Homers Ilias: Gesamtkommentar, Band XII: 7. Gesang, Faszikel 2 Kommentar 9783110405743

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Homers Ilias: Gesamtkommentar, Band XII: 7. Gesang, Faszikel 2 Kommentar
 9783110405743

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HOMERS ILIAS GESAMTKOMMENTAR (BASLER KOMMENTAR / BK) HERAUSGEGEBEN VON

ANTON BIERL UND JOACHIM LATACZ BAND XII SIEBTER GESANG ( Η ) FASZIKEL 2: KOMMENTAR VON

KATHARINA WESSELMANN MIT UNTERSTÜTZUNG VON DAVID ELMER, RUDOLF FÜHRER, FRITZ GRAF, MARTIN A. GUGGISBERG, IRENE DE JONG, SEBASTIAAN R. VAN DER MIJE, RENÉ NÜNLIST, MAGDALENE STOEVESANDT, JÜRGEN v. UNGERN‑STERNBERG UND RUDOLF WACHTER

DE GRUYTER

Die Erarbeitung des Ilias-Gesamtkommentars wird finanziert vom Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung, Bern, der Freiwilligen Akademischen Gesellschaft, Basel, der Max Geldner-Stiftung, Basel, der Frey-Clavel-Stiftung, Basel, und der Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur. Für vielfältige Unterstützung danken wir besonders Herrn Prof. Dr. Peter Blome (Basel).

ISBN 978-3-11-040574-3 e-ISBN (PDF) 978-3-11-040699-3 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-040722-8 ISSN 1864-3426 Library of Congress Control Number: 2001418330 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2020 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Druck: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen ∞ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com

INHALT

Vorwort ……………………………………………………………………… Hinweise zur Benutzung (mit Abkürzungsverzeichnis) 24 Regeln zur homerischen Sprache (R)

……………………

IX

……………………………………

1

Tabellarischer Überblick über die Handlung des 4. Gesangs Kommentar

VII

………………

8

…………………………………………………………………

13

Bibliographische Abkürzungen

……………………………………………

197

VORWORT Der siebte Gesang der Ilias hat in der Forschung bisher nicht genügend Beachtung gefunden. Mit diesem Kommentarband hoffe ich nachweisen zu können, dass die beiden großen Teile des Gesangs, der Zweikampf zwischen Hektor und Aias und der Bau der Mauer um das griechische Heerlager, innerhalb der Ilias entscheidend wichtige strukturelle Funktionen erfüllen: die Verselbständigung des Krieges jenseits aller Verhandlungen und losgelöst von der ursprünglichen causa Helena. Dem vorliegenden Kommentar liegt wie den bisherigen Kommentar-Bänden der griechische Text der Ilias-Ausgabe von Martin L. West zugrunde (Bibliotheca Teubneriana, 1998/2000). * Die Erarbeitung und Herausgabe dieses Kommentars wurde durch die große Hilfe und Unterstützung von verschiedenen Seiten ermöglicht: In erster Linie danke ich meinen Teamkolleginnen Marina Coray, Martha Krieter und Magdalene Stoevesandt und meinem Teamkollegen Claude Brügger, die mich in das Projekt eingewiesen, mir unendlich viele Hinweise zur Kommentierungsarbeit gegeben und meinen Band von Anfang an begleitet haben. Weiter gilt mein Dank Joachim Latacz und Anton Bierl, die mir als Herausgeber der Reihe vielfältige Anregungen zur Endfassung meines Bandes geben konnten. Zu danken habe ich ferner unserem internationalen Expertenteam für wertvolle Hinweise und Korrekturen: Rudolf Führer, Martin Guggisberg, Irene de Jong, Sebastiaan van der Mije, René Nünlist, Jürgen von Ungern-Sternberg und Rudolf Wachter und Martin West (†), der die erste Hälfte meiner Arbeit noch lesen konnte. Da ich den vorliegenden Band als Habilitationsschrift an der Universität Basel eingereicht habe, konnte ich auch von den Kommentaren der extern Gutachtenden Barbara Graziosi und Adrian Kelly profitieren. An dieser Stelle möchte ich auch den langjährigen Projekt-Sponsoren für die großzügige Förderung meinen Dank aussprechen: dem Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung, der Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur sowie der Universität Basel, die mein Unternehmen zusätzlich durch einen Beitrag aus dem Forschungsfonds unterstützte.

VIII

Ilias 7

Dem Personal der Bibliothek der Altertumswissenschaften und der Universitätsbibliothek Basel danke ich für die unkomplizierte Bereitstellung der homerischen Fachliteratur, dem Verlag Walter de Gruyter, insbesondere Torben Behm, Katharina Legutke und Serena Pirrotta, für die sorgfältige Betreuung der Publikation.

Kiel, im Februar 2020

Katharina Wesselmann

HINWEISE ZUR BENUTZUNG 1. Im Kommentar sind vier Erklärungs-Ebenen graphisch voneinander abgesetzt (vgl. HK 41): a) In Normaldruck erscheinen die wichtigsten Erläuterungen für Benutzer aller Adressatenkreise. Griechischkenntnisse sind hier nicht vorausgesetzt; griechische Wörter werden in Umschrift wiedergegeben (Ausnahme: Lemmata des LfgrE, s. HK 41 [1]). b) In etwas kleinerer Schrift erscheinen genauere Erklärungen zum griechischen Text. Dieser Teil entspricht einem gräzistischen Standardkommentar. c) In Petit-Druck stehen spezifische Informationen zu verschiedenen Teilgebieten der Homer-Forschung. d) Unter einem Trennstrich erscheint am Fuß der Seite der ‘Elementarteil’, der besonders Schülern und Studenten eine Hilfestellung zur ersten Texterschließung bieten will. Der Elementarteil erklärt neben Prosodie und Metrik v.a. die homerischen Wortformen. Er basiert auf den ‘24 Regeln zur homerischen Sprache’ (unten S. 1ff.), auf die mit dem Kürzel ‘R’ verwiesen wird. Sehr häufige Phänomene (z.B. fehlendes Augment) werden nicht durchgängig registriert, sondern ca. alle 100 Verse in Erinnerung gerufen. — Auf Angaben zum homerischen Wortschatz wurde weitgehend verzichtet; hierfür sei auf das Spezialwörterbuch von AUTENRIETH/KAEGI verwiesen. Komplexe Probleme werden sowohl im Elementarteil als auch im Hauptkommentar aufgegriffen; im Elementarteil werden sie kurz zusammengefaßt, im Hauptkommentar ausführlicher diskutiert. Solche Stellen sind im Elementarteil durch Pfeil (↑) kenntlich gemacht. Querverweise im Elementarteil (im Typus ‘vgl. 73n.’) beziehen sich dagegen auf notae innerhalb des Elementarteils, nie auf den Hauptkommentar.

X

Ilias 7

2. Auf die Kapitel des Prolegomena-Bandes wird mit den folgenden Kürzeln verwiesen: FG/FM Zum Figurenbestand der Ilias: Götter/Menschen FOR Formelhaftigkeit und Mündlichkeit G Grammatik der homerischen Sprache HK Einleitung: Zur Homer-Kommentierung GT Geschichte des Textes M Homerische Metrik (samt Prosodie) MYK Wort-Index Homerisch – Mykenisch Hochgestelltes ‘P’ hinter einem Begriff verweist auf die BegriffsxxxP Definitionen in der ‘Homerischen Poetik in Stichwörtern’. STR Zur Struktur der Ilias In der englischen Ausgabe des Prolegomena-Bandes (Berlin/Boston 2015) ist außerdem folgendes Kapitel enthalten: CG Cast of Characters of the Iliad: Gods NTHS New Trends in Homeric Scholarship 3. Formelsprache Nach dem Vorbild des ‘Ameis-Hentze(-Cauer)’ werden wiederholte Verse und Halbverse regelmäßig registriert (vgl. dazu HK 30); auf andere formelsprachliche Elemente (bes. Versanfangs- und -endformeln) wird nur so häufig hingewiesen, daß der Gesamteindruck von der Formelhaftigkeit der homerischen Sprache vertieft wird. 4. Typische SzenenP Zu jeder Typischen Szene wird im Kommentar an geeigneter Stelle die ‘Idealform’ konstituiert, indem eine kumulative, durchnumerierte Zusammenstellung aller in Ilias und Odyssee vorkommenden charakteristischen Szenen-Elemente vorgelegt wird; die Ziffern der an der kommentierten Stelle tatsächlich aktualisierten Elemente erscheinen fett. Jede weitere Stelle verweist auf die Erstbehandlung und verwendet Numerierung und Fettdruck nach dem gleichen Prinzip.

Mehrteilige Begriffe wie Dramatische IronieP, Sekundäre FokalisationP und Typische SzeneP sind in dem alphabetisch angeordneten Kapitel jeweils unter dem Anfangsbuchstaben des – durch die Majuskel als Teil des Begriffs gekennzeichneten – Adjektivs zu finden.

Hinweise zur Benutzung

XI

5. Abkürzungen (a) Bibliographische Abkürzungen Die bibliographischen Abkürzungen s. unten S. 235ff. (b) Primärliteratur (zu den verwendeten Textausgaben s. unten S. 238f.) Aisch. Anth. Pal. Apoll. Rhod. Arr. Chrest. Cypr. Eur. Eust. fgrE Hdt. Hes. ‘Hes.’ hom.h. h.Ap., h.Bacch., h.Cer., h.Merc., h.Ven. Il. Il. Pers. Od. Oidip. Paus. Pind. Prokl. Quint. Smyrn. Schol. schol. A (etc.) Stat. Titan. Xen.

Aischylos (Ag. = ‘Agamemnon’; Sept. = Septem contra Thebas) Anthologia Palatina Apollonios Rhodios (Argon. = Argonautica) Arrian (Tact. = Tactica) ‘Chrestomathie’ (Inhalts-Angabe des Proklos zum ‘Epischen Kyklos’) ‘Kyprien’ (im ‘Epischen Kyklos’) Euripides (I.T. = ‘Iphigenie auf Tauris’) Eustathios frühgriechisches Epos (Sammelbezeichung für Homer, Hesiod und hom. Hymnen) Herodot Hesiod (Op. = Opera, ‘Werke und Tage’; Th. = ‘Theogonie’) Hesiod zugeschriebene Werke (Sc. = Scutum, ‘Schild des Herakles’, fr. = Fragmente) Sammelbezeichnung für die homerischen Hymnen einzelne homerische Hymnen: an Apollon, – an Bacchus/Dionysos, – an Ceres/Demeter, – an Mercurius/Hermes und – an Venus/Aphrodite ‘Ilias’ Iliou Persis, ‘Zerstörung Troias’ (im ‘Epischen Kyklos’) ‘Odyssee’ Oidipodeia Pausanias Pindar (Nem., Pyth. = ‘Nemeische, Pythische Oden’ [Siegeslieder]) Proklos (s.o. s.v. Chrest.) Quintus von Smyrna Scholion, Scholien scholion in der Handschrift A (etc.) Statius (Theb. = Thebais) Titanomachia (im ‘Epischen Kyklos’) Xenophon (Mem. = Memorabilia)

XII

Ilias 7

(c) Übrige Abkürzungen (Die allgemein üblichen Abkürzungen und die unter 2. und 3. genannten Kürzel sind hier nicht aufgenommen.) * < > | ↑

rekonstruierte Form entstanden aus geworden zu markiert Vers-Anfang bzw. Vers-Ende verweist vom Elementarteil auf das entsprechende Lemma im Hauptkommentar a/b nach Verszahl bezeichnet die 1. bzw. 2. Vershälfte a/b nach Verszahlbezeichnet nur im app. crit. angeführte Zusatzverse A 1, B 1 (etc.) bezeichnet Zäsuren im Hexameter (vgl. M 6) abh. abhängig a.E. am Ende ähnl. ähnlich a.O. am (angegebenen) Ort app. crit. apparatus criticus archäol. archäologisch AT Altes Testament att., Att. attisch, das Attische Bed., bed. Bedeutung, bedeutet Bez., bez. Bezeichnung, bezeichnet dir., indir. direkt, indirekt ebd. ebendort ep. episch fgrE frühgriechisches Epos fr. Fragment (fragmentum) geogr. geographisch gr., Gr. griechisch, das Griechische hethit. hethitisch hist. historisch hom. homerisch Hss. Handschriften idg. indogermanisch Introd. Introduction i.S.v. im Sinne von jd., jm., jn., js. jemand, jemandem, jemanden, jemandes Komp. Kompositum Lit. Literatur metr. metrisch myk., Myk. mykenisch, das Mykenische

Hinweise zur Benutzung n., nn. NS od. prosod. Ptz. s. sc. s.d. s.o., s.u. s.v., s.vv. test. t.t. typ. u. urspr. V., Vv. VA VE vgl. VH viell. v.l. Vok. vorl. z.St.

XIII

lat. nota, notae Nebensatz oder prosodisch Partizip siehe scilicet siehe dort* siehe oben, siehe unten sub voce, sub vocibus testimonium terminus technicus typisch und ursprünglich Vers, Verse Vers-Anfang Vers-Ende vergleiche Vers-Hälfte vielleicht varia lectio Vokativ vorliegend zur Stelle

Mit ‘14n.’ wird auf den Kommentar zu Vers 14 innerhalb des vorliegenden Bandes, mit 1.162n. auf den Eintrag zu V. 162 im 1. Gesang verwiesen. – Mit ‘in 19.126 (s.d.)’ od. ‘vgl. 24.229ff. (s.d.)’ wird primär auf die betr. Stellen im Homer-Text, sekundär auf einen oder mehrere Kommentar-Einträge dazu verwiesen (beim ersten Beispiel ist der relevante Kommentar-Eintrag unter 19.126–127 zu finden, beim zweiten steht Einschlägiges unter 24.229– 234 und 24.229–231).

24 REGELN ZUR HOMERISCHEN SPRACHE (R) Die folgende Zusammenstellung der charakteristischsten Eigenarten der homerischen Sprache legt den Akzent auf die Abweichungen von der attischen Schulgrammatik. Sprachgeschichtliche Erläuterungen sind hier nur ausnahmsweise beigegeben (sie sind in der ‘Grammatik der homerischen Sprache’ [G] im Prolegomena-Band zu finden, auf deren Paragraphen am rechten Rand verwiesen wird). R1 1.1 1.2

1.3

Die hom. Sprache ist eine Kunstsprache, die geprägt ist durch: das Metrum (kann Umgestaltungen aller Art bewirken); die Technik der oral poetry (für viele häufig wiederkehrende Inhalte werden Formeln verwendet, oft in metrisch unterschiedlich einsetzbaren Varianten); verschiedene Dialekte: Grunddialekt ist das Ionische; dieses ist mit Formen aus anderen Dialekten, insbes. dem Äolischen (sog. Äolismen), durchsetzt, die oft zugleich Varianten nach 1.1 bzw. 1.2 liefern.

G 3 3

2

Lautlehre, Metrik, Prosodie R2

Lautwandel ᾱ > η: Im ion. Dialekt ist älteres ᾱ zu η geworden, im nichtatt. Ion. (also auch bei Homer) auch nach ε, ι, ρ (1.30: πάτρης). Bei Homer dennoch nachzuweisendes ᾱ ist im allgemeinen: ‘jung’, d.h. nach dem ion.-att. Lautwandel entstanden (1.3: ψυχάς); oder aus der äolischen Dichtungstradition übernommen (1.1: θεά).

5–8

R3

Vokalkürzung: Langvokale (v.a. η) vor Vokal (v.a. ο/ω/α) werden im Wortinnern häufig gekürzt, aber nicht durchgängig (z.B. G. Pl. βασιλήων statt metrisch unmöglichem viersilbigem -έων; auch die damit verbundene Quantitätenmetathese [Längung des kurzen zweiten Vokals] tritt oft nicht ein [z.B. G. Sg. βασιλῆος statt -έως]).

39f.

R4

Digamma (ϝ): Der ion. Dialekt Homers kannte kein Phonem /w/ (wie in engl. will) mehr. Dieses ist aber teils im Mykenischen oder in alphabetschriftlichen Dialekten direkt bezeugt (myk. ko-wa /korwā/, korinth. ϙόρϝα); teils etymologisch zu erschließen (z.B. hom. κούρη – mit Ersatzdehnung nach Schwund des Digamma – gegenüber att. κόρη);

2.1 2.2

4.1 4.2

19 27

2

4.3 4.4 4.5 4.6 R5 5.1

5.2

5.3

5.4 5.5

5.6 5.7 R6

Ilias 7 Häufig ist das Digamma bei Homer zudem aus dem Metrum erschließbar, nämlich bei Hiat (s. R 5) ohne Elision (1.7: Ἀτρεΐδης τε (ϝ)άναξ); Hiat ohne Kürzung des langvokalischen Auslauts (1.321: τώ (ϝ)οι, vgl. R 5.5); Bildung von sog. Positionslänge bei Einzelkonsonanz (1.70: ὃς (ϝ)είδη). Teilweise ist Digamma nicht mehr berücksichtigt (1.21: υἱὸν ἑκηβόλον, urspr. ϝεκ-). Hiat: Zusammenprall von vokalischem Auslaut mit vokalischem Anlaut (hiatus ‘Klaffen’) wird vermieden durch: Elision: Kurzvokale und -αι in Endungen des Mediums werden elidiert (1.14: στέµµατ’ ἔχων; 1.117: βούλοµ’ ἐγώ; 5.33: µάρνασθ’ ὁπποτέροισι), gelegentlich auch -οι in µοι/σοι (1.170). Aus Elision resultierender Hiat wird belassen (1.2: ἄλγε’ ἔθηκεν). Ny ephelkystikon: Nur nach Kurzvokal (ε und ι), v.a. D. Pl. -σι(ν); 3. Sg. Impf./Aor./Perf. -ε(ν); 3. Sg. und Pl. -σι(ν); Modalpartikel κε(ν); Suffix φι(ν), vgl. R 11.4; Suffix -θε(ν), vgl. R 15.1; liefert zugleich metrisch willkommene Varianten. Kontraktion über die Wortfuge hinweg (als Krasis notiert: τἄλλα, χἡµεῖς). Hiat ist v.a. zulässig bei: Schwund des Digamma (vgl. R 4.3); sog. Hiatkürzung: langer Vokal/Diphthong im Auslaut wird gekürzt (1.17: Ἀτρεΐδαι τε καὶ ἄλλοι ἐϋκνήµιδες; 1.15 [mit Synizese: R 7]: χρυσέ͜ῳ ἀνὰ σκήπτρῳ); metrischer Zäsur oder allgemein Sinneinschnitt; nach -ι und ‘kleinen Wörtern’ wie πρό und ὅ.

22 21 24 26

30/ 37

33

31

34 35

36 37

Vokalkontraktion (z.B. nach Ausfall eines intervokalischen /w/ [Digamma], /s/ oder /j/) ist in der hom. Sprache häufig nicht durchgeführt (1.74: κέλεαι [2. Sg. Med. statt -ῃ]; 1.103: µένεος [G. Sg. statt -ους]).

43–

R7

Synizese: Gelegentlich müssen zwei Vokale einsilbig gelesen werden, insbesondere bei Quantitätenmetathese (1.1: Πηληϊάδε͜ω: R 3), aber auch beim G. Pl. -έων. (Im Text wird Synizese durch einen Bogen markiert, 1.18: θε͜οί.)

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R8

Zerdehnung (sog. diektasis): Kontrahierte Formen (z.B. ὁρῶντες) werden oft ‘zerdehnt’ wiedergegeben (ὁρόωντες); damit wird die vom Metrum geforderte prosodische Gestalt der älteren, unkontrahierten Formen (*ὁράοντες, ⏖–⏑) künstlich wiederhergestellt. Ähnlich wird im Inf. Aor. -εῖν als -έειν geschrieben (statt älterem *-έεν).

48

45

24 Regeln zur homerischen Sprache (R) R9

9.1 9.2

Wechsel von Lang- und Kurzkonsonant ergibt metrisch willkommene Varianten (die meist urspr. aus verschiedenen Dialekten stammen: R 1.3): τόσ(σ)ος, ποσ(σ)ί, Ὀδυσ(σ)εύς, ἔσ(σ)εσθαι, τελέσ(σ)αι; Ἀχιλ(λ)εύς; ὅπ(π)ως, etc. Ähnliche Flexibilität ergibt der Anlautwechsel in π(τ)όλεµος, π(τ)όλις.

R 10 Adaptation ans Metrum: Drei (oder mehr) kurze Silben hintereinander oder eine einzelne zwischen zwei langen (beides unmetrisch) werden vermieden durch: 10.1 metrische Dehnung (ᾱ̓θάνατος, δῑογενής, οὔρεα statt ὄρεα; µένεα πνείοντες statt πνέ-); 10.2 veränderte Wortbildung (πολεµήϊος statt πολέµιος; ἱππιοχαίτης statt ἱππο-).

3

17 18 49f.

Formenlehre Die hom. Sprache weist teils vom Attischen abweichende, teils zusätzliche Flexionsformen auf: R 11 Beim Nomen sind insbesondere zu nennen: 11.1 1. Deklination: G. Pl. -άων (1.604: Μουσάων) und -έων (1.273: βουλέων); D. Pl. -ῃσι (2.788: θύρῃσι) und -ῃς (1.238: παλάµῃς); G. Sg. m. -ᾱο (1.203: Ἀτρεΐδαο) und -εω (1.1: Πηληϊάδεω); 11.2 2. Deklination: G. Sg. -οιο (1.19: Πριάµοιο); D. Pl. -οισι (1.179: ἑτάροισι); 11.3 3. Deklination: G. Sg. der i-Stämme: -ιος (2.811: πόλιος) und -ηος (16.395: πόληος); G./D./A. Sg. der ēu-Stämme: -ῆος, -ῆϊ, -ῆα (1.1: Ἀχιλῆος; 1.9: βασιλῆϊ; 1.23: ἱερῆα); D. Pl. -εσσι bei s- und anderen Konsonantstämmen (1.235: ὄρεσσι); 11.4 G./D. Sg./Pl. auf -φι (1.38: ἶφι; 4.452: ὄρεσφι); oft metrisch willkommene Variante (z.B. βίηφι neben βίῃ). R 12 Abweichende Stammbildung (und damit Flexion) zeigen u.a. folgende Nomina: 12.1 νηῦς: G. Sg. νηός, νεός, D. νηΐ, A. νῆα, νέα; N. Pl. νῆες, νέες, G. νηῶν, νεῶν, D. νηυσί, νήεσσι, νέεσσι, A. νῆας, νέας. 12.2 πολύς, πολύ (u-Stamm) und πολλός, πολλή, πολλόν (o/ā-Stamm) werden beide durchdekliniert.

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70– 76

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4 12.3 12.4 12.5

Ilias 7 υἱός: G. Sg. υἱέος, υἷος, D. υἱέϊ, υἱεῖ, υἷϊ, A. υἱόν, υἱέα, υἷα; N. Pl. υἱέες, υἱεῖς, υἷες, G. υἱῶν, D. υἱάσι, υἱοῖσι, A. υἱέας, υἷας. Ἄρης: G. Ἄρηος, Ἄρεος, D. Ἄρηϊ, Ἄρεϊ, Ἄρῃ, A. Ἄρηα, Ἄρην, V. Ἆρες, Ἄρες. Ähnlich komplexe Flexionsreihen noch bei γόνυ (G. γούνατος neben γουνός, N./A. Pl. γούνατα nb. γοῦνα), δόρυ (δούρατος, -τι etc. neben δουρός, -ί etc.); Ζεύς (Διός, Διΐ, Δία nb. Ζηνός, Ζηνί, Ζῆν/Ζῆνα).

R 13 Ungewohnte Steigerungsformen sind u.a.: χερείων, χειρότερος, χερειότερος (neben χείρων); ἀρείων (neben ἀµείνων). Auch zu Substantiven können Steigerungsformen treten, z.B. βασιλεύτερος, βασιλεύτατος. R 14 Abweichende Pronominalformen: 14.1 Personalpronomen: 1. Sg. G. ἐµεῖο, ἐµέο, µεο, ἐµέθεν (sehr selten: µοι, z.B. 1.37) 2. Sg. G. σεῖο, σέο, σεο, σέθεν; D. τοι 3. Sg. G. εἷο, ἕο, ἕθεν, ἑθεν; D. οἷ, ἑοῖ, οἱ; A. ἕ, ἑέ, ἑ, µιν 1. Pl. N. ἄµµες; G. ἡµέων, ἡµείων; D. ἧµιν, ἄµµι; A. ἡµέας, ἄµµε 2. Pl. N. ὔµµες; G. ὑµέων, ὑµείων; D. ὔµµι; A. ὑµέας, ὔµµε 3. Pl. G. σφείων, σφεων; D. σφισι, σφι; A. σφέας, σφε, σφεας, σφας 1. Dual N./A. νώ, νῶϊ; G./D. νῶϊν 2. Dual N./A. σφώ, σφῶϊ; G./D. σφῶϊν 3. Dual N./A. σφωε; G./D. σφωϊν 14.2 Interrogativ-/Indefinitpronomen: G. Sg. τέο/τεο; D. Sg. τεῳ; G. Pl. τέων; entsprechend ὅττεο, ὅτεῳ etc. 14.3 Demonstrativ-anaphorisches Pronomen (= ‘Artikel’, vgl. R 17): gleiche Endungen wie bei den Nomina (R 11.1–2); N. Pl. m./f. oft mit anlautendem τ (τοί, ταί). 14.4 Possessivpronomen: 1. Pl. ᾱ̔µός 2. Sg./Pl. τεός ῡ̔µός ἑός, ὅς σφός 3. Sg./Pl. 14.5 Relativpronomen: Als Relativpronomen fungiert häufig das demonstrativ-anaphorische Pronomen (14.3). R 15 Die kasusähnlichen Adverbbildungen stehen im Grenzbereich Formenlehre/Wortbildung. Sie können metrisch willkommene Varianten zu den echten Kasus bilden: 15.1 ‘Genetiv’: -θεν (woher?, s. auch R 14.1), z.B. κλισίηθεν (1.391); 15.2 ‘Dativ’: -θι (wo?), z.B. οἴκοθι (8.513); 15.3 ‘Akkusativ’: -δε (wohin?), z.B. ἀγορήνδε (1.54).

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24 Regeln zur homerischen Sprache (R) R 16 Beim Verb verdienen besondere Beachtung: 16.1 Augment: fehlt häufig (was zu Assimilation führen kann, z.B. ἔµβαλε statt ἐνέβαλε, κάλλιπον statt κατέλιπον, vgl. R 20.1); dient der Anpassung ans Metrum. 16.2 Personalendungen: 2. Sg. -θα (1.554: ἐθέλῃσθα) 1. Pl. Med. -µεσθα neben -µεθα (1.140: µεταφρασόµεσθα) 3. Pl. Med. (v.a. Perf.) -ᾰται/-ᾰτο neben -νται/-ντο (1.239: εἰρύαται) 3. Pl. -ν (mit vorangehendem Kurzvokal) neben -σαν (mit entsprechendem Langvokal), v.a. Aor. Pass. -θεν neben -θησαν (1.57: ἤγερθεν) Oft liegt der Unterschied zu att. Formen lediglich in der nicht vollzogenen Kontraktion (vgl. R 6) zwischen Verbalstamm und Endung. 16.3 Konjunktiv: bei athemat. Stämmen oft kurzvokalisch (ἴοµεν zu εἶµι, εἴδοµεν zu οἶδα); bei σ-Aoristen dann gleichlautend mit dem Ind. Fut. (1.80: χώσεται). – Ausgang der 3. Sg. Konj. neben -ῃ auch -ησι(ν) (1.408: ἐθέλησιν). 16.4 Infinitiv: äol. -µεν(αι) (v.a. athemat. Verben) neben ion. -ναι (z.B. ἔµ(µ)εν und ἔµ(µ)εναι neben εἶναι); äol. -ῆναι neben ion. -εῖν (2.107: φορῆναι); them. -έµεν(αι) (1.547: ἀκουέµεν; Od. 11.380: ἀκουέµεναι); them. Aor. -έειν (2.393: φυγέειν; 15.289: θανέειν). 16.5 Formen mit -σκ- stehen für wiederholte Handlungen in der Vergangenheit (1.490: πωλέσκετο). 16.6 Als abweichende Formen von εἰµί sind v.a. zu merken: Ind. Präs.: 2. Sg. ἐσσι u. εἶς, 1. Pl. εἰµεν, 3. Pl. ἔασι(ν); Impf.: 1. Sg. ἦα, 3. Sg. ἦεν u. ἔην, 3. Pl. ἔσαν (vgl. 16.1); Fut.: 3. Sg. ἔσ(σ)εται; Ptz. ἐών, -όντος; zum Inf. 16.4.

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60 90

Syntax R 17 ὅ, ἥ, τό (zur Flexion R 14.3) ist selten ‘reiner Artikel’, sondern hat überwiegend die ältere, demonstrativ-anaphorische Funktion. R 18 Numerus: 18.1 Der Dual ist relativ häufig; Dual- und Pluralformen können frei kombiniert werden. 18.2 Der Plural dient gelegentlich nur der Anpassung ans Metrum (1.45: τόξα).

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Ilias 7

R 19 Kasusgebrauch: 19.1 Akkusativ der Beziehung ist besonders häufig (u.a. im sog. σχῆµα καθ’ ὅλον καὶ κατὰ µέρος: zwei Akkusative bezeichnen je das Ganze und einen Teil davon, 1.362: τί δέ σε φρένας ἵκετο πένθος;). 19.2 Gelegentlich erfolgen lokale Herkunfts-, Orts- und Richtungsangaben ohne Präposition (1.359: ἀνέδυ … ἁλός; 1.45: τόξ᾿ ὤµοισιν ἔχων; 1.322: ἔρχεσθον κλισίην). R 20 Präpositionen: 20.1 Weisen eine größere Formenvielfalt auf: ἄν (= ἀνά; apokopiert, oft mit Assimilation: ἂµ πεδίον, 5.87; vgl. R 16.1); ἐς (= εἰς); εἰν, ἐνί, εἰνί (= ἐν); κάτ (= κατά; s. zu ἀνά); πάρ, παραί (= παρά); προτί, ποτί (= πρός); ξύν (= σύν); ὑπαί (= ὑπό); 20.2 sind in Verwendung und Stellung unabhängiger (1) in bezug auf das Nomen (d.h. eher adverbiell gebraucht), oft auch nachgestellt als Postposition, sog. Anastrophe (und dann häufig mit Akut auf der Anfangssilbe: z.B. ᾧ ἔπι, 1.162); (2) in bezug auf das Verb (d.h. nicht zwingend als Präverb mit dem zugehörigen Verb verbunden, sog. Tmesis: ἐπὶ µῦθον ἔτελλε, 1.25); dies liefert metrisch willkommene Varianten.

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R 21 Modusgebrauch: 21.1 Der Modusgebrauch und die Verwendung der Modalpartikel (κε/κεν = ἄν) sind weniger streng geregelt, als in der att. Schulgrammatik beschrieben. 21.2 Die Funktionen von Konjunktiv und Futur lassen sich nicht immer scharf trennen.

100

R 22 Charakteristisch homerische Konjunktionen sind: 22.1 kondizional: αἰ (= εἰ); 22.2 temporal: εἷος/εἵως (= ἕως, ebenfalls belegt) ‘während’, ἦµος ‘als’, εὖτε ‘als’, ὄφρα ‘während, bis’; 22.3 kausal: ὅ τι, ὅ; 22.4 komparativ: ἠΰτε ‘wie’; 22.5 final: ὄφρα.

101

R 23 Diathesenwechsel: Bei manchen Verben werden Akt.- und Med.-Formen als metrisch willkommene Varianten ohne erkennbaren Bedeutungsunterschied verwendet, z.B. φάτο/ἔφη, ὀΐω/ὀΐοµαι.

100

R 24 Partikeln mit teilweise vom späteren Gebrauch abweichenden Verwendungsweisen: 24.1 ἄρα, ἄρ, ῥα, ῥ’: signalisiert oder suggeriert Evidenz, etwa ‘ja, (denn) also, natürlich’; oft wohl v.a. aus metrischen Gründen gesetzt (bes. ῥ’ zur Hiatvermeidung, vgl. R 5).

101

24 Regeln zur homerischen Sprache (R) 24.2

24.3

24.4

24.5 24.6

24.7

24.8 24.9 24.10

24.11 24.12

24.13

ἀτάρ, αὐτάρ (etymolog. zu trennen, aber bei Homer nach metrischen Gesichtspunkten ohne Bedeutungsunterschied verwendet): ‘aber, doch’; teils adversativ (1.127: σὺ µὲν … αὐτὰρ Ἀχαιοί), teils progressiv (1.51: αὐτὰρ ἔπειτα), seltener apodotisch (wie δέ, s.d.). Apodotisches δέ: δέ kann nach vorausgehendem Nebensatz (Protasis) den Hauptsatz (Apodosis) einleiten (z.B. 1.58). Gelegentlich werden auch ἀλλά (z.B. 1.82), αὐτάρ (z.B. 3.290, vgl. 1.133) und καί (z.B. 1.494) apodotisch verwendet. ἦ: ‘wirklich, in der Tat’; fast ausschließlich in direkten Reden. – Abgeschwächt in den Verbindungen ἤτοι (z.B. 1.68), ἠµὲν … ἠδέ ‘einerseits … andererseits’ und ἠδέ ‘und’. κε(ν): = ἄν (vgl. R 21.1). µέν: nicht nur als Vorbereitung einer Antithese (mit nachfolgendem δέ), sondern häufig noch in seiner urspr. rein emphatischen Bedeutung (≈ µήν, µάν; z.B. 1.216). µήν, µάν: hervorhebend; wenn alleinstehend, bei Homer fast nur in neg. Aussagen (z.B. 4.512) und bei Imperativen (z.B. 1.302); sonst verstärkend bei anderen Partikeln, bes. ἦ und καί (z.B. 2.370, 19.45). οὐδέ/µηδέ: konnektives οὐδέ/µηδέ steht bei Homer auch nach affirmativen Sätzen. οὖν: fast nur in Verbindung mit temporalem ἐπεί und ὡς, ‘(als) nun also’ (z.B. 1.57). περ: betont das vorangehende Wort; spez. konzessiv, bes. bei Partizipien (1.586: κηδοµένη περ ‘wenn auch betrübt’); steigernd (1.260: ἀρείοσι ἠέ περ ὑµῖν ‘mit noch Besseren als euch’); limitativ-kontrastierend (1.353: τιµήν περ ‘wenigstens Ehre’). ‘Episches τε’: steht in generalisierenden Aussagen (z.B. 1.86, 1.218), bes. häufig auch im ‘Wie-Teil’ von Gleichnissen (z.B. 2.90). τοι: zur Partikel erstarrter dat. ethicus des Personalpron. der 2. Person (und oft nicht klar von diesem zu unterscheiden); appelliert an die besondere Aufmerksamkeit des Adressaten, etwa ‘⟨denk⟩ dir, ⟨sag’ ich⟩ dir’. τοιγάρ: ‘daher’ (von τοι ≈ σοι zu trennen; das Vorderglied gehört zum Demonstrativstamm το-, vgl. τώ ‘darum’); leitet bei Homer stets die Antwort auf eine Bitte ein (z.B. 1.76).

7

TABELLARISCHER ÜBERBLICK ÜBER DIE HANDLUNG DES 7. GESANGS 1–312

Zweikampf zwischen Hektor und Aias

1–53

Athene und Apollon veranlassen Hektor, einen Griechen zum Zweikampf zu fordern. Nachdem Hektor seine Mutter Hekabe und seine Gattin Andromache aufgesucht hat, kehrt er mit seinem Bruder Paris in die Schlacht zurück. Gemeinsam mit Glaukos erzielen die Brüder erste Erfolge. Apollon und Athene beschließen einvernehmlich, die Schlacht für diesen Tag zu beenden, indem sie Hektor dazu veranlassen, einen Griechen zum Zweikampf zu fordern. Der Seher Helenos vernimmt diesen Beschluß und schlägt seinem Bruder Hektor das Duell vor.

1–16

17–53

54–243

54–91 92–122

123–169

Vorbereitungen zum Zweikampf: Hektor folgt dem Rat seines Bruders; auf seine Herausforderung reagieren die Griechen zunächst mit Furcht. Sie werden von Nestor gescholten; hierauf bieten sich einige Helden zum Kampf an. Das Los fällt auf Aias, den Sohn des Telamon. Hektor fordert die Griechen heraus und legt fest, daß der Leichnam des Besiegten seinen Angehörigen übergeben werden soll. Keiner der Griechen traut sich, Hektors Herausforderung anzunehmen; schließlich erklärt sich Menelaos bereit. Agamemnon hält ihn mit dem Hinweis auf Hektors Überlegenheit zurück. Im Zuge einer tadelnden Rede erinnert Nestor daran, wie er als jüngster Kämpfer in der Schlacht zwischen Pyliern und Arkadern den gefürchteten Ereuthalion getötet habe. Daraufhin erklären sich mehrere Griechenhelden bereit, mit Hektor zu kämpfen.

Tabellarischer Überblick 170–205

206–243

244–312 244–272

273–312

9

Nestor läßt Hektors Gegner durch das Los bestimmen; zur allgemeinen Erleichterung trifft das Los Aias, den Sohn des Telamon. Die Griechen beten um den Sieg oder wenigstens um einen unentschiedenen Ausgang. Bei Aias’ Anblick bekommt Hektor Angst. Auf dessen Herausforderungsrede hin erklärt er jedoch, er werde sich ihm stellen.

Der Zweikampf wird durchgeführt, aber vorzeitig als unentschieden abgebrochen. Aias und Hektor werfen ihre Speere; im anschließenden Nahkampf wird Hektor verwundet. Als die Helden nacheinander Steine werfen, stürzt Hektor, wird aber von Apollon wieder aufgerichtet. Die Herolde Talthybios und Idaios bewegen Hektor und Aias dazu, den Kampf als unentschieden zu beenden.

313–482

Versammlungen, Totenbestattung, Mauerbau

313–432 313–344

Versammlungen bei Griechen und Troern Nachtmahl der Griechen. Nestor schlägt einen Waffenstillstand vor, um die Leichen der Gefallenen zu bestatten. Ferner will er eine Schutzmauer um das Lager bauen lassen. Allgemeine Zustimmung. Versammlung der Troer. Antenor schlägt vor, Helena zurückzugeben, um den Krieg zu beenden. Paris protestiert, willigt jedoch immerhin ein, die zusammen mit Helena geraubten Güter zurückzuerstatten. Priamos beauftragt Idaios, den Griechen dieses Angebot zu unterbreiten und ihnen einen Waffenstillstand vorzuschlagen, um die Toten zu bestatten. Nachtmahl. Versammlung der Griechen am nächsten Morgen. Paris’ Angebot wird überbracht; nach anfänglichem Schweigen der Männer spricht sich Diomedes entschieden dagegen aus, auf den Vorschlag einzugehen. Infolgedessen weist Agamemnon das Angebot zurück, gewährt aber den Waffenstillstand. Idaios macht den Troern Meldung.

345–380

381–417a

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Ilias 7

417b –482 417b–432 433–442 443– 464

465–482

Totenbestattung und Mauerbau Beide Parteien bestatten ihre Toten. Die Griechen schütten früh am nächsten Morgen einen Grabhügel auf und bauen eine Mauer um ihr Schiffslager. Poseidon beklagt sich bei Zeus, daß die Griechen die Mauer gebaut hätten, ohne zuvor den Göttern ein Opfer darzubringen; überdies äußert er Besorgnis, daß die neue Befestigungsanlage den Ruhm der Mauer um Troia verblassen machen werde, die er gemeinsam mit Apollon erbaut habe. Zeus gestattet ihm, die neue Mauer nach dem Abzug der Griechen zu zerstören. Nachtmahl der Griechen und Troer; böse Vorzeichen; Nachtruhe.

Kommentar Der 7. Gesang spielt am Ende des 22. Handlungstages der Ilias, also am Abend des ersten Kampftages, und an den beiden Folgetagen, an denen Waffenstillstand herrscht (s. STR 21 Abb. 1). Er gehört zu einer handlungsretardierenden, teilweise retrospektiven Einheit: Die Anfangsereignisse der Ilias werden nicht kontinuierlich erzählt (Thetis’ Bitte an Zeus, die Troer so zu stärken, daß den Griechen das Fehlen des Achilleus schmerzlich bewußt wird und sie ihn wieder entsprechend ehren [1.502– 510], wird nicht sofort erfüllt, sondern erst vom 8. Gesang an); die Gesänge 2–7, die ringkompositorischP aufeinander bezogen sind (PETERS 1922, 44; HEIDEN 2008, 98– 106), unterbrechen die bisher linear erfolgende Erzählung; sie dienen als spannungssteigernde RetardationP (MORRISON 1992, 35–43 [zu den Gesängen 2–4]) und beleuchten zugleich den Hintergrund der aktuellen Geschehnisse (zum Folgenden BETHE 1914, 57–68; KAKRIDIS [1956] 1971, 61; FRIEDRICH 1975, 104, mit Anm. 12; BERGOLD 1977, 179–181; LATACZ [1985] 2003, 159–166; STR 22 mit Abb. 2; Einleitung zum 6. Gesang, 11). Vorbereitet wird die Erzähleinheit im ersten Teil des zweiten Gesanges durch eine Positionierung der im ersten Gesang mediis in rebus angelaufenen Ilias-Handlung in den mythischen Rahmen des Troianischen Krieges; diese Positionierung erfolgt – mit Rücksicht auf das Vorwissen des primären Publikums – nicht auktorial, sondern werkintern in Form von mahnenden Erinnerungen innerhalb von FigurenP-Reden: In Agamemnons ‘Versuchungs’-Rede an das Heer erfolgt erstmals eine Datierung der Ereignisse: man befindet sich im 9./10. Kriegsjahr (2.134n.; 295–296a n. mit Lit.). Kurz darauf (2.161) wird in der Hera-Rede der eigentliche Kriegsgrund, Helena, erwähnt; zur zeitlichen tritt die kausale Dimension. Es folgen diverse Erweiterungen dieses Hintergrundpanoramas, so ruft Odysseus das Spatzenorakel in Aulis in Erinnerung (2.299–332n.), also den Beginn des Krieges. Gegen Ende des zweiten Gesanges beginnt der Einschub selbst: die Vorgeschichte des Krieges sowie dessen bisheriger neunjähriger Verlauf werden in die laufende mḗnis-Handlung eingespiegelt, ohne diesen Haupt-Erzählungsstrang aufzugeben. Teilweise wirkt dies handlungslogisch unpassend: Vor Beginn der Kampfhandlungen steht ein Katalog der seinerzeit in Aulis zur Ausfahrt gegen Troia versammelten

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Ilias 7

griechischen Schiffe (2.494–759n.), wo eher eine Beschreibung der Heeresaufstellung beider Kriegsparteien zu erwarten wäre. In 3.121–244 (s.d.) stellt Helena dem Priamos in Form einer ‘Vorstellungsrunde’ die wichtigsten griechischen Anführer vor (Teichoskopie = Blick von Troias Stadtmauer hinab auf die Invasions-Armee), ein Vorgang, der im 9./10. Kriegsjahr anachronistisch wirkt, ebenso wie der Versuch, den kriegsauslösenden Konflikt um Helena durch den Zweikampf zwischen Paris und Menelaos beizulegen (3.245–361). Anstelle der Griechen – wie es aufgrund von Thetis’ Bitte (s.o.) zu erwarten gewesen wäre – geraten im 4. und 5. Gesang zunächst die Troer in Bedrängnis; auch dies spiegelt eher den Verlauf der Kämpfe zu Beginn des Krieges wider. Auch der von Paris abgelehnte Vorschlag Antenors, Helena zurückzugeben, gehört in dieses Register 7.357–364 (s.d.), ebenso der Mauerbau um das griechische Lager an der Küste (7.313–482; s. 313–482n.). Erzähllogisch gehört diese ganze Szenenfolge also eher an den Anfang von Krieg und Belagerung und nicht ins 9./10. Kriegsjahr. Dies bedeutet nicht, daß Szenen aus einer früheren Phase des Mythos unverändert in eine spätere verschoben würden, wie MEIER 2018 die ‘Einspiegelungsthese’ versteht (besonders deutlich 66 und 129), sondern daß das chronologische Gefüge der Erzählung aufgelockert wird und sich damit eine Möglichkeit bietet, dem Publikum Zusammenhänge in Erinnerung zu rufen, ohne die Erzählung durch lange Rückblenden zu unterbrechen. Daß strikte Handlungslogik und Chronologie in den homerischen Epen häufig hinter metanarrativen oder memorisierenden Effekten zurücksteht, ist ein gerade in der jüngeren Forschung oft konstatiertes Phänomen (vgl. NTHS, bes. 4.8f.); MEIERS Behauptung (a.O. 89–103 und passim), die Kampfhandlungen zwischen Griechen und Troianern selbst (im Ggs. zu deren Bundesgenossen) begännen erst im 10. Kriegsjahr, läßt sich hingegen nicht halten, da bei Erwähnungen früherer kriegerischer Auseinandersetzungen immer wieder die beiden ‘Großparteien’ Griechen und Troianer benannt werden, nicht ‘Griechen und troianische Verbündete’ (s. z.B. 2.119–122, 3.98–100, 3.111–112, 3.130b–133a, 3.156–157). Auch aus weiteren Stellen ergibt sich klar das Bild eines lange schon währenden Krieges zwischen den beiden Gruppen: so heißt es 2.161f. = 2.177f., daß viele Griechen wegen Helena in der Troas (gr. en Troíē) gefallen seien, und der gr. Begriff hysmínē in 2.345 bezeichnet klar die Feldschlacht zwischen den beiden Parteien, in die Agamemnon die Achaier schon früher geführt habe (so Nestor in 2.344f.). Die einzige Ausnahme in dieser konsequenten Darstellung ist 5.784–791, wo Hera als Stentor die Troer als Feiglinge beschimpft, die sich noch nie vor die Dardanischen Tore gewagt hätten (d.h. aus der Burg, s. Latacz, Appendix topographica in: BK zu Ilias 14, S. 251); diese Aussage ist jedoch sicherlich als rhetorische Übertreibung der zornigen Gottheit zu werten (vgl. z.B. 113–114n.). Abgeschlossen wird diese ‘Retrospektive’ durch den Zweikampf zwischen Hektor und Aias (= 2. Monomachie), der den Kern des 7. Gesanges bildet, und durch den Mauerbau; entsprechend dieser abschließenden Funktion wurde der Gesang bisweilen

Kommentar

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als Ende des ersten Teils einer dreiteilig gedachten Ilias gesehen (SCHEIN 1997, 349; STANLEY 1993, bes. 39–102, LOUDEN 2006, 2f.; zur Möglichkeit, daß das Ende des Gesanges mit demjenigen eines Aufführungstags zusammenfällt, STANLEY a.O. 261– 268; dagegen HEIDEN 1996). Innerhalb der retrospektiven Phase der Ilias erfüllt die zweite Monomachie eine wichtige Aufgabe (zu weiteren inhaltlichen und strukturellen Funktionen s. 1–312n.): Es wird verdeutlicht, daß sich der Krieg inzwischen verselbständigt hat. Die beiden Zweikämpfe umrahmen den ersten Kampftag der Ilias, zu dessen Beginn noch das eigentliche Objekt des Krieges, Helena, als Kampfpreis ausgesetzt wurde, an dessen Ende jedoch Ruhm (éuchos, kléos) zum maßgeblichen Ziel des Kräftemessens geworden ist (91); die Kämpfenden haben mit der Ursache des Konflikts nichts zu tun; der Krieg hat also an dieser Stelle auch eine ursachenunabhängige Eigendynamik gewonnen – selbst die Rückgabe der Helena würde ihn nicht mehr aufhalten, wie Diomedes bei der abendlichen Ratsversammlung feststellt (BERNADETE 1968, 20–22; REUCHER 1983, 162; VAN WEES 1992, 181f.; RABEL 1997, 101. 105, WEST 2011 zu 69–91; s. auch unten 399–404n.). Im 7. Gesang, der die retrospektive Phase abschließt – vom 8. Gesang an erweisen sich die Griechen den Troern endlich als unterlegen, wie Thetis zu Beginn der Ilias gefordert hatte (s.o.) – bildet sich eine Art Gleichgewicht zwischen den kämpfenden Parteien. Eingeleitet mit dem ersehnten ‘frischen Wind’, den Hektor und Paris den ermatteten Troern bringen (4–7), deutet sich hier erstmals eine Verschiebung des Kräfteverhältnisses an (MORRISON 1992, 69; RABEL 1997, 100). Während die Überlegenheit des Griechen Menelaos über den Troer Paris im Zweikampf des 3. Gesanges offensichtlich ist (3.245–461), endet der Kampf zwischen Paris’ Bruder Hektor und Aias (trotz Überlegenheit des letzteren) im 7. Gesang unentschieden (244– 312; s. DI BENEDETTO [1994] 1998, 188–194 zum Kräfteverhältnis der beiden Brüder). Es folgt eine annähernd spiegelbildlich angeordnete Sequenz der Geschehnisse in den beiden Heerlagern, wobei Nestor auf griechischer und Priamos und Antenor auf troischer Seite als durch ihr Alter autoritative Berater und Vermittler fungieren (123n., 124–160n., 347n., 345–380n.): A: Nachtmahl der Griechen (313–322). B: ‘Ratsversammlung’ (323–344n.) der Griechen: Nestors Vorschlag von a. Waffenstillstand (331), b. Totenbestattung (332f.) und c. Bau einer Befestigungsanlage (336– 343). B’: Versammlung der Troer (345–379): Antenors Vorschlag von d. Rückgabe der Helena (348–353), e. Paris’ Kompromiß-Angebot: Rückgabe der in Sparta geraubten Güter (nicht aber der Helena); Priamos’ vermittelnder Vorschlag von a. Waffenstillstand (375f.) und b. Totenbestattung (376f.).

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Ilias 7

A’: Nachtmahl der Troer (380). C: Kommunikation zwischen Troern und Griechen: der Bote tritt in der griechischen Versammlung auf; die Reden sind gleich angeordnet wie in B’ (345–380n.). Die Totenbestattung am 23. Handlungstag erfolgt bei den beiden Parteien parallel; im Tod sind Griechen und Troer nicht unterscheidbar (424–426). Es folgt der Bau der Mauer am 24. Tag: Das griechische Lager wird dadurch gleichsam zu einer befestigten Stadt, zum Gegenbild von Troia (313–482n.). Im Anschluß ist die Balance zwischen Troern und Griechen perfekt: in den letzten Versen des Gesanges halten erneut beide Parteien das Nachtmahl; gegen beide sinnt Zeus Schlimmes, beide packt die Furcht vor dem Kommenden (476–478n.). Somit ergibt sich im Zuge der handlungsretardierenden Sequenz der Gesänge 2–7 eine Verschiebung von der Überlegenheit der Griechen hin zu einer kurzfristigen Balance, die im Laufe des 7. Gesangs immer wieder veranschaulicht wird (69–72n., 200–205n., 275–276n., 280–281n., 290–292n., 306–417a n., 417b–432n.) – worauf sich die Waagschale im Folgegesang zugunsten der Troer neigen und Thetis’ Bitte damit endlich wirksam werden wird. 1–312 Zweikampf zwischen Hektor und Aias Das zweite Duell der Ilias umrahmt zusammen mit dem Zweikampf zwischen Paris und Menelaos im 3. Gesang den ersten Kampftag (BETHE 1914, 215f.; vgl. STR 21 Abb. 1). Die Monomachien des 3. und 7. Gesangs sind nicht Teil des allgemeinen Massenkampfes (wo ebenfalls ausführliche Einzelkampfschilderungen vorkommen: 3.15–37n. mit Lit.; allgemeine Übersicht über die Kampfformen in der Ilias: LATACZ 1977), sondern werden nach einem feierlichen Beschluß und vorab festgelegten Regeln während eines Waffenstillstandes in der Mitte zwischen den beiden Heeren durchgeführt (“zeremonieller Zweikampf”: LATACZ a.O. 133f.; 3.67–75n. mit Lit.). Zwischen Paris’ und Menelaos’ Duell im 3. Gesang und der vorliegenden Begegnung von Hektor und Aias gibt es deutliche Berührungspunkte: A. Der troische Protagonist tritt als selbstbewußter Herausforderer auf, den später vorübergehend der Mut verläßt (3.30ff. bzw. 7.216ff.). B. Er wird von einer Gottheit unterstützt (freilich in sehr unterschiedlichem Ausmaß: 3.380–382; 7.272). C. Die erste Runde, der Speerwurf, verläuft in beiden Fällen gleich (3.346ff. bzw. 7.244ff. [3.356–360 = 7.250–254]). D. Dem eigentlichen Kampf gehen lange Präliminarien voraus: Im 3. Gesang wird der Zweikampf durch Hektors Vorwürfe an Paris angebahnt; es folgen Teichoskopie und Vertragsritual, bis ab 313 endlich das eigentliche Duell beginnt, das in nur 70 Vv. geschildert wird; im 7. Gesang erfolgt die Anregung zum Zweikampf durch Apollon und Athene, die sich auf troischer bzw. griechischer Seite engagieren (17– 20n.); die weitere Vorbereitung (44–205) wird retardiert durch Zögern der griechi-

Kommentar

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schen Helden, sich zu melden, und einen Tadel des alten Nestor; es folgen ein Losverfahren und die Herausforderungreden der Duellanten; der eigentliche Kampf beginnt erst in 244 und wird in ebenso wenigen Versen (bis 312) erzählt. (Zu weiteren Gemeinsamkeiten und Unterschieden s. PETERS 1922, 44f.; DUBAN 1981; STOEVESANDT 2004, 212; zu den Iterata s.u. bei den einzelnen Vv.). Keine der beiden zeremoniellen Zweikampf-Darstellungen kann jedoch als Kopie der anderen gefaßt werden; eher handelt es sich um eine Kombination traditioneller Motive “on the basis of a general narrative idea” (KIRK 1978, bes. 39f.; vgl. 3.76– 78n.). So herrscht auch zwischen dem vorl. Duell und Hektors finalem showdown mit Achilleus im 22. Gesang Übereinstimmung in zahlreichen motivischen Details (ausführlicher Überblick zu den Parallelen der Gesänge 4–7 mit 20–24 bei LOUDEN 2006, 14–79) – auch neben den antizipierenden Elementen, die im 7. Gesang schon Hektors Ende erahnen lassen (s.u. 4.4.). Schließlich enthalten sowohl die formellen Duelle des 3. und 7. Gesangs als auch der Kampf zwischen Hektor und Achilleus im 22. Gesang Elemente, die auch in spontanen Zweierbegegnungen innerhalb des allgemeinen Schlachtgeschehens vorkommen (zur Typisierten EreignissequenzP ‘Zweikampf’ s. 3.340–382n.; vgl. unten 226–243n., 244–248a n., 254n.; zu typischen Elementen des Zweikampfs in der idg. Lit. s. WEST 2007, 486f.). Die Verwendung allgemein verbreiteter Motivik zeigt sich deutlich auch an den gemeinsamen (aber disparat über den Text verteilten und nicht streng parallel angeordneten [vgl. 208–213n.]) Elementen (1) des vorl. Zweikampfs, (2) des Kampfes zwischen dem jugendlichen Nestor und Ereuthalion, den ersterer 7.150–160 rekapituliert, und (3) der biblischen Erzählung von David und Goliath 1 Sam. 17: a. Herausforderung eines Helden zum Zweikampf (1: Il. 7.6–91, 2: Il. 7.150, 3: 1 Sam. 4–10.23). b. Der Herausforderer ist ein Riese (1: der Geforderte, Aias, ist von riesenhafter Statur [Umkehrung des Paradigmas: Il. 7.208–213n.], 2: Il. 7.155f., 3: 1 Sam. 17.4). c. Er besitzt eine besondere Waffe (1: Il. 7.219–223 [Aias’ Schild], 2: Il. 7.137–150 [Ereuthalions eiserne Keule], 3: 1 Sam. 17.7 [Goliaths eiserner Spieß]). d. Gefordert wird der Kampf mit einem der Besten bzw. dem Besten des gegnerischen Heers (1, 2: Il. 7.50 ≈ 150; vgl. 73 ≈ 159). e. Vorverhandlungen mit Kondizionalsatz (1: Il. 7.77–86, 3: 1 Sam. 17.9; vgl. auch 2: Il. 7.71–75 [und 22.256–269]: DUBAN 1981, 100f. 110f.). f. (Nicht-)Bestattung wird thematisiert (1: Il. 7.67–91, 3: 1 Sam. 17.44. 46). g. Große Furcht im gegnerischen Heer (1: Il. 7.92–93, 2: Il. 7.151, 3: 1 Sam 17.11. 24). h. Abraten des älteren Bruders (und einer sonstigen Autoritätsperson) gegenüber einem potentiellen Kämpfer (1: Agamemnon zu Menelaos Il. 7.107–121, 3: Eliab, dann Saul, zu David, 1 Sam. 17.28–33).

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i. Ein Kämpfer stellt sich (1: Il. 7.191–191, 2: Il. 7.152–154, 3: 1 Sam. 17.32). j. Er ist der jüngste in der Gruppe (2: Il. 7.153, 3: 1 Sam. 17.14). k. Sein thymós (‘Mut’/‘Herz’/‘Drang’) treibt ihn an (1: Il. 7.68, 2: Il. 7.152). l. Er bewaffnet sich (1: Il. 7.206, 3: 1 Sam. 17.38–40). m. Der Kampf wird durch einen Stein (beinahe) entschieden (1: Il. 7.268–272, 3: 1 Sam. 17.49f.). n. Zusätzlich erfolgt eine Verletzung am Hals (1: Il. 7.262, 3: 1 Sam. 17.51). o. Es kommt zu einer göttl. Intervention (1: Il. 7.17–43. 58–61. 81. 272. 288f., 2: Il. 7.154 [≈ 81], 3: 1 Sam. 17.45f.). Vgl. hierzu und zu weiteren iliadischen Parallelen des biblischen Kampfes MÜLDER 1910, 33; 49 mit Anm. 1; MÜHLESTEIN (1971) 1987, 173–190 (der allg. auf die Häufigkeit des volkstümlich-traditionellen ‘David und Goliath-Motivs’ in den Nestorreden hinweist [noch Lykóorgos und Areïthoos, s. 142–150a n., und Nestor und Moulios 11.706–761] und zusätzlich eine ägyptische Parallele anführt); HUNGER 1981, 366; WEST 1997, 214–217. 369f.; LOUDEN 2006, 171–179; ferner VETTEN 1990, 72–74. Zur ebenfalls häufigen Doppelung narrativer Muster und Motive in biblischen (Kampf-)Szenen s. BERMAN 2004. Der Zweikampf des 7. Gesangs stellt einen strukturell und inhaltlich notwendigen Bestandteil des Epos dar: 1. In Kombination mit der Monomachie des 3. Gesangs leitet er das Ende der retrospektiven Phase zu Beginn der Ilias ein (die mit einem Duell begonnen hat und ebenso endet); die Kriegsursache tritt hier als Kampfgrund in den Hintergrund; an dieser Stelle geht es zunehmend auch um Ruhm (s. die Einleitung S. 13). 2. Trotzdem eignet der Szene keine unwesentliche Dramatik: der (immerhin vorstellbare, s. 52–53n.) Verlust von Aias oder Hektor wäre für das jeweilige Heer kaum zu verkraften (UDWIN 1999, 85). 3. Der Zweikampf dient der Hervorhebung der beiden Heroen: er ersetzt eine Aristie des Aias (BETHE 1914, 222; KRISCHER 1971, 78–81; vgl. DI BENEDETTO [1994] 1998, 213. 217–221); gleichzeitig wird Hektor als gefährlichster troianischer Krieger eingeführt (PETERS 1922, 45; BASSETT 1927, 154–156; ERBSE [1978] 1979, 4 mit Hinweis auch auf die Grenzen seiner Fähigkeiten); die kämpferischen Fähigkeiten beider Helden werden stark betont (197–199, 231f., 235–241; VAN WEES 1992, 201). 4. Hektors und Aias’ Zweikampf dient in mehrfacher Hinsicht als AntizipationP des weiteren Kriegsgeschehens: 4.1. Auf einer allgemeinen Ebene weist der unentschiedene Ausgang auf die Offenheit der Situation und damit auf die langen und harten Kämpfe hin, die den beiden Heeren noch bevorstehen (UDWIN 1999, 86f.). 4.2. Konkreter nimmt die Szene die Überlegenheit der Troer und insbesondere die Taten Hektors in den Folgegesängen vorweg: obwohl Hektor sich im Kampf als unterlegen erweist, läßt die Szene auch seine Gefährlichkeit zutage treten: die Griechen fürchten sich zunächst vor ihm; Agamemnon erwähnt, daß selbst Achilleus vor Hektor ‘schauderte’ (113–

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114n.; s. auch oben zu 3). 4.3. Noch detaillierter betrachtet ist das Duell Parallele und Vorstufe zu einer ernsteren Begegnung von Aias und Hektor (14.402–439, s.d.), welche die erste und die letzte Bewegung des vorliegenden Zweikampfes wiederaufnehmen wird: Hektors Speerwurf, der Aias’ Rüstung nicht durchdringt (242– 248), und Aias’ Steinwurf, der den Gegner zu Fall bringt (268–272); vgl. FRIEDRICH 1956, 84–87; zu den zahlreichen weiteren Konfrontationen der beiden Helden s. SCHADEWALDT (1938) 1966, 69f.; DI BENEDETTO a.O. 217–221; STOEVESANDT 2004, 209–214. 4.4. Schließlich antizipiertP das Duell durch eine dichte Streuung von Hinweisen auch den finalen Kampf zwischen Hektor und Achilleus, den Aias nur temporär ersetzt (NAGY [1979] 1999, 28–32. 142–150; VAN WEES 1992, 200f.; BOUVIER 2002, 203–213; NEAL 2006, 114–132; vgl. BROCCIA 1967, 78–82, der das Duell in eine Reihe von Antizipationen des letzten Kampfes einordnet): 4.4.1. Die beiden göttlichen ‘Regisseure’ des Kampfes sind Athene und Apollon; sie werden in der Ilias mehrfach als Antagonisten von Hektor und Achilleus in Szene gesetzt (s. LOUDEN 2006, 34–36 zu ihrer Rolle beim showdown zwischen Hektor und Achilleus). 4.4.2. Hektor kämpft gegen den aktuell ‘Besten’ der Achaier (50, 73f., 285; vgl. 289 [‘Achaier’ ist neben ‘Danaer’ und ‘Argeier’ eine der hom. Bez. für die Griechen, s. 1.2n.]), was der Perspektive des Achilleus auf sich selbst entspricht (1.91n.; vgl. NAGY a.O. 28f.; zu Aias’ [und Diomedes’] temporärer Stellvertreterfunktion als ‘bester’ Achaier s. 2.768n., CARLIER 1984, 195 Anm. 280; REICHEL 1994, 107f.; LOUDEN a.O. 2f. 34f.; HITCH 2009, 184f.). 4.4.3. Aias ist aber nur der zweitbeste Achaier nach Achilleus; Hektors Unterlegenheit gegenüber Aias (nicht nur an dieser Stelle: MACKIE 2008, 168) und seine Angst vor ihm (216n.; 217– 218n.) läßt also seine künftige Niederlage gegen den Besten vorausahnen (NAGY a.O. 31f.; LOUDEN a.O. 37f.). 4.4.4. Hektors Position als ‘einer allein’ wird hier stark betont (39, 226f.) und spielt dann wieder im Kontext seines Todes eine Rolle (22.39, 22.213, 22.294–305; vgl. NAGLER 1974, 145 Anm. 18). 4.4.5. Für den Todesfall eines der Kontrahenten vereinbart Hektor die Rückgabe des Leichnams (79f., 84–86), was die mit seiner eigenen Bestattung verbundenen Schwierigkeiten antizipiertP (76–91n.; THORNTON 1984, 67f.; REICHEL 1994, 192f.; ROMILLY 1994, 176). 4.4.6. Hektor verheißt seinem potentiellen Gegner ein Grab, das von den künftigen Menschen vom Meer aus gesehen werden wird (87–91) – wie dies in der Tradition des Troia-Mythos bei Achilleus’ Grab der Fall ist (Od. 24.82–84): 76– 91n. 4.4.7. Apollon kündigt den Kampf, der Troias Schicksal besiegeln wird, 30f. explizit an (‘später’ im Gegensatz zu ‘heute’); entsprechend ist Hektor im 7. Gesang zeitweise zuversichtlich; im 22. Gesang trifft das Gegenteil zu: er erlangt dort Gewißheit über seinen nahen Tod (52–53n.). 4.4.7. Diverse Einzelelemente des Zweikampfes (Halsverletzung, Sturz etc.) sind normalerweise mit Todesszenen verbunden und weisen somit auf Hektors baldigen Tod hin (244–273n.). 4.4.8. Die

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Szene endet mit einer Kampfpause, die zur Totenbestattung genutzt wird; eine solche folgt auch auf den Endkampf zwischen Hektor und Achilleus. Von Vertretern der sog. alten Analyse, die in der Ilias ein Konglomerat aus mehreren Dichtungen von unterschiedlicher Qualität sah, wurde der Zweikampf des 7. Gesangs (weitgehend) als Werk eines jüngeren Bearbeiters und i.d.R. als minderwertig betrachtet, z.B. ROBERT 1901, 168–175; DEECKE 1906; WILAMOWITZ 1916, 313f. (anders 325); CAUER (1895) 1921, 264; MAZON 1948, 169–173; polemisch JACHMANN 1949, 50–60. Dagegen regte sich früher Widerspruch von ROTHE 1910, 215: “[Wer] das Gedicht einem ‘Nachdichter’ gibt, der möge zeigen, wie die Schlacht ‘ursprünglich’ geschlossen hat”; der Sinn, den Schlachttag irgendwie zu beenden, wird der Episode auch sonst zugebilligt (VON DER MÜHLL 1952, 131). – LEAF (“Introduction” zum 3. und 7. Gesang) hält das Duell aus dem 7. Gesang für prioritär, bemängelt aber ebenfalls die Inkongruenz zweier zeitlich so dicht aufeinanderfolgender Monomachien. Zu weiterer älterer Lit. s. AH, Anh. 6–19 und die ausführliche Bibliographie in BERGOLD 1977; vgl. später KIRK 1962, 217 (“very poor second-best”); WEST 2011, 187 (“H in particular falls below the standard of excellence that has been generally maintained up to this point”). Aus archäologischer Sicht neo-analytisch argumentiert FRIIS JOHANSEN 1961, der die kriegerische Darstellung einer attisch-geometrischen Dipylon-Kanne (Paris, Louvre CA 2509, Mitte bis 3. Viertel des 8. Jh.) mit der Handlung des 7. Gesangs in Zusammenhang bringt (Zweikampf; Bestattung der Toten) und das frühe Datum der Darstellung als Argument für eine vorhomerische Heldendichtung als Vorlage der Ilias heranzieht; gegen einen Bezug der Vase zum 7. Gesang überzeugend FITTSCHEN 1969, 39–41; vgl. auch SNODGRASS 1998, 26. Die Abwertung der Zweikampf-Episode durch die analytische Forschung ergibt sich aus erzähllogischen Schwierigkeiten, die jedoch alle lösbar erscheinen: I. Die Frage, warum sich Apollon für eine Sache engagiert, die er 7.30f. insgesamt als verloren bezeichnet, kann sowohl auf ErzählerP- als auch auf FigurenP-Ebene erklärt werden: zum einen mit der dramaturgischen Notwendigkeit einer mitreißenden Situationsschilderung, zum anderen mit Apollons Handlungsspielraum in der Einzelsituation (BURKERT 1955, 79; vgl. REUCHER 1983, 160). II. Daß Apollon den Kampf in einem für die Troer so günstigen Moment unterbricht, mag zunächst verwundern, ist aber letztlich plausibel, da er die heranstürmende Athene offensichtlich von einem drastischeren Eingriff zugunsten der Griechen abhalten will (KIRK). III. Erstaunlicher ist, daß sich Athene seinem Ansinnen fügt (KIRK 1978, 22), gar behauptet, sie habe von Anfang an dieselbe Idee gehabt (34–35n.); sehr gesucht erscheint die Erklärung des Scholions bT zu 6.311b, die Göttin halte durch das Duell den Diomedes temporär vom Kämpfen ab (ohne sich ihm selbst in den Weg stellen zu müssen: MORRISON 1991, 154f.; 1992, 69) und gewähre damit die

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Bitte der Troerin Theano (6.305–310) zumindest teilweise (vgl. schol. bT zu 7.38). Figurenpsychologisch plausibel ist dagegen die Erklärung, daß Athene sich angesichts der ohnehin unmittelbar bevorstehenden Unterbrechung des Kampfes bei Einbruch der Nacht (252) nicht mehr auf einen Streit mit Apollon einlassen will. IV. Der Kampf bleibt ohne Konsequenzen; das Ende erfolgt merkwürdig unvermittelt (KIRK 1978, 23f.): trotz Aias’ Überlegenheit erklären die Herolde Talthybios und Idaios das Duell für unentschieden (273–282); die beiden Kämpfer willigen ein, den Kampf zu beenden (283–302), tauschen Geschenke aus und trennen sich (303–312). Das letzte Element erinnert an den Ausgang des sportlichen Duells im Rahmen der Leichenspiele für Patroklos 23.798–825 (vgl. aber auch die Begegnung von Glaukos und Diomedes 6.119–236; BERGOLD 1977, 190 Anm. 1; KIRK 1978): Hektor gibt Aias ein Schwert mit Scheide und Tragriemen, wie es auch Diomedes im 23. Gesang von Achilleus als Kampfpreis erhält (7.304 = 23.825; BASSETT 1927, 152). Auch sonst gibt es Parallelen zu den Sportwettkämpfen des 23. Gesangs: die Herausforderung des Epeios zum Boxkampf und die Reaktionen darauf weisen Ähnlichkeiten mit der Aufforderung Hektors zum Duell auf (92n.; vgl. auch 256–257n.); die Liste der Kämpfer, die sich im 23. Gesang zum Wagenrennen stellen, hat Parallelen zu 7.161b–169, und in beiden Situationen wird gelost (s. 161b–169n.; vgl. KIRK zu 161–168); auch im sportl. Kontext des 23. Gesangs hält Nestor eine parainetische Rede wie 7.124–160 (23.306–348): BANNERT 1988, 131–133; schließlich erinnert der Abbruch des Kampfes durch die Herolde 7.273–282 (s.d.) an den des Ringkampfs von Odysseus und Aias durch Achilleus in 23.733–737 (BANNERT 1988, 142). Strukturell gesehen springt als Parallele zwischen dem 7. und dem 23. Gesang die Nähe zwischen Kampf- und Bestattungsthematik ins Auge (HEIDEN 2008, 79f.). – Entsprechend wurde der Zweikampf des 7. Gesangs zuweilen als reines “Turnier” betrachtet (zuerst WILAMOWITZ 1916, 313, der den anachronistischen Begriff als Synonym für einen rein sportlichen Wettkampf verwendet; ähnl. PETERS 1922, 42 u.ö.: “Mensur”). Tatsächlich wird in den Präliminarien hervorgehoben, daß der Kampf wohl nicht kriegsentscheidend sein wird (BERGOLD 1977, 186–190; 52–53n.; 203–205n.); davon abgesehen darf die Kenntnis des Mythos und damit von Hektors Tod durch Achilleus und Aias’ Selbstmord auf Seiten des zeitgenössischen Publikums wohl vorausgesetzt werden (MORRISON 1992, 56; SCODEL 1999, 140f.). Der Zweikampf hat andere Funktionen als potentiell kriegsentscheidend zu sein; allerdings wird die Gewißheit, der Kampf werde harmlos ausgehen, auch immer wieder spannungssteigernd durchbrochen (52–53n.), z.B. durch die Schilderung der Furcht auf beiden Seiten (92–122n.; 216n.; 217–218n.) oder durch die Bestattungsverhandlungen für den Fall des Todes eines der Kämpfer (76–91). Schließlich haben auch rein sportliche Wettkämpfe wie die im 23. Gesang durchaus Potential zu ernsten Verletzungen oder sogar tödlichem Ausgang.

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1–53 Athene und Apollon veranlassen Hektor, einen Griechen zum Zweikampf zu fordern. 1–16 Nachdem Hektor seine Mutter Hekabe und seine Gattin Andromache aufgesucht hat, kehrt er mit seinem Bruder Paris in die Schlacht zurück. Gemeinsam mit Glaukos erzielen die Brüder erste Erfolge. Hektors (FM 3.8) Rückkehr auf das Schlachtfeld beendet seinen kurzen Besuch in der Stadt (6.237–529). Er hatte das troianische Heer in einer Situation höchster Bedrängnis verlassen müssen (s. 6.73–118n. zur Notwendigkeit von Hektors Aufenthalt in Troia). Zwar hatte er die Lage der Truppen durch eine Kampfparänese kurzfristig mildern können (6.103–115), dennoch war sie problematisch geblieben – hierauf wird während seines Aufenthalts in Troia mehrfach hingewiesen (von Hekabe 6.255f., Hektor selbst 6.327, Andromaches Magd 6.386f.). Hektors Rückkehr erscheint also als überaus dringend (die Ausführlichkeit der Darstellung seines Troia-Besuchs erklärt sich erzählstrategisch durch die Gelegenheit, hier ein “lebendiges Bild von der Situation in der belagerten Stadt” zu entwerfen, 6.237– 529n.; vgl. GRAZIOSI/HAUBOLD, Introd. 32–34). Der Beginn des 7. Gesanges mit dem Rede-AbschlußP ‘mit diesen Worten’ schließt nahtlos an Hektors Rede am Ende des 6. Gesanges an. Über die Gründe für die Setzung der Buchgrenze gerade an dieser Stelle ist diskutiert worden; denkbar wäre ein Einschnitt auch vor oder nach dem Gleichnis 7.4–7 (vgl. BROCCIA 1967, 62, mit älterer Lit.; TAPLIN 1992, 288f. Zur Diskussion um die (nachhomerische) Bucheinteilung allg. s. die Lit. in 19.1–39n. a.E.; ferner HEIDEN 1998; 2000; NÜNLIST 2006). Wahrscheinlich ließ der Schauplatzwechsel der Figuren den vorl. Einschnitt als natürlich erscheinen (ebenso die Orts- bzw. Szenenwechsel zu Beginn von Il. 18 und 19); so wird das Stadt-Bild Troias zu einer separaten Einheit innerhalb des Kampfgeschehens (6.116 “machte sich [Hektor] dann auf” nach Troia; 7.1 “stürmte [er] aus dem Tor”). Folgerichtig beginnt der Gesang mit der Typisierten EreignissequenzP ‘Wiedereintritt eines Kriegers in den Kampf’ (vgl. 5.134ff., 16.284ff.; FENIK 1968, 22f.): (1) Eintritt des Kämpfers in die Schlacht (1–3), (2) Gleichnis (4– 7), (3) Töten der Feinde (8–12, fortgeführt durch Glaukos 13–16) und (4) starke Reaktion der Gegenseite (hier: der Götter, 17ff.). 1 ≈ 6.466; 2. VH ≈ 6.390. — stürmte: Hektor scheint seinen Kampfesdrang auch als Ansporn für Paris zu demonstrieren (schol. bT). Zu Hektors Eile als Leitmotiv des 6. Gesangs s. 6.237–529n.; 6.354n. — der glanz-umstrahlte: VE-Formel (29× Il.). Das generische EpithetonP phaídimos wird im fgrE allg. in der Bed. ‘strahlend, schön, stattlich’ verwendet (s. 6.144n.); ursprünglich diente es wohl konkret zur

1 ὥς: = οὕτως. — πυλέων (ion.): = (häufiger) äol. πυλάων; R 11.1, vgl. R 3 (­). — ἐξέσσυτο: Wurzel-Aor. zu ἐκσεύοµαι ‘herausstürmen’.

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Beschreibung von Helden im Glanz ihrer Rüstung (vgl. 12.462ff.). Auf diese Bedeutung weist das Scholion D hin; in Verbindung mit dem 6.513 geschilderten Glanz von Paris’ Waffen wird also auch an dieser Stelle ein intensiver visueller Eindruck der beiden Krieger evoziert, die den Troern als ersehnte Erlösung zu Hilfe kommen (4–7n.). ὣς εἰπών: flektierbare VA-Formel (Nom. mask./fem., Akk.), meist Nom. (19.130n.). — πυλέων: in prosodischer Hinsicht ungewöhnlich: als Anapäst ohne Synizese sonst nur 12.340 und ‘Hes.’ Sc. 246 (vgl. auch Od. 21.191 θυρέων: HAUG 2002, 122). Obligatorisch ist die Synizese allerdings nicht; zudem sind die bisherigen Konjekturen nicht befriedigend (KIRK mit Lit.).

2–3 Alexandros: Zur Benennung des troianischen Königssohns (FM 3.8 s.v. Paris) werden Alexandros (45× Il.) und Paris (11× Il.) meist ohne erkennbaren Bedeutungsunterschied als metrisch bequeme Varianten gebraucht; an dieser Stelle freilich mag die Bedeutung des Namens Alexandros (‘Männerabwehrer’) mitgedacht sein. Zum möglichen Ursprung des doppelten Namens aus einer gemischt griechisch-hethitischen Tradition s. 3.16n. mit Lit. — die beiden: Es wird nachdrücklich auch Paris eingeschlossen, der von Hektor wegen seines Fernbleibens vom Schlachtfeld getadelt worden ist (6.326–331) und jetzt seine Tatkraft beweist (8–10n.). Paris’ Kampfeslust, so wird suggeriert, ermutigt an dieser Stelle auch Hektor selbst (LOUDEN 2006, 36f., zieht Hektors fatale Begegnung mit Athene in Gestalt seines Bruders Deïphobos 22.226–247 zum Vergleich heran), obwohl er eben noch verärgert und pessimistisch dargestellt war; Hektors Stimmungswechsel ist im 6. Gesang allerdings schon vorbereitet worden (6.475–481n.; 6.517–529n.; 6.526–527a n.). θυµῷ: Zum θυµός als Sitz von Regungen und Affekten (‘Tiefe des Herzens’) s. JAHN 1987, bes. 225–232; zur Verwendung bei voluntativen Verben s. dort 1088.23ff. — µέµασαν: ‘drängte es [sie]’; häufig mit einem Verb des Kämpfens (vgl. 6.120n.) oder Tötens verbun– den. Verwandt mit µένος (wie µενεαίνω, µενοινάω), deckt das archaische ReduplikationsPerfekt µέµονα (noch 24, 36, 160, 261) ein Bedeutungsspektrum vom “energischen aggressiven Drang” (LfgrE s.v. µέµονα 122.58ff.) bis hin zum abgeschwächten, bloßen Wunsch ab (LfgrE a.O. 123.57ff.); vgl. DELG s.v.; 18.156n. — πολεµίζειν ἠδὲ µάχεσθαι: VE-Formel (= 2.121, 2.452, 3.67, 3.435, 11.12, 13.74, 14.152; ≈ 7.279, 21.572); zur synonymischen Doppelung s. 1.160n., 2.39n.; diese tritt häufig bei Wörtern aus dem Bereich Kampf/ Krieg auf (1.492n.), mehrfach auch im 7. Gesang: πόλεµον καὶ δηϊοτῆτα (29); µάχης ἠδὲ πτολέµοιο (232); µάχας τ’ ἀνδροκτασίας τε (237); zu weiteren Wendungen s. 16.63n.; 16.91–92n. Die Doppelung scheint hier prägnant die Kampfeslust zu betonen (schol. bT zu 7.3; vgl. 1.160n.), wie dies bereits mit ἐξέσσυτο (1), dann auch in µέµασαν gegeben ist.

2 τῷ … ἅµα: = ἅµα … τῷ (R 20.2). — τῷ: zur demonstr.-anaphor. Funktion von ὅ, ἥ, τό R 17. — κί’ ἀδελφεός: zum Hiat R 5.1. — κί(ε): 3. Sg. des Präteritums eines defektiven Verbums mit der Bed. ‘gehen’; zur augmentlosen Form R 16.1. —ἀδελφεός: = ἀδελφός. — ἄρα: R 24.1. 3 µέµασαν: 3. Pl. Plpf. zum Perf. µέµονα, hier ‘begierig sein’ (­). — ἠδ(έ): ‘und’ (R 24.4).

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4–7 Das vorl. GleichnisP illustriert das Eingreifen der Kämpfer in die Schlacht (häufige Gelegenheit für Gleichnisse: WEST 2011 zu 5.87–92 mit Stellen). Es beginnt mit einem schnellen ‘Kameraschwenk’ von den energiegeladenen Brüdern zu den erschöpften Troern, deren Perspektive nun in Sekundärer FokalisationP eingenommen wird: schon der zu Beginn erwähnte ‘Gott’ (der nicht näher identifiziert werden kann, vgl. TSAGARAKIS 1977, 93 Anm. 14) ermöglicht eine assoziative Verschiebung der Erzählerperspektive auf diejenige der Troer, die Hektor wie einen Gott verehren (22.394, 22.434f., 24.258f. [s.d.]; DE JONG [1987] 2004, 129; allg. zu dieser und ähnl. Wendungen 16.605n. mit Lit.; vgl. auch unten 298n.). Die offensichtlichste Gemeinsamkeit der Seeleute mit den Troern ist die Sehnsucht nach Erleichterung (eeldoménoisi[n], 4 und 7; zur häufigen ringkompositorischenP Anlage von Gleichnissen 16.7n.). Im So-Teil des Gleichnisses nicht explizit genannt, aber den Troern sicher ebenfalls mit den Seeleuten gemeinsam ist auch die Erschöpfung (FRÄNKEL 1921, 8f., gegen die Reduzierung homerischer Gleichnisse auf einen einzigen Vergleichspunkt). Diese Mattigkeit wird stark betont (5: kámōsin; 6: kamátōi); bei den Troern ist sie Folge der harten Kämpfe, zu denen Hektor seine Leute in der Kampfparänese 6.103–115 ermutigen konnte; müdegekämpft ersehnen sie nun Hektors Rückkehr (DE JONG a.O.). – Der Situation des vorl. Gleichnisses entspricht am ehesten Od. 23.233–240 (233: ‘und wie wenn Land Schwimmenden willkommen erscheint’; auch hier handelt es sich um Seeleute, allerdings um schiffbrüchige); s. schol. bT zu Il. 7.4–6; vgl. ferner Il. 19.375–380a (s.d.), wo die Schiffsleute gegen ihren Willen vom Land abgetrieben werden und bange nach einem unerreichbaren Feuer blicken (Il. 4.76 kommen ebenfalls Seeleute vor, allerdings nur als Beobachter der Gestirne [KIRK]). Motivisch gehört die vorl. Stelle ferner zu diversen iliadischen Wind- (und Meer-)Gleichnissen (vgl. 14.16–22n.; SCOTT 1974, 62–66; SCOTT 2009, 200f.; zu Wetter-Gleichnissen generell s. 16.297–302a mit Lit.); von bes. Interesse ist der Kontrast zwischen der vorl. Stelle und dem Gleichnis 13.795ff. (LESKY 1947, 165f.): auch dort greifen Hektor und Paris gemeinsam in den Kampf ein; die von ihnen geführten Troer werden mit brausenden Wirbelwinden verglichen, die das Meer aufwühlen. Der Unterschied zu der ersehnten Brise des 7. Gesangs macht am Ende des 13. Gesanges deutlich, daß sich das Kräfteverhältnis inzwischen zugunsten der Troer verschoben hat. Unter den anderen iliadischen Wind- und Meer-Gleichnissen nimmt die vorl. Stelle eine Mittelposition zwischen zwei Typen ein: a. Vergleich von auftretenden Kriegern mit Winden (4.275–282, 11.297f., 11.305–309) bzw. durch Wind entstehenden Wogen (15.379–383 und 623–429); b. Wind (und aufgewühltes Meer) als Bild für eine Emotion (im vorl. Fall Hektors und Paris’ ansteckender Angriffselan, der den Troern Erleichterung bringt; vgl. BECKER 1937, 169f.): 9.4– 8, 14.16–22, ferner 16.297–302a. – Die vorl. Stelle ist neben 13.491ff. das einzige Gleichnis, das auf seiten der Troer Solidarität von Kämpfern untereinander

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illustriert (vgl. allenfalls 5.299); häufiger ist dies bei Griechen der Fall (STOEVESANDT 2004, 267f. 422). ἐελδοµένοισιν … |2 Vv.| … Τρώεσσιν ἐελδοµένοισι: ἐέλδοµαι/ἔλδοµαι (*ϝελδ- viell. mit lat. velle verwandt) kann ‘aktiven’ Wunsch oder ‘passives’ Ersehnen ausdrücken, wohl als andauernden Zustand (dafür spricht die häufige Verbindung mit ἤµατα πάντα: 14.276, Od. 5.210, 5.219, 23.6: LfgrE s.v.). Hier drückt das Ptz. Präsens im Kontrast zu dem punktuellen Aorist ἔδωκεν (4n.) die lange Dauer der Sehnsucht aus (AH mit Anh.). – Vergleichbar ist 12.370ff., wo die beiden Brüder Aias und Teukros den bedrängten Griechen zu Hilfe kommen; bes. 374: ἐπειγοµένοισι δ’ ἵκοντο (v.l. ἐελδοµένοισι: LABARBE 1949, 245). 4 ἔδωκεν: Aoristformen sind in den hom. Gleichnissen regelmäßig augmentiert. Aufgrund ihrer Zeitlosigkeit werden sie traditionell als ‘gnomisch’ aufgefaßt (wenn sie auch eher das Bestreben des ErzählersP nach Vergegenwärtigung des Bildes ausdrücken als dessen Allgemeingültigkeit, BAKKER [2001] 2005, 131–135; vgl. 2.480n.; 16.299–300n.; 24.616n.). Davon unabhängig markiert der Aor. den punktuellen Aspekt der Handlung (4–7n. a.E.; ἔδωκεν bez. eine abgeschlossene Aktion: WACKERNAGEL [1920] 1926, 180). 5 οὖρον: Das Objekt der Sehnsucht trägt als runover word im integralen EnjambementP besondere Emphase. — ἐπεί κε κάµωσιν: so Aristarch und die Mehrzahl der Hss.; bei der v.l. ἐπήν/ἐπῆν κε κάµωσιν ist die Verbindung der beiden Modalpartikeln nicht regulär (CHANTR. 2.345, vgl. 348; RUIJGH 505; zu Ausnahmen s. 24.437n.); hierzu und zur weiteren v.l. eines schwer belegbaren reduplizierten Aor. κεκάµωσιν s. 1.168n. — ἐϋξέστῃς: ‘gut geglättet’; EpithetonP diverser hölzerner Gegenstände, meist nach der Zäsur B 2 (24.271n., dort auch zur Wortbildung); Od. 12.172 hat (nach C 1) ξεστῇσ(ι). — ἐλάτῃσιν: ἐλάτη bezeichnet sonst die ‘Tanne’, nur hier und Od. 12.172 metonym. ‘Ruder aus Tannenholz’. 6 2. VH ≈ 13.85. — πόντον ἐλαύνοντες: Im Kontext ‘Seefahrt’ fungiert ἐλαύνειν sonst i.d.R. als Verb der Bewegung (mit Objekt νῆα, das auch wegfallen kann: ‘[das Schiff] vorantreiben’ > ‘fahren’: LfgrE s.v. 516.5ff., 517.20ff.); hier, mit dem instr. Dat. ἐλάτῃσιν, steht es hingegen in der Bedeutung ‘schlagen’ (ebd. 518.43f.; vergleichbare Wendungen sind z.B. ἅλα τύπτον ἐρετµοῖς [7× Od.] oder ἑζόµενοι λεύκαινον ὕδωρ ξεστῇς ἐλάτῃσιν [Od. 12.172]). Die in den schol. AT angeführte Variante ἐρέσσοντες ist wenig überzeugend, da das Simplex ἐρέσσω im fgrE immer intransitiv ist (Il. 9.361, Od. 9.490, 11.78, 12.194). Die ungewöhnliche Formulierung deutet wohl auf die besondere Mühsal des Ruderns während einer Flaute auf hoher See hin (FAESI/FRANKE; AH). — ὑπὸ γυῖα λέλυνται: Zu versch. formelhaften Wendungen mit (ὑπο)λύω und γυῖα (u.a. zur Beschreibung physischer Erschöpfung wie im vorl. Fall) s. 6.27n.; vgl. auch 16.312n. und 24.498n. a.E., beide mit Lit. Die gefährliche Nähe von Erschöpfung und Tod wird durch die beiden ähnlichen Formulierungen zur Umschreibung des Todes wenige Verse später betont: λῦσε δὲ γυῖα (12) und λύντο δὲ γυῖα (16). Vgl. auch 214–215n.

4 ναύτῃσιν ἐελδοµένοισιν: zur Flexion R 11.1–2. 5 κε: = ἄν (R 24.5); ἐπεί κε: = ἐπήν (att. ἐπάν). — ἐϋξέστῃς ἐλάτῃσιν: zur Flexion R 11.1. 6 ἐλαύνοντες: transitiv mit πόντον als Objekt, ‘schlagen’ (­). — ὑπό: adv., ‘unten’, oder sog. Tmesis ὑπὸ … λέλυνται (R 20.2). — γυῖα λέλυνται: Bei Homer kann ein Neutr. Pl.-Subjekt mit Singular- oder Plural-Prädikat stehen.

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7 ≈ 12.135. — φανήτην: häufig von Göttererscheinungen; unterstreicht möglicherweise, daß Hektor von den Troern wie ein ‘Gott’ wahrgenommen wird (s. 4–7n.); allerdings ist Paris in der Dualform ebenfalls mit eingeschlossen. Zur Assoziation einer gottgleichen Epiphanie bei homerischen Helden (Odysseus) vgl. BIERL 2004, bes. 50ff.

8–16 Erweiterter KatalogP (STRASBURGER 1954, 60): Paris, Hektor und Glaukos töten je einen Feind. Die Sequenz steht exemplarisch für eine Erfolgsphase der Troer insgesamt (13–16n.; ALBRACHT 1886, 19; vgl. STRASBURGER 1954, 47; LATACZ 1977, 68–85, bes. 76f.; 6.513n.; 6.1–72n.), hier in nur 3 Tötungsszenen angedeutet, wohl aufgrund der “Scheu des Dichters, Achaierblut fließen zu lassen” (STOEVESANDT 2004, 101; zur Bez. ‘Achaier’ für die ‘Griechen’ s. 1.2n.). Auf griechischer Seite liegt eine typische Fluchtphase vor (LATACZ 1977, 212–215; KELLY 2007, 117–121; hier Konzentration auf das troianische Vordringen ohne nähere Schilderung des griechischen Rückzugs [vgl. aber 15n.]), welche die Richtung des weiteren Kampfgeschehens bis zur nächsten Wendung vorgibt (“bestowing shape on what might otherwise seem an amorphous series of encounters”: KELLY a.O. 120). – Die Sequenz enthält alle Elemente einer Typischen KampfszeneP (NIENS 1987, XIIf.: “(1) Angreifer, (2) Angegriffener, (3) Differenzierte Bezeichnung der Aktion, (4) Waffe, (5) Erwähnung des getroffenen Körperteils, (6) Wirkung des Geschosses/Folge der Verwundung, (7) Darstellung des eingetretenen Todes”), dies allerdings über zwei Teilszenen verstreut (8–12 und 13–16). Zu den vielfältigen Kombinationsmöglichkeiten der Elemente homerischer Kampfszenen VISSER 1987, 44–57; vgl. 16.284–290a n. mit weiterer Lit. – Die Angaben über Hektors Gegner in der mittleren Tötungsszene sind am knappsten, die Schilderung der Taten ist hingegen klimaktisch: wird bei Paris nur das Ergebnis mitgeteilt (‘packten diese’, 8), werden bei Hektor Treffer (11) und Ergebnis (‘löste ihm die Glieder’, 12) angegeben, bei Glaukos Treffer (14), Fallen des Gegners (16) und Ergebnis (‘es lösten sich die Glieder’, 16). Die Beschreibung des Fallens oder Hinstreckens markiert öfter das Ende einer Reihe von Tötungen, so z.B. auch Il. 12.182–194, 16.415–418 (KURZ 1966, 32f., mit weiteren Beispielen zur Erwähnung des Fallens an Anfang und Ende einer Reihe); zur häufigen Ausschmückung des Fallens mit Fallrichtung, Weherufen, Rüstungslärm u.ä. 16.289–290n. mit Lit. 8–10 Die kurze Siegesphase des Paris war zuvor typischerweise durch das Waffenglanz-Motiv (1n.) eingeleitet worden (6.513n.; 16.70b–72a n.; 19.374– 383n., alle mit Lit.). Die Episode steht als erste in einer Reihe von zehn erfolgreichen Auftritten des Paris in der Ilias (vgl. STOEVESANDT 2004, 182f.). Paris’ Opfer Menesthios ist mit einem kleinen Exkurs zu seiner Biographie, einem ‘Nachruf’ versehen, der die typischen Elemente ‘Genealogie’, ‘nähere Umstände

7 τὼ … φανήτην: zu den Dualen R 18.1. — Τρώεσσιν: zur Flexion R 11.3.

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der Geburt’ (mit der Andeutung eines mythisch-heroischen Hintergrundes) und ‘Heimat’ enthält; solche ‘Nachrufe’ stehen häufig an Wendepunkten von Aristien oder bei Erfolgsphasen einer Seite (SPIEKER 1958, 14; allg. zu den ‘Nachrufen’ 6.12–19n. [mit weiterer Lit.]; Stellensammlung bei RICHARDSON 1990, 44f. mit Anm. 14 [S. 215]; STOEVESANDT 2004, 126–159; zu den Gefallenenkatalogen grundsätzlich STRASBURGER 1954 [20f. zu Il. 7.8–10]). 8 2. VH = 7.137. — der eine: Paris; mit gr. ho men ist häufig der Letztgenannte gemeint (HAHN 1954, 208, zu Il. 12.400–404; vgl. auch 24.509–512; zum typ. homerischen hysteron proteron s. auch schol. A zu 8; NÜNLIST 2009, 326f. mit Anm. 4); die Identität des Handelnden wird also nicht erst mit Hektors Nennung (11) deutlich. – Paris kämpft hier wohl mit dem Speer wie 15.341f. Daß ein Bogenschütze wie er (3.17n.; 3.18–20n.) auch als Hoplit Erfolg hat, kommt auf seiten der Troer in der Ilias sonst nicht vor (STOEVESANDT 2004, 115f. Anm. 380, mit Verweis auf KRISCHER 1998, 88); zur ambivalenten Bewertung von Bogenschützen in der geometrischen Kunst und in der Ilias selbst s. 3.17n. mit Lit. — Areïthoos: Determinativkompositum (‘durch Ares schnell’ oder metonymischlokativisch ‘schnell im Kampf’, das Vorderglied auch in Areïlykos [16.308n.], das Hinterglied in homerischen Namen häufiger). Zur Verwendung als Adj. s. LfgrE; Weiteres zur Wortbildung bei v. KAMPTZ 74f., 102f., 105, 184. Historisch mehrfach belegt (LGPN). Der an der vorl. Stelle Genannte ist nicht identisch mit dem Gefolgsmann des Thrakers Rhigmos (20.487); offensichtlich setzt ihn Homer jedoch mit dem Areïthoos gleich, den Nestor 7.137–147 in einem arkadischen Umfeld situiert: das EpithetonP ‘Keulenschwinger’ (7.9, 138) kommt im fgrE sonst nicht vor. Hieraus ergeben sich jedoch die folgenden, schon in den Scholien (bT zu 7.9b) als störend empfundenen geographischen und chronologischen Probleme: a. es bleibt unklar, wieso der Sohn des Arkaders Areïthoos im boiotischen Arne wohnt (nach schol. D zu 7.9 ist Areïthoos Boioter und hält sich in Arkadien nur im Zusammenhang mit nicht näher definierten Grenzstreitigkeiten auf); b. als Sohn des Areïthoos müßte Menesthios etwa im Alter des inzwischen greisen (1.250–252) Nestor sein (dieser hatte in seiner Jugend Ereuthalion erschlagen, den Erben des Areïthoos-Töters Lykóorgos, 7.142ff.). Möglicherweise handelt es sich um zwei ursprünglich verschiedene Figuren (schol. bT zu 7.9b) oder überhaupt um eine ad hoc-Erfindung; vgl. KIRK zu 8–13: “it remains probable that the poet is drawing loosely on his own memory and imagination here”. Mehrfachverwendung von Namen ist im hom. Epos durchaus üblich, s. 16.345n. mit Lit.; s. dort auch zur Verwendung derselben Namen in kurzen Abständen (wohl unter Nutzung eines

8 ἑλέτην: 3. Dual Aor. zu αἱρέω; das Subjekt teilt sich in ὃ µὲν … Ἕκτωρ δέ (11), letzteres mit neuem Prädikat βάλ(ε). — Ἀρηϊθόοιο (ϝ)ἄνακτος: zur Prosodie R 4.3. — Ἀρηϊθόοιο: zur Flexion R 11.2; ebenso zu Ἱππολόχοιο (13) u.ö.

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Namensvorrats für ‘Statisten’). — des Herrschers: Zur Bedeutung des Begriffs ánax 1.36n. ἔνθ(α): Temporales ἔνθα (‘da, dann’) kann wie hier einen Neueinsatz der Erzählung markieren; in Kampfschilderungen leitet die Konjunktion häufig die Fokussierung auf einzelne Helden ein (16.306n. mit Lit.). –– ἑλέτην: hier in der Bedeutung ‘überwältigen’, effektiv also ‘töten’ (16.306n. mit Lit.). — ὃ µέν: distributive Apposition aus zwei Subjekten (i.d.R. ὃ µὲν … ὃ δέ) nach einer Verbform im Dual wie Il. 4.536f., 7.306f., 13.584f., 22.157 (ohne ὃ µέν, aber mit korrespondierenden Ptz. φεύγων … ̣ ὃ δ’ ὄπισθε διώκων, s. DE JONG z.St.), Od. 8.361f., 18.95f. (anders nach ἔνθ’ ἑλέτην Il. 11.328). Hier steht als zweites Subjekt statt eines üblicheren ὃ δέ der Eigenname Ἕκτωρ δ’ (vgl. auch Il. 12.400–404, 24.509–511, s. 24.509n. mit Lit.); daß das erste Subjekt nur ὃ µέν heißt, mag auch metrischen Erfordernissen geschuldet sein (fehlender Pyrrhichius zwischen dem semantisch wichtigen ἔνθ’ ἑλέτην und dem formelhaften υἱὸν Ἀρηΐθοοιο ἄνακτος: VISSER 1987, 260–262).

9 Arne: Boiotischer Ort; zur Kontroverse um die genaue Lage s. 2.507n. — Menesthios: kommt nur hier vor (ebenso die Opfer von Hektor und Glaukos in den Folgeversen; viele ‘Statisten’ der Ilias sind unmittelbar todgeweiht, s. 16.306–357n. mit Lit.). Ein Gefolgsmann des Achilleus trägt denselben Namen (16.173, s.d. auch zur Bed. ‘der mit Standkraft Ausharrende’); ferner existieren andere Formen (Menesthenēs, Menestheus, Menesthes; vgl. KIRK zu 5.608–9), die auch historisch belegt sind (LGPN). — Keulenschwinger: zur Waffe s. 137–150a n. Im fgrE nur hier und 138. 10 Phylomedusa: ‘die für die Gemeinschaft Sorgende’; kommt nur hier vor; Name historisch nicht belegt (v. KAMPTZ 84, 121f., 226). γείνατ’ … βοῶπις: nach dem ‘Gesetz der wachsenden Glieder’ konstruierter Vers mit mehreren Eigennamen, deren letzter durch ein EpithetonP erweitert ist (BEHAGHEL 1909, bes. 139; die vorl. Stelle nennt SCHMITT 1967, 273 Anm. 1575). Das Muster geht wohl auf die idg. Dichtung zurück (vgl. 1.145n. und 24.60n. mit Lit.). — βοῶπις: wohl ‘großäugig’ (1.551n.; 14.159n.); generisches Schönheits-Epitheton verschiedener Göttinnen und menschl. Frauen, meist von Hera (14× Il., 3× h.Ap.), von anderen sonst 3.144 (wohl interpoliert, s.d.), 18.40, Hes. Th. 355, ‘Hes.’ fr. 23(a).5 (ergänzt), fr. 129.20 M.-W., hom.h. 31.2.

11–12 Eïoneus: wohl von einem Ortsnamen abgeleitet (wie viele Namen todgeweihter ‘Statisten’: 16.345n.), vermutlich von Eïones in der Argolis: v. KAMPTZ 40, 124, 290; historisch nur als Esioneus belegt (Diod. Sic. 19.89.2). Die Figur kommt nur hier vor (9n.); sie ist nicht identisch mit dem gleichnamigen Vater 9 Ἄρνῃ: Ortsangabe ohne Prp. (R 19.2). — ναιετάοντα: zur unkontrahierten Form R 6. 10 γείνατ’ Ἀρηΐθοος καὶ Φυλοµέδουσα: als Einheit empfunden, daher mit Prädikat im Sg. — γείνατ(ο): zur augmentlosen Form R 16.1; ebenso zu βάλ(ε) (11, 14), λῦσε (12), πέσε, λύντο (16) u.ö. 11–12 Ἠϊονῆα … αὐχέν(α): Akk. des Ganzen und des Teils (R 19.1); ebenso Ἰφίνοον … ὦµον (14–16). — Ἠϊονῆα: zur Flexion R 11.3, R 3. — ἔγχεϊ ὀξυόεντι: zum Hiat R 5.7; zur unkontrahierten Form R 6.

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des Thrakers Rhesos 10.435. — in den Hals unter den Helmkranz: Verwundungen am Hals (gr. auchḗn) sind i.d.R. tödlich (16.332n. mit Lit.). – Der ‘Helmkranz’ ist wahrscheinlich ein den Helmrand waagerecht umfassendes Metallband (LfgrE s.v. στεφάνη 209f. mit Lit.). Es handelt sich hier wohl um einen Wurf von hinten – in der Ilias bei griechischen Opfern selten (und wie hier nicht immer eindeutig konstatierbar, vgl. die unterschiedlichen Angaben darüber, wer von hinten getroffen wird, im schol. bT zu 15.341 [nur Eïoneus 7.12 und Deïochos 15.341f.], NEAL 2006, 249 Anm. 53 [“exceptions include … Tlepolemus 5.657 and Eioneus 7.12”] und STOEVESANDT 2004, 117 Anm. 388, 394, 403 [Iphinoos in der unmittelbar auf die Tötung des Eïoneus folgenden Szene 7.13–16, Deïochos 15.341, Patroklos 16.806f.]). – Zu den Troern, die auf der Flucht von hinten getroffen werden, s. 16.308n. Ἕκτωρ δ’ Ἠϊονῆα: Die Anordnung Subjekt – δέ – Objekt (auch Obj. – δέ – Subj.) am VA ist ein häufiges Muster zu Beginn einer Einzelkampfschilderung (16.313n. mit Lit.). — ἔγχεϊ ὀξυόεντι: flektierbare Nomen-EpithetonP-Formel, nur 16.309 und Od. 19.33 am VA, sonst immer am VE (Dat.: 6× Il., 1× Od., 1× ‘Hes.’; Akk.: 1× Il.). Metr. Variante zu ἔγχεϊ χαλκείῳ (3.380a n.), wird aber anders als jene Wendung v.a. in Verbindung mit Formen von βάλλειν und bei der Schilderung von Verwundungen gebraucht (TSAGARAKIS 1982, 32f. mit Anm. 6; kritisch dazu BAKKER/FABBRICOTTI [1991] 2005, 9f.). Ὀξυόεις ist ein ep. Wort, Epitheton auch von δόρυ (Il. 14.443; zur weitgehend synonymen Verwendung von ἔγχος und δόρυ 16.139–140n., vgl. 6.31–32n.) und βέλος (Batrachomyomachie 194), wohl als metr. bequeme Variante zu ὀξύς verwendet (s. 16.309n., auch zur Etymologie). — λῦσε δὲ γυῖα: 6n.

13–16 Die Beteiligung des Glaukos (FM 3.10; 6.119n.) am Kampf kommt unvermittelt; das auf Hektor und Paris bezogene Verb im Dual (8: helétēn ‘packten diese zwei’) läßt keinen dritten Kämpfer erwarten (NIENS 1987, 226f.); somit wurden die Verse als spätere Einfügung gedeutet (WEST 2011 z.St., der generell von einer späteren Einfügung der Lykier-Stellen in das Epos ausgeht [ebd. 64f.]). Vielleicht ist Glaukos dem Brüderpaar beigefügt, um die Verbündeten zu repräsentieren (KIRK); oder es wird nun die Gelegenheit genutzt, ihn mutig darzustellen, was in seiner Begegnung mit Diomedes (6.119–236) nicht möglich gewesen ist (schol. bT zu 7.13); vorstellbar ist auch, daß die Typische ZahlP Drei erreicht werden soll (vgl. BLOM 1936, 30; ferner 1.53n., 24.16n.); allerdings werden Typische Zahlen im Text sonst explizit genannt (‘als dritter’ o.ä.), was hier nicht der Fall ist. Wesentlich ist, daß die Hinzufügung der Teilszene zu den Taten der beiden Brüder “das Geschehen aus[breitet] und … dadurch das Bild einer großen Schlacht [vermittelt]” (NIENS a.O.): es sind mindestens drei Tötungsszenen nötig, um die Erfolgsphase der Troer zu exemplifizieren (8–16n.). 13 = 17.140; ≈ 16.593; 1. VH bis Zäsur C 1 = 6.119. Die formelhafte Benennung einer Person in einem ganzen Vers signalisiert Bedeutsamkeit: 1.36n., 24.562n. — Lykier-Männer: Lykien liegt südöstlich von Karien; die Lykier stellen in der Ilias wichtige Bundesgenossen der Troianer dar (s. 2.877n. mit Lit., ferner WEST 2011,

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64f.; HE s.v. Lycians; zu Belegen von histor. Kontakten zwischen Lykien und Griechenland s. 6.154n.). ἀγὸς ἀνδρῶν: ἀγός ‘Anführer’ (urspr. Verbalnomen zu ἄγω [RISCH 10f.]; nachhom. in Komposita wie λοχαγός, στρατηγός) kommt im fgrE v.a. in formelhaften Wendungen vor (LfgrE s.v. 92f.); in der Verbindung ἀγὸς ἀνδρῶν 5× Il. (davon 2.718: v.l.; 13.304: ἀγοὶ ἀνδρῶν), 1× ‘Hes.’.

14–16a Iphinoos: Weder Iphinoos noch sein Vater Dexios kommen an anderer Stelle vor (‘Statisten’, s. 9n.). Iphinoos ist einer von nur drei Griechen in der Ilias, die erfolglos zu fliehen versuchen (daneben Deïochos 15.341f. und Periphetes 15.630– 652: PAGANI 2008, 381); daher trifft ihn Glaukos wahrscheinlich von hinten (11– 12n.; STOEVESANDT 2004, 394). — Dexios: ‘glücklich’, historisch vielfach belegt (LGPN). Ἰφίνοον: Der Name Iphinoos ist schon mykenisch belegt wi-pi-no-o (DMic): ‘der mit Kräften heim rettet’: Hinterglied wohl *nes-, wovon gr. néomai, transitiv ‘heimführen, retten’ (Mühlestein 1965, 157); bei Homer wohl nicht mehr so verstanden, sondern als Kompositum zu νόος gedeutet (‘starksinnig’). Historisch nicht belegt (im Ggs. zu zahlreichen weiteren Komposita mit Iphi- bzw. -noos; beide Wortglieder auch öfter bei Homer): LfgrE; s. ferner v. KAMPTZ 74, 84f., 105, 202.

14 ≈ 17.15; 1. VH bis Zäsur C 1 ≈ 12.189. βάλε δουρί: 12× Il. (8× VE; 3× nach der Zäsur A 4 wie an der vorl. Stelle; 1× nach C 1); eine Ausprägung der flexiblen Formel βάλλω + δουρί (daneben δουρὶ βαλών [6× Il.], δουρὶ βάλε(ν) [2× Il.] u.ä.; HIGBIE 1990, 167f.). Vgl. 16.399n.; 16.806b–807n. — κρατερὴν ὑσµίνην: flektierbare VE-Formel für die ‘kraftvoll, wuchtig geführte Schlacht’ (2.40n.); ebenso V. 18; zur Etymologie und zu weiteren Nuancen 16.306n. mit Lit.

15 Emphatischer Vier-Wort-Vers (1.75n.; 16.125–126n.). — Wagen: Vornehme Krieger benutzen in Flucht- und Verfolgungsphasen einen Streitwagen, s. 2.384n.; 16.20n. s.v. Wagenkämpfer Patroklos; 24.14n., alle mit Lit. ἵππων: Plural und Dual von ἵππος stehen bei Homer öfter in der Bed. ‘Streitwagen’: 6.232n. mit Lit. — ἐπιάλµενον: Der Binnenhiat (sonst nur Od. 24.320) erklärt sich lautgesetzlich durch das ausgefallene intervokalische Sigma – ἅλλοµαι ist identisch mit lat. salio (FRISK) –, das im fgrE bisweilen nachwirkt (vgl. G 41; SCHW. 2.465 Anm. 3); häufiger ist allerdings die Form (κατ)ἐπάλµενος (7× Il. [und 1× µετάλµενος], 2× Od., 1× Hes.), s. 260–261n. Außer durch metrische Gründe (KIRK) mag die Verwendung der selteneren Form durch die ungewöhnliche Situation motiviert sein: das Kompositum wird sonst nur von kämpferisch anspringenden Figuren gebraucht (Od. 14.220, Hes. Th. 855), i.d.R. von Griechen (Il. 7.260, 11.421, 11.489, 12.404, 13.529, 13.531), nur einmal von einem Troer (Oïleus, Il. 11.94); hier aber flieht ein Grieche. Die einzige andere Belegstelle (Od. 24.320) fällt ebenfalls aus der Reihe, wenn auch in anderer Weise (Odysseus stürzt auf seinen trauernden Vater zu und gibt sich zu erkennen). Etwas gesucht erscheint die onomatopoetische Erklärung der Ilias-Stelle mit der Bewegung von unten nach oben: “l’hiatus mettant en relief, dans le bond, l’instant où le guerrier quitte le sol, le point de départ: pour le bond d’ Iphinoos … il n’y aura pas de

14 δουρί: zur Form R 4.2, R 12.5. — κρατερήν: zur Form (-η- nach -ρ-) R 2. 15 ἐπιάλµενον: = Ptz. Aor. von ἐφάλλοµαι (­). — ὠκειάων: zur Flexion R 11.1.

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point d’arrivée” (FORTASSIER 1989, 42). — ἵππων … ὠκειάων: sonst flektierbare VEFormel (3.263n. mit Lit.; allg. zu den Pferde-EpithetaP 2.383n.). Im fgrE ist ἵππος i.d.R. maskulin, einige legendäre Rennpferde sind jedoch als weiblich hervorgehoben (2.763n.; Stellensammlung bei DELEBECQUE 1951, 141. 159). Hier deutet das Adj. ebenfalls auf Rennpferde hin (vgl. 16.393n.); bisweilen wechselt das Genus aber auch ohne erkennbares System; so haben bisweilen dieselben Tiere, etwa Nestors Pferde, teils fem. und teils mask. Adj. (WILLCOCK zu 8.113; HAINSWORTH zu 11.597). Möglicherweise steht ἵπποι im Sinne von ‘Gespann’ gelegentlich im Femininum, weil sich in dem Wort eine Erinnerung an mykenisch i-qi-ja erhalten hat, eine substantivierte Adjektivform (entsprechend im späteren Griechisch ἱππία) mit der Bed. ‘Wagen’ (LEE 1959, 8–17).

16 2. VH = 15.435. — Schulterblatt: Glaukos trifft den Fliehenden mit dem Speer an der Schulter (wohl von hinten, vgl. 11–12n.), eine Verletzung, die in der Ilias immer tödlich ist: besonders drastisch 16.321–325, sonst 11.421, 13.519f., 14.450– 452, 15.341, 16.289–290n. (s.d. mit Lit.), 16.343f.; anders verhält sich dies mit Pfeilwunden an derselben Stelle: 5.98ff., 11.506ff. (KIRK). Zur Thematik der Verwundung in der Ilias s. ausführlich 4.457–544n. (S.203f.). πέσε: πίπτω bezieht sich in der Ilias meist wie hier auf sterbende oder bereits ‘gefallene’ Krieger (16.310–311n. mit Lit.). — λύντο δὲ γυῖα: 6n.

17–53 Apollon und Athene beschließen einvernehmlich, die Schlacht für diesen Tag zu beenden, indem sie Hektor dazu veranlassen, einen Griechen zum Zweikampf zu fordern. Der Seher Helenos vernimmt diesen Beschluß und schlägt seinem Bruder Hektor das Duell vor. 17–21 Daß die Götter dem menschlichen Tun von Berggipfeln aus zusehen (Oroskopia), ist ein verbreiteter Topos der antiken Literatur auch nach Homer, s. dazu DE JONG 2018. — Athene | 2Vv. | … Apollon: Die beiden Gottheiten stehen im Krieg auf gegnerischen Seiten: Apollon hilft den Troern, Athene den Griechen (FG 5 [zu Apollon als Helfer der Troer und insbes. Hektors s. auch 24.18–21n.; TSAGARAKIS 1977, 34–41; WEST 2011 zu 7.81 mit Stellensammlung; ferner NAGY 2012, 66 Anm. 154]; FG 8). 17–18 ≈ 5.711–12 (dort sieht Hera das Wüten der Troer und beschließt ebenfalls, einzugreifen); 17 ≈ Od. 2.382, 2.393, 4.795, 6.112, 18.187, 23.242, 23.344; 1. VH von 18 ≈ Il. 19.135. — diese … sichtete: Das Demonstrativpronomen (zum Gebrauch von ὅ ἥ τὸ als Demonstrativa s. 1.11 und 1.12b n.) in obl. Kasus mit einem Wahrnehmungsverb (meist wie hier enóēse) tritt häufig in Kombination mit der ‘Epiphanie’ eines Gottes oder Helden auf, dessen Name mit EpithetonP oder

16 ὅ: zur demonstr.-anaphor. Funktion von ὅ, ἥ, τό R 17. — λύντο δὲ γυῖα: vgl. 6n. 17 τούς: die Troianer. — ὡς οὖν: = ‘als nun also’ (R 24.9). — θεά: zur Form R 2.2. 18 Ἀργείους: Objekt zu ὀλέκοντας. — ἐνί: = ἐν (R 20.1). — κρατερῇ ὑσµίνῃ: zum hiatüberbrückenden unsilbischen ι M 12.2.

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Patronymikon betont am VE steht (3.21, 30, 5.95, 711, 11.248, 575, 581, 599, 21.49, 418, Od. 15.59, 24.232; vgl. Od. 11.601; BAKKER 1997, 173–178). Typischerweise signalisiert eine solche Wendung, daß das Kampfglück sich wendet, besonders, wenn ein erfolgreicher Held aufgehalten werden soll (WEST 2011 zu 5.95). – Die Götter fungieren in der Ilias oft als ‘Beobachter’ bzw. ‘Zuschauer’ menschlicher Handlungen (61–62n.); durch Beschreibungen des Beobachtens kann auch ein Szenenwechsel vermittelt werden (19.340n. mit Lit.), wie dies hier der Fall ist: Athenes (und Apollons: 21) Blick leitet vom Schlachtfeld zu einer kurzen Götterszene bzw. zu göttlichem Eingreifen über. — die Argeier tötend: Schilderung der allgemeinen Situation, für die drei konkrete Beispiele genannt worden sind (STRASBURGER 1954, 47). — Argeier: zu dieser Bez. für die ‘Griechen’ s. 1.2n. ἐνόησε … ὀλέκοντας: νοέω als verbum sentiendi mit Ptz. konstruiert, s. 2.391n. — θεὰ γλαυκῶπις Ἀθήνη: Zur VE-Formel (19× Il., 32× Od., 4× Hes.) und zum distinktiven EpithetonP (wohl ‘mit hellen/glänzenden Augen’) 1.206n. — ὀλέκοντας: zur Bed. des κPräsens (‘erfolgreicher’ Abschluß der einzelnen Tötungen) 1.10n.

19 ≈ Il. 1.44 (s.d.), 2.167 (s.d.), 4.74, 22.187, 24.121; Od. 1.102, 24.488; meist von Athene bei ihren Eingriffen in die menschliche Handlungsebene (Il. 24.121 von Thetis; 1.44 von Apollon). Sonst folgt der Formelvers einer autorisierenden Rücksprache der handelnden Gottheit mit Zeus oder Hera; hier (und 1.44) nicht. Anders als die Gottheiten an den anderen Stellen (und anders als Hera in der Folge von 5.711f. [≈ 7.17f.]) richtet Athene hier auch nichts aus, da Apollon sie in ihrem Lauf hindert; zumindest greift sie nicht in die Kampfhandlungen ein (mit dieser Absicht rechnet Apollon: 7.24–26). Durch die Formel, die eine tatsächliche Intervention suggeriert, werden Erwartungen konterkariert (KURZ 1966, 105f.) und eine mögliche Handlungs-Alternative angedeutet (vgl. die homerischen ‘Wenn nicht’SituationenP: 104–105n.). — Olympos: der thessalisch/makedonische Olymp ist im homerischen Epos als Wohnsitz der göttlichen ‘Großfamilie’ dargestellt (1.18n.; “just like a royal family that lives together on a citadel” [DE JONG zu Il. 22.187]). Die Vorstellungen von Berggipfel und Götterhimmel werden bisweilen vermischt (NOUSSIA 2002, 489–496; DE JONG a.O.; aber s. PUCCI 2012 mit einer Reihe von Stellen, wo ein Unterschied besteht). Zu den Ouranos-Olympos-Formeln und ihrem möglicherweise unterschiedlichen Alter s. MERRITT SALE 1984. ῥα: Der Formelvers steht an allen anderen Stellen mit δέ statt ῥα (nur hier geht ein Nebensatz voraus).

20a auf Ilios, die heil’ge, zu: Die Götter hatten den Kampfplatz am Ende des 5. Gesanges verlassen. Zur Bezeichnung Troias als ‘Ilios’: 1.71n., als ‘heilige’ 19 ῥα: = ἄρα (R 24.1). — Οὐλύµποιο: Anfangssilbe metrisch gedehnt (R 10.1); zur Flexion R 11.2. — ἀΐξασα: zu ἀΐσσω ‘eilen, stürmen’. 20 Ἴλιον εἰς: = εἰς Ἴλιον (R 20.2). — τῇ: gemeint ist Athene (R 17); ebenso mit τήν (23). — ἀντίος: prädikativ zu ὤρνυτ(ο), ‘entgegen’.

Kommentar

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Ansammlung von Kultstätten und als Hort der Zivilisation: SCULLY 1990, bes. 23– 40. Ἴλιον εἰς ἱερήν: Sonst ist ῎Ιλιος ἱρή flektierbare VE-Formel (Nom./Akk./Gen. 21× Il., 2× Od.), auch mit Präposition: εἰς Ἴλιον ἱρήν (3× Il., 2× Od.; mit προτί statt εἰς 5× Il.); nur hier in dieser Wortstellung, am VA (aber am Satz-Ende) und mit gedehntem ἱερήν (zur Wortbildung s. WEST [1988] 2011, 157f., 163.). – Eἰς steht hier wie 11.196 in der Bedeutung ‘auf … zu’ (Athene geht nicht in die Stadt selbst hinein); oder Ἴλιος bezeichnet die Landschaft um Troia (FOR 24). – Zu ἱ(ε)ρός als generischem EpithetonP von Städten, bes. Troia, 1.38n.; WEST zu Od. 1.2. 20b–21 ≈ 4.507f. — δέ: hat hier erklärende Funktion; offenbar fürchtet Apollon ein Eingreifen der Athene zugunsten der Griechen (AH; vgl. RACE 2000, bes. 215–219 [vorl. Stelle nicht besprochen]).

21 ≈ 4.508, auch dort von Apollon; VE nach der Zäsur C 2 = Il. 13.347, 16.121 (s.d.), 23.682; ≈ 8.204; vgl. 17.331f. — Pergamos: Akropolis von Troia mit dem religiösen Zentrum und den Wohnungen der Königsfamilie, hier im Zusammenhang mit Apollon und seinem Tempel genannt (6.512n., vgl. unten 81–83n.). Apollon hatte im 5. Gesang Aineias in seinen Tempel entrafft und sich selbst dort niedergelassen (5.445–460). Sonst beobachten die Götter das menschliche Tun häufig von Bergspitzen aus (1.499n., 14.156n.); zur Vogelperspektive s. auch 59–60n. — den Troern: Apollons Parteinahme für die Troer wird klar ausgesprochen (vgl. 1–312n. [Absatz D], 16.725n.; daneben fungiert er hier auch als “Wegbereiter” des Zeus, der den Göttern zu Beginn des 8. Gesangs das aktive Eingreifen verbieten wird, und wird später als Verteidiger der Troer zum “Sachwalter der Interessen des Zeus”, der die Troer ja temporär stärken will: BERGOLD 1977, 185f. mit Anm. 1). – Die Vorstellung, daß der Sieg in der Verfügungsgewalt der Götter liegt, die ihn ‘geben’, ‘wollen’, ‘nehmen’ etc., ist im homerischen Epos verbreitet (16.844n.; 16.121n.; s. LfgrE s.v. νίκη 404.48ff.); im vorl. Gesang noch in 26f., 203, 292 = 378 = 397; ähnl. verhält es sich mit Begriffen wie ‘Ruhm’, ‘Kraft’ etc., im vorl. Gesang in 81 (s.d.), 205, 288f. Zur Unterscheidung zwischen dauerhaften und temporären göttlichen Geschenken (Eigenschaften bzw. Siege u.ä.) s. VAN DER MIJE 1987. 22 bei der Eiche: Apollon geht Athene entgegen, um sie daran zu hindern, die Griechen zu unterstützen (KIRK). Die ‘gar schöne’ (5.693), ‘hohe’ (7.60) Eiche dient 9.354, 11.170 und 21.549 als veranschaulichender (2.793n.) topographischer Fixpunkt in der troischen Ebene beim Skäischen Tor, das zur Skamander-Ebene und zum Schlachtfeld führt (3.145n.; zu einer weiteren möglichen Erwähnung der Eiche 6.237n.); die vorl. Stelle ist für die Lage des Tores aufschlußreich, da sich Apollon und Athene auf der Schnittstelle ihrer Wege von Troias Akropolis bzw. 21 Περγάµου ἐκκατιδών: zur sog. Hiatkürzung R 5.5. 22 ἀλλήλοισι: zur Flexion R 11.2. — τὼ … συναντέσθην: zu συνάντοµαι ‘begegnen’; zu den Dualen R 18.1.

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vom westlich der Stadt gelegenen Olymp begegnen (LUCE 1998, 113f.). Darüber hinaus ist die Eiche als Punkt, der nahe bei der Stadt liegt, Symbol der Sicherheit für die troian. Seite (THORNTON 1984, 150–152; TRACHSEL 2007, 90–93; vgl. 99f.). Die Eiche ist dem Zeus heilig (5.693, 7.60; vgl. die Eiche in Dodona: Od. 14.328 = 19.297; ‘Hes.’ fr. 240.8 und 319 M.-W.); folgerichtig wird der verletzte Zeussohn Sarpedon darunter niedergelegt (Il. 5.692f.). Im Kontext der vorl. Stelle (23f.) und kurz darauf (37, 60) wird die temporäre Einigkeit der gegnerischen Gottheiten betont, indem beider Abstammung von Zeus hervorgehoben wird (FRIEDRICH 2007, 96); Zeus’ Eiche erscheint also als idealer Ort für eine vorübergehende Versöhnung (schol. T zu 60). Zu weiteren mit dem Eichbaum verbundenen Assoziationen s. TSAGALIS 2012, 79–83. 23 1. VH. 10× Il., 1× ‘Hes.’ (zu den Varianten 6.122n.; vgl. auch 7.33n.). — προσέειπε: προσέ(ϝ)ειπε(ν) ist augmentierter reduplizierter thematischer Aor.; s. 14.64n. mit Lit. zur Wortbildung. — ἄναξ Διὸς υἱὸς Ἀπόλλων: VE-Formel (4× Il., darunter 7.37; 1× Od., 1× ‘Hes.’, 4× hom.h.); markiert hier die Einleitung einer Rede, die Handlung generiert (BAKKER 1997, 165–169: “staged founding speech” [168]).

24–32 Der Gott muß die Heranstürmende sehr rasch bremsen; zu Beginn wirkt es unbesonnen impulsiv, wie scharf er sie zur Rede stellt und wegen ihrer Mitleidslosigkeit tadelt (24–27; vgl. zu Apollons Emotionalität beim Verteidigen von Sterblichen gegenüber Göttern auch 24.33–54 [s.d.], wo er Hera mit seiner Parteinahme für Hektor [1–312n.] erzürnt). In der zweiten Hälfte der Rede (30–32) scheint er gleichsam ‘zu Atem zu kommen’; er besinnt sich eines Besseren und schlägt diplomatischere Töne an (s.u. zu den einzelnen Lemmata). – Durch die Betonung des ‘Wir’ in V. 29 erweckt Apollon den Eindruck, als wolle er mit Athene kooperieren und die göttlichen Interventionen grundsätzlich beenden; selbst wird er aber wenig später wieder intervenieren (7.272). In ähnlicher Weise führt Athene den pro-troianischen Gott Ares aus der Schlacht fort (5.29–34), mischt sich dann jedoch später (5.121) selbst wieder ein (WIESSNER 1940, 39). 24–25 1. VH von 25 ≈ 1.394, 7.35, 24.104; 2.VH von 25 = 21.395. — wieder einmal: Athene hatte am gleichen Tag bereits massiv ins Kampfgeschehen eingegriffen (5.1–8. 114–132. 250f. 676. 792–859); Apollons Reaktion kann als rhetorisch und enerviert gedeutet werden (KIRK: wie Sappho 1.18); die ähnlich formulierte, deutlich friedlichere Frage von Zeus an Hera, die zu ihm auf den Berg Ida eilt: Il. 14.298 steht ohne ‘wieder’ (gr. aú: “conveying emotional excitement, whether for good or for ill”: BONIFAZI 2012, 245 mit Anm. 178). Vgl. auch die Frage des gereizten Achilleus an Athene 1.202 (s.d.), ferner 1.540n. Zu Fragen nach dem Ziel 23 πρότερος: ‘als erster’. — προσέειπεν: = προσεῖπεν (­). 24 τίπτε: = τί ποτε, ‘warum denn?’. — δὴ α ͜ ὖ: ‘wieder einmal’; zur Synizese R 7. — µεµαυῖα: Ptz. zum Perf. µέµονα, hier ‘begierig, eifrig sein’; vgl. 3n. 25 Οὐλύµποιο: 19n. — ἀνῆκεν: hier ‘hat angetrieben’.

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eines Dranges (mémona) 14.298n.; zur Streitrhetorik in der Ilias 1.106–108n. —ein starker Wille: megas … thumós ist nicht schmeichelhaft; Ares fährt Athene 21.395 mit derselben – dort in eine Reihe von Beschimpfungen eingebetteten – Wendung an (seine Rede wird 393 ausdrücklich als ‘schmähend’ bezeichnet). thumós ist auch ‘Temperament, Leidenschaftlichkeit’: 2.196n. mit Lit.; vgl. außerdem die Etymologie, die eine Nähe zu ‘Rauch’ (sanskr. dhumá, lat. fumus) oder ‘rasen, eilen’ (gr. thýō) suggeriert (BEEKES, DELG). ἦλθες: wie ἤλυθες am Rede-Anfang oft Ausdruck der Freude über js. Erscheinen (24.104n.) – oder auch das ironische Gegenteil: 3.428n. (Helena zu Paris). Auch hier eher spöttische Frage und Feststellung: ‘du bist gekommen!?’ (Aor. mit Perf.-Funktion: LfgrE s.v. ἐλθεῖν 536.77). — θυµὸς ἀνῆκεν: VE-Formel, noch 6.256, 7.152 (s.d.), 10.389, 12.307, 21.395, 22.252, ‘Hes.’ fr. 200.7; mit ἀνείη 22.346; mit ἀνήσει 2.276. Der θυµός ist oft handelndes Subjekt bei Verben des Antreibens, des Begehrens u.ä. (2.276n. mit Lit.), so auch unten 68, 74, 320; zu den Facetten des Begriffs in der Passage 7.67–218 (Kampfdrang, Angst vor Niederlage, Hoffnung auf Sieg) s. CHEYNS 1981.

26–27 2. VH von 26 = 8.171; 16.362 (s.d.); VE von 26 nach der Zäsur C 1 außerdem = 17.627, Od. 22.236. — den Danaern: ‘Danaer’ ist neben ‘Achaier’ und ‘Argeier’ eine der hom. Bezeichnungen für die Griechen (1.2n.). — den umschwungbringenden, den Schlachtsieg: s. 16.362n. zu weiteren Formulierungen, die ein dynamisches Gleichgewicht zwischen Überlegenheit und Unterlegenheit in der Schlacht suggerieren. — schenken: 21n. — kein bißchen Mitleid: Apollon erinnert an Athene an die im 6. Gesang geschilderten Ereignisse: Helenos und dann Hektor schlagen den troianischen Frauen vor, der Athene zu opfern, ‘wenn sie sich erbarme’ (6.94f., 275f.) – vergeblich (6.309–311). ἦ ἵνα δή: Apollon beantwortet seine rhetorische Frage mit einer weiteren Frage selbst ‘doch sicher?’; s. 1.203n. mit Parallelen und Lit.). Ἦ ἵνα steht nur hier mit emphatischem δή (DENNISTON 233: “indignant”); die Junktur steht jedoch auch ohne δή immer in mehr oder weniger sarkastischen rhetorischen Fragen, die vermeintlichen Absichten des Gegenübers betreffend; hier drückt sie Apollons Mißbilligung aus (SCODEL 2012, 321–323). — ἑτεραλκέα νίκην: Nomen-EpithetonP-Formel (Iterata s.o.) mit der Bed. (durch ἀλκή) ‘(auf die andere Seite) umschlagbringender Sieg’: schol. A u. b zu 7.26; AH mit Anh., LEAF, WILLCOCK, i.S.v. ‘bisher siegten die Troer, nun sollen die Griechen siegen’. Weniger wahrscheinlich: ‘Sieg, der durch die Hilfe von anderen – bes. durch göttliche Hilfe – zustandekommt’ (CASABONA 1967; JANKO zu 16.358–363; KELLY 2007, 200), da ἕτερος als ‘einer von beiden’ eher die beiden Kriegsparteien bezeichnet als die begünstigte Partei und den helfenden Gott; zu blaß wohl: ‘Sieg, bei dem eine von zwei Parteien mit (durchschlagender) Kampfkraft versehen ist’ (LfgrE), da bei allen hom. Belegstellen ein Umschlagen des Kampferfolges gemeint ist, auch bei der einzigen nicht auf νίκη bezogenen Verwendung des Epi-

26 ἦ ἵνα: zum Hiat R 5.6. — ἑτεραλκέα: zur unkontrahierten Form R 6. 27 ἐπεὶ οὔ: zur sog. Hiatkürzung R 5.5. — οὔ τι: ‘gar nicht’, wörtl. ‘nicht in irgendeiner Hinsicht’; τι ist Akk. der Beziehung wie im folgenden Vers (R 19.1).

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thetons (15.738 zu δῆµος: ‘Volk, das den Sieg wenden kann’). Vgl. auch ἑτεροζήλως (‘für die eine Seite bemüht’ = ‘unfair, parteiisch’) in Hes. Th. 544. — δῷς: 2. Sg. im fgrE nur hier (gegenüber 21× 3. Sg. δώῃ); die gewichtige einsilbige Form führt zu einem integralen EnjambementP “of some violence”, wohl nicht in erster Linie zur Betonung von Athenes Mitleidlosigkeit den Troern gegenüber (so KIRK; diese wird ohnehin durch die folgende Voranstellung von οὔ τι unterstrichen: AH; ); hier wird vielmehr das Ende der emphatischen Frage mit einem zusätzlichen Akzent versehen; durch die ungewohnte Zäsur A 1 entsteht nach dem runover word eine ‘Atempause’ wie in (rhetorischem) Entsetzen.

28 = Od. 20.381; 1. VH ≈ 4.93, 7.48, 14.190 (s.d.), 2. VH ≈ 3.41, 5.201, 17.417, 22.103, 22.108, Od. 9.228, 11.358, 20.316. — Mit der höflichen, suggestiven Formel der 1. VH (14.190n.) will der Sprecher Zustimmung für eine Handlung erreichen, ohne deren Gesamtzusammenhang oder wahre Motivation ehrlich offenzulegen (KELLY 2007, 377); dies ist bezeichnend für die angespannte Begegnung der gegnerischen Gottheiten. Helenos wird die Formel Hektor gegenüber wiederholen (48), der Überredungstrick des Göttergesprächs geht auf die zwischenmenschliche Kommunikation über. τό: Es läßt sich nicht eindeutig entscheiden, ob τό auf den εἰ-Satz zurück- oder auf das Folgende vorausweist; im ersten Fall wäre die Protasis als Wunschsatz zu verstehen: “möchtest du mir doch folgen, das dürfte viel nützlicher sein”: LANGE 1872, 358; vgl. ebd. 355–360; WACE/STUBBINGS 1962, 156; RUIJGH [1992] 1996, 681, der κεν als konsekutive Partikel versteht [“alors”]); im zweiten Fall wäre sie kondizional-potential aufzufassen: “wenn du aber mir Gehör schenken möchtest, dürfte folgender Vorschlag viel nützlicher sein”: TABACHOVITZ 1951, 88; vgl. 78–90). Wahrscheinlich liegt eine hist. gewachsene Mischform vor (SCHW. 2.323f.). Zum kupitiv-potentialen Optativ s. auch unten 48n. und 14.190n. — κέρδιον: von κέρδος ‘Vorteil, Gewinn’ abgeleiteter Komparativ neutr., ‘vorteilhafter, besser, wünschenswerter’; fast nur als Prädikatsnomen mit εἶναι gebraucht (in VE-Formeln), meistens in direkter RedeP (3.41n.).

29–32 Die Häufung von Enjambements erweckt den Eindruck hastigen Sprechens, als wolle Apollon von der schroffen Zurechtweisung zu Beginn seiner Rede ablenken (24–32n.). Auch seine zunächst allgemein formulierte Aufforderung, den Kampf zu beenden (29), wirkt spontan, da er sie nachträglich präzisiert (30–31a): es geht ihm nur um den heutigen Tag (anderes von Athene zu verlangen wäre aussichtslos: KIRK). 29–31a 29f. ≈ 7.290f., vgl. 7.376f., 395f. – 30b–31a = 9.48b–49a, vgl. 9.418b–419a, 9.685b–686a. — Jetzt … | für heute; später aber: = 290f. (290–292n.), 8.142, 20.127 (ohne ‘jetzt’); zu ähnl. Formulierungen 24.619n. Starke Betonung des zeitlichen Kontrasts durch progressives EnjambementP und chiastische Stellung 28 κεν: = ἄν (R 24.5). 30 σήµερον: ‘heute’. — εἰς ὅ: ‘bis daß’. — τέκµωρ: ‘Ende, Ziel’, hier: ‘Einnahme, Zerstörung’ (­). 31 εὕρωσιν, ἐπεί: zur Prosodie M 4.6. — ὥς: = οὕτως.

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‘heute; später’ (CLARK 1997, 90–92). Wie 7.290f. (Hektor nach dem Zweikampf mit Aias) ist es auch hier der später Unterliegende, der durch das Zugeständnis einer späteren Fortsetzung den Angehörigen der siegreichen Partei zur Kampfpause zu überreden sucht; mit ähnlichen Worten läßt auch Priamos den Griechen einen Waffenstillstand vorschlagen (7.376f. = 395f.: 44–45n.; s. CLARK a.O. und 156– 158 mit einem detaillierten Vergleich der Stellen). Vgl. KELLY 2007, 169, zum persuasiven Charakter der Formel. — beenden Kampf und Feindschaft: 29–31a verdeutlichen, daß Apollon für heute ein Ende aller kriegsentscheidenden Auseinandersetzungen (die letztlich, wie er weiß, zu Troias Ende führen werden) erreichen will. Wenn er dann in 38ff. einen Zweikampf vorschlägt, muß er damit ein weniger folgenreiches Kräftemessen meinen, da Hektors oder Aias’ Tod kriegsentscheidend wären (1–312n. [Absatz IV]). — den Endpunkt | für Ilios: ProlepsenP von Troias Fall (auch V.32) sind leitmotivisch über die Ilias verstreut: 6.447–449n. An dieser Stelle spricht ein allwissender Gott; anders an den Iteratstellen 290f., 376f. und 395f., wo Troer sprechen und sich selbst eine 50%Chance geben, den Krieg zu gewinnen (‘bis der Daimon uns trennt und einer von beiden Seiten den Sieg gibt’: DE JONG [1987] 2004, 153). πόλεµον καὶ δηϊοτῆτα: flektierbare VE-Formel (Gen./Dat./Akk., 6× Il.); im kriegerischen Bereich sind solche synonym. Doppelungen häufig (2–3n.). Der Archaismus δηϊοτής bed. ‘Feindseligkeiten, Kampf’ (3.20n. mit Lit.; 2.415n. zur Etymologie und Bed.-Entwicklung) und ist also nahezu synonym mit πόλεµος (im fgrE meist ‘Kampf/Kämpfen’, seltener ‘Krieg’: LfgrE s.v. 1335.41ff.; 2.453n. mit Lit.). — µαχήσοντ(αι): sc. die Griechen und Troer. Konzessiver Ind. Fut., ‘später mögen sie meinetwegen wieder kämpfen’: AH; HENTZE 1868, 519–521; vgl. 6.71n.; 24.717n.; SCHW. 2.291; CHANTR. 2.202. — τέκµωρ: schicksalshaft vorbestimmter ‘Endpunkt’ (LEAF; vgl. LfgrE s.v. τεκµαίροµαι; nicht ‘Ziel der Griechen’ [AH mit Anh., WILLCOCK], eher noch mit den 31f. benannten Bestrebungen von Hera und Athene in Zusammenhang zu bringen); de facto Umschreibung für πέρσις oder ἅλωσις (LfgrE s.v. τέκµωρ mit Lit.); anders 1.526 (s.d.: ‘Zeichen [des Vorbestimmten, Festgesetzten]’). — εὕρωσιν: ‘erreichen’, wie 16.472 (AH).

31b–32 VE 31 nach der Zäsur C 1 = 10.531, 11.520, 14.337, 23.548, Od. 8.571, 13.145, 14.397, 18.113, h.Ap. 527; nach der Zäsur C 2 = Il. 14.158, Od. 20.304. — lieb … im Herzen: bezeichnet hier wohl nicht nur den Beschluß (FRÄNKEL 1951 [1962], 91f.), sondern auch die Schadenfreude der beiden Göttinnen (FRONTISIDUCROUX 1986, 70–72) angesichts von Troias bevorstehendem Fall. Gr. phílon ‘lieb’ steht als Ausdruck göttlicher Neigung oder sogar Willkür u.a. auch 14.69 (s.d.), sonst (auf eine Tätigkeit oder einen Gegenstand bezogen) ist es oft Umschreibung für Charaktereigenschaften, i.S.v. ‘etwas ist jm. lieb = eigen’: LANDFESTER 1966, 99–107; s. 16.556n. mit weiterer Lit. — euch Unsterblichen:

32 ἀθανάτῃσι: zur Flexion R 11.1. — διαπραθέειν: Inf. Aor. (­) zu διαπέρθω (zur Form R 16.4, R 8). — τόδε (ϝ)ἄστυ: zur Prosodie R 4.3.

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Femininum. Neben Athene kämpft auch Hera auf griechischer Seite (FG 8); das Genus wurde bisweilen dennoch als irritierend empfunden, da neben Hera und Athene auch männliche Gottheiten die Zerstörung Troias wollen (zur Diskussion WEST 2011 z.St.); aufgrund ihrer Niederlage beim Paris-Urteil sind Hera und Athene aber emotional besonders stark engagiert (2.155–181n.; s. die Stellensammlung zu den Gemeinschaftsaktionen von Hera und Athene 1.195n). Möglicherweise bezeichnet Apollon den Fall Troias hier verächtlich als ‘Weiberintrige’ (vgl. VAN DER VALK 1949, 129f.; ELMER 2013, 265 Anm. 14). ἔπλετο: Der Aor. von πέλοµαι steht öfter mit Gegenwartsbezug: ‘hat sich erwiesen als’ > ‘ist’ (6.433–434n. mit Lit.). — θυµῷ: vgl. 2–3n. — ἀθανάτῃσι: Zu den antiken Varianten ἀθανάτοισιν und ἀµφοτέρῃσιν VAN DER VALK 1964, 75; RENGAKOS 1993, 69; 2002, 154. — διαπραθέειν: schwundstufiger thematischer Aor. ( κρεµῶ > κρεµόω): SCHW. 1.784; CHANTR. 1.448f.; zur Zerdehnung G 48. Ebenso: δαµόωσιν 6.368n. — Ἀπόλλωνος ἑκάτοιο: VE-

81 τόν: zur demonstr.-anaphor. Funktion von ὅ, ἥ, τό R 17. — δώῃ: Konj. Aor. zu δίδωµι; wie ἕλω abhängig von εἰ … κ(ε). 82 προτὶ (ϝ)ίλιον: Zum Hiat R 5.4. — προτί: = πρός (R 20.1). — ἱρήν: = ἱεράν. 83 κρεµόω: Fut. zu κρεµάννυµι ‘aufhängen’ (↑). — ποτί: = πρός (R 20.1). — νηόν: = ναόν (att. νεών). — Ἀπόλλωνος (ϝ)εκάτοιο: zur Prosodie R 4.5.

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Formel: 20.295, h.Ap. 1, h.Vest. 1 (hom.h. 26). Ἕκατος ist eine Kurzform zu ἑκατηβόλος (AH, DELG). Zu Apollon als Bogenschützen s. 57–59a n. 84 νῆας ἐϋσσέλµους: flektierbare FormelP an verschiedenen Vers-Positionen (s.u. 419n.); wie hier vom 3. Metron an im Gen./Akk. Sg. oder Dat. Pl. insgesamt 7× Il., 3× Od. Das EpithetonP bed. ‘mit guten Ruderbänken’ oder ‘mit gutem Deck’ (2.170n.). Allg. zu den SchiffsEpitheta: 1.12b n. s.v. ‘schnellen’; vgl. auch oben 71–72n., 78n. und unten 88n., 229n.

85 die Langhaar tragenden Achaier: langes Haar ist in der frühgriechischen Adelswelt üblich; zum Gebrauch der flektierbaren VE-Formel s. 2.11n.; zur Bez. ‘Achaier’ s. 1.2n. ταρχύσωσι: ‘feierlich beisetzen’, in der Ilias noch in 16.456 = 674 (von Sarpedon). Zur Etymologie (wohl von idg. *terh2 ‘überwinden, überqueren’) s. 16.456–457n. mit Lit.; die Verbindung mit ταριχεύειν ‘einbalsamieren’ (AH, LEAF, WILLCOCK u.a.) ist verfehlt: LfgrE u. DELG s.v.; KIRK mit Lit.

86 1. VH bis Zäsur A 4 = Od. 1.291, 2.222, 2. VH = Od. 24.82, vgl. Il. 17.432. — einen Grabmalhügel: Hektor garantiert seinem Gegner ein Weiterleben in der Erinnerung der Nachwelt, wie Achilleus dem von ihm getöteten Vater der Andromache, Eëtion (6.419a); dies hebt sich stark ab von den wiederholten Drohungen hom. Helden, die Leichen ihrer Gegner Hunden und Aasvögeln vorzuwerfen (76– 91n.); freilich hat Hektor v.a. seinen eigenen Nachruhm im Sinn (90). Das Grabmal ist Zeichen für den Ruhm eines Helden: s. NTHS 50–53; PATZEK 1992, 162–185; 6.419a n. mit Lit. (auch zum Fehlen expliziter homerischer Referenzen auf das Phänomen des Heroenkults [zur weiter andauernden Kontroverse s. CURRIE 2005, 47–84; NAGY 2012]); außerdem BAKKER [1997] 2005, 109f.; HÖLKESKAMP 2002, 332f. Generell zu den Bereichen Nachwelt, Ruhm und Selbst-Referentialität an den einschlägigen Stellen in der Ilias s. NTHS 62; 2.119n.; 2.325n.; 3.287n.; 6.356– 358n.; 16.31n. (alle mit Lit.); BAKKER 1997, 165f.; SCODEL 2002, 69f.; COLLOBERT 2011, 138–154; vgl. auch GARCIA 2013, 131–157 zum wiederholten Infragestellen der Unvergänglichkeit solcher Denkmäler (z.B. 23.331f.: Nestor vermutet, das von Achilleus als Ziel des Wagenrennens gesetzte Mal könne ein Grab gewesen sein; es ist aber nicht mehr als solches zu erkennen; Hektor scheint an der vorl. Stelle davon auszugehen, daß sich an den Namen des Besiegten keiner mehr erinnern werde: 89– 90n.). – Die Anschaulichkeit der Beschreibung erklärt sich durch die tatsächliche Topographie der Troas, die vom Meer aus sichtbare Hügel und Tumuli aufweist, erstere natürlich schon im 8. Jh. vorhanden, letztere aus späterer Zeit, aber wohl

84 τόν: kann Artikel oder Dem.-Pron. sein (R 17); im letzten Fall wäre νέκυν prädikativisch aufzufassen. 85 ὄφρα (ϝ)ε: zur Prosodie R 4.3; ebenso τέ (ϝ)οι im Folgevers. — ἑ: = αὐτόν (R 14.1). — ταρχύσωσι: Konj. Aor. zu ταρχύω ‘bestatten’. — κάρη: = τὸ κάρα (R 2), ‘Kopf’; Akk. der Beziehung (R 19.1). — κοµόωντες: zur ep. Zerdehnung R 8. 86 οἱ: = αὐτῷ (R 14.1). — χεύωσιν: Konj. Aor. zu χέω ‘aufschütten’.

Kommentar

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z.T. mit Vorgängerbauten (HÖLSCHER [1988] 1990, 159f.; LUCE 1998, 109; BURGESS 2006, 14f.; 2009, 112–126). Auch in der Ilias werden weitere Grabhügel in der Troas erwähnt: in 4.177 das von Agamemnon imaginierte Grab des Menelaos (wie hier mit Tis-RedeP: 176–182; dort ist das Grab freilich verspottetes Schandstatt Ehrenmal; zu den Parallelen zur vorl. Stelle SCHNEIDER 1996, 108f.) und in 23.245–258 der von Achilleus geplante Tumulus für Patroklos. χεύωσιν: 63n.

87–91 Eine von acht Tis-RedenP der Ilias, die durch eine FigurP imaginiert werden, davon fünf durch Hektor (hier und 6.459–463 [s.d.], 6.479, 7.300–302 [s.d.], 22.106–108 [vgl. Hektors Imagination einer Rede des Achilleus 16.837–842, s.d.]), sonst je eine durch Agamemnon, Sarpedon u. Menelaos (4.176–182, 12.317–321, 23.575–578): DE JONG 1987, 76–80; SCHNEIDER 1995 [zu Hektors Tis-Reden 57– 65, 104–110, 113–115]; MACKIE 1996, 98f.; KELLY 2007, 183f., mit weiterer Lit.; auch im Gilgamesch-Epos findet sich ein Beleg für die Vorstellung eines Helden, daß die Nachwelt dereinst über ihn sprechen werde (OBV Yale fr. iv 13–15, s. dazu WEST 1997, 369). – Die Perspektive der Künftigen kann auf FigurenP-Ebene die vom Sprecher verfolgte Vorgehensweise legitimieren (KIRK zu 7.300–302; 6.459– 462n.); v.a. aber dienen die imaginierten Tis-Reden der Charakterisierung des Sprechers (DE JONG a.O. 83; KIRK a.O. zu der für Hektor typischen Beschäftigung mit seinem Nachruhm: “a special susceptibility to public opinion … reflecting his keen sense of duty but also akin to his special concern over the treatment of his body after death”; ähnlich BOUVIER 2002, 60f.). Wie an der vorl. Stelle ist die TisRede auch 6.459–463, wo Hektor Andromaches künftiges Leid betrauert, ringkompositorischP aufgebaut, wobei 1. VH von 6.459 = 7.87 und 1. VH von 6.462 = 7.91 (beide Vershälften noch in je einer anderen Tis-Rede: 1. VH von 87 ≈ 6.479; 1. VH von 91 = 4.182, an der letzten Stelle ebenfalls in Verbindung mit einem Grabhügel: dem des Menelaos, der in Agamemnons Vorstellung allerdings Zeugnis von seinem eigenen Versagen ablegen wird). 87 1. VH ≈ 6.459, 2. VH = 3.353. — Und einst soll … einer sagen: typ. Einleitungsformel einer Tis-RedeP, vgl. im vorl. Gesang noch 178, 201, 300 (dazu SCHNEIDER 1996, 21–31). — einst: Das Zeitadverb (gr. pote) wird in den Folgeversen noch zweimal wiederholt (90, 91); dadurch wird eine Atmosphäre großer zeitlicher Distanz geschaffen (SCHNEIDER 1996, 109; GRETHLEIN 2006, 230). καί ποτέ τις εἴπησι: Der Konjunktiv (zur Form auf -ησι ohne ι subscr. WEST 1998, ΧΧΧΙ) ist wohl nicht mehr abhängig von ὄφρα (85), drückt aber doch dieselbe noch unsichere Erwartungshaltung aus, während derselbe Gedanke 91 im Futur aufgegriffen wird (vgl. AH: ebenso 6.459/462, Od. 6.275/285); zur pragmatischen Nähe von Konj. und Ind. Fut. 6.459n.

87 καὶ … καί: ‘und … auch (noch)’. — τις (ϝ)είπησι: zur Prosodie R 4.5. — εἴπησι: 3. Sg. Konj. (R 16.3).

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mit Lit.; trotz dieser Nähe mag durch die größere Gewißheit des Futurs der Eindruck erweckt werden, daß sich der Sprecher während des Redens in diese Vorstellung hineinsteigert.

88 1. VH bis B 1 = 8.239, Od. 23.324; ≈ Od. 21.19 (Dat. Pl.), Hes. Op. 817 (Akk. Sg.); 2. VH ab B 1 = Od. 4.474, 1.183 (dort 1. VH), ab C 1 = Il. 1.350, 2.613, 5.771, 23.143, Od. 2.421, 3.286, ‘Hes.’ fr. 43(a).56 M.-W., h.Bacch. 7.7. — weinfarbene Meer: Das EpithetonP óinops ‘weinfarben’ (eigtl.: ‘weingesichtig’) wird von den antiken Erklärern i.d.R. als ‘schwarz’ oder ‘rot’ erklärt (2.613n. mit Lit.). Die insgesamt 12 Epitheta von póntos sind prosodisch nicht austauschbar (zur einzigen Ausnahme s. 1.350n.): die Wahl wird also nicht primär nach semantischen Gesichtspunkten getroffen. νηῒ πολυκλήϊδι: flektierbare VA-Formel (s. Iterata); Variante nach der Zäsur A 4 im Dat. Pl.: 2.175, 13.742, 23.248, nach A 4 mit Präp. im Dat. Sg.: Od. 8.161, 20.382, ‘Hes.’ fr. 204.59 M.-W., im Dat. Pl.: Il. 2.74, 15.63. Πολυκλήϊς bed. ‘mit vielen Dollen’ (d.h. Pflöcken an der Schiffs-Seitenwand zur Befestigung des Ruders: 2.74n. mit Lit.). Allg. zu den SchiffsEpitheta: 1.12b n. s.v. ‘schnellen’; vgl. auch oben 71–72n., 78n., 84n. und unten 229n. — οἴνοπα πόντον: flektierbare Formel, außer Od. 1.183 am VE (siehe Iterata); Varianten: ἐνί + Dat. (23.316, Od. 5.132, 5.221, 7.250, 12.388, 19.172, 19.274, Hes. Op. 622), εἰς + Akk. (Od. 5.349, Hes. Op. 817), ἐπί + Dat. (h.Ap. 391) und präpositionslos im Akk. (Od. 6.170). — Die Kombination beider Formeln “with its plangent repetitions of π, ν and κλ” (KIRK) kommt im fgrE nur noch abgewandelt in Hes. Op. 817 vor (vgl. auch ‘Hes.’ fr. 204.59f.).

89–90 89 ≈ 23.331. — Möglicherweise besteht hier ein ironischer Bezug zu einer späteren Episode des Troia-Mythos: Das Grabmal, das die Nachwelt vom Meer aus bewundern wird, ist das von Hektors Bezwinger Achilleus, nicht das des Zweitbesten der Achaier, den Hektor an dieser Stelle zu besiegen hofft (76–91n.). – Schon in der Antike werden die beiden Verse stilistisch in die Nähe eines Grab-Epigramms gerückt: schol. bT zu 86 und 89; Ps.-Plut. De Homero Β 215 Kindstrand (dort wird Homer unter Heranziehung der vorl. Stelle und der Parallele 6.460f. [87–91n.] als Erfinder der Gattung Epigramm bezeichnet), s. dazu LAUSBERG 1982, 35; HILLGRUBER 1999, 434f. (mit weiteren Stellenangaben). Die moderne Forschung bestätigt die Nähe der Vv. zur Gattung des Grabepigramms im Vergleich mit inschriftlich belegten ‘echten’ Epigrammen, bes. mit der sog. Arniadas-Inschrift aus Korkyra (630–600 v. Chr.; GVI 1.73 = IG 9.1.868 = CEG 145): diese ist rein hexametrisch (3 Verse), sie beginnt mit der Formel ‘dies ist das Grabmal des’ und enthält ebenfalls das Motiv des Kriegers, der fällt, während er sich auszeichnet (aristeúonta); der Verstorbene steht auch dort im Akkusativ, der Bezwinger (Ares) im Nominativ; s. dazu LUMPP 1963; RAUBITSCHEK 1968; GENTILI/GIANNINI 1977, 88 ἐπὶ (ϝ)οίνοπα: zur Prosodie R 4.3. 89 µέν: ≈ µήν (R 24.6). — κατατεθνηῶτος: = -τεθνεῶτος (R 3). 90 κατέκτανε: zu κατακτείνω neben dem schwachen Aor. κατέκτεινα bei Homer auch der starke Aor. κατέκτανον.

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23f.; HÄUSLE 1980, 74f.; LAUSBERG 1982, 102 m. Anm. 4; MARTIN 1989, 137; KIRK; NAGY 1990a, 18f. Anm. 7; BAKKER (1997) 2005, 110, mit weiterer Lit.; ferner ELMER 2005. Im Unterschied zu einem echten Epitaph fehlen an der vorl. Stelle auf formaler Ebene Informationen wie Name, Patronymikon und Verdienste (SCHNEIDER 1996, 106); weitere offensichtliche Unterschiede bestehen auf Adressaten- und Sprecherebene, mit der Konsequenz, daß das Epigramm mehr über den Sprecher aussagt als über sein Objekt (DE JONG 1987, 77f.): auch wenn Hektor die Identität seines potentiellen Opfers tatsächlich noch nicht kennen kann, erweckt die Namenlosigkeit des beerdigten ‘Mannes’, um dessen Grabmal es hier geht, im Kontrast zu dem dazu chiastisch gestellten und am Versende betonten ‘glänzenden Hektor’ den Eindruck einer Selbstüberschätzung des Sprechers: selbst das zu Ehren des Unterlegenen aufgestellte Mal kündet vornehmlich vom Ruhm des Siegers (MARTIN 1989, 137; STANLEY 1993, 94; GRETHLEIN 2006, 227f.; SCHNAUFER 1970, 176, sieht in dieser Umkehrung “eine besondere Spitze gegen die Griechen”). Auch wenn es grundsätzlich vorstellbar sein mag, daß ein Grabmal in irgendeiner Form vom Ruhm des Siegers kündet (SCODEL 2008, 81f.), existieren hierfür keine Belege (READY 2011, 238 Anm. 76). – Kurioserweise bezeichnet Cicero in seiner verlorenen Schrift De Gloria die (von ihm ins Lateinische übersetzten) Vv. 89–91 als Wunschvorstellung des Aias, der sich hier ausmale, wie sein Grabmal im Falle seiner Niederlage Hektors Ruhm verkünden werde (Gell. NA 15.6; SCHNEIDER a.O. 109f.). Vielleicht erklärt sich die Verwechslung durch die römische Verehrung des Troianers Hektor, die sogar der Figur des Aias zugeschrieben wird; in jedem Fall bildet sie einen interessanten Kontrast zur Einschätzung der Scholien (s. das Folgende). — als Bester kämpfte: Vokabeln aus den Feldern ‘Leistung’ und ‘Ruhm’ sind in den Tis-RedenP naturgemäß verbreitet (SCHNEIDER 1996, 39f.); in Kampfschilderungen aus Erzählerperspektive erscheint dieselbe Formulierung neutral: 11.506, 15.460 (AH); zur emphat. Bezeichnung gerade sterbender Krieger als der ‘Besten’ ihrer Gruppe s. 6.7–8n.; 16.292n. mit Lit.; s. auch oben zur Arniadas-Inschrift. Entsprechend scheint es übertrieben, Hektors Selbstdarstellung hier als ‘ruhmsüchtig, angeberisch und barbarisch’ aufzufassen (schol. bT zu 90). Hektor neigt zur Selbstüberschätzung, der allerdings eher Pflichtgefühl als Eitelkeit zugrundeliegt (STOEVESANDT 2004, 285f.). — der glanz-umstrahlte Hektor: zum möglichen Bezug auf den Glanz der Rüstung s. 7.1n.; anders SACKS 1987, 105–151, bes. 130f. (das EpithetonP stehe meist kontrastierend [hier: zum sich auszeichnenden Gegner] in pejorativem Zusammenhang: “The shine loses its luster” [ebd. 150]; vgl. BOUVIER 2002, 207f.).

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91 1. VH bis zur Zäsur B 1 = 4.182, 6.462; 2. VH nach C 1 = 2.325 (s.d.), Od. 24.196 (s.d.), ‘Hes.’ fr. 70.7 M.-W., h.Ap. 156. — mein Ruhm … wird nie vergehen: Hektor spricht das bisher nur Angedeutete aus, seinen Anspruch auf ewigen Ruhm (kléos: 2.235n.), die ‘Kunde’, die sich über das Hier und Jetzt hinaus verbreitet, entsprechend dem ‘unvergänglichen Ruhm’, der Achilleus geweissagt ist (kléos áphthiton, 9.413). Der Begriff ist abgesetzt vom momentanen Siegesjubel éuchos (81, s.d.): PUCCI (1988) 1998, 62 Anm. 40. Zum Thema ‘Nachruhm’ im homerischen Epos s.o. 86n. und 87–91n. κλέος οὔ ποτ’ ὀλεῖται: “breach of economy” (FRIEDRICH 2007, 17f.): die VE-Formel (s. Iterata) ist prosodisch und semantisch austauschbar mit κλέος ἄφθιτον ἔσται (9.413). Die Existenz solcher Varianten spricht gegen eine rigorose Reduktion der epischen Sprache auf ein eindimensionales Formelrepertoire (vgl. FOR 40–44; 1.121n. mit Lit. und FRIEDRICH a.O. passim); evtl. sollte 9.413 eine Wiederholung des im Vers bereits vorkommenden Verbs ὄλλυµι vermieden werden (FINKELBERG 1986, 5). Dagegen spricht die möglicherweise indoeuropäische Herkunft des Ausdrucks κλέος ἄφθιτον; s. dazu z.B. SCHMITT 1967, 65f.; NAGY 1974, 142 und passim; EDWARDS 1985, 77 mit Anm. 17; einen Überblick über die Diskussion bietet GARCIA 2013, 257 Anm. 29.

92–122 Keiner der Griechen traut sich, Hektors Herausforderung anzunehmen; schließlich erklärt sich Menelaos bereit. Agamemnon hält ihn mit dem Hinweis auf Hektors Überlegenheit zurück. Hektors Herausforderung löst bei den Griechen große Angst aus – er gilt als überaus gefährlicher Gegner (STOEVESANDT 2004, 199f.). Als Gatte der Helena fühlt sich Menelaos für die Gesamtsituation noch verantwortlich (schol. bT zu 7.94; s. auch 2.409n., 3.97–107n. [beide mit Lit.], 10.25–28, 17.91f., 23.607f.; WHITMAN 1958, 171) – tatsächlich ist dies nicht mehr der Fall; im Zuge der ursachenunabhängigen Eigendynamik, die der Krieg nun gewinnt (s. Einleitung S. 13), ist Menelaos als Vertreter der griechischen Seite eben nicht mehr gefragt (SCULLY 1990, 120; vgl. BERGOLD 1977, 190f. mit Anm. 3; 109–119n.), zumal er bei den ‘Königen der Achaier’ (106) Hektor gegenüber als chancenlos gilt (so Agamemnon in 111; ein kurzfristiges Überrunden Hektors im Kampf um die Leiche des Patroklos gelingt Menelaos in 17.89ff. nur mit Hilfe der Athene, vgl. STOEVESANDT 2004, 203f.). Wie in der Ilias mehrfach der Fall, erweist sich Menelaos’ Engagement als größer als seine Fähigkeiten (PARRY 1972, 17: “he has more zeal than true valour”; s. 2.588–590n. und 2.588n.; ferner 17.91–105 [dazu FENIK 1978a, 85–89] und 586– 588). Dennoch gelingt es ihm durch den Akt der Selbstüberschätzung – auf den die explizite und öffentliche Benennung seiner Unterlegenheit durch Agamemnon folgt

91 ὥς: = οὕτως; ebenso im Folgevers. — τις (ϝ)ερέει: vgl. 87n. — ἐρέει: Fut. ‘wird sagen’ (= ἐρεῖ, vgl. R 6). — ὀλεῖται: Fut. zu ὄλλυµαι.

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–, die Reputation der Gruppe zu retten: seine Provokation wird die anderen Helden zwingen, Hektors Herausforderung nachzukommen (SCODEL 2008, 69–71). 92 Formelvers: insges. 10× Il. (darunter als Reaktion der Griechen auf Hektors Aufforderung zum Zweikampf mit Paris 3.95 [s.d.], aber auch auf die sportliche Herausforderung des [wie Hektor sehr selbstbewußt sich rühmenden] Epeios 23.676; vgl. 1–312n. [IV]), 5× Od.; ab Zäsur A 3 = Od. 7.154. – Daneben ist die 1. VH stark formelhaft; siehe Stufe 2. – Wie an der Iteratstelle im 3. Gesang wissen die Griechen auch hier zunächst nicht, was sie auf den unerwarteten Vorschlag erwidern sollen; dasselbe trifft auf 7.398 zu, wo Idaios ihnen Paris’ mageres Angebot einer Rückgabe der geraubten Güter überbringt. Der Vers drückt immer Unentschiedenheit aus (LATACZ [1968] 1994, 610); es geht um die Entscheidung zwischen einer wichtigen oder gefährlichen Herausforderung (KELLY 2007, 85f.), die in der Ilias i.d.R. den Gewinn oder Verlust von kléos verspricht (FOLEY 1995, 13f.); vor der Antwort einer Einzelfigur dient der Vers als Pause (PINAULT 1994, 511; DUÉ/EBBOTT 2010 zu 10.313). Er stellt somit das funktionale Gegenteil der Formelgruppe dar, die unmittelbaren Gehorsam ausdrückt (43n., 379n.): ELMER 2013, 28. Die darauf folgende Antwort weicht stets leicht vom Erwarteten ab: Menelaos wird auf Hektors Herausforderung adäquat reagieren, dann aber am Kämpfen gehindert werden; vergleichbar Unerwartetes geschieht in allen auf den (somit antizipierendenP) Formelvers folgenden iliad. Situationen (FOLEY a.O. 10– 20; ebenda 20–25 zu der ähnl., aber nicht immer kléos-relevanten Funktion des Verses in der Odyssee). – Auf den vorl. Formelvers folgt zudem mehrfach die VAFormel 94 (s.d.), die besagt, daß eine Antwort erst spät erfolgt, und das Schweigen so noch in die Länge zieht (so auch 7.398f.; daneben 8.28/30, 9.29/31, 9.430/432, 9.693/696, Od. 7.154f., 20.320f.), nicht so in der Zweikampfsituation des 3. Gesangs (3.95), da Menelaos auf das Angebot, mit Paris zu kämpfen, weniger zögerlich reagiert als an der vorl. Stelle, wo sich ein gefährlicherer Gegner zum Kampf stellt (KIRK). — alle: Auch sonst wird im hom. Epos gern hervorgehoben, daß eine Rede oder Handlung auf alle Anwesenden tiefen Eindruck gemacht hat (2.143n. mit weiteren Stellen). ὣς ἔφαθ’, οἳ δ’ ἄρα πάντες: insges. 8× Il., 19× Od.; darin enthalten die flektierbare VAFormel ὣς ἔφαθ’, οἳ/αἳ/ἣ δ’ (ἄρ[α]): insges. 34× Il., 19× Od., 1× Hes., 4× hom.h.; schließlich die bloße Rede-Abschluß-FormelP ὣς ἔφαθ’/τ’: 43n. — ἀκήν: ‘lautlos’; Adv., erstarrte Akkusativform eines Nomens ἀκή (3.95n.; zur Etymologie 1.34n. mit Lit.).

93 Rhetorisch ausgefeilter Vers: syntaktisch gesehen liegt ein Parallelismus vor, auf semantischer Ebene dagegen eine stark antithetische Zweiteilung (KIRK z.St.; 1978,

92 ἔφαθ’: = ἔφατο; 43n. 93 αἴδεσθεν: = ᾐδέσθησαν (R 16.1–2). — ἀνήνασθαι: Inf. Aor. zu ἀναίνοµαι ‘ablehnen’. — ὑποδέχθαι: Inf. Aor. zu ὑποδέχοµαι ‘annehmen’.

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28; vgl. 16.282n. und 14.192n. mit Parallelen und Lit.): Scham hält die Griechen vom Ablehnen der Herausforderung ab, Angst hindert sie an deren Annahme; sie werden also durch einander entgegengesetzte Empfindungen blockiert, anders als z.B. 15.657f., wo sie aus Angst und Scham standhalten (REDFIELD 1994, 267 Anm. 15; WILLIAMS 2000, 93). — sie scheuten sich: gr. aidéisthai/aidṓs sind zentrale Begriffe der Wertewelt der Ilias und Odyssee; sie bezeichnen u.a. die Scheu, Mißfallen zu erregen, Erwartungen nicht zu erfüllen (s. 1.23n., 1.149n., 6.442n., 24.44n. mit Lit.); typisch an der vorl. Stelle “the essential, inhibitory nature of aidṓs in Homer” (CAIRNS 1993, 48): aidṓs hindert die Griechen, die Herausforderung rundweg abzulehnen. ἀνήνασθαι … ὑποδέχθαι: Die Zweiteilung des Verses wird durch den Gleichklang der antithetischen Verben betont (FEHLING 1969, 311). ἀνήνασθαι: die Etymologie von ἀπαναίνοµαι ‘zurückweisen’ ist umstritten; entweder mit ἀν(ά) komponiertes primäres Verb *αἴνοµαι; vgl. αἶνος; dann bereits im fgrE teilweise als Simplex empfunden, vgl. Impf. ἠναίνετο, oder redupl. Negation ἀν- durch –ι̭ο- verbalisiert (*ἀν-αν-ι̭ο-µαι); dafür spricht die Aoristbildung ohne Iota: Überblick über die Lit. in LfgrE (dazu DELG Suppl.).

94 2. VH = 123 ≈ Od. 24.422. — Erst spät … sprach unter ihnen: Die Formel (s.u.) impliziert, daß die Pause zwischen den beiden Reden ungewöhnlich ist; die Tatsache, daß nicht sofort eine Antwort erfolgt, wirkt also überraschend (BECK 2005, 36f.), vielleicht als ‘peinliches Schweigen’. ὀψὲ δὲ δὴ … µετέειπε(ν): VA-Formel (6× Il., 2× Od.), nur hier in Formelsprengung durch den Einschub Μενέλαος ἀνίστατο (KELLY 2007, 87f.). Daneben bloßes ὀψὲ δὲ δή: Il. 17.466, 3× Od.).

95–102 Menelaos zeigt sich in seiner Scheltrede sehr erregt darüber, daß die Griechen Hektors Herausforderung nicht nachkommen wollen; vielleicht soll hier die Spannung zwischen dem Bewußtsein seiner Unterlegenheit gegenüber Hektor einerseits und der Last der Verantwortlichkeit andererseits (92–122n.) ausgedrückt werden (WILLCOCK zu 94). In der Ilias finden sich zahlreiche Invektiven (2.221ff., 3.38ff., 5.471ff., 21.480ff., 24.248ff.); in der vorl. Passage häufen sich diese: hier tadelt Menelaos die Griechen, in 109–119 tadelt Agamemnon Menelaos für seine Selbstüberschätzung, in 123–160 tadelt Nestor die Griechen (KIRK zu 7.123–160). Zum Typus der Scheltrede s. 2.225–242n., 4.242n., 16.421–425n., alle mit Lit.; häufig dient diese auf FigurenP-Ebene als paränetisches Anstacheln der Krieger (KRAPP 1964, 79; WIßMANN 1997, 54–62) und auf narrativer Ebene als kurzzeitige RetardationP des Kampfgeschehens (PAGANI 2008, 332, vgl. 333. 337: ein typ. Element heroischer Reden ist neben der Schelte [94–98: vgl. z.B. 4.242–245; 8.163f., 228–235; 12.244–247; 17.142f., 149–153, 166–168] auch die Drohung, hier freilich eher: Verwünschung [99f.: ähnlich z.B. 2.357–359, 391–393; 12.248– 94 µετέειπεν: das Dat.-Obj. (σφι o.ä.) ist zu ergänzen.

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250; 13.232–234]). – Als Parallele zur vorl. Rede kann 3.38ff. betrachtet werden: dort ist es Hektor, der Paris schilt, weil er sich nicht zum Zweikampf mit Menelaos stellen will (ebenfalls unter Verwendung des Begriffes ‘Schande’ [gr. lṓbē] 3.42/7.97 [s.d.] und der Vorstellung eines Einswerdens mit Erde/Staub 3.55 [s.d.]/7.99): vgl. WIESSNER 1940, 40. 95 Durch die pleonastische Wendung zu Beginn des Verses und die ausdrucksstarke zweite VH wird Menelaos’ Unwille stark betont (KIRK). νείκει ὀνειδίζων: nur hier auftretende pleonastische Wendung (KIRK: “obtrusively redundant”). Νείκει kann unterschiedlich aufgefaßt werden: a. nominal als dat. modi: ‘mit Schelten, Vorwürfe machend’; b. über das aus der v.l. ergänzte νείκε[α] als Akk.-Obj. zu ὀνειδίζων (vgl. 20.251f. ἔριδας καὶ νείκεα … | νεικεῖν): LEAF z.St. und zu 1.211. c. verbal als augmentloses Imperfekt: ‘er schimpfte’: WEST 2001, 199, auch zu iliad. Parallelen; d. über das aus der v.l. νείκε’ ergänzte νείκε[ε] als nicht kontrahiertes Imperfekt: im schol. A als Alternative genannt; WEST app. crit. — µέγα δὲ στοναχίζετο θυµῷ: θυµῷ bedeutet nicht, daß das Stöhnen unhörbar “innerlich, in der Tiefe des Herzens” (AH) geschieht; es kann analog zu Wendungen mit ἀναστενάχειν/ἀναστεναχίζειν (z.B. 10.9f., 18.315 [s.d.]; vgl. 19.314 [s.d.]) auch ein vernehmliches “Aufstöhnen aus der Tiefe des Herzens” gemeint sein (KRAPP 1964, 31f., mit 32 Anm. 1), auch wenn µέγα nicht zwingend ‘laut’ bedeutet, sondern generell intensivierend zu στεναχίζετο stehen kann (vgl. 6.523b–525n.; KAIMIO 1977, 25f.: “to emphasize the depth of feeling implied by the verb”). Normalerweise bezeichnet στοναχίζω/στενάχω jedoch einen hörbaren Laut, z.B. 16.391 (s.d.), auch mit weitergehenden Beschreibungen des Klanges (z.B. 2.781–785 [s. 2.95n.]: die Erde ‘stöhnt’ unter den Füßen der Soldaten wie unter dem Blitz des Zeus; 16.384–393 [s.d.]: die Pferde der Troer ‘stöhnen’ wie reißende Bergbäche). Zum θυµός als Sitz von Regungen und Affekten (“Tiefe des Herzens”) s. JAHN 1987, 225–232; LfgrE s.v.; zur Verwendung bei Affektverben s. dort 1089.21–67 (wobei fraglich ist, ob στεναχίζω als Affektverb gelten kann und die Stelle nicht eher unter Kategorie 14, “aus dem Rahmen fallenden oder sonst problematische Stellen”, zählt). Denkbar wäre ferner, daß θυµός hier nicht den Sitz der Emotion, sondern diese selbst meint (vgl. 2.196n.; 19.66n. mit Lit.), dann wäre der Dativ instrumental zu verstehen, etwa ‘mit Leidenschaft, aufgewühlt’; diese Verwendung wäre im fgrE singulär.

96 2. VH = 2.235, s.d. und KELLY 2007, 190, zu dem in der Ilias häufigen Vorwurf ‘weibischen’ Benehmens; WEST 1997, 237 Anm. 71, zu gr. und nahöstl. Parallelen; CSAJKAS 2002, 65f. Anm. 187, zur Steigerung der beleidigenden Feminisierung 13.623: Menelaos nennt die Troer ‘Hündinnen’. Vgl. unten 235–241n. Daß Meinelaos hier eine Wendung gebraucht, die in der Ilias sonst nur in der Rede des Thersites vorkommt (s. Iterata), verstärkt erneut den Ausdruck seiner Erregung (LEAF: “the singular contrast between the whole of the present address and the tone of courteous regret which is elsewhere so characteristic of the attitude of Menelaos towards the Greeks”). ᾤ µοι: Ausdruck versch. negativer Emotionen wie Schmerz, Angst, Fassungslosigkeit (1.149n., auch zum mögl. Ursprung der Wendung), hier Empörung über die Passivität der Griechenhelden, gepaart mit Angst und der Bürde der Verpflichtung (95–102n.). Zur

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Schreibung von ᾤ (mit ι) s. WEST 1998, XXXVII. — ἀπειλητῆρες: hapaxP im fgrE; nomen agentis zu ἀπειλέω ‘drohen, geloben’, also: ‘Großsprecher, Prahlhans’, allgemein gebraucht: keiner der Anwesenden hat aktuell gedroht oder etwas gelobt; die nom. ag. auf -τήρ bezeichnen häufig eine Prädisposition zu einem best. Verhalten (SCHUBERT 2000, 62 [vgl. 66f.], unter Verweis auf BENVENISTE 1948, 37: “ἀπειλητῆρες: pris comme injure: ‘menaceurs (de métier)’! = vous qui ne savez que menacer et n’osez pas attaquer”; vgl. 2.275n.). Die Erinnerung an Versprechungen und durch Prahlereien geweckte Erwartungen ist darüber hinaus ein paränetischer Topos, z.B. in der Formulierung ποῦ τοι ἀπειλαί (οἴχονται): ‘wo sind dir die Drohungen (hingekommen)?’ 13.219 (Poseidon zu Idomeneus) und 20.83 (Apollon zu Aineias): LfgrE s.vv. ἀπειλητ(ήρ) und ἀπειλή; STOEVESANDT 2004, 304 mit Anm. 904 (dort weitere Bsp.). 97 ἦ µὲν δή: stark emphatisch, fast nur in direkter Rede; vgl. z.B. 2.798, 3.430, 9.348 (2.798n.; 16.362n. mit Lit.). — λώβη: ‘Schande, Ehrverlust’ (1.232n., 18.180n., 19.208n.; zum Wortfeld ‘Schande’ in den Kampfappellen s. STOEVESANDT 2004, 301f. mit Anm. 900). Starker Begriff: “the most powerful word in Homeric vocabulary for actions that cause unbearable face-damage” (SCODEL 2008, 69; s. auch BOUVIER 2002, 423f.). — αἰνόθεν αἰνῶς: s. 39–40n. zu οἰόθεν οἶος.

98 2. VH ≈ 160. 99 zu Wasser und zu Erde: Der Fluch läßt verschiedene Deutungen zu (die sich nicht gegenseitig ausschließen): 1. Menelaos’ Beschimpfung erklärt sich durch die Passivität der Griechen, die sich wie lebloses ‘Material’ verhalten: ‘da könntet ihr ja gleich zu Wasser und Erde werden’ (in diesem Sinne schol. A, bT, D). 2. Menelaos wünscht den Griechen, sie sollen sich in ihre Bestandteile auflösen (schol. bT; FAESI/FRANKE; LEAF): Wasser und Erde sind nach verbreiteter antiker Vorstellung die Konstitutenten, aus denen menschliches Leben entsteht (Hes. Op. 61, 70; Th. 571; Semon. 7.21 West; Xenoph. fr. 33 DK; Thgn. 1.878; Eur. fr. 757.923f. Kannicht TrGF 5.2, S. 776f.; Aristoph. Av. 686; GVI 1702.2 = IG 2/32 7151 = CEG 482; s. WEST zu Th. 571 und WEST 1997, 237f., mit weiterer Lit. auch zu nichtgr. Belegen; vgl. 24.54n. zur Erde als Metapher für einen Leichnam). – AH interpretieren Menelaos’ Wunsch eher in Richtung “vermodern” denn als Auflösung in die Bestandteile, da der Ursprung des Menschen aus Wasser und Erde bei Homer nicht belegt sei: AH, Anh. z.St.). 3. Als Strafe für ihre Missetat sollen die Griechen in leblose Objekte verwandelt werden: CLARKE 1999, 157f. Anm. 2, mit Hinweis auf die Verwandlung der Niobe in Stein (24.611, s.d.) und ferner auf die Versteinerung des phäakischen Schiffes (Od. 13.163). γένοισθε: Zum Opt. in Verwünschungs-Formeln (hier ohne Bedingungssatz) vgl. z.B. 2.258–260, 2.340 (s.d.), 5.214, 6.164, 17.415, 18.98; dazu CHANTR. 2.214.

97 ἦ: ‘wirklich, in der Tat’ (R 24.4). — µέν: ≈ µήν (R 24.6). — ἔσσεται: = ἔσται (R 16.6). — αἰνόθεν αἰνῶς: ‘schrecklicher als schrecklich’ (↑). 98 ἀντίος εἶσιν + Gen.: ‘jm. entgegentritt’. 99 γένοισθε: kupitiver Opt. ‘möget ihr … werden’.

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100 ruhmlos: Das in der Ilias omnipräsente Motiv des Strebens nach kléos, Ruhm (86n., 87–91n.), taucht gerade auch in den Reden der Helden häufig auf (z.B. 6.446, 12.318f., 5.532 = 15.564, 17.415f., 22.110, 304f.: PAGANI 2008, 364f.); angesichts der Selbstverständlichkeit dieses Ziels wirkt Menelaos’ Verurteilung der Passivität der Krieger umso schärfer. ἀκήριοι, ἀκλέες: emphatische, quasi synonymische Doppelung (1.160n., 2.39n.); ohnehin haben mit α privativum negierte Epitheta häufig wertenden Charakter (und sind daher weitgehend der emotionaleren FigurenP-Rede vorbehalten: GRIFFIN 1986, 44f.); zur Vervielfachung solcher Negationen s. 3.40n. (ἄγονος … ἄγαµος) und 24.157n. (ἄφρων … ἄσκοπος … ἀλιτήµων) mit weiteren Bsp. und Lit. — ἀκήριοι: 6× Il., 2× Od., 1× Hes. Op., 1× h.Merc. Hier wie 21.466 ‘leblos, ohne Herz/Lebenskraft’, dann Etymologie von κῆρ ‘Herz’: LfgrE mit Stellen. — ἀκλέες: ‘ohne Ruhm’; hier eher ‘der sich keinen Ruhm erwerben will, unrühmlich, ohne Ehrgeiz, gleichgültig’ (LfgrE). Die Form ist als Nom. Pl. interpretierbar (durch Hyphärese aus ἀκλεέες), so WEST im Anschluß an Apollonios Dyskolos und Eustathios; besser belegt, aber ohne Kongruenz mit ἀκήριοι, ist adverbial gebrauchtes Neutrum ἀκλεές (CHANTR. 1.74; LEAF; KIRK; LfgrE s.v. ἀκλεής): zur Diskussion in den Scholien s. ERBSE 1960, 368f. — αὔτως: ‘gleichermaßen’: ‘mutlos und ebenso ruhmlos’ (LfgrE s.v. αὔτως, 1682.50); denkbar auch die Bed. ‘nur so, nutzlos’; in beiden Fällen emphatisch, spiegelt die Erregung des Sprechers wider (vgl. BONIFAZI 2012, 286 mit Anm. 58).

101–102 Durch das integrale EnjambementP gewinnt Menelaos’ Rede an Tempo, angesichts seiner Erregung entsteht der Effekt von ‘Atemlosigkeit’. — des Sieges Seile: Auch vor dem Zweikampf im 3. Gesang erklärt Menelaos, daß die Entscheidung von einer transzendenten Instanz getroffen werden wird (3.101f.). Das gr. Wort peírar/peírata (meist im Pl.) bed. grundsätzl. ‘Ende/Grenze’ oder ‘Strick’; zu den Erklärungsversuchen dieser versch. Bed. s. LEAF; 6.143n.; KIRK zu 6.143; JANKO zu 13.358–360; LfgrE; für eine noch allgemeinere Grundbed. plädiert NOTHDURFT 1978: “Verbindung als Durch- oder Übergang” (37) bzw. “‘Wirkstelle’, wo eine Kraft oder Macht in eine andere übergeht” (30). – An der vorl. Stelle liegt wohl eine dem ‘Seil’ verwandte Schicksalsmetapher zugrunde (vgl. den ‘Schicksalsfaden’ der Parzen): ‘die Götter halten die Entscheidung über den Sieg in der Hand’ (LfgrE im Anschluß an LEAF; BERGREN 1975, 34f. 186f.; die Metapher eines schicksalshaften Seiles, das die Götter in Händen halten, existiert auch in der nahöstlichen Lit.: ROLLINGER 1996, 199–201). Vgl. 8.18–26, wo Zeus das Macht100 αὖθι (ϝ)έκαστοι: zur Prosodie R 4.3. — αὖθι: Kurzform von αὐτόθι ‘an Ort und Stelle, hier’. 101 τῷδε: dat. incommodi ‘gegen den’. — ἐγών: = ἐγώ. — θωρήσσοµαι + Dat.: ‘sich gegen jn. in den Kampf begeben’. — αὐτάρ: verbindet ἐγὼν … θωρήξοµαι und πείρατ’ ἔχονται ἐν ἀθανάτοισι θεοῖσιν; hier weder eindeutig adversativ noch progressiv (≈ ‘und’) verwendet (R 24.2). — ὕπερθεν: zum Suffix -θεν R 15.1. 102 πείρατ(α): ‘Seile’; Subj. zu Pass. ἔχονται ‘werden gehalten’ (↑). — ἐν: ‘unter, bei’. — ἀθανάτοισι: Anfangssilbe metr. gedehnt (R 10.1).

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verhältnis zwischen ihm selbst und den anderen Göttern mit einem Tauziehen vergleicht, bei dem er klar überlegen ist und mit dem Seilende alle Entscheidung in Händen hält (AH); ferner – ohne das ‘Seil’ an sich – die ähnlichen Bilder 11.336 (‘da spannte ihnen Kronion die Schlacht ins Gleiche’), und 14.389 (Poseidon und Hektor ‘spannten den schrecklichsten Streit des Krieges aus’), s.d. Verwandt sind evtl. auch die Metaphern der ‘Schlingen (peírat[a]) des Verderbens’, die ‘geknüpft’ sind (7.402 = 12.79 = Od. 22.41 ≈ 33), und in die man gerät (6.143; s.d. und bei LEAF zur vorl. Stelle auch zu Metaphern des schicksalhaften Bindens und Knüpfens mit anderen Begriffen). τῷδε: Das deiktische Pronomen erlaubt dem Publikum, sich vorzustellen, wie Menelaos auf Hektor zeigt, wodurch Dramatik und Realismus des Texts gesteigert werden (DE JONG 2012). — ἐγὼν αὐτός: antithetisch zu ἀλλ’ ὑµεῖς µὲν πάντες (99): SCHUBERT 2000, 66; starke Absetzung von den anderen (die sich anders verhalten sollten): BONIFAZI 2012, 140. — αὐτὰρ ὕπερθεν: αὐτάρ markiert hier den räuml. Wechsel von der menschl. auf die göttl. Ebene (vgl. oben 54n.): BONIFAZI a.O. 221f. mit Anm. 113. — ἀθανάτοισι θεοῖσιν: VEFormel, bisweilen mit versch. Präp. kombiniert (8× Il., 8× Od., 9× Hes., 13× hom.h.): 1.520n.

103 1. VH = VA-FormelP (Rede-AbschlußP: 35× Il., 27× Od., 2× hom.h.). — Rüstung: Eigentlich muß Menelaos bereits gerüstet sein, weswegen der Vers seit eh und je Aufmerksamkeit erregt hat. Die wahrscheinlichste Erklärung ist poet. Konvention (WILLENBROCK [1944] 1969, 68 Anm. 1): vor einen wichtigen Kampf gehört eine (zumindest angedeutete) Typische SzeneP Rüstung (3.328–338n.; 16.130–144n.); vgl. WEST 2011 zu 34–43: “Features of the typical, free-standing challenge and duel persist” (rasches Niedersitzen der Armeen, Rüstung des Aias in V. 206). Die Tatsache, daß Menelaos’ Wappnung nur kurz zusammengefaßt wird und keine eigentliche Rüstungsszene vorliegt, veranschaulicht vielleicht die Eile, mit der es den wild entschlossenen Helden zum Kämpfen drängt. κατεδύσετο: thematischer s-Aorist; zur Entstehung 3.262n. mit Lit.; evtl. ist hier ein ursprüngl. desiderativer Sinn angedeutet: ‘schickte sich an, in die Waffen zu tauchen’ – Menelaos’ Rüstung wird ja unterbrochen; allerdings heißt es in 122, daß man ihm die Waffen von den Schultern nehmen muß; mindestens ein Teil der Handlung ist also abgeschlossen worden: ROTH (1970–1974) 1990, 51f.

104–106 Eine der spannungs- bzw. pathossteigernden ‘Wenn nicht’-SituationenP der Ilias, in denen Alternativen zum dargestellten (und mythisch überlieferten) Handlungsverlauf angedeutet werden; häufig ist dabei der vorzeitige Abbruch des Troianischen Krieges Thema (der hier evtl. auch eintreten könnte, sollte Menelaos sterben und damit der eigentliche Kriegsgrund, der Kampf um Helena, entfallen [aber s. 92–122n.; 109–119n.]): 2.155–156n. mit Lit., daneben PARRY 1972, 16; MORRISON 1992a; LOUDEN 1993 (“pivotal contrafactuals”); WAKKER 1994, 212– 214 (zur standardisierten Form durch Voranstellen des Hauptsatzes vor den 103 κατεδύσετο: Aor. (­); hier ‘anziehen’.

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Kondizionalsatz und typ. Partikelverwendung); KELLY 2007, 128–132, mit Sammlung der Ilias-Stellen (“contrafactual conditional sentences”). Typisch ist das hier vorl. Motiv eines dann doch nicht zustandegekommenen (oder nicht entscheidend endenden) Helden-Zweikampfs, s. NESSELRATH 1992, 16–18 mit Anm. 28f.; er nennt noch 3.350–382 (Paris und Menelaos), 7.204–312 (Hektor und Aias, s.u.), 8.157–171 (Diomedes und Hektor), 17.61–108 (Menelaos und Hektor), 17.483–534 (Hektor/Aineias und Automedon), 20.79–352 (Aineias und Achilleus), 23.708–739 (Aias und Odysseus im Ringkampf). 104 ≈ 16.787 (s.d.): mit (beinahe) denselben dramatisierenden Worten wird Patroklos das Ende seines Lebens verkündet; an der vorl. Stelle ist die Periode freilich irreal, wie durch die Modalpartikel ke an früher Stelle sichtbar ist; dennoch wird deutlich, daß Menelaos in ernster Gefahr schwebt (KIRK). — deines Lebens: vom ErzählerP direkt angesprochen (sog. Apostrophe) werden im hom. Epos außer Menelaos (4.127, 4.146, 13.603, 17.679, 17.702, 23.600) auch Patroklos (8× Il.), Eumaios (15× Od.), Achilleus und Melanippos (je 1× Il.) sowie der Gott Apollon (‘Phoibos’, 2× Il.). Diese Erzähler-Anreden stehen wie hier häufig bei der Schilderung einer lebensbedrohlichen Situation des Helden (bei Menelaos auch im Kontext der Verwundung durch Pandaros 4.127, 146): HENRY 1905, 7f. Zu den möglichen Gründen für diese Apostrophen (Erleichterung der Versifikation, Ausdruck der besonderen Beziehung zwischen Erzähler und FigurP [schol. bT zu 104–108] mit Übertragung der Sympathiewirkung aufs Publikum bzw. Status-Erhöhung der Figur, dramaturgisches Gestaltungselement und Pathoserhöhung) s. 16.20n. mit Lit., dazu KLOOSTER 2013 (auch zum möglichen Ursprung des Phänomens aus dem Genre des Götterhymnus). ἔνθά κε: übliche Einleitung einer ‘Wenn nicht’-Situation (2.155–156n. mit Lit.); vgl. oben 8n.— βιότοιο τελευτή: flektierbare VE-Formel (noch 16.787 [s.d.] und Emped. DK 32 B 8.2). Bei der Variante θανάτοιο τελευτήν (‘Hes.’ Sc. 357) bzw. der homerischen Iunktur τέλος θανάτοιο (16.502n.) liegt vermutl. der Ursprung von Verg. Aen. 12.546 (hic tibi mortis erant metae): AH, LEAF.

105 1. VH = 24.738. — viel stärker: Im Erzählerkommentar wirkt die Aussage ‘x ist besser als y’ objektiv, auch wenn durch die Apostrophe des Menelaos ein gewisses Pathos vorliegen mag; anders ist dies bisweilen in der FigurenP-Rede (s. 113–114n.). ἐν παλάµῃσιν: Siehe 24.738n. zu (häufiger mit ὑπό verbundenen) Varianten (sonst, wie 5.558, mit passiven Verbformen wie κατακτείνεσθαι: AH); 2. VH = 6.158. — ἐπεὶ [ἦ] πολὺ φέρτερος ἦεν: flektierbare VE-Formel (mit unterschiedl. Formen von εἶναι; 15× Il., 6× Od.,

104 τοι: = σοι (R 14.1). — φάνη: augmentloser (R 16.1) Aor. Pass. zu φαίνοµαι. — βιότοιο: βίοτος = βίος. 105 παλάµῃσιν: zur Flexion R 11.1. — ἦεν: = ἦν (R 16.6).

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1× h.Cer.); nur hier und 6.158 ohne ἦ nach ἐπεί (AH). Φέρτερος und φέρτατος werden weitgehend synonym zu ἀµείνων und ἄριστος verwendet: 1.186n.

106–108 Das Einschreiten der aufspringenden Griechenfürsten ist eine Maßnahme, Menelaos zurückzuhalten (zum Motiv ‘Ratschlag zum Rückzug’ in der Ilias s. 18.255n. mit Lit.); in deutlichem Gegensatz dazu steht Agamemnons liebevolle, intime Geste dem Bruder gegenüber: zwar ‘packt’ auch er den Menelaos (im Gr. dasselbe Verb heléin), aber mit der Präzisierung ‘bei der Hand’ (dazu AH; KIRK; MINCHIN 2007, 151f.; SAMMONS 2009, 166 mit Anm. 12); vgl. 4.154 und 14.137 (Poseidon und Agamemnon; s. 14.137–138n. mit Lit.), 24.671f. (Achilleus und Priamos; s.d. mit Lit.), Od. 1.121 (Telemachos und Mentes-Athene), 18.258 (Odysseus und Penelope); ferner 20.197 (Philoitios streckt Odysseus freundlich die rechte Hand entgegen). 106 die Gebieter der Achaier: König, gr. basiléus, ist im Mykenischen Amtstitel lokaler Funktionäre (Bezirksfürsten u.ä.), s. 1.9n. mit Lit.; in der Ilias bez. das Wort die Anführer der einzelnen Truppenkontingente. Vgl. auch 2.188n. βασιλῆες Ἀχαιῶν: VE-Formel (noch 23.36, 24.404).

107 der Atride: Agamemnon und Menelaos sind die Söhne des Atreus (FM 2.2). Zur Verwandtschaft des Namens ‘Atreus’ mit ‘Attarissiyas’ in hethitischen/luwischen Keilschrift-Texten s. WEST 2001a; vgl. 3.37n. — der Weithinherrscher: Das Epitheton ‘weitherrschend’ steht fast immer bei Agamemnon, sonst nur einmal von Poseidon (11.751); ähnl. lat. populum late regem (Verg. Aen. 1.21) und late tyrannus (Hor. carm. 3.17.9): SCHMITT 1967, 248. – Die eingreifende, handlungswendende Person in der ‘Wenn nicht’-SituationP wird häufig mit NomenEpithetonP-Formel bezeichnet; in Kombination mit der – in kondizionalen Perioden sonst unüblichen – Voranstellung des Haupsatzes (104–105n.) wirkt dies als dramatisierende Emphase (vgl. BAKKER 1997, 178–180). Daneben wird der ganze Vers vom Subjekt eingenommen (zusätzlich betont durch ‘selbst’); dies signalisiert die Bedeutsamkeit der betr. Person für die Erzählung (wie 13n.). Ἀτρείδης εὐρὺ κρείων Ἀγαµέµνων: ‘Langformel’ 10× Il., 1× Od., davon 3× als GanzversFormel mit VA ἥρως (wie in V. 322), sowohl in direkter Rede als auch im Erzähler-TextP verwendet (16.273–274n.); die VE-Formel κρείων Ἀγαµέµνων steht 40× Il., 1× Od., 1× Il. Pers. (1.102n). Die formelhafte Benennung einer Person in einem ganzen Vers signalisiert Bedeutsamkeit (13n.). 108 δεξιτερῆς ἕλε χειρός: Das Verb steht gewöhnlich mit Akk.-Obj. (14.137, Od. 1.121, 18.258 [ebenso λαµβάνειν Il. 24.671f.]), entsprechend die Konjektur δεξιτέρην … χεῖρα (Bentley; das Digamma vor ἔπος wäre dann beachtet). Wahrscheinlicher ist die Überführung

106 ἕλον: = εἷλον (R 16.1; entsprechend in 108); erg. σε. — βασιλῆες: zur Flexion R 11.3, R 3. 108 Das Digamma bei χειρὸς (ϝ)έπος ist nicht berücksichtigt (R 4.6, ­). — ἐκ … ὀνόµαζεν: zur sog. Tmesis R 20.2.

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des schon in 106 nicht mehr explizit ausgedrückten Akk.-Obj. σε in Kombination mit dem partitiven Genitiv: ‘packte [dich] bei der Hand’ statt ‘packte deine Hand’ (BECKERT 1966, 91). Zu den versch. Formulierungen für Gesten des Fassens der Hände bei Homer s. BARCK 1976, 141f. — ἔπος τ’ ἔφατ’ ἔκ τ’ ὀνόµαζεν: häufig als Rede-EinleitungP in der 2. VH: 17× Il., 26× Od., 2× h.Ven. Die urspr. Bed. von ὀνόµαζεν ‘nannte ihn beim Namen’ ist infolge des formelhaften Gebrauchs verblaßt (1.361n., LfgrE s.v. ὀνοµάζω 715.19–45).

109–119 Agamemnons Besorgnis erinnert an seine Angst um den leicht verletzten Menelaos in 4.148ff.; vgl. auch 10.234–240, wo Agamemnon Diomedes davon abhalten will, Menelaos auf den Spähergang mitzunehmen. Seine Erregung zeigt sich in der Einleitung seiner Rede durch zwei parataktische Verse mit integralem EnjambementP (KIRK: “excitably punctuated and closely enjambed couplet”); danach beruhigt sich der Sprachrhythmus im Zuge der Darlegung seiner Gründe. Insgesamt erweist sich die Rede des ‘großen Bruders’ als Gratwanderung zwischen Ärger über den Jüngeren (u.a. sind Elemente aus der Scheltrede des Odysseus an Thersites im 2. Gesang enthalten) und liebevoller Schonung desselben: s. das vorhergehende und die folgenden Lemmata. – Bemerkenswert ist der Gegensatz zum Brüderpaar des 3. Gesangs (Hektor und Paris): Hier spornt der Bruder (Agamemnon) den Bruder (Menelaos) nicht wie dort zum Kämpfen an, sondern hält ihn davon ab: der vorl. Zweikampf geht nicht mehr wie im 3. Gesang primär den Menelaos als ursprünglich persönlich Betroffenen an; der Krieg wird nach dem Vertragsbruch der Troer nicht mehr so sehr um Helena geführt, sondern ist zum genuinen Krieg aller Griechen geworden, denen Menelaos’ Bereitschaft nun mehr schadet als nützt (s.o. Einleitung S. 13; 92–122n.). 109–110a zeusgenährter: Könige sind ‘zeusgenährt’, da diese (und unter ihnen Menelaos) unter bes. göttl. Schutz stehen (1.278–179n.; 14.27n.; FG 24). Das EpithetonP wird – wie hier oft rein ornamental – auf versch. Heroen angewendet, v.a. auf Menelaos (22 von 43 Stellen: LfgrE s.v. διοτρεφής). ἀφραίνεις … | … ἀφροσύνης: das Verb ἀφραίνω ‘unvernünftig/unverständig/ohne Hirn’, dann auch ‘unvorsichtig/bedenkenlos/anmaßend’ (reden/handeln) taucht im fgrE nur noch in scharfen Scheltreden auf: 2.258 (Odysseus zu Thersites, s.d.) und Od. 20.360 (der Freier Eurymachos zu dem Seher Theoklymenos), das zugehörige Substantiv ἀφροσύνη nur hier und Od. 16.278 (Mißhandlung des ‘Bettlers’ durch die Freier) und 24.457 (Verblendung der Freier); auch die Summe der stammverwandten Wörter im fgrE ist nicht sehr groß (ἄφρων: 8× Il., 7× Od., 1× Hes., 1× h.Ven., ἀφρονέω: 1× Il.; zur Bed. des α privativum oder deteriorativum s. BÖHME 1929, 45). Die Position des Verbs am Versanfang (durch Stellung des Vokativs im Versinnern statt zu Anfang des Verses [wäre mögl. als ὦ Μενέλαε]) verleiht Agamemnons Aussage zusätzliche Emphase: KAHANE 1997, bes. 257 (vgl. 1994, 105). —

109–110 οὐδέ τί σε χρή | ταύτης ἀφροσύνης: ‘und nicht braucht es für dich | solche Sinnlosigkeit’ (­). οὐδέ τι: ‘und gar nicht’, wörtl. ‘und nicht in irgendeiner Hinsicht’; τι ist Akk. der Beziehung; vgl. 27n. (R 19.1). — ἀνὰ … σχέο: Imp. Med. ‘halte an dich!’; zur unkontrahierten Form R 6. — περ: konzessiv (R 24.10).

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Μενέλαε διοτρεφές: Nomen-Epitheton-Formel (7× Il., 8× Od.), immer nach der Zäsur A 4. — οὐδέ τί σε χρή: VE-Formel (8× Il., 7× Od., 3× hom.h.) mit Variante οὐδέ τί µε χρή (Il. 19.67 [s.d.], Od. 19.118). Χρή mit acc. pers. und gen. rei sonst nur in der Odyssee (AH; LEAF; KIRK); in der Ilias sonst mit Inf. (auch dieser urspr. genitivisch: ‘ein Bedürfnis nach’: SCHW. 2.366).

110b–111 2. VH von 110 ≈ 1.586, 5.382; 2. VH von 111 ≈ 11.543 (oft athetiert), 17.98. — halte an dich … | und streb nicht an … zu kämpfen: scharfe Zurechtweisung; Anklang an die Rede des Odysseus an Thersites, 2.247 (s.d.): ‘halte an dich und wolle nicht als einziger mit Königen streiten’; dort eine klar verächtliche und Thersites stark isolierende Aussage. — aus Wettstreitpflicht: Die gr. Wendung ex éridos bed. hier nicht ‘im Zweikampf’ (so LfgrE s.v. ἔρις, 701.62), da die kausale Präp. éx den Grund des Kämpfens angibt, nicht die Art und Weise (SCHW. 2.463). Eher ist tatsächlich der Wettstreit mit den anderen Griechen gemeint; vgl. die Definition von HOGAN 1981, zus.gefaßt 58: “éris means competitive rivalry which challenges the participants to prove their merit through self-assertion”; locus classicus ist der Hinweis auf die gute und schlechte éris bei Hes. Erga 11–26. Allgemein zum Begriff und seiner Anwendung in der Ilias (bes. im 23. Gesang) s. BIERL 2019. – Mit rhetorischem Geschick attestiert Agamemnon implizit beiden Seiten positiv deutbare Eigenschaften: seinem Bruder eine gewisse Tollkühnheit, den anderen Helden kluge Vorsicht (SCODEL 2008, 71; ähnlich schon schol. bT zu 111c). Weniger überzeugend erscheint es, daß er Menelaos unterstelle, sich aus bloßem Ehrgeiz im Zweikampf messen zu wollen (LEAF); es ist figurenpsychologisch plausibler, daß Agamemnon Menelaos’ Gefühl der Verantwortlichkeit für den Krieg und seine Scham angesichts der Passivität der Griechen durchschaut (vgl. HOGAN a.O. 46) – und taktvollerweise nicht erwähnt (KIRK). — besser: Daß ein Troer von einem Griechen als besser bewertet wird als sein griechischer Landsmann, ist bemerkenswert, wenn auch kein Einzelfall, vgl. das Schreckbild des männermordenden Hektor, das Achilleus Agamemnon vor Augen hält (1.241–243; STOEVESANDT 2004, 199f.). κηδόµενός περ: VE-Formel (in verschiedenen Kasus und Genera: 6× Il., 4× Od., 1× hom.h.); hier ‘Sorge, die zur Handlung treibt’ (ANASTASSIOU 1973, 135f.); vgl. 18.273 (Polydamas’ Aufforderung zum notwendigen Rückzug wider Willen): s.d. mit Lit. — µηδ’ ἔθελ(ε): ἐθέλειν steht öfter in der Bed. ‘sich hinreißen lassen zu’ in Warnungen und Drohungen, mit denen der Sprecher den Angeredeten in seine Grenzen weist: 1.277n. mit Stellen und Lit.

111 µηδέ: konnektives µηδέ steht bei Homer auch nach affirmativen Sätzen (R 24.8). — ἐξ: ‘infolge von, aus’. — σε’ ἀµείνονι: zum Hiat R 5.1; ebenso 115. — σε(ο): = σου (R 14.1); gen. compar. zu ἀµείνονι.

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112 2. VH = 15.167, 15.183; ≈ 17.203. — Ἕκτορι Πριαµίδῃ: flektierbare VA-Formel, nur in der Ilias (7× Nom., 3× Dat., 4× Akk.). — στυγέουσι: Etym. unbekannt; verwandte slawische Wörter drücken den Begriff des ‘Kalten’ aus (daher vielleicht der Name des ‘kalten’ Unterweltsflusses Styx); womöglich frühe semantische Spezialisierung auf seelisches Erleben (im Ggs. zu Kältegefühl durch äußere Temperatureinwirkung); praktisch synonym 114 ἔρριγ(ε), s. 113–114n.; vergleichbar sind dt. Ausdrücke wie ‘kalter Schauer läuft über den Rücken’, ‘kalte Füße bekommen’ etc. Hier in der spez. Bed. ‘aus Respekt Distanz halten vor einer soz. höheren oder an Kräften stärkeren Person’ (wie bei den Iterata: Zeus durch Iris zu Poseidon über das übliche Empfinden der anderen Götter ihm gegenüber): LfgrE, zur Wortwurzel στυγ- s. auch 1.186n; 2.385n; zum Wortfeld ‘Kälte’ allg. 6.344n. mit Lit.

113–114 2. VH von 114 = 16.709, 21.107. — Sogar Achilleus: wohlmeinende Übertreibung des Agamemnon (LEAF; KIRK; WILLCOCK; FARRON 1978, 43 Anm. 20; STOEVESANDT 2004, 200); nicht wörtlich zu nehmendes exemplum extremum (LOHMANN 1970, 128 Anm. 59; vgl. 6.98–101, wo Helenos über Diomedes sagt, er sei furchterregender als Achilleus [s. 6.96–101n.]). Es ist in der Ilias nie davon die Rede, daß Achilleus sich Hektor unterlegen gefühlt habe (vgl. 9.352–355, wo Achilleus das Gegenteil insinuiert; auch 1.240–244 sagt er implizit, daß [nur] er es mit Hektor aufnehmen könne; vgl. ferner 5.788–791: Hera über die Furcht der Troer vor Achilleus). Die vorl. Aussage als Hinweis auf eine der Iliashandlung vorausgehende Episode im Troia-Mythos zu deuten, ist Spekulation und überflüssig angesichts des offensichtlichen rhetorischen Zwecks, den Agamemnon hier verfolgt (KULLMANN 1960, 183. 274. 291). Daneben scheint die Erwähnung des Achilleus auch auf ErzählerP-Ebene motiviert, um den Haupthelden des Epos während seiner langen Abwesenheit nicht in Vergessenheit geraten zu lassen (schol. bT; STR 22 mit Abb. 2). — viel besser: Zur Auszeichnung des Achilleus als ‘Bester’ der Achaier s. 16.21n.; hier argumentum a fortiori (‘selbst Achilleus fürchtet Hektor, um wieviel mehr also mußt du das tun’) wie 16.709 (Apollon zu Patroklos: ‘wenn es nicht einmal Achill vergönnt ist, Troia zu erobern, dann dir erst recht nicht’; s.d.; vgl. BAKKER 1988, 79f.). Die im fgrE mehrfach getroffene Aussage, x sei viel besser als y, ist im Erzählerkommentar neutral (s.o. 105n.); sie mag auch in der FigurenP-Rede nicht immer herabsetzend sein, selbst dann nicht wenn es sich bei y um den Angeredeten handelt. Dennoch handelt es sich um eine stark pointierte Aussage, die in anderem Kontext durchaus beleidigend gemeint ist (Od. 2.180: der Freier Eurymachos zu dem Seher Halitherses) oder zumindest schonungslos die

112 τόν: demonstr.-anaphor. Pron. in der Funktion eines Rel.-Pron. (R 14.5). — τε: ‘episches τε’ (R 24.11). — στυγέουσι: zur unkontrahierten Form R 6. 113 καί: hier ‘sogar’. — Ἀχιλεύς: zum einfachen -λ- R 9.1. — µάχῃ ἔνι: = ἐν µάχῃ (R 20.1– 2); zum Hiat R 5.6. 114 ἔρριγ(ε): 3. Sg. Perf. zu ῥιγέω ‘schaudern vor’ (mit ἀντιβολῆσαι zu verbinden). — ὅ περ: ‘der doch’. — σέο: 111n. — πολλόν: adv. Akk. ‘um vieles’; zur Flexion R 12.2.

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Tatsachen klarstellt (Il. 16.709, s.o.; 21.107: Achilleus über sich selbst im Vergleich zu Lykaon, den er zu töten im Begriff ist). Natürlich kommt das Motiv auch umgekehrt als Lob des Überlegenen vor, so unten in 457; ferner in 16.722–723 (s.d.), 19.217, 20.434. – Agamemnons Schwanken zwischen Diplomatie und Ärger ist bereits in der Antike bemerkt worden: einerseits wählt er mit Bedacht Achilleus als Vergleichspartner, dem unterlegen zu sein für niemanden eine Schande ist (schol. bT zu 113–114), andererseits ist seine Formulierung durch die konkrete Benennung des Schwächeren kränkender als die allgemeiner formulierte Parallele 1.581, wo Hephaistos über Zeus sagt, er sei ja ‘der Stärkste’, ohne die Unterlegenheit einer Partei (in diesem Fall v.a. der Hera) explizit zu machen (schol. AT zu 114 mit Bezug auf die gut belegte v.l. zu 1.581: méga phértatós estin). καὶ δ(έ): hier ‘und sogar’; leitet ein bes. hervorstechendes Bsp. für die vorhergehende Aussage ein (AH: wie Od. 13.302; ebenso καὶ γάρ in 2.377 u.ö. [s.d. mit Lit. und Stellen]). — τουτῷ: deiktisch; Agamemnon zeigt auf Hektor (101–102n.). — µάχῃ ἔνι κυδιανείρῃ: VE-Formel (4× Il.; Variante µάχην ἐς/ἀνὰ κυδ.: 4× Il.; s. 14.155n. mit Stellen). Das EpithetonP ist hier ornamental; zu einer kontextbezogenen Verwendung s. 6.124n. (mit Lit. auch zur Wortbildung). — ἔρριγ(ε): ῥιγεῖν bed. eigtl. ‘kalten Schauder empfinden’, dies jedoch nie durch äußere Temperatureinwirkung, sondern als psychosomat. Reaktion auf eine Gefahr (LfgrE; 19.325n. mit Lit., ZINK 1962, 16; vgl. oben 112n. zu στυγέουσι); hier mit Inf. ‘davor zurückschrecken, etwas zu tun’. — ἀντιβολῆσαι: ursprgl. ‘(zufällig) begegnen’(24.375, 11.808), dann als milit. t.t. ‘(bewußt) entgegengehen, entgegentreten’: so wohl hier. — πολλὸν ἀµείνων: VE-Formel (5× Il., 2× Hes.). 115 2. VH = 17.581. — ἀλλὰ σὺ µέν: VA-Formel (14× Il., 3× Od.: 18.408–409n.); ἀλλά beim Imperativ am Ende von Reden markiert den Übergang zum Handeln (2.360n.; zur VAFormel ἀλλὰ σύ s. 1.127n.). — ἵζε(ο): zur restituierten Schreibweise ⟨εο⟩ statt des gut überlieferten ⟨ευ⟩ s. G 45 Anm. 25. — ἔθνος ἑταίρων: VE-Formel (6× Il.). Ἔθνος ist in der Ilias auf den militärischen Kontext beschränkt: ‘Heerhaufen, Menge’, s. 2.87n. und 3.32n. mit Lit.

116–119 118 ≈ 19.72; VE von 118b–119 = 173f.; 119 ≈ 5.409; 1. VH von 119 = 17.189, 19.73, 21.422. — Die Iteratverse haben durch den Kondizionalsatz und die explizite Erwähnung, der Überlebende müsse froh sein, mehr Gewicht als an der Iteratstelle 173f. (s. 173b–174n.); ihre Interpretation erfordert zunächst eine Entscheidung darüber, an wen Agamemnon die Verse richtet: 1. nur an Menelaos oder 2. an alle Versammelten. 1. Im ersten Fall bezieht sich Agamemnon auf den unmittelbar vorher genannten ‘Vorkämpfer’ (116, gr. prómos); Menelaos mag gegen Hektor chancenlos sein, aber auch jeder andere potentielle Zweikämpfer wird froh sein können, diesem gefährlichen Gegner lebendig zu entrinnen. Es ist dies die wahrscheinlichste Deutung, auch wenn die deutlichste Parallele zur vorl. Stelle, 19.71–73 (Achilleus drängt Agamemnon zur Wiederaufnahme der

115 ἵζε(ο): = Imp. Med. ‘setz dich’. — µετά (+ Akk.): ‘mitten unter, zu’.

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Kampfhandlungen), sich klar auf die Feinde bezieht: ‘Nein – von ihnen [den Troern] wird so mancher | heilfroh, denk’ ich, das Knie zu Boden beugen, der vielleicht entkommen | aus dem zerstörerischen Kampf ist unter unsrer Lanze!’ 2. Spricht Agamemnon zu allen Versammelten, so ist Hektor gemeint, der froh sein muß, die Begegnung mit einem griechischen Helden zu überleben. Agamemnon würde sich dann um “rhetorical control” bemühen (SCODEL 2008, 71), um einen anderen potentiellen Zweikämpfer zu ermutigen bzw. die Troer einzuschüchtern. Diese Interpretation bringt das Problem eines logischen Bruchs mit sich: zuerst betont Agamemnon ausführlich Hektors Furchtbarkeit – dann behauptet er, daß wer auch immer sonst Hektor auf griechischer Seite entgegentreten möge, diesen nur knapp entkommen lassen werde (vgl. AH, KIRK). Dies erscheint allenfalls durch einen Adressatenwechsel erklärbar (zwar hat Agamemnon Menelaos an der Hand gefaßt [108], steht also nahe bei ihm, nun wendet er sich aber ermutigend an alle Griechen und einschüchternd an die Troer). Ein Adressatenwechsel (1.105–120n.; 1.334–344n.; 2.284–298n.) ist im homerischen Epos zwar nicht immer explizit angezeigt (SAMMONS 2009 nennt u.a. 4.155–182; auch dort hält Agamemnon Menelaos’ Hand: 154), erscheint hier aber aufgrund der Zusammenfassung in 120 (Agamemnon hat seinen Bruder überzeugt) nicht sehr wahrscheinlich. 116 πρόµον: 75n. 117 εἴ περ: “concessive conditional” (WAKKER 1994, 317) zwischen ‘selbst wenn’ und ‘obwohl’. — ἀδειής: ‘furchtlos’; nur hier und in der Nomen-EpithetonP-Formel κύον ἀδ(δ)εές (8.423, 21.481, Od. 19.91). Das Adj. setzt sich zusammen aus α- priv. und *δϝ(ϳ)ε(σ)-; aufgrund des ausgefallenen Digamma sollte das δ eigentlich verdoppelt sein; das Wort ist einer nachhom. Modifikation also “sehr verdächtig” (AHRENS [1843] 1891, 93; vgl. ebd. Anm. *; CHANTR. 1.102; 163). µόθου: ‘Kampfgetümmel’; 5× Il., 1× ‘Hes.’, 1× hom.h. (darunter 4× in der Formel κατὰ µόθον: 18.158b–160n.). — ἀκόρητος: Verbaldadj. mit α privativum zu κορέσαι ‘sättigen’, also ‘unersättlich’; wird im hom. Epos immer metaphorisch verwendet und immer mit dem Gen. part. eines Begriffs aus dem Wortfeld ‘Kampf, Krieg’ verbunden (außer 14.479, s.d.); zum weiteren Vorkommen (auch zu κορέσαι und κόρος s. 19.221n. mit Lit.; zur Metapher ‘satt vom Kampf’ s. 19.402n. (vgl. 6.203n.); zu dem bei Homer vielfach vorkommenden Motiv fehlender Mäßigung s. CLASSEN 2008, 103–118; vgl. LATACZ 1966, 181f.

118–119 ≈ 19.72f.; 118b–119 = 7.173f. — das Knie noch beugen: entweder vom schnellen Lauf (‘Fersengeld geben’) oder ‘sich niederlassen’, um sich nach geglückter Flucht (gr. phygḗsin kann bed. ‘er flieht’ oder ‘er entkommt’) oder

116 τούτῳ: dat. incommodi wie τῷδε in 101. 117 ἐστ’: = ἐστί. 118 µιν: = αὐτόν (R). — αἴ κε: = ἐάν (vgl. R 22.1, 24.5). — φύγησιν: 3. Sg. Konj. (R 16.3), effektiver Aor. ‘entkommen’.

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einfach nach dem Kampf auszuruhen: schol. A zu 7.117–118; KIRK zu 117–119; 19.72n. mit Lit. ἀσπασίως: ‘in willkommener Weise’, d.h. ‘froh’; Deverbativum zu ἀσπάζοµαι; zur Bildung und zum Vorkommen im Kontext von Entkommen und Flucht aus der Schlacht 19.72n. mit Lit. — φύγησιν: zur Konj.-Endung -ησι(ν) ohne ι subscr. s. WEST 1998, XXXI. — δηΐου … δηϊοτῆτος: die Wiederholung wurde als störend empfunden (LEAF); diese Art der figura etymologica ist im fgrE aber keineswegs selten (KIRK; FEHLING 1969, 164; CLARY 2009), vgl. 24.772: σῇ τ’ ἀγανοφροσύνῃ καὶ σοῖς ἀγανοῖς ἐπέεσσι (24.770–775n.) oder auch 7.109f.: ἀφραίνεις … οὐδέ τί σε χρή | ταύτης ἀφροσύνης. Zu δηϊοτής s.o. 29–31a n.; δήϊος, hier ‘feindlich, zerstörerisch’, wird bei Homer sonst als Epitheton von πῦρ, πόλεµος und ἀνήρ gebraucht. — πολέµοιο καὶ … δηϊοτῆτος: s.o. 29–31a n. — αἰνῆς δηϊοτῆτος: flektierbare VE-Formel (Gen./Dat. Sg., insges. 10× Il., 3× Od., 2× Hes.).

120–121a ≈ 6.61–62a; 120 = 13.788. Im 6. Gesang ist ebenfalls von Agamemnon und Menelaos die Rede, im 13. von Paris und Hektor; im jeweils ersten Vers obsiegt die Meinung des einen Bruders, was im zweiten Vers im 6. Gesang und an der vorl. Stelle durch den Erzähler-KommentarP unterstützt wird, daß dies auch ‘das Rechte’ sei. An der vorl. Stelle unproblematisch, wirkt letzteres 6.62 irritierend (Agamemnon hindert Menelaos mit harschen Worten an der Schonung eines troianischen Gegners); insgesamt bed. ‘das Rechte’ (gr. áisima) wohl an beiden Stellen keine moralische Wertung, sondern einfach ‘der Situation und den sozialen Normen entsprechend; angemessen, vernünftig’ (6.62a n.; STOEVESANDT 2004, 152–155). An der vorl. Stelle könnte auch die Bed. ‘schicksalshaft’ mitschwingen (GOLDHILL 1990, 376), die im 6. Gesang nicht recht paßt (s.d.); hier sind Agamemnons Worte insofern schicksalshaft, als er damit Menelaos’ Leben rettet. Bedenkenswert ist ferner die Interpretation von BOSTOCK 2015, der gr. pareipṓn nicht als ‘raten’ (mit dem Ratschlag als Akkusativ-Objekt áisima), sondern als ‘überreden’ auffaßt (“try to make someone think differently about something”) wie paráuda in Od. 11.488; in beiden Fällen wäre dann gemeint: ‘den Bruder im Hinblick auf das Rechte überreden’ (áisima als Akkusativ der Beziehung), ohne daß das ‘Rechte’ objektiv definiert wäre. παρέπεισεν: auffällig sind hier die Assonanzen und Alliterationen εἰπὼν παρέπεισεν … | … παρειπών … ἐπείθετο … ἔπειτα (KIRK: “aural fireworks”; vgl. 1978, 28). — ἀδελφεόο: rekonstruierte, prosodisch passendere Form (überliefert: ἀδελφειοῦ mit metr. Dehnung -ει): 6.61n. mit Lit. — φρένας: zur urspr. Bed. ‘Zwerchfell’ 1.103n.; hier ohne gravierenden Bed.-Unterschied zu anderen Lexemen des Wortfelds ‘Seele-Geist’: 6.61n.; freilich suggeriert das Überzeugen von φρένες eine grundsätzliche Offenheit, im Gegensatz zu θυµός, wo immer eine Prädisposition des Angesprochenen vorhanden ist (VAN DER MIJE 2011). — ἥρως: Der Begriff charakterisiert die menschl. Akteure der epischen Erzählung als

120 ὥς: = οὕτως. — ἀδελφεόο: = ἀδελφοῦ (­). 121 παρ(ϝ)ειπών: zur Prosodie R 4.5.

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Angehörige einer großen Vergangenheit; hier Periphrastische BenennungP für einen herausragenden Krieger; daneben bisweilen generisches EpithetonP versch. Haupt- und Nebenfiguren oder im Pl. mit Bezug auf die Kämpfer auf troianischer und griechischer Seite: 6.34–35 mit Lit.

122 2. VH (von der Zäsur B 2 an) = 16.782, 16.846; s. 16.782n. zu ähnlichen Formeln; zu weiteren Ausdrucksweisen für die Aussage ‘Rüstung von den Schultern abnehmen’ s. 16.559–560n. — in tiefer Freude: Die Besorgnis der Knappen um Menelaos ist deutlich (schol. bT); entsprechend sind sie beruhigt über seinen Rückzug (LATACZ 1966, 153–156). — nahmen … von den Schultern die Rüstung: normalerweise vom getöteten Gegner (vgl. oben 78n.); Menelaos wirkt durch die Anwendung der Formel machtlos wie ein Toter (vorsichtig KIRK: “the peaceful action of Menelaos’ servants ‘taking’ armour off shoulders could carry a residual echo of the more violent removal from corpses in battle”). – Durch den Rückgriff auf die in 103 bereits erwähnte Rüstung wird die Szene in sich abgeschlossen. — die Gefährten: gr. therápōn bezeichnet anderen untergebene, aber freie Männer unterschiedlichen sozialen Ranges (von einfachen Bediensteten im eher zivilen Kontext der Odyssee bis zu stellvertretenden Befehlshabern eines Kontingents in der Ilias): LfgrE; 1.321n.; NDOYE 2010, 178–188. ἀπ’ ὤµων τεύχε’ ἕλοντο: zum Formelsystem s. KIRK; 16.559–560n. mit Lit.; neben der hier vorl. Formulierung kommen im fgrE auch ἀπό τ’ ὤµων τεύχε’ ἕληται (16.650), ἀπ’ ὤµων τεύχε’ ἐσύλα (3× Il.), αἴνυτο τεύχε’ ἀπ’ ὤµων (2× Il.) u.a. vor; vgl. 19.412.

123–169 Im Zuge einer tadelnden Rede erinnert Nestor daran, wie er als jüngster Kämpfer in der Schlacht zwischen Pyliern und Arkadern den gefürchteten Ereuthalion getötet habe. Daraufhin erklären sich mehrere Griechenhelden bereit, mit Hektor zu kämpfen. 123 1. VH = 6.66; 2. VH = 7.94; ≈ Od. 24.422. — Die Fürsten, die 106 aufgesprungen waren, haben sich inzwischen wieder gesetzt (AH); nun steht Nestor (FM 2.3) auf. Aufgrund seines Alters ist er selbst nicht in der Lage, die Herausforderung anzunehmen, folglich ist seine Figur geeignet, die jungen Kämpfer nun zum Handeln zu bewegen (schol. bT), zumal er gerade als bejahrter Kämpfer hohes Ansehen genießt und außerdem über herausragende Fähigkeiten als Redner verfügt (beides wird oft betont: 1.247ff., 4.322f., 7.324f., 9.93ff., s. 2.21n.; HELLMANN 2000, 45f.; allgemein zum Verhältnis von Lebensalter und Erfahrung 1.259n. mit Lit. und HELLMANN a.O. 45–48; zur Bedeutung des Lebensalters für die soziale Stellung s. ULF 1990, 51–83). – Nestor tritt in den homerischen Epen häufig dann

122 τεύχε’ ἕλοντο: zum Hiat R 5.1. — ἕλοντο: = εἵλοντο; zur augmentlosen Form R 16.1. 123 Ἀργείοισιν: zur Flexion R 11.2; ‘unter den Argeiern’ (↑). — µετέειπεν: = µετεῖπεν (vgl. 23n.).

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in Aktion, wenn die Handlung einen toten Punkt erreicht hat, vgl. auch 1.254ff. und 9.96ff. (REINHARDT 1961, 76f.), ferner 10.17ff., 11.597ff., 145ff., 14.1ff. Ἀργείοισιν: das Publikum eines Redners erscheint häufiger im Lokativ (1.68n.); zur Bez. ‘Argeier’ s. 1.2n.

124–160 Eine der vier großen Reden des Nestor in der Ilias (noch 1.254ff., 11.656ff., 23.626ff.). Zunächst dienen Nestors Reden seiner Selbstlegitimation: er untermauert seine Autorität durch den Verweis auf seine frühere Körperkraft und Kampfleistung (HELLMANN 2000, 43–45) sowie auf sein hohes Alter und die damit einhergehende Erfahrung (123n.). Daneben operieren alle iliadischen Nestorreden auf der Basis von ParadeigmataP (1.259–274n. mit Lit., ferner TOOHEY 1994; PRIMAVESI 2000 [zur Bed. besonders auch der Jugend-Erinnerungen], anders als seine Erinnerungen in der Odyssee [MINCHIN 2012, 89]), vgl. mit ähnlicher Funktion die Rede des alten Phoinix an Achilleus mit dem mythischen MeleagrosExemplum (9.434ff.: KIRK zu 7.123–60). – Die Exempla der vorliegenden Rede sind klar auf die gegenwärtige Situation bezogen (Schlüssel-FunktionP): wie Hektor einen der ‘besten’ Griechen herausgefordert hat (50, 73), so wollte auch Ereuthalion mit einem der ‘besten’ Pylier kämpfen (150); wie die Griechen sich fürchten und schweigen (92f.), so verängstigt sind auch die Pylier (151; s. WEST 2011 z.St.). Daneben antizipiert die Formulierung beim Tod des Areïthoos (145: ‘da fiel jener rücklings auf den Boden’), das Niederstrecken des Hektor durch Aias (271: ‘rücklings stürzte der lang hingestreckt zu Boden’; s. ALDEN 2000, 88). Auf der FigurenEbeneP betont Nestor im Rückblick v.a. die Antithese zwischen seinem jugendlichen Selbst und den aktuell sich fürchtenden Griechen: während Nestor als der Jüngste von allen (153) den größten und stärksten Mann getötet hat (155), ducken sich die Edelsten aller Griechen jetzt (159) feige vor Hektor (LOHMANN 1970, 78f. Anm. 135). – Der paradigmatische Charakter wird hier auch durch den Erfolg der Rede deutlich: nachdem Nestor sein eigenes Beispiel angeführt hat, werden sich in 161ff. neun Helden zum Zweikampf stellen. Die vorl. Scheltrede (95–102n.) ist ringkompositorischP gegliedert; jeder ‘Ring’ führt tiefer in die Vergangenheit und bindet die Exempla so organisch an das aktuelle Geschehen an (vgl. KIRK zu 7.137–150; WILLCOCK zu 7.132–157; VAN OTTERLO 1948, 16–18; VESTER a.O. 65–67; GAISSER 1969, 8; LOHMANN a.O. 27f.): A Vorwurf der Feigheit an die Griechen; Ausmalen von Peleus’ Betrübnis, würde er davon erfahren (124–131); auch in sich selbst ringkompositorisch, s. 124–131n. B Wunsch des Redners, er selbst wäre jung (132–133a). C Exemplum 1: Ereuthalions Herausforderung zum Duell im Zuge des Krieges der Pylier gegen die Arkader, an dem Nestor in seiner Jugend teilgenommen hat (133b– 136).

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D Exemplum 2: Geschichte der Waffen des Ereuthalion: das Duell zwischen Areïthoos und Lykóorgos (137–150a n.; durch das überleitende Waffenmotiv zu Beginn und am Ende ist die Passage auch in sich selbst ringkompositorisch gegliedert, vgl. KIRK zu 7.137). C’ Fortsetzung Exemplum 1: Schrecken der Pylier angesichts der Herausforderung des Ereuthalion; Nestors Mut und siegreicher Kampf (150b–156). B’ Wunsch des Redners, er selbst wäre jung (157f.). A’ Vorwurf der Feigheit an die Griechen (159f.). Die kunstvolle Konstruktion erinnert an spätere Rhetoren-Technik: A stellt gleichsam das exordium dar, B die prothesis, C-D-C die paradeigmata; die prothesis wird als B’ wiederholt; A’ kann als eine Art Epilog gelten (TOOHEY 1994, 158). 124–131 In der Einleitung zu seiner Rede schildert Nestor den Schmerz des Peleus, des Vaters des Achilleus, sollte er von der Angst der Griechen erfahren. Dieser erste Teil des Außenrings (A) ist in sich ebenfalls ringkompositorisch gegliedert (AH; LOHMANN 1970, 27f.): a Peleus würde laut wehklagen (124–126); b dabei hatte er sich damals so gefreut – über all die edelgeborenen Kämpfer (127f.); a’ wenn er jetzt aber von der Feigheit aller Griechen hörte, würde er sterben wollen (129–131). Solche Binnengliederungen der einen Hälfte eines ‘Rings’ kommen in der Ilias öfter vor, vgl. 11.656ff., 19.155ff. (LOHMANN a.O. 89 Anm. 146; 19.155–172a n.). Trotz dieser Symmetrie wirkt die Passage stark emotional, da der für das Verständnis von a nötige erklärende Kondizionalsatz 129 durch den Einschub b ungewöhnlich lange hinausgezögert ist (und von WEST sogar durch Punkt abgetrennt wird): b wird damit zum erregten, emphatischen Exkurs. – Peleus ist Nestors Altersgenosse; darauf weisen die Epitheta ‘Wagenritter’ (gr. hippēláta) und ‘Ratgeber’ (gr. agorētḗs) hin, die meist Helden aus einer früheren Generation bezeichnen (124–125n., 126n.); Nestor referiert auch 11.772–790 eine Geschichte, in der Peleus als graue Eminenz auftritt (GRETHLEIN 2006, 73 und Anm. 96 mit weiterer Lit.). Das Heraufbeschwören einer anderen, älteren Autoritätsperson enthebt Nestor der Notwendigkeit, explizite Kritik im eigenen Namen zu üben (GRETHLEIN a.O. 74). Daß er an der vorl. Stelle ausgerechnet den Vater des grollenden Achilleus nennt, den es eigentlich freuen müßte, wenn die Griechen Probleme bekommen, wird in den Scholien als äußerst raffinierte Implikation erklärt: 1. die anwesenden Kämpfer sollen sich die Reaktionen ihrer eigenen Väter vorstellen – wenn schon der Vater des vergrätzten Achilleus unter der Situation leiden würde; 2. die Griechen sollen sich an Achilleus erinnern, der Hektor überlegen wäre und nicht zögern würde, die Herausforderung anzunehmen (so auch LOWENSTAM 1993, 73 Anm. 39; GRETH-

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LEIN a.O.; SCODEL 2008, 71); 3. die Troer sollen die enge Beziehung des Peleus zum griechischen Heer begreifen und daraus schließen, daß Achilleus’ Groll nicht von langer Dauer sein kann. – All diese Überlegungen sind wohl zu kompliziert (vgl. DENTICE DI ACCADIA AMMONE 2012, 152f. und Anm. 27); eher beschwört Nestor hier einfach eine ‘Vaterfigur’ von großer Autorität herauf (KIRK; CROTTY 1994, 28: “communal conscience”), die in der Ilias mehrfach als solche zitiert wird (von Odysseus gegenüber Achilleus in 9.252–259, von Nestor gegenüber Patroklos in 11.783f.). Die Väter der anderen vor Troia kämpfenden Männer macht Nestor über das Genealogiethema in 128 ebenfalls präsent. Zu der in der Ilias häufiger gestellten Forderung, ‘das Geschlecht der Väter nicht zu schänden’ s. 6.209n. mit Stellen und Lit.; das ‘Väterthema’ ist in der Ilias ferner auch in der Figur des Priamos präsent, Vater des Haupthelden der anderen Seite (von Priamos und Achilleus werden die beiden Vater-Sohn-Paare explizit verglichen: 22.420–422; 24.486ff. [s. 24.486–489n., 24.488–489n., 24.493–494n.; 24.516n.; 24.534–548n.; 24.538–542n.; 24.541n.; 24.542n.]). Schließlich ist auch Nestor selbst “personifizierte Tradition” (GRETHLEIN a.O.; vgl. MARTIN 1989, 108: “keeper of traditions and overseer of poetic memory”; DICKSON 1995, 72: “encyclopaedic memory of his group”). 124–125 124 = 1.254; 2. VH von 125 = 9.438, 11.772, 18.331. An der Iteratstelle 1.254 rügt Nestor Agamemnon und Achilleus wegen ihres Streits. Während er an der vorl. Stelle damit fortfährt, auf den potentiellen Schmerz des Peleus über die Angst der Griechen hinzuweisen, imaginiert er im 1. Gesang die Freude des Priamos angesichts ihrer Zerstrittenheit; in beiden Passagen wird das gr. Verb gēthéō (‘sich freuen’) eingesetzt; hier 127 (s.d.) zur Schilderung von Peleus’ früherer Genugtuung angesichts der griechischen Kämpfer (AH; KIRK). — das Land Achaia: hier Gesamtbezeichnung für die Heimat der Griechen (1.2n. mit Lit.; 1.254n.). Hier ist die Vorstellung des troianischen Krieges als einer panhellenischen Unternehmung wirksam: die Feigheit der besten Griechenhelden wird als Schande für das ganze Land dargestellt (STOEVESANDT 2004, 348f.; vgl. 41f. mit Anm. 173).

ὦ πόποι: Ausdruck der (meist negativen) Überraschung in direkten Reden (1.254n.), oft, wie hier, im Kontext einer Ermahnung wegen ungebührlichen Verhaltens (LfgrE s.v. πόποι). — ἦ µέγα … | ἦ … µέγ(α): affektbetonende Anapher (auch an der Iteratstelle beginnt der 2. Vers [1.255] mit ἦ κε); dazu tritt als Kontrast dasselbe Adverb bei der Freude des Peleus in 127 (µέγ’ ἐγήθεεν). In den Reden des eloquenten Nestor (1.248–249n., 1.249n.) taucht die Figur der Anapher des öfteren auf (in seinen Reden des 7. Gesangs allerdings vergleichsweise sparsam): DI BENEDETTO 2000. Zu ἦ als Anzeichen des Sich-Hineinversetzen in andere

124 πόποι, ἦ: zur sog. Hiatkürzung R 5.5. — ἦ: emphatisch, v.a. in direkten Reden (R 24.4); ebenso in 125. 125 κε: = ἄν (R 24.5); ebenso 130 κεν. — µέγ(α): adv., ‘sehr’; ebenso 127. — ἱππηλάτα: Nom. Sg. (↑).

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(Theory of Mind) s. SCODEL 2012, bes. 329. — πένθος: bed. hier die Trauer und Beschämung über die kollektive Schmach einer drohenden Niederlage (1.254n. mit Lit.; LfgrE s.v. 1150.5ff.). — ἦ κε µέγ’ οἰµώξειε: möglicherweise eine (sonst nicht mehr belegte) VAFormel; darauf weist ihre Verwendung bei Hdt. 7.159 hin (dort ebenfalls in hexametrischer Kombination mit einer Nomen-Epitheton-Formel und in direkter Rede). Oἰµώζω bez. das Aufschreien aus körperl. oder seel. Schmerz; nur von Männern (LfgrE s.v.; dort auch mit Lit. zur Wortbildung auf der Basis der Interjektion οἴµοι). Μέγα bez. hier nicht nur die Intensität des Affekts (s.o.), sondern evoziert auch eine akustische Vorstellung von großer Lautstärke (KAIMIO 1977, 25). — ἱππηλάτα: bed. ‘Wagenritter’; der Nom. auf -ᾰ ist wohl vom Vok. auf den Nom. übertragen (s. zum Synonym ἱππότα 2.336n. und zu µητίετα 1.175n., beide mit Lit.). Meist formelhaft mit γέρων verbundenes EpithetonP bei Helden der älteren Generation (19.311n.), wohl aufgrund der metrischen Kombinierbarkeit des Epithetons mit den alten, zweisilbigen Namen auf -ευς (neben Peleus noch Phyleus, Tydeus und Oineus: KIRK).

126 Die formelhafte Benennung des Peleus in einem ganzen Vers signalisiert die Autorität, die ihm hier eingeräumt wird (vgl. 13n.). βουληφόρος ἠδ’ ἀγορητής: Mann des Rates der Ältesten/Anführer/‘Kader’ (βουλή) und Redner in der Vollversammlung (ἀγορά); zu den beiden Gremien s. 1.54n., 1.144n. und 2.194n. mit Lit., dazu SCHULZ 2011, 5–89; s. ferner PELLOSO 2012, 40f. zu den Funktionen der ἀγορά. Auch ἀγορητής bez. v.a. gealterte Helden: sonst noch von Nestor (1.248, 4.293) und den troischen Greisen (3.150), daneben von Thersites (2.246, allerdings wohl ironisch: LfgrE) und von Telemachos (Od. 20.274; für die Freier kommt die altersuntypische Eloquenz des jungen Mannes freilich überraschend: 268f.).

127–128 128 ≈ 15.141. — Bei der hier anzitierten Episode handelt es sich um Nestors und Odysseus’ Besuch in Phthia, bei dem sie Achilleus und Patroklos rekrutiert hatten; Nestor wird darauf noch ausführlicher zurückkommen (11.765–790; auch Odysseus ruft die Episode in 9.252–259 in Erinnerung; eine andere Version der Geschichte findet sich in Cypr. fr. 19 West). – Nestors Kenntnis der griechischen Genealogien aller Kämpfer (pántōn Argeíōn) verleiht ihm eine Art Autorität über die FigurenP-Ebene hinaus, bedenkt man, daß KatalogeP sonst Sache des Erzählers sind – und selbst dieser weist beim Herzählen der griechischen Kämpfer vor Troia auf seine Grenzen hin (2.488–492n.): vgl. DICKSON 1995, 72–75. — hocherfreut war: Peleus’ Genugtuung angesichts der adligen Herkunft der Kämpfer steht in emphatischem Kontrast zu seinem von Nestor imaginierten Entsetzen darüber, wie wenig sie dieser Herkunft Ehre machen (ALDEN 2000, 86; GRETHLEIN 2006, 73; 126 ἠδ(έ): ‘und’ (R 24.4). 127 εἰρόµενος: zu εἴροµαι ‘befragen’. — ἐγήθεεν: zur unkontrahierten Form R 6.— ᾧ ἐνί: zum hiatüberbrückenden unsilbischen ι (hōj ení) M 12.2. — ᾧ: Possessivpron. der 3. Person (R 14.4). — ἐνὶ (ϝ)οίκῳ: zur Prosodie R 4.3. — ἐνί: = ἐν (R 20.1). 128 ἐρέων: ‘fragen nach’ (+ Akk.); führt das vorangegangene allgemeine εἰρόµενος aus; zur unkontrahierten Form R 6. — γενεήν: zur Form (-η- nach -ε-) R 2.

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zur paradigmatischen Bedeutung und auch zum Unterhaltungswert von Genealogien für ein antikes Publikum s. ALDEN a.O. 153ff.; vgl. die in den hom. Epen immer wieder auftauchende Frage nach Herkunft und Familie, z. B. 6.145 [s.d.] und den odysseischen Formelvers ‘Wer und woher bist du von den Menschen? Wo sind dir Stadt und Eltern?’ [Od. 1.170, 10.325, 14.187, 15.264, 19.105, 24.298]). εἰρόµενος … | … ἐρέων: zur Wortwiederholung vgl. 118–119n. — ἐγήθεεν: Das Verb bez. hier wie öfter die Genugtuung über die Tüchtigkeit eines Menschen: LATACZ 1966, 141–143 (dort auch zur Abgrenzung von stärker affekthaftem χαίρω). — ᾧ ἐνὶ οἴκῳ: VE-Formel (3× Il., 7× Od., 1× ‘Hes.’). — γενεήν τε τόκον τε: flektierbare VE-Formel (noch Il. 15.141; Od. 15.175); die Begriffe bez. beide die Herkunft (τόκος bed. erst im späteren Griechisch ‘Nachkommenschaft’: FAESI/FRANKE; AH; LEAF; KIRK [anders schol. A, D: πατέρα καὶ παῖδα]; zur synonymischen Doppelung 1.160n., 2.39n.). 129 πτώσσοντας: πτώσσω ist Denominativum zu πτώξ ‘Ducker’; dies ist wiederum Wurzelnomen zu πτῆξαι (trans. ‘niederdrücken’ oder wie πτώσσω ‘sich niederducken’): LfgrE s.vv. mit Lit.; vgl. 2.312n., 14.40n. Nur hier mit ὑπό und Dat. (AH: nach Analogie von φέβεσθαι [11.191, 15.637], κλονέεσθαι [5.93]). Das Verb ist immer mit Angst verbunden und daher negativ konnotiert: ‘sich ängstlich im Hintergrund halten’, hier geradezu ‘sich wegducken, sich drücken’; vgl. 4.224, 340, 371 (KURZ 1966, 55 Anm. 18). — ἀκούσαι: ‘wenn er hören würde, daß’ (ἀκούω mit AcP nur hier im fgrE; ebenso noch πεύθοµαι in Od. 4.732: AH; LEAF; später werden Verben der Wahrnehmung im Sinne von ‘erfahren’ meistens mit AcP konstruiert: SCHW. 2.107).

130–131 2. VH von 131 = 3.322, h.Ven. 154; von der Zäsur C 1 an = Il. 11.263, 14.457, 24.246, Od. 9.524, 11.150, 11.627, 23.252; von der Zäsur C 2 an = Il. 6.284, 6.422, 22.425, ‘Hes.’ Sc. 151, Theb. fr. 3.4 West. — das Leben: Das gr. Wort thymós bez. hier die Lebenskraft (s.u.); gemeint ist also der Vorgang des Sterbens (16.410n. mit Lit.). — eingehn in das Haus des Hades: geläufige Wendung, die den Tod umschreibt, s. 3.322n., 6.19n., 14.457n. mit Lit. auch zu ähnlichen iliad. Formulierungen; zu Hades vgl. 1.3n. (Namensform), 3.322n. (neuere Lit. zur umstrittenen Etymologie), FG 14 (Mythos); zur Wendung ‘lieber sterben als etwas miterleben müssen’ s. 24.224b–227n. mit Stellen und Lit. φίλας: fungiert hier als Possessivpronomen, wie oft bei Homer (1.20n., 3.31n.). — ἀνὰ χεῖρας ἀείραι: ungewöhnl. Formulierung; das Heben der Arme zu den Göttern wird im fgrE sonst (auch 7.177) mit der flektierbaren VE-Formel χεῖρας ἀνέσχον umschrieben (KIRK; 3.275n. mit Lit. zu der dort beschriebenen Gebetshaltung); wie hier als Geste intensiver

129 τοὺς … πτώσσοντας ὑφ’ Ἕκτορι: AcP, ‘[daß] die sich vor Hektor ducken’ (↑). — τούς: zur demonstr.-anaphor. Funktion von ὅ, ἥ, τό R 17. — ἀκούσαι: 3. Sg. Opt. Aor. 130–131 πολλά: adv., ‘vielfach, wiederholt’. — ἀθανάτοισι: Anfangssilbe metr. gedehnt (R 10.1); zur Flexion R 11.2. — ἀνὰ … ἀείραι: 3. Sg. Opt. Aor. zu ἀναείρω; zur sog. Tmesis R 20.2; ‘die Hände heben und bitten, daß’; abh. ist der AcI θυµὸν … δῦναι als Gebetsinhalt. — ἀπὸ (µ)µελέων: zur Prosodie M 4.6. — δόµον … εἴσω: = εἰς … δόµον (R 20.2). — Ἄϊδος: Anfangssilbe metr. gedehnt (↑).

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Trauer in Formelsprengung (χερσὶν | … ἀνασχόµενος) in 22.33f. (dort nicht als Hinwendung zu den Göttern, sondern in Verbindung mit dem Schlagen des Hauptes, “in order to beat all the more forcefully”: DE JONG zu Il. 22.33–34). — θυµὸν ἀπὸ µελέων: VA-Formel, noch Od. 15.354, in Formelsprengung Il. 13.671f. = 16.606f., 23.880. Θυµός bed. ‘vitale Energie, Lebenskraft, Leben’ (LfgrE s.v. 1080.63ff.; 1.205n., 3.294n., 16.410n., s.d. auch zu den homoionymen Alternativen ψυχή und αἰών). Die Vorstellung, daß der θυµός in den Hades hinabsteigt, ist nur hier belegt, öfter ψυχή, s. unten 330n.; gegen eine Überbewertung des Bedeutungsunterschieds der beiden Begriffe NAGY 1999, 90; CLARKE 1999, 178 (letzterer faßt allerdings beide Begriffe als ‘Atem’: 129–156); darüber hinaus sind beide VH formelhaft; ihre Kombination ist zwar nur hier belegt, muß aber nicht als ungewöhnlich empfunden worden sein; vgl. LEUMANN 1950, 221. 337; SNELL 1946, 21. Zur Bed. von µέλεα ‘Körper’ vgl. 24.359n. — Ἄϊδος: athematischer Gen. Sg. Nach diesem Bildungsprinzip noch Dat. Sg. Ἄϊδι, sonst thematisch flektiert (3.322n.; dort auch zur Etymologie).

132–133a 132 = 2.371 (s.d.), 4.288, 16.97 (s.d.), Od. 4.341, 7.311, 17.132, 18.235, 24.376; 2. VH ≈ Il. 8.540, 13.827. — Wenn ich doch … | so jugendfrisch noch wär’: Nestor leitet seine Reminiszenzen auch in 11.670 und 23.629 mit dem Verlangen ein, wieder jung zu sein, dort allerdings mit dem Formelvers, der die Wunschvorstellung hier in 157 ringkompositorisch wieder aufnimmt (KIRK). Sein Wunsch läßt sich in eine Reihe von Figurenaussagen eingliedern, die eine persönl. Unterlegenheit oder den Wunsch, stärker zu sein, thematisieren, z.B. 16.722f. (Apollon als Asios zu Hektor, ebenfalls in paränetischem Kontext: ‘Wär’ ich um so viel, wie ich schwächer bin als du, um so viel stärker!’), 19.217–219 (Odysseus zu Achilleus über seine physische Unter-, dafür aber geistige Überlegenheit), Od. 21.372ff. (Telemachos über seine physische Ohnmacht gegenüber den Freiern); vgl. auch Il. 4.313ff. (Agamemnon zu Nestor, dem er jugendliche Kraft wünscht). – Nestors Wunsch ist unerfüllbar; daß ein Sprecher sich im Affekt etwas Unmögliches wünscht, kommt in der Ilias öfter vor, s. dazu KELLY 2007, 366f. mit weiterer Lit. — Vater Zeus, Athene und Apollon: Die Anrufung der drei zentralen Gottheiten (s. FG 5, 8 u. 24) wirkt hier besonders passend – Apollon und Athene sitzen auf dem Baum ihres Vaters Zeus und sehen zu (22n.) –, ist aber ein formelhafter beteuernder Ausruf, der auch in weniger angebrachten Kontexten verwendet wird; er dient immer zur Einleitung eines vergleichenden – und dabei oft unerfüllbaren – Wunsches (‘wäre/geschähe x doch so wie y’ u.ä.; außer 16.97, s.d. mit Lit.) und ist angesichts dieser Unerfüllbarkeit bisweilen wie hier eher als Ausdruck der Frustration denn als echter Wunsch zu betrachten (vgl. KAHANE 1994, 102f.).

132 αἲ γάρ: = εἰ γάρ (vgl. R 22.1); Einleitung eines Wunschsatzes (↑). — Ἀθηναίη: zur Form (-η nach -ι-) R 2. 133 ἡβῷµ(ι): 1. Sg. Opt. zu ἡβάω ‘jung sein’. — µάχοντο: zur augmentlosen Form R 16.1.

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αἲ γάρ: Nestors Ausspruch steht zwischen Wunsch- und Kondizionalsatz (DENNISTON 90); die Apodosis erfolgt letztlich in 158, nach der Wiederholung des Gewünschten (157). — Ἀθηναίη: 57–59a n. — ἡβῷµ’ ὡς: In den homerischen Epen kann beim unerfüllbaren Wunsch der kupitive Optativ stehen (neben dem später üblichen Indikativ des Augmenttempus), so auch 16.722–723 (s.d.): WACE/STUBBINGS 1962, 151; CHANTR. 2.214f.; SCHW. 2.320f.; vgl. WILMOTT 2007, 134–137.

133b–156 Nestors Erzählungen von früheren Kriegen in der westl. Peloponnes sind möglicherweise Teil eines vom Troia-Mythos unabhängigen lokalen Sagenkreises (KIRΚ zu 7.123–160; RE s.v. Pheia; WEST [1988] 2011, 160; ALDEN 2000, 75 Anm. 5, ZANETTO 2017); dafür spricht a. die Verbreitung von Anspielungen auf einen Krieg zwischen Pylos und seinen Nachbarn Elis und Arkadien (in der Ilias noch 4.319, 11.670–762 und 23.630–642) und b. das Kursieren antiker Nebenüberlieferungen zu Nestors Sieg über den Arkader Ereuthalion (Ariaithos FGrHist 316 F 7a = schol. bT zu Il. 4.319): nachdem Ereuthalion zu Boden gegangen sei, habe sich Jung-Nestor vor Freude herumhüpfend aus dem für den Zweikampf vorgesehenen Platz entfernt – was nach den Regeln zu seiner Disqualifizierung und damit zum faktischen Sieg der Arkader geführt habe (vielleicht ein Siegestanz [VIAN 1952, 242]; zur Verbreitung von Waffentänzen im Rahmen antiker militär. Rituale vgl. Od. 24.68–70 [BIERL 2001, 100–104]; allerdings wird Tanz im hom. Epos auch als unvereinbarer Gegensatz zum Kampf genannt, was besser zu Nestors Disqualifizierung paßt [s. 240–241n.]); Ereuthalion, der an seiner Wunde starb, sei in seiner Grabinschrift als Sieger über Nestor gefeiert worden. Sollte diese Variante neben der iliadischen Version bekannt gewesen sein, wäre Nestors Selbstlob hier cum grano salis zu betrachten. 133b–135 2. VH von 135 = Od. 3.292. — Keládon: zu gr. keládōn ‘rauschend, brausend’; Etymologie unklar; semantisch ergiebiger als die übliche (FRISK, DELG) Verbindung mit gr. kaléō ‘rufen’ ist die Verknüpfung mit lat. celer ‘schnell’ (TICHY 1983, 197f.). Das Wort ist bei Homer sonst als Attribut zu Flüssen belegt (z.B. 18.576, 21.16), scheint hier aber als eigenständiger Flußname zu fungieren (s.u.). Der Fluß ‘Keladon’ ist jedoch nicht eindeutig identifizierbar (vielleicht identisch mit dem Keladon bei Callim. h. 3.107 und dem Kelados bei Paus. 8.38.9, der zwischen Arkadien und dem triphylischen Pylos fließt [RE s.v.]; oder ein alter Name für den Fluß Ladon in Arkadien [WACE/STUBBINGS 1962, 293]). Vgl. FRAME 2009, Anm. 134. — Pylier: zur umstrittenen Lokalisierung von Pylos in Messenien, Triphylien oder Elis s. 2.591n., dazu FRAME a.O., 715f. m. Anm.; ZANETTO 2017. — Pheiai: wohl nicht identisch mit dem in Od. 15.297 genannten Ort Pheai in Elis nahe dem modernen Katakolo (LfgrE; zur v.l. Pheras [Akk.] s. KIRK a.O., WEST 2014, 88 Anm. 50 and 243 Anm. 163); dieses liegt am Meer, anders als das 134 ἀγρόµενοι: Ptz. Aor. Medium zu ἀγείρω. 135 πάρ: = παρά (R 20.1). — τείχεσσιν: zur Flexion R 11.3; zum -σσ- R 9.1.

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homerische Arkadien (LfgrE s.vv. Ἀρκάδες, Ἀρκαδίη; vgl. 2.603n.), und kommt also als Austragungsort in einem pylisch-arkadischen Krieg geographisch kaum in Frage, und in seiner unmittelbaren Nähe befindet sich nur ein einziger Fluß (Strab. 8.3.12). Zu weiteren seit der Antike unternommenen Identifizierungsversuchen s. RE s.v. — Iardanos: ebenfalls nicht identifizierbar; an der Iteratstelle geht es um einen Fluß in Kreta, und Stephanos von Byzanz s.v. nennt einen gleichnamigen Fluß in Lydien (eine vorgriechische, nicht-idg. Herkunft des Suffixes -danos bei Flußnamen liegt nahe: PERETTI 1994, 154–156). Spätere Traditionen nennen für die vorl. Stelle den Fluß Akidon (Iardanos dann als dessen alter Name: schol. T zu 7.133–135) oder auch als Name eines an den Ufern des Akidon Bestatteten:; Paus. 5.5.9; Strab. 8.3.21; letzterer führt eine alternative Lesart der Stelle mit Akídonti statt Keládonti an, entsprechend mit der nahegelegenen Stadt Chaa anstelle von Pheia). – Aufgrund dieser geographischen Schwierigkeiten ist V. 135 bisweilen athetiert worden (WEST app. crit. und 2001, 200); behält man den Vers bei, sind wohl weniger buchstäbliche Deutungen am Platze: über die Parallelen des Zweikampfs zu der Geschichte von David und Goliath (1–312n.) ist im Namen Iardanos eine Erinnerung an den biblischen Jordan vorstellbar (MÜLDER 1910, 47 Anm. 2; MÜHLESTEIN [1971] 1987, 182 mit Anm. 30; vgl. LEAF zu 133, der auf die Bedeutungsähnlichkeit von Jordan [von hebr. yārad ‘er ging/floß herab’] zu gr. keládōn ‘rauschend, brausend’ hinweist); ganz generell stellt die flußdurchzogene Landschaft aus Nestors Erzählung eine Parallele zum aktuellen Schauplatz dar, der Troas-Ebene, wodurch der paradigmatische Bezug noch deutlicher wird (VETTEN 1990, 71). ὠκυρόῳ: ‘hurtigfließend’, Verbalkompositum (zur Bildung RISCH 197f.). Epitheton von Flüssen, nur hier und 5.598, wo Gefahr impliziert ist, was sich auf die vorl. Stelle wohl übertragen läßt. Daneben ist Ὠκυρόη der Name einer Okeanide in Hes. Th. 360, h.Cer. 420: LfgrE s.vv. — Κελάδοντι: Der Versuch, κελάδοντι als Epitheton zu Ἰαρδάνου in 135 zu lesen (schol. A, D, T zu 7.113–135), ist wegen der dann entstehenden Sperrung und der Schwierigkeit der Kasusveränderung nicht haltbar (LfgrE, KIRK zu 7.133–135). — ἐγχεσίµωροι: generisches EpithetonP von Volksstämmen. Vorderglied zu ἔγχος ‘Speer’, Hinterglied unsicher; vielleicht als ‘speerberühmt, -bedeutend’ zu verstehen (2.692n., LfgrE s.v.). Die Arkader werden auch 2.611 als spez. im Nahkampf fähige Krieger charakterisiert: 2.604n.; der Speer (gr. ἔγχος, δόρυ, bei Homer weitgehend synonym verwendet; vgl. 6.31– 32n.; 16.139–140n.) ist als Wurf- und Nahkampfwaffe einsetzbar, vgl. 7.244–262. — Ἰαρδάνου ἀµφὶ ῥέεθρα: Modifikation der VE-Formel ‘Name eines Flusses im Gen. + ἀµφὶ ῥέεθρα’ (neben der Iteratstelle Od. 3.292 noch 2.461, 2.533).

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136 Nestor hatte Ereuthalion bereits in 4.319 genannt, als er Agamemnon gegenüber dessen Tötung erwähnte – verbunden mit dem Wunsch, wieder so jung zu sein wie damals. “Now comes the full story” (KIRK). Ἐρευθαλίων: Name wohl vom argivischen Ortsnamen Ἐρευθαλία abgeleitet (V. KAMPTZ 134; s. LfgrE mit weiterer Lit.). — πρόµος: 75n. — ἰσόθεος φώς: VE-Formel für verschiedene Helden; generisches EpithetonP für Helden ohne spezifisches Profil (2.565n.; 16.632n., beide mit Lit.); vgl. die im hom. Epos verbreitete Vorstellung, daß ein Held wie ein Gott verehrt wird (16.605n. mit Lit.; 4–7n.).

137–150a Die Keule, mit der Areïthoos die Schlachtreihen (phálangas) der Feinde zu durchbrechen pflegte (141), kann als archaische und primitive Waffe betrachtet werden; entsprechend entstammen ihre Träger einer älteren Generation (v.a. Herakles; vgl. daneben Meleagros, in dessen Namen sich die Wurzel -wagro verbirgt, “smasher”: WEST 2007, 460f., dort auch weitere indoeurop. Traditionen). Freilich weist der Name des Areïthoos eher auf einen flinken denn einen besonders brutalen Kämpfer hin (8n.); dies und die Tatsache, daß Keulen aus Metall in Griechenland nicht belegt sind (nur Od. 11.575 wird die eherne Keule des Orion genannt), im Nahen Osten jedoch als symbolisches Machtzeichen vorkommen (während die Keule als echte Waffe gegen eine dichtgeschlossene Phalanx nicht recht vorstellbar ist), hat Vermutungen über eine syro-kyprische Herkunft der Sage vom ‘Keulenmann’ angeregt, der hier mit einem griechischen Namen versehen wird (LORIMER 1950, 119f.; BUCHHOLZ 1980, 324f. mit Anm. 1947. 336f.; KIRK zu 7.138–141). – Die Provenienz von Ereuthalions Waffen nimmt 14 Verse ein und ist damit die längste ‘Gegenstands-Genealogie’ der Ilias; daneben 2.101–108 ([s.d.] Szepter des Agamemnon); 10.261b–271 (Eberzahnhelm); 11.19–23 (Panzer des Agamemnon); 15.529b–534 (Panzer des Meges); 16.140–144, 19.390f. (Speer des Achilleus); 17.194b–197, 18.84f. (erste Rüstung des Achilleus): GRETHLEIN 2006, 75 Anm. 101. Zur übergeordneten Kategorie der Ekphrasis: 2.101–108n.; 2.447– 449n.; 18.478–608n. (4); 19.387–391n. mit weiterer Lit. – Das traditionelle Motiv der ‘besonderen Waffe’ (vgl. Aias’ Schild [219–225a n.], Hektors elf Ellen langen Speer [6.319n.], den eschenen Speer des Achilleus [16.141–144n., 19.387–391n., 19.388–389n., 19.390n., DE JONG zu Il. 22.133–34] und natürlich seinen von Hephaistos hergestellten Schild [18.478–608n.]) paßt in das Schema des ‘Davidund-Goliath-Kampfes’ (1–312n. [c]); daneben sind geschenkte Waffen das Merkmal des berühmten Kriegers: Pandaros’ und Teukros’ Bogen stammen von Apollon (2.287; 11.353; 15.441 [daneben existiert eine andere Herkunftsgeschichte, vgl. 4.105–411, s.d.]), der Panzer des Agamemnon (s.o.) von Kinyras, Achilleus’ Speer (s.o.) von Cheiron (über Peleus an Achilleus), Achilleus’ erste Rüstung von den Göttern (ebenfalls zunächst an Peleus: 17.194–197; 18.82–85), die zweite von 136 τοῖσι … ἵστατο: vgl. 123n. — τοῖσι: zur Flexion R 11.2; zur demonstr.-anaphor. Funktion von ὅ, ἥ, τό R 17. — ἵστατο, (ϝ)ἰσόθεος: zur Prosodie R 4.3; zum Hiat R 5.4.

Kommentar

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Hephaistos (19.10f. u.ö.), seine Pferde von Poseidon (ebenfalls über Peleus: 23.277f.), Odysseus’ Bogen, den nur er spannen kann, von Iphitos (21.11–41): SHEAR 2000, 197f. Anm. 600 (dort auch zu Gegenständen, die von Göttern gefertigt sind und sich ohne Erwähnung eines Schenkakts im Besitz von Sterblichen befinden); READY 2011, 83f. Vgl. REDFIELD 1994, 243, zu den häufig unglücklichen Schicksalen der Besitzer solcher Göttergeschenke. – Die Beschreibung steigert die Spannung der Erzählung, indem sie dem Gegner großes Gewicht verleiht und ihn gefährlicher erscheinen läßt (vgl. HEBEL 1970, 88); gleichzeitig mehrt sich Nestors Ruhm: er bezwingt einen Gegner, der im Besitz solcher Waffen ist (GRETHLEIN 2006, 75 Anm. 101; DENTICE DI ACCADIA AMMONE 2012, 153 Anm. 28; vgl. CRIELAARD 2002 [bes. 249–256. 281] zum Motiv des tradierten Objekts als Zeichen der Kontinuität von heroischer Gegenwart und Vergangenheit). Zum anderen wird an dieser Stelle aber auch deutlich, daß auch die vermeintliche Unbezwingbarkeit eines Gegners dessen Sieg nicht garantiert – was die Griechen in der aktuellen Situation ermutigen soll (ALDEN 2000, 87f.; PRIMAVESI 2000, 51f.). 137–141 1. VH von 137 = Od. 24.380. — Areïthoos: vermutlich identisch mit dem Vater des Menesthios, den Paris zu Beginn des 7. Gesangs erschlägt (8n.). — den … | … nannten: mit solchen Wendungen wird öfter der Beiname einer Figur eingeführt (24.316n. mit Stellen und Lit.). — Die Männer … und die … Frauen: Polarer Ausdruck.P Daß Areïthoos sogar Frauen bekannt ist, unterstreicht seinen Ruhm (vgl. AH). — nicht mit Pfeil und Bogen … | vielmehr mit einer Eisenkeule: Polarer Ausdruck, betont die Ungewöhnlichkeit der Waffe. Die hom. Epen reflektieren teilweise eine Epoche, in der Eisen ein neues, wertvolles und exotisches Metall war (6.48 wird Eisen neben Erz und Gold als wertvolles Material genannt, s.d.); daher erscheint eine eiserne Kriegswaffe, wenn auch zur Zeit der Abfassung der Ilias bereits gebräuchlich, im fgrE als Besonderheit (sonst nur ein Schwert [‘Hes.’ Sc. 128], eine Pfeilspitze [Il. 4.123] und diverse Werkzeuge; aus Eisen sind hingegen öfter wunderbare oder göttliche Gegenstände: die Achse von Heras hauptsächlich aus Gold und Silber gefertigtem Wagen [5.723], die Pforten des Tartaros [8.15], das Himmelsgewölbe [17.425]: LfgrE s.vv. σιδήρεος, σιδήρειος und σίδηρος); dies erhärtet den Verdacht einer nichtgriechischen Herkunft des ‘Keulenschwingers’ [137–150a n.]).

137 τεύχε’ ἔχων: zum Hiat R 5.1. — τεύχε(α): zur unkontrahierten Form R 6. — ὤµοισιν: präpositionsloser dat. loci (R 19.2).— Ἀρηϊθόοιο (ϝ)άcνακτος: zur Prosodie R 4.3. — Ἀρηϊθόοιο: zur Flexion R 11.2; daneben Ἀρηϊθόου im Folgevers. 138 τόν: in der Funktion eines Rel.-Pron. (R. 14.5). — ἐπίκλησιν ‘mit Beinamen’ (adv. Akk.). 139 κίκλησκον: Augmentloses (R 16.1) Impf. (↑). 140 οὕνεκ(α): Krasis für οὗ ἕνεκα (R 5.3), ‘weil’. — ἄρ(α): R 24.1. — δουρί: zur Form R 4.2, R 12.5; ebenso 145.

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τεύχε(α): bed. hier allg. ‘Bewaffnung’, nicht im Gegensatz zur Keule (KIRK), sondern vermutlich inklusive (für eine generische Verwendung des Begriffs spricht die Formelhaftigkeit sowohl dieses Verses als auch der 1. VH von 146; s. 145–146n.). — Ἀρηϊθόοιο … | … Ἀρηϊθόου: emphatische chiastische Epanalepse (KIRK), erleichtert die Anfügung weiterer Informationen (6.153–154n. mit Lit.; s. 2.672n. mit weiteren Stellen). — ἐπίκλησιν … | … κίκλησκον: Variante zur VE-Formel ἐπίκλησιν καλέουσι (18.487n.). Die Präsensform κικλήσκω ist vom schwundstufigen Perfekt κέκληµαι (zu καλέω) abgeleitet; die Reduplikation ist typisch für σκω-Verben, die eine geistige Tätigkeit bezeichnen (z. B. γιγνώσκω von ἔγνων, µιµνήσκω von ἔµνησα etc.): RISCH 276. — καλλίζωνοί τε γυναῖκες: flektierbare VE-Formel (2× Il., 1× Od., 3× h.Ap.: 24.697b–698n., dort auch Lit. zum Gürtel als typischem Bestandteil der weiblichen Bekleidung). — τόξοισι: elliptischer Plural, meint hier Pfeile und Bogen (SCHW. 2.51; zu den Realien s. 3.17n., 3.18– 20n.). — δουρί τε µακρῷ: VE-Formel (noch Il. 5.297, 18.341; ‘Hes.’ fr. 280.1 M.-W.). — ῥήγνυσκε: iteratives Präteritum zu ῥήγνυµι ‘durchbrechen’. — φάλαγγας: 55n.

142–150a Bei der Schilderung von Lykóorgos’ Taktik gegenüber seinem Gegner wird das verbreitete Märchenmotiv der Überlistung des Starken durch den Schlauen wirksam (142: ‘durch List’; zum Motiv ‘David gegen Goliath’ s. 1–312n.): Lykóorgos lotst den Keulenschwinger an eine Engstelle des Weges, wo er zum Keulenschwingen keinen Platz hat (143f.). Es ist fraglich, ob dieser Trick technisch nötig ist, oder nur zur neuerlichen Betonung der ‘Wunderwaffe dient’: “he could have shot him down almost anywhere, but the mace-man has to be overthrown specifically in relation to his idiosyncratic weapon” (KIRK zu 142–145). Freilich wird Areïthoos wohl mit einem Speerstoß getötet (gr. perónēsen [145–146.]; der Nahkampf ist auch erfolgsversprechender als ein Speerwurf, dem der [flinke? 137– 150a n.] Kämpfer ausweichen könnte); ein solcher Angriff aus der Nähe scheint für Lykóorgos nur deswegen möglich, weil Areïthoos seine Keule nicht zur Verfügung steht. 142 Lykóorgos: Der Name Lykóorgos (bzw. die kontrahierte Form Lykurgos) ist im fgrE häufiger belegt; der prominenteste Träger ist der thrakische Dionysosgegner (6.130n.); ein arkadischer König dieses Namens ist noch bei ‘Apollod.’ Bibl. 3.9.1f. (= 3.102, 105) erwähnt, die Geschichte von Lykóorgos und Ereuthalion aufgenommen bei Paus. 8.4.10 und 8.11.4 [Erwähnung der Figur noch 5.5.5; 8.4.8]). — durch List – und keinesfalls durch Stärke: sehr ähnlich drückt sich in der Odyssee der von Odysseus alias ‘Niemand’ verwundete Kyklop aus: ‘Freunde! Niemand tötet mich mit List und auch nicht mit Gewalt!’ (9.408); dort steht für Gewalt das zum vorl. gr. krátos synonyme bíē, ebenso in Il. 7.197f., wo Aias ankündigt, keiner werde ihn ‘mit Gewalt … | und auch nicht mit Geschick’ besiegen (bíē/idreíē); vgl. auch 7. 242f. zum Gegensatz ‘heimlich’ (= listig) und offen (LUTHER 1935, 116f.). – Zum Gegensatzpaar Kraft und (tendenziell unheroischer) List in den hom. Epen

142 Λυκόοργος: zur unkontrahierten Form R 6. — δόλῳ, οὔ: zum Hiat M 12.2. — οὔ τι: 27n.

Kommentar

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s. CANTARELLA 1979, 239–243; NAGY 1979, 45–49; DE JONG zu Od. 8.266–366 (S. 207); WILSON 2005; zur Unterminierung ‘echter Qualitäten’ durch List in der Ilias vgl. auch 23.515 (Antilochos hat Menelaos durch List, nicht durch Schnelligkeit im Wagenrennen besiegt) und 23.708–728 (Odysseus’ List im Ringkampf mit Aias). Zur mindestens ambivalenten Einschätzung der ‘List’ im gr. Mythos s. zusammenfassend DETIENNE/VERNANT [1974] 1978, 3–6. ἔπεφνε: reduplizierter Aor. zu θείνω ‘töten’ (SCHW. 1.748; LfgrE s.v.); Teil eines Formelsystems synonymisch verwendeter Verben des Tötens (6.12n. mit Lit.).

143–144 1. VH = 23.416. — in enger Gasse: An einer engen Wegstelle namens Phoizon in der Nähe von Mantineia wurde zu Pausanias’ Zeit das Grab des Areïthoos gezeigt (8.11.4). — wo die Keule … | nicht abhielt: vgl. das in der Ilias verbreitete Motiv der im Moment des Todes nutzlosen Fähigkeit/Eigenschaft (6.12– 19n.; WEST 2011 zu 2.859). χραῖσµε: hier sowie 11.120 und 20.296 mit Akk.-Obj. ὄλεθρον in der Bed. ‘abwehren’; 1.566f. mit Person als Obj. (ἄσσον ἰόνθ’): LfgrE.

145–146 1. VH von 145 = 13.197; 2. VH = 11.144, 12.192; ≈ 4.108, 4.522, 7.271, 13.548, 15.434, 16.289 (s.d.); 1. VH von 146 ≈ 13.619, 17.537, 21.183; daneben weitere Formeln (s.u.); die beiden Verse bestehen also sprachlich komplett aus formelhaften Elementen (KIRK); zur inhaltlichen Typisierung von Kampfszenen s. 8–16n. — rücklings auf den Boden: 124–160n. περόνησεν: περονάω bez. nur hier und an der Iteratstelle 13.197 die Aktion mit einem Speer, sonst das Feststecken von Gewandnadeln (LfgrE). — ἐρείσθη: Aor. Pass. zu ἐρείδω, mit lok. Bestimmung im Dat. (‘aufschlagen auf’). Die passivische Form drückt die Wucht des Treffers aus: Areïthoos wird “an den Boden gepreßt” (KURZ 1966, 21). — τεύχεα δ’ ἐξενάριζε: hier tatsächlich ‘Rüstung abnehmen’; das Verb bed. häufiger einfach ‘töten’ (1.191n.; vgl. 6.20n.). — τά οἱ πόρε: τά (o.ä.) οἱ/τοι πόρε mit folgendem Subjekt am VE steht 7× Il., 3× Od., 1× ‘Hes.’ (ähnl. Formulierungen Il. 23.540, 24.30, Od. 9.201); zur Stellung nach der Zäsur B 1 oder B 2 vgl. HOEKSTRA 1965, 64f.; zu weiteren formelhaften Relativsätzen, die die Herkunft eines Objekts erklären, s. BAKKER (2001) 2005, 124 mit Anm. 32. — χάλκεος Ἄρης: VE-Formel (5× Il.). Hier ist mit Ἄρης eher der Gott in persona gemeint, als daß eine metonymische Verwendung vorläge (anders im unmittelbar folgenden Vers: 147n.), da die Wendung τά (o.ä.) οἱ/τοι πόρε nur mit persönlichem Subjekt steht (die Formel χάλκεος Ἄρης ist nur 16.543 eindeutig metonym. gebraucht, s.d.). Ob eine

143–144 στεινωπῷ ἐν ὁδῷ, ὅθ’: zu den Hiaten R 5.6. — ὅθ(ι): ‘wo’ (vgl. R 15.2). — κορύνη (ϝ)οι: zur Prosodie R 4.4. — οἱ: = αὐτῷ (R 14.1). — χραῖσµε: Aor. zu χραισµέω ‘abwehren’ (↑); zur augmentlosen Form R 16.1. — πρίν: adv., ‘zuvor’. — ὑποφθάς: zu ὑποφθάνω ‘zuvorkommen’. 145 µέσον: erg. αὐτόν. — οὔδει: Dat. (↑) zu οὖδας ‘(Erd)boden’. 146 τά (ϝ)οι: zur Prosodie R 4.3. — τά: in der Funktion eines Rel.-Pron. (R 14.5). — οἱ: = αὐτῷ (R 14.1).

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anthropomorphe Personifikation von Naturelementen oder sonstigen Kräften tatsächlich vorliegt, ist im fgrE bisweilen nicht eindeutig entscheidbar (FG 28–32).

147 Gewühl des Ares: Der Name Ares steht hier wohl metonymisch für den Krieg, nicht persönlich für den Gott wie im vorausgehenden Vers; die Wiederholung scheint zufällig und nicht pointiert (FEHLING 1969, 150f.). φόρει: φορέω ist Iterativum zu φέρω (SCHW. 1.720) und bez. u.a. das gewohnheitsmäßige Tragen von Kleidern oder Waffen (19.360n.). — µῶλον ἄρηος: VE-Formel (4× Il., mit µετά noch 16.245), s. 2.401n. (dort auch mit Lit. zur Bed. von µῶλος: wahrscheinlich ‘Anstrengung’ > ‘Kampf’).

148 in seinen Räumen: gr. ení megároisin verweist auf das Megaron, den Hauptraum des hom. Hauses (3.125n.), bed. aber im weiteren Sinne einfach ‘zu Hause’ (24.209a n. mit Lit.). 149 Knappen: 122n. δῶκε … φορῆναι : die Form φορῆναι (noch 10.270) ist umstritten: entweder handelt es sich um einen Mykenismus aus po-re-na (Pylos Tn 316 do-ra-qe pe-re, po-re-na-qe a-ke), so BREWER 1984; NAGY 1994–1995; WILLI 1994–1995, oder um eine epische Hinzubildung zu äol. φορήµεναι wie ep.-ion. µιγῆναι aus ep.-äol. µιγήµεναι, so RISCH 256; RIX 1977, 93f.; PETERS 1986, 307f.; LfgrE (Überblick über die Diskussion bei HACKSTEIN 2002, 13f.).

150 2. VH = 3.19 (s.d. und oben 50n.); ≈ 7.285.

151 = h.Ap. 47. — zitterten gar sehr: 124–160n. ἐτρόµεον καὶ ἐδείδισαν: Die beiden Begriffe (und Stammverwandte) kommen im fgrE häufig in synonymischer Doppelung vor (dazu 1.160n., 2.39n.): 6.137, 15.627f., 20.44f., Od. 4.820, 18.80; vgl. Od. 18.77. — οὐδέ τις ἔτλη: VE-Formel (insges. 6× Il., 3× Od., 1× hom.h.).

152 der wagemutige: emphatischer Kontrast zu 151: ‘da war keiner, der es wagte’ (AH; im Griechischen Wiederholung des Wortstamms -tlē-); vgl. WortspielP. θυµὸς ἀνῆκε: üblicherweise VE-Formel (24–25n.), nur hier und ‘Hes.’ fr. 200.7 M.-W. nach der Zäsur A 3. — πολυτλήµων πολεµίζειν: die Klangwiederholung am Wortanfang verstärkt die Emphase der Aussage.

147 φόρει: Impf. zu φορέω ‘tragen’ (↑); zur augmentlosen Form R 16.1. — ἄρηος: zur Flexion R 12.4. 148 ἐνὶ (µ)µεγάροισιν: zur Prosodie M 4.6. — ἐγήρα: 3. Sg. Aor. zu γηράσκω ‘alt werden’. 149 δ(έ): apodotisch (R 24.3). — φορῆναι: Inf. (R 16.4; ↑) zu φορέω (Iterativ-Intensivum zu φέρω); hier mit finaler Bedeutung. 150 τοῦ: Areïthoos (vgl. 137). — ὅ: Ereuthalion. 151 ἐτρόµεον: zur unkontrahierten Form R 6. — ἐδείδισαν: δειδ- < *δεδϝ- (R 4.2). Plpf. zum Perf. δείδια ‘fürchten’. — οὐδ(έ): konnektives οὐδέ steht bei Homer auch nach affirmativen Sätzen (R 24.8). 152 ἀνῆκε: 25n.

Kommentar

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153 war ich der jüngste: Das Motiv vom jungen Wunderknaben ist traditionell und spielt auch in der Erzählung von David und Goliath eine Rolle (1–312n. [j]). Auch wenn Nestor das jugendliche Alter mit Kraft verbindet (157; vgl. auch 13.484), macht der Umstand der Jugend den Sieg überraschender, weil der Kämpfer unerfahren ist; insofern mag hier eine besondere Spitze gegen die zaudernden Griechen vorliegen (HEBEL 1970, 88). θάρσεϊ ᾧ: θάρσος bed. ‘Mut, Kühnheit’, auch ‘Tollkühnheit’ (vgl. 6.126: σῷ θάρσει, s.d.). Das Reflexivum ᾧ ist nicht klar bezogen: ‘in der eigenen Kühnheit’ sagt noch nichts darüber aus, um wessen Eigenschaft es sich handelt. Wahrscheinlich ist Nestors Kühnheit gemeint (‘zu kämpfen in der eigenen [= meiner] Kühnheit’: AH; LEAF; KIRK; vgl. Od. 13.320f.: ἀλλ’ αἰεὶ φρεσὶν ᾗσιν ἔχων δεδαϊγµένον ἦτορ / ἠλώµην ‘aber immer im eigenen [= meinem] Innern ein zerrissenes Herz hegend / trieb ich umher’); dafür spricht auch der direkt folgende Verweis auf Nestors Jugend, wodurch die Ungewöhnlichkeit seines θάρσος hervorgehoben wird (θάρσεϊ ᾧ· γενεῇ δέ). – Allerdings wurde die Formulierung des θυµός, der den Kämpfer antreibt, mittels seines θάρσος zu kämpfen, als zu kompliziert empfunden (Aristonikos [nach Aristarch?] in den schol. AT gegen Zenodotos [vgl. GT 9f.]); das Poss.-pron. der 3. Pers. könnte auch auf θυµός bezogen sein: etwa ‘mein Mut in seiner Kühnheit’ (FAESI/ FRANKE; CHEYNS 1981, 143f.); hierfür fehlen jedoch weitere Belege (am ehesten verwandt ist die Verwendung des Epithetons µεγαλήτωρ zu θυµός: LEAF). — ἔσκον: Variante zu ἔην, meist, wie hier, durativ (3.180n. mit Lit.).

154 1. VH ≈ 1.271. — Athene: die Göttin steht auch 11.714f./721 auf der Seite der Pylier; hier wird sie hier wohl einfach in ihrer Funktion als Kriegsgöttin genannt. µαχόµην … δῶκεν: Das durative Imperfekt zeigt eine lange Dauer des Kampfes an; Athenes punktuell einsetzende und abschließende Hilfe ist dann im effektiven Aorist geschildert (AH). — δῶκεν δέ µοι εὖχος Ἀθήνη: 81n. 155 Stark emphatisches Metrum (AH; KIRK zu 155: “solemnly spondaic”); unterstreicht die Körpergröße des Besiegten. — δή: verstärkend, ‘sicherlich’ (AH). — µήκιστον: der Superlativ nur hier in der Ilias, sonst noch Od. 5.465 und 11.309 (dort über Otos und Ephialtes); die Variante µακροτάτη findet sich in 14.288 (14.287–288n.). Superlative kommen, wie hier, überwiegend in der (emphatischeren) FigurenP-Rede vor (KIRK z.St. und S. 31). 156 πολλός: im Nom. selten (insges. 3× Il., 3× Od., 2× ‘Hes.’, 1× hom.h.); von der räuml. Ausdehnung noch 20.249 und 23.245 (FAESI/FRANKE; AH). — τις: “läßt einen Adjektivoder Substantiv-, auch Adverbialbegriff als nicht völlig genau erscheinen, schwächend oder steigernd” (SCHW. 2.215), hier wohl letzteres, etwa ‘riesengroß’ (AH); s. auch 3.220n. —

153 θάρσεϊ (ϝ)ῷ: zur Prosodie R 4.3. 154 οἱ: = αὐτῷ (R 14.1). 155 τόν: demonstrativ-anaphorisch (R 17). — µήκιστον: prädikativ, ‘als größten’; ebenso κάρτιστον = κράτιστον. — κτάνον: Aor. zu κτείνω. 156 πολλός: zur Flexion R 12.2; prädikativ zu ἔκειτο (‘weit ausgestreckt lag er da’). —ἔνθα καὶ ἔνθα: ‘hierhin und dorthin’ = in alle Richtungen.

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παρήορος: von παρά + ἀείρω (FRISK; DELG); ‘beigeschirrt’. Die Bed. an der vorl. Stelle ist umstritten, sonst (substantiviert) ‘Beipferd’ (16.471. 474, s. 16.152n.) oder ‘geistesgestört’ (23.603). Die Rekonstruktion der Entstehung so disparater Bedd. bleibt letztlich spekulativ (analytische Ansätze betr. versch. Dichter mit untersch. Auffassungen sind früh verworfen worden: MYRES 1958, 289f., gg. LEUMANN 1950, 222–231); die sinnvollste Erklärung ist wohl der allen Bedeutungen gemeinsame Nenner des nahezu Funktionslosen oder sogar Unbrauchbaren, der auch an der vorl. Stelle im Sinne von ‘hilflos, nicht mehr kampfesfähig’ vorzuliegen scheint: ERBSE 1993, 133–136 (gegen die trad. Auffassung ‘hingestreckt’ [schol. A, bT, D], da dieser Gedanke bereits in der Formulierung πολλὸς γάρ τις ἔκειτο ausgedrückt und mit den anderen Bed. des Wortes in keiner Weise vereinbar ist). Vgl. auch LfgrE mit weiterer Lit. — ἔνθα καὶ ἔνθα: VE-Formel (insges. 10× Il., 11× Od., 1× ‘Hes.’, 1× hom.h.) und nach der Zäsur A 3 (5× Il., 4× Od., 1× Hes., 5× hom.h.) oder am VA (2× Il.). 157–158 157 = 11.670, 23.629 (Nestor), Od. 14.468 (Odysseus als Kreter bei Eumaios); ≈ 503; vgl. 132–133a n.; 2. VH von 157 ≈ Il. 4.314; 2. VH von 158 = 7.263. — εἴθ’(ε) … | τώ κε τάχ(α): Die syntakt. selbständigen Sätze bilden inhaltlich ein kondizionales Gefüge (‘wenn – dann’); εἴθ(ε) + Opt. leitet hier einen als unerfüllbar gedachten Wunschsatz ein, τώ κε τάχα die sich daraus ergebende Folgerung im Potentialis (s. 16.722–723n. mit ähnl. Stellen); diese hat hier leicht ironische Färbung, i.S.v. ‘dann würde der aber bald kämpfen’ (vgl. KIRK). — δέ: an den Iteratstellen steht τε (zweiter Wunsch also im ersten bereits impliziert); diese führen fast alle (außer Od. 14.503) auf einen Folgevers, der mit ὡς ὁπότε/ὅτε beginnt (vgl. 7.132f.), während 158 an der vorl. Stelle einen unabhängigen Satz bildet; evtl. erklärt sich die Verwendung von δέ statt τε damit, daß die Verbindung der beiden Vershälften hier weniger eng ist als an den Iteratstellen, wo der Vers als Teil eines komplexeren Gefüges eine kompaktere Einheit bildet (RUIJGH 176f.). — ἔµπεδος: ‘fest, zuverlässig, (noch unverändert) vorhanden’; in der letzten Bed. häufig, wie hier, von Jugend und Gesundheit, neben βίη auch mit µένος, ἴς, κῖκυς etc. (z.B. 5.254; Od. 11.393): LfgrE s.v. 565.48ff.; vgl. 6.352n.: φρένες ἔµπεδοι. — ἀντήσειε µάχης: ἀντάω mit Genitiv steht in der Ilias häufig mit Wörtern für Krieg und Schlacht (‘etwas aufsuchen, um daran teilzunehmen’); der Aor. bez. hier die punktuelle Handlung ‘treffen auf’: LfgrE s.v. 920.13ff., 76ff. — κορυθαιόλος Ἕκτωρ: VEFormel (insges. 37× Il.); das Epitheton bed. ‘helmschüttelnd’ oder ‘mit glänzendem Helm’ (2.816n., 6.116n.).

159–160 159 ≈ 73. — die Besten … der All-Achaier: Durch die Übernahme von Hektors Formulierung aus 73 (s.d. und 50n.; zu den Wiederholungen s. 44–45n.)

157 ὥς: = οὕτως. — ἡβώοιµι: = ἡβῷµι (vgl. 133n.); zur ep. Zerdehnung R 8. 158 τώ: ‘dann’. — τάχ(α): Αdv., ‘bald, rasch’. 159 ὑµέ͜ων: = ὑµῶν (R 14.1); zur Synizese R 7. ὑµέων ist gen. part. zu οἵ (relativ, mit betonendem περ: ‘von euch, die doch’; vgl. 110n. und 114n.). — ἔασιν: = εἰσίν (R 16.6). — ἀριστῆες: 73n. 160 οἵ: demonstrativ-anaphorisch (R 17), am besten präd. zu übersetzen: ‘nicht einmal als diese’, d.h. als die Besten der Achaier, die ihr seid; ‘nicht einmal so’. — προφρονέως: zur unkontrahierten Form R 6. — µέµαθ’: = µέµατε; 2. Pl. zum Perf. µέµονα, hier ‘wollen’; vgl. 3n.

Kommentar

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übt Nestor zusätzlich Druck aus: die Besten aller Griechen dürfen sich nicht feige geben. Daß das aktuelle Verhalten eines Kämpfers im Widerspruch zu seiner grundsätzlichen Leistungsfähigkeit steht, wird in der Ilias häufig konstatiert, so z. B. 2.190, 8.93f., 13.95ff./116ff.; 15.296ff.: STOEVESANDT 2004, 303 mit Anm. 902; vgl. BERGOLD 1977, 188f. Anm. 6; vgl. ferner 3.39ff., wo Hektor Paris auf den eklatanten Unterschied hinweist, der zwischen dessen Leistungsverweigerung einerseits und den Erwartungen der Troer andererseits besteht (dazu 3.44–45n.), und auf die Diskrepanz zwischen Paris’ Flucht vor Menelaos (3.30ff.) und der kühnen Entführung der Helena (3.46–51n.). ὑµέων δ’ οἵ περ ἔασιν … | … οἳ … µέµαθ’: Der Wechsel der Person von der 3. zur 2. Pl. ist nicht unüblich, vgl. 5.878, 17.250, Od. 9.275f. (AH); hier evtl. durch die Wiederaufnahme der Formulierung von 73 motiviert (KIRK); durch das direkte Ansprechen der Kämpfer steigert sich die paränetische Intensität (DENTICE DI ACCADIA AMMONE 2012, 154). — ἀντίον ἐλθεῖν: ‘entgegentreten’; im Gr. mit Gen.; variierbare VE-Formel; oft, wie hier, in Kampfsituationen zur Bez. eines Angriffs (19.70n. mit Lit.; vgl. auch 7.98). 161a νείκεσσ(ε): ‘schalt, tadelte sie’; bez. eine paränetische, durchaus leicht beleidigende Ermahnung: LfgrE s.v. νεικέ(ί)ω 307.54ff.; vgl. auch Menelaos’ Scheltrede (95–102n.).

161b–169 Kleiner KatalogP der potentiellen Duellanten. Katalogische Aufzählungen gehören zum Inventar der griechischen Heldendichtung (2.494–759n. [S. 147] mit Lit., dazu SAMMONS 2010), herausragend ist in der Ilias natürlich der Schiffskatalog im 2. Gesang, daneben existieren größere Kataloge wie der Frauenkatalog in 14.313–328 (s.d.) und der Nereïdenkatalog in 18.39–49 (s.d.). Zahlreich sind aber auch kleinere Kataloge wie der vorliegende (Ilias-Stellen bei KELLY 2007, 122). Die Funktion dieser für ein modernes Publikum oft irritierenden Passagen besteht bisweilen in einer RetardationP der Handlung (vgl. 16.168–197n. mit Lit.); der hier vorl. relativ kurze Katalog hat aber v.a. die Veranschaulichung des Geschehens durch die Vorstellung der handelnden Figuren zur Folge. – Insgesamt werden neun Helden genannt; dabei handelt es sich um eine Typische ZahlP, die hier v.a. für die ansehnliche Gruppe steht, die nun von Nestors Rede mobilisiert worden ist (vgl. 2.96n. mit Lit. zur Neunzahl; ferner KELLY a.O. 261–263 mit den Ilias-Stellen; zu weiteren Neunerlisten mit namentlichen Nennungen s. 24.249–251n.; vgl. auch 16.306–357n. mit einem Katalog von neun exemplarischen Einzeltötungen in einer Androktasie-Szene; dort steht die Zahl neun für Unvollständigkeit: der Kampf geht also weiter). – An der vorl. Stelle sind einige iliadische Haupthelden genannt (v.a. Agamemnon, Diomedes, Aias [179–180n.]); gewisse Kombinationen von Namen kommen auch sonst in der Ilias vor: die beiden oder einer der beiden Aias und Idomeneus in 1.145, 2.405f., 3.229f., 6.436, 8.262f. (= 7.164f.), 10.53, 112, 15.301 (an den letzten drei Stellen in formelhafter Verbindung), 23.473–493; Thoas und 161 νείκεσσ(ε): Aor. zu νεικέω; zum -σσ- R 9.1. — πάντες: ‘im ganzen’. — ἀνέσταν: = ἀνέστησαν (R 16.2).

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Odysseus: 2.631–644; ‘Hes.’ fr. 198 M.-W. (WEST 2011 zu 161–168). Auch sonst gibt es Parallelen zu anderen Kämpferlisten (s. Iterata: besonders groß sind die Gemeinsamkeiten mit den Sportwettkämpfen im 23. und mit der Kampfszene im 8. Gesang [7.164–167 = 8.262–265]): 1–312n. (Absatz IV); angesichts ihrer Formelhaftigkeit sind die vorl. Verse jedoch nicht als konkrete Bezüge zwischen den einzelnen Szenen überzubewerten. οἳ δ’ ἐννέα πάντες … | … | τῷ δ’ ἔπι … | τοῖσι δ’ ἔπ(ι) … etc.: “refrain-composition” (DE JONG zu Od., S. xvi) oder RitornellkompositionP: Anaphorisch gereihte Listen, die eine summarische Aussage spezifizieren (an der vorl. Stelle endet die Liste auch wieder auf der Summe: πάντες [169]), sind im hom. Epos keine Seltenheit, vgl. 7.236–241 (οὐκ οἶδεν πολεµήϊα ἔργα | … εὖ οἶδα … | οἶδ’ … οἶδ’ … | … | οἶδα … | οἶδα … [mit Aufzählung verschiedener πολεµήϊα ἔργα]: 226–243n., 236–241n.), 10.227–231 (οἳ δ’ ἔθελον … | ἠθελέτην Αἴαντε … | ἤθελε Μηριόνης … | ἤθελε δ’ Ἀτρεΐδης … | ἤθελε δ’ ὁ τλήµων Ὀδυσεύς), Od. 4.613–615 (vorangestellt das stammverwandte δώρων, dann δώσω, ὃ κάλλιστον … ἐστι. | δώσω τοι κρητῆρα), 8.321–323 (οἱ δ’ ἀγέροντο θεοί … | ἦλθε Ποσειδάων γαιήοχος, ἦλθ’ ἐριούνης | Ἑρµείας, ἦλθεν δὲ ἄναξ ἑκάεργος Ἀπόλλων): AH zu 7.238. Generell zu anaphor. Vers-Anfängen in der Ilias s. 2.381–393n.; 16.12–18n.

161b = Od. 8.258. 162 ≈ 5.38, 23.288; 1. VH ≈ 8.256, 14.442 (s.d.), Od. 1.113, 8.197, 9.449, 14.220, 17.31, 328. ἄναξ ἀνδρῶν Ἀγαµέµνων: flektierbare VE-Formel (1.172n.).

163 = 23.290; ≈ 23.812; auch sonst finden sich Parallelstellen, wo in einem ganzen Vers gesagt wird, daß sich ein Held erhebt (wobei gr. ṓrto ‘er stand auf’, vor der Zäsur C 1 steht und von Patronymikon/Epitheton und Namen umrahmt wird: 7.211, 23.293, Od. 8.3: PARRY (1928) 1971, 77). — der Tydide … Diomedes: Diomedes ist am ersten und zweiten Kampftag der Ilias der weitaus erfolgreichste Griechenheld – eine Art Ersatzfigur für den abwesenden Achilleus (6.96–101n. mit Lit., ferner HITCH 2009, 146 mit Anm. 10). Im vorl. Gesang wird er sich auch im Rat hervortun (399ff.). Zu seinem Vater Tydeus s. FM 2.6. κρατερός: generisches EpithetonP verschiedener Helden (LfgrE s.v. 1522.54ff.); die Formel Τυδεΐδης ὦρτο κρατερὸς Διοµήδης hier und an den Iteratstellen; daneben am VE ὁ Τυδεΐδης κρατερὸς Διοµήδης in 11.660 = 16.25 (s.d.) und 8.532 und bloßes κρατερὸς Διοµήδης (14× am VE; 1× im Vers-Innern).

164 = 8.262; ≈ 18.157. — die Aianten: gemeint sind an der vorl. Stelle wohl nicht die beiden ‘Aias’ benannten iliadischen Helden (der salaminische ‘Telamonier’

162 ὦρτο: Aor. zu ὄρνυµαι ‘sich erheben, aufbrechen’; ebenso in 163. — πολύ: Αdv., ‘bei weitem’. — Das Digamma in µὲν (ϝ)άναξ ist nicht berücksichtigt (R 4.6). 163 τῷ … ἔπι: = ἐπὶ … τῷ (R 20.2); entsprechend τοῖσι … ἔπ(ι) in 164, 165, 167. 164 θοῦριν(ν) ἐπιειµένοι: zur Prosodie M 4.6. — ἐπιειµένοι: ‘gekleidet in, angetan mit’ (+ Akk.; ↑), Ptz. Perf. Pass. zu ἐπιέννυµι.

Kommentar

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[224–225n.] und der lokrische Oïleus-Sohn [FM 2.3]), sondern das Brüderpaar Aias und Teukros, da in der Folge (179, 183, 187) nur noch von Aias im Singular die Rede ist, ohne daß spezifiziert würde, um welchen der beiden Aianten es sich handelt (WACKERNAGEL [1877] 1953, 542f.; ihm folgen CHANTR. 2.29; 2.51; NAPPI a.O. 221). Daß der Dual Áiante Aias und Teukros bezeichnet, scheint bisweilen der Fall zu sein (s. zuerst WACKERNAGEL a.O., ausgehend a. vom vedischen Gebrauch des Duals, bei dem von zwei verschiedenen Nomina eines stellvertretend für beide dualische Endung erhält, und b. vom Fehlen einer Verbindung des lokrischen mit dem telamonischen Aias, die das häufige gemeinsame Auftreten erklären würde: s. 2.406n. mit weiterer Lit. zur Diskussion; ferner NAPPI a.O.). An der vorl. Stelle scheint diese Bedeutung auch auf den Plural übergegangen, der den üblicheren Dual (17× Il.) hier und auch sonst (Iteratstellen und 8.79, 13.313) wohl ohnehin nur aus metrischen Gründen ersetzt (NAPPI 2002, 221). — angetan mit … Wehrkraft: Die Formel (flektierbar, 3× Il., 2× Od.) wird in der Ilias nur mit Aiantes kombiniert (in der Odyssee noch im Sg. von Polyphem [9.214] und von dem von Polyphem imaginierten Erscheinungsbild des ihm geweissagten Bezwingers Odysseus [9.514]); sie betont die Verbindung von Rüstung und Kampfkraft: 19.36n. mit Lit.; zu semitischen und vedischen Parallelen für die Metapher s. WEST 1997, 238f.; 2007, 92. θοῦριν: ‘stürmisch, ungestüm’: zur Etym. und zur üblicheren Wendung θούριδος ἀλκῆς 18.157n. — ἐπιειµένοι ἀλκήν: zu ἐπιειµένος (‘gekleidet in’) mit abstractum 1.149n. (dort ἀναιδείην ‘Unverschämtheit’).

165–166 = 8.263f.; ≈ 17.258f.; 165b–166a ≈ 10.58b–59a; 166 = 8.264, 17.259; ≈ 2.651. — Idomeneus: Anführer der Kreter (FM 2.3; 2.645n.). — Gefährte: mit dem gr. Nomen opáōn wird Meriones in der Ilias 5× bezeichnet; er ist dem Idomeneus freundschaftlich und verwandtschaftlich verbunden (Idomeneus ist sein Onkel: 2.651n.), aber untergeordnet (vgl. MÜLLER 1971, 67–81); entsprechend wird er auch sein therápōn genannt (122n.). Möglicherweise ist der opáōn/therápōn im Gegensatz zum bloßen therápōn materiell unabhängig; Meriones hat eine eigene Hütte und ein Schiff (13.266f.) und einen eigenen Zügelhalter, Koiranos (17.610f.): GREENHALGH 1982, 84–86 (allerdings wird Koiranos ebenfalls als opáōn bezeichnet; GREENHALGH erklärt dies durch metrische Notwendigkeit); aufgrund der geringen Belegdichte läßt sich der Unterschied der beiden Begriffe jedoch nicht mit Bestimmtheit bestimmen (opáōn ist im fgrE sonst noch Phoinix, Gefolgsmann des Peleus: 23.360, und Hekate, Begleiterin der Persephone: h.Cer. 440). — Meriones: Die Figur scheint in der ep. Tradition tief verwurzelt; dafür sprechen die begleitende feste Formel (‘gleichviel wiegend wie Enyalios, der Männertöter’), die

165 Ἰδοµενῆος: zur Flexion R 3; R 11.3. 166 Ἐνυαλίῳ ἀνδρειφόντῃ: zu lesen mit Synizese von Ἐνυ͜αλίῳ oder Synalöphe von Ἐνυαλίῳ͜ ἀνδρειφόντῃ (↑).

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aus prosodischen Gründen auf das 15. Jh. v. Chr. zurückgehen kann und nur bei Meriones steht (s.u.), der auffällig antiquierte Eberzahnhelm des Helden (10.261– 265) und die Verbindung mit dem hurritischen maryannu ‘vorzüglicher Wagenlenker’: 2.651n. und 19.238–240n. mit Lit.; FM 2.4. — Enyalios: kretische Lokalgottheit, ursprünglich Gott des direkten Aufeinandertreffens zweier Gegner, später mit Ares verbunden; in den homerischen Epen sind die Namen synonym verwendet: 2.651n. mit Lit.; ferner DE JONG zu Il. 22.132. Kurze Vergleiche von Heroen mit dem Kriegsgott sind häufig (s.u.), ausführliche Gleichnisse dagegen seltener (208–213n.); die kurze Vergleichsfloskel bedeutet nicht unbedingt, daß sich der betreffende Krieger in der jeweiligen Situation von der besten Seite zeigt (KELLY 2007, 228–231). Ἰδοµενεὺς καὶ ὀπάων Ἰδοµενῆος: 79–80n. — ὀπάων: mit Suffix -ṷon- zu einem nomen actionis *ὁπᾱ́ ‘Folge, Gefolgschaft’ (dazu auch ἕποµαι); verwandt mit myk. o-qa-wo-ni (RUIJGH [1968] 1996, 255; LfgrE; DMic); evtl. Zusammenhang mit myk. o-pa ‘Arbeit, Beitrag’, auch im Sinne von ‘Tribut’ (DMic, RUIJGH a.O. 261), letzteres u.a. auf den Linear B-Täfelchen in Knossos gefunden (ALDEN 2012, 123f. mit Anm. 59, dort Stellen und weitere Lit.), was die These eines kretischen Ursprungs des Wortes stützt (KIRK zu 165; vgl. WEBSTER [1958] 1964, 105; WACE/STUBBINGS 1962, 456). — ἀτάλαντος: 47n. — Ἐνυαλίῳ ἀνδρειφόντῃ: zum metrischen Problem M 13.4, G 15; LATACZ 62010, 334–336. 384f. Der Vergleich mit dem Kriegsgott (Enyalios = Ares) wird im fgrE durch zahlreiche flektierbare Formeln ausgedrückt, z.B. ἶσος Ἐνυαλίῳ (22.132), ἶσος Ἄρηϊ (11.295, 11.604 [dort nach der Zäsur A 3], 12.130, 13.802, 20.46, Od. 8.115) und ἀτάλαντος Ἄρηϊ (Il. 2.627, 5.576, 8.215, 13.295, 13.328, 13.528, 15.302, 16.784 [s.d.], 17.72, 17.536, ‘Hes.’ fr. 25.16 M.-W.).

167 = 8.265; ≈ 2.736, 5.79. — Eurypylos: FM 2.4; thessalischer Held; Herrscher im thessalischen Ormenion. Seine Fähigkeiten werden in der Ilias mehrfach hervorgehoben; vielleicht vorhomerisch (2.736n. mit Lit.). Sein Vater Euhaimon ist sonst nicht bekannt, nur Demetrios von Skepsis bez. ihn als Sohn des Ormenos (fr. 68 Gaede = Strab. 9.5.18), was ihn zum Bruder des Amyntor und damit Eurypylos zum Vetter des Phoinix (FM 2.5) machen würde. ἀγλαὸς υἱός: flektierbare VE-Formel (18× Il., 8× Od., 6× hom.h.), meist mit vorausgehendem Gen. des Vatersnamens; in dieser Kombination auch 3× am VA (Il. 23.302, ‘Hes.’ fr. 12.2 M.-W., h.Merc. 500). Vgl. die Formel ἄλκιµος υἱός (6.436–437n.).

168 Thoas: Anführer der Aitoler ohne große Rolle in der Ilias (entsprechend seiner Substitutfunktion als Herrscher nach dem Aussterben der ursprünglichen Dynastie: 2.641–643); außer an der vorl. Stelle tritt er nur noch dreimal prominenter auf: 4.527–535 tötet er den thrakischen Führer Peiroos; 13.215–239 nimmt Poseidon seine Gestalt an, um Idomeneus zu ermuntern, und 15.281–299 folgen die anderen Anführer Thoas’ Aufforderung, nicht vor Hektor zurückzuweichen (2.638n.; zu 167 Εὐρύπυλος(ς), Εὐαίµονος: zur Prosodie M 4.6 (hier zudem an Zäsurstelle: M 8). 168 ἄν: = ἀνά (R 20.1); zu ergänzen ein Verb des Sich-Erhebens, z.B. ὦρτο.

Kommentar

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weiteren Trägern desselben Namens 14.230n., 16.310–311n., mit Lit.). — Andraimoníde: bei Homer ist Andraimon nur Vater des Thoas; sonst wird er auch als Schwiegersohn und Nachfolger des mythischen Königs Oineus von Kalydon genannt (‘Apollod.’ Bibl. 1.8.1/1.8.6 [= 1.64/1.78]; vgl. zu den Söhnen des Oineus 2.638n.; Paus. 10.38.5). — Odysseus: Daß Odysseus zuletzt genannt wird, verdeutlicht möglicherweise die für seine Figur typische Überlegtheit im Handeln: er steht als Letzter auf (schol. bT); aber s. 161b–169n. gegen eine Überbewertung der Reihenfolge. Ἀνδραιµονίδης: hapaxP im fgrE, sonst Ἀνδραίµονος υἱός (2.638, 15.281, Od. 14.499, ‘Hes.’ fr. 198.9 M.-W.). — δῖος Ὀδυσσεύς: VE-Formel (23× Il., 79× Od.). 169 ≈ 9.356; 2. VH = 7.42 (s. 41–42n.). — πάντες: bildet mit 161 den Katalog-Rahmen (161b– 169n.).

170–205 Nestor läßt Hektors Gegner durch das Los bestimmen; zur allgemeinen Erleichterung trifft das Los Aias, den Sohn des Telamon. Die Griechen beten um den Sieg oder wenigstens um einen unentschiedenen Ausgang. Im fgrE kommen diverse weitere Losverfahren vor, die dazu dienen, eine Auswahl oder Reihenfolge von Personen zu bestimmen; das Motiv ist auch Teil eines traditionellen Erzählmusters für zeremonielle Zweikämpfe und findet sich auch im 3. Gesang: s. 3.316–325n. mit Lit., dort auch zu weiteren Losverfahren im fgrE und zur entsprechenden Typischen SzeneP: 1. Die Lose werden in einen Helm geworfen (176), 2. die Teilnehmer beten (177ff.), 3. die Lose werden geschüttelt (181), 4. eines der Lose springt aus dem Helm und bezeichnet jemanden (182f.). Naturgemäß enthält die vorl. Szene einige für das Procedere des Losens typische Iterata, v.a. solche, die auch bei der Auslosung des ersten Wurfs im Duell des 3. Gesangs vorkommen (s. zu den einzelnen Lemmata). 170 τοῖς δ’ αὖτις µετέειπε: VA-Formel (noch 10.241 und Od. 15.439; häufiger ist τοῖσι δὲ καὶ µετέειπε: 2.336n.); Rede-EinleitungP; zum Lokativ τοῖς s. 123n. — αὖτις: hier mit weiterführender, anknüpfender Funktion (BONIFAZI 2012, 266f.: “switching to … the next speaker” / “zooming-in effect”); vgl. 16.477n. mit weiterer Lit. — Γερήνιος ἱππότα Νέστωρ: VE-Formel (insges. 21× Il., 10× Od., 1× Hes.). Γερήνιος ist wohl Adj. zu Gerenia oder Gerenos/on (Stadt in Messenien): 2.336n. mit Lit.; dort auch zu ἱππότα (vgl. 124–125n. zu ἱππηλάτα).

171–174 Mit dem Losverfahren, also der schicksalhaften Bestimmung des Aias, wird der göttlichen Auserwählung Hektors durch Apollon ein Pendant auf griechischer Seite gegenübergestellt (REUCHER 1983, 164f.). Auch auf der FigurenP-Ebene läßt sich die Idee des Losverfahrens als strategische Maßnahme Nestors erklären: so 169 οἵ: zur demonstr.-anaphor. Funktion von ὅ, ἥ, τό R 17. 170 τοῖς: ‘unter ihnen’ (­); zur demonstr.-anaphor. Funktion von ὅ, ἥ, τό R 17. — ἱππότα: Nom. Sg. (­).

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wird auf griechischer Seite kein Freiwilliger hintangestellt, und den Troianern wird verdeutlicht, daß man über eine Vielzahl von Kämpfern verfügt, die es mit Hektor aufnehmen können; zudem werden sie, wenn Hektor nicht gegen den aktuell ‘Besten’ der Griechen kämpft, sondern gegen einen willkürlich Ausgewählten, keine Rückschlüsse über die Qualität des restlichen griechischen Heeres ziehen können (schol. T zu 171; vgl. auch Aias’ Aussage 231f.). 171 πεπάλαχθε: möglicherweise redupl. Aorist zu παλάσσοµαι, hier mit der sonst nicht belegten Bed. ‘das Los werfen’ (zu – nachhomerisch, aber schon bei Sappho fr. 33.2 Voigt belegtem – πάλος ‘Los’ [vgl. schol. D]). Aristarch (und Herodian?) lesen πεπάλασθε (zu πάλλω ‘schütteln’: schol. A und bT; s. dazu ERBSE 1960, 91; ihnen folgen AH; LEAF; KIRK), ebenso in Od. 9.331 (κληρῷ) πεπαλάσθαι für πεπαλάχθαι, wohl um der Beziehung auf das Verb παλάσσω auszuweichen, dessen häufigste Bed. ‘bespritzen, beschmutzen’, an beiden Stellen nicht paßt. Die korrekten Aoristformen zu πάλλω müßten allerdings πεπάλεσθε/ πεπαλέσθαι lauten, womit eine Verschreibung zu πεπάλαχθε/πεπαλάχθαι ausgesprochen unwahrscheinlich erscheint (BECHTEL 1914, 266f.; RISCH 283; VAN DER VALK 1964, 205; WEST 2001, 200). Plausibler ist eine Grundbedeutung ‘schütteln’ zu παλάσσω/παλάσσοµαι, aus der sich zum einen die Bed. ‘schüttelnd besprenkeln’ ergab, zum anderen ‘das Los werfen’ (ursprünglich aus der Vorstellung eines geschüttelten Bechers, hier aber abstrahiert i.S.v. ‘sich an einem Losverfahren beteiligen’: tatsächlich ‘geschüttelt’ [πάλλεν] wird erst in V. 181 in Agamemnons Helm). — διαµπερές: ‘ganz hindurch’, d.h. jeder soll der Reihe nach sein Los in den Helm werfen (FAESI/FRANKE; AH). — ὅς κε λάχησιν: zwischen Rel.-Satz (ohne Bezugswort im HS: ‘werft das Los der Reihe nach, wer auch immer es dann zieht’) und abh. Fragesatz ([um zu sehen,] wer es zieht’): MONTEIL 1963, 64–66; vgl. SCHW. 2.643f.; CHANTR. 2.238, 293; vgl. 2.365n. [s.d.]). 172–173a 173 ≈ 6.260. — ὀνήσει … | … ὀνήσεται: Der Nutzen für den Kämpfer selbst – vermutlich ist sein Prestigegewinn gemeint – wird durch die Pronomina αὐτός und ὅν sowie durch den Wechsel des Verbs ins Medium stark betont (KIRK; vgl. 16.230n.; zur Stilfigur der Gegenüberstellung versch. Genera desselben Verbs s. FEHLING 1969, 266). Die Erwähnung des θυµός drückt dabei die innere Beteiligung aus (BÖHME 1929, 75 mit Anm. 4), geradezu ‘für sich selbst’ (HAHN 1954, 256); für eine bloße ‘façon de parler’ (LfgrE s.v. θυµός 1085.37ff.) erscheint die Formulierung insgesamt zu emphatisch. – Ähnl. Formulierungen: ὤνησας κραδίην (1.395); θυµὸν ἰαίνειν (u.ä.: LfgrE a.O. 1086, 38ff.). — ἐϋκνήµιδας Ἀχαιούς: 57–59a n.

173b–174 = 118b–119 (117–119n.). – Die kürzere Version der Passage, beschränkt auf den Kondizionalsatz mit der immerhin mitbedachten Möglichkeit, der

171 κλήρῳ νῦν πεπάλαχθε: ‘werft nun das Los’ (­). — ὅς κε: = ὅστις ἄν (R 24.5), ­; λάχησιν ist 3. Sg. Konj. Aor, zu λαγχάνω (R 16.3); ebenso φύγησι zu φεύγω (173). 172 δὴ ὀνήσει ἐϋκνήµιδας: zur sog. Hiatkürzung R 5.5. 173 καὶ δ(έ): ‘aber auch’. — αὐτὸς (ϝ)όν: zur Prosodie R 4.5. — ὅν: Possessivpron. der 3. Person (R 14.4). — αἴ κε φύγησιν: 118n. 174 πολέµοιο: zur Flexion R 11.2.

Kommentar

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griechische Kämpfer könnte unterliegen, wirkt vor allem nach den optimistischen Vv. 172f. eher floskelhaft, i.S.v. ‘so Gott will’ oder ‘hoffentlich’. 175 setzten ihre Zeichen: bei neun Helden ist eine differenzierte Kennzeichnung nötig (anders als bei einem Losverfahren zwischen nur zwei Kandidaten wie dem im 3. Gesang; womit dort gelost wird, bleibt offen [3.316–325n.]; zwei verschiedenfarbige Kieselsteine würden genügen): vermutlich werden die Zeichen in Tonscherben, Holzstücke o.ä. eingeritzt. Daß es sich hierbei um Schrift handelt, ist unwahrscheinlich, weil der Herold das Zeichen auf dem entscheidenden Los nicht selbst identifizieren kann, sondern es in Vv. 183ff. allen Teilnehmern zeigen muß: so bereits Aristarch in den schol. A zu 7.175 und 187 sowie D zu 175 (s. auch AH; LEAF zu 184; KIRK z.St. und zu 3.324–325). Freilich findet sich auch die Interpretation, die Zeichen seien aufgrund der unterschiedlichen Herkunft der Helden nicht für alle lesbar (schol. bT zu 7.175). Zu den heterogenen antiken Vorstellungen von Schriftlichkeit im Heroenzeitalter s. SCHMIDT 1976, 213–215; HEUBECK 1979, 126–146; BRILLANTE 1996, 31–33. – Tatsächlich als Schrift aufgefaßt werden müssen die ‘todbringenden Zeichen’ in 6.168–170 aufgrund der Komplexität ihres Inhalts (s.d. mit Lit.; zu beiden Stellen außerdem CAMEROTTO 2009, 221–224). Sinnvoll erscheint die Unterscheidung in sprachabbildende lexigraphische Schrift einerseits und lediglich bedeutungstragende semasiographische andererseits (POWELL 1991, 198–200; Definitionen S. 250 und 252; 1997, 27); 6.168ff. liegt erstere, an der vorl. Stelle letztere vor. οἵ … ἕκαστος: distributive Aufgliederung des Subjekts (SCHW. 2.616). 176 κυνέῃ: urspr. Helm aus Leder (verkürzt aus κυνέη δορή/ῥινός ‘Hundefell’); dann aber meistens Bronzehelm mit Lederfutter oder Helm aus Leder mit verstärkenden Bronzeblechen; meist synonym mit κόρυς und τρυφάλεια (3.316n. mit Lit.). — Ἀγαµέµνονος Ἀτρεΐδαο: VE-Formel (insges. 9× Il., 4× Od.).

177–183a Typische SzeneP Gebet (1.37–42n. mit Lit.); hier realisiert sind die Elemente (1) Gebetsgeste (177f.), (2) Nennung des Verbs des Betens (178), (5) Anrufung der Gottheit (179), (7) Wunschbitte (179f.), (8) formelhafter Abschluß (181), (9) positive Reaktion der Gottheit (in 182–183a impliziert). Wie bei zwei Gebeten vor dem Zweikampf im 3. Gesang (3.298–301 und 318–324a) handelt es sich auch hier um eine Tis-RedeP (3.318–324a n. mit Lit.); dasselbe ist bei dem kurz darauf folgenden neuerlichen Gebet 200–205 der Fall. Die Form dient hier der Darstellung einer Vielzahl ähnlicher Reden einzelner repräsentativer Sprecher aus der Masse der griechischen und troischen Krieger durch ein Beispiel, wie auch an

175 ὥς: = οὕτως. — ἔφαθ’: 43n. — οἵ: zur demonstr.-anaphor. Funktion von ὅ, ἥ, τό R 17; ebenso 185. — ἐσηµήναντο (ϝ)έκαστος: zur Prosodie R 4.3. 176 ἐν … ἔβαλον: zur sog. Tmesis R 20.2. —κυνέῃ Ἀγαµέµνονος: zum Hiat R 5.6. — κυνέῃ: zum -ῃ nach -ε- R 2, zur unkontrahierten Form R 6. — Ἀτρεΐδαο: zur Flexion R 11.1.

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den iterativen Verbformen für ‘reden’ deutlich wird (gr. eípesken: 178 [s.d.], 201; vgl. 2.188–206n.). 177–180 177–178a = 3.318–319a. – 178b–179 bis zur Zäsur A 3 = 3.364f., 7.201f., 19.257f., 21.272f. – 1. VH von 178 bis zur Zäsur C 1 insges. 4× Il., 6× Od., immer mit folgendem ἐς πλησίον ἄλλον (dazu 2.271n.), bis B 2 insges. 3× Il., 6× Od., ≈ 3× Il., 3× Od. (ὥς ἄρα τις εἴπεσκε[ν]); 2. VH ≈ 5.867; von der Zäsur C 2 an = Hes. Th. 746; ≈ Th. 679. – 180 ≈ 11.46. 177–178 hoben ihre Arme … | … zum weiten Himmel blickend: übliche Gebetshaltung (3.275n.; 3.364n. mit Lit.), s. auch 179–180n. (‘Zeus, Vater’). λαοὶ δ’ ἠρήσαντο: zu den Bedeutungsnuancen von λαοί (‘Kämpfer, Soldaten’) und ἠρήσαντο (‘beteten’; ἀράοµαι hier wohl synonym zu εὔχοµαι verwendet) s. 3.318n. mit Lit. — χεῖρας ἀνέσχον: 130–131n. — εἴπεσκεν: Der Iterativ steht hier für gleichzeitige Äußerungen verschiedener Figuren wie 2.271 (s.d.; AUBRIOT-SÉVIN 1992, 42f.). Zum -σκ- Suffix G 60.

179–180 In dem kurzen Gebet wird die Typische ZahlP Neun auf die ebenfalls Typische Zahl Drei reduziert (BLOM 1936, 31) und die Aufmerksamkeit des Publikums damit eingrenzend konzentriert (NAGY [1979] 1999, 30); zur Spannung der Auslosung an sich kommt die ebenfalls spannungsfördernde Frage hinzu, ob das Gebet erhört und einer der drei genannten Helden erlost werden wird (DE JONG 1987, 71). Die drei Namen sind nach dem Gesetz der wachsenden Glieder angeordnet (BEHAGHEL 1909, bes. 139; WEST 2011; vgl. 10n.); es handelt sich um eine hierarchische Klimax auf Agamemnon hin, der als Heerführer eine Ausnahmestellung einnimmt (162n.). Das bedeutet aber nicht, daß Agamemnon auch der beste Kämpfer unter den drei Helden wäre (SCHNEIDER 1996, 59f.), da die Namen offensichtlich in der Reihenfolge der Präferenz genannt sind: 182f. wird dann gesagt, daß Aias der Wunschkandidat ist (schol. T; KIRK). Alle drei Helden fungieren auf unterschiedliche Weise als Stellvertreter des Achilleus: Aias ist nach diesem der Zweitbeste (2.768n.; vgl. 1–312n. [4.4.2.]); auch Diomedes ist überaus erfolgreich im Kampf und fungiert teilweise als Ersatzfigur für den abwesenden Achilleus (163n.). Agamemnon schließlich ist für die Abwesenheit des ‘offensichtlichen Kandidaten’ Achilleus verantwortlich und muß folglich für diesen einspringen (vgl. KELLY 2007, 248f.). Allen drei Helden wird Hektor in der Ilias unterlegen sein: dem Aias bereits im nun folgenden Zweikampf (und öfter: STOEVESANDT 2004, 212–214; MACKIE 2008, 168), dem Agamemnon in 11.181– 210 (Zeus befiehlt Hektor, erst einzugreifen, wenn Agamemnon sich aus der

177 θεοῖσι: zur Flexion R 11.2. 178 τις (ϝ)εἴπεσκεν: zur Prosodie R 4.5. — εἴπεσκεν: zu -σκ- R 16.5 (­). 179 ἠ(ὲ) … ἠ(έ): ‘entweder … oder’. 180 βασιλῆα: zur Flexion R 11.3; R 3.

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Schlacht zurückgezogen hat), dem Diomedes in 11.349–367 (Hektor flieht vor ihm): WILLCOCK zu 11.360 (ausführlich zum Kräfteverhältnis zwischen Hektor und den einzelnen Griechenhelden STOEVESANDT 2004, 199–225). – Die im Gebet nicht Genannten sind weniger kampfstark; sie gehören zu einer Gruppe, die eher als zweite Besetzung auftritt (STRASBURGER 1954, 106; SCHNEIDER a.O. 58), abgesehen von Odysseus, dessen Stärken jedoch vorwiegend im intellektuellen Bereich liegen (vgl. seine Charakterisierung durch Helena in der Teichoskopie 3.200–202 [3.191–224n.]). — Zeus Vater: Von Göttern und Menschen verwendete Anrede (19.121n.). Zeus’ Epitheton ‘Vater’ hat idg. Ursprung, vgl. etwa lat. Iu-piter (3.276n. mit Lit.). Die Vorstellung von Zeus als bestimmender göttlicher Macht im Krieg ist im homerischen Epos allgegenwärtig (19.223b–224n.; s. auch 69n.). Die Hinwendung zum Himmelsgott Zeus bei gleichzeitigem Aufblicken zu ihm (178) verleiht dem Gebet eine persönliche, emotionale Note (dies wird noch deutlicher an den Iteratstellen 3.364f. und 21.272f. in ihren jeweiligen Kontexten: PUCCI 2012). — des goldstrotzenden Mykene: VE-Formel, noch 11.46 und Od. 3.305. Bereits in der Antike war Mykenes Reichtum sprichwörtlich, vgl. z.B. das Diktum, Zeus habe dem Stamm des Aiakos Stärke gegeben, dem des Amythaon Verstand und dem des Atreus – also dem mykenischen Herrschergeschlecht – Reichtum (‘Hes.’ fr. 203 M.-W.), oder die Bezeichnung der mykenischen Kuppelgräber als thēsauroí (Paus. 2.16.6): s. HAINSWORTH zu 11.46; zu mögl. natürlichen Goldvorkommen im Gebiet von Mykene (als Begründung für die reichen dort geborgenen Goldfunde) SHEAR 2000, 138. Das Epitheton ‘goldstrotzend’ (gr. polýchrysos) wird im fgrE sonst noch von Troia (18.289) und von Aphrodite verwendet (dann: ‘goldgeschmückt’: 2× Hes., 6× ‘Hes.’, 2× hom.h.): LfgrE mit Lit. Ζεῦ πάτερ: VA-Formel: 1.503n. — Αἴαντα λαχεῖν: der Inf. ist Ausdruck des Wunsches, sc. δός (2.413n.; schol. T; SCHW. 2.382). — Τυδέος: kurzvokal. Gen. zu Τυδεύς: 6.96n. mit Lit., vgl. 3.37n. zu Ἀτρέος. — Τυδέος υἱόν: flektierbare VE-Formel (insges. 14× Il.), außerdem nach der Zäsur A 3 (6× Il., 1× Od.) und einmal mitten im Vers (Il. 6.277). — αὐτὸν βασιλῆα: gemeint ist “der Chef persönlich” (SCHNEIDER a.O. 60).

181 1. VH = 3.324; 2. VH = 7.170, s.d. — Es schüttelte … Nestor: als unparteiische Vertrauensperson ist Nestor geeignet, das Losverfahren zu leiten (schol. T), zumal er es ja auch initiiert hat (171). ὣς ἄρ’ ἔφαν: Rede-AbschlußformelP, insges. 4× Il., 5× Od. — Γερήνιος ἱππότα Νέστωρ: 170n.

182–189 Dieser Teil der Typischen SzeneP Losverfahren hat keine Parallele: das Los wird bei allen Teilnehmern herumgezeigt, bis am Ende Aias es als das seinige erkennt. Daß der tatsächlich Ausgeloste der Letzte ist, dem das aus dem Helm gesprungene Los gezeigt wird (zumindest wird dieser Eindruck erweckt, indem der 181 ἄρ(α): wohl v.a. aus metr. Gründen gesetzt; vgl. R 24.1. — ἔφαν: = ἔφησαν (R 16.2). — πάλλεν: zur augmentlosen Form R 16.1.

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Herold es zunächst ‘allen den Besten der Achaier’ präsentiert: 184), dient dem Aufbau von Spannung (schol. bT zu 185) auf FigurenP-Ebene: das Publikum ist zwar informiert, daß es sich um Aias’ Los handelt (183), erlebt aber nun mit, wie die Griechen gleichsam auf die Folter gespannt werden. 182–183 1. VH von 182 bis zur Zäsur B 1 = Od. 10.207; 2. VH von 183 nach der Zäsur B 2 = 186. — den sie selber wollten: ErzählerP-Kommentar; die Griechen erfahren erst in 191 definitiv, daß Aias der Kämpfer sein wird. Allerdings wird dieser Umstand immer klarer, während der Herold herumgeht und ein Held nach dem anderen das Los zurückweist; durch ‘allen den Besten der Achaier’ (184) und ‘ein jeder’ (185) wird impliziert, daß Aias der Letzte ist, dem das Los gezeigt wird (191–192n.). — des Aias: der gr. Gen. Aíantos steht emphatisch als runover word am Versbeginn (AH) und am Satz-Ende nach dem Relativsatz; erst hier wird die im Gebet 179–180 (s.d.) aufgebaute Spannung gelöst (nur auf der Rezipienten-Ebene, s. 182–189n.): “[the narrator] effectively reserves the most important information for the last” (DE JONG 1987, 71; vgl. OWEN 1946, 76). Im Losverfahren des 3. Gesanges, wo es um die weniger gravierende Entscheidung der Reihenfolge im Zweikampf geht, erfolgt die Auflösung nach dem Iteratvers 3.324 (‘So sprachen sie. Es schüttelte indes der große funkelhelmbewehrte Hektor’; 1. VH = 7.181) schneller, gleich im Folgevers selbst: ‘Da war’s Paris’ Los, das schnell heraussprang’ (KIRK 1978, 30–32). — ein Herold: Aufgabe der Herolde ist es, als Diener und Begleiter zu amtieren (24.149n.) oder Versammlungen einzuberufen und für deren geordneten Ablauf zu sorgen (2.50–52n.); bei der Vorbereitung auf einen Zweikampf sind die Herolde auch 3.268–274 beteiligt, wo sie bei den vorbereitenden Opfern assistieren. Allg. zur Funktion von Herolden s. 1.321n.; 1.334n.; 18.558n. — durch den Haufen: Da die Heere einander gegenübersitzen (vgl. 54– 56), sind die neun Helden, die sich stellen wollen, durchaus in einer Reihe positioniert vorstellbar, dies jedoch vermutlich inmitten der anderen Kämpfer, nicht als geschlossene Gruppe; dafür spricht, daß der Herold das Los ‘überall hin’ tragen muß (KIRK). Die Wiederholung der Formulierung in 186 veranschaulicht die Redundanz und lange Dauer des Vorgangs. κήρυξ: zum Akzent WEST 1998, XXI; zu myk. ka-ru-ke s. 1.321n. und 24.149n. mit Lit. 184 ἐνδέξια: formell korrekte, da glückverheißende Richtung (in der auch Hephaistos den Göttern einschenkt: 1.597n.): AH; LEAF; KIRK. — ἀριστήεσσιν Ἀχαιῶν: 50n.

182 ἐκ … ἔθορε: zur sog. Tmesis R 20.2. — αὐτοί: ‘sie selber’ (die am Wahlvorgang beteiligten Achaier). 183 ἀν’ ὅµιλον: ‘der Schar entlang’ (­). — ἁπάντῃ: adv., ‘überall’; ebenso 186. 184 δεῖξ(ε): zur augmentlosen Form R 16.1. — ἐνδέξια: adv., ‘rechts herum’ (­). — ἀριστήεσσιν: zur Flexion R 11.3.

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185 οἳ … ἕκαστος: distributive Aufgliederung des Subjekts wie 175 (s.d.). Wiederaufnahme von πᾶσιν aus dem vorhergehenden Vers; die komplementäre Verbindung von πᾶς und ἕκαστος ist nicht unüblich (2.449n.). — ἀπηνήναντο: 93n.

186 2. VH nach der Zäsur B 2 = 183. 187 beim glanzvollen Aias: VE-Formel, insges. 6× Il.; zu phaídimos ‘glänzend’ s. 1n. Wie 182f. (s.d.) wird der Name auch hier emphatisch nach dem Relativsatz genannt. ἐπιγράψας: γράφω hat im fgrE immer die Bed. ‘ritzen’; bei Homer sonst nur in Verwundungsbeschreibungen, außer 6.169 von Schrift auf einer Schreibtafel (s.d. und 175n.). Hier liegt die etwas spezifischere Bed. ‘(erkennbar) markieren’ vor: CHADWICK 1996, 79. — φαίδιµος Αἴας: Nom. statt – wie als Apposition zu τόν (186) zu erwarten – Akk., an den näheren Relativsatz (ὅς) angeglichen, wie 3.124 (s.d. auch zu weiteren Bsp.).

188 Der Moment, in dem der Herold Aias das Los überreicht, ist in einem ganzen Vers beschrieben “to make the moment of recognition even more dramatic” (KIRK); dazu kommt die detaillierte und retardierende Darstellung des Geschehens vor und nach der Los-Erkennung (182–189n., 182–183n., 189–191n.). ἤτοι: stark emphatisch; sonst wie bloßes ἦ fast nur in direkter Rede (WACE 1962, 174); vgl. z.B. gleich unten V. 191. — ὑπέσχεθε: ‘hielt darunter’, also unter die Hand des Herolds mit dem Los, im Dt. eher ‘hielt auf’. Poet. Nebenform zu ὑπέσχε; aktives Verb im fgrE nur hier und 4.269 (LfgrE; Überblick über die Verba auf -θω und -θον bei RISCH 278–280). — ἄγχι παραστάς: flektierbare VE-Formel (sonst 5× Il., 3× Od.). – παραστάς ‘nahe (oder seitlich) herangetreten’ steht sonst meist neben einem Verbum des Treffens/Verletzens (16.114n.) oder des Sagens (s. auch 46n.; 6.75n.).

189–191 Aias’ emotionale Bewegung wird minutiös dargestellt, vom sinnlichen Eindruck (‘geblickt’) über das intellektuelle Erfassen (‘erkannte’) und die erste Genugtuung (‘freute sich’, gr. gḗthēse) bis hin zur Freudeaufwallung, die nach außen drängt (Hinwerfen des Loses in 190; Äußerung in 191: cháirō): LATACZ 1966, 147; zur Unterscheidung der gr. Begriffe (frohe Genugtuung vs. drängende Freude-Empfindung) s. ebenda 232f. 189 ἰδών, γήθησε: formelhaft, nur hier und 1.330 nach der Zäsur B 2; sonst nach A 2 (4.255, 8.278, Od. 5.486, 24.504); ähnl. γήθησεν ἰδών (nach A 4: Il. 4.283, 311, 10.190, Od. 13.226, 22.207); s. auch KELLY 2007, 270f. mit weiteren Ilias-Stellen mit dem Inhalt ‘Freude beim Anblick’. — θυµῷ: Zum θυµός als Sitz von Regungen und Affekten s. 95n.; vgl. 2–3n. Hier nicht prägnant verwendet; anders 192f., wo die Freude des Aias statt vom Erzähler von Aias selbst ausgedrückt wird. 185 γινώσκοντες: = γιγνώσκοντες. — ἀπηνήναντο (ϝ)έκαστος: zur Prosodie R 4.3. 187 µιν: = αὐτόν (R 14.1); gemeint ist κλῆρον (182). — κυνέῃ: dat. loci des Ziels; βάλε ist wohl synonym zu ἔµβαλεν im Folgevers. 188 ἤτοι: ‘wirklich, in der Tat’ (­). — ὅ: sc. der Herold; zur demonstr.-anaphor. Funktion von ὅ, ἥ, τό R 17. 189 γνῶ: = ἔγνω (R. 16.1); Subj. ist wieder Aias. — σῆµα (ϝ)ιδών: zur Prosodie R 4.3.

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190 Im spontanen Hinwerfen des Loses (“a heroic and almost rustic reaction”: KIRK) zeigt sich neben Aias’ Freude auch seine wilde Entschlossenheit (vgl. FAESI/ FRANKE; AH), die sich weiter auch in seiner nun folgenden kurzen Rede und in seinem Auftritt nach der Wappnung äußert (211ff.), und die auf troischer Seite für Angst und Schrecken sorgt (214–215n.). χαµάδις βάλε: flektierbare Formel nach der Zäsur B 1 (noch Od. 4.114, 19.63); χαµάδις steht im fgrE immer an derselben Stelle im Vers (insges. 10× Il., 2× Od.), außer Od. 19.599. — φώνησέν τε: VE-Formel, 17× Il., 17× Od., 2× hom.h. (24.193n.).

191–199 Aias’ kurze Ansprache beginnt nach der Selbst-Identifikation (κλῆρος ἐµός) mit dem lauten Ausdruck seiner Freude und Zuversicht (191f.); es folgt seine Bitte an die Gefährten, zu Zeus zu beten – im stillen, sagt er, worauf er sich sofort korrigiert: man habe ja nichts zu befürchten (193–196), so daß die Rede auf einer optimistischen und selbstbewußten Note endet (197–199). Die Verse 195–199 wurden in der Antike beanstandet (so auch von WEST), mit der Begründung, sie paßten nicht zu Aias und er widerspreche sich in lächerlicher Weise (schol. A zu 7.195–199; vgl. auch WILAMOWITZ 1884, 244 Anm. 6 “wer in frommem sinne, eh es zum schweren kampfe geht, die gefährten bittet, für ihn zu beten, der renommirt nicht, daß keiner ihm an kraft und geschicklichkeit überlegen sei”). Daß die Verse ein später Einschub sind, ist jedoch unwahrscheinlich, da sie schon Pindar vorgelegen haben müssen, der sich in Nem. 2.13f. möglicherweise auf 198f. bezieht (LEAF; KIRK; SOTIRIOU 2000; WEST app. testim.). Auch sonst sind die Argumente für die Athetese nicht zwingend: ähnliche Meinungsänderungen finden sich im homerischen Epos auch sonst (z.B. Od. 17.275–279), und daß Aias’ allgemeine Zuversicht zwischenzeitlich kurz von leiser Unsicherheit gebrochen wird, am Ende aber doch in eine rhetorisch ausgefeilte Klimax der Selbstgewißheit mündet (197– 199n.), ist psychologisch durchaus plausibel (LEAF; vgl. KIRK z.St. und zu 195– 199; WILLCOCK zu 195–199), auch wenn die Wirkung, die sich Aias von einem stillen bzw. lauten Gebet erhofft, nicht ganz eindeutig zu klären ist (195–196n.). 191–192 mich selbst: die Freude des Heeres über Aias’ Auslosung wird nicht explizit erwähnt (LeerstelleP); daß sie sehr rasch demonstriert wird, wird wohl vorausgesetzt (WEST 2011). — den göttlichen Hektor: 41–42n. ὦ φίλοι: Vertrautheit suggerierende Anrede an einen größeren Adressatenkreis (2.56n., 2.299n., 18.254n.); typisch für die Reden der Griechen (26× Il.), selten (7×) und meist ohne die Interjektion ὦ auf troischer Seite (MACKIE 1996, 133f.; nur einmal paralleles ὦ φίλοι in zwei direkt aufeinanderfolgenden Tis-RedenP der Achaier und der Troianer [17.415, 421]): freundschaftliche Verbindungen haben im griechischen Heerlager größere Bedeutung als im eher dynastisch strukturierten Troia. An der vorl. Stelle spricht Aias mit dem Vokativ nicht

190 τόν: sc. κλῆρον. — πάρ: = παρά (R 20.1). — ἑόν: Possessivpronomen der 3. Person (R 14.4). 192 δοκέω: zur unkontrahierten Form R 6. — νικησέµεν: Inf. Fut. (R 16.4).

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notwendigerweise nur die acht anderen Helden an, die gelost haben, sondern durchaus auch das griechische Heer als Ganzes: die Männer werden alle mitfiebern (DE JONG 1987, 72). Zur allgemeinen Verwendung des Vokativs φίλοι in der Ilias s. KAKRIDIS 1963, 8ff.; OPELT 1978, 181–184. — ἤτοι κλῆρος ἐµός: Ausruf ohne Verb ‘das Los ist meins!’ (GUIRAUD 1962, 136: ‘voici mon sort!’; ebenso LANÉRÈS 1992, 455f.) oder elliptisch ‘wahrhaftig, das Los ist das meine!’. — θυµῷ: durch die betonte Stellung als runover word im progressiven EnjambementP erhält θυµῷ hier intensivierende Funktion (‘im Herzen’ i.S.v. ‘von Herzen’) über die reine ‘Ortsangabe’ hinaus (LATACZ 1966, 73; zur Rolle von θυµός zur Intensivierung der Darstellung s. auch JAHN 1987, 230–232); vgl. oben 95n., ferner 2–3n. — δοκέω: bed. im fgrE sonst ‘scheinen’; ‘glauben’ (i.S.v. mihi videor) nur hier, Od. 18.382, h.Merc. 208 und h.Ven. 125 (LfgrE). 193 2. VH ≈ 6.340. — ἀλλ’ ἄγετ(ε): Übergang von Aias’ Aussage über die eigene Person zur Handlungsanweisung an die anderen; wie nach ἀλλ’ ἄγετ(ε) üblich, folgt auch hier ein imperativischer Satz (194): 2.72n. mit Lit. — πολεµήϊα τεύχεα: Formel nach der Zäsur B 1; noch ‘Hes.’ Sc. 238, fr. 343.19 M.-W., hom.h. 28.5.

194 2. VH = 2.102, 7.200, 18.118; Hes. Op. 69; ≈ 1.502. — betet: Warum Aias die anderen zum Beten auffordert, anstatt es selbst zu tun, ist nicht ganz klar; die Erklärung, er selber sei nicht fromm genug (vgl. die Schilderung seiner hochmütigen Ablehnung göttlicher Hilfe bei Sophokles Aias 758–777), paßt nicht dazu, daß er ein Gebet als notwendig empfindet (AUBRIOT-SÉVIN 1992, 50f.); wahrscheinlicher als ein explizites Sich-Ausnehmen vom Gebet ist die Bitte um kollektive Unterstützung seines eigenen Wunsches an die Götter, zumal er stellvertretend für alle Griechen kämpfen wird. Dafür spricht auch, daß das Gebet dann durch eine TisRedeP wiedergegeben, also als individuelles Beten verschiedener Einzelfiguren dargestellt ist, unter denen Aias auch selbst mitgedacht werden kann. Διὶ Κρονίωνι: flektierbare Formel nach der Zäsur B 2 (1.502n.); Διΐ (⏑– gemessen) geht wohl auf myk. *Διϝεί zurück (vgl. 47n.). — ἄνακτι: ἄναξ ist Titel verschiedener Götter (2.102n.).

195–196 2. VH von 196 (von der Zäsur B 1 an) = Od. 2.199. — still: Stilles Gebet ist im fgrE eher selten; vgl. noch zwei Gebete ‘im Innern’ (gr. katá thymón): a. Odysseus betet während des Wettlaufs im 23. Gesang der Ilias zu Athene (23.769) – freilich eine Situation, in der er nicht gut laut beten kann; ähnlich verhält sich dies b. bei seinem Schiffbruch Od. 5.444 (AUBRIOT-SÉVIN a.O. 153; PELLICCIA 1995, 131f.). Warum an der vorl. Stelle leise gebetet werden soll, wird nicht ganz klar (Aias widerruft die Anweisung im Folgevers, ‘weil wir keinen fürchten’): 1. Die 193 ἀλλ’ ἄγετ(ε): ‘aber auf, los!’ (­). — ὄφρα: temporal, ‘während, solange’ (R 22.2); korrespondiert mit 194 τόφρ(α) ‘so lange’. — πολεµήϊα: = πολέµια (R 10.2). — τεύχεα: zur unkontrahierten Form R 6. — δύω: Konj. Aor. 194 Κρονίωνι (ϝ)άνακτι: zur Prosodie R 5.4. 195 ὑµείων: = ὑµῶν (R 14.1). 196 ἠέ: = ἤ ‘oder’. — δείδιµεν: 1. Pl. Perf. mit präsent. Bed. zu δείδω ‘fürchten’.

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Troer könnten denken, die Griechen fürchteten sich vor Hektor und beteten deswegen (schol. bT zu 7.195; CORLU 1966, 87). 2. Die Troer könnten ihrerseits ein Gebet sprechen und damit das der Griechen konterkarieren (AH; LEAF; KIRK; BUCHHOLZ 1884, 267f.; CAUER [1895] 1923, 621f. Anm. 17; PELLICCIA a.O. 134; vgl. 136). Nach ‘magischem Denken’ kann ein Gebet nur entkräftet werden (etwa durch Verwünschungen: WILAMOWITZ 1884, 244 Anm. 6), wenn sein Wortlaut bekannt ist (LEAF zieht u.a. die geheime Aussprache des jüdischen Gottesnamens zum Vergleich heran; s. auch KRAPP 1964, 124f.: “ein Rest magischer Vorstellungen”). Die Interpretationen 1. und 2. schließen sich nicht gegenseitig aus (AUBRIOT-SÉVIN a.O. 154); jedenfalls ist die Idee der Geheimhaltung eines kommunikativen Vorgangs vor dem Feind in der Ilias kein Einzelfall: Priamos verbietet seinen Leuten beim Transport der Toten vom Schlachtfeld lautes Klagen (427n.); Agamemnons Einberufung einer diskret zu handhabenden Versammlung erfolgt durch einzelne Benachrichtigungen statt durch öffentliches Ausrufen (9.11f.); Nestor befürchtet einen Feind hinter einem Mann, der sich in der Dunkelheit schweigend nähert (10.82–85): WILLE 2001, 51. — oder auch offen: Die Troer sollen nicht denken, die Griechen beteten aus Furcht leise (KIRK zu 196). – An der vorl. Stelle scheint vorausgesetzt, daß die Troer zwar das Gebet der Männer hören werden, nicht aber Aias’ Anweisungen an sie; dies wirkt zunächst unlogisch; in der Ilias wird aber grundsätzlich nicht genau spezifiziert, wer an einem Gespräch teilnimmt; die Veränderung des Raumes einer Szene wird nicht einmal beim Wechsel von einer Massenszene – Heeresversammlung, Schlachtfeld – zum intimen Zwiegespräch markiert (HELLWIG 1964, 39). σιγῇ: bei Homer nur im adverbialen Dat. belegt (‘still, schweigend’), etwas allgemeiner als σιωπῇ ‘auf Aufforderung Schweigen bewahrend’ (3.8n.). — ἐφ’ ὑµείων: ‘bei euch’; vgl. ἐπ’ αὐτόφιν in 19.255 (s.d.): FAESI/FRANKE; AH; LEAF; KIRK. — ἀµφαδίην: erstarrter, adverbiell gebrauchter Akkusativ von (zu ἀναφαίνω gebildetem) ἀµφάδι(ος): SCHW. 1.621; nur hier, 13.356 und Od. 5.120; in der Ilias als Alternative zu einem Gegensatzbegriff, hier zu σιγῇ; vgl. 243 λάθρῃ … ἀµφαδόν (KIRK; LfgrE). — δείδιµεν: ‘soziativer’ Gebrauch des Plurals (vgl. 3.440n.); Aias spricht für sich selbst, aber auch für die betenden Gefährten; der Pl. vertritt hier also nicht einfach nur die 1. Sg. (24.556n. mit Lit.). — ἔµπης: ‘so oder so, in jedem Fall’ (vgl. AH: ‘gleichwohl, mögen die Troer tun was sie wollen’).

196–199 Die Verse sind als athenische Interpolation verdächtigt worden; in der Ilias wird Aias nur hier und 2.557 mit Salamis in Verbindung gebracht (WEST 2011 zu 195, [196–199]). 197–199 2. VH von 199 = 18.436, Od. 3.28. — Die Verse sind rhetorisch stark stilisiert: erst umrahmt ein Gegensatzpaar – ‘Gewalt’ und ‘Geschick’ (142n.) – das andere: ‘willig, den Unwilligen’; dann werden die Antithesen durch Homoionyme abgelöst: ‘geboren und großgezogen’.

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197 ἑκὼν ἀέκοντα: “joined more from a desire of emphasizing the second than in strict logic” (LEAF zieht οἰόθεν οἶος und αἰνόθεν αἰνῶς zum Vergleich heran [39–40n.]; “Ausdrucksverstärkung”: SCHW. 2.699). Ähnlich 4.43: ἑκὼν ἀέκοντί γε θυµῷ, Od. 5.155: οὐκ ἐθέλων ἐθελούσῃ; vgl. auch Od. 3.272: ἐθέλων ἐθέλουσαν. — δίηται: δίηµι/δίω ist ein defektives Verbum; Präs. und Aor. sind hier u.ö. nicht klar unterscheidbar (LfgrE). Bed.: ‘verjagen’ (wohl verwandt mit διώκω: schol. D; DELG s.v. δίεµαι). – Zur funktionalen Nähe von Konj. und Ind. Fut. vgl. oben 87n.; hier liegt insofern besondere Nähe zum Futur vor, als der prospektive Konj. ohne Modalpartikel steht, was häufiger der Fall ist, wenn das Verb über keine eigentliche Futurform verfügt (RUIJGH 288).

198–199 Geschick: bez. sich konkret auf kriegshandwerkliche Fertigkeit und militärisches know-how (16.359n. mit Lit.). Die Wichtigkeit von Kenntnissen u. Erfahrung im Kriegshandwerk wird in der Ilias öfter betont (236–241n.; 2.368n.; BARCK 1992, 63–66; READY 2011, 130ff.; zu οἶδα in der Bed. ‘aus Erfahrung wissen’ s. CLASSEN 2008, 80–83; zum Verhältnis von Erfahrung und Lebensalter vgl. HELLMANN 2000, 45–49). — Salamis: Insel im Saronischen Golf nahe Athen, Heimat des Aias, noch im Schiffskatalog erwähnt (2.557, s.d.). ἰδρείῃ: Handschriftlich besser belegt ist hier die Lesart τ’ ἀϊδρείῃ (WEST app. crit.), die jedoch bereits in der Antike als unbefriedigend empfunden wurde (schol. A, T zu 7.198); allenfalls wäre eine Deutung des α als intensivum vorstellbar (schol. b) oder die ἀϊδρείη dem Aias zuzuordnen: ‘noch auch durch meine Ungeschicklichkeit’ (VAN DER VALK 1964, 204f.; vgl. LEAF); durch die Zuordnung zum Objekt Aias ginge dann aber der Gegensatz zum subjektbezogenen βίῃ verloren (READY 2011, 115 Anm. 22). — ἰδρείῃ … νήϊδα: beides verwandt mit oἶδα (das Präfix νή- ist verneinend: DELG), womit auch Hektor seine Kampfeskundigkeit kundtun wird (226–243n.): WIESSNER 1940, 41; KIRK; PAGANI 2008, 358. — οὐδ’ ἐµέ: Die Aufnahme des übergeordneten Subjekts als Subjektsakkusativ im AcI ist ungewöhnlich und wirkt stark emphatisch (i.S.v. ‘auch ich nicht!’ mit Beziehung auf Hektor), vgl. 13.269 (AH; KIRK; SCHW. 2.376). — οὕτως: ‘derart’; zu νήϊδα; s. 2.120n. zu nachgestelltem οὕτως. — οὕτως | ἔλποµαι: Das integrale EnjambementP steigert die Geschwindigkeit von Aias’ Rede und somit deren Dynamik (vgl. KIRK zu 191–199). — ἔλποµαι: ‘glauben, meinen’, aber auch ‘erwarten’ oder sogar ‘hoffen’ (LfgrE), was hier durchaus paßt (‘so hoff ich doch’), vgl. KIRK (“I should be surprised to find that”). — τραφέµεν: zum intrans. Gebrauch (‘aufwachsen’) des starken Aor. (ἔ)τραφον 1.251n.; LfgrE s.v. τρέφω 611.18ff.

200–205 Das neuerliche Gebet der Griechen ist wiederum als Typische SzeneP dargestellt (177–183a n.), hier (1) Benennung der Gebetsgeste (201: Blick zum

197 βίῃ: zu -ῃ nach -ι- R 2. — γε (ϝ)εκών: zur Prosodie R 4.3. — ἀέκοντα: zur unkontrahierten Form R 6. 198 τι (ϝ)ιδρείῃ, ἐπεί: zur Prosodie 4.3. — ἰδρείῃ, ἐπεί: zum Hiat R 5.6. — τι: Akk. der Beziehung (R 19.1), verstärkt οὐδέ: ‘und nicht in irgendeiner Hinsicht’ (vgl. 27n.; 109n.). — νήϊδα: Akk. zu νῆϊς ‘unkundig’ (­). 199 τραφέµεν: Inf. Aor. Akt. zu τρέφω (R 16.4).

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Himmel), (2) Nennung des Verbs des Betens (200), (3) Nennung der Gottheit (200), (5) Anrufung der Gottheit (202: mit Nennung von Titeln und Kultort), (7) Wunschbitte (203). Weiter finden sich zahlreiche formelhafte Elemente (s. die einzelnen Lemmata). Die Länge von vier Versen ist typisch für ein kurzes Truppengebet, vgl. im 3. Gesang 298–301, 320–323 (und daneben Menelaos’ Gebete 351–354, 365–368), alle ebenfalls zu Zeus (KIRK). – Inhaltlich jedoch ist das vorl. Gebet individuell geprägt, was die Komplexität der Bitte angeht: Zeus soll zwar nach Möglichkeit Aias den Sieg schenken; wenn er aber auch Hektor liebt, soll er wenigstens für ein Unentschieden sorgen. Es ist dies das einzige Gebet mit Alternativbitte in der Ilias (BECKMANN 1932, 17 Anm. 1), im fgrE findet sich sonst nur das Gebet des Polyphem, Odysseus möge seine Heimat niemals erreichen, und wenn doch, dann erst spät und in Unordnung und Leid, nach dem Verlust aller seiner Gefährten, in einem fremden Schiff (Od. 9.526–535: MORRISON 1992, 55f. mit Anm. 11; vgl. ferner die Kombination zweier – allerdings nicht alternativer – Bitten in dem freilich viel längeren Gebet 16.231–252 [s.d]). – Es liegt nahe, die fatalistische Haltung der Griechen als Ausdruck des Respekts vor dem Gegner zu deuten, der ja nun mithört (195–196n.; die Verben des Sprechens [201, 206] lassen kein stummes Gebet vermuten; DE JONG 1987, 72, spricht von “impartiality and mild tone”. Ersteres ist vielleicht etwas übertrieben (SCHNEIDER 1996, 60f.); allerdings ist unbedingte Parteilichkeit auch in den beiden Truppengebeten des 3. Gesangs 298–301 und 320–323 nicht bemerkbar; dort bitten Griechen und Troer darum, daß derjenige bestraft werde, der die Eide verletzt bzw. der für den Krieg verantwortlich ist, nicht der jeweils gegnerische Kandidat. Hier ist die vorsichtige Einschränkung an der vorl. Stelle jedoch auffälliger, da hier nur Griechen beten. – Daneben hat die Bitte um einen unentschiedenen Ausgang die Funktion einer AntizipationP; hier wird also bereits die Möglichkeit vorbereitet, daß der Zweikampf ohne eindeutigen Sieger bleiben wird (MORRISON 1991, 151f.); entsprechend werden die Formulierungen des vorl. Gebets beim Abbruch des Kampfes wieder aufgenommen (280– 281n.). – Zum Motiv des Gleichgewichts zwischen Griechen und Troern im 7. Gesang s. die Einleitung a.E.) 200 2. VH = 194 (s.d.). — ὣς ἔφαθ’, oἳ δ’: 92n.

201–202 ≈ 3.319f.; 201 = 178 (177–178n.); 202 = 3.276, 3.320, 24.308; 1. VH ≈ 8.397, 8.438. — Zeus Vater: 179–180n. — von der Ida: Die Ida ist ein Bergmassiv im Südosten Troias; auf dem Gipfel Gargaros befindet sich in der iliadischen Vorstellungswelt ein Heiligtum des Zeus (8.48f.); daher die Vorstellung, der Gott beobachte die Kampfaktionen in der Troas (2.821n.). Auch 3.276 und 3.320 wird

200 ἔφαθ’: = ἔφατο; 43n. — Κρωνίωνι (ϝ)άνακτι: zur Prosodie R 4.3. 201 = 178 (s.d.). 202 Ἴδηθεν: zur Form R 15.1. — µεδέων: ‘waltend’; zur unkontrahierten Form R 6.

Kommentar

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Zeus Idaios vor dem Zweikampf von Griechen (und Troern) angerufen, dort in seiner Funktion als Vertragsgott (s.d. mit Lit.). Hier betont die Anrufung des lokalen Gottes durch die Griechen in einer Ganzversanrede (13n.) erneut ihre respektvolle Haltung den Troern gegenüber (200–205n.; anders 2.412 [s.d.], wo es um die Zerstörung Troias geht. Zur Anrufung eigener lokaler Gottheiten s. 24.291n. mit Lit.; ferner PUCCI 2012, 439f.; zur Epitheta-Häufung 6.305n. mit Lit.). κύδιστε µέγιστε: VE-Formel, neben den Iterata noch hom.h. 23.4; sonst am VA als Ζεῦ κύδιστε µέγιστε (2.412, 3.298, Hes. Th. 548). κύδιστε ist Superlativ zu κυδρός, ‘mit höchstem κῦδος (Stärke, Ausstrahlung, Autorität) ausgestattet’; außer von Zeus von Helden und Göttinnen (1.122n.). Der emphatische Effekt der asyndetischen Epitheta-Reihung (dazu 2.23n. und 2.412n. mit Lit.) wird hier durch das Homoioteleuton verstärkt. Der Gebrauch superlativischer Epitheta bei der Anrufung von Göttern ist typisch für die idg. Sakralsprache (WEST 2007, 129f., mit älterer Lit.).

203–205 Sieg … glanz-umstrahlten Ruhm … | … | … Ruhm: Stärker als der Sieg an sich wird der Ruhm betont, der sich daraus ergibt. Daß Ruhm und Ehre auf militärischen Erfolgen gründen, ist im hom. Epos ein verbreiteter Gedanke (19.204n.); hier steht der Aspekt des Ruhms gegenüber der Kampfentscheidung sogar im Vordergrund (s. Einleitung S. 13). 203 ≈ Hes. Th. 628. — Gib … Sieg … Ruhm: 21n. δὸς … εὖχος ἀρέσθαι: Ζur Verbindung von δίδωµι und εὖχος s. 81n.; δός mit Infinitiv kommt häufig in Gebeten vor (MORRISON 1991, 153 Anm. 26; vgl. auch 21.297: δίδοµεν δέ τοι εὖχος ἀρέσθαι [Poseidon und Athene zu Achilleus]); εὖχος ἀρέσθαι ist VE-Formel (neben den genannten Stellen noch Hes. Th. 628); vgl. das häufigere κῦδος ἀρέσθ(αι): 18.294n.; zur Kombination beider Formeln mit Formen von δίδωµι s. HIGBIE 1990, 176– 178. — ἀγλαόν: bei Abstrakta nur hier, im Iteratvers und in h.Merc. 451 (ἀγλαὸς οἶµος ἀοιδῆς): LfgrE 77.64ff.

204 Zur Liebe des Zeus zu den beiden Kämpfern s. 280–281n. περ: betont üblicherweise das vorausgehende Wort (SCHW. 2.571): ‘Wenn du jedoch auch Hektor lieb hast’; dies ist wahrscheinlicher als ein Bezug von περ auf das weiter entfernte εἰ (“even if really”: DENNISTON 488; KIRK). Sicherlich ist καί hier semantisch ausschlaggebender als περ (BAKKER 1988, 258). — φιλέεις καὶ κήδεαι: Die Verbindung der beiden Verben ist leicht redundant; ebenso in 1.196 (s.d.) = 1.209, 9.342, Od. 3.223, 14.146; s. auch MAWET 1979, 367; allg. zur synonymischen Doppelung 1.160n., 2.39n.

205 Kraft und Ruhm verleihen: 21n. ἴσην: emphatisch am VA; sowohl auf βίην als auch auf κῦδος zu beziehen. — κῦδος ὄπασσον: flektierbare VE-Formel (7× Il., 3× Od., 1× Hes.; ferner 1× Il. im Vers-Innern; daneben die intrans. Variante κῦδος ὀπηδεῖ 1× Il., 1× Hes. Ὀπάζω gehört etymologisch wohl

203 ἀρέσθαι: Inf. Aor. zu ἄρνυµαι ‘gewinnen, erwerben’. 204 φιλέεις … κήδεαι: zu den unkontrahierten Formen R 6. 205 ὄπασσον: zu ὀπάζω ‘zuteilen’ (­); zum -σσ- R 9.1.

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zu ἕποµαι: kausativ ‘folgen machen’ > ‘mitgeben’ (LfgrE). — κῦδος: bez. Erfolg, Überlegenheit und das daraus gewonnene Prestige (LfgrE; 6.184n. und 19.204n. mit Lit.); hier prägnant im Unterschied zu εὖχος (203) verwendet, als Ruhm, der auch bei einem unentschiedenen Ausgang erworben werden kann, komplementär zu dem ursprünglich gewünschten Siegesruhm für Aias (REYNEN 1983, 163f.; SCHNEIDER 1996, 62f.). Die starke Betonung des Ruhmes-Aspekts in der ganzen Gebetsszene wird durch die jeweilige Doppelung der etymologisch verwandten Begriffe ηὔχοντο (200; Bed. freilich abgelöst vom Thema ‘Ruhm’) und εὖχος (203) bzw. κύδιστε (202) und κῦδος gesteigert (vgl. PUCCI [1988] 1999, 62 Anm. 40).

206–243 Bei Aias’ Anblick bekommt Hektor Angst. Auf dessen Herausforderungs– rede hin erklärt er jedoch, er werde sich ihm stellen. 206–225 Zur Frage, warum Aias nicht bereits gerüstet ist (FAESI/FRANKE), vgl. dieselbe Diskussion um Menelaos’ Bereitschaft 103n. Wie dort wird die Wappnungsszene auch hier nur angedeutet – freilich ist ein Element, das in der Typ. SzeneP ‘Rüstung’ häufig figuriert (18.478n.), gleichsam ‘ausgelagert’: der Exkurs über eine einzelne Waffe und deren Herkunft, hier gegeben in der kurzen Schildbeschreibung 219–223 (KIRK zu 220–223). Auch hier wird durch die Kürze der Rüstungsbeschreibung Eile suggeriert; die Handlung gewinnt an Tempo (208: ‘da eilte er’). Dies trägt zum Pathos der Beschreibung von Aias’ Bedrohlichkeit bei, wie auch die Häufung von Epitheta (206: ‘Funkel-’, 208: ‘ungeheure’, 213: ‘langschattende’). Zur ganzen Szene s. KIRK zu 212–213: “The vision of Aias taking huge strides forward, wielding his great spear and smiling dangerously, is unforgettable”. 206 ≈ 16.130 (Patroklos; s.d.); 1. VH: 43n. κορύσσετο: κορύσσω bed. urspr. ‘behelmen’ (κόρυς), dann grundsätzl. ‘rüsten’ (KIRK; LfgrE). — νώροπι χαλκῷ: flektierbare VE-Formel, noch 13.406 und an der Iteratstelle (2.578n.; 16.130n.). Zu χαλκός s. 77n. Die Etymologie von νῶροψ ist ungeklärt (DELG mit Lit. zu den versch. Erklärungsversuchen); es bedeutet entweder ‘glänzend’ (LfgrE) oder ‘fest’ (VISSER 2002, 98f.). Häufigere prosod. Alternative ist αἴθοπι χαλκῷ (10× Il., 1× Od., 1× ‘Hes.’; s. dazu VISSER a.O.; FRIEDRICH 2007, 125; häufig ebenfalls mit κορύσσοµαι verbunden: κεκορυθµένος αἴθοπι χαλκῷ [8× Il., 1× Od.: KIRK]), ferner – jedoch nie für ‘Rüstung’ gebraucht – ἤνοπι (‘schimmernd’) χαλκῷ (16.408 [s.d.] von einem Angelhaken und 18.349 u. Od. 10.360 von einem Kochkessel). Das häufigste prosodisch äquivalente Adj. bei χαλκῷ ist νηλέϊ (11× Il., 8× Od., 1× ‘Hes.’); es wird aber nur bei ‘mitleidlosen’ Angriffswaffen verwendet (KIRK). 207 ≈ 14.187 (s.d.), hom.h. 6.14; 1. VH = Od. 5.76, 6.227, 7.134, 8.282; ≈ Il. 16.198, 19.54, Od. 8.131, 16.340, 22.440, 22.457, h.Cer. 483. — περὶ χροΐ: zu der versfüllend gebrauchten

206 ἔφαν: = ἔφησαν (R 16.2). 207 αὐτάρ: vgl. 101n. — χροῒ (ϝ)έσσατο: zum Hiat R 5.4. — ἕσσατο: Aor. zu ἕννυµαι ‘anlegen’; zum -σσ- R 9.1. — τεύχε͜α: zur Synizese R 7 (­).

Kommentar

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Junktur s. 14.187n. — τεύχεα: Die Endung -εα, Herodians vermutl. korrekte Variante zur Lesart der Hss. τεύχη (dies vermutl. die spätere att. Schreibweise), bleibt auch am VE unkontrahiert und ist mit Synizese zu lesen (KIRK; BLANC 2008, 100f.; 24.7n. mit weiteren Bspp. und Lit.).

208–213 wie der ungeheure Ares: Vergleichspunkt zwischen Aias und Ares ist neben der stürmischen Kampfbereitschaft (s.u.) die in den vorl. Versen eindrucksvoll geschilderte gewaltige Erscheinung; Aias wird hier gleichsam als Riese dargestellt (‘der ungeheure’; ‘groß ausschreitend’). Aias’ Größe wird in der Ilias auch sonst häufig hervorgehoben (3.227n. mit Stellen und Lit). An dieser Stelle wird das trad. David-und-Goliath-Paradigma (1–312n.) umgekehrt, indem sich nach dem Herausforderer nun plötzlich der Geforderte als furchterregender Gegner, gar als Riese zeigt, der den ursprünglich Bedrohlichen nun seinerseits in Angst und Schrecken versetzt (216n.; 217–218n.). Neben dem Effekt der Überraschung zeitigt diese Wendung auch komische Effekte (226–243n.). – Die starke Betonung von Aias’ bzw. Ares’ Bewegung (‘eilte er [208] … schreitet [208] … geht [209] … brach auf [211] … ging er weit ausschreitend’ [213], vgl. KURZ 1966, 101f.) legt die Assoziation der trad. Epitheta des Kriegsgottes nahe: ‘der ungestüme Ares’ (gr. thoúros, 24.498n.), lat. Mars Gradivus (FAESI/FRANKE zu 208); daneben dient die Schilderung der Bewegung auf den Gegner zu auch einfach der Spannungssteigerung (ebenso bei der Begegnung zwischen Achilleus und Aineias in 20.158– 176 und zwischen Achilleus und Hektor in 22.131–137). Durch den Vergleich mit Ares wird ein Stimmungsbild geschaffen; tertium comparationis ist die ‘stürmische’ Kampfbereitschaft (REUCHER 1983, 165f.). – Ausführliche VergleicheP oder GleichnisseP, in denen Menschen mit Göttern verglichen werden, sind rar; neben der vorl. Stelle finden sich noch 2.478–479 (Vergleich des Agamemnon mit Zeus, Ares und Poseidon; zum Phänomen des Göttergleichnisses s.d. mit Lit., dazu SCOTT 2009, 54f.; 197–199), 13.298–304 (Idomeneus und Meriones gehen wie Ares und Phobos in den Kampf), Od. 6.102–108 (Nausikaa ragt wie Artemis unter ihrem Gefolge hervor). Dagegen kommen kurze Vergleiche eines Kriegers mit dem Kriegsgott häufiger vor (165–166n.). Daß das im Gleichnis gewählte Bild demselben Kontext entstammt wie das Verglichene (Aias schreitet in den Kampf, wie Ares in den Kampf schreitet) ist relativ selten; vgl. neben 13.298ff. (s.o.) z.B. noch 14.147ff. (Poseidons Kampfschrei ist so laut wie der Kampfschrei von neun- oder zehntausend Männern), 18.207ff. (die Flamme auf Achills Haupt erinnert an ein Feuersignal aus einer umkämpften Stadt): 14.147–152n. mit Lit. und weiteren Bsp. 208–209 Sohn des Kronos: gr. Kroniōn, Patronymikon des Zeus; nie für andere Kronos-Söhne (LfgrE). Zu Zeus’ Anrufung s. 179–180n.

208–209 οἷος: ‘solcher Gestalt, wie’. — τε … τ(ε) … τε: ‘episches τε’ (R 24.11). — µετά (+ Akk.): ‘mitten unter, zu’. — ἀνέρας: = ἄνδρας; Anfangssilbe metr. gedehnt (R 10.1).

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σεύατ(ο): asigmatischer α-Aorist (6.505n.); an dieser Versstelle auch in 6.505, 14.227, Od. 5.51, h.Cer. 43 und h.Ven. 66 vom Aufbruch von Figuren, nachdem sie sich gerüstet oder angezogen haben: 14.227n. mit Lit. — πελώριος: Adj. zu πέλωρ ‘Monstrum, Ungeheuer’, meist mit Bezug auf die Körpergröße: ‘riesenhaft, gewaltig’ (LfgrE; 3.166n. mit Lit.; ferner CAMEROTTO 2009, 125–129). Nur hier von Ares, dafür öfter von Aias (noch 3.229 [s.d. mit Lit. zu parallelen alt-irischen und altgermanischen Vorstellungen von übermenschlich großen Helden], 7.211, 17.174, 17.360); durch die Verwendung des Epithetons für Ares wird der Vergleich des Helden mit dem Gott vorbereitet (TSAGARAKIS 1982, 43). – In Kombination mit der Anwendung auf Aias in 211 markiert die überwiegend in Figuren-SpracheP gebräuchliche Vokabel Sekundäre FokalisierungP durch Griechen und Troer und durch Hektor (DE JONG zu 22.91–92). — πόλεµόνδε: Zusammenrückung des Akk. mit der enklit. Partikel -δε (1.54n. s.v. ἀγορήνδε; G 66). Die lokale Dimension ‘aufs Schlachtfeld’ ist hier zumindest mitgedacht (LfgrE s.v. 1340.29: “[quasi]-spatial”); daneben bezeichnet πόλεµος als nomen actionis auch das ‘Kämpfen’ (‘in den Kampf’): 2.453n. mit Lit.; LfgrE s.v. 1335.41ff. — Meist, wie hier, nach der Zäsur A 4 (13 von insges. 16× Il., 2× Od.): KIRK. ἔρχεται Ἄρης | ὅς τ’ εἶσιν: zum vergleichbaren Phänomen der Verb-Doppelung s. 2.8n. (βάσκ’ ἴθι). Hier bezeichnen die beiden Verben zwei versch. Aspekte des Vorgangs: ἔρχεται das Gehen als solches, εἶσιν die Bewegung von A nach B (LfgrE s.v. ἔρχοµαι, 727.1ff.: “unbestimmt gegenüber bestimmt”; vgl. CHANTR. 1.331f.; LÉTOUBLON 1985, 230; daß diese Unterscheidung nicht für alle Belegstellen zutrifft, bemerkt NAPOLI 2006, 171–173).

210 2. VH ≈ 1.8. — Lebenskraftverzehrer: gr. thumobóros; nur in der Ilias verwendetes Epitheton von ‘Kampf, Streit’ (gr. éris; zu den naturgemäß oft pejorativen Epitheta des Begriffs s. 16.662n.). Die Metapher ‘die Kraft, das Herz, Gemüt fressend, verzehrend’ (i.S.v. ‘an der Substanz zehrend’) ist im Griechischen und in anderen Kulturkreisen geläufig (6.201–202n. und 19.58n. mit Lit.); wenn, wie an der vorl. Stelle (und 16.476), tatsächlich eine kämpferische Auseinandersetzung gemeint ist und nicht ein Streit mit Worten (19.58; 20.253), ist auch die Bed. ‘lebensverzehrend’ i.S.v. ‘tödlich’ denkbar (AH). θυµοβόρου: ähnlich am VA 19.58 (θυµοβόρῳ ἔριδι µενεήναµεν), sonst in der VE-Formel ἔριδος πέρι θυµοβόροιο (7.301, 16.476 [s.d.], 20.253); vgl. Hes. Op. 799 (θυµοβορεῖν). — ἔριδος µένεϊ ξυνέηκε µάχεσθαι: die Augmentierung der Aoristform ist in homerischen Gleichnissen üblich (4n.). – Ἔριδος µένεϊ steht periphrastisch für ἔριδι (µένος ist hier eigentlich der kriegerische Impetus: LfgrE s.v. µένος 140.6–8, 25–27). – Μένεϊ ist direktfinaler Dativ zu ξυνέηκε ‘zum Streit (zusammenhetzen)’: s. 1.8n. mit Lit.; ebenfalls mit Dativ (ἔριδι) stehen ξυνιέναι (20.66) und ξυνελαύνω (20.134, 21.394). – Μάχεσθαι ist final-konsekutive Ergänzung (‘zum Kämpfen’): AH zu 1.8, K.-G. 2.2.

211 ≈ 3.229. — Schutzwehr der Achaier: nur von Aias; noch Il. 6.5 und 3.229; zu Aias’ Rolle als Verteidigungskämpfer s. READY 2011, 136 Anm. 78. Zu ähnl. hom.

210 θυµοβόρου ἔριδος: zum Hiat R 5.6. — ξυνέηκε: Aor. von ξυν-ἵηµι, ξυν- = συν- (R 20.1); ἕηκα ist Nebenform zu ἧκα. 211 ὦρτο: 162n.

Kommentar

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Metaphern (16.212: Phalanx als Mauer etc.) s. FRÄNKEL 1921, 38f. Zur Bez. ‘Achaier’ s. 1.2n. ἕρκος: Grundbed. ‘(schützende) Einfriedung’ (Zaun, Mauer); übertragen ‘Schutzwehr’: 1.283b–284n. und 3.229n. mit Lit. — πελώριος: 208–209n.

212–213 2. VH von 213 = Od. 19.438. — lächelnd mit grausigem Gesicht: “one of Homer’s most brilliant and powerful phrases” (KIRK); “a uniquely phrased oxymoron … supremely paradoxical, a chilling evocation of bloodlust” (HALLIWELL 2008, 55). Die emotionale Antithese von Lächeln und finsterem Gesicht ist vergleichbar mit Heras Lächeln nur mit den Lippen – ‘doch nicht wurde die Stirn über den Brauen, den schwarzen, erwärmt’ (15.101–103), vgl. das Bild der leuchtenden Augen unter den furchterregenden (gr. wie hier blosyroísi) Brauen in der Beschreibung des wütenden Hektor 15.605–609, der ebenfalls mit Ares verglichen wird (AH; KIRK; zum ‘leuchtenden’ Blick als Zeichen der Wut s. CAMEROTTO 2009, 133f., mit zahlreichen Bsp. [s. auch 1.104n., 1.200n.]); ferner das innerliche grimmige Auflachen des gedemütigten ‘Bettlers’ Odysseus in Od. 20.300–302. Lächeln oder Lachen im Kontext von Gewalt und Blutdurst erscheint in der Ilias z.B. auch 10.400 (Odysseus lächelt den gefangenen Dolon an), 10.565 (Odysseus ‘jauchzt’, als er Nestor von dem Blutbad berichtet hat, das Diomedes und er angerichtet haben, und mit den gefangenen Pferden des Rhesos davoneilt), 11.378 (Paris lacht auf, nachdem er Diomedes in den Fuß getroffen hat): HALLIWELL a.O. 56–58 (mit Hinweis auf den drastischen Gegensatz zwischen Aias’ furchterregendem Lächeln an der vorl. Stelle und dem intimen, familiären Lachen von Hektor und Andromache mit ihrem Söhnchen, das nur kurz zurückliegt [6.471 und 484]). — weit ausschreitend: demonstratives Zeichen von Mut und Stärke; vom ostentativen Stolzieren u.a. noch 3.22 (s.d. und 16.534n. mit Stellen und Lit.). — Lanze schwingend: das Schwingen deutet die Wirkkraft der wurfbereiten Lanze an. Aias demonstriert damit Entschlossenheit und Siegesgewißheit (PATZER 1996, 110f.); Schwingen der Lanze beim Aufbruch in den Kampf auch 13.583 und 20.423 (KURZ 1966, 118). βλοσυροῖσι: Bed. wohl generell ‘grausig, schrecklich, furchterregend’ (LfgrE; vgl. schol. D z.St. und zu 11.36); wenig überzeugend ist die spezifischere Übersetzung ‘struppig, starrend’ (ADAM 1899, 10 [“hairy”, “shaggy”, “bristling”]; ihm folgen LEAF und LSJ), die v.a. auf der einzig anderen iliadischen Belegstelle gründet, wo Hektors Augenbrauen beschrieben sind (15.608: βλοσυρῇσιν ὑπ’ ὀφρύσιν); daneben βλοσυρῶπις (11.36 von der Gorgo). Im fgrE βλοσυρός sonst noch 4× ‘Hes.’ Sc.; dort nicht nur wie in der Ilias auf das Gesicht, sondern an 3 von 4 Stellen auf die ganze Gestalt bezogen (147: Stirn des Phobos; 175: Löwen; 191:

212 µειδιόων: zur ep. Zerdehnung R 8. — βλοσυροῖσι προσώπασι: präpositionsloser dat. loc. oder instr.; zum Plural R 18.2. — ποσσίν: zum -σσ- R 9.1. 213 ἤϊε: = ᾔει ‘ging’. — µακρά: adv., ‘weit’. — κραδάων: zur unkontrahierten Form R 6.

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Ares; 250: Keren). – Etym. unklar; LEUMANN 1950, 141–148, vermutet eine Herauslösung aus βλοσυρῶπις ‘geiergesichtig’ über idg. *gwl̥ tur(os) entspr. lat. volturus; eher skeptisch dazu FRISK; DELG; LfgrE. — προσώπασι: πρόσωπον bildet neben dem Pl. πρόσωπα auch προσώπατα (wie γοῦνα/γούνατα) und entsprechend (nur hier im fgrE) den Dat. Pl. auf -ασι (RISCH 59). — νέρθε δὲ ποσσίν: wiewohl semantisch unnötig, verstärkt das anschauliche Detail das generelle Pathos der Schilderung (206–225n.), hier auch bes. in Kombination mit προσώπασι (‘von Kopf bis Fuß aufs Kämpfen eingestellt’). Noch 13.78 (der von Poseidon gestärkte Aias über seine Kampfeseuphorie, die ihn ‘unten mit beiden Füßen’ vorwärts treibt); daneben situationsspezifisch νέρθε δὲ γοῦνα (22.452: Andromaches Knie sind vor Entsetzen erstarrt). — µακρὰ βιβάς: Formel am VA (15.307: Hektor; Od. 9.450: Polyphems Widder) oder wie hier nach der Zäsur A 3 (Il. 15.686: Aias; vgl. Od. 11.539: ψυχή des Achilleus in der Unterwelt [µακρὰ βιβᾶσα]). Ähnl. am VE die flektierbare Formel µακρὰ βιβάσθων (zweimal von Aias, einmal von Glaukos, einmal von Menelaos [µακρὰ βιβάντα]): 3.22n. (dort auch zu den Formen von *βίβηµι), 16.534n., beide mit Lit. Zu weiteren Verbindungen von βαίνω mit einem Akk. Pl. Neutrum (κραιπνά, κοῦφα etc.) s. LÉTOUBLON 1983, 128f. — κραδάων: zu κραδάω/κραδαίνoµαι ‘schwingen’, immer mit ‘Speer’ als Obj.; nur Ptz. Präs. (Akt. noch Od. 19.438 [in derselben VE-Formel] und Il. 13.583, 20.423 am VA ὀξὺ δόρυ κραδάων; im Med. ‘vibrierend’ [13.504 = 16.614, 17.524]); außer 17.524 immer in Verbindung mit einem Bewegungsverb (LfgrE). Daneben vom Schwingen mehrerer Speere auch πάλλων (3.19n.). — δολιχόσκιον ἔγχος: VE-Formel (und 6.126 nach der Zäsur B 1; Od. 22.97 in Formelsprengung ἔγχος … δολιχόσκιον). Δολιχόσκιος bed. vermutl. ‘einen langen Schatten werfend’ (Hinterglied σκιά): 3.346n. mit Lit.

214–215 215 = 20.44; ähnl. Formulierung 14.506 u.ö. (s.d.). — freuten sich … die Argeier, | den Troern aber …: Der furchterregende Anblick ihres Champions, angezeigt in Sekundärer FokalisierungP (208–209n.), läßt die Griechen Mut fassen, während ihre Gegner sich fürchten; vgl. 4.275–283 (die Soldaten um die beiden Aias werden mit einer dunklen Wolke verglichen, vor der ein Ziegenhirt erschauert; Agamemnon aber freut sich bei ihrem Anblick) und ferner 8.553–565 (die für die Griechen bedrohlichen Wachtfeuer werden stark ästhetisierend als Quell der Freude für die Troer geschildert): DE JONG (1987) 2004, 272 Anm. 73; STOEVESANDT 2004, 237–241. Freude und Angst führen an der vorl. Stelle auch das Oxymoron des finster lächelnden Aias fort (212–213n.). Zur Bez. ‘Argeier’ s. 1.2n. µέγ(α): adv., ‘sehr’; Quantität zur Bez. von Intensität wie oft bei Homer, vgl. 1.35n. mit Lit. — Τρῶας δὲ τρόµος: bei der Alliteration τρ- τρ- mag es sich um eine onomatopoetische Darstellung des Zitterns handeln. — τρόµος … ὑπήλυθε γυῖα: Das Zittern der Glieder bei Furcht ist im fgrE ein häufiges Motiv, vgl. 216n. und 3.34n. mit Stellen und Lit. — ἕκαστον: appositiv zu Τρῶας; ‘Mann für Mann’ (AH).

214 εἰσορόωντες: zur ep. Zerdehnung R 8. 215 ὑπήλυθε: = ὑπῆλθε. — γυῖα (ϝ)έκαστον: zur Prosodie R 4.3. — γυῖα: Akk. der Beziehung, steht hier mit Τρῶας im σχῆµα καθ’ ὅλον καὶ κατὰ µέρος (R 19.1).

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216 begann das Herz … zu klopfen: Die Szene deutet auf Hektors Angst im 22. Gesang voraus (1–312n. [4.4.3.]); auch dort hält sich die Furcht vor Achilleus mit der vor der öffentlichen Meinung in Troia die Waage (22.99–110. 136f.). – Hier hat Hektor Angst, wird aber nicht als feige dargestellt; vgl. dagegen andere Darstellungen von Angst bei Homer, v.a. bei Paris im 3. Gesang; er wird dort u.a. mit einem Mann verglichen, der zitternd und blaß vor einer Schlange zurückweicht (3.33–37); dagegen zittern an der vorl. Stelle die Troer (und haben also größere Angst als der unmittelbar gefährdete Held, so bereits die antike Auffassung: Plut. Quomodo adolescens poetas audire debeat 10 p. 30A: HILLGRUBER 1999, 301). Vgl. auch weitere homerische Beschreibungen von Angst, so 10.390 (Dolon): ‘und ihm zitterten die Glieder’, und Od. 18.75–77: ‘und Isos’ Herz wurde schlimm erregt. | Aber auch so führten ihn die Diener vor, nachdem sie ihn unter Zwang gegürtet hatten, | den Ängstlichen, und das Fleisch zitterte um seine Glieder’ (ähnlich 18.88). Alle beschriebenen Reaktionen sind deutlich stärker als die Hektors (vgl. schol. bT zu 7.216). Auch angesichts der kurz zuvor erwähnten Angst der Griechen (93) ist Hektor mit seinem Herzklopfen in guter Gesellschaft (STOEVESANDT 2004, 209f.; vgl. ebd. 340–342 und ferner 20–29 zur Kontroverse zwischen VAN DER VALK 1953 und KAKRIDIS 1956 um Homers vermeintlichen griechischen ‘Nationalismus’ und die daraus resultierende Negativdarstellung Hektors). – Freilich hat Hektor die Situation, die ihm jetzt Angst macht, selbst herbeigeführt; der Begriff der ‘Angst vor der eigenen Courage’ erscheint also nicht ganz unangebracht (STOEVESANDT a.O.); s. auch 217–218n. θυµὸς … πάτασσεν: πατάσσω bed. ‘schlagen, klopfen’; hier wohl vom Herzen (eher nicht vom heftig gehenden Atem, so PELLICCIA 1995, 58f.; CHADWICK 1996, 144f.), da πατάσσω intrans. neben dem θυµός (noch 23.370) auch κραδίη als Subjekt hat (13.282); freilich hängen Herzklopfen und heftiges Atmen zusammen (explizit 22.451–467: CLARKE 1999, 104f.). Die durch πατάσσειν erzeugte anatomische Konnotation von θυµός ist nur hier und 23.370 belegt; am anderen Ende des Spektrums steht die abstrakte Bedeutung ‘Lebenskraft’ in 7.131 (s.d; SAUNDERS 2004, 9). Πατάσσειν bez. einen akustischen Vorgang, s. LfgrE s.v. und s.v. πάταγος (anders als das ebenfalls vom Herzen gebrauchte πάλλοµαι ‘springen’, vgl. LfgrE s.v. 949.64–950.6). Zu weiteren physischen (teilweise aber metaphorisch zu verstehenden) Reaktionen des θυµός (z.B. 5.698: κεκαφηότα; 15.280: παραὶ ποσὶ κάππεσε; Od. 23.216: ἐρρίγει) s. PELLICCIA a.O.

217–218 1. VH von 217 = 17.354. — war’s ihm nicht mehr möglich: Hektor kann nicht fliehen, weil dies gegen sein Ehrgefühl als Herausforderer verstoßen würde (AH; FAESI/FRANKE; es sind wohl seine eigenen Erwägungen, die hier wiederge216 ἐνί: = ἐν (R 20.1). — στήθεσσι: zum Plural R 18.2. 217 ἔτι εἶχεν: zum Hiat R 5.7. — εἶχεν (+ Inf.): intr., ‘konnte, kam dazu, hatte Gelegenheit’. — ὑποτρέσαι: Inf. Aor. zu ὑποτρέω ‘zurückweichen, einen Rückzieher machen’. 218 ἄψ: ‘zurück’. — ἐς: = εἰς (R 20.1). — προκαλέσσατο: zum -σσ- R 9.1.

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geben werden: DE JONG [1987] 2004, 121); – wäre dies aber nicht der Fall, so wird hier insinuiert, würde er es tun (schol. bT zu 7.217). Hektor wird hier also gleichermaßen pflichtbewußt wie verängstigt dargestellt – jedoch nicht als Feigling, da er die Angst ja überwindet. Hektors Furcht steht nicht im Widerspruch zu Helenos’ Zuspruch in V. 52f. (wie früher oft bemängelt: LEAF; AH, Anh. 34, mit älterer Lit.), schließlich handelt es sich um eine angespannte Situation, und Aias ist eine bedrohliche Erscheinung, die in diesem Moment alle Troer in Furcht versetzt (STOEVESANDT 2004, 209f.; vgl. BASSETT 1927, 152f.; ferner GRETHLEIN 2006, 226–232, zur Vagheit von Helenos’ Prophezeiung). Daß eine homerische Figur irrationale (weil einer Prophezeiung widersprechende) Angst empfindet, ist ohnehin nicht ungewöhnlich (z.B. erschrickt auch Priamos 24.358–360 vor Hermes, obwohl Zeus ihm die Begegnung und deren Ungefährlichkeit 143–187 explizit angekündigt hat, s. 24.146–158n.); im übrigen stellt sich sogar bei sportlichen Wettkämpfen Furcht um das Leben der Kämpfer ein (z.B. 23.822). – Die vorl. Stelle kann als AntizipationP der finalen Begegnung von Hektor und Achilleus aufgefaßt werden (1–312n. [4.4.3.]); während Hektor hier standhält, flieht er im 22. Gesang vor dem übermächtigen Gegner Achilleus (22.136f.); auch dort hat er vorher eine allzu zuversichtliche Rede gehalten (18.285–309n.): GRIFFIN 1990, 361f.; LOUDEN 2006, 37f. ὑποτρέσαι οὐδ’ ἀναδῦναι: emphatische synonymische Doppelung (1.160n., 2.39n.). — ἀναδῦναι | ἂψ λαῶν ἐς ὅµιλον: Die Metapher des ‘Eintauchens’ in die Menge (oder hinter die Mauern) ist in der Ilias nicht selten (KIRK; 3.36n.; LfgrE s.v. δύνω, δύω 358.46ff.; allg. zum Rückzug eines Kriegers ins Gros des Heeres 16.813b–815n. mit Stellen und Lit.); vgl. die Formel ἂψ δ’ ἑτάρων εἰς ἔθνος ἐχάζετο (3.32n.). — χάρµῃ: χάρµη kann ‘Kampfeslust’ oder ‘Kampf’ bedeuten (LATACZ 1966, 20–38); hier entweder Dativ des Zwecks (‘zum Kampf’: AH; HOEKSTRA 1965, 151 Anm. 1; SCHW. 2.139) oder modi (‘mit Kampfeslust’: LATACZ a.O. 26; KIRK).

219–225a RingkompositorischP aufgebaute Beschreibung von Aias mit seinem Schild (VAN OTTERLO 1948, 31): Aias’ nähert sich (A: 219a; A’: 225a) mit seinem Schild (B: 219b; B’: 224) aus Erz und Rindshaut (C: 220a; C’: 222b–223), den ihm Tychios gemacht hat (D: 220b; D’: 222a). – Der große Turmschild erweist sich im folgenden Duell dreimal als undurchdringlich (vgl. LOUDEN 2006, 40f.); er gehört charakteristisch zu Aias und symbolisiert seine Stärke und Unverwundbarkeit (NEAL 2006, 280f.; 283; vgl. 1f.); 11.526f. wird der Held von weitem daran erkannt, sogar sein Sohn Eurysakes trägt ihn im Namen (gr. eurý ‘breit’ und sákos ‘Schild’); im 4. Jh. wurden Münzen auf Salamis mit dem Motiv geprägt (KROLL 1993, 214f.). Form und Größe des Schildes werden mehrfach hervorgehoben (s. die Iterata zu 219, daneben 7.245, 7.266, 8.267–272, 11.545, 13.709–711, 17.132ff., 18.193 [s.d.]). Der Schild übertrifft mit seinen sieben Häuten selbst den von Hephaistos gefertigten Schild des Achilleus (18.478–608n.), der aus nur fünf Schichten besteht (18.481); der Schild von Aias’ Halbbruder Teukros hat nur vier Schichten (15.479).

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Hierbei werden die Grenzen des Realistischen teilweise überschritten; so ist der Metallüberzug auf einem so großen Schild kaum denkbar (220–223n.). – Trotz ihrer Kürze enthält die vorl. Beschreibung des Schildes typische Elemente einer Ekphrasis: Größe (219), Material und Beschaffenheit (220; 222f.), Qualität (221 über das Können des Herstellers), Geschichte der Herstellung (221–223), ebenso wie die Zusammenfassung der ‘großen’ Schildbeschreibung des 18. Gesangs: 18.478– 482n. mit Lit., ferner MINCHIN 2001, 106–112; zu Form und Funktion von Gegenstandsbeschreibungen generell s. 2.101–108n., 2.447–449n. – Zum traditionellen Motiv der ‘besonderen Waffe’ s. 137–150a n. 219 = 11.485, 17.128, 1. VH ≈ 5.275, 18.16, 18.381, 20.330, Od. 8.62, 8.261, 8.471, h.Cer. 438, 2. VH von Od. 17.71. — einem Turm glich: Der Turmvergleich bezieht sich wohl v.a. auf die enorme Größe des Schildes (vgl. 24.317–319n. zu homerischen Größenvergleichen; zu Türmen im fgrE, auch als Metaphern für undurchdringlichen Schutz [noch Od. 11.556; vgl. auch Il. 15.737f.] s. 3.149n.); die Formulierung ist deutlich expressiver als beispielsweise 3.335 ‘groß und massig’. Hier scheint die Vorstellung des größeren Typus der Schilde im homerischen Epos zugrunde zu liegen, der für die frühmykenische Zeit archäol. nachweisbare Langschild, der den Körper bis zu den Knöcheln deckt, im Gegensatz zu dem seit dem 13. Jh. bezeugten – und zur Zeit der Abfassung der Ilias gebräuchlicheren – kleineren und leichter beweglichen Rundschild (2.388–389n. und 18.478–608n. [2] mit Stellen und Lit. zu den archäol. Zeugnissen, ferner ANSELMI 1998, 53–57). Vgl. unten 238–239n. – Bildlich wird Aias allerdings meist mit einem bald kreisrunden, bald ovalen boiotischen Schild dargestellt (BORCHHARDT 1977, 24); möglicherweise handelt es sich um einen fiktiven Typus, der symbolisch für den ‘heroischen’ Krieger steht (LORIMER 1950, 166; VAN WEES 2008, 89). Auch im homerischen Text wird nicht immer eindeutig zwischen Langschild und Rundschild differenziert: von Aias’ Schild heißt es, er habe einen ‘Buckel’ (267), was bisweilen als Hinweis auf die Kreisform auch dieses Schildes verstanden wurde (Buckel als zentraler Punkt des Schildes: LORIMER a.O. 182f.; aber s. 6.117–118 mit Lit.); vielleicht stellt der Buckel 267 auch einfach eine Art bull’s eye dar: Hektor hat ‘ins Schwarze’ getroffen (FRIEDRICH 1956, 90f.). Möglicherweise ist der Schild je nach Situation unterschiedlich geschildert: lang, archaisch und riesig, als sich Aias drohend nähert; rund und kampftauglich, als er sich im Kampf befindet – und grundsätzlich hyperbolisch (RAAFLAUB 2005, 231). – Das vorhomerische Alter des myken. Turmschildes (dazu GRECO 2002) gilt als eines der Argumente für das hohe Alter der Figur des Aias – neben anderen Indizien: Aias’ Riesenhaftigkeit entspricht derjenigen der Heroen der Bronzezeit (Lapithen, Herakles, Orion, Giganten etc.); der Gebrauch des Duals Aíante (164n.) reflektiert ältere Verwendungen; die

219 ἠΰτε: ‘wie’ (R 22.4).

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Dativform im Singular mit den drei Längen (14.459 u.ö., s.d.) geht wohl auf myk. Aíwántei zurück (MYK s.v.); idg. Formeln wie ‘die Schutzwehr der Achaier’ (211n.) bzw. ‘gekleidet in Kampfkraft’ (164n.) werden nur auf Aias bzw. die Aianten angewandt: WEST (1988) 2011, 158f. und Anm. 57 mit älterer Lit. ἐγγύθεν: hier ‘nahe heran’. Das Herkunftssuffix -θεν ist bei Homer als solches meistens nicht mehr wirksam und ἐγγύθεν damit synonym mit ἐγγύς (anders v.a. in der Verbdg. mit οὐτάζω); eine ähnl. Entwicklung läßt sich bei ἀπόπροθεν feststellen, das meist bedeutungsgleich mit ἀποπρό und ἀπόπροθι ist (LEJEUNE 1939, 316; LfgrE). — φέρων σάκος ἠΰτε πύργον: Das vorhomerische Alter der geschilderten Waffe legt ein hohes Alter der Formel oder sogar des ganzen Verses nahe (WEST [1988] 2011, 158, konstruiert das mykenische Vorbild Aíwans d’ engúthen ḗlthe phérōn ssákos [twákos?] ēwúte púrgon). Ἠΰτε πύργον ist metrisch gleichwertig mit ἑπταβόειον (7.222, 245, 266, 11.545), scheint aber an den Vers als ganzen gebunden (VISSER 1987, 12 Anm. 16; s. Iterata). — σάκος: bei Homer allg. Schildbezeichnung, austauschbar mit ἀσπίς – jedoch nicht immer, so ist bei Aias’ Schild immer und bei Achills fast immer vom σάκος die Rede, während Hektors Schild stets als ἀσπίς bezeichnet wird (KIRK zu 219–223; TRÜMPY 1950, 30f.; LfgrE s.v. σάκος 65.21ff.; 18.458n.). Der Begriff σάκος scheint poetischer und heroischer konnotiert zu sein als ἀσπίς (SCHMIDT 2006, 441; 3.335n.); zu Versuchen, die beiden Begriffe ursprünglich dem Rund- oder Langschild zuzuweisen, s. TRÜMPY 1950, 20–36; LfgrE s.v. ἀσπίς 1427.26ff.; 3.335n.; 3.347n. — ἠΰτε: wohl prädikativ zu φέρων (i.S.v. Aias trug den Schild ‘wie einen Turm’, also so, daß er ihm undurchdringlichen Schutz bot [AH]); anders RUIJGH 851f.; SCHW. 2.576: ἠΰτε – aus *ἠϝέ ‘oder’ und *υτε ‘auch’ [DELG] – πύργον attributiv zu σάκος (‘Aias trug den Schild oder auch einen Turm’ i.S.v. ‘der Schild glich einem Turm’). Auch die Wendung ἠΰτε παιδός in 7.235 steht sicher prädikativ; vgl. auch in 15.646 das prädikativ zu φορέεσκε verwendete ἕρκος ἀκόντων an derselben Versposition und ebenfalls von einem Schild (ANSELMI 1998, 58f.). Daß ἠΰτε πύργον metrische Dublette zu ἐπταβόειον, aber an den vorl. Formelvers gebunden ist (s.o.), spricht ebenfalls für eine prädikative Bindung an das sonst nicht verwendete φέρων.

220–223 von Bronze … | 2 Vv. | … draufgeschmiedet hatte Bronze: bei einem so großen Schild erscheint ein Bronzeüberzug übermäßig schwer; die Absicht scheint hier vielmehr, die Waffe des ‘Riesen’ Aias dichterisch zu überhöhen. κάµε τεύχων … | … | … ἐποίησεν: Die versch. Verben, die den Herstellungsprozeß charakterisieren, scheinen synonym verwendet (anders ἤλασε in 223, s.u. 222–223n.); vgl. die ‘große’ Schildbeschreibung des 18. Gesangs, wo ebenfalls keine konsequente Unterscheidung der technischen Arbeitsprozesse stattfindet (18.478n.). Κάµε ist trans. verwendet: ‘etw. mit Mühe, Anstrengung (d.h. sorgfältig, kunstvoll) verfertigen’; noch von Hephaistos’ Schmiedearbeit und anderen handwerklichen Arbeiten (18.614n. mit Lit.).

220–221 2.VH von 220 ≈ 2.101, 8.195, 19.368 (jeweils von Hephaistos’ Werken). — von Bronze, siebenhäutig: Schilde bestehen in der Ilias häufiger aus mehreren

220 ὅ (ϝ)οι: zur Prosodie R 4.3. — οἱ: = αὐτῷ (R 14.1); ebenso 222.

Kommentar

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übereinandergenähten Lederschichten, die durch eine Bronzeschicht oder einen Bronzerand verstärkt sein können (12.294ff., 13.803f. u.ö.; 6.117–118n. und 18.481n. mit Lit.), aber s. 220–223n. An dieser Stelle ist die Metallarbeit nicht detailliert beschrieben (anders z.B. 12.295–297); der Hersteller des Schildes ist 221 entsprechend auch als ‘Lederschneider’ bezeichnet, nicht als Schmied (KIRK); umgekehrt näht der Schmied (gr. chalkeús) in 12.295 auch Rindshäute (LfgrE s.v. σκυτοτόµος). — den ihm Tychios … gefertigt: Anders als bei der Schildbeschreibung im 18. Gesang wird das Publikum hier nicht Zeuge des Herstellungsprozesses, sondern die Verfertigung des Schildes wird analeptischP in Vergangenheitstempora berichtet. Dies bedeutet noch immer eine deutliche Sichtbarkeit der herstellenden Figur (im Gegensatz zu Objektbeschreibungen, wo diese lediglich namentlich genannt wird oder die Herstellung sogar nur durch eine passive Verbform ausgedrückt wird: DE JONG 2015, 893f. 896f.). Zum Herstellungstopos s. neben den Iterata auch 5.735 = 8.368 (Athene hat ein Gewand gefertigt), 6.314f. (Paris hat sich gemeinsam mit den besten Baumeistern ein Haus gebaut) ≈ Od. 7.234f. (Arete hat gemeinsam mit den Dienerinnen Gewänder gefertigt), Il. 18.370f. (Hephaistos hat sich ein Haus gebaut), 23.741ff. (die Sidonier haben einen Mischkrug hergestellt), Od. 8.372f. (Polybos hat einen purpurnen Ball gefertigt), 19.56f. (Ikmalios hat einen kostbaren Stuhl gemacht): LfgrE s.v. σκυτοτόµος; 6.314a n. Zur Wertschätzung handwerklicher Fähigkeiten im hom. Epos s. 6.313–317n.; dazu CANCIANI 1984, 70–79. — Tychios: von gr. téuchein ‘anfertigen’; der Name ist hist. nicht belegt (v. KAMPTZ 267). Sprechende Namen sind im hom. Epos häufig, bisweilen auch wie hier mit der typ. Tätigkeit der Figur verbunden, bei Handwerkern noch 5.59f. (‘Sohn des Tekton, des Harmoniden’ = ‘des Baumeisters, des Sohnes des Zusammenfügers’) und 18.592 (der ‘kunstfertige’ Bildhauer Daidalos; s.d.); vgl. auch die Sänger Demodokos (‘dem Volk willkommen’, zuerst Od. 8.44) und Phemios (‘Sprecher’, zuerst Od. 1.154): LfgrE s.v. σκυτοτόµος mit weiteren Bsp.; vgl. ferner den ‘Beter’ Thestor (1.69–73n.), den ‘weitausschreitenden’ Herold Eurybates (2.184n.), den ‘ringsum sprechenden’ Periphetes, Sohn eines Boten (15.638–652 [14.515n.]) bzw. den Herold Periphas, Sohn des ‘lauten Rufers’ Epytides (zu ēpýta als EpithetonP des Herolds Idaios s. 384n.). — Hyle: vermutl. die boiotische Stadt, die im Schiffskatalog genannt ist (2.500n.); dort allerdings mit langer erster Silbe, die hier und 5.708 kurz ist (schol. A zu 7.221). Boiotien ist wegen der Rinderzucht auch Ort der Lederproduktion (LfgrE s.v. σκυτοτόµος mit Lit.; dort auch zu weiteren Qualität signalisierenden Herkunftsbezeichnungen von Produkten i.S.v. ‘Solinger Klingen’, ‘Pariser Mode’). Weniger passend erscheint die Lesart Hyde (WEST app. crit.; KIRK zu mögl. Gründen von Assoziation oder Verwechslung): die

221 ὄχ(α): Adv., ‘weitaus’ (­). — Ὕλῃ ἔνι: = ἐν Ὕλῃ (R 20.1–2); zum Hiat R 5.6. — ἔνι (ϝ)οικία: zur Prosodie R 4.3; οἰκία (Ntr.) ist im hom. Epos ein Pluralwort.

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Stadt liegt in Lydien und kommt als Herkunftsort für Aias’ Schild kaum in Frage (Strab. 9.2.20). Möglicherweise (so KIRK a.O.) hängt die Verbindung zu Lydien mit einer antiken Legende zusammen, derzufolge der blinde Homer bei einem Lederschneider namens Tychios in der kymäischen Kolonie Neon Teichos bei Sardis Aufnahme gefunden und diesen folglich als Schöpfer von Aias’ Schild verewigt habe (‘Hdt.’, Vit.Hom. 9f.; schol. T zu 7.220; Eustathios II p. 448–450 = 678.9–40). ὅ οἱ Τυχίος κάµε τεύχων: Das Sprachspiel unterstreicht das kunstfertige Schaffen des Tychios; vgl. 5.59–62 (Tέκτονος υἱόν | Ἁρµονίδε͜ω, ὃς … ἐπίστατο … | τεύχειν· … | ὃς … τεκτήνατο): FAESI/FRANKE; LEAF; WILLCOCK. – Ähnl. die Wendung τά οἱ πόρε χάλκεος Ἄρης (145–146n.). — σκυτοτόµων: ‘Lederwerker’, hapax legomenonP im fgrE; zur Bildung vgl. δρυ-, ὑλοτόµος, ῥινοτόρος u.a. (LfgrE). — ὄχ’ ἄριστος: flektierbare Formel, wie hier nach der Zäsur A 4 insges. 6× Il., 2× Od.; nach der Zäsur C 1 2× Il., 6× Od.; am VE 2× Il., 1× Od., daneben ἔξοχ’ ἄ. am VE (2× Il., 4× Od., 1× ‘Hes.’). — οἰκία ναίων: flektierbare VE-Formel (8× Ptz., 1× 3. Sg. Impf.: 5× Il., 4× Od.): 16.595n. a.E., s.d. auch zur prosodischen Variante δώµατα ναί-/δώµατ’ ἔναι-.

222–223 aus sieben Häuten … | … und als achte: Die Ordinalzahl ‘achte’ steht als Höhepunkt einer (ausführlichen oder summarischen) Aufzählung (2.313n.); zur Abfolge ‘sieben … als achte’ s. 19.246n. mit weiteren Beispielen. σάκος αἰόλον ἑπταβόειον: metr. gleichwertig mit δεινὸν σάκος ἑπταβόειον (7.245 [s.d.], 266), “deliberate variatio” (FRIEDRICH 2007, 68–77). — αἰόλον: von Aias’ Schild noch 16.107. Etymologie viell. von *αἰϝ- (lat. aevum) mit Suffix -ολο-; bed. bei Tieren ‘lebendig, beweglich’ (19.404n.), bei Waffen ‘bunt’ (schol. T zu 7.222; die dort ebenfalls vorgeschlagene Bed. ‘gut beweglich’ ist angesichts der Größe von Aias’ Schild unwahrscheinlich: LEAF; vgl. unten 238–239n.) oder ‘lebendig-schimmernd, flimmernd’ (LfgrE mit Lit.). — ταύρων: Materialangabe wie 238 βῶν und 4.105 αἰγός (LEAF). — ζατρεφέων: ‘sehr gut genährt’; von Herdentieren wie Schweinen (Od. 14.19) und Ziegen (Od. 14.105), daneben von Proteus’ Seehunden (Od. 4.451), schließlich von dem menschen- und herdenverzehrenden Python (h.Ap. 302): LfgrE s.v. Hier weist das Wort vermutl. auf die Qualität des Leders hin, vgl. 3.375n. — ἤλασε: t.t. für Bronzearbeiten; vgl. 12.295f.

224–225 1. VH von 225 = 21.161, 23.184. — vor der Brust: Der Schild ist an einem Riemen umgehängt, so daß der Krieger beide Hände frei hat (12.298 trägt Sarpedon einen Schild und schwingt zwei Speere). Die Riemen an Aias’ Schild und Schwert kommen prominent 14.404–406 vor (s.d), wo sie ihm das Leben retten. — Telamons Sohn: das Patronymikon Telamṓnios (auch Telamōniádēs) von Aias und (seltener) Teukros ist wohl urspr. Appellativum (LfgrE): neben der Bed. ‘Schild222 ὅς (ϝ)οι: zur Prosodie R 4.5. 223 ἐπί: adv. oder in sog. Tmesis zu ἤλασε (R 20.2), hier ‘darüberlegen, -schmieden’. — ὄγδοον: prädikativ. 224 τό: demonstr.-anaphor. Pronomen (R 17), bezogen auf σάκος. 225 στῆ: = ἔστη (R. 16.1). — ῥα: = ἄρα (R 24.1).

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träger’ (naheliegend aufgrund der Berühmtheit von Aias’ Schild mit den entsprechenden telamṓnes ‘Riemen’ wird der Name noch als ‘Himmelsträger’ erklärt (analog zu den Namen Atlas und Tantalos, die zur selben Wurzel tla-/tlē- ‘tragen’ gebildet sind), was zu Aias’ riesenhafter Größe passen würde (14.409n. mit Lit.). Daneben Auffassung als Patronymikon; zu Zugehörigkeitsadjektiven auf -ios als Patronymika s. G 56; 2.20n. τό: Das Neutrum τό als Relativ- oder Demonstrativpronomen steht nur noch 16.228 (s.d.) und 22.307 am VA, dort auffälliger als hier mit metrischer Längung. — ἐγγύς: nimmt 219 ἐγγύθεν ἦλθε wieder auf; Aias kommt Hektor bedrohlich nahe. — Τελαµώνιος Αἴας: VEFormel (insges. 21× Il.). — ἀπειλήσας: Die Bed. oszilliert zwischen ‘drohen’ und ‘sich rühmen’, etwa ‘sich stark machend verkünden’; vor dem Einzelkampf versuchen die hom. Helden ihre Gegner einzuschüchtern, entweder durch tatsächliche Drohungen oder durch Sich-Rühmen, die Selbstdarstellung als besonders gefährliche Kämpfer, was dann ebenfalls als Drohung aufzufassen ist (LfgrE; vgl. KIRK und s.u. 226–243n.).

226–243 Die Herausforderungsreden der Kämpfer sind häufig Teil der Typisierten EreignissequenzP ‘Zweikampf’ (3.340–382n.; vgl. 95–102n. zur paränet. Scheltrede; STOEVESANDT 2004, 327–329, zum Motiv der Hervorhebung der eigenen Kampftüchtigkeit). Hier scheint der Zweck der beiden provozierenden Reden v.a. darin zu bestehen, für die Kämpfer peinliche oder unangenehme Umstände offensiv in Abrede zu stellen, was in beiden Fällen auch komische Effekte zeitigt: a. Aias spricht das heikle Problem an, daß Achilleus, der eigentlich ‘Beste’ der Achaier, für das Duell nicht zur Verfügung steht, und spielt es zugleich herunter: es gebe ja viele ‘Beste’ unter den Griechen, die sich Hektor problemlos stellen könnten. Er reagiert damit auf die Frage, wie Achilleus’ Kampfboykott sich auf das Kräfteverhältnis von Griechen und Troern auswirkt (die Frage wird im vorl. Kontext nicht explizit gestellt, ist aber beiden Seiten präsent: 4.509–513 hatte Apollon die Troianer unter dem Verweis auf das Fehlen des griechischen Haupthelden ermutigt; 5.787–791 hatte Hera die Griechen gescholten, daß sie ohne Achilleus nichts mehr zustande brächten: REICHEL 1994, 108f.). Aias bezieht sich auf die Bereitschaft der neun Helden, mit Hektor zu kämpfen (161ff.); freilich unterschlägt er, daß diese erst durch Nestors Scheltrede bewirkt worden ist, was an dieser Stelle noch präsent ist. – b. Hektors kleiner KatalogP seiner Fertigkeiten im Kampf dient in Anbetracht seiner eben noch so heftig empfundenen Angst (216n.; 217–218n.) offensichtlich zur Selbstmotivation (STOEVESANDT 2004, 325–329; vgl. Hektors Rede nach Achilleus’ Fehlschuß in 22.279–288) und demonstriert kein echtes Selbstbewußtsein (so BARTOLOTTA 2002, 102f.) oder gar Angeberei (DI BENEDETTO 2000, 27: “ostentazione”). Durch den in die Konversationssituation eingefügten Katalog – die schnellstmögliche Art der Informationsvermittlung – erwecken seine Worte den Eindruck von Hektik; die durch Aias’ Aussage ‘wirst du ganz genau … erfahren’ (gr. éiseai, 226) provozierte fünffache Anapher ‘ich weiß/kann’ (im Gr. dasselbe Verb in der Form oída, 237, 238 [2×], 240, 241: WIESSNER 1940, 41) wirkt als

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überzogen emphatisches rhetorisches “système de défense” (DUBAN 1981, 107; vgl. MACKIE 1996, 64–66; ferner MARTIN 1989, 132f., zum Zusammenhang der Rede mit Hektors ständiger Bemühung um seinen guten Ruf, und MACKIE a.O. 109–111, zum allg. häufigen Gebrauch der Anapher durch Hektor). – Rasches, enumeratives Sprechen als Notmaßnahme zum Verbergen der eigenen Unsicherheit ist auch bei anderen homerischen Figuren zu beobachten: Agamemnon will sich mit seiner Rede in 1.140–144 als ‘Herr der Lage’ zeigen und von einer peinlichen Situation ablenken (s.d.: mit den Anweisungen zu den nötigen Schritten bei der Rückgabe der Chryseis will er explizit die leidige Diskussion um die Restitution seines Ehrgeschenks beenden). Weiter ist emphatische Anaphorik in Listen nicht unüblich (s. oben 161b–169n.), erscheint hier jedoch überzogen: anders als z.B. in Agamemnons Ansprache an das Heer in 2.382–384, wo die Anaphorik zur Betonung der Befehle an die Männer dient, wirkt sie als Mittel zur Selbstmotivation geradezu panisch. Vor allem angesichts des Vorlaufs von Hektors Selbstüberschätzung und der anschließenden ‘Angst vor der eigenen Courage’ (75n., 89–90n., 216n.) trägt die Rede also karikaturhafte Züge (auch wenn Hektor im weiteren Verlauf des Epos beweist, daß er alle aufgezählten Disziplinen tatsächlich beherrscht [BASSETT 1927, 155f.]). Dieser Effekt wird verstärkt durch den Gegensatz zu Aias’ im Grunde recht bescheidener Aussage, er sei nur einer von vielen griechischen Champions (vgl. REUCHER 1983, 166; SCODEL 2008, 27). 226–227 erfahren: drohend wie Diomedes 8.110f.: ‘daß auch Hektor | erfahre, ob auch meine Lanze in meinen Händen wütet’, und 16.242f. Achilleus über Patroklos: ‘damit auch Hektor | dann wisse, ob der auch allein versteht den Krieg zu führen’ (AH; s. 16.242–245n., 24.242n. mit weiteren ähnl. Wendungen und Lit.). Hektor wird die Thematik des ‘Wissens’ im folgenden seinerseits aufgreifen (226–243n.). νῦν µὲν δή: sonst VA-Formel (3× Il., 4× Od.), hier durch Vokativ verschoben. — οἰόθεν οἶος ǀ … ἀριστῆες: zu οἰόθεν οἶος s. 39–40n.; zum Motiv des ‘Besten’ 50n.; zu den Wiederholungen im 7. Gesang 44–45n.

228 Auch nach Achill: Die Nennung des derzeit nicht aktiven Achilleus unterstreicht wieder die Eigenschaft des Zweikampfes zwischen Hektor und Aias als AntizipationP von Hektors Kampf gegen den eigentlich ‘Besten’ der Griechen (1– 312n. [4.4]); daneben wird in der Phase vor Achills Rückkehr generell immer wieder an ihn erinnert (113–114n.). Auf der FigurenP-Ebene besteht das Bedürfnis, die im Raum stehende Frage nach der Auswirkung von Achilleus’ Fehlen auf die Kampfkraft der Griechen zu beantworten (226–243n.); dabei muß es sich nicht 226 σάφα (ϝ)είσεαι: zur Prosodie R 4.3. — σάφα: Adv., ‘deutlich’. — εἴσεαι: 2. Sg. Futur zu οἶδα; zur unkontrahierten Form R 6. 227 Δαναοῖσιν: lokativisch, ‘unter den Danaern’. — ἀριστῆες: 73n. — µετέασι: 3. Pl. zu µέτειµι (R 16.6). 228 Ἀχιλλῆα (ϝ)ρηξήνορα: zur Prosodie R 4.5. — Ἀχιλλῆα: zur Flexion R 11.3 und R 3.

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gerade um einen Seitenhieb auf Hektor handeln, der die Herausforderung nie gewagt hätte, wenn Achilleus als Kontrahent zur Verfügung gestanden hätte (AH), sondern eher um Selbstbestätigung auf seiten der Griechen, die durch Hektors Herausforderung verunsichert sind (92f.), wobei das Fehlen des Haupthelden als wichtiger Faktor mitgedacht werden kann. Ἀχιλλῆα ῥηξήνορα: flektierbare Nomen-Epitheton-Formel nach der Zäsur Α 2 (im Gen./Dat./Akk.): 4× Il., 1× Od., 1× Hes. Th.; ῥηξήνωρ ist distinktives EpithetonP des Achilleus, ‘der die (Reihen der) Mannen durchbricht’ (LfgrE; 16.146n. mit Lit.). — θυµολέοντα: immer Akk. am VE, noch 5.639, Od. 4.724, 4.814, 11.267, Hes. Th. 1007, bed. ‘mit einem Mut, wie ihn ein Löwe hat’, noch von Herakles und Odysseus. Die Bez. ist lobend (vgl. 5.638f./643: ἀλλοῖόν τινά φασι βίην Ἡρακληείην | εἶναι, ἐµὸν πατέρα θρασυµέµνονα θυµολέοντα, |3 Vv.| σοὶ δὲ κακὸς µὲν θυµός), anders als die häufigen Löwengleichnisse der Ilias (3.23n. mit Lit.), wo neben der Rolle als erfolgreicher Angreifer auch die Eigenschaft der Mitleidslosigkeit als Vergleichspunkt dient (24.41b–44n.): LfgrE.

229–230 = 2.771f.; 229 ≈ 3.283; vgl. Od. 19.182. — Doch der liegt … | im Groll beharrend: ‘Liegen’ ist ein demonstratives Zeichen von Passivität (2.688n., 2.772n. mit Lit. zu dem emphatischen Begriff des ‘Beharrens im Groll’ [gr. apomēníō]). Zum ‘Groll’ des Achilleus s. 1.1n. ἀλλ’ ὃ µὲν ἐν + Dat.: VA-Formel (insges. 4× Il., 3× Od.: USENER 1990, 18 Anm. 5). — ἐν νήεσσι … ποντοπόροισι: 71–72n. — κορωνίσι: ‘gekrümmt’, ‘hochragend’; SchiffsEpithetonP, stets im Dat. Pl. zwischen den Zäsuren B 2 u. C 2 (1.170n. mit Lit. auch zur Wortbildung). Allg. zu den Schiffs-Epitheta: 1.12b n. s.v. ‘schnellen’; vgl. auch oben 71– 72n., 78n., 84n.; zur asyndet. Reihung 2.23n. und 2.412n. mit Lit. — ἀποµηνίσας: in der Ilias nur von Achilleus (noch 2.772, 9.426, 19.62); ἀπο- hat verstärkende Funktion (zu den möglichen Bedeutungsnuancen s. 2.772n.). — Ἀγαµέµνονι ποιµένι λαῶν: flektierbare VEFormel, insges. 11× Il., 3× Od.; Liste der Iterata: 2.254n. (Dat.), 2.243n. (Akk.); Gen.Variante: Ἀγαµέµνονος Ἀτρείδαο (1.203 u.ö., s.d.). 231 σέθεν ἀντιάσαιµεν: ἀντ(ι)άω + Gen.: ‘sich jm. im Kampf entgegenstellen, es mit jm. aufnehmen’ (16.423n.).

232 recht viele: mit großem Nachdruck am Schluß des Gedankens als runover word am VA (AH; KIRK), noch 10.171. — Aber fange an: Die kurze Aufforderung steht in starkem Kontrast zu dem aufwendigen Losverfahren, mit dem im 3. Gesang der Kämpfer ermittelt wird, der das Duell eröffnen darf und damit im Vorteil ist (3.314– 317n.). An der vorl. Stelle würde ein erneutes Losverfahren möglicherweise stören (KIRK) – die grundsätzlich spannungserhöhende Funktion (vgl. 179–180n., 182– 189n.) würde so etwas überstrapaziert. Im übrigen demonstriert Aias hier in 229 νήεσσι: zur Flexion R 12.1. 231 εἰµέν: = ἐσµέν (R 16.6). — σέθεν: = σοῦ (R 14.1). 232 καί: ausführend und emphatisch: ‘und zwar, sogar’.— πολέες(ς). ἀλλ’: zur Prosodie M 4.6 (hier zudem an Zäsurstelle: M 8). — πολέες: = πολλοί (R 12.2). — ἠδέ: ‘und’ (R 24.4). — πτολεµοῖο: zum -πτ- R 9.2.

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einschüchternder Weise sein Überlegenheitsgefühl, indem er dem Gegner den ersten Speerwurf überläßt (wie 21.439 Poseidon dem Apollon: schol. bT zu 7.232 und 235; AH und WILLCOCK zu 232). Der Vorteil des ersten Speerwurfs ist klar gegeben (anders: KIRK zu 3.313–317): trifft er, hat der andere Kämpfer u.U. keine Chance mehr, ihn zu erwidern. µάχης ἠδὲ πτολέµοιο: 29–31a n. zu πόλεµον καὶ δηϊοτῆτα. 233 = 287, 22.249; ≈ 6.440, 22.232; 1. VH = 7.33 (s.d.). — µέγας κορυθαιόλος Ἕκτωρ: insges. 12× Il.; häufiger nur κορυθαιόλος Ἕκτωρ (157–158n.); zum generischen KriegerEpithetonP µέγας s. 14.409n.

234 = 9.644, 11.465; 2. VH = 8.281 (von Teukros). — Hektors ehrende Anrede des Aias in einem ganzen Vers (13n.) kontrastiert mit dem bloßen Vokativ ‘Hektor’ (226) in Aias’ Rede (AH; KIRK) und mit seiner knappen Aufforderung, den Zweikampf nun zu beginnen (232n.); der Vers paßt auch nicht recht zum Rest von Hektors aufgebrachter Rede (es sei denn, man verstehe ihn als bewußt langsam gehaltenen und durch diesen Kontrast provozierenden Seitenhieb auf Aias’ Kürze); er fehlt in Venetus A in einigen Papyri (oder ist durch die Beschimpfung aus 13.824 ersetzt) und wird von WEST entsprechend als interpoliert angesehen (app. crit.). — zeusentstammter: von Aias noch 4.489, 7.249, 9.644, 11.465. Er ist zwar über seinen Großvater Aiakos der Urenkel des Zeus; das EpithetonP ist aber generisch und steht auch bei Heroen, deren Genealogien zumindest bei Homer nicht mit Zeus in Verbindung gebracht werden (1.337n.). κοίρανε: aus idg. *kori̭ o- ‘Heer’ > *kori̯ o-no- ‘Heerführer’; in der Ilias noch in dieser Bed. (später allg. ‘Herrscher’): 2.204n. mit Lit.; dazu WEST 2007, 449.

235–241 Hektors Empörung ist teilweise durch Aias’ gönnerhafte Geste, ihm den ersten Schuß zu überlassen, erklärbar (232n.); freilich wird er nachher ohne weitere Diskussion als erster schießen (LEAF); womöglich ist gemeint, daß er Aias’ Rede in ihrem Tonfall insgesamt als kränkend empfindet (KIRK; STOEVESANDT 2004, 328 Anm. 976); insbesondere die Behauptung, es gebe auch abgesehen von Achilleus viele Griechen, die es mit Hektor aufnehmen könnten (226–243n.), ist nicht gerade schmeichelhaft. — wie einen schwachen Knaben | oder ein Weib: Der Vergleich mit Kindern und Frauen erinnert an Diomedes’ Reaktion auf Paris’ Pfeilschuß 11.389: ‘es kümmert mich nicht, als ob mich eine Frau getroffen hätte oder ein dummes Kind!’ Zu den zahlreichen Kinder-Vergleichen und -Gleichnissen im hom. Epos, bei denen häufig die Hilflosigkeit der Kinder im Vordergrund steht, gerade auch im milit. Kontext als Bild für den unkriegerischen, weichlichen Menschen, s. ausführlich 16.7–11n. (mit Lit.); vgl. bes. Aineias’ Reaktion auf die Drohungen des Achilleus in 20.200–202, die ebenfalls mit dem Verweis auf das eigene Können

233 προσέειπε: = προσεῖπε (vgl. 23n.). 234 Αἶαν: Vokativ zu Αἶας. — διογενές: 1. Silbe metrisch gedehnt (R 10.1).

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enden: ‘Pelide! Hoffe nicht, mich mit deinen Worten wie ein Kind | zu ängstigen, weil ich auch selbst genau weiß, | wie man Spott und Beschimpfungen ausspricht’. Zum Vorwurf des ‘weibischen’ Benehmens an einen Krieger s. 96n.; bemerkenswert ist, daß Hektor als einziger hom. Krieger sich selbst mit einer Frau vergleicht, hier (negiert) und dann kurz vor seinem Tod, in 22.125, wo er sich vorstellt, wie Achilleus ihn im Falle seiner Kapitulation ‘einfach so, wie eine Frau’ töten würde. 6.490–493 grenzt Hektor die kriegerische Sphäre klar von der ‘Welt der Frauen’ ab (vgl. GRIFFIN 1990, 362). — Ich aber weiß gut Bescheid: Hektor unterteilt sein kriegerisches Können (allgemein: 237) in a. den Umgang mit dem Schild (238f.), b. Angriff (240) und c. Nahkampf (241). Daß sich a. und c. thematisch überschneiden, mag strenggenommen unlogisch sein (KIRK); es ist jedoch einleuchtend, daß Hektor angesichts des bevorstehenden Zweikampfes mit einem Krieger, der einen außergewöhnlichen Schild trägt, auch seine Kompetenz im Umgang mit diesem Mittel hervorhebt (s. auch 238–239n.). 235 ἀφαυροῦ: ‘schwach’; nur hier im Positiv (Komparativ: 7.457, 12.458; Superlativ: 15.11, Od. 20.110, Hes. Op. 586). Die Etymologie ist unklar; in 11.389 wird ἄφρων in vergleichbarer Bed. verwendet (LfgrE). 236–241 ἣ οὐκ: Das Rel.-Pron. ist im fgrE nur hier prosodisch verkürzt (FAESI/FRANKE; AH; KIRK). — οὐκ οἶδεν … | … οἶδα etc.: Nach der emphatischen Antithese ἣ οὐκ οἶδεν … | αὐτὰρ ἐγὼν εὖ οἶδα in 236f. rahmt zunächst das doppelte οἶδ(α) in 238 die 1. VH ein (wobei das zweite οἶδ’ unmittelbar vor der Mittelzäsur des Verses steht und dadurch zusätzliche Emphase erhält; vgl. KIRK zu 238–239); dann steht die Form zweimal anaphorisch am VA (240–241). Zur Häufigkeit von anaphorisch gereihten Listen im homerischen Epos s. 161b– 169n. — πολεµήϊα ἔργα: ‘Kriegerhandwerk’. VE-Formel (6× Il., 1× hom.h.), 1× Od. nach der Zäsur B 1 (vgl. 2.338n. zu ähnl. Ausdrücken). 237 2. VH ≈ 24.548; vgl. Od. 11.612, Hes. Th. 228. — αὐτὰρ ἐγών: stark antithetisch. — µάχας τ’ ἀνδροκτασίας τε: zur synonym. Doppelung s. 29–31a n.

238–239 nach rechts, … nach links den Schild zu schwingen: Hektor meint vermutl. einfach seine Geschicklichkeit und Agilität im Umgang mit seinem Schild (KIRK), den er beliebig in alle Richtungen bewegen kann (vgl. die ähnl. Formulierung 12.238–240, wo Hektor sagt, er kümmere sich nicht um Vogelzeichen, ob sie jetzt nach rechts oder links flögen; es geht um die Beliebigkeit der

235 τί: verstärkt µή (vgl. 27n.; 109–110n.; 198n.). — µε(ο): = µου (R 14.1). — ἠΰτε: ‘wie’ (bei Vergleichen). 236 ἠέ: = ἤ ‘oder’. — ἣ οὐκ: zur Hiatkürzung R 5.5 und ­.— πολεµήϊα (ϝ)έργα: zur Prosodie R 4.3; ebenso δεξιά, (ϝ)οῖδ’ (238). — πολεµήϊα: 193n. 237 ἐγών (vor Vokal): = ἐγώ. — εὖ (ϝ)οῖδα: zur Prosodie R 4.4. 238 βῶν: = βοῦν; hier fem.: ‘Schild von Rindshaut’. 239 τό µοί ἐστι: ‘das heißt für mich’, bezogen auf νωµῆσαι βῶν. — ταλαύρινον: adv. oder Subjektsakk. des Inf.: ‘als Schildträger’.

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Bewegung). – Gemeint ist hier wohl ein kleinerer Rundschild (250n.) mit mittigem Griff (LORIMER 1950, 186. 462; BORCHHARDT 1977, 27ff.), im Gegensatz zu dem von Aias an Riemen getragenen Langschild (219n.), auch wenn Hektor anderswo selbst einen Langschild führt (6.117–118n.). Möglicherweise ist die Szene in dieser Weise auf einem protoattischen (Anfang des 7. Jh. v. Chr.) Untersatz dargestellt, auf der zwei Krieger mit den beiden verschiedenen Schildtypen im Zweikampf zu sehen sind (München, Staatliche Antikensammlungen und Glyptothek Inv. 8936; s. dazu AHLBERG-CORNELL 1992, 58–62; kritisch SNODGRASS 1998, 78–83). – In jedem Fall hat man sich Hektors Schild offenbar kleiner vorzustellen als den mächtigen Schild des Aias; tatsächlich wird er Aias’ Steinwurf nicht standhalten (270). Folglich hebt Hektor kompensatorisch die leichtere Handhabung seines Schildes hervor (238–239n.; vgl. LEUMANN 1950, 199); Aias’ Schild ist sperriger zu denken; er wird v.a. in Defensivsituationen erwähnt, nicht im eigentlichen Kampfeinsatz (so an den Iteratstellen zu 7.219: 11.485 [wo Aias dem bedrängten Odysseus zu Hilfe eilt] = 17.128 [wo er den Leichnam des Patroklos verteidigen hilft; ANSELMI 1998, 59f.]). Die Beweglichkeit von Hektors Schild spiegelt sich 238 auch im leichten, hüpfenden Rhythmus der zweimal zwei Daktylen vor dem emphatisch-spondeischen Schluß (vgl. WILLCOCK; AH; zum lyrischen Klang des Verses s. FINGERLE 1938, 148; WACE 1962, 22; MARTIN 1989, 132). — das heißt mir, als Schildträger kämpfen: wieder im Gegensatz zu Aias mit seinem weniger beweglichen Turmschild. βῶν: βοῦς, eigtl. ‘Rind’, bez. im fgrE auch den Schild (im Fem.; wohl analog zu ἀσπίς: LfgrE); die Materialbezeichnung (‘Rindsleder’) steht metonymisch oder als pars pro toto für die Waffe selbst (16.636n.). Die Akk.-Form βῶν ist nur hier belegt, bereits von Aristophanes von Byzanz zu βοῦν konjiziert, von Aristarch jedoch beibehalten (schol. A, T); Rhianos hat die möglicherweise dialektale Form βῶ (< *βόα). Bei der Form βῶν handelt es sich vermutlich um ein (im Dorischen ebenfalls erhaltenes) äolisches Element in Homers Ionisch (allg. zur Dialektmischung der homerischen Sprache s. G 2–3), das deswegen nicht in βοῦν umgesetzt wurde, weil im Ionischen βοῦς sonst nur ‘Rind’ bedeutet; bei Homer als ‘Schild’ sonst nur mit bestimmendem Adj. im Pl. (12.105, 12.137, 16.636): WACKERNAGEL 1916, 12f.; LEUMANN 1950, 201; KIRK. — ἀζαλέην: ‘getrocknet’; vgl. 12.137, wo die Schilde ebenfalls als ‘trocken’ bezeichnet sind (βόας αὔας). — τό µοί ἐστι ταλαύρινον πολεµίζειν: ‘das heißt mir, als Schildträger zu kämpfen’ (vgl. WILLCOCK; KIRK); ähnl. Formulierungen 9.706: τὸ γὰρ µένος ἐστὶ καὶ ἀλκή; 13.484: ὅ τε κράτος ἐστὶ µέγιστον; Od. 9.393: τὸ γὰρ αὖτε σιδήρου γε κράτος ἐστίν (AH). – Ταλαύρινος bed. ‘schildtragend’; verbales Rektionskompositum aus ταλάσσαι/τλῆναι (‘tragen’) und (*ϝ)ρινός (‘Lederschild’): LfgrE; vgl. myk. wi-ri-no: MYK s.v. ῥινός; Dmic. Sonst nur in der Formel αἵµατος ἆσαι Ἄρηα, ταλαύρινον πολεµιστήν (5.289, 20.78, 22.267), ‘mit Blut sättigen den schildtragenden Krieger Ares’. Die lose Assoziation des Kriegsgottes im Sinne eines Vorbilds auch für Hektor liegt hier angesichts der Parallelität der Formel durchaus nahe (auch πολεµίζειν und πολεµιστήν), zumal der ‘Schildträger’ Aias eben noch mit Ares verglichen worden ist (208ff.) und Hektor Ares 241 explizit nennt (KIRK).

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240–241 Nach Hektors in 238f. dargestellten Verteidigungskünsten geht es nun um den Angriffskampf; was genau Hektor hierbei vorschwebt, ist allerdings unklar. Mit dem ‘Gewühl der Pferde’ werden Streitwagen evoziert, die in der Ilias v.a. in Flucht- und Verfolgungsphasen zum Einsatz kommen (2.384n.; 16.20n., 24.14n., alle mit Lit.). Dies spricht dafür, daß hier der Gegensatz zwischen mobilem und statischem Kampf gemeint ist, also das Agieren als Verfolger einerseits und im noch unentschiedenen Kampf andererseits (WILLCOCK; KIRK: “both in pursuit and at close quarters”; nicht: “Angriffskampf zu Wagen und zu Fuß” [AH], da im hom. Epos nicht zu Wagen angegriffen wird). Für den nun folgenden Zweikampf sind Streitwagen jedoch in keinem Fall relevant; durch das Evozieren der ‘behenden’ Pferde verleiht Hektor der hektischen und panischen (226–243n.) Aufzählung seiner Fähigkeiten lediglich Tempo und Dramatik. Freilich wird die karikaturhafte Dimension der Rede hierdurch unterstrichen: Hektor fängt in seiner Angst plötzlich von Pferden zu reden an, obwohl diese in der vorl. Situation gar nichts zu suchen haben. — zu tanzen: Die Metapher (“figuratively”: LfgrE s.v. µέλπω) ist in mehrfacher Hinsicht deutbar: a. schnelle, elegante Bewegung; dies liegt angesichts von Hektors Betonung seiner Agilität gegenüber dem Riesen Aias mit seinem gigantischen Schild nahe (238–239n.); daß Schnelligkeit im hom. Epos eine entscheidende Eigenschaft des Kriegers ist, belegen auch die Epitheta des Ares (ἀρτίπος, θοός, ὠκύτατος: AH) und des Achilleus (πόδας ὠκύς: 1.58n.; 24.138n.), die ‘schnell’ bedeuten; b. kühne Sorglosigkeit im Angesicht der Gefahr (schol. bT, A, D zu 7.241; vgl. GRIFFIN 1980, 194 mit Anm. 43f.); vgl. 13.291, 17.228 (Kampf als ‘Gekose’, gr. oaristýs). Freilich ist Hektors Kühnheit nur vorgeschoben (216n.; 217–218n.). – ‘Weichlicher’ Tanz und ‘männlicher’ Kampf können im hom. Epos auch Gegensätze bilden, bes. Il. 3.392ff. (3.390–394n.), 15.508, 16.617f. (24.260– 262n. mit Lit.; dazu MONSACRÉ [1984] 2017, 27f.). Allg. zum Verhältnis ‘Kampf und Tanz’ s. auch READY 2011, 164f.; vgl. 133b–156n., dort auch zum Phänomen ‘Waffentanz’, das in die hier vorl. Aufzählung kämpferischer Fähigkeiten aber nicht paßt (KURZ 1966, 138). – Das gr. Verb mélpomai bez. neben dem Tanz immer auch Gesang (LfgrE); möglicherweise ist hier die akustische Dimension des Kampfgeschreis mitgedacht (KURZ a.O.). — Ares’ Tanz: wohl als eine Art Dienst an Ares gedacht (FAESI/FRANKE; AH z.St. und zu 239). ἐπαῗξαι µόθον: eher affiziertes Obj. (‘sich ins Getümmel stürzen’: AH) als effiziertes Obj. (‘angreifen und ein Getümmel erregen’: EBELING s.v. ἐπαΐσσω). — µόθον: 117n. — ἵππων ὠκειάων: 15n. — ἐνὶ σταδίῃ: σταδίη wird adjektivisch zu ὑσµίνη gebraucht ([ἐν] σταδίῃ ὑσµίνῃ) oder wie hier substantiviert; an der vorl. Stele ist wohl der statische Kampf im Gegensatz zur Verfolgungsphase gemeint (s.o.), sonst hingegen meist ‘Nahkampf’ im

240 ἐπαῗξαι: Inf. Aor. zu ἐπαΐσσω + Akk. ‘losstürmen auf’. — ὠκειάων: zur Flexion R 11.1. 241 ἐνὶ σταδίῃ: sc. ὑσµίνῃ (­). — ἐνί: = ἐν (R 20.1). — δηίῳ … Ἄρηϊ: ‘dem zerstörerischen Ares [zu Ehren]’ (­); zur Form Ἄρηϊ s. R 12.4.

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Kontrast zum Fernkampf mit Wurfspieß oder Pfeil und Bogen (13.314, 713, 15.283). Beides ist Gegensatz zu ἐν σταδίῃ in 13.514: Idomeneus ist zu erschöpft für den Fernkampf; daher kann er zwar noch ἐν σταδίῃ den Tod vermeiden, jedoch auch nicht mehr fliehen. — δηίῳ: wohl mit Kürzung des ersten Vokals (⏑⏑–) zu lesen (SCHW. 1.244); zur Bed. s. 118–119n.

242–243 ich will … nicht: Es scheint, als gehe Hektor davon aus, daß eine weitere Fortsetzung der Rede den Verdacht erwecken könnte, er wolle ablenken und Zeit gewinnen – mit dem Ziel, bei Aias eine Blöße zu entdecken (AH; LEAF). — von solchem Range: respektvoll (schol. bT zu 7.242; FAESI/FRANKE). — nach heimlichem Auflauern: ‘Auflauern’ (gr. opipéuō) gilt als unheroisch, vgl. den Gebrauch derselben Vokabel im Vorwurf Agamemnons an Diomedes 4.371: ‘was duckst du dich? und was guckst du verstohlen nach den Brücken des Kriegs?’ (Die ‘Brücken’ bezeichnen potentielle Fluchtwege des Feiglings); weitere Stellen bei MACKIE 1996, 51f. — offen: wie Aias in 196 plädiert nun Hektor für ein offenes Vorgehen (im Gr. dieselbe Vokabel: amphadíēn/amphadón). — wenn ich Glück hab’: Die Vagheit der Wendung (“unparalleled in Achaean talk”: MACKIE 1996, 63) verrät Hektors Unsicherheit über den Ausgang des Kampfes (STOEVESANDT 2004, 309 mit Anm. 929. 328). ἀλλ’ οὐ γάρ … ἐθέλω: ‘Jedoch – ich will dich nämlich nicht’; ἀλλά bricht das Gespräch ab, um zur sofortigen Tat überzuleiten; γάρ motiviert dies (AH). — αἴ κε τύχωµι: ‘in der Hoffnung, daß ich treffe’; s. 39–40n. Zur Form τύχωµι vgl. hom. ἐθέλωµι, das wohl zu *ἐθέλησι (überliefert: -ῃσι) hinzugebildet wurde, analog zu τίθησι : τίθηµι (SCHW. 1.661).

244–312 Der Zweikampf wird durchgeführt, aber vorzeitig als unentschieden abgebrochen. 244–272 Aias und Hektor werfen ihre Speere; im anschließenden Nahkampf wird Hektor verwundet. Als die Helden nacheinander Steine werfen, stürzt Hektor, wird aber von Apollon wieder aufgerichtet. 244–273 Der eigentliche Zweikampf ist länger und elaborierter als das Duell zwischen Menelaos und Paris im 3. Gesang. Er paßt in das häufige iliadische Schema des dreimaligen erfolglosen Versuchs (vgl. 18.155–158 [18.155n.], 21.176–178 und dann vor allem Hektors Todesszene 22.165/208–213: FENIK 1968, 46), auch wenn ein Kampf mit drei Runden für beide Teilnehmer sonst nicht vorkommt (vgl. STOEVESANDT 2004, 170–173). Hektor greift jeweils als erster an, danach Aias als zweiter (abgesehen von der dramatisierenden Kürzest-Episode 255f., in der beide gleichzeitig aufeinander losgehen, worauf dann aber doch Hektor den ersten Streich führt). Jedesmal ist Hektor unterlegen, und jedesmal wird seine

242 ἀλλ’ οὐ γάρ: ‘aber … ja nicht’ (­). — βαλέειν: Inf. Aor. (effektiv, ‘treffen’); zur Form R 8 u. 16.4. — ἐόντα: = ὄντα (R 16.6). 243 ἀµφαδόν: adv., ‘offen’. — αἴ κε: = ἐάν (vgl. 77n.); ­.

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Unterlegenheit deutlicher (s. 248b–254n., 259n.), wenn auch sein Wille, nach zwei Verletzungen noch weiterzukämpfen, bemxerkenswert ist (und für einen Troer singulär: NEAL 2006, 97; vgl. ebenda 115–117: Hektor wird auch im Kampf mehrfach verletzt und kehrt stets aufs Schlachtfeld zurück). – Der Kampf bietet einem mit dem fgrE vertrauten Publikum einige Überraschungen: manche Elemente sind üblicherweise mit dem Tod eines Kämpfers verbunden und lassen folglich Hektors Tod erwarten, namentlich die Verletzung am Hals (262n.), die Wahl des Steins als Waffe (263–272n.) und Hektors Fall (271–272n.); zur AntizipationP von Hektors Tod s. 1–312n. (Absatz 4.4); ähnlich verhält sich dies bei Hektors Kampf mit Aias im 14. Gesang; auch dort lassen der Steinwurf, die Verletzung am Hals und der Fall des Helden seinen Tod erwarten (14.410–411n., 14.419–420). Auch wenn das Publikum in Kenntnis des Mythos (MORRISON 1992, 56; SCODEL 1999, 140f.) davon ausgeht, daß Hektor überlebt, werden mehrfach Irritationen erzeugt. Dieses Spiel mit der Erwartung steigert Spannung und Dramatik; die Gewißheit über den Ablauf des Mythos wird unterminiert, womit der eigentliche Zweikampf als Kern des Gesamtstücks 1–312 fungiert, wo auch sonst widersprüchliche Signale betreffend den Ausgang des Duells gegeben werden (52–53n.). 244–248a Hektors Speer durchdringt Aias’ mächtigen Schild beinahe – er bleibt erst in der letzten Lederschicht stecken. Das Motiv, daß ein Geschoß durch mehrere Schichten einer Rüstung dringt und im letzten Moment aufgehalten wird, bevor es tödlich verletzen kann, ist ein Element der Typisierten EreignissequenzP ‘Zweikampf’ (vgl. 3.340–382n.: 3ab; dazu 3.360n. mit Lit.) und wird in den Versen 248b–254 gespiegelt werden, wenn Aias Hektor mit seinem Konterwurf durch die Rüstung hindurch beinahe tödlich in den Bauch trifft. 244–246 244f. ≈ 3.346f., 355f. (Beginn des Zweikampfs zwischen Paris und Menelaos), 5.280f., 7.249f., 11.349f., 17.516f., 20.273f., 22.289f., Od. 24.522f. – 244 = 3.355, 5.280, 11.349, 17.516, 22.273, 22.289; ≈ 20.438, Od. 24.519, 24.522; 2. VH = Il. 3.346, 5.15, 7.249. – 245 ≈ 266. — den mit den sieben Häuten | … als achte: 222–223n.; dasselbe Phänomen der Ordinalzahl als Höhepunkt einer Aufzählung als sechs-sieben-Progression in den Folgeversen 247f. (‘Und sechs davon … im siebten Leder aber’); s. 24.399n. mit weiteren Bsp. ἦ ῥα, καί: formelhafter Rede-AbschlußP (24.302n.). — δολιχόσκιον ἔγχος: 212–213n. — σάκος: Die unterschiedlichen Bezeichnungen von Aias’ und Hektors Schild (σάκος bzw. ἀσπίς) sind bei diesen beiden Helden immer aufrechterhalten, obwohl die Begriffe sonst nicht eindeutig unterschiedlichen Schildtypen zuzuordnen sind (219n.); offenbar ist die

244 ἦ: 3. Sg. des Impf. eines defektiven Verbums mit der Bed. ‘sagen’. — ῥα: = ἄρα (R 24.1). — καὶ ἀµπεπαλών: zur sog. Hiatkürzung R 5.5. — ἀµπεπαλών: Ptz. des reduplizierten Aor. zu ἀναπάλλω ‘ausholen’ (zum Präfix vgl. R 20.1). 245 βάλεν: effektiver Aor. ‘traf’; zur augmentlosen Form R 16.1. 246 ὄγδοος: prädikativ. — ἦεν: = ἦν (R 16.6). — ἐπ’ αὐτῷ: ‘auf ihm’ (dem Schild).

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Verschiedenheit zwischen Aias und Hektor auch und gerade an dieser Stelle wichtig: Aias’ Überlegenheit wird über seinen größeren Schild verbildlicht, durch den sich Hektor verunsichern läßt (238–239n.). — χαλκόν: die Erzschicht zuoberst auf Aias’ siebenhäutigem Schild (220–223n., 220–221n.), ebenso wie 267.

247 sechs Schichten: Hier sind die Lederschichten gemeint; die achte (Erz-)Schicht wird ganz zu Anfang durchdrungen. Die Dramatik der Szene ist durch eine Art ‘Röntgenblick’ des Erzählers gesteigert: nur noch eine dünne Lederschicht kann den Speer aufhalten (NEAL 2006, 283). διὰ πτύχας: Der Akkusativ bei der Präp. διά zur Angabe einer Richtung ist selten; an der vorl. Stelle ist vermutlich ausschlaggebend, daß der Speer zwar sechs Schichten durchdringt, aber nicht am Ziel ankommt: der Akkusativ betont die Ausdehnung des durchquerten Objekts, anders als der Genitiv (vgl. 251f., wo der Speer den Schild und den Panzer ganz durchdringt): CHANTR. 2.96; LURAGHI 2012, 379f. — δαΐζων: Grundbed. ‘gewaltsam zerteilen, aufschlitzen, auseinanderklaffen machen’, speziell wie hier mit scharfer Waffe; Archaismus, bereits formelhaft erstarrt: meist Ptz., sonst nur 3× Inf. und 4× Ind. (LfgrE). Öfter zur Beschreibung von Hektors Wirken im Kampf gegen die Griechen verwendet (24.393n.), sonst jedoch meist in Sekundärer FokalisationP und dann emotional gefärbt; nur hier mit der Waffe als Subjekt. — χαλκὸς ἀτειρής: flektierbare Formel (14.25n., dort für die Harnische der Helden). Χαλκός steht hier für Hektors Speer (öfter für Offensivwaffen [LfgrE s.v. χαλκός 1126.30ff.] oder deren bronzenen Vorderteil [3.348n. mit Lit.]); ἀτειρής bed. ‘unaufreibbar’, ‘unverwüstlich’; bei Angriffswaffen auch ‘unerbittlich, hart’ (3.60n.; LfgrE). 248 ἐν τῇ δ’ ἑβδοµάτῃ: Die ungewöhnl. Stellung der Partikel δέ ist möglicherweise durch metr. Notwendigkeit bedingt, vgl. 4.470 ἐπ’ αὐτῷ δ’ ἔργον, 20.418 προτὶ (ϝ)οῖ δ’ ἔλαβ’, Od. 14.120 ἐπὶ πολλὰ δ’ ἀλήθην (FAESI/FRANKE); evtl. ist sie auch der engen Zusammengehörigkeit von Präposition und Bezugswort geschuldet: 24.273–274n. a.E. (mit Lit.). — ἑβδοµάτῃ: Superlativform, metrisch geeigneter als die Normalform (vgl. πρώτιστος, τρίτατος [beide passim], ὀγδοάτην [19.246]): G 80. — δεύτερος αὖτε: flektierbare VA/VEFormel, immer mit αὖτε oder αὖτις. Typisch in Zweikampfschilderungen (A schießt als erster, B als zweiter); wie hier mit einem Verb des Werfens noch 268, 20.273, 21.169; sonst mit ὁρµάοµαι oder ὄρνυµαι (16.402n. mit Lit.).

248b–254 249b–254 = 3.355b–360. — Aias wirft seinen Speer nach Hektor und durchdringt damit Schild und Harnisch; Hektor kann im letzten Moment noch ausweichen; das Motiv ‘Geschoß dringt durch Rüstung, wird aber gerade noch aufgehalten’, das bereits im Zuge von Hektors Angriff verwendet worden ist (244– 248a n.), wird hier variiert und dramatisiert. – Die Szene beginnt fast genauso wie die vorige (2. VH von 244 = 249) und enthält eine ausführliche Iteratstelle aus dem 3. Gesang, wo Menelaos’ Speer den Schild des Paris durchdringt, der wie Hektor den ersten Wurf getan hat. Die Situation ist freilich eine andere als im 3. Gesang: Hektor hat dort mit seinem Erstangriff Ähnliches geleistet wie Aias, während Paris’ Speer sich an der Parallelstelle 3.346ff. bereits am äußersten Erz von Menelaos’ 248 σχέτο: ‘hielt sich, blieb stecken’; zur augmentlosen Form R 16.1.

Kommentar

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Schild verbogen hatte. – Die Szene spielt sich so ähnlich auch noch an weiteren Stellen der Ilias ab (s.u. Iterata): 4.134–139 beim Schuß des Pandaros auf Menelaos, 11.434–440 bei dem des Sokos auf Odysseus. In beiden Fällen ist das Ergebnis dramatischer als an der vorl. Stelle: es kommt zu einer Verwundung, und nur das Eingreifen einer Gottheit kann Schlimmeres verhindern; letzteres ist auch im 3. Gesang der Fall, nicht in derselben Szene, aber in unmittelbarer Folge. Hektor kommt hier also überraschend ungeschoren davon; zudem hat er selbst einen beinahe so guten Wurf wie Aias getan: das Kräfteverhältnis erscheint zunächst relativ ausgewogen. Dies wird freilich nicht lange vorhalten (244–273n., 259n.). 249 2. VH = 244 (s.d.), 3.355. — zeusentstammte: 234n. 250 = 3.356 ≈ 3.347 (s.d.), 17.517, 20.274; bis zur Zäsur C 2 ≈ 5.281; 2. VH = 11.434, 13.160, 17.43, 23.818. — ἀσπίδα πάντοσ’ ἐΐσην: flektierbare Formel der 2. VH (insges. 15× Il.). πάντοσ’ ἐΐση ist das häufigste Epitheton von Schilden und bed. ‘gleich in alle Richtungen’, d.h. ‘rund’ (3.347n.), hier im deutlichen Gegensatz zu Aias’ Langschild (219n.; 244–246n.). — ἐΐσην: nur im Fem. und meist in formelhaften Verbindungen; entstanden entweder durch prothet. ε vor ἶσος oder aus πάντοσε ϝίσην (LfgrE; 1.306n. mit Lit.).

251–252 = 3.357f., 11.435f.; 252 = 4.136. — glänzenden: Bei Hektors Schild ist 13.803f. von einer tatsächlichen Erzschicht die Rede; dagegen ist bei Paris’ Schild an der Iteratstelle des 3. Gesangs wohl eher an einen Schild mit Metallbeschlägen als an eine Erzschicht gedacht (3.357n.). Freilich ist die Darstellung von Hektors Schild(en?) in der Ilias nicht völlig konsequent (vgl. 238–239n.) und der vorliegende Vers überdies formelhaft. διά: Die ungewöhnliche VA-Stellung mit metr. Dehnung des Iota (nur hier, Iterata und 4.135) schafft eine Parallele zwischen V. 251 und 252, wo der Weg des Speers fortgeführt wird (3.357n. mit Lit.). — ὄβριµον ἔγχος: VE-Formel; ὄβριµος bed. ‘groß, massig, wuchtig’ (3.347n.; LfgrE). — πολυδαιδάλου: ‘sehr kunstvoll hergestellt, mit viel Schmuck’; zu Bed. und Etymologie s. 19.13n. mit Lit.; LfgrE (s.v. δαίδαλον). — ἠρήρειστο: Die langen Silben mit dem gedehnten η und dem rollenden ρ illustrieren lautmalerisch das Gewicht des Stoßes (schol. bT zu 7.252; KIRK). 253 = 3.359. — ἀντικρὺ … παραί: ‘gradewegs entlang den Weichen’ (3.349n.); zur Lesart παραί statt παρά s. WEST 1998, XXX. — διάµησε: ‘drang ein in’ oder ‘schlitzte auf’; das Verb im fgrE nur hier und an der Iteratstelle; zur Etym. 3.359n. — χιτῶνα: Kleidungsstück unter dem Panzer (wohl aus feinem Stoff, viell. mit Bronzeverstärkungen: 1.371n. und 3.332n. mit Lit.; vgl. auch Buchholz 2012 zum Schutz des Oberkörpers).

250 Πριαµίδαο: zur Flexion R 11.1. — πάντοσ(ε): ‘allseits’; -σε wie -δε (R 15.3; ­). — ἐΐσην: = ἴσην. 252 ἠρήρειστο: Plpf. zu ἐρείδοµαι, ‘hatte sich gezwängt, war gedrungen’. 253 παραί: = παρά (R 20.1; ­). — λαπάρην: zu -η- nach -ρ- R 2.

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254 = 3.360; 2. VH = 11.360; ≈ 14.462. — bog sich zur Seite: Hat ein Geschoß bereits Harnisch und den Chiton durchbohrt, hat der Angegriffene realistischerweise keine Zeit mehr, noch auszuweichen (auch wenn der Chiton nicht eng anliegt: 3.360n.). Hier liegt eine Art hysteron proteron zur Dramatisierung der Geschehnisse vor, oder einfach eine stark hyperbolische Formulierung mit demselben Ziel. Der Vers findet sich oft in der Typisierten EreignissequenzP ‘Zweikampf’ (244– 248a n.); ihm deswegen jedoch seine semantische Valenz abzusprechen (z.B. KIRK 1978, 33), erscheint unnötig: die Leistung des Helden wird eben nicht als realistisch, sondern als übermenschlich dargestellt, eine Art der Präsentation, wie sie bis heute üblich ist (etwa in Kampfszenen moderner Actionfilme). ἀλεύατο: Wurzelaorist aus *ἀλέϝοµαι; s. 3.360n., vgl. 3.10n. — κῆρα µέλαιναν: VEFormel (2.859n.); bed. meist wie hier ‘Tod(esschicksal)’; selten als Personifikation (2.301– 302n.; 3.32n.).

255 zogen … heraus: Das Herausziehen eines Speers wird in der Ilias v.a. nach dem Töten eines Gegners geschildert – aus dessen Leiche (16.504n.); daneben – seltener – aus Boden, Schild, Hand (KIRK; LfgrE s.v. σπάω 175.14ff.). ἐκσπασσαµένω: Der Dual unterstreicht die Parallelität der Kämpfenden und damit die aktuelle Pattsituation. — δολίχ’ ἔγχεα χερσίν: Formel nach der Zäsur B 1 (noch 4.533, 9.86). — ἅµ’ ἄµφω: VE-Formel, noch 23.686 (ebenfalls gefolgt von σύν ῥ’ ἔπεσον), Od. 21.188, h.Cer. 15.

256–257 ≈ 5.782f. (von den Griechen); 256: 1. VH bis zur Zäsur A 4 = 23.687; ≈ 21.387; 2. VH von der Zäsur A 4 an = 15.592 (von den Troern); zu 256 vgl. auch 5.560; 257: 2. VH ab der Zäsur B 1 = Od. 18.373, ab der Zäsur C 1 = Il. 8.463, Hes. Op. 437; VE nach der Zäsur C 2 = h.Merc. 334; ≈ Il. 4.330. — Die Wiederholung des Vergleichs von 5.782f. ist nicht überzubewerten, da Tiervergleiche und gleichnisse in der Ilias häufig sind (s.u.) und einzelne Versteile auch andernorts wiederholt werden. — stießen aufeinander: Der Bezug von Tätigkeit und Vergleichsobjekten ist eher lose; es ist also nicht unbedingt an Löwen oder Eber zu denken, die miteinander kämpfen (obwohl dies nicht ausgeschlossen ist, vgl. 16.756–758); vielmehr besitzen die kämpfenden Helden deren ‘Persönlichkeit’: “wild und stark” (FRÄNKEL 1921, 62; vgl. SCHNAPP-GOURBEILLON 1981, 58). Dafür

254 ὅ: Hektor; zum demonstr.-anaphor. Pronomen R 17. — ἐκλίνθη: Pass. mit medialer Bed.: ‘bog sich’. 255 τὼ … ἐκσπασσαµένω: zu den Dualen R 18.1. — ἐκσπασσαµένω: Ptz. Aor. zu ἐκσπάω; zum -σσ- R 9.1. — ἔγχεα: zur unkontrahierten Form R 6. 256 σὺν … ἔπεσον: zur sogenannten Tmesis R 20.2. — ῥ(α): = ἄρα (R 24.1). — λείουσιν: = λέουσιν (R 10.1), ‘Löwen’. — ὠµοφάγοισιν: zur Flexion R 11.2; ebenso κάπροισιν im Folgevers. 257 τῶν: demonstr.-anaphor. Pron. in der Funktion eines Rel.-Pron. (R 14.5). — τε: ‘episches τε’ (R 24.11).

Kommentar

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spricht v.a. die Iteratstelle im 5. Gesang: ‘standen … | gedrängt, Löwen gleich, die Rohfleisch fressen’ (5.781f.): das Typische an Löwen ist nicht, daß sie sich zusammendrängen, sondern ihre Gefährlichkeit, die hier Vergleichspunkt ist (vgl. NICKAU 1977, 110–112; REUCHER 1983, 167). — Löwen gleich … | … wilden Ebern: Eber stehen in der Ilias häufig als Bild für die Aggressivität eines Angegriffenen, so noch 11.414–418, 17.281–281, 725–729; die Alternative ‘wie ein Eber oder Löwe’ noch 8.338–340, 11.292f. und 12.42–48 (KIRK zu 5.780–783; 16.823–828n. mit Lit.; dort auch allg. zum Nebeneinander von Löwe und Eber); der Löwe kann für Angreifer und Angegriffenen gleichermaßen stehen (zu den häufigen Löwengleichnissen der Ilias s. 3.23n.; generell zur Nennung verschiedener möglicher Vergleichsobjekte in hom. GleichnissenP und VergleichenP s. 2.800n. mit Lit.). — Rohfleisch fressen: typ. Epitheton eines Raubtiers in der Ilias, stets in Krieger-Vergleichen (16.157– 158n. mit Lit.). σύν ῥ’ ἔπεσον: ‘sie gingen aufeinander los’, noch beim Faustkampf des Epeios und Euryalos im Zuge der Leichenspiele für Patroklos (23.687) und beim Götterkampf (21.387); sonst von Winden (Od. 5.295): LfgrE s.v. πίπτω 1263.9ff.; zu weiteren Angriffsverben s. KURZ 1966, 140f. — ἀλαπαδνόν: ἀλαπαδνός ist ein Adj. auf -νο- zu ἀλαπάζω (RISCH 98); vielleicht von Wz. *lapa (noch in λαπάσσω, λαπαρός etc.); Bed. entsprechend ‘entleert, schlaff, schwach’ (LfgrE s.v. ἀλαπάζω). Im fgrE meist verneint als VE-Formel οὐκ ἀλαπαδνόν (5.783, 8.463, 18.373, Hes. Op. 437, h.Merc. 334; in Il. 4.330 Nom. Pl. Fem.), anders nur Il. 2.675 und 4.305. 258 1. VH = 13.568; 2. VH = 13.646; 15.528. — οὔτασε: wohl sekundäre Bildung zum athemat. Wurzelaor. οὖτα (6.64n.; 16.317n., beide mit Lit.).

259 = 3.348, 17.44; 1. VH = ‘Hes.’ Sc. 415. — In der zweiten Kampfrunde schneidet Hektor erstmals klar schlechter ab als Aias (244–273n.); freilich unternimmt er immerhin einen zweiten Angriff, während an den Iteratstellen die einzige Tat des Angreifers der schwächliche Speerwurf bleibt, bei dem sich lediglich die Spitze verbiegt (Paris im 3., der großmäulige Panthoos-Sohn Euphorbos im 17. Gesang). ἔρρηξεν: ‘durchdrang, -bohrte’ (LfgrE s.v. ῥήγνυµι 23.33ff.). — χαλκός: bezieht sich wie 247 auf Hektors Speer; weniger gut belegt ist die Lesart χαλκόν, womit dann wie 246 und 267 die Bronzeschicht auf Aias’ Schild gemeint wäre. — δέ: adversativ oder explikativ (RACE 2000, 206 [nicht zur vorl. Stelle]). 260–261 ≈ 12.404f. (Aias greift Sarpedon an). — νύξεν: νύσσω bed. ‘stoßen’, mit einem Schild als Ziel auch 11.565, 12.404, 16.704 (dort mit den Händen; s.d.); als Folge

258 δουρί: zur Form R 4.2, R 12.5. 259 Konnektives οὐδέ steht bei Homer auch nach affirmativen Sätzen (R 24.8). — ἔρρηξεν: transitiv, erg. σάκος. — δέ (ϝ)οι: zur Prosodie R 4.3. — οἱ: = αὐτῷ (R 14.1), auf χαλκός bezogen. 260 ἐπάλµενος: Ptz. Aor. zu ἐφάλλοµαι ‘anspringen’. — ἥ: demonstr., hier vorausweisend auf die Apposition ἐγχείη im nächsten Vers: ‘sie aber, die Lanze’.

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‘durchgehen, -dringen, -schneiden’ etc. (διάπρο | ἤλυθεν); auch an der Iteratstelle verbunden mit στυφελίζω, ‘durch einen Stoß erschüttern’ (LfgrE s.v. νύσσω). — ἐπάλµενος: 7× Il., 2× Od., 1× Hes. Th.; immer nach der Zäsur B 2; zum Verlust des Spiritus s. WEST 1998, XX. — διάπρο: ‘ganz hindurch’; sonst meist bei tödlichen Verwundungen (wenn der Körper selbst durchbohrt wird). Zur Schreibweise WEST 1998, XVIIIf. – Mit ἤλ(υ)θ(ε/εν) noch 5.66f., 12.404f. und 14.494f. (an den beiden ersten Stellen wie hier mit vorausgehendem ἥ δέ bzw. οὐδέ, an allen dreien wie hier mit einer Waffe als Subj., vgl. CLARK 1997, 118f.; s. 14.494n. mit weiterer Lit.). — ἐγχείη: bedeutungsgleich mit ἔγχος; viell. elliptischer Ausdruck aus einem Adjektiv zu αἰχµή (LfgrE). — δέ µιν µεµαῶτα: VE-Formel, insges. 5× Il.

262 den Hals: Verletzungen am Hals sind i.d.R. tödlich (16.332n. mit Lit.) – auch hier wird das Publikum in seiner Erwartung getäuscht und die Spannung dadurch gesteigert (244–273n.; BERGOLD 1977, 192); außerdem wird Hektors tatsächlicher Tod antizipiert: die tödliche Wunde wird Hektor von Achilleus ebenfalls am Hals beigebracht (22.326ff.); vorher wird er von Aias in 14.412 ‘dicht am Hals’ verletzt (s.d.; DUBAN 1981, 119; LOUDEN 2006, 43f. [mit Hinweis auf wörtliche Anklänge zwischen 7.261f. und 22.326f.]; NEAL 2006, 121). — quoll: Der starke Blutstrom steht für die Kraft und Männlichkeit eines Helden (NEAL 2006, 53f. mit weiteren Bsp.: Menelaos 4.146f., Diomedes 5.113, Agamemnon 11.266, Odysseus 11.458, Eurypylos 11.813, Deïphobos 13,539, Achilles 21.167). τµήδην: hapax legomenonP; Adv. zu τάµνω, ‘schnittartig’; d.h. die Lanze verursacht keine tiefe Wunde, sondern nur eine oberflächliche Ritzung. Ähnlich 21.166 ἐπιγράβδην (LfgrE). — µέλαν … αἷµα: Die Nomen-Epitheton-Formel µέλαν αἷµα steht im fgrE insgesamt 8×, und zwar nach den Zäsuren A 4 und C 1 sowie am VE (6× Il., 1× Od., 1× h.Merc.), nur hier in Formelsprengung. Variante: αἷµα µέλαν (4× Il., 1× ‘Hes.’ Sc.). Blut ist im Griechischen meist schwarz oder ‘dunkel’, was wohl auch metaphorische Bed. hat (‘düsterer Tod’): 1.303n.; 16.529n., beide mit Lit.

263–272 Hektor wirft ohne großen Effekt einen Stein nach Aias; dieser erwidert den Wurf und streckt Hektor nieder. Daß ein Steinwurf mit einem Steinwurf erwidert wird, geschieht nur hier in der Ilias; der Stein ist eine besonders gefährliche Waffe, die vor allem von den stärkeren Helden eingesetzt wird (16.411n. mit Lit.) und in aller Regel zu tödlichen oder jedenfalls ernsthaften Verwundungen führt (KIRK; 3.80n. mit Stellen und Lit.; Hektor wird in 14.409ff. von Aias erneut mit einem Stein getroffen und dann noch schwerer verletzt, s. 14.410–411n.). Daß Hektor einen Stein aufnimmt, lenkt die Rezipientenerwartung einerseits in Richtung seines Sieges; andererseits aber ist es die dritte Kampfrunde, und Aias war Hektor in den beiden vorigen Runden mit der gleichen Waffe jeweils überlegen: “The interplay

261 ἤλυθεν: = ἦλθεν. — ἐγχείη: zu -η nach -ι- R 2. — µιν: = αὐτόν (R 14.1). — µεµαῶτα: Ptz. zum Perf. µέµονα, hier ‘anstürmen’; vgl. 3n. 262 ἐπῆλθε: ‘fuhr hin über, streifte’. — ἀνεκήκιεν: Impf. zu ἀνακηκίω: ‘aufsprudeln’.

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of the generic and the specific adds greatly to the audience’s excitement during the course of the combat” (KELLY 2007, 294f.). 263 1. VH bis zur Zäsur C 1 = 11.255; 2. VH = 7.158 (s.d.). — Jedoch auch so … nicht: Hektors Tapferkeit nach der Verletzung wird durch den Adversativsatz als unerwartet dargestellt und damit explizit betont (244–273n.; NEAL 2006, 52f.). κορυθαιόλος Ἕκτωρ: 157–158n.

264–265 ≈ 21.403f.; 1. VH. 264 = 13.740, Od. 7.280; ≈ Il. 16.819, 17.47, 21.403, ‘Hes.’ Sc. 336; 2. VH von 264 = Il. 10.31, Od. 22.326. — An der Iteratstelle im 21. Gesang trifft Athene Ares mit einem Stein am Hals; dort wird der Stein in 405 zusätzlich als Grenzstein früherer Generationen bezeichnet, wohl ein Zeichen besonderer Größe. An der vorl. Stelle zeigt sich erneut das Spiel mit der Rezipientenlenkung (244–273n.): 265b für sich genommen läßt zunächst an einen sehr großen Stein denken, aber Aias wird in 268 einen ‘viel größeren’ Stein aufnehmen (vgl. KIRK). — wich er zurück: zur Sicherung und um Anlauf zu nehmen (KURZ 1966, 145). — einen schwarzen, rauhen, großen: Von Helden geworfene Steine werden öfter ausführlich beschrieben (16.735n.), so auch der von Aias verwendete Stein (268–272n.) und derjenige, mit dem Hektor das Tor in der griechischen Mauer einschlägt (12.445ff.). χειρὶ παχείῃ: VE-Formel (insges. 13× Il., 5× Od., 1× hom.h.); παχύς bed. ‘dick, stämmig’ als Ausdruck von Kraft (3.376n. mit Lit.), meist von den Händen männlicher Heroen, einmal auch mit Bezug auf Athene (s.o.) und sogar von Penelope (Od. 21.6; zu der ungewöhnl. Verwendung s. TURKELTAUB 2014): KIRK zu 3.376. Freilich zeigt die Formel nicht an, daß der Besitzer der starken Hand erfolgreich sein wird (vgl. FOLEY 1999, 219; KELLY 2007, 241f.). — τρηχύς: ‘rauh’, von einem Stein außer an der Iteratstelle noch 5.308; sonst meist von Landschaften, Wegen u.ä. (LfgrE).

266 ≈ 245 (244–246n.). 267 Mit seinem ungewöhnlichen Vokabular (s.u.) spiegelt der Vers Hektors letztlich erfolglose Heldenhaftigkeit wider: sein Wurf trifft Aias’ Schild hart und exakt, bleibt aber ohne entscheidende Wirkung (KIRK). ἐποµφάλιον: hapax legomenonP im fgrE (LfgrE), obwohl die Erwähnung von Schildbuckeln relativ häufig ist (KIRK; zur Problematik des ‘Buckels’ auf einem Langschild s. 219n.), auch existieren bei prädikativen oder verbalappositiven Adjektiven (SCHW. 2.178f.) ähnliche Bildungen von präpositionalen Rektionskomposita (RISCH 187f.), z.B. 5.19: µεταµάζιον, Od. 7.248: ἐφέστιον, 15.51: ἐπιδίφρια (AH). — περιήχησεν: ‘dröhnte rings auf’; ebenfalls hapax im fgrE (LfgrE s.v. ἠχέω); vgl. 20.260, wo Aineias den Schild des Achilleus trifft:

263 ἀλλ’ οὐδ’ ὧς: ‘doch auch so nicht’. 264 ἀναχασσάµενος: zum -σσ- R 9.1. 266 τῷ: instrumental; zur demonstr.-anaphor. Funktion von ὅ, ἥ, τό R 17. — βάλεν: 245n. 267 µέσσον: = µέσον; zum -σσ- R 9.1; ebenso 277. — ἐποµφάλιον: adv. zu übersetzen, ‘auf den Buckel’ (­).

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µέγα δ’ ἀµφὶ σάκος µύκε; zum Phänomen ‘ringsum tönender Klang’ s. KRAPP 1964, 232– 234; generell zu homerischen Begriffen für die Geräusche unbelebter Objekte s. MUGLER 1963, 96–106. — χαλκός: Aias’ Schild mit der Bronzeschicht, wie 246 (220–223n., 220– 221n.).

268–272 Aias’ Wurf erfolgt mit einem hyperbolisch als gewaltig groß dargestellten Stein; dieser ist ‘viel größer’ und ‘mühlsteinartig’ und wird mit ‘unermeßlicher Kraft’ geworfen; an der Iteratstelle von 268f., Od. 9.537f., ist der (wiederholte) Steinwurf des riesenhaften Polyphem nach dem Schiff des Odysseus dargestellt. Zu Aias’ Riesenhaftigkeit s. o. 219n. 268–269 ≈ Od. 9.537f. µέζονα: zur kurzvokalischen Form WEST 1998, XX. — λᾶαν: Akk. Sg. von λᾶας ‘Stein’; zu Formen und Etymologie s. 3.12n. mit Lit. — ἐπιδινήσας: immer, wie hier, Ptz. Aor. Nom. Sg. vor der Zäsur B 1. (ἐπι)δινέω bezeichnet die Drehbewegung beim Schleudern verschieden schwerer Gegenstände (3.378: Helm, 19.268: ganzer geschlachteter Eber [s.d.]). Bei sehr schweren Objekten betont das Verb die Kraft des Werfenden (23.840: eiserne Wurfscheibe, die den Eisenbedarf eines Mannes für fünf Jahre decken kann). Im Falle des riesenhaften Steines wirkt das Verb als hyperbolische Darstellung von Aias’ Kraft. — ἐπέρεισε δὲ ἶν’ ἀπέλεθρον: ‘übte dabei aber ungeheuren Druck aus’, vgl. 11.235 = 17.48 (νύξ’, ἐπὶ δ’ αὐτὸς ἔρεισε βαρείῃ χειρὶ πιθήσας – die Waffe ist dort eine Lanze). ἶν’ ἀπέλεθρον ist eine ungewöhnl. Formulierung; außer an der Iteratstelle (Polyphem) nur noch 5.245 (Sthenelos über Aineias und Pandaros); das Possessivkompositum ἀ-πέλεθρος (eig. ‘keine Wende habend’; die Wende bez. ursprünglich die Grenze der Ackerfurche [vgl. das spätere Längenmaß πλέθρον: DELG; FRISK s.v.], also ‘maßlos, unermeßlich’) nur in dieser Verbindung und 11.354 als Adverb (LfgrE; anders WEST [liest dort ὦκα πέλεθρον statt ὦκ’ ἀπέλεθρον]).

270 mühlsteingleichen: gr. myloeidḗs ist im fgrE hapax legomenonP. Beim antiken Mühlstein ist zwar nicht an die riesigen Steine der Neuzeit zu denken, sondern eher an einen rauhen (vielleicht vulkanischen) Stein, mit dem man manuell Körner zerrieb wie mit einem Stößel (vgl. MÜLLER 1974, 260–262). 12.161 heißt es, daß die Troer von den Verteidigern der Mauer um das griechische Heerlager mit Mühlsteinen getroffen werden (nach HAINSWORTH nicht hyperbolisch, da gemahlenes Getreide zur Verpflegung nötig ist und im Lager solche Steine folglich zahlreich vorhanden sein müssen). Dennoch muß ein Stein zum Zermahlen von Getreide eine gewisse Größe und v.a. großes Gewicht haben; außerdem ist der von Aias geworfene Stein immer noch ‘viel größer’ als Hektors ‘großer’ Stein, und Hektor bricht unter seiner Last zusammen. Auch im Mauerkampf des 12. Gesanges wirft Aias ein überdimensionales Exemplar (381–383: ‘und den hätte nicht leicht |

268 µέζονα: = µείζονα (↑). — ἀείρας: = ἄρας. 269 δὲ (ϝ)ῖν’: zur Prosodie R 4.3; (ϝ)ίς: ‘Kraft’; lat. vis. 270 εἴσω: adv., ‘nach innen’. — ἔαξε: Aor. zu ἄγνυµι, ‘zerbrechen’. — βαλών: vgl. 245n.

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ein Mann mit beiden Händen halten können, auch nicht ein sehr jugendlicher, | wie jetzt die Sterblichen sind’), und auch der Stützstein der Schiffe, den Aias in 14.409f. wirft, dürfte eine gewisse Größe und Schwere erreicht haben. µυλοειδέϊ πέτρῳ: Die Formulierung ist dem Kontext angepaßt (Größe und Gewicht des Steins sind entscheidend, da ja auch Hektor einen ‘großen’ Stein geworfen hatte [265]), wie dies in 8.327 auch bei dem prosodischen Pendant λίθῳ ὀκριόεντι der Fall ist – der scharfkantige Stein zerreißt die Sehne des Angegriffenen (FRIEDRICH 2007, 126).

271–272 Die kurzen Sätze steigern Dramatik und Erzähltempo (KIRK); sie enthalten in konzentrierter Form mehrere Elemente, die normalerweise mit dem Tod von Kriegern verbunden sind; s. das Folgende. Auch hier erscheint Hektors Tod wahrscheinlich (244–273n.; vgl. BERGOLD 1977, 192). Die Hervorhebung von Detailaspekten des Fallvorgangs ist selten: KURZ 1966, 21 (noch dramatischer ist Hektors Hinstürzen freilich in 14.414–417 dargestellt, wo ebenfalls die Erwartung geweckt wird, Aias’ Attacke auf Hektor sei tödlich; s.d.; allgemein zu den Parallelen oben 244–273n.). — ließ ihm seine Knie wanken: Die Wendung evoziert den Ausdruck ‘die Knie lösen’, der euphemistisch für ‘töten’ steht (16.425n.; 24.498n.; vgl. oben 6n.): NEAL 2006, 117. — rücklings stürzte der: Es ist dies die einzige Szene der Ilias, in der ein Krieger ausgestreckt zu Boden fällt, ohne zu sterben (NEAL a.O. 85, Anm. 67). Die Formulierung hat ein Vorbild in Nestors Erzählung von Areïthoos (145, s. 124–160n.). — hineingepreßt: Hektors Knie haben nachgegeben; sein Hineingedrücktwerden in die Wölbung des Schildes, den er am Arm trägt, ist wohl in zusammengekrümmter Position zu denken (vgl. AH; FAESI/FRANKE). Evtl. ist die Stelle auch antizpierendP als ‘Begrabenwerden’ unter dem Schild zu verstehen – bei vielen Todesszenen der Ilias wird das Krachen der fallenden Rüstung beschrieben (5.42, 12.396, 13.181: NEAL a.O. 117). — richtete ihn wieder auf: Apollon sieht offenbar noch immer vom Baum aus zu (58f.); technische Detailüberlegungen über seine Rückverwandlung aus der Vogelgestalt sind müßig (59–60n.). Entscheidend ist an dieser Stelle die übernatürliche Unterstützung, die Hektor erfährt; die Details bleiben offen, wie dies auch bei der Entraffung des Paris durch Aphrodite 3.380f. der Fall ist (KIRK). Auch die Frage, warum Athene nicht ihrerseits eingreift, bietet keine Schwierigkeiten: eher als ihrer (außerhalb der Ilias belegten) Feindseligkeit gegenüber Aias, den sie in Wahnsinn und Selbstmord treibt (DUFFY 2008, 85–90), erscheint ihre Passivität hier einfach der klaren Überlegenheit des griechischen Helden geschuldet: Aias hat keine Hilfe nötig. – Weitere Fälle von “divine protection” in der Ilias bei KELLY 2007, 291f. 271 οἱ: = αὐτῷ (R 14.1). — γούναθ’: = γούνατα; zur Flexion R 12.5. — ὅ: demonstr.anaphorisches Pronomen (R 14.3); gemeint ist Hektor. — ἐξετανύσθη: 3. Sg. Aor. Pass. zu (ἐκ)τανύω ‘der Länge nach hin-, ausstrecken’ (↑). 272 ἐνι-: = ἐν- (R 20.1); ↑.

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βλάψε: ‘schädigte’, im Zusammenhang mit Fortbewegung auch ‘zum Stolpern bringen’ (bzw. Med. ‘aus dem Tritt kommen’: 6.39n., 19.82n.); diese Bed. vielleicht sogar primär; vgl. 23.782 mit Füßen als Objekt: µ’ ἔβλαψε θεὰ πόδας (LfgrE s.v.). — φίλα: hier zum Possessivpronomen verblaßt (1.20n.). — ἐξετανύσθη: zum sigmatischen Aor. s. CHANTR. 1.406. — ἀσπιδ(ι) ἐνιχριµφθείς: Beispiel für die seltene Elision des Iota, dazu 3.349n. mit Lit. und app. crit. (in den Handschriften finden sich nur lectiones facilliores, die das DativIota behalten und stattdessen beim Partizip kürzen (z.B. ἐνχριµφθείς). – Bei ἐνιχριµφθείς handelt es sich wohl um ein Passiv; ‘hineingepreßt sein in’; χρίµπτω/χρίµπτοµαι bed. urspr. ‘(sich) in die Nähe bringen’ (LfgrE), meist Medium. Vgl. oben 145, wo Areïthoos an den Boden ‘gepreßt’ wird (145–146n.).

273–312 Die Herolde Talthybios und Idaios bewegen Hektor und Aias dazu, den Kampf als unentschieden zu beenden. Die Kämpfer tauschen Geschenke aus und gehen jeder zu seinen Leuten zurück. 273–281 Obwohl Aias überlegen ist, wird der Kampf überraschend abgebrochen, als die beiden Helden in einer vierten Runde zum Schwert greifen wollen. In dieser Passage zeigen sich erneut Parallelen zu sportlichen Wettkämpfen, wie sie im 23. Gesang dargestellt sind (1–312n. [Absatz IV]): die Formulierung ‘sie hätten (wietergekämpft)’ findet sich in 7.273 und 23.733, ‘wenn nicht (die Herolde/Achilleus eingegriffen hätten)’ in 7.274 und 23.734, der Gedanke ‘beide seid ihr (zeusgeliebt, große Kämpfer/Sieger)’ in 7.279f. und 23.735f. (KIRK). 273–276 Wieder liegt eine ‘Wenn nicht’-SituationP vor (104–105n.), diesmal allerdings mit einer leichten Verschiebung: Die eigentliche Krise, der drohende Verlust von Hektors Leben, ist durch Apollons Intervention bereits abgewendet; hier konstituiert nicht das göttliche Eingreifen den ‘Wenn nicht’-Part (wie dies bei der Entraffung von Aineias durch Aphrodite [5.311ff.] und Poseidon [20.290ff.] der Fall ist), sondern die Aktion der Herolde. Daß Hektors Leben durch eine Fortsetzung des Kampfes unmittelbar gefährdet wäre (so LOUDEN 1993, 188f.), ist nicht ganz eindeutig (274n.; entsprechend ordnet MORRISON 1992a, 66 Anm. 10, die Szene unter seiner Kategorie C ein: “less momentous events are avoided” [65]). – Die Unterbrechung eines Zweikampfs zu Beginn einer neuen Kampfrunde erfolgt in der Ilias öfter (3.379ff., 17.530ff., 20.288ff.: FENIK 1968, 182). 273 ≈ 17.530 (auch dort in einer Zweikampfszene mit Hektor und unter indirekter Beteiligung des Aias: Hektor hat den Automedon, der den Troer Aretos getötet hat, mit dem Wurfspeer verfehlt [525–529]; bevor es zum Schwertkampf kommt, tauchen die beiden Aias auf, worauf die Troer zurückweichen [531–536]). — mit ihren Schwertern: Das Schwert ist eine typische Nahkampfwaffe zum Hauen und Stechen: 16.115n. mit Lit. Neben dem vorl. Vers ist der Schwertkampf zweier

273 καὶ νύ … δή: ‘und jetzt wohl’. — κε: = ἄν (R 24.5). — ξιφέεσσ(ι): zur Flexion R 11.3 (↑).

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gleich bewaffneter Helden in der Ilias nur noch 16.337 und 17.530 beschrieben (vgl. FENIK 1968, 6, der nur die vorl. Stelle nennt; zu bildlichen Darstellungen s. LORIMER 1950, 272; ferner LANGDON 2008, 198f. [fig. 4.2 und 4.3]). καί νύ κε δή: VA-Formel: außer hier und an der Iteratstelle noch 23.490, 24.713, Od. 21.128, 24.528, ‘Hes.’ fr. 197.3 M.-W.; daneben bloßes καί νύ κε(ν): 11× Il., 7× Od., 1× Hes. Th., 2× ‘Hes.’, 1× h.Cer., schließlich 2× im Versinnern (Il. 8.90, 23.592). — ξιφέεσσ(ι): ξίφος wird im fgrE ohne erkennbaren Bedeutungsunterschied zu ἄορ und φάσγανον verwendet. Die emphatische Langform des Dat. Pl. auf -έεσσι tritt nur an den wenigen Stellen auf, wo beide Kämpfer Schwerter haben (s.o.; BLANC 2008, 71). — αὐτοσχεδόν: ‘aus unmittelbarer Nähe’ (wie αὐτοσχεδά [mit Adv.-Suffix -δα: 16.319n.] und αὐτοσχεδίῃ/αὐτοσχεδίην [adv. verwendetes abgeleitetes Subst.]); t.t. zur Bez. des Nahkampfs. Die Bed. des Vorderglieds αὐτο- ist unklar (LfgrE mit Lit. zu versch. Erklärungsmodellen: a. ‘den Mann selbst packend’ im Hinblick auf eine mögl. alte Bed. von σχεδόν ‘anschließend, sich haltend’ oder b. metr. Erweiterung zu σχεδόν). — οὐτάζοντο: mit κε Irrealis der Vergangenheit; das Imperfekt ist – eher als eigentl. durativ – mit Blick auf die Vorbereitung gebraucht: ‘sie hätten sich jetzt dazu angeschickt …’ (AH; vgl. 11.504, 23.733; anders 24.714, dort klar durativ); denkbar ist auch eine Verwendung de conatu. Das Medium ist reziprok aufzufassen: ‘sich gegenseitig verwunden’ wie wohl auch 12.427 (JANKUHN 1969, 79f.; LfgrE s.v. 883.27 versteht freilich 12.427 als Passiv).

274 ≈ 1.334. — Herolde: zur Funktion von Herolden generell s.o. 182–183n.; hier steht die Vermittlung zwischen Angehörigen gegnerischer Kriegsparteien im Vordergrund (1.334n.), spezifisch als Sekundanten beim Duell (FAESI/FRANKE zu 275f.) oder in einer Art Schiedsrichterrolle (REUCHER 1983, 169; SCODEL 1999, 140). – Auf den ersten Blick hat nur der troianische Herold ein Motiv, den Kampf zu unterbrechen, da Aias Hektor überlegen ist; andererseits ist Aias der Sieg noch nicht sicher: wie sich die Helden im Schwertkampf schlagen werden, ist nicht voraussehbar, und Hektor hat gerade göttliche Unterstützung erfahren (schol. A, bT zu 7.276; DUFFY 2008, 78f., mit Verweis auf 15.236ff., wo Apollon den ebenfalls von einem Steinwurf geschwächten Hektor zum erfolgreichen Weiterkämpfen stärkt). — Zeus’ … Boten: zur Legitimation von Boten über Zeus s. 2.26n. An der vorl. Stelle erscheint die Formulierung insofern von einiger Bedeutung, als der Bote Idaios den Kämpfern übermittelt, Zeus liebe sie beide (280–281n.); es liegt folglich nahe, das Eingreifen der Herolde als göttlich inspiriert zu betrachten, gerade aufgrund der überraschenden Tatsache, daß für eine so einschneidende Handlung wie den Abbruch des Zweikampfs kein entscheidungstragender Auftraggeber genannt wird (DUFFY a.O. 77f.). Auch das Gebet der Griechen in 202–205 hatte sich an Zeus als Entscheidungsträger gerichtet; daß die Herolde nun als Boten des Zeus auftreten, ist die konsequente Fortführung dieses Gedanken. Für ein selbständiges Handeln aus eigenständigem Denken – oder aufgrund von Doppelter

274 ἠδὲ καί: ‘und auch’; vgl. R 24.4.

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MotivationP – spricht der doppelte Hinweis auf ihre Klugheit (276, 278; AH zu 275; vgl. KIRK zu 277–278), mag diese für den Berufsstand auch typisch sein (Od. 2.38). 275–276 2. VH von 276 von der Zäsur C 1 an = 3.148, 9.689 (dort ebenfalls von Herolden), Od. 18.65. — von Troerseite … von den … Achaiern | Talthybios sowie Idaios: Die chiastische Stellung von Parteizugehörigkeit und Namen unterstreicht das enge Zusammenwirken der beiden Herolde; auch dieses Detail unterstreicht die Parallelität beider Parteien am Ende der ‘retrospektiven Phase’ der Gesänge 2–7 (Einleitung a.E.). Zur Bez. ‘Achaier’ s. 1.2n. — Talthybios: gehört zu Agamemnons persönlichen Gefolgsleuten (1.320–321n.). Er tritt an entscheidenden Punkten der Handlung auf, genießt also offenbar großes Vertrauen: Agamemnon sendet ihn, Briseis von Achilleus zu holen (1.320ff.), er hilft bei den Eidopfern für den Zweikampf des 3. Gesangs (3.118–120), wird von Agamemnon nach einem Arzt für Menelaos geschickt (4.193ff.), besorgt nach Achilleus’ Rückkehr erneut die Eidopfer (19.196f., 250f., 267f.: 19.196–197n.) und verwahrt Agamemnons Kampfpreis (23.896f.); s. 1.320n. mit Lit. und LfgrE, auch zur Bed. des Namens (‘mit blühendem Leben’ oder ‘mit strotzender Kraft’) sowie zum Geschlecht der Talthybiaden. — Idaios: Hauptherold der Troer; sein Name ist vom Berg Ida in der Troas abgeleitet. Er hat unter den Troern ähnliche Bedeutung wie Talthybios bei den Griechen: so tritt er beim Zweikampf des 3. Gesangs ebenfalls auf (247f.: Opfervorbereitung) und begleitet Priamos im 24. Gesang ins griechische Lager (24.322ff.). Im vorl. Gesang wird er noch zu den Griechen gesandt, um ihnen Paris’ Angebot zu unterbreiten (7.372–416): 3.248n.; LfgrE. Ἀχαιῶν χαλκοχιτώνων: zur VE-Formel und zur Bed. des EpithetonsP (auf Kleidungsstück aus Stoff mit Bronzeverstärkung oder auf Bronzepanzer selbst bezogen) s. 1.371n. — πεπνυµένω: zu πέπνυµαι ‘Intelligenz besitzen, klug sein’; zur umstrittenen Wortbildung (zu πνέω i.S.v. ‘atmen’ > ‘bei Bewußtsein sein’ > ‘klug sein’?) und zur Verwendung im fgrE s. 3.148n. und 24.377n. mit Lit.

277 1. VH = 3.416; ≈ 6.120, 20.159; 2. VH ab der Zäsur C 1 ≈ Od. 14.494. — hielten sie die Stäbe: Der Stab (gr. skḗptron > ‘Szepter’) ist das Würdezeichen hoher Amtsträger, s. 1.14–15n.; KIRK zu 2.109; an der vorl. Stelle dienen die Stäbe als symbolische Barriere zwischen den Kämpfern (KIRK). Es ist dies die einzige Stelle, an der die Herolde selbst die Stäbe einsetzen; sonst reichen sie sie den Sprechern in der Versammlung (z.B. 23.567f., Od. 2.37f.: vgl. 1.54n.; 1.234n.; 18.505n., alle mit Lit.). σχέθον, εἶπέ τε µῦθον: εἶπέ τε µῦθον ist VE-Formel (3× Il., 2× Od., 5× hom.h.). Das Digamma von (ϝ)εῖπε ist nicht berücksichtigt; evtl. liegt ein alter Prototyp σχέθε (ϝ)εῖπέ τε µῦθον zugrunde, der hier aufgrund eines Subjektswechsels abgeändert worden ist

276 πεπνυµένω ἄµφω: Nom. Dual (R 18.1). 277 µέσσῳ: präpositionsloser Lokativ (R 19.2) des substantivierten Neutrums, ‘in der Mitte’. — σχέθον: poet. Nebenform zu ἔσχον, ‘hielten’.

Kommentar

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(HOEKSTRA 1965, 49f.). — σχέθον: σχεθ- ist der Aoriststamm zum Präsensstamm ἴσχω, mit punktueller Bed. (14.428n. mit Stellen und Lit.). — µῦθον: Das Wort µῦθος für ‘Rede’ impliziert eine etwas formelle Situation (MARTIN 1989, 40f.) und wird von Aias in 284 wieder aufgenommen (µυθήσασθαι, 284n.). Später verwendet es Priamos als Bezeichung von Paris’ Vorschlag an die Griechen, die geraubten Güter zurückzugeben (374). 278 ≈ Od. 2.38. VA = 3.248. — κήρυξ: 182–183n. — πεπνυµένα µήδεα εἰδώς: µήδεα sind ‘kluge Ideen’; µήδεα εἰδώς bezeichnet die Eigenschaft von Gottheiten und außergewöhnlichen Menschen (neben Herolden öfter von Odysseus, Sehern, Sängern): LfgrE. Die exakte Formel πεπνυµένα µήδεα εἰδώς findet sich nur noch an der Iteratstelle, der Formelteil πεπνυµένα εἰδώς in der Odyssee stets in Verbindung mit dem sprechenden Namen Medon (4.696, 4.711, 22.361, 24.442); sonst im fgrE nur noch Hes. Op. 731. Das VE µήδεα εἰδ/ἰδ(µ)-/οἰδ- insgesamt 22× fgrE: 24.88n. (das Ptz. von οἶδα ist auch sonst oft mit Obj. im Ntr. Pl. kombiniert: BARTOLOTTA 2002, 92).

279–282 Die Tatsache, daß der troische und nicht der griechische Herold der Sprecher der folgenden Rede ist, stellt keine Begünstigung des unterlegenen Troers Hektor dar; es sind beide Herolde, die eingreifen und ihre Stäbe in die Mitte zwischen die Kämpfer halten; beide werden als ‘verständig’ charakterisiert (276; 278). Dennoch ist die Rede vorsichtig und diplomatisch formuliert: Hektors Unterlegenheit wird verschwiegen und damit die Fiktion eines Unentschiedens konstruiert, wenn auch die Ebenbürtigkeit der Kämpfer nicht explizit postuliert wird (die Liebe des Zeus zu beiden Helden und die Tatsache, daß beides gute Kämpfer sind, heißt nicht, daß nicht einer dennoch besser ist); vgl. STOEVESANDT 2004, 25. 210f.; s. auch unten 288–302n. 279 liebe Kinder: in der vorl. Situation etwas überraschende Ansprache (etwas übertrieben KIRK: “that these bitter enemies should be addressed as ‘dear children’ comes as a shock”); passender ist dieselbe Anrede von Nestor an die jüngeren Krieger seiner eigenen Seite in 10.192. Freilich unterstreicht die Formulierung die Autorität der Herolde, die offenbar auch auf dem Altersunterschied beruht (von Idaios heißt es explizit, er sei alt: 24.149 ≈ 24.178, 24.368); vgl. auch die Anrede des Achilleus an den greisen König Priamos ‘lieber Alter’ (24.650, s.d.): AH. Ähnlich werden auch andere griechische Begriffe für ‘Kind’ verwendet (τέκος und τέκνον, s. LfgrE s.v. πάϊς, παῖς 933.3ff. mit Lit.). πολεµίζετε µηδὲ µάχεσθον: zur synonym. Doppelung s. 2–3n.

280–281 280 = 10.552 (Nestor über Odysseus und Diomedes, als er sie mit Rhesos’ Pferden von ihrem Spähergang zurückkommen sieht). — Denn beide liebt euch

278 µήδεα (ϝ)ειδώς: zur Prosodie R 4.3. — µήδεα: zur unkontrahierten Form R 6. 279–281 παῖδε φίλω … µάχεσθον. | ἀµφοτέρω … σφῶϊ … | ἄµφω … αἰχµητά: zu den Dualen (auch neben Pl. πολεµίζετε) R 18.1; ἀµφοτέρω … σφῶϊ: Akk., zu σφῶϊ (2. Dual) R 14.1; ἄµφω: Nom., erg. ἐστόν. — νεφεληγερέτα: ‘Wolkensammler’ (Nom. Sg.; ↑). — καὶ (ϝ)ίδµεν: zum Hiat R 5.4. — ἴδµεν: = ἴσµεν.

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Zeus: erneuter Hinweis auf die Ausgeglichenheit des griechisch-troianischen Verhältnisses in diesem Moment (Einleitung a.E.). Dieser Zustand ist bereits in dem ungewöhnlichen Gebet der Griechen mit seiner Alternativbitte angedeutet worden (200–205n.), wo ebenfalls die Liebe (204) des Göttervaters beiden (205) Helden gegenüber thematisiert worden ist (DE JONG 1987, 72; SCHNEIDER 1996, 62). – Zu Aias’ und Hektors Verhältnis zu Zeus s. DUFFY 2008 (Zeus schadet Aias nur dann, wenn er Hektor helfen will, was wiederum seinem übergeordneten Plan entspricht, die Troianer temporär zu stärken). ἀµφοτέρω … | ἄµφω: Die Wiederholung eines eng verwandten, synonymen Wortes kommt gerade bei der Zahl zwei öfter vor, vgl. 11.634f.: δοιαί – δύω, Od. 4.128f.: δύ(ο) – δοιούς, 9.74: δύω … δύο (FEHLING 1969, 213, dort auch nachhom. Bsp.); hier wirkt die anaphorische Reihung am VA besonders emphatisch. — νεφεληγερέτα Ζεύς: flektierbare VE-Formel (16.666n.); νεφεληγερέτα (‘Wolkensammler’) ist das häufigste Epitheton des Zeus (1.511n.; äquivalente Formeln: 16.298n.). Zum Nom. auf -α vgl. 124–125n. (zu ἱππηλάτα). — αἰχµητά: αἰχµητής ist Bezeichnung für einen hervorragenden Lanzenkämpfer, auch als EpithetonP verwendet (KIRK, LfgrE, vgl. 1.290, 5.602 u.ö.). — γε δή: die Kombination der Partikeln nur hier in der Ilias (7× Od.); stark emphatisch: ‘das wissen wir ja wirklich auch alle’ (vgl. DENNISTON 244f.).

282 = 293. — Daß die Nacht den Kampf beendet, kommt in der Ilias mehrfach vor (2.387n.). Der Einwand, der Kampf wäre kurz vor der Abenddämmerung gar nicht mehr begonnen worden (KIRK), ist wenig stichhaltig, ist er doch auf Anweisung von Apollon und Athene erfolgt; davon abgesehen mögen die Präliminarien mit Herausforderungsreden, Nestorrede und Losverfahren durchaus lange gedauert haben, so daß ein Hereinbrechen der Nacht hier nicht unplausibel ist. — Die Nacht … der Nacht: Die Wiederholung verleiht dem Argument Emphase; Anknüpfungen von Sentenzen an vorher genannte (ähnliche) Wörter kommen bei Homer häufiger vor, z.B. 13.71f. ‘habe ich … | leicht erkannt, … sind gut erkennbar doch die Götter’ u.ö. (FEHLING 1969, 166; 24.354n.). — zu folgen: angedeutete Personifikation der Nacht (LEAF; AHRENS 1937, 18); zur Vorstellung der Nacht als Göttin s. 2.57n.; 14.259–261n.; CUILLANDRE 1943, 319. τελέθει: ‘kommt herauf, erscheint’, Ableitung von τέλοµαι (Wz. *kwel), bedeutungsähnlich mit πέλοµαι; teilweise, aber nicht ganz synonym mit εἶναι, da semantisch stärker bei γίγνοµαι (LfgrE; LANÉRÈS 1992, 606f., beide mit weiterer Lit.; zur Bildung s. auch CHANTR. 1.327 und RISCH 278). — καί: ‘auch der Nacht [ist] zu gehorchen’, wie die anderen genannten Gründe zu berücksichtigen sind (AH); oder auf den ganzen Satz bezogen: ‘gut ist es auch’ (erwogen von KIRK; vgl. 24.425n.; dort und Od. 3.196 ebenfalls ἀγαθὸν καί mit Inf.; ferner 15.207: ἐσθλὸν καὶ τὸ τέτυκται, ὅτ[ι]). — νυκτὶ πιθέσθαι: sonst in der Form πειθώµεθα νυκτὶ µελαίνῃ (8.502 = 9.65 = Od. 12.291).

282 τελέθει· ἀγαθόν: zum Hiat R 5.6.

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283–286 Aias überläßt Hektor die Entscheidung, ob der Kampf tatsächlich abgebrochen werden soll, und zeigt sich damit ähnlich großzügig – und überlegen – wie zu Anfang des Duells, wo er Hektor den ersten Speerwurf überlassen hat (232n.). 283 = 13.76; 1. VH bis zur Zäsur C 1 = insges. 25× Il., 34× Od.; ≈ 13× Il., 26× Od. (τήν), 1× h.Ap. (τούς); s. 24.64n. Vgl. die Variante in 7.356 (s.d.). — der Telamonier: 224–225n. 284 das zu sagen: Als Herausforderer muß Hektor den Kampf offiziell und geradezu mit einem performativen Sprechakt beenden, der das Ausgesprochene erst Wirklichkeit werden läßt (vgl. ‘hiermit erkläre ich Sie zu Mann und Frau’); dies wird ausgedrückt durch das Öffentlichkeit und Verbindlichkeit ausdrückende gr. Wort mythḗsasthai (MARTIN 1989, 40f.). 285 χάρµῃ: 217–218n. — προκαλέσσατο πάντας ἀρίστους: 39–40n.; 50n.; zu den Wiederholungen s. 44–45n. 286 ᾗ περ ἂν οὗτος: erg. ἄρξῃ (Wiederaufnahme von ἀρχέτω); ᾗ ist modal aufzufassen (vgl. 24.139n.).

287 = 233, s.d. 288–302 Hektors Rede beginnt 288f. mit Äußerungen des Respekts vor seinem Gegner. Die beiden Verse gehen dem Vorschlag, den Kampf zu beenden, begründend voraus (290–293); diese Verse wirken floskelhaft, da sie sich überwiegend aus kurz zuvor von den Göttern bzw. von den Herolden verwendeten Formeln zusammensetzen (s. Iterata). Hierdurch und durch die vielen EnjambementsP erscheinen die ersten 6 Verse atemlos, als ob Hektor (anders als Aias) erst zur Ruhe kommen muß und währenddessen mit den Floskeln Zeit zu gewinnen sucht (zur Wirkung der Wiederholungen s. auch 44–45n. und 290–292n.). Deutlich ruhiger im Rhythmus sind dann die Folgeverse, in denen Hektor Trennung und Geschenktausch vorschlägt (294–302); sie enden auch inhaltlich versöhnlich mit einer eingelegten Tis-RedeP, in welcher Hektor den Übergang vom Streit der beiden Helden zu ihrer Versöhnung sozusagen offiziell macht (300–302n.). – Die Rede markiert als “‘table of contents’ speech” (DE JONG zu Od. 1.81–95 [vgl. 24.146– 158n.]) den Übergang zu den spiegelbildlich angeordneten Ereignissen der zweiten Hälfte des Gesanges (s. die Einleitung a.E.), indem Hektor das weitere Vorgehen klar parallelisiert: Aias soll durch seine Rückkehr seine Leute erfreuen, Hektor wird

284 Ἰδαῖ’, Ἕκτορα: zum Hiat nach Elision R 5.1. 285 προκαλέσσατο: zum -σσ- R 9.1. 286 ἀρχέτω· αὐτὰρ ἐγώ: zur sog. Hiatkürzung R 5.5. — ἀρχέτω: Imperativ 3. Sg. — αὐτὰρ ἐγώ: ‘ich meinerseits’ (vgl. R 24.2). — µάλα: Adv., ‘gern’. 287 προσέειπε: = προσεῖπε (vgl. 23n.).

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die Seinen erfreuen (das gr. Verb euphraínō steht beide Male [294 und 297] an derselben Position im Vers: DI BENEDETTO [1994] 1998, 90f.). 288–289 Größe und Gewalt … | und Klugheit: Die Charakterisierung von herausragenden Kriegern erfolgt in der Ilias öfter anhand von drei oder vier Kriterien (16.809n.). – Zu Aias’ Statur s. 208–213n.; was seinen ‘Verstand’ (gr. pinytḗ) angeht, so bleibt uneindeutig, ob hier – generelle und in der vorl. Situation gefragte – ‘Besonnenheit’ gemeint ist (BERNSDORFF 1992, 23; LfgrE s.v. πινυτή; SCODEL 2008, 35) oder das kämpferische know-how, das sowohl Aias (198f.) als auch Hektor (235–241) vor dem Kampf betont haben (BARCK 1976, 63; KIRK). Sowohl Besonnenheit als auch kämpferische Technik sind natürlich Konsequenzen einer allgemeiner gefaßten Intelligenz; daher mag hier durchaus beides gemeint sein (wiewohl die Unterscheidung existiert: Polydamas wirft Hektor im 13. Gesang vor, der Gott habe ihm zwar ‘die Werke des Krieges’ gegeben, nicht jedoch Kompetenz im Rat [13.727ff.: KIRK]). – Zur Bed. von Intelligenz im Krieg s. 198–199n. (vgl. das Gegensatzpaar ‘List und Stärke’: 142n.). — gegeben: 21n. πινυτήν: ‘Verstand, Klugheit’; als drittes Gottesgeschenk neben ‘Kraft’ und ‘Größe’; ähnlich Od. 20.70–72 (Penelope über die Pandareos-Töchter). In der Ilias nur hier (und evtl. stammverwandtes ἐπίνυσσεν in 14.249 [s.d.]); in der Od. 8× Subst. und Adj. πινυτός (mehrfach von Penelope); verwandt auch πεπνυµένος, dazu 275–276n. (KIRK; LfgrE; zur Etym. s. DELG u. FRISK s.v. πέπνυµαι). — φέρτατός ἐσσι: vgl. 105n.

290–292 290f. ≈ 29f. (s.d.), vgl. 376f., 395f.; 292 = 378, 397. — Die Verse bestehen aus Elementen, die einerseits in Apollons Duell-Vorschlag vorkommen (29f.), andererseits in Priamos’ Aufforderung zum Waffenstillstand (376–378 = 395–397; übersichtl. Darstellung bei KIRK). — Gottheit: gr. daímōn, ‘Schicksalszuteiler’, im allg. synonym mit ‘Gott’ (gr. theós): LfgrE; vgl. 3.420n. Bezeichnenderweise ist hier keine konkrete pro- oder antitroianische Gottheit erwähnt, da Hektor nicht wissen kann, wie der Krieg ausgeht [Jörgensens PrinzipP], anders Apollon nach der Iteratstelle, der die troiafeindlichen Göttinnen nennt (31b–32n.); vgl. DE JONG (1987) 2004, 153. µαχησόµεθ(α): entweder Futur mit konzessiver Bedeutung i.S.v. ‘dann wollen wir meinetwegen aufs neue kämpfen’ (wie an der Iteratstelle; s. 29–31a n.; vgl. SCHW. 2.291; TZAMALI 1996, 406–408: “voluntatives” Futur) oder kurzvokal. Konj. Aor.: ‘laß uns dann aufs neue kämpfen’, vgl. 24.667n. — διακρίνῃ: ‘trennt’, nicht nur im physischen Sinne auf dem Schlachtfeld, sondern auch durch die definitive Unterscheidung in Sieger und Verlierer

288 Αἶαν: Vokativ zu Αἶας. — τοι: = σοι (R 14.1). 289 περί: adv., ‘weitaus’. — ἐσσι: = εἶ (R 16.6). 290 παυσώµεσθα: zur Endung R 16.2. 291 σήµερον: = τήµερον ‘für heute’. — µαχησόµεθ(α): Futur oder (kurzvokal.) Konj. (R 16.3, R 21.2). — κε: = ἄν (R 24.5). 292 ἄµµε: = ἡµᾶς (R 14.1). — δώῃ = δῷ (R 6).

Kommentar

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(LfgrE). — ἑτέροισι: Hier ist die Gesamtheit der Troer und Griechen gemeint (‘der einen von beiden Parteien’); aber schon παυσώµεσθα in 290, µαχησόµεθ(α) in 291 und ἄµµε in 292 können sich sowohl auf Hektor und Aias als Einzelkämpfer als auch auf die Gesamtheit der Heere beziehen (anders AH und LEAF mit analytischen Schlußfolgerungen).

293–298 Hektors Vorstellung, wie die beiden Parteien ihren jeweiligen Champion empfangen werden, korrespondiert mit seiner Imagination der Zeit nach dem Kampf in 77–86 (76–91n.): beide Male verwendet er die Form der TisP-Rede (“a man already living in the poetic tradition that is to overtake him”: MARTIN 1989, 137), s. dazu 87–91n. Nach der Erfahrung der Unterlegenheit ist Hektors Darstellung jetzt ausgewogener als in der anderen Tis-Rede und dadurch deutlich antiklimaktisch (Freude der Griechen in 2 Vv., Freude der Troianer in 3; vorher 4 Vv. zur Möglichkeit seines Unterliegens und 11 Vv. zu der seines Sieges); dazu kommt die bescheidenere Perspektive: Hektor hat hier eher die unmittelbare Zukunft im Blick, anstatt wie vorher einen Sprecher anzuvisieren, zu dem die zeitl. Distanz durch die dreimalige Wiederholung von ‘einst’ betont wird (87, 90, 91): GRETHLEIN 2006, 229f. 293 = 282; der Vers wurde von Aristarch athetiert; daß Hektor hier den Wortlaut des Herolds wiederholt, wurde wohl als fadenscheiniger Vorwand zum Abbruch des Kampfes verstanden (schol. A zu 7.282 und 293, dazu LÜHRS 1992, 247–249). Es wirkt jedoch figurenpsychologisch durchaus angemessen, daß Hektor hier sein Gesicht wahren will, indem er die Argumentation des Herolds wiederholt, gerade in Anbetracht der generellen Floskelhaftigkeit seines ‘atemlosen’ Redebeginns (VAN WEES 1992, 388 Anm. 75; 288– 302n.; vgl. auch KIRK zu 290–293: “a repetition of Idaios’ words would accord well with the ingratiating generalizations and excuses to which Hector seems to have resorted”). Im Fall einer Athetese müßten ὡς σύ τ’ ἐϋφρήνῃς (294) von παυσώµεσθα (290) abhängig und die Vv. 291f. parenthetisch verstanden werden.

294 daß du froh machst: Die Freude der Angehörigen oder Gefährten bei der Rückkehr eines Helden aus der Schlacht ist in der Ilias ein typisches Motiv (6.480– 481n.); s. auch unten 306ff. In Hektors Fall wird die vorl. Stelle in 24.704–706 ein trauriges Echo finden: als seine Leiche in die Stadt getragen wird, erinnert Kassandra an die Freude, die Troerinnen und Troer zu empfinden pflegten, wenn Hektor lebendig aus der Schlacht kam (zu Hektors Rolle als ‘Stadtbeschirmer’ s. 24.499n.). – Hier scheint Hektor vermitteln zu wollen, daß Aias’ Leute genauso um diesen gebangt haben wie die Troianer um ihn selbst (STOEVESANDT 2004, 211), was im Erzählertext klar widerlegt wird (306–312n.). ὡς: hier zwischen modaler (‘auf diese Weise’) und finaler (‘damit’) Bed.: WEBER 1884, 9– 11; CHANTR. 2.267 (“de façon que”); WILMOTT 2007, 159 (“in such a way” / “so as”). — ἐϋφρήνῃς: Das Verb steht in der Ilias öfter in der Bedeutung ‘(die Seinen durch Heimkehr)

293 = 282 (s.d.). 294 ἐϋφρήνῃς: Konj. Aor. zu εὐφραίνω ‘erfreuen’. — νηυσίν: zur Flexion R 12.1.

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froh stimmen’ (noch 297; 5.688 ≈ 17.28); auch 24.102 im Sinne einer Befreiung von Sorge (LATACZ 1966, 168f.; LfgrE). — νηυσὶν Ἀχαιούς: flektierbare VE-Formel, oft, wie hier, nach Präposition (παρά, ἐπί); noch 19.160 mit Ἀχαιούς, sonst immer Gen. Ἀχαιῶν: insges. 15× Il., 1× Od.; nach der Zäsur A 4 noch 24.225; vgl. 1.559n. (zu ἐπὶ νηυσὶν Ἀχαιῶν), 19.160n. (zu θοῇς ἐπὶ νηυσὶν Ἀχαιούς). 295 µάλιστα: bezieht sich nicht nur auf ἔτας, sondern auf ἔτας καὶ ἑταίρους im Ggs. zu πάντας … Ἀχαιούς (294); vgl. ULF 1990, 131 Anm. 9. — ἔτας: hier wohl ‘Landsleute’; gemeint sind Aias’ griechische Mitkämpfer im weiteren Sinne und die Angehörigen seines salaminischen Kontingents im besonderen (VAN WEES 1992, 272); somit bezeichnet die Wendung ἔτας καὶ ἑταίρους nicht zwei streng unterschiedene Personengruppen (die eigenen Leute können auch Freunde sein): LfgrE. Zur Etym. und zu weiteren Bed. (‘Verwandte’) s. 6.239n. — οἵ τοι ἔασιν: vielleicht abwertend (‘die, die du hast’) im Gegensatz zu den würdigen Troern und Troerfrauen in 297 (KIRK). In jedem Fall klingt hier der Gegensatz zwischen dem griechischen Heerlager und seiner begrenzten Zahl an Landsleuten und Freunden einerseits und der troischen Stadt mit allen ihren Bewohnern andererseits mit.

296 ≈ 2.803; 2. VH = 17.160, 21.309, Od. 3.107. 297 ≈ 6.442, 22.105. — Τρῶας … καὶ Τρῳάδας: Polarer AusdruckP. — ἑλκεσιπέπλους: in der Ilias distinktives EpithetonP der Troerinnen (3×, s. Iterata); daneben 1× ‘Hes.’ von den Thebanerinnen. Bed. ‘das Gewand nachschleppend, mit langer Schleppe’ oder eher ‘das Gewand raffend’: 6.442n.; dort auch zu Wortbildung (vgl. 3.197n.) und Wortfeld. 298 2. VH ≈ 18.376. — αἵ τέ µοι εὐχόµεναι: eigtl. ‘die zu mir betend’. Als dativus ethicus wäre µοι auch i.S.v. ‘für mich’ interpretierbar (AH; FAESI/FRANKE; LEAF; REYNEN 1983, 53f.; LfgrE s.v. 821.48) und klänge dann sehr bescheiden: Hektor gäbe dann zu, daß er Gebete nötig hat (vgl. VAN DER VALK 1964, 396f. Anm. 101; vgl. WEST 2011 z.St.: “recalling the women’s supplication in Z”). Allerdings ist Dativus ethicus bei εὔχοµαι im fgrE sonst nicht belegt; der Dativ bezieht sich normalerweise auf einen oder mehrere Götter, zu denen gebetet wird, und hin und wieder auch auf Menschen: πάντες δ’ εὐχετόωντο θεῶν Διὶ Νέστορί τ’ ἀνδρῶν (11.761); vgl. Wendungen des Inhalts ‘zu jemandem wie zu einem Gott beten’ (16.605n.; vgl. 4–7n.) und Odysseus’ Anrede an Athene in Menschengestalt in Od. 13.230f. Die Übersetzung ‘zu mir’ liegt also nahe (STOEVESANDT 2004, 211; vgl. MUELLNER 1976, 50f.; umständlich KIRKs Vorschlag: “who as they gather to give thanks to the gods will include me in their prayers”). – Damit ist Hektors Aussage wohl als stark hyperbolisch zu verstehen, was nach seinem knappen Entkommen aus dem Kampf und seiner vorausgegangenen ‘Angst vor der eigenen Courage’ (216n.) einigermaßen aufgesetzt wirkt. Zum Vergleich des Hektor mit einem Gott (durch ihn selbst und andere) s. auch NAGY 1979, 148f.; vgl. auch 47n.; zum Heroenkult NTHS 50–53. — θεῖον … ἀγῶνα: laut Scholien allg. 295 µάλιστα (ϝ)έτας: zur Prosodie R 4.3; ebenso κατὰ (ϝ)άστυ und Πριάµοιο (ϝ)άνακτος im Folgevers. — τοι: = σοι (R 14.1). — ἔασιν: = εἰσίν (R 16.6). 296 Πριάµοιο: zur Flexion R 11.2. 297 ἐϋφρανέω: Fut. zu εὐφραίνω; zur unkontrahierten Form R 6. — Τρῴαδας (ϝ)ελκεσιπέπλους: Digamma nicht berücksichtigt (R 4.6). 298 τε: ‘episches τε’ (R 24.11).

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der Platz, wo Götterbilder aufgestellt sind, also der Hauptversammlungsplatz auf der Akropolis (anders an der Iteratstelle; dort wohl wirklich ‘Versammlungsplatz der Götter’; vgl. ‘Hes.’ Sc. 205 [ἀθανάτων ἐν ἀγῶνι]): KIRK; LfgrE s.v. ἀγών; 18.376n.

299–305 Am Ende des Kampfes findet ein Geschenkeaustausch statt; Ziel ist die Manifestierung und Bestätigung der Ehre, die beide Kämpfer gewonnen haben (vgl. SCODEL 2008, 26f. 35); allg. zum Gabentausch in der hom. Gesellschaft s. SCHEIDTISSINIER 1994; SEAFORD 1994, 13–25). – Die Geschenke erscheinen in etwa gleichwertig; jedenfalls wird anders als beim Rüstungstausch von Glaukos und Diomedes im 6. Gesang (6.234–236n.) kein Gefälle thematisiert (POSTLETHWAITE 1998, 94). – In der Fortschreibung des Mythos werden die Gaben ihren Empfängern kein Glück bringen: Hektor wird von Achilleus mit dem Gürtel an den Wagen gebunden werden und Aias sich in das von Hektor geschenkte Schwert stürzen (Soph. Aias 661ff.; 815ff.; 1026ff.; dazu ZANKER 1992, 22 Anm. 8; SEAFORD a.O. 392f.; zu weiteren Parallelen zwischen dem sophokleischen Aias und Hektor s. MARONITIS 2004, 94f. [‘Homilie’ des Aias mit Tekmessa, monologische Entscheidungsrede ‘Tod statt Schande’, Bestattungsproblematik]). Die Kenntnis dieser zynischen Weiterführung der Geschichte kann für den Iliasdichter und sein Publikum nicht mit Sicherheit vorausgesetzt werden (WEST 2011 zu 399–305); sie verdeutlicht jedoch, daß die ‘Versöhnung’ an der vorl. Stelle nie als hoffnungsvolle Szene oder gar definitiver Friedensschluß zwischen den beiden Helden aufgefaßt wurde (wie etwa bei Glaukos und Diomedes: 6.226); sie werden auch innerhalb der Ilias bald wieder aneinandergeraten (s. 1–312n. [4.3]). 299 herrliche: Das Epitheton (gr. periklutá, eig. ‘weithin berühmt’) ist hier Ausdruck der Wertschätzung: ‘glorious, excellent, splendid’ (LfgrE). ‘Berühmt’ sind nicht die Geschenke selbst, sondern die Interaktion der beiden Helden (SAMMONS 2010, 130 mit Anm. 76). περικλυτά: steht mit Nachdruck im Hyperbaton; vgl. 16.517n. Möglicherweise weist das zu κλέος stammverwandte Adjektiv auf Hektors ständige Bemühung um Ruhm hin (MACKIE 1996, 98).

300–302 300 ≈ 3.297, 319, 4.85, 17.414; 1. VH ≈ 12.317; 2. VH: flektierbare VEFormel (3.111n.). — Wieder imaginiert Hektor eine externe Perspektive durch eine Tis-RedeP, s. dazu 293–298n. Die meist übliche Schlußformel fehlt (‘so wird dann einer sprechen’ o.ä.; vgl. SCHNEIDER 1996, 31–35); dies verstärkt den Eindruck, daß 299 ἄγ(ε): urspr. Imp. zu ἄγω; zu einer Partikel erstarrt, die Aufforderungen Nachdruck verleiht. — δώοµεν: kurzvokal. Konj. (R 16.3); zur unkontrahierten Form R 6. 300 ὄφρα: final (R 22.5). — εἴπησιν: 3. Sg. Konj. Aor. (R 16.3). 301–302 ἠµὲν … ἠδ(έ): ‘einerseits … andererseits’ (R 24.4). — ἐµαρνάσθην … | … ἀρθµήσαντε: zu den Dualen R 18.1; ebenso τὼ … διακρινθέντε (306). — ἔριδος πέρι: = περὶ ἔριδος (R 20.2); zur Bed. ­. — διέτµαγεν: = διετµάγησαν (R 16.2); Aor. Pass. (mit medialer Bed.) zu διατµήγω ‘trennen’ (­).

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die zufriedenen Worte ‘eines Griechen oder Troers’ Hektors eigene Perspektive repräsentieren (DE JONG 1987, 71). Wie die oben formulierte ‘Grabinschrift’ in 89f. hat auch dieser Zweizeiler epigrammatische Qualität: die Antithese zwischen Streit und Freundschaft wird am Schluß nochmals aufgenommen durch die Formulierung ‘getrennt … vereinigt’ (KIRK); dazu kommt die chiastische Aufteilung der antithet. Begriffe (s.u.). — Freundschaft: Der Begriff ist hier nicht überzubewerten: gr. philótēs ist ein durchaus üblicher Ausdruck für ‘Einigung, freundschaftliche Verständigung’ (s.u.; vgl. REUCHER 1983, 169f.: “gegenseitige Anerkennung”; ROMILLY 1997: “un amical accord”; CLASSEN 2008, 187: “Respekt voreinander”); es trifft also nicht zu, daß Aias und Hektor hier als “good friends” dargestellt werden (KIRK). Dennoch ist es auffällig, daß Hektor die formale Bekräftigung der Sachlage so wichtig ist, daß er sie anderen in den Mund legen will, und zwar sowohl Troern als auch Griechen. Vgl. 6.230–231 (s.d.): auch Diomedes legt Wert darauf, daß die anderen seinen und Glaukos’ Kampf-Verzicht wahrnehmen und anerkennen (s. auch DI BENEDETTO [1994] 1998, 16); seine Formulierung wirkt aber pragmatischer und weniger formell als Hektors rhetorisch stark stilisierte Tis-Rede. – Hektors Anliegen hat vermutlich mit seiner Unterlegenheit im Kampf zu tun: er versichert sozusagen kompensatorisch, daß alles ‘mit rechten Dingen’ zugeht (vgl. schol. bT; AH zu 299). — der am Gemüt nagt: gr. thumobóros: 210n. εἴπησιν: Zur Endung auf -ησιν (ohne ι subscr.) WEST 1998, ΧΧΧΙ. — ἠµὲν … ἠδ(έ): Die Partikeln tragen zur Betonung der Antithese bei (KIRK). — ἐµαρνάσθην … | … διέτµαγεν ἀρθµήσαντε: Die antithetischen Prädikate (ἐµαρνάσθην … | … διέτµαγεν ἀρθµήσαντε) und Präpositionalausdrücke (ἔριδος πέρι θυµοβόροιο … | … ἐν φιλότητι) sind einander chiastisch zugeordnet (SCHNEIDER 1996, 63). Die Dualformen in der Tis-Rede betonen das Gleichgewicht der beiden Kämpfer, das Hektor am Herzen liegt (SCODEL 2008, 35). Μάρνασθαι ist gleichbed. mit µάχεσθαι; nur im Präs. u. Impf. belegt (24.395n. mit Lit.). — ἔριδος πέρι: final oder modal: ‘zum/im Streit’; ähnl. mit einem Verb des Kämpfens in 16.476 συνίτην ἔριδος πέρι (s.d.; SCHW. 2.501). — ἐν φιλότητι … ἀρθµήσαντε: ἀρθµῆσαι (‘sich einigen, eine Vereinbarung treffen’) ist hapaxP im fgrE (daneben nur Od. 16.427 ἄρθµιος und h.Merc. 524 ἀρθµός); bezieht sich auf einen Zustand der Nicht-Feindschaft (LfgrE), der hier auch durch φιλότης ausgedrückt wird (zusammen noch h.Merc. 524 beim Friedensschluß zwischen Hermes und Apollon: ἐπ’ ἀρθµῷ καὶ φιλότητι; zum – hier nicht ganz zutreffenden – Begriff der φιλότης für ‘Friedensschluß’ s. 16.282n.). — διέτµαγεν: nur hier und 1.531 = Od. 13.439 in der Bed. ‘eine Begegnung auflösen, sich trennen’ (LfgrE); sonst im Med. eher von Massen: ‘sich auflösen, zerstreuen’; einmal von Türflügeln (‘sich öffnen’ oder ‘sich in ihre Einzelteile auflösen’); im Aktiv ‘zerschneiden’ bzw. metaphor. ‘abschneiden von’ oder ‘durchqueren’ (LfgrE s.v. τµήγω).

303–305 1. VH von 303 = VA-FormelP (103n.); 304 = 23.825; 305 ≈ 6.219. — Die hier ausgetauschten Geschenke haben Parallelen im fgrE: im Zuge der Leichenspiele des 23. Gesangs übergibt Achilleus dem Diomedes ebenfalls ein Schwert mit Scheide und Tragriemen (1–312n. [IV]). Einen wertvollen Gürtel schenkt Oineus dem Bellerophontes als Gastgeschenk: Gürtel haben

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Schutzfunktion, sind aber auch Luxus-Objekte mit kostbaren Verzierungen; hier kommt noch die prestigeträchtige Purpurfärbung hinzu (6.219–220n. mit Lit.). – Vgl. dagegen den schmucklosen Gürtel des Eumaios in Od. 14.72, der vermutlich nur aus einem Seil besteht (SHEAR 2000, 203 Anm. 134). — mit Silbernägeln: Das gr. Adj. ist Epitheton von ‘Stuhl’ und ‘Schwert’; die silbernen Nägel oder Nieten befestigten den Beschlag des Griffes an der Klinge und dienten darüber hinaus als Verzierung; archäol. Zeugnisse existieren aus myk. Zeit (15. Jh.) und aus dem 7. Jh. (Zypern): 2.45n.; 14.405n.; 18.389n. mit Lit. — gutgeschnittnen Tragriemen: Der Tragriemen des Schwertes wurde über die rechte Schulter geführt, so daß die Waffe an der Hüfte der linken Seite anlag (2.45n.; 14.404–406n.; 16.803n., alle mit Lit.). ‘Gutgeschnitten’ (gr. eǘtmētos) ist Epitheton von ledernen Gegenständen, vielleicht urspr. vom Tragriemen, der flach anliegen mußte (LfgrE s.v. ἐύτµητος). — von Purpur glänzte: Die Purpur-Färbung macht den Gurt zum Prestige-Objekt; s. 6.219–220n. mit Lit. δίδου: Im Verhältnis zu dem vorausgehenden Aor. δῶκε drückt das Imperfekt hier Gleichzeitigkeit (LEAF), “parallel focus” (WAKKER 1998, 364) oder zumindest die Wiederholung derselben Handlung aus (SCHW. 2.278); auch nach Reihung mehrerer Aoriste desselben Lexems steht das letzte Verb bisweilen im Imperfekt und zeigt die Zugehörigkeit zu einer Handlungsserie sowie deren Abschluß an (CRESPO 2014); hier etwa ‘er gab als Gegengabe’.

306–417a Die gleichzeitige Versammlung von Griechen und Troern unterstreicht die Parallelität des Geschehens (HÖLSCHER 1939, 47; s. die Einleitung a.E.); durch die verbindende Gestalt des Herolds Idaios, der den Griechen das Ergebnis der Troerversammlung mitteilt, wird sie zu einem Ganzen geformt; herausentwickelt aus der Dichotomie der Zweikampfszene zeigen sich gewissermaßen zwei Seiten einer Versammlung (BANNERT 1987, 18f., auch zu der zentralen Mittelstellung der vorliegenden Versammlungsszenen zwischen den für die mḗnis-Handlung entscheidenenden Versammlungen der Gesänge 1, 2, 9 und 19). 306–312 Das Auseinandergehen der Parteien wird einigermaßen symmetrisch geschildert (s. auch 311n.), ohne daß dabei das Ungleichgewicht verschwiegen wird: nach zwei zusammenfassenden Versen (‘der eine – der andere’) werden Hektor und Aias von den Gefährten zurückgeführt (AH: “in festlichem Zuge”), wobei allerdings auf troischer Seite die unerhoffte ‘Rettung’ betont wird (‘lebend’, ‘unverletzt’, ‘entronnen’, ‘heil geblieben’), auf griechischer Seite Aias’ ‘Sieg’ (gr. níkē; die Griechen fassen Hektors von Aias angeregtes [284–286| Ersuchen um einen Abbruch des Kampfes [290] als Sieg auf). Beide Auffassungen sind von den Figuren fokalisiertP (307f.: ‘und die freuten sich, | als sie sahen …’; 312: ‘froh seines Sieges’), nicht vom Erzähler (DE JONG [1987] 2004, 101f.; NÜNLIST 2002, 449; GRETHLEIN 2006, 230f. [mit Hinweis auf Aias’ Aussage 191f. ‘ich freue mich auch selber | in dem Mut, denn ich denke, besiegen werde ich den göttlichen Hektor’]); es handelt sich aber dennoch um eine realistische Einschätzung: Aias war im Kampf

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überlegen; Hektor wurde verwundet und fiel zu Boden; seine Kameraden sind froh, daß er noch lebt; außerdem hat Hektor darum gebeten, den Kampf abzubrechen (schol bT und AH zu 312; KIRK zu 311–312; STOEVESANDT 2004, 211; vgl. in 3.457 Agamemnons Konstatierung von Menelaos’ Sieg in dem durch Paris’ Entraffung beendeten Duell des 3. Gesangs). Dennoch hat Hektor tapfer gekämpft und sich kléos erworben: “what is a victory for Ajax and his friends is a lucky outcome, but not a defeat, for Hector and his” (SCODEL 2008, 27). 306–308 307b–308 = 5.514f. (dort von Aineias nach seiner Entraffung). — der eine: der Letztgenannte (8n.). — Schar der Troer: Der gr. Begriff hómados (‘Menge, Schar, Haufen’) ist üblicherweise mit ‘Lärm’ konnotiert; meist vom Schlachtengetümmel (16.295–296n.; 19.81–82n.). Die Troer sind häufiger als die Griechen laut und disziplinlos dargestellt (schol. bT zu 306–307; KIRK; 3.8–9n. mit Lit.; vgl. 4.433–438n.); jedoch wird derselbe Begriff auch zweimal für Versammlungen der Griechen gebraucht (2.96; 19.81): KRAPP 1964, 12f. τὼ δὲ διακρινθέντε ὃ µὲν … | … ὃ δ(έ): Zur distributiven Apposition aus zwei Subjekten nach Dual s. 8n. a.E. (zum Nominativ des Ptz. statt partitivem Gen. s. RUIJGH 165; HILLGRUBER 1994, 166). Die Parallelität ist hier durch die Wiederholung des sinnverwandten Verbs (ἤϊ[ε]… κίε) bes. hervorgehoben (24.509n.). Der Hiat διακρινθέντε ὅ bildet einen Bruch im Sprachfluß, der die Trennung der beiden Kämpfer gleichsam lautlich darstellt (FORTASSIER 1989, 46). — ἐχάρησαν: χαίρω und seine Ableitungen werden öfter für plötzliche Wiedersehensfreude verwendet, besonders für die Freude über die Rückkehr eines Anführers aus einer gefahrvollen Situation (neben der Iteratstelle u.a. noch 5.682, 6.481, 10.541, Od. 2.249, 10.419, 23.32: LATACZ 1966, 56f. 68f., vgl. 142f.); vgl. 294n. — ἀρτεµέα: ‘heil, unversehrt’; Etym. unklar. Hier und an der Iteratstelle charakterisiert das Adjektiv einen Zustand, der die pessimistischen Gefährten überrascht; nicht so eindeutig ist dies an der einzigen anderen Belegstelle Od. 13.43 (Odysseus hofft, seine Lieben zu Hause unversehrt vorzufinden): LfgrE.

309 ≈ 6.502. — Aias wird noch einmal als furchterregend charakterisiert wie in 208ff.; die Erleichterung der Troer wird dadurch nachvollziehbar (KIRK). — den Händen, den unnahbaren: Der emotionale, ursprünglich hyperbolische Ausdruck (in der Ilias häufiger in direkter Rede als im Erzählertext: DE JONG [1987] 2004, 141; Stellen mit Paraphrasen bei KELLY 2007, 338f.; vgl. Figuren-SpracheP) scheint hier deswegen verwendet, weil die Passage durch die erleichterten Troer fokalisiert ist (DE JONG a.O. 103, vgl. 105f. mit Anm. 14). µένος καὶ χεῖρας: häufige Verbindung; meist wie hier nach der Zäsur B 2 (9× Il., 1× Od.; 1× Nom., sonst Akk.): 6.502n.; s. dort zu Varianten. — χεῖρας ἀάπτους: flektierbare VEFormel (Nom./Akk., 10× Il., 3× Od., 4× Hes.; daneben nur 1× ἀάπτους χεῖρας nach der

306 διακρινθέντε ὅ: zum Hiat R 5.6. — µετά (+ Akk.): ‘mitten unter, zu’. 307 ἤϊ’, ὅ: zum Hiat R 5.1. ἐς: = εἰς (R 20.1). — ἤϊ(ε): = ᾔει ‘ging’. — κίε: 2n. — τοί: = οἵ, demonstr.-anaphorisches Pron. (R 14.3).

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Zäsur B 2 in 1.567; von Hektors Gegnern, aber auch von ihm selbst (17.638; vgl. 13.49ff.). Bed. von ἄαπτος wohl urspr. ‘unaussprechlich’ (ep. zerdehntes *ἆπτος < ἄ(ϝ)επτος), dann wohl durch Verbindung mit ἅπτοµαι als ‘unberührbar > unwiderstehlich, schrecklich’ verstanden (1.567n.; 16.244n.; beide mit Lit.).

310 und führten ihn zur Stadt: Die Tatsache, daß Hektors Abschied von Andromache im 6. Gesang kein endgültiger ist, obwohl sie damit rechnet (6.502f.; vgl. 6.365–368n., 6.497–502n.), hat Anstoß erregt; freilich wird weder im 7. Gesang noch sonst eine weitere Begegnung der Eheleute geschildert. Die noch verbleibenden Nächte Hektors in Troia (insges. drei, gefolgt wohl von zwei Übernachtungen im Feld) sind nicht ausführlicher erzählt, mit Ausnahme der ersten Nacht unmittelbar nach dem Zweikampf, die mit Beratungen und Besprechungen vergeht. Die “nachrechnende Phantasie des Philologen” ist hier fehl am Platz (SCHADEWALDT [1956] 1970, 22–24 [vgl. bereits SCOTT 1921, 210–215], gegen WILAMOWITZ 1916, 308, und JACHMANN 1949, 21f.). ἀελπτέοντες: hapaxP im fgrE; denominatives Verbum auf -έω zu den negierten Verbaladj. ἄελπτος (von spätgeborenen und schon nicht mehr erwarteten Kindern: ‘Hes.’ fr. 204.95 M.W., h.Ap. 92, h.Cer. 219, 252) und ἀελπής (von unerwartet gesichtetem Land: Od. 5.408): LfgrE; vgl. ἀνηκούστησεν (16.676) zu ἀνήκουστος, ἀπιστέω ‘(be)zweifeln’ (Od. 13.339) zu ἄπιστος u.ä. (16.676–677a n. mit Lit.). 311 1. VH ≈ 15.501; 2. VH von der Zäsur A 4 an = 5.668, 7.430. — αὖθ’ ἑτέρωθεν: signalisiert Perspektiven- und Szenenwechsel (1.247a n.); αὖθ(ε) zeigt die Simultaneität des Geschehens an (ebenso in V. 345: BONIFAZI 2012, 230 [vgl. 218f. Anm. 109]; vgl. RICHARDSON 1990, 115f.). S. auch 419n., 430n. 312 1. VH bis zur Zäsur C 1 = 23.36. — κεχαρηότα: statives perfectum intransitivum: “voller lustvoller Freude” (LATACZ 1966, 64f.; s. auch SCHW. 2.263).

313–482 Versammlungen, Totenbestattung, Mauerbau Nach Abschluß des Zweikampfes beginnt der zweite, kürzere Hauptteil des 7. Gesangs: letzte Verhandlungen um ein mögliches Kriegsende, Ereignisse rund um den Mauerbau. Nestors Rede in der Versammlung der Griechen (323–344n.) bestimmt als “‘table of contents’ speech” (DE JONG zu Od. 1.81–95 [vgl. 24.146–158n.]) das weitere Vorgehen: neben Waffenstillstand und Totenverbrennung schlägt Nestor auch vor, eine Befestigungsanlage aus Mauer und Graben um das Schiffslager herum zu bauen; dies wird mit 435–442 realisiert. Aussehen und Beschaffenheit der Anlage werden 336ff. und 435ff. beschrieben und später mehrfach erwähnt. Das “Wunder

310 ῥ’: = ἄρα (R 24.1). — προτὶ (ϝ)άστυ: zum Hiat R 5.4. — προτί: = πρός (R 20.1). — ἄστυ, ἀελπτέοντες: zum Hiat R 5.6; zur Synizese ἀελπτέ ο͜ ντες R 7. — σόον: sc. αὐτόν; zur unkontrahierten Form (att. σῶν) R 6. 312 ἄγον: augmentloses Impf. zu ἄγω.

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des Festungsbaus” (REINHARDT 1961, 192) hat zwei Teile: innen die Mauer aus Stein und Holz (12.28f.) mit Türmen und Toren, außen den Graben mit den Palisaden darin. Der Abstand zwischen Mauer und Graben wird etwas widersprüchlich beschrieben: bisweilen entsteht der Eindruck, sie lägen nicht sehr weit voneinander entfernt (7.341, 12.4, 12.66); dann wieder genügt der Abstand als Lagerstätte für siebenhundert Wächter (9.67, 9.85–88, vgl. auch 8.213–215, 10.180ff., 18.215), s. dazu weiter unten (S. 157). Die Türme der Mauer dienen in erster Linie zum Schutz der Tore, über denen sie erbaut sind (438); sie sind mit Stütz- und Befestigungsmitteln versehen, deren Eigenschaften nicht ganz zu klären sind (LEAF zu 12.259–260); die Flügeltore sind durch doppelte Riegelbalken gesichert (12.453ff.); s. dazu die Überblicksdarstellungen bei REINHARDT a.O.; IAKOVIDIS 1997, 218f.; BOYD 1995, 183; MANNSPERGER 1995; 1998; 2001; graphische Illustrationen bei CLAY 2011, 46f. 50, sowie auf der zugehörigen Webseite www.homerstrojantheater.org. Wenn die menschengemachte Lagermauer auch weniger standhaft ist als die von Göttern gefertigte Stadtmauer von Troia (TRACHSEL 2007, 44f.; vgl. 14.52–63n.), so bildet Troias eindrucksvolle Anlage mit ihren Türmen, Toren und der einen Schwachstelle (13.682–684; vgl. 6.433–434) insgesamt doch eine deutliche Parallele zum Werk der Achaier (PORTER 2011, 14; zu einer möglichen Inspiration durch die Stadtmauer der Unterstadt von Troia VI s. MANNSPERGER 1995, 349f.; LUCE 1998, 149–151; zu weiteren Parallelen mit der Stadtmauer von Theben als dem primären Imaginationsmodell der heroischen Belagerungsgeschichte s. SINGOR 1992). Entsprechend sieht Poseidon die Mauer als Konkurrenz zu der von ihm und Apollon erbauten troianischen Stadtmauer (7.451–453). Durch die Parallelität der Mauern wird das Schiffslager gleichsam zum Gegenbild von Troia selbst; erst der Status einer befestigten ‘Stadt’ gestattet den Tausch der Rollen zwischen Angreifern und Belagerten, der das Epos vom 8. bis zum 18. Gesang entscheidend bestimmen soll (MORRISON 1994; MANNSPERGER a.O.; STANLEY 1993, 96f.; RABEL 1997, 106–112; TSAGALIS 2012, 103; s. ferner RAAFLAUB 1993, 47f., zu den Unterschieden und Gemeinsamkeiten des Schiffslagers mit einer ‘normalen’ Polis). Entsprechend wirkt der Durchbruch der Troer durch die Mauer im 12. Gesang (Hektor mit Hilfe des Zeus: 12.445–471) in paradoxer Weise als AntizipationP des Falls der Stadt, zumal zu Beginn des 12. Gesangs (12.3–35) auf die völlige Austilgung auch der letzten Überreste der griechischen Mauer durch die Götter vorverwiesen wird, und damit auf eine Episode, die nach dem Ende des Krieges spielt (BOYD a.O. 196f.; vgl. 200–202; PORTER a.O. 12–14; zu einer weitergehenden Deutung des Verschwindens der Mauer als Zeichen für das Ende des heroischen Zeitalters s. PATZEK 1992, 184f.; GARCIA 2013, 109f.). – Die Befestigung des Schiffslagers als ‘Stadt’ markiert das Ende der retrospektiven Phase, in welcher der Krieg sich verselbständigt und zur ursachenabgelösten, nicht

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mehr hinterfragbaren, unabänderlichen Tatsache wird (s. die Einleitung S. 13; KLOSS a.O. 329f.; PORTER a.O. 10). Auch sonst scheint die Schilderung des Mauerbaus in mehrfacher Hinsicht erzähltechnisch motiviert: a. Als neuer topographischer Fokus (2.793n.) dient die Mauer der Veranschaulichung einer neuen Erzählphase (“mental guide to lead [the poet] and his audience to another phase of the narrative”: TSAGALIS 2012, 104); b. sie wiegt die Griechen in falscher Sicherheit und dramatisiert damit deren Situation; zumal sie den dramatischen Mauerkampf des 12. Gesangs ermöglicht (REICHEL 1994, 319; RAAFLAUB a.O. 48); c. sie verzögert als retardierendesP Element die Rückkehr des Achilleus und prolongiert damit die Erzählung (TSAGALIS a.O. 104f.); d. durch die Verbindung mit der Grabstätte für die Gefallenen wird wiederum (vgl. 76–91n.) das Thema Totenbestattung aufgegriffen, das in der Ilias von Anfang an virulent ist (1.4n.) und im Kontext der Problematik von Hektors Bestattung auch die beiden letzten Gesänge prägen wird (DAVIES 1986, bes. 74f.); e. die zukünftige Zerstörung der Mauer ist Illustration für “the fragility of human existence … when set against the eternity of nature and the immortal gods” (DE JONG 1987, 88f.); zu den Parallelen der göttlichen Zerstörung der Mauer mit nahöstlichen SintflutMythen s. SCODEL 1982; WEST (1995) 2011a, 199ff.; s. auch unten 443–464n.); f. die Passage kann als metapoetisches Bild für die dichterische Schöpfung an sich begriffen werden – nicht nur im Sinne der Erschaffung fiktionaler Gegenstände, sondern auch von ihrer Zerstörung (PORTER a.O. 18: “Homer shows himself to be a maker, not only of things, but of their destruction”; ähnl. CLAY a.O. 57–59), bzw. zur Vergänglichkeit des Materiellen im Gegensatz zur Dauerhaftigkeit des Epos (TAPLIN 1992, 136–140; ähnl. HEIDEN 2008, 107f.; vgl. wohl zu weit gehend FORD 1992, 147–157, der die Mauer als Symbol für den von Zerstörung bedrohten verschriftlichten Text der Ilias sieht); g. die Situation des Troianischen Krieges wird einem dem zeitgenössischen Publikum vertrauteren Modell angepaßt: dem Krieg zwischen benachbarten Städten (dargestellt etwa in 1.152ff., 9.529ff., 11.670ff., 18.509ff. [s. 18.509–540n.]: RAAFLAUB 1993, 48 mit Anm. 22). Die Mauerbau-Episode ist in ähnlicher Weise problematisiert worden wie der Zweikampf des 7. Gesangs: zum einen wurden Inkonsistenzen bei den Motiven für den Bau und in der Beschreibung der Anlage bemängelt, zum anderen wurde die Sicherung des griechischen Lagers im zehnten Jahr als Anachronismus empfunden (bereits von Strabo [13.1.36]); die Ablehnung kulminierte in der Athetese der gesamten Episode (durch PAGE 1959, 315–324; widerlegt von WEST [1969] 2011; Bibliographie bei BOLLING 1925, 92; SCHADEWALDT [1938] 1966, 124f. mit Anm. 2; s. auch KIRK zu 7.327–343). Die Kritik an der Passage wird durch ein Votum des Thukydides gestützt, der den Bau der Mauer unmittelbar nach der Ankunft der Griechen in Troia ansetzt: 1.11.1: ‘als [die Griechen] angekommen waren, gewannen sie eine Schlacht – das ist klar: sie hätten ja [sc. sonst] keine Mauer für

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das Lager gebaut’ (zu Versuchen der Konjektur im Sinne einer Harmonisierung mit dem homerischen Text s. KIRK a.O.; zu den spekulativen Versuchen, die ‘thukydideische’ Mauer des ersten Kriegsjahres an anderen Stellen der Ilias zu finden und von der laut Ilias im zehnten Kriegsjahr gebauten Befestigung abzugrenzen, s. PORTER a.O. 8–12; KLOSS 2001, 328f. mit Anm. 11; einen Überblick über die Forschungssituation zur gesamten Problematik gibt GARCIA 2013, 102 Anm. 10). Es ist jedoch nicht wahrscheinlich, daß die Episode interpoliert ist: Der Mauerbau während der Phase von Achilleus’ ‘Groll’ – also im zehnten Kriegsjahr – wird in der Ilias auch sonst erwähnt (9.348–350; zu den wenig überzeugenden Athetesen dieser Stelle s. KIRK a.O.; vgl. ferner eine mögliche Darstellung der Mauer auf dem Nordwestfries des Westhauses von Akrotiri aus dem 2. Jt. v. Chr.: MORRIS 1989, 24–26). Dagegen ist es durchaus plausibel, daß die Mauerbau-Episode der Ilias eine innovative Umgestaltung der mythischen Tradition darstellt: vermutlich ist das Aristoteles zugeschriebene Diktum ‘der Dichter hat sie erbaut und niedergerissen’ (bei Strabo 13.1.36) in diesem Sinne zu verstehen (BOYD a.O. 187f.). Entweder nimmt Thukydides also eine stillschweigende Korrektur der homerischen Chronologie vor, oder er greift auf nicht erhaltene außerhomerische Traditionen zurück, nach denen die Mauer zu Beginn des Krieges gebaut wird. Eine Verschiebung des Mauerbaus vom ersten ins zehnte Kriegsjahr, also die Einspiegelung einer an sich früher angesiedelten Episode in die laufende mḗnis-Handlung, würde auch erklären, warum Nestors Vorschlag etwas unvermittelt erfolgt – die Griechen stehen aktuell unter keinem besonderen Verteidigungsdruck (AH zu 337; KIRK a.O.; vgl. aber auch WEST [1969], 2011, 256). Daneben wird die Plazierung der Episode aber auch durch die Konsequenzen von Achilleus’ Kampfenthaltung plausibilisiert: zwar behalten die Griechen vorerst noch die Oberhand im Kampf, der Erfolg der Troer nimmt jedoch zu, und die Griechen haben Verluste erlitten; das Schiffslager ist also am Ende des ersten Kampftages bzw. des 7. Gesanges ausgesetzter als vorher; der fehlende Achilleus wird durch die Mauer gleichsam substituiert (DAVISON 1965, 16–20; TSAGARAKIS 1969, 129–131; USENER 1990, 78; REICHEL a.O. 317; BOYD a.O. 194–196; STOEVESANDT 2004, 52–56; GARCIA 2013, 102–104). Bis auf den variierenden Abstand zwischen Graben und Mauer widersprechen die verschiedenen Beschreibungen der Festungsanlage einander zwar nicht (REICHEL a.O. 319–324); jedoch scheint es, als seien einzelne Teile der Anlage im Verlauf der Erzählung nicht mitgedacht: mitunter werden Graben oder Mauer ignoriert (BOYD a.O. 188–191 mit Stellenangaben; s. ferner PORTER a.O. 11 mit Anm. 24 zu den Scholien und weiterer Lit.). Verfehlt wäre die Beurteilung dieser Inkonsistenzen “nach Kriterien eines Realismus, die eher dem Roman des 19. Jhs. angemessen sind” (MANNSPERGER a.O. 350 Anm. 3; s. auch 1998, 288, zur Vergeblichkeit einer Forderung nach archäologischer Faßbarkeit der von Homer geschilderten Bauten; ähnlich WILLENBROCK [1944] 1969, 34); auch hier mögen – neben den Brüchen,

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welche die mündliche Komposition des Texts wohl unweigerlich mit sich bringt – bisweilen dichterische Motivationen zugrunde liegen: je nach dramaturgischer Notwendigkeit werden die einzelnen Teile der Befestigungsanlage im Verlauf der Ilias-Handlung vom ErzählerP nach Bedarf eingesetzt, also einzeln und ohne Berücksichtigung der anderen Teile erwähnt bzw. bald als mehr, bald als weniger standhaft geschildert (16.369n.; OWEN 1946, 78f.; DELEBECQUE 1951, 103–109; BOYD a.O., 204f.; PORTER a.O. 30f.), “wie auch alle anderen Requisiten nur vorhanden sind, wo ihrer bedurft wird” (REINHARDT a.O. 203); vgl. die inkonsistente Schilderung von Aias’ Schild je nach Situation (219n.). 313–432 Versammlungen bei Griechen und Troern 313–344 Nachtmahl der Griechen. Nestor schlägt einen Waffenstillstand vor, um die Leichen der Gefallenen zu bestatten. Ferner will er eine Schutzmauer um das Lager bauen lassen. Allgemeine Zustimmung. 313–322 Die Opferszene ist komplett aus Formelversen zusammengesetzt (s. Iterata). Es handelt sich um eine kurze Version der Typischen SzeneP ‘Opfer’; zur vollständigsten Variante s. 1.447–468n. mit Lit. (s. auch das übersichtliche Diagramm B bei SHEAR 2000, 120); zu den wiederkehrenden, auch hier verwendeten Elementen ‘Häuten’ und ‘Zubereiten’ s. 24.622n. – Die vorl. Schilderung verzichtet weitgehend auf die Elemente der ersten Opferphasen (Sakralisation, Vollzugsdetails), indem nur die desakralisierenden Elemente des Zubereitens und Verzehrens geschildert werden (317–318n.) – abgesehen von der Nennung des Schlachtakts an sich (gr. hiéreusen in 314 bed. sowohl Schlachten als auch Opfern: 6.173–174n., 24.125n.) und des Adressaten Zeus. Im Vordergrund steht hier die prominente Schilderung des Mahles, das zur Ehrung des ‘Siegers’ dient (AREND 1933, 65f. mit Anm. 4; vgl. TSAGARAKIS 1982, 80–82) und die Autorität des obersten Heerführers demonstriert (HITCH 2009, 141ff.; vgl. ULF 1990, 195–202, zur bindungsstiftenden Funktion der Distributionsmähler in den hom. Epen; RUNDIN 1996 allg. zu den politischen Implikationen des Mahles im hom. Epos). – Die kurze Opferszene fungiert auch als Scharnier zwischen Duell und Ratsversammlung und bietet Nestor eine Bühne für seinen Vorschlag 326ff. (HITCH a.O. 110); letzteres ist auch 2.432–441 der Fall (vgl. KIRK zu 313–324 und zu 314– 315). Daß Opferszenen nur auf griechischer Seite geschildert werden, wenngleich das gemeinschaftbildende Mahl an sich ein durchaus städtisches Szenario ist, paßt zu der in der Ilias grundsätzlich ausführlicheren Schilderung der hierarchischen und sonstigen Beziehungen innerhalb des griechischen Lagers (MACKIE 1996, 130f.). – Zu den Realien s. VAN STRATEN 1995; HITCH a.O. bes. 18ff. (Verortung der literarischen Schilderungen von Opfern in den hom. Epen im Verhältnis zu der sonst belegten Opferpraxis).

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313 = 9.669; 1. VH ≈ 11.618, 23.38, 24.448. — in den Räumen: Agamemnons Behausung wird wie die Unterkunft anderer Helden mit dem gr. Wort klisíē bezeichnet (im Pl., wie öfter von den Behausungen der griechischen Anführer). Das Wort steht für eine provisorische Unterkunft ‘Zelt, Hütte, Baracke’, z.B. auch von der Behausung des Schweinehirten Eumaios in der Odyssee (14.5–14a/48–51a). Diese kann durchaus luxuriöse Ausmaße annehmen, so etwa die Unterkunft des Achilleus im griechischen Lager, die aus mehreren, massiv gebauten Räumen besteht und der Würde des Bewohners entsprechend wie ein Palast beschrieben wird (24.448–456n., 448n. mit Lit.; LfgrE). Agamemnons Unterkunft wird man sich kaum geringer vorstellen als die des Achilleus (die im 24. Gesang v.a. deswegen so detailliert beschrieben ist, weil sie als Schauplatz der Begegnung von Priamos und Achilleus dient). 314–315 ≈ 2.402–403; 1. VH von 314 = Od. 13.24; 1. VH von 315 = 2. VH Od. 19.420. — ein Rind: Agamemnons Wohlstand und die Großzügigkeit seiner Geste zeigt sich an der Wahl des Opfertiers; Rinder sind deutlich mehr wert als die üblicheren Schafe (2.402n.; 2.449n., 18.559n.; RICHTER 1968, 44ff.). Daß Agamemnon an seinem Wohlstand und dessen Demonstration viel gelegen ist, läßt sich aus Achilleus’ Vorwurf ‘Besitzversessenster von allen’ schließen (1.122n.); deutlich wird dieser Umstand auch in dem immensen Geschenkkatalog, den er Achilleus für dessen Rückkehr bieten wird (9.120–157; s. dazu GAERTNER 2001, 300f.; SAMMONS 2010, 115–131). — ein männliches: Männliche Tiere sind wohlschmeckender und für die Herde entbehrlicher (LfgrE s.v. ἄρσην). — fünfjähriges: Die Viehwirtschaft der hom. Zeit war eher auf Fleisch- als auf Milchproduktion ausgerichtet, weswegen Rinder relativ jung geschlachtet wurden (2.403n. mit Lit.). Vermutlich zeigt das junge Alter dennoch auch die gute Qualität des Fleisches an. — dem übermächtigen Kronion: Tatsächlich ist das Gebet an der Iteratstelle 2.403 besser motiviert (2.400f.: Gebet um unversehrte Rückkehr aus dem Kampf); dies spricht jedoch nicht zwingend für eine Konkordanzinterpolation an der vorl. Stelle (so WEST 2011 z.St.; vgl. WILAMOWITZ 1916, 54 Anm. 1). τοῖσι … | … Κρονίωνι: ‘ihnen [zum Mahl] … | … dem Kronossohn [zum Opfer]’, vgl. Od. 13.24f. (AH; SCHW. 2.151). — ἄναξ ἀνδρῶν Ἀγαµέµνων: flektierbare VE-Formel (1.172n.). — ὑπερµενέϊ Κρονίωνι: flektierbare VE-Formel (2.350n.); zur Bed. des Epithetons und zur Langmessung der Dat.-Endung –ι bei ὑπερµενέϊ s. 2.116n.

313 οἵ: zur demonstr.-anaphor. Funktion von ὅ, ἥ, τό R 17. — κλισίῃσιν ἐν: = ἐν κλισίῃσιν (R 20.2). — κλισίῃσιν … Ἀτρεΐδαο: zur Flexion R 11.1. — γένοντο: ‘waren’; zur augmentlosen Form R 16.1. 314 τοῖσι: dat. commodi (­); zur Flexion R 11.2. — δέ: apodotisch (R 24.3).

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316–318 ≈ Od. 19.421–423; 1. VH von 316 = Od. 8.61. — τὸν δέρον ἀµφί θ’ ἕπον: ähnl. Formulierung 24.622; s.d. zu weiteren Parallelen. — διέχευαν: zu διαχέω ‘zerlegen’ (ἔχε[υ]α ist Wurzel-Aor. zu *χέ[ϝ]ω: 3.10n. mit Lit.); t.t. im fgrE beim Thema Opfer/Schlachtung; außer an der Iteratstelle Od. 19.421 noch Od. 3.456, 14.427 (LfgrE).

317–320 ≈ 1.465–468, 2.428–431. 317–318 = 24.623f.; ≈ 1.465f., 2.428f., Od. 14.430f.; 317 = Od. 19.422; ≈ Od. 3.462, 12.365, vgl. Il. 9.210, Od. 14.75. 318: vgl. ‘Hes.’ fr. 316.1 M.-W.; 1. VH = Od. 19.423. — V. 317 ist formelhaft in Mahl-Szenen ohne eigens geschildertes Opfer (24.623–624n.); 318 dient häufig als Übergang zur Phase der Desakralisation, nachdem eine Portion des Opfers für die Gottheit bereitgestellt worden ist; hier wird die Sakralisationsphase nicht geschildert, ist aber wohl impliziert (1.465n. mit Lit.; 313–322n.; s. auch PIRENNE-DELFORGE 2017, 144f). περιφραδέως: ‘umsichtig, fachmännisch’; im fgrE als Adv. von der Fleischzubereitung (außerdem 1× als Adjektiv in h.Merc. 464): LfgrE. ‘Sorgfalt’ wird bei der Zubereitung des homerischen Mahles immer stark betont (hier noch ἐπισταµένως in 317): LYNN-GEORGE 1996, 17; vgl. 24.623–624n. (dieselbe Kombination noch ergänzt um εὖ κατὰ κόσµον in 622). – Das lange Wort überbrückt die B-Zäsur, was bei weniger als 2% der Verse im fgrE der Fall ist: M 6 mit Anm. 10.

319–320 = 1.467f., 2.430f.; ≈ Od. 16.478f.; 319 ≈ Od. 24.384; 2. VH ≈ Od. 8.61; 320 = Il. 1.602, 23.56, Od. 19.425; 2. VH = Il. 4.48, 24.69. — des gebotnen Anteils: eigtl. ‘gleich(mäßig verteilt)es Mahl’; hier ist v.a. ‘angemessen, gebührend’ gemeint (ULF 1990, 195 mit Anm. 52; BERNSDORFF 1992, 96f.; HITCH 2009, 108), wodurch das Rückenstück, das Aias bekommt (321, s.d.), besonders hervorgehoben wird. αὐτὰρ ἐπεί: signalisiert eine Wendung in der Handlung oder einen neuen Szenenabschnitt (BROCCIA 1967, 23f.), gehäuft in der Typischen SzeneP ‘Opfer’ einschließl. ‘Essen’ (1.469n.): in 323 wird der Ausdruck wiederholt. — τετύκοντο: redupl. Aor. Med. zu τεύχω ‘zubereiten’ (1.467n. mit Lit.). — θυµός: hier spezifisch als Sitz des Hungertriebes (LfgrE s.v. 1085.15ff.); vgl. θυµός als handelndes Subjekt bei Verben des Begehrens etc. (24–25n.). — δαιτὸς ἐΐσης: wird durch die Litotes οὐδὲ … ἐδεύετο betont (1.468n.). — ἐΐσης: s. oben 250n. zu ἐΐσην.

316–317 δέρον: 3. Pl. Impf. zu δέρω: ‘häuten’. Augmentlos (R 16.1), ebenso ἀµφὶ … ἕπον (3. Pl. Impf. zu ἀµφέπω, ‘waren um es beschäftigt, besorgten es’; zur sog. Tmesis R 20.2), πεῖραν (3. Pl. Aor. zu πείρω ‘aufspießen’) und µίστυλλον. — θ(ε): = τε. — µιν: = αὐτόν (R 14.1). — ἄρ(α): wohl v.a. aus metr. Gründen gesetzt; vgl. R 24.1. 318 περιφραδέως: zur unkontrahierten Form R 6. — ἐρύσαντο: ‘zogen herunter’. 319 αὐτάρ: progressiv (R 24.1). 320 οὐδέ: Konnektives οὐδέ steht bei Homer auch nach affirmativen Sätzen (R 24.8). — οὐδέ τι: τι ist Akk. der Beziehung (R 19.1); vgl. 27–28n. — ἐδεύετο: δεύοµαι = δέοµαι. — ἐΐσης: = ἴσης (­).

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321 ≈ Od. 14.437. — mit Rückenstücken: Agamemnon bietet Aias das beste Fleisch als besondere Ehrenbezeigung an, eine Form der Höflichkeit, die Gästen oder bes. Geehrten erwiesen wird: der Bittgesandtschaft von seiten des Achilleus und des Patroklos in 9.207f., Telemachos und Peisistratos von Menelaos in Od. 4.65, Demodokos von Odysseus in Od. 8.475, Odysseus von Eumaios an der Iteratstelle (KIRK; nachhom. Bsp. bei LEAF). Die Hausherren schneiden hierbei häufig selber zu und servieren (24.625–626n.). An dieser Stelle mag die Geste des obersten Heerführers auch die Anerkennung der Gesamtgemeinschaft ausdrücken (SCHEIDTISSINIER 1994, 280f.). Zu weiteren Ehrerbietungsbezeigungen beim Mahl s. CARLIER 1984, 154–157; ULF 1990, 183. — vom Längsrücken: Gemeint sind die sich ab der Mitte der Wirbelsäule längs hinabziehenden zarten, saftigen Lendenstücke (AH). — ehrte da den Aias: Daß Agamemnon hier den Aias beschenkt (gr. geraírō), wirkt als Kontrast dazu, daß er Achilleus dessen Ehrgeschenk (gr. géras) weggenommen hatte (vgl. SCODEL 2008, 27). 322 = 1.102, 13.112. — Weithinherrscher Agamemnon: 107n. Die zeremonielle Ganzversformel (1.36n., 24.562n.) steht in deutlichem Kontrast zu der schlichten Namensnennung des Aias in 321. ἥρως: 120–121a n.

323–344 Durch Nestors Rede nimmt die Nachtmahl-Szene Züge einer Ratsversammlung an (zur Typischen SzeneP siehe 1.54n.). Zwar ist Nestor der einzige Sprecher, doch entspricht dies seiner üblichen Rolle, Debatten entweder zu eröffnen (außer ihm in den Ratsversammlungen der Achaier nur Agamemnon: RUZÉ 1997, 52 mit Anm. 49) oder das letzte, die Handlung initiierende Wort zu äußern (sonst nur Diomedes: RUZÉ a.O. 58; SCHULZ 2011, 58 mit Anm. 229; s. auch ebd. 50 mit Anm. 212). Die bei einer informellen Zusammenkunft etwas künstlich anmutende Trennung von Mahl und Unterhaltung ist typisch für das Prinzip des kontinuierlichen GedankensP (“das Nebeneinander als ein Nacheinander”: AREND 1933, 64 Anm. 1) und nicht ungewöhnlich im homerischen Epos (vgl. Od. 1.123f., 3.69f., 4.60f.); sie ist hier aber auch der Formelhaftigkeit der Mahl-Szene geschuldet (313–322n.). 323–326 = 9.92–95; nach der Iteratstelle regt Nestor die Bittgesandtschaft an Achilleus an. 323 Formelvers: 7× Il., 14× Od., 1× hom.h.; zu Modifikationen und weiteren Formelversen am Ende eines Festmahls s. REECE 1993, 24f.

321 νώτοισι … διηνεκέεσσι: zum Pl. R 18.2; zur Flexion R.11.2–3. 323 καὶ ἐδητύος: zur sog. Hiatkürzung R 5.5. — ἐξ … ἕντο: sog. Tmesis (R 20.2); ἕντο ist (augmentlose) 3. Pl. Aor. Med. zu ἵηµι (att. εἷντο). — ἔρον: ἔρος, -ου, bei Homer statt att. ἔρως, -ωτος, hier noch in der allg. Bed. ‘Verlangen’.

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ἐξ ἔρον ἕντο: ‘den Drang ausließen’; vom Verlangen nach Speise, Trank, geschlechtlicher Liebe, Schlaf, aber auch nach Weinen und Klagen (1.469n. mit Lit.; zum mutmaßlich hohen Alter des Verses WEST [1988] 2011, 164).

324 einen Plan zu weben: geläufige Metapher, vgl. neben der Iteratstelle 9.93 noch 6.187, Od. 5.356, 9.422 u.ö. (Objekt teils wie hier mḗtis ‘Plan, Klugheit’, teils dólos ‘List, Anschlag’ oder beides); s. 6.187n. mit weiterführender Lit.; zu der Metapher des ‘Listenwebens’ siehe ferner DETIENNE/VERNANT [1974] 1978, bes. 137f. 299f.; SNYDER 1981; SCHEID/SVENBRO 1994; ferner LfgrE s.v. ὑφαίνω zu dem aus der idg. Dichtersprache stammenden Ausdruck ‘Lieder weben’; dieser ist zwar im fgrE nicht belegt; es existieren jedoch semantische Parallelen (gr. stéphei/rháptō); s. auch NÜNLIST 1998, 110ff. allg. zur Webemetapher. – Nestors Klugheit steht im Gegensatz zur Kraft des abwesenden Achilleus (NAGY 1979, 48; generell zum Gegensatzpaar ‘Verstand-Kraft’ s. 142n.); anstelle von Achilleus soll der raffinierte Plan des Mauerbaus das griechische Heer beschützen. Zu Nestors mḗtis s. auch die Iteratstelle 9.93 (Idee zur Gesandtschaft an Achilleus) und 23.313ff. (Ratschläge an seinen Sohn vor dem Pferderennen: vielfaches, emphatisches Lob der Klugheit im Gegensatz zur Schnelligkeit): ALDEN 2000, 105 Anm. 73. τοῖς: zum Lokativ s. 123n. — πάµπρωτος: ‘als allererster’; als prädikativ gebrauchtes Adjektiv nur hier und an der Iteratstelle; sonst Adv. auf -ον oder -α (LfgrE); zur Wortbildung vgl. παµποίκιλοι ‘ganz bunt’ in 6.289 (s.d.); s. auch LEUMANN 1950, 101–105; RISCH 213.

325–326 = Od. 24.52f. 325 2. VH = 2.5, 9.94, 10.17, 14.161, Od. 9.318, 9.424, 11.230, 24.52, ‘Hes.’ fr. 209.1 M.-W., h.Ven. 235. — dessen Rat: Nestor hat sich zu diesem Zeitpunkt bereits mehrfach als kluger Berater hervorgetan (hierin besteht seine typische Funktion in der Ilias: FM 2.3; 1.247b–252n.; 2.362–368n.; 6.66–72n.; er ist auch im Bewußtsein der anderen Figuren die erste Anlaufstelle für Ratsuchende, s. 2.20f., 2.370ff., 10.17ff., Od. 11.510: SCHULZ 2011, 30 mit Anm. 124): im 1. Gesang hat er versucht, Achilleus und Agamemnon miteinander zu versöhnen (1.247ff.), im 2. Gesang Agamemnons Vorschlag zur Rüstung des Heeres unterstützt (2.79ff.), die Männer im Zuge von Agamemnons Heeresprobe (2.73–75n.; 110–141n.) zum Ausharren ermahnt (2.337ff.) und Agamemnon zu einer psychologisch klugen Truppen-Aufstellung ‘nach Stämmen und nach Sippen’ geraten (2.362); in der sogenannten Epipṓlēsis des 4. Gesangs hat sich Nestor, wiederum in der Begegnung mit Agamemnon, als erfahrener und kluger Stratege gezeigt (4.292– 325 [s.d.]); im 6. Gesang hat er die Kämpfenden mit einer kurzen, paränetischen Rede dazu angehalten, sich aufs Kämpfen zu konzentrieren und das Spoliieren auf

324 τοῖς: ‘unter ihnen’ (­). — ἤρχετο: Med. ohne Bed.-Unterschied zum Akt. (R 23). 325 πρόσθεν: Adv., ‘vorher’. — ἀρίστη: prädikativ.

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später zu verschieben (6.66ff.); auch im vorliegenden Gesang hat er seine paränetischen Qualitäten bereits unter Beweis gestellt (124–160n.). 326 formelhafte Rede-EinleitungP, 9× Il., 6× Od.; Empfehlung des nun auftretenden Redners (DE JONG [1987] 2004, 199; hier zusätzlich zu V. 325), jedoch nicht unbedingt eine Garantie für die Qualität des Ratschlags selbst (KELLY 2007, 375 Anm. 2), wie sich bei der Wiederholung in 367 zeigt (Priamos unterstützt Paris’ Weigerung, Helena herauszugeben). ἔϋ φρονέων: ‘Gutes sinnend’ i.S.v. ‘das Situationsangemessene im Kopf habend’, aber durchaus auch ‘wohlmeinend’ (LfgrE s.v. φρονέω 1041.48ff., anders 1.73n.); σφιν gehört eigentlich zu µετέειπεν (‘unter ihnen sprach’: 123n.), ist aber wortstellungsbedingt wohl schon früh als dat. commodi auf φρονέων bezogen worden (1.73n. mit Lit.). — ἀγορήσατο: Denominativum von ἀγορή; 24× Il./Od. in der VE-Formel ἀγορήσατο καὶ µετέειπεν (1.73n.; zur synonymischen Doppelung s. 1.160n., 2.39n.). 327 = 385, 23.236; 1. VH = 23.272, 23.658 (zum Phänomen des Formelclusters vgl. 33n.). — ἀριστῆες Παναχαιῶν: flektierbare VE-Formel (73n.).

328 Langhaar tragende Achaier: 85n. γάρ: ähnlich wie oben 73 (s.d.) “antizipatorisch” (SCHW. 2.560 [ohne Nennung der vorl. Stelle]), “by inversion, preceding the fact explained, since, as” (LSJ), gefolgt von τώ in 331 (schol. A und bT; DENNITSTON 71) wie 13.228–230, 15.739–741, 17.221–227, 338–340, 23.607–609 (AH).

329 das dunkle: Blut wird im Griechischen meist als ‘dunkel’ und nur selten als ‘rot’ bezeichnet; zu den griechischen Ausdrücken im fgrE s. 1.303n. mit Lit., dazu NEAL 2006, 296. Das hier verwendete gr. Wort kelainós bezeichnet im fgrE sonst noch Dunkelfarbiges (Welle, Erde, Fell), daneben atmosphär. Erscheinungen (Nacht, Sturm) sowie figurativ das ‘Herz’ (LfgrE s.v. κελαινός). — schönfließenden: übliches EpithetonP von Flüssen (gr. ëúrroos/ëurreḗs), vom Skamandros auch 14.433 (s.d.). 330 2. VH ≈ Od. 10.560, 11.65. — der scharfe Ares: häufige Verbindung, auch formelhaft; gemeint ist die Hitzigkeit und Grausamkeit des Krieges (2.440n. mit Lit.), daneben hier möglicherweise prägnant der Gott Ares (FG 6) als Helfer der Troer (ERBSE 1986, 161). — ihre Leben stiegen ab zum Hades: Das Echo der Formulierung im Prooimion (1.3, s. auch 333n.) verleiht Nestors Rede besondere 326 ὅ: anaphorisch-demonstrativ (R 17). — σφιν: = αὐτοῖς (R 14.1); vgl. 123n. — ἀγορήσατο: Med. ohne Bed.-Unterschied zum Akt. (R 23). — µετέειπεν: = µετεῖπεν (vgl. 23n.). 327 ἀριστῆες: = Vok. Pl. zu ἀριστεύς ≈ ἄριστος; vgl. R 3, R 11.3. 328 πολλοί: wohl prädikativ aufzufassen, ‘in großer Zahl’. — τεθνᾶσι: 3. Pl. Perf. zu θνῄσκω ‘sterben’. — κάρη κοµόωντες: 85n. 329 τῶν: demonstr.-anaphor. Pron. in der Funktion eines Rel.-Pron. (R 14.5). — ἐΰρροον: mit Σκάµανδρον zu verbinden; zur unkontrahierten Form R 6. 330 ῎Αϊδόσδε: zum Suffix R 15.3.

Kommentar

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Emphase (CLARKE 1999, 149: “grand style”). ‘Leben’, gr. psychḗ, bez. hier das ‘(An-)Zeichen’ des Lebens, also den ‘Lebensgeist’, der in der Unterwelt zum ‘Totengeist’ wird; Diskussion des Begriffs in 1.3n., 16.856n., 24.168n. mit Lit.; s. auch oben 130–131n. 331 πόλεµον … Ἀχαιῶν: Gemeint sind hier die Kampfaktivitäten der Griechen, die Agamemnon temporär beenden soll; diejenigen der Troer bleiben potentiell gefährlich, s. V. 343, wo πόλεµος Τρώων einen möglichen Angriff der Feinde bezeichnet (LfgrE s.v. 1335.19ff.). 332 κυκλήσοµεν: ‘wir wollen fahren’, wohl (kurzvokal.) Konj. Aor. und nicht Futur, analog zu κατακείοµεν (333), ποιήσοµεν (339), ὀρύξοµεν (341). – κυκλέω ist Denominativum von κύκλος, ‘Rad’, vgl. dt. ‘rollen’ zu ‘Rolle’ oder engl. ‘to wheel’ zum gleichlautenden Substantiv (LfgrE); hapaxP im fgrE. Zum Lastentransport mit dem Wagen s. 24.266–274n.

333 1. VH = Hes. Op. 607, 816; vgl. Od. 17.298 (ἡµιόνων τε βοῶν τε) und die 2. VH von 24.782 (βόας ἡµιόνους τε). — sie [selber]: Wieder (330n.) ist ein Echo zum Proömium gegeben, wo ebenfalls zwischen den ‘Seelen’ der Helden und ‘ihnen selbst’ unterschieden wird; gr. autoús bezeichnet den Menschen in seiner Körperlichkeit (1.4n.), häufig gerade den Gefallenen (BONIFAZI 2012, 141–143). κατακείοµεν: zur Schreibweise s. WEST app. crit. und CHANTR. 1.9.

334–335 Das Verbrennen von Toten (79–80n.) und die anschließende Sekundärbestattung der Gebeine werden im fgrE noch im Fall von Patroklos (23.237–244, 23.252–254), Hektor (24.782–801) und Achilleus (Od. 24.72–84) erwähnt (24.795– 798n.; GARCIA 2013, 137f., dort auch zu einer hethitischen Parallele); auf diese Begräbnisse wird hier antiziperendP verwiesen (LOUDEN 2006, 48; SHIVE 1996, 192); zur Prominenz des Bestattungsthemas in der Ilias im allgemeinen und im 7. Gesang im besonderen s. 76–91n. Von einer Rückführung der Gebeine in die Heimat ist zwar sonst nicht die Rede; hier ergibt der Vorschlag aber Sinn (auch als antizipierender Kontrast zu Hektors Nicht-Bestattung): Nestor betont die große Ehre und Sorgfalt, die den Toten zuteil werden soll, indem er eine unübliche Maßnahme vorschlägt. Es liegt an dieser Stelle v.a. in seinem Interesse, die Lebenden zu ermutigen und an ihre Heimkehr zu erinnern (schol. bT zu 335). Die Verse wurden bereits in der Antike athetiert; in der Tat werden im homerischen Epos alle Toten vor Ort bestattet. Davon abgesehen sind die Argumente für eine Athetese freilich nicht zwingend: a. Der Verweis auf die pragmatischen Schwierigkeiten einer Zuordnung der Knochen nach der Verbrennung der Toten (schol. A zu 331 τώ: ‘darum’. — ἠοῖ: Dat. zu ἠώς ‘Morgenröte’ (att. ἕως). 332 ἀγρόµενοι: Ptz. Aor. Med. von ἀγείρω, ‘versammelt’. — ἐνθάδε: ‘hierher’ (R 15.3). 333 ἀτάρ: progressiv (R 24.1). — κατακείοµεν: von καίω, ‘verbrennen’, ­. 334 τυτθόν: ‘ein wenig, etwas’. — νεῶν/νηῶν (338): zur Flexion R 12.1. — κ(ε): = ἄν (R 24.5); zur Modalpartikel im Finalsatz R 21.1. — ὄστεα: zur unkontrahierten Form R 6. 335 ἄγῃ, ὅτ’: zum Hiat R 5.6. — πατρίδα γαῖαν: präpositionsloser Akk. der Richtung (R 19.2).

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334–335) ist hinfällig, da aus Nestors Anweisungen nicht hervorgeht, daß eine Massenverbrennung oder -bestattung stattfinden soll (die Idee einer späteren Separierung der Leichen [SHIVE a.O. 191] ist also gar nicht nötig [anders 23.240, wo es mit Patroklos um einen prominenten Toten geht, der auch an separater Stelle verbrannt wurde]); s. dazu auch 336–337a n. b. Die Verdächtigung der Verse als athenische Interpolation ist spekulativ: sie fußt auf der Hypothese, daß der Brauch der Rückführung von Toten in die Heimat eine athenische Neuerung gewesen sei, die nach der Schlacht von Drabeskos im Jahre 464 v. Chr. eingeführt wurde, während Gefallene sonst allgemein an Ort und Stelle bestattet wurden (im fgrE s. 4.174f., 7.84–86, 18.332, Od. 3.109–112, 24.65–84); es bilde sich also athenisches Gedankengut des 5. Jahrhunderts im Ilias-Text ab; entsprechend sei Aischylos’ Verweis auf das Zurückführen von Gebeinen aus Troia (Ag. 434–444) ein absichtlicher Anachronismus mit Bezug auf den neu eingeführten athenischen Brauch (JACOBY 1944; zu einem Überblick über die Diskussion s. SHIVE a.O.). c. Daß schließlich das Sortieren der Gebeine später nicht mehr erwähnt wird (AH; WILLCOCK; KIRK), ist nicht weiter auffällig; es kann sich hierbei auch um poetische Verkürzung oder um sonst eine der im fgrE üblichen kleineren Inkonsistenzen handeln (vgl. LeerstelleP). – Allgemein zur Problematik einer allzu buchstäblichrealistischen Lesart der Stelle s. WILLCOCK; GARCIA 2013, 101. ὄστεα παισὶν ἕκαστος | οἴκαδ’ ἄγῃ: Die Formulierung (‘daß jeder den Kindern die Knochen bringt’) wirkt etwas unklar (AH), v.a. angesichts der sinnvolleren Parallele in Od. 7.149f.: παισὶν ἐπιτρέψειεν ἕκαστος | κτήµατ’ ἐνὶ µεγάροισι (‘möge jeder den Kindern seinen Besitz in den Hallen hinterlassen’). Natürlich ist an der vorl. Stelle gemeint, ‘daß die Knochen eines jeden seinen Kindern überbracht werden’. — νεώµεθα: Das Verb steht nur hier mit bloßem Akk. der Richtung (LfgrE s.v. νέοµαι 327.17f.). — πατρίδα γαῖαν: sehr häufige flektierbare VE-Formel (Akk. 68×, Dat. 7× fgrE): 2.140n.; zur längeren Variante φίλην ἐς πατρίδα γαῖαν s. 460n.

336–341 ≈ 435–440. An der Iteratstelle berichtet der Erzähler, wie die Achaier Nestors Vorschlag in die Tat umsetzen. Da die Verbformen an der vorl. Stelle im adhortativen Konjunktiv der 1. Pers. Pl. stehen und an der Iteratstelle im Indikativ der 3. Pers. Pl., ergeben sich aufgrund der verschiedenen prosodischen Wertigkeiten der unterschiedlichen Verbformen kleine Unterschiede auch in der Wortwahl, s.u. 337b–338n. 336–337a ≈ 435–436a. — Vermischtes: gr. ákriton bed. ‘nicht unterschieden’. Hier ist wohl gemeint, daß ein einziger (336: ἕνα) Hügel für alle Toten errichtet wird (FAESI/FRANKE; KIRK; anders LEAF und dann LfgrE: “such material as first comes to hand”, vgl. oben a.). – Wenn hier an ein Massengrab gedacht ist, in das alle Knochen ohne Unterscheidung hineingeworfen werden (schol. A zu 334–335), ist 336 πύρην: zur Form (-η- nach -ρ-) R 2. 337 ποτί: = πρός (R 20.1).

Kommentar

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eine Athetese von 334f. in der Tat notwendig (s.d.); es ist aber auch denkbar, daß der Hügel als Kenotaph fungiert (LUCE 1998, 139, mit Verweis auf archäologische Funde in der Troas; auch in Od. 4.583f. ist ein Kenotaph belegt; es wird wie hier als týmbos bezeichnet). ἐξαγαγόντες: hier wohl ‘errichten’, mit τύµβον als Objekt (LfgrE; FAESI/FRANKE und AH: “aufführen [aufwerfen]”, i.S.v. Vergil Aen. 2.460f.: turrim … summis sub astra | eductam tectis). Komplizierter und weniger wahrscheinlich sind andere Vorschläge (a. den Hügel ‘herausbringen’ aus der Ebene, buchstäblich im Sinne des Baumaterials: LEAF; b. den Hügel ‘in seinem Umriß festlegen’ [dann mit der von Aristophanes Byz. in schol. AT zu 7.436 überlieferten Lesart ἐν πεδίῳ]: KIRK; c. intransitive Verwendung des Verbs (‘herausgehen’: schol. bT zu 336–337); dies ist aber im fgrE nicht belegt; außerdem fragt sich, inwiefern eine Bestattung außerhalb der Ebene sinnvoll ist.

337b–338 ≈ 436b–437; 338 ≈ 14.56, 68. — Bollwerke, hohe: gr. pýrgous bed. eigentlich ‘Türme’; steht hier wohl stellvertretend für ‘die Mauer und hohe Türme’ (wie in der jüngeren HSS-Tradition zur Iteratstelle, s. 436b–437n.); die Auslassung ergibt sich vermutlich aus metrischen Erfordernissen (336–341n.; vgl. WILLCOCK und KIRK zu 338). – Wie die Türme der Stadtmauer sind auch die der Lagermauer ‘hoch’ (gr. hypsēlós; vom Turm am Skäischen Tor 3.384) und ‘gutgebaut’ (ëúdmētos; von den Türmen der Lagermauer: 12.154, der Stadtmauer: 22.195); sie springen aus der Mauer hervor (22.97) und fungieren folglich als Ausguck (8.518f.) und Kampfbasis (12.154); oben auf dem Turm ist Platz für viele Männer (12.430f.), es handelt sich also um Bastionen (MANNSPERGER 1998, 295f.). Allg. zu Türmen im fgrE s. 3.149n. mit Lit. — einen Schutzwall für die Schiffe und uns selber: An den beiden Iteratstellen im 14. Gesang formulieren Agamemnon und Nestor ihre früheren Hoffnungen auf die inzwischen zerstörte Mauer: sie hätten sie für einen ‘unzerbrechlichen Schutzwall für die Schiffe und uns selber’ gehalten. Der Formelvers wird also später adaptiert werden, um den Punkt, in dem die Mauer enttäuscht, in den Wiederholungen ausdrücklich zu betonen (DE JONG 1984, 153f.). εἶλαρ: nur Nom. und Akk., ‘Schutzwehr’. Aus *ϝέλ-ϝαρ als nomen actionis von einem nicht mit Sicherheit identifizierbaren Verb, vermutlich εἰλέω, (ϝ)έλσαι ‘zusammendrängen, einschließen’ (FRISK mit weiterer Lit.). — αὐτῶν: νῆες in Kombination mit dem Personalpronomen bed. öfter ‘die Schiffe und ihre Besatzung’ (14.47n.; 24.499n.; LfgrE s.v. αὐτός 1654.54ff.); hier also ‘für uns selber’; in 437 entsprechend ‘für sie selber’; ähnlich 2.317 (s.d.). 339 ≈ 438. — πύλας: Das plurale tantum bez. häufig nur ein Tor (2 Türflügel > Tor, vgl. lat. fores); hier sind aber wohl wirklich mehrere Tore gemeint, da ja auch mehrere Türme gebaut werden sollen; vgl. 7.438, 12.175 (AH). Vgl. 2.809n. — εὖ ἀραρυίας: ‘wohl gefügt’; das Ptz. Perfekt von ἀραρίσκω ist im fgrE EpithetonP ornans für fertige Gegenstände; es wird

338 εἶλαρ: prädikative Apposition zu πύργους. 339 αὐτοῖσι: zur Flexion R 11.2. — εὖ ἀραρυίας: zum Hiat R 5.7.

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v.a. im Bereich des Handwerklichen gebraucht. Häufig in Verbindung mit einem Wort für ‘Tür’, wohl ‘lückenlos schließend’, nur hier und an der Iteratstelle mit πύλαι (unklarer Bezug in 12.454), sonst σανίδες oder θύραι (LfgrE s.v. ἀραρίσκω 1178.9ff. 59ff.). 340 = 439. — ἱππηλασίη: ‘für Streitwagen befahrbar’; nur hier und an der Iteratstelle; daneben ἱππήλατος (LfgrE s.vv.). — εἴη: Der Optativ im Finalsatz nach adhortativem Konj. ist ohne direkte Parallele (AH); im Iteratvers 439 hingegen (von WEST freilich athetiert) steht der oblique Optativ notwendig nach dem übergeordneten Satz im Ind. Aor. Vorstellbar ist, daß es sich bei der zweiten Stelle um eine Art Typische SzeneP Festungsbau handelt, die hier in direkter Rede wiedergegeben ist.

341 ≈ 440. 342 ἥ χ’ … ἐρυκάκοι: Die Modalpartikel beim Optativ betont in Rel.-Sätzen mit finalem Sinn regelmäßig die erwartete, weil wahrscheinliche Konsequenz (CHANTR. 2.249): ‘die dann ja wohl, wie sie soll, abwehren wird’; nach adhortativem Konjunktiv noch 1.64 (s.d.) und Od. 20.383 (AH mit weiteren Bsp.). — ἵππον: im fgrE nur hier im kollektiven Singular. 343 ἐπιβρίσῃ: das Kompositum nur hier und 12.414: Bed. wie auch das Simplex ‘mit Wucht drücken, drängen’, dann ‘sich durchsetzen’. — Τρώων ἀγερώχων: VE-Formel (5× Il.); die Bed. des generischen EpithetonsP ist unklar, meist mit ‘tapfer, hochherzig, stolz’ wiedergegeben (2.654n.).

344 = 9.710; 1. VH insges. 8× Il., 19× Od. (92n.). — hießen’s gut: das gr. Verb epainéō steht überwiegend bei griechischen Figuren (für Troer nur 18.312, nachdem zwei Verse zuvor die Lärmigkeit der Troer hervorgehoben worden ist: MACKIE 1996, 93); hier prägnant im Gegensatz zur ‘aufgeregten’ (346n.) troischen Versammlung (ELMER 2013, 132–145, bes. 133; zur generellen Tendenz, die Troer als lärmig und die Griechen als ruhig und diszipliniert darzustellen, s. 306–308n.; freilich ist zu bedenken, daß bei der troischen Versammlung auch mehr Leute anwesend sind als in der griechischen Ratsversammlung, die sich aus einer informellen Mahlszene ergibt: 323–344n.). – Wichtig ist hier der Kontrast der sozialen Ordnungen: dem kollektiven Entscheid der griechischen Anführer steht auf troischer Seite die Formulierung ‘Die indessen hörten das von ihm sehr gern und folgten’ gegenüber (379; sonst nur in der Od. und in h.Ap. belegt, immer in klar abgestuften Hierarchieverhältnissen): LfgrE s.v. πείθω, πιθήσ- 1095.27–30; ELMER a.O. 268 Anm. 9.; die hierarchischen Kommunikationsmuster der troischen

340 ὄφρα: final (R 22.5); ­. — δι’ αὐτάων: zum Hiat R 5.1. — αὐτάων: zur Flexion R 11.1. — ἱππηλασίη: zur Form (-η nach -ι-) R 2. 341 ἔκτοσθεν … ἐγγύθι: zu den Suffixen -θεν/-θι R 15.1–2: ‘von außen her … nahe (an der Mauer)’. 342 χ’: = κε = ἄν (R 24.5; ­). — ἵππον: kollektiver Sg. — ἐρυκάκοι: Optativ (­) des redupl. Aor. zu ἐρύκω ‘abwehren’. — ἐοῦσα: = οὖσα (vgl. R 16.6). 344 ἔφαθ’: = ἔφατο; 43n. — οἵ: anaphorisch-demonstrativ (R 17), dazu βασιλῆες als Apposition; zur Flexion R 11.3, R 3.

Kommentar

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Königsfamilie gegenüber dem Rat tragen letztlich zum Untergang der Stadt bei (CHRISTENSEN 2015). πάντες ἐπῄνησαν: flektierbare Junktur im Versinnern (insges. 6× Il., 5× Od.: 16.443n.). 345–380 Versammlung der Troer. Antenor schlägt vor, Helena zurückzugeben, um den Krieg zu beenden. Paris protestiert, willigt jedoch immerhin ein, die zusammen mit Helena geraubten Güter zurückzuerstatten. Priamos beauftragt Idaios, den Griechen dieses Angebot zu unterbreiten und ihnen einen Waffenstillstand vorzuschlagen, um die Toten zu bestatten. Nachtmahl. SzenenP-Wechsel zur Troer-Seite (ähnl. 2.786, 8.55, 11.56 u.ö.); zur Typischen SzeneP Versammlung s. 1.54n. Untypisch ist der Zeitpunkt der Vollversammlung am Abend (noch 9.9ff. und Od. 3.127): häufiger werden die agoraí am frühen Morgen anberaumt wie 7.381ff. (noch 2.48ff., Od. 2.1ff., 6.53ff., 8.1ff.): SCHULZ 2011, 39. Die Abweichung hier ergibt sich jedoch logisch aus der Situation: nach dem neuerlich ergebnislosen Zweikampf ist es für beide Seiten von unmittelbarem Interesse, über das weitere Vorgehen zu beratschlagen, anstatt bis zum Morgen zu warten. – Antenors Vorschlag, Helena zurückzugeben (348–353), wirkt als indirekter Angriff auf Paris (zu der Paris gegenüber generell feindseligen Stimmung unter den Troern s. 3.39ff., 3.454, 6.280ff., 6.326ff., 6.523ff. (3.57n., 6.326n.); im vorl. Gesang wird sie noch aus der Rede des Idaios deutlich [385ff.], s. auch 346n.); entsprechend heftig protestiert Paris (357–364), worauf Priamos zugunsten seines Sohnes eingreift (368–378). – Antenors Vorschlag ist auch eine Reaktion auf den Ausgang des Zweikampfs im 3. Gesang (351f.); diese im 10. Kriegsjahr deplaziert wirkenden Elemente sind Teil der im 7. Gesang abgeschlossenen retrospektiven Phase des Epos (Einleitung S. 11–13). Zugleich handelt es sich bei dem Ratschlag zur Rückgabe um ein spannungsförderndes Element, das eine Alternative zum erwarteten Handlungsverlauf aufscheinen läßt: den vorzeitigen Abbruch des TroiaUnternehmens, wie er in der Ilias vielfach beschworen wird, z.T. auch in Form von ‘Beinahe’- oder ‘Wenn nicht’-SituationenP (104–105n.; REINHARDT 1961, 107– 110). Freilich erscheint die Möglichkeit eines friedlichen Kriegsendes von vornherein aussichtslos; durch den Einspruch des Paris wird sie sofort wieder vereitelt (NESSELRATH 1992, 19). – Die Abfolge ‘Rede – Gegenrede – Vermittlungsrede’ mit anschließender Realisierung des vom dritten Sprecher vorgeschlagenen weiteren Vorgehens wird sich analog im Lager der Griechen wiederholen (7.385–413; vgl. die Einleitung S. 13f. zur spiegelbildlichen Anordnung des letzten Teils des 7. Gesanges); sie ist auch in anderen Redeabfolgen des hom. Epos gegeben (24.31– 76n.). Vgl. auch KIRK zu 344–378 und 357–364: der Häufigkeit solcher RedeAbfolgen entspricht ihre sprachliche Formelhaftigkeit. Priamos’ Vermittlungsrede zwischen Paris und Antenor erinnert an Nestors Eingreifen in den Streit zwischen

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Achilleus und Agamemnon in 1.247ff. (KIRK zu 344–378) und verstärkt damit die Parallelfunktion der beiden weisen alten Berater; allerdings ist Priamos im Gegensatz zu Nestor nicht an einer echten Versöhnung der Kontrahenten gelegen, sondern er ignoriert Antenors Vorschlag und steht ausschließlich seinem Sohn bei (DICKSON 1995, 145f.; vgl. PREISSHOFEN 1977, 25–31, zu den Gegensätzen zwischen dem rüstigen Nestor und dem passiven Priamos, der letztlich ähnlich machtlos ist wie Antenor mit seinem Vorschlag [347n.]). – Daß Paris sich mit seinem Protest gegen den Willen der Troer (390, 393) durchsetzen kann, hat schon in der Antike für Verwunderung gesorgt (vgl. Hdt. 2.120); nach der definitiven Entscheidung, Helena zurückzuhalten, und zwar trotz der im 3. Gesang geschworenen Eide (auf die Antenor emphatisch hinweist: 7.351–353), kämpfen die Griechen nun einen ‘gerechten’ Krieg mit Aussicht auf göttliche Unterstützung (RAAFLAUB 1988, 202– 205; zur komplexen Frage nach der homerischen Theodizee s. VAN ERP TAALMAN KIP 2000). Die Entscheidungsfindung spiegelt die komplexen Beziehungen der Figuren untereinander: Priamos’ nachsichtige väterliche Liebe zu Paris ist in der Ilias häufiger dargestellt (3.259 [s.d.], 304–309, s. VAN WEES 1992, 179 mit Anm. 34); ferner scheint die Szene auch zu der 3.164f. (s.d.) zutage getretenen Grundhaltung des troischen Königs zu passen, nach der Troias Unglück auf den Willen der Götter zurückzuführen und durch menschliches Handeln kaum zu beeinflussen ist. Auch abgesehen von der Figur des Priamos spielen in Troia verwandtschaftliche Bindungen eine Rolle: ein Großteil des troischen Ältestenrats setzt sich aus Verwandten des Paris zusammen, deren Schweigen in dieser Szene bis zu einem gewissen Grad ebenfalls durch familiären Zusammenhalt motiviert sein dürfte (VAN WEES a.O. 179 mit Anm. 35). Schließlich gelten einige Troianer als von Paris bestochen (11.123–125, s. auch 3.57n.). In den Scholien wird spekuliert, Priamos fürchte eine feindliche Auseinandersetzung zwischen Paris’ Anhängern und Gegnern, oder er hoffe, die Griechen seien kriegsmüde genug, auf das Angebot einzugehen (schol. bT zu 366–367). – Die Unschärfe der Motivationen mag ursprünglich aus einem narrativen Dilemma herrühren: zwar sind die Troer durch den Raub der Helena klar im Unrecht, andererseits sind sie im homerischen Epos durchaus mit Empathie dargestellte Identifikationsfiguren; der Erzähler verschiebt die Problematik von der narrativen Ebene hin zur Figurenpsychologie eines schwachen Priamos (SCODEL 1999, 52–54). Aus dieser ‘Notlösung’ ergibt sich jedoch als bemerkenswerter Effekt die Darstellung eines komplexen ‘politischen Denkens’ im Spannungsfeld von individuellen und gemeinschaftlichen Interessen, Aristokratie und Bevölkerung, göttlichen und menschlichen Motivationen (RAAFLAUB a.O., 201f.; 1988b, bes. 2–5). – Es ist auffällig, daß Hektor in der Versammlungsszene nicht vorkommt; tatsächlich paßt er in die Szene gerade nach seiner Darstellung als Tadler des Paris im 6. Gesang (6.281–285, 325–342) nicht recht hinein (BASSETT 1927, 149; vgl. OWEN 1946, 77: Rezipientenlenkung zu Ungunsten der Troer ohne

Kommentar

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den im 6. Gesang als Identifikationsfigur gezeigten Hektor; TAPLIN 1992, 125: Hektor wird in Troia vorerst nicht gezeigt, um den ebf. im 6. Gesang erweckten Eindruck der Endgültigkeit seines innerlichen Abschieds von Frau, Kind und Heimat aufrechtzuerhalten [vgl. 310n.]). 345 1. VH ≈ 8.489. — αὖτ(ε): 311n. — ἀγορὴ ἐν πόλει ἄκρῃ: VE-Formel (4× Il.). πόλις ἄκρη/ἀκροτάτη (insges. 6×/2× Il.) entspricht dem Begriff ἀκρόπολις (Od. 8.494/504); es handelt sich um den höchstgelegenen Teil der Stadt, zugleich das politische und religiöse Zentrum (LfgrE s.v. πόλις 1350.26ff.).

346 2. VH ≈ 2.788. — gewaltig, aufgeregt: Die Troer sind aufgewühlt, was sich im folgenden auch an der hitzigen und feindseligen Diskussion zwischen Antenor und Paris zeigen wird; Priamos muß die Diskussion in 367ff. abschneiden (WILAMOWITZ 1916, 50f.); zur generellen Lärmigkeit der Troer im Gegensatz zur Disziplin der Griechen s. 306–308n. und 344n. — bei Priams Eingangstüren: Priamos leitet die Staatsgeschäfte und wird dabei vom Ältestenrat beraten (2.796– 806n.; 3.149n.). Das Tor als Ort der Begegnung und als Versammlungsplatz ist wohl ein orientalisierendes Element (2.788n.). Eine ganz klare Vorstellung von den Lokalitäten muß hier nicht vorliegen; immerhin findet sich 2.788 dieselbe Formulierung; die Versammlungsmodalitäten der Troer sind also einigermaßen konsequent dargestellt (TRACHSEL 2007, 31f.). δεινή: hier entweder in abgeblaßter Bedeutung (‘gewaltig’) auf die Größe der Versammlung bezogen (KIRK vergleicht die Verwendung als “reinforcement” in 3.172 [anders 3.172n.]) oder statt eines Adverbs zu τετρηχυῖα (LfgrE s.v. 238.7ff.), ‘furchtbar aufgeregt’; dann wäre freilich eine andere Interpunktion nötig. — τετρηχυῖα: vgl. 2.95 τετρήχει δ’ ἀγορή (dort ist die Szene breiter und dramatischer ausgeführt).

347 ≈ 18.249, Od. 22.461. – Formelhafte Rede-EinleitungP: Subjekt und Epitheton (od. Apposition) sind um die Mittelzäsur B 1 plaziert (1.571n.). — Antenor: FM 3.9; erfahrener Ratgeber; Angehöriger des troischen Ältestenrates; Vertreter der Friedenspartei, vielleicht als Vater zahlreicher Söhne auch aus eigenem Interesse: er hat Odysseus und Menelaos bei sich aufgenommen, als sie vor dem Krieg zu Verhandlungen nach Troia gekommen waren (3.205–224n.), und sich im Kollektiv der troischen Ältesten bereits vorher für eine Rückgabe der Helena ausgesprochen (3.159f., s.d.). Antenor wirkt hier als moralische Instanz, “[he] acts as Priam should have acted, as the moral man who sets his community right” (LOUDEN 2006, 194); gleichzeitig entspricht Antenors Rolle etwa der des Nestor im griechischen Lager (schol. bT zu 345); zu weiteren Warnerfiguren auf griechischer und troischer Seite s. 18.249–253n.; zur Ehrwürdigkeit des hohen Alters in den hom. Epen s.o. 123n. 345 Das Digamma von γένετ’ (ϝ)Ιλίου ist nicht berücksichtigt (R 4.6). 346 τετρηχυῖα: ‘in Aufruhr, unruhig’ (Ptz. des intrans. Perf. zu ταράσσω); ­. — Πριάµοιο: zur Flexion R 11.2. 347 τοῖσιν: ‘unter ihnen’ (­).

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Ilias 7

Freilich kann sich Antenor gegen den jungen Paris nicht durchsetzen (s. dazu 345– 380n.); auch in anderen Szenen der Ilias setzen sich die Jüngeren zum Nachteil der gemeinsamen Sache gegen die Alten durch; letztere behalten aber recht (ULF 1990, 74, mit Verweis auf andere Situationen der Mißachtung gegenüber den troianischen Geronten, z.B. 2.796ff. und 15.719ff. [wobei diese nicht alle alt sind: 2.53n.]); allg. zur Rolle der alten Männer in der Ilias, denen bei aller Erfahrung doch die Möglichkeit des persönlichen Eingreifens fehlt, ROISMAN 2005. – Antenors Name ist wie der des anderen ‘weisen Warners’ Polydamas niemals in einer NomenEpithetonP-Formel am Ende eines Verses belegt; diese Figuren werden also metrisch nicht in heroischer Weise inszeniert wie etwa Hektor, Achilleus oder Odysseus (“lack heroic staging possibilities”: BAKKER 1997, 170f.). τοῖσιν: Lokativ (123n.). — πεπνυµένος: 275–276n. In 3.203 an der gleichen Versstelle, ebenfalls als Epitheton von Antenor.

348–353 Antenor fordert offen die Rückgabe der Helena; die Rede fügt sich damit in eine Reihe von Hinweisen auf die Kriegsmüdigkeit der Troer ein (s. dazu 3.111n. und 3.159–160n. mit Stellen und Lit., dazu SCODEL 2002, 190); sie ist auch einer der Belege für die wachsende Isolation des Paris (daneben 3.38ff., 3.451ff., 6.280ff., 6.349ff., 7.389ff.: STOEVESANDT 2004, 154 mit Anm. 484); entsprechend überbringt Idaios den Griechen Paris’ Ersatz-Angebot ohne großen Enthusiasmus (390, 393; s. 385–397n.). – Bezeichnenderweise spricht Antenor für das Kollektiv und somit überwiegend in Formen der 1. und 2. Pers. Plural, während Paris die Angelegenheit persönlich nimmt und die 1. und 2. Pers. Singular verwendet (ELMER 2013, 136; CHRISTENSEN 2015, 34f. 37f.). Möglicherweise wirkt es auf ihn besonders provozierend, daß Antenor ihn nicht in die Entscheidung einbezieht, Helena zurückzugeben: Der Vorschlag erfolgt ohne Erwähnung des Paris (KELLY 2007, 145f.). 348–349 = 7.368f.; 348 = 3.456, 8.497; 349: häufiger Formelvers, s. 68n. — Dárdaner: ursprünglich Name einer Menschengruppe aus Troias ‘Mutterstadt’ Dardanië, der erst zur Verteidigung Troias in die Stadt gekommen ist; wird in der Ilias bisweilen auch für die Gesamtheit der Troer verwendet (FM 3.8 Anm. 34; 2.819n.), analog zu den griechischen Bezeichnungen ‘Achaier’, ‘Danaer’ und ‘Argeier’ (s. 1.2n.). Auch hier liegt das Gewicht wohl eher auf der emphatischen Anrede an die Gesamtheit (Troer und jede Art von Verbündeten) als auf der Differenzierung zwischen verschiedenen Gruppen. Vgl. unten 414n. κέκλυτέ µοι: 66b–67n. — Τρῶες καὶ Δάρδανοι: Formel nach der Zäsur A 4 (3.456, 7.368, 8.497); zu Varianten s. 414n.

348 ἠδ(έ): ‘und’ (R 24.4). 349 τά: in der Funktion eines Rel.-Pron. (R 14.5). — ἐνί: = ἐν (R 20.1).

Kommentar

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350 ≈ 3.458; 2. VH = 22.114. — die Kostbarkeiten: Nach der Darstellung der ‘Kyprien’ hatte Paris bei Helenas Entführung zahlreiche Wertgegenstände mitgenommen (Proklos Chrest. § 2 West); diese werden in der Ilias immer wieder als Verhandlungsgegenstand erwähnt (3.70n. mit Stellen und Lit.). δεῦτ(ε): imperativischer Pl. zur Aufforderungspartikel δεῦρο (urspr. lok. Adv. ‘hierher’); dient der Veranlassung einer Handlung, nicht notwendigerweise eine Bewegung zum Sprecher hin (14.128n.); hier und in Od. 8.11 Redeanfang als Verstärkung zum praktisch bedeutungsgleichen ἄγε(τε); häufiger ist das metrisch gleichwertige, aber adversative ἀλλ’ ἄγετε (AH; KIRK). — Ἀργείην: ‘Argeierin’ also ‘Griechin’, (1.2n.); Epitheton der Helena, unterstreicht hier prägnant den Anspruch der Griechen (2.161n. und 3.458n. mit Lit.). — ἅµα: hebt in der Ilias öfter die Zugehörigkeit der geraubten Güter zur Person der Helena hervor: ‘mitsamt’ (neben den Iteratstellen noch 13.626, 22.117f.: LfgrE s.v. ἅµα 601.34ff.); vgl. 6.426 von der Mutter der Andromache (s.d. zu weiteren Nennungen erbeuteter Frauen in einem Atemzug mit materiellen Beutestücken).

351a = 22.117. 351b–353 Die integralen EnjambementsP verleihen Antenors Worten den Ausdruck von Hast (KIRK) bzw. Emotionalität und Dringlichkeit. — Treueidbrecher: Troias Fall ist in vielfachen AntizipationenP mit dem Eidbruch verknüpft: 69n. ὅρκια πιστά | ψευσάµενοι: ὅρκια könnte Akk.-Obj. zu ψευσάµενοι sein (LA ROCHE 1861, 21; vgl. LUTHER 1935, 90: “Eide zu ψεῦδος machen”); dies wäre freilich die einzige transitive Verwendung von ψεύδεσθαι im fgrE. Häufiger, und damit auch hier wahrscheinlicher, ist eine freiere Verwendung des Akkusativs (als Akk. der Beziehung): ‘wir waren bezüglich der Eide nicht vertragstreu’ (LEAF; KIRK; s. auch LfgrE s.v. ψεύδοµαι 1307.39ff.). Πιστά steht stark antithetisch zu ψευσάµενοι (AH). — οὔ νύ τι κέρδιον: Der Komparativ κέρδιον (nur hier und Od. 14.355 verneint) ist durch eine implizierte gegenteilige Handlung bedingt und entspricht weitgehend dem dt. Positiv (etwa: ‘nichts besonders Gutes’); vgl. 24.52n. zu κάλλιον / ἀµείνων, ferner 19.56n. Das understatement hat die Funktion einer Warnung; ähnl. 24.52 οὐ µέν οἱ τό γε κάλλιον οὐδέ τ’ ἄµεινον. — ἵνα: hier in unüblicher und nicht eindeutig feststellbarer Bedeutung (zu erwarten wäre eher die Konditionalpartikel ἐάν): a. konditional, vgl. MONTEIL 1963, 383: “un ἵνα ‘local-circonstanciel’: ‘au cas, dans la circonstance où’ (cf. lat. ubi: ‘à supposer que’)”; KIRK: “the present use involves a relatively easy extension from local to circumstantial, or concrete to abstract, application: ‘therefore I do not expect any beneficial result for us where we do not act as I suggest’”, vgl. dt.: ‘wo nicht’; oder b. imperativisch als neuer Satz: ‘laßt uns nicht so handeln’ (bezogen auf 351b–352a): VAN DER VALK 1964, 226f., der auf die nachhomerisch belegte imperativische Verwendung von ἵνα mit Konjunktiv verweist. – Diese Unschärfe der Bedeutung und die prosodische

350 δεῦτ’ ἄγετ(ε): ‘auf jetzt!’ (­). 351–352 ἄγειν: finaler Infinitiv. — µαχόµεσθα: zur Endung R 16.2. — τώ: ‘darum’. — τι: Subjektsakkusativ zu ἐκτελέεσθαι (­). — ἥµιν: = ἠµῖν (­). 353 ἐκτελέεσθαι: Fut. Med. zu ἐκτελέω; zur unkontrahierten Form R 6. — ἵνα (µ)µή: zur Prosodie M 4.6 (­); ebenso Ἀλέξανδρος(ς) Ἑλένης (355).

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Ilias 7

Auffälligkeit ἵνα (µ)µή (aber vgl. Od. 3.327: ἵνα [ν]νηµερτές [FAESI/FRANKE]) führten zu Konjekturen (ἵν’ ἄν [schol. A und T zu 353], ἐκτελέεσθ’ εἴ κεν [LEAF]) oder zur Athetese des Verses: dieser sei nur eingesetzt worden, um ein Verb zu 352 zu liefern (schol. A zu 353). Diese Argumentation steht jedoch auf schwachen Füßen: zwar steht κέρδιον im fgrE tatsächlich nur in 19.63 ohne Verb (zu erg. ἔσται o.ä.); beim vorliegenden Text handelt es sich jedoch keineswegs um eine lectio facillior, weil κέρδιον mit ἐκτελέεσθαι überhaupt nicht belegt ist (es steht sonst mit Formen von εἶναι und einmal mit ἔπλετο [Od. 20.304]). Zur Diskussion s. KIRK. — ἥµιν: zum Akzent WEST 1998, XVIII. — ὧδε: hier zurückweisend (vgl. SCHW. 2.209).

354–356 Die Verse, die Paris’ Antwort einleiten, konstituieren eine kleine Typische SzeneP ‘Antwort’, die gleich 7.365–367 nochmals erfolgt (daneben noch 1.68–73, 2.76–78, Od. 2.224–228): (1) Ein Sprecher setzt sich, (2) ein anderer steht auf (3) und wird in einem Ganzvers benannt, (4) bisweilen mit einem Relativsatz, der den Sprecher näher charakterisiert; (5) ein dem Kontext angepaßter Vers leitet die direkte Rede ein (356 ist neutral, aber bei der Wiederholung der Kombination in 365–367 drückt 367 explizit die freundliche Gesinnung des Sprechers aus, was hier natürlich nicht passen würde: CLARK 1997, 184–187). Die vignettenartige Typische Szene ist ihrerseits Teil der Abfolge ‘Rede – Gegenrede – Vermittlungsrede’ (345– 380n.), die wiederum Element Nr. 5 der Typischen Szene Versammlung darstellen kann (1.54n.). 354 Formelhafter Rede-AbschlußversP in Versammlungsschilderungen (insges. 5× Il., 1× Od.): 1.68n.; außer in 1.101 immer in der oben geschilderten Kombination von Handlungselementen (354–356n.; CLARK 1997, 187–189); 1. VH ≈ 15.100, Od. 7.153, h.Merc. 365. τοῖσι: Lokativ (123n.).

355 = 3.329 (s.d.), 8.82; ≈ 13.766; von der Zäsur A 3 an = 11.369, 11.505; 1. VH ≈ 352; 2. VH ≈ 9.339, 10.5, Hes. Op. 165, ‘Hes.’ fr. 199.2, 200.2/11, 204.43/55 M.W. (z.T. ergänzt). — der göttliche Aléxandros: ‘göttlich’ ist ein generisches EpithetonP: 41–42n.; zum Namen Alexandros s. 2–3n. — Gatte: Paris und Helena sind offiziell ein Paar; Menelaos gilt als ‘früherer Gatte’ (z.B. 3.429): s. 3.140n. mit Lit. Die Bezeichnung ‘Gatte der schönhaarigen Helena’ impliziert an dieser Stelle, daß Paris bei der Frage einer Auslieferung das letzte Wort hat (zum Kontextbezug auch 3.329n. mit Lit.). Formelhaft als Gatte seiner Frau wird neben Paris nur noch Zeus bezeichnet (10.5 ebenfalls als ‘Gatte der schönhaarigen Hera’, sonst noch 4× Il., 3× Od.: DUÉ/EBBOTT 2010, 324f.). — schönfrisierten: Epitheton von Göttinnen und von Helena (letzteres insges. 13× fgrE: Iterata), selten von anderen sterblichen Frauen (LfgrE s.v. ἠύκοµος). 354 ἤτοι: ἦ ist emphatisch; ἤτοι ist fast immer abgeschwächt (R 24.4). — κατ(ὰ) … ἕζετο: zur sog. Tmesis R 20.2. — τοῖσιν: ‘unter ihnen’ (­). 355 ἠϋκόµοιο: = ἐϋ-, Anfangssilbe metr. gedehnt (R 10.1).

Kommentar

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Ἑλένης: Das in spartanischen Inschriften belegte anlautende Digamma des Namens ist hier prosodisch wirksam (‘bildet Position’): 3.329n. mit Lit.; dazu NAGVI 264f. §251.

356 Formelhafter Rede-EinleitungsversP (≈ 15.48, 23.557, ‘Hes.’ Sc. 117). — den Worte, den gefiederten: gr. épea pteróenta, die häufigste Nomen-EpithetonFormel des fgrE (DEE 2010, 285); bed. ‘sicher dahinfliegend und daher treffsicher’, s. 1.201n. und 16.6n. mit Lit.; ferner LfgrE s.v. πτερόεις; REECE 2009, 315–319. ὅς µιν ἀµειβόµενος: nur hier belegte Variante der überaus häufigen VA-Formel τὸν/τὴν/τοὺς δ’ ἀπαµειβόµενος (283n.); die Iteratverse haben καί µιν ἀµειβόµενος (so auch ergänzt zu ‘Hes.’ fr. 280.25 M.-W.); daneben τὸν καὶ ἀµειβόµενος (h.Merc. 201).

357–364 Als Ergebnis einer Belagerung ist normalerweise entweder die Zerstörung der belagerten Stadt oder die Herausgabe geforderter Güter denkbar (18.511– 512n.). Die Forderung der Griechen für den letzten Fall ist klar: Helenas Herausgabe hat Priorität, erst in zweiter Linie geht es um die geraubten Güter; schließlich würde auch noch eine Bußzahlung verlangt (so gefordert von Agamemnon in 3.284–287). Paris versucht hier zu feilschen; sein Vorschlag ist für die Griechen inakzeptabel und wird folglich abgelehnt (7.400–402). Gerade am Tag des ersten Zweikampfes zwischen ihm und Menelaos mit den gebrochenen Eiden, die im Vorausgehenden in Erinnerung gerufen worden sind (69, 351b–353), erscheint Paris’ Vorschlag besonders dreist (AH). – Seine Rede besteht in den ersten fünf Versen aus formelhaften Wendungen; in den letzten drei Versen kommt er kurz und bündig auf den Punkt (KIRK: “punch line”); entsprechend ändert sich der Rhythmus von den ordentlich strukturierten Ganzvers-Sätzen hin zu einer aufgeregteren Syntax mit Unterbrechung in 362 und Enjambement in 363f. (KIRK). 357–360 ≈ 12.231–234 (dort ist Polydamas angeredet); 357 = 18.285. Die Ähnlichkeit der Situationen (‘ein Mitglied der troischen Königsfamilie schlägt brüsk einen klugen Ratschlag aus’: 18.285–309n.) ist deutlich; hier bereits von einem ‘Muster’ zu sprechen (ELMER 2013, 137f.), führt jedoch vermutlich zu weit, da das Phänomen nur zwei Figuren betrifft. Die Parallelität bekräftigt jedoch die fatalen Gemeinsamkeiten der Brüder trotz aller Gegensätze. 357–358 357 ≈ 12.231, 18.285 (Hektor auf Polydamas’ Rat hin); VE = Od. 8.236; ≈ Il. 12.173; 358 = 12.232. — nicht mehr: in 18.285 kontextsensitiv (Polydamas’ letzter Rat war bei Hektor auf Zustimmung gestoßen), s.d.: hier wohl bloß formelhaft (anders KIRK: Paris’ Rede sei sarkastisch, aber vordergründig höflich; die Formulierung ‘nicht mehr’ beziehe sich darauf, daß Antenors Rat normalerweise willkommen ist). — lieb: meint wohl nicht nur “(mit Billigkeit >) akzeptabel für mich” (LfgrE), sondern daneben auch Antenors nicht freundliche Gesinnung 356 µιν: = αὐτόν (R 14.1), mit προσηύδα zu verbinden; dazu ἔπεα πτερόεντα als zweites Objekt. — ἀµειβόµενος (ϝ)έπεα: zur Prosodie R 4.5. — προσηύδα: 3. Sg. Impf. zu προσαυδάω ‘anreden, zu jmd. sagen’. 357 φίλα: prädikativ.

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gegenüber Paris (AH; LEAF), also etwa ‘mir gegenüber Wohlwollendes’. — Du weißt auch …: i.S.v. ‘das kann doch nicht dein Ernst sein’ (ähnl. AH). σὺ µέν: Antenor im Gegensatz zu Paris selbst: αὐτὰρ ἐγώ (361): AH. — ταῦτ(α): in Figurenreden mit Bezug auf vorausgehende Äußerungen meist pejorativ (DE JONG [1987] 2004, 287 Anm. 25). — ταῦτ’ ἀγορεύεις. | οἶσθα καὶ ἄλλον: asyndetische, chiastische Antithese, stark emphatisch (AH).

359–361 Durch das Lob in 358 und durch die Suggestion, Antenor habe seinen Vorschlag nicht ernst gemeint, klingt Paris’ Verdikt (bzw. Hektors Maßregelung des Polydamas an der Iteratstelle) relativ milde oder allenfalls ironisch, jedenfalls weniger scharf als andere Bezichtigungen der Geistesgestörtheit im homerischen Epos, etwa Leiokritos’ Rede an Mentor/Athene in Od. 2.242–256 (HOHENDAHLZOETELIEF 1980, 40–42). 359 = 12.233. — εἰ δ’ ἐτεόν: formelhafte Junktur (14.125n.: am VA 4× Il., 7× Od.); ἐτεόν hier wie meistens adverbiell ‘wirklich’ (18.305n. mit Lit.); zur prägnanteren Bed. ‘wahr’ s. 2.300n. und 14.125n. mit Lit. — ἀπὸ σπουδῆς: ‘aus (ernster) Bemühung heraus, im Ernst’ (LfgrE).

360 = 12.234. — die Götter selber den Verstand: Die Vorstellung, daß der Verstand eines Menschen (gr. phrénes) durch die Einwirkung der Götter (oder anderer Faktoren wie Verblendung, Schock, Schlaf oder Wein) beeinträchtigt wird, kommt im fgrE häufig vor, selten im Text als verbindliche Feststellung des allwissenden Erzählers, häufiger in (Selbst-)Vorwürfen von Figuren, dann als unzuverlässige Information und sogar dort, wo der Sprecher – wie hier Paris – selbst im Irrtum ist (vgl. Hektor an der Iteratstelle und in 15.724f.): 6.234n.; LfgrE s.v. φρένες, φρήν 1023.30ff.; SCODEL 1992, 75f.; s. auch 16.403–404a n. mit Lit. – Der Begriff phrénes bezeichnet primär die Denkfähigkeit, hat aber oft auch einen ethischen Aspekt (‘Denkweise, Gesinnung’): 6.352n., 24.40n. ἐξ ἄρα δή … ἔπειτα: durch die betonte Stellung von ἐξ am VA und die Häufung von Partikeln (darunter das bereits in 359 verwendete δή) wirkt der Vers stark emphatisch (KIRK). ἄρα, ‘also’ bezeichnet das Ergebnis des vorherigen Satzes, δή, ‘sicher’ die subjektive Gewißheit dieses Schlusses; ἔπειτα ‘demnach’ weist auf den Inhalt des vorherigen Satzes zurück; dieselbe Kombination in Od. 17.185 (AH).

361 2. VH nach der Zäsur A 4 = 8.525. — den roßzähmenden: 38n. Von den Troern noch 24× Il. 362 Geradheraus: Das griechische Wort antikrý ist nur hier für Sprache verwendet; meist bezeichnet es den Weg einer Waffe gerade durch den Körper (AH, KIRK, LfgrE); Paris’ Kompromißlosigkeit wird hiermit emphatisch unterstrichen (CHRISTENSEN 2015, 37). — Die Frau gebe ich nicht her: Vgl. den Streit um die 360 ἐξ … ὤλεσαν: hier mit Obj. φρένας ‘den Verstand rauben’ (­); zur sog. Tmesis R 20.2. — τοι: = σοι (R 14.1). 361 µεθ’ (+ Dat.): ‘inmitten, unter’.

Kommentar

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Kampfpreise im 23. Gesang, wo Antilochos zunächst apodiktisch erklärt: ‘die Stute aber gebe ich nicht her’ (553), das Tier aber wenig später gutmütig dem Menelaos überläßt (591f.). Beide Szenen reflektieren die Problematik, durch die die IliasHandlung ausgelöst wird: die Anfechtung von Besitzansprüchen auf Frauen oder Beutestücke. ἀπόφηµι: apodiktisch, ‘declare, make a declaration’ (LfgrE s.v. φηµί 897.50ff.). — ἀποδώσω: voluntatives Futur; wird in 364 (s.d.) durch die Periphrase ἐθέλω + Infinitiv wiederaufgenommen (TZAMALI 1996, 406–408, mit weiteren indoeurop. Bsp.; vgl. 290– 292n.).

363–364 364 ≈ 391. — Argos: steht hier als pars pro toto für ‘Griechenland’ (2.287n. mit Lit.; LfgrE s.v. Ἄργος 1210.25f.; vgl. die Bez. ‘Argeier’ [s. 1.2n.]; ferner 24.437n.: ‘Argos’ als eine Art Chiffre für das Zentrum des Feindeslandes). — in unser Haus … | … von Haus aus: Gr. óikothen steht immer bei Beschreibungen von Gegenständen aus dem eigenen Besitz (LfgrE). Gr. óikos (und hier auch dō) bezeichnet den gesamten Wirtschaftsbereich; Paris betont also Helenas und seinen Status als Besitzer-Ehepaar (ähnl. 1.30 [s.d.] und 3.233), was durch die Verwendung des Possessivpronomens der 1. Pers. Pl. zusätzlich unterstrichen wird. — will ich alle geben: Paris betont seine (de facto nicht unbedingt gegebene) souveräne Entscheidungsfreiheit und erinnert damit etwas an Agamemnon, der sich hinsichtlich der Rückgabe der Chryseis im ersten Gesang in ähnlichem Tonfall äußert (1.112–117n.). ἀγόµην: Imperfekt “in lebhafter Erinnerung des Vorgangs” (AH); in 390 dann Aorist zum Ausdruck des Handlungsresultats. Ἄγεσθαι mit einem Sachobjekt bed. ‘etwas als persönliches Eigentum befördern, mitnehmen’; von Gütern oder Frauen (3.72n.).

365–380 In seiner Vermittlungsrede ordnet Priamos das weitere Vorgehen an (“‘table of contents’ speech”: DE JONG zu Od. 1.81–95 [vgl. 24.146–158n.]): zu essen und Wache zu halten, am nächsten Morgen dann den Griechen Paris’ Vorschlag zu überbringen und eine Waffenruhe zu vereinbaren, bis die Toten bestattet sind (zu seinen möglichen Gründen, auf Paris Rücksicht zu nehmen, s. 345–380n.). Priamos’ Vorschlag zur Totenbestattung erfolgt parallel zu demjenigen des Nestor in der Versammlung der Griechen, vgl. die Einleitung a.E. 365–367 Typische SzeneP ‘Antwort’ (354–356n.). — der Göttern gleichwertige Meister | … Gutes sinnend: Priamos’ Klugheit wird in der Ilias auch sonst betont (24.201n.); an der vorliegenden Stelle handelt er jedoch ausgesprochen unklug. Die Nomen-EpithetonP-Formel kann also nur generisch verwendet sein (326n., 366n.) wie sonst noch von Peirithoos, Patroklos (“neither especially renowned for counsel”: KIRK) und Neleus; mit ‘Gutes sinnend’ (gr. eu phronéōn) ist wohl 363 ὅσσ(α): zum -σσ- R 9.1. — Ἄργεος: zur unkontrahierten Form R 6. — δῶ: = δῶµα; Richtungsangabe ohne Präposition (R 19.2). 364 δόµεναι: Inf. Aor. (R 16.4), hier i.S.v. ‘(zurück)geben’. — ἔτ(ι): ‘noch (dazu), obendrein’.

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Priamos’ Harmoniebedürfnis gemeint, das ihn dazu verleitet, Paris gegenüber der Versammlung zu unterstützen (vgl. 345–380n.). 365 = 354 (s.d.). 366 Δαρδανίδης Πρίαµος: flektierbare Junktur am VA und im Vers-Inneren (7× Il.). Priamos ist der Urururenkel des Dardanos (zur Genealogie FM 3.8; 24.349n. mit Lit.; zum Gebrauch von Patronymika 1.1n.). — θεόφιν µήστωρ ἀτάλαντος: flektierbare VE-Formel (insges. 3× Il., 2× Od., 1× ‘Hes.’ [dort ergänzt]). Mήστωρ bed. ‘wer kluge Pläne zu ersinnen weiß’ (6.97n.); zur Wortbildung (altertümliche Beibehaltung des dehnstufigen -τωρ- in fast allen Formen) s. 14.318n. — θεόφιν: Die Endung -φι(ν) kann Dativ oder Genitiv bezeichnen, selten aber den echten Kasus, eher Instrumentalis, Lokativus oder Ablativus; hier komitativer Instrumentalis (SCHW. 2.172). — ἀτάλαντος: 47n.

367 = 326 (s.d.). 368–369 368 = 348 (s.d.); 369 = 349 = 68 (s.d.). — Bei den Versen handelt es sich vermutlich um eine frühe Konkordanzinterpolation, die zur besseren Abgrenzung von Priamos’ Rede dient (WEST 2001, 11–14 mit Anm. 31); darauf weist das Fehlen der Verse in einigen Papyrusfragmenten hin (WEST app. crit.). 370–372 370–371 ≈ 18.298f., 1. VH von 370 ≈ 380, 11.730; 1. VH von 372 ≈ 381; 2. VH von der Zäsur C 1 an = 78n. — An der Iteratstelle im 18. Gesang erscheint die Aufforderung zum Wachehalten passender, weil die Troer dort im Feld stehen, anders als hier, wo man sich innerhalb der Stadtmauern aufhält, was in der 2. VH von 370 betont ist: ‘in der Stadt, so wie auch früher’; 18.298 heißt es ‘im Heer in den Abteilungen’ (AH, LEAF, KIRK). Eine Athetese von 371 (LEAF) erscheint jedoch nicht nötig, da auch die Stadt bewacht werden muß. Vgl. außerdem 380n. — Für jetzt … | … | doch morgen früh: Abendliche Instruktionen für den nächsten Tag erfolgen in der Ilias i.d.R. innerhalb einer Versammlung und sind somit öfter kombiniert mit anderen typischen Elementen wie dem Nachtmahl (370n.): KELLY 2007, 352–354 (mit Ilias-Stellen); Vgl. auch die Formulierung ‘Jetzt … | heute; später wieder’ in 29f. ≈ 290f. (29–31a n., 290–292n.). 370 nehmt euer Abendessen: Die bisweilen breiter ausgeführte Typische SzeneP ‘Mahl’ (24.621–628n.; AREND 1933, 68–76) wird hier (und in V. 380) nur kurz angedeutet: wie in 9.65f./88 und an der Iteratstelle (18.298f./314) ergeht dabei zunächst eine Aufforderung (AREND a.O. 75). δόρπον: ‘Abendessen’, im Gegensatz zu δεῖπνον (19.208n.). — ὡς τὸ πάρος περ: VEFormel (5× Il., 6× Od., 1× Hes. Op., 1× ‘Hes.’, 1× hom.h.); eher ‘genau wie immer’ als ‘wie früher’ (s. LfgrE s.v. 987.6ff. zu πάρος beim Präsens: “vom Sprecher wird angegeben, daß die bisherige Situation weiterhin gilt”; SCHW. 2.656: “sonst”); siehe auch 18.385–386n. mit Lit.

370 κατά (+ Akk.): von der räuml. Erstreckung ‘durch … hin, in’; ebenso 380. — πτόλιν: zum Anlaut πτ- R 9.2. — ὡς τὸ πάρος περ: περ betont das vorangehende Wort: R 24.10; ­.

Kommentar

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371 µνήσασθε: µιµνήσκοµαι bed. ‘seine Gedanken richten auf, sich besinnen auf’ (LfgrE s.v.; vgl. BAKKER [2002] 2005, 142); vgl. Wendungen in Kampfaufrufen (µ. χάρµης, ἀλκῆς: 19.147–148n.). — ἐγρήγορθε: 2. Pl. Imp. Perf. Akt. zu intr. ἐγείροµαι (‘bleibt wach!’); zu Formenbildung und Etymologie s. 18.298–299n. mit Lit., dazu SCHW. 1.800 Anm. 8. — ἕκαστος: distributive Apposition wie z.B. in 2.775b, s.d. K.-G. 1.286).

372–398 Typische SzeneP ‘Botengang’ (Sonderform der ‘Ankunft’: dazu 1.496b– 502n.). Sie verläuft nach folgendem Grundschema (AREND 1933, 54–61, vgl. 28ff.): (1) Auftragserteilung (372–378); (2) der Bote bricht auf und (3) kommt an (381), (4) findet den/die Gesuchten (Situationsschilderung: 382f.), (5) tritt heran (383f.) und (6) richtet seinen Auftrag aus (385–398). – Das Schema ist jedoch flexibel: in der vorl. Szene richtet Priamos seinen Auftrag an die Versammlung der Troer, nicht, wie sonst, an den Boten persönlich (z.B. 11.185–194, 24.331–338): Der König bezieht seine Untertanen mit ein und wartet deren Zustimmung (379) ab (TSAGARAKIS 1982, 74f.), auch wenn dies nur dem äußeren Anschein nach erfolgen mag (379n.). — Zu weiteren Varianten der Typischen Szene ‘Botengang’ s. 1.320– 348a n., 2.16–49n., 2.786–808n., 3.116n., 3.121n., 3.245–258n., 14.354–356n., 18.1–22a n., 18.166–202n., 19.341–356a n., 24.77–88n., 24.103–142n., 24.143– 187n., 24.333–361n. 372–375 ἴτω … | εἰπέµεν Ἀτρείδῃς … | µῦθον … | καὶ δὲ τόδ’ εἰπέµεναι πυκινὸν ἔπος: Der erste Infinitiv, εἰπέµεν, steht wohl final nach ἴτω (‘er gehe, zu sagen); beim zweiten, εἰπέµεναι, kann dies ebenso der Fall sein (‘und zwar dieses kräftige Wort zu sagen’), oder er ist selbständig imperativisch (gemäß der Interpunktion von WEST): SCHW. 2.382; SOMMER 1977, 207 (vgl. 75n.); dann liegt der seltene Fall eines explizit ausgedrückten Subjekts beim imperativischen Infinitiv der 3. Pers. vor (Ἰδαῖος in 372a; vgl. 79–80n.).

372 Idaios: 275–276n. ἠῶθεν: ‘bei der ersten Dämmerung’, vor Sonnenaufgang; entsprechend treffen in 421 die ersten Sonnenstrahlen auf die Felder; vgl. die Schilderungen des frühen Morgens in Od. 19.428 und 433 (AH zu Il. 7.381). — κοίλας ἐπὶ νῆας: 78n.

373 ≈ 5.552, 7.470, 17.249; von der Zäsur B 1 an = ‘Hes.’ fr. 136.9 und 13 (ergänzt) M.-W. 374 = 388, 3.87. VE von der Zäsur C 2 an = 12.348, 12.361, 13.122, 15.400; ≈ 17.384, 20.140, Od. 16.98, 16.116, 20.267. — dessentwegen ja der Streit entbrannte: In der Ilias wird mehrfach an Paris’ Entführung der Helena als auslösendes Moment des Krieges erinnert: so 2.161 (Hera), 3.100 (Menelaos, s.d.) und 3.351 (Menelaos), 5.63f. (Erzähler), 6.356 (Helena), 9.339 und 19.325 (Achilleus), 22.116 (Hektor). 371 ἐγρήγορθε (ϝ)έκαστος: zur Prosodie R 4.3. 372 ἠῶθεν: zum Suffix R 15.1. — νῆας: zur Flexion R 12.1. 373 εἰπέµεν: Inf. Aorist (R 16.4); hier mit finaler Bedeutung. — Ἀτρεΐδῃς: zur Flexion R 11.1. 374 Ἀλεξάνδροιο: zur Flexion R 11.2. — τοῦ: in der Funktion von οὗ (R 14.5). — ὄρωρεν: Perf. zu ὄρνυµαι, intrans. ‘sich erheben, entstehen’.

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Daß Priamos hier nur Paris, nicht Helena als Ursache des Konflikts erwähnt, paßt zu seiner Exkulpierung der Helena in 3.164–165 (s.d.). µῦθον: 277n. — τοῦ εἵνεκα νεῖκος ὄρωρεν: Ähnliche auf den Krieg um Troia bezogene Formulierungen sind ἥ τ’ ἔπλετο νείκεος ἀρχή in 22.116 und τότε γάρ ῥα κυλίνδετο πήµατος ἀρχή in Od. 8.81. — εἵνεκα: zur metrischen Dehnung 1.174n.

375–378 ≈ 394–397; 377 ≈ 30 (29–31a n.), 291 (290–292n.); 378 = 292 (s.d.). — später: Der Waffenstillstand wird nur einen Tag dauern. Auch wenn es unrealistisch ist, daß das große Festungswerk der Griechen in so kurzer Zeit fertig wird, ist die kurze Dauer der Leichenbestattung durchaus üblich; eine neuntägige Totenklage wie diejenige um Hektor ist die Ausnahme (24.664–667n.). — Gottheit: 290–292n. εἰπέµεναι … ἔπος: Die figura etymologica hat Parallelen im Vedischen, s. SCHMITT 1967, 264f. Zu εἰπέµεναι s.o. 372–375n. — πυκινὸν ἔπος: 4× Il. (11.788 und 24.75 in ähnl. Zusammenhängen wie hier, etwas anders 24.744 von den Abschiedsworten eines Sterbenden, s.d.). Allg. zum Bezug des Adjektivs πυκινός auf mentale Vorgänge s. 2.55n., zur Bed. bei ἔπος (‘klug, maßgeblich, gewichtig’) s. 24.75n. mit Lit. — αἴ κ’ ἐθέλωσιν: flektierbare VEFormel (insges. 8× Il., 6× Od., Hes. Th. 164, h.Merc. 181); daneben kommt die Junktur auch am VA (3× Il., 1×. Od.) und nach der Zäsur A 4 vor (7× Il., 2× Od., 2× Hes. Op.). Es handelt sich eigentlich um eine Doppelfrage mit nicht ausgesprochenem zweiten Glied (‘ob sie wohl, ’), s. 1.66–67n. mit Lit. Vgl. αἴ κε + Konjunktiv in der Bed. ‘in der Hoffnung daß’ (1.420n. mit Lit.). — δυσηχέος: negativ konnotiertes EpithetonP zu πόλεµος (πολέµοιο δ. ist Formel vor der Zäsur C 2: 7× Il.) und θάνατος (3× Il.); Bed. unklar (zu ἠχή [also ‘schrecklich tönend’] od. ἄχος [also ‘leidvoll’]?): 16.442n., 18.307n., beide mit Lit.; LfgrE s.v.; zu den EpithetaP bei Wörtern für ‘Kampf, Krieg’ s. 6.330n.). — εἰς ὅ κε … | … εἰς ὅ κε: Neben den integralen Enjambements der Vv. 375–378 steigert auch die Wiederholung die Emphase von Priamos’ Worten (365–380n.). — κείοµεν: zur Schreibweise s. WEST app. crit. und CHANTR. 1.9.

379 = 9.79, 14.133, 14.378, 15.300, 23.54, 23.738, Od. 3.477, 15.220, 22.178, 23.141, h.Ap. 502; ≈ Od. 6.247, 20.157; 2. VH = Hes. Th. 474. Es ist der Normalfall, daß der Aufforderung einer FigurP ohne weitere Diskussion Folge geleistet wird, ebenso bei der gängigen Abschlußformel ‘so sprach er/sie, und XY war nicht unfolgsam’ (43n.) und ihren Varianten (1.345n.; s. auch MUELLNER 1976, 18f., zur ‘sakralen’ Variante der Formel: ‘so sprach er und betete, und ihn hörte …’ [7× Il., 4× Od.]). Trotzdem ist die Formel hier insofern auffällig, als sie auf Priamos’ tendenziösen (345–380n.) Kompromißvorschlag folgt, der dem Willen der Anwesenden nicht entspricht (393b, 348–353n., 389–390n.), zumal Priamos dem 375 τόδ’ (ϝ)ειπέµεναι: Das Digamma von (ϝ)ειπέµεναι ist nicht berücksichtigt (R 4.6); zur Form εἰπέµεναι R 16.4. — πυκινὸν (ϝ)έπος: zur Prosodie R 4.5. — αἴ κ(ε): = ἐάν (vgl. 77n.); κ(ε): = ἄν (R 24.5), ebenso 376f. 377 κείοµεν: (kurzvokal.) Konj. Aor. von καίω (R 16.3). — µαχησόµεθα: Futur oder (kurzvokal.) Konj. (R 16.3, 21.2). 379 ἔφαθ’: = ἔφατο (43n.). — µάλα: ‘gut’.

Kommentar

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vorgeschlagenen Botengang in diesem Moment eher privaten Charakter gibt, als ihn als Wunsch der Allgemeinheit darzustellen: der Bote soll Agamemnon und Menelaos den Vorschlag des Paris überbringen. “The apparent readiness with which the Trojans execute [Priam’s order] actually conceals deep-seated differences among them as a group” (ELMER 2013, 25, vgl. dort auch S. 132ff. zur Heterogenität der troischen Streitkräfte im Vergleich zum griechischen Heer). κλύον: hier i.S.v. ‘hörten auf’ (LfgrE), “Gehorchen [als] Überredetsein durch Hören” (WILLE 2001, 94).

380 1. VH bis zur Zäsur C 2 = 18.314; 2. VH = 11.730, 18.298. — Der Vers ist nicht in allen MSS überliefert (WEST app. crit.); es erstaunt in der Tat, daß nun plötzlich von ‘Verbänden’ die Rede ist, zumal 370 eine Variante zu 18.298 darstellt, wo die 2. VH nicht, wie an der Iteratstelle, ‘im Heer, nach Verbänden’ lautet, sondern durch die Wendung ‘in der Stadt, so wie auch früher’ ersetzt ist: Im 18. Gesang befinden sich die Troer im Feld; hier dagegen in der Stadt (AH; KIRK). Freilich ist die Vorstellung nicht abwegig, daß die zahlreichen troischen und verbündeten Kämpfer, die sich in der Stadt aufhalten (18.286f.; vgl. 8.502–522), auch dort in Abteilungen kaserniert sind. ἐν τελέεσσιν: τέλος mit konkreter Bed. ‘Abteilung, Aufgebot’; zur Wz. von τλῆναι (idg. *telh2- ‘aufheben, auf sich nehmen’), wohl mit der urspr. Bed. ‘Dienst, den man auf sich nimmt’: 18.298–299n. mit Lit.

381–417a Versammlung der Griechen am nächsten Morgen. Paris’ Angebot wird überbracht; nach anfänglichem Schweigen der Männer spricht sich Diomedes entschieden dagegen aus, auf den Vorschlag einzugehen. Infolgedessen weist Agamemnon das Angebot zurück, gewährt aber den Waffenstillstand. Idaios macht den Troern Meldung. Das Erzähltempo steigert sich in dieser Szenenreihe: Sie beginnt mit Idaios’ Botengang ‘in der Frühe’, der unmittelbar nach dem Nachtmahl der Troer (380) berichtet wird; die Nachtruhe wird also nicht explizit erwähnt (s. zu dieser LeerstelleP auch 433–434n.): KURZ 1966, 15; vgl. 24.784–804n.) – die Folge der Zeitangaben hat sich verdichtet. Ebenso wird das Aufstehen der Redner in der griechischen Versammlung anders als in der vorausgegangenen Troerszene (354– 356n.) nicht mehr erwähnt. Schließlich wird Idaios’ Überbringung der griechischen Antwort an die Troer nur summarisch berichtet und seine Rede nicht im Wortlaut zitiert, was in der Ilias nur selten der Fall ist (DE JONG [1987] 2004, 181). Diese Steigerung des Erzähltempos ergibt sich vielleicht durch die Erwartbarkeit der Ereignisse: die Griechen gehen auf das halbherzige Angebot der Güterrückgabe nicht ein; dies wird weniger ausführlich ausgebreitet als die vorausgehende, doch überraschende Entscheidungsfindung der Troer (345–380n.); vgl. KURZ a.O. 73f. 380 εἵλοντο: Med. ohne Bed.-Unterschied zum Akt. (R 23). — τελέεσσιν: zur Flexion R 11.3.

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(der von ihm verwendete Begriff der “Bedeutungslosigkeit” ist allerdings nicht zutreffend; es handelt sich immerhin um den letzten, kategorisch ausgeschlagenen Versuch einer friedlichen Beilegung des Konflikts). 381–412 In dieser griechischen Heeresversammlung wird die Stellung des Oberbefehlshabers Agamemnon gegenüber der Heeresgemeinschaft besonders deutlich: die Männer drücken zwar durch Schweigen ihr Zögern gegenüber dem Vorschlag der Güterrückgabe aus (398n.) und stimmen der Rede des Diomedes schließlich lautstark zu (403–404n.), die Entscheidungsgewalt liegt jedoch letztlich bei Agamemnon, wie er selbst in 407 auch nochmals betont (405–411n., aber s. auch 407n.); entsprechend hebt ihn Idaios bereits als Adressaten der Heroldsrede hervor (385: ‘Atreus-Sohn und ihr anderen Besten der All-Achaier’): PATZER 1996, 191. 381–383 die aber fand er: Zum typischen Fall eines homerischen Szenenwechsels, bei dem der Erzähler einer Einzelfigur von A nach B folgt, s. DE JONG/NÜNLIST 2004, 73f. 381 ≈ 372 (s.d.). 382 Δαναοὺς θεράποντας Ἄρηος: flektierbare VE-Formel, sonst immer Nom.: 2.110, 6.67, 15.733, 19.78, ‘Hes.’ fr. 193.6 M.-W. (ergänzt); daneben bloßes θεράποντες Ἄρηος im Nom. Pl. (für Dual): 8.79, 10.228, Dual (mit Wort-Umstellung: Ἄρεος θεράποντε) 19.47. Steht für ‘Krieger’ (2.110n.).

383 1. VH = 10.35, 16.286, Od. 15.223. — des Schiffs von Agamemnon: Die Heeresversammlungen der Achaier (agoraí) finden in der Ilias innerhalb des Halbkreises statt, den der Wall der an Land gezogenen Schiffe bildet, und zwar grob in dessen Zentrum, wo die Schiffe des Odysseus (11.806), des Nestor (2.54) und des Agamemnon zu denken sind (1.12b n. s.v. “Schiffen der Achaier”, 1.54n., 2.54n., alle mit weiterer Lit.). νηῒ παρὰ πρυµνῇ: Etymologie und Bedeutung von πρυµνός sind zwar nicht ganz geklärt (zu πρό?), das Adjektiv wurde aber offensichtlich immer lokalisierend verwendet wie ἄκρος oder µέσος; speziell zur nautischen Bezeichnung des dem Bug entgegengesetzten Teils, des Hecks, ist es meistens formelhaft mit νηῦς verbunden: 14.31–32n. mit Lit. — αὐτὰρ ὃ τοῖσιν: formelhaft, nur hier am VE, sonst nach der Zäsur A 3 (23.29, Od. 1.9., 20.242). Zu Neuauftritten und Szenenwechseln nach der Zäsur C 2 als Charakteristikum der hom. Poetik s. 1.194n. mit Lit.

381 ἠῶθεν: 372n. — νῆας: zur Flexion R 12.1, ebenso νηΐ (383). 381 ἠῶθεν: 372n. — νῆας: zur Flexion R 12.1, ebenso νηΐ (383). 382 τούς: demonstrativ-anaphorisch (R 17; ebenso ὃ τοῖσι in 383), dazu Δαναοὺς θεράποντας Ἄρηος als Apposition. — εἰν: = ἐν (R 20.1). — ἀγορῇ: zur Form (-ῃ nach -ρ-) R 2. — Ἄρηος: zur Flexion R 12.4. 383 νηῒ πάρα: = παρὰ νηΐ (R 20.2). — πρύµνῃ Ἀγαµέµνονος: zum Hiat R 5.6. — τοῖσι: zur Flexion R 11.2; ebenso µέσσοισιν in 384.

Kommentar

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384 1. VH = 417. — ἠπύτα: hapax legomenonP im fgrE.; es bed. ‘laut vernehmbar’ (zu ἠπύω) und ist damit typisches EpithetonP von Herolden (zu deren Aufgabe s. 182–183n.): von Idaios noch καλήτωρ (24.577), ἀστυβοώτης (24.701), zu weiteren Beiwörtern von Herolden mit ähnl. Bed. s. LfgrE s.v. ἠπύτα. Dieselbe Sinnrichtung haben einige sprechende Namen (vgl. 220–221n.) von Herolden, darunter Ἠπυτίδης in 17.324 (Patronymikon des ‘ringsherum sprechenden’ Herolds Periphas). Zum Nom. auf -ᾰ s. 124–125n. (ἱππηλάτα); die anderen so gebildeten Epitheta gehören zu Eigennamen, anders als das auf κήρυξ bezogene ἠπύτα (KIRK; WILLCOCK). — κήρυξ: zum Akzent ORTH 2; WEST 1998, XXI.

385–397 Idaios’ Rede besteht zu einem großen Teil aus der Wiedergabe von Paris’ Angebot und Priamos’ Anweisungen (darunter naturgemäß auch wörtliche Wiederholungen, s. Iterata), ist aber komplexer als die meisten homerischen “relay instructions” (KELLY 2007, 325–329): Zum einen werden die Anweisungen zweier verschiedener Figuren wiedergegeben, zum anderen ergänzt Idaios diese durch markante eigene Nuancen und sogar Meinungsäußerungen (KELLY a.O.), s. 387n., 389–393n., 389–390n., 392–393n. und 394n. Letzteres ist freilich nicht völlig singulär, so erweitert auch Iris eine Drohbotschaft des Zeus an Athene um Beschimpfungen, die der Göttervater nicht ausgesprochen hat (8.423f.). Vgl. auch Helenos’ eigenmächtige Hinzufügungen zum Gespräch zwischen Athene und Apollon in 52–53 (s.d. mit weiteren Stellen). Idaios’ Rede ist aber auch formal ungewöhnlich strukturiert, indem anders als in den meisten anderen indirekten Reden der homerischen Epen nicht nur eines, sondern zahlreiche Wörter aus dem Feld ‘Sprechen’ verwendet werden (386–388: ‘Befohlen haben Priamos … | zu sagen … | … Das Wort …’; 393: ‘verweigert er’; 394: ‘Jedoch auch Folgendes befahlen sie zu sagen’). Wenn dies der Fall ist, handelt es sich meist um Botenberichte, in denen sich der Sprecher vom Gesagten distanziert (hier besonders deutlich, s. die folgenden Lemmata). Ferner strukturieren die Begriffe die Rede in zwei Teile: Paris’ Angebot und seine Weigerung (BECK 2002, 95f.). 385 = 327 (s.d.). 386 2. VH = 10.563, VE nach der Zäsur C 2 = 16.103. — Πρίαµός τε καὶ ἄλλοι Τρῶες: Der König und sein Volk werden oft in einem Atemzug genannt, häufig auch in formelhaften Wendungen: 2.160n. — ἀγαυοί: generisches EpithetonP von Menschen und Göttern, meist verstanden als ‘bewundernswert, erlaucht’ (LfgrE; 3.268n. mit Lit.; STOEVESANDT 2004, 29. 37).

387 2. VH = 4.17 (nach Paris’ und Menelaos’ Zweikampf unterbreitet Zeus den anderen Göttern den Vorschlag, den Krieg nun enden zu lassen); VE nach der Zäsur

384 µέσσοισιν: zum -σσ- R 9.1. — µετεφώνεεν: zur unkontrahierten Form R 6. 386 ἠνώγει: Plpf. zum präsentischen Perf. ἄνωγα ‘heißen, befehlen’. — καὶ ἄλλοι: zur sog. Hiatkürzung R 5.5. 387 αἴ κε: = ἐάν (s.o. 77n.). — περ: betont das vorangehende Wort (R 24.10). — ὔµµι: = ὑµῖν (R 14.1). — καὶ (ϝ)ἡδύ: zum Hiat R 5.4.

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C 2 = Od. 24.435. Idaios’ überhöfliche Anrede der Griechen (s.u. zum Optativ) unterstreicht sein Interesse an einer positiven Aufnahme des Vorschlags (KIRK: “Idaios’ attempts to be ingratiating add an element of drama to an otherwise foregone conclusion”); der Herold steht hier wohl exemplarisch für die Menge der kriegsmüden Troer (348–353n.), vgl. 390 (389–390n.). Dazu kommt Idaios’ Bewußtsein für die Unangemessenheit von Paris’ Angebot nach dem Vertragsbruch im Anschluß an den ersten Zweikampf: “es ist, als ob der Herold Bedenken trage, das Anerbieten des Paris vorzubringen” (AH). αἴ κέ … γένοιτο: αἴ κε mit Optativ steht im hom. Epos sonst nur noch 1.60 (εἴ κεν, Achilleus zu Agamemnon) und Od. 13.389 (Odysseus zu Athene). Die große Höflichkeit, die der Optativ ausdrückt, spricht für eine rein konditionale Auffassung des Satzes, nach der Idaios demütig um Erlaubnis bittet, auch nur sprechen zu dürfen: ‘wenn’s denn lieb und angenehm euch wäre’ (AH; vgl. 4.17n., dort allerdings bloßes εἰ mit Optativ). Denkbar ist aber auch, daß der αἰ-Satz sich nicht auf εἰπεῖν bezieht, es also nicht darum geht, ob Idaios überhaupt sprechen darf, sondern auf µῦθον Ἀλεξάνδροιο, also um die Billigung des Angebots, das er überbringt: ‘ob es euch gefallen möchte / in der Hoffnung, daß es euch gefallen möchte’ (TABACHOVITZ 1951, 109f.; WAKKER 1994, 320 Anm. 40); dies würde dann 375 αἴ κ’ ἐθέλωσιν und 394 αἴ κ’ ἐθέλητε entsprechen (375–378n.). — περ: hier nicht konzessiv aufzufassen; steht verstärkend hinter der Modalpartikel und steigert damit die Vorsicht in Idaios’ Ton (BAKKER 1988, 231 [mit Nennung der vorl. Stelle im Index S. 279]: “to introduce a sceptic tone”): ‘wenn /ob es euch etwa gefallen würde’ (anders WAKKER a.O.: “solely/ precisely hoping that”).

388 = 374 (s.d.); an dieser Stelle ist freilich zu bedenken, daß die Adressaten andere sind: Das Eingeständnis von Paris’ Schuld ist gegenüber den Griechen wesentlich brisanter als in der troianischen Versammlung. 389–393 Idaios modifiziert die Rede des Paris, indem er deren Schärfe durch eine Abänderung der Reihenfolge mildert: hatte Paris als erstes verweigert, Helena herauszugeben, und sich anschließend ‘großzügig’ bereiterklärt, die geraubten Güter zurückzuerstatten (362–364), beginnt Idaios in einer Art captatio benevolentiae mit dem Angebot und läßt die schlechte Nachricht erst am Ende folgen (DE JONG [1987] 2004, 184). 389–390 389–390a ≈ 22.115f.; 390 ≈ 24.764 (von WEST athetiert; Helena über sich selbst), 1.VH = 22.116. — Daß Idaios Paris den Tod wünscht, steht im Einklang mit der Paris gegenüber allgemein feindseligen Stimmung der Troer (3.57n.); vgl. Hektors Ausrufe 3.40 und 6.281f. sowie Helenas Todeswünsche in 3.428b–429 (3.428–436n.). Auch generell ist der Wunsch, der Angeredete wäre bereits umgekommen, ein typisches Motiv von Beschimpfungen (24.254n.); daneben

389 κοίλῃς: zur Flexion R 11.1. — ἐνί: = ἐν (R 20.1). — νηυσίν: zur Flexion R 12.1. 390 Τροίηνδ(ε): zum Suffix R 15.3; zur Form (-η- nach -ι-) R 2. — πρίν: adv., ‘(noch) eher, vorher’.

Kommentar

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findet sich öfter der Gedanke, daß sich durch den Tod eines Menschen späteres Leid hätte verhindern lassen (3.173a n.). Es ist jedoch ungewöhnlich und verstärkt die emphatische Eindringlichkeit seiner Rede, daß Idaios nicht Paris direkt anspricht, sondern den Todeswunsch über ihn äußert, und das vor Feinden (daß die Worte innerhalb der öffentlichen Rede leise beiseite gesprochen werden, ist unwahrscheinlich [so Demokrit gemäß schol. A zu 390–391]). ὡς … ὤφελλ’ ἀπολέσθαι: ‘wie sehr … hätte umkommen sollen’, unerfüllbarer Wunsch der Vergangenheit; ὡς unterstreicht den Reuegedanken; ebenso 3.173a, s.d. mit Lit. — κοίλῃς ἐνὶ νηυσίν: 78n.

391 ≈ 364, s. 363–364n. 392–393 Während Paris von Helena 362 als der ‘Frau’ (oder implizit als ‘meiner Frau’) gesprochen hat, betont Idaios hier ihre Stellung als rechtmäßige Ehegattin des Menelaos und versieht letzteren noch mit einem ehrenden EpithetonP (STANLEY 1993, 96: “more than diplomatic emphasis”); ferner führt er an, daß Paris auch in den Augen der Troer unrecht daran tut, die Frau eines anderen zurückzuhalten, wobei er Antenors Vorschlag plausibel (348–353n.) als Willen der Gesamtheit der Troer interpretiert (KIRK). κουριδίην δ’ ἄλοχον: flektierbare VA-Formel (Gen./Dat./Akk. Sg.: 3× Il., 2× Od., h.Ven 127). Von Helena selbst noch aus Menelaos’ Mund (13.626), sonst von den Frauen des Agamemnon (1.114), Odysseus (Od. 14.245) und Laërtes (15.356), sowie Il. 19.298 von Briseïs (die sich in ihrer Trauer um Patroklos daran erinnert, daß dieser sie zur Ehefrau des Achilleus machen wollte). Zu ἄλοχος s. noch 79–80n. — Μενελάου κυδαλίµοιο: VEFormel (7× Il., 7× Od.); κυδάλιµος ist eine Ableitung zu κῦδος, zu seiner Bed. (‘wacker’ od. ‘hochgemut’) und Bildungsweise (zu -άλιµος RISCH 105) s. 6.184n.; generisches EpithetonP von Helden v.a. bei Menelaos, aber auch von anderen Helden(söhnen) bzw. deren κῆρ (12.45): LfgrE. — οὔ φησιν δώσειν: ‘verweigert er … zu geben’ ist nachdrücklicher als οὐ δώσει, v.a. als Reaktion auf die Forderung der Troer (AH); wieder distanziert sich Idaios von Paris. — ἦ µὲν Τρῶές γε: ἦ µέν (≈ µήν) wirkt v.a. im Zusammenhang mit γε, das den Gegensatz der Figuren markiert, stark emphatisch; der Satz ist konzessiv aufzufassen (3.430 und Od. 19.167; vgl. ἦ καί in Il. 3.215 [s.d. mit Lit.]): AH; LEAF. 394 ≈ 375 (s.d.). — ἠνώγεον: Den Befehl hatte eigentlich Priamos erteilt; die 3. Pers. Pl. steht hier für ‘die Troer’; stünde das Verb im Singular, würde man Paris als Subjekt auffassen (AH); dies ist aber möglicherweise nicht der einzige Grund für die Formulierung des Herolds: auch hier wird der Gegensatz zwischen Paris einerseits und der Mehrheit der Troer andererseits noch einmal deutlich gemacht. – Zu dem üblicherweise präsentischen Perfekt ἄνωγα 4.287n. mit Literatur; zur ungewöhnlichen imperfektischen Form ἠνώγεον

392 κυδαλίµοιο: zur Flexion R 11.2. 394 ἠνώγεον (ϝ)ειπεῖν: zur Prosodie R 4.5. — ἠνώγεον: Impf. zum präsentischen Perf. ἄνωγα ‘heißen, befehlen’; zur unkontrahierten Form R 6; ↑. — αἴ κε: = ἐάν (vgl. 77n.); κ(ε): = ἄν (R 24.5), ebenso 395f.

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NUSSBAUM 1987, 248–250; KATZ 2006, 11-12 Anm 27; BECKWITH 2004; alle mit Parallelen und weiterer Lit.

395–397 = 376–378 (s. 375–378n.). 398 = 92 (s.d.). — Die Unentschiedenheit, die der Vers immer ausdrückt, ist hier dadurch verstärkt, daß Idaios zwei Vorschläge gemacht hat, deren einer inakzeptabel ist (Paris’ Herausgabe der geraubten Güter anstelle der Helena), während der andere (Waffenruhe und Totenbestattung) den Wünschen der Griechen entgegenkommt (ELMER 2013, 28). 399–404 Die Griechen zögern zunächst, zu antworten; denkbar ist, daß sie Agamemnons Antwort abwarten wollen. Vielleicht ermutigt durch seine kämpferischen Erfolge am Vortag (schol. bT zu 399), die in der großen Aristie des 5. Gesangs ausführlich geschildert sind, meldet sich dann ausgerechnet der jüngste (14.112) der griechischen Helden, Diomedes, als erster zu Wort (“the hero least overawed by circumstances”: KIRK zu 398–399); die lautstarke Zustimmung der Griechen, die auf seine Rede folgt, demonstriert in diesem Moment die Einigkeit der Männer als Kontrast zur Komplexität der troischen Verhältnisse (345–380n.): CHRISTENSEN 2009, 139. Diomedes spricht entschieden und mit rhetorischer Schärfe: Da der Affront ja gerade darin besteht, daß Helena aus Paris’ Angebot ausgenommen ist, wirkt die Ansage, man solle auch Helena nicht zurücknehmen, besonders pointiert: ‘selbst wenn ihr uns Helena geben wolltet, wir würden sie gar nicht nehmen!’ (vgl. AH zu 401, KIRK zu 400–402). An diesem Punkt ist die ursprüngliche Kriegsursache, die Idaios 388 noch einmal explizit benannt hatte, endgültig in den Hintergrund getreten: “Diomedes appears to have forgotten the real reason for the Achaians’ expedition, which has become submerged in his mind by a desire to press on to nothing less than the total destruction of Troy” (ZANKER 1995, 48; vgl. oben die Einleitung S. 13). Die Verdeutlichung der griechischen Entschlossenheit wirft ein umso tragischeres Licht auf Hektors panische Suche nach einem Ausweg kurz vor seinem Tod in 22.110ff. (würde Achilleus ihn leben lassen, gäbe er Helena zurück?); ist die vorl. Diomedes-Rede dort noch präsent, weiß man um die Hoffnungslosigkeit von Hektors Überlegungen. – Daneben markiert die Rede des Diomedes auch eine Station in der bedeutsamen charakterlichen Entwicklung seiner Figur im Laufe der Ilias. Im 4. Gesang zu Unrecht von Agamemnon gescholten, schweigt er noch; nach seiner Aristie im 5. Gesang spricht er hier erstmals an prominenter Stelle und erhält Beifall; im 9. Gesang wird er Agamemnon empfindlich kritisieren (9.32ff., 696ff.) und wiederum Beifall erhalten; schließlich setzt er sich im 14. Gesang mit seinem klugen Ratschlag durch (14.110–132n. mit Lit.; ferner CHRISTENSEN a.O. 151–153; vgl. auch TAPLIN 1992, 134–136: Diomedes kämpft gegen Götter und wird dabei von Athene unterstützt; entsprechend tritt er als Autorität auf, wo es, wie hier, um die Pläne der Götter geht).

Kommentar

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399 = 9.31, 9.696; 1. VH = 7.94 (s.d. und 92n.); 2. VH ab der Zäsur A 4 = 10.219, 10.241, 14.109. — der gute Rufer: generisches EpithetonP (25× bei Menelaos, 21× bei Diomedes, je 2× beim großen Aias und bei Hektor, 1× bei Polites). Wohl in erster Linie auf die gute Kommando-Stimme von Anführern zu beziehen, viell. auch auf die Fähigkeit, den Feind beim Angriff durch lautes Kriegsgeschrei zu erschrecken (2.408n. mit Lit.). βοὴν ἀγαθὸς Διοµήδης: VE-Formel (21× Il.). 400 τις: Das Indefinitpronomen wirkt in seiner Allgemeinheit nachdrücklicher als die erwartbare 2. Pers. Plural (AH). — νῦν: betont, mit Blick auf 401f.: zu diesem Zeitpunkt wird man sicher nicht mehr in Verhandlungen eintreten. Vermutlich spielt Diomedes auf die gebrochenen Eide an, sowie auf die Erfolge der Griechen im 5. und 6. Gesang und die Überlegenheit des Aias im Zweikampf (AH zu 401). 401 2. VH = 17.629. — δέ: explikativ ‘weil’ (RACE 2000, 214) bzw. ‘ja’ oder ‘doch’. — νήπιος: hier, wie häufig mit Bezug auf Erwachsene, ‘unbedarft, ahnungslos’, v.a. im Hinblick auf die Zukunft; vgl. EDMUNDS 1990, 60: “lack of foresight”, “out of touch with the wishes or plans of the gods”.

402 2. VH = 12.79, Od. 22.41 ≈ 22.33. — des Verderbens Schlingen: 101–102n. Diomedes bezieht sich hier vermutlich auf den Eidbruch, der mit Troias Fall vielfach proleptischP verknüpft ist: 69n. ἐφῆπται: Die Bed. von ἐφάπτοµαι ist nicht klar, vermutlich etwas wie ‘ist verhängt’ (2.32n.). Mit Dat. der Person nur Perf./Plpf. Pass. ἐφῆπται/ἐφῆπτο; vielleicht liegt die Idee der Jagd mit Schlingen zugrunde, in denen die Tiere sich gewiß verfangen mußten; hier wie Od. 22.33 mit der Zusatznuance des Gegensatzes zwischen dem nichtsahnenden ‘Wild’ und dem ‘Jäger’, der weiß, daß er nur abwarten muß (LfgrE s.v. ἅπτω 1123.54ff.).

403–405 Die Abfolge ‘Rede-AbschlußP – Reaktion der Zuhörer – Rede-EinleitungP’ bildet öfter eine kompositorische Einheit (2.333–335n. mit Lit., auch zu unterschiedl. Zuhörerreaktionen und speziell zum Beifallsgeschrei). 403–404 = 9.50f. – 1. VH 403 = 92 (s.d.). – 404 = 9.711, 1. VH = 8.29, 9.431, 9.694 (von WEST athetiert). — des roßzähmenden: 38n. ἐπίαχον: ‘schrien auf’, in Massenszenen öfter zum Ausdruck von Zustimmung; ähnlich wie hier nach einer Rede des Odysseus in 2.333 und einer Ansprache des Agamemnon in 2.394. Zum Bedeutungsspektrum, das von Freude über Erschrecken bis hin zu Schmerz reicht, s. 6.468n., allg. zum Wortfeld ‘schreien’ s. LfgrE s.v. αὔω 1689.7ff. Ἰάχειν steht auch für das

399 µετέειπε: = µετεῖπε (vgl. 23n.). — βοήν: Akk. der Beziehung (R 19.1). 400 ἄρ: R 24.1. — Ἀλεξάνδροιο: ablativisch. — δεχέσθω: 3. Sg. Imp. Med. 401 γνωτόν: hier ‘erkennbar’. 402 Τρώεσσιν: zur Flexion R 11.3. 403 ἔφαθ’: = ἔφατο; 43n. — οἵ: anaphorisch-demonstrativ (R 17), dazu υἷες Ἀχαιῶν als Apposition. — υἷες: zur Flexion R 12.3. 404 ἀγασσάµενοι: zum -σσ- R 9.1.

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Dröhnen von Göttern und/oder Naturgewalten (z.B. 1.428 = Od. 2.428: Welle, h.Miner. 11: die Erde nach Athenes Geburt, h.Dian. 7: Wälder bei der Jagd der Artemis, Il. 23.216: Feuer) und für Schlachtgebrüll (z.B. 5.860 = 14.148, 13.835); das zustimmende Geschrei der Männer ist also sehr intensiv zu denken und zudem heroisch konnotiert (HAMMER 2002, 154f.), vielleicht im Gegensatz zum eher chaotischen Geschrei, das die Troer von sich zu geben pflegen (κελάδησαν: 18.310n.; allg. zu deren Disziplinlosigkeit s. 306–308n., 344n., 346n.). –— υἷες Ἀχαιῶν: flektierbare VE-Formel, periphrastische Kollektivbezeichnung, vgl. die biblische Wendung ‘die Söhne Israels’ (1.162n., 16.42n. mit Lit.). — ἀγασσάµενοι: 41–42n. — Διοµήδεος ἱπποδάµοιο: VE-Formel, außer an den Iteratstellen noch 5.415, 5.781, 5.849, 8.194, Od. 3.181.

405–411 Agamemnons Antwort besteht zunächst in einem Verweis auf den Willen seiner Leute (406f.), den er aber nicht alleine stehenlassen will: Mit der Bemerkung, er teile die Meinung der Männer, verweist er zusätzlich darauf, daß er selbst die letzte Entscheidungsbefugnis hat (407; KIRK zu 406–408; CARLIER 1984, 167. 185). Die Genehmigung der Waffenruhe zur Totenbestattung erfolgt dreifach, jeweils gesteigert: auf die persönliche Zubilligung (408) folgt die Gnome, man solle Tote nicht zu lange unbestattet lassen (409f.); schließlich die Nennung von Eiden und die Berufung auf Zeus (411): AHRENS 1937, 18. Den Plan, eine Mauer zu bauen, nennt Agamemnon dem troianischen Herold wohlweislich nicht (GARCIA 2013, 99 mit Anm. 4). 405 2. VH = 1.130, 1.285, 2.369, 4.188, 4.356, 10.42, 14.41. — Die Versstruktur καὶ τότ(ε) + Akk.-Obj. + προσέφη + Nomen-Epitheton-Formel im Nom. findet sich im fgrE öfter (15.220, 16.666, 21.228, Od. 7.178, 13.49, 23.247; ähnlich z.B. Od. 15.194, 24.539). — κρείων Ἀγαµέµνων: VE-Formel; κρείων bed. ‘herrschend, gebietend’ (1.102n.).

407 auch mir gefällt’s so: Agamemnons Ausdruck bildet einen deutlichen Gegensatz zum Anfang der Ilias: während er hier explizit sagt, daß ihm die Haltung der Männer gefällt (gr. epi-handánei), wird in 1.24 mit derselben Vokabel (dort Simplex) sein – folgenschweres! – Mißfallen gegenüber der Zustimmung des Heers zur Bitte des Apollonpriesters Chryses ausgedrückt (gr. ouk … hḗndane: CHRISTENSEN 2009, 139; ELMER 2013, 115 mit Anm. 20). Es scheint, als habe Agamemnon gelernt, den Willen seiner Leute zumindest dem Anschein nach zur Kenntnis zu nehmen; freilich kostet ihn die Entscheidung an dieser Stelle wesentlich weniger als im 1. Gesang. ὑποκρίνονται: ‘jm. antworten (und damit eine Entscheidung mitteilen)’ wie Od. 2.111 und h.Ap. 171; sonst bed. das Verb auch ‘jm. deuten’ (Traum, Vorzeichen): LfgrE, dort auch zur unklaren Entwicklung der beiden Bed. — ἐµοί τ’ ἐπιανδάνει: ‘und auch mir gefällt so’; das Kompositum drückt die abschließende Billigung aus, nachdem die Entscheidung

406 ἤτοι: ‘wirklich, in der Tat’ (R 24.4). 407 τοι: = σοι (R 14.1).

Kommentar

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schon durch allseitige Übereinstimmung getroffen worden ist (LfgrE s.v. ἁνδάνω 800.72– 801.10); anders oben in V.45 (44–45n.). 408 VE nach der Zäsur C 2 = Od. 2.235, 8.206, h.Merc. 465 ≈ Il. 4.54. — ἀµφί: sonst bei verba sentiendi und dicendi ‘in betreff’, hier Ellipse des Verbums: ‘und betreffend die Leichen folgendes:’. — µεγαίρω: von *µέγαρ(ός) / µέγας, ‘als zu groß, zuviel erachten’ > ‘verweigern, mißgönnen’ (LfgrE s.v.; DELG s.v. µέγας).

409–410 Schonung: In der Ilias werden im Kampf Gefallene i.d.R. rasch bestattet; dies ist zum einen durch pragmatische Notwendigkeiten begründet (Unmöglichkeit langer oder häufiger Kampfpausen, Verwesungsgefahr), zum anderen auch als Ehrerbietung den Toten gegenüber aufzufassen, die nur durch die Bestattungsrituale von der Welt der Lebenden abgelöst werden können (24.37b n. mit Lit., s. auch 19.228–229n.). – Daß Agamemnon die Notwendigkeit raschen Handelns betont, impliziert die dramatischen Konsequenzen, falls die Bestattung ausbleiben würde – was wiederum die Problematik um Hektors Leichnam antizipiert (vgl. 76–91n.): ELMER 2013, 268 Anm. 11. – Die Syntax dieser gnomischen Aussage ist etwas unklar: ‘Schonung … | gibt’s nicht’ ist wohl zu fassen als ‘es ist nicht möglich/zulässig, aufzusparen’ (FAESI/FRANKE); der Temporalsatz ist wohl nicht bloße Verstärkung der ‘Leichen von Gefall’nen’, sondern gehört eher zum Folgenden: ‘sie, wenn sie gestorben sind, schnell mit Feuer zu besänftigen’ (vgl. Od. 11.221: AH, KIRK). οὐ γάρ τις φειδὼ … | γίνετ’ ἐπεί … µειλισσέµεν: Die Umschreibung φειδὼ γίνετ’ ersetzt das Passiv, das von φείδοµαι nicht gebildet werden kann; vgl. 8.181 µνηµοσύνη τις ἔπειτα πυρὸς δηΐοιο γενέσθω, 22.243f. µὴ δέ τι δούρων | ἔστω φειδωλή, Od. 17.451f. ἐπεὶ οὔ τις ἐπίσχεσις οὐδ’ ἐλεητύς | ἀλλοτρίων χαρίσασθαι, Od. 13.279f. οὐδέ τις ἥµιν | δόρπου µνῆστις ἔην µάλα περ χατέουσιν ἑλέσθαι (AH). – µειλισσέµεν ist Infinitiv der Beziehung: ‘es ist kein Aufsparen im Hinblick darauf, sie rasch zu besänftigen’ (AH) oder ablativischer Infinitiv: = οὐ φειδὼ τοῦ µειλισσέµεν αὐτούς (SCHW. 2.361); zum Inf. nach φείδω vgl. Od. 17.451f., 20.202f., 22.232 (AH). Das negative οὐ φειδὼ γίνετ’ wäre im Attischen durch µὴ οὐ mit dem Infinitiv verbunden (AH). — κατατεθνηώτων: (eigtl. redundantes) EpithetonP zu νέκυς/νεκρός (12× Il./Od., davon 8× wie hier in der VE-Formel νεκύων κατατεθνηώτων): LfgrE s.v. νέκυς. Zur Form mit -ηω- s. G 95; CHANTR. 1.430f. — πυρός: partitiver Genitiv wie bei χαρίζεσθαι; πῦρ steht mit Verben des Verbrennens (wofür µειλισσέµεν hier metonymisch steht) öfter im Gen. part. statt im instrumentalen Dativ (2.415n.; SCHW. 2.111). Vgl. auch πυρὸς λελαχεῖν in 79f. (AH; 79–80n.). µειλισσέµεν: seltenes (im fgrE nur noch Od. 3.96) denominatives Verbum zu µείλια ‘Versöhnungs-, Wiedergutmachungsgeschenk’; die Etymologie ist unklar und allenfalls erklärbar aus µελ-ν- wie lat. mel, mellis ‘Honig’ und litauisch malóné ‘Gnade’ oder méilė ‘Liebe’, altkirchensl. milǔ ‘teilnahmsvoll’. Synchron wurde µειλίσσειν sicher mit µέλι, ‘Honig’, in Verbindung gebracht: DELG s.v. µείλια; FRISK s.v. µείλιχος; GRAZ 1965, 218–220; REDFIELD (1975) 1994, 279f. Anm. 48.

408 κατακαιέµεν: Inf. Präs. (R 16.4); ebenso µειλισσέµεν (410). — οὔ τι: 27n. 410 γίνετ(αι): = γίγνετ(αι). — κε: = ἄν (R 24.5) .

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411 ≈ 10.329. — Die Eide aber möge Zeus … wissen: Zeus wacht als Zeus Horkios, ‘zum Eid gehörig’, über die Einhaltung von Eiden und Verträgen; hierzu und zu den Schwurgöttern allg. 1.86n., 3.103–104n. Der Glaube, die Götter würden gegen Meineidige einschreiten, ist in der Ilias mehrfach faßbar: 3.298–301, 4.155–168 [s. 4.160–168n.], 10.328–331, 19.258–265 (3.292–302n.). – Daß hier allerdings überhaupt von ‘Eiden’ gesprochen wird, ist etwas verwirrend, da weder Nestor (331ff.) noch Priamos (375ff.) eine solche offizielle Absicherung des Waffenstillstands vorgeschlagen hatten. Freilich wäre ein ausführlich geschildertes Eidverfahren wie beim Zweikampf des 3. Gesangs hier fehl am Platz, gerade auch weil vom Bruch dieser Eide so häufig die Rede gewesen ist; ein offizielles Prozedere wird hier wohl stillschweigend vorausgesetzt, oder ὅρκια bezeichnet den ‘Vertrag’, den Agamemnon durch seine Billigung in 408 vollzogen hat (AH; ähnl. TORRENCE 2014, 144, die die vv. 408–412 als Eidschwur auffaßt). Es gibt in der Ilias weitere Beispiele für solche “unsworn temporary truces”, z.B. Hektors Anweisung, der Leichnam des gefallenen Duellanten solle dessen Leuten ausgeliefert werden in 7.76–91 (s.d.) oder die inoffizielle Vereinbarung zwischen Priamos und Achilleus in 24.656–672 (24.658n.): SOMMERSTEIN 2014, 66. ἴστω: öfter in der VA-Formel ἴστω νῦν Ζεὺς πρῶτα (19.258 [s.d.], Od. 14.158, 17.155, 19.303, 20.230) oder in kürzeren Varianten (Il. 10.329: ἴστω νῦν Ζεὺς; ἴστω νῦν: 15.36, Od. 5.184, h.Ap. 84). — ἐρίγδουπος πόσις Ἥρης: VE-Formel zur Bezeichnung des Zeus, stets in direkten Reden im Zusammenhang mit Eiden (10.329), Wünschen an die Gottheit (Od. 8.465, 15.112/180) oder anderen Formen von (unterstützender) Interaktion zwischen Göttern und Menschen (Il. 13.154, 16.88, s.d. auch zu prosodischen Äquivalenten und zum weiteren Vorkommen des Wetter-EpithetonsP ἐρίγδουπος). Zu weiteren VE-Formeln für ‘Zeus’ s. 24.88n.

412 den Stab: Der Stab (gr. skḗptron > ‘Szepter’) repräsentiert hier politische Macht und juridische Entscheidungsgewalt und wird beim Schwur emporgehalten (wie 10.321/328), sonst markiert er auch priesterliche Würde (1.14–15n.) oder den Sprecher in der öffentlichen Versammlung (277n.). Agamemnon verfügt über einen Stab von eindrucksvoller Provenienz bis hin zu seiner ursprünglich göttlichen Herkunft; dies unterstreicht seine Autorität (2.101–108, s.d.) und auch seine eigene Abkunft von Zeus (BOUVIER 2002, 273–275). — zu allen Göttern: Daß zunächst (411) nur Zeus genannt worden ist, entspricht seiner dominanten Rolle unter den olympischen Göttern sowie auch seiner Funktion als Eidgott; die Verbindung zwischen einem einzelnen, namentlich genannten Gott und dem Kollektiv hat sowohl im fgrE als auch in anderen antiken Literaturen Parallelen (3.298n. mit Lit.). τὸ σκῆπτρον: Der Artikel ist hier determinierend: ‘den bekannten, ihm zukommenden Stab’ (SCHW. 2.22).

411 ἴστω: 3. Sg. Imp. von οἶδα. 412 ἀνέσχεθε: poet. Nebenform zu ἀνέσχε.

Kommentar

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413–417a Mit Idaios’ Aufbruch nach Troia schafft der Erzähler einen fließenden Übergang zur nächsten Szene (KURZ 1966, 106), wobei es ungewöhnlich ist, daß der Erzähler den Ankommenden verläßt und die Erwartung der Figuren im Haus beschreibt (415; vgl. 10.530f.; Od. 15.550ff./16.1ff.: AREND 1933, 45f.; DE JONG zu Od. 16.1–153 und 16.4–48). Durch den raschen ‘Filmschnitt’ wird der Effekt der Parallelität zwischen den beiden Lagern (Einleitung a.E.) verstärkt. – Zum Ort der troischen Versammlung (hier nicht explizit genannt, aber wohl vorausgesetzt) s. 346n. 413 2.VH ≈ 429. — ἄψορρον: Adv. ‘zurückgehend, zurück’, der zweite Bestandteil ὀρρ- wohl zu ἔρρω ‘weggehen’ (so FORSSMAN 1980, 185ff.; BEEKES s.v. ἄψορρος), eher als zu ὄρρος ‘Hintern’ (so FRISK, LfgrE): 4.152n. Öfter wie hier am VA: 4.152, 12.74, 16.376, 21.382, Od. 10.558, 11.63, Hes. Th. 659, vgl. h.Ap. 436, h.Merc. 505 (ἄψορροι). Emphatisch: “‘back once again’ to the city” (KIRK): s. 413–417a n. — προτὶ Ἴλιον ἱρήν: flektierbare VE-Formel, s. 20a n. 414 2. VH = 8.154. — ἕατ(o): vielleicht durch Metathese und Synizese aus *ἥατο > ͜ἕᾱτο oder (in Analogie zu κέᾰτο) *ἥατο > ἕᾰτο (3.134n. mit Lit.). — Τρῶες καὶ Δαρδανίωνες: Variante der Formel Τρῶες καὶ Δάρδανοι (348–349n.) nur hier und an der Iteratstelle. Δαρδανίωνες ist synonym zu Δάρδανοι (348–349n.); patronymische Bildung zum Namen des troischen Stammvaters Dardanos, des Sohnes des Zeus (20.215); vgl. οὐρανίωνες als Synonym für οὐράνιοι (1.570n.). Eine weitere Variante der Formel ist die weibliche: 18.122 (s.d.) Τρωϊάδων καὶ Δαρδανίδων, bzw. 18.339: Τρῳαὶ καὶ Δαρδανίδες. 415 πάντες ὁµηγερέες: VA-Formel (2.789n.). — ποτιδέγµενοι: -δέγµενοι, durativ ‘abwartend’, steht für das nicht hexametertaugliche -δεχόµενοι (DEBRUNNER 1956, 77–79). — ἔλθοι: opt. obl. als Ausdruck der Sekundären FokalisationP, wie hier mit δέγµενος/ι und ὁπ(π)ότ(ε) noch 2.794, 9.191, 18.524, vgl. auch Il. 18.508 (s.d.) und Od. 20.386: DE JONG [1987] 2004, 111 u. 268 Anm. 31; NÜNLIST 2002, 452).

417a = 384. 417b–482 Totenbestattung und Mauerbau 417b–432 Beide Parteien bestatten ihre Toten. Das Kernstück der Passage, die berührende Schilderung der Totenbergung (421– 427b), enthält als Zentrum (424) die Aussage über die Unkenntlichkeit der

413 προτὶ Ἴλιον ἱρήν: 82n. 414 οἵ: anaphorisch-demonstrativ (R 17), dazu Τρῶες καὶ Δαρδανίωνες (↑) als Appositionen. — εἰν: = ἐν (R 20.1). — ἕατ(o): augmentlose (R 16.1) 3. Pl. Plpf. zum Perf. ἧµαι ‘sitzen’ (R 16.2); ↑. 415 ποτιδέγµενοι: Ptz. Perf. zu ποτιδέχοµαι = προσδέχοµαι ‘erwarten’ (↑). — ὁππότε: zum ππ- R 9.1. 416 ἀπέειπεν: = ἀπεῖπεν (vgl. 23n.). 417 µέσσοισιν: zum -σσ- R. 91. — τοί: = οἵ (R 14.3).

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Gestorbenen: die Identität der einzelnen Kämpfer und auch ihre Zugehörigkeit zu den beiden Kriegsparteien scheint im Tod aufgehoben. Entsprechend wird die Passage von zwei Versgruppen gerahmt, in denen Griechen und Troer jeweils dasselbe tun (417b–420 und 427b–432), “here described in exactly balanced terms” (KIRK zu 419–420). Die Parallelität dieser beiden Rahmenpassagen geht so weit, daß beide in der Versmitte beginnen, in der von den Troern die Rede ist; die griechische Seite wird jeweils durch ‘auf der andren Seite’ (gr. hetérōthen) markiert. Zu dem im 7. Gesang immer wieder angedeuteten Motiv des Gleichgewichts zwischen Griechen und Troern s. die Einleitung a.E.; zu der Verdichtung dieses Elements an der vorl. Stelle s. DI BENEDETTO (1994) 1998, 94f. 417b ≈ 2.52. 418 ≈ 420. — ἀµφότερον: adverbiale Satz-Apposition zum folgenden (ἕτεροι µὲν) νέκυάς τ’ ἀγέµεν, ἕτεροι δὲ µεθ’ ὕλην, ‘für beides: (die einen,) die Leichen herzuschaffen, und die andern, Holz zu holen’: 3.179n. (mit weiteren Bsp. für ἀµφότερον am VA als Apposition). — ἕτεροι δέ: Die Syntax ist hier insofern leicht unlogisch, als das Pendant ἕτεροι µέν ausgelassen ist; dies lockert die strenge Symmetrie des Folgenden (417b–432n.) auf (RUIJGH 205 mit Anm. 114). 419 1. VH = 11.215, 12.415, 13.835. — ἑτέρωθεν: signalisiert häufig einen Szenen- oder Perspektivenwechsel, oft auch in Verbindung mit einem Eigennamen (1.247a n.); s. auch 311n., 430n. — ἐϋσσέλµων ἀπὸ νηῶν: flexible VE-Formel (mit Varianten an versch. VersPositionen, s.o. 84n.; dort auch zur Bed. des EpithetonsP), noch Od. 2.414, 14.345 (ἐνί + Dat. Sg.), 8.500, 24.117 (ἐπί + Gen. Pl.), 12.358, 17.160, 19.243 (ἐπί + Gen. Sg.), h.Bacch. 7.6 (ἀπό + Gen. Sg.). 420 ≈ 418, s.d. — νέκῡς: Akk. Pl. (< *-υνς: CHANTR. 1.221f.).

421–422 = Od. 19.433f.; an beiden Stellen bezeichnen die Verse eine Tageszeit deutlich nach Sonnenaufgang: bei der Morgenröte hat sich die Jagdgesellschaft um den jungen Odysseus versammelt (19.428); in 19.433 hat Odysseus bereits die oberen Regionen des Parnaß erreicht. Der hier geschilderte frühe Morgen ist von der Morgenröte (381) durch die gesamte Idaios-Szene getrennt (KIRK). προσέβαλλεν: wahrscheinlich ‘werfen auf’, dann wäre ein Obj. wie φάος oder ἀκτῖνας zu ergänzen, vgl. 16.768: πρὸς ἀλλήλας ἔβαλον … ὄζους (Bäume im Sturm); vgl. ferner Od. 12.71 καί νύ κε τὴν (Schiff) … βάλεν … ποτὶ πέτρας (LfgrE s.v. βάλλω 31.34ff.). 422 ἀκαλαρρείταο: hapax legomenonP, Kompositum auf -της aus ἀκαλά und ῥέω. Das Vorderglied als Adv. ἀκαλά bei ‘Hes.’ fr. 339 M.-W., Sappho fr. 43.5 Voigt, hier adverbial

418 ἀγέµεν(ν), (ϝ)ἕτεροι: zur Prosodie M 4.6 (hier zudem an Zäsurstelle: M 8). — ἀγέµεν: Inf. Präs. (R 16.4). — ἕτεροι δέ: erg. ἕτεροι µὲν zu νέκυάς … ἀγέµεν (­). — µεθ’ ὕλην: ‘um nach Holz (zu gehen)’. 419 νηῶν: zur Flexion R 12.1. 421 ἠέλιος: = ἥλιος. — νέον: adv., ‘gerade erst, eben neu’. 422 ἀκαλαρρείταο: zur Flexion R 11.1. — βαθυρρόου: zur unkontrahierten Form R 6.

Kommentar

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oder inneres Objekt; zu ἀκή, ‘Stille’ (FRISK, DELG), die Erweiterung mit -λα- wäre bei dieser Etymologie jedoch nicht erklärlich; daher eher zu *kelh2- (wie in κέλαδος) ‘rauschend dahineilen’, und folglich ἀ-καλαρρείτης: ‘kein rauschendes Fließen habend, still fließend’ (MEIER-BRÜGGER 1995–1996). — βαθυρρόου Ὠκεανοῖο: VE-Formel, noch 14.311 (s.d.), Od. 11.13, 19.434; βαθύρροος zu ῥέω, ‘mit tiefen Fluten’, Epitheton von großen Flüssen wie eben dem Ringstrom Okeanos (im fgrE stets als Fluß bezeichnet: LfgrE s.v. Ὠκεανός 1333.27ff.). Dieser bildet um die Erde fließend das Ende der Welt (14.200n.), aus ihm erheben sich Gestirne, Sonne und Mond (18.488–489n.).

423 trafen sie einander: Die Kürze der abschließenden Formulierung unterstreicht das Pathos der ungewöhnlichen Begegnung von Griechen und Troern außerhalb der kriegerischen Auseinandersetzung (vgl. KIRK zu 421–432). εἰσανιών: Das Doppelkompositum ist im fgrE sonst nur einmal sicher belegt (Hes. Th. 761), daneben in einem bisweilen den hesiodeischen Frauenkatalogen zugewiesenen Fragment (fr. 93.11 Traversa; dazu PFEIFFER 1937). Möglicherweise ist es in Angleichung an die VAFormel in Betszenen entstanden: οὐρανὸν εἰσανιδών (16.232 = 24.307). — ἤντεον: 3. Pl. Imperfekt zu ἀντάω; das ion. ε erklärt sich wohl durch den Einfluß der gleichen Futur- und Aoristbildung bei den Verben auf -έω und -άω (CHANTR. 1.361).

424 Da war es schwierig … zu unterscheiden: Daß ein Toter so entstellt ist, daß man ihn nicht wiedererkennt, ist ein drastisches Motiv, das bei Homer noch im Falle des Sarpedon vorkommt (16.638–640); auch dieser wird (durch den Gott Apollon) vom Blut gereinigt und vom Schlachtfeld fortgetragen (16.667ff./678ff.); s. 16.638– 640n. mit Lit. und zu nichthomerischen Parallelen. Im homerischen Epos sind Verwundungen immer tödlich oder leicht; die lebensweltliche Realität der Schwerverwundeten und des langen Leidens auf dem Schlachtfeld wird ausgespart. Das Pathos der Szene wird dadurch nicht verringert, denn gerade im Tod wirken die namenlosen Krieger besonders anrührend: nicht jeder Tote in der Ilias wird von einem Gott entrafft oder sofort von den Gefährten geborgen; weniger bedeutende Kämpfer läßt man zunächst liegen (8.491 = 10.199), Wagen fahren über die Leichen (11.533–537 ≈ 20.498–502), vielleicht ist auch an das berühmte Motiv der Tiere, die sich an den Leichen laben (1.4n.), zu denken (GRIFFIN 1980, 48. 137f.). χαλεπῶς ἦν: Zum prädikativ gebrauchten Adv. s. 1.416n., 6.131n.; SCHW. 2.414f.; CHANTR. 2.9.

425 2. VH = 14.7, 18.345, 23.41; ≈ 13.640. — jedoch: adversativ zum Vorhergehenden: zwar konnten sie die Toten zunächst nicht auseinanderhalten, doch durch die Reinigung wurde es möglich, Troianer und Griechen zu erkennen und zu trennen (ΑΗ; LEAF; KIRK). Es handelt sich hier also nicht um die übliche rituelle Waschung im Totenritual (16.666–683n.).

424 ἄνδρα (ϝ)έκαστον: zur Prosodie R 4.3. 425 ὕδατι (ν)ίζοντες: zur Prosodie M 4.6 (hier zudem an Zäsurstelle: M 8). — νίζοντες ἄπο: zur Stellung und Akzentuierung der Präposition R 20.2 (↑).

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ἄπο: ‘(wuschen) ab’. Das Kompositum ἀπονίζω steht im fgrE nur hier in tmesi (LfgrE s.v. νίζω, νίπτω, 402.1f.). — βροτόν: ‘getrocknetes Blut’, ‘Blutkruste’, im fgrE nur im Kontext der Waschung verwendet (anders das davon abgeleitete Adjektiv βροτόεις, allgemein Epitheton blutiger Rüstungen: LfgrE s.v.), außer in Od. 24.189 nur in der hier vorl. VEFormel (s. Iterata); Etymologie unklar (18.344–345n.; LfgrE). 426 δάκρυα θερµὰ χέοντες: zur flektierbaren Halbversformel, zum Formelsystem ‘Tränen vergießen’ und zu den Epitheta bei δάκρυ s. 16.3n.

427 Doch Priamos … ließ nicht weinen: Die Stelle galt lange als zentral in der Frage nach Homers Philhellenismus (Forschungsüberblick bei STOEVESANDT 2004, 1–43): Sind die Troer im Gegensatz zu den Griechen so weichlich, daß ihr König ihnen das Klagen verbieten muß? Diese Ansicht wurde seit der Antike oft vertreten (schol. AT), besonders prominent durch G.E. LESSING in seinem Laokoon: “[Homer] will uns lehren, daß nur der gesittete Grieche zugleich weinen und tapfer sein könne; indem der ungesittete Trojaner, um es zu sein, alle Menschlichkeit vorher ersticken müsse” (1766, 20f. [Kapitel 1]). Dagegen wurde eingewendet, daß das Leid der angegriffenen Troer größer sei als das der angreifenden Griechen – ebenso prominent durch J.G. HERDER (1769), der an anderer Stelle allerdings den Widerspruch zwischen “asiatischen, weicheren Völkern” und “härteren Griechen” wieder aufgreift (freilich nicht unbedingt zu Ungunsten der Troer [1794, 192–194]). Weiter wurde relativierend ergänzt, daß Priamos’ Verbot nicht die unterschiedlichen Mentalitäten abbilde, sondern die jeweiligen Gebräuche: es beziehe sich auf einen bei den Troern anders als auf griechischer Seite üblichen rituellen Klagegesang, der während der kurzen Schlachtunterbrechung nicht am Platze sei (JACOBS 1791). Diese Interpretation hätte eine Parallele im 24. Gesang, wo der König die lauten Klagen um Hektor, den von den Frauen angeführten thrḗnos, unterbricht und die Männer zu praktischem Handeln, zum Holzsammeln, anweist (24.778–781, s.d.). Dennoch läßt es sich kaum leugnen, daß die Stelle sich in eine generelle Charakterisierung der Troer als ‘lärmig’ und ‘unorganisiert’ hineinfügt (306–308n. und 344n.), so daß sie im Gegensatz zu den Griechen zum zielführenden Handeln ermahnt werden müssen; allerdings ist der Unterschied zwischen den Völkern nicht so scharf gezeichnet wie bisweilen insinuiert: Tatsache ist, daß auf beiden Seiten geweint wird (426) und die Trauer bei der Bestattung dann bei Griechen und Troern mit derselben Formulierung (428/431: ‘bekümmert im Herzen’) bezeichnet wird (KIRK); darüber hinaus wird später in der Ilias auch der größte Griechenheld Achilleus gezeigt, wie er bei der Aufschichtung des Scheiterhaufens für Patroklos und dessen Verbrennung laut weint und wehklagt (23.172, 23.178, 23.217ff.). – Die Ähnlichkeit der beiden Parteien ist kaum je stärker als in dieser Passage (417b–432n.). Daß der troianische König als einziger 426 ἀµαξάων: zur Flexion R 11.1. — ἐπάειραν: zur augmentlosen Form R 16.1. 427 εἴα: 3. Sg. Impf. zu ἐάω.

Kommentar

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Oberbefehlshaber genannt wird, mag damit zusammenhängen: die Krieger werden als Trauernde in ihrer Menschlichkeit vereint gezeigt; als Oberster genügt ein Name, der des Ältesten (DI BENEDETTO [1994] 1998, 94f. 387). — schweigend: Die Stellung am VE (gr. siōpḗi) unterstreicht das Pathos der ‘Totenstille’ (vgl. KIRK zu 431–432). µέγας: normalerweise generisches EpithetonP von Helden, hier wohl prägnant-übertragen i.S.v. ‘majestätisch, ehrwürdig’ wie 24.477 (s.d. mit Lit.). — σιωπῇ: bez. immer Schweigen auf eine Aufforderung hin (anders als σιγῇ), s. 3.8n. mit Lit. 428–429 ≈ 431–432. — ἐπενήνεον: problematische Imperfektform zu ἐπινηέω ‘aufhäufen’, nur hier und im Iteratvers; bisweilen als falsche Schreibung von ἐπενήεον verdächtigt (SCHW. 1.648 Anm. 3, gefolgt von LSJ); zur Diskussion s. DELG s.v. νηέω. Im fgrE immer, wie hier, mit Genitiv des Orts (LfgrE s.v. νηέω). — ἀχνύµενοι κῆρ: flektierbare VE-Formel (Nom. Sg./Dual/Pl., Akk. Sg.: 7× Il., 6× Od., ‘Hes.’ Sc. 435); κῆρ ist versfüllendes Element ohne kontextspezifische Bed. bei Vorgängen, die sich im seelischen Bereich abspielen (1.24n., 19.57n. mit Lit.); es wirkt leicht verstärkend (‘von ganzem Herzen, aus tiefer Brust’): LfgrE s.v. 1408.38ff. — ἐν δὲ πυρὶ πρήσαντες: ἐν πυρί ist Lokativ (SCHW. 2.458); allenfalls kann ἐν adverbial mit Bezug auf πυρκαϊῆς stehen (‘darin’) und πυρί entsprechend als bloßer Lokativ (GRAZ 1965, 232 mit Anm. 2). — προτὶ Ἴλιον ἱρήν: flektierbare VE-Formel, s. 20a n. 430 ὡς δ’αὔτως ἑτέρωθεν: signalisiert Perspektiven- und Szenenwechsel (wie 311n., 419n.; vgl. 1.247a n.); die Parallelität der Szenen wird durch ὡς δ’αὔτως (‘genau so’) ausgedrückt (BONIFAZI 2012, 289f.). — ἐϋκνήµιδες Ἀχαιοί: 57–59a n.

431–432 ≈ 428f. κοίλας ἐπὶ νῆας: 78n.

433–442 Die Griechen schütten früh am nächsten Morgen einen Grabhügel auf und bauen eine Mauer um ihr Schiffslager. 433–434 434 ≈ 24.789. — Die frühmorgendliche Versammlung um den heruntergebrannten Scheiterhaufen mit der anschließenden Bestattung hat inhaltlich und verbal starke Ähnlichkeiten mit der Schilderung von Hektors Beisetzung in 24.788– 789 (KIRK): ‘Und als die Frühgeborene kam, Eos mit Rosenfingern, | da sammelte das Volk sich um den Scheiterhaufen des ruhmreichen Hektor’. Angesichts der ausführlichen Verhandlung der Bestattungsthematik in diesem Gesang gerade auch in bezug auf Hektor (76–91n.) mag hier durchaus auch eine AntizipationP des Endes der Ilias vorliegen. – Der vage Eindruck, Griechen und Troer hätten die Nacht bei 428 κῆρ: Akk. der Beziehung (R 19.1). 429 ἔβαν: 3. Pl. Wurzel-Aor. (statt ἔβησαν: R 16.2). — προτὶ Ἴλιον ἱρήν: 82n. 430 ὣς … αὔτως: ‘so auf ebendieselbe Weise, ebenso’. 433–434 ἦµος … τῆµος: ‘als …, da’ (vgl. R 22.2). — ἠώς: = ἕως. — ἄρ … | … ἄρ(α): hier wohl v.a. aus metrischen Gründen gesetzt (R 24.1). — πυρήν: zur Form (-η- nach -ρ-) R 2. — ἤγρετο: Aor. Med. zu ἀγείρω.

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den Toten verbracht, ergibt sich aus der LeerstelleP der nicht explizit erwähnten Nachtruhe und der Dichte der darauffolgenden Zeitangaben (381–417a n.). Dieser Eindruck paßt zur Bestattungssituation: Am brennenden Scheiterhaufen ist das nächtliche Verweilen üblich; dies wird sowohl bei Patroklos’ Bestattung (23.217– 226) als auch bei der des Achilleus erwähnt (Od. 24.65–72). Eine Leerstelle findet sich wie hier auch im Kontext der Bestattung des Hektor (24.784–804n.). ἦµος δ’ οὔτ’ ἄρ πω … ἔτι δ(έ) … | τῆµος ἄρ(α): Daß οὔτ(ε) mit δ(έ) korrespondiert, ist selten, kommt aber bisweilen vor (vgl. 24.368), “wenn das zweite Glied einen Gegensatz zu dem ersten ausdrückt” (K.-G. 2.292; DENNISTON 511): Morgenröte als Gegensatz zum Zwielicht. Vgl. 24.368n. — ἀµφιλύκη: hapax legomenonP im fgrE (sonst nur Apoll.Rhod. 2.671); ‘um die Zeit des Hellwerdens’, Bildung unsicher, wohl Hypostase aus ἀµφὶ λύκην wie ἀνάλογος von ἀνὰ λόγον (LSJ; DELG s.v. *λύκη); allenfalls ist ἀµφιλύκη als (einzige) homerische Belegstelle für den später belegten Sinn des Präfixes als ‘unsicher, zweifelhaft’ (wie im späteren Griechisch ἀµφίλογος, ἀµφιγνοεῖν) zu fassen (LEAF). — κριτὸς ἤγρετο λαός: Es ist unklar, inwiefern die Schar, die Grabhügel und Wall baut, ‘erlesen’ ist; Nestor hatte in 336ff. wohl alle Griechen aufgefordert (336: ‘einen Hügel schütten wir auf’). Möglicherweise ist κριτός a. Folge einer mündlichen Vorprägung, “not specifically thought out in context” (KIRK), i.e. eine klangliche Parallele zu dem ähnlich klingenden κλυτοῦ an derselben Stelle des beinahe identischen V. 24.789; oder b. es handelt sich wirklich um eine Schar von ‘Auserlesenen’, die abgeordnet worden sind, nachts das Feuer zu hüten, wie auch Achilleus die ganze Nacht am Scheiterhaufen des Patroklos sitzt (23.217ff.), bis ihn am nächsten Morgen Agamemnons Eintreffen aufweckt (23.234). In diesem Fall wäre wieder die ursprüngliche Lesart der HSS bedenkenswert, die ἔγρετο (von ἐγείροµαι ‘erwachen’) statt ἤγρετο haben (von ἀγείροµαι ‘sich versammeln’, coni. Düntzer): MURRAY 2002. S. dazu ausführlich 24.789n. mit Lit.

435–440 ≈ 336–341, s.d. 436b–437 πύργους ὑψηλούς: Die jüngeren HSS fügen hier θ’ ein (‘die Mauer | und hohe Türme’); tatsächlich wirken die Türme als reine Apposition zur Mauer etwas sperrig, da die beiden Elemente ja nicht identisch sein können. Erklärbar ist das Fehlen einer Konjunktion durch die Annahme einer leicht unlogischen asyndetischen Aufzählung aus drei Gliedern: τεῖχος und πύργους als separate Einheiten, εἶλαρ als Apposition zu beidem (‘und an ihm bauten sie die Mauer, hohe Türme, eine Schutzwehr …’).

441 = 9.350, wo Achilleus den Graben mit verächtlichen Worten beschreibt: auch mit Graben und Pfählen werde der Festungsbau Hektor und die Troer nicht zurückhalten, solange Achilleus nicht persönlich anwesend sei. — Spitzpfähle: von Nestor in seiner allgemeineren Ausführung nicht angeordnet; im Erzählertext hat dieses Detail eher Platz (KIRK). Die Palisaden werden 12.55–57 und 15.63f.

435–440 ≈ 336–341 (s. d.). — ποίεον: zur unkontrahierten und augmentlosen Form R 6, 16.1. — ἐπ’ αὐτῷ: bezieht sich auf τεῖχος, ‘direkt daran’. — ὄρυξαν: zur augmentlosen Form R 16.1. 441 ἐν: adv. (R 20.2), ‘darin’. — κατέπηξαν: Aor. zu καταπήγνυµι ‘einrammen’.

Kommentar

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nochmals prominent erwähnt; an der ersten Stelle erscheint es allerdings, als seien sie nicht im Graben plaziert, sondern oben an dessen Rändern. Dies ist erklärbar, wenn man die Ränder unterschiedlos als Teil des Grabens betrachtet (HAINSWORTH zu 12. 63–64); oder es handelt sich um eine der Inkonsistenzen in der Beschreibung der Festungsanlage (dazu 313–482n. a.E.; beim Graben wird die Beschreibung je nach szenenspezifischer Notwendigkeit konkreter: DE JONG 2012, 29). σκόλοπας: nur im Pl. verwendete Bez. für die Pfähle, die als Befestigungswehr in Verbindung mit einer Mauer vorkommen, in der Ilias nur von der Befestigung des Schiffslagers sowie 18.177 eventuell von der Stadtbefestigung Troias (s.d.), Od. 7.45 von der Stadtmauer der Phäaken: LfgrE s.v.

442 1. VH = 5.84, 5.627. — die Langhaar tragenden Achaier: 85n. 443–464 Poseidon beklagt sich bei Zeus, daß die Griechen die Mauer gebaut hätten, ohne zuvor den Göttern ein Opfer darzubringen; überdies äußert er Besorgnis, daß die neue Befestigungsanlage den Ruhm der Mauer um Troia verblassen machen werde, die er gemeinsam mit Apollon erbaut habe. Zeus gestattet ihm, die neue Mauer nach dem Abzug der Griechen zu zerstören. Die Szene hat eine deutliche Parallele in der Odyssee (13.125ff.), wo Poseidon sich ebenfalls bei Zeus beklagt, daß sein Wille nicht geachtet werde; dort geht es um Poseidons Feind Odysseus, der auf dem Schiff der Phaiaken nach Ithaka zurückgebracht wird. Auch in der Odyssee ermutigt Zeus Poseidon und schlägt wiederum selbst das weitere Vorgehen vor, nämlich, das phaiakische Schiff zur Strafe in Stein zu verwandeln. Für einen detaillierten Vergleich (mit analytischen Schlußfolgerungen) s. USENER 1990, 67–80. Zu weiteren Reden empörter Götter s. 24.33–54n.; s. auch LOUDEN 2011, 21, mit der Parallele der gekränkten Ishtar im Gilgamesch-Epos. 443–444 444 ≈ 4.1. — Die Götter aber … | bestaunten: Durch Beschreibungen göttlichen Beobachtens werden im homerischen Epos bisweilen Szenenwechsel geglättet, vgl. 17–18n. ἀστεροπητῇ: ‘Blitzeschleudrer’, noch 1.580, 1.609, 12.275, Hes. Th. 390, wie hier am VE, aber immer im Nominativ. Distinktives Wetter-EpithetonP wie insgesamt 9 der 61 hom. Beiwörter des Wettergottes Zeus (1.354n.). — θηέοντο: att. θεάοντο; zur ionischen Vermischung der Verben auf -έω und -άω s. CHANTR. 1.351. — Ἀχαιῶν χαλκοχιτώνων: 275–276n.

442 ὥς: = οὕτως. — κάρη κοµόωντες: 85n. (ebenso 448, 459, 472, 476). 443 πάρ = παρά (R 20.1). — Ζηνί: zur Flexion R 12.5. — καθήµενοι ἀστεροπητῇ: zur sog. Hiatkürzung R 5.5. 444 θη͜έοντο: Impf. zu θηέοµαι (­); zur Synizese R 7. — θηέοντο (µ)µέγα: zur Prosodie M 4.6. — µέγα (ϝ)έργον: zur Prosodie R 4.3.

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445 = 21.287; 2. VH insges. 14× Il., 10× Od., 1× Hes., 3× ‘Hes.’ — fing die Reden an: Die Götterversammlung ist, wie meistens, nicht explizit einberufen worden (nur in 8.2ff. und 20.4ff. lädt Zeus zur Versammlung: KURZ 1966, 52), sondern einer der beobachtenden Götter beginnt die Diskussion. I.d.R. sind zwar alle Götter anwesend, oder eine große Zahl von ihnen (443: ‘Die Götter aber’), aber nur wenige ergreifen tatsächlich das Wort. Poseidon tritt hier als jüngerer, aufbegehrender Bruder des Zeus auf, wie auch sonst in der Ilias (14.135–152n.). Im Götterrat spricht er nur hier, ist aber auch sonst als wichtiges Mitglied dargestellt (24.22f. ist er im Rat anwesend; in Od. 1.22–95 nutzt Zeus seine Abwesenheit, um Odysseus’ Heimkehr durchzusetzen: SCHULZ 2011, 26 mit Anm. 108). Auch sonst sind die Reden der Götter durch ihre Beobachtung motiviert: vgl. 4.1ff., wo Zeus auf den Zweikampf zwischen Paris und Menelaos reagiert, und 24.31–76 (s.d.), wo Apollon das Wort ergreift, nachdem die Götter die Schändung von Hektors Leichnam mitangesehen haben. — Erderschütterer: Poseidon ist nicht nur Meergott, sondern hat auch Macht über Erdtiefe und Erdbeben (14.135n. mit Lit., dort auch zum Fehlen dieser Funktion auf kultischer Ebene). Diese Funktion spielt auch bei der späteren Vernichtung der griechischen Mauer durch Poseidon eine Rolle (12.27– 29). τοῖσι δὲ µύθων ἦρχε: VA-Formel (7× Il., 10× Od.); Rede-EinleitungP; zum Lokativ τοῖσι s. 123n. — ἐνοσίχθων: insges. 23× Il., 18× Od., 4× Hes., mit einer Ausnahme immer im Nom.; jüngeres Synonym in den obliquen Kasus ist das substantivisch verwendete Ἐννοσίγαιος in 7.455 (14.135n.).

446 auf der endlosen Erde: Das Adjektiv ‘endlos’ (gr. apeírōn) ist hyperbolisch: Es bezeichnet i.d.R. Dinge, die grenzenlos erscheinen, ohne es tatsächlich zu sein (LfgrE s.v. ἀπείρων); die Erde ist im homerischen Epos durchaus als begrenzt gedacht: sie wird vom Okeanos umflossen (14.200n.). Ζεῦ πάτερ: 179–180n. Die VA-Formel ist öfter wie hier mit emphatischem ἦ (ῥά) kombiniert; vgl. bes. 8.236, wo sie ebenfalls eine Frage von hyperbolischer Universalität einleitet. — βροτῶν ἐπ’ ἀπείρονα γαῖαν: VE-Formel, noch Od. 17.386, 19.107; vgl. die Varianten in Hes. Op. 487 βροτοὺς ἐπ’ ἀπείρονα γαῖαν, Od. 15.79 πολλὴν ἐπ’ ἀπείρονα γαῖαν und Od. 17.418 σε κλείω κατ’ ἀπείρονα γαῖαν; kontextsemantisch in Verbindung mit dem Thema ‘Ruhm’ verwendet (SACKS 1987, 38–43). Daneben ἠδ’ ἐπ’ ἀπείρονα γαῖαν am VA: 24.342n. 447 νόον καὶ µῆτιν: hier synonym als “Resultat geistiger (planender) Tätigkeit” (JAHN 1987, 56f.); ebenso 15.509. — ἐνίψει: kontextbedingt eher von ἐνέπειν (‘berichten’) als von

445 τοῖσι: zur Flexion R 11.2; zur demonstr.-anaphor. Funktion von ὅ, ἥ, τό R 17. — τοῖσι … ἦρχε: vgl. 123n. — Ποσειδάων: Nom.; zur unkontrahierten Form R 6. 446 ῥα: = ἄρα (R 24.1). — γαῖαν: = γῆν (ebenso 460). 447 ὅς τις: = ὅστις. — ἀθανάτοισι: Anfangssilbe metrisch gedehnt (R 10.1). — νόον: ‘Gesinnung, Absicht’; zur unkontrahierten Form R 6.

Kommentar

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ἐνίπτειν (‘tadeln’): Poseidon moniert, daß das Unterfangen des Mauerbaus nicht von Opfern begleitet (450) und so den Göttern kommuniziert wird, die ihren Segen dazu geben sollen. ἐνέπειν und ἐνίπτειν wurden jedoch häufig verwechselt; möglicherweise hat die Form ein ursprüngliches ἐνέψει ersetzt (CHANTR. 1.442f.; DELG s.v. ἐννέπω; KIRK; LEAF).

448 2. VH nach der Zäsur B 2 = 459, 18.6. — nun wieder mal: gr. dḗ áute, in dir. Rede fast immer in indignierten, oft nur rhetorischen Fragen; hier klar übersteigert, weil keine eigentliche Wiederholung vorliegt; ähnlich Od. 10.281, wo Hermes Odysseus darauf anspricht, daß er ‘wiederum’ allein auf der Kirke-Insel Aiaia unterwegs ist, obwohl er sich dort nicht auskennt, und 11.93, wo der Schatten des Teiresias Odysseus fragt, warum er ‘wiederum’ zu den Toten kommt (LfgrE s.v. αὖτε 1583.55ff., s. 1.202n.; BONIFAZI 2012, 245 mit Anm. 178). οὐχ ὁράᾳς: VA-Formel (noch Il. 15.555, 21.108, Od. 17.545). — ὅ τε: leitet häufig faktische Ergänzungssätze (‘daß’, vgl. lat. quod) ein, wie hier; daneben existiert die kausale Bed. ‘weil’ (SCHW. 2.645, CHANTR. 2.288f.). Zum Usus der Getrenntschreibung s. 1.244n.

449–450 ≈ 12.5–6 (12.6 athetiert von WEST). — nicht den Göttern schönste Hekatomben: Der Bau einer temporären Befestigungsanlage im Krieg mag in der Vorstellung der Figuren einen Grenzfall darstellen, bei dem Opfer nicht automatisch notwendig erscheinen, zumal an dieser Stelle Eile herrscht (KIRK). Nicht nur Poseidon zeigt sich darüber beleidigt: Als im 12. Gesang von der Zerstörung der Mauer berichtet wird, heißt es, sie sei ‘gegen den Willen der Götter’ erbaut worden (12.8); Zeus und Apollon helfen bei der Zerstörung mit. – Das Opfer hätte die Götter bis zu einem gewissen Grad verpflichtet, die Opfernden zu unterstützen, vgl. diverse Passagen, in denen Götter in der Diskussion mit anderen Göttern die Opfer der Sterblichen als Argument für deren Unterstützung vorbringen: 4.30ff. (Zeus-Hera/Troia), 8.198ff. (Hera-Poseidon/Griechen), 20.292ff. (Poseidon-Götterversammlung/Aineias), 22.168ff. (Zeus/Hektor), 24.66ff. (Zeus/Hektor), Od. 1.59ff. (Athene-Zeus/Odysseus); umgekehrt sind die Götter auch an anderen Stellen verärgert über nicht erbrachte Opfer, so Il. 9.533ff. (Artemis/Oineus); 23.859ff. (Apollon/Teukros); Od. 4.451ff. (Götter/Menelaos): PARKER 1998, 116–118. – Das EpithetonP ‘gerühmt’ (gr. kleitós) bezieht sich wohl auf die beeindruckende Größe des Opfers; es steht in der Ilias sonst noch bei (meist troianischen) Hilfsvölkern (6.227n.) und Städten: LfgrE s.v. κλειτός. τεῖχος ἐτειχίσσαντο: diese figura etymologica im fgrE nur hier; zu Parallelen s. FEHLING 1969, 156f. Τειχίζω ist denominatives Verb zu τεῖχος mit verselbständigtem Suffix -ίζω

448 ὁράᾳς: zur unkontrahierten Form R 8 und G 48. — ὅ τε: ‘daß’. — δὴ α ͜ ὖτε: zur Synizese R 7. 449 ἐτειχίσσαντο: zum -σσ- R 9.1. — νεῶν ὕπερ: = ὑπὲρ νεῶν (R 20.2), hier: ‘zum Schutz der Schiffe’. — ἀµφί: adv. (R 20.2). 450 ἤλασαν: mit τάφρον (449) als Objekt: ‘sie zogen’. — οὐδέ: konnektives οὐδέ steht bei Homer auch nach affirmativen Sätzen (R 24.8). — δόσαν: zur augmentlosen Form R 16.1.

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(das bei πολίζω [453: πολίσσαµεν] noch bloßes -ζω ist): SCHW. 1.735. Üblicher ist die Kombination von τεῖχος mit δέµω als Verb (13.683) oder Adjektiv εΰδµητος (12.36, 12.137, 21.516). Die ungewöhnliche Ausdrucksweise des wütenden Poseidon entspricht der Beobachtung, daß tautologische Sprechweisen häufig ärgerliche Sprecher charakterisieren (CLARY 2009, 68f.). — οὐδέ: leitet parataktisch einen Gegensatz zum Vorherigen ein: ‘und/aber nicht’, ‘ohne zu’ (AH). — κλειτὰς ἑκατόµβας: flektierbare VE-Formel (noch Akk. Sg. und mit Erweiterung des Epithetons zu ἀγακλειτάς): 4.102, 4.120, 12.6 (von WEST athetiert), 23.864 (von West athetiert und nur im App. gedruckt), 23.873, Od. 3.59, 7.202, ‘Hes.’ Sc. 479. Zum Begriff ἑκατόµβη ‘Opfer von hundert Rindern’, d.h. allgemein ‘großes Opfer’, s. 1.65n.

451–453 451 ≈ 458. — Soweit das Frührot sich verbreitet: metonymisch für ‘über die ganze Welt (KIRK). Der Ausdruck ist verwandt mit den homerischen Vergleichen für Längenmaße (Wurfweite, Rufweite, Sichtweite etc.): s. 3.12n. mit Stellen und Lit. Vermutlich ist bei der räumlichen Verbreitung auch die akustische Dimension von Ruhm mitgedacht (gr. kléos = Verbalnomen von einem Wort für ‘hören’: FRISK, DELG): WILLE 2001, 56f. Wendungen, die die Vorstellung von ‘weit verbreitetem Hörensagen/Ruhm’ umschreiben, sind im fgrE generell häufig, s. 6.111n. mit einer Übersicht. — das aber werden sie vergessen: Hier liegt der Mythos zugrunde, demzufolge Poseidon und Apollon für den troischen König Laomedon die Stadtmauer bauen mußten, ein Dienst als Sühne für einen Aufstand gegen Zeus (diese Ursache nennen schol. T zu 21.444, schol. zu Pind. Ol. 8.41b und Tzetzes schol. zu Lyk. 34; s. dazu KULLMANN 1956, 14–18; zum Aufstand fast aller Götter, der nur mit Hilfe des hundertarmigen Briareos unterdrückt wird, s. 1.396– 406n.). Die Aussage, Poseidon habe die troianische Mauer gemeinsam mit Apollon gebaut, steht im Widerspruch zu 21.441ff., wo der Meergott erklärt, er selber habe die Mauer gebaut, während Apollon die königlichen Rinderherden gehütet habe (eventuell Kontamination des vorl. Mythos mit dem des Admetos, dem Apollon zur Strafe für den Mord an den Kyklopen als Hirte dienen muß). Diese Abweichung ist jedoch nicht überzubewerten, da die Geschichte in unzähligen Varianten überliefert ist (Stellensammlung bei GUNNING 1924) und Apollon bisweilen sogar als alleiniger Baumeister der Mauern gilt (z.B. Eur. Andr. 1009f.). Auch in der Ilias ist möglicherweise noch auf eine dritte Version angespielt, in der der Sterbliche Aiakos den beiden Gottheiten beim Bau zur Hand geht (6.433–434n.). Poseidon bemüht an den beiden Ilias-Stellen jeweils die Variante, die seiner Argumentation am

451 τοῦ … τοῦ: zur demonstr.-anaphor. Funktion von ὅ, ἥ, τό R 17 (ebenso 452). — ἤτοι: ‘fürwahr’ (R 24.4). — ὅσον: adv. ‘so weit’. — ἠώς: = ἕως. 452 ἐπιλήσονται: allg. Subjekt: ‘man wird vergessen’. — τὸ ἐγώ: zum Hiat R 5.6 und 5.7. — τό: in der Funktion von ὅ (R 14.5). 453 πολίσσαµεν: augmentloser (R 16.1) Aor. zu πολίζω ‘bauen’ (­); zum -σσ- R 9.1. — ἀθλήσαντε: zum Dual R 18.1.

Kommentar

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dienlichsten ist (RICHARDSON zu 21.441–457; DI BENEDETTO [1994] 1998, 70f.): Im 7. Gesang wirkt die mangelnde Wertschätzung der troianischen Stadtmauer gravierender, wenn es sich nicht nur um Poseidons persönliche Leistung handelt, sondern um ein von zwei Göttern ‘unter schwerer Arbeit’ gefertigtes Bauwerk – es geht nicht um mangelnde Verehrung des Poseidon, sondern der Götter an sich (entsprechend Poseidons einleitenden Bemerkungen über das unterbliebene Opfer). Im 21. Gesang hingegen erinnert Poseidon Apollon in detaillierter Weise an die Mühen, die jeder von ihnen auf sich genommen hatte, um dann von Laomedon um den verdienten Lohn geprellt zu werden – in der Absicht, Apollon von der Unterstützung der Troer abzubringen. — Phoibos Apollon: Beiwort Apollons von unklarer Herkunft (1.43n. mit Lit.). τοῦ … | τοῦ: Das erste Pronomen bezieht sich zurück auf τεῖχος (449), das zweite weist auf τό voraus und meint die troische Stadtmauer. — ἐπικίδναται: nur im Medium belegt; [σ]κίδναµαι ist ep.-poet. Nebenform zu σκεδάννυµαι (‘sich verbreiten’). Im fgrE nur dreimal: hier und an der Iteratstelle für das Licht der Morgenröte, 2.850 von Wasser (s.d. und LfgrE s.v. [σ]κεδάσσαι, σκίδν[ηµι], [σ]κίδναµαι 139.23ff.). Das Simplex κίδναµαι steht auch 8.1 und 23.227 ≈ 24.695 mit der Morgenröte als Subjekt. — Φοῖβος Ἀπόλλων: sehr häufige VE-Formel, daneben flektierte Varianten am VA (16.527n.). — ἥρῳ: im fgrE nur hier und Od. 8.483; sonst immer dreisilbig ἥρωϊ. — πολίσσαµεν: πολίσσαι heißt hier nicht ‘Stadt gründen’, wie an den anderen beiden Stellen im fgrE (20.217, ‘Hes.’ fr. 240.5 M.-W.), sondern ‘(Mauer) erbauen’: LfgrE; möglicherweise aber doch in Abgrenzung der ‘echten’ Stadt von dem durch die neue Mauer lediglich ‘befestigten Lager’ (RABEL 1997, 111f.). — ἀθλήσαντε: ἀθλέω < *ἀϝεθλέω, ‘sich abmühen’, ist denominatives Verb zu ἄεθλος, wie ἀ(ε)θλεύω, aber seltener: nur hier und 15.30 (RISCH 332–335; LfgrE).

454 = Hes. Th. 558; ≈ 1.517, 4.30. — Doch … antwortete recht unmutsvoll: RedeEinleitungsformelP, außer von Zeus (Iteratstellen) noch von Poseidon (8.208, 15.184), Achilleus (16.48, 18.97, 19.419, 22.14), Menelaos (17.18, Od. 4.30, 4.332), Eumaios (Od. 15.325, dort in der 2. Ps. als Anastrophe). S. auch 1.517n., 6.48n., 19.419n. mit Lit. ὀχθήσας: Das Verb umfaßt verschiedene Grade emotionaler Erregung (16.48n. mit Lit.); hier ist wohl am ehesten Gereiztheit gemeint (aufgrund von Poseidons Empfindlichkeit, vgl. den entnervten Ausruf ὦ πόποι in 455): von Zeus in Situationen, wo er zu Entscheidung, Konfrontation oder Klarstellung genötigt wird (LfgrE s.v. 903.59ff.). – Mit ὀχθήσας eingeleitete Reden beginnen entsprechend der Erregung häufig kraftvoll (oft mit ὦ µοι oder wie hier mit ὦ πόποι): LfgrE a.O. 903.37ff. — νεφεληγερέτα Ζεύς: 280–281n. 455 = Od. 13.140 ≈ Il. 8.201. — ὦ πόποι: 124–125n. — Ἐννοσίγαι’: 445n. — εὐρυσθενές: EpithetonP des Poseidon, immer in der Vokativ-Formel; wohl kontextsensitiv, da es an allen drei Stellen um die Verehrung und den Ruhm des Meergottes geht. — οἷον ἔειπες: ‘was hast

454 µέγ(α): adv., ‘sehr’. — νεφεληγερέτα: 280n. 455 πόποι, Ἐννοσίγαι’: zum Hiat R 5.5 und 5.6. — Ἐννοσίγαι’ εὐρυσθενές: zum Hiat R 5.1. — οἷον (ϝ)έειπες: Das Digamma ist nicht berücksichtigt (R 4.6). — ἔειπες: = εἶπες (vgl. 23n.).

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du da gesagt!, was redest du da!’, zusammen mit der prosod. Alternative ποῖον ἔειπες (konsonant. Anlaut) 5× Il., 4× Od., stets am VE, mit exklamativer Funktion (außerdem 3× Il. als Objektsatz am VE). Dieselbe Versstruktur mit Interjektion, Anrede und der vorl. Wendung in 8.152, 16.49, Od. 13.140; zu weiteren Parallelstellen s. 16.49n. (auch dort, wie öfter, asyndetischer Anschluß des erklärenden Nachfolgeverses).

456–457 weit schwächer: Das Motiv der persönlichen Unter- oder Überlegenheit kommt in der Ilias vielfach vor, vgl. oben 113–114n. νόηµα: hier wohl eher nicht das ‘Vorhaben’ der Griechen, also den Mauerbau (so LfgrE s.v. 417.49ff.), denn dieser ist ja bereits erfolgt und nicht mehr nur ‘Vorhaben’. Eher bezeichnet der Begriff hier Poseidons ‘Gedanken’, daß seine eigene Leistung in den Hintergrund treten werde. — ἀφαυρότερος: 235n. — χεῖράς τε µένος τε: vgl. 309n.

458 ≈ 451. 459 die Langhaar tragenden Achaier: 85n. ἄγρει µάν: ἄγρει ist ein zur Interjektion gewordener urspr. Imp. zu ἀγρέω; µάν steht empathisch dabei (DENNISTON 331): ‘auf/wohlan denn’, ‘faß schon an’. Noch 3× Il. und 2× Od. (davon 1× Pl.); Einleitung eines weiteren Befehls im Imperativ (14.271n. mit Lit.). µάν stellt mit µέν und µά (und att. µήν) eine etymologische Einheit dar; häufig in Sätzen, die in korrelativem Verhältnis zum Folgesatz stehen; entsprechend drängen Partikelverbindungen schon früh den Gebrauch der alleinstehenden Formen zurück (vgl. im Attischen µέν … ̣ δέ); hier ist dieser allerdings noch gegeben (SCHW. 2.569f.). — αὖτε: hier zeitlich ‘später einmal’ (LfgrE s.v. 1584.20ff.), im Gegensatz zur jetzigen Situation (AH). 460 = 15.499 ≈ 2.140, 9.27. — φίλην ἐς πατρίδα γαῖαν: VE-Formel (16× Il., 13× Od., 1× ‘Hes.’; davon insgesamt 10× mit einer Form von νηῦς ‘Schiff’ in der 1. VH): 16.832n., dort auch zu φίλην (s. auch oben 44–45n.).

461–463 462 ≈ 12.31. — ProlepseP der Mauerzerstörung; ‘Kurzversion’ der detaillierteren Schilderung in 12.17–32, wo sich wörtliche Echos finden (s. Iteratvers). Poseidon und Apollon wenden Flüsse gegen die Mauer; Zeus läßt es regnen, so daß die Mauer ins Meer geschwemmt wird (Poseidon hilft zusätzlich mit dem Dreizack nach); hinterher wird der Strand mit Sand in seinen ursprünglichen Zustand versetzt und die Flüsse werden zurückgeleitet, so daß von der griechischen Mauer nichts mehr zu sehen ist (vgl. oben 313–482n.). – Zu kleineren Unstimmigkeiten zwischen den Versionen und der Kritik der antiken Scholien s. NICKAU 1977, 178–180. 456 κεν: = ἄν (R 24.5). — δείσειε: Opt. Aor. zu δείδω ‘fürchten’. 457 σέο: = σοῦ (R 14.1). — πολλόν: adv. Akk., ‘um vieles’; zur Flexion R 12.2. — χεῖράς … µένος: Akk. der Beziehung (R 19.1). 459 µάν ≈ µήν: hervorhebend (R 24.7). — κάρη κοµόωντες: 85n. 460 νηυσί: zur Flexion R 12.1. — ἐς: = εἰς (R 20.1). 461 ἀναρρήξας: Ptz. Aor. zu ἀναρρήγνυµι ‘zerstören’. — τό: zur demonstr.-anaphor. Funktion von ὅ, ἥ, τό R 17 (­). 462 ἠϊόνα (µ)µεγάλην: zur Prosodie M 4.6 (hier zudem an Zäsurstelle: M8). 463 κεν: = ἄν (R 24.5). — τοι: = σοι (R 14.1); dat. ethicus oder commodi.

Kommentar

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τὸ µέν: nimmt τεῖχος nochmals auf, um es vom Folgenden abzusetzen, vgl. Od. 1.116f.: µνηστήρων τῶν µὲν σκέδασιν κατὰ δώµατα θείη, τιµὴν δ’ αὐτὸς ἔχοι (AH). — καταχεῦαι: Inf. Aor. zu καταχέω, hier imperativisch gebraucht; ebenso καλύψαι zu καλύπτω im Folgevers. Imperativische Infinitive wurden wegen ihrer häufigen Verbindung mit prospektiven Konditionalsätzen (hier 459f.) auch als futurisch gedeutet (4.42n. mit Lit.), was hier v.a. in Verbindung mit ἔσται in 458 gut passen würde. — ἀµαλδύνηται: ‘zerstören, schwächen, entstellen’; im fgrE sonst nur noch an der zweiten Stelle, wo die Mauerzerstörung thematisiert wird (12.18, 12.32, entsprechend ebf. mit τεῖχος als Objekt), und in h.Cer. 94 (mit εἶδος als Objekt – die trauernde Demeter entstellt ihre Schönheit). Das Verb ist wohl Denominativum zu *ἀµαλδύς; bis auf den (unklar motivierten) Anlautvokal entspricht es lat. mollis (< *moldṷis), skr. mr̥ dú- ‘weich, zart’. Zu möglichen Verbindungen mit βλαδύς, µέλδοµαι, ἀµαλός etc. s. FRISK, DELG, BEEKES s.v. ἀµαλδύνω.

464 Rede-AbschlußformelP, 8× Il., 16× Od. Das SummaryP, hier die kurze Zusammenfassung des Göttergesprächs, leitet immer auch einen Szenenwechsel zu einem anderen Handlungsstrang ein (16.101n. mit Lit.). 465–8.1 Nachtmahl der Griechen und Troer; böse Vorzeichen; Nachtruhe Die letzte Szene des Gesangs bildet mit dem Beginn des 8. Gesangs eine typisierte EreignissequenzP: ‘Sonnenuntergang – Essen – Schlafen(gehen) – Sonnenaufgang’ (zu weiteren Beispielen s. 1.475–477n.). Sie beginnt mit einem friedlichen Genrebild in zufriedener Stimmung: nach dem Abschluß des großen Werkes (“a feeling of accomplishment”: KIRK zu 466–482) kaufen sich die Griechen Wein und lassen sich ein Festmahl schmecken; letzteres tun auch die Troianer und ihre Verbündeten. Der Gabentausch im Kontext des Weinhandels bringt erneut die Metapher vom griechischen Lager als einer befestigten Stadt ins Spiel (RABEL 1997, 110f.), durch die es zum Gegenbild von Troia selbst wird (313–482n.). Das ‘Gewimmel’ am Strand bildet einen eindrucksvollen Kontrast zu 459–463, wo Zeus die künftige Leere des Ortes voraussagt, und schafft damit einen größeren Zusammenhang, “the emotional environment in which the poet saw his story” (OWEN 1946, 80f.). Entsprechend kippt die Atmosphäre in den letzten Versen, und der Gesang endet auf einer düsteren Note: Zeus, der beiden Parteien Böses sinnt (476–478n.), läßt es donnern, in der Ilias öfter ein böses Vorzeichen (KELLY 2007, 113–115), symbolisch für den Klang der kommenden Schlacht (OWEN a.O. 81), worauf die Männer von Furcht ergriffen werden und Trankopfer spenden (KIRK zu 476–482). Im homerischen Erzählertext wird die Weigerung eines Gottes, ein Opfer anzunehmen, öfter als ProlepseP von Unheil eingesetzt (2.419–420n.; NAIDEN 2013, 168f.); hier kann davon strenggenommen nicht die Rede sein, weil die Trankspenden als Reaktion auf die bösen Vorzeichen erfolgen und nicht umgekehrt die Offenbarung göttlichen Wissens als Reaktion auf eine Opferhandlung (so insinuiert von STOCKINGER 1959, 111); die Gleichzeitigkeit von Donnerschlägen und Bankett 464 ὥς: = οὕτως.

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(476–478n.) verwischt jedoch diese Kausalitätslogik. – Durch die zahlreichen Imperfektformen in den Vv. 472 und 477–480 erhalten die dargestellten Handlungen eine höhere Anschaulichkeit; “der Seher und Sänger sieht sie nicht vollendet, sondern wie sie sich vollenden” (SCHW. 2.276); dies ändert sich ab dem Ende von 480, wo die nun folgenden Aoristformen das Tempo des Abschlusses steigern, “gewissermaßen Schlag auf Schlag” (SCHW. 2.277). 465 δύσετο δ’ ἠέλιος: VA-Formel, nur hier in der Ilias, 10× Od., dort freilich δύσετό τ’ ἠέλιος, eine Lesart, die auch für die vorl. Stelle überwiegend belegt ist; allerdings steht sie sonst stets am Satzbeginn, nicht wie hier nach dem typischen SummaryP 464 (s.d.), auf das immer ein beigeordneter Hauptsatz folgt. Folglich wäre die Partikel τε hier kaum zu erwarten (RUIGH 175f.). Zum thematischen s-Aorist δύσετο s. 19.36n. — τετέλεστο δὲ ἔργον Ἀχαιῶν: Eine ähnliche Formulierung findet sich in der sprichwörtlich klingenden Wendung ἅµα µῦθος ἔην, τετέλεστο δὲ ἔργον, ‘gesagt, getan’ (19.242, s.d. und vgl. Od. 22.479); womöglich liegt auch hier der Fokus auf dem vollständigen Abschluß des Werkes in kurzer Zeit.

466–475 Die Szene, in der die Griechen sich bei den Schiffen des Euneos von der Insel Lemnos mit Wein versorgen, wurde bisweilen für einen späteren, attischen Einschub gehalten. Tatsächlich gibt es eine kontextuelle Unstimmigkeit (WEST 2011 zu 466–481): 9.71f. heißt es, die Griechen bezögen ihren Wein täglich aus Thrakien; hier jedoch stößt eine Lieferung aus Lemnos bei den Truppen auf enormes Interesse, so daß sich der Eindruck ergibt, es handele sich um besonderen Luxus. Das Argument, die durchzechte Nacht (476f.) stehe im Widerspruch dazu, daß die Griechen schließlich schlafen gehen (482; WEST a.O.), leuchtet nicht recht ein; es spricht nichts dagegen, daß sie sich in den Morgenstunden schlafen legen. Weitere Argumente gegen die Echtheit der Stelle sind die im fgrE sonst nicht belegte Vokabel ἀνδραπόδεσσι (aber s. 473–475n.), ferner die Figur des Euneos, Ahnherr des attischen Geschlechts der Euneiden (z.B. WACKERNAGEL 1916, 154– 156; VON DER MÜHLL 1952, 142f.), schließlich das in 466 verwendete Hapax legomenonP βουφόνεον für ‘sie schlachteten Rinder’ (FINGLASS 2006, 190–192; aber s. 466n.). Jeder der genannten Punkte kann als mehr oder weniger untypisch für das homerische Epos gelten; insofern ist die Stelle exemplarisch für die stilistische und inhaltliche Heterogenität des Epos; vgl. KELLY 2008, 16: “the textual criticism of Homer must come to terms with the variegated nature of the poem and its tradition”. Vermutlich geht die kleine Erzählung auf alte indoeuropäische Muster zurück; so weist sie in der Reihenfolge der aufgezählten Gaben Parallelen zum hethitischen ‘Merchant epic’ auf (WATKINS [1979] 1994, 655–662). 466 ≈ 2.399. — der Hütten: 313n. 465 ἠέλιος: = ἥλιος. — τετελέστο: augmentloses (R 16.1) Plpf. Pass. zu τελέω, bezeichnet den Zustand: ‘war fertig’. — δὲ (ϝ)έργον: zur Prosodie R 4.3. 466 ἕλοντο: zur augmentlosen Form R 16.1.

Kommentar

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βουφόνεον: hapax legomenonP; allerdings sind weitere Komposita zu βοῦς und φονεῖν im Griechischen verbreitet (das Fest der Bouphonien und der Monatsname Bouphonios) und auch im fgrE belegt (h.Merc. 436: Βουφόνε). Dennoch mag das ungewöhnliche Wort prägnant verwendet sein: φονεῖν trägt die Konnotation des Gewaltsamen in sich (LEAF); im Zusammenhang mit der Tatsache, daß die Griechen beim Mauerbau nicht geopfert haben, Poseidon ihnen dies zum Vorwurf macht und Zeus unmittelbar nach dem Nachtmahl böse Vorzeichen senden wird, kann hier ein Vorwurf impliziert sein: “Hier, wo die Achaier den Göttern ein Opfer schuldig gewesen wären, stattdessen aber die Rinder für sich selbst schlachten, setzt der Dichter dieses Wort ein, um damit zu sagen, daß etwas Ungehöriges geschieht” (BECHERT 1964, 13). Rinder sind wertvolle Tiere, die nur zu besonderen Anlässen geschlachtet werden (18.559n.). — δόρπον ἕλοντο: Formel, noch am VE Od. 14.347, vor der Zäsur B 2: 4.786; vgl. die Formel δεῖπνον ἑλόντο an den gleichen Versstellen in Il. 2.399, 8.53, Od. 9.86, 10.57; δόρπον bed. ‘Abendessen’, im Gegensatz zu δεῖπνον (19.208n.). 467 παρέστασαν οἶνον ἄγουσαι: Die Form παρέστασαν steht wohl aus metrischen Gründen vor οἶνον (weil das Digamma, durch das Positionslänge entstehen würde, nicht mehr mitgedacht wurde). Es handelt sich entweder um ein Plusquamperfekt (WACKERNAGEL [1878] 1979, 1549f.) oder um eine Nebenform zum Aor. παρέστησαν (SHIPP [1953] 1972, 261).

468 2. VH nach der Zäsur B 2 = 23.747. — Euneos: Sohn des Argonauten Iason und der Hypsipyle, Königin von Lemnos (469n.). Der sprechende Name (gr. eu néō: ‘gut schwimmen’, PAVAN zu Stat. Theb. 6.342) scheint an der vorl. Stelle auf den Schiffer zu passen, wird aber von Statius auf die Fahrt der Argo bezogen (Theb. 6.342f.: omine dictus | Euneos Argoo). Daß die Figur in der Antike als so eng mit der Argonautensage verknüpft wahrgenommen wird, macht es unwahrscheinlich, daß es sich bei ihr um eine homerische Erfindung handelt (so KIRK). Euneos ist ansonsten eher spärlich belegt, aber als schillernde Figur (BURKERT 1994): nach dem Tod des Iason von Orpheus nach Thrakien gebracht und im Leierspiel ausgebildet (Eur. Hypsipyle, fr. 759a.1610–1631 Kannicht TrGF 5.2, 71, p. 787f.), begründet er ein Geschlecht von Tänzern und Kitharaspielern (Hesych s.v. Εὐνεῖδαι). Ein Wagenrennen bei den Nemeischen Spielen gewinnt er gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder Deipylos (Hygin Fab. 15 und 274) oder Thoas (Stat. Theb. 6.340ff.). – Euneos ist nicht nur hier als tüchtiger Händler dargestellt (vgl. 473–475n.); in 21.34ff. und 23.740ff. wird berichtet, daß er Achilleus den gefangenen Priamossohn Lykaon für einen silbernen Mischkrug im Wert von 100 Rindern abgekauft hat; anschließend ließ er ihn mit beträchtlichem Gewinn von einem Gastfreund auslösen. Gewerbsmäßiger Handel ist in den hom. Epen sehr selten dargestellt (SEAFORD 2004, 26–30; Überblick zu Beute und Tauschgeschäften bei 467 νῆες: zur Flexion R 12.1. — Λήµνοιο: zur Flexion R 11.2. 468 τάς: in der Funktion eines Rel.-Pron. (R 14.5); ebenso τόν in 469. — προέηκεν: Aor. zu προίηµι ‘aussenden, schicken’ (-έηκα ist Nebenform zu -ῆκα). — Ἰησονίδης: zur Form (-ηnach -ι-) R 2.

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VAN WEES 1992, 218–227; zu kommerziellen Transaktionen bei SCHEID-TISSINIER 1994, 65–82). 469 2.VH = Hes. Th. 1000. — Hypsipyle … Їéson: Nachdem die Lemnierinnen ihre treulosen Männer ermordet haben, ist Hypsipyle Königin eines reinen Frauenstaats. Sie hat als einzige ihren Vater verschont und ihn in einer Kiste übers Meer ins Exil geschickt. Sie und andere Lemnierinnen verlieben sich in die Argonauten, die auf Lemnos Station machen; Hypsipyle gebiert dem Argonautenführer Їéson/Iason einen Sohn (so belegt z.B. bei Apoll. Rhod. 1.609–914, Ov. Her. 6, Stat. Theb. 5, ‘Apollod.’ 1.114f. = 1.9.17, Val. Fl. 2.72–430, Pind. Nem. hypothesis b). Die Argonautensage wird in den homerischen Epen nur in Od. 12.69–72 explizit erwähnt (zu weiteren Bezügen s. WEST [2005] 2011a; vgl. MACKIE 2001 zu den spärlichen frühgr. Belegen zur Figur des Iason); Lemnos ist hingegen vielfach präsent, u.a. in der Diós apátē, der Erzählung von Zeus’ Verführung durch Hera in 14.153–353 (14.230n.), und in der Hintergrundgeschichte der griechischen Troia-Expedition selbst, durch den dort ausgesetzten Philoktet (2.716ff.) und als Station der Griechen auf dem Weg nach Troia (8.228ff.): KIRK zu 467–469. Lemnos ist integraler Teil des Ilias-Plots, nicht nur ein Hintergrundort als Heimat eines oder mehrerer Heroen wie Phthia, Argos, das boiotische Theben oder Lykien (TSAGALIS 2012, 161). – Die Lemnier scheinen den Griechen vor Troia in freundschaftlicher Neutralität verbunden; der andere in der Ilias genannte Weinlieferant ist Thrakien in 9.72 (LEAF zu 468). ὑπ’ Ἰήσονι: τίκτω ὑπό τινος (noch 2.714, 2.728, 2.742, 2.820, 5.313, 9.492, Hes. Th.1001) bedeutet ‘von jm. (ein Kind) empfangen’; s. WICKERT-MICKNAT 1982, 105. — ποιµένι λαῶν: flektierbare VE-Formel (Dat./Akk.), häufiges generisches EpithetonP von Herrschern und Heerführern (1.263n., 2.243n., 16.2n.), von Iason im fgrE nur hier, an der Iteratstelle und ‘Hes.’ fr. 40.1 M.-W. 470 gesondert … den Atriden: Möglicherweise handelt es sich bei dem für die Atriden bestimmten Wein um eine Art ‘Werbegeschenk’, bevor der Handel mit den anderen Griechen eröffnet wird. Handel und Geschenke schließen sich nicht aus: ‘Mentes’ in Od. 1.182–184 gibt sich als Metallhändler aus, wird aber von Telemachos mit Gastgeschenken versehen (1.307–313); in Il. 23.740–745 geben selbst die Phönizier, sprichwörtliche Händler, König Thoas von Lemnos ein Geschenk (SEAFORD 1994, 18f.). 471 tausend Maße: Die Menge eines ‘Maßes’ (gr. métron) ist nicht definitiv bestimmbar (LfgrE s.v. µέτρον 173.26); falls sie dem phönizischen Saton entspricht, handelt es sich um etwa zwölf Liter (AH). Die Zahl ist hier vermutlich 469 ῥ’: = ἄρα (R 24.1). — Ὑψιπύλη ὑπ’: zum Hiat R 5.6. 470 χωρίς: ‘gesondert’. — Ἀτρείδῃς: zur Flexion R 11.1. 471 ἀγέµεν: Inf. Präs. (R 16.4); hier mit finaler Bedeutung. — χείλια: = att. χίλια.

Kommentar

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hyperbolisch und steht allgemein für eine große Menge (WILLENBROCK [1944] 1969, 24f.). Der Transport von Wein erfolgt bei größeren Mengen für gewöhnlich in tönernen Gefäßen (Od. 2.290, 9.204), bei kleineren in Lederschläuchen (3.247n.): AH zu 467. µέθυ: Wein, urspr. ‘Met’ (Skr. mádhu-, ‘Honig’ oder ‘süß’: FRISK; DELG; ΒΕΕΚΕS), dann wohl für alle alkoholischen Getränke benutzt (LfgrE s.v.).

472 die Langhaar tragenden Achaier: 85n. οἰνίζοντο: ‘sich mit Wein versorgen’, hier i.S.v. ‘kaufen’ (LfgrE). Die Verwendung eines so spezialisierten Verbs suggeriert die Existenz von Weinhandel (SCHEID-TISSINIER 1994, 71). Zum Handel in frühgriech. Zeit allg. s. KOPCKE 1990.

473–475 Bei den Tauschgaben der Griechen handelt es sich wohl um Beutestücke, die im Lager nach zehn Jahren Krieg und zahlreichen Beutezügen ins troianische Hinterland (1.125n.) reichlich vorhanden sein müssen; vermutlich bekommt Euneos für seinen Wein einen sehr guten Preis – auch 21.80 wird sein geschäftlicher Erfolg hervorgehoben (VAN WEES 1992, 238f.). – Die fünffache Anapher ἄλλοι (die einzige im erhaltenen fgrE: NICKAU 1977, 129f.) erweckt den Eindruck von Geschäftigkeit (KIRK), der in den Vv. 473 und 474 identische Rhythmus mit rein spondeischer erster VH und einem Daktylus in der zweiten – A-B A-B – suggeriert ein Hin und Her. — blankes Eisen: Eisen gilt als wertvolles Material (137–141n.). χαλκῷ … | … | … ἀνδραπόδεσσι: instrumentale Dative, “Preis als Mittel” (SCHW. 2.166f.). — αἴθωνι σιδήρῳ: flektierbare VE-Formel, noch 4.485, 20.372, Od. 1.184, h.Merc. 180 (an den beiden letzten Stellen Akk.), Hes. Op. 743. Die Grundbedeutung von αἴθων ist umstritten, in bezug auf Metall(geräte) entweder ‘braun’ oder ‘hell, glänzend’ (19.243–244n. mit Lit.); in Anbetracht der anderen Epitheta von σίδηρος, πολιός, ‘grau’ oder πολύκµητος, ‘gutgeformt’, erscheint ‘glänzend’ wahrscheinlicher und ‘braunrot’ allenfalls mit Blick auf die Verarbeitung denkbar, etwa hinsichtlich eines Farbauftrags (KIRK). — δὲ ῥινοῖς: ῥbildet hier, wie meistens, Position (urspr. Form *u̥ rīnó-); die einzige Ausnahme ist Od. 5.281 (LfgrE). — ἀνδραπόδεσσι: Possessivkompositum aus ἀνδρα- und ποδ-, kollektiver Plural gebildet wie τετράποδα (Hdt., z.B. 4.18), also ‘Menschenfüßler’ statt ‘Vierfüßler’ (FRISK; LfgrE; beide mit weiterführender Lit.). Hapax legomenonP im fgrE; üblichere Bez. für Sklaven sind z.B. δµῶες, δµωαί, δούλη (dazu das Adj. δούλιον in der Wendung δούλιον ἦµαρ (KIRK zu 473–475). Das Wort wurde folglich bereits in der Antike für attisch gehalten (laut Aristonikos von Aristarch, s. schol. A, bT [ROEMER 1912, 155f. hält diese Zuschreibung für unberechtigt], vermutlich auch von Aristophanes und Zenodot, so Eust. 692.21f., in der Moderne dann von WACKERNAGEL 1916, 154–156). Dagegen zuerst WILAMOWITZ 1916, 53.

472 ἔνθεν: ‘von dort’; zum Suffix R 15.1. — ἀρ’ (ϝ)οινίζοντο: Das Digamma ist nicht berücksichtigt (R 4.6). — κάρη κοµόωντες: 85n. (ebenso 476). 473 χαλκῷ, ἄλλοι: zum Hiat R 5.6. 474 αὐτῇσι βόεσσιν: ‘mit den Rindern selbst’ = ‘mit ganzen Rindern’ (im Gegensatz zu den zuvor genannten Häuten). — αὐτῇσι: zur Flexion R 11.1. — βόεσσιν: zur Flexion R 11.3; ebenso ἀνδραπόδεσσι in 475.

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507, dann EGLI 1954, 16. 18f. 21–23. 39f.: Das heteroklitische Paradigma -δα, -δων, -δοισι ist seit Herodot belegt. Nur der Sg. -ον erscheint erst bei ‘Xenophon’ (Ath. Pol. 1.18). Forschungsüberblick bei VAN DER VALK 1964, 449 mit Anm. 344; WICKERT-MICKNAT 1983, 34 Anm. 2; zur Kritik der antiken Scholien ausführlich NICKAU 1977, 129f. — δαῖτα θάλειαν: flektierbare VE-Formel, im Akk. noch Od. 3.420, im Dat. 8.76; in Formelsprengung 8.99 (δαιτὶ συνήορός ἐστι θαλείῃ). θάλεια ist (ausschließlich im Femininum belegtes) Derivat von θάλλω, ‘blühen, gedeihen’ und bedeutet als Epitheton des Mahles etwa ‘üppig’ (FRISK; DELG).

476–478 1. VH von 476 = 18.354; 2. VH von 478 nach der Zäsur B 1 = Od. 14.243. — Die ganze Nacht … | … | Die ganze Nacht: Die emphatische Anapher (gr. pannýchioi …|…| pannýchios) betont die Gleichzeitigkeit und damit auch den Kontrast zwischen dem friedlichen Mahl und den bösen Vorzeichen. Die einzige Parallelstelle im fgrE ist die feierlich-ernste nächtliche Bestattung des Patroklos in 23. 217–220, wo die Anapher ebenfalls göttliches und menschliches Tun einander gegenüberstellt, ebenfalls im Zusammenhang mit einem Trankopfer (‘und die ganze Nacht trafen [die Winde] zugleich die Flamme des Scheiterhaufens, schrill blasend, und die ganze Nacht schöpfte der schnelle Achilleus aus goldenem Mischkrug, ergreifend den doppelt gebuchteten Becher, Wein und goß ihn zu Boden und benetzte die Erde.’ Allgemein zu Handlungen in der Ilias, die die ganze Nacht andauern, s. auch KELLY 2007, 356 (m. weiterer Lit.). — sann ihnen Schlimmes: Es ist nicht klar, ob sich das Pronomen ‘ihnen’ (gr. sphin) nur auf die Griechen bezieht (FAESI/FRANKE; AH; WILLCOCK) oder auf beide Parteien (Eust. 692.11ff.; LEAF; KIRK); für ersteres spricht die Tatsache, daß das Unheil für die Griechen unmittelbar bevorsteht (Zeus wird von jetzt an der Bitte der Thetis nachkommen und die Troer unterstützen, s. Einleitung S. 11–14), während das Unheil der Troer noch in weiterer Ferne liegt. Dennoch erscheint ein Bezug auf beide Parteien wahrscheinlicher: die Troer sind immerhin zuletzt genannt worden (allenfalls müßte 477 nach der Zäsur A 4 als Parenthese gelesen werden, dann unter Auslassung eines Verbs für ‘sich aufhalten’); im übrigen zieht sich das Motiv des Gleichgewichts durch den ganzen Gesang; passenderweise ist es in den letzten Versen perfekt (DI BENEDETTO 1998, 242f.; vgl. DUCKWORTH 1933, 55 Anm. 124: “the normal interpretation that sphin refers to both Achaeans and Trojans coincides with what the reader has been led to expect – temporary woes for the Achaeans and ultimate disaster for the Trojans”); vgl. auch 69–72, wo Hektor Zeus’ Unwillen gegenüber Griechen und Troern gleichermaßen vermutet; vgl. auch 2.38–40, wo Agamemnon ebendiese Erkenntnis fehlt. Entsprechend beziehen sich wohl auch die Pronomina 477 κατά (+ Akk.): von der räuml. Erstreckung ‘durch … hin, in’. — πτόλιν: zum Anlaut πτR 9.2. — ἠδ(έ): ‘und’ (R 24.4). 478 σφιν: = αὐτοῖς (R 14.1). — µητίετα: Nom. Sg. der a-Dekl. auf kurzes -α, ‘reich an µῆτις’; ­.

Kommentar

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in den Folgeversen auf die Krieger in beiden Lagern. – Erst im nächsten Gesang wird sich die Schicksalswaage zuungunsten der Griechen neigen; Zeus zeigt dies wiederum durch Donner und Blitz an, was die ‘blasse Furcht’ (s. 479n.) diesmal eindeutig nur auf griechischer Seite auftreten läßt (8.68–77). κακὰ µήδετο: Die Formel steht hier und im Iteratvers nach B1; in Od.3.166 und 12.295 nach der Zäsur C 1. — µητίετα Ζεύς: VE-Formel, 16× Il. [davon 1× Vok.: 1.508], 3× Od., 10× Hes., 7× hom.h.). Zur µῆτις des Zeus und zur Form µητίετα s. 1.175n. (auch oben 124–125n. zu ἱππηλάτα).

479 2. VH = Od. 11.43, 11.633, 12.243 ≈ Il. 8.77, 17.67, 22.42, 24.533, Od. 24.450, h.Cer. 190. — entsetzlich donnernd: Das Phänomen des Donners ist mit dem Wettergott Zeus eng verbunden (1.354n.), wie sich an seinen typischen EpithetaP zeigt (erígdoupos, ‘starkdröhnend’, terpikéraunos, ‘donnerfroh’, hypsibremétēs, ‘hochdonnernd’); bisweilen setzt er ihn als Zeichen der Ehrung oder Erhörung ein (KRAPP 1964, 180–183), meist aber, wie hier, als Schrecknis; zu weiteren Stellen, an denen Zeus seinen Unmut durch Blitz und/oder Donner kundtut, s. 16.384–393n. mit weiterer Lit.; gleich am Folgetag wird er die Achaier wieder mit Donner und Blitz erschrecken (8.75ff.). Zeus’ Donnern und Blitzen fügt sich in eine Reihe von Situationen ein, wo Zeus mit ungewöhnlichen meteorologischen Phänomenen ins Geschehen eingreift (16.459–461n.), sei es als verunsicherndes Vorzeichen, wie hier, oder in noch direkterer Intervention, etwa, als er den Kampf um Sarpedons Leichnam erschwert, indem er das Schlachtfeld mit Nacht überzieht (16.567f., s.d.). — blasse Furcht: Enallage; das gr. Adjektiv chlōrós bezeichnet verschiedene Farbnuancen von ‘grün’ (Pflanzen) über ‘gelb’ (Honig) bis hin zu ‘glänzend’ (Metall); hier ist wohl die Farbe des erschrockenen Gesichts gemeint, also gelbliche Blässe, evtl. in Kombination mit glänzendem Schweiß oder Tränen (Idomeneus bezeichnet den Wechsel der Gesichtsfarbe als Zeichen für Feigheit: 13.279). Wie hier sind die Ursachen für das Erschrecken öfter laute Geräusche (LfgrE s.v. χλωρός). Auch das plötzliche Erkennen eines Hinterhalts provoziert diese Emotion (Il. 10.374–376, Od. 22.42): DUÉ/EBBOTT 2010 zu 10.376. Schließlich werden der Ausdruck ‘blasse Furcht’ (chlōrón déos) und ähnliche Formulierungen (Il. 10.376 und 15.4: ‘blaß vor Furcht’, gr. chlōrós/oí hypaí deíous) häufig auch für übernatürlich inspirierte Furcht gebraucht: “a superhuman, unconquerable force … a coded sign for something beyond mortal control” (FOLEY 1999, 217). – Auch sonst sendet Zeus Furcht ins Heer, vgl. 8.75ff., oder in einzelne Kämpfer, z.B. 11.544ff., ebenso Apollon, vgl. 17.118. σµερδαλέα κτυπέων: Die Wendung weist Ähnlichkeit mit der VA-Formel σµερδαλέα ἰάχων auf (7× Il., 1× Od.; flektiert hom.h. 28.11), die einen lauten Angriffsschrei bezeichnet (19.41n.); Zeus’ Donnern weist auf harte Kämpfe voraus. σµερδαλέον bed. ‘schrecklich,

479 σµερδαλέα κτυπέων … δέος: zu den unkontrahierten Formen R 6. — σµερδαλέα: ‘furchtbar, schrecklich’ (Adv.).

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furchtbar’, vom akustischen oder optischen Eindruck, stets am VA (2.309n. mit Lit.; ferner KELLY 2007, 135f.; LfgrE). Κτυπτεῖν für ‘donnern’ ist in den hom. Epen nur von Zeus gebraucht, der den Menschen damit ein Zeichen gibt; nur hier im iterativen Ptz. Präsens, sonst immer im punktuellen Aorist (LfgrE): es ist also ein singuläres, bedrohliches Vorzeichen, daß es die ganze Nacht donnert. — ᾕρει: Das Imperfekt unterstreicht den allmählichen Vollzug des Geschehens; ‘kam über einen nach dem andern’ (SCHW. 2.277).

480–481 keiner wagte | eher zu trinken …: Anders als bei Weinspenden im Kontext von Bestattungsriten (23.220, s. 476–478n.) oder bei Eidopfern, wo der ausfließende Wein das Hirn des Eidbrechers symbolisieren kann (3.292–302n.), wird der Wein im Kontext eines Mahles nur halb ausgegossen und der Rest selber getrunken (6.259–260n.). Dennoch ist das übliche Ritual hier mit Angst aufgeladen: Die Griechen mögen das Opfer beim Mauerbau vergessen haben; in ihrem jetzigen verängstigten Zustand befolgen sie die üblichen Gebräuche bis ins kleinste Detail. δεπάων: Die Gefäßform des dépas ist aus dem fgrE nicht eindeutig erschließbar: 24.101n. — οὐδέ τις ἔτλη: VE-Formel (6x Il., 3x Od., h.Ap. 47). — ὑπερµενέϊ Κρονίωνι: 314–315n.

482–8.1 482 ≈ 9.713, Od. 19.427; 2. VH = Od. 16.481; 8.1 ≈ 24.695, vgl. 23.227; 1. VH = 19.1 (s.d. zu ‘Eos im Safranmantel’); 2. VH nach der Zäsur C 2 = 9.506, 23.742, Od. 24.509. — empfingen das Geschenk des Schlafes: Eventuell ist der Schlaf hier personifiziert gedacht (CLARKE 1999, 238; zur teils anthropomorphen, teils nicht-anthropomorphen Darstellung des Schlafes im hom. Epos s. 14.231– 291n. und 14.231n.). – Angesichts des drohenden Unheils und der allseits herrschenden Furcht mag bei der “rather bland conclusion” (KIRK) eine gewisse Ironie mitschwingen. Die Wendung markiert immer das Ende eines Gesanges oder zumindest einen wichtigen Einschnitt (Od. 19.427). Auch zwischen den Gesängen 1/2, 10/11 und 18/19 bildet das Tagesende die (nachhomerische: 1–16n.) Buchgrenze (Abb. 2 in STR); hier ist diese allerdings ungewöhnlich klar motiviert durch die deutlich voneinander abgrenzbaren letzten Ereignisse des 7. und ersten des 8. Gesangs (Schlaf steht im Gegensatz zu Sonnenaufgang, die Folge von Versammlungen zur Wiederaufnahme des Kampfes, Zeus’ drohendes Rumoren zur Götterversammlung in 8.1–52): TAPLIN 1992, 289. Einzigartig in den homerischen Epen ist die Übergangslosigkeit der Erzählung zwischen Schlafengehen und Sonnenaufgang ohne Schilderung der nächtlichen Ereignisse (freilich ist diese durch die Anapher ‘die ganze Nacht’ in 476 und 478 gewissermaßen vorweggenommen), und ohne temporale Konjunktion, die das Verstreichen der Zeit anzeigt (HEIDEN 2008, 57f.). – Zum Variantenreichtum bei den Formeln für den Sonnenaufgang s. KIRK zu 2.48–9 u. 8.1; MACLEOD, Introd. 47f.; vgl. auch 2.48–49n., 19.1–2n. 480 δεπάων: Gen. Pl. zu τὸ δέπας. 481 πρὶν … πρίν: zuerst adverbial, dann Konjunktion; ‘eher … als’. — πιέειν: Inf. Aor. zu πίνω (zur Form R 16.4, R 8).

BIBLIOGRAPHISCHE ABKÜRZUNGEN

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LSJ M MYK NAGVI NTHS Olson

P (hochgest.) Paduano/Mirto PECS Prolegomena

RE

Richardson zu Il. 21–24 Risch Ruijgh Schadewaldt Schw.

STR ThesCRA

Wathelet

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Ilias 7

West

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2. Textausgaben* CEG Hansen, P.A.: Carmina epigraphica Graeca (Texte und Kommentare, 12 u. 15), Berlin/New York 1983–1989 (2 Bde.). Demetrios von Skepsis (Gaede) Demetrii Scepsii quae supersunt, ed. R. Gaede (Diss. Greifswald), Jena 1880. ‘Epischer Kyklos’ Epicorum Graecorum Fragmenta, ed. M. Davies, Göttingen 1988. Poetarum epicorum Graecorum testimonia et fragmenta, pars I, ed. A. Bernabé, Stuttgart/Leipzig 21996 (11987). Greek Epic Fragments. From the Seventh to the Fifth Century BC, ed. and transl. by M.L. West (Loeb Classical Library, 497), Cambridge, Mass. / London 2003. ‘Hesiod’, Fragmente (M.-W.) in: Hesiodi Theogonia, Opera et dies, Scutum, ed. F. Solmsen; Fragmenta selecta, edd. R. Merkelbach et M.L. West, Oxford 31990 (11970). in: Fragmenta Hesiodea, edd. R. Merkelbach et M.L.West, Oxford 1967. Kallimachos Callimachus, ed. R. Pfeiffer, Bd. 1: Fragmenta, Oxford 1949. Pindar (S.-M.) In: Pindari Carmina cum Fragmentis, post B. Snell ed. H. Maehler, Leipzig 41975 (11943). Proklos (West) in: Greek Epic Fragments. From the Seventh to the Fifth Century BC, ed. and transl. by M.L. West (Loeb Classical Library, 497), Cambridge, Mass. / London 2003. Sappho (Voigt) in: Sappho et Alcaeus. Fragmenta ed. E.-M. Voigt, Amsterdam 1971. Scholien zur Ilias Scholia graeca in Homeri Iliadem (scholia vetera), rec. H. Erbse, Berlin 1969–1988 (7 Bde.).

* Angeführt sind nur Ausgaben von Werken, bei denen die Vers-, Paragraphen- oder Fragmentzählung von Ausgabe zu Ausgabe differiert.

Bibliographische Abkürzungen

215

Scholia D in Iliadem. Proecdosis aucta et correctior. Secundum codices manu scriptos, ed. H. van Thiel, (Elektronische Schriftenreihe der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln, 7), 2014 http://kups.ub.uni-koeln.de/5586/ (Stand: 29.02.2020). Thebais (West) in: Greek Epic Fragments. From the Seventh to the Fifth Century BC, ed. and transl. by M.L. West (Loeb Classical Library, 497), Cambridge, Mass. / London 2003. Vitae Homeri (Wilam.) In: Vitae Homeri et Hesiodi in usum scholarum, ed. U. v. Wilamowitz-Moellendorff (Kleine Texte, 137), Bonn 1916.

3. Monographien und Aufsätze Die Zeitschriften sind nach der Année Philologique abgekürzt.* Aceti u. a. 2008

Aceti, C. / Leuzzi, D. / Pagani, L.: Eroi nell’ Iliade. Personaggi e strutture narrative, Rom 2008. Adam 1899 Adam, J.: On the Word βλοσυρός, in: CR 13.1, 1899, 10–11. Ahlberg-Cornell 1992 Ahlberg-Cornell, G.: Myth and Epos in Early Greek Art. Representation and Interpretation (Studies in Mediterranean Archaeology, 100), Göteborg 1992. Ahrens 1937 Ahrens, E.: Gnomen in griechischer Dichtung (Homer, Hesiod, Aeschylus), Diss. Halle 1937. Ahrens (1836) 1891 Ahrens, H.L.: Etymologische Untersuchungen zum Homer, in: ders., Kleine Schriften, Bd. 1: Zur Sprachwissenschaft, hrsg. von C. Haeberlin, Hannover 1891, 543–561 (urspr. in: ZfA 3.100–102, 1836, 801ff.). Ahrens (1843) 1891 Ahrens, H.L.: Homerische Excurse, 1. Genitive der zweiten Declination auf ōō, in: ders., Kleine Schriften, Bd. 1: Zur Sprachwissenschaft, hrsg. von C. Haeberlin, Hannover 1891, 85–89 (urspr. in: RhM N.F. 2, 1843, 161–167). Aitchison 1964 Aitchison, J.M.: Τελαµώνιος Αἴας and other Patronymics, in: Glotta 42, 1964, 132–138. Albracht 1886 Albracht, F.: Kampf und Kampfschilderung bei Homer. Ein Beitrag zuden Kriegsaltertümern (Beilage zum Jahresbericht der Königl. Landesschule Pforta), Naumburg a.d. Saale 1886 (engl. Übers.: Battle and Battle Description in Homer. A Contribution to the History of War, London 2005). Alden 2000 Alden, M.: Homer Beside Himself. Para-Narratives in the Iliad, Oxford 2000. Alden 2012 Alden, M.: The Despised Migrant (Il. 9.648 = 16.59), in: Montanari/ Rengakos/Tsagalis 2012, 115–131. Allan 2010 Allan, R.J.: The infinitivus pro imperativo in Ancient Greek. The Imperatival Infinitive as an Expression of Proper Procedural Action, in: Mnemosyne 63, 2010, 203–228.

*Eine kumulierte Liste findet sich unter: https://adw-goe.de/fileadmin/dokumente/forschungsprojekte/lexikon_fruehgriech_epos/APh_List.pdf (Stand: 29.02.2020).

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Ilias 7

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Bibliographische Abkürzungen Bannert 1987

Bannert 1987 Barck 1976 Bartolotta 2002 Bassett 1927 Bechtel 1914 Bechert 1964 Beck 2005 Beck 2012 Becker 1937 Beckmann 1932 Beckwith 2004 Behaghel 1909 Benveniste 1948 Bergold 1977 Bergren 1975

Berman 2004 Bernadete 1968 Bernsdorff 1992 Bertolín Cebrián Bethe 1914 Bierl 2001

Bierl 2004

217

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218 Bierl 2019

Ilias 7

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Bibliographische Abkürzungen

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221

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Ilias 7

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240

Ilias 7

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