenden Haaren rauh, oberwärts kahl, blaubereift. Rosettenblätter länglich, in einen längeren, am Grunde verbreiterten Stiel all*) Von Cardämine = = Gesicht, Aussehen.

Name einer Pflanzengattung (vgl. oben pag. 335) und griech. oy)ig [öpsis] 1 19*

420 m ählich verschm älert, g an zran d ig oder unregelm ässig g ro b -g esäg t, oder buchtig, von ein­ fachen und g eg ab elten H a aren ± rauh. S te n g elb lätter lineal-länglich in den G rund all­ m ählich verschm älert, vorne stum pflich abgerundet, g an z ran d ig o d er untere m it vereinzelten Zähnen, kahl oder spärlich (besonders am B lattran d ) einfach- und sternhaarig. B lüten in lockerem , traubigem B lütenstand auf aufrecht-abstehenden, kahlen, 4 bis 6 mm langen Stielen. K e lc h ­ b lä tte r 272 bis 3 mm lang, b re it­ länglich, gelblichgrün, weisshautra n d ig . k ah l; die äusseren am G runde etw as gesackt. K ronb lä tte r b reit - verk eh rt - eiförm ig, ziem lich rasch in den kurzen N ag el verschm älert, 6 bis 8 mm lang, weiss, seltener lila. L än g ere S ta u b ­ b lä tte r 4,5 b is 5 mm lang. S choten in verlängertem F ru ch tstan d auf aufrecht-abstehenden, dünnen, 6 bis 12 mm langen Stielen au frech t­ abstehend, m it dem Stiel keinen W inkel bildend, lineal, 2bis4,5m m lang und 1 bis 1,5 mm breit, auf 0,5 mm langem F ru c h tträ g e r. K la p p e n flach m it deutlichem M ittelnerv und ± deutlichen, n etz­ förm ig verzw eigten S eitennerven. G riffel zylindrisch, 0,7 bis 1 mm lan g ; N a rb e flach, sehr w enig breiter. Sam en eiförmig, 1 bis 1,5 mm lang, g latt, gelb, an der S pitze geflügelt. — (IV) V bis F i g . 856. C a r d a m i n o p s i s H a l l e r i (L.) H a y e k , a H a b it u s , b B lü t e , c K e l c h ­ V II (V III), zuweilen im H e rb st b la tt . d B lü t e n a c h Entfernung' der K e l c h - u nd K r o nb lä tt e r. e H o n i g d r ü s e n . / F r u c h t . — C a r d a m i n o p s i s h i s p,i d a ( M y g . ) H a y e k , g H a b i t u s ( ’/ 2 n a t ü r l. G r ö ss e) . nochm als blühend. Z erstreu t und nur stellenweise häufig'; auf K alk-, D olom it-, B asalt- und S an d stein ­ felsen, in F elsspalten, a u f F ein erd e an F elsvorsprüngen, auf F elsschutt m it F einerde, selten auch auf S andboden, im K ies der Bäche, im lichten F ö h ren w ald der m ontanen und sub­ alpinen Stufe. F ast n ur auf kalkreichen U nterlagen, selten auch auf S chiefer und B asalt. In D e u t s c h l a n d in B ayern einzig im J u ra (R ied e rta l bei D o lln stein , W e lte n b u rg , D ie tfu rt an der A ltm ü h l, V e lb u rg , N eid stein b e i A m b e rg , E sc h en fe ld e n , in d e r F rä n k isc h e n S ch w eiz im P e g n itz - u n d W ie se n tg e b ie t v e rb re ite t [h ier ste lle n w eise g an ze H ügel w eiss ü b e rzieh e n d ), im S ü d h a rz (K o h n ste in b e i N ie d e rsa c h sw e rfe n ( von S tem p ed a am A lten [S to lb erg ] b is K a tz e n ste in b e i O ste ro d e, a n g e b lic h au ch am M äg d e sp ru n g , M eäseberg u n d bei E isle b e n ). F rü h e r ad v en tiv in F re ib u rg i. Br. — In O e s t e r r e i c h in O b e rö ste rre ic h im T ra u n k re is u n d S a lzk a m m e rg u t, u m W eyer, B lu m au eralm in der M olln, S to d e rta l a n d e r S tey erlin g , um H a llsta d t, S peikw ie s e ; in N ie d e rö ste rre ic h von K a lk sb u rg bis an die ste ie risch e G renze, a u f S c h ie fe r in der W ac h au von K rem s b is M elk u n d im K re m s ta l; in B öhm en (P ra g . R eponyi, R ak o w n ik , a u f dem S c h w a rz b e rg , L o b o sitz, B o sig b ei K lö ste rle a. d. E g e r); in M ä h re n (K ro n au , E ib e n sc h itz , O sla w a n , W is te rn itz ta l b ei O lm ü tz ); in S te ie rm a rk (L a n ts c h ; a n g eb lich a u ch b e i T ra g ö s s u n d M a ria z e ll); in K ra in (von F l e i s c h m a n n in d e r „U eb ers. F l. K rain s 111“ um L a ib a c h u n d in O b er-, In n e r- u n d U n te rk ra in a n g e g e b e n ; von P a u l i n b ish e r v e rg eb lic h g e s u c h t); in T iro l in d e r U m g e b u n g von R o v e reto bei V a lla rsa , a n g e b lic h a u c h im V in tsc h g a u (L a a se ra lp e n ).

421 A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : E u ro p a (Island, F är-Ö er, N orw egen, N ordschw eden, F innland, N o rd ru sslan d , W ales und S chottland, S üdw estharz, F rankenjura, O esterreich, U ngarn, K ro atien , S iebenbürgen); N ordasien; arktisches N ordam erika. A e n d e rt a b : v a r. g l a b r ä t a K o ch ( = v a r. ty p ic a B e ck z. T .). L a u b b lä tte r am G ru n d e g e z ä h n t oder b u c h tig , k a h l o d er sp a rsa m m it H a are n b e s tre u t (V e rb re ite t). — var. h i r t a K och ( = var. ty p ic a B eck z. T .). L a u b b lä tte r g a n zra n d ig o d er am G ru n d e a u f b eid en S e ite n m it 2 b is 3 kleinen Z äh n en v erseh en u n d m it kü rzeren , g a b elig en H a are n d ic h te r b e se tz t. — v ar. p s a m m ö p h i l a B eck. K ro n b lä tte r 4 bis 5 m m lang. S c h o te n 20 bis 30 m m lang, k a u m 1 m m b re it (B esonders im F e lssc h u tt ste lle n w eise von P o tte n s te in b is z u r D ü rre n W an d in N ie d e rö ste rre ic h ). — var. f a l l a c i n a E rd n er. S te n g el k rä ftig e r, b is 35 cm ho ch , am G ru n d e e tw a s b e h a a rt. R o s e tte n b lä tte r fa st im m e r leie rfö rm ig -fie d ersp altig . B lü te n w eiss, o ft lila (R ie d e rta l b e i D o lln stein im F rä n k isc h e n Ju ra ). — A ra b is p e tra e a g e h ö rt dem a rk tisc h -a lp in e n E le m en t an. D ie S ta n d o rte im H a rz und im F rä n k isc h e n J u r a sind w ie diejen ig en von S a x ifra g a decip ien s als glaziale R e lik tsta n d o rte a n zu seh en . A m c h a ra k te ris tis c h s te n is t die A rt fü r tro ck e n e, n a c h S üden ex p o n ie rte K a lk - u n d D o lo m itfelsen , w o sie zu sam m en m it x e ro p h y tisc h en B e g le ite rn die S p a lte n b e sie d e lt und z w a r im F rä n k isc h e n J u ra in G esellsch aft von C a rex hum ilis, A llium m o n ta n u m (Bd. II, p ag . 221 u n d 222), D ia n th u s c aesiu s (Bd. III, p ag . 336), D ra b a aizoides (B d. IV , p ag . 377), T h la sp i m o n ta n u m , A lyssum saxatile, E ry sim u m c repidifolium , A ra b is alpina, Sem pervivum sobolife ru m , S edum alb u m etc. S e k u n d ä r findet sich die Pflanze g e le g e n tlic h auf F e lssc h u tt und auf B achalluvionen so w ie in lic h te n F ö h re n w ä ld e rn .

1338. C ard am in o p sis a re n o sa (L.) H a y ek (= A rab is arenosa Scopoli, = Sisym brium arenosum

L .,

= C ardám ine arenosa R oth). S a n d - S c h a u m k r e s s e . F ra n z .: ita l.: A ra b e tta sbrandellata. T af. 136, F ig . 4 und F ig. 857-

C h o lo t;

E in- bis zwei-, seltener auch m ehrjährig, (5) 15 bis 40 (100) cm hoch. W urzel spindelförm ig, v erästelt, weiss. S tengel aufrecht, m eist verästelt, im unteren T eile von weisslichen, einfachen o d er m eh r­ fach verzw eigten H a aren rauh, oberw ärts kahl. R o setten b lätter und u ntere S te n g elb lätter leier­ förm ig-fiederspaltig o der fiederteilig ; die u n tersten oft ungeteilt, die oberen m it bis 19 B la tta b ­ schnitten. A b sch n itte b re it-e i­ förm ig, am G ru n d e kaum zu­ sam m engezogen, g an z ran d ig oder am oberen R a n d m it einem breiten Z ahn. G ru n d b lä tte r kurz gestielt, von m ehrfach v erzw eigten H aaren ± rauh, am B lattstiel auch m it einfachen H aaren . O bere S ten g el­ b lä tte r lanzettlich, b u c h tig - g e ­ zähnt o d er dornig g ezähnt, kurz gestielt o d er sitzend, spärlich stern h a arig ; die obersten S ten g el­ b lä tte r sch m al-lan zettlich oder lineal, sitzend, g an z ran d ig , m eist fast kahl. B lüten in dichter T ra u b e auf aufrecht-abstehenden, 3 bis 5 mm langen Stielen, bis 1 cm im D urchm esser. K e lc h b lä tte r eiförm ig bis länglich, aufrecht, 2,5 bis 3 mm lang, in der vorderen H älfte w eisshautrandig, gelb g rün, kahl oder an der S pitze m it einfachen H aaren und m it S te rn ­ haaren besetzt, äussere deutlich gesackt. K ro n b lä tte r 6 bis 7 mm lang, länglich verkehrt-

422

eiförmig, plötzlich in den kurzen Nagel zusammengezogen, weiss oder rötlich; Platte ab­ stehend. Aeussere Staubblätter 3, innere ca. 4 mm lang. Honigdrüsen 4; die äusseren den Grund der kürzeren Staubblätter hufeisenförmig umgebend, nach aussen offen oder ringförmig geschlossen, die inneren 2-lappig, an der Aussenseite der längeren Staubblätter. Schoten in verlängerter Traube auf 5 bis 13 mm langen, aufrecht-abstehenden, kahlen Stielen aufrecht­ abstehend, schwach bogig gekrümmt, lineal, (5) 8 bis 46 mm lang und 1 bis 1,2 mm breit, beidendig kurz zugespitzt. Klappen etwas gewölbt, nervenlos oder mit undeutlichem Mittel­ nerven. Griffel 0,3 bis 1 mm lang mit flacher, kaum breiterer Narbe. Samen 1,5 mm lang, 1 mm breit, länglich, schmal geflügelt, glatt, hellbraun. — IV bis VI. Verbreitet, doch meist nicht häufig, auf Felsen, Schutt, an steinigen Hängen, in Sandfeldern, auf Dünen, in trockenen Wiesen, in Waldlichtungen, in Gebüschen, im Kies und im Sand von Flussufern, auf Dämmen, Strassenrändern, in Bahnhöfen, in Steinbrüchen, auf neu angelegten Strassen, in Aeckern, auf Mauern, an Burgruinen, selten auch auf Torf; von der Ebene bis in die subalpine Stufe ansteigend (im Hochschwabgebiet in Steiermark bis 1800 m, in Bayern bis 1750 m). Auf allen Unterlagen; doch auf kalkarmen Böden mit sandiger Verwitterung etwas häufiger. In D e u t s c h l a n d ziemlich verbreitet, nach Nordwesten zu seltener werdend und nur noch ver­ schleppt jenseits der Linie: Moselgebiet, Rheinland (Aachen, Uerdingen, Düsseldorf), Westfalen (Elpetal), Hessen (Herborn), Gebiet der Mittelelbe (Genthin), Brandenburg (Friesack, Kyritz), Mecklenburg (Röbel, Bützow); im Erzgebirge fehlend, ln Süddeutschland besonders in den Voralpen der Bayerischen und SalzburgerAlpen (fehlt den Algäuer Alpen), im oberen, östlichen Teil der Schwäbisch-Bayerischen Hochebene, im Schwäbischen und Fränkischen Jura (von Engen und Immendingen östlich bis zum Oberpfälzer Jura), im Bayerischen Wald, im Ober­ pfälzer Wald, in den Vogesen, in der oberrheinischen Tiefebene, in Thüringen auf grosse Strecken ganz fehlend oder nur adventiv, im norddeutschen Tiefland nach H ö c k (Vgl.DeutscheBotanischeMonatschrift.Bd.XIII[1895], Nr. 10) nordwestlich bis in die Umgebung von Düsseldorf, bis Hessen-Nassau, Thüringen, Sachsen, Magdeburg, Genthin, Brandenburg, Kyritz, Röbel, Neustrelitz, Bützow, Greifswald, Rügen, auch auf denFriesischen Inseln (Amrum), sonst gelegentlich adventiv, z. B. bei Paderborn (im Goldgründe 1894, Semelager Bahnhof 1904), bei Elberfeld, um Berleburg, bei Uerdingen, Hafen von Celle und Döhren, Bremen (Oldenburger Bahndamm, Wildeshausen, Oslebshausen am Bahn­ hof 1894, Ottensberg, früherer Hamburger Bahnhof 1893), Hamburg, zwischen Hamburg und Bergedorf, bei Winter­ hude, Kiel, auf Amrum, bei Lübeck, Rostock, Trems, Rodenkoppel, bei Schwerin (am Anfang des Jahrhunderts infolge ausgedehnter Truppenübungen als „Manöverpflanze“ aufgetreten und durch die Stadt bis zum Güter­ bahnhof verbreitet [ S c h e u e r m a n n briefl. an The l l ung ] ) . — In O e s t e r r e i c h in Salzburg, Ober- und Nieder­ österreich, Böhmen, Mähren, in Steiermark, Kärnten und Krain verbreitet, in Tirol zerstreut (mit Sicherheit nur auf der Nordseite der Alpen nachgewiesen). — In der S c h w e i z selten im Jura (Neuenburg, Solothurn, Aarau, Basel), im Mittelland bei Burgdorf, bei Bauma und am Stoffel bei Bäretswil; zuweilen adventiv, so bei Wassen, Wiler und Amsteg im Reussial (hier durch italienische Steinbrucharbeiter eingeschleppt!), zwischen Lauterbrunnen und Isenfluh im Berner Oberland, im Kanton St. Gallen (Nesslau, N eu-St. Johann, Rheineck, Buchs), bei Hergiswil am Vierwaldstädtersee, Mündung der Emme bei Solothurn, Arosa (Graubünden), Bahnhof Zürich usw.

A llg em ein e V erb reitu n g: Mitteleuropa (westlich bis Frankreich fSeinegebiet, Cote d’Or, Normandie: La Roche-Gouyou]; nördlich bis Südbelgien, Nordwestdeutschland, Möen, Jämtland, Medelpad, Ingrien; südlich bis in die italienischen Alpen, bis Istrien, Bosnien, Serbien; östlich bis ins zentrale Russland). Ausserdem häufig adventiv und stellen­ weise eingebürgert (Südengland, Niederlande).

Aendert ab: var. t o m e n t ö s a Biau. Schoten kurz (3 cm lang). Rosettenblätter mit dichter, weisslichgrüner Behaarung (Hohkönigsburg im Eisass). — f. S i mp l e x Neilr. Pflanze zweijährig; nur eine grosse Rosette vorhanden. Rosettenblätter tief leierförmig-fiederspaltig. Pflanze meist reichlich behaart (Form der tieferen Lagen). — f. i n t e r m e d i a (Neilr.) ( = A. F r e y n i i Brügg.). Pflanze ausdauernd. Wurzel mehrköpfig, mehrere kleine Rosetten und meist zahlreiche Stengel treibend. Rosettenblätter weniger tief geteilt bis fast ganzrandig. Pflanze weniger behaart (Form der Alpen und Voralpen). — f. a l b i f l ö r a (Rchb.). Kronblätter weiss (Nicht häufig). — f. u n i f ö r m i s Pers. Alle Laubblätter leierförmig. — var. F a r o e n s i s (Fl. Dan.). Pflanze bis cm hoch. Stengel astlos, kahl. Vom Riesengebirge (Kiesberg) angegeben. Arabis arenosa ist eine dem europäischen Element angehörige Pflanze. Sie ist von grosser An­ passungsfähigkeit und Veränderlichkeit. Bald als „Therophyt“, bald als ausdauernde Pflanze auftretend, vermag

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423 sie unter den verschiedensten Bedingungen die Früchte zur Reife zu bringen und in zahlreichen Pflanzengesell­ schaften konkurrenzfähig aufzutreten. Am häufigsten ist sie allerdings in der Felsflur als Spaltenpflanze auf Malmkalk und Dolomit, Gneis, Granit, Sandstein usw. anzutreffen und zwar in Nord- wie in Südexposition, an feuchten wie an trockenen Stellen; im Jura zusammen mit Draba aizoides (Bd. IV, pag. 377), Asplenium Ruta muraria und A. trichomanes, Melica ciliata, Sedum album und S. acre, Saxifraga Aizoon, Libanotis montana, Vincetoxicum officinale, Stachys rectus etc. Auf Kies und Sandbänken der Flüsse erscheint C. arenosa zu­ sammen mit Bromus sterilis und B. tectorum, Agropyrum repens, Erysimum canescens, Draba verna, Epilobium Dodonaei, Echium vulgare, Hieracium Pilosella usw. In den Kämpen der Weichsel gehört die Art wie Arabidopsis Thaliana zu den ersten Frühlingspflanzen und blüht ununterbrochen bis zum Eintritt der Fröste. Mit verschiedenen Sandpflanzen wie Rumex Acetosella, Spergula arvensis, Spergularia rubra, Scleranthus annuus und S. perennis, Draba verna, Helichrysum arenarium, Hieracium Pilosella u. a. ist sie auf den Sandflächen der norddeutschen Tiefebene zu finden. In oft sehr üppigen Exemplaren besiedelt die Pflanze nach P r e u s s auch die Dünen der Ostsee. Nach P ax (Schlesiens Pflanzenwelt) ist sie auch charakteristisch für die Kiefernwälder des ober­ schlesischen Hügellandes und erscheint hier in Begleitung von Dianthus caesius, Gypsophila fastigiata (Bd. III, pag. 313) Herniaria hirsuta, Pulsatilla vernalis und P. patens, Sarothamnus, Genista Germanica, Astragalus arenarius, Viola arenaria, Plantago ramosa (Bd. VI, pag. 193), Galium verum, Arnoseris minima usw. In den Illyrischen Bergländern kommt sie auf humosen Felsen vor mit Asplenium Trichomanes und A. Ceterach, Phyllitis Scolopendrium, Moehringia muscosa, Saxifraga petraea, Salvia glutinosa usw. Ebenso erscheint sie dort im Buschwald mit Corylus. In Posen findet sie sich bei Ciszkewo sogar in Torfstichen als „Torfpflanze“ (Nach S t r a e h l e r in Deutsche Botan. Monatschrift. Bd. IX. Jhrgg. 1891 nr. 1). — Die schwach proterandrischen Blüten duften sehr wenig und sondern auch wenig Honig ab. Die bereits stäubenden, längeren Staubblätter überragen die Narbe um Staubbeutellänge, während die sich verlängernde Narbe zuletzt in der Höhe der Staubbeutel steht, so dass dann Selbstbestäubung eintreten kann. Bei gutem Wetter sind die Staubbeutel zurückgebogen. Als Besucher wurden kurzrüsselige Bienen, Schwebfliegen, Musciden, Thecla spec. beobachtet.

(L.) Hayek (= Arabis Hallen L., = Cardamine Halleri Prantl). W iesen-Schaum kresse. Fig. 856a bis f und Fig. 858a bis c. Ausdauernd, 15 bis 50 cm hoch. Wurzel dünn, faserig-ästig. Sprosse zahlreich, oberirdisch kriechend, ästig, kahle oder mit einfachen Haaren und mit Gabelhaaren besetzte, an der Spitze mit einer Blattrosette versehene Ausläufer treibend. Stengel aufsteigend oder aufrecht, einfach oder ästig, fast kahl oder mit einfachen und gabeligen, seltener mehrfach verzweigten Haaren ± reichlich besetzt. Rosettenblätter gestielt, ungeteilt oder leierförmig-fiederteilig (mit 3 bis 7 Abschnitten). Endabschnitt gross, rundlich herz-eiförmig, ganzrandig oder jederseits mit 1 bis 3 (mit Hydathodenspitze versehenen) Zähnen, Seiten­ abschnitte schmal-eilänglich, am Grunde verschmälert, meist ganzrandig. Stengelblätter gestielt oder sitzend; die untersten den Rosettenblättern ähnlich, rundlich, eiförmig bis schmal-lanzettlich, ganzrandig oder gezähnt, wie die Grundblätter kahl oder mit einfachen und gabeligen, selten 3- und mehrfach verzweigten Haaren besetzt. Blüten in reichblütigem, dichttraubigem Blütenstand, auf (3) 6 bis 12 mm langen, aufrecht abstehenden, meist kahlen Stielen. Kelchblätter eiförmig, 2 bis 2,5 mm lang, weisshautrandig, kahl oder spärlich mit Haaren besetzt, grün, an der Spitze oft violett; die äusseren ungesackt. Kronblätter ver­ kehrt-eiförmig, ziemlich rasch in einen kurzen Nagel verschmälert, 4 bis 6 mm lang, weiss, seltener lila. Längere Staubblätter ca. 3 mm lang. Früchte in verlängertem Fruchtstand, auf abstehenden, 5 bis 10 mm langen, gekrümmten Stielen aufrecht-abstehend, 10 bis 22 mm lang und 0,8 bis 1 mm breit, beiderseits plötzlich verschmälert, durch die Samen knotig ge­ gliedert (Fig. 856 f). Klappen über den Samen etwas gedunsen, mit durchgehendem Mittel­ nerven und mit undeutlichen Seitennerven. Griffel 0,5 bis 1 mm lang. Narbe kurz kegel­ förmig. Samen rundlich-verkehrt-eiförmig, 1 mm lang, an der Spitze schmal-hautrandig. — IV bis VI; oft im Herbst nochmals blühend. Zerstreut, aber meist häufig, auf Wiesen, im Kies der Bäche, an quelligen Stellen, in feuchten Gebüschen, an Waldrändern, im Humus feuchter Nadelwälder, auf Weiden, an 1339. Cardaminopsis Hall£ri

424 F elsen, in der S chuttflur, an M auern, in H ecken, an W e g rän d e rn , R ain en ; von der m on­ tan en bis in die alpine Stufe ansteigend (G ipfel der Saile bei Innsbruck, 2400 m). A b und zu auch herabgeschvvem m t. A u f kalkarm en B öden häufiger als auf kalkreicher U nterlage. In D e u t s c h l a n d in den H ercy n isc h e n G e b irg en v e rb re ite t; im B a y erisc h en W ald (im u n te re n T eil v e rb re ite t, im o b e ren T eil selten von M a rie n ta l bis S aliern b ei R e g e n sb u rg ), im O b e rp fälz erw a ld (T reffe iste in bei W ald m ü n ch en , R e ic h en stein bei S c h ö n ­ se e ), im F ra n k e n w a ld (N o rd h a lb e n ), in den m itte ld e u tsc h e n G e b irg en oft m it den B ächen aus d e r m o n tan en S tu fe h e ra b g e sc h w e m m t, w e stlic h und n ö rd lic h bis ins sü d ö stlich e W estfa le n (B rilon, B ru c h h ä u se r S teine, R a m sb ec k , B irkei, E lp e tal, D o rtm u n d [adventiv], B lan k en ro d e), (in B ah n h ö fen des w e s t­ fä lisc h en R u h rg e b ie te s adventiv), H a n ­ n o v e r (D ö h re n e r M a rsc h bei H annover, an d e r u n te rs te n In n e rste), bis B ra u n ­ sc h w eig , um M a g d e b u rg , in d e r O b e r­ la u sitz (in d e r N ie d erlau sitz m it G ra s­ sa m en versch lep p t), Schlesien (M uskau, G örlitz, L a u b a n , B o b er- u n d K a tz b a c h g e b irg e , B unzlau, S trie g a u , S c h w e id ­ nitz, R a tib o r, K a tto w itz ). — In O e s t e r ­ r e i c h in S a lz b u rg fe h le n d ; in O b e r­ ö ste rre ic h v e rb re ite t im T rau n k re is, a u sse rd em b e i P e rg im M ü h lk re is; in N ie d e rö ste rre ic h in den V o ralp en von G ö stlin g bis G lo g g n itz ; in B öhm en F i g , 85S. C a r d a m i n o p s i s I l a l l e r i (L.) H a y e k s ub s p . O v i r e n s i s ( W u lf. ). — a H a b it u s , b B lü t e, c F r u c h t . — C a r d a m i n o p s i s n e g l e c t a ( S ch ul t .) H a y e k . in den G eb irg en v e rb re ite t; in M ä h ren d H a b it u s , e B lü t e , f Fruc ht. b e i Iglau, W eissk irc h en ,im H o ch g e se n k e, am G la tz er S c h n e e b e rg ; in S chlesien bei H erm a n sta d t, E n g elb erg , L is sa h o ra und F re iw a ld a u ; in S te ie rm a rk u n d in K ä rn te n im G e b irg e v e rb re ite t, häufig a u ch h e ra b g e s c h w e m m t; in K ra in ziem lich v e rb re ite t; in T iro l im In n tal, b ei G o in g am K a ise rg e b irg e , im D ra u g e b ie t bei T e isc h n itz in K ais, in S ü d tiro l im V in tsc h g a u bei P la tz e rs, P ris s ia n e r H ochw ald, M endel gegen den G a m p en p a ss, N o n sb e rg (an d e r N ovellam ündung), in der U m g e b u n g von B ozen (?), in Ju d ic arien , bei T rie n t (?), bei R o v ereto . — In d e r S c h w e i z im E n g ad in (bei B evers, S a m ad e n , C elerin a, St. M o ritz und P o n tre sin a), im P u sc h la v , im M ü n s te rta l (?), im T essin (V al d ’O so g n a, P rim isti, C am oglie b e i B ellinzona, G hirid o n e, V al M o ro b b ia ) u n d im W allis (S im plon, am M a tte rh o rn ). S elten a u ch a d v en tiv (B ahnhof B uchs [1907]. 450 m).

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : M itteleuropa: H ercynische G ebirge, A lpen (westlich bis P iem ont und W allis), K a rp a te n (nördlich bis G alizien und S üdw estpolen; östlich bis S iebenbürgen und B anat), K roatien, H erzegow ina, M ontenegro. A e n d ert a b : v ar. p i l i f e r a B eck. L a u b b lä tte r und S te n g el + re ic h lic h ein fach und ste rn h a a rig . K ro n b lä tte r w eiss o d e r h elllila bis ro sa (N ie d e rö ste rre ic h , S te ie rm a rk u n d w o h l a u ch a n d e rw ä rts). — Z ahlreich und von g erin g em sy ste m a tisc h e m W e rt sind die A b ä n d e ru n g in d e r B la ttfo rm (A. t e n e l l a H ost, A. H a l l e r i D C . usw .). — f. t r a c h y t i c a (F ritsc h ) H ayek. S te n g el v e rlä n g e rt, g e sc h lä n g e lt. U n te re B lä tte r se h r gross, 7 bis 11 cm lan g und 2,4 b is 4 cm b re it, leierfö rm ig -fied ersp altig , m it 2 bis 8 O e h rch e n am B lattstie l. O bere L a u b b lä tte r lineal u n d g a n z ra n d ig o d e r lan zettlich , g e z ä h n t o d e r den u n te re n g le ic h g e sta lte t (W äld er b e i Cilli in S te ie rm a rk ; a n g e n ä h e rt b e i St. M a rg a re th e n n ä c h s t R u d o lfsw e rt in In n e rk ra in ). H ie rh e r a u c h : subsp. (W ulf.). F ig . 8 5 8 a bis c. A u sd au e rn d , 7 bis 25 cm ho ch . W urzel spin d elfö rm ig , dünn, lang. S p ro sse v e rlä n g e rt, u n te rird isc h k rie c h e n d , in ste rile o d er ste n g e ltra g e n d e B la tt­ ro se tte n endigend. S ten g el e in fa ch oder se lte n e r und n u r im o b e ren T e il ä stig , a u fre c h t o d er a u fsteig en d , am G ru n d e m it ein fach en o d e r m it verzw eig ten , a b steh e n d en H a a re n b e se tz t. R o s e tte n b lä tte r lan g g e stielt, u n g e te ilt ru n d lic h bis e iförm ig o d er se ic h t leie rfö rm ig -fie d erla p p ig ; A b s c h n itte u n d e u tlich g e zä h n t. E n d a b s c h n itt eiförm ig, län g lich bis k re is ru n d lic h ; S eiten lap p en sch m al dreieckig, k a h l o d e r sp ä rlic h e in fa ch - o d e r ste rn h a a rig . B la ttstie l

Ovirensis1)

x) B en an n t n a ch dem B e rg H o c h -O b ir in den K a raw an k e n .

425 oft mit längeren, einfachen Haaren. Untere Stengelblätter den Grundblättern ähnlich; obere sitzend, eiförmig in den Grund verschmälert, spitz, deutlich gezähnt. Blüten in armblütiger Traube auf 4 bis 8 mm langen, kahlen, abstehenden Stielen. Kelchblätter eiförmig. 2,5 bis 3 mm lang, in der vorderen Hälfte weisshautrandig, kahl; die äusseren sehr undeutlich gesackt. Kronblätter 5 bis 6 mm lang, keilförmig in den Nagel verschmälert, vorn stumpf oder abgerundet, lila oder violett. Längere Staubblätter 3 bis 4 mm lang. Früchte 1,5 bis 2,5 cm lang, in verlängerter Traube auf fast wagrecht-abstehenden, dünnen, 10 bis 14 mm langen Stielen. Klappen kahl, nervenlos. Griffel ca. 0,5 mm lang, dick. Narbe breiter als der Griffel, flach. Samen ca. 0,5 mm lang, unberandet. — VI bis VII. Zerstreut und selten in Kärnten (Karawanken, Süd- und Nordseite des Obir, Ost­ hänge des Obir und Vidonig-Alpe, Obir bei den Bleigruben) und in Krain (unter dem Steinersattel in den Sanntaler Alpen, auf der Zelenica, Baba und Golica in den Karawanken, auf der Alpe Velepolje in den Julischen Alpen [hier fraglich!]). A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Karawanken, Siebenbürgen. Hierher ferner: vai. s t o l o n i f e r a (Host). Ausläufer lang. Pflanze immer behaart. Blüten grösser als bei der typischen subsp. (Kärnten: Raiblertal). Cardaminopsis Halleri gehört dem mitteleuropäischen Element, insbesonders der hercynischen Berg­ waldflora an, ähnlich wie Chrysosplenium oppositifolium, Phyteùma nigrum (Bd. VI, pap. 3J5), Galium Hercynicum, Trifolium spadiceum, Senecio rivularis usw. Daselbst zählt C. Halleri zu den weitverbreiteten Typen, so dass sie bereits A. von Ha l l e r , dem zu Ehren die Pflanze von Linné auch benannt wurde, bei seiner ersten pflanzengeographischen Reise in den Harz auffiel. In seinem „Iter hercynicüm“ ist C. Halleri vorzüglich abgebildet. Besonders charakteristisch ist die Pflanze für üppige, frische Wiesen vom Typus derTrisetum flavescens-Wiesen auf nordexponierten Hängen der subalpinen Stufe der Südalpen auf Urgestein, hier zusammen mit Poa Chaixii, Phleum alpinum, Rumex arifolius, Polygonum Bistorta, Trollius Europaeus, Cirsium heterophyllum usw. Nicht selten ist die Pflanze auch an sekundären Standorten anzutreffen, so im Nordharz auf den Schottern der Bäche bis in die Ebene hinab zusammen mit Armeria Halleri und Alsine verna (Bd. III, pag. 400). In Schlesien bezeichnet C. Halleri nach P a x die untere Grenze der montanen Stufe. Nach August S c h u l z (40. Jahresbericht des Westfäl. Prov.-Vereins. Botan. Sektion. 1911/12) kommt C. Halleri in Mitteldeutschland auf schwermetallhaltigem (Zink und Blei) Boden vor, weshalb sie stellenweise (z. B. im Quellgebiet der Ruhr) den Namen „Erzblume4 führt. Sie ist daselbst für den Zinkgehalt des Bodens bezw. für die Verschlechterung der Wiesen durch die den Bächen zugeführten metallhaltigen Grubenwässer sehr bezeichnend. Auch apophytisch tritt sie häufig an Wegrändern, Zäunen, feuchten Mauern und ähnlichen Orten auf. Im Vereine mit Armeria Halleri und Alsine verna zeigt sie nach Dr ude im Harz Plätze von früheren Kohlenmeilern an. — Infolge der vegetativen Vermehrung durch Ausläufer bildet sie zuweilen ausgedehnte, fast reine Bestände.

(Schult.) Hayek (= Ärabis neglecta Schult., = A. Ovirensis Wahlenb.). D ickblätterige Schaum kresse. Fig. 858c! bis f. Ausdauernd, 5 bis 12 cm hoch. Wurzel dünn, spindelförmig, mehrköpfig. Sprosse zahlreich, kurz, mit den Resten der abgestorbenen Laubblätter bedeckt, in stengeltragende Blattrosetten endigend. Stengel einzeln oder mehrere, einfach oder armästig, kahl. Rosetten­ blätter gestielt, verkehrt-eilänglich, ungeteilt oder leierförmig fiederspaltig, dicklich, glänzend, kahl oder spärlich gabel- und sternhaarig. Stengelblätter kurz gestielt, eiförmig oder länglich, spitz, ganzrandig oder spärlich gezähnt. Blüten in lockerer, armblütiger Traube auf aufrecht-abstehenden, kahlen, 5 bis 8 mm langen Stielen (Fig. 858 e). Kelchblätter 2,5 bis 3,5 mm lang, länglich-eiförmig, breit-weisshautrandig, kahl oder mit einfachen oder verzweigten Haaren spärlich besetzt. Kronblätter 5 bis 6 mm lang, keilförmig, vorn ab­ gerundet, helllila oder rosenrot. Längere Staubblätter ca. 5 mm lang. Schoten in ver­ längertem Fruchtstand auf wagrecht-abstehenden, zuletzt zurückgeschlagenen, 8 bis 12 mm langen, dünnen Stielen aufrecht oder wagrecht abstehend, zuletzt fast hängend, lineal, dicklich, 1,5 bis 2,5 mm lang, kahl (Fig. 858 f). Klappen mit undeutlichem Mittelnerven oder fast nervenlos. Griffel ca. 1 mm lang, dünn. Narbe flach, wenig breiter als der Griffel. Samen 1 bis 1,2 mm lang, glatt, hellbraun, unberandet. — V. An quelligen Stellen und feuchten Felsen. Einzig auf dem Hohen Veitsch in Steierm ark. A llgem ein e V erbreitung: Ostalpen, Zentralkarpaten, Siebenbürgen. 1340. Cardaminopsis negl€cta

426

CCCLVI. Erysimum1) L.

S c h ö t e r i c h . Franz.: V elar; engl.: Erysim um ; ita l.: V iolacciocca.

E in jäh rig e bis m ehrjährige K rä u te r und ausdauernde H alb sträu ch er. L au b b lä tter ungeteilt, g an zran d ig o der ± tief g ezäh n t, behaart. H a are an g ed rü ck t, 2- bis m ehrschenkelig, rauh (F ig. 861 d, e). Eiw eissschläuche chloro­ phyllfrei, an die L eitb ü n d el gebunden. K e lc h ­ b lä tte r aufrecht oder abstehend, ungesackt oder ± deutlich g esack t, w enigstens teilweise weisshau tran d ig . K ro n b lä tte r genagelt, aufrecht, m eist gelb, selten p u rp u rn . S tau b fäd en einfach. H o n ig ­ drüsen 4 ; die beiden seitlichen den G rund der kürzeren S ta u b b lä tte r ringförm ig um gebend, nach aussen o ffen ; die m ittlere H onigdrüse aussen zw ischen den beiden längeren S taubblättern, lineal, frei o d er m it den seitlichen schm al v e r­ bunden. F ru c h t eine lineale, 2-klappig auf­ springende, runde oder 4-kantig eS ch o te. K lappen gew ölbt, m it starkem M ittelnerv. Griffel d eu t­ lich. N a rb e seicht 2-lappig, m it spreizenden (Fig. 860 f) L ap p en . S cheidew and dick, m it langgestreckten, parallelen, m it sta rk verdickten W ä n d en versehenen O berhautzellen. Sam en einreihig, m it oder ohne H au tran d . K e im b lätter flach. K eim ling rückenw urzelig (Fig. 861h, i), ab und zu teilw eise seitenw urzelig. D ie G a ttu n g u m fa s st ca. 125 A rte n , die sich ü b e r E u ro p a, N o rd a frik a (sü d lich bis A b e ssin ie n ), W e stund Z e n tra la sie n und N o rd a m e rik a v e rte ile n . D ie in M itte l­ e u ro p a v o rk o m m e n d en A rte n g e h ö re n zum p o n tisc h e n (E. rep an d u m , E. crepidifolium , E. h ieraciifo liu m subsp. d urum , E . canescens), zum m e d ite rra n -p o n tisc h e n (E . erysim oides) u n d zum m ittele u ro p ä isc h -alp in en (E . h ie ra c ii­ folium su b sp . v irg a tu m , E. silv estre und E. H elveticum ) E le m en t. E. dubium , w e lch e A r t no ch den w estlich en T e il des S c h w e ize r J u ra e rre ich t, ist a u sg e sp ro c h e n w e sta lp in , w ä h re n d d as als „A rc h a e o p h y t“ a u ftre te n d e E. c h e ira n th o id e s eine g rö ssere V e rb re itu n g ü b e r die g an ze n ö rd lic h e g e m ä ss ig te Z one a u fw eist. D ie m eiste n A rte n sind als k alk lieb en d , einzelne so g a r (E. erysim oides) als a u sg e sp ro c h e n k a lk s te t zu b e zeich n en und b e ­ v o rzu g en im allgem einen tro ck e n e u n d w a rm e S ta n d o rte . U eb rig en s is t die G lied eru n g u n d die A b g re n zu n g der einzelnen A rte n und U n te ra rte n no ch u n g e n ü g e n d g e k lä rt. D ie g elben, h o m o g am e n o d e r p ro te ro g y n e n B lüten b e sitz e n h a lb v e rb o rg e n e n H o n ig u n d w e rd en b e so n d e rs von B ienen b e s tä u b t. E in ig e A rte n w erd en als H eilu n d Z ierpflanzen v e rw e n d e t, so z. B , : E r y s i m u m P e r o w s k i á n u m F isc h , e t M ey. E in jä h rig . L a u b b lä tte r län g lich spitz, sc h a rf g e zäh n elt. B lüten anseh n lich , tie f o r a n g e - b is sa fra n g e lb . H e im a t: K a u k a su s, A fg h a n istan , B e lu tsc h istan . S elten a u c h v e rw ild e rt (z. B. im H afen von L u d w ig sh a fen , 1915), e b en so in E n g la n d . — E . p u l c h é l l u m (W illd.) B oissier, aus K leinasien. L a u b b lä tte r u n g e te ilt; die u n te re n län g lich , sp a telfö rm ig , g e zä h n t, o b e re län g lich -lan z e ttlic h sp itz. H a a re 2- b is m eh rsch en k elig . B lü ten g o ld g elb . S c h o ten dünn, 2 bis 3 cm lang. G riffel 2 b i s 3 m a l solang als die F ru c h t b re it. V e rw ild e rt im H afen von M a n n h e im (1 9 0 7 ).— E. s u f f r u t i c ó s u m S preng. (== E. m u rále D esf., = C h e irá n th u s erysim oides T h u ill. nec L.). F ig . 859. A eh n lich dem C h e ira n th u s C h eiri L . und u rsp rü n g lic h v ielleich t B a sta rd von C h. C h e iri und e in e r E ry sim u m -A rt. K ro n b lä tte r g o ld g elb . K e lc h b lä tte r b ra u n ro t, ä h n lich den en von Ch. C h eiri, a b e r n u r se h r sc h w a ch , e h e r u n a n g en e h m riech en d . N a rb e ziem lich tie f 2-lappig. H a are 3 -sp a ltig (bei Ch. C h e iri 2-schenkelig). H e im a t u n b e k a n n t. K u ltiv ie rt b e so n d e rs an der R iv ie ra (C ap d’A ntibes) und in E n g lan d . F rü h e r v e rw ild e rt b e i P a ris , in B elgien, H olland, b ei B asel (aber se it 70 Ja h re n v e rsch w u n d en ); n e u erd in g s (1905) n a c h Z i m m e r m a n n w ie d e r v e rw ild e rt b ei B ad en w eiler. 1) V om griech . G rie ch e n so g en an n t.

EQ'üofiai [eryom ai] =

re tte n , h e lfe n ; v e rsch ie d en e

H eilpflanzen w u rd e n von

den

427 E. suffruticosum ist ein dankbarer Frühblüher und wird zur Bepflanzung ganzer Gruppen, wie für Einfassungen empfohlen. — Adventiv ausserdem selten: E. c u s p i d á t u m DC. aus Osteuropa und E. A r k a n s á n u m Nuttal aus Nordamerika. Letztere Art bei Innsbruck (Hirschanger) beobachtet. 1. Haare der Laubblätter 3-schenkelig; 2-schenkelige Haare fehlend oder nur vereinzelt . 2. 1*. Haare der Laubblätter 2-schenkelig (Fig. 86 ld, e), 3-schenkelige Haare spärlich oder fehlend 4. 2. Pflanze einjährig oder überwinternd einjährig. Blütenstiele 2 bis 3 mal so lang wie der Kelch. Kelchblätter ungesackt. E. c h e i r a n t h o i d e s nr. 1341. 2*. Pflanzen 2- bis mehrjährig, selten einjährig. Blütenstiele kürzer oder so lang wie der Kelch. Aeussere Kelchblätter am Grunde gesackt. . 3. 3. Kronblätter bis 10 mm lang, schwefelgelb. Griffel Ibis 1,5mm lang. E. h i e r a c i i f o l i u m nr. 1344. 3*. Kronblätter (10) 14 bis 20 mm lang, goldgelb. Griffel 2mm lang. E. e r y s i mo i d e s nr. 1345. 4. Pflanze einjährig. Blütenstiele kürzer als der Kelch. Schoten auf wagrecht oder fast wagrecht abstehenden, gleich oder fast gleich dicken Stielen . E. re pa ndum nr. 1342. 4*. Pflanze 2-jährig bis ausdauernd. Schoten auf aufrecht-abstehenden, dünneren Stielen 5. 5. Pflanzen 2- bis mehrjährig. Kelchblätter ungesackt. Blüten klein. Nur in der Ebene und in der montanen Stufe. . 6. 5*. Ausdauernde Gebirgspflanzen. Aeussere Kelchblätter gesackt. Blüten gross. Kronblätter 15 bis 20 mm lang . 7. 6. Grundständige Laubblätter buchtig oder geschweift gezähnt. Blütenstiele bis 3 mm lang. Kelch­ blätter 6 bis 9 mm lang E. c r e p i d i f o l i u m nr. 1343. 6*. Grundständige Laubblätter ganzrandig. Blütenstiele 4 mm lang. Kelchblätter 6 bis 7 mm lang. E. c a n e s c e n s nr. 1346. 7. Pflanze durch die niederliegenden, verlängerten Sprosse lockerrasig. Einzig im Schweizer Jura. E. dubi um nr. 1349. 7*. Sprosse kurz, aufrecht oder schief. Pflanzen der Alpen 8. 8. Griffel (1,5) 2 bis 4 mm lang, 2 bis 3 mal so lang wie die Breite der Frucht. Samen an der Spitze schmal geflügelt E. He l v e t i c u m nr. 1348. 8*. Griffel 1 mm lang, so lang wie die Breite der Frucht. Samen ungeflügelt. E. s i l v e s t r e nr. 1347.

1341. Erysim um c h e ira n th o id e s L. (= E. parviflórum Pers., — Cheirinia cheiranhoides Link, = Cheiránthus silvestris Lam.). A ck e r -S c h ö te r ic h , Auen - Hederich, Lackartiger Schotendotter. Franz.: Fausse-Giroflée, Carafée sauvage, Giroflée sauvage, vélar giroflée, fausse carafée; engl.: Treacle-Mustard; ital.: Violacciocce salvatiche, crespinaccio giallo. Taf. 137, Fig. 3. Einjährig oder überwinternd-einjährig, (3) 15 bis 60 (100) cm hoch. Wurzel kurz, spindelförmig, faserig. Stengel einzeln oder mehrere, aufrecht, einfach oder ästig, kantig, mit angedrückten, 2- und 3-zackigen und fusslosen Haaren besetzt (Schenkel der Haare der Stengeloberfläche anliegend; vgl. Fig. 861 d). Untere Laubblätter länglich-lanzettlich, spitz, in einen kurzen Stiel verschmälert, ganzrandig oder meist unregelmässig ge­ schweift gezähnt, von 2- bis 4-zackigen, angedrückten Haaren rauh. Obere Stengelblätter schmäler, mit verschmälertem Grunde sitzend, deutlicher gezähnt. Blüten in reichblütigem, trugdoldigem Blütenstand auf 5 bis 6 mm langen, aufrecht-abstehenden, behaarten Stielen. Kelchblätter 2 bis 2,5 mm lang, schmal-länglich, gegen die Spitze zu weisshautrandig, ungesackt, sternhaarig. Kronblätter länglich-keilförmig, 4 bis 5 mm lang, plötzlich in den langen Nagel verschmälert; Platte abgerundet, gelb. Längere Staubblätter, 4 mm lang. Schoten in verlängerter Traube auf 5 bis 11 mm langen, aufrecht-abstehenden, dünnen Stielen aufrecht-abstehend, meist etwas gebogen, lineal, 12 bis 7 mm lang und 1 bis 1,2 mm breit, 4-kantig, in den 1,5 mm langen Griffel zugespitzt, sternhaarig. Klappen mit deutlichem Mittelnerv. Narbe wenig breiter als der Griffel, seicht 2-lappig. Samen (Taf. 137, Fig. 3 c) an der Spitze kurz geflügelt, länglich, 1 bis 1,2 mm lang, hellbraun. — V bis IX (X bis I). Verbreitet und meist häufig, doch sehr oft nur adventiv und unbeständig, an Fluss­ ufern, auf Dünen, in Auenwäldern, in Aeckern (besonders in Getreide-, Kartoffel- und Leinfeldern, an Wegrändern, in Gärten, in Hecken, an Mauern, auf Schuttplätzen, selten 2

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auch in Mooren; meist auf Sandboden, seltener auf Lehm. Von der Ebene bis in die subalpine Stufe (im Engadin bei St. Moritz, 1770 m) ansteigend. In D e u t s c h l a n d nur stellenweise fehlend. In Bayern in den Alpen mit Ausnahme der Salzburger Alpen (Bayrisch Gmain bei Reichenhall) fehlend; auf der oberen Schwäbisch-Bayerischen Hochebene nur bei Röthenbach adventiv, bei Harlaching bei München, am Starnbergersee, bei Laufen und Burghausen an der Salzach, bei den Bahnhöfen von Oberwarngau und Simbach; fehlt im Oberpfälzerwald, im Bayerischen Wald und im Frankenwald selten. Selten auch in Südwestfalen und im Sauerland, ebenso in den höheren schlesischen Ge­ birgen. — In O e s t e r r e i c h zerstreut in Salzburg; in Oberösterreich ziemlich häufig, besonders in den Fluss­ auen; in Niederösterreich nicht selten; in Böhmen und Mähren bis in die untere montane Stufe verbreitet und häufig (in Südböhmen seltener); in Steiermark zerstreut: bei Aussee, im Södingtale, im Kainachtale, um Graz häufig, an der Mur, an der Drau; in Kärnten im Lavanttal um St. Andrä und Hartneidstein, Müllnern, Türken­ stein, bei Klagenfurt, Millstadt, Maltatal, Obervellach (früher), Fröpolach, Bleiberg, Vorderloibl und am Harlouz(?); in Krain am Laibacher Moor und bei Brzje nächst Radmannsdorf; in Tirol bei Lermos, im Lechtal, im Inntal, bei Brixen, bei Tezze, in der Umgebung von Trient, in Vorarlberg im Rheintal, — In der S c h w e i z im St. Galler Rheintal sehr häufig; auf der Hochebene in neuerer Zeit nicht selten, doch vorzugsweise auf Oedland und daher unbeständig, in den Alpentälern selten, ebenso im Tessin.

A llg em ein e V erb reitu n g: Europa (Indigenat für England zweifelhaft) mit Ausnahme von Mittel- und Süditalien und Griechenland; nördlich bis 68° 30' nördl. Breite; Nordafrika; Nordasien (südlich bis Turkestan, Mongolei, China); Nordamerika.

Aendert ab: var. m i c r ä n t h u m Buck ( = var. dentatum Koch). Laubblätter grob, fast buchtig gezähnt (Selten mit, dem Typus). — var. f lex u o s u m Rohlena. Pflanze verkahlend. Stengel schwach, nieder­ liegend aufsteigend, grösstenteils hin und hergebogen. Laubblätter weich, dünn, fast ganzrandig. Stiele der Schoten sehr dünn, kurz, bis 1/s so lang wie diese, wagrecht abstehend, oft sogar zurückgebogen (Zäbornice bei Opocno in Ostböhmen, angenähert bei Wippra in Thüringen). — var. e l ä t u m Peterm. Pflanze fast 6 dm hoch und höher, kräftig. Stengel dicker. Laubblätter grösser, breiter. — var. pygms e um Pacher. Pflanze nur 9 bis 12 cm hoch (Kärnten: Eit weg, Turn, St. Marein). — f. b r a c h y c a r p u m Sonder. Schoten breitlinealisch, so lang wie der Stiel (An der Elbe in Vierlanden). — var. a u r a n t f a c u m A. Schwarz. Kelchblätter an der Spitze purpurn. Kronblätter orangegelb (Bei Henfenfeld und anderorts in der Umgebung von Nürnberg). — Als C h e i r ä n t h u s s c a p l g e r u s Willd. wird eincmonströse Form mit mehreren beblätterten und mit einem fast unbeblätterten und Blütenstiele tragenden Stengel beschrieben. Als weitere Missbildungen sind ein- bis fünf­ malige „floripare“ Durchwachsung sowie eine Vergrünung der Blüten beobachtet worden. — Die kleinen, aber durch die goldgelbe Farbe nicht unscheinbaren Blüten besitzen 4 Nektarien und zwar 2 funktionslose, aussen zwischen den Wurzeln der 4 langen Staubblattpaare sitzende und 2 sezernierende an der Innenseite der Basen der 2 kurzen Staubfäden gelegene. Der Nektar sammelt sich auf jeder Seite in dem Winkel zwischen dem kurzen Staub­ blatt, den 2 benachbarten langen Staubblättern und dem Fruchtknoten an. Alle Antheren kehren die aufgesprungene Seite nach innen zu; die kurzen Staubblätter biegen sich nach aussen und geben den Zugang zum Nektar für Insekten frei, welche dann meist Fremdbestäubung vollziehen. Die 4 langen umgeben die Narbe und sichern bei ausbleibendem Besuche die spontane Selbstbestäubung. Als Bestäuber wurden kurzrüsselige Bienen, 1 Schwebfliege, 1 Muscide sowie Vanessa urticae beobachtet. — Erysimum cheiranthoides gehört dem zirkumpolaren Element an. In Deutschland wird die Art im 16. Jahrhundert zum erstenmale sicher erwähnt; T h a l kennt sie zwar 1577 für den Harz noch nicht. Um 1601 wird sie in S c h w e n c k f e l d ’s Katalog« der schlesischen Gartengewächse erwähnt. In neuerer Zeit scheint sie sich stark verbreitet zu haben. Von natürlichen Pflanzengesellschaften besiedelt E. cheiranthoides nur die Saliceten der Flussufer (im schlesischen Odertal nach P a x daselbst zusammen mit Salix spec. div., Asparagus officinalis, Cucubalus baccifer, Thalictrum angustifolium, Euphorbia lucida, Lysimachia vulgaris, Achillea Ptarmica, Senecio barbaraeifolius, Carduus crispus usw.), ebenso die graue Düne der Ostseeküsten. — Als Begleitsamen kommt E. cheiranthoides gelegent­ lich im nordamerikanischen Saatgut von Phleum pratense und Trifolium hybridum vor.

L. (= E. ramosissimum Crantz, = Cheirinia repanda Link). B ra ch -S ch ö terich , Schutthederich. Fig. 860a. Einjährig, 15 bis 35 (60) cm hoch. Wurzel kurz, spindelförmig, armfaserig, gelblich. Stengel aufrecht, am Gründe oft aufsteigend, einfach oder ästig, etwas kantig, von ange­ drückten, 2-schenkeligen Haaren grau. Untere Laubblätter einander etwas rosettenförmig genähert, lineal-lanzettlich, in den kurzen Stiel allmählich genähert, spitz, ausgeschweift 1342. E rysim um re p ä n d u m

429 bis bu ch tig -g ezäh n t, d u rch angedrückte 2- und 3-schenkelige H aare grau. O bere S te n g elb lätter lineal bis lineal-lanzettlich, sitzend. B lüten auf 1 bis 3 mm langen, aufrecht-abstehenden, b eh aarten Stielen in d ich ter T ra u b e. K e lc h b lä tte r länglich, 3 bis 5 mm lang, gelbgrün, nur an der S p itze m it weissem H a u tran d e. K ro n b lä tte r 7 bis 1 0 mm lang, sehr lan g genagelt, P la tte verk eh rt - eiförm ig, vorn abg erundet, kahl, m it vereinzelten 2- und 3 -schenkeligen H aaren besetzt. L än g ere S ta u b b lä tte r ca. 7 bis 8 mm lang. Schoten auf w ag rech t o d er fa st w ag rech t abstehenden, gleich o d er fast gleich dicken Stielen in v e r­ län g erter T ra u b e, lineal, 4-kantig, 4,5 bis 10 cm lang, g erad e oder aufw ärts (seltener w enig abw ärts) gebogen, 1 bis 1,5 mm breit, an g ed rü ck t b eh aart. K lap p e n schm al, m it deutlichem M ittel­ nerv und m it zarten Seitennerven. Griffel 4 bis 5 mm lang. N arb e w enig b reiter, ± undeutlich 2lappig. Sam en 1,2 bis 1,7 rnm lang, länglich, an d er S pitze schm al geflügelt, braungelb. — IV bis V II. A u f A eck ern , auf S chutt, an W eg rän d ern , an M auern und F ig. 860. E r y s im u m r e p a n d u m L. a Habitus. — E r y s im u m e r y s i m o i d e s ähnlichen O rten ; in einem grossen (L.) Fritsch, b, bi Habitus, c Laubblatt, d Blüte, e Blüte (nach Entfernung der K elch- und Kronblätter). f Spitze der Frucht. T eile des G ebietes eingeschleppt und stellenweise ein gebürgert. V on d er E b en e bis in die B ergstufe ansteigend (im E n g a d in ruderal, bei 2000 m). In D e u t s c h l a n d h äufig ad v en tiv und u n b e stä n d ig , e in g e b ü rg e rt im M a in g e b ie t (K euper- u n d G ip s­ k e u p e rg e b ie t), in T h ü rin g e n , im N a h e ta l; v e rsch le p p t an z ah lreic h en S ta n d o rte n in B ay ern (L indau), W ü rtte m b e rg , B aden (H afen von M annheim , L eh e n , B uchen, K a rlsru h e, F re ib u rg , H öpfingen, S c h w e in b erg , H e ttin g e n ), E isassL o th rin g e n (N eudorf, S tra ssb u rg , S ablon bei M etz), bei L u d w ig sh a fen , b e i S te in sb e rg (Bez. A ach en ), K refeld, U e r­ dingen, N euss, D ü sse ld o rfe r H afen, H o m b erg , in W estfa le n b ei H ö x te r, b e i H a ttin g e n , bei O elde, b ei B ie le fe ld ; in H a nnover b e i G erzen, A lfeld an der L eine, K lein er H ag en b ei G ö ttin g e n (h ier e in g e b ü rg e rt), D ö h re n b e i H an n o v er, bei H a m b u rg ; in S c h lesw ig -H o lstein m itu n te r e in g e sc h le p p t; in A n h a lt v e rein ze lt b ei B e rn b u rg , A ken, D essau , C a lb e ; in B ra n d e n b u rg m e h rfa c h ; b ei D resden, in Schlesien b e i L ie g n itz , G örlitz, B reslau, G rü n b e rg ...— In O e s t e r r e i c h in S a lz b u rg ; in O b e rö ste rre ic h in den D o n a u au e n , a u f d e r H aid e, o b e rh alb N e u b a u ; in N ie d e r­ ö ste rre ic h se h r häufig, b e so n d e rs im G e b ie t der p a n n o n isch e n F lo r a ; in B ö h m en z e rstre u t (ziem lich h äufig b ei P ra g , in d e r E lb e n ied e ru n g , b ei Saaz, T ep litz , L e itm e ritz usw ., südlich bis Z e b ra k ); in M ä h re n b e i B rü n n , E ib en sch itz, S eelow itz, A u sp itz, K ronau, N a m ie st, G öding, B isenz, N a p aje d l, K re m sier, P ro sn itz , O lm ütz, L itta u , W se tin u s w .; in S te ie rm a rk stellen w eise n ic h t selten (um G raz, bei W ildon, M a rb u rg , L em b ac h , im P e tta u e r F e ld b e i P e tta u , Z isk o w itz, M o sch g a n ze n u s w .); fe h lt in K ä rn te n u n d K ra in ; in T iro l b e i M ü h la u u n d am S a g g e n n ä c h s t In n sb ru c k u n d b e i T rie n t (1898). — In d e r S c h w e i z ab u n d zu v e rsch le p p t, so in d e r U m ­ g e b u n g von B asel (K a ise ra u g st, B asel, E g lise e m a tte n , z w isc h en B in n in g en u n d d e r H olee), bei L ie sta l, S chönau, am R hein bei D ie sse n h o fen (1907), bei S tein a. R h., bei H orn am B odensee, b e i B u ch s im R h e in ta l, im T h u rg a u

430 b e i B o ttig h o fen , b e i A ro s a (1908), im E n g ad in bei S t. M o ritz-S alastra in s (1905), b e i C h u r, in G larus, am Z ü rich ­ see im G h e i-K ilc h b e rg (1895), in Z ü ric h (1910), B a h n h o f M ä n n e d o rf, K irc h e n fe ld b e i B ern, b ei P erolles (F re ib u rg ), b e i Biel, b e i B özingen, im W allis bei B rig, A rdon, S itte n , in d e r W a a d t bei A igle u n d im T essin b e i M a ro g g ia.

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : S üdosteuropa, S p an ien ; N o rd a frik a ; adventiv in E n g lan d , H olland, S chw eden und in A ustralien (V ictoria).

W estasien ;

A e n d ert a b : var. g r a c i l i p e s T h ellu n g . F ru c h tstie le sc h lan k e r, ca. 5 m a l so lan g als dick. F ru c h t d e u tlic h g e b u c k e lt (S elten, z. B. bei B uchs im R heintal). — E ry sim u m re p a n d u m g e h ö rt dem p o n tisch e n E lem en t a n ; in M itte le u ro p a und a u ch n o c h in U n g a rn und G alizien k o m m t die A rt n u r als „ A rc h a e o p h y t“ in A eckern u n d auf R u d e ralstellen vor.

1343. E rysim um crepidifölium R chb. ( = E . hieracifolium L . hb., = E . C heiranthus P resl, = E. pallens W allr.).

B l e i c h e r S c h ö t e r i c h , G änsesterbe.

F ig . 861 und T af. 137, F ig. 1.

Pflanze 2- bis m ehrjährig, 15 bis 60 (80) cm hoch. W urzel dick, spindelförm ig, hell­ gelblich, ein- o d er seltener m ehrköpfig. S tengel aufrecht o d er am G runde niederliegend aufsteigend, einfach oder m eist ästig, u n terw ärts ver­ holzt, kantig, im untern T e il häufig rötlich überlaufen, von parallelen, 2- (seltener 3-)schenkeligen, angedrückten H aaren g ra u (F ig. 861b, d, e). U ntere L au b b lä tte r rosettenförm ig, lineal-lanzettlich, spitz, gegen den G rund zu stielartig verschm älert, b u ch tig o d er geschw eift sp itz­ gezähnt, von (2- seltener 3) -schenkeligen H aaren grau. S ten g elb lätter sitzend, w eniger reichlich gezähnt, die obersten g an zran d ig . B lüten (Fig. 861 c) in reichblütigem , dichttraubigem B lütenstand, a u f 1,5 bis 3 mm langen, b ehaarten, aufrecht-abstehenden Stielen. K e lch b lätter 6 bis 9 mm lang, länglich, g egen die Spitze zu weiss­ h äu tig b erandet, b eh a art, gelblichgrün, ungesackt. K ronb lä tte r sehr lang genagelt, m it verkehrt-eiförm iger P la tte , an der S pitze abgerundet, 10 bis 16 mm lang, schw efelgelb; N ag el fa st weiss, kahl oder spärlich behaart. L än g e re S ta u b b lätte r ca. 8 bis 13 mm lang. Schoten in v erlä n g erter T ra u b e auf 3 bis 4 mm langen, aufrecht-abstehenden, dünneren Stielen und bis 2 mm langem F ru c h tträ g e r, ra u h h aarig , über den Sam en höckerig, 2,5 bis 6 mm lang und 1 bis 2 mm breit, äufrecht-abstehend (Fig. 861 f). K lap p e n w enig gew ölbt. Griffel 0,8 bis 2 mm lang. N a rb e nicht b re ite r als der Griffel, flach, kaum ausgerandet. S am en länglich, 1,5 mm lang und 0,7 mm b reit, braun, glatt, u nberandet (Fig. 861g, h, i). — IV bis V II, ab und zu im H erb st Fig. 861. E r y s im u m c r e p i d i f ö li u m Rchb. nochm als blühend. a, a i H abitus, b Stengelstück, c Blüte, d 2-schenkeliges Haar im Schnitt (nach D e B ary). e 2-schenkeZ erstreu t und m eist häufig an Felsen, auf F els­ liges Haar, f Spitze der Frucht, g Samen, h Samen quer geschnitten, i K eim ling. schutt, an sonnigen, trockenen H ängen, an U fern, an W eg rän d ern , in F eld ern (K le e -u n d L uzerneäckern), an B ahndäm m en, G arten m auern; von der E bene bis in die m ontane Stufe. F eh lt auf sehr kalkarm en U nterlagen, so au f P o rp h y r und auf B untsandstein in d er U m gebung von H alle (au f P o rp h y r und M elaphyr des N ahetales ab er vorhanden).

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Tafel 137.

Erklärung der Figuren. Fig. 1. Erysimum crepidifolium (pag. 430). Habitus. la. Blüte nach Entfernung der Kelch- und Kronblätter. lb. Samen. 2. Cheiranthus Cheiri (pag. 442). Habitus. 2 a. Blüte (nach Entfernung der Kelch- und Kronblätter). 2b. Samen im Querschnitt. 2 c. Samen. „ 3. Erysimum cheiranthoides (pag. 423). Habitus.

Fig. 3 a. Blüte. 3 b. Querschnitt durch den Samen. 4. Alyssum saxatile (nr. 1355). Habitus. 4 a. Blüte nach Entfernung der Kelch- und Kronblätter. 4b. Längsschnitt durch die Frucht. 5. Alyssum alyssoides (nr. 1353). Habitus. 5 a. Blüte. 5 b. Längsschnitt durch die Frucht.

ln D e u ts c h la n d im Fränkischen Jura sprungweise verbreitet von der Donau bis zum Main, ausser­ dem in Bayern früher bei Dinkelscherben und im Südbahnhof München adventiv, ferner bei Burghausen (Salzachauen), Falkenstein, im Muschelkalkgebiet bei Nockeisburg, Würzburg, Altenbaumburg, Lemberg, Dissiboden- t berg; im Schwäbischen Jura bei Tuttlingen, am Wenzelstein, am Schafberg, Laden, Zellerhorn, Achalm, Auf­ hausen, JBopfingen; im Hegau am Hohentwil, Hohenstoffeln, Hohenkrähen, Mägdeberg; im württembergischen Keuper- und Muschelkalkvorland bei Mergentheim, Künzelsau, Ingelfingen, Nagelsberg, Neidenfels; im Strass­ burger Rheinhafen adventiv (1911); am Mittelrhein im Nahetal, von der Mündung der Simmer bis zur Nahe­ mündung, im untern Glan- und Alsenztal und bei Burgsponheim; im Sauertal; in Thüringen im Wesergebiet, zwischen Gotha und Eisenach, an der Werra bei Treffurt, im Elbegebiet südlich bis Saalfeld, bei Rudolstadt, nördlich bis Gross-Wirschleben, Mukau und Lebendorf, westlich bis Orlamünde, Jena, Dornburg und Kosen. Im Harz nördlich bis zum Bodetal, Blechhütte, Rosstrappe; im Unstrutgebiet (Laucha, Bibra, Nebra, Greussen, bei den Gleichen unweit Arnstadt, im Salzkegebiet, westlich bis über Eisleben, im Schlenzegebiet, im Wipper­ gebiet bei Hettstadt und Leimbach, im Selkegebiet an der Selkesicht bei Harzgerode; in Sachsen am Elbeufer (aus Böhmen herabgeschwemmt?) bei Königstein, Loschwitz, Pirna, Dresden, Meissen; am Ganskruge bei Danzig früher 1866 adventiv (mit Getreide eingeschleppt). — ln O e ste r r e ic h in Böhmen in der Elbeniederung, an der unteren Moldau, Beraun und Eger, südlich bis Beraun und Zbirow, westlich bis Pilsen, Maschau, Radonitz Kaaden, Klösterle, nördlich bis Teplitz, Tetschen, östlich bis Turnau und Habstein; angeblich auch in Steier­ mark (so nach N ym an n, Conspectus; K o ch , Synopsis; F r its c h , Exkursionsflora für Oesterreich, fehlt aber nach v. H ayek, Flora von Steiermark). — In der S c h w e iz (nach M e iste r , Flora von Schaffhausen) am Hailauer Berg.

A llgem eine Verbreitung: Mittel- und Süddeutschland, Böhmen, Ungarn, Galizien, Siebenbürgen, Banat, Serbien, Kroatien. Angeblich adventiv in Holland; (nach Thellung vielleicht Verwechslung mit E. repandum var. gracilipes Thellung).

Aendert ab: subsp. B o h e m ic u m Podpera. Wurzel ausdauernd, mehrköpfig. Grundachse ästig, dick. Aeste selten steril. Stengel zahlreich, steif aufrecht, bis 80 cm hoch, sehr reichlich ästig; Zweige zahlreich, die oberen in Blütentrauben endigend, die unteren steril. Rosettenblätter allmählich in die Stengelblätter über­ gehend. Laubblätter länglich-lanzettlich, seicht buchtig-gezähnt. Schoten steif, schief abstehend, etwas nach aufwärts gebogen, mit der Achse einen ziemlich grossen Winkel bildend, bis 8 cm lang, scharf 4-kantig, von 2- und 3-schenkeligen Haaren graugrün, (ln Böhmen bei Leitmeritz und Lobos bei Lobositz). Nach J ä v o rk a , S. in Ungar. Botan. Blätter Bd. XI, 1912 nr. 1/4 ist die subsp. Bohemicum synonym mit E. erysimoides (L.) Fritsch. — Erysimum crepidifolium gehört dem pontischen Element an; sein disjunktes Verbreitungsareal gibt ihm den Charakter einer xerothermen Reliktpflanze (vgl. S c h u l z , A. Entwickelungsgeschichte der Phanerogamen Pflanzen­ decke). Doch breitet sich die Pflanze unter den heutigen Bedingungenwieder aus (vgl. Zopf , W. Der crepisblättrige Schottendotter als Giftpflanze in Zeitschrift für Naturwissenschaften). E. crepidifolium liebt südexponierte, trockene Felsen und Felsschutt, scheut aber auch nicht tiefgründige Verwitterungsböden sofern dieselben südexponiert und trocken sind. An solchen Stellen kommt die Art im Stipetum vor, in Zentralböhmen z. B. zusammen mit Stipa pennata und S. capillata, Phleum phleoides, Avena pratensis, Koeleria gracilis, Adonis vernalis, Aster Linosyris u. a. m. Auf Kalkfelsen sind ihre Begleiter unter anderen Poa bulbifera, Melica ciliata, Carex humilis, Anthericum Liliago, Dianthus caesius, Thalictrum minus, Alyssum Arduini, Seseli Hippomarathrum, Salvia pratensis, Veronica spicata und Hieracium Schmidtii. — Die Blüten sind durch ihre leuchtend gelbe Farbe auf­ fällig. Die sofort nach dem Aufblühen reife Narbe überragt anfangs die längeren Staubblätter um + 3 mm; später strecken sich die Staubblätter, so dass dann die Antheren die Narbe erreichen. Infolgedessen ist an-

432 fa n g s n u r F re m d b e stä u b u n g , s p ä te r je d o c h (b eso n d ers b e i trü b e m W e tte r u n d n a ch ts) au ch S e lb stb estä u b u n g m öglich. B e su c h er sind S c h m etterlin g e , B ienen, F lieg en , M e lig e th e s-A rte n , diese k ö n n en au ch S e lb stb estä u b u n g b e w irk e n . — N a ch den U n te rsu ch u n g e n von Z o p f e n th ä lt die Pflanze ein v ielleich t m it dem Sinapin (vgl. Bd. IV, p ag . 2 0 7 ) id en tisc h es G lykosid, das schon in kleinen M en g en fü r k lein ere T ie re (G änse, R a tte n ) tö d lic h ist.

1344. E rysim um h ieraciifölium L . (z. T . = E. virgatum R o th , z. T . = E. strictum F l. W e tt., = E . denticulatum P resl, = C heirinia hieracifolia L ink). S t e i f e r S c h ö t e r i c h . F ra n z .: V elar, fausse ro q u ette; ita l.: G respignaccio, erba diavola, ru ch etta. F ig . 862. Z w eijäh rig oder seltener ausdauernd (25) 40 bis 100 (125) cm hoch. W urzel dick, spindelförm ig, ästig, gelblichw eiss. S tengel einzeln oder zahlreich, aufrecht, einfach oder im oberen T eil au frech t­ ästig, kantig, m it p aralle­ len, angedrückten, zweischenkeligen H a aren ± reichlich besetzt, im un­ teren T eile oft rötlich überlaufen. G rundständige L a u b b lä tte r einander rosettenfprm ig genähert, li­ neal-länglich, spitz, in den ziem lich langen S tiel v er­ schm älert, fast g an zran d ig oder b uchtig-gezähnt, von anliegenden, m eist dreischenkeligen H aaren grau. S ten g elb lätter ± b reit-län g ­ lich, sitzend, g an zran d ig oder buchtig-gezähnt. B lü­ ten in reichblütiger, d ichter T ru g d o ld e auf 2,5 bis 4 mm langen, behaarten, aufrecht-abstehenden S tie ­ len. K e lc h b lä tte r schm al­ länglich, 4 bis 7 mm lang, an der S pitze w eisshautran d ig , b e h a a rt; die äu s­ seren gesackt. K ro n b lä tte r F i g . 862. E r y s i m u m h i e r a c i i f o l i u m L. s ub s p . v i r g a t u m (Roth), a H a b it u s (*/s natürl. 8 bis 10 mm lang, lan g ­ G r ö ss e) . — s ub s p . s t r i c t u m (Fl. W e t t .) , b H a b it u s , bi F r uc ht s t an d. — s u b s p . d u r u m ( Pr esl ). c, ci H a b it u s , d L a u b b l a t t s p it z e , e B lü t e n a c h t e i l w e i s e r E n t f e r n u n g der K e l c h g en ag elt (Fig. 862e). P la tte u n d K r on b lä tt e r. f Sp it ze der F r u c h t ( ei ne K l a p p e t e i l w e i s e entfernt). verkehrt-eiförm ig, vorn ab ­ g eru n d et, kahl, schw efelgelb. L än g e re S ta u b b lätte r ca. 8 mm lang. S choten in verlängertem , dichtem F ru ch tstan d , auf 3 bis 7 (10) mm langen, bog ig aufrecht-abstehenden, dünneren Stielen aufrecht, der B lütenstandsachse angedrückt, 3,5 bis 6 m m lang und 1 bis 1,5 mm breit, von 3- und 4-schenkeligen S ternhaaren grau. Griffel 1 bis 1,5 mm lang, seltener fast fehlend. N arb e breiter, seicht gelap p t. Sam en 1,5 bis 2 mm lang, gegen die S pitze zu flü g elran d ig ; H a u tran d an der S pitze unterbrochen, gelbbraun. — V I bis V III, seltener bis IX . Ziem lich v erb reitet und stellenw eise häufig auf trockenen, sandigen H ügeln, Felsen, im U fersan d der Flüsse, in A uengebüschen, auf D ünen, au f - W iesen, M auern, Däm m en.

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Schutt, an steinigen Stellen, Wegrändern, in Steinbrüchen; von der Ebene bis in die Berg­ stufe ansteigend (im Engadin bis 1500 m). Vorzüglich auf kalkreicherer Unterlage. Zerfällt in 3 Rassen: 1. subsp. s t rí e t um (Fl. Wett.) ( = E. virgátum Roth var. Juränum Gaudin, = E. hieraciifdlium L., — E. denticulátum Presl, = E. virgatum DC.). Fig. 862b, bi. Pflanze 2-jährig bis ausdauernd, höher als bei den 2 übrigen Rassen. Stengel scharfkantig. Laubblätter mattgrün, spärlich behaart, weich, grösser als bei den folgenden Unterarten. Stengelblätter breit-lanzettlich, meist 5 bis 6 mal so lang als breit, buchtig-gezähnt. Kelchblätter 3,5 bis 4 mm lang. Kronblätter gross, goldgelb. Schoten lang, etwas abstehend. Griffel verlängert. — V bis VII. Verbreitetste Rasse. Besonders an Flussufern, im Weidengebüsch der Stromtäler sowie adventiv, ln D e u t s c h l a n d in Bayern bei Neuburg a. D., Steppberg auf der SchwäbischBayerischen Hochebene, Obernzell bei Passau, im Jura bei Dietfurt an der Altmühl, Hirschwald bei Amberg, Rednitz- und Regnitztal von Nürnberg bis Bamberg, im Maintal bei Eltmann, Schweinfurt, Würzburg, Aub, Aschaffenburg, früher bei Ludwigshafen am Rhein (irrig als subsp. virgatum angegeben), adventiv bei München und bei Tirschenreuth im Oberpfälzer Wald; in Württemberg im Neckartal bei Lauffen, Hirschauerberg bei Rottenburg; in Baden bei Freiburg, Walldürn, Boxberg, Gerlachsheim, Wertheim, angeblich bei Möhringen (Bahr); fehlt in Elsass-Lothringen (adventiv bei Strassburg); am Mittel- und Niederrhein zerstreut, am Rheinufer von Mainz bis Bingen und am Naheufer aufwärts bis Kreuznach, zwischen Budenheim und Heidesheim, an der Mosel, an der Weser (Vesdre), im Krefelder Hafen, bei Gellep, Werther Hof zwischen Langst und Lörrik, bei Köln, Deutz, Bonn, Zons, Lauswardt; in Westfalen nur adventiv (Weserufer bei Höxter); fehlt der nordwestdeutschen Tiefebene fast vollständig (nur an der Weser bei Estorf und in der Nähe der Elbe bei Bleckede, Carlsdorf, Vier-Werder und Grünendeicher-Werder, Barförde, Sassendorf, Hohnstorf, Artlenburg, Avendorf und Tespe, Marschhacht, Stove, Sande, Uhlenbusch, von Wuhlenburg bis Achterdeich und bei Fünf­ hausen); zerstreut im Harz und in Thüringen (Schwarza- und Saaletal); verbreitet als Stromtalpflanze im Gebiet der Elbe (Dresden, Provinz Sachsen, Magdeburg, Arnsburg, Sandau, Boizenburg, Geesthacht, Ham­ burg usw.), im Havel- und Spreegebiet, im Odergebiet, in Schlesien (an der Oder von Rotenburg bis Ratibor, Naumburg a. Bober, Obernigk, Görlitz), reichlich im Gebiet der Weichsel (bei Thorn, Schwetz, Graudenz, Stuben, Marienwerder, Dirschau, Danzig, Nickelswalde, Plehndorf, Krakau u. a. a. O.). — In O e s t e r ­ r e i c h in Salzburg fehlend; in Oberösterreich mehrfach in den Auen der Donau (Linz, Kremseck, Kremsmünster); in Niederösterreich längs der Donau und der March bei Wien und bis in die Täler des Wienerwaldes; in Böhmen an der Elbe, im unteren Moldau- und Egergebiet; in Mähren bei Iglau, Brünn, Auspitz, Bisenz, Litenschitz, Deutsch-Jassnik ysw .; in Steiermark selten in den Zentralvoralpen und über dem Sattental sowie am Fuss der weissen Wand am Kesselkogl bei Klein-Sölk; fehlt in Kärnten und in Krain; in Tirol im Inntal von Pfunds aufwärts bis Finstermünz, angeschwemmt bei Landeck, Zams, Imst, in der Reichenau gegen Amras, am Inn bei Innsbruck. — In der S c h w e i z im Engadin, im Talkessel von Tiefenkastel im Albulatal, im Geröll des Creux du Van wiederum angepflanzt ( Tri p et, 1887 und 1904), am Ufer des Neuenburgersees von Neuenburg bis St. Blaise (eingebürgert), Roche de Mt. Aubert, adventiv auch auf dem Rhonedamm bei Yvorne (1883). Dagegen bei Zermatt fehlend. A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Nord- und Mitteleuropa (nördlich bis Island und Nord-Norwegen; westlich bis Holland [adventiv?], Belgien, Ostfrankreich); Westasien (Kaukasus, Sibirien, Tibet, Mongolei). Adventiv in England. — Aendert ab: var. p á t e n s A. Schwarz. Schoten samt den Stielen weit abstehend (Bayern: Dietfurt an der Altmühl, zwischen Fürth und Weikertshof, zwischen Erlangen und Oberndorf). 2. subsp. d ur um (Presl) ( = E. virgatum Presl). Fig. 862c bis f. Pflanze 2-jährig, 15 bis 60 cm Stengel stumpfkantig. Laubblätter dicht grauhaarig, klein, steif, schmäler; die oberen lineal-lanzettlich ganzrandig, die unteren mit undeutlichen Zähnchen. Kronblätter klein (7 bis 8 mm lang), schwefelgelb. Schoten kurz, der Fruchtstandsachse angedrückt. 2 uf kurzen Stielen. Griffel kurz, bis fast fehlend, + so lang w ie die Breite der Narbe. Oestliche Rasse. Besonders an Felsen und in Steppenpflanzengesellschaften, weniger häufig an Flussufern und ruderal. — VI bis IX. In D e u t s c h l a n d wird die subsp. durum gewöhnlich als Erysimum virgatum angegeben; nach Ro uy e t F o u c a u d , T h e l l u n g und Oe s t e r re i c hi s c h e n Autoren kommt das echte E. virgatum jedoch nur in den Alpen vor. In Bayern auf der schwäbisch-bayerischen Hochebene (einzig bei Rott), bei Passau, Mögeldorf bei Nürn­ berg, in der Pfalza m Rheinufer zwischen Mundenheim und Mannheim, ferner im Hafen von Mannheim, bei Mainz, Bingen, bei Köln (vor dem Gereonstor), Rheinufer bei Deutz, Lauswardt zwischen Hamm und Düsseldorf, bei St. Goar, bei Engers, bei Köln, im Harz und in Thüringen ziemlich verbreitet und häufig; im nordostdeutschen Flachland nur verschleppt (früher auch bei Frankfurt an der Oder); in Sachsen zerstreut; in Ostpreussen ver­ schleppt bei Königsberg (Haberberger Grund, Südhang des alten Haberberger Kirchhofes); fehlt in Schlesien. — In O e s t e r r e i c h in Salzburg und in Oberösterreich fehlend; in Niederösterreich bei Drasenhofen, längs der Donau und March, bei Wien bis in die Täler des Wiener Waldes (aber seltener als die vorige Unterart), fehlt heute bei Themenau; in Böhmen in den Niederungen ziemlich häufig, um Prag verbreitet, im Erzgebirge und in der Elbeniederung (Leipa, Aussig, an der Moldau bei Kralup, Zävist, Woskoberg, Kuttenberg, Jung-

H e g i, Flora. Bd. IV .

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bunzlau, Roudnic, Budin, Maischen bei Gastorf, Leitmeritz, Teplitz, Bilin, an der Ëger bei Loun, Kl. Palec bei Schlan, Schiesselitz bei Saaz, Hlubos bei Pribram; in Mähren bei Iglau, Joslowitz, Lundenburg, Pollau, Pausram, Klobouk, Pisek, Namiest a. O. ; fehlt in Steiermark, Kärnten, Krain und in Tirol. Fehlt auch in der Schweiz. — A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Süd- und Mitteldeutschland, Böhmen, Mähren, Niederösterreich; Südosteuropa. — Aendert ab: var. s e r r u l a t u m Celakovsky. Laubblätter entfernt, fein und scharf gesägt. Schoten nur etwa 1 cm lang (Hlubos bei Pribram in Böhmen). — Seltener als die Unterart strictum besiedelt die subsp. durum frische und feuchte Standorte wie Flussufer und Gebüsche. Viel häufiger ist sie an trockenen, sonnigen Hügeln anzutreffen, zusamfnen mit Melica ciliata, Anthericum Liliago, Adonis vernalis (Bd. III, pag. 597), Potentilla arenaria, Trifolium striatum, Seseli annuum, Linum tenuifolium, Silene Otites, Chrysan­ themum corymbosum u. a. m. 3. subsp. v i r g ä t u m (Roth) ( = E. longisiliquösum Schleicher, = E. altissimum Lej., = E. hie folium L. a denticulätum und ß integrifdlium Celak.). Fig. 862 a. Stengelblätter lineal-lanzettlich, meist 10 mal so lang als breit, fast oder völlig ganzrandig. Kelchblätter 6 bis 8 mm lang. Blüten weniger zahlreich und weniger dicht stehend. Mit Sicherheit bisher angegeben aus O es t er r e i ch (Oberinntal) und aus der S c h we i z : Alpen der Kantone Graubünden (Engadin, Mittelbünden), Wallis und aus dem Kanton Genf (Bois de la Bâtie; wird für Genf schon von La ma r c k und De Candol l e Fl. franc, ed. 3, IV, 2. [1805] angegeben). Die Standorte in Böhmen (Neratovic gegen Pisky, Tetschen) und in Mähren sind zweifelhaft. — A l l g e m ei n e Ve r b r eitun-g : Alpen; adventiv angeblich in England.

(L.) Fritsch (= E. montänum Crantz, = Cheiranthus erysimoides L., = Erysimum Pannönicum Crantz, = E. odoratum Ehrh., = E. strictum DC., = E. hieraciifölium Jacq., = E. cheiriflörum Walr., = E. crepidifolium Rchb. subsp. Bohémicum Podpëra). H o n ig -S ch ö terich . Fig. 860b bis f. Ein- bis zweijährig, (10) 20 bis 90 (100) cm hoch. Wurzel kurz spindelförmig, einfach oder ästig. Stengel aufrecht oder aufsteigend, einfach oder ästig, mit angedrückten, parallelen, 2-zackigen Haaren ± dicht besetzt. Unterste Laubblätter rosettenförmig, gestielt, schmal-lanzettlich bis länglich-lanzettlich, unregelmässig geschweift-gezähnt bis fast ganz­ randig (Fig. 860 c), von 3- und (seltener 2- bis 5-) schenkeligen, angedrückten Haaren grau, zur Blütezeit meist schon abgefallen ; untere Stengelblätter kurzgèstielt, den Rosettenblättern ähnlich, obere sitzend, lineal-lanzettlich bis schmal verkehrt-eilänglich. Blüten in dichter Traube auf 3 bis 5 mm langen, abstehenden Stielen. Kelchblätter ca. 8 (6 bis 9) mm lang, schmal-länglich bis fast lineal, in der vorderen Hälfte weisshautrandig, grau behaart, an der Spitze gehörnelt; die äusseren am Grunde gesackt. Kronblätter (10) 14 bis 20 mm lang, mit einem fast 2/3 der Länge einnehmenden, schmalen, weisslichen Nagel; Platte breit verkehrt­ eiförmig, rasch in den Nagel verschmälert, auf der Unterseite spärlich angedrückt behaart, goldgelb (Fig. 860 d). Staubblätter ca. 12 bis 14 mm lang. Früchte in verlängertem Frucht­ stand auf (3) 5 bis 6 (10) mm langen, behaarten, abstehenden Stielen aufrecht-abstehend oder aufrecht, 2 bis 6 (9) cm lang, 4-kantig, an den Kanten fast kahl, 2-zackig-grauhaarig. Griffel ca. 2 mm lang, spärlich behaart; Narbe breiter als der Griffel, zweilappig (Fig. 860f). Samen 1,5 bis 2 mm lang, unberandet, hellbraun. — VI bis VII. Ziemlich verbreitet und stellenweise häufig an sonnigen Felsen, auf Felsschutt, an trockenen, steinigen Hängen, in Wiesen, in lichtem Gebüsch, auf den Alluvionen der Flüsse, in Flachmooren, an Wegrändern, in Kiesgruben, in Getreide- und Kleeäckern; in der Ebene und in der montanen Stufe der Gebirge. Nur auf kalkreicher Unterlage. 1345.

Erysim um e ry sim o id es

In D e u t s c h l a n d in Mittel- und Süddeutschland nördlich bis zu den Ardennen, bis zum Moseltal (zwischen Liverdun und Frouard), Maintal, Südharz (Ilfeld, Neustadt), bis ins Saaletal, Naumburg, ins sächsische Vogtland (Plauen, zwischen Pöhl und Helmsgrün), südlich bis Nordbaden (Höpfingen, Wertheim, Schweinberg), bis zur Schwäbischen Alb (südwestlich bis zum Brenztal), Hohenkrähen im Hegau, in Bayern bis zur Donau (südlich davon einzig bei Puchheim und im Inntal bei Kiefersfelden), bis zum Fichtelgebirge (Rimlos, Berneck, zwischen Neuenmarkt und Berneck, Wirsberg). Ab und zu auch adventiv, so in der oberrheinischen Tiefebene zwischen Waldhof und Lampertheim, bei Porz bei Köln, an der Elbe in Sachsen (bei Söbringen, Königsstein), bei Plauen, Halberstadt, bei Hannover, bei Danzig, bei Könitz in Westpreussen und in Schleswig-Holstein. — In O e s t e r r ei ch in Oberösterreich um Steyr und bei Mauthausen; in Niederösterreich verbreitet; in Böhmen

435 im untern Moldau- und filbegebiet, südlich bis Prag; in Südmähren; in Üntersteiermark (auf dem Wotsch und dem Donatiberg, bei Gonobitz, Cilli, im Jezeriagraben der Sahntaler Alpen, bei Tüffer, Römerbad, Steinbrück, Trifail, Hrastnigg, Drachenburg, am rechten Saveufer von Trifail bis Ratschach; in Kärnten fehlend; in Krain häufig in Unterkrain (im Savetal von der Südbahnstation Sava bis Ratschach); in Tirol bei Kufstein, am Duxerköpfl, im Kaisergebirge (?). — In der S c h w e i z nur adventiv bei Orbe (1883).

A llg em ein e V erb reitun g: Spanien, Ost- und Zentralfrankreich, Mittel- und Süddeutschland, Nordböhmen, Donauländer, Südistrien, Polen, Süd- und Mittelrussland, Balkanhalbinsel.

Aendert ab: subsp. C a r n i ö l i c u m Dolliner ( = E. Pannönicum Crantz var. Carniölicum G. Beck, = E. erysimoides Fritsch var. sinuätum Janchen et Watzel). Pflanze 10 bis 41 cm hoch. Stengel meist einfach. Rosettenblätter zur Blütenzeit noch vorhanden. Laubblätter ausgerundet-buchtig eingeschnitten. Haare des Stengels und der Blütenstiele 2- und 3-schenkelig, an den Laubblättern 3- bis 4- (5-) schenkelig, weniger an­ gedrückt als beim Typus, an den reifen Schoten meist 3- bis 4- (5-) schenkelig (In Steiermark auf dem Wotsch; in Krain bei Scharfenberg am Südfusse des Kumberges bei Ratschach, bei Seisenberg im Savetal [angenähert]; ausserdem in Istrien, Kroatien, in Bosnien und Herzegowina, in Dalmatien, in Ungarn). — var. d e n t i c u l ä t u m Koch. Laubblätter geschweift-gezähnt oder fast ganzrandig (Verbreitetste Form). — var. s i n u ä t u m Neilr. ( = E. odorätum Ehrh. var. dentätum Koch). Untere Laubblätter buchtig fiederspaltig. Stengelblätter buchtig gezähnt (Seltener. Wohl nur eine Form von feuchteren Standorten?). — var. m i c r o c ä r p u m Beck. Kronblätter 10 bis 12 mm lang. Schoten 12 bis 20 mm lang und 1,3 mm breit, auf 3 bis 4 mm langen Stielen, wenigsamig. Samen an der Spitze geflügelt (Auf dem Leopoldsberge bei Wien). Standortsform trockener, sonniger Stellen. Erysimum erysimoides gehört dem pontisch-mediterranen Element an und bevorzugt trockene Kalkböden. Am bezeichnendsten ist die Pflanze für sonnige Kalkfelsen, für ziemlich trockene Gebüsche von Corylus Avellana und Quercus pubescens. In Zentralböhmen sind ihre Begleiter Allium sphaerocephalum, Asparagus officinalis, Silene nutans, Clematis recta, Berteroa incana, Fragaria collina, Trifolium rubens, Geranium sanguineum, Viola collina, Dictamnus albus, Inula hirta (Bd. VI, pag. 482) usw. Im Fränkischen Jura (Altmühltal) erscheint sie an sonnigen, trockenen, buschigen Abhängen auf Kalkboden neben Koeleria pyramidata, Anemone Pulsatilla, Vicia hirsuta, Cytisus nigricans und C. sagittalis, Trifolium alpestre, Sedum album und S. acre, Helianthemum Chamaecistus, Pimpinella magna, Vincetoxicum officinale, Teucrium chamaedrys und T. montanum, Veronica Teucrium, Lactuca perennis, Chrysanthemum corymbosum, Hieracium Pilosella, Campanula persicifolia, Asperula galioides etc. Andererseits kommt die Art auch auf Löss, auf Tonschiefer, auf Sandstein (Personatensandstein des Dogger) vor. Seltener besiedelt sie als „Apophyt“ auch Strassenböschungen, Wegränder, Aecker und ähnliche Standorte. — Die Blüten duften nach Honig. Von Monstrositäten wurden beobachtet: Vergrünung der Blüten, Auftreten von Tragblätljern im Blütenstand, Vorkommen von 3 und 4 Fruchtblättern, mehrmalige Durch­ wachsung von Blüten und Blütenstähden, Verwachsung von 2 Embryonen (wobei eine Keimpflanze mit 4 Keim­ blättern und mit 4 Laubblättern am ersten Stengelknoten entstand).

Roth (= E. diffusum Ehrh., = Cheiranthus alpinus Jacq., = Ch. erysimoides Jacq.). G rauer S ch öterich ; Fig. 863a bis d. Ausdauernd oder zweijährig, 30 bis 90 cm hoch. Wurzel spindelförmig, verästelt, selten mehrköpfig und mit kurzen, in sterile Blattrosetten endigenden Sprossen. Stengel auf­ recht, einfach oder meist ästig, kantig, mit zweischenkeligen, parallelen Haaren ± reichlich besetzt. Untere Laubblätter am Stengelgrunde einander genähert, gestielt, schmal-lineallanzettlich bis lineal, ganzrandig, von 2 -schenkeligen, parallelen Haaren grau. Obere Stengelblätter sitzend. Blüten in reichblütiger, dichter Traube auf ca. 4 mm langen, auf­ recht-abstehenden Stielen (Fig. 863 b). Kelchblätter schmal-länglich, 6 bis 7 nun lang, gegen die Spitze zu weisshautrandig, an der Spitze ± deutlich gehörnelt, oft mit hervor­ tretenden Mittelnerven, ungesackt, grauhaarig. Kronblätter 8 bis 13 mm lang, langgenagelt; Platte verkehrteiförmig, auf der Unterseite ± reichlich behaart (Fig. 863 c). Staubblätter 9 bis 10 mm lang (Fig. 863 d). Früchte in verlängerter Traube auf 4 bis 5 mm langen, abstehenden, behaarten Stielen aufrecht-abstehend, lineal, 3,5 bis 7 cm lang, vom Rücken her etwas zusammengedrückt, 4-kantig, grauhaarig, an den Kanten verkahlend. Klappen mit deutlichem Mittelnerven. Griffel ca. 1 mm lang; Narbe breiter als der Griffel, seicht zweilappig. Samen länglich, 1 bis 1,5 mm lang, hellbraun, glatt. — VI, VII. 1346. Erysimum canescens

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436 Ziem lich v erb reitet und häufig auf trockenen, sandigen, steinigen, auch erdigen Stellen, auf Löss, in lichtem G ebüsch, auf sandigen A lluvionen, B rachäckern, an W egen und M auern; in der E bene und in der niederen H ügelzone. A uf K alk- und Silikatgesteinen. In D e u t s c h l a n d n u r a d v e n tiv : bei M e rin g (früher), S ü d b a h n h o f M ü n c h e n (frü h er), P u c h h e im und L o c h ­ hau sen (1900) b ei M ünchen, bei L u d w ig sh a fe n a. Rh. (1903 bis 1905), bei E rfu rt (n e b en der S chm alen G era), K öpenik, H a m b u rg (D ieb steich ), K iel (N eum ühlen), L ein eu fer b ei A lfeld, in S a c h se n b e i P irn a , K ö n ig sste in , Z sch ieren usw . — In O e s t e r r e i c h in O b e rö ste rre ic h im u n te re n M ühlkreise (g e g en ü b e r W allsee am lin k en D o n a u u fer, b ei H ü ttin g , a u f D o n a u in se ln ); in N ie d e rö ste rre ic h im G e b iet der pannonisch en F lo ra ü b e ra ll h ä u fig ; in M ä h re n b ei Brünn, U n g arisch H radisch, E ib e n sc h itz , S eelow itz, R ossitz, R aig ern , P a u sra m , A u sp itz , Z naim , N ik o lsb u rg , P ollau, C zeitsch, G öding, B isenz, P ro s sn itz ; in S te ie rm ark , K ä rn ten und K ra in fehlend; in T iro l an g eb lich z w isc h en B ozen und M eran (w ohl nur a dventiv!). — In d e r S c h w e i z v o llstä n d ig fe h le n d ; die A n g a b e n aus dem W allis und aus G ra u b ü n d en (M ü n stertal bei St. M a ria) sind u n ric h tig .

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g ; E u ro p a (D onaugebiet w estlich bis O berösterreich), T ürkei, S ü d ru sslan d ; K a u k asu s, A rm enien; adventiv in H olland. A e n d ert a b : var. l a n c i f o l i u m B eck. L a u b b lä tte r sc h m al-lan z ettlic h , flach, am R a n d e n ic h t eingerollt, spärlich g e z ä h n t; m ittle re S te n g e lb lä tte r e tw a 4 bis 8 m m b re it (A u f dem B isa m b e rg e in N ie d e rö ste rre ic h ). E ry sim u m can escen s g e h ö rt dem p a nnonischp o n tisc h e n E le m en t an. H äufig e rsch e in t die A rt in S ü d ­ m äh ren und in N ie d e rö ste rre ic h , h ie r im S tip etu m p en n atae g e rn z u sa m m en m it S tip a p e n n a ta u n d S. cap illata, M elica ciliata, C arex hu m ilis, Iris pum ila, Isa tis tin c to ria , C ytisus n ig ric an s, P o ly g a la m aio r, O rlay a g randiflora, T h y m u s lanuginosus, C a m p a n u la S ib iric a (Bd. VI, pag. 334), Inula ensifolia u sw ., w e ite r in den B e stän d e n von A vena d eserto ru m (a u f K alk) m it D ia n th u s C a rth u s ia n o ru m subsp. P o n ted erae, j A lsine se ta c e a (Bd. III, p a g . 395), A nem one P u lsa tilla su b sp .1 g ra n d is (Bd. III, p ag . 537), A s tra g a lu s A u stria cu s, E u p h o rb ia J F i g . 863. E r y s i m u m c a n e s c e n s Ro th, a H ab it u s . b Bl ü te, c Kr on b la tt . i/ S ta ub b la tt . — E r y s i m u m H e l ­ S e g u ierian ä, A sp e ru la g lau c a, Ju rin e a m ollis u sw . H äufig v e t i c u m (Jacq.) D C. « H a b i t u s , f F r uc ht s ta n d. ¿--Samen. is t die A rt au ch in den d u rc h das m asse n h afte A u ftrete n 1 von E p ilo b iu m D o d o n a e i g u t c h a ra k te risie rte n , sandigen D o naualluvionen sow ie an den tro ck e n en H ängen in den B e stän d e n von A rte m isia c am p estris u n d A . scoparia a n z u tre ffe n ; a n d e re rse its findet sie sich u n te r den E rstb esie d lern a u f den F lu g sa n d d ü n e n der u n g a risch e n T ief-( ebene. S e lte n e r is t ih r V orkom m en als A p ö p h y t auf B ra ch ä ck e rn , an W e g rä n d e rn und an M a u e rn zu b e o b ac h te n .

1347. Erysimum silvestre (C rantz) K e rn er (= E. C heiränthus Pers., = E. m urale Desf., = E . lanceolatum R . Br., = C heiränthus erysim oides Jacq.). L a c k - S c h ö t e r i c h . F ig. 865d, e. A usdauernd, 8 bis 30 cm hoch, grau h aarig . W u rzel sehr dick, spindelförm ig, meist einfach. Sprosse ziem lich zahlreich, kurz, aufrecht o der schief, von den R esten ab g e­ storbener L au b b lä tte r locker besetzt, verzw eigt, in sterile o d er in m it S tengel versehene B lattro setten endigend. S tengel aufrecht, selten am G runde aufsteigend, kantig, selten ästig, von 2-schenkeligen H aaren grau. R o setten b lätter bis 15 cm lang, sehr lang gestielt, lineal bis lineal-lanzettlich, spitz, m eist g anzrandig, seltener m it vereinzelten Zähnen, von 3- oder m eist 2-schenkeligen, an g edrückten H aaren grau. B lattstiel am G runde d re ie c k ig -v e r­ breitert. S ten g elb lätter lineal, in den stielartigen G rund v erschm älert, g anzrandig. Blüten

437

in lockerer, armblütiger Traube auf 2,5 bis 5 mm langen, behaarten, aufrecht-abstehenden Stielen. Kelchblätter lineal-länglich, 9 bis 11mm lang, im vorderen Teil weiss-hautrandig, behaart; die äusseren gesackt. Kronblätter 16 bis 20 mm lang, gelb, kahl; Platte breit verkehrt-eiförmig, vorn abgerundet oder gestutzt, plötzlich in den bis 12 mm langen, bleichgelben Nagel verschmälert. Längere Staubblätter ca. 14 bis 15 mm lang. Früchte in verlängertem Fruchtstand auf 4 bis 6 mm langen, aufrechten bis fast wagrecht-abstehenden Stielen aufrecht-abstehend, 4 bis 8 mm lang und 1 min breit, weniger reichlich behaart wie vorige Art, graugrün, 4-kantig. Griffel 1 mm lang, so lang wie die Frucht breit (Fig. 865 e), spärlich behaart. Narbe wenig breiter als der Griffel, seicht zweilappig. Samen länglich, unberandet, 1,5 mm lang. — (IV) V bis VII. Ziemlich verbreitet, doch nicht häufig, auf sonnigen, trockenen Felsen, an steinigen Hängen, in lichtem Gebüsch, an Waldrändern, auf Alluvionen; von der montanen Stufe (in Oberösterreich von ca. 680 m an; in den Südalpen von ca. 600 m an) bis in die alpine Stufe (in Nordtirol am Finsterstem bis 2/00 m) ansteigend; oft auch mit den Flüssen herab­ geschwemmt, so’in Bayern auf einer Salzachinsel bei der Ueberfahrt von Haiming nach Ueberacker (ob noch?) sowie in Oberösterreich an der Enns bei Weier. Meist auf Kalk und Dolomit, seltener auf Silikatgestein (z. B. auf Serpentin). ln D e u t s c h l a n d einzig in Bayern an der Salzach bei der Ueberfahrt von Haiming nach Ueber­ acker (ob noch?). — In O e s t e r r e i c h in Salzburg bei Werfen, Takenbach, Lend, Gastein, Itzlingerau bei Salz­ burg; in Oberösterreich im Traunkreis, an der Enns bei Weyer, in Hopfing bei Molln, im Veichltal bei WindischGarsten, am Redtenbach; in Niederösterreich verbreitet und häufig, besonders in den Voralpen; in Steiermark nicht selten; in Kärnten verbreitet; in Krain auf den Dolomitbergen um Laibach, hie und da in den Voralpen von Oberkrain, in Unterkrain im Savetal zwischen Sava und Ratschach, am Kumberg und im Kulpatal (ober Kuzelj, bei Schweinsberg und Pölland), in Innerkrain am Nanos; fehlt in Tirol nur im Lech- und Loisachgebiet, in der Umgebung von Innsbruck und in der Gegend von Kitzbühel. — Fehlt angeblich in der S c h w e i z . Doch gehört hierher wohl E. Raeticum DC. var. brevistylum R. Bayer (von Ba y e r bei Zermatt gesammelt); ebenso hierher wohl auch eine kurzgriffelige Form vom Simplon im Herb. Hegi . Vgl. über Vorkommen in der Schweiz auch J a c c a r d , H. Catalogue de la Flore Valaisanne pag. XL11I und B a y e r , R. inVerhandl. des Botan. Vereines der Provinz Brandenburg. Bd. LV (19131, pag. 47.

Allgem eineVerbreitung: Pyrenäen, Süd- und Ostalpen, Illyrische Gebirge, Karpaten.

Aendert ab: var. p ü m i l u m (Gaudin). Niedrige Hochalpenform mit kurzer, trugdoldiger Blütentraube (Alpine Stufe der Ostalpen). — var. s ilv es tr e (Crantz) Kerner ( = Cheiränthus silvestris Crantz). Stengelblätter lineal oder schmal-lineal, ganzrandig, 1,5 bis 5 mm breit (Verbreitetste Form). — var. t ypi c um Beck. Stengelblätter länglich-lanzettlich, breit und scharf entfernt, kleinzähnig, 6 bis 8 mm breit (Schneeberg in Niederösterreich). Erysimum silvestre gehört dem endemisch-alpinen Element an und ist charakteristisch für die Felsfluren der süd- und ostalpinen Kalkalpen; auch auf ziemlich trockenen Felsbändern und Rasenflecken sowie in lichtem Gebüsch kommt die Pflanze gelegentlich vor. Auf Dolomitfelsen und Rasenflecken am Fedajapass in den Süd­ tiroler Dolomiten sind als Begleitpflanzen (nach V ie r h ap p e r) Heracleum montanum, Pimpinella rubra, Stachys rectus subsp. hirtus, Knautia longifolia, Veronica Bonarota, Pedicularis elongata (Bd. VI, pag. 114), Campanula linifolia (Bd. VI, pag. 356), Centaurea nervosa, Scorzonera aristata, Crepis Froelichiana, Achillea atrata etc. zu nennen. An den südexponierten, felsigen Hängen des Isonzo bei Karfreit findet sich E. silvestre nach Be c k m Gebüsch von Corylus Avellana, Coronilla emeroides und Rhamnus saxatilis mit Bromus erectus, Silene nutans var. livida, Dianthus Monspessulanus, Clematis recta, Arabis Turrita, Vinca minor, Asperula taurina, Cirsium Erisithales usw. — Mu r r (vgl. Deutsche Botan. Monatsschr. Bd. XIX, Jahrg. 1901, Heft 2) betrachtet E. silvestre als eine unter den veränderten Bedingungen der grösseren Meereshöhe aus E. Helveticum hervorgegangenen Form. Ueber das Artrecht von E. Helveticum vgl. auch B r ü g g e r in Zeitschr. Ferdinandeum Innsbruck 1861, pag. 35, welcher Autor die Griffellänge als systematisches Merkmal für wertlos hält.

1348. Erysimum Helveticum (Jacq.) DC. (z. T. = E. Rseticum DC., = Cheiränthus Helveticus Jacq., ~ C. pällens Haller f., = Erysimum lineariifölium Moench). Schweizer S ch o te rieh. Fig. 863 e bis g, Fig. 864 und 865 f. Ausdauernder Halbstrauch, (2) 10 bis 50 cm hoch. Wurzel sehr dick, spindelförmig, einfach oder ästig. Sprosse ziemlich zahlreich, aufrecht oder schief, kurz, verzweigt, mit

438 sterilen oder sten g eltragenden B lattrosetten endigend, einen lockeren S chopf bildend, von den R esten ab g esto rb ener L a u b b lä tte r locker bedeckt. S tengel aufrecht oder am G runde aufsteigend, einfach, selten ästig, kantig, m it parallelen, angedrückten, 2 - (seltener 3-)schenkeligen H aaren besetzt. R o setten b lätter lineal-lanzettlich, spitz, in den langen B lattstiel allm ählich verschm älert, g an z ran d ig oder spärlich geschw eift gezähnt, von parallelen, an g e­ drückten, 2- (seltener 3-) schenkeligen H aaren grau. S te n g elb lätter lineal bis lineal-lanzett­ lich, in den stielartigen B lattg ru n d verschm älert. B lüten in arm blütiger T ra u b e auf 4 bis 5 mm langen, b ehaarten, aufrecht-abstehenden Stielen. K e lc h b lä tte r 8 bis 10 (12) mm lang, lineal-länglich, in d er vorderen H älfte w eisshautrandig, b e h a a rt; die äusseren gesackt. K ro n b lä tte r 15 bis 18 m m lang, langgenagelt (N agel etw a 2/3 so lang als die P la tte ) ; P la tte verkehrteiförmig; kahl, gelb. L än g e re S ta u b b lätte r ca. 12 bis 14 mm lang. S choten in verlängertem F ru c h tsta n d auf 4 bis 6 mm langen, dicken, aufrecht bis fast w a g rech t­ abstehenden Stielen, 4 bis 9 (16) cm lang und 1 mm breit, 4-eckig, g rau h aarig , an den K a n te n verkahlend. Griffel (1,5) 2 bis 4 m m lang, 2 bis 3 m al so lang wie die B reite der S chote. N a rb e b re ite r als d er Griffel, seicht g elap p t (Fig. 865 f). S am en länglich, 1,5 mm lang, an d er S pitze schm al-flügelrandig. — VI. Z iem lich v erb reitet und stellenw eise gem ein auf sonnigen F elsen und a u f F elsschutt, auf steinigen F i g . 864. E r y s i m u m H e l v e t i c u m (Jacq.) DC. H ängen, in lichtem G ebüsch, an D äm m en, auf AlluP h o t . Dr . G. H e g i , M ü n c h e n . (Pflanz e a u s den i m W a l l i s g e s a m m e l t e n S a m eu g e z o g e n ) . vionen; von der m ontanen S tufe (im W allis schon bei 500 m, im P uschlav bei 520 m, bei C astione bei 250 m) bis in die alpine Stufe (im W allis bis 2120 m). A u f K alk - und Silikatgestein. F e h lt in D e u t s c h l a n d v o llständig. A dventiv im H a fen von L u d w ig sh a fe n (1910). — In O e s t e r ­ r e i c h einzig in T iro l im O b e rin n ta l v e rb re ite t a u fw ä rts bis L an d e ck (bei Im st?), im V in tsc h g a u u n d in den S e ite n ­ tä le rn a u fw ä rts bis M eran , im D ra u g e b ie t b ei K ais, zw isch en P e isc h la c h und S ta n isk a, zw ischen W in d isc h m atrei u n d V irg en , B ü rg e ra u b ei L ienz, im V al di Sole, in der U m g e b u n g von B ozen, b e i T erlan , V ilpian, in der K aiserau, am linken E isac k u fer, am E tsch d a m m b ei S ig m undskron, G m und b ei A uer, b e i S alurn, um T rie n t, b e i D e u tsc h ­ m etz, am M o n te G azza, T ab lin o T o rc e g n o , M o n ti di T esino, b e i R o v e re to o b e r C a stel C orno, in Ju d ic arien bei S ten ico (?). — In d e r S c h w e i z in den K a n to n en G ra u b ü n d en (U n te r- u n d O b e ren g a d in , M ü n ste rtal, P uschlav, b e i S u rrh ein , S p lü g e n p ass, M isox), T e ssin u n d W allis (h ier v e rb re ite t).

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Z en trale K e tten der A lpen von F ran k reich , O ber­ italien, d er Schw eiz und von T iro l (von den C ottischen A lpen bis ins obere D rautal), Illyrische G ebirge (M ontenegro, H erzegow ina, Serbien). A e n d e rt a b : var. g e n u i n u m T h ellu n g . S te n g e lb lä tte r in den A chseln k eine B lattb ü sc h el trag e n d . S te n g el v e rlä n g ert, 20 bis 50 cm lang, ziem lich reich b e b lä tte rt (H äu fig ste F o rm ). — var. n ä n u m B eyer (=: var. püm ilum [R chb.] G rem li). H o ch alp en fo rm m it v e rk ü rz tem , 2 bis 12 cm h o h em S tengel. S te n g e lb lä tte r w e n ig zah lreich , in den B la tta c h se ln oh n e B la ttb ü sc h e l. B lü te n - u n d F ru c h ts ta n d k u rz und d ich t. F o rm der H och alp en . V erein zelt im E n g ad in zw isch en Sils u n d S ilvaplana, im W allis b e i Z e rm a tt, Z m u tt, F indelen, am G o rn e rg ra t, S aas, G a n ter, S c h a lb e t. — var. R a e t i c u m (D C .) T h ellu n g . S te n g e lb lä tte r w e n ig ste n s teilw eise m it L a u b b la ttb ü sc h e ln . S te n g el m eist v e rlä n g e rt. G ra u b ü n d n e r u n d T e s sin e r A lpen, V eltlin, B e rg am ask era lp en . N ach B r ü g g e r h a t diese F o rm keinen g ro ssen sy ste m atisc h en W e r t; denn e r fan d Individuen, die M erk m ale des T ypus und solche d e r V a rie tä t m ite in a n d e r v ereinigten. H ie rh e r a u ch f. t y p i c u m C hen ev ard . F ru c h t dünn und etw as b o g ig -a u fste ig e n d . Südliche A lpen d e r S chw eiz (O livone, b e i Soazzo und M esocco im M isox, C alan catal). — f. a l p i n u m C henevard. F ru c h t k ü rzer, 6 bis 10 cm lang, dick, a u fre c h t a b ste h e n d (N ö rd lich e T ä le r der R a etisc h en A lpen). — f. d ü b i u m (H o rn em .) C h en ev ard . F ru c h t 10 b is 16 cm lang, hin und h erg eb o g en (S üdliches T e s sin : P e c c ia u n d von P e c c ia bis P ia n o , C astio n e), — U e b e r die v a r. b r e v i s t y l u m B ay er vgl. u n te r E. silv estre (C ran tz) K e rn e r p a g . 437.

439 E rysim um H elveticum g e h ö rt dem endem isch-alpinen E le m en t an. W ie E . silv estre b e sied e lt die Pflanze sonnige, tro ck e n e F elsen , den F e lssc h u tt sow ie stein ig e H ä n g e ; häufig e rsch e in t sie a u ch im F e stu c é tu m V allesiacae, so im F in d e le n tal bei Z e rm a tt b e i 2 1 2 0 m nach S c h r ö t e r zu sa m m en m itK o e le ria gracilis (Bd. I, p a g . 286), P h le u m B oehm eri, P o a b u lb o sa, D ia n th u s C a rth u sia n o ru m subsp. a tro ru b e n s, H e lia n th em u m C h a m a ec istu s var. g randiflorum u sw . A u f den S ilik a tg este in felse n im P u sch la v t r it t die A rt n a ch B r o c k m a n n in der m o n tan en S tu fe m it A sp len iu m se p ten trio n ale, M élica ciliata, P h leu m B oehm eri, F e stu c a ovina subsp. du riu scu la, A llium sp h a e ro c e p h alu m , T ú n ic a sax ifrag a, H e lia n th em u m C h a m a ec istu s, V e ró n ica sp ic ata u sw . auf. — Als B esu ch er der h o m o g am e n B lü ten w erd en M usciden, K ä fer u n d F a lte r b e o b a c h te t. U eber ab n o rm e B lü ten u n d B lü te n stä n d e vgl. J ä g g l i , M ario. C aso te ra to lo g ic o nelle infiorescenze del l’E rysim um helv eticu m D C . in B olletino della S o c ietä T ic in ese di scienze n a tu ra li. A nno II (1905) p a g . 47-

1349. Erysimum dübium

(Suter) T hellung ( = E . ochroleücum D C ., = C heiranthus decum bens Schleicher). B l a s s g e l b e r S c h ö t e r i c h . F ig. 86 5 a bis c.

A u sd a u e rn d , 10 bis 40 cm h o c h , g ra u h aarig . W urzel spindelförm ig. S prosse einzeln bis zahlreich, verzw eigt, locker m it den R esten der abgestorbenen L a u b b lä tte r b e ­ deckt, in sterile o d er in B lütenstengel trag en d e B lattro setten endigend. Z w eige niederliegend und an dem E n d e bogigaufsteig en d ; Pflanze d ad u rch lockerrasig. S tengel b o g ig -au fste ig en d oder aufrecht, einfach, m it 2-schenkeligen, parallelen, an­ g ed rü ck ten H aaren b esetzt. R o setten b lätter lineal-lanzettlich bis schm al-verkehrteiläng­ lich, in den langen Stiel verschm älert, en t­ fernt g ezäh n t o d er fast gan zran d ig , von 2 -sch en k elig en , p arallelen , angedrückten H aaren g rau. S te n g elb lätter lineal-lanzett­ lich, in den stielartig en B lattg ru n d v e r­ schm älert, g an z ran d ig oder spärlich gezähnt. B lüten in ziem lich • arm blütiger, dichter T ra u b e auf 2 bis 3 mm langen, au frech t­ abstehenden, dicht b eh aarten Stielen. K e lc h ­ b lätter (9) 10 bis 15 mm lang, lineal-länglich, im vorderen T eil w eisshautrandig, g ra u ­ Fig.Só S. E r y s i m u m d u b i u m ( S u t e r ) T h e l l u n g . a H a b it u s . ¿ B lü t e . F r u c h t . — E r y s i m u m s i l v e s t r e (Crantz) Ke rn er . haarig , gelblichgrün, u n ter der S pitze kurz dc SHp iatbzeit uder s , e S pi t ze der F r u c h t . — E r y s i m u m H e l v e t i c u m (Jacq.) D C . f S pi tze der Fr uc ht . geh ö rn elt; die äusseren am G runde kurz g e ­ sackt. K ro n b lä tte r 1,5 bis 2 cm lang, m it * schm alen, 2/3 der L än g e einnehm endem S chnabel und m it rundlich-verkehrteiförm iger, plötzlich in den N ag el v ersch m älerter P la tte (Fig. 365b), kahl, anfangs zitronen-, sp äter strohgelb. L än g e re S ta u b b lätte r ca. 1,5 cm lang. F rüchte in lo ck ererT rau b e auf 3 bis 5mm langen, aufrecht-abstehenden Stielen, lineal, zusam m engedrückt - vierkantig, g rau h aarig . Griffel ca. 3 mm lang, spärlich behaart. N arb e ca. 1 mm breit, viel b re ite r als d er Griffel, 2-lappig (F ig. 865 c). •— V I. A u f K a lk sc h u tt d er m ontanen und subalpinen S tufe des Ju ra und zw ar einzig im w estlichen Ju ra d er S c h w e i z (Dole, R oche B resanche, C hasserai, C reux du V an, V allée de Jo u x zw ischen L e P o n t und V allorbe, am C arroz, R eculet, C olom bier de G ex). A d v en tiv in D eu tsch lan d (B ahnhof N eubruch in B arm en). A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : P yrenäen, C orbières, W estalp en , Jura. D as V orkom m en in K ra in (nach N y m a n [C onspectus florae E uropaeae, pag. 40] und F l e i s c h m a n n [U ebersicht d er F lo ra K rains, p ag . 112]) ist sehr zw eifelhaft, ebenso die A n g ab en aus den K a rp aten , . Im K a n to n N e u e n b u rg z ä h lt diese selten e A r t zu den g e se tz lic h g e sc h ü tz te n Pflanzen,

440

C C C L V II.

Conringia1) A danson corr. Link.

A c k e r k o h l , Conringie.

E in jä h r ig e o d er ü b erw in tern d ein jä h rig e, k a h le un d m eist b lä u lich b ereifte K räu ter. W urzel

sp in d e lfö r m ig ,

L a u b b lä tte r eifö r m ig .u n d o b eren

kurz,

w e isslic h .

S te n g e l

o d e r ru n d lich , g a n z r a n d ig ;

ste n g e lu m fa sse n d sitzen d .

a u frech t,

e in fa ch ,

selten er

ä stig ,

rund.

d ie u n tersten k u r z g e stie lt, d ie m ittleren

M y r o sin sc h lä u c h e im M e so p h y ll.

K e lc h b lä tte r a u f­

r e c h t; d ie s e itlic h e n am G ru n d e g e sa c k t. K ro n b lä tte r k e ilfö r m ig , g e n a g e lt (F ig . 8 6 6 c), b la s s g e lb , b isw e ile n m it roten A d ern . S ta u b fä d e n frei. H o n ig d r ü se n h a lb m o n d fö rm ig , den G ru n d der kü rzeren S ta u b b lä tte r u m g e b e n d , n ach a u ssen offen o d e r je ein e H o n ig d r ü se an d en S e ite n der k ü rzeren S ta u b b lä tte r . rund, 4- o d er 8 -k a n tig (F ig . 8 6 7 d). oh n e o d e r m it (C o n r in g ia A u str ia c a )

F r u c h t ein e z w e ik la p p ig a u fsp r in g e n d e S c h o te , stie l­ K la p p e n w e n ig g e w ö lb t, m it stark em M itteln erv und d eu tlich en S e ite n n e r v e n .

S c h e id e w a n d fa serlo s, m it

q u e r g e ste llte n , ein an d er p a ra llelen E p id e r m isz e lle n . G riffel kurz.

N a r b e fla ch , kaum g e la p p t

(F ig . 8 6 6 d) u n d k au m b reiter als der G riffel. S a m e n ein reih ig , lä n g lic h b is k u g e lig , m att. K e im b lä tte r flach . K e im lin g r ü ck en w u rzelig . Die Gattung umfasst 6 Arten, die sämtlich das östliche Mittelmeergebiet bewohnen. Eine Art, Conringia Orientalis (L.) Dumort. ist als Archaeophyt auch über Mitteleuropa verbreitet. Adventiv wurde ausserdem C. p l a n i s i l i q u a Fisch, u. Mey. ( = Erysimum planisiliquum Ledeb.) aus Südwestasien bei Mann­ heim (Olsabück) beobachtet. 1. Kronblätter 6 bis 8 (10) mm lang, zitronengelb: Fruchtklappen 3-nervig. Frucht 8-kantig; Griffel 3 bis 4mm lang C. A u s t r i a c a nr. 1351. 1*. Kronblätter 10 bis 13 mm lang, gelblich oder grünlich weiss. Frucht 4-kantig. Fruchtklappen 1-nervig; Griffel 1,5 bis 2 mm lang C. O r i e n t a l i s nr. 1350.

1350. Conringia Orientalis (L .) Dumort. (= Erysimum Orientale Miller, = Brassica Orientalis L., = Erysimum perfoliatum Crantz, = E. Austriacum Roth, = Conringia perfoliata Link). W eisser Ackerkohl. Franz.: Roquette d’Orient; engl.: Hare’s car. F ig . 866.

Einjährig oder überwinternd einjährig, 10 bis 50 (70) cm hoch, kahl, blau bereift. Wurzel spindelförmig, dick, weisslich. Stengel aufrecht, einfach, seltener ästig, stielrund. Grundständige Laubblätter kurzgestielt, verkehrt-eiförmig, ganzrandig mit durchscheinendem Knorpelrand. Stengelblätter sitzend, länglich verkehrt-eiförmig, gegen den Grund zu kaum verschmälert, am Grunde mit ziemlich breiten Oehrchen stengelumfassend. Blüten (Fig. 866c) in armblütiger, lockerer Traube auf 4 bis 6 mm langen, aufrecht - abstehenden Stielen. Kelchblätter 5 bis 6 mm lang, schmal-länglich bis lineal, ohne oder mit sehr schmalem, weissem Hautrand; die äusseren kurz und undeutlich gesackt. Kronblätter 10 bis 12 (13) mm lang, schmal-keilförmig, vorn abgerundet, gelblich oder grünlich weiss. Längere Staubblätter ca. 7 rnm lang. Schoten in verlängertem Fruchtstand, auf 6 bis 16 mm langen, dicken, aufrecht-abstehenden, gebogenen Stielen fast aufrecht, (6) 7 bis 10,5 mm lang und 2 bis 2,5 mm breit, allmählich in den Griffel verschmälert, vierkantig, vom Rücken her zusammengedrückt (Fig. 866 d). Klappen flach, mit starkem Mittelnerven und mit sehr undeutlichen, netzförmig-verzweigten Seitennerven. Griffel nach oben verschmälert, 1,5 bis 2 mm lang, mit flacher, kaum breiterer Narbe. Samen eiförmig (Fig. 866 e), 2 bis 2,5 mm lang, dunkelbraun. — V bis VII, seltener bis Herbst. Verbreitet, stellenweise eingebürgert, oft aber nur vorübergehend, auf Aeckern (Ge­ treide, Flachs, Esparsette, Klee), Brachfeldern, an Wegrändern, auf Schutt, in Hafenanlagen, in Bahnhöfen, bei Mühlen, Schlachthäusern, seltener auch auf Wiesen; von der Ebene bis 0 Nach Hermann C o n r i n g , Professor der Medizin, geb. 1606 zu Norden in Ostfriesland, gest. 1681 zu Helmstedt (Braunschweig).

441 in die m ontane Stufe. A uf schw eren, lehm igen B öden sowie auf K alk b ö d en ; auf S an d ­ böden und auf k alkarm en U nterlagen fehlend. In D e u t s c h l a n d v e rb re ite t u n d b e so n d ers in Süd- u n d M itte ld e u tsc h la n d v ielero rts e in g e b ü rg e rt, so in B ayern im Ju ra g e b ie t, im B o d e n se eg e b ie t, im ob eren D o n a u g e b ie t, im südlichen B aden, in E lsa ss-L o th rin g e n und im w ü rtte m b e rg isc h e n N e c k a rg e b ie t, in der B a ar, z e rstre u t in der P falz, h ä u fig e r in N o rd ­ b a d en , in L o th rin g e n , im sü d lich en u n d östlich en W estfa le n , im N a h e ta l bis^B ingen, im S a a rta l bis T rie r, in T h ü rin g e n und in S c h lesie n v e rb re ite t» im E lb h ü g e lla n d z e rs tre u t; in d e r n o rd d e u tsch e n T ie feb e n e n u r v e rsc h le p p t und v o rü b e rg e h e n d , b e so n d e rs in der N ä h e von M ühlen, S c h la c h t­ h ä u se rn , H äfen u n d B a h n h ö fen . — In O e s t e r r e i c h in S alzb u rg z e rs tre u t; in O b e rö ste rre ic h h ie und d a ; in B öhm en in den z en trale n T eilen v e rb re ite t; in S chlesien und N o rd -M ä h re n z e rstre u t, in SüdM ä h ren g e m e in ; in N ie d e rö ste rre ic h h ä u fig ; im A lp e n g eb iet se lte n : in S te ie rm a rk n u r um G raz, M a rb u rg , b e i B a d N e u h a u s ; in K ä rn te n u n d in K rain feh len d ; in T iro l b e i In n sb ru ck , bei R overeto, im H afen von B regenz (1888), bei F e ld k irc h und bei F ra sta n z . — In der S c h w e i z selten und m eist u n b e stän d ig . In G ra u b ü n d en b e i F ilisu r und A ro sa (1908), im K a n to n S t. G allen b ei H orn, b ei R hein eck und B uchs im R h e in ta l, im K a n to n S chaffhausen (z. B. G rie sb ac h , L o h n , S c h leith eim , N e u h au sen ), b e i Z ürich, B runnen (1907), Zofingen, B asel, B e rn , b ei D e lem o n t (1871; h ie r als F o lg e von T ru p p e n b e w e g u n g e n ), b e i C o u v et (1881), Q u ai de S e rriere s (N eu en b u rg ), O rm ens, A igle, V evey, G enf.

Allgemeine Verbreitung; E u ro p a (adventiv nördlich bis H olland, E n g lan d , S chw eden, F in n la n d ); N o rd ­ afrik a; W estasien. C o n rin g ia O rie n ta lis g e h ö rt dem o st­ F ig. 866. C o n r i n g i a O r i e n t a l i s (L.) Dumort. (‘/s natürl. Grösse), c Blüte, d Spitze der Frucht. m ed ite rra n e n E le m en t an. A ls H e im a t k ö nnen w o h l die ö stlich en M itte lm e e rlä n d e r a ngenom m en w erd en . Im w e stlic h en M e d ite rra n g e b ie t (z. B. in Spanien) k o m m t die A rt n u r als A dventiv- und R u d e ralpflanze v or (h ier soll sie ü b rig e n s im M itte la lte r du rch die A ra b e r m it K ultu rp flan zen ein g e sc h le p p t w o rd e n sein). T h a l e rw ä h n t die P flanze 1577 als B ra ssic a silvestris m aio r latifo lia aus dem H arz. H eu te bilden die S am en eine c h a ra k te ristis c h e B e im isc h u n g von ru ssisch em G e tre id e ; se lte n er finden sie sich au ch in ru ssisc h e r R o t­ klee- und in ru ssisch e r S e n fsa at. Im südlichen M itte le u ro p a k a n n C o n rin g ia O rie n ta lis als A rc h a e o p h y t b e ­ z eich n e t w erd en . A n d e re rse its g e h ö rt sie d a se lb st zu den U n k rä u te rn d e r L e in ä c k e r (vgl. Silene linicola, B d. III, p a g . 288). — A us den S am en der in S ü d ru sslan d m a s se n h a ft im G e treid e vork o m m en d en Pflanze w ird ein O el g e p re ss t, das in g ro ssen M engen von den H äfen des S c h w a rze n M e e re s aus e x p o rtie rt w ird .

1351. Conringia Austriaca Jacq., =

E rysim um

R chb. ( = Goniolobum A ustriacum B eck, = B rassica A ustriaca A ustriacum D C ., = G orinkia cam pestris Presl). O e s t e r r e i c h e r A c k e r k o h l . F ig. 867 a bis d.

E in jäh rig und ü berw internd einjährig, 10 bis 100 cm hoch, kahl, blaubereift. W urzel spindelförm ig. S ten g el aufrecht, einfach, rund. G ru n d stän d ig e L a u b b lä tte r zur B lütezeit abg estorben, kurzgestielt, länglich-verkehrteiförm ig, gan zran d ig , m it hellerem K norpelrand. S ten g elb lätter rundlich-eiförm ig, am G runde m it engem A usschnitt stengelum fassend, vorn ab g e ru n d et, stum pf oder seicht ausgerandet. Blüten in arm b lü tig er, lockerer T rau b e.

442 K e lc h b lä tte r 4 bis 6 mm lan g ; die äusseren gesackt. K ro n b lä tte r 6 bis 8 (10) mm lang, verkeh rt-eilän g lich bis keilförm ig, zitronengelb. S choten in v erlä n g erter F ru c h ttra u b e auf 4 bis 5 (8) mm langen, aufrechten, dicken Stielen aufrecht, oft der A chse an g e d rü ck t (F ig. 867b), 5,5 bis 8 (10) cm lang und 2,5 bis 3 mm b reit, 8-kantig, in den Griffel zugespitzt. K lap p e n m it starkem M ittelnerv und m it 2 schw ächeren, durch undeutliche A este m it diesem verbundenen Seitennerven, gew ölbt. Griffel 3 bis 4 mm lang (länger als bei C. Orientalis), m it gleichschm aler, flacher N arb e. Sam en 2,8 bis 3 mm lang, länglich, m att, dunkelbraun. — V bis V I (V III). Z erstreu t und selten in A eckern, auf R udéralstellen, an Felsen, an steinigen, buschigen O rten der E bene. In D e u t s c h l a n d n u r adventiv. In B ayern a u f dem L ec h fe ld (se h r z w eifel­ h a ft), in M ü n c h e n b eim S ü d b a h n h o f (frü h e r), b ei P a s s a u ; au sse rd em im S tra ssb u rg e r und R h e in h a fen . — In O e s t e r r e i c h einzig in N ie d e rö ste rre ic h am L e o p o ld sb e rg b ei W ien und z w isch en B ad en und G u m p o ld sk irch en u n d in B öhm en b ei R o zto k bei P ra g , L e itm eritz (früher) sow ie in d e r nö rd lich en U m g e b u n g von P ra g (H olosovice, P o d b ab a). — In der S c h w e i z n u r ad v en tiv (die A n g a b e n von S c h l e i c h e r aus dem W allis [E ntrem ont] sind k au m r ic h tig ; es d ü rfte sich n a c h T h e l l u n g u m B rassica c am p estris handeln).

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : D onauländer (westlich bis Z e n tra l­ böhm en und N iederösterreich) ; K leinasien, K aukasus. A dventiv in E ngland.

CCCLV1II. Cheiranthus1) (L.) R . Br. G o l d l a c k . Franz.: Giroflée, violier; engl.: W allflow er; ita l.: Leucojo. D ie G a ttu n g u m fa s st ca. 12 A rten , die im M itte lm e e rg e b ie t (nö rd lich bis M itte l­ europa), in A sien und N o rd a m erik a v e rb re ite t sind und als d eren H e im a t w o h l das östliche M itte lm e e rg e b ie t und W esta sien a nzunehm en ist. N ahe v e rw a n d tsc h a ftlic h e B ezieh u n g en v e rb in d e n die G a ttu n g m itE ry sim u m , von w e lc h e r die G a ttu n g C h e ira n th u s fa st n u r d u rc h die F o rm d e r H o n ig d rü se n v ersch ied en ist. A uch die F o rm der S am en z eig t n u r g e rin g e V e r­ sch ied e n h eiten . V on R. v. W e t t s t e i n w u rd e n d e sh a lb die b e id e n G a ttu n g e n m ite in a n d er v e rein ig t, zu w elch em V o rg e h en b e so n d e rs ein zw ischen Ch. C heiri und E. erysim oides k ü n stlic h e rz e u g te r B a sta rd V e ra n la ssu n g g e g e b e n h a t (vgl. p ag . 495 u n te r „B a sta rd .e “)

F ig 867 C o n r ' i n g i a A ustriaca Rchb. aG Habitus ^ (V s^aturl. c

Blüte,

d

Frucht.

N ä h ere s b ei W e t t s t e i n , R. D ie G a ttu n g e n E ry sim u m u n d C h e ira n th u s. E in B e itra g zur S y ste m atik d e r C ru ciferen in O e ste rre ic h isc h e B o tan isc h e Z eitsc h rift. Bd. XXXIX, J a h rg a n g (1889) nr. 7, 8 und nr. 9. N a h e B ezieh u n g en b e ste h e n ü b rig en s au ch zu der G a ttu n g M a tth io la ; die H o n ig d rü sen d ieser b eid en G a ttu n g e n zeig en g ro sse A e h n lic h k eit.

1352. Cheiranthus cheiri L . (= Ch. fruticulösus L ., = E rysim um C heiri C rantz, = Leucoium C heiri M edikus, = E rysim um m urale L am ., = C heiranthus m uralis Salisb., = C heiri vulgäre C lairv., = C heiranthos luteum St. L ag.). G o l d l a c k . F ra n z .: Giroflée jaune, giroflée de m uraille, violier jaune, carafée, bâton d ’or, m uret, m ûrier, ravenelle jaune, jau n et, violette de S aint G e o rg e; engl. : W allflow er, gilli flower, ten w eek sto ck ; ital.: V iola gialla, viola zala, viola ciocca, vivole a ciocche, violacciocco, bastono d ’oro, leucojo giallo (im T essin : V ieul giald). T af. 125, F ig. 15 und T af. 137, F ig. 2 ; F ig. 868, F ig. 869 und Bd. I (Einleitung), pag. X X IX F ig . 2 1 c, d. D e r N am e G o l d l a c k r ü h r t h e r von der gold g län zen d en L a c k fa rb e d e r B lü te n : G o l d e n L a k e n (u n tere W eser), G ü l l a k ( e ) (W estfalen ). S e h r h äufig w ird dieser K re u z b lü tle r a u c h als „ V eilch e n “ b e ze ic h n e t (vgl. a u ch M a tth io la , H esp eris m a tro n a lis): F i j e e l k e n (B rem en ), V i o l k e (W estp reu ssen ), V a i l (F ranken), V i ö n l i , J v i ö n l i (Schw eiz) o d er g e n a u e r G ä l - V i l k ’n (A ltm ark), G ä l e V e i l c h e r , V a j o h l e , V u j e h l e , 1) E in B a sta rd n a m e , b e ste h e n d aus der a ra b isc h e n B e ze ic h n u n g d e r P flanze k a iri o d er k h e y ri und dem g rie c h . a v ïïo ç [än th o s] = B lüte.

443 F e i j o h l e (N a h eg e b iet), g e l b e r [also M askulinum !] F e i g e l (b ay risch -ö sterreich isch ), Gel(l)violat (E isass), G ä l v e i e l i (T h u rg a u ); P f i n g s t v e i g e l (O b e rö sterre ich ), W i n t e r f e i g e l (K ärnten), B o n e ( n ) V e i e l i [nach den b o h n e n äh n lich e n S ch o ten !] (A ppenzell); S t o c k v i o l e (rheinisch). Im A lem annischen gilt die Pflanze au ch als „ N ä g e le “ ( = N e lk e; vgl. Bd. III, p ag . 319): N ä g e l e , N ä g e b 1u e m (E isass), G ä l e , C h r u t - , M a i e ( n ) S t a m m e (n )-, P f i n g s t - , B a s l e r - N ä g e l i (Schw eiz). Zu L a v k o j e (O b e rh esse n ) vgl. M a tth io la !

Z w eijäh rig er bis ausdauernder, 20 bis 60 (70) cm h oher H albstrauch. W u rzel spindelförm ig, ästig, grau. Sprosse verholzend, aufrecht oder aufsteigend, ästig; Z w eige ± reichlich m it L au b b lä ttern b esetzt (Fig. 869 a), durch die B lattn arb en knotig, in sterile o d er in sten g eltra g en d eB lattrosetten endigend. S ten g el kantig, ± reichlich m it an g ed rü ck ten , p a ra l­ lelen, 2-schenkeligen H a aren (Bd. I, F ig . 21c und d) besetzt. R o setten ­ b lätter gestielt, länglich-lanzettlich, spitz, allm ählich in den S tiel v er­ schm älert, g an z ran d ig oder spärlich kurzgezähnt, m it 2-schenkeligen, an- Fig. 868. C h e i r a n t h u s C h e i r i L., kultiviert. Phot. B. H a l d y , Mainz. g ed rü ck ten H aaren (besonders auf d er U nterseite) besetzt. U ntere S tengelblätter kurz g estie lt; die oberen sitzend, gegen den G ru n d zu verschm älert. M yrosinzellen chlorophyllfrei, an das L ep to m der L eitb ü n d el gebunden. B lüten in ± d ich ter T ra u b e auf (4) 10 bis 14 mm langen, b ehaarten, au frech t­ abstehenden Stielen. K e lc h b lä tte r 9 bis 11 mm lang, lineal-lanzettlich, h autrandig, gehörnelt ± reichlich b e h a a rt; die äusseren kurz gesackt. K ro n b lä tte r 2 bis 2,5 mm lan g ; P la tte rundlich, verkehrt-eiförm ig, plötzlich in den ca. 6 bis 8 mm langen N agel zusam m engezogen, vorn g estu tzt od er ausgerandet, goldgelb. L än g ere S ta u b b lätte r 9 bis 11 mm lang. H o n ig ­ drüsen 2, den G ru n d der kürzeren S ta u b b lätte r ringförm ig um gebend, gegen die längeren S ta u b b lätte r zu m it v orspringenden L appen. S choten in verlängertem F ru c h tsta n d auf 4 bis 14 mm langen, aufrecht-abstehenden Stielen aufrecht-abstehend, 2,5 bis 6 (7) cm lang und 2 bis 3 (4) mm breit, vom R ücken her zusam m engedrückt. K lap p en m it deutlichem M ittel­ nerv, reichlich b eh aart. S cheidew and derb, m it lan g g estreck ten , parallelen O berhautzellen. Griffel ca. 2 mm lang. N a rb e breit, 2-lappig; L a p p e n abstehend. Sam en einreihig oder undeutlich zw eireihig, 3 mm lang, rundlich, geflügelt, hellbraun. K e im b lätter flach; K eim ling seitenw urzelig. — V bis V I; in S üdeuropa auch im W in te r blühend. Z erstreu t und selten eingebürgert an alten M auern, in W einbergen, an R uinen, bei B urgen, F estu n g en , K irchen, auf K alkfelsen und auf F elsschutt der E bene und der unteren B erg stu fe; oft aus G ärten verw ildert. N u r auf kalkreichen Böden. In D e u t s c h l a n d e in g e b ü rg e rt b e so n d e rs in S ü d d e u tsc h la n d im R h e in g e b ie t von B asel bis W esel, in B aden b ei S ä c k in g e n , am Iste in e r K lotz, bei B re isac h , F re ib u rg i. B r., B u rk h eim , B aden-B aden, M a h lb erg e r Schloss, O ffen b u rg , H e id e lb e rg (Schloss), W e rth e im ; in E lsass-L o th rin g en se lte n ; in der P fa lz b e i Zell, G ro ssbock en h eim , b ei F ra n k e n ta l, D ü rk h e im , D eid esh eim , W o lfsb u rg , N e u sta d t, M a x b u rg ; im G lan-, N ahe- (a u fw ä rts bis K irn u n d M eisen h eim ) u n d H u tte n ta l, b e i M ainz, im M osel- u n d S a a rta l, b e i Cleve, F e s tu n g E h re n b re its te in (m assen h aft), B onn, A a ch e n , K öln, M etz, im N e c k a rg e b ie t z. B . b e i K ünzelsau, K o c h e rste tte n , G undelsheim ,

444 Schloss H orneck, N e ip p b erg , M eim sheim , N o rd h eim , L auffen a. N., H o h e n a sp e rg , H a ig erlo ch , S tu ttg a rt, am M ain b ei W ü rzb u rg (frü h er), bei H anau, R e in h a u se n (B e rg g arten ), fe rn e r b e i W a s se rb u rg am I nn; in M itte l- und N o rd d e u tsch la n d m eist n u r v e rw ild e rt und u n b e stän d ig , n u r selten e in g e b ü rg e rt, so b e i S ta ssfu rt (früher), bei B ielefeld, P a d e rb o rn u n d G ö ttin g e n . — ln O e s t e r r e i c h hin u nd w ie d e r v e rw ild e rt, selten au ch e in g e b ü rg e rt, so an d e r K rie g e rsb u rg bei F ü rste n fe ld in S te ie rm ark , in S ü d tiro l b e i B ozen, bei D e u tsc h m e tz , A fco (S ch lo ssb erg ), R iv a (S chlossfelsen von T e n n o ; h ie r sic h er e in g e b ü rg ert), b e i N ag o , h a lb v e rw ild e rt bei F e ld k irc h . — In der S c h w e i z e in g e b ü rg e rt im W allis (M onthey, S t. M au rice, L a B â tie , G o rg e s du T rie n t, Saillon, S itten , M artigny, von S t. L e o n h a rd bis S ierre) u n d b e i F re ib u rg (A ux R am es).

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g ; E u ro p a k ultiv iert auch in Jap an und auf N euseeland.

(siehe

u n ten !);

N o rd a frik a ;

W estasien;

In der K u ltu r als T o p f- und F reilandpflanze g ezogen, ä n d e rt die A rt m an n ig fac h ab (als W ildform w ird C h e ira n th u s fru tic u lo su s L. a n g en o m m e n ); der H a b itu s w ird ü p p ig er, die L a u b b lä tte r w e rd en d e u tlich e r g ezäh n t, w e n ig e r d ic h t b e h a a rt, die B lü ten g rö sse r. E s w e rd en u n te rs c h ie d e n : „ B u sc h la c k “ (Pflanze v e rzw e ig t, am W u rzelh alse eine A nzahl A e ste erzeugend, je d e r A st eine B lü te n tra u b e trag e n d ) und „ S ta n g e n la c k “ (S ten g el ein fach , eine d ich te T ra u b e m it g ro ssen B lüten trag en d ). V on diesen b eid en F o rm e n g ib t es w ied eru m h o c h w ü ch sig e und Z w e rg fo rm e n . D a n e b e n exi­ stie re n z ah lreic h e F a rb e n v a ria tio n e n und z w a r h ellg elb e, go ld g elb e, o ra n g e ­ fa rb e n e , b ra u n e, h ellviolette, s c h w a rz ­ b ra u n e , sc h w a rz v io le tte B lüten, dann g e lb e m it b ra u n e r S tre ifu n g .v io le ttg e flam m te oder g e stre ifte B lü te n ; die m ei­ sten F o rm e n h a b en ü b rig en s g efü llte B lü ten . D ie S am en der K u ltu rra sse n sind m eist n ic h t rin g su m geflügelt. — D e r G oldlack w u rd e b e re its im A lte r­ tum k u ltiv ie rt (bei D io sk o rid es: A e v x ô ïo fjbrjkivov ; b ei P lin iu s: V iola lu tea) und w a r eine b e lie b te Z ie r­ pflanze als S c h m u ck fü r die A ltä re ; b e i fe stlic h e n G elagen w u rd en d a rau s K rä n ze fü r W ein g efässe gew u n d en . A u c h no ch h e u te g e h ö rt d e r G old­ la c k in ganz M itte l- u n d S ü d e u ro p a zu den selten fe h le n d en B estandteilen d e r B a u e rn g ä rte n ähnlich w ie D ian th u s b a rb a tu s, D ic e n tra sp e c ta b ilis, L y ch n is C halced o n ica, S ta c h y s lan atus, L u n a ria annua, C alendula officinalis etc. ; a u ch in A eg y p ten is t der G oldlack n o c h h e u te eine g e sc h ä tz te Z ierpflanze. U n te r diesen U m stä n d en sind die A n g a b e n ü b e r das In d ig e n a t se h r u n sic h e r; an vielen S tellen g e ­ Fig. 869. C h e i r a n t h u s C h e i r i L. a, b Habitus (*/3 natiirl. Grösse), c Kronblatt. h ö rt d e r G oldlack zu den „ H o rtifu g e n “ , die b e re its im M itte la lte r aus den B u rg e n g a rte n flü c h tig w u rd e n . Im M itte lm e e rg e b ie t t r it t die Pflanze h e u te h äu fig er an k ü n stlic h e n S ta n d o rte n als in n a tü rlich e n A sso z ia tio n e n auf. W ah rsc h e in lic h b e s c h rä n k t sich das sp o n ta n e V orkom m en a u f das ö stliche M itte lm e e rg e b ie t, w o die A rt z. B. in d e r T ü rk e i v e rb re ite te r ist als in Italien u n d in G riech en lan d . O b Ch. C h e iri im südlichen M itte le u ro p a (S ü d d e u tsc h la n d , W estsch w e iz) als ein h e im isc h zu b e tra c h te n ist, ist se h r z w eife lh a ft, tro tz d e m die Pflanze au ch h ie r in n a tü rlic h e n P fla n ze n g esellsc h aften v o r­ k o m m t, w a s a b e r w ohl e h er auf die frü h ze itig e E in fü h ru n g zu rü ck z u fü h ren ist. A u f den sonnigen K a lk h ä n g e n des Iste in e r K lotz in B aden k om m en als B egleitpflanzen in B e tra c h t: S tip a p e n n a ta , C arex hum ilis, M u sca ri n eg le ctu m (Bd. II, p ag . 258), T h a lic tru m m inus, A lyssum m o ntanum , G eran iu m sa n g u in eu m , B upleurum fa lc atu m , D ictam n u s albus, E u p h ra s ia lu te a , A s te r L in o sy ris (Bd. V I, p ag . 421), A c h ille a no b ilis usw . — D ie p ro tero g y n en B lü ten (b eso n d ers die der w ild w a ch sen d e n Pflanzen) d uften s ta rk n a c h V eilch en (d ah er a u ch die N am en „ G älv e ie li“, „ V a il“ s. o.). F re m d b e s tä u b u n g e rfo lg t d u rc h lan g rü sse lig e In se k ten (B ienen, H um m eln). D ie k urzen

445 Staubgefässe geben ihren Pollen zuerst ab, dann folgen die längeren, allerdings zunächst noch mit zurück­ gebogenen Staubbeuteln, so dass in diesem Zustande kurzrüsselige Insekten und pollenfressende Käfer und Fliegen Fremd- und Selbstbestäubung bewirken können. Zuletzt biegen sich die längeren Staubblätter nach der Narbe zu; die Staubbeutel legen sich derselben an, so dass dann bei ausgebliebener Fremdbestäubung Selbstbestäubung eintreten kann. — Im ersten Jahre entwickelt die Pflanze einzig eine grundständige Blatt­ rosette; erst im zweiten Jahre erscheint der Blütenstengel. Die fruchttragenden Stengel sterben im Winter gewöhnlich bis auf die verholzten Teile ab. Die Laubblätter sind sehr wenig frostempfindlich und welken oft erst mehrere Wochen nach dem Auftauen. — Von Missbildungen werden beobachtet: Verbänderung und Gabelteilung der Blattspreiten, an der Spitze ausgerandete Laubblätter (diese Erscheinung wird durch Ver­ längerung der Spreitenhälften über den Mittelnerv hinaus erzeugt), Tragblätter im Blütenstand, Auftreten eines Laubsprosses an der Spitze des Blütenstandes, Füllung der Blüten durch Vermehrung der Kronblätter infolge Spaltung, Durchwachsung der Blüten und zwar axillare und seitliche, einfache und wiederholte), Verwachsung der Kronblätter untereinander (zuweilen aus verschiedenen Kreisen) ; Auftreten kronblattartiger Lappen an den Rändern der Kelchblätter (diese können ebenfalls gelappt sein), Fehlen der Kronblätter, Vergrünung der Blüten sowie vegetative Durchwachsung, Umwandlung der Staubblätter in freistehende oder mit den normalen ver­ wachsene Fruchtblätter (wobei häufig aus 2 inneren Staubblättern nur ein einziges Fruchtblatt entsteht), seitliche Spaltung der äusseren Staubblätter, Vereinigung von je 2 inneren Staubblättern zu einem Staubblatt, Auftreten von 3 Staubblättern an Stelle von je 2 inneren Staubblättern, Vorkommen eines dritten (aus 2 Staubblättern bestehenden), inneren, mit dem zweiten Staubblattkreis alternierenden Staubblattkreises, Auftreten von 3 und 4 quirlständigen Fruchtblättern, Umwandlung der Hälfte eines Fruchtblattes in eine Staubbeutelhälfte, Umwandlung der Ovula in Laub- oder in Kronblätter, Auftreten von mehreren Embryosäcken im Ovulum, Vorkommen von 3 Keimblättern (Trikotylie). — Bereits im Altertum fand der Goldlack medizinische Verwendung. Die Blüten enthalten Gerbstoff, Myrosin, ein schwach bläulich fluoreszierendes, ätherisches Oel (0,06u/o) von unangenehmem Geruch (es enthält nach K ü m m e r t E., Chem. Zeitung. Bd. XXXV [1911], pag. 667), sehfölartige Verbindungen, Ketone und Aldehyde von Veilchen- und Weissdorngeruch, ferner Nerol, Geraniol, Benzylalkohol, Linaldol, Indol, Anthranilsäuremethylester, Essigsäure, Salizylsäure, Phenole, Lactone), ferner das Glykosid Cheiranthin (Herz­ gift), die Alkaloide Cheirinin, Cholin (nur in den Samen ?) sowie einen gelben Farbstoff Isorhamnetin und Quercosin (C1 5 H1 0 O7 ). In den Samen ist ein Senfölglykosid (Cheirolin) enthalten. Die getrockneten Blüten finden als Herzgift, früher auch als Resolvens, Emmenagogum, Antispasmodium, Anodium, Purgans gelegentlich Ver­ wendung ; noch heute gelten sie ab und zu als Abführmittel und als Mittel zur Beschleunigung der Menstruation. Auch als Teesurrogat fanden die Blüten früher Beachtung. B a s t a r d e : C h e i r a n t h u s Ch e i r i L. X E r y s i m u m e r y s i m o i d e s (L.) Fritsch ( = E. i n t e r ­ m é d i u m Wettstein). Pflanze zweijährig. Stengel aufrecht, einfach oder am Grunde aufsteigend, ästig. 40 bis 60 cm hoch. Laubblätter länglich-lanzettlich, undeutlich geschweift - gezähnt, mit 2- und 3-teiligen Haaren besetzt. Aeussere Kelchblätter grösser, breiter, gesackt, eiförmig-länglich, innere lanzettlich, 10 mm lang. Kronblätter ca. 14 bis 16 mm lang, rötlich-gelb, lang-genagelt. Schoten 30 bis 40 mm lang, aufrecht-abstehend, seitlich zusammengedrückt. Samen fast flach, bleichgelb, kreisförmig oder elliptisch. Der Bastard hält die Mitte zwischen den Eltern. Er unterscheidet sich aber von Ch. Cheiri durch die gezähnten Laubblätter und die 3-teiligen Haare, durch kleinere, hellere Blüten und durch die Form der Samen, von E. erysimoides durch die Form und die Behaarung der Laubblätter, durch den rostfarbenen Kelch, durch dunklere Kronblätter, breitere Schoten und durch die Form der Samen. Der Bastard wurde im Botan. Garten der Universität Wien künstlich erzeugt; nach R. v. We 1 1 s t e i n gab er Veranlassung zur Vereinigung der beiden Gattungen Chei­ ranthus und Erysimum (vgl. Wettstein in Oesterr. Botanische Zeitschrift. Bd. XXXIX, 1889).

GCCLIX. Alÿssum1) L. (= Adyséton Adans.). S tein k rau t. Franz.: Alysson, alysse, passerage; englc Alison, madwort; ital.: Alisso. Ein- bis mehrjährige Kräuter und Halbsträucher. Wurzel spindelförmig, ästig. Sprossachsen niederliegend, aufsteigend oder aufrecht, meist ästig, seltener einfach, ± dicht mit Sternhaaren (Fig. 864 a, 1, m, q), seltener auch mit einfachen Haaren besetzt. Laub­ blätter ungeteilt, gezähnt oder häufig ganz/andig, ± reichlich sternhaarig, seltener auch mit Gabel- oder mit einfachen Haaren besetzt. Eiweissschläuche sehr spärlich im Mesophyll. Blüten in ± dichten, einfachen oder rispig verzweigten Trauben auf behaarten Stielen. Kelchblätter abstehend oder aufrecht, schmal-weisshautrandig; die äusseren nicht gesackt (Taf. 137,*) *) Vom griech. d [a] =

privativum und Ätiood [lÿssa] = Wut; Heilmittel gegen die Hundswut.

446 F ig . 3 a). K ro n b lä tte r gelb, ungeteilt, keilförm ig o d er verkehrt-eiförm ig, an der S pitze ab g eru n d et, stum pf o d er seicht ausgerandet, allm ählich in den N a g el verschm älert. S ta u b ­ b lä tte r frei. S taubfäden + hoch hinauf geflügelt und oft g ez äh n t oder am G runde m it einem H ö ck er (T af. 125, F ig . 10; F ig . 874, F ig . g). versehen. H onigdrüsen 4 ; je 2 zu den Seiten d er kurzen S ta u b b lätte r (T af. 125, F ig. 20), 3-eckig, selten fädlich verlän g ert. F ru c h t ein 2-k lap p ig aufspringendes, parallel zur S cheidew and zusam m engedrücktes, ovales bis fast kreisrundes S chötchen. K lap p e n + stark gew ölbt, undeutlich netznervig, kahl oder + reichlich b eh aart (Fig. 871 e). S cheidew and dünn;. O berhautzellen m it zahlreichen, parallelen T eilungsw änden. Griffel dünn, lang, bleibend; N a rb e kopfig ausgerandet. Sam en 1 bis 8 in jedem F ach , flach, ganz, teilw eise oder nicht h au tra n d ig (T af. 125, F ig . 44). K e im b lätter flach. K eim ling rückenw urzelig. D ie G a ttu n g is t m it ü b e r 100 A rte n eine der a rte n re ic h ste n der C ru c ife re n ; sie v e rte ile n sich auf 5 S ek tio n en und h a b en m eist im M itte lm e e rg e b ie t ih re H e im a t. E inige w en ig e A rte n b e w o h n en au ch M itte leu ro p a . S äm tlich e A rte n zeigen x e ro p h y tisc h e M erkm ale (d ich te S te rn h a a rb e d e c k u n g , R o se tte n w u c h s, k leine L a u b ­ b lä tte r usw .). D ie B lüten sind klein, h o m o g am bis p ro te ro g y n ; sie b e sitz e n 4 H o n ig d rü sen , deren H o n ig h a lb v e rb o rg e n ist. E in ig e A rte n w e rd en b e i uns ab und zu als Z ier­ pflanzen k u ltiv ie rt u n d v e rw ild e rn g e le g en tlic h , so u. a. A. m o n t a n u m L , (vgl. p ag . 449) u n d A . c u n e i f o l i u m T en. (vgl. p ag . 455). — A . r e p e n s B au m g t., aus dem B a n a t und S ie b en b ü rg e n . P flanze d ic h th a a rig . S ten g el bis 12 cm hoch. L a u b b lä tte r g a n z ra n d ig . B lü ten g ross, d o ld en trau b ig , goldgelb. P flan ze den g an ze n S om m er h in d u rc h blühend. — A. a l p e s t r e L . (vgl. p a g . 451). — A. a r g e n t e u m All. ( = A. m u rälis L ej.), aus S ü d o ste u ro p a , P ie m o n t und S ü d ­ w e sta sien . Bis 40 cm h o h e r H a lb stra u c h m it sc h m a l­ lä n g lic h -v e rk e h rte ifö rm ig e n , o b e rse its g ra u g rü n e n , u n te rse its w eissfilzigen L a u b b lä tte rn . B lü ten in re ic h lic h risp ig -v erz w eig ter, re ic h b lü tig e r T ra u b e . K ro n b lä tte r lan g g e n ag e lt, e p atelfö rm ig , vo rn a b g e ru n d e t, goldgelb. S ch ö tch e n b re it, v e rk e h rt-e ifö rm ig o d e r fa s t k re isru n d lich , w eissfilzig. F ä c h e r sinsam ig. S am en g eflü g elt (F ig . 87 1 a, b, c). F e h lt im W allis (vgl. J a c c a r d , H. C a ta lo g u e de la flore V alaisanne, pag. XL1II), k o m m t a b e r im A o s ta ta l vor. S elten v e r­ w ild ert, so bei F ra n k fu rt a. M . a u f dem B ölkischen B erg 1903), am L a in z e r T ie rg a rte n bei W ien, im H afen von M a n n h e im (1883) so w ie b ei B a d e n im K a n to n A a rg a u (1910).— A . s t r i g ö s u m S o la n d er ex R ussell ( = A. h irsü tu m B ieb.), Fig- 870. A l y s s u m s a x a t i l e L. Phot. W ilhelm P ö p l , T öltsch (Böhmen). aus S ü d w esta sie n . Pflanze e in jä h rig , a u fre c h t. K ro n b lä tte r den K elch k a u m ü b e rra g e n d , gelb, an der S pitze a u sg e ­ ra n d e t. L ä n g e re S ta u b b lä tte r geflügelt. F ru c h t k re isru n d , d ic h t m it S te rn h a a re n und m it langen, g a b elig en H a are n b e se tz t. A d v e n tiv am B o d e n se estra n d b ei H orn, bei S o lo th u rn (1909); ebenso in H olland, E n g lan d und S c h w ed en . — A . s a x a t i l e L. (vgl. p ag . 452). — A. r o s t r ä t u m S tev en , aus S ü d o ste u ro p a und W estasien. E in jä h rig . S ten g el a u fre c h t. L a u b b lä tte r sc h m al-lan z ettlic h . sp a telfö rm ig . A lle S ta u b fä d e n g eflügelt. S c h ö tch e n v e rk e h rt-e ifö rm ig . A d v en tiv b ei K iel, F ra n k fu rt a. O. u sw . — A . C ö r s i c u m D u b y , aus C o rsica (d o rt endem isch). A u sd au e rn d , bis 50 cm h o c h , h a lb s tra u c h ig , ä stig . L a u b b lä tte r g ro ss, v e rk e h rt-e ifö rm ig , vo rn g e s tu tz t oder a u sg e ra n d e t, von S te rn h a a re n w eiss. B lüten klein, in re ic h lic h risp ig -v e rz w e ig te n T ra u b e n . K ro n b lä tte r v e rk e h rt­ eifö rm ig , vorn a b g e ru n d e t, d o p p elt so lan g w ie die K e lc h b lä tte r, gelb. L ä n g e re S ta u b fä d e n geflügelt. S ch ö tch e n klein, v e rk eh rt-eifö rm ig , kahl. S am en sch m al geflügelt (ad v en tiv in L u d w ig sh a fe n , 1900). — A. d a s y c ä r p u m S teph., aus R ussland und W estasien . A d v e n tiv im H afen von M an n h eim 1906. — A. m i c r o p e t a l u m F isc h , var. p r o c u m b e n s ( = A. c a m p e s tre L . var. m icro p etalu m ). A d v e n tiv im H a fen von M a n n h e im (1901). H e im a t: S ü d o st­ e u ro p a, S ü d w esta sie n . — A . c a m p e s t r e L . (z. T . = A. latifö liu m V is.), au s S ü d eu ro p a, W estasien u n d N o rd afrik a. E in jä h rig . L a u b b lä tte r 'la n z e ttlic h ; die u n te re n v e rk e h rt-e ifö rm ig , g a n zra n d ig , von S te rn h a a re n g ra u . K e lc h b lä tte r frü h z e itig abfallend. K ro n b lä tte r goldgelb. S ta u b fä d e n geflügelt. F rü c h te in v e rlä n g e rte r T ra u b e , k re isru n d , locker m it S te rn h a a re n und m it e in fach en H a a re n b e se tz t. A b u n d zu v e rw ild e rt, so frü h e r im S ü d b a h n h o f M ünchen,

447 H afen von M an n h eim (1901), F ra n k e n th a l (1897), K reu zn ach , B in g erb rü c k , P e rl an der O berm osel, b ei D a h lh a u se n in W estfalen , K öpenik, F ra n k fu rt a.O ., S o lo th u rn (1909). D ie S ta n d o rte B ran so n und L e s M a rq u e s im W allis ( H a l l e r ) sind n a c h J a c c a r d zu s tre ic h e n ; a u ch die A n g a b en aus dem T essin sind u n rich tig . A dventiv a u ch in H olland und in E n g lan d (A. l a t i f o l i u m V is. [ = A. c am p estre f. latifo lia L . K eller] is t w o h l n ur eine b re itb lä tte rig e S ta n d o rtsfo rm a u f fe tte m B oden). — A. p e t r s e u m A rd. ( = A . G em onense L ., = A. edentulum W ald st. e t K it., *=■ A. cheirifö liu m B e rg e re t, = A. saxätile C ra n tz ). P flanze z w eijäh rig . U n te re L a u b b lä tte r ro s e tte n ­ förm ig, lä n g lic h -v e rk e h rte ifö rm ig , am G runde stie la rtig v e rsch m ä le rt, am R an d e b u c h tig ; S te n g e lb lä tte r lanzettlich , sitzend. B lüten in e in fa ch e r oder in risp ig -v e rä ste lte r T ra u b e . K ro n b lä tte r goldgelb. S ta u b fä d e n am G ru n d e g ezä h n t. S ch ö tch e n b re it-ellip tisc h , kahl. A m O ttilien ste in bei Suhl in T h ü rin g e n d u rc h A u ssa a t [1835; D r. H o f f m a n n ] v e rw ild e rt und e in g e b ü rg e rt; au ch so n s t ab u n d zu aus d e r K u ltu r v e rw ild e rt, so an d e r S c h lo ssm a u er in A b e n b e rg bei S c h w a b a c h in B ayern. D ie A n g a b e n von H e id e n sc h a ft und W ip p a c h in K ra in (F l e i s c h m a n n . U eb ers.F l.K ra in s)u n d W o ch e in e rtal, K a n k e rta l, N e u m a rk t(W u l f e n) (vgl. a u c h F r i t s c h , E xcu rsio n sflo ra fü r O esterreich) sind n a ch P a u 1i n (D ie C ru c ife ren K rains, m scrpt.) n ic h t a u fre c h t zu e rh a lte n ; sie b e ru h e n a u f eine V e rw e ch slu n g m it A . m o n ta n u m . — A. m i c r o c ä r p u m V is. ( = A. eden tulum W ald st. e t K it. var. tü m id u m B o rb ä s, = A. corym bösum [G rise b ac h ] Boiss.), aus dem B alkan. A dventiv b e i V aleyre bei A ig le ( 1 8 /9 ; n a c h H. J a c c a r d ) . — H ie rh e ra u c h : P t i l o t r i c h u m m a c r o c ä r p u m R ouy ( = A lyssum m a c ro c a rp u m D C .), aus S üd­ fran k re ich . B is 30 cm h o h e r H a lb stra u c h , ästig , d o rn ig . L a u b b lä tte r läng lich bis schm al v e rk e h rt­ e ifö rm ig o d e r la n z e ttlic h , a u f d e r U n te rse ite von S te rn h a a re n w eisslich , ob en g ra u g rü n . B lüten in k u rz er, tru g d o ld ig e r T ra u b e . K ro n b lä tte r m it ru n d lic h er, p lö tzlich in den N a g el z u sam m en g e­ zo g en er P la tte , w eisslich . S c h ö tc h e n g ro ss, b re it v e rk e h rt-e ifö rm ig , an der S pitze a b g e s tu m p ft; K lap p en netznervig. S am en rundlich, b re it g e ­ flü g e lt; in jed e m F a c h e 2 bis 4. A d v en tiv im H a fen von M an n h eim (1903).

Lobuläria maritima

Fig'. 871. A l y s s u m a r g e n t e u m A ll. «H ab itu s (t/s natürl. Grösse).

(L .) D esv. b Blüte, c Frucht. — L o b u l a r i a m a r i t i m a L. D esv. f H abitus. d Laubblatt, e Frucht, g Blüte, h Kronblatt. i. Staubblatt, k Frucht ( = C lypeola m a ritim a L ., = A lyssum m aritim u m (aufspringend). I Samen. L am ., = K ö n ig a m a ritim a R. B row n). M e e r ­ s t r a n d - S t e i n k r a u t , L a p p e n k reu z . F ra n z .: C orbeille d’a rg e n t, a rg e n tin e ; en g l.: S w ee t alison, s e a -s id e m a d w o rt; i t a l .: F ilo g ra n a . F ig . 871 d bis 1. A u sd au e rn d . S te n g el ä stig . L a u b b lä tte r sitzend, lin e a l-lan z e ttlic h ; die u n te re n v erk eh rt-eilän g lich , g an zra n d ig , H a a re zw eisp itzig . M yrosinzellen im M esophyll. K e lc h b lä tte r a b s te h e n d ; die ä u sseren u n g e sa ck t. K ro n b lä tte r g e n a g e lt (F ig. 8 7 1 h ). P la tte rundlich, w eiss. S ta u b fä d e n einfach. H o n ig d rü se n 6; je eine an den S eiten der k ü rz ere n S ta u b b lä tte r und je eine an d e r In n e n seite der lä n g e re n S ta u b b lä tte r seitlich n a ch den k ü rz ere n S ta u b b lä tte rn zu. F r u c h t ein vom R ücken h e r z u sa m m en g e d rü c k te s, 2 -klappig a u fsp rin g en d es, elliptischv e rk e h rt-b irn fö rm ig e s S c h ö tch e n (F ig . 8 7 1k), b e h a a rt, 2-sam ig. S c h e id e w a n d m it F a se rn ; O b e rh au tz ellen m it z ah lreich en , p a ralle len T e ilu n g sw ä n d en . S am en g e flü g e lt (F ig. 561 f b is 1). Z ier- (b eso n d ers B o u q u e t-) Pflanze aus dem M e d ite rra n g e b ie t, den C a n arisc h e Inseln, M a d e ira , A z o re n ; selten v e rw ild e rt, so in B ayern b e i der B u rg A b e n b e rg b e i S c h w a b a c h , b ei B a m b e rg , fe rn e r bei K o n stan z, b e i S tra ssb u rg , b ei N e u sta d t a. H ., b e i H o m b e rg am R h ein (1912), bei D re sd e n (A. V o i g t briefl. an T h ellu n g ), b e i D ö h re n b e i H a n n o v er (1910), a u f H elgoland, b e i B erlin, C h a rlo tte n b u rg , F ra n k fu rt a. O., bei In n sb ru ck , b e i M e ran , b e i H ellikon (K an to n A a rg au ), L itta u (L u zern ), b e i C h u r (1904 u n d 1908), b ei S o lo th u rn , bei E rm a tin g e n , b e i P a lez ieu x (W a a d t), bei Z ürich, b ei B ouveret, bei G enf (1876). K u ltiv ie rt und zuw eilen verw ildert, au ch in E n g la n d , H olland, N o rd a m erik a, M exiko, in den K ü ste n g e b ie te n S ü d a m erik as, Ja p a n , auf N euseeland. — D ie B lü te n stä n d e sind verm ö g e der A n o rd n u n g der w eissen B lüten, die d ic h t n e b en e in a n d e r in d o ld en a rtig e r G ru p p ie ru n g steh en , tro tz der K le in h e it d e r B lüten re c h t auffallend. D ie b re ite n , a b g e ru n d e te n P la tte n d e r K ro n b lä tte r d eck en sich m it den R ä n d ern teilw eise

448 gegenseitig, so dass ein Vordringen zum Nektar von oben her nur in der Mitte der Blüte möglich ist (kleine Insekten können allerdings auch von der Seite zwischen den Kelchblättern und den Nägeln der Kronblätter eindringen). Beim Oeffnen der Blüte sind die 6 lebhaft gelbgefärbten Antheren am Blüteneingang derart gruppiert, dass ein Anstreifen an eine derselben für ein von oben anfliegendes Insekt unvermeidlich ist; die Narbe steht um diese Zeit bedeutend tiefer. Die anfangs grünlich gefärbten Staubfäden werden nach dem Verstäuben des Pollens violett, was zur Erhöhung der Auffälligkeit beiträgt. Später streckt sich der Fruchtknoten mit dem Griffel und die Narbe ragt (wohl noch immer empfängnisfähig) aus der Blüte heraus. Die kräftig sezernierenden Honigdrüsen erzeugen einen sehr bemerkbaren Honigduft, der zu der Benennung L e p i di um. f r ä g r a n s Willd. Veranlassung gegeben hat. Nach H i l d e b r a n d ist die Pflanze selbststeril. L. maritima wird als an­ spruchlose, reichlich blühende Pflanze in Gärten (auch in Bauerngärten) gern kultiviert. Zur Einfassung von Beeten, auf Felsgruppen, auch als langdauernd blühende Bienenfutterpflanze wird sie angebaut. Häufig ist die f. v a r i e g ä t u m hört, mit weiss und gelb gestreiften Laubblättern in der Kultur anzutreffen. Das Kraut gilt als antiskorbutisch und wird auch gegen katarrhalische Affektionen verwendet. — Im Hafen von Mannheim wurde 1897 adventiv L o b u l ä r i a L y b i c a (Viv.) Webb. aus Spanien, Nordafrika und Südwestasijen beobachtet. 1. Einjährige oder überwinternd einjährige Pflanze 2. 1*. Ausdauernde, unterwärts zuweilen verholzende Pflanze . 4. 2. Schötchen kahl 3. 2*. Schötchen sternhaarig. Verbreitet A. A l y s s o i d e s nr. 1353. 3. Laubblätter rosettenförmig angeordnet, buchtig, gross. Schötchen kreisrundlich. Fächer 2-samig. Im Gebiet nur verwildert A. p e t r a e u m s. o. 3*. Laubblätter nicht rosettenförmig angeordnet, ganzrandig, klein (Fig. 874 e). Schötchen eirundlich, vorn gestutzt (Fig. 874i). Spontan nur in Niederösterreich A. d e s e r t o r u m nr. 13574. Laubblätter gross, rosettenförmig angeordnet (Fig. 874b). Schötchen kahl (Fig. 874d). Fränkischer Jura, oberes Elbegebiet, Mähren, Ober- und Niederösterreich A. s a x a t i l e nr. 1356. 4*. Laubblätter nicht rosettenförmig, am Stengel zerstreut stehend, klein 5. 5. Schötchen elliptisch (Fig. 873 o, t), gross (nur bei dem im Wallis bei Zermatt vorkommenden A. alpestre klein und rundlich). Hochgebirgspflanzen 8. 5*. Schötchen kreisrundlich, oft gestutzt oder ausgerandet, klein (Fig. 874 p) 6. 6. Blüten in rispig-verzweigten, einen reichen, fast ebensträussigen Blütenstand bildenden Trauben (Fig. 871 a) A. a r g e n t e u m s. o. 6*. Blüten in einfachen Trauben 7. 7. Stengel niederliegend oderaufsteigend, ohne einfache Haare. Verbreitet. A. m o n t a n u m nr. 1354. 7*. Stengel aufrecht, seltener aufsteigend, im oberen Teile auch mit zerstreuten, einfachen Haaren besetzt. Einzig in Steiermark A. T r a n s s i l v a n i c u m nr. 1358. 8. Blüten in rispig-verzweigten Trauben. Schötchen kreisrundlich (Fig. 873 h). Einzig bei Zermatt in der Schweiz A. a l p e s t r e nr. 1355. 8*. Blüten in armblütiger Trugdolde. Schötchen elliptisch (Fig. 873 o, t). Einzig in den Südostalpen. A. c u n e i f o l i u m nr. 1359.

1353. Alyssum Alyssoides L. (= A. calycinum L., = Clypéola alyssoides L., = Lobulária calycina Beck, = Alyssum campestre Reichard). K elch -S tein k ra u t. Taf. 125, Fig. 23, 44; Taf. 137, Fig. 53a, b und Fig. 874 a. Einj'ährig bis ausdauernd, (2) 7 bis 30 (40) cm hoch. Wurzel spindelförmig, ästig, ziemlich lang. Stengel aufrecht oder aufsteigend, selten niederliegend, rund, dicht mit Sternhaaren besetzt, über der Wurzel reichlich ästig; Aeste aufsteigend, am Grunde wag­ recht abstehend, verzweigt; Zweige z. T. in sterile Blattrosetten endigend. Laubblätter verkehrt-eilänglich, in einen kurzen Stiel verschmälert, spitz; die obersten kürzer gestielt als die unteren, ganzrandig, von Sternhaaren grau (Fig. 874 a). Blüten (Taf. 137, Fig. 3 a) in ziemlich dichter Traube auf 1,5 bis 2 mm langen, aufrecht-abstehenden, sternhaarigen Stielen. Kelchblätter lanzettlich, ungesackt, an der Spitze mit schmalem Hautrand, ca. 2jnm lang, bis zur Fruchtreife erhalten bleibend, an der Frucht verlängert, ca. 2,5 mm lang, sternhaarig, gegen die Spitze zu Sternhaare mit verlängerten Borsten. Kronblätter lineal-länglich, 2,6 bis 4 mm lang, an der Spitze gestutzt oder ausgerandet, gelb, nach dem Verblühen weisslich, fast eben so lang wie die Kelchblätter erhalten bleibend, auf der

449

Rückseite sternhaarig. Längere Staubblätter ca. 2 mm lang, wie die kürzeren ungezähnt. Schötchen in verlängerter Traube auf abstehenden oder aufrecht-abstehenden, 2 bis 5 mm langen Stielen, fast kreisrund, vorn gestutzt oder ausgerandet, 3 bis 4 mm lang, ringsum berandet (Taf. 125, Fig. 44), 4-samig. Klappen sternhaarig, gewölbt. Griffel dünn, ca. 0,5 mm lang; Narbe flach, nicht breiter als der Griffel. Samen eiförmig, 1,2 bis 1,5 mm lang, ringsum schmal-geflügelt, glatt, gelbbraun. — IV bis IX. Ziemlich verbreitet und stellenweise gemein an trockenen, sonnigen Standorten, auf Kalkfelsen, trockenen Hängen, Sandfeldern, in lichten Föhrenwäldern, auf Alluvionen, in Kleeund Getreidefeldern, auf Brachäckern, an Mauern, Wegrändern, Bahndämmen, auf trockenen Wiesen, in Steinbrüchen, Kiesgruben, auf Schuttanhäufungen, in Kirchhöfen; von der Ebene bis in die subalpine Stufe (im Engadin bis 1715 m) ansteigend. Meist auf kalkreichen Unter­ lagen (Kalkfelsen, Dolomitsand, Löss, Doggersande, Kalkschutt, Diluvialsande und Lehme). In D e u t s c h l a n d besonders in Süd-, Mittel- und Nordostdeutschland; in Süddeutschland mit Aus­ nahme der höheren Gebirge (Alpen, Böhmerwald, Bayerischer Wald, Schwarzwald, Vogesen) verbreitet und stellenweise gemein, in Mitteldeutschland verbreitet, in Norddeutschland im Westen in der Tiefebene fast nur adventiv (spontan z. B. in Hannover am Kalkberg bei Lüneburg, bei Ebstorf, Melbeck, Heiligental, Bergen an der Dünne) westlich der Westgrenze der Altmark und von Brandenburg fast nur adventiv, ebenso an der Ostsee­ küste (mit Ausnahme von Usedom und Wohin); in Schleswig-Holstein seit 1821 besonders als Kleeunkraut ein­ geschleppt und heute verbreitet, in Mecklenburg seit 1828 beobachtet. — In Oe s t e r r ei ch in Salzburg zerstreut; in Oberösterreich zerstreut; in Niederösterreich verbreitet und sehr häufig bis in die Voralpen; in Böhmen besonders in Zentral- und Nordböhmen verbreitet; in Mähren verbreitet; in Steiermark in der montanen Stufe verbreitet; in Kärnten in der montanen Stufe ziemlich verbreitet; in Krain hie und da um Laibach, in Ober-, Mittel- und Unterkrain; in Tirol verbreitet (aus dem Lech- und Loisachgebiet nicht angegeben). — In der S c h w e i z verbreitet; nur in den Alpentälern seltener.

A llgem ein e V erb reitu n g: Europa (in Skandinavien, England, Nordfrankreich, Belgien und Nordwestdeutschland wohl nur adventiv; nördlich bis Dänemark, Zamtland, Est­ land; fehlt in Griechenland); Westasien (im Orient im Gebirge); auf Neu-Seeland eingebürgert.

Aendert ab: f. r e f l e x u m Fiek. Kelchblätter zurückgeschlagen (Schlesien: Görlitz, Kontopp). — var. ruderäl e (Jord.). Laubblätter lanzettlich oder länglich-lanzettlich, oberseits grün, unterseits aschgrau. Kronblätter tief ausgerandet. Schötchen gross. Bei Genf (nach J o r d a n). Alyssum Alyssoides gehört dem eurosibirischen Element an und erscheint in Assoziationen mit grösseren Ansprüchen an Insolation und Trockenheit, so in den Alpentälern in der Felsflur und im Festucetum Vallesxacae, in den Mittelgebirgen in der Felsflur und in der Vegetation der pontischen Hügel (Stipetum pennätae, Brometum erecti), in der Ebene meist in der Sandflur sowie im lichten Kiefernwald. In den Illyrischen Ge­ birgen tritt die Art in der dalmatinischen Felsenheide und in der Karstheide auf. Wie Arenaria serpyllifolia, Draba verna, Arabidopsis Thaliana, Hutchinsia petraea, Saxifraga tridactylites und Larnium amplexicaule bildet A. Alyssoides an trockene Standorte mit kurzer Vegetationszeit angepasste Zwergformen aus, bei welchen die vegetativen Teile zugunsten der Blüten und Früchte stark zurücktreten (vgl. auch C h o d a t , R. in Berichte der Schweizer Botan. Gesellschaft, Bericht XII, 1902). Sehr häufig erscheint A. Alyssoides auch als Ruderalpflanze. Aus Deutschland wird A. Alyssoides erst im 16. Jahrhundert sicher erwähnt. T h a l kennt es 1577 aus dem Harz noch nicht. In Schleswig-Holstein, Mecklenburg sowie in Schweden verbreitete sich die Pflanze erst in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und wurde daselbst besonders mit Gras- und Kleesamen eingeschleppt. — A. Alyssoides gilt als gutes Schaffutter. Die hellgelben, nach dem Verblühen sich weiss verfärbenden (und da­ durch die Auffälligkeit erhöhenden) Blüten sind (stets?) nektarlos. Die ausgebreiteten Kronblätter besitzen einen Durchmesser von nur U/ 2 bis 2 mm; die Kelch- und die Nägel der Kronblätter sind aufrecht und schliessen dicht zusammen. Die Antheren der langen Staubblätter stehen höher, die der kurzen so hoch wie die Narbe, so dass spontane Selbstbestäubung unvermeidlich ist.

L. (= Alyssum montanum L. subsp. montanum Baumgartner, = Clypeola montana Crantz, = Alyssum diffusum Nym.). B erg -S tein k ra u t. Taf. 125, Fig. 10 und Fig. 872. Ausdauernd, (5) 10 bis 20 cm hoch. Wurzel spindelförmig, ästig. Stengel auf­ steigend oder aufrecht, von Sternhaaren graugrün, rund, im unteren Teile verholzend, am

1354. Alyssum montänum

H s g i , F lo r a . B d. IV .

121

450 G runde reich ästig. A este aus w agrecht - abstehendem G runde aufsteigend, verzw eigt; Zw eige teilweise in sterile B lattrosetten endigend. L a u b b lä tte r verkehrt-eiförm ig bis lanzettlich, untere in den kurzen Stiel verschm älert, obere schm äler, sitzend, spitz oder fast stum pf, gan zran d ig , unterseits von S ternhaaren graufilzig, oberseits w eniger reichlich b eh a art, grün. Blüten in reichblütiger, dichter T ra u b e auf aufrecht - abstehenden, 4 bis 6 mm langen, m it S tern h aaren (sehr selten m it G abelhaaren) besetzten Stielen. K e lc h b lä tte r breit-eiförm ig, 2,5 bis 3 mm lang, w eisshautrandig, ungesackt, sternhaarig, selten mit G abel- oder m it einfachen H aaren . K ro n b lä tte r 4 bis 5 (6) mm lang, keilförm ig, an d er S pitze ausgerandet oder gestutzt, gelb, auf der U n terseite kahl o d er b ehaart. K ü rzere S ta u b ­ b lätter m it freiem , g ezähntem o d er ganzrandigem A nhängsel. L ängere S ta u b b lätte r 3 bis 4 mm lang, ein- oder selten b eid ­ seitig geflügelt, üb er der M itte 1- bis 3-zähnig. F rü ch te in verlängerter T ra u b e (F ig. 572b) a u f 5 bis 7 (10) mm langen, w ag rech t - abstehenden, dicken Stielen, 5 bis 8 mm lang, kreisrundlich bis oval, vorn etw as au sg eran d et oder g estutzt, 4-sam ig. K lap p en dicht stern h aarig , w enig gew ölbt. Griffel 2 bis 3 (4) mm lang, dünn. N a rb e flach, kaum b reiter als der Griffel. S am en eiförm ig, 2 mm lang, braun, ringsum schmal hautrandig. — (I, III) IV bis V ; im H erb st ab und zu noch­ mals blühend. Ziem lich zerstreut, doch öfters gesellig, an trockenen, sonnigen Felsen, an sonnigen H ängen, auf S andfeldern, W iesen, H eiden, in lichten K iefernw äldern, auf Alluvionen der Flüsse, auf M auern, an F eldrainen, auf B rach äck ern ; von der E bene bis in die alpine S tufe (Illyrische G ebirge) ansteigend. A u f K alk, D olom it, G ips, B asalt, Serpentin, P o rp h y r, M elaphyr, D iluvial- und A lluvialsand. In D e u t s c h l a n d in S üd-, M itte l- u n d N o rd o std e u tsc h la n d . In B ayern im M a in g e b ie t a u f B u n tsa n d ste in und a u f M usch elk alk , im stand. K e u p e rg e b ie t a u f G ips- u n d D ilu v ialsan d , im J u ra v e rb re ite t a u f K alk und D o lo m itfelsen , südlich bis zur D o n a u (südlich der D o n a u einzig bei G u n d e lsh a u sen b e i A b b a c h a u f Ju ra k a lk ), ln W ü rtte m b e rg im J u ra v e rb re ite t vom B lau ta l und von H e u b ach südlich bis zur D o n a u ; in B aden am H o h e n tw iel (a u f P h o n o lith ), in d e r o b e rrh e in isc h e n T ie feb e n e südlich b is zum Iste in e r K lotz u n d K a ise rstu h l (K leinkem s, L im b u rg ), dann von R a s ta tt an nörd lich , im M a in ta l bei B e ttin g e n ; im E isass z e rstre u t, in der P falz bei B a tte n b e rg , A lbisheim , am R h e in g ra fe n s te in , in M itte l- und N o rd o std e u tsc h la n d n ö rd lic h b is zum A h rta l (frü h er a u ch am R h e in b eiU erdingen), bis H essen, W aldeck, B ilstein b eiA llen d o rf an d erW erra, im H arz (m eh rfa ch ), b ei M a g d e b u rg , B u rg , R a th e n o w , G ro ss-K re u tz, P re n z la u , A n g erm ü n d e, O d e rb erg , C rossen, G rü n b e rg , Kulm , W eisse n b e rg (S tulau), N im m e rsa tt, z w isch en Im m e rsa tt u n d S zurlig, in S achsen selten. — In O e s t e r r e i c h in O b e rö ste rre ic h a u f d e r W eiserheide u n w e it des K lim itsch , am T ra u n flu s s e ; in N ie d erö ste rreich im G e b iete der p a n n o n isch e n F lo ra in d e r m o n ta n e n S tu fe : H a in b u rg e r B erge, L e ith a g e b irg e , W ac h au , bei R o se n b u rg ; in B öhm en im w ä rm e re n H ü g ellan d e im N o rd en v e rb re ite t; in M ä h re n b e i S okolnitz, C zebin bei B rünn, N am iest, M ohelno, H ru b sch itz, E ib e n sc h itz , N ik o lsb u rg , B ra te lsb ru n n , P ollau, Z naim , K ro m a u , A u ste rlitz , K o stei, G öding, W is c h a u ; in S te ie rm a rk z e rstre u t z. B. b e i G on o b itz, in der G ulsen bei K ra u b a th , von K ra u b a th M u rta l a u fw ä rts bis P öls, zw ischen H a b erlin g , F ra u e n b u rg u n d U n z m ark t, am K irc h k o g el b ei P e rn e g g ; in K ä rn te n ob L avam ünd, R a b en ste in erfe lsen b ei St. P a u l, am W e in b e rg bei W o lfsb erg , G riffner S ch lo ssb erg , T rix e n , E b e rste in , H ocho ste rw itz , B e rg e o b e r L au n sd o rf, U lrich sb erg , G lobasnitz, M a g d a le n b e rg ; in K ra in n u r im In n e rk ra in er K a r s t­ g e b ie t: im W ip p a ch ta l b e i H e id en sch a ft, O b erfeld b e iW ip p a c h , am N anos, a u f der V rem sica ob dem R e k atale , am S üdfuss des K ra in er S c h n e eb e rg a u f d e r O rlo v ica ; in T iro l n u r ad v en tiv b e i S c h w a z im Inntal. — In d e r S c h w eiz

451 selten im Wallis bei Ganter (Simplon)r auf der Lagern, Sissacher Fluh (hier angepflanzt!), bei Arlesheim, Hofstetter Köpfli ob Flühen, Pelzmühletal (Solothurn) und bei Burgdorf; angeblich auch im Tessin am Monte Generoso.

A llg em ein e V erb reitu n g: Mediterrangebiet, Mitteleuropa, Süd- und Mittel­ russland; adventiv in den Niederlanden.

Aendert ab: subsp. Gmelitli (Jord.) ( = A. arenärium Gmel., = A. angustifölium Wirtg., = A. erxgens Jord. et Fourr., = A. vernäle Kitt., = A. campestre Poll.). Stengel aufrecht oder aufsteigend, dünn, oberwärts oft ästig. Laubblätter lineal-länglich, weniger dicht behaart als der Typus. Kronblätter klein, bleichgelb. Längere Staubfäden geflügelt. Schötchen in langer, dünner, lockerer Fruchttraube, eirundlich, ca. 3mm lang (ohne Griffel!). — IV bis VI. In D e u t s c h l a n d in Bayern bei Würzburg (Heidingsfeld, zwischen Bommershausen und Erlach), im Rheintal von Schwetzingen bis Darmstadt, bei Sasbach gegen Limburg, von Bingen bis Mainz, Mannheim, Heidelberg, Martinstein (Pfalz), im Weichselgebiet. — In O e s t e r ­ r e i c h in Böhmen (bei Prag), in Niederösterreich bei Laxenburg und bei Baumgarten im Marchfelde. A l l ­ g e m e i n e V erb r e i tun g: Deutschland, Oesterreich, Ungarn, Bulgarien, Südrussland. Nach J. B a u mg a r t n e r (Beilagen zum 34. bis 36- Jahresber. des niederösterr. Landes-Lehrerseminars in Wiener-Neustadt, 1907 bis 1909) handelt es sich bei dieser Pflanze nicht um eine blosse Form trockener Standorte, sondern eher um eine gute, durch ihre konstante Tracht im ganzen Verbreitungsgebiete, auch an isolierten Standorten, ausgezeichnete Art von hohem Alter oder aber vielleicht um ein Kreuzungsprodukt zwischen A. montanum und A. Transsilvanicum, in welchem Falle Ungarn als Grenzgebiet der beiden Arten als Verbreitungsgebiet anzusehen wäre. — var. p l u s c a n e s c e n s Raimann. Fertile Sprosse locker beblättert, 10 bis 20cm lang. Laubblätter mit Stern- und mit Gabelhaaren besetzt; die unteren breit rundlich, dicht grauhaarig, die oberen lineal, grün. Längere Staubfäden einseitig geflügelt. Traube verlängert, locker. Schötchen rund, 4 bis 5 mm breit (Felsen bei der Ruine des Seitzklosters nächst Gonobitz in Steiermark). — subsp. eu-montanutn (Baumgartner) ( = Alyssum montanum L. et aut. plur., = A. diffusum Nym. var. genuinum Rouy.). Sterile Stengel dicht, selten locker, fertile locker beblättert, niederliegend oder aufsteigend. Untere Laubblätter länglich oder verkehrt-eiförmig; obere schmäler und kürzer, + dicht sternhaarig. Traube lang. Kelchblätter mit Sternhaaren und Gabelhaaren besetzt. Kron­ blätter verkehrt-herzförmig. Längere Staubfäden einseitig geflügelt; kürzere mit eingeschnittenem Anhängsel. Schötchen länglich-kreisrundlich, behaart (Verbreitetste Rasse). — var. P r e i s s m ä n n i (Hayek) Baumgartner (=• A. montanum L. f. autumnale Wirtg.). Stengel locker beblättert. Laubblätter zerstreut sternhaarig, graugrün, untere verkehrt-eilänglich, obere keilförmig-spatelig. Längere Staubfäden zweiseitig geflügelt. Kron­ blätter bleichgelb. Fruchttraube locker, verlängert. Fruchtstiele dünn. Früchte sehr spärlich sternhaarig. — VI bis IX. Im Nahetal [Böckelstein] in der Pfalz; in Steiermark z. B. bei Kraubath im Murtal (Standortsform auf Serpentin, Porphyr Trachyt?). — f, p a l l i d i f l ö r u m Geis. Kronblätter hellschwefelgelb (Rheinlande und Westfalen). Alyssum montanum gehört dem pontisch-mediterranen Element an. Als Steppenpflanze besiedelt die Pflanze die trockene Kalkfelsflur; in der Schwäbischen Alb (am Donaudurchbruch) erscheint sie zusammen mit Melica ciliata, Lasiagrostis Calamagrostis, Carex humilis, Thalictrum minus, Draba aizoides, Cochlearia saxatilis, Biscutella levigata, Saxifraga Aizoon, Cytisus nigricans, Daphne Cneorum, Campanula pusilla, Leontodon incanus, Hieracium bupleuroides etc. Ausserdem erscheint die Pflanze im Stipetum pennatae, in trockenen Sandfeldern, in lichten Föhrenwäldern sowie auf der Karstheide der Illyrischen Gebirge. Auf Serpentinfels bei Kraubath kommen mit var. Preissmänni Asplenium adulterinum und A. cuneifolium, Sempervivum Pittonii und Armeria elongata vor. — Die mässig grossen, gelben Blüten sind durch einen schwachen Honigduft ausgezeichnet. An warmen Tagen spreizen die Staubfäden etwas auseinander: bei trüber Witterung und nachts legen sie sich jedoch dem Griffel dicht an, so dass dann Selbstbestäubung unvermeidlich ist. Nach dem Abblühen verlängern sich die Kron­ blätter noch bedeutend und erhöhen dadurch die Auffälligkeit der Blütenstände. Die Farbe der Kronblätter beruht auf ihrem Gehalt an Xanthophyll und Carotin.

L. (= Draba spathuläta Bergeret). A lp en -S tein k ra u t. Fig. 873 d bis h. Ausdauernd, 5 bis .20 (25) cm hoch. Wurzel spindelförmig. Sprossachse auf­ recht oder niederliegend, reichlich ästig, im unteren Teile verholzend, dicht sternhaarig. Aeste ± dicht beblättert, in sterile Blattrosetten endigend oder Blütentrauben tragend. Laubblätter verkehrt-eiförmig oder länglich bis länglich-lanzettlich, in den Grund ver­ schmälert, dicht sternhaarig, oberseits graugrün, unterseits gelblichweiss. Blüten in reichblütigen, rispig-verzweigten Trauben auf 1,5 bis 2 mm langen, sternhaarigen (Fig. 873 e), 1355.

Alyssum alpestre

121*

452 aufrecht-abstehenden Stielen. K e lc h b lä tte r eilänglich, ca. 1,8 bis 2 mm lang, im vorderen T eile schm al-w eisshautrandig, sternhaarig. K ro n b lä tte r keilförm ig, 2 bis 2,4 mm lang, vorn ab g eru n d et, auf der U n terseite m it vereinzelten S ternhaaren. L än g ere S ta u b b lätte r ca. 2 mm lang, bis kurz u nter die S pitze geflügelt, kürzere m it bis zur M itte reichenden Flügelzähnen. S ch ö tch en in v erlängerten T ra u b e n auf abstehenden, 4 mm langen Stielen au frech t-ab ­ stehend, fast kreisrundlich (F ig. 873 h), vom R ücken h er flachgedrückt, sternhaarig, 4 bis 5 mm lang, 3 bis 4 m m breit. K lap p en w enig g ew ö lb t; F ä c h e r einsam ig. Griffel 0,8 bis 1 mm lang, dü n n ; N a rb e kopfig, nicht oder kaum b re ite r als d er Griffel. Sam en länglich, 1,2 bis 3 mm lang, auf einer Seite sehr schm al-geflügelt, dunkelbraun. — VIT. S ehr selten auf Felsen der alpinen und nivalen Stufe (von 2500 bis 3100 m). N ur in d er S c h w e i z und zw ar einzig in der U m gebung von Z erm a tt (G elbe W ände am G orner­ g letsch er, S tockje, T heodulpass, Gom ern). D ie A ngaben aus dem V al S ugana in Südtirol sind sehr z w eifelh aft! A usserdem adventiv im F lsass (beim P ro v ian tam t S trassburg) und in B aden (Schaufelsen bei S te tte n am K a lten M arkt).

Fig-. 873. A l y s s u m a l p e s t r e L. d H a b it u s ( * /2 natürl. G r ö ss e ) , e S ter n h aa r der L au b bl ä tt er , f K r on b la tt . g Staubblatt. h Fr u c h t . — A l y s s u m c u n e i f o l i u m T e n o r e s u b s p . W u l f e n i a n u m (Bernh.) H e g i et S ch m id . i, k H a b it u s der b lü h en d e n u nd fr u ch t en d en P f la nz e p /2 natürl. G r ö ss e) . I Lau b bl a tt . m B lü t e , n K e l c h b l a t t , o F r u c h t , s u b s p . O v i r e n s e (Kerner) W e t t s t e i n . / H ab it u s , q La u b b l a t t , r K r o n b la t t . t Fr uc ht .

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : S üdeuropa (nördlich bis S üdfrankreich und W a llis); S üd w estasien ; S ib irien ; N o rd afrik a. A e n d e rt w en ig a b : var. e l ä t i u s K och ( = var. a rg e n te u m G aud. n e c A. a rg e n te u m A ll.). Stengel bis 25 cm h o ch . L a u b b lä tte r b re ite r, oboval oder o b o v a l-ru n d lich . F rü c h te d ic h t ste rn h a a rig (A o statal). — A . a lp e stre g e h ö rt dem m e d ite rra n e n E le m en t an. G eleg en tlich w ird es a u ch in G ä rte n als Z ierpflanze gezogen.

1356. Alyssum saxätile Felsen-Steinkraut.

L . ( = A. A rduini F ritsch, = A urinia saxatilis C. A. M eyer). F ran z .: A lysse corbeille d ’o r; engl.: R o ck m adw ort. T af. 137, F ig . 4 ; F ig. 874 b bis d und F ig . 870.

A usd au ern d , oft halbstrauchig, 14 bis 35 (40) mm hoch. W urzel spindelförm ig. Sprosse n iederliegend oder aufrecht, ästig, von den R esten ab g esto rb en er L a u b b lä tte r dicht

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bedeckt; Aeste in sterile und in stengeltragende Blattrosetten endigend. Stengel einzeln oder mehrere, aufrecht oder aufsteigend, rund, einfach oder ästig, von Sternhaaren graugrün. Grundständige Laubblätter gestielt, verkehrt-eiförmig bis lanzettlich, spitz oder stumpf, ganzrandig oder spärlich un­ deutlich gezähnt, auf der Unterseite dicht sternhaarig, graugrün, auf der Oberseite weniger reichlich behaart, grün. Stengelblätter sitzend, lanzettlich bis lineal-lanzettlich. Blüten indichttraubigem, oft durch zahlreiche, seitliche Trauben rispigem Blüten­ stand. Blütenstiele 3 bis 5 mm lang, sternhaarig, aufrecht­ abstehend. Kelchblätter breit­ eiförmig, 2 bis 2,5 mm lang, in der vorderen Hälfte o i d e s L. Papillen und Sternhaare des Laubblattes. — weiss-hautrandig, sternhaarig. Fig. 874. A l y s s u m A l y s sHabitus (*/: natürl. Grösse), Fruchtstand, Frucht. — Kronblätter verkehrt - eiför­ AA ll yy ss ss uu mm sdae xs eart ti ol er uL.m Stapf, Habitus. / Blüte. ^ Sta ub blä tt er , Frucht längs­ Frucht, Samen. Sternhaare des Laubblattes. — A l y s s u m mig, kurz genagelt, an der Tgeschnitten. r a n s s i l v a n i c u m Schur, Habitus, Kronblatt. / Frucht, Sternhaare des Laubbfattes. Spitze ausgerandet, 3 bis 5 mm lang, kahl, gelb. Längere Staubblätter 2,5 mm lang. Staubfäden am Grunde mit einem stumpfen Anhängsel. Früchte in verlängerter Traube (Fig. 874 c), auf 6 bis 8 mm langen, abstehenden, ziemlich dünnen Stielen, rundlich-verkehrteiförmig (Fig. 874 d), 5 mm lang, an der Spitze abgerundet oder gestutzt. Klappen wenig gewölbt, netznervig, mit einem nur am Grunde undeutlich sichtbaren Mittelnerven, kahl. Griffel ca. 1 mm lang, dünn. Narbe kaum breiter, kopfig. Samen 1,8 bis 2 mm lang, glatt, braun, schmal-geflügelt. — IV bis V. Zerstreut und selten an sonnigen, trockenen Felsen der montanen Stufe der Gebirge. Auf Kalk, Basalt, Glimmerschiefer, selten auch auf Granit und Phonolit. a

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ln D e u t s c h l a n d im Fränkischen Jura bei der Behringersmühle, Stempfermühle bis zur Oswalds­ und Rosenmüllershöhle, am Hummerstein, Brunn zwischen Pegnitz und Pottenstein, Staffelberg, Friesener Warte, angeblich bei Pappenheim, Nagelberg, Hesselberg (früher), von Er dner ohne Erfolg bei Joshofen ausgesät, im Keupergebiet verwildert an der Schlossmauer in Abenberg bei Schwabach; verwildert auch bei Neustadt in der Pfalz (1903), in Sachsen an der Eulenkluft bei Wechselburg, an der Elbe bei Nüschütz und am Gohrisch, Zadel, Diesbar, Seusslitz, verwildert bei Kronensruh bei Neuhaldensleben, bei Sanssouci bei Potsdam (früher) und bei Schwerin. — In O e s t e r r e i c h in Salzburg (Drachenwand bei Mondsee), in Oberösterreich (Schoberstein, Drachensteine, hie und da an den Ufern der Traun, Granitfelsen bei Schloss Neuhaus), in Niederösterreich (häufig im nordwest­ lichen Granitplateau von der mährischen Grenze südlich bis an die Pielach, bei Steinabrunn, Staatz, Hain­ burg), in Böhmen (im Moldau-, Beraun- und im unteren Elbtal [von Leitmeritz bis Tetschen], im Erzgebirge, Wattawa- und Maltschgebiet), in Mähren (bei Trebitsch, Znaim, Pollau, Nikolsburg, Punkra- und Josefstal, Doubrawnik und Nedweditz bei Tischnowitz) und angeblich in Krain (bei Pölland an der Kulpa). — In der S c h w e i z nur adventiv bei Surava (Graubünden).

A llg em ein e V erb reitu n g: Fränkischer Jura, oberes Elbegebiet, Donauländer, Illyrische Gebirge, Nordbalkan, Galizien, Südrussland; Kleinasien.

Alyssum saxatile gehört dem pontischen Element an (vgl. Alsine setacea Mert. et Koch, Bd. III, pag. 395) und besiedelt fast ausschliesslich sonnige Felsfluren (Fig. 870). Ueber die Begleitpflanzen in Zentral­ böhmen siehe unter Erysimum crepidifolium pag. 431 und Aster alpinus Bd. VI, pag. 427- Auch im nieder­ österreichischen Waldviertel bewohnt die Pflanze mit Arten des Stipetums die Felsflur; aus den Karpaten, aus

454 Südwestrussland wird die Pflanze aus der podolischen Triftformation angegeben. — Eine Form mit gefüllten Blüten wurde von J i r r ä s e k im südlichen Moldautale beobachtet. A. saxatile wird ab und zu in Gärten kultiviert und verwildert aus diesen gelegentlich.

1357. Alyssum desertörum *)

Stapf (= A. minimum Willd. nec L., = A. Vindobonense Beck). K le in ste s S tein kraut. Fig. 874e bis m. Einjährig, 10 bis 12 (20) cm hoch. Wurzel dünn, spindelförmig. Stengel aufrecht, einfach oder am Grunde ästig. Aeste teilweise in sterile Blattrosetten endigend, von Stern­ haaren weisslichgrau. Laubblätter lineal-lanzettlich, spitz, in den Blattgrund verschmälert, ganzrandig, von Sternhaaren grau. Blüten an der Spitze des Stengels dicht-traubig gehäuft, auf 1 bis 1,5 mm langen, sternhaarigen, aufrecht-abstehenden Stielen. Kelchblätter 1,5 mm lang, schmal-weisshautrandig. Sternhaare teilweise mit sparrig-abstehenden, verlängerten Aesten. Kronblätter 2 mm lang, schmal-keilförmig, an der Spitze ausgerandet, kahl oder unterseits spärlich sternhaarig. Staubfäden der längeren Staubblätter am Grunde verbreitert; die der kürzeren mit zweizähniger Schuppe versehen. Längere Staubblätter ca. 1,6 mm lang. Früchte (Fig. 874d) in verlängerter Traube auf 3 bis 4 mm langen, aufrecht-ab­ stehenden Stielen, 3,5 bis 5 mm lang, breit-eirundlich, vorn ausgerandet, breit berandet. Klappen gewölbt, kahl, glatt. Griffel dünn, ca. 1/z mm lang; Narbe kaum breiter als der Griffel, kopfig. Samen 2 bis 4, eiförmig, 1 mm lang, hellbraun, glatt, ringsum geflügelt. — IV bis V. Sehr selten in der Ebene an sonnigen, trockenen Hängen, Dämmen, Bahnböschungen; auf Sand und Erde. Nur in .O esterreich und zwar spontan einzig in Niederösterreich. In D e u t s c h l a n d nur adventiv. In Bayern früher beim Südbahnhof München, bei Steinbach bei Aschaffenburg und bei Ludwigshafen (1903). Ausserdem bei Strassburg (1900). Altlandsberg bei Berlin (früher) und in Berlin an der Kaiser Franz-Grenadier-Kaserne (1868). — In O e s t e r r e i c h in Niederösterreich am Bahn­ damme zwischen Wagram und Gänserndorf (1889), auf den Schanzen bei Jedlesee (1889), bei Wiener-Neustadt, um Wien von Hernals bis Döbling (früher) ; in Mähren adventiv bei Joslowitz, Rochusberg bei Ungarisch Hradisch.

A llgem ein e V erb reitu n g: Osteuropa (Donauländer, Illyrische Länder, Süd­ russland); Westasien; in Aegypten eingebürgert. Alyssum desertörum gehört dem pontischen Element an. In den Sandsteppen von Ungarn ist die Art eine charakteristische Begleitpflanze der Federgrasflur.

Schur (= A. Styriacum Jord. et Fourr., = A. montanum L. var. rostratum Breitenlohner, = A. montanum L. subsp. repens