HOCHWEIT 16 Das Modell: Jahrbuch 2016 der Fakultät für Architektur und Landschaft, Leibniz Universität Hannover 9783868597837

Hochweit, the yearbook of the Faculty of Architecture and Landscape at Leibniz University Hanover, which has been awarde

150 16 18MB

German Pages [192] Year 2022

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

HOCHWEIT 16 Das Modell: Jahrbuch 2016 der Fakultät für Architektur und Landschaft, Leibniz Universität Hannover
 9783868597837

Table of contents :
Inhalt
Einleitung
Studentische Projekte
Forschung
Faculty News
Impressum

Citation preview

2016

hochweit jahrbuch der fakultät für architektur und landschaft Leibniz Universität Hannover

inhaltsverzeichnis

einleitung 4 6 8 14 16 20 22

Editorial Prof. Michael Schumacher: Eine Hymne auf die „Bastelei“ Prof. Mirco Becker: Genius log(i) Prof. Manfred Schomers: Erfahrungen mit Architekturmodellen Klaus Madlowski: Das Modell, das Material und der Müll Professorinnen / Professoren Schaufenster

studentische projekte 48 62 74 88 102 1 1  2 116 126 142

Institut für Entwerfen und Gebäudelehre | IEG Institut für Entwerfen und Konstruieren | IEK Institut für Entwerfen und Städtebau | IES Institut für Geschichte und Theorie der Architektur | IGT Institut für Gestaltung und Darstellung | IGD Institut für Berufswissenschaften im Bauwesen | IBW Institut für Freiraumentwicklung | IF Institut für Landschaftsarchitektur | ILA Institut für Umweltplanung | IUP

forschung 154 156 174 175 176

Promotion Forschung Lehre Workshop Internationale Konferenz

178 192

Impressum

faculty news

editorial

redaktionsteam Edin Bajrić Sabine Bartels Jens Broszeit Anett Eberhardt Valentina Forsch Swantje Grasmann Marcus Hanke Eva Holtz Roswitha Kirsch-Stracke Heiko Lubs Masashi Nakamura Albert Schmid-Kirsch Judith Schurr Johannes Wolff

4

Liebe Leserinnen, liebe Leser, die diesjährige sechzehnte Ausgabe des Jahrbuchs HOCHWEIT zeigt einmal mehr die Vielfalt und das breite, für Deutschland einzigartige Spektrum von Wissenschaft, Kunst, Forschung und Lehre an der Fakultät für Architektur und Landschaft der Leibniz Universität Hannover. Leitthema dieser Ausgabe ist das Modell, ein Werkzeug, welches aufgrund seiner Vielseitigkeit seit jeher einen integralen Bestandteil entwerferischer Arbeit ausmacht. Ob physisch oder digital, für architektonische oder räumliche Entwürfe, objekthafte Skulpturen oder bautechnische Simulationen, das Modell ist ein Hilfsmittel zur Simulation der Realität und somit die gemeinsame Sprache sämtlicher Abteilungen und Fachgebiete der Fakultät. Das Gestaltungskonzept des Jahrbuchs HOCHWEIT wurde mit dieser Ausgabe von Grund auf neu definiert und unter der Leitung der Buchgestalterin Kathrin Schmuck grafisch bearbeitet. Frau Schmucks wertvollen Anregungen und Ideen verdanken wir das neue Erscheinungsbild unseres Jahrbuchs. Darüber hinaus ist zu den gewohnten Kapiteln ein neuer Abschnitt hinzugekommen, das „Schaufenster“,

in dem Abbildungen ausgewählter Arbeiten und Projekte exemplarisch die Vielschichtigkeit und Mannigfaltigkeit der akademischen Tätigkeiten an unserer Fakultät widerspiegeln. Die aktuelle Ausgabe HOCHWEIT 16 enthält Essays von Prof. Michael Schumacher, Prof. Manfred Schomers und Klaus Madlowski sowie dem an den Lehrstuhl für Digitale Medien in der Architektur neu berufenen Prof. Mirco Becker. Wie gewohnt gibt es die Rubriken Faculty News und Forschung sowie eine Vielzahl von ausgewählten studentischen Projekten. Die Komposition dieser Beiträge soll weniger eine rückblickende als vielmehr eine aktivierende Wirkung entfalten und sich in das gesamte Schaffen der Fakultät eingliedern. Das Redaktionsteam bedankt sich an dieser Stelle bei allen Mitwirkenden für die zahlreichen Beiträge. Mit diesem Jahrbuch möchten wir auf die vielfältigen und kreativen Aktivitäten der Fakultät verweisen und sie zugleich nach außen vermitteln. Wir wünschen Ihnen eine abwechslungsreiche und spannende Lektüre!  Marcus Hanke, Dr. Jens Broszeit

5

eine hymne auf die „bastelei“

prof. michael schumacher Architekt 1957 | in Krefeld geboren 1978 – 1985 | Studium der Architektur an der Universität Kaiserslautern 1986 | Postgraduiertenstudium Städelschule Frankfurt / Main bei Peter Cook 1987 | Freie Mitarbeit im Büro Sir Norman Foster, London 1988 | Gründung des Büros schneider + schumacher 1999 – 2000 | Gastprofessur Städelschule Frankfurt / Main 2004 – 2009 | Landesvorsitz des Bundes Deutscher Architekten (BDA) Hessen seit 2007 | Professur für Entwerfen und Konstruieren an der Fakultät für Architektur und Landschaft, Leibniz Universität Hannover Mitglied des BDA Mitglied des AIV

6

die erfindung der welt

Pappe, Holz, Schaumstoff, Zahnstocher, Klopapierrollen, Schaschlikspieße – mit all den Materialien, die wir im Kindergarten in die Hände bekommen, zwischen den Fingern fühlen, mit der Nase beschnuppern, machen wir unsere ersten Erfahrungen mit der Nachbildung oder – und darum geht es in der Architektur vor allem – mit der Erfindung der Welt. An den Anfang meiner Überlegungen möchte ich eine Definition stellen, über welche Art von Modellen ich hier spreche. Es sind natürlich nicht die hochpräzisen Präsentationsmodelle, die dazu dienen, die Käufer für die Eigentumswohnungen in einem Hochhaus zu gewinnen, sondern ich spreche über Arbeitsmodelle. Modelle, die gebaut werden, um Erkenntnisse unterschiedlicher Art zu gewinnen. Erkenntnis darüber, ob Proportionen stimmen, ob sich Räume im Modell so darstellen, wie wir es uns vorgestellt haben (gleich von welchem Maßstab wir sprechen) und ob ein Bauwerk überhaupt so konstruiert werden könnte. Ich spreche von Modellen, die man zur Erkundung einer Aufgabe baut. Es sind Modelle, die man zu jeder Zeit und an jedem Ort herstellen kann. Irgendetwas zum Basteln liegt überall herum: Das sind meine Lieblingsmodelle. Sie sehen meist nicht allzu perfekt aus. Aber wenn sie gut sind, berühren sie uns und wir lernen etwas von ihnen. Diese Art von Modellen stellt für mich immer noch die nächste Annäherung an das im Maßstab 1:1 zu realisierende Gebäude dar. Es ist zwar nur ein x-tel so groß wie das „richtige“ Haus, aber es hat Material, Gewicht und Präsenz in der realen Welt. Sicherlich verhalten sich Pappe und Holz oder Styrodur statisch anders als Stahl, Beton und Holz im großen Maßstab. Aber anders als bei rein visuellen Modellen ergibt sich doch unmittelbar ein Eindruck, ob das Ganze so oder so ähnlich halten könnte. Wer Arbeitsmodelle in diesem Sinne baut, darf nie glauben, dass er ein Bauteil für das Modell nur einmal herzustellen hat. Darin liegt ja das besondere Potenzial, dass alle Teile verhältnismäßig schnell herzustellen sind, und dass man sie gleich nochmal bauen kann, wenn sie sich als zu unstabil,

schlecht proportioniert und insgesamt als nicht überzeugend erweisen. Schnell und zügig muss es gehen, die Neugierde treibt uns voran, sodass wir die Nase tief ins Modell stecken, um zu schauen, wie es aussieht – von hier, von da, von oben und unten. Für mich ist auch die Erfahrung von Materialität beim Modellbau ein wichtiger Faktor. Diese Graupappe ist einfach entsetzlich schwierig zu schneiden, sieht aber deutlich besser aus als Finnpappe. Das sind natürlich keine direkten Analogien zum Bauen im großen Maßstab, aber dennoch vermitteln sie unmittelbar sinnlich, Hand, Körper und Kopf ansprechend, die Tätigkeit des Bauens. Und auch wenn später auf der Baustelle große Maschinen die Arbeit scheinbar mühelos verrichten – die grundsätzliche Problematik, was Aufwand und Nutzen betrifft, ist proportional in beiden Welten. Eine Filmempfehlung an dieser Stelle: In Der Flug des Phoenix konstruiert Hardy Krüger aus den Resten einer abgestürzten Maschine ein flugfähiges Etwas und rettet damit die ganze Gruppe vor dem sicheren Tod in der Wüste. In einer Schlüsselszene des Filmes erweist sich Hardy Krüger, respektive seine Filmfigur, nicht als Flugzeugkonstrukteur, wie alle Mitpassagiere angenommen hatten, sondern als Konstrukteur von Modellflugzeugen. Verständliche Befremdung bis Entsetzen machen sich bei den anderen Gestrandeten breit. Er hingegen ist von der Überlegenheit des Modellflugzeuges überzeugt. Das Architekturmodell ist hoffentlich nicht besser als das richtige Haus, es reicht wenn es hilft, dass es ein gutes Haus werden kann. Ich mag auch die Tatsache, dass Modellbauen ein gewisses Risiko birgt. Man kann sich am Heißdraht verbrennen, den Cutter ungeschickt benutzen, und: aufgepasst mit dem Sofortkleber. Nicht, dass ich irgendjemandem Blessuren wünsche, aber schauen Sie sich einmal an, wie so ein Haus errichtet wird: Wie hoch die Leitern und die Gerüste sind. Ich finde, wenn es schon kaum noch Praktika auf der Baustelle gibt, was ich übrigens bedauere, dann sollte diese letzte Nähe für zukünftige Planer zu denen, die ihre Vorstellungen in die Realität übertragen, schon noch vorhanden sein. Der für mich wichtigste und „hymnischste“ Aspekt des Arbeitsmodelles ist die ihm innewohnende Krea-

tivität, wenn man aufmerksam beim Bauen ist. Ein konkretes Beispiel: Als wir die kleine Autobahnkirche in Wilnsdorf entworfen haben, wussten wir, dass die Entwurfsstrategie darin besteht, ein abstraktes Symbol (das Straßenschild für Kirchen in Deutschland) in einen konkreten, interessanten Raumkörper zu überführen, der von der Autobahn aus sichtbar werden sollte. Und wir hatten vor, dass das Innere der Kirche konträr zu diesem abstrakten Ansatz der äußeren Gestaltung stehen sollte. Wie genau das aussehen könnte, wussten wir anfangs nicht. Deshalb entschieden wir uns nach langen Untersuchungen in verschiedenen Materialien dazu, zumindest die Form der inneren Kuppel durch ein Modell zu überprüfen. Die angedachte komplexe Form der Innenkuppel machte auch das nicht einfach. Deshalb entschieden wir uns für ein Rippenmodell, das leichter als die dreidimensional gekrümmte Form herstellbar war. Dieses Modell gefiel auf Anhieb so gut, dass wir uns entschlossen haben, das eigentlich nur zur Überprüfung der Gesamtform entstandene Modell 1:1 in der Realität zu errichten. Das Arbeitsmodell lieferte fast unfreiwillig die Erkenntnis für die beste Raumwirkung, die beste Lichtführung und das günstigste Material zum Bau gleich mit. Und um noch einmal das cineastische Gedächtnis zu bemühen: Für die Realisierung der Kirche war es auch von nicht unerheblicher Bedeutung, die Kirche in einem kleinen Koffer zu präsentieren, der an den Koffer erinnerte, mit dem der legendäre Pater Braun immer umziehen musste, wenn er sich wieder einmal mehr dem kriminalistischen als dem geistlichen Genre zugewandt hatte. Am Modell arbeiten ist kein Prozess, der etwas abbildet, was wir schon erdacht haben. Es ist ein Prozess, der uns dorthin führt und auf dem Weg begleitet und dabei Veränderungen verursacht. Denken, sich vorstellen, machen, physisch machen, wieder denken, umkehren, wieder machen – darin besteht der Prozess des Entwerfens. Die neuen digitalen Möglichkeiten der dreidimensionalen Simulation wie auch die Möglichkeiten des Lasercutters und des Printers erweitern die Möglichkeiten des Arbeitsmodells auf fantastische Art und Weise. Es geht nicht um die Frage „Bastelei“

versus „Computational Design“, sondern darum, alle Arbeitsmittel im klugen Wechselspiel zu nutzen, um Gebäude zu entwerfen, die dauerhaft und schön sind. Denn nur das ist nachhaltig.

Foto Modell: schneider + schumacher

Foto Gebäude: Helen Schiffer

7

genius log(i)

prof. mirco becker Architekt 1996 – 2001 | Studium der Architektur an der Universität Kassel, Abschluss Dipl.-Ing. 2001 – 2003 | Studium der Architektur an Architectural Association London, Abschluss M. Arch. seit 2003 | Mitarbeit als Spezialist für Geometrie und Programmierung in verschiedenen Londoner Büros: Foster & Partners, Kohn Pedersen Fox, Zaha Hadid Architects 2006 – 2008 | Vertretungsprofessur für Digitale Entwurfsmethoden an der Universität Kassel 2012 | Gründung von informance, einem Dienstleister für Design Computation zur Unterstützung von Architekten, Ingenieuren und ausführenden Firmen 2012 – 2016 | Gastprofessor für Architecture and Performative Design an der Städelschule Architecture Class, Frankfurt 2016 | Professor für Digitale Methoden in der Architektur an der Fakultät für Architektur und Landschaft der Leibniz Universität Hannover

8

über die autonomie und das verschmelzen von modellen in der architektur  Digitale

Modelle in der Architektur haben einen tiefgreifenden Einfluss auf das Selbstverständnis der Disziplin. Seit der Renaissance war die Parallelprojektion als Plan, Ansicht und Schnitt das zentrale Medium, in dem Architektur entworfen und dokumentiert wurde. Als identische Kopie des Plans war das realisierte Gebäude die architektonische Bestätigung der Zeichnung. Modelle hatten lange Zeit zusammen mit Skizzen und perspektivischen Darstellungen, anders als die Planzeichnung, lediglich eine repräsentative Rolle. Mit dem Einzug digitaler Modelle begann sich diese Gewichtung zu verschieben. Das digitale Modell erhebt einen totalitären Vollständigkeitsanspruch, in dem Planzeichnungen und Perspektiven lediglich Ableitungen sind, die einen Teilaspekt darstellen. Dabei gehen digitale Modelle weit über statische Momentaufnahmen hinaus. Interne Abhängigkeiten (Parametrik) und die Integration von Berechnungen erlauben automatische Analyse und Optimierung (Computation). Solch ein dynamisches Modell ist nicht nur offen für entwurfliche Änderungen, sondern steht auch in einer Beziehung zu seiner (simulierten) Umwelt. Letztendlich geht das digitale Modell im realen Gebäude auf und führt dort als Datensatz und Software eine Funktion aus, die wirklich neuartig in der Architektur ist: Die Kommunikation (Vernetzung) eines Gebäudes mit seiner Umwelt und seinen Nutzern. Damit stehen wir erst am Anfang einer Entwicklung, bei der Modelle so vollständig sind, dass sie die Realität mit prägen. Als Architekturstudent und Absolvent ist man vor allem Experte in der Erstellung von physischen und digitalen Architekturmodellen. Dies ist eine der wenigen Fertigkeiten, die schon früh in der Karriere eines Architekten weit entwickelt ist. Viele andere Fähigkeiten reifen erst in den Jahren der Praxis aus. Für Außenstehende hat der Architekturmodellbau oft den Anschein von aufwendiger Bastelarbeit. Gleichzeitig sind diese Modelle allein unzureichend, um danach ein Gebäude zu erstellen. Für Architekten sind Modelle jedoch Initiationsriten und Diskussionsgrundlage, um Entwürfe räumlich und tektonisch ausarbeiten zu können.

Auch wenn es den Anschein hat, dass das Modell in der Architektur etwas Triviales sei, soll hier herausgestellt werden, dass es einen zentralen Stellenwert zum Selbstverständnis und zur Weiterentwicklung der Disziplin einnimmt. Wie sich das Modell in der Architektur historisch gewandelt hat und welche Tendenzen heutzutage abzusehen sind wird, im Folgenden aufgezeigt. Alberti vs. Brunelleschi Seit Leon Battista Alberti (1404 – 1472) den Grundstein für die Architektur als eigene Disziplin mit seinem Werk Die zehn Bücher der Baukunst1 gelegt hat, gibt es den Gegensatz von Modell und Zeichnung. Alberti formuliert den Kern der Architektur als eine Studie von Konfigurationen. Danach setzt sich die Disziplin als zeichnende Zunft deutlich vom Baumeister ab. Die Baumeister vorangegangener Perioden verstanden das Bauen als Handwerk, bei dem das Bewährte und Erprobte die Grundlage für alles Neue war. Die Übermittlung von Bautechniken und Anweisungen fand nahezu ausschließlich mündlich statt. Misserfolge, Rückschläge oder Katastrophen einstürzender Bauten wurden oft dem Zorn höherer Mächte zugeschrieben. Bis dahin kann jedes Bauwerk so als Teil einer sehr langen Serie von experimentellen Modellen gesehen werden, bei der sich die erfolgreichen Techniken durchsetzten. Die Architekturzeichnung ist nach Albertis Verständnis das originale und autonome Werk des Architekten. Sie ist das zentrale Medium zum Bau eines Gebäudes, wobei das Ergebnis den Anspruch hat, eine möglichst perfekte Kopie des Originals – der Zeichnung – zu sein. Diese Sichtweise, die nicht nur Albertis Position widerspiegelt, sondern den Zeitgeist der Renaissance trifft, ist von Mario Carpo vorzüglich in The Alphabet and the Algorithm beschrieben worden.2 „In Albertis Theorie ist ein Gebäude die identische Kopie des Entwurfs eines Architekten. Mit Albertis Trennung von Entwurf und Herstellung eines Gebäudes kam die moderne Auffassung des Architekten als Autor im humanistischen Sinne des Wortes.“ Warum ist diese Tatsache hier von solcher Bedeutung? Sie stellt einen Wendepunkt dar, an dem zum

ersten Mal ein Medium geschaffen wird, mit dem die „Probleme“ der Architektur externalisiert werden können, die Arbeit am Gebäude nicht länger in der Tradition des intuitiv wissenden und schaffenden Baumeisters erfolgt. Die architektonische Zeichnung im Sinne Albertis als externalisiertes Medium ermöglicht erst einen Modellbegriff, der sich parallel dazu mit der Arbeit Filippo Brunelleschis herausbildete. Filippo Brunelleschi (1377 – 1446), ein Zeitgenosse Albertis, zu dessen Verdiensten die geometrische Formulierung der Zentralperspektive und der Bau der Kuppel des Doms von Florenz gehören, kann als Vertreter des Modellparadigmas in der Architektur gesehen werden. Die Errichtung der Domkuppel von Florenz, der größten bis dahin bekannten Kuppel, war nur durch experimentelle Annäherungen in Modellen zu bewerkstelligen. Eine Methode, welche man heute wohl als experimentelles Ingenieursverfahren beschreiben würde. So ist es Brunelleschi zuzuschreiben, dass er analog zu Alberti das Modell vom Gebäude in der Tradition der Baumeister externalisierte. Die beiden Zeitgenossen Alberti und Brunelleschi sind so die erste Manifestation des neuzeitlichen Architekten sowie des ersten neuzeitlichen Bauingenieurs. Das wissenschaftliche Modell Interessanterweise entsteht zur selben Zeit in der Renaissance ein wissenschaftlicher Modellbegriff. Eine wissenschaftliche Hypothese wird in einem mathematischen Modell wie Johannes Keplers Gesetze zur Bewegung der Planeten um die Sonne beschrieben und anhand von Beobachtungen verifiziert oder angepasst. Diese wissenschaftlichen Modelle haben sich im Lauf der Geschichte mindestens so rasant verändert wie die Wissenschaften selbst. Mitte des 20. Jahrhunderts haben mit der Systemtheorie und der Kybernetik Methoden Einzug gehalten, die komplexe Zusammenhänge wie Bevölkerungsentwicklung, Klima- oder Wirtschaftssysteme modellieren können und dabei in der Lage sind, Aussagen über zukünftige Tendenzen zu treffen. Wissenschaftliche Modelle zielen immer auf einen Erkenntnisgewinn. In der Architektur dient das

Modell entweder in seiner repräsentativen Form der Veranschaulichung oder in seiner performativen Form als Medium der Synthese von unterschiedlichen Zwängen und Ansprüchen. An dieser Stelle führen wir den Begriff des Performativen ein. Mit diesem beschreiben wir die Eigenschaft wissenschaftlicher Modelle, ein Verhalten darzustellen, das sich aus den modellierten Abhängigkeiten ergibt. Die performative Zeichnung Mit der Formulierung der grafischen Statik durch Karl Culmann (1821  –  1881) gelang es erstmals, die Zeichnung baulicher Strukturen zu performativen Zwecken – in diesem Fall den Kraftverlauf darstellend – zu nutzen. Culmann lieferte eine grafische Methode, mit der sich die verästelte Struktur im Inneren eines Knochens als perfektes Abbild der auftretenden Kräfte verstehen ließ. Das heißt, dass die Zeichnung nicht mehr nur dazu diente, maßstäblich die Größe von Bauteilen darzustellen, sondern dass der Verlauf und die Größe von Kräften grafisch ermittelt werden konnten. Damit hatte man eine Methode, mit der Tragstrukturen gleichzeitig gestalterisch und analytisch entwickelt werden konnten. Bis dahin konnte das Tragverhalten nur über Erfahrungswerte oder Versuche bestimmt werden. Mit der grafischen Statik konnte der Verlauf der Kräfte in Wirkungsrichtung und Stärke für jeden Punkt einer Struktur dargestellt werden. Allein diese Methode führte zur neuen Rolle des Tragwerk-Ingenieurs, eine Entwicklung, die mit Filippo Brunelleschi ihren Anfang nahm und mit Planung und Bau des Eiffelturms zur Weltausstellung 1889 etabliert war. Diese zeichnerische Methode war lange auf die zwei Dimensionen der Plandarstellung beschränkt. Mit dem Einzug der Computergrafik und den Methoden zur dreidimensionalen digitalen Notation wurde auch die Grafische Statik ins Digitale übersetzt. Die Erweiterung um eine Dimension bedeutete die Analyse von Formen, die sich nicht aus einer Serie planarer Projektionen erzeugen lassen. Herauszuheben ist hier die Arbeit von Philipp Block, der seit 2011 mit der Block Research Group3 an der ETH mittels einer digitalen Implementierung der grafischen Statik einen neuen Zugang zur Gewölbekonstruktion eröffnet hat.

9

Das performative Modell Der spanische Architekt Antonio Gaudí (1852  –  1926) hat besonders zum Entwurf der Sagrada Família in Barcelona unzählige Modelle entwickelt, in denen der Kräfteverlauf den Raum und die Form der Bauteile bestimmt. Gaudís Leistung bestand darin, komplexe Netze von Ketten als Hängemodelle anzufertigen, die in ihrer umgekehrten Form das steinerne Gewölbe der Kathedrale darstellten. Diese Methode der experimentellen modellhaften Simulation fungiert unter dem Begriff der Formfindung. Gaudís Arbeit wird allgemein als Vorläufer des Computational Design angesehen. Die mathematische Modellierung der Kettenlinie ist schon seit Mitte des 17. Jahrhunderts durch Gottfried Wilhelm Leibniz und Robert Hook bekannt und kam zum ersten Mal prominent bei der Konstruktion der Kuppel der St. Paul's Cathedral in London beim Wiederaufbau nach dem großen Feuer von 1666 zum Einsatz. In den 1960ern fertigten Frei Otto und Heinz Isler aufwendige Modelle, die die Kräfte in Gitterschalen und Kabelnetzen experimentell ermittelten, und führten damit die Arbeit von Gaudí fort. Diese Modelle beinhalteten mechanische Federwaagen. Die Messungen an diesen Modellen wurden extrapoliert, um so direkt Dimensionierungen für den Bauprozess zu ermitteln. Dabei war es Frei Otto, der mit seinem Institut für Leichte Flächentragwerke4 (IL) in Stuttgart diese Arbeitsweise systematisierte und verwissenschaftlichte. Zu diesem Zeitpunkt waren weder die Algorithmen noch die Rechenleistung von Computern verfügbar, um seine Entwürfe wie das Olympiastadion in München 1972 digital zu bestimmen. Als dann Ende der 1990er die Rechenleistung zur Verfügung stand, waren es die präzisen Aufzeichnungen des IL, die eine digitale Implementierung ermöglichten. Damit eröffnete sich die Möglichkeit, die Methoden der Formfindung in andere formale Systeme zu integrieren und sie so aus ihrer Isolation eines geschlossenen Systems zu befreien. Beispiele dieser Hybridisierung sind Christoph Ingenhovens Entwurf für den Hauptbahnhof Stuttgart (Fertigstellung voraussichtlich 2019), bei der die „formgefundenen“ Stützen zusammen mit vorgespannten Decken arbeiten, oder

10

auch das Rolex Learning Centre (2010) von SANAA, bei dem die Form in Teilen eine Schalenwirkung hat. In beiden Fällen wird der architektonische Entwurf nicht der statisch optimalen Form untergeordnet, sondern verhandelt deren Anteil an der Gestaltung. Das architektonische Entwurfsmodell Es gibt eine ganze Reihe von Architekten, die das physische Modell als wesentliches Entwurfsmedium einsetzten. Besonders sei hier der Ansatz von OMA, Herzog und de Meuron und CoopHimmelb(l)au in den 1990er Jahren erwähnt. Das physische Modell oder vielmehr das architektonische Arbeitsmodell ist hier das Hauptmedium, in dem der Entwurf entwickelt und in zahlreichen Optionen durchgespielt wird. Dabei ist das Modell zu Beginn bewusst offen für Interpretationen und wird nach und nach konkretisiert. Parallel zur Architekturauffassung, die sich als zeichnende Disziplin verstand, gibt es auch eine Tradition, die versucht, die Grenzen der Zeichnung neu zu überwinden. Diese Linie des skulpturalen Arbeitens umfasst das Werk von Eric Mendelsohn (1887 – 1953),

Eero Saarinen (1910 – 1961), bis heute Frank O. Gehry. Besonders interessant sind unter diesem Aspekt Grenzgängerprojekte wie Notre Dame du Haut in Ronchamp (1954) von Le Corbusier. Die scheinbar vollkommen frei geformte Dachform entzieht sich auf den ersten Blick jeglicher rationaler Logik projektiver Geometrie. Das war auch expliziter Anspruch an den Entwurf. Die wesentliche Ingenieurleistung bei der Realisierung des Projekts war die Annäherung an die Form mittels einer Regelfläche. Als Regelfläche bezeichnet man Formen, die sich allein durch das Aufspannen von Geraden zwischen den Flächenkanten erzeugen lassen. Diese ermöglicht es, Baubarkeit im Hinblick auf einen rationalen Schulungsbau sowie das Einmessen der Schalung zu gewährleisten und trotzdem die formale Geste beizubehalten. Auch andere Vertreter einer expressiven Moderne, wie Oscar Niemeyer oder Félix Candela Outeriño, bedienen sich der Rationalität der Regelfläche. In all diesen Fällen ist diese ein geometrisches Werkzeug, das zeichnerisch konstruktiv beherrscht wird. Die Synthese von physischem Modell und digitalem 3D-Modell

Digitale Annäherung der Schmelzformen mittels Iso-Surface-Verfahren

Prototyp einer Eisschalung: Die Hohlräume werden mittels eines Heißdrahts ausgeschmolzen.

findet man dann in den 1990er Jahren in der Arbeit Frank O. Gehrys. Das Wissen um die geometrische Rationalität von Regelflächen und deren konstruktive Vorteile diktierte eine bestimmte Art des Modellbaus unter Zuhilfenahme von Papierflächen.Die Beschränkung auf das Medium Papier stellt sicher, dass alle gewonnenen Formen geometrisch abwickelbar sind und somit die Eigenschaften einer Regelfläche aufweisen. Zu Gehrys Methodik gehört es, dass die Papiermodelle im Maßstab von 1 : 100 und größer digitalisiert werden, um dann mittels Software geglättet und schließlich digital unter konstruktiven, statischen, haustechnischen Gesichtspunkten detailliert zu werden. Das digitale Modell nach der Vorlage eines physischen Modells ist hier Grundlage für den Bau. Geometrische Modelle Wenn wir heute von digitalen Architekturmodellen sprechen, setzen wir voraus, dass es sich dabei um räumlich-geometrische Modelle handelt, wir es also mit dreidimensionalen Zeichnungen zu tun haben. Unter dieser Prämisse ist der ursprüngliche Gegensatz von Zeichnung und Modell aufgehoben. In dem Zusammenhang ist es dann auch nicht verwunderlich, dass Peter Eisenman und Greg Lynn als Protagonisten dieses Umbruchs gelten. Eisenman als derjenige, der das Selbstverständnis der Architektur in der Auseinandersetzung mit disziplinspezifischen Problemen sieht. Nach Eisenman ist das disziplinspezifische Medium Geometrie und ihre Darstellungsform die Zeichnung. Greg Lynn erkennt das Medium der Geometrie an, ersetzt aber die Zeichnung mit dem (geometrischen) Modell oder, wie er es bezeichnet, mit Form. Aus einer anderen Perspektive betrachtet kann man einen Übergang von der Zeichnung zum Modell über die Parametrik erzählen: Architekten der Renaissance gestalteten Fassaden mit ausdifferenzierten Proportionsverhältnissen. So wird bis heute der von Alberti entworfene Palazzo Rucellai wegen seiner sich vielfältig aufeinander beziehenden Proportionen bewundert. Dieses Spiel der Verhältnisse ist nicht unbedingt der Abbildung einer bestimmten Metaphysik geschuldet, wie es wahrscheinlich in der Antike der Fall war. Vielmehr kann anhand der Angabe von Teilungs-

verhältnissen eine präzise Kopie des Plans in andere Maßstäbe bis hin zum Einmessen auf der Baustelle ermöglicht werden. Diese Konstruktion von Abhängigkeiten der Dimensionierungen, die entweder relativer Natur – aufeinander bezogen – oder absoluter Natur – auf eine äußere Größe bezogen – sind, ist genau dieselbe Logik, die der heutigen Parametrik zugrunde liegt. Diese fand in ihrer modernen, digitalen Form wohl zum ersten Mal bei Nicholas Grimshaws Waterloo International Station (fertiggestellt 1994) Anwendung. Für die Waterloo International Station wurde eine parametrische Figur der Hauptträger entwickelt, bei der alle Dimensionen entweder durch externe Parameter oder interne Abhängigkeiten definiert waren. Damit waren auch Stahl- und Glasbaudetails definiert. Dieser parametrische Träger wurde entlang einer geschwungenen und sich aufweitenden Planfigur repliziert, wobei sich jede Instanz auf die spezifische Breite einstellte und alle internen Abhängigkeiten folgten. Sämtliche Informationen wurden bei diesem Projekt zum ersten Mal in einem digitalen 3D-Modell abgebildet. Des Weiteren war mit dieser Methode die Möglichkeit gewährleistet, das Gebäude in Plan- und Schnittfiguren zu beschreiben. Die hohe Anzahl unterschiedlicher Schnittfiguren bedeutete aufgrund der Parametrik keinen höheren Zeichenaufwand als bei einer einzigen, sich wiederholenden Schnittfigur. Anfang der 1990er war dies nur auf spezieller Computerhardware möglich. Die zugrundeliegenden Algorithmen werden heute noch für parametrische Definitionen eingesetzt. Diese Methode einer parametrischen Schnittfigur, die dann in allen Variationen im Raum repliziert wird, wurde später besonders bei Foster & Partner an zahlreichen Projekten wie dem Londoner Hochhaus The Gherkin (2001) oder dem Flughafen Beijing International (2008) weiterentwickelt. Mittlerweile ist parametrisches Modellieren in nahezu jedem 3D-Programm auf gewöhnlichen Laptopcomputern möglich und fester Bestandteil der Praxis sowie des akademischen Lehrplans. Vom Modell zur Fabrikation Unabhängig von der Parametrik sind seit Ende der 1990er digitale 3D-Modelle ein Teil vieler Archi-

tekturentwürfe. Mit der Möglichkeit, recht früh in der Entwurfsphase solche Modelle zu erstellen, wandelte sich auch die Rolle des physischen Arbeits- und Präsentationsmodells. Auf der Grundlage des digitalen Modells war es möglich, Fertigungsdaten für Laserschnitt-, CNC-Fräs- oder 3D-Druckverfahren zu exportieren. Dieses Verfahren, das unter dem Begriff des Rapid Prototyping gefasst werden kann, schaffte es, in weniger als zehn Jahren vom Modellbau zur tatsächlichen Fertigung von Gebäuden zu skalieren. Diese durchgängig digitale Kette von Modellen und Fertigung der Gebäude wird unter dem Begriff File-toFabrication gefasst. Dabei nehmen die Spezifikationen der Fertigungsmaschinen wie auch die traditioneller Herstellung Einfluss auf die Gestaltung und Detaillierung. Als Meilensteine gebauter Projekte unter dem File-to-Fabrication-Paradigma ist da zum einen das Projekt Metropol Parasol (2011) in Sevilla von Jürgen Mayer H. zu nennen. Bei diesem wurde eine freie Form als Hüllfläche beschrieben und dann in einem orthogonalen Raster in eine Serie von Schnittfiguren zerlegt. Diese zweidimensionalen Figuren wurden mit CNC-Maschinen (Computerized Numerical Control) aus Plattenmaterial ausgeschnitten und bauseitig in den Rasterknoten mit Stahldetails wieder zu einer Gesamtform verbunden. Mit diesem Rasterverfahren kann theoretisch jede Form abgebildet werden. Die Differenz zwischen Modell und gebauter Form kann als eine Frage der Auflösung betrachtet werden, oder aber man erhebt die Ästhetik des Rasterverfahrens, wie Jürgen Mayer H. es tut, selbst zum Ideal. In dem Fall ist die glatte Hüllfläche nicht länger das Ideal, welches es möglichst perfekt zu kopieren gilt, sondern ein Interface, mit dem die Prozesskette modelliert werden kann. Als solches wurde es dann auch später bei weiteren Projekten wie der Lazika Pier Sculpture (2012) oder JOH3 (2012) eingesetzt. Zum anderen ist da das Projekt Centre Pompidou-Metz (2010) von Shigeru Ban, bei dem Entwurf, Form und Fertigung anders gelagert sind. Hier bestand der Anspruch, die glatte Form der Dachhaut, wie sie im Modell digital entwickelt wurde, möglichst perfekt als räumlich gekrümmtes Flechtwerk umzusetzen.

11

Das führte dazu, dass am Ende der Prozesskette Leimbinder mittels Sechs-Achs-CNC-Fräsen zu frei im Raum gekrümmten Elementen zerspant wurden. Diese Träger wurden dann bauseitig zur Dachkonstruktion zusammengesetzt und mit einer Membran bespannt, welche die ursprüngliche Fläche im Modell maßstäblich nahezu perfekt abbildet. Trotz der beschriebenen Unterschiede haben die beiden Projekte gemein, dass sie am Ende der Prozesskette zur Fertigung bewährte industrielle Verfahren einsetzen. Seit wenigen Jahren kann man die Forschung an neuartigen digitalen Fertigungsverfahren in der Architektur beobachten. So haben Gramazio Kohler an der ETH Zürich einen wesentlichen Beitrag zum Bauen mit Robotern geleistet. Achim Menges arbeitet am ICD der Universität Stuttgart an einem Materialverständnis, das die Eigenschaften von anisotrophen Materialien in Verhalten und Herstellungslogik mit in die digitale Prozesskette integriert. Skylar Tibbits forscht am Self Assembly Lab des MIT5 an Bausteinen, die die Fähigkeit haben, sich selbstständig koordiniert zu größeren Strukturen zu formieren. All diese Forschungen gehen weit über ein geometrisches Modellverständnis hinaus, sie gleichen in ihrem systemischen Ansatz den oben vorgestellten wissenschaftlichen Modellen. Modell als Kommunikationsbasis (BIM) In der Baupraxis findet man heute unter dem sehr weit gefassten Begriff des Building Information Modelling (BIM) verschiedene Ansätze, die alle entweder ein zentrales digitales Modell oder einen zentralen Prozess zugrunde legen, in dem das gesamte Projektwissen konsolidiert. Damit haben wir es mit einem Modellbegriff zu tun, der den Anspruch hat, das Projekt so realistisch wie möglich synchron zu jedem Planungs- und Ausführungsstand darzustellen. Dabei gehen auch diese Modelle weit über die rein geometrische Darstellung hinaus und umfassen: Menge, Kosten, Eigenschaften und Zeitabläufe. Alle Projektbeteiligten erstellen und pflegen den Datenbestand. Einzelne Aspekte wie Pläne, Mengen, Kosten, Zeitplanung, Normen, Raumbücher können als Teildarstellungen des gesamten Modells betrachtet wer-

12

den. Schon heute ist es Ziel von BIM-Planungs- und Bauprozessen, dass am Ende neben dem schlüsselfertigen Gebäude ein BIM-Modell übergeben wird, welches eine perfekte Kopie des Gebauten ist. Damit wird Albertis Ideal auf eine andere Ebene gehoben. Die gerichtete Abhängigkeit vom Original, der architektonischen Zeichnung zur perfekten Kopie, dem Gebäude, wird zur wechselseitigen Abhängigkeit: In der Dualität von BIM-Modell und gebauter Architektur werden jederzeit Änderungen von einem Medium in das andere gespiegelt. Vision In aller Konsequenz wird auch diese Dualität überwunden. Dann geht mit der Fertigstellung des Gebäudes das Modell mit all seinen Fähigkeiten zur Information, Kommunikation und Simulation in der Architektur auf. Das Gebäude hat dann einen Speicher all seiner Planungs- und Betriebszustände sowie die Fähigkeit, aus diesen und aktuellen Sensordaten mögliche zukünftige Zustände zu simulieren. Dass diese Vision nicht so fern liegt, sehen wir an heutigen Autos, die alle mit leistungsfähigen Computern, Sensoren und Software ausgestattet sind, deren Zweck es ist, ein Echtzeitmodell seiner selbst zu erzeugen, um damit für Sicherheit und Komfort zu sorgen. Bei Autos werden wir bald das autonome Fahren erleben. Sind die Systeme in naher Zukunft optimiert und zertifiziert, ist es nur eine ethisch-moralische Frage, in welchem Verhältnis wir zu ihnen stehen wollen. In der Architektur, die nicht so eng mit Technologie durchsetzt ist, scheint diese Realität weniger greifbar, es deutet aber nichts darauf hin, dass sie dem nicht folgt. So sind sehr wohl Gebäude denkbar, die ein simuliertes Modell über den Zustand ihrer selbst haben. So wie heute vor Baubeginn im Modell unterschiedliche Szenarien der Nutzung und Konditionierung des Gebäudes simuliert werden, wird dann das Gebäude der Dynamik seiner Umwelt ausgesetzt und dementsprechend werden Anpassungen vorgenommen. Diese sind am Anfang noch Annäherungen, aber das Modell lernt schnell hinzu und passt sich den tatsächlichen Konditionen des Orts dynamisch an. Diese Anpassungen werden sehr wahrscheinlich nicht im

Bereich liegen, wo große Massen an Materie in kurzer Zeit bewegt werden, so dass die räumliche Konfiguration Bestand haben wird. Wir werden also Bewohner einer Architektur sein, die ein Hybrid aus physischem Modell und Simulation ist. Der letzte gültige Plan eines Gebäudes wird wohl ein Fluchtplan sein.

1 Alberti, Leon Battista: De re aedificatoria. 1452 2 Carpo, Mario: The Alphabet and the Algorithm. Cambridge 2011 3 Block Research Group www.block.arch.ethz.ch 4 IL heute als ILEK www.uni-stuttgart.de/ilek 5 Self assembly lab, MIT www.selfassemblylab.net

Guggenheim Helsinki. Wettbewerbsbeitrag von informance, 2014. Raumstruktur als in Eisschalungen gefertigte Betonelemente

13

erfahrungen mit architekturmodellen

prof. manfred schomers Architekt 1940 | in Langensalza geboren Studium Städtebau an der Universität Essen und Architektur an der RWTH Aachen 1969 – 1977 | Mitarbeit bei Prof. Peter Zlonicky 1977 – 1984 | Leiter der Abteilung Bau beim Senator für das Bauwesen in Bremen 1984 – 2005 | Professor an der Universität Hannover, Fachbereich Architektur, Institut für Entwerfen und Gebäudelehre Seit 1984 | Architekturbüro Architekten Schomers Schürmann in Bremen Zahlreiche nationale und internationale Wettbewerbserfolge und Preise | Fritz-Höger-Preis 2014, ULI- Award 2013, Mipim-Award 2003, Deutscher Bauherrenpreis 2004, 2012, ICSC-Award Budapest 2004, BDA-Preise in Sachsen 1995, Niedersachsen 1997 und 2000 und Bremen 1990, 1994, 1998, 2002, 2006 Bedeutende Bauten | Hanse-Wissenschaftskolleg Delmenhorst, Altmarktgalerie Dresden, Hochschule der Künste Bremen, Erweiterung des Parlaments Bremen, Heizkraftwerke in Leipzig und Bremen, St.-Pauli-Stift Bremen, Hotel an der Galopprennbahn Bremen

14

Architekturmodelle werden in den unterschiedlichen Entwurfsphasen in jeweils unterschiedlichen Maßstäben gebraucht. Sie dienen in erster Linie der Vermittlung der Entwurfsidee, aber auch der eigenen Kontrolle des Maßstabs, der Einfügung in die Umgebung und der strukturellen Grundlagen des Ortes. Der Modulor ist bekanntlich ein von LeCorbusier entwickeltes Proportionssystem, modulo (Italienisch) ist der Maßstab in der Architektur. Bei der Entwicklung des Masterplans für die Überseestadt Bremen haben wir parallel im Maßstab 1 : 2000 skizziert und ein Modell gebaut, als Arbeitsprozess wurden ständig einzelne Abschnitte und Blöcke ausgewechselt, um sich so an einen Entwurf anzunähern. Bei dem fast fünf Kilometer langen Hafengebiet Bremens war dieses Vorgehen notwendig, um den Überblick zu behalten und um die einzelnen Entwurfsphasen dreidimensional vermitteln und mit dem Auftraggeber abstimmen zu können. Modelle sind in diesem Maßstab abstrakt und sehr reduziert. Nicht das reale Haus soll abgebildet werden, sondern die zentralen Entwurfsansätze und das Konzept; milieuhafte Zutaten würden nur ablenken. Um möglichst schnell und flexibel arbeiten zu können, ist die Wahl des Materials von ausschlaggebender Bedeutung. Wir arbeiten in städtebaulichen Maßstäben meistens 1 : 2000 bis 1 : 500, die mit Polystorol

Altmarkt Galerie Dresden, Modell M 1:100

oder vergleichbaren Dämmstoffen der Bauindustrie ein einfaches Zuschneiden erlauben. Wenn das Modell vom Arbeits- und Entwurfswerkzeug zum Präsentationsmodell heranwächst, wechselt auch das Material: Kunststoff und Holz werden häufig verwendet, weiß lackiert oder naturbelassen, je nach Verwendungszweck. Der heute häufigste Modellmaßstab ist 1 : 500. Der Entwurf eines Ensembles oder eines Gebäudes wird zur Beurteilung der Einordnung in die Nachbarschaft in ein Umgebungsmodell oder in das bei größeren Gemeinden vorhandene Stadtmodell eingesetzt. Das Modell ist anschaulicher als die zweidimensionalen Zeichnungen. Eine Kombination mit Perspektiven ist zumindest für Laien vorteilhaft. Modelle haben in den üblichen Maßstäben das Problem, dass sie von oben betrachtet werden. Erst die Perspektive zeigt den Blick aus der Fußgängerebene, wenn auch nur von einem feststehenden Standort. Der 500er-Maßstab lässt schon wichtige Beurteilungen zu: Neben Maßstäblichkeit und Proportionen insbesondere Blickbeziehungen, Dichte, Abstand und Besonnung. In Leipzig und Dresden haben wir ein Kraftwerk von beträchtlichen Dimensionen gestaltet. Wegen der bedeutenden Fernsicht haben wir Modelle im Maßstab 1:200 gebaut. Alles, was an Einzelheiten oder Details im Modell noch sinnvoll herzustellen war, war auch in der Realität auf einen Kilometer Entfernung ablesbar. So haben wir mit dem Baubürgermeister die Architekturdetails und deren Dimensionierung abgestimmt: Schornsteinkopf, Umwehrungen, Breiten der Sockelbänder. Die Rohre der Dachumwehrungen wurden größer gewählt als zur statischen Absicherung notwendig gewesen wäre, damit sie noch auf Distanz erkennbar waren. In Dresden haben wir im historischen Zentrum die Altmarkt Galerie entworfen. Der Ausgangspunkt war der erste Preis im Wettbewerb. Wie so oft klafften in der Realität die Wünsche des Stadtrats und die wirtschaftlichen Forderungen des Investors weit auseinander. In einem langen Prozess über mehrere Jahre wurden die Gegensätze einander angeglichen und die städtebaulichen Lösungen mit Modellen im Maßstab 1  :  500 überprüft. Das Städtebaumodell musste

jeweils in das Stadtmodell einsetzbar sein. Als die stadträumlichen Qualitäten wie Blockgröße, Durchgänge, Gassen und Plätze, Abstände und Höhen abgestimmt waren, wechselten wir zum nächsten Maßstab 1 : 200. Hier wechselt dann auch die Aussageschärfe erheblich. Dächer werden präzise ausgebildet, Fassaden als Relief dargestellt, die Glasgalerien sind transparent gebaut, ebenso die Eingangsdächer. Während dieses Abstimmungsprozesses waren Grundrisse und Schnitte hauptsächlich für den Bauherrn wichtig, weil hier Funktion und Ökonomie der Gebäude festgelegt werden. Für die Stadtplaner und den Ausschuss des Stadtrats waren hauptsächlich die Modelle von besonderer Bedeutung. Hier wurde die Qualität der öffentlichen Räume festgelegt. Entsprechend groß war der Aufwand, den wir in den Modellbau legen mussten. Die Arbeitsmodelle erstellten wir im Büro in Styrodur und Finnpappe, die endgültigen Modelle wurden von einem professionellen Modellbauer in Kunststoff hergestellt. Die besonderen Einzelheiten des Gesamtkonzeptes haben wir in noch größeren Maßstäben erstellt: Einzelgebäude im Maßstab 1 : 100, Ausschnitte wie die überdachte Einkaufsgasse (Galerie) in 1 : 50, die Dächer vor den Eingängen und die hydraulisch hochfahrbaren Portale im Maßstab 1 : 20. Auch diese abschließende Modellbauphase hatte die beiden Ziele, den eigenen Entwurfsprozess zu kontrollieren, eine Abstimmung mit den Behörden herzustellen. Am Ende dienten die Modelle dem Bauherrn hauptsächlich für Präsentation und Ausstellung. Modellbau ist wichtig, um die eigenen Entwurfsgedanken zu komprimieren und zu kontrollieren. Das räumliche Vorstellungsvermögen ist sicher unterschiedlich ausgeprägt und bei Architekten durchaus geschult. Aber man erlebt an seinen eigenen Entwürfen immer mal wieder eine Überraschung, nachdem man das Arbeitsmodell gebaut hat.

Einkaufsgasse (Galerie), Modell M 1:50

Altmarkt Galerie Dresden, Arch. Schomers Schürmann

15

das modell, das material und der müll

klaus madlowski Bildender Künstler 1956 | in Hannover geboren 1977 – 1979 | Berufsausbildung zum Schauwerbegestalter 1979 – 1984 | Studium an der Universität Hannover: Farbtechnik und Raumgestaltung, Germanistik, Psychologie für das Lehramt an Berufsbildenden Schulen, Abschluss mit dem Ersten Staatsexamen seit 1989 | Lehrender in der künstlerischen Ausbildung am Institut für Gestaltung und Darstellung, Fakultät Architektur und Landschaft, Leibniz Universität Hannover 2006 – 2012 | Mitglied im Vorstand des Zentrums für Gartenkunst und Landschaftsarchitektur (cgl) an der Leibniz Universität Hannover 2010 – 2014 | Leitung der Abteilung „Experimentelles Gestalten und Modellieren“ an der Fakultät für Architektur und Landschaft der Leibniz Universität Hannover

16

Die Frage danach, was denn ein Modell sei, scheint auf den ersten Blick, der meist mit dem ersten Klick zu Wikipedia einhergeht, schnell und übersichtlich beantwortet zu sein. Das Online-Lexikon nennt drei Merkmale, die hinreichend seien, ein Modell zu kennzeichnen. Die beiden ersten Aspekte, nämlich dass ein Modell ein Original repräsentiert, mit diesem aber nicht identisch sein kann, sondern in einer Reduktion nur ausgewählte Eigenschaften erfasst, gehören sicher zum „Common Sense“ im Alltag einer Fakultät für Architektur und Landschaft. In der Regel wird bei der Arbeit an Gebäuden, Grünanlagen, Städten und Landschaften im Studium ja fast ausschließlich an übersichtlichen Miniaturen gearbeitet und der Maßstab 1 : 1 nur selten erreicht. Beim dritten Punkt wird es schon spannender und wir nähern uns dem Grenzbereich der Allgemeinbildung. Unter dem Stichwort „Pragmatismus“ geht es um den Umgang mit Modellen: „Modelle sind ihren Originalen nicht eindeutig zugeordnet. Sie erfüllen ihre Ersetzungsfunktion a) für bestimmte Subjekte (Für wen?) b) innerhalb bestimmter Zeitintervalle (Wann?) c) unter Einschränkung auf bestimmte gedankliche oder tätliche Operationen (Wozu?)“1 In letzter Konsequenz bedeutet dies, dass unter bestimmten Umständen alles ein Modell sein kann und dazu geeignet ist, etwas anderes zu repräsentieren. In der künstlerischen Praxis können zudem die Verhältnisse zwischen Modell und Realität, zwischen reduzierter Kleinform und 1:1–Original genau umgekehrt sein. Wenn etwa menschliche Figuren nach der Natur modelliert werden, dient das menschliche Original für den Künstler und die Künstlerin als Modell, nach dem ein künstlerisches Original erstellt wird, was dann durch des Künstlers  /  der Künstlerin Signatur besiegelt wird. Dieses Original kann nun wiederum das Modell für eine vergrößerte Ausführung der Figur sein. Als ob das nicht schon komplex genug wäre, stößt man bei der weiterführenden Beschäftigung mit dem Thema auf ein Phänomen, das als „Eigensinnigkeit der

Modelle“2 bezeichnet wird. Hinter diesem Terminus tut sich jenseits des im Architekturbetrieb gewohnten Modellbegriffs ein bisher wenig beachteter und erforschter Bereich von Wechselwirkungen auf, bei denen Modellen eine aktive Rolle in Gestaltungs- und Entwurfsprozessen zugeschrieben wird. Damit ist gemeint, dass durch die Verwendung bestimmter Materialien und Medien im Modellbau dem gestalterischen Geist durch die Eigenheiten des Modellbaumaterials spezifische Grenzen gesetzt werden oder, positiv formuliert, Möglichkeiten eröffnet werden. So wird die gleiche Ausgangsidee für eine Form unterschiedliche Ausprägungen erfahren, je nachdem, in welchem Material man daran geht, sie umzusetzen. Holz, Stein, Papier, Metall oder Styropor, um einige Beispiele zu nennen, setzen der Bearbeitung ganz unterschiedliche Widerstände entgegen. Und je länger man im Material arbeitet, umso mehr greift dieser anfangs nur physische Widerstand auch in das Denken ein und führt zu spezifischen Formulierungen, bei denen das Material quasi mitdenkt. Von Michelangelo ist überliefert, dass er bei seinen architektonischen Projekten nur ungern mit Modellen arbeitete, weil er sie für unzulänglich hielt, um der dynamischen Struktur seines Denkens zu entsprechen. Wenn Modelle nötig waren, soll er Ton als Modellierungsmaterial bevorzugt haben, weil ihm das ein anderes Formenspektrum ermöglichte als beispielsweise der Holzmodellbau, von dem auch Günther Behnisch feststellt: „Holzklötzchen produzieren eine Klötzchenarchitektur“3 Der Kunst- und Bildhistoriker Reinhard Wendler vermutet in Bezug auf die aktive Rolle von Materialeigenschaften in seinem sehr aufschlussreichen Buch Das Modell – Zwischen Kunst und Wissenschaft sogar: „Michelangelos Einfluss auf die Architekturgeschichte wäre damit zum Teil auch der des Tones mit seinen spezifischen materiellen Eigenschaften“.4 Ich komme an dieser Stelle zu meinen ganz individuellen Einsichten und Erfahrungen mit Modellen als „Lehrperson“ im Bereich Kunst und Gestaltung an einer Fakultät für Architektur und Landschaft, zum einen, weil wir auch heute noch gern und häufig mit Ton arbeiten, den anscheinend schon Michelangelo schätzte. Zum anderen, weil mich genau die zuletzt

genannten, eher verborgenen und wenig beachteten Aspekte der Wirkungsweise von Modellen interessieren. Wirklich spannend wird die Beschäftigung mit Modellen für mich eigentlich erst dort, wo es über die Erstellung von repräsentativen Gebäudeminiaturen hinausgeht, wo Modelle ihre eigenen Realitäten entfalten und die konkreten Materialien mit ihren physischen Eigenschaften auf den Modellierungsprozess einwirken, wo das Modell als Kommunikationsmittel über Wahrnehmung dient und Gestaltungsprozesse Schritt für Schritt anschaulich macht und vorantreibt. Der Sprung von einem der bedeutendsten Künstler der italienischen Hochrenaissance zur Grundlagenvermittlung in „Künstlerischer Gestaltung“ ist zugegebenermaßen recht groß, und es ist selbstverständlich auch nicht davon auszugehen, dass das Modellieren mit Ton zwangsläufig Garant für die Ausbildung von genialen Architekturkünstlern ist. Das Material ist aber in seiner Flexibilität und Fügsamkeit für die Arbeit mit Modellen hervorragend geeignet, wenn es darum geht, den Zusammenhängen und Abhängigkeiten von Idee, Materialisierung, Arbeitsprozess und Denkstrukturen auf die Spur zu kommen und ein Bewusstsein für die Komplexität der Arbeit mit Modellen in unterschiedlichsten Materialien, Medien und Maßstäben zu entwickeln. Wie kein anderer Werkstoff erlaubt dieses klassische Modelliermaterial die unmittelbare Bearbeitung mit der Hand oder mit einfachsten Handwerkzeugen. Für den geübten Künstler oder Gestalter ist dies oft der direkteste und effizienteste Weg der Materialisierung von Formideen. Umgekehrt zeigt sich auch recht schnell, wo formale Konzepte noch nicht ausreichend durchdacht und bewusst gestaltet sind oder die präzise Wahrnehmung von Formzusammenhängen noch Defizite hat. Es entstehen dann für Anfänger typische Formulierungen und Details, die eher von der Nachgiebigkeit des Tons zeugen als von der Stärke und formalen Logik einer Gestaltungsidee. Als Lehrender hat man im Tonmodell in diesem Fall direkte Korrekturmöglichkeiten. Man kann im Wortsinne in den Gestaltungsprozess eingreifen und die Stärke des Eingriffs sehr genau dosieren und quasi im Material kommunizieren. Das ist ungleich anschaulicher und wirksamer

Müllhalde mit Modellen nach Semesterende Foto: Klaus Madlowski als jede verbale Annäherung an Form. Ich kenne kein anderes Material, das gleichermaßen geeignet ist, mit Studierenden so anspruchsvolle Übungen durchzuführen, wie beispielsweise das Modellieren von Selbstporträts oder Porträts nach lebendem Vorbild. Selbst ohne nennenswerte Vorkenntnisse können oftmals Ergebnisse erzielt werden, die die eigenen Anfangserwartungen übertreffen. Wenn man sich etwas eingehender mit der menschlichen Hand und ihrer Koevolution mit dem Hirn beschäftigt, ist dies auch nicht verwunderlich. Zahlreiche Veröffentlichungen lassen es als ziemlich sicher erscheinen, dass die besondere Anatomie der menschlichen Hand, ihre spezifischen Griffmöglichkeiten, das sprichwörtliche Fingerspitzengefühl und die jeweils entsprechenden Repräsentations- und

17

Verarbeitungsstrukturen im Hirn die Entwicklung von Intelligenz, Sprache und Kultur überhaupt erst möglich gemacht haben. Die Hand als handelndes Sinnesorgan wäre damit elementar für die Entwicklung unseres Verstandes5 zu sehen und der Ton ein Material, in dem dieses evolutionäre Erbe einen direkten Ausdruck finden kann. In Ton erstellte Modelle bilden in unserem Grundlehreprogramm häufig den formalen Kern für weitere Bearbeitungsschritte, in denen mit anderen Materialien (zum Beispiel Papier, Pappe, Holz) auf die modellierte Form reagiert werden soll. Dies kann eine Umhüllung sein, eine Übersetzung oder eine andere Ergänzung des Tonmodells. Bei diesem zweiten Schritt wird sehr schnell deutlich, dass sich das Formenvokabular mit dem Materialwechsel zwangsläufig ändert. Andererseits würden nie die gleichen Modelle entstehen, wenn man mit den Materialien der zweiten Bearbeitungsstufe beginnen würde, weil sie eben von Anfang an zu einem anderen Nachdenken über Form zwingen und dem Gestaltungswillen höhere Widerstände entgegensetzen als der Ton, der einen intuitiven Sofortzugriff zulässt. Ein weiteres, scheinbar eher profanes Argument spricht für die Arbeit mit Ton: Es entsteht fast kein Abfall. Solange die Objekte nicht durch Brennen in einen dauerhaften Zustand überführt werden, kann das Material nahezu unbegrenzt wiederverwendet werden. Dies ist ein Aspekt, der gewöhnlich bei der engeren Betrachtung von Fragen der Gestaltung und des Modellbaus noch ausgeblendet wird und kaum eine Rolle spielt, zu einem erweiterten und zukunftsweisenden Gestaltungsbegriff aber untrennbar dazugehört. Denn gestaltet werden nicht nur die möglichst effektvollen Präsentationsmodelle zur Bachelor- oder Masterprüfung, sondern auch die Müllhalden neben den übervollen Containern und in den Fluren und Arbeitsräumen am Ende jedes Studienjahres. Der Unterschied ist nur, dass das Eine bewusst gestaltet wird, das Andere unbewusst geschieht und wie selbstverständlich dem Verantwortungsbereich des Hausmeisters und des Entsorgungsunternehmens überlassen wird und natürlich bei der Beurteilung der Prüfungsleistung auch keine Rolle spielt. Dabei sollte es eigentlich selbst-

18

verständlich sein, dass das Nachdenken und Handeln in einem Beruf, dessen Kern der intelligente Umgang mit Raum ist, über den engen Rahmen der subjektiven, kurzfristigen eigenen Interessen hinausgeht. Das kann man schon am Modell üben. Die Sensibilität für die Eigenschaften von Materialien und deren Möglichkeiten und Grenzen darf nicht mit dem Abgabetermin für ein Modell aufhören. Kein Modell entsteht aus dem Nichts und verschwindet wieder dorthin, wenn es seinen Zweck erfüllt hat. Der Umgang mit Modellen müsste deren Entsorgung, ihre Transformation und  /  oder die möglichst umfangreiche Wiederverwendung der Materialien einschließen. Mindestens sollten sie so weit zerlegt werden, dass sie wenig Platz im Container benötigen und die Anzahl der Abfalltransporte minimiert werden kann. Auch das ist eine Frage des intelligenten Umgangs mit Raum und Ressourcen. Derartige Denkmodelle sind nicht neu und werden zweifelsfrei an Bedeutung gewinnen, weil die Transformation der in der Endphase befindlichen Wachstumsgesellschaft unweigerlich ansteht und wahrscheinlich nur noch fraglich ist, ob das „by design or by desaster“6 geschieht, also ob man rechtzeitig Modelle für den Übergang von einer expansiven Wirtschafts- und Gesellschaftsform zu einer reduktiven entwickelt oder nach den alten Mustern weitermacht, bis die Systeme kollabieren. Schon 2012 stand der deutsche Beitrag zur Architekturbiennale in Venedig unter dem Thema der Abfallhierarchie „Reduce, Reuse, Recycle – Ressource Architektur“ und hat Ansätze zu Lösungen „by design“ aufgezeigt. Im Bereich Kunst und Gestaltung haben wir begonnen, die Aufgabenstellungen in diese Richtung zu erweitern, indem beispielsweise in manchen Fällen ausdrücklich die Verwendung von Recyclingmaterial verlangt wird. Bei größeren Modellen ist nach der Präsentation ein Termin eingeplant, an dem die Objekte wieder zerlegt werden. Das Projekt gilt erst dann als abgeschlossen, wenn die wieder verwendbaren Materialien abgegeben worden sind. Das funktioniert noch nicht optimal und wird bisher weniger ernst genommen als der Zusammenbau der Objekte. In Extremfällen endete es mit der brachialen Zerstörung der

Modelle. Beim zweiten Durchlauf sind allerdings schon Fortschritte erkennbar und wenn man in Zukunft diesen letzten Schritt nachdrücklicher von Anfang an mitdenkt, gibt es hier sicher noch viel Potenzial für Gestaltung und künstlerische Kreativität. Zum Schluss darf nach so viel ernsthafter Notwendigkeit nicht unerwähnt bleiben, dass die künstlerische Arbeit auch und gerade an einer Fakultät für Architektur und Landschaft Freiräume für Möglichkeiten bieten muss, für ungewohnte, verrückte, verträumte, spielerische und überraschende Modelle (oder Originale), die nicht den Konventionen des architektonischen Produktionsprozesses folgen. Es muss Freiräume geben, in denen das zweckfreie Experimentieren, der Spaß an der Gestaltung mit allen Sinnen und vollem Körpereinsatz ausgelebt werden können, um die Grenzen und Möglichkeiten von Materialien und Medien auszuloten – und auch die eigenen.

1 Seite „Modell“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 28. August 2016, 16:47 UTC. URL: de.wikipedia.org/w/index.php?title=Modell&oldid= 157451432 (Abgerufen: 30. August 2016, 10:41 UTC) 2 Vgl. Wendler, Reinhard: Das Modell zwischen Kunst und Wissenschaft. München 2013, S. 27 ff. 3 Behnisch, Günther, „Modelle im Büro Behnisch & Partner. In: Der Architekt 4 / 1989, S. 196 4 Wendler, a.a.O., S. 35 5 Literaturempfehlungen zur Bedeutung der Hand: Wilson, Frank R.: Die Hand – Geniestreich der Evolution, Stuttgart 2000 Wehr, Marco; Weinmann, Martin (Hg.): Die Hand – Werkzeug des Geistes. Heidelberg 2005 6 Sommer, Bernd; Welzer, Harald: Transformationsdesign – Wege in eine zukunftsfähige Moderne. München 2014, S. 11

Klaus Madlowski, „Central-City“ (Fragmente aus städtebaulichen Holzmodellen)

19

professorinnen /  professoren

20

Prof. Jörg Friedrich Institut für Entwerfen und Gebäudelehre

Prof. Hilde Léon Institut für Entwerfen und Gebäudelehre

Prof. Zvonko Turkali Institut für Entwerfen und Gebäudelehre

Prof. Michael Schumacher Institut für Entwerfen und Konstruieren

Prof. Dr. Dirk Bohne Institut für Entwerfen und Konstruieren

Prof. Dr. Margitta Buchert Institut für Geschichte und Theorie der Architektur

Prof. Dr. Barbara Zibell Institut für Geschichte und Theorie der Architektur

Prof. Dr. Tanja Mölders Institut für Geschichte und Theorie der Architektur

Prof. Mirco Becker Institut für Gestaltung und Darstellung

Prof. Dr. Albert Schmid-Kirsch Institut für Gestaltung und Darstellung

Prof. Katja Benfer Institut für Landschaftsarchitektur

Prof. Christian Werthmann Institut für Landschaftsarchitektur

Prof. Dr. Joachim Wolschke-Bulmahn Institut für Landschaftsarchitektur

Prof. Dr. Christian Albert Institut für Umweltplanung

Prof. Dr. Rainer Danielzyk Institut für Umweltplanung

Prof. Alexander Furche Institut für Entwerfen und Konstruieren

Prof. Andreas Quednau Institut für Entwerfen und Städtebau

Prof. Jörg Schröder Institut für Entwerfen und Städtebau

Vertr. Prof. Carl Herwarth von Bittenfeld Institut für Entwerfen und Städtebau

Prof. Anette Haas Institut für Gestaltung und Darstellung

Prof. Dr. Klaus Littmann Institut für Berufswissenschaften im Bauwesen

Prof. Dr. Andreas O. Rapp Institut für Berufswissenschaften im Bauwesen

Prof. Dr. Martin Prominski Institut für Freiraumentwicklung

Prof. Dr. Frank Othengrafen Institut für Umweltplanung

Prof. Dr. Rüdiger Prasse Institut für Umweltplanung

Prof. Dr. Michael Reich Institut für Umweltplanung

Apl. Prof. Dr. Michael Rode Institut für Umweltplanung

Weitere ProfessorInnen der Fakultät: Prof. Dr. Joachim Ganzert, Institut für Geschichte und Theorie der Architektur Prof. Dr. Bettina Oppermann, Institut für Freiraumentwicklung Prof. Gilbert Lösken, Institut für Landschaftsarchitektur Prof. Dr. Anke Seegert, Institut für Landschaftsarchitektur Prof. Dr. Christina von Haaren, Institut für Umweltplanung Prof. Dr. Eva Hacker, Institut für Umweltplanung Prof. Dr. Bettina Matzdorf, Institut für Umweltplanung Fotos: Julian Martitz

21

schaufenster

raumstrukturen – 3d plot Jan Phillip Krueger > SEITE 106

22

wabenfrucht (annona cherimola) – modellierton Amelie Wassmann > SEITE 108

23

„ als architekt lohnt es sich vom film zu lernen: in der analogie zum film kann architektur neu verstanden werden, denn architektur ist natürlich mehr als die anordnung eines raumprogramms.“

erzählender raum – gestaltungsmittel in film und architektur Julian Benny Hung > SEITE 90

24

roma 20 – 25 – new life cycles for the metropolis ultraagro – beyond the agro romano Prof. Jörg Schröder, Maddalena Ferretti PhD, Emanuele Sommariva PhD Grafik: Juliane Doniek, Patrick Rahe > SEITE 172

25

ungebaute realität – museum der erkenntnis für chandigarh Robin Zeidler > SEITE 60

26

hüttentürme am see Pierre Martin, Hojun Noh, Felix Rutenberg > SEITE 66

27

athletic club hamburg Giulia Burci > SEITE 54

28

athletic club hamburg Fabian Wenning > SEITE 52

29

holzterrassen in parkanlagen – planung, bauen und instandhaltung Sebastian Ballan, Laura Baumert, Imke Ortgies, Lina Reulecke, Victoria Semenova, Michael Stelte > SEITE 138

30

ein leben an den goldenen halden Lisa Seiler > SEITE 136

31

grundschule neu denken – eine architektonische konzeption für die grundschule der zukunft Nikola Knauer > SEITE 96

32

hat buxus in der verwendung als formgehölz eine zukunft? – lösungsvorschläge und potenzielle alternativen zu buchsbaum Laura Baumert > SEITE 140

33

freiräume frei denken – mit standbein und spielbein Prof. Dr. Eva Koethen, Prof. Dr. Bettina Oppermann, Gertrud Schrader, Mareike Thies > SEITE 122

34

red river link – ein neuer freiraum für hanoi Luisa Walterbusch > SEITE 128

35

fussgängersteg karl-wiechert-allee Nele Fülscher, Pascal Krüger > SEITE 70

36

sozialnetzwerk in verden Karen Bassen > SEITE 98

37

politisch-administratives System

politik

verwaltung

stadtgesellschaft

„mein hannover 2030“ –

ein beispiel von good governance? Anne Finger (geb. Olzog), Lena Greinke > SEITE 150

38

energiebündel – kindertagesstätte im passivhausstandard Marlit Schwarzer, Sinje Westerhaus > SEITE 68

39

cnc-technik in der tischlerausbildung – bestandsaufnahme in schulen und betrieben in niedersachsen und bremen Michael Eden, Dirk-Ibo Oetken > SEITE 114

40

umgestaltung der wasserkante in dublin bay – eine ästhetische und ökologische aufwertung Karolina Kernbach > SEITE 118

41

der ökologische zustand der schunter – betrachtung der renaturierungsmassnahmen und der strahlwirkungstheorie Layla Ziegenhorn, Kathrin Heinzner > SEITE 144

42

landesgartenschauen in niedersachsen – eine kritische untersuchung Juliane Roth, Angela Wefing > SEITE 132

43

henry frog – henry ford – metropolitan symbiosis Sofia Hanina, Hung Trung Mai > SEITE 78

44

room to move – lohmühlen bewegt sich Stine Ernst, Clara Krehl > SEITE 80

45

studentische projekte

institut für entwerfen und gebäudelehre

ieg Baukunst Prof. Zvonko Turkali Stadt Raum Gestaltung Prof. Hilde Léon Entwerfen und Architekturtheorie Prof. Jörg Friedrich

welt – kultur – erbe

athletic club hamburg

athletic club hamburg

> SEITE 50

> SEITE 52

> SEITE 54

badepalast hamburg

homo ludens

ungebaute realität

> SEITE 56

> SEITE 58

> SEITE 60

welt –  kultur –  erbe

ein haus der kulturen in trogir  In der kroatischen Ha-

fenstadt Trogir sollte ein Haus der Kulturen entworfen werden, das die Geschichte des Landes und seiner Völker der Öffentlichkeit zeigt. Das Haus ist ein Ort für Konferenzen und Tagungen jener Organisationen, die sich dem Erhalt und der Pflege des Erbes widmen. Die Leitidee des Entwurfs war, die Altstadt weiterzubauen, indem das Gebäude volumetrisch in die vorhandene Situation aus engen Gassen und kleinen Plätzen eingefügt wird. Die Verfasserinnen teilten zunächst die Einrichtung in zwei Baukörper und schufen somit eine Erschließungsgasse, die zum Haupteingang und letztlich zur Uferkante führt. Durch die niedrige Bauweise orientiert sich das Gebäude an den Traufhöhen der Altstadthäuser und lässt dem Kastell seine städtebauliche Dominanz. Im Inneren überzeugt vor allem die räumliche Idee des Forschungsbereichs, in dem eingestellte Kuben Kabinette bilden, die jeweils durch Oberlichtöffnungen belichtet werden. Die Dichte der Altstadt wird hier gelungen im Inneren aufgenommen und architektonisch-räumlich interpretiert. house of cultures in trogir  The almost completely preserved historic town centre of the Croatian port of Trogir is part of the world cultural heritage. A design was sought for a house of cultures, which shows the country’s history so full of change and the traces of the people that have shaped it. The design’s guiding principle was to build an extension to the Old Town, by inserting the building volumetrically into the existing ambience with its narrow lanes and small squares. In the building’s interior, it is above all the spatial idea of the study area that appears convincing: cubes have been inserted to form cabins, each lit by skylights. Here inside, the density of the Old Town is assimilated successfully and interpreted architecturally.

viviane schefers, vanessa niemeyer BetreuerInnen: Prof. Zvonko Turkali, Dr. Jens Broszeit, Henrik Weber, Arlette Feltz-Süßenbach Baukunst

50

51

athletic club hamburg

Das Entwurfsgrundstück befindet sich an den Landungsbrücken in St. Pauli in direkter Nachbarschaft zum Gebäude des Alten Elbtunnels. Der Verfasser entschied, den Baukörper als ein Kopfgebäude der von Westen anschließenden Bebauung zu betrachten und folgerichtig die vorhandene Sockelzone fortzusetzen. Auf dem Sockel bildet eine gläserne Fuge eine Zäsur zum oberen Gebäudekörper. Von der Eingangsebene aus eröffnet sich den Gästen der Ausblick weit über den Hamburger Hafen. Über eine repräsentative Treppe werden die im Sockel befindlichen Spa- und Saunabereiche erschlossen, während sich im oberen Baukörper die Fitnessräume und die große Sporthalle befinden. Das gesamte obere Volumen wird durch Ebenen im Split-Level-Prinzip gegliedert, sodass in vielen Fällen eine vertikale Kommunikation der verschiedenen Bereiche erreicht wird. Das Gebäude überzeugt sowohl durch die Einfachheit seiner äußeren Gestalt als auch durch die architektonische und innenräumliche Komplexität. athletic club, hamburg  The subject of the Bachelor thesis was the design of an athletic club in Hamburg. The designated plot is near the St. Pauli jetties close to the old Elbe tunnel building. The author decided to regard the new building as the closing one of the adjacent row of buildings and to continue the existing lower wall zone. Above the lower zone the author creates a glass joint which forms a break with the upper part of the building. A view right across the Hamburg harbour presents itself to guests on the entrance level. The whole upper building is divided according to the split level principle, so that in many cases the different areas communicate vertically. With the design the author has succeeded in finding an adequate and sensible answer to an ambivalent situation in terms of town planning.

fabian wenning Bachelorthesis BetreuerInnen: Prof. Zvonko Turkali, Dr. Jens Broszeit, Henrik Weber, Arlette Feltz-Süßenbach Baukunst

52

53

athletic club hamburg

Der geplante Athletic Club Hamburg liegt an einem strategisch wichtigen Knotenpunkt in räumlicher Nähe zum alten Elbtunnel. Viele Pendler aus den umliegenden Stadtteilen Wilhelmsburg und Harburg passieren täglich die alte Tunnelanlage auf dem Weg zur bzw. nach der Arbeit, was den Standort besonders für Sportaktivitäten sehr attraktiv erscheinen lässt. Das Projekt birgt den Höhensprung der Hafenstraße zur Hafenpromenade und sorgt mit seiner Komposition aus unterschiedlichen Bauteilhöhen, Erschließungsplattform und abknickenden Fassadenflächen für einen zwischen Stadt und Wasser vermittelnden, gelenkartigen Entwurfsansatz. Die gebäudetypologischen Merkmale der Kubatur entwickeln sich im Inneren weiter und verschmelzen durch die gesetzten Raumachsen und den konischen Trägerverlauf zu einer komplexen und dennoch kompakten Skulptur. athletic club hamburg  The Athletic Club is located at a strategically important junction nearby the old Elbe tunnel entrance. Many commuters from the surrounding districts such as Wilhelmsburg and Harburg pass through the old tunnel system on their way to and from work every day, which makes the site a very attractive location. The project had to contend with the difference in height between the Hafenstraße and the Harbor Promenade. A complex composition using different building heights, a basement level below the entrance platform and angular facades makes the building appear to articulate between the water and the city and the different street levels surrounding it. The typological features of the cube continue to evolve inside, and the setting of the spatial axes and the conical roof structure create a comprehensive yet compact sculpture.

giulia burci Bachelorthesis BetreuerInnen: Prof. Hilde Léon, Christian Felgendreher, Inka Steinhöfel Stadt Raum Gestaltung

54

55

badepalast hamburg

Entlang der Hafenkante westlich der Landungsbrücke 10 befindet sich das Betriebsgrundstück von Hamburg Wasser. Die Anordnung der oberirdischen Anlagen führt zu einem unsortierten, städtebaulich und freiräumlich unbefriedigenden Zustand, sie sollen daher langfristig zurückgebaut werden, um das Gebiet in seiner exponierten Lage einer Neuordnung zu unterziehen und sowohl die Erlebbarkeit der Elbe als auch das Stadtbild von Hamburgs Wasserseite gesamtstädtisch herzustellen. Entlang der Wasserkante wurde der Badepalast geplant, ein Schwimmbad als Ergänzung zu den Freizeitangeboten der Stadt am Wasser. Die längs ausgerichteten Baukörper entwickeln sich aus einem gemeinsamen Sockelgeschoss, welches über breite Treppenanlagen begehbar ist. Die Längsausrichtung bildet eine Fortführung des Promenadenwegs und eine Verbindung von den Landungsbrücken zum Fischmarkt. bathing palace, hamburg  The premises of “Hamburg Wasser” lie alongside the prominent edge of the harbour west of pier 10. The arrangement of its buildings above ground is disorderly and unsatisfactory in terms of urban and open space planning, and in the long term they will be dismantled. Thus, in its exposed location, the area will be redeveloped, permitting the waterfront to be experienced from the city as well as rounding off Hamburg’s cityscape as viewed from the water. Master students have planned the bathing and swimming facility alongside the harbour edge, as a complement to existing sports institutions. Two building tracts develop from a common basement, which is also accessible from outside via broad stairs, constituting a continuation of the promenade way and a connection between the piers and the fish market and preserving the urban walkway from east to west.

miryam aykurt, nikolai enns BetreuerInnen: Prof. Hilde Léon, Tatsuya Kawahara, Swantje Grasmann Stadt Raum Gestaltung

56

57

homo ludens

spielzeugmuseum für amsterdam  Das neue Museum

homo ludens [lat. der spielende Mensch] für Amsterdam ist eine hoch interaktive Erlebniswelt. Thematisch befasst es sich hauptsächlich mit den Feldern „Spielen, Erfahren und Staunen“ und schafft einen neuen Aufenthaltsort für die gesamte Familie. Städtebaulich optimiert das Gebäude eine bestehende Uferkante und fügt sich als Scheibe in die Umgebung ein. Die Inszenierung der Eingangssituation schafft spannende, neue halböffentliche Räume. Die Seele des Gebäudes bildet die Erschließungszone mit ihren verspielten Strängen für Groß und Klein. Der daran gekoppelte Ausstellungsbereich ist in Sonder- und Dauerausstellungen gegliedert und beinhaltet fünf verschiedene Zonen. Diese Bereiche haben, neben dem grundlegenden Ziel des Informierens, die Intention, Spiel-, Erlebnis, Ruhe- und Kreativzonen zu schaffen. Partizipation und Aktion stehen dabei im Vordergrund. toy museum for amsterdam  The new Amsterdam toy museum, named homo ludens [lat. the playing man], is an extremely interactive world of experiences. It deals primarily with the topics of “playing, learning and wondering” and creates a new place to linger for the entire family. The building optimizes an existing river bank. The way the main entrance is staged creates exciting, new semi-public spaces. With its different stairways for adults and children, the staircase constitutes the soul of the building. The main area of the museum is divided into temporary and permanent exhibition space and includes five different zones. Alongside the basic goal of informing, these segments intend to create zones for being playful, creative and quiet and for having experiences. The visitors are encouraged to participate and be active in the museum.

valentina forsch Masterthesis Betreuer: Prof. Jörg Friedrich Entwerfen und Architekturtheorie

58

59

ungebaute realität

museum der erkenntnis für chandigarh  In den

50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts entwarf der französisch-schweizerische Architekt Le Corbusier den Masterplan für die indische Provinzhauptstadt Chandigarh. Die Errichtung des Regierungsviertels mit seinen charakteristischen Gebäuden fußt auf seinen Entwürfen, von denen jedoch der Gouverneurspalast und später das Museum der Erkenntnis nie realisiert wurden. Der Vorschlag für die Vervollständigung dieses wichtigen Ensembles stellt die charakteristischen Schattenwürfe der Gebäude in seinen Originalzeichnungen in den Fokus, ordnet diesen durch die Materialisierung der Schatten eine neue Architektur zu und schafft so eine eigenständige Formensprache mit unmittelbarem Bezug zum Werk des berühmten Architekten. Sowohl das Licht mit seinen Wegen in und durch das Museum als auch der Schatten mit seinen feinen Abstufungen werden zu Leitmotiven des Entwurfes.

unbuilt reality – museum of knowledge for chandigarh  After India’s independence in 1947 the French-Swiss architect Le Corbusier designed the master plan for the Indian provincial capital of Chandigarh. The government district with its characteristic concrete buildings is based on his designs; however, the governor’s palace and later the Museum of Knowledge were never realized. The proposal for the completion of this important but unfinished ensemble focuses on the characteristic shadows thrown by the buildings / shade provided by the buildings in his original drawings. Materializing these shadows creates a new category of architecture and an independent use of forms directly related to the work of the famous architect. Both the light with its paths into and through the museum, as well as the shadows with their subtle gradations become the design’s guiding principle.

robin zeidler Masterthesis Betreuer: Prof. Jörg Friedrich, Peter Haslinger Entwerfen und Architekturtheorie

60

Der Schattenplan

61

institut für entwerfen und konstruieren

iek Baukonstruktion und Entwerfen Prof. Michael Schumacher Gebäudetechnik Prof. Dr. Dirk Bohne Tragwerke Prof. Alexander Furche

milchgut

hüttentürme am see

druckbar

> SEITE 64

> SEITE 66

> SEITE 67

energiebündel

fussgängersteg

urban living

> SEITE 68

> SEITE 70

> AB SEITE 72

milchgut

Am Südwesthang des Grünten liegt der Ort Burgberg im Allgäu. Auf einem Grundstück am ländlichen Südhang nördlich der Starzlachklamm soll ein Milchgut für die Firma QMILK entstehen. Das Unternehmen stellt unterschiedliche, innovative Produkte aus dem Rohstoff Milch her – zum Beispiel Textilfasern. Für die Produktion wird Milch verwendet, die nicht mehr für den Verzehr geeignet ist. Das Gebäude positioniert sich quer zum Hang. Der zentral gelegene Eingangsbereich unterteilt den Riegel in zwei Volumen: den Verwaltungs- und Fertigungsbereich zum einen und den Ausstellungs- und Seminarbereich zum anderen. Überspannt werden die beiden Gebäudeteile von einem Wohnbereich, der beide Teile zusammenbindet. milkhouse  The town of “Burgberg im Allgäu” is located on the southwestern slopes of the Grünten. On a site on the rural southern hillside, north of the gorge called Starzlachklamm, a new milk property is to be built for the company QMILK. The company manufactures various, innovative products from milk as a raw material, for example textile fibres. One should note that the production uses milk which is no longer suitable for consumption. The building is positioned at right angles to the slope. The central entrance area divides the long building equally into two parts: the administration and production areas on the one side and the exhibition and seminar space on the other side. Above, a living tract spans the full length of the two parts of the building.

moritz engel, lisa flöter, christian steinwedel BetreuerInnen: Prof. Michael Schumacher, Philipp Nehse, Handan Radke, Patrick Gerstein Baukonstruktion und Entwerfen

64

Dachaufbau Extensive Begrünung Vegetationsschicht Filterflies Dachabdichtung 2-lagig, obere wurzelfest XPS-Dämmung, 2% Gefälle Dampfsperre bit. Voranstrich Stb.-Decke Installationsebene abgehängte Holzdecke, Eiche

min. 8 cm 1,5 cm min. 16 cm

20 cm 5 cm 1,5 cm

5

8 115 605

15

225

8

8 15

+8.68

20

16

6

1.98

175

10

+7.795

2.25

42

Dachaufbau Extensive Begrünung Vegetationsschicht Filterflies Dachabdichtung 2-lagig, obere wurzelfest XPS-Dämmung, 2% Gefälle Dampfsperre bit. Voranstrich Stb.-Decke Stb.-Unterzug

2.73

2.795

+7.355

min. 8 cm 1,5 cm min. 16 cm

20 cm 50 cm

3 4

3 8

+5.05

25

43

+5.26

1.63

+4.33 +4.07

Sturz-Fertigteil Stb-Sturz Feuchtigkeitssperre XPS-Dämmung Stb.-Matrize

25 cm 16 cm 8cm

4.83

Deckenaufbau 2 8 2x3,3 25

25

cm cm cm cm

16

8

30

3.70

21

79

8

4.00

3.20

Parkett, Eiche Estrich mit Trennschicht Trittschalldämmung EPS Stb.-Decke

Bodenaufbau min. 8 cm 2x3,3 cm

Estrich auf Trennschicht, durchgefärbt Trittschalldämmung PE-Folie Stahlbeton-Botenplatte Perimeterdämmung Sauberkeitsschicht kapilarbrechende Schicht

16 cm 20 cm 45 cm

10 5 44

97

10

16

4

8

±0.00

-1.00 -1.375

B

Einzelfundament für Punktlasten F

E

D

C

Fassadenschnitt 0

1m

A

Grundriss Erdgeschoss 0

1

2

3

4

5m

65

hüttentürme am see

Die Aufgabe im Grundlagenmodul Baukonstruktion  /  Bauphysik ist die Neuplanung eines vertikal strukturierten Ferienhauses auf einem Waldgrundstück am Steinhuder Meer. Das Raumprogramm ist dabei von den Studierenden selbst zu entwickeln. Vorgegeben ist lediglich das maximal zu planende Gebäudevolumen. Es sind sowohl mehrere Mikroapartments als auch klassische Ferienwohnungen möglich. Das Gebäude soll in einer geeigneten Holzbauweise konstruiert werden. In dem Fach Grundlagen der Bauphysik ist gleichzeitig zu diesem Entwurf ein vereinfachter Energienachweis nach EnEV zu führen. Im Ergebnis entstehen Arbeiten, die aus der Entwurfs- in die Ausführungs- und Detailplanung transportiert werden und bauphysikalische Abhängigkeiten aufzeigen. tower huts  The design task is to plan a vertically structured holiday home on a forest site at the Steinhude lake. The building layout has to be developed by the students themselves; only the maximum building volume is specified. The options range from multiple micro-apartments to classic holiday homes. The building is to be designed using a suitable timber construction. At the same time the class “Basics of Building Engineering” requires submitting an energy certificate according to EnEV. The resultant work shows the interdependence of building engineering and construction and include detailed design and implementation planning developed from the basic design.

1|2

3|4

1 – benjamin beil, eduard christian mica, 2 – clemens pörtner, linnea schroeschwarz, josefine albach, 3 – pierre martin, hojun noh, felix rutenberg, 4 – lucie paulina bock,

melanie lindemann, tammy matheja, 5 – valya andyani, almut nordmann, jennifer deich, 6 – miguel cardenas krenz,

lukas weglage, niels kalberlah BetreuerInnen: Prof. Michael Schumacher, Julia Bergmann, Patrick Gerstein, Nicole van Hülst, Luis Arturo Cordon Krumme, Philipp Nehse, Handan Radke, Michael Vogt Baukonstruktion und Entwerfen

66

5|6

druckbar

Die additiven Fertigungsverfahren bzw. 3D-Druckverfahren sind in den letzten Jahren stetig weiterentwickelt worden. Das Seminar geht der Frage nach, wie 3D-Drucktechniken die Architektur beeinflussen bzw. welche Möglichkeiten in Zukunft für das Bauen zur Verfügung stehen. Es werden Strategien vom Drucken von Einzelobjekten und deren Fügung über das Drucken einer Schalung, das Bedrucken einer Hilfskonstruktion bis hin zum Großdruck untersucht. Das zu entwerfende Objekt soll eine räumliche Intervention in der großen Halle des Fachbereichs sein. In dieser Arbeit wird eine „Studentenwand“ für das Foyer vorgeschlagen, an der ein Druckkopf permanent den Studienverlauf jedes Studierenden an seinem persönlichen Druckobjekt ergänzt und ein individuelles Abbild des Studiums erzeugt. Es wird als Erinnerungsstück nach Abschluss des Masterstudiengangs feierlich überreicht. printing The additive manufacturing or 3D-printing methods have seen continual improvement in the past years. This seminar raises the question of how 3D printing techniques affect the realm of architecture and what possibilities for building construction will become available. The strategies to be analysed range from single object prints and their additive potential, through formworking prints and printing on auxiliary constructions right down to large scale prints. The object of the design task is to create a spatial intervention in the department’s great hall. This project work proposes a sort of “students’ wall”, where a printhead consistently updates each student’s personal study progress by adding to the student’s personal print objects accordingly, creating an individual “3D map-sculpture” of the student’s academic career. These sculptures are then awarded to the individual students on graduating as a Master.

Studienabbild der Wabe Entwerfen und Gebäudelehre Freie Module

Gestaltung und Darstellung

Geschichte und Theorie der Architektur

Entwerfen und Konstruieren Entwerfen und Städtebau

albert laqua, sebastian freitag, julian martitz Betreuer: Prof. Michael Schumacher, Michael Vogt, Sven Martens, Patrik Beckmann Baukonstruktion und Entwerfen in Kooperation mit Architekturinformatik und Darstellung

67

energiebündel

kindertagesstätte im passivhausstandard  In dem durch-

geführten Seminar und dem begleitenden studentischen Architekturwettbewerb wurde von Studierenden der Fachrichtungen Architektur (B. Sc.) sowie Architektur und Städtebau (M. Sc.) am südwestlichen Rand des zero:e parks im Stadtteil Wettbergen eine Kindertagesstätte geplant. Das Ergebnis ist eine Auswahl innovativer Gebäudeund Nutzungskonzepte mit höchstem energetischem Standard, die die Aspekte des nachhaltigen Bauens durch Einsatz moderner Bauprodukte und Nutzung regenerativer Energien berücksichtigen. Bei der Planung wurden die Prinzipien des Bauens im Passivhausstandard und technische Komponenten berücksichtigt.

a bundle of energy – a daycare center designed according to the passive house standard  During the seminar “bundle of energy – a daycare center designed according to the passive house standard” and its accompanying architectural competition, students of both the bachelor’s and master’s degree programs for architecture at the Leibniz Universität Hannover developed a variety of innovative building and utilization concepts in accordance with highest energy standards. The unique design principles for creating a passive house as well as the necessary technical components were taken into account and implemented during the design process. 1 1 – marlit schwarzer, sinje westerhaus, 2 – lisa flöter, 3 – svenja riedel, 4 – nele fülscher, linda kaufmann, 5 – simon beckmann, 6 – joanna baszynska, 7 – esther peters , jenny weber, 8 – leonie glaser, taja vormeier, 9 – melanie senger, 10 – thao quynh nguyen, 11 – katharina scheer, 12 – vera gutöhrle, annika metzler, 13 – lisa

dröge, tina wille proKlima-Wettbewerb 2015 BetreuerInnen: Prof. Dr. Dirk Bohne, Maren Brockmann, Steen Hargus, Judith Schurr Gebäudetechnik

68

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

69

fussgängersteg

karl-wiechert-allee

Eine Fußgängerbrücke soll zwei durch eine Hauptverkehrsstraße voneinander getrennte Gebäudetrakte miteinander verbinden. Die Idee einer gedrehten Brücke basiert auf dem Gedanken, die gewünschte Funktionalität mit einer sichtbaren Geste umzusetzen. Der Symbolcharakter der Brücke wird durch eine als Hängebrücke an Tragseilen aufgehängte äußere Konstruktion aus Dreiecken umgesetzt, die sich in die Kurven der S-Form drehen. Durch diese offene und dennoch raumgebende Struktur aus Dreiecken schwebt der 270 Meter lange, begehbare Weg mit einer eigenen Hülle scheinbar unabhängig. Diese sich aus der Überschneidung von versetzter Seilführung und geschwungenem Weg ergebende Drehung der Konstruktion aneinandergereihter Dreiecke erzeugt eine Dynamik, die den Weg durch die Brücke mit dem sich ändernden äußeren räumlichen Gefüge um den kontinuierlichen Gang herum zum Erlebnis macht. footbridge – karl-wiechert-allee  The footbridge design connects two building complexes separated by a main road. The concept of a twisted and sinuous bridge was based on the idea of combining the desired functionality with a visible gesture. Its design as an s-shaped curve matches the surroundings and the road curvature. The outer construction is composed of triangles hanging from supporting cables to form a suspension bridge, which describes the figure of an S. The walkway with its own shell seemingly levitates through the outer triangles. This effect underlines the bridge’s representative nature. Walking along the continuous path, the changing outer spatial structure of the triangles creates a dynamic effect and makes the walk a fascinating experience.

nele fülscher, pascal krüger Betreuer: Prof. Alexander Furche, Prof. Dr. Steffen Marx, Christoph Rüther, Steffen Hartwig, Sebastian Schneider Tragwerke

70

71

urban living

wohnen und arbeiten auf der weserinsel Der Entwurf besteht

aus einer 217 Meter langen, 8,50 Meter breiten und 4,05 Meter hohen Betonröhre, die knapp über der Weser schwebt und in Teilen der Hamelner Inseln durch die Sedimente stößt. Das Brückendach ist auf Stadtniveau. Eine große Betonplatte bildet am südlichen Ende den Kopf der Brücke aus. Wollen die Spaziergänger zum Wasser, müssen sie dort die Treppe hinabsteigen. Hier bietet ein Mikrocafé dem Besucher einen Platz an der Weser an. Auf der Brücke gibt es Platz für Flohmärkte, Open-Air-Konzerte, Ausstellungen und Events. Entwurfsprägend war es, die Bewohner Hamelns zu neuen Aktivitäten zu motivieren und auch den Bedürfnissen der Wassersportler gerecht zu werden. Die Brücke bietet eine Erholungsmöglichkeit für die Kanuten, die hier im Bereich der Weserstaustufe die Möglichkeit haben, direkt weiterzufahren oder sich eine Hostelbox zu mieten.

urban living – living and working on the weser island  The design consists of a concrete box-shaped tunnel, 217 m long, 8.50 m wide and 4.05 m high, which hovers just above the River Weser and buries into the sediments of the river islands in Hamelin. The top of this bridge is at the same level as the town. At the southern end a large concrete slab forms the end of the bridge. Here, pedestrians descend steps to access the water and a micro cafe, which provide space next to the river. On the bridge, there is space for flea markets, open air concerts, exhibitions and events. The draft intends to attract the inhabitants of Hamelin to new activities and to meet the needs of water sports fans. Canoeists have to embark on the islands due to the change in water levels. The bridge provides a recreational opportunity for canoeists, who can continue on directly or rent a hostel box.

maximilian pape, nils hiddessen Betreuer: Prof. Alexander Furche, Christoph Rüther Tragwerke

72

73

institut für entwerfen und städtebau

ies Städtebauliches Entwerfen Prof. Andreas Quednau Stadt- und Raumentwicklung Vertr. Prof. Carl Herwarth von Bittenfeld Regionales Bauen und Siedlungsplanung Prof. Jörg Schröder

kulturmeile in hamburg

henry frog – henry ford

> SEITE 76

> SEITE 78

room to move

hamm connected

land theater

> SEITE 80

> AB SEITE 82

> SEITE 84

land porträt

see wohnen

see stadt

> SEITE 85

> SEITE 86

> SEITE 87

kulturmeile in hamburg

Grundlage des Entwurfs war die Annahme, dass die bestehende Kunstmeile als ein Raum in der Stadt lesbar werden muss, um somit die Grundlage für eine funktionierende Einbindung des Oberhafens in das kulturelle Leben der Stadt zu bilden. Dazu wurde die Kunstmeile um weitere kulturelle Institutionen zur Kulturmeile erweitert. Das Erleben von Kunst und Kultur soll nicht nur in Museen, Galerien oder Theatern möglich sein, sondern im täglichen Leben auf der Straße und im Stadtraum stattfinden. Für den Oberhafen an sich wurde ein zurückhaltender städtebaulicher Entwurf vorgeschlagen. Die einzige bauliche Maßnahme ist die Entfernung der Überdachung der ehemaligen Bahngleise. Der öffentliche Bereich, der sich der Kulturmeile angliedert, wird zu einem Museum umgebaut. In den anliegenden Bereichen sind Ateliers, Werkstätten, Büros und Bereiche zur Selbstaneignung vorgesehen. cultural mile in hamburg  The main idea of the design proposal is based on the observation that the existing “Kunstmeile” (art mile) needs to become a legible part of the urban fabric to allow the Oberhafen (harbour) to be integrated into the city’s cultural life. The design thus proposes adding further cultural institutions to extend the mile into a “Kulturmeile”. Rather than restricting the experience of art and culture to museums, galleries and theatres, it should take place in everyday life in the streets and public spaces. Apart from the removal of the roof covering the former railway tracks, the design for the Oberhafen avoids structural changes and proposes a rather restrained urban design. The public area attached to the new cultural mile is to be converted into a museum. In the adjacent areas the design envisages studios, workshops, offices and spaces to be appropriated by the public.

lukas kleiter, quang minh huynh BetreuerInnen: Prof. Andreas Quednau, Henning Dehn, Anett Eberhardt, Frank Eittorf Städtebauliches Entwerfen

76

Zoom Bahnübergang

77

henry frog – henry ford

metropolitan symbiosis

Der Entwurf für das ehemalige Gelände der Ford Motor Company in São Paulo schlägt die Erneuerung, Erhaltung und partielle Umwandlung des Areals in ein Kreativquartier vor. Die leerstehenden ehemaligen Produktionshallen auf dem Gelände sollen dabei als identitätsstiftende „DNA“ des Projekts erhalten bleiben. Entgegen gängiger urbaner Entwicklungsstrategien, welche oftmals Wohnungsbau als Mittel zur Quartiersbelebung einsetzen, schlägt dieser Entwurf eine Strategie vor, die eine Einbeziehung lokaler Firmen, aneignungsoffener Räume und Grünflächen in den Plan vorsieht. Dies soll durch Hinzufügen von Plattformen auf den Dächern oder durch Nutzung der bestehenden Freiflächen ermöglicht werden. Damit berücksichtigt der Entwurf auch die steigende Nachfrage nach städtischer Nutzungsmischung sowie sich verändernde Arbeits- und Lebensbedingungen.

henry frog – henry ford – metropolitan symbiosis  This project’s main ambition is the regeneration, preservation and partial transformation of the former Henry Ford Motor Company site in São Paulo into a creative micro city. The site is characterized by the vacant production halls, which are to be preserved as part of the site’s “DNA”. Contrary to normal redevelopment strategies, which are often associated with housing schemes, the project envisages a strategy that involves local industries and provides adaptable open spaces and green areas. This is to be achieved by adding platforms on the roofs of buildings or using the existing vacant spaces. The project thereby recognizes the rising demand for the mixed use of urban land / programmatic diversification in urban areas and the changing conditions of work and life.

sofia hanina, hung trung mai BetreuerInnen: Prof. Andreas Quednau, Prof. Christian Werthmann, Frank Eittorf, Heike Schäfer Städtebauliches Entwerfen; Institut für Landschaftsarchitektur

78

Umnutzung der Lagerhallen

Ergänzende Strukturen

79

room to move

lohmühlen bewegt sich

Das Konzept basiert auf der Eingliederung der Lohmühleninsel Berlin in die Charakterbänder der Umgebung. Der nördliche Teil wird durch einen aktiven und kreativen Charakter bestimmt, wohingegen der südliche mit Alltag, Nachbarschaft und Freizeit beschreibbar ist. Nutzung und Baumassenverteilung unterstützen die Eingliederung in das jeweilige Band. Eine kompakte innere Bebauung und ein freies Ufer mit Rundlauf verstärken die Inselwirkung. Um einer Nutzung aus Kreativgewerbe, Handwerk und Kunst gerecht zu werden, entsteht ein flexibel wachsendes Gerüst im Baukastenprinzip. Jeder Nutzer kann die Größe seines Arbeitsbereiches selbst gestalten. Ein offener Raum für kreativen Austausch und Inspiration entsteht. Dieses Prinzip wird auch in den Wohnblöcken angewendet. „Eine Wohnung, die sich deinen Bedürfnissen anpasst!“ integrating lohmühlen island  The concept is to integrate the Lohmühlen Island, Berlin, into its surroundings, which are characterized by two distinct neighborhoods. These neighborhoods are basically long “strips” parallel to the Spree. The northern neighborhood has a creative and active character, while “everyday life” and “spare time activities” dominate in the southern one. The use and dimensions of the buildings support the integration of the island into the respective neighborhoods, while compact buildings in the middle and an open shore with a circular pathway help visitors to perceive the island as a real island. To satisfy the requirements of creative businesses, we developed a building that works like a framework and is able to serve many different needs, being characterised by great flexibility and with options to grow larger. The whole is designed as an open space for creative communication and inspiration. The apartment blocks were created with the same idea in mind: a flat that adapts to your needs.

stine ernst, clara krehl BetreuerInnen: Vertr. Prof. Carl Herwarth von Bittenfeld, Dr. Joachim Rosenberger, Radostina Radulova Stadt- und Raumentwicklung

80

Zoom | Modulvarianten

Belichtung

Bebaubare Fläche

Erschließung 

Höfe

Raster | 3 × 3 Meter

81

hamm connected

die stadt zum wasser erweitern. das wasser in die stadt holen.  Auf

Basis dieser Vernetzungsund Verknüpfungsüberlegung ist das Konzept für die städtebauliche Erweiterung und urbane Nutzungsstärkung der Stadt Hamm entwickelt worden. Ausgehend von wichtigen Punkten in der Stadt wurde eine Struktur von der bestehenden Altstadtgrenze orthogonal zum Wasser ausgerichtet. Zur Altstadt hin bleibt eine gefestigte Kante, die sich in Richtung Wasser auflockert. Diese Auflockerung wird durch den Bruch der Struktur mittels der erweiterten Grünzone noch verstärkt. Der Entwurf hat die Intention, eine kontinuierliche Verknüpfung zwischen Wohnen, Arbeiten und Freizeit im neuen sowie im alten Bereich der Stadt herzustellen. Der grüne Gürtel ist dabei der Filter der Stadt, der einen Ausgleich ermöglicht.

extend the town towards the water. bring the water to the city.   Urban extension and utilization plans for Hamm have been developed based on the above ideas. Starting from some important points in the town, a structure was designed from the border of the old town at right angles to the water. The old town border remains a built edge, breaking up towards the water. This trend is further enhanced by extending the green zone into the area. The project intends to enable links to be established between living, working and leisure activities in the old and the new areas of the town. The green belt forms a kind of filter which evens out differences.

stephanie gräfe, madeleine möller BetreuerInnen: Vertr. Prof. Carl Herwarth von Bittenfeld, Dr. Joachim Rosenberger, Radostina Radulova Stadt- und Raumentwicklung

82

Erweitern

Auffüllen

Strukturieren

Erweitern

Auffüllen

Strukturieren

Grünzone

Infrastruktur

83

land theater

festival in satemin  Die Ent-

würfe „LAND THEATER“ beschäftigen sich mit architektonischen Interventionen im Wendland, die Kultur als innovativen Faktor für regionales Bauen und Wirtschaftskraft begreifen. Das Rundlingsdorf Satemin wird mit dem Fokus von Räumen für Theater neu gestaltet; die historischen Hallenhäuser, die Dorfanlage und die Landschaftselemente werden neu arrangiert und ergänzt. Ein saisonales, sich wandelndes Theater wird als Impulsprojekt programmatisch entwickelt, mit Bühnen und Zuschauerräumen, Schauspiel und Handwerk, Essen und Übernachtung in einer Weiterentwicklung der Logik des Ortes. land theatre – festival in satemin  The master’s urban design studio “LAND THEATER” has produced architectural interventions for a historical village in Wendland as incentives for strategic spatial development on a larger scale. Culture as an innovation factor for regional construction programmes and the economy in the periphery is addressed by taking up the topic of rural theatre as a seasonally changing frame for historical buildings, the village as a whole and landscape elements. The programmatic development of the project “A Festival in Satemin” reconfigures the logic of the place; stages and audience, performance and crafts, food and accommodation are part of a concept of local strengths and innovation incentives. Masterplan Winter

miriam dreist BetreuerInnen: Prof. Jörg Schröder, Sarah Hartmann, Regionales Bauen und Siedlungsplanung

84

Masterplan Sommer

land porträt

zehn orte in norddeutschland  Das Seminar „LAND

PORTRÄTS“ untersucht zehn Orte in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern: Wie ist die aktuelle Situation der Orte? Welche Themen und Fragen für Architektur und Planung lassen sich feststellen, welche Strategien und Visionen gibt es für die Zukunft dieser ländlichen Räume und Orte? Die Orte und ihre Umgebung (7,5 × 7,5 Kilometer) werden in einer Feldforschung und als Interpretation von räumlichen Themen in einer Kartografie dargestellt.

land portrait – ten rural places in northern germany  The seminar “LAND POR-

Kartographie (Gebäude)

Gebäude Glückstadt  /  Unterelbe

Gelände Lübeck-Süd

Porträtkarte Neuenbrook  /  Unterelbe

Parzellen Glaisin  /  Griese Gegend

19

18

Aus dem Schwarzplan ist zu erkennen, dass Glückstadt auf dem Reißbrett entworfen wurde und sich vom Kern aus heterogen entwickelt hat. Desweitern ist eine netzartige Struktur von aneinandergereihten Gebäuden erkennbar, die sich an den Straßen ( Straßendörfern ) und dem Wasser angesiedelt haben. Die Straßendörfer weisen keinen Dorfkern wie Herzhorn und Glückstadt auf. Vereinzelt sind große Solitäre zu erkennen, die Gewerbe- und Industriegebiet kennzeichnen.

Kartographie (Gebäude)

BetreuerInnen: Prof. Jörg Schröder, Maddalena Ferretti PhD, Ines Lüder Regionales Bauen und Siedlungsplanung

Kartografie | Flur

amelie bimberg, marina birich, stephanie gräfe, lorena hyso, madeleine möller, charlotte regier, michèl viertel, valentin zellmer

1000 m

85

25

Gebäude

TRAITS” is a design research study of ten rural places in the states of Niedersachsen, Schleswig-Holstein, and Mecklenburg-Vorpommern. What is the current spatial situation? Which topics and questions are there in architecture, urban design and planning and how are they connected to strategies and visions for the future of these rural areas? The places – divided into settlement and rural landscape squares of 7.5 × 7.5 km – are interpreted using field research and mapping.

see wohnen

wohnmodelle in lindau

Das Thema Wohnen steht im Wachstumsraum Bodensee vor aktuellen Herausforderungen zunehmender Nachfrage und differenzierter Gesellschaften. Im Entwurf „SEE WOHNEN“ werden für ein Transformationsareal an der Westspitze der Stadtinsel Lindau Projekte entwickelt, die den Ansatz des Low Rise High Density für ein neues Wohnquartier am See nutzen: in den Maßstäben des Ortes in öffentlichen und privaten Räumen, Wohnen und Arbeiten, Hausund Wohnungstypen und im Hinblick auf die besondere Lage am Wasser und zur Altstadt.

lakeside life – models for living in lindau  Housing is one of the major challenges of ecological renewal and sustainable growth in the rural-urban region around Lake Constance. In the Bachelor’s urban design studio “SEE WOHNEN” the concept of Low Rise High Density is the guiding principle for 20 projects for a new urban quarter on the lake, in a transformation area on the island town of Lindau. The principle is referred to in the scales of the housing units, the houses, the quarter and the island, private and public multifunctional spaces refer and in relation to the historic centre and the lake.

eike ruhland, raphael schall BetreuerInnen: Prof. Jörg Schröder, Maddalena Ferretti PhD, Sarah Hartmann, Emanuele Sommariva PhD Regionales Bauen und Siedlungsplanung

86

see stadt

apfelspeicher im bodenDie Entwürfe „SEE see  

STADT“ entwickeln Architekturen und Pläne für die urban-rurale Wachstumsregion in drei Ländern um den Bodensee. Das Projekt „Apfelspeicher“ schlägt vor, für die saisonale Lagerung und Kühlung von Äpfeln einen Speicher im See zu bauen. Der markante Steg wird zum verbindenden Element von Land und Wasser; als regionales Merkzeichen wirkt er durch seine innovative Funktion als Symbol und Motor ökologischer Erneuerung.

lake city – apple storage in lake constance  The master’s urban design studio “SEE STADT” is formulating an architectural approach for the future spatial development of the international rural-urban region around Lake Constance. The project “Apple Storage” is developing a storehouse on the lake for apples as an important regional product and the target of ecological food chains. The distinctive jetty will become a regional landmark, and through its innovative function will be a catalyst for a rural renaissance and organic growth.

eva staack, franziska faber BetreuerInnen: Prof. Jörg Schröder, Sarah Hartmann, Regionales Bauen und Siedlungsplanung

87

institut für geschichte und theorie der architektur

igt Architektur und Kunst 20. / 21. Jahrhundert Prof. Dr. Margitta Buchert Bau- und Stadtbaugeschichte Prof. Dr. Joachim Ganzert Planungs- und Architektursoziologie Prof. Dr. Barbara Zibell gender_archland Forum für Genderkompetenz und Architektur / Landschaft / Planung Prof. Dr. Tanja Mölders

erzählender raum

alt + neu torlØa

der bartelshof

> SEITE 90

> SEITE 92

> SEITE 94

grundschule neu denken

sozialnetzwerk in verden

> SEITE 96

> SEITE 98

kleingärten zwischen tradition und transformation > SEITE 100

erzählender raum

gestaltungsmittel in film und architektur

Die Disziplinen Architektur und Film können auf vielfältige Weise zusammen betrachtet werden. In dieser Arbeit werden ihre Möglichkeiten der Raumgestaltung kategorisiert und betrachtet. Die Prämisse ist, Raum nicht nur als physisches Konstrukt, sondern auch als ein gedankliches zu verstehen, das – um für uns als real und präsent zu gelten – nicht unbedingt einer materiellen Ausformulierung bedarf. Auch der Film erzeugt für uns eine „dreidimensionale Realität“1, eine sogenannte diegetische Welt, in die wir eintauchen können; die wir, trotz des zweidimensionalen Eindrucks, räumlich weiterdenken und die wir im Regelfall für in sich konsistent annehmen. Das Sehen ist ein dualer Vorgang. Einerseits ist es ein passiv-rezeptiver Vorgang, in dem wir einem äußeren, physikalisch vorhandenen Bild gegenüberstehen, dessen visuelle Reize wir nur noch durch unsere Netzhaut auffangen müssen. Die weitere Verarbeitung dieser Reize aber ist eine aktive, Wirklichkeit schaffende Tätigkeit unseres Geistes. Für sie sind unsere vorab angelegten, inneren Bilder entscheidend. Wir können aus dem Sehen eines Bildes Informationen ermitteln, die wir als Basis für unsere Fantasien, aber auch für unser Verhalten und Handeln nehmen. „Das Bild“, das wir letztendlich wahrnehmen, beschreibt alle möglichen visuellen Eindrücke im Zusammenspiel mit unseren inneren, mentalen Bildern. Diese innerliche Bildarbeit nehmen wir gewöhnlicherweise nicht wahr. Wir erkennen nicht, dass unser gesehenes Bild eine Konstruktion aus objektiven und subjektiven Faktoren ist. Wir gehen stets davon aus, unsere Augen würden uns nichts als die Realität vermitteln. Das macht es auch schwierig, die Wahrnehmung anderer Menschen nachzuvollziehen. Der Sehsinn täuscht uns sozusagen selbst. Davon geht ein großer Teil der Faszination des Films aus und sein Vermögen, so immersiv auf uns einzuwirken. Die bildliche Ebene, auf der Film und Architektur zu großen Teilen arbeiten und mit der sie im Stande sind, Gefühlen und Bedeutungen in uns auszulösen, bietet die Basis, Film und Architektur miteinander zu vergleichen und filmischen und architektonischen

90

Raum gewissermaßen äquivalent zu betrachten. Wenn hier also von Raum gesprochen wird, ist der Eindruck von Raum gemeint und die Fähigkeit von Film und Architektur, diesen zu erzeugen und zu manipulieren. Im direkten Vergleich ergeben sich Rückschlüsse über menschliche Wahrnehmungsmechanismen: Aussagen darüber, wie grafische, räumliche und bewegungsbasierte Gestaltungsmerkmale unsere Rezeption von Raum beeinflussen und wie gedankliche Voraussetzungen darauf einwirken. Als Architekt lohnt es sich, vom Film zu lernen: In der Analogie zum Film kann Architektur neu verstanden werden, denn Architektur ist natürlich mehr als die Anordnung eines Raumprogramms. Typisch cineastische Aspekte kommen auch im gebauten Raum zum Tragen. In beiden Fällen handelt es sich letztlich um eine Abfolge von Räumen, zusammengehalten durch harte Schnitte oder weiche Übergänge. Die Art der Verknüpfung – also welche Räumlichkeiten jeweils wie verbunden sind – entspricht dem Schnitt und der Montage im Film. Raum wird durchwandert, eine Bewegung wird vollzogen, Sequenzen ähnlich einer Kamerafahrt ergeben sich – wie es schon Le Corbusier in seinem Konzept der „promenade architectural“ beschrieben hat. Raum wird durch Öffnungen und Durchgänge gerahmt, also kadriert und tritt damit bildlich, in definierten Ausschnitten in Erscheinung. Der Raum im Off – nicht sichtbarer, aber uns bewusster und präsenter Raum – spielt für unsere Verortung eine Rolle. Diese Erkenntnisse helfen nicht nur bei der Wahrnehmung, sondern auch im Entwurf von Architektur, bei dem sich eine Alternative im entwurfsmethodischen Denken bietet. Wird sie als etwas Filmisches begriffen, aktiviert sich eine narrative Komponente des Raums, denn Gestaltungsmittel im Film sind immer auch Erzählmittel. Die Kadrierung, sprich die Wahl des Bildausschnitts durch die Kameraeinstellung, schließt die Zufälligkeit eines Bildeindrucks aus. Die Inszenierung ist immanenter Bestandteil. Aus ihr folgt, was zu sehen ist und – ebenso wichtig – was nicht zu sehen ist, also welche Teile des Raums im Off bleiben. Der Raum im Off ist „zwar nicht unmittelbar sichtbar, [kann] jedoch

Kadrierung trifft eine Aussage über den Gesamtkontext und die Beziehung des Betrachters dazu.

in der logischen Konsequenz abgeleitet werden“2. Im Zusammenspiel aus sichtbarem und unsichtbarem Raum entwickeln sich Erwartungshaltungen im Rezipienten – räumliche Spannungsbögen zwischen dem Hier und Dort, die so auch auf die Architektur angewendet werden können. Das Element der Kadrierung bildet Raumgrenzen, definiert Raum also in seiner dreidimensionalen Ausdehnung, baut aber durch den Durchblick durch oder über die Grenze hinweg gleichzeitig eine Beziehung zur Umgebung auf. Ausund Einblicke lassen Raumgrenzen / visuelle Schwellen spürbar werden, weil sie das Davor und Dahinter gleichzeitig ins Bewusstsein des Betrachters holen und es in Beziehung setzen. Der kadrierte Raum wird zum abstrahierten Raumbild. Die Aneinanderreihung der Einstellungen im Film durch Montage ergibt einen Erzählstrang, den das betrachtende Subjekt automatisch herzustellen versucht. Der sogenannte Kuleschow-Effekt, abgeleitet aus Experimenten in den frühen Entwicklungstagen des Films, schildert die Erzählfunktion des Schnitts: Der Reflex unserer menschlichen Wahrnehmung, aneinander liegende Einstellung sinnhaft zu verbinden und miteinander zu assoziieren, ermöglicht das Übermitteln von Handlungssträngen, Stimmungen und künstlichen Raumkonstrukten3 – allein durch das zeitlich definierte und zusammenhängende Zeigen von Einstellungen. Sie versucht fragmentarisch abgebildete Räume Alltagserfahrungen entsprechend in kohärente Raumkontinuen zu Ende zu denken. Die Montage kann auch in der Architektur narrativ wirken. In der Art der Raumverknüpfung bilden sich räumliche Spannungsbögen (vgl. Here-There-Konzept4) und ikonische Gestaltungsregeln (eine zeichenhafte Ablesbarkeit von Gestaltungen, aus der sich Erwartungshaltungen ergründen: der kleine, außen liegende Durchgang mag zum Beispiel eine Nebenerschließung anzeigen, während die zentral liegende, große Öffnung eine Haupterschließung auszudrücken vermag – diese Regeln können bewusst gebrochen werden). Im Rahmen dieser Arbeit wurden narrative Gestaltungsmittel beschrieben, eingeteilt in vier Kategorien: „2D“ beschreibt grundlegende visuelle Prinzipien (Helligkeit  /  Dunkelheit, Farbigkeit, …), „3D“

die dreidimensional wirkenden Mittel (Dimension, Position  /  Perspektive, …). „4D“ beschäftigt sich mit zeitlichen Wirkungen (Bewegung, Montage, …), „5D“ bezieht sich auf die gedankliche Ebene (Innere Bilder, Raum im Off ).

narrative space – means of design in film and architecture  There are many different ways to compare film and architecture with one another. This work focuses on their ability to create space and to alter our perception of it. The outcome is a collection of design means that can be used in both film and architecture. Space is not only something physical, but also a mental construct. Seeing this as the premise of this work allows us to talk about space in film as equivalent to space in architecture. Film – as well as architecture – creates a “three-dimensional reality”, also called the diegetic world, in which we immerse ourselves while watching. Our minds complete or spin out this fictional setting three-dimensionally, even though we get to see only fragments of it on the two-dimensional screen. Space is not only a physical but also a mental construct. By comparing film and architecture one can derive conclusions about human ways of perceiving space: How can two-, three-dimensional and motion-based design measures affect what we actually see? Learning from film as an architect means: Understanding architecture as spatial sequence, knit together by either hard cuts or smooth transitions – the many possibilities of montage. Seeing it as movement through space, which the viewer of film experiences as well as the viewer of architecture. Perceiving the framing of views as something similar to what the camera does in film. Considering the off space – space you can’t see since it is not within the frame – as a means of placing ourselves in a spatial context. Altogether: of seeing space as something narrative.

1 Nolan, Christopher (Q&A), Christopher Nolan on Dreams, Architecture, and Ambiguity, Interview in: Wired Online Magazin, 29.11.2010, www.wired.com/2010/11/pl_inception_nolan/, 14.12.2015 2 Agotai, Doris, Architekturen in Zelluloid, Bielefeld: Transcript 2007, 56 3 Ein Experiment Kuleschows bestand darin, aus Einstellungen verschiedener, räumlich nicht verbundener Orte den Eindruck einer neuen, kohärenten Räumlichkeit zu erschaffen. Die Illusion dieses unmöglichen Raumes fiel Zuschauern nicht als solche auf – sie wirkte durch die Montage real. Kuleschow benannte diese Möglichkeit als „kreative Geografie“. 4 Cullen, Gordon, The Concise Townscape, London: Architectural Press 1961

julian benny hung Betreuerin: Prof. Dr. Margitta Buchert Architektur und Kunst 20.  /  21. Jahrhundert

91

alt + neu torlØa

artist in residence in norwegen  Meine Masterthesis be-

schäftigt sich mit der Frage, inwieweit das Weiterbauen historisch vorhandener Bausubstanzen in Norwegen eine Bedeutung hat. Welche norwegischen Architekten setzen sich wie mit dieser Thematik konkret am Beispiel ihres Landes auseinander? Eine theoretische Erarbeitung bildet den Schwerpunkt meiner Masterthesis. In einem zweiten Teil übertrage ich meine erlangten Erkenntnisse in einen Entwurf, der die 1892 erbaute Scheune „Torløa“ zum Gegenstand hat. Sie steht in Fjærland, einem Dorf am Ende eines Fjordes an der Nordwestküste Norwegens. Das Weiterbauen historisch gewachsener Strukturen ist ein fester Bestandteil in der architektonischen Geschichte Europas.1 Über Jahrhunderte gewachsene Stadtstrukturen gehen einher mit einer dichten Besiedlung. Sie stehen in Kontrast zu punktuellen Baustrukturen und Besiedlungen im ländlichen Raum. Eine wesentliche Rolle spielen dabei die unterschiedlichen Topografien und ihre eigene Charakteristik – sowohl im urbanen als auch im ländlichen Raum.2 Ihr Einfluss ist dabei nicht überall von gleicher Bedeutung. Mancherorts ist er kaum spürbar, wohingegen er anderswo eine besondere Rolle einnimmt. Diese Rolle kommt besonders in Norwegen zum Ausdruck. Die topografischen Räume reichen hier von nahezu flachen Teilen bis in eindrucksvolle Gebirgsregionen. Die Aneignung von Raum durch Bauwerke war und ist dort abhängig von den topografischen Gegebenheiten und schöpft aus Erfahrungen mit den natürlichen Einflüssen. Über die Jahrhunderte hat sich daraus eine Tradition von Bauweisen entwickelt. Unter dem Thema „Alt + Neu“ möchte ich mit meiner Masterarbeit dort ansetzen und untersuchen, wie in Norwegen die traditionell vorhandenen Baustrukturen eine Verbindung mit „Neuem“ eingehen. Welche Architekten setzen sich mit dieser Thematik auseinander und wie wird das Neue in Verbindung mit dem Alten ausgeführt? Ein bedeutender Aspekt in diesem Zusammenhang ist die Natur. So sind es nicht nur die Landschaften, sondern auch Licht- und Witterungsbedingungen, die die Bebauung prägen. Der Winter ist eine sehr dunkle

92

Jahreszeit, die, besonders im Gebirge, von viel Schnee begleitet werden kann. Im Sommer dagegen ist es auch bei Nacht hell. Anforderungen an Bauwerke sind damit deutlich vielfältiger. Wie verändert sich der Ausdruck im Zusammenspiel zwischen Alt und Neu unter dem Einfluss der verschiedenen Zeitrhythmen? Um diesem auf den Grund zu gehen, habe ich innerhalb der schriftlichen Erarbeitung Projekte norwegischer Architekten betrachtet, die auf eine unterschiedliche Weise die Verbindung zwischen Alt und Neu in verschiedenen Natur- und Lebensräumen schaffen: Vom Stadtraum begebe ich mich ins Gebirge und schließlich wieder auf die Ebene des Meeresspiegels. Die Projekte platzieren sich im Nordwesten Norwegens, sodass sie geografisch innerhalb einer Region liegen. Der sie umgebende Natur- und Lebensraum ist aus regionaler Sicht der gleiche, differenziert sich jedoch in der Betrachtung der verschiedenen Höhenmeter. Die naturräumliche Auswahl der zu analysierenden Projekte bezieht sich auf meine abschließende Auseinandersetzung mit einem Objekt innerhalb dieser spezifischen Naturregion. […] In der norwegischen Natur hat das Licht einen besonderen Stellenwert. Im Winter ist es nur von sehr kurzer Dauer, wohingegen es im Sommer üppig vorhanden ist. […] Christian Norberg-Schulz beschreibt das Phänomen des „nordischen Lichts“ mit einer besonderen Stimmung, die durch die vielen unterschiedlichen Naturräume erzeugt wird. Die individuell von der Natur geformten Räume werden durch unterschiedliche Einflüsse des Lichts immer wieder in eine neue Stimmung versetzt.3 Dabei sind die Witterungsbedingungen von entscheidender Bedeutung.4 […] Die norwegische Natur gibt dem Menschen vor, sich ihren Bedingungen in der Lebensweise anzupassen. Dies betrifft sowohl die sie schützende Architektur als auch den Menschen als Individuum. Der „Genius Loci“, der Geist des Ortes, der die Stimmung an einem spezifischen Ort definiert, beeinflusst also die entstehende Architektur wie auch den Menschen, der sich durch die natürlichen Verhältnisse mit einem Ort identifiziert oder nicht. Christian Norberg-Schulz formuliert in diesem Zusammenhang die „Freundschaft“, die ein Mensch mit der Natur eingehen muss, um sich

„heimisch“ zu fühlen und um sich mit ihr identifizieren zu können. „Nordic man has to be friend with fog, ice and cold winds; he has to enjoy the creaking sound of snow under the feet when he walks around […].“5 Für die Architektur gilt in ähnlicher Weise ein Freundschaftsverhältnis, das sie mit der Natur eingehen muss, um sich mit ihr zu identifizieren. […] Sie definiert die Art und Weise, ein Bauwerk zu integrieren. Christian Norberg-Schulz beschreibt dies mit der Topologie des Raumes.6 Diese äußert sich in jedem Naturraum in Norwegen neu. Geografisch ist das Land in fünf Regionen unterteilt: Østlandet (Ostnorwegen), Sørlandet (Südnorwegen), Vestlandet (Westnorwegen), Trøndelag (Region um Trondheim) und Nordland (Nordnorwegen). Die schon genannten vielfältigen Naturräume Norwegens finden sich in ihrer unterschiedlichen Erscheinung in diesen Regionen wieder.7 […] […] Architektur und Natur stehen in einem sich gegenseitig bedingenden Verhältnis. So unterliegt auch das Weiterbauen in Norwegen dem Verstehen des Vorhandenen in Form und Proportion, in seinen traditionellen Werten wie auch dem ihn umgebenden Naturraum. […] Für eine Wiederbelebung der Scheune wäre zum einen ihre historische Bedeutung als Versammlungsstätte für den Ort ein wichtiges Merkmal, wie auch ihre Bedeutung als Bauwerk „Torløa“. Zum anderen wären es die naturräumlichen und kulturellen Qualitäten Fjærlands, die den Fortbestand sichern könnten. Aus meinen vorangegangenen Erarbeitungen, die immer ortsspezifische Themen aus baulichen Strukturen und naturräumlichen Gegebenheiten aufnahmen, möchte

Perspektive Entwurf

ich in gleicher Weise in Fjærland den Bezug zur Ortsspezifität aufnehmen. Für ein mögliches übergeordnetes Programm stelle ich mir ein Gästehaus für kreative Menschen wie Schriftsteller, Künstler oder Philosophen vor, die sich mit der einleitend beschriebenen Ruhe identifizieren können und Inspirationen für ihre Beschäftigungen suchen, ähnlich wie Wittgenstein sie vor hundert Jahren suchte. Über ein Stipendium wird talentierten Künstlern die Möglichkeit geboten, als „Artist in Residence“ sich in finanzieller Unabhängigkeit ihren Künsten zu widmen.8 Die sie umgebende naturräumliche Situation in Fjærland fungiert als inspirative Quelle für das Schaffen und Fortführen von künstlerischen Werken. Der Standort des Bauwerks „Torløa“ mit den naturräumlichen Bezügen zum Gletscher „Supphellebreen“, der umgebenden Berglandschaft und dem Fjord sowie die abgeschiedene Lage des Dorfes bringt das Potenzial einer ungestörten und inspirierenden räumlichen Situation mit sich. […] […] Die Begegnung der natürlichen, gegensätzlichen Elemente schafft eine anspruchsvolle Auseinandersetzung in der Formulierung von Architektur. […] „Torløa“ ist in ihrer Positionierung der Begegnung aller Naturelemente ausgesetzt. In ihrer momentanen Gestalt ist die Antwort auf die Geschehnisse der umgebenden Natur zu jeder Seite gleich. Das Innere bleibt dem Außenraum verborgen und der Außenraum bleibt dem Inneren verborgen. Der Ansatz des Entwurfes ist das Erhalten dieses mysteriösen ortsprägenden Charakters, der im Inneren eine besondere Atmosphäre durch den Einfall des Lichts entstehen lässt. Gleichzeitig wird mit der Möglichkeit des Öffnens der äußeren Verkleidung die Erweiterung in den Außenraum gegeben. Die geöffneten Bereiche rahmen „das-zu-Entdeckende“, sie geben ausschnitthaft den Blick frei in den spannungsreichen Naturraum und inszenieren ihn. […] Es wird mit der Bedeutung des Lichts gespielt: Diffusität und Klarheit mit der Inszenierung der Natur bei Tag; Inszenierung des Objekts bei Nacht durch das Leuchten aus dem Inneren heraus. […] […] Die Transformation der Scheune schafft einen Bezug von Außen- und Innenraum bei gleichzeitigem Respekt vor der gegenwärtigen Erscheinung. Sie

stellt auch in kultureller Hinsicht eine Verbindung zum Ort durch das Programm „Artist in Residence“ her. Die Künstler schöpfen aus der beruhigenden und gleichzeitig dramatischen Wirkung des Naturraums. Sie profitieren von der naturräumlich zentralen Positionierung der Scheune. Die „Suche nach dem zu Entdeckenden“ ist in der vorhandenen Struktur von „Torløa“ gegeben. Die Transformation ergänzt sie und erlaubt ihr einen Wandel in ihren Ausdrücken. […] Längsschnitt

ancient + new torløa – artist in residence in norway  The combination of ancient and new architecture takes place in every existing / historical architectural structure which has developed over time. Historical building structures form the basis for a new, integrated architecture that follows the “rules” given in most European countries. In Norway, these “rules” are added to by nature, which takes on a different appearance according to the distinct geological and natural regions, such as the north, the north-western coast, the eastern or southern regions. The aim of this thesis is divided into two sections. The first section is a theoretical approach using examples from different architectural projects in the same natural space of the north-western coastal area. These spaces vary in appearance and are influenced by the typical architectural gestalt of each area. The connection between historical and new architecture creates a new challenge within the discussion of natural spaces. The projects analysed form the basis for the second section of the thesis, where my own design in an abandoned cabin called “Torløa”, built in Fjærland in 1892, forms a final part. The integration of a new program strengthens the cabin’s architectural expression and its significance for the place as an historical building. A reflection concludes the topics discussed.

1 Vgl. Cramer, Johannes / Breitling, Stefan, Architektur im Bestand. Planung, Entwurf, Ausführung, Basel u.a.: Birkhäuser 2007, 13 2 Vgl. Norberg-Schulz, Christian, Nightlands. Nordic Building, MIT Press: Cambrigde, Massachusetts 1996, 31f. 3 Vgl. ibidem, 2 4 Vgl. ibidem, 6 5 Idem, Genius Loci. Towards a Phenomenology of Architecture, Academy Editions: London 1980, 21 6 Vgl. op.cit. (Anm.2), 17 7 Vgl. ibidem, 31 8 Vgl. www.villamassimo.de/de/stipendiaten 20.12.2015

nora gentsch Masterthesis BetreuerInnen: Prof. Dr. Margitta Buchert, Prof. Alexander Furche Architektur und Kunst 20.  /  21. Jahrhundert; Tragwerke

93

der bartelshof

neue chance im ländlichen raum  Der Bar-

telshof liegt in einem Dorf vor den Toren Soltaus. Derzeit wird auf dem Hof Landwirtschaft betrieben, die in den kommenden Jahren aufgegeben wird. Es stellt sich die Frage, wie die Gebäude vor dem Verfall bewahrt werden und welche Chancen durch eine Umnutzung des Hofs und seiner Umgebung entstehen können. Aus einer analytischen Vorarbeit entstand das Konzept, welches eine kombinierte Nutzung aus landwirtschaftlichem Gemüseanbau und Bildungsarbeit vorsieht. Schulklassen können auf dem Hof in alten Stallungen übernachten und werden in das Hofgeschehen mit eingebunden. Die Kinder lernen, wie Lebensmittel angebaut und geerntet werden und bereiten aus diesen ihre täglichen Mahlzeiten zu. Das Umnutzungskonzept verknüpft Schulergänzungsleistungen für Kinder mit neuen, zukunftsweisenden Angeboten für die Region.

the bartelshof – new opportunities in a rural area  The Bartelshof is located in a small village near Soltau. Currently the farm is in agricultural use but it will be given up in a few years. The aim of the thesis was to find an alternative use in order to prevent the property from decaying. This involved analysing the kind of options that could be generated for the farm and its surroundings from a conversion. The resultant concept for reusing the premises combines teaching and learning with agricultural use. School classes can come to the farm and stay overnight in the old stables. During the day the pupils will be integrated in the daily rhythm of the farm. The children will see and learn how our food grows and is harvested. They will prepare their own meals from it. The reusing concept is integrated into a well-developed network. At the same time it aims to build up new, forward-looking offers and links for the region.

anna drewes Masterthesis BetreuerInnen: Prof. Dr. Barbara Zibell, Prof. Alexander Furche Planungs- und Architektursoziologie; Tragwerke

94

Detailschnitt Schweinestall

Schnitt Haupthaus Hofladen

95

grundschule neu denken

eine architektonische konzeption für die grundschule der zukunft  Eine Grund-

schule bauen: eine schöne Planungsaufgabe, beschäftigt sie sich doch mit dem Alltag unserer Kinder, mit unserer Gesellschaft und auch mit der Entwicklung von Quartieren, welche durch die Präsenz einer Grundschule geprägt werden und umgekehrt. Aus meinen Beobachtungen und Gesprächen mit Schulleitern verschiedener im Vorfeld besuchter Grundschulen in Deutschland wurde schnell deutlich, dass Schule bereits heute anders funktioniert als noch zu meiner eigenen Grundschulzeit. Während die Einführung der Ganztagsschule in den Sekundarstufenschulen pädagogische Gründe hatte, unterliegen aufgrund gesellschaftlicher Veränderungen immer mehr Grundschulen ebenfalls der Notwendigkeit längerer Betreuungszeiten für die Kinder. Außerdem rückt die Inklusion in den Mittelpunkt der Diskussionen um eine zukunftsfähige Entwicklung von Grundschulen. Damit gewinnt der Gedanke der individuellen Förderung im Schulalltag große Bedeutung. Auf diese grundlegenden Veränderungen pädagogischer Ansätze und Arbeitsweisen muss die Schulbau-Architektur reagieren, indem sie Antworten findet, die über Stichworte wie „erhöhter Raumbedarf“ und „Barrierefreiheit“ weit hinausgehen. Die erarbeitete Konzeption ermöglicht vom Schulhaustypus unabhängige architektonische Anregungen und Haltungen. Forschungsfrage: Welche architektonischen Konzeptionen erfordert die Grundschule der Zukunft? Für das Erarbeiten einer zukunftsfähigen architektonischen Konzeption ist das Aufstellen von prinzipiellen Thesen notwendig, um erkennbar zu machen, welche zukünftigen institutionellen und gesellschaftlichen Trends und Entwicklungen die Grundlage für weitere Überlegungen bieten. Darauf aufbauend wird eine Konzeption entwickelt, welche, unabhängig von projektspezifischen Eigenschaften und Bedürfnissen, einige grundlegende Ideen architektonischer Eigenschaften und Zusammenhänge darlegt.

96

These 1: Die Ganztagsschule ist, durch ihr Dasein als Tagesmittelpunkt, ein wichtiger Lebensort. Sowohl alle Kinder, die diese Grundschule besuchen, als auch alle Lehr- und pädagogischen Kräfte sind nicht mehr nur am Vormittag in der Schule, sondern verbringen hier die längste Zeit des Tages. Das bietet die Chance, den Schulalltag für alle Beteiligten zu rhythmisieren, das heißt den Tag durch einen zeitlich ausgeglichenen Rhythmus von Phasen der Konzentration und des Erholens zu gliedern. Schule als Lebensort – das bedeutet gleichzeitig: „Da wo ich bin, da will ich wohnen.“ Statt reiner Lernort wird die Schule zum Lebensort und erfährt deshalb erhöhte Ansprüche und Bedürfnisse an Wohnlichkeit, Behaglichkeit und Identifikation. These 2: Der erweiterte Bildungsbegriff gehört zum Selbstverständnis der Grundschule der Zukunft. Das Verständnis von Bildung geht über das „klassische“ schulische Lernen und die Vermittlung von Allgemeinwissen hinaus. Es erweitert sich auf zwei unterschiedlichen Ebenen. Einerseits werden gängige Schulfächer wie beispielsweise Mathematik und Musik durch eine Vielzahl von Tätigkeiten und Themenfeldern ergänzt. Hierzu zählen unter anderem Raumpflege, Gärtnern, Kochen im Rahmen des Themas Ernährung und Gesundheit sowie Forschen, Handwerken und Handarbeit. Andererseits gewinnt der Erwerb unterschiedlicher Kompetenzen in sozialen, organisatorischen und kommunikativen Belangen an Bedeutung. Damit gehen die Lernprozesse innerhalb der Schule über das formale Lernen hinaus und bewegen sich ebenso in den Bereichen des nichtformalen und informellen Lernens.1 These 3: Gelernt wird nebeneinander, miteinander, voneinander. Die früher übliche Methode des Frontalunterrichts und damit ein ständiges Nebeneinander aller Schüler und Schülerinnen wird ergänzt durch das Lernen mitund voneinander. Die Kinder lernen alleine, zu zweit, in Kleingruppen oder in der Großgruppe, der Klassengemeinschaft oder auch der Schulgemeinschaft. Gleichzeitig ist die Umsetzung einer ganzheitlichen

Inklusion von Menschen mit Behinderungen sowie anderweitig Unterstützung Benötigender gewünscht. Entsprechend muss auf sowohl architektonischer als aber auch pädagogischer Ebene durch diverse Aspekte darauf reagiert werden. Die Heterogenität aller Menschen wird damit von vorneherein zu einer Selbstverständlichkeit. These 4: Die Schule ist ein Bildungs- und Nachbarschaftszentrum und Teil einer ganzen Bildungslandschaft. Bildungslandschaften, ob auf Quartiers-, Gemeinde- oder übergreifender Ebene, sind denkbar auf der Grundlage einer sozialräumlichen Öffnung der Schule. Dabei wird das ganzheitliche Bildungsverständnis ausgebaut durch die Vernetzung und Kooperation zwischen der Schule und externen Einrichtungen. Neben der Möglichkeit der Schüler und Schülerinnen, in andere Räume von Quartier und Gemeinde auszuschwärmen, bildet die Grundschule wiederum als Teil dieser Bildungslandschaft ein Bildungs- und Nachbarschaftszentrum. Sie soll somit nicht nur den Schülern vorbehalten, sondern auch für die Öffentlichkeit attraktiv und nutzbar sein. […] Schule bauen – das ist mehr als das Aneinanderreihen von standardisierten Klassenräumen und ein wenig Gemeinschaftsfläche hinter einer energieeffizienten Fassade. Schulbau ist komplex. Je nach pädagogischer Ausrichtung und Konzeption unterscheiden sich die räumlichen Anforderungen und Bedürfnisse. Und gleichzeitig ist es dringend notwendig, zukünftige Veränderungen mitzudenken. Denn die pädagogischen Ansätze und Arbeitsweisen verändern sich in kürzeren Zyklen als eine geschaffene Schularchitektur. Die Architektur kann nur dann die Pädagogik unterstützend wirken, wenn sich diese die geschaffenen Räume individuell und flexibel aneignen kann. Die explorativ ausgearbeitete Konzeption sieht demnach ein hohes Maß an Freiraum und Flexibilität der baulichen Strukturen vor, welche von den verschiedenen Nutzergruppen der Schule individuell angeeignet werden können. Dabei spielt die Überschneidung von schulischen und außerschulischen Nutzern und Angeboten eine wichtige Rolle. Es wird deutlich, dass

nicht nur durch anzunehmende pädagogische Veränderungen, sondern auch durch die neue Definition der Institution Schule ein Umdenken auf der architektonischen Ebene unumgänglich ist. Dabei kommt es darauf an, ein angepasstes Zusammenwirken unterschiedlicher, bereits bewährter Raumstrukturen mit neuen Ansätzen und Ideen zu einem ausgewogenen und zukunftsfähigen Bau zu entwickeln. Die räumlichen Strukturen bieten den für Grundschulkinder einerseits wichtigen Rückhalt, ermöglichen und festigen Bindungen und Beziehungen, andererseits schaffen sie den Rahmen, sie zu eigenverantwortlichen und selbstständigen Individuen heranwachsen zu lassen. Räumliche Konstellationen sind darauf ausgelegt, das Miteinander der Schulgemeinschaft zu fördern, Begegnungen stattfinden zu lassen und den Schulalltag nicht als lästigen Zwang zu erfahren, sondern sich geborgen, fast schon zuhause zu fühlen. Sie sorgen für ein hohes Maß an Identifikation, unterstützen damit das Zugehörigkeitsgefühl. Die Architektur bietet räumliche Freiheiten, sodass auf inhaltliche Veränderungen, wenn nötig mit geringen baulichen Maßnahmen, reagiert werden kann, ohne die Qualität der Konstruktion und des Gebäudes zu schmälern. Eine Herausforderung besteht dabei in der Funktion der Schule als Nachbarschaftszentrum, wodurch schulinterne und außerschulische Nutzungen in räumlicher Nähe zueinander zu ermöglichen sind. Dies bedarf neben räumlichen Ansprüchen einer zeitlichen Organisation, um die Privatsphäre der Schule zu gewährleisten. Es wird deutlich, dass mit einer wie dargelegten Entwicklung der Grundschule ein Zusammendenken von Schul- und Quartiers- bzw. Stadtentwicklung einhergehen sollte, um diese zukunftsfähig gestalten zu können. Dafür notwendig ist ein hohes Maß an Partizipation aller inner- und außerschulischen Beteiligten, um nicht nur ein funktionierendes Schulgebäude, sondern einen Lebensort für weitere Nutzergruppen entwickeln zu können, welcher auf die jeweiligen Bedürfnisse und Anforderungen reagieren kann. Ich habe Lehrende dazu gefragt, was sie sich baulich für die Zukunft wünschen würden. Die Antworten waren alle ähnlich. Größere Klassenräume. Ich stimme

zu, dass Klassen mehr Platz brauchen als den in Richtlinien festgelegten Flächenbedarf pro Schüler. Doch möchte ich dazu anregen, diese Wünsche zu übersetzen in Bedürfnisse, die einer zukünftigen Schule entsprechen. Einer Schule, in der nicht mehr alle einheitlich unterrichtet und abgeprüft werden. Einer Schule, die ein Lebensmittelpunkt der Kinder ist. Mehr Raum für die Schüler und das Kollegium, um zu lernen, spielen, sich auszutauschen und zu leben. Das findet nicht alles in einem etwas größeren Klassenraum statt, sondern in offeneren und großzügiger gestalteten Raumstrukturen der Grundschule der Zukunft.

Vom Klassenraum zur „Basis“

rethinking the primary school – an architectural concept for the primary school of the future  Building a primary school: a beautiful planning task, as it centers on the everyday life of our children, our society, and the development of our neighborhoods, which are shaped by the presence of a primary school. What does the primary school of the future look like? Changing educational approaches, social trends, a growing need for daycare, inclusion, the quest for individualized attention and advancement are but a few of the factors which school architecture has to address.This master’s thesis explores the architecture of the primary school of the future. The concept developed here produces architectural ideas and attitudes that are independent of the type of schoolhouse. It reveals the spatial relationships generated by specific usage, processes in various situations, and architectural principles that can be applied concretely to different tasks when building an innovative and sustainable primary school. I want to encourage the desire of present teachers for more spacious classrooms to be translated into requirements that conform with a school of the future. A school that does not teach and test all children uniformly. A school that is a cornerstone in children’s lives, that provides more space for the students and the teaching staff to learn, play, interact and live. This will not occur in classrooms that are merely more spacious, but in architectural spaces that are more open and ultimately more generous within the primary school of the future.

Von Erschließungsräumen zu Zwischenräumen

Mensa + Aula + Foyer = Marktplatz

1 Baumbast, S.; Hofmann-van de Poll, F.; Lüders, C.: Non-formale und informelle Lernprozesse in der Kinder- und Jugendarbeit und ihre Nachweise, 2012, URL: www.jugendsozialarbeit.de / media/raw/ TOP_5_Non_formale_und_informelle_Lernprozesse_in_der_Kinder-_ und_Jugendarbeit_und_ihre_Nachweise.pdf, zuletzt aufgerufen am 16.07.2015, S. 12-24

nikola knauer Masterthesis BetreuerInnen: Prof. Dr. Barbara Zibell, Prof. Alexander Furche Planungs- und Architektursoziologie; Tragwerke

97

sozialnetzwerk in verden

Das Altstadtgebiet in Verden (Aller) ist ein markanter Teilraum der Stadt, der durch eine dichte, kleinteilige Bebauung gekennzeichnet ist. Bei der Betrachtung des Sozialraums sind Aktionsräume und Interaktionsnetze identifizierbar, die durch die Verfügbarkeit von räumlichen Gelegenheiten sowie die Wahrnehmung ihrer Qualitäten beeinflusst sind. Der Entwurf ist von der Idee geprägt, die Vernetzung und aktive Teilhabe sowohl innerhalb des Sozialraums als auch über seine Grenzen hinweg zu fördern sowie die Zugänglichkeit für alle Menschen, mit oder ohne Behinderung, sicherzustellen. Dazu sind Orte der Kommunikation mit verschiedener Nutzung und Offenheit ebenso vorgesehen wie individuelle Rückzugsbereiche, darunter elf Wohnplätze für Menschen mit oder ohne Assistenzbedarf in diversen Wohnformen. Regionale, nachhaltige Materialien wie Lehm, Sandstein und Holz bilden die Baukonstruktion. social network in verden  The historical town centre of Verden (Aller) is a distinctive subspace of the town, characterized by dense, fragmented development. When considering the social space, one can identify activity spaces and interaction networks, each of which is influenced by the availability of spatial opportunities and by the perception of their qualities. The design has been shaped by the idea of promoting networking and active participation, both within the social space as well as beyond, and of ensuring accessibility for all people, with or without disabilities. For that purpose, places of communication (with varying degrees of openness) are provided as well as individual areas for retreat. These include 11 domiciles for people with or without need of assistance in various types of housing. Regional, sustainable materials such as clay, sandstone, and wood form the building construction.

karen bassen Masterthesis BetreuerInnen: Prof. Dr. Tanja Mölders, Prof. Alexander Furche gender_archland; Tragwerke

98

Ansicht Untere Straße

Grundriss Ebene +2

99

kleingärten zwischen tradition und transformation

eine empirische untersuchung ausgewählter kleingärtnervereine in hannover

Thematik und Zielsetzung Kleingärten und deren Vorläufer gehören schon seit mehr als einem Jahrhundert zum Stadtbild vieler deutscher Städte. Kleingärtnervereine in ihrer heutigen Form bestehen erst seit einigen Jahren und haben sich aus unterschiedlichen Bewegungen entwickelt. Das heutige Kleingartenwesen entstand aus Armen- und Arbeitergärten, Laubenkolonien, Schrebergärten sowie anderen kleineren Bewegungen. Mit diesem Entwicklungsprozess verband sich ein stetiger sozialer, kultureller und ökonomischer Wandel, der sowohl die Gruppe der Kleingärtnerinnen und Kleingärtner als auch die von ihnen durchgeführten Nutzungen wesentlich beeinflusste. Diesen Wandel nachzuvollziehen und anhand ausgewählter Beispiele der Stadt Hannover zu exemplifizieren war das Ziel der Bachelorarbeit. Dazu wurde als erkenntnisleitende Forschungsfrage formuliert: „Inwieweit hat sich das Kleingartenwesen seit seinen Anfängen bis heute gewandelt?“ Ein untersuchungsleitender Fokus wurde dabei auf den Wandel der Nutzerinnen- und Nutzergruppen, deren Motivationen für die Kleingartenpacht sowie deren Nutzungen im Kleingarten gelegt. Methodik Für die Beantwortung dieser Forschungsfragen wurde zunächst der historische Hintergrund des Kleingartenwesens mittels Literatur- und Internetrecherche zusammengestellt und anschließend im Hinblick auf die Nutzerinnen und Nutzer, deren Motivationen und Nutzungen ausgewertet. Im weiteren Verlauf wurden leitfadengestützte Interviews als Methode qualitativer Sozialforschung durchgeführt. Die Interviews fanden in drei unterschiedlichen hannoverschen Kleingärtnervereinen statt und sollten Aufschluss über die heutigen Pächterinnen und Pächter sowie deren Motivationen und Nutzungen im Kleingarten geben. Interviewt wurden

100

sowohl junge Familien, neue und langjährige Pächterinnen und Pächter als auch Vorstandsmitglieder. Historischer Abriss Um die Entstehung des Kleingartenwesens in Deutschland besser nachvollziehen zu können, ist es notwendig, einen Blick auf die Lebens- und Arbeitsbedingungen im 19. Jahrhundert zu werfen. Mit der zunehmenden Industrialisierung drängten immer größere Teile der Landbevölkerung in die Großstädte, da sie sich dort bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen erhofften. Die Folgen waren ein rapides Städtewachstum und eine Verelendung großer Teile der Bevölkerung.1 Dies führte wiederum zu einem Anstieg der Mieten, sodass jeder bebaubare Quadratmeter von Hinterhöfen bis hin zu Gärten ausgenutzt wurde. Jeder noch so dunkle Winkel wurde bebaut und anschließend vermietet.2 Als Reaktion auf diese, insbesondere für die ärmere Bevölkerung, verheerenden Umstände entstanden in vielen Städten verschiedene Gartenformen als soziale Maßnahmen. Entsprechend werden die Armengärten oftmals auch als Vorläufer der Kleingartenbewegung gesehen. Die eigentliche Wurzel des Kleingartenwesens stellen jedoch die Schrebergärten, die Gärten des Roten Kreuzes und die Berliner Laubenkolonien dar. Diese unterschiedlichen Kleingartenbewegungen hatten unter anderem die Verbesserung der Lebensbedingungen durch den Anbau von Obst und Gemüse, die Stärkung der Gesundheit und die Kindererziehung zum Ziel. Insbesondere die damals fast ausschließliche Nutzung für den Obst- und Gemüse, wurde in wirtschaftlich stabileren Zeiten teilweise durch die Freude am Gärtnern und die Nutzung des Gartens zur Erholung und Entspannung abgelöst.3 Ergebnisse Bei der Auswertung der Ergebnisse konnten Veränderungen mit Blick auf alle drei analysierten Kategorien, das heißt bezüglich der Nutzerinnen und Nutzer im Kleingarten, deren Motivationen für die Pacht und deren Nutzung des Gartens festgestellt werden. So hat sich beispielsweise das Durchschnittsalter der Pächterinnen und Pächter stetig erhöht, sodass es laut einer Umfrage im Jahr 2007 bei fast 60 Jahren lag. In

den untersuchten Hannoveraner Kleingärtnervereinen beträgt das Durchschnittsalter, nach Schätzungen der Vorstandsvorsitzenden, etwa 40 bis 50 Jahre. Dieser Unterschied lässt sich zum einen durch eine hohe Anzahl an Neuverpachtungen an junge Familien begründen, zum anderen spielen die umliegenden Stadtteile und deren Diversität der Einwohnerinnen und Einwohner eine große Rolle. In den untersuchten Vereinen sind junge Pächterinnen und Pächter ohne Kinder unterrepräsentiert. Insbesondere junge Leute waren vor 20 Jahren kaum an einem Kleingarten interessiert. Es wird jedoch die Einschätzung abgegeben, dass sich momentan ein Wandel abzeichne, da auch vermehrt Studierende und junge Familien Interesse am Kleingarten zeigen. Während ihrer Anfänge wurden Kleingärten hauptsächlich von einkommensschwachen Familien genutzt, die dadurch versuchten, ihre finanzielle Situation zu verbessern. Im Laufe der Zeit hat sich dies jedoch geändert, sodass sich heute nahezu alle Berufs- und Einkommensgruppen in den Vereinen finden lassen. Neben jungen Leuten haben auch Migranten in den letzten Jahren ein größeres Interesse an Kleingärten. Waren sie laut einer Umfrage im Jahr 1974 noch deutlich unterrepräsentiert oder gar nicht unter den Vereinsmitgliedern zu finden, hat sich auch dies in den letzten Jahren geändert. Als weitere neue Nutzerinnen und Nutzer in den untersuchten Kleingärtnervereinen sind alleinerziehende Mütter und Väter, gleichgeschlechtliche Paare und auch Freundinnen oder Freunde zu nennen. Dass dies eine Entwicklung der letzten Jahre ist, geben die Befragten zweier Vereine zu verstehen. Sie berichten, dass diese Konstellationen früher unüblich gewesen seien und geben an, dass diese Pächterinnen und Pächter noch heute in einigen hannoverschen Vereinen unerwünscht seien. Die Motivationen für die Kleingartenpacht waren zu Beginn der Kleingartenbewegung hauptsächlich wirtschaftlich begründet. Diese Motivation rückte immer weiter in den Hintergrund, sodass an ihre Stelle gesundheitliche Aspekte, Freizeitgestaltung, Kindererziehung und Erholung treten konnten. Die Interviews haben ergeben, dass junge Leute ohne Kinder oftmals aus freizeitgestalterischen Gründen einen Kleingarten pachten, um dort zu grillen oder mit Freunden zu feiern.

Junge Familien hingegen pachten einen Garten hauptsächlich für ihre Kinder. Dabei spielt es für viele Eltern eine sehr große Rolle, dass ihre Kinder dort eine sichere Spielfläche in der Stadt haben, auf der sie gefahrlos spielen können. Für viele Familien ist dies ein Hauptgrund für die Kleingartenpacht. Für Rentnerinnen und Rentner stellen die Gartenarbeit und der Garten als Aufenthaltsort eine wichtige Freizeitbeschäftigung und Motivation dar. Vermehrt pachten jedoch auch sie einen Kleingarten für die Enkelkinder als Spielfläche. Migranten motiviert größtenteils die Möglichkeit, auf der Kleingartenfläche eigenes Obst und Gemüse anzubauen oder den Kleingarten als Erweiterung des Wohnraums nutzen zu können. Viele Kleingärtnerinnen und Kleingärtner motiviert zudem die Möglichkeit zur Entspannung und Erholung im Garten zu einer Pacht. Wurde zu Beginn des Kleingartenwesens in den Gärten vermehrt etwas angebaut, um die Haushaltskasse zu entlasten, wandelte sich der Kleingarten immer mehr zum Erholungsgarten. In den untersuchten Kleingärten nutzen die Pächterinnen und Pächter die Gärten auf verschiedenste Weise. Viele nutzen den Garten als Treffpunkt mit Freunden, anderen Vereinsmitgliedern oder Gartennachbarn. Auch der Anbau von Obst, Gemüse und Kräutern und die dazugehörige Pflege und Ernte sind sehr häufig vorkommende Nutzungen – ohne dass die Pächterinnen und Pächter jedoch finanziell auf diese Erträge angewiesen wären. Junge Familien nutzen den Kleingarten oftmals als Spielplatz für die Kinder oder bauen mit diesen gemeinsam Obst und Gemüse an. Verglichen mit deutschen Pächtern nutzen Migranten die Kleingärten sehr viel häufiger und großflächiger für den Obst- und Gemüseanbau. Einige nutzen den Garten sogar hauptsächlich als Anbaufläche. Generell habe sich das Pachtverhalten in den letzten Jahren stark verändert, so eine Vorstandsvorsitzende. So werden zwar noch immer Gärten an die Kinder oder Enkelkinder weitergegeben, gleichzeitig werden innerhalb eines Vereins die Kleingärten öfter gewechselt oder für wenige Jahre aufgegeben und dann wieder erneut gepachtet. Neben dem Pachtverhalten hat sich auch der Geschmack der Garteninteressierten in den letzten Jahren verändert. Wäh-

rend vor Jahren noch akkurat gepflegte Gärten schnell verpachtet wurden, finden heute die naturbelassenen Gärten größeren Zuspruch. Es kann demnach von einem Wandel des Kleingartenwesens auf den genannten Ebenen gesprochen werden. Insbesondere die Öffnung anderen Pächtergruppen gegenüber und das vermehrte Interesse der jungen Bevölkerung sowie die damit einhergehende Verjüngung des Kleingartenwesens können zukünftig für Planerinnen und Planer von größerer Bedeutung sein als noch vor ein paar Jahren.

allotment gardens between tradition and transformation – an empirical study of selected allotment gardens in hanover Allotment gardens are very common in German cities and form part of the cityscape. Beginning in the 19th century with the first “Armengärten” and the subsequent gardening movements, the allotment garden movement has undergone social, cultural and ecological change. So it is interesting to analyse whether there have been any changes in the types of allotment holders, their motives for renting a garden and their use of the gardens. To answer these questions different allotment clubs in the city of Hanover were analysed by interviewing allotment holders from different age groups as well as club chairpersons. The results of the interviews revealed that there have been many changes regarding the allotment holders as a user group, their motivation and the way they use their gardens. Nowadays, many more young singles, young parents and even single parents show a growing interest in renting an allotment garden. The former motivation was mainly based on financial straits or health reasons. At the beginning, the gardens were basically used for vegetable and fruit cultivation. Today, they are often used as a place to relax or as playground for the children or grandchildren. In conclusion one can observe many changes and trends within the allotment gardens, and these are still going on.

1 Brando, P., 1965, Kleine Gärten. Einst und jetzt, Hamburg: Christen Verlag, 9f.; Hessing, F.J., 1958, Die wirtschaftliche und soziale Bedeu tung des Kleingartenwesens, Münster: Kiekenbeck Verlag, 8 2 ebd.; Brando, P., 1965, Kleine Gärten. Einst und jetzt, Hamburg: Christen Verlag, 11 3 BMVBS, Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (Hrsg.), 2008, Städte bauliche, ökologische und soziale Bedeutung des Kleingartenwesens, Berlin: BMVBS, Bonn: BBR. Online verfügbar unter: www.d- nb.info/ 988502577/34.

melanie klöpper Bachelorthesis Betreuerinnen: Prof. Dr. Tanja Mölders, Roswitha Kirsch-Stracke gender_archland; Institut für Umweltplanung

101

institut für gestaltung und darstellung

igd Architekturinformatik und Darstellung Prof. Dr. Albert Schmid-Kirsch Kunst und Gestaltung Prof. Anette Haas

technische darstellung > SEITE 104

objektmodellierung

raumstrukturen

skulptur, farbe, grafik

> SEITE 105

> SEITE 106

> SEITE 108

„hauptsachen“

leuchtende schatten

zerstreuung der erinnerung

> SEITE 109

> SEITE 110

> SEITE 111

technische darstellung

In der Technischen Darstellung werden mit analogen Mitteln die Grundlagen der Architekturdarstellung vermittelt. Diese Grundlagen gelten sowohl für das Zeichnen mit Papier und Bleistift als auch für Darstellungen mit dem Rechner. Technische und künstlerische Darstellung ergänzen sich im besten Falle. Im Vordergrund stehen die bekannten Abbildungsmethoden wie die Mehrtafelprojektion, die Axonometrie und die Perspektive. Deren unterschiedliche Eigenschaften werden anhand von Übungszeichnungen untersucht. Dabei wird deutlich, an welcher Stelle die unterschiedlichen Projektionsarten am besten eingesetzt werden können. Durch das analoge, geometrisch richtige Zeichnen werden die Grundlagen für die im Entwurfsprozess notwendigen Skizzen gelegt. technichal drawing  This course deals with the basics of architectural drawings. These basics are important for both analogue and digital drawings. Technical and artistic drawings complement one another. The course primarily deals with the familiar projections such as orthogonal, oblique and perspective projections. Their different qualities and characteristics are analysed in some exercise drawings to recognise where the different types of projection are best applied. By teaching the basic techniques for drawing analogously and in a geometrically correct way, this course lays the foundation for the ability to draw sketches, which is vital for the design process.

elena leyhe, antonia haffner, afssun dolatshahi Betreuer: Prof. Dr. Albert Schmid-Kirsch, Georg Siemens Architekturinformatik und Darstellung

104

objektmodellierung

grundlagen der visualisierung  Die

Aufgabe umfasst Geometrieanalyse und Rekonstruktion exemplarischer Architekturbeispiele (im Allgemeinen Wohnhäuser). Ziele sind die Anfertigung einer detaillierten Konstruktionsbeschreibung (Methodik der Objekterstellung), Modellierung und Organisation der Szene (Benennung von Objekten  /  Nutzung der Layersteuerung  /  Einsatz von Material). Die weitere Bearbeitung der Aufgabe umfasst die Detaillierung der Objektgeometrie, Texturierung, globale Belichtung und finale Bildkomposition einer Außenperspektive. Wesentliche Gestaltungselemente sind unter anderem Kameraposition, Brennweite, Schattenlänge und -art, Texturierung, die Erstellung von Renderlayern sowie deren finale Bildkomposition mit Adobe Photoshop.

object modelling – foundations of visualization  The task focuses on the geometrical analysis and virtual reconstruction of architectural examples (mainly residential buildings). The aim is to create a detailed description of the digital construction (technique of object modelling), modelling as well as organizing the relevant scene objects (renaming objects, layering, use of materials). Further work includes detailing the geometry, texturing, global illumination and final composition of a picture from an exterior perspective. The essential figurative elements are, among others, the camera position, focal length, length and quality of shadows, texturing, computing layers of rendering and their final composition with Adobe Photoshop.

josefine luna albach, josephine arfsten, hojun noh, felix rutenbeck BetreuerInnen: Björn Bürkner, Juliane Simon Architekturinformatik und Darstellung

105

raumstrukturen

3d-plot  Das 3D-Modell bleibt in seiner Anschaulichkeit ungeschlagen. 3DPlot oder Rapid Prototyping eröffnen neue Möglichkeiten, die unter Einsatz des 3D-Plotters analytisch und konstruktiv untersucht werden. In Zusammenarbeit mit dem Institut für Entwerfen und Konstruieren werden anhand einer Bauaufgabe Entwurfsstrategien für das Drucken in der Architektur entwickelt. Es wird ein Objekt entworfen und im Rechner modelliert. Dieser Prozess schließt mit der Erzeugung einer 3D-Plot-fähigen Datei (stl, vrml) und dem geplotteten Objekt ab. Dieser Vorgang schärft die Formwahrnehmung wie auch das operative Raumdenken und vertieft Kompetenzen in der anspruchsvollen CADAnwendung. spatial structures – 3d printing  The 3D model remains unbeatable in its clarity and vividness. 3D printing or rapid prototyping opens new possibilities, which can be examined analytically and constructively using the 3D printer. In cooperation with the Institute of Design and Construction, design strategies for printing in architecture are being developed based on a construction project. An object is designed and modelled in the computer. This process is completed by producing a file (stl, vrml) capable of 3D printing as well as the printed object. This process increases the perception of shape as well as operative spatial thinking and increases skills in challenging CAD applications.

johanna leyh, lorenz wittkugel, jan philipp krueger BetreuerInnen: Prof. Dr. Albert Schmid-Kirsch, Juliane Simon Architekturinformatik und Darstellung in Kooperation mit Baukonstruktion und Entwerfen

106

107

skulptur, farbe, grafik

grundlagen kunst und gestaltung – ws 15  /  16 und sose 16  Im Sommer-

semester 2016 setzten sich 130 Studierende (2. BA-Semester) mit der Geschichte und Bedeutung von Wunderkammern und Sammlungen auseinander. Zur Recherche besuchten sie – aufgeteilt in Gruppen – bei einer eintägigen Exkursion am 29. April Sammlungsorte in und um Hannover: das Naturhistorische Museum Braunschweig, in Hildesheim das Dommuseum sowie das Roemer- und Pelizaeus-Museum, in Hannover das Niedersächsische Landesmuseum sowie das Museum August Kestner und die Rosebuschverlassenschaften in Hannover-Ahlem. Am 7. Juni 2016 realisierten die Studierenden im Werkhof der Herrenhäuser Straße 8 eine aus 130 individuell gestalteten Modulen komponierte Wunderkammer.

Kugel – Ei – Spindel (Arbeitsfotos)

sculpture, color, graphic design – basics of art and design ws 15 / 16 + sose 16  In summer semester 2016 130 students (2nd semester BA) engaged with the history and meaning of collections and cabinets of curiosities. On 29 April 2016 they took a one-day research trip in small groups to sites in and around Hannover: the Natural History Museum in Brunswick, the Cathedral Museum and the Roemer-Pelizaeus Museum in Hildesheim, and the State Museum of Lower Saxony, the August Kestner Museum, and the Rosebusch Estate in Hannover. On June 7, 2016 the students created their own cabinet of curiosities in the courtyard at Herrenhäuser Str. 8, composed of 180 individually designed elements.

ba architekturstudierende 1. und 2. semester BetreuerInnen: Prof. Anette Haas, Edin Bajrić, Detlef Frings, Sabine Laidig, Klaus Madlowski, Imke Rathert, Bignia Wehrli Kunst und Gestaltung

108

Wunderkammer im Werkhof, 7. Juni 2016 (Ausschnitt)

„hauptsachen“

köpfe  Am Beispiel des mensch-

lichen Kopfes wurde in diesem Kurs das komplexe Wechselspiel von konvexen und konkaven Formen untersucht: Zunächst haben die Studierenden ein Selbstporträt in Ton modelliert. Anschließend wurde nach einem Modell die Physiognomie eines anderen Menschen studiert. Als Abschluss erarbeiteten alle Studierenden eine freie Übersetzung des Themas Kopf. “head things” – heads  In this course, the human head was used to investigate the complex interplay between concave and convex forms: First, the students created a self-portrait out of clay. Next, they studied the physiognomy of others, using a model. Finally, the students worked on a free interpretation of the subject of “heads.”

julia von der decken Betreuer: Klaus Madlowski Kunst und Gestaltung

109

leuchtende schatten

„Was immer auch ein Foto dem Auge zeigt und wie immer es gestaltet sein mag, es ist doch allemal unsichtbar: Es ist nicht das Foto, das man sieht.“ (Roland Barthes: Die helle Kammer, Frankfurt am Main 1985, S. 14). Die Fotografie hält einen Augenblick fest. Sie zeigt uns die zu einem Bild geronnene Zeit. Die Einwirkung von Licht auf einen Bildträger verursacht einen physischen Kontakt: Jedes Bild entsteht als Spur dieser Berührung. Das sichtbar Gewordene oszilliert zwischen An- und Abwesenheit, zwischen sicht- und unsichtbar. Im Kurs versuchten wir der chemischen und physikalischen Natur der Fotografie auf die Spur zu kommen, indem wir mit ihren grundlegenden Elementen experimentierten: mit Licht, Schatten, Fotopapier, mit dem Bau einfacher Lochkameras und mit den chemischen Prozessen in der Dunkelkammer. Durch die Auseinandersetzung mit den Anfängen der Fotografie entwickelten wir ein neues Verständnis von der „Objektivität“ eines Bildes. Leitende Frage war: Wie kann ein Objekt seinen eigenen Blick bekommen? bright shadows  “Whatever it grants to vision and whatever its manner, a photograph is always invisible: it is not it that we see.” (Roland Barthes: Camera Lucida. New York, 1981, p. 6). Photography transfixes a moment. It shows us time, hardened into an image. The reaction of light on a surface entails physical contact: every image is the trace of this contact. What has become visible oscillates between presence and absence, between visibility and invisibility. In this course we attempted to trace the chemical and physical nature of photography by experimenting with its basic elements: with light, shadow, photo paper, by building simple pinhole cameras, and with chemical processes in the darkroom. By engaging with the fundamentals and origins of photography we developed a new understanding of an image's “objectivity”, guided by the question: How can an object develop its own perspective?

melanie stefke, werkstattsituation Betreuerin: Bignia Wehrli Kunst und Gestaltung

110

zerstreuung der erinnerung

In der Veranstaltung „Erinnerungen suchen Räume“ haben Studierende Hörstationen für die abschließende Ausstellung des Kunstprojekts „Unter meinem Dach …“ (NORD  /  LB art gallery, Hannover, Juli 2015) entworfen und realisiert. Zuvor hatten circa 500 Schülerinnen und Schüler in „Unter meinem Dach“-Workshops mit künstlerischen Mitteln individuelle Antworten zum Thema „Zuhause“ erarbeitet. Parallel dazu wurden Einzelinterviews mit Kindern und Jugendlichen geführt und Ausschnitte in den „Hör-Architekturen“ zur Verfügung gestellt. Aus dem Text zu „Zerstreuung der Erinnerung“: „Was ist das Zuhause? Ist es etwas Fassbares, Starres und Stabiles? Oder ist es eher ein symbolisches Raumgefüge? Das Objekt soll vermitteln, dass das Zuhause kein typisches Haus mit vier Wänden, einem Dach und festem Boden sein muss, sondern ein Raum sein kann, der sich aufzulösen scheint.“ memories seek spaces  In “Memories seek spaces”, architecture students designed and realized listening stations for the final exhibition of the project “Under my roof …” (NORD  /  LB art gallery, Hannover, July 2015). Previously, about 500 schoolchildren had developed individual artistic responses to the topic of “home” in “Under my roof” workshops. In addition, one-to-one interviews with children and young adults were recorded. Visitors to the exhibition could hear excerpts from these interviews in “listening structures”. From “The dispersion of memory”: “What is a home? Is it something tangible, rigid, and stable? Or rather a symbolic spatial structure? The object is meant to convey the idea that home need not be a typical house with four walls, a roof, and a solid floor, but that it can also be a space that seems to be in the process of dissolving.”

rosa pankarter, julia maretzki, alexander kosenko Betreuer: Edin Bajrić Kunst und Gestaltung

111

institut für berufswissenschaften im bauwesen

ibw Werkstoffchemie und Beschichtungstechnik Prof. Dr. Klaus Littmann Holztechnik und ihre Didaktik Prof. Dr. Andreas O. Rapp

cnc-technik in der tischlerausbildung > SEITE 114

cnc-technik in der tischlerausbildung

bestandsaufnahme in schulen und betrieben in niedersachsen und bremen

Seit den 1990er Jahren hat die CNC-Technik zunehmend Einzug auch in die handwerkliche Fertigung in Tischlereien gehalten. An computergesteuerten Maschinen werden Erzeugnisse wie Möbel, Fenster oder Haustüren sehr rationell und in hoher Qualität, aber dennoch individuell nach Kundenwünschen hergestellt. Vor allem größere und spezialisierte Betriebe setzen diese Technologie erfolgreich ein, während die Vielzahl von Klein- und Kleinstbetrieben weiterhin mit konventioneller Maschinenausstattung fertigt. Entsprechend unterschiedlich wird die Rolle dieser Technologie in der Erstausbildung von TischlerInnen gesehen, zumal die Ausbildungsverordnung und der Rahmenlehrplan wenig konkrete Hinweise hierzu geben. Regional gab es einige Ansätze zu einem verpflichtenden einwöchigen überbetrieblichen Lehrgang, in der breiten Mehrheit haben sich aber die berufsbildenden Schulen dieser Inhalte angenommen und entsprechend ihren Möglichkeiten Konzepte, eingebunden in Schlüsselqualifikationen der EDV-Ausbildung, entwickelt. Eine Umfrage unter niedersächsischen berufsbildenden Schulen aus dem Jahr 2004 zeigte ein hohes Maß an Heterogenität in Ausstattung und Konzepten. Die Inhalte wurden weitgehend durch die vorhandene Maschinenausstattung festgelegt; einheitliche Standards für eine CNC-Grundausbildung für TischlerInnen waren nicht erkennbar. In den letzten Jahren wurden in mehreren Bundesländern Konzepte entwickelt, interessierten Auszubildenden auf der Grundlage der schulischen CNC-Ausbildung ein Angebot zur Vertiefung zu machen und die Zertifizierung nach bestandener Prüfung zu ermöglichen. Die Grundlage für die Zertifikate erstreckt sich dabei von 120 Stunden in Baden-Württemberg und 40 Stunden in Bayern, beides landeseinheitlich als CNC-Fachkraft zertifiziert, bis hin zu einzelnen schulischen Bescheinigungen wie zum Beispiel in Hessen. Alle Konzepte folgen dem Prinzip Freiwilligkeit ebenso wie die neue Ausbildungsverordnung Holzmecha-

114

nikerIn. Hier ist die Möglichkeit vorgesehen, dass CNC-Kenntnisse und Fähigkeiten als Zusatzqualifikation in der Abschlussprüfung geprüft werden können. In diesen Konzepten wurden Festlegungen zu Inhalten und Schwerpunktsetzungen für eine CNC-Grundausbildung getroffen, die einen Vergleich ermöglichen und weitere Schritte zur Vereinheitlichung von Inhalten und Standards unterstützen. Für die Schulen in Niedersachsen steht die Frage an, ob eines der vorhandenen Konzepte übernommen werden kann oder aufgrund anderer Rahmenbedingungen eigene, möglichst landeseinheitliche Lösungen entwickelt werden müssen. Die in dieser Arbeit durchgeführte Umfrage in Betrieben des Tischlerhandwerks und in berufsbildenden Schulen ermittelt Rahmenbedingungen hinsichtlich vorhandener CNC-Ausstattung, Ausbildungskonzepten und Zeitumfang bei den dualen Partnern in der Tischlerausbildung. Weiter fragt sie Ziele einer CNC-Grundbildung sowie Wünsche zur Weiterentwicklung und Verbesserung der CNC-Ausbildung ab. Ein wesentliches Ergebnis dieser Umfrage ist die heterogene Ausstattung von Betrieben und Schulen. 22 Prozent der befragten Betriebe setzen in der Produktion ein CNC-gesteuertes Bearbeitungszentrum (BAZ) vorwiegend für den Möbelbau, teilweise auch für den Fenster- und Treppenbau ein. In nur etwa der Hälfte dieser Betriebe werden nennenswerte Ausbildungsmaßnahmen am vorhandenen BAZ durchgeführt. Die Vermittlung von CNC-Inhalten wird damit eher Aufgabe überbetrieblicher Unterweisungen bzw. der berufsbildenden Schulen. Die CNC-Ausstattung der berufsbildenden Schulen hat sich seit der Umfrage im Jahr 2004 verbessert. Etwa zwei Drittel der teilnehmenden Berufsschulen haben ein BAZ, das für die Plattenbearbeitung im Möbelbau ausgestattet ist. In 76 Prozent der Schulen können Schüler eigene Projekte am vorhandenen BAZ realisieren. Der Zeitumfang liegt bei 20 bis 40 Unterrichtsstunden. Die Inhalte decken sich weitgehend mit dem Zertifizierungskonzept zur CNC-Fachkraft in Bayern. Bei der Frage nach den Ausbildungszielen sind die Aussagen von Betrieben und Schulen ähnlich. Für beide ist ein Grundverständnis für die CNC-Technologie

wesentlich, die Betriebe wünschen aber eher eine Erweiterung und Vertiefung dieses Grundverständnisses. Keine Ausbildungsziele nennen vorwiegend Betriebe und Schulen, die über keine geeignete CNC-Ausstattung verfügen. CNC-Ausbildung als ein Bestandteil einer durchgängigen EDV-Ausbildung lässt sich in drei Inhaltsbereiche einteilen: • Nutzung von CAD-Programmen zur Konstruktion und geometrischen Festlegung der Bauteile • Erstellen von CNC-Programmen zur Fertigung an CNC-Maschinen • Fertigung von Bauteilen und damit die direkte Arbeit an der CNC-Maschine Auch hier sehen Betriebe und Schulen die drei Bereiche als nahezu gleichwertig an, wobei die Betriebe das Abarbeiten von Programmen an den CNC-Maschinen etwas stärker gewichten als das Erstellen von CNC-Programmen. Auffällig ist, dass die Betriebe den gleichen Bedarf an CAD-Ausbildung wie die Schulen für die überwiegend in der Werkstatt und auf der Baustelle tätigen FacharbeiterInnen sehen. Zur Verbesserung der derzeitigen Ausbildungssituation geben 63 Prozent der Betriebe an, dass die CNC-Technik praxisnah an berufsbildenden Schulen vermittelt werden sollte. Sieben Prozent wünschen sich die CNC-Ausbildung in einer überbetrieblichen Ausbildung in Bildungseinrichtungen der Kammern. Ein Teil der Betriebe wünscht dagegen mehr handwerkliche Grundlagen in der Ausbildung. Für Schulen ist fehlende oder vorhandene veraltete Technik ein Ausgangspunkt zur Verbesserung der Ausbildung. Sie wünschen den Einsatz moderner Maschinen und mehr praktische Maschinenarbeit. Mit weiteren gewonnenen Daten zu Ausstattung und Konzepten von Betrieben und Schulen im Detail liegt mit dieser Arbeit eine tragfähige Grundlage für die Weiterentwicklung der CNC-Ausbildung für Tischler in Niedersachsen und Bremen vor. Zur landesweiten Vereinheitlichung von Dokumentation und Zertifizierung der CNC-Ausbildungsinhalte sollte eine Beschreibung der Inhalte in mehreren Modulen erfolgen. Schulen können aus diesem Modulkatalog die Inhalte, die sie mit ihrer Ausstattung und ihren

Konzepten umsetzen, zertifizieren. Die Zertifikate geben damit die vermittelten Inhalte eindeutig und landesweit vergleichbar wieder.

cnc technology in joinery training – taking stock in vocational schools and workshops in lower saxony and bremen CNC technology is used in larger joineries and woodworking shops, while many workshops still operate without this technology. For joinery training the question arises as to which and how many contents of this technology need to be taught and trained on an obligatory or a voluntary basis in basic training. The results of this survey show different machine equipment in workshops as well as in vocational schools. The importance of CNC technology in joinery training is considered high by workshops and vocational schools. The results of this study are data bases for the further development of CNC training concepts for joinery training in Lower Saxony and Bremen.

Ausbildungsziele Keine Ziele zu dieser Technologie Grundverständnis für die Technologie Erweitertes Grundverständnis für die Technologie Vertiefende Kenntnisse für die Technologie Sonstiges

17 %

Gewünschte Ausbildungsinhalte Nutzung von CAD-Programmen Erstellen von CNC-Programmen Arbeiten mit CNC-Maschinen

1% >

> 16 % 34 %

24 %

44 %

46 % 22 % Betriebe

Betriebe

6% > 6%

>

17 % 35 %

35 %

12 % 59 %

Schulen

Schulen

30 %

michael eden, dirk-ibo oetken Betreuer: Hans Rich, Johannes Wolff Institut für Berufswissenschaften im Bauwesen

115

institut für freiraumentwicklung

if Entwerfen urbaner Landschaften Prof. Dr. Martin Prominski Freiraumpolitik und Planungskommunikation Prof. Dr. Bettina Oppermann

umgestaltung der wasserkante in dublin bay > SEITE 118

voluntourismus

freiräume frei denken

was geht in der nordstadt?

> SEITE 120

> SEITE 122

> SEITE 124

umgestaltung der wasserkante in dublin bay

eine ästhetische und ökologische aufwertung  Die Auseinan-

dersetzung mit der Wasserkante in Dublin Bay South fußt auf der Beobachtung eines dem Meer entrückten Dublins. Es werden Räume neu formuliert, die sich mit einer verbesserten Zugänglichkeit zur Irish Sea, mit Verbindungen entlang der Wasserkante sowie Aufenthaltsmöglichkeiten entlang des Küstenstreifens befassen. Der Entwurf betont die Entwicklung vom urban geprägten hin zu einem naturnahen Raum. Diese Entwicklung setzt auf eine Initiierung von Sukzessionsdynamiken durch den Queller als Wattpionierpflanze. Die stringente Formsprache der Promenade löst sich in eine breite Erschließung des Watts auf, die von linear gelenkten Quellerstrukturen aufgegriffen wird. Im Laufe der Zeit vereint sich der natürlich initiierte Raum mit dem bereits natürlich entwickelten Raum. Das Bewusstsein für die Attraktivität der Wasserkante wird gestärkt. reshaping dublin bay’s waterfront  After observing the lack of awareness of Dublin’s citizens of how close Dublin is to the seaside, a new design for the promenade seemed inevitable. To overcome existing boundaries between the natural environment and the inhabitants, a natural open space is being planned by developing the promenade along the coast from an area of urban character to a more natural stretch of coast. While a link to the city centre is to be created on the north part of the promenade, natural structures have been initiated on the south part of the promenade, where existing dunes develop naturally.

karolina kernbach Betreuer: Prof. Dr. Martin Prominski, Prof. Michael Heurich (University College Dublin, College of Engineering and Architecture, School of Architecture) Entwerfen urbaner Landschaften

118

119

voluntourismus

kummersdorf im wandel  Als 1994 die Nutzung

der europaweit größten Heeresversuchsstelle in Kummersdorf aufgegeben wurde, hat sich die Natur das Gebiet zurückerobert. Unter Denkmalschutz stehende Gebäude sind vom Zerfall geprägt, wichtige seltene Biotope wie Offenlandflächen mit Sandtrockenrasen und Heidebeständen unterliegen keinerlei Pflege und sind vom Gehölzaufwuchs „bedroht“. Der Entwurf beschreibt eine Veränderung des Raumes durch ein Voluntourismus-Konzept. Helfer unterstützen durch ihre Mitarbeit in den Bereichen Natur, Geschichte und Freizeit. Als Profit des Konzepts zeichnet sich ein multifunktionales Gebiet ab, das den bestehenden Raum nutzbar macht, sich als Ort ehrenamtlicher Arbeit anbietet und damit eine lokale Wertschöpfung mit sich bringt. Die räumlichen Ziele beschreiben die Wiederherstellung historischer Strukturen, anknüpfend an naturschutzfachliche Maßnahmen, die zum Erhalt und zur Erweiterung wichtiger Lebensräume beitragen.

Vom verbotenen …

… zum zugänglichen Ort

voluntourism – kummersdorf is changing  Since the use of Europe’s largest experimental military station in Kummersdorf was abandoned in 1994, the area has been taken back by nature. Monumental buildings are characterized by decay, important rare habitats such as open land with sandy dry grassland and heather stocks are not cared for and are “threatened” by woody plants such as pine trees. The concept aims to change the site by introducing a voluntourism concept. Committed workers provide support by cooperating in the fields of nature, history and leisure. The concept’s advantage is creating a multifunctional area for using the site. On the one hand the area is put to use, on the other hand it serves as a place for volunteer work, which means locally added value. The spatial objectives include the restoration of historic structures following on from nature conservation measures that contribute to the preservation and enhancement of important habitats.

Vom Pflichtprogramm …

… zum Ehrenamt

nicole schüler Betreuer: Prof. Dr. Martin Prominski Entwerfen urbaner Landschaften

120

Vom dichten Wald …

… zur freien Schießbahn

Nadelforste Mischwald Naturnahe Feuchtwälder Offenlandbereiche mit dominierendem Heidekraut Pionierwälder mit dominierender Heide Pionierwälder mit dominierendem Sandtrockenrasen Sandtrockenrasen mesophytisches bis feuchtes Offenland Eigenbestände und „Mortzfeldsche Löcher“ Übergangsmoorvegetation Bunker, Ziele, Tanklager, Rollbahnen FFH- und Naturschutzgebiet Bunker

121

freiräume frei denken

mit standbein und spielbein  Im Rahmen

mehrerer Stegreifveranstaltungen arbeiteten Studierende der Landschaftsarchitektur und der Kunstwissenschaften interdisziplinär zusammen. Die Aufgaben waren dabei eher Mittel zum Zweck. Im Kern ging es darum zu erkennen, wie KünstlerInnen und IngenieurInnen der Welt gegenüber „stehen“ – und was sie von- und miteinander lernen können. Was ist bei der spannenden Zusammenarbeit der Studierenden herausgekommen? Ein reflektierendes Gespräch. Mareike Thies: Die Frage nach dem Ergebnis bringt den Kerngedanken der Veranstaltungen auf den Punkt – es ist eine typische Ingenieursfrage. Ingenieure denken zuerst ans Ergebnis: Was soll verbessert werden, was ist das Ziel? Und wie, also mit welchen Methoden, können wir das erreichen? Künstlerinnen und Künstler fangen weiter vorne an, schauen sich den Gegenstand an, lassen ihn sprechen: „Es ist ein Prozess“ …, aus dem sich dann irgendwann das Produkt herausschält. Die Studierenden haben sich in der gemeinsamen Woche mit den eingeübten Mustern ihrer Profession auseinandergesetzt, sich gegenseitig den Spiegel vorgehalten und inspiriert. Sie waren hin- und hergerissen zwischen prozesshaftem und produktorientiertem Arbeiten. Eva Koethen: Problem und Lösung werden in der Kunst systematisch entkoppelt. Wir haben also keinen Zielpunkt vor Augen, dem wir uns Schritt für Schritt nähern. Wir sehen einen Horizont. Und vor dieser gekrümmten Linie spannt sich ein weites Feld auf, das verschiedene Perspektiven erlaubt, sodass dann etwas Spannendes passiert: Wir erkennen Frag-Würdiges! Gertrud Schrader: Im scheinbar ziel- oder absichtslosen Sammeln werden die Phänomene wahrgenommen, für die es auch in der Person selbst eine „Antenne“ gibt. Als Künstlerin versuche ich andere Perspektiven einzunehmen, herauszufinden, welche Potenziale oder Fragen in dem Material stecken, um dann normalerweise erneut Material zu sammeln. Die zweite Sammlung von Material ist zumeist sehr viel konzentrierter als die erste. Hier taucht unter Umständen bereits ein Thema oder eine Frage auf. Man kann

122

sagen, das Wahrnehmungsinteresse fokussiert sich. Das künstlerische Arbeiten erfordert somit einerseits ein gewisses Eintauchen und andererseits wieder eine Distanznahme. Individuelle und allgemeine Ebenen verweben sich. Mareike Thies: Während Künstler sich auf Wahrnehmungsspaziergänge begeben, machen Ingenieure Bestandsaufnahmen. Allein die Begriffe deuten es an: Künstler sammeln Eindrücke, Ingenieure bilden Kategorien. Sie ordnen und bewerten, was sie sehen. Bei einer Bestandsaufnahme gehen wir davon aus, dass man eine Sache besser erfassen kann, wenn man einen gewissen Abstand zu ihr hat. Subjektivität wollen wir möglichst ausschalten oder zumindest transparent darstellen – dabei helfen vorab definierte Erfassungskriterien. Bettina Oppermann: Die Skizze und die Zeichnung sind bis heute essenzielle Hilfsmittel, mit denen man von außen auf einen Gegenstand blicken kann. Das fängt mit der Entwurfsskizze an, bei der das innere Auge ein Modell der Welt immer wieder umformt, bis man mit dem Ergebnis zufrieden ist. Mit Präsentationszeichnungen sollen Politiker und Geldgeber überzeugt werden. Und schließlich zeichnen wir die Bauanleitung in Form eines Ausführungsplans, damit die Handwerker genau das ausführen, was wir uns vorgestellt haben. Mit dieser Arbeitsweise baut man auf den Erfahrungen der Vorgänger auf. Und dabei entgeht uns natürlich einiges: Materialerfahrung und das Erlebnis des Hörens, Tastens und Fühlens kommen oft zu kurz. Eva Koethen: Für uns ist das leibliche Wahrnehmen unverzichtbar. Deshalb lassen wir uns Zeit. Wir „verschwenden“ uns und unsere Kreativität in diesem Prozess. Nur so kann das Produkt später Bestand haben. Und nur so kann man auch einer „strategischen“ Kreativität entgehen, die immer wieder Neues industriegerecht produziert, damit es dann verbraucht werden kann. Statt die Material- und damit auch die Ressourcenverschwendung anzukurbeln, leisten wir uns den zeitlichen Luxus kreativer Offenheit. Diese Ergebnisoffenheit sogenannter freier Kunst müssen wir allerdings immer wieder einfordern. Gertrud Schrader: Diese Effizienz ist für uns eher schwierig. Das Wort „Umsetzung“ gebrauchen wir

nicht gerne, weil es den Weg zum Ergebnis ausblendet: die Wechsel zwischen Eintauchen und Distanznahme, zwischen Arbeit am konkreten Material und der distanzierten Reflexion negiert. Es geht also zu schnell und lässt nicht genug Offenheit. Wir arbeiten nicht nur ergebnisoffen, sondern auch methodenoffen, was für viele Studierende nicht leicht auszuhalten ist und worin sie immer wieder unsere Unterstützung benötigen. Aber die Mühe lohnt sich und zeigt sich später oft in der Qualität der Arbeiten. Mareike Thies: Wir schützen uns mit unseren Standards davor, im „Subjektiven“ zu versinken. Es besteht aber natürlich das Risiko, dass man sich zu wenig gegen Vorgaben und Normen wehrt. Deshalb müssen wir uns intensiv mit dem Funktionieren von Freiräumen beschäftigen: Wie spielen Kinder? In welcher Haltung – sitzend, liegend, laufend – nehmen wir eine bestimmte Atmosphäre im Freiraum wahr? Unter welchen Umständen sind die Menschen bereit, sich einen Ort zu eigen zu machen? Wenn man den Freiraum nur „einrichtet“, also einen Platz mit dekorativen Möbeln bestückt statt wirkliche Raumerlebnisse zu bieten, geht es schief. Bettina Oppermann: Um etwas zu verbessern und sogar zu optimieren, müssen wir erst einmal wissen, wo es hingehen soll. Solche Ziele machen den politischen Gehalt des Fachs aus, denn sie sind naturgemäß umstritten. Es reicht nicht mitzuteilen, wo es hingehen soll und dafür die kühnsten Konstruktionen anzubieten. „Dem Ingenieur fällt das Sprechen schwör“, dieser Spruch zeigt, dass wir mühsam lernen müssen, unsere Werte, Methoden und Ergebnisse zu erklären und zu vermitteln. Ohne ein Abwägen der Vor- und Nachteile geht es aber nicht. „Stuttgart 21“ hat gezeigt, dass die Menschen nicht mehr alles akzeptieren, was ihnen vorgeschlagen wird. Immer mehr Landschaftsarchitekten und Umweltplaner müssen ihre Angebote in Bürgerversammlungen erklären und dafür argumentieren. Das ist anstrengende und kommunikative Schwerstarbeit mit politischer Relevanz. Eva Koethen: Kommen wir noch einmal zum Bild des Stand- und Spielbeins zurück, das man als eine Verkörperung des Verhältnisses von Ergebnisorientierung zum experimentellen freien Denken auffassen

kann. In einer lebendigen Gesellschaft brauchen wir beides: Wenn beide Beine immer auf der Erde stehen, kommen wir nicht voran und stehen wie angewurzelt dort, wo wir nun mal hineingewachsen sind. Wenn die Beine immer in der Luft herumwirbeln, sind wir ohne Standhaftigkeit und bringen nichts zustande, was durchaus ein gefährliches Spiel ist. Das wache Balancieren im Zusammenspiel beider Haltungen ergibt eine inspirierende Choreografie.

artists and landscape architects creating open spaces together  Within an interdisciplinary one-week workshop, students of landscape architecture and art students practiced working together. The main objective was to learn and reflect about the different approaches, values and tools of the two disciplines and to identify interfaces and potential synergies. From the artist’s perspective the procedure of perceiving and discovering is of fundamental importance. Walking around, gathering material and reflecting about how things “speak” to the observer make up a large part of the artist’s work, whereas landscape architects are oriented directly towards a product. They place the main emphasis on defining “the problem” and looking for appropriate solutions. However, sometimes the solution occurs even before the problem. Effectiveness and efficiency are buzzwords of the profession. In contrast, artists commit everything to the process of finding, trusting that the outcome will be a success. Artists want to keep their individual perspectives and get them across by working with the environment or the object in focus (in this case urban open spaces). At any one time, it is not just one perspective that is relevant, rather, many different approaches are possible. Nevertheless, after a while they chose aspects to work on in order to gather new insights into urban open spaces. That’s why open spaces and even uncultivated land is a topic of interest to them. Landscape architects are supposed to understand how people use open spaces, what they need and want them for, what the advantages and disadvantages are for certain user groups and how people feel about one

option or another. Because engineers want to improve the world, they need to be aware of the values and norms behind their planning and design. That is why special planning is a political subject. Today, it is not enough to be a creative designer; over and above this, architects are expected to explain and debate a project’s pros and cons. The discussions in this cooperative seminar show that both ways of thinking are needed rather than opposing one another. We all have one standing leg and one free leg to play with. If we had two main supporting pillars, we wouldnʼt be able to move forward; if we had two free legs, we would fall over.

Für Landschaftsarchitekten ungewohnt: Das Ausloten der Mauergärten in Herrenhausen mit dem eigenen Körper.

prof. dr. bettina oppermann, mareike thies, prof. dr. eva koethen, gertrud schrader Freiraumpolitik und Planungskommunikation; Institut für Gestaltungspraxis und Kunstwissenschaft

123

was geht in der nordstadt?

massnahmen zur verbesserung des fussverkehrs in der nordstadt hannover  Wir,

die Fußgänger im Straßenverkehr. Fast täglich nimmt jeder von uns die Rolle des Fußgängers ein. Bewusst entscheiden wir uns dafür, mit unseren Füßen von A nach B zu gelangen. Oft aber auch unbewusst sind wir auf kurzen Strecken – auf dem Weg zum Auto, zum Fahrrad oder zur Bahn – als Fußgänger am Straßenverkehr beteiligt. Während wir uns zu Fuß durch die Stadt bewegen, findet Fußverkehr statt. Das Zufußgehen und damit der Fußverkehr sind allgegenwärtig im Straßenverkehr. Trotzdem scheint noch nicht in unseren Köpfen verankert zu sein, dass wir als Fußgänger eine bedeutende Rolle im Straßenverkehr spielen. Auch in der Politik wird dem Fußverkehr im Vergleich zum Radund Autoverkehr wenig Bedeutung zugesprochen. Obwohl das Zufußgehen viel Potenzial bietet, müssen wir uns die Frage stellen, warum immer weniger Menschen zu Fuß gehen. Der Anteil der Wege, die zu Fuß zurückgelegt werden, sank seit 1976 von 34 Prozent auf 21 Prozent im Jahr 2011. Das Zufußgehen ist die wohl umweltfreundlichste Fortbewegungsmöglichkeit des Menschen. Auch ist es die natürlichste Fortbewegungsmethode und wirkt sich daher positiv auf die Gesundheit und das soziale Leben aus. Es eröffnet Möglichkeiten der sozialen Interaktion, die wiederum belebte Räume, Orte der Begegnung entstehen lassen können. Trotz zahlreicher Vorteile sinken die Zahlen des Zufußgehens, was die Frage aufkommen lässt, wie der Fußverkehr gestärkt werden kann. Ziel unseres Orientierungsprojektes war es, anhand von Kartierungen und Befragungen Schwachpunkte und Herausforderungen im Untersuchungsgebiet herauszufinden, um aus Hannovers Nordstadt einen attraktiven und sicheren Raum zu schaffen, der das Zufußgehen reizvoll macht. Ist die Nordstadt ein geeigneter und ansprechender Raum für Fußgänger? Im Untersuchungsgebiet, der Nordstadt von Hannover, werden 146 Fußgänger als wichtigste Zielgruppe befragt, um ihre Bedürfnisse im Verkehrsraum zu erfassen. Zudem hat die

124

Gruppe eine Bestandsaufnahme erarbeitet zu den Aspekten Barrierefreiheit (zugänglich mit Rollstuhl oder Gehhilfen), Querungen (Ampeln oder Zebrastreifen), Sauberkeit in Bezug auf Müll, Graffiti und Mülleimer sowie zu der Raumwirkung in Bezug auf Straßengrün, Vorgärten und Parkanlagen, die anschließend kartiert wurden. Bei der Befragung waren Auskünfte interessant zu den Themen Beleuchtung, Beschilderung, Sauberkeit, Sitzgelegenheiten, Sicherheitsgefühl und Ästhetik (z.B. saubere Fassaden, schöne Vorgärten und Bäume am Straßenrand). Diese wurden anhand von Schulnoten bewertet. Bei der Frage, welches Verkehrsmittel die interviewten Personen am häufigsten nutzen, nannten 41 Prozent den ÖPNV, 29 Prozent das Fahrrad, 17 Prozent das Auto und 13 Prozent das Zufußgehen (ähnliche Werte lassen sich auch aus dem Modal Split der Stadt Hannover entnehmen). Gründe dafür, dass 41 Prozent der befragten Bürgerinnen und Bürger auf den Öffentlichen Personennahverkehr zurückgreifen, sind zum Beispiel das Wegfallen der Parkplatzsuche, die günstigen Preise im Vergleich zum Autofahren sowie die Schnelligkeit, Geselligkeit und gute Erreichbarkeit. Die Autofahrer argumentierten mit folgenden Vorteilen: Durch das Autofahren ist kein Umsteigen nötig, gute Erreichbarkeit (fahren von Tür zu Tür), das Auto ist schneller, luxuriöser und bequemer. Die Fahrradfahrer bevorzugen das Fahrrad, weil es in der Nordstadt gute Fahrradverkehrswege gibt, man schnell und unabhängig von anderen Verkehrsmitteln unterwegs ist, kein Führerschein benötigt wird und das Radfahren gut für die Gesundheit ist. Bei kurzen Strecken gehen die Leute gerne zu Fuß. Die Gründe dafür, dass die Befragten häufig zu Fuß gehen, sind beispielsweise, dass das Zufußgehen eine entspannende Wirkung hat und gut für die Gesundheit ist. Darüber hinaus empfinden sie es als naturnah und umweltschonend. An dieser Stelle will die Projektgruppe ansetzen und kommt zu dem ersten Ziel: die Sensibilisierung der Bewohner für den Fußverkehr. Bei der Umfrage ist aufgefallen, dass viele Teilnehmer sich noch nicht genauer mit dem Thema Zufußgehen auseinandergesetzt haben. Der Flyer mit dem Titel „Zu Fuß durch

die Nordstadt“, der sich an Fußgänger richtet, beinhaltet Informationen zu aktuellen Themen und weiterführenden Ansprechpartnern sowie Bilder, welche das Anliegen unterstützend veranschaulichen sollen. „Gehen macht Spaß und ist kommunikativ“. Es gibt Beiträge zu den Potenzialen des Zufußgehens (zum Beispiel gut für die Gesundheit, schützt die Umwelt), zur Förderung von Fußwegen im Alltag und zur veränderten Wahrnehmung der alltäglichen Umgebung durch einen geführten Stadtspaziergang. Angesprochen wird außerdem der Klimaschutz einschließlich der Grünanbindungen an andere Stadtteile, zum Beispiel durch den Georgengarten über die Dornröschenbrücke nach Linden. Die Ergebnisse aus der Bürgerbefragung und der Kartierung tragen dazu bei, weitere Ziele für das Untersuchungsgebiet festzulegen und daraus Maßnahmen abzuleiten. Zum Beispiel haben die Teilnehmer der Umfrage die Sauberkeit in der Nordstadt bemängelt, aus den erstellten Karten lässt sich entnehmen, an welchen Stellen der größte Handlungsbedarf besteht. Eine mögliche Maßnahme ist es, die Bürgerinnen und Bürger zu sensibilisieren, den Müll in den Mülleimer zu entsorgen, anstatt ihn einfach fallenzulassen. Dafür hat die Projektgruppe Poster entworfen, die dann an bestimmten Plätzen aufgehängt werden können, zum Beispiel in der Kniestraße. Die Poster zeigen, wie die Umgebung des eigenen Standortes in sauberem Zustand aussehen würde. Wir wollen damit einen bewussteren Umgang mit Müll erreichen. Hinzu kommt der positive Effekt des verbesserten Straßenbildes, denn es ist zu vermuten, dass die Fußgänger in einer sauberen Umgebung viel lieber unterwegs sind. „Die Entwicklung geht in die richtige Richtung.“ Dieser O-Ton eines befragten Fußgängers bringt es auf den Punkt. Einerseits hat die Situation für Fußgänger in der Nordstadt in der Vergangenheit schon einige Verbesserungen erfahren (Sanierungskonzept des Engelbosteler Damm), andererseits sind zukünftig weitere Maßnahmen zu deren Optimierung erforderlich. Im Verlauf der Arbeit wurde immer deutlicher, dass Maßnahmen, die den Verkehrsraum von Fußgängern verbessern, allen Bewohnern und Besuchern der Nordstadt zugutekommen. Bis auf wenige Ausnahmen

legt jeder Mensch täglich Fußwege im öffentlichen Raum zurück. Diese Erkenntnis zeigt auch, dass jeder investierte Euro in den Fußverkehr ein Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit ist. Die Stadtplaner sind gefragt, mit Kreativität die über Jahrhunderte gewachsenen Stadtstrukturen den heutigen Bedürfnissen der Menschen anzupassen. Vergessen werden darf dabei nicht, dass das Zufußgehen in erster Linie die Nahmobilität betrifft. Ziel muss sein, ein Verkehrsnetz für alle Verkehrsteilnehmer mit dem Schwerpunkt der gegenseitigen Rücksichtnahme zu entwickeln, um Konflikte zwischen dem motorisierten Individualverkehr (MIV), den Fahrradfahrern und den Fußgängern zu vermeiden. Eine Möglichkeit wäre es, an stark belebten Straßen (zum Beispiel an der Kopernikusstraße) den MIV zu reduzieren, wie dies am Engelbosteler Damm mit dem Taschenprinzip geschieht. Die eingangs von uns gestellte Frage, warum immer weniger Menschen zu Fuß gehen, wird im Rahmen der Befragung unter anderem dahingehend beantwortet, dass alle anderen Verkehrsmittel schneller sind. Fakt ist, dass das Zufußgehen für weite Strecken das langsamste Verkehrsmittel darstellt, in der Nahmobilität kann es aber auch auf kurzen Strecken (bis zu einem Kilometer) schneller sein als das Auto. Dass Zeit ein nicht zu vermehrendes Gut ist, ist nicht außer Acht zu lassen. Aber ob man sich die Zeit für das Zufußgehen nimmt, ist eine Frage der Prioritätensetzung. Immerhin bietet uns das Zufußgehen einige Potenziale, die uns kaum ein anderes Verkehrsmittel bietet: Es ist kostengünstig, gut für die Gesundheit, erhält die Mobilität bis ins hohe Alter, ist kommunikativ, gut für den Klimaschutz, verbraucht keine Ressourcen, verursacht keinen Lärm und die Parkplatzsuche fällt weg.

ubiquitous elements of the general traffic. Considering all the elements taking place during the activity of pedestrian locomotion, pedestrian traffic itself receives little attention. The positive effects upon environment, health and social life of pedestrian locomotion makes pedestrian traffic planning extremely important for creating an attractive and safe environment. This is also the case in the main area of investigation, Hanover’s Nordstadt, which is analysed by means of interviews and mapping strategies. Face to face interviews performed at key locations reveal how the pedestrian traffic in the Nordstadt is perceived by respondents. Particular opinions regarding the topics of aesthetics, lighting, signposting, cleanliness, opportunities to sit and rest and safety issues were asked for. Additional maps providing information about accessibility, road crossings, cleanliness (in terms of waste, graffiti and refuse bins) were developed in addition to information regarding ratings of street greening, front gardens and parks. These maps are complemented by the results of the observation. The results of the interviews and the maps demonstrate the need for action. The interviews point out the need to develop a greater sense of awareness of pedestrian traffic in general. This also includes elements in street design and architectural changes. Raising awareness of pedestrian traffic among the general population and local residents is highlighted as a priority.

Thematische Karte zur Sauberkeit in der Nordstadt Gut Mangelhaft Neutral

measures for improving pedestrian traffic in hanover’s “nordstadt”  All of us seem to be pedestrians at certain times. Anyone who consciously or unconsciously uses their feet to get from one place to another, is considered a pedestrian. Pedestrian traffic involves short distances, such as walking to and from the car, the bicycle or public transport. As people move on foot through the city, pedestrian traffic takes place. Consequently, walking and, thus, pedestrian traffic are

marlitt hupke, katharina diedrich, madeleine brockmann Betreuerinnen: Prof. Dr. Bettina Oppermann, Mareike Thies Freiraumpolitik und Planungskommunikation

125

institut für landschaftsarchitektur

ila Darstellung in der Landschaftsarchitektur Prof. Katja Benfer Geschichte der Freiraumplanung Prof. Dr. Joachim Wolschke-Bulmahn Landschaftsarchitektur und Entwerfen Prof. Christian Werthmann Technisch-konstruktive Grundlagen der Freiraumplanung Prof. Gilbert Lösken Pflanzenverwendung Prof. Dr. Anke Seegert

red river link > SEITE 128

1945 – 2015 > SEITE 130

landesgartenschauen in niedersachsen

bunte lücken > SEITE 134

> SEITE 132

ein leben an den goldenen halden

holzterrassen in parkanlagen

hat buxus in der verwendung als formgehölz eine zukunft?

> SEITE 136

> SEITE 138

> SEITE 140

red river link

ein neuer freiraum für hanoi  Anlass der

Masterarbeit war die Diskussion der Stadt Hanoi zum Umgang mit der über 100 Jahre alten Long Bien Bridge, vom Abriss bis zum Erhalt und zur Umgestaltung. Hanoi gehört zu den rasant wachsenden Städten der Welt. Infolge der dichten Stadtstruktur steht nur sehr wenig öffentlicher Freiraum zur Verfügung. Die Masterarbeit entwickelt ein Konzept zur NachnutVERBINDUNGSNÄHTE zung der Long Bien Bridge. Das Überschwemmungsgebiet des Red River wird dabei mit einbezogen und zu einem abwechslungsreichen, attraktiven Freiraum entwickelt. Bereits etablierte Nutzungen sollen hierbei integriert und ergänzt werden. Die Brücke ist Wahrzeichen des neuen Freiraums, Bewegungsraum und Erschließungselement in einem. Sie überspannt die Raumabfolge der in ihrem Charakter sehr unterschiedlichen Landschaftsräume und macht diese zugänglich.

red river link – new open space in hanoi Starting point for this master thesis was the current STADTSTRUKTUR discussion that the city of Hanoi is conducting about the future of the 100-year-old Long Bien Bridge. Various scenarios are being discussed: from demolition to preservation and transformation. Hanoi is one of the most rapidly growing cities in the world. Due to its high population density Hanoi is characterized by a lack of public space. The thesis attempts to develop a concept for the future use of the Long Bien Bridge, using the flood plain of the Red River to transform it into a diverse and attracFLUSSLINIEN tive space. The interventions are based on existing uses and attempt to strengthen and supplement them. The bridge is both a circulation area and a public space element. It extends over a sequence of landscapes of varied character and makes them accessible.

luisa walterbusch

NUTZUNGSTEPPICH

Masterarbeit Betreuerinnen: Prof. Katja Benfer, Rita Saragga Leal Darstellung in der Landschaftsarchitektur

128

Verbindungsnähte VERBINDUNGSNÄHTE VERBINDUNGSNÄHTE VERBINDUNGSNÄHTE VERBINDUNGSNÄHTE

STADTSTRUKTUR Stadtstruktur STADTSTRUKTUR STADTSTRUKTUR STADTSTRUKTUR

FLUSSLINIEN FLUSSLINIEN Flusslinien FLUSSLINIEN FLUSSLINIEN

NUTZUNGSTEPPICH NUTZUNGSTEPPICH Nutzungsteppich NUTZUNGSTEPPICH NUTZUNGSTEPPICH

129

1945 – 2015

biographische studien zu 70 jahren amtsleitung des grünflächenamts / fachbereichs umwelt und stadtgrün in hannover  Im Jahr 2015 feierte

der Fachbereich Umwelt und Stadtgrün der Stadt Hannover sein 125-jähriges Bestehen. Bedingt durch Umstrukturierungen und Veränderungen in den Zuständigkeiten des Amtes wurde der Fachbereich Umwelt und Stadtgrün in den letzten 125 Jahren mehrfach von Gartendirektion, Gartenamt (bzw. Garten- und Friedhofsamt) zu Grünflächenamt und schließlich dem heutigen Fachbereich umbenannt. Der Fachbereich Umwelt und Stadtgrün der Stadt Hannover hat es sich zur Aufgabe gemacht, seine bisherigen Amtsleiter in einer Broschüre zu porträtieren. Bisher ist neben weiteren Broschüren zur Tätigkeit des Grünflächenamtes bereits eine Broschüre über den ersten Amtsleiter Julius Trip veröffentlicht worden. Der Fachbereich Umwelt und Stadtgrün hat ein großes Interesse an weiteren wissenschaftlichen biografischen Studien zu den auf Julius Trip folgenden Amtsleitern, um auch deren einflussreiche Wirkungszeit zu würdigen. In diesem Zuge wurden die Amtsleiter der letzten 70 Jahre der Amtsgeschichte porträtiert und in Broschüren zusammengestellt. Diese geben darüber hinaus auch Einblick in die politischen Strukturen und Umbrüche der Stadt, die sich auch auf die Arbeit der städtischen Verwaltung ausgewirkt haben. Im Rahmen des Studienprojekts wurden Broschüren zu den Amtszeiten von • Hermann Wernicke (hier untersucht ab 1945 – 1948), • Hans-Herbert Westphal (1948 – 1954), • Werner Lendholt (1956 – 1958), • Wilhelm Rademacher (1958 – 1964), • Erwin Laage (1964 – 1981), • Kaspar Klaffke (1982 – 2002) und • Ronald Clark (2002 – 2005) erstellt. Da das Ziel darin bestand, Personen zu untersuchen, die ihre Amtszeit bereits abgeschlossen haben, wurde die derzeitige Amtsleiterin Karin van Schwartzenberg nicht porträtiert. Durch intensive Recherchen ergaben sich große Datenmengen und Informationen zu den Lebens-

130

läufen der einzelnen Personen. Es konnten neue, interessante Einblicke in das Wirken und insbesondere in die Forschungsarbeiten der Leiter gewonnen werden. Insgesamt entstanden vier Broschüren, da einige Amtsleiterporträts aufgrund ihrer Amtszeiten in einer Broschüre zusammengefasst wurden. Weiterhin agierten diese Amtsleiter in den etwa gleichen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, was eine Zusammenfassung der Porträts auch thematisch sinnvoll erscheinen ließ. Zu jedem Amtsleiter wurden neben dem beruflichen Werdegang und seiner Wirkens- und Schaffenszeit im Amt auch Besonderheiten dargestellt und ebenfalls ein persönlicher Eindruck gegeben. Wege zum Amt Der berufliche Werdegang sämtlicher Amtsleiter begann mit einer Gärtnerlehre, mit Ausnahme von Hans-Herbert Westphal und Ronald Clark. Alle sieben untersuchten Amtsleiter absolvierten ein gärtnerisch-gestalterisches Studium und legten damit den Grundstein für die spätere Amtsleitertätigkeit. Im Anschluss an die Studienzeit waren alle sieben zunächst als Gehilfe bzw. in einer Assistenztätigkeit beschäftigt. Über verschiedene berufliche Stationen arbeiteten sie sich jeweils zum Amtsleiter empor. So waren beispielsweise Wernicke und Westphal zunächst als Gartenarchitekten tätig, bevor sie Amtsleiter wurden. Während Lendholt und Klaffke an einer Universität in der Lehre und Forschung beschäftigt waren und anschließend zunächst in Ämtern von anderen Städten in leitender Position tätig waren, begannen Rademacher, Laage und Clark ihre berufliche Tätigkeit direkt bei der Stadt Hannover, in unterschiedlichen Positionen. Tätigkeiten im Amt Die Arbeit der Amtsleiter von 1945 bis 1964 war im Wesentlichen durch den Wiederaufbau der Nachkriegszeit geprägt. Oftmals wurden Fragen zum Kleingartenwesen diskutiert, die insbesondere wegen der Wohnungsnot der Zeit aktuell waren. Je mehr die Bevölkerung Hannovers zunahm, desto bedeutender wurde die Schaffung öffentlicher Grün- und Freiflächen. Unter der Amtsleitung Wernickes waren bedeutende

Projekte die Ausgestaltung der städtischen Friedhöfe (insbesondere des Seelhorster Friedhofs), die Neuanlage des Lönsparks und die Wiederherstellung der Herrenhäuser Gärten. In der folgenden Amtsperiode hatte die Bundesgartenschau, die 1951 unter der Amtsleitung von Westphal durchgeführt wurde, einen besonderen Stellenwert. Weiterhin wurde der Annateich zu einem Schwimmbad ausgebaut und viele Spielplätze entworfen und umgesetzt. Die Wiederaufbauarbeiten der Stadt Hannover nach dem Zweiten Weltkrieg zogen sich bis in die Amtszeit Lendholts: Die Restaurierung des Gartentheaters in den Herrenhäuser Gärten, der Wiederaufbau der Schauhäuser im Berggarten und die Ausgestaltung von Kriegsgräberstätten waren wesentliche Aufgaben. Durch den starken Bevölkerungsanstieg ergab sich für Rademachers Amtsleitertätigkeit die Notwendigkeit, den Seelhorster Friedhof zu überplanen und den Laher Friedhof neu anzulegen. Zudem fand unter seiner Leitung die Umgestaltung des Rathausvorplatzes statt, welche im Wesentlichen von Erwin Laage bearbeitet wurde. Die Amtszeit Erwin Laages war geprägt durch den Wandel vom Wiederaufbau zum Wirtschaftswunder. Seine Aufgabenschwerpunkte lagen in der Gestaltung von Plätzen und Parks, aber auch die Friedhofsangelegenheiten und das Kleingartenwesen hatten weiterhin einen wichtigen Stellenwert im Aufgabenbereich des Fachbereichs. Bedeutende Projekte waren die Umgestaltung des Georgsplatzes und des Schünemannplatzes sowie die Umgestaltung der Leineniederung und die Neuanlage des Altwarmbüchener Sees. Die Zeit von Kaspar Klaffkes Wirken war geprägt von Umstrukturierungen, sowohl in den Zuständigkeiten der einzelnen Fachbereiche und Dezernate als auch in den Arbeitsinhalten des Fachbereichs. Beispielsweise nahm Klaffke naturschutzfachliche Fragen genauso in die Amtsgeschäfte auf wie auch den gartendenkmalpflegerischen Umgang mit historischen Anlagen. Das bedeutendste Projekt seiner Amtszeit war die EXPO 2000, in deren Rahmen auch das Projekt „Stadt als Garten“ und die Anlage des Grünen Rings entstanden. Das Projekt „Stadt als Garten“ wurde auch unter Ronald Clark fortgeführt. Neben der Bewerbung zur IGA 2017 ließ Clark Entwürfe für Hannovers „Unorte“

anfertigen. Er legte großen Wert auf das Erscheinungsbild der Stadt, sodass er unter anderem eine Vielzahl von Frühblühern in das Straßenbegleitgrün integrierte. Trotz der unterschiedlichen Rahmenbedingungen waren immer wieder ähnliche Themen Schwerpunkte der Arbeit der Amtsleiter. Fazit Die unterschiedliche Länge der Amtszeiten – zwischen zwei und 20 Jahren – zeigt sich auch in der Menge der zur Verfügung stehenden Quellen und Daten, ebenso an der Anzahl der durchgeführten Projekte. Es wurden daher repräsentative Arbeiten ausgewählt, die näher betrachtet wurden. Kaspar Klaffke und Ronald Clark konnten wertvolle Informationen durch persönliche Interviews geben, für ein weiteres Interview stand ein direkter Nachkomme Erwin Laages zur Verfügung. Beim Sammeln der Materialien konnten einige Punkte nicht geklärt werden. Dieser Umstand kann einerseits auf die teilweise nur wenig dokumentierten Vorgänge des Amtes während der Kriegs- und Nachkriegszeit zurückgeführt werden. Andererseits sind aufgrund des großen zeitlichen Abstands zur Dienstzeit der ehemaligen Amtsleiter von 1945 bis 1964 kaum noch Zeitzeugen zu finden. Da persönliche Aussagen in diesen Fällen nicht zur Verfügung standen, konzentrierte sich die Quellenrecherche im Wesentlichen auf diverse Archive. Die Arbeitsergebnisse dienen als Grundlage für die Veröffentlichung von Broschüren über die Amtsleiter durch die Stadt Hannover. Sie wurden dieser bereits zur weiteren Bearbeitung übergeben. 1945 – 2015 – biographical studies relating to 70 years of leading the department of environment and urban green space in hanover  In 2015 the Department of Environment and Urban Green Space of the city of Hanover celebrated its 125th anniversary. The department has set itself the task of portraying its former department heads in booklets. Apart from brochures about the work of the department, there has only been one booklet about the first head of the department, Julius Trip, published so

far. The departmental managers of the past 70 years have now been profiled in a series of booklets. These booklets offer an insight into the political structures and changes in Hanover which have affected the work of the municipal administration. The results of the student work are booklets about the following former department heads: • Hermann Wernicke, researched from 1945 to 1948, • Hans-Herbert Westphal, 1948 – 1954, • Werner Lendholt, 1956 – 1958, • Wilhelm Rademacher, 1958 – 1964, • Erwin Laage, 1964 – 1981, • Kaspar Klaffke, 1982 – 2002 and • Ronald Clark, 2002 – 2005. In addition to the professional career and works, insight has been given into the specific objectives of each department manager. The results of the student work have been passed on to the Department of Environment and Urban Green Space and they now serve as a basis for the planned publication of official booklets about the former department heads.

svenja rahlfes, carina weck weitere projektteilnehmerinnen: freya bergner, ting bian, katharina müller, franziska mzyk BetreuerInnen: Prof. Dr. Joachim Wolschke-Bulmahn, Birte Stiers Geschichte der Freiraumplanung

131

landesgartenschauen in niedersachsen

eine kritische untersuchung  Die

Annehmlickeiten des Lebens in der Stadt, verbunden mit nahe gelegenen Erholungsstätten im Grünen – dies sind wohnungsbezogene Lebensbedingungen, die für die heutige Gesellschaft an Bedeutung gewinnen. Umso paradoxer scheint, dass stetig Grünanlagen durch neue Wohn- und Gewerbeflächen bedroht werden. Aus diesem Grund ist es wichtig, bestehende Grünflächen zu schützen und zu pflegen sowie neue Parkanlagen in Städten zu schaffen. In der Umsetzung ist dies jedoch schwerer als anzunehmen, da den Städten oftmals die Gelder für Pflegemaßnahmen oder Neuanlagen von Parkflächen fehlen. Dies ist einer der Gründe, der Landesgartenschauen so interessant für mittelgroße und kleine Städte macht – denn Landesgartenschauen sind ein Antrieb für die Landschaft und ebenso für den Städtebau und die Wirtschaft. Sie werden von drei grundlegenden Faktoren bestimmt: Sie sind ein Präsentationsraum der Leistungsfähigkeit des grünen Berufszweiges, ein Instrument zur Bewältigung städtischer Herausforderungen sowie ein halbjähriges Festival. Sie entwickelten sich aus den Bundesgartenschauen und werden seit den 1980er Jahren in Deutschland veranstaltet. In Niedersachsen fand die erste Landesgartenschau im Jahr 2002 in Bad Zwischenahn statt. Aufgrund dieser erst jungen Geschichte von Landesgartenschauen in Niedersachsen existierten bisher keine zusammenfassenden und vergleichenden Arbeiten zu diesem Thema. Das Ziel der Bachelorarbeit war, einen Überblick über die bisher stattgefundenen niedersächsischen Landesgartenschauen zu schaffen, diese zu analysieren und ihre Bedeutung für die Kommunen zu untersuchen. Um eine bestmögliche Beurteilung zu erreichen, wurden alle bisherigen Standorte von Landesgartenschauen in Niedersachsen besucht und Expertengespräche geführt. Das Instrument Landesgartenschau In der Umsetzung beginnt ein solches Großereignis durch eine Ausschreibung, die in Niedersachsen durch das Ministerium für Ernährung, Land-

132

wirtschaft und Verbraucherschutz erfolgt. Auf die Ausschreibung können sich interessierte Kommunen mit weniger als 100.000 Einwohnern mit einer Machbarkeitsstudie bewerben. Die endgültige Entscheidung über die Vergabe der Landesgartenschau trifft, nach einer genauen Prüfung und Empfehlung einer Bewertungskommission, ebenfalls das Landwirtschaftsministerium. Sobald eine Kommune den Zuschlag für die Ausführung der Landesgartenschau erhält, werden entsprechende Planungsleistungen für die Durchführung der Landesgartenschau europaweit ausgeschrieben. Die Ausschreibung erfolgt durch die Durchführungsgesellschaft der Landesgartenschau. Sie setzt sich aus der Gemeinde als Träger der Landesgartenschau und den Veranstaltern zusammen und erarbeitet außerdem einen Finanzierungsplan, der sich in einen Durchführungs- und Investitionshaushalt gliedert. Nachdem ein oder mehrere Büros nach einem Architekturwettbewerb den Zuschlag für die Ausführung der Planung erhalten, kann der Bau auf dem Ausstellungsgelände beginnen. Vergleich der Landesgartenschauen in Niedersachsen Der Vergleich der Landesgartenschauen bezieht sich auf die in der Bachelorarbeit vorausgegangenen ausführlichen Beschreibungen der einzelnen Landesgartenschauen und stellt eine zusammenfassende Übersicht dar. Zum besseren Verständnis wurde eine Tabelle erarbeitet, die alle wesentlichen Unterschiede und Gemeinsamkeiten enthält. Keine Landesgartenschau gleicht der anderen. Die Austragungsorte unterscheiden sich in ihren städtebaulichen Voraussetzungen und ihrer Größe sowie in ihren regionalen Produktionsschwerpunkten und Traditionen. All diese für jede Kommune elementaren Faktoren fließen grundlegend in die Planung der Landesgartenschauen ein und machen diese einzigartig. Nichtsdestotrotz wurden einige Gemeinsamkeiten in den Planungsabläufen entdeckt, die ihren Ursprung hauptsächlich in den politischen Rahmenbedingungen haben. Diese blieben seit Austragung der ersten Landesgartenschau in Bad Zwischenahn durch den

gleichbleibenden Zuständigkeitsbereich im Landwirtschaftsministerium nahezu unverändert. Ebenso lag der Impuls, eine Landesgartenschau auszutragen, für alle Kommunen darin, die Lebensqualität innerhalb der Stadt zu erhöhen und die Stärken der Kommunen überregional bekannt zu machen. Bewertung und Handlungsempfehlungen Die in der Bachelorarbeit aufgestellte These „Landesgartenschauen sind ein Antrieb für Städtebau, Landschaft und Wirtschaft“ konnte bestätigt werden. Alle Städte bzw. Gemeinden in Niedersachsen erzielten aufgrund der Aufwertung ihrer öffentlichen Grünflächen eine Steigerung der Attraktivität. Verbunden damit ist in allen Kommunen eine städtebauliche Bereicherung in Form von begleitenden baulichen Maßnahmen entstanden. Es konnte ein wirtschaftlicher Aufschwung in den Bereichen Gastronomie, Einzelhandel, Hotelbranche sowie in Form von Zuzug von Fachkräften verzeichnet werden. Zudem konnten die regionalen grünen Berufszweige ihre Leistungsfähigkeit demonstrieren. Dennoch wurden Probleme aufgezeigt, die Handlungsmaßnahmen erfordern: Es konnten des Öfteren Uneinigkeiten sowohl auf politischer als auch auf planerischer Ebene in der Durchführung festgestellt werden. Diese Differenzen implizierten zum Beispiel finanzielle Probleme, Unsicherheiten innerhalb der Bevölkerung und darüber hinaus Ausschlüsse beteiligter Akteure aus dem Dienst. Um dies zu vermeiden, sind eine sorgfältige Vorbereitung und Planung sowie eine genaue Kalkulation und Kostenkontrolle unumgänglich. Es müssen Budgets gebildet und insbesondere die Haltungskosten in der Nachnutzung berücksichtigt werden. Bei der Besichtigung der Standorte konnten in Einzelfällen mangelnde Pflegemaßnahmen in der Nachnutzung beobachtet werden. Es empfiehlt sich, das Ausstellungsgelände entsprechend des Nachnutzungskonzeptes zu gestalten, um Rückbaumaßnahmen möglichst gering zu halten. Einige Gartenschauen wiesen wenig individuelle Gestaltung auf. Um dem entgegenzuwirken, ist die Durchführung eines Ideen- und Planungswettbewerbs von Vorteil. So können zum einen innovative Lösungen gefunden

werden und zum anderen junge Büros die Chance erhalten, als Planer einer Landesgartenschau zu agieren. Des Weiteren ist eine Entwicklung des Instruments in Richtung der Festivalisierung zu beobachten. Die Veranstalter versuchen somit das Interesse eines nicht pflanzeninteressierten Publikums zu wecken, rücken damit jedoch die anderen beiden zuvor erwähnten Kernelemente in den Hintergrund. In der Zukunft gilt es, diese wieder in ein Gleichgewicht zu bringen. Das Image der Landesgartenschau in Niedersachsen ist insbesondere aufgrund finanzieller Schwierigkeiten, die zum Teil aus mangelnder Förderung seitens der Politik bestehen, angeschlagen. Daher ist es notwendig, dass Planer zukünftiger Landesgartenschauen die Vielzahl der Potenziale dieses Instruments präsentieren und vor allem beweisen, dass eine Landesgartenschau nicht bloß ein finanzielles Risiko darstellt. Investitionen in das städtische Grün sind innerhalb der Bevölkerung weitgehend akzeptiert; diese städtischen und regionalen Entwicklungsschübe sind am besten in Verbindung mit öffentlichkeitswirksamen Ereignissen wie Landesgartenschauen vorstellbar.

shows arose from the federal horticultural shows and have been organized throughout Germany since the 1980s. In Lower Saxony the first regional horticultural show took place in Bad Zwischenahn in 2002. Because of their recent history there has hitherto been no comparative or summary work on horticultural shows in Lower Saxony. The aim of this Bachelor work is to give an overview of the regional horticultural shows which have already taken place in Lower Saxony and to evaluate them according to the benefit for the corresponding city. In order to achieve the best possible assessment, every location of a regional horticultural show in Lower Saxony has been visited and interviews held with experts.

regional horticultural shows in lower saxony – a critical research study  Leading an urban life but at the same time enjoying the privilege of having nature and outdoor activities nearby are very important for today’s society. Despite this, more and more green areas are threatened by newly built residential and commercial spaces. So it is a pivotal task to protect and tend the existing green areas as well as create new ones in inner cities. However, lacking the necessary funds makes it difficult for municipal councils to realize such projects. The fact that regional horticultural shows are a driving force for the landscape as well as for urban development and industrial commerce explains their importance for smaller and medium sized towns. These shows are determined by three fundamental factors. They provide a “show room” for the productivity and efficiency of the practitioners of the “green” profession. At the same time, they are an important tool for managing urban challenges and, finally, they offer the opportunity to celebrate a six-month festival. The regional horticultural

juliane roth, angela wefing BetreuerInnen: Prof. Dr. Joachim Wolschke-Bulmahn, Birte Stiers Geschichte der Freiraumplanung

133

bunte lücken

metropolitan symbiosis  Das

Projektgebiet „Henry Ford“, benannt nach seiner ersten Fabrik, liegt im Herzen von São Paulo. Das Gebiet leidet unter den gegensätzlichen Interessen verschiedener Nutzer. Aufgrund sich verschlechternder Bedingungen geht von der Industrie auf seine Arbeiter und die umliegenden Nachbarn zunehmender Druck aus. Auf der anderen Seite tragen Arbeiter und (Favela-)Bewohner des Viertels zur Industrieproduktion und der Zugänglichkeit des Gebiets bei. Beide Parteien sind voneinander abhängig, jedoch im Moment eher eine Last als Hilfe. Das Ziel ist es, die Nachbarschaft für die Bewohner zu verbessern und die industrielle Insel zu einem bekannten und beliebten Ort zu wandeln. Durch den Einsatz neuer Verbindungen, vielfältiger Nutzungen – drinnen und draußen – werden die positiven Veränderungen zu Anstößen, die den Weg zu einer erfolgreichen und gleichberechtigten Nachbarschaft ebnen. colourful gaps  The “Henry Ford” project area, named after its first factory, is located at the very heart of São Paulo. It is an area of São Paulo that struggles with the opposing interests of multiple users. As a result of deteriorating conditions, industry is putting pressure on the surrounding neighbourhood and its workers. On the other hand, both workers and (favela) inhabitants of the area contribute to the industrial production and the site’s accessibility. Both parties need each other to exist, but at the moment they are more of a nuisance than an benefit to each other. The goal is to improve the neighbourhood for its inhabitants and to turn the current industrial island into an accepted and popular area. Implementing new connections, a wide range of uses – indoors and outdoors – will kick-start the positive changes towards equality and success.

leonie wiemer, johanna joecker BetreuerInnen: Prof. Christian Werthmann, Prof. Andreas Quednau, Heike Schäfer, Frank Eittorf Landschaftsarchitektur und Entwerfen; Institut für Entwerfen und Städtebau

134

135

ein leben an den goldenen halden

Das so genannte (gold-) re-mining ist der Wiederabbau von Goldabraumhalden, worauf der Abtransport zu Fabriken folgt, in denen die Goldpartikel vom restlichen Bodenmaterial getrennt werden. Südafrikas größte Stadt Johannesburg entstand infolge von immensen Goldfunden und wuchs rasant entlang der oder sogar auf den hoch toxischen Abraumhalden. Aktuelle Vorfälle zeigen, wie vergangene Abbau- und Wiederabbauprozesse Menschen in der Stadt, die Umwelt und das Landschaftsbild beeinflussen. Diese Arbeit untersucht positive und negative Effekte des re-mining in Johannesburg. Kombinationen aus Sanierungsverfahren und Design stellen ein mögliches Zukunftsszenario für die Stadt und ihre Bewohner dar. living next to the golden dumps  The so-called (gold) re-mining process involves the extraction of mining waste material and transportation to processing plants, where gold particles are separated from the remaining material. South Africa’s largest city, Johannesburg, emerged as a result of gold mining activities in 1886 and grew rapidly along or even on top of mining dumps. The current incidents reveal how past mining and recent re-mining activities affect people in the communities, the environment and the cityscape. This work investigates the positive and negative effects of re-mining in Johannesburg. Combining remediation processes with design intends to reveal a possible future scenario with minimized safety hazards for nearby residents.

lisa seiler Betreuer: Prof. Christian Werthmann, Joseph Claghorn Landschaftsarchitektur und Entwerfen

136

0 1 2 3 Phase 1 Gold-farming, Protection and Structural Armature 4 5 6 7

Phase 2 Community Gardening Deployment

8 9 10 Phase 3 Phytostabilization and Park Development

11 12 13 14 15

Jahre

Phase 4 Topographies

137

holzterrassen in parkanlagen

planung, bauen und instandhaltung  Im

Allerpark Wolfsburg befindet sich eine ca. 5500 Quadratmeter große Holzterrasse. Sie entstand im Rahmen der Landesgartenschau 2004 und führt um den Arenasee herum. Eine Vielfalt an Nutzungsmöglichkeiten führt zu einer hohen Frequentierung der Terrasse. Zu den Aktivitäten gehören die Wasserskianlage samt Strandbereich, die Nutzung durch Besucher des VfL-Stadions oder der Skate-Anlage und Spaziergänger oder Fahrradfahrer. Neben der Funktion als Rahmung des Wasserbeckens stellen die Terrassen eine Verbindung zwischen angrenzenden Gebäuden sowie dem Einstiegsbereich der Wasserskianlage und dem anliegenden Gastronomiebetrieb dar. Auf den Bohlen der Terrasse befinden sich Risse, verfaultes Holz und biotische Schädlinge wie Flechten oder Pilze. Die Fugen sind durch Quellen und Schwinden des Holzes zu schmal oder zu weit. Die Barfußnutzung der Wasserskianlage und des Strandbereichs ist erschwert und das optische Erscheinungsbild beeinträchtigt. Stellenweise wurden die Schäden provisorisch mit Siebdruckplatten abgedeckt oder ganze Bohlen ausgetauscht. Nach mehreren Jahren des Austauschs und der Reparatur immer größer werdender Bereiche wird seitens der Stadt überlegt, die Fläche vollständig zu sanieren. Ziel der Projektarbeit war es, sich mit den Schäden auf der Fläche und ihren Ursachen auseinanderzusetzen und Lösungsansätze für diese Problemstellungen zu finden. Die Ergebnisse wurden in einer Handlungsempfehlung zusammengefasst, die die Stadt Wolfsburg in der weiteren Bearbeitung der Holzterrassen unterstützen soll. Die unterschiedlichen Nutzungen haben verschiedene Schadbilder hervorgerufen, so beispielsweise das Weitertragen von Sand auf die Holzterrassen im Strandbereich, Auftragen von Feuchtigkeit auf die Durchgangsflächen durch die Nutzung der Wasserskianlage oder Risse in den Bohlen. Durch die saisonbedingt sehr hohe Frequentierung in den Sommermonaten und bei Fußballspielen und einem Sandauftrag auf die Terrassen bei Rutschgefahr in den Wintermonaten

138

nimmt das Material Schaden. In Randbereichen, in denen wetterfester Baustahl zur Stabilisierung und Trennung zu Rasen- und Beetflächen eingebaut ist, fault das Holz stirnseitig und es entstehen Risse. Sand und Schmutz auf der Oberfläche der Bohlen halten die Feuchtigkeit und sorgen für eine schnellere Verwitterung. Unter den Siebdruckplatten weiten sich Faulschäden aufgrund mangelnder Belüftung aus. Die Lebensdauer einer Holzterrasse hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Als optisch beeinträchtigende oder zerstörende Faktoren sind auf den Holzterrassen Pilze, Algen, Moose und Flechten gefunden worden. Aufgrund der vorhandenen Umgebungs- und Nutzungsbedingungen wie Regen, Sonneneinstrahlung, Spritzwasser, Wind und Nutzung wird die Lebensdauer des Materials durch Verwitterung und Abnutzung verkürzt. Holzschutz kann auf unterschiedliche Weisen stattfinden. Es wird von organisatorischem, baulich-konstruktivem und chemischem Holzschutz gesprochen. Organisatorischer Holzschutz beinhaltet Aspekte wie eine sachgerechte Holzauswahl und Qualität des Holzes. Nach der Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Holzarten und -alternativen wie Lärche, Douglasie, Bangkirai oder WPC wird aufgrund ihrer längeren Haltbarkeit zur Europäischen Lärche (Larix decidua) geraten. Im Vergleich zu anderen einheimischen Nadelhölzern ist sie am härtesten. Nachteile der Alternativen sind hohe Anschaffungskosten, geringere Härte oder geringere Nutzerfreundlichkeit. Für die Qualität der Bohlen in Wolfsburg wird eine sägeraue Oberfläche empfohlen. Da diese eine geringere Angriffsfläche als geriffelte oder genutete Bohlen bietet, sammelt sich weniger Feuchtigkeit und Schmutz in den Bohlen an und sie sind länger haltbar. Baulich-konstruktiver und chemischer Holzschutz erhalten die Eigenschaften von Holz. Zweck der baulich-konstruktiven Maßnahmen ist es, eine Feuchteänderung des verbauten Holzes und die daraus resultierenden Schäden wie Risse oder Verwitterung zu verhindern. Dazu gehören die Fernhaltung oder schnelle Ableitung von Niederschlagswasser von der Holzoberfläche und die Vermeidung von Schäden durch Schwinden und Quellen des Holzes mittels aus-

reichenden Fugenabstands. Reichen die baulich-konstruktiven Maßnahmen in Verbindung mit der Dauerhaftigkeit der ausgewählten Holzart nicht aus, können geeignete chemische Maßnahmen durchgeführt werden. Diese sind in Wolfsburg jedoch nach Möglichkeit zu vermeiden, da eine chemische Behandlung durch eine Reaktion der Inhaltsstoffe ein Risiko für die Nutzung und angrenzende Bereiche wie den See oder Pflanzflächen darstellt. Die Auswahl der Befestigungsmittel spielt bei der Holzterrasse ebenfalls eine wichtige Rolle, da sie den Umwelteinflüssen sowie den mechanischen und statischen Belastungen durch belagbedingtes Quellen und Schwinden ausgesetzt sind. Es sollten in der Fachliteratur empfohlene Werte eingehalten werden: die Länge der Schraube sollte der zweieinhalbfachen Bohlendicke entsprechen, bei erhöhter Beanspruchung der Terrassen sollte der Kopfdurchmesser der Schraube mindestens 1 Zentimeter betragen und zur Vermeidung von Rissen sollten die Bohlen vorgebohrt werden. Für ein ästhetisches Schraubbild sollten die Schrauben bündig in einer Linie eingebracht werden. Nach der Faustformel der Fachliteratur betragen die Fugen 0,9 Zentimeter. So können Wasser und Schmutz hindurchfallen und die Bohlen stoßen beim Quellen nicht aneinander. Um eine allseitige Belüftung des Materials zum Abtrocknen von Feuchtigkeit zu gewährleisten, ist ausreichend Abstand zwischen Bohlen und Rasenflächen einzuhalten. Für eine Sicherung des wetterfesten Baustahls als Rasenkante sind Punktfundamente zur Gründung notwendig. Die einzelnen Fundamente sollten maximal je 100 Zentimeter auseinanderliegen. Im Übergangsbereich zwischen Sand und Holzterrasse ist das Auftragen von Sand auf die Terrassenoberfläche zu verhindern. Der Einbau einer Opferbohle zwischen der Belagskante und dem wetterfesten Baustahl verhindert eine Anreicherung von Feuchtigkeit im Stirnholzbereich und die Ablagerung von Sand auf der Terrasse. Nach der Verlegung der Bohlen sollte die Terrasse mit Wasser abgespült werden, um Verunreinigungen zu entfernen. Laub und Sand können mit einem groben Besen aus Kunststoffborsten abgefegt werden. Die

Punktfundament 30 / 30 / 25 cm wetterfester Baustahl 0,6 / 15 cm

20

15

4,5

wetterfester Baustahl Ankerstab 0,6 / 30 cm

2

C 12 / 15 Asphaltdeckschicht

4 cm

26 cm Schottertragschicht Schottertragschicht 0 / 32 16/32 26 cm

Anschluss Vegetation Schraube Edelstahl rostfrei Gummiabstandshalter "Opferbohle" - / 4 / 10 cm wetterfester Baustahl - / 0,6 / 22 cm Punktfundament 30 / 30 / 30 cm

15

4,5

Teichabdichtung

WSP

20

Fazit Die Holzterrasse um den Arenasee bildete die Grundlage für eine Untersuchung des Baustoffes Holz in seiner Verwendung und nach mehreren Jahren Nutzung. Durch die Größe der Terrassen konnten unterschiedliche Schäden und deren Ursachen erfasst werden. Der Vergleich verschiedener Oberflächenstrukturen der Holzbohlen ergab, dass eine sägeraue Holzbohle entgegen gebräuchlicher Profilierungen wie Riffelung oder Nutung, die als weniger rutschig gelten, tatsächlich besseren Halt bietet. Abgesehen von den untersuchten Holzarten und -alternativen gibt es eine Vielzahl an neuartigen Materialien wie Accoya oder Dauerholz. Diese kommen für Wolfsburg nicht infrage, da es bisher keine langfristigen Erfahrungen gibt. Hier wird ein Erproben der Eignung unterschiedlicher Materialien auf kleineren Flächen empfohlen. Abschließend ist festzuhalten, dass eine Materialempfehlung für eine Holzterrasse differenziert gegeben werden sollte. Einerseits gibt es feste Werte, die die Eigenschaften des Holzes beschreiben und eine Konstante darstellen. Andererseits ist jede Einbausituation einzigartig, sodass es keine generelle Empfehlung in der Planung von Holzterrassen geben kann. Somit ist es die Aufgabe der Landschaftsarchitektur, bei jeder neuen Planung auf die Gegebenheiten und zu erwartenden Nutzungen vor Ort zu achten. Die Holzauswahl und Konstruktion soll sich zudem nach den gegebenen Klima- und Umweltbedingungen orientieren.

The project members dealt with structural timberwork, using the practical example of 5,500 m2 of wooden terraces in the Allerpark, Wolfsburg. The terraces were built during the Landesgartenschau in Wolfsburg in 2004. After twelve years of use the terraces are in need of refurbishment. The structures require a professional redesign that provides a long-term solution. The aim of the project was to find solutions for the prevailing problems. The members familiarized themselves with the diverse fields of wooden construction, for instance fastening, wood protection and alternative types of wood. The damages were mapped and analysed with the support of the Parks Department of Wolfsburg. The results were summarised in a recommended course of action based on the evaluation of literature, including norms from the German Institute for Standardization and specialist journals.

2

Holzterrasse sollte regelmäßig kontrolliert werden, um Schäden und potenzielle Schadquellen zu erkennen. Bohlen mit Faulstellen sind samt umliegenden Bohlen auszutauschen, da Pilze Schäden im nicht sichtbaren Bereich verursachen und durch großflächiges Austauschen Befall vermieden werden kann. Auf die provisorische Abdeckung der Schadstellen mit Siebdruckplatten sollte verzichtet werden.

Sand C 12/15 Asphaltdeckschicht

4 cm

Schottertragschicht 0/32 26 cm

Anschluss Sand

wooden terraces in parks – planning, building and maintenance  Wood, as a build-

sebastian ballan, laura baumert, imke ortgies, lina reulecke, victoria semenova, michael stelte

ing material, is in demand in parks. Reasons for this are the diverse design options and the material’s naturalness and user-friendliness.

BetreuerInnen: Prof. Gilbert Lösken, Kerstin Menssen Technisch-konstruktive Grundlagen der Freiraumplanung

139

hat buxus in der verwendung als formgehölz eine zukunft?

lösungsvorschläge und potenzielle alternativen zu buchsbaum  Die Pflanzen-

gattung Buxus ist in der Planung von Außenanlagen sehr beliebt. Buchsbaum hat als immergrünes Gehölz eine gute Winterhärte, eine sehr gute Schnittverträglichkeit und einen geringen Anspruch an Standortverhältnisse. Als vielfältig nutzbares Gestaltungsmittel wird er seit Jahrtausenden in Beeten, Gärten und Parkanlagen verwendet. Größtenteils werden hohe Stückzahlen in Form geschnittener Pflanzen eingesetzt, darunter Einfassungen, Hecken, geometrische Formen und organische Figuren. Es gibt kaum einen Gartenstil, der auf formierte Gehölze wie Buchsbaum verzichten kann. Er ist in den letzten Jahrzehnten nicht mehr nur in der Gestaltung und Restaurierung historischer Gärten gefragt, auch in modernen Anlagen nimmt seine Verwendung zu. Die Formensprache verändert sich von den gebräuchlichen Hecken und Kugel- oder Kegelformen zu Kuben, Blöcken, Großbonsais und Wellenformen ähnlich der japanischen Gartengestaltung. In Mitteleuropa werden hauptsächlich zwei Arten kultiviert. Der Kleinblättrige Buchsbaum Buxus microphylla und der Gewöhnliche Buchsbaum Buxus sempervirens bieten unzählige Sorten, die mit unterschiedlichen Wuchseigenschaften und Blattfärbungen für vielfältige Verwendungszwecke geeignet sind. In den letzten Jahren ist es vermehrt zu Problemen in der Verwendung gekommen. Schädlinge wie pilzliche Erreger oder Insekten führen zu Ausfällen in Pflanzungen. Vor allem dicht gepflanzte, kilometerlange Einfassungen und Hecken in großen historischen Anlagen sind betroffen. Zusätzlich schwächen diese den Stressfaktor Schnitt, welcher die Widerstandsfähigkeit gegenüber Schädlingen verringert. Ziel Die Titelfrage beschäftigt sich einerseits mit Empfehlungen für die Vermeidung des Befalls mit tödlichen Krankheitserregern sowie die Gesunderhaltung

140

des Buchsbaums. Andererseits geht es um potenzielle Alternativpflanzen, welche anstelle des Buchsbaums zum Einsatz kommen können. Das Ziel der Arbeit ist eine Untersuchung von Alternativen zu Buchsbaum. Dabei werden Qualitäten und jeweilige Vor- und Nachteile herausgestellt und mit Buchsbaum verglichen. Zu diesem Zweck wurden bestehende Buchsbaumpflanzungen im Schwetzinger Schlossgarten oder den Herrenhäuser Gärten Hannover und Versuchspflanzungen in Lehr- und Versuchsanstalten für Gartenbau, in denen andere Arten die Funktionen von Buchsbaum übernehmen, besichtigt. Durch die ansteigende Nachfrage bei der Restaurierung historischer Gärten und der zusätzlichen Verwendung von Buxus in modernen Gärten wurden die Produktionsbedingungen intensiviert und stellen durch dicht gestellte Pflanzen und eine hohe Feuchtigkeit einen Nährboden für Schädlinge dar. Ein erhebliches Risiko geht vom Buchsbaumzünsler Cydalima perspectalis aus, einem Falter, dessen Raupenstadium ganze Pflanzen abzufressen vermag und schwer zu entdecken ist. Pilze wie der Buchsbaumblattfall Cylindrocladium buxicola oder der Buchsbaumkrebs Volutella buxi gefährden durch ihren Befall ganze Pflanzungen und werden durch Werkzeug und Schuhwerk der Gärtner und Gartenbesucher verbreitet. Cylindrocladium buxicola ist aktuell nicht mit Pflanzenschutzmitteln zu bekämpfen und wächst schon ab fünf Grad Celsius auf Blättern, die fünf Stunden feucht sind. Er stirbt erst bei konstanten Temperaturen über 30 Grad Celsius ab und ist somit in Mitteleuropa in seiner Ausbreitung nicht aufzuhalten. Zu abiotischen Schäden gehören die Einwirkung von Sonneneinstrahlung, Frost oder eine Veränderung des Nährstoffhaushalts durch den Standort oder mangelnde Nährstoffversorgung der Pflanze. Die wichtigste Maßnahme, um vor allem den biotischen Schadfaktoren entgegenwirken zu können, ist eine fachgerechte Pflanzenhygiene. Befallene Blätter und Triebe sind umgehend aus der Pflanze zu entfernen und das Schnittgut aufzufangen und zu entsorgen. Schnittwerkzeuge sind nach jedem Schnitt zu reinigen, das stellt sich in der Praxis bei (kilo-)meterlangen Hecken jedoch als kaum machbar heraus. Bei

der Pflege ist zu beachten, dass die Pflanzen nur unter Laub bewässert werden, der Schnitt an trockenen Tagen stattfindet und das Laubwerk ausreichend belüftet wird, um feuchten Bedingungen in und an der Pflanze vorzubeugen. Alternativen kommen infrage, sobald Buxus in der Pflanzung aufgrund von Schäden ausgetauscht werden muss und seine Neupflanzung durch hohen Befallsdruck keinen Sinn macht. Alternativen Bei der Auswahl der Alternativen wurde sich auf immergrüne Phanerophyten und Chamaephyten beschränkt. Die Japanische Stechpalme Ilex crenata bietet in verschiedenen Sorten eine gleichwertige Vielfalt in der Gestaltung. Sie hat von den untersuchten Alternativen die höchste optische Ähnlichkeit und eine ebenfalls gute Schnittverträglichkeit. Ihr Nachteil ist ein höherer Anspruch an den Standort und den pH-Wert. Die Buchsbaumblättrige Berberitze Berberis buxifolia „Nana“ ist eine schwachwüchsige Alternative, die Schnitt gut verträgt und dicht wächst. Nachteil in der Pflege sind hier die Dornen, die bei der Gattung üblich sind. Zusätzlich blüht die Berberitze auffällig gelb. Diverse Nadelgehölze entsprechen nicht dem optischen Erscheinungsbild, besitzen aber Eigenschaften, die der Funktion von Buchsbaum ähneln. Thuja occidentalis in Sorten ist als Einfassung sehr beliebt und hat eine hohe Schattenverträglichkeit. Taxus baccata „Renkes Kleiner Grüner“ ist eine bewährte Alternative, die für niedrige Verwendungszwecke geeignet ist und eine gute Schnittverträglichkeit besitzt. Neuere Alternativen, deren Eigenschaften noch in Versuchen erprobt werden, sind Chamaecyparis lawsoniana „Minima Glauca“, Podocarpus nivalis oder Rhododendron micranthum „BLOOMBUX“. Als weniger geeignete Alternativen haben sich Euonymus fortunei in Sorten, Teucrium x lucidrys oder Thymus x citriodorus herausgestellt, da sehr frostempfindlich sind und aufwändige Pflege erfordern.

Fazit Das breite Sortenspektrum der Gattung Buxus bietet eine hohe Varianz an Verwendungsmöglichkeiten und sollte dementsprechend genutzt werden. Dafür ist es notwendig, grundlegende Informationen zu unbekannteren Sorten zur Verfügung zu stellen. Den Schadfaktoren an Buchsbaum ist mit den genannten Maßnahmen entgegenzuwirken. Wichtig bei den aktuellen, hochgefährdenden Krankheiten wie Buchsbaumblattfall oder -zünsler ist, die symptomatische Bekämpfung mit Pflanzenschutzmitteln zu präventiven Maßnahmen zu verändern, da es bei Befall meist zu spät für die Pflanze oder den Bestand ist. Präventive Maßnahmen bestehen neben der fachgerechten Pflege der Pflanzen aus der Züchtung und Kultivierung neuer, widerstandsfähiger Sorten, aber vor allem aus einem Herabsetzen der extremen Produktionsbedingungen. Die optimalen Wachstumsbedingungen für Schädlinge wie Feuchte oder Wärme sollten bestmöglich verhindert werden. Findet sich innerhalb der Gattung keine Alternative für einen bestimmten Verwendungszweck oder ist der Gesundheitszustand einer Pflanzung nach Befall nicht mehr zu erhalten, kann auf eine Vielzahl an Alternativen ausgewichen werden. Hierbei sind die jeweiligen Grenzen alternativer Möglichkeiten zu beachten. Wenn Buchsbaum weiterhin in großen Mengen vermehrt, produziert und in der Gartengestaltung eingesetzt wird, kann den Schädlingen kein Einhalt geboten werden. Im Gegenteil wird es zu einer weiteren Ausbreitung und eventuellen Anpassung der Schädlinge kommen. Es gibt jedoch immer weniger Baumschulen, die Buchsbaum noch in ihrem Sortiment behalten. Es ist auf eine bedachtere und maßvolle Verwendung zu achten und es sollte argumentiert werden, ob Buchsbaum die einzige Option für den geplanten Verwendungszweck ist. Es besteht ein hohes Risiko der Infektion und des Absterbens.

other countries and continents. Buxus has been used in the design of gardens for thousands of years. With the spread of pests, whole stocks in historic gardens and also in modern green spaces are endangered. Thus, alternatives to boxwood have to be found if there is no option of maintaining them as healthy shrubs.

does boxwood have a future as a topiary species? – approaches and potential alternatives  Since Buxus has long been in high demand

laura baumert

as a pruned shrub, its production has increased, and with globalization pests and diseases have spread from

Betreuerinnen: Prof. Dr. Anke Seegert, Heike Schmidt Pflanzenverwendung

141

institut für umweltplanung

iup Landschaftsplanung und Naturschutz Prof. Dr. Christina von Haaren Naturschutz und Landschaftsökologie Prof. Dr. Michael Reich Vegetationsmanagement Prof. Dr. Rüdiger Prasse Ingenieurbiologie Prof. Dr. Eva Hacker Landschaftsplanung und Ökosystemleistungen Prof. Dr. Christian Albert Ökosystemdienstleistungen – ökonomische und planerische Aspekte Prof. Dr. Bettina Matzdorf Planungsbezogene Pflanzenökologie Apl. Prof. Dr. Michael Rode Raumordnung und Regionalentwicklung Prof. Dr. Rainer Danielzyk Landesplanung und Raumforschung, vor allem Regional Governance Prof. Dr. Frank Othengrafen

der ökologische zustand der schunter > SEITE 144

die süntel-buche auf den naturstandorten der süntel-deister-region

ein sternenpark im harz als beitrag zum schutz des natürlichen nachthimmels

> SEITE 146

> SEITE 148

„mein hannover 2030“ > SEITE 150

der ökologische zustand der schunter

betrachtung der renaturierungsmassnahmen und der strahlwirkungstheorie  Die Schunter ist

ein sand- und lehmgeprägter Tieflandfluss in Niedersachsen. Die Bachelorarbeit befasst sich mit dem Renaturierungszustand des Flusses und dem zeitlichen Ablauf der Renaturierungsmaßnahmen (Heinzner & Ziegenhorn 2015). Anlässlich der Ziele der Wasserrahmenrichtlinie wurde untersucht, inwieweit die bereits ausgeführten sowie die noch geplanten Renaturierungsmaßnahmen dazu beitragen, die Schunter in ein „gutes ökologisches Potenzial“ zu versetzen. Mithilfe der Strahlwirkungs- und Trittsteintheorie wurden die Renaturierungsmaßnahmen hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf angrenzende Gewässerabschnitte bewertet und Empfehlungen für weitere Renaturierungsmaßnahmen gegeben. Zunächst erfolgte eine Zustandsbeschreibung der gesamten Schunter in Bezug auf die Gewässerstruktur und -güte sowie das Makrozoobenthos und die Fischfauna. Darüber hinaus wurde der zeitliche Verlauf der Renaturierungsmaßnahmen rekonstruiert. Auf dieser Basis wurde eine Defizitanalyse hinsichtlich der Strahlwirkung der renaturierten Gewässerabschnitte und der Habitatqualität für die drei ausgewählten gewässertypischen Leitarten – Quappe (Lota lota), Grüne Flussjungfer (Ophiogomphus cecilia) und Eintagsfliege (Heptagenia flava) – durchgeführt. Dies führte zu einer Untergliederung der Schunter in (potenzielle) Strahlursprünge und Strahlwege. Bei der Detailbetrachtung der Renaturierungsmaßnahmen an der Schunter lag das Hauptaugenmerk auf der im Jahr 2009 umgesetzten Renaturierung bei Hondelage / Dibbesdorf und dem geplanten Renaturierungskonzept für den Gewässerabschnitt bei Querum / Bienrode. Zur Analyse der Maßnahmen erfolgten eine Bestandsaufnahme am Gewässer und eine anschließende Bewertung, basierend auf den Bedürfnissen der Leitarten sowie den Qualitätskomponenten der Strahlwirkung unter Berücksichtigung der Lage der Renaturierungsabschnitte zueinander. Somit wurden die Renaturierungsmaßnahmen hinsichtlich ihrer

144

ökologischen Bedeutung, bezogen auf das gesamte Gewässer bzw. angrenzende Gewässerabschnitte, analysiert. Daraus ließ sich ein Bedarf für weitere Renaturierungsmaßnahmen zur Verbesserung oder vielmehr Aktivierung einer positiven Strahlwirkung feststellen. Die Ergebnisse der Untersuchungen zeigten, dass sich die Schunter aufgrund der überwiegend naturfernen und strukturarmen Gewässermorphologie und der mangelnden Auendynamik vor den Renaturierungen bzw. in nicht renaturierten Abschnitten in einem ökologisch unbefriedigenden Zustand mit geringer Habitatqualität für die Leitarten befindet. Während zahlreiche Renaturierungsmaßnahmen lediglich den Rückbau von Wehren und Sohlschwellen zu Sohlgleiten beinhalten und somit nur zur Wiederherstellung der Längsdurchgängigkeit führen, tragen die größer angelegten Renaturierungen wie bei Hondelage / Dibbesdorf und Querum / Bienrode deutlich dazu bei, den Fluss an sein natürliches Leitbild anzunähern. Neben der Wiederherstellung der Durchgängigkeit wurden bei diesen zwei Maßnahmen die Qualitätskomponenten der Strahlwirkungstheorie erfüllt, beispielsweise durch das Einbringen von Totholz, die Erhöhung der Struktur- und Strömungsdiversität und die Anbindung der Schunter an ihre Aue. Außerdem bilden diese renaturierten Gewässerabschnitte durch die hohe Habitatqualität einen neuen Strahlursprung und sind somit als Quelle für eine neue Kernpopulation der Leitarten geeignet. Angrenzende strukturarme Gewässerabschnitte werden jedoch nur geringfügig positiv von diesen Maßnahmen beeinflusst, weil es sich bei ihnen aufgrund ihrer Strukturarmut um reine Durchgangsstrahlwege handelt. Dadurch besteht in diesen Abschnitten die Gefahr einer populationsökologischen Senke, wodurch die Wiederansiedlung von wichtigen Individuen der Kernpopulation verhindert und somit der gesamte Biotopverbund der Schunter geschwächt wird (Reich 2008: 27f ). Das dargestellte Umsetzungsschema zur Einbringung neuer Strahlursprünge und Trittsteine ist eine im Rahmen der Bachelorarbeit entwickelte Empfehlung für die zuständigen Behörden, um die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie – das gute ökologische Potenzial – an der Schunter zu erreichen. Zum einen trägt die

Umsetzung dieses Schemas dazu bei, die verarmten Bereiche hinsichtlich der Habitatqualität aufzuwerten. Zum anderen erfolgt eine ökologische Verknüpfung der Renaturierungsabschnitte und somit die Verhinderung von populationsökologischen Senken. Der Austausch von Organismen zwischen Kern- und Metapopulationen wird somit sichergestellt und der ganzheitliche Biotopverbund der Schunter wird gestärkt. Zukünftig empfiehlt sich daher die Anwendung der Strahlwirkungs- und Trittsteintheorie für eine möglichst effiziente Renaturierung der Schunter oder anderer Fließgewässer nach den Zielen der Wasserrahmenrichtlinie.

Renaturierter Abschnitt der Schunter bei Hondelage / Dibbesdorf

the schunter and its ecological status – vitalisation measures and the implementation of the eu water framework directive  The Bachelor thesis addresses the vitalisation process of the Schunter, a sand- and clay-dominated lowland river in Lower Saxony. With regard to the EU Water Framework Directive, the vitalisation measures that have been applied to the Schunter are evaluated as to whether they help to achieve good ecological potential. Their influence on adjacent water stretches is evaluated by the application of the distance effect and stepping stone theories. The main focus is on the renaturation near Hondelage / Dibbesdorf, realized in 2009, and the proposed renaturation plan near Querum / Bienrode. An assessment of the habitat quality has been carried out, with a special look at the typical

aquatic species Ophiogomphus cecilia, Lota lota and Heptagenia flava. Due to its mostly unnaturally structured water morphology and the insufficient floodplain dynamics, the Schunter is in an inadequate ecological state. Thus, the river offers little habitat structure for the abovementioned indicator species. While numerous vitalisation measures only achieve the reestablishment of ecological passability, the larger-scale renaturation measures near Hondelage  /  Dibbesdorf or Querum / Bienrode help to improve the ecological potential and form habitats for new core populations. However, this has only a little positive influence on poorly structured neighbouring areas. The insertion of stepping stones helps to enhance the less structured areas, whilst creating an ecological connection between core- and metapopulations. Thus, the vitalisation measures’ positive distance effect enhances the ecological potential of adjacent water stretches. In this regard, the distance effect and stepping stone theories enable the Schunter to be viewed as an integrated system and therefore ensure its efficient vitalisation in accordance to the EU Water Framework Directive.

Mündung in die Oker

Fließrichtung

Hondelage / Dibbesdorf

Querum / Bienrode

Durchgangsstrahlweg Schunter

populationsökologische Senke 0,75km Fischfauna populationsökologische Senke 1,2km Makrozoobenthos populationsökologische Senke 1,2km Fischfauna

Strahlwirkung zwischen Hondelage / Dibbesdorf und Querum/Bienrode nach LANUV(2011) Strahlwirkungs- und Trittsteintheorie Die Theorie befasst sich mit dem Prozess der ökologischen Aufwertung eines verödeten Gewässerabschnitts durch den positiven Einfluss eines benachbarten Abschnitts in einem sehr guten ökologischen Zustand (Raschke 2011: 6). Dabei ist der naturnahe Gewässerabschnitt mit seiner stabilen Biozönose der Ausgangspunkt für den positiven Effekt der Strahlwirkung und bildet somit den Strahlursprung. Strahlwege werden unterschieden in reine Durchgangsstrahlwege ohne eigene Habitatqualität und in Aufwertungsstrahlwege, welche durch Strukturelemente eine vorübergehende Ansiedlung von Organismen ermöglichen (Raschke 2011: 11).

Harxbüttel Trittstein Wenden Hondelage Dibbesdorf

Heinzner, K. & Ziegenhorn, L., 2015: Der ökologische Zustand der Schunter – unter besonderer Betrachtung der Renaturierungsmaßnahmen und

Umgehungsgerinne Wendhausen

der Strahlwirkungstheorie als Instrument zur Umsetzung der WRRL. Bachelorarbeit am Institut für Umweltplanung, Leibniz Universität Hannover. Manuskript, unveröffentlicht.

Querum Bienrode

Raschke, M., 2011: Strahlwirkungs- und Trittsteinkonzept in der Planungspraxis. 95 S., Recklinghausen: Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV-Arbeitsblatt 16). Reich, M., 2008: Bedeutung der Strahlwirkung in Fließgewässern in Zusammenhang mit der Biotopverbundfunktion. In: Deutscher Rat für Landespflege (DRL)(Hrsg.): Kompensation von Strukturdefiziten in Fließgewässern durch Strahlwirkung, 26 – 28, Meckenheim: DRL (Schriftenreihe des DRL, Heft 81).

vorhandener / geplanter Strahlursprung bzw. Trittstein neuer Strahlursprung (0,5 – 5 km) neuer Trittstein (> 0,5 km) 3 km Umsetzungsschema der Strahlwirkungs- und Trittsteintheorie an der Schunter

layla ziegenhorn, kathrin heinzner Quelle bei Räbke

Bachelorthesis Betreuerinnen: Prof. Dr. Eva Hacker, Svenja Lorenz Ingenieurbiologie

145

die süntelbuche auf den naturstandorten der sünteldeisterregion

massnahmen zur pflege und entwicklung

Die Süntel-Buche, botanisch Fagus sylvatica var. suentelensis, ist eine Variationsform der Rot-Buche. Auffallende Unterschiede zur Normalform sind im Habitus zu finden. Eine pilzförmige, teilweise strauchartige Kronenform und knickige, sich schlängelnde Äste sind typische Merkmale dieser Buchenvariation. Sie geben der Süntel-Buche ihr ungewöhnliches, auffälliges Aussehen. Die aufgrund dieser Morphologie forstwirtschaftlich uninteressante Süntel-Buche ist in Schweden, Dänemark, Deutschland und Frankreich anzutreffen. In Deutschland sind ihre Vorkommen auf Naturstandorten im nationalen Ursprungsgebiet der Süntel-Deister-Region seit Jahrzehnten rückläufig. Zudem werden für viele der existierenden Bäume eine Überalterung und ein schlechter gesundheitlicher Zustand vermutet (Meier & Rothe 2013: 86). Konkrete Untersuchungen hierzu fehlen jedoch. Daher wurde im Rahmen einer Masterarbeit am Institut für Umweltplanung der Leibniz Universität Hannover der Zustand der Süntel-Buchen auf potenziellen Naturstandorten in den Wäldern des Süntels und des Deisters untersucht. Übergeordnete Ziele der Arbeit sind der Schutz, die Erhaltung und die Förderung der Bäume. Methodik In Geländeaufnahmen von Februar bis April 2015 wurden neben dem allgemeinen Gesundheitszustand der etablierten Süntel-Buchen die Standsicherheit sowie die Konkurrenzsituation zu den umliegenden Waldbäumen erhoben. Aus den gewonnenen Erkenntnissen fand die Erarbeitung von Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen für jeden Baum individuell statt. In der Umgebung von vermehrungsfähigen Süntel-Buchen wurde zudem eine Suche nach Jungbäumen mit Anzeichen auf ein süntelbuchenartiges Wachstum angelegt. Anhand typischer, von der Morphologie der normalen Rot-Buche abweichender Merkmale wurde der vorhandene Buchenjungwuchs nach der

146

Wahrscheinlichkeit zur Ausbildung eines Süntelbuchen-Wachstums in drei Kategorien eingeteilt. Berücksichtigte Merkmale waren beispielsweise Doppelknospen an den Zweigenden, sich schlängelnde und geknickte Äste und ein bogiger Wuchs des Leittriebes (Dieckmann et al. 2013: unveröffentlicht). In Abhängigkeit von der Anzahl der anzutreffenden Süntelbuchen-Merkmale wurden die erfassten jungen Bäume in drei Kategorien eingeteilt. Aufgrund der Vielzahl der untersuchten Bäume wurden Maßnahmen zum Schutz und zur Förderung des Süntelbuchen-Nachwuchses nur für Jungbuchen der Kategorie drei, Bäume mit einer hohen Wahrscheinlichkeit zur Entwicklung zu einer Süntel-Buche, erarbeitet. Die Empfehlungen besitzen allerdings beispielhaften Charakter und können auf die Jungbäume der übrigen zwei Kategorien übertragen werden. Ergebnisse der Untersuchung Im Untersuchungsgebiet waren 54 Altbäume der Süntel-Buche auf potenziellen Naturstandorten zu finden. Aufgrund von Stammdicke und Wuchshöhe wurden bei 37 Individuen ein Mindestalter von 50 Jahren und eine damit verbundene Vermehrungsfähigkeit angenommen. Ein Großteil der geschlechtsreifen Bäume konnte eine Höhe von zehn Metern nicht überschreiten und war somit deutlich kleiner als die umliegenden Waldbäume mit Wuchshöhen zwischen 20 und 35 Metern. Die Untersuchung des Gesundheitszustandes ergab, dass 13 der 54 Süntel-Buchen erhebliche Beeinträchtigungen der Vitalität erkennen ließen. Ein direkter Zusammenhang zwischen einem hohen Baumalter und einer herabgesetzten Vitalität ließ sich nicht ableiten. Neben einigen Beschädigungen wie Astausbrüchen verschiedenster Größen und dem Befall durch holzzersetzende Baumpilze stellte die Konkurrenz zu anderen Bäumen die größte Beeinflussung der im Wald vorkommenden Süntel-Buchen dar. Aufgrund des geringen Höhenwachstums der Bäume sind viele Individuen von einer mehr oder minder starken Verschattung betroffen. Von den circa 1100 untersuchten Jungbäumen wurde für 65 Bäume aufgrund zahlreicher Wuchs-

merkmale eine hohe Wahrscheinlichkeit zur Entwicklung zu einer Süntel-Buche angenommen (Kategorie drei). Dies entspricht einem Wert von circa sechs Prozent und deckt sich mit Angaben aus Vermehrungsversuchen mit Samen von Süntel-Buchen (Dönig 2014: 57). Besonders auffällig bei der Untersuchung der Jungbäume war die in vielen Fällen starke Überschattung der Jungbuchen. Weiterhin wurden die Bäume an einigen Standorten stark durch den Verbiss durch Wildtiere beeinflusst. Ungefähr ein Drittel der untersuchten jungen Bäume ließ Spuren solcher Beschädigungen erkennen. Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen Auf Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse wurden für jede alte Süntel-Buche und die Jungbäume der Kategorie drei individuelle Maßnahmen zur Förderung erarbeitet. Bei den Altbäumen wird hauptsächlich die Freistellung, also das Entfernen benachbarter, meist höher wachsender Bäume empfohlen, um das Lichtangebot für die Süntel-Buchen zu erhöhen. Baumpflegerische Eingriffe wie das Nachschneiden von Astausbrüchen oder die Stabilisation einzelner Kronenteile sind zu diskutieren. Die Entwicklung der Jungbuchen ist weiter zu beobachten und gezielt zu fördern. Durch das Entfernen bodennaher sowie überschirmender Vegetation kann das meist geringe Lichtangebot erhöht werden. Das Zäunen bestimmter Areale oder vielversprechender Einzelbäume schützt vor negativen Beeinträchtigungen durch Wildverbiss. Schlussfolgerung Die Untersuchung des Süntelbuchen-Bestandes hat gezeigt, dass neben einigen abgängigen Exemplaren eine höhere Anzahl gut erhaltener Bäume im Untersuchungsgebiet zu finden ist als zunächst bekannt. Doch nur durch gezielte Förderung können diese Standorte der Süntel-Buche dauerhaft erhalten werden. Dies gilt insbesondere für die aufkommende Verjüngung mit Süntelbuchen-Merkmalen, die durch Wildverbiss und starke Konkurrenz bodennaher und überschirmender Vegetation beeinflusst wird.

fagus sylvatica var. suentelensis in its natural habitat, the süntel-deister-region – measures for its tending and development  The Fagus sylvativa var. suentelensis is a variation of the European beech. It differs from the common beech especially in its appearance. Its mushroom-shaped, partly shrub-like tree crown and its crooked and winding, snake-like branches are characteristic features of this beech variation. Their population in natural habitats has been declining over decades. It can be assumed that this is due to overaging and their poor state of health. The overall objectives of this paper are the protection, preservation and tending of the Fagus sylvativa var. suentelensis within its study area, which are the woodland sites of the Süntel and Deister ranges of hills. During field surveys between February and April 2015, both trees capable of reproduction were examined as well as young exemplars of the beech with noticeable growth in a radius of 20 metres. Apart from evaluating the tree‘s vitality, the condition and competitive situation of young and old trees have been examined with the help of visual control. On the basis of the given results, tending and development measures have been implemented for each location. These measures were implemented in the case of 54 old trees and 65 young trees out of 1,100 examined exemplars. The main cause of the lack of vitality and the poor health of both old and young trees could lie in the competition from contiguous vegetation. Proof of this is their diminished height and their increasingly horizontal spread. Consequently most of the individuals examined were affected by a lack of light. If the measures are implemented, the living conditions of the trees could be improved, so that an enduring preservation of the natural habitats and a natural rejuvenation of the trees seem likely.

Standortskizze einer Gruppe von Süntel-Buchen: Die Kronen der Süntel-Buche verwachsen mit den Kronen von Nachbargehölzen. Die linierte Schraffur zeigt Bäume, die die Süntelbuchen-Gruppe überschirmen.

Meier, M. & Rothe, H.-J., 2013: Anstrengungen der Wiederverbreitung von Süntel-Buchen in der Deister-Süntel-Region. In: Deutsche Dendrologische Gesellschaft e.V. (Hrsg.): Mitteilungen der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft, Nr. 98, 86–90. Diekmann, L., Zoch, L. & Rode, M., 2013: Anleitung zur Erstellung eines Süntelbuchen-Katasters. Institut für Umweltplanung, Leibniz Universität Hannover, unveröffentlicht. Dönig, G., 2014: Süntel-Buchen in Deutschland, Frankreich, Dänemark, Schweden und sonst in Europa. 2. Auflage, Bad Münder: Wanderer Werbedruck, Horst Wanderer GmbH.

niels thelen

Süntel-Buche in Hülsede: gut sichtbar ist der schlängelnde knickige Wuchs von Stamm und Ästen.

Masterthesis Betreuer: Apl. Prof. Dr. Michael Rode, Prof. Dr. Achim Dohrenbusch Planungsbezogene Pflanzenökologie; Waldbau und Waldökologie, Universität Göttingen

147

ein sternenpark im harz als beitrag zum schutz des natürlichen nachthimmels

Die Lichtverschmutzung und ihre Auswirkungen Gebiete mit einer freien Sicht auf einen natürlichen Nachthimmel werden weltweit immer seltener. Als Ursache gilt die Lichtverschmutzung – eine Folge überdimensionierter und / oder technisch suboptimaler künstlicher Beleuchtung im öffentlichen und privaten Außenraum. Die jährlich um drei bis sechs Prozent zunehmende Lichtverschmutzung (Forschungsverbund Verlust der Nacht 2013) erstreckt sich insbesondere über Städte und Ballungszentren. Aufgrund der Siedlungsflächenzunahme breitet sie sich allerdings zunehmend in den ehemals dunklen ländlichen Regionen aus. Da die natürliche Dunkelheit ein unverzichtbarer Bestandteil allen irdischen Lebens ist und ein einzigartiges Kultur- und Naturgut darstellt, hat die Ausdehnung von Licht neben astronomischen Beeinträchtigungen auch gesellschaftliche und kulturelle Auswirkungen. Hinzu kommen weitreichendere Beeinträchtigungen für die Gesundheit und das Wohlbefinden des Menschen sowie Auswirkungen auf Fauna und Flora. Für einen verbesserten Umgang mit künstlichem Licht im Außenraum müssen die Lichtemissionen weltweit und nachhaltig reduziert werden. In der Landschafts- und Umweltplanung existieren dafür praxisorientierte Handlungsansätze. Deren wesentliche Ziele umfassen einen maßvollen Umgang mit gesundheitsschonender, umweltfreundlicher und energieeffizienter Beleuchtung sowie eine entsprechende Bewusstseinsschaffung in Politik und Bevölkerung. Eine bessere öffentliche Bewusstseinsbildung wird durch kommunikative und rechtliche Handlungsansätze erreicht. Als wirksam erweist sich besonders die informelle und integrative öffentliche Aufklärung, die vor allem von Nichtregierungsorganisationen, Forschungs- und Naturschutzverbänden oder auch wissenschaftlichen Einrichtungen wie Sternenwarten geleistet wird. Zu den Instrumenten der Lichtplanung

148

gehören auch politische Entscheidungen und rechtliche Ansätze durch Gesetzgebung und Verordnungen. Sternenpark – ein angemessenes Handlungsinstrument in der Landschaftsplanung zum Schutz der natürlichen Nacht? Zur Erhaltung des natürlichen Nachthimmels wird die Ausweisung der wenigen dunklen Gebiete zu Sternenparks, zu definierten astronomischen Lichtschutzgebieten, untersucht. Die Unterschutzstellung erfolgt unter bestimmten Anforderungen durch internationale (nichtstaatliche) Organisationen wie die „International Dark Sky Association“ (IDA). So kann jedes öffentliche Gebiet mit einer gemessenen, ausreichenden dunklen Himmelsqualität zu einem Sternenpark zertifiziert werden. Die lokalen Sternenpark-Akteurinnen und -akteure müssen sich in besonderem Maße für den Nachtschutz engagieren sowie die Hobby- und Profiastronomie unterstützen. Um die Wirksamkeit eines Sternenparks für den Nachtschutz zu bewerten, wurden im Rahmen der Masterarbeit zwei von der IDA bereits anerkannte Sternenparks in Deutschland, das „Westhavelland International Dark Sky Reserve“ und das „Rhön International Dark Sky Reserve“, miteinander verglichen. Die Stärken lassen sich wie folgt zusammenfassen: Sternenparks • sorgen dafür, dass die Nacht als solche wieder stärker wahrgenommen wird. Sie heben die Erlebbarkeit der Nacht hervor und werten das Image der Nacht in ihrer Einzigartigkeit auf, • leisten sowohl einen Beitrag zur Etablierung umwelt schonender und energieeffizienter Beleuchtung als auch zur Minderung der Auswirkungen der Lichtver schmutzung, • fördern den Naturschutz, den Nachtschutz und die Gesundheitsvorsorge gleichermaßen, • leisten einen Beitrag zur besseren Identifikation der Bevölkerung mit ihrer Region, zur überregionalen Bekanntheit des Gebiets sowie zur Steigerung der regionalen touristischen Attraktivität, • haben einen Vorbildcharakter für andere (noch) dunkle Gebiete. Für das Ent- und Bestehen eines Sternenparks sind

von Beginn an ein strategisches Gesamtkonzept mit intensivem (bürgerschaftlichem) Engagement, ein interdisziplinäres Netzwerk aller Beteiligten sowie ausreichend finanzielle und personelle Kapazitäten unabdingbar. Ist eine Sternenparkausschreibung im Oberharz realisierbar? Um die Ausweisung eines Sternenparks als Beitrag zum Nachtschutz im Detail beurteilen zu können, erfolgte die Betrachtung eines Gebiets im Oberharz. Es gehört (noch) zu den wenigen „lichtunverschmutzten“ Gebieten in Deutschland. Eine Bestandsaufnahme und die Einschätzungen lokaler Akteurinnen und Akteure führten zu dem Ergebnis, dass das Gebiet im Nationalpark Harz aussichtsreiche Chancen auf eine Anerkennung als „Dark Sky Park“ besitzt. Einer Auszeichnung zuträglich sind insbesondere die ausreichende Himmelsdunkelheit, langjährig engagierte Sternenparkbefürwortende sowie ein starkes und im Aufbau befindliches astronomisches Akteursnetzwerk. Bei entsprechender Vermarktung kann ein Sternenpark identitätsstärkend für die Tourismusregion Harz wirken. Zu den Herausforderungen im Harz zählen Konflikte hinsichtlich potenzieller zukünftiger Beleuchtungssituationen durch unter anderem eine geplante nächtlich beleuchtete Wintersportanlage sowie die (noch) fehlende Zustimmung auf kommunaler und politischer Ebene. Für eine potenzielle Bewerbung und realistische Auszeichnung eines Sternenparks im Oberharz wurden Handlungsempfehlungen formuliert, die sich an den Erfahrungen aus den betrachteten Sternenparks im Westhavelland und in der Rhön sowie an den Kriterien der IDA orientieren. So sollte erfolgen: • eine Lichtinventur im Gebiet und die Aufstellung eines Kosten- und Finanzierungsplans für frühzeiti ge Konfliktlösungen • die Kommunikation und Interaktion der Sternen parkbefürwortenden und Engagierten mit sämtli chen lokalen Akteurinnen und Akteuren • die Ausarbeitung einer Marketingstrategie mit inten siver Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit über die Vorteile eines Sternenparks

• eine Bündelung der zur Verfügung stehenden as trotouristischen Ressourcen, der Ausbau des Ak teursnetzwerks einschließlich der örtlichen Touris musdienstleister und der Ausbau der astronomi schen Infrastruktur. Ein Sternenpark stellt ein modernes, realistisch umsetzbares Handlungsinstrument zum Schutz des natürlichen Nachthimmels dar. Die Bedeutung des Nachthimmels und die Umweltproblematik werden durch einen Sternenpark für die Bevölkerung greifbarer. Das Sternenparkkonzept verleiht der Thematik einen offizielleren Rahmen. Die Öffentlichkeitsarbeit stellt dabei eines der effektivsten Handlungsinstrumente dar, um die Interessen und Bedenken der Bürgerinnen und Bürger sowie die Herausforderungen und Ziele des Nachtschutzes zu bündeln und somit die Ausmaße der Lichtverschmutzung zu reduzieren.

a “dark sky place” in the harz as a contribution to the protection of the natural night sky  The purpose of the Master paper is to acknowledge that increasing light pollution is a worldwide environmental problem. It has injurious effects on human health, the aesthetics of the scenery, cultural history, wildlife and ecosystems, causes a waste of energy and is the main reason why the natural starry sky can no longer be seen at night. The cause of light pollution is the excessive use of artificial outdoor lighting. The paper offers several approaches towards minimizing the effects of light pollution: technical approaches, communicative approaches and instruments, as well as legal instruments. The main measure is to create “Dark Sky Places” for the protection of the night. The main objective is to enhance the experience of the natural night and to raise awareness through more energyefficient and more environmentally friendly lighting solutions. Organizations such as the International Dark Sky Association (IDA) are designating natural landscapes in order to value the dark sky and take efforts to protect the sky for present and future generations by applying exemplary lighting solutions. These “Dark Sky Places” are protected areas where the natural darkness is still present and the natural night sky can still be experienced.

The “Westhavelland International Dark Sky Reserve” and the “Rhön International Dark Sky Reserve” are two “Dark Sky Places” in Germany that already exist. The comparative analysis shows the basic characteristics necessary to implement and develop a “Dark Sky Place” in Germany, such as the self-interest of all actors and civic engagement. Gaining political support for appropriate lighting and raising the general public’s awareness of light pollution are particularly challenging. The analysis of the two existing “Dark Sky Places” points to the strengths and challenges of such places. The acquired knowledge is transferred to the Harz mountains in northern Germany. Despite some challenges, the “Dark Sky Place” instrument could be applicable to the Oberharz. Some lighting situations or problematic fiscal situations in several local communities are likely to pose the main problems. The paper therefore proposes recommendations for action. • Communicating and interacting with all players, es pecially those with contrary interests. • Expanding the network of players, e.g. of political players and local tourism service providers. • Expanding the region’s astronomical appeal. • Intensifying public relations and educational work. • Listing problematic lighting situations, establishing a budget plan and planning of a problem-solving strategy. In conclusion, a “Dark Sky Place” is a promising instrument for drawing attention towards light pollution and the value of the night sky. It has the potential to raise the awareness of the lack of a starry sky and thus contributes to better stargazing and a better experience of the natural night sky in general.

Die Milchstraße über dem Harz in natürlicher Dunkelheit Foto: Utz Schmidtko 2015

Forschungsverbund Verlust der Nacht (Hrsg.), 2013: Verlust der Nacht, Backnang 2013 IDA (International Dark Sky Association) 2015: 5 Species Threatened by Light Pollution. Aufgerufen am 27.01.2016, www.darksky.org/5-speciesthreatened-by-light-pollution

stefanie hirche Masterthesis BetreuerInnen: Dr. Stefan Rüter, Roswitha Kirsch-Stracke Naturschutz und Landschaftsökologie; Landschaftsplanung und Naturschutz

149

„mein

hannover

ein beispiel von good governance?  Kommunen

stehen heute aufgrund von aktuellen Herausforderungen und den gleichzeitigen finanziellen Grenzen unter starkem Druck. Als ein Lösungsansatz wird das Prinzip Good Governance gesehen: in Kooperation mit anderen AkteurInnen die Stadt gemeinsam weiterentwickeln. Damit eine Zusammenarbeit zwischen Politik, Verwaltung und Stadtgesellschaft stattfinden kann, sind bestimmte Voraussetzungen nötig, wie Handlungstransparenz und Kommunikation, aktive Einbeziehung der entsprechenden AkteurInnen sowie Förderung der gesellschaftlichen Eigeninitiative. Die meisten dieser Ansprüche richten sich an die kommunale Verwaltung, denn als ausführendes und planendes Organ stellt sie den Ausgangspunkt für Kooperationen dar. Good Governance fordert eine Verwaltung, die den BürgerInnen zugewandt ist, nachvollziehbar agiert, sich selbst zurück- und somit eine lenkende Rolle einnimmt. Dieses kollaborative Verwaltungsbild setzt nicht nur ein starkes Umdenken der Verwaltungsbeschäftigten, sondern auch einen Wandel der Verwaltungskultur voraus. Betrachtet man aktuell die Verwaltung von außen mit ihren Beziehungen zu den anderen beiden Akteurinnen, Politik und Stadtgesellschaft, ergibt sich das auf Seite 151 dargestellte Modell: Als Grundlage von Good Governance wird eine intensive Beteiligung von BürgerInnen gesehen. Auch in anderen Städten, wie München und Wien, wurden deshalb zahlreiche dialogisch konzipierte Stadtentwicklungskonzepte erstellt. Hannover folgt somit einem aktuellen Trend. Da das bereits bestehende Stadtentwicklungskonzept Hannover plusZehn nun ausläuft, wird für die Zeit bis 2030 ein integriertes, nachhaltiges Stadtentwicklungskonzept erarbeitet. Dieses soll sowohl ökologische, ökonomische, soziale und kulturelle Aspekte berücksichtigen als auch Ziele definieren, damit zukünftige Maßnahmen und Projekte strategiebasiert für die Stadt entwickelt werden können. In zwei Masterarbeiten wurde der Prozess anhand von verschiedenen Fragestellungen untersucht. Die eine Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, inwieweit „Mein

2030“

150

Hannover 2030“ als Beispiel von Good Governance gesehen werden kann und wie sich die Ausrichtung der Verwaltung in diesem Kontext darstellt. Die zweite Arbeit analysiert die Beteiligungsphase, speziell die Dialogphase des Prozesses, und betrachtet dabei die BürgerInnenbeteiligung näher. Für die Untersuchungen werden eigene Kriterien und Indikatoren entwickelt und angewendet. Stadtentwicklungskonzept „Mein Hannover 2030“ Der integrative Stadtdialog „Mein Hannover 2030“, den die Stadt Hannover seit Ende 2014 führt, ist das bisher umfassendste Beteiligungsverfahren der Stadt. Der Dialog soll dazu dienen, ein durch Politik, Verwaltung und Stadtgesellschaft erarbeitetes Stadtentwicklungskonzept zu entwickeln. Der Dialog ist in fünf Themenfelder aufgeteilt, die die Aspekte Wirtschaft, Arbeit, Wissenschaft und Umwelt, Wohnen, Versorgung und Mobilität, Bildung und Kultur, Inklusion, Integration und Teilhabe sowie Finanzen behandeln. Zusätzlich ziehen sich die Querschnittsthemen Demografischer Wandel, Gender und Diversity, Gesellschaftlicher Wandel, Innovation, Nachhaltigkeit und neue Kooperationsformen durch alle Themenfelder (LHH: 6). Der Prozess gliedert sich in die Beteiligungs-, Konzeptions- und Umsetzungsphase. Die Beteiligungsphase ist nochmals in drei Phasen geteilt: In der Vorbereitungsphase bis September 2014 wurden Grundlagen erarbeitet sowie ein Status-quo-Bericht erstellt. In der Auftaktphase von September 2014 bis Januar 2015 fanden vier Impulsveranstaltungen statt (LHH: 76). In der dritten Phase, der Beteiligungsphase von Januar bis Juli 2015, wurden bei Veranstaltungen und Online-Beteiligungsformaten zu den fünf Handlungsfeldern Ideen gesucht (ebd.). In dieser zentralen Phase konnten über die Stadtverwaltung hinaus auch Interessierte aus Institutionen, Vereinen, Verbänden, Unternehmen, Parteien und Privatpersonen Veranstaltungen nicht nur besuchen, sondern auch selbst konzipieren und durchführen (Hannover.de Internet GmbH 2014: www). Nach der Beteiligungsphase folgte die Konzeptionsphase bis Mitte des Jahres 2016, in der die Veranstaltungen ausgewertet und ein Konzeptentwurf

erstellt wurden. Dieser Entwurf wurde der Öffentlichkeit zur Diskussion über den Online-Dialog bereitgestellt. Im Sommer 2016 entscheidet abschließend der Rat über das überarbeitete Stadtentwicklungskonzept. Danach beginnt die Umsetzungsphase, in der Handlungsprogramme zur Erreichung der Ziele sowie Maßnahmen und Projekte entwickelt werden sollen (LHH: 76). Insgesamt fanden in der Beteiligungsphase 187 Veranstaltungen mit unterschiedlichem Öffentlichkeitsgrad statt, von denen 16 Prozent intern, 16 Prozent nur für die Fachöffentlichkeit, 14 Prozent nicht öffentlich und 54 Prozent öffentlich angelegt waren. Ergebnisse Der Prozess stellt sich als umfangreiches Beispiel von Good Governance dar, das insbesondere bei der Förderung der Eigeninitiative externer AkteurInnen sowie beim Beteiligungsgrad Mängel aufzeigt. Der Ansatz zu mehr BürgerInnenorientierung ist im Verwaltungshandeln zu erkennen. Auch neu geschaffene horizontale Strukturen innerhalb des Verwaltungsapparats sowie die Beteiligung der eigenen Mitarbeitenden zeigen die Potenziale der Stadtverwaltung, ihre Verwaltungskultur und ihr Selbstverständnis hin zu einem vernetzten, kooperativen Leitbild zu verändern. Die Analyse der BürgerInnenbeteiligung während des Prozesses ergab, dass vor allem Inhalte und Ergebnisse nicht zufriedenstellend kommuniziert wurden und sowohl die Ressourcenverfügbarkeit für externe Veranstaltende als auch die Öffentlichkeitsarbeit im Prozessverlauf als nicht ausreichend angesehen wurden. Positiv fiel auf, dass von Seiten der Stadtverwaltung eine Vielzahl unterschiedlicher Medien genutzt wurde, um durch die verschiedenen Formate viele AkteurInnen zu aktivieren. Empfohlen wird für zukünftige Prozesse dennoch die Nutzung räumlicher Konkretisierungen, die Verstärkung der Zusammenarbeit zwischen Verwaltung und Stadtgesellschaft durch eine Verbesserung der Kommunikation, die Wahrung der Neutralität durch eine externe Moderation, die Bereitstellung von Unterstützung (materiell, finanziell, personell) und die Verstetigung der BürgerInnenbeteiligung. Die Dialogphase der Erstellung des Stadtentwicklungskonzeptes

“mein hannover 2030” – an example of good governance?  From 2014 to 2016, Hanover worked on an urban development concept to provide goals and strategies for the town’s sustainable development from ecological, economic, social and cultural perspectives. Based on this strategy paper, actions and projects will be conceived for a period until 2030. The concept of “Mein Hannover 2030” is divided into three phases: participation, concept and implementation. In the context of two Master theses, the aspects of Good Governance and Public Participation have been analysed by defining and applying criteria to the concept. The analyses have revealed positive and negative elements and made suggestions for handling urban development concepts and Good Governance in the future. The process of “Mein Hannover 2030” can be seen as an example of Good Governance as well as a chance to achieve better citizen orientation, transparency and linked structures. Thus the process is valued as a courageous, open, challenging and at the same time important process which can serve as a foundation for the future.

politik Beschlüsse

Beratung, Hilfe bei der Politikformulierung

verwaltung

Wahl

Was der Stadtentwicklungsprozess bringt „Mein Hannover 2030“ bietet die Chance, mehr BürgerInnenorientierung, Transparenz und vernetzte Strukturen auszuprobieren. Dabei können sowohl Konfliktpunkte als auch Potenziale dieser Aspekte erfasst werden, um dann zu entscheiden, in welchem Umfang Good Governance im Hinblick auf Effizienz, Gemeinwohlorientierung oder Handlungssicherheit verfolgt werden soll. Zusammenfassend gesagt, bietet der Prozess eine potenzielle Grundlage für eine sich verstetigende und nachhaltige Beteiligung in der Stadt Hannover. Aufbauend auf der Aktivierung von Menschen stellt in Zukunft die Schaffung von Vertrauen durch einen kommunikativen und transparenten Umgang miteinander eine wichtige Herausforderung für eine fortschreitende Vernetzung und Zusammenarbeit dar.

politisch-administratives System

Wahlwerbung

kann als mutiger, offener, anspruchsvoller und wichtiger Prozess bewertet werden, der durch seine vielen Themen und Angebote überzeugt.

Ausführung politischer Beschlüsse, Leistungen

Anliegen, Informationen / Hinweise

stadtgesellschaft

Formulierung von Interessen, Wertvorstellungen, Problemen Weitergabe von Informationen, Forderungen, Druck, Unterstützung

Schnittstellen, Kooperationen

Vereinfachte Darstellung der Beziehungen zwischen den AkteurInnen Stadtgesellschaft, Verwaltung und Politik; eigene Darstellung

Hannover.de Internet GmbH (2014): Mein Hannover 2030. Aufgerufen am 22.12.2014, www.hannover.de/Leben-in-der-Region-Hannover/Politik/ Bürgerbeteiligung-Engagement/Mein-Hannover-2030 LHH (Landeshauptstadt Hannover) (2014): Stadtentwicklungskonzept 2030. Ausgangslage, Handlungsfelder, Dialog. Status-quo-Bericht – Sommer 2014. 79 S., Hannover.

anne finger (geb. olzog), lena greinke Masterthesis BetreuerInnen: Prof. Dr. Frank Othengrafen, Meike Levin-Keitel Landesplanung und Raumforschung, vor allem Regional Governance; Raumordnung und Regionalentwicklung

151

forschung

Promotion Forschung Lehre Workshop Internationale Konferenz

die soziale organisation des landnutzungswandels in wayanad, kerala, südindien > SEITE 154

das schweizerische netzwerk p,a,f.

hannovers „ver-rückte“ mitte

> SEITE 156

> SEITE 158

eine studie zur ökonomischen bedeutung von ökosystemleistungen

ökobilanzielle bewertung von biogasanlagen

> SEITE 160

> SEITE 161

rural-urban intersections

infrastructure’s second life

regiobranding

> SEITE 164

> SEITE 166

> SEITE 168

vietnam informell

roma 20 – 25

aulet x 29

> SEITE 170

> SEITE 172

> SEITE 173

studium – und dann?

biodiversität im urbanen raum – wie?

„crime prevention through urban design and planning“

> SEITE 175

> SEITE 176

> SEITE 174

lüneburger rathaus > SEITE 159

archipelago são paulo > SEITE 162

die soziale organisation des landnutzungswandels in wayanad, kerala, südindien

Für viele indigene Bevölkerungsgruppen im ländlichen Südindien ist Landwirtschaft die wichtigste Strategie, den Lebensunterhalt zu sichern, welche stark in die soziale Organisation eingebunden ist. Jedoch Veränderungen der Agrarlandschaft, verbunden mit Umstrukturierungen in Landnutzungs-Anbaupraktiken, führen zu sozial-ökologischem Wandel. Die kumulierte Dissertation leistet einen empirischen Beitrag zum Forschungsfeld gender and environment und beschäftigt sich mit unterschiedlichen theoretischen und methodischen Erkenntnissen aus den Disziplinen der ländlichen Entwicklung, Gender Studies und Humangeografie. Der Forschungsuntersuchung (2010 – 2014) liegen qualitative sowie inter- und transdisziplinäre Forschungsmethoden zugrunde. Sie trägt zu einem besseren Verständnis der sozialen Organisation von Landnutzungswandel bei. Das Hauptziel ist die Erforschung des sozial-ökologischen Wandels in Bezug auf sich verändernde Geschlechterbeziehungen auf der einen Seite und der sozialen Auswirkungen des sinkenden Reisanbaus auf indigene Bevölkerungsgruppen in der Region auf der anderen. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Agrarwandel in Wayanad von drei Faktoren geprägt ist: 1) der Umwandlung von Agrarland zu Bebauungs land; 2) sich verändernden Anbaupraktiken von „food“ zu „cash crops“ und 3) der sozialen Reorganisation. Weitere Forschungsergebnisse betonen den Zusammenhang von Agrarwandel und sich verändernden Geschlechterbeziehungen. Diese Ergebnisse tragen zu einem besseren Verständnis der geschlechterspezifischen Auswirkungen von Agrarwandel im Hinblick auf Agrarbiodiversitätsmanagement bei. Die feministische Analyse institutioneller Innovationen weist auf eine Verstärkung sozialer Hierarchien zwischen den Geschlechtern hin.

154

the social organisation of land use change in wayanad, kerala, south india  Understanding the social organisation of land use change in South India is a complex mission. In rural South India, agriculture is the most important livelihood strategy embedded in the social organization of most indigenous communities. This research presents one outcome of the work of the BioDIVA research group (2010 – 2014), which aims at generating transformative knowledge towards the sustainable and gender-equitable use of agrobiodiversity of paddy-field cultivation systems in Wayanad. One local meaning of Wayanad derives from “the land of paddy fields”, which indicates a strong cultural association with paddy-field systems in the region. Furthermore, rice is the main staple crop and forms an integral part of South Indian consumption habits, so it is the most important crop for Keralites. Economically, the district contributes significantly to the foreign exchange through cash crops such as pepper, cardamom, coffee, tea, ginger, turmeric, rubber and areca nut. However, Wayanad is undergoing major changes in land use associated with the conversion of food crops (such as paddy) to cash crops (banana, ginger). Nagabhatla and Kumar (2013) describe land-use change as the main driver of agrobiodiversity loss. In addition, the region faces another challenge: the declining biodiversity of rice landraces due to land-use conversion.1 As a result, rice cultivation is diminishing due to its non-profitability on the market as well as labour shortage. These changes in the rural agricultural landscape associated with crop and land-use conversion practices result in social-ecological change. Research aim and approach Using theoretical and methodological concepts from rural development, gender studies and human geography, the theoretical framework of this thesis is located within the broad research areas of gender and the environment. The empirical research is informed by using qualitative research methods and rests on inter- and transdisciplinary research approaches. Overall, I investigated the complex change-driven situation in Wayanad, Kerala, South India, by exploring

social and ecological transformation processes within indigenous communities, using a feminist perspective. I focus on the relationship between land-use change and shifting gender roles and identities. The main objectives of this research are to examine socio-ecological changes in gender relations amongst indigenous communities and to identify the social impacts of decreasing paddy cultivation. I have worked with a small indigenous community called the Kuruma. How does this research contribute towards a better understanding of the social organisation of land-use change? In order to tackle this question, this thesis addresses three main research questions: 1) How do the Adivasi explain changes in agriculture and why is paddy cultivation declining? 2) What are the gendered implications of agrarian change amongst Adivasi groups? 3) How do inter-and transdisciplinary methods reflect a better understanding of social-ecological transfor mation processes? The methodological research framework is based on qualitative research methods commonly used in social sciences.2 57 data sources were mainly gathered through semi-structured and open-ended interviews from February until July 2011 and from January until March 2012. Mixing methods (triangulation) is a useful way to compare results from one qualitative method such as interviews with observation, focus group discussions and participatory methods.3 Research results How do the Adivasi explain changes in agriculture and what are the reasons for declining paddy cultivation? Three trends describe changes in land use: 1) Conversion of agricultural fields into land for housing; 2) Changing cropping patterns and 3) finally, the social reorganisation. The first driver of land-use change is land conversion as the result of on-going deforestation due to the growing demand for agricultural land for housing purposes. The second driver refers to changing cropping patterns that are closely related to declining paddy cultivation, which is no longer profitable due to changes in de-

mand for labour such as rising costs and labour shortage. Furthermore, the conversion of land and changing cropping patterns are interrelated as less land is available today. Another dominant trend in the area is the fact that cash crops (plantain, ginger, areca nut) are often preferred over food crops such as rice. Overall, agrarian change is the result of socio-economic and ecological changes linked to deagrarianization. An interesting research outcome is the contradictory values of agrobiodiversity use. For example, environmental changes e.g. irregular rainfall and rising temperatures as well as economically driven agricultural intensification negatively affect the cultivation of traditional rice varieties. However, the research also indicates the strong cultural meaning of traditional rice as it is mainly used for weddings, religious ceremonies and festivals. As such, the use of agrobiodiversity relates to the idea of consuming culture through sustaining traditional consumption and food habits. The shift in the social organisation from the joint to the nuclear family structure amongst indigenous communities is the third main driver of agrarian change and results in a reorganisation of property rights from collective to individual ownership of land. This change impacts societal relations with nature in terms of how land is used, for example for cultivation or for housing. Factors that further contribute to a social reorganisation of the indigenous communities such as the Kuruma are increased education levels, changes in labour and mobility. What are the gendered implications of agrarian change amongst the Kuruma? Taking a closer look at gendered subjectivities in the study area has put pressure on the socially constructed image of women being closer to nature or the protectors of agrobiodiversity, which seems to play an insignificant role in the everyday life of Kuruma women. Instead, it is men who reinforce the dichotomy between traditional / modern agriculture by constructing a self-identity of Kuruma people being “traditional agriculturalists” who cultivate sustainably in environmental and economic terms. Agriculture is categorized as a masculine domain which not only constitutes social relations of power and

authority between female and male Kuruma farmers but also denies women the right to claim agricultural knowledge. Kuruma women’s subjectivities are now being strongly reshaped by the social reorganisation on a community level, key determinants of which include access to education, mobility and increased employment opportunities. Contradictory values also seem to be circulating concerning agrobiodiversity, particularly with regard to the cultivation of traditional versus modern rice varieties. Some informants in the study area consider old rice varieties not to be progressive, whereas others argue for its continued cultivation, due to its resistance to pests, diseases and water scarcity. Both female and male Kuruma farmers stress the need to sustain old-variety rice cultivation in order to maintain food security and to minimize economic expenses. According to most female farmers, the availability of water for irrigation appears to be a crucial concern for sustaining agriculture in the future. Meanwhile, male farmers seem to be more concerned with the shift in values away from subsistence towards profit-oriented farming. In conclusion, instead of simplifying gender–nature relations in terms of “pro nature – pro women – pro poor”, it is the complex dualisms of traditional / modern agriculture, formal / informal agricultural knowledge, progressive  /  anti-progressive methods as well as social / anti-social practices that are shaping the Kuruma’s relationship with their environment today. One research paper of the cumulative thesis critically engages with two institutional innovations that aim to promote rural development and the use of agrobiodiversity. The feminist analysis of these two programmes emphasises the gender gap in agricultural research and reveals the ways in which female and male Kuruma farmers adapt to agrarian change and social transformation processes. Moreover, the analysis entails a gender bias as both programmes reinforce the essentialising notion of women´s limited capabilities, roles and responsibilities. Furthermore, they reinforce social hierarchies amongst genders while building upon the social construction of men being perceived as breadwinners and women as co-earners. This underlines womenʼs dependent social status, and, therefore,

rather reinforces gender inequalities. The challenge is how to enhance strategic gender needs through interand transdisciplinary research approaches as practical gender needs fail to confront women´s social status. Doing inter- and transdisciplinary research appeared to be a useful research approach to contextualise the hierarchization of knowledge production. Crucial in this regard is the distinction between participants’ and researchers’ perspectives on the life-world issues such as the relationship between agrarian and social changes and its impacts on land-use change, which are all gendered. In conclusion, this thesis highlights the fact that agrarian change and social reorganisation condition each other and directly influence land-use change in Wayanad. Agrarian-social transformation processes are gendered in the sense that these transformations result in the reproduction of traditional and gender roles.

1 Kumar, A., G. Gopi, and P. Parameswaran. 2010. Genetic erosion and degradation of ecosystem services in wetland rice fields: a case study from Western Ghats, India. In Agriculture, biodiversity and markets: livelihoods and agroecology in comparative perspective, ed. S. Lockie S. Carpenter, 137–153. London: Earthscan. 2 Bryman, Alan. 2008. Social research methods, 3rd edn. Oxford: Oxford University Press. 3 Ibid; Nightingale, Andrea. 2003. A feminist in the forest: situated knowledges and mixing methods in natural resource management. ACME: An International E-Journal for Critical Geographies 2 (1): 77 – 90

isabell kunze Promotion Betreuerinnen: Prof. Dr. Tanja Mölders, Prof. Dr. Martina Padmanabhan gender_archland; Institut für Umweltplanung

155

das schweizerische netzwerk „p,a,f.“

planung, architektur, frauen. Seit An-

fang der 1990er Jahre entstanden im gesamten deutschsprachigen Raum vielfältige Netzwerke von Frauen aus planerischen Disziplinen. Einige sind bis heute sichtbar, andere kaum noch aktiv oder bereits wieder aufgelöst. Dies ist oft ein schmerzhafter Prozess für langjährig Engagierte, vor allem aber auch ein Verlust von generiertem Wissen. Um Erfolgsfaktoren wie kritische Punkte von Frauennetzwerken in Planungsdisziplinen zu identifizieren und daraus Impulse für eine gelingende Netzwerkarbeit abzuleiten, zeichnet eine derzeit am Forum für GenderKompetenz in Architektur Landschaft Planung (gender_archland) durchgeführte zeithistorische Studie exemplarisch die Geschichte des schweizerischen Netzwerks „Planung, Architektur, Frauen“ (P,A,F.) nach, das sich 1994 gründete und 2012 auflöste. Quellenbasis sind die schriftliche Überlieferung des Vereins, die er an das Schweizerische Sozialarchiv in Zürich abgegeben hat, sowie von der Bearbeiterin geführte Interviews mit ehemaligen P,A,F.-Mitgliedern. Der folgende Beitrag referiert als Überblick über den jetzigen Bearbeitungsstand markante Eckpunkte der P,A,F.-Geschichte. Diese werden im weiteren Projektverlauf eingehend analysiert, um Hypothesen zu kreativen Ansätzen und Stolperfallen von Frauennetzwerksarbeit abzuleiten. Die Forschungsergebnisse werden 2017 in der Reihe „weiter denken“ des gender_archland veröffentlicht. Die Gründung der P,A,F. traf den Nerv der Zeit. Die auch in der Schweiz in den 1970er Jahren entstandene Neue Frauenbewegung hatte sich vielfältig ausdifferenziert; unter anderem hatten sich zwischen 1990 und 1992 in verschiedenen Städten wie Zürich, Bern oder Basel auch Frauen zusammengeschlossen, die sich in ihrem lokalen Umfeld mit ihren besonderen Belangen in öffentlichen Räumen auseinandersetzten. Angeregt durch die 1991 von der zürcherische „Frauenlobby Städtebau“ veröffentlichten Studie „Frau – Stadt – Angst – Raum“ entwickelten mehrere Planerinnen die Idee, nach dem Vorbild der deutschen „Feministischen Organisation von Planerinnen und Architektinnen“

156

(FOPA) einen Schweizer „Dachverband für feministische Planungs- und Architektur-FRAUEN“ aufzubauen, um die „Gleichberechtigung von Frauen in allen Bereichen und auf allen Ebenen in der Architektur und Planung“ durch Vernetzung und inhaltliche Arbeit sowie „den Informationsaustausch unter Gleichgesinnten“ zu fördern. Nach einer mehrmonatigen Vorbereitungszeit, in der – zum Teil mit Begleitung einer externen Organisationsberaterin – Ziele und Arbeitsschritte definiert wurden, fanden sich im November 1994 40 Frauen aus der gesamten Deutschschweiz zur Gründungsversammlung des Vereins „P.A.F. – Planung und Architektur von und für Frauen“ zusammen. Bereits im ersten Jahr wuchs dieser auf 120 Mitglieder an: Raum- und Stadtplanerinnen, Architektinnen, Geografinnen, Kommunalpolitikerinnen; Angestellte wie Freiberuflerinnen; berufserfahrene Frauen wie Berufsanfängerinnen. Die Stimmung war euphorisch: Es „scheint herauszutönen, dass die Bereitschaft groß ist; dass mehrheitlich Fachfrauen erwünscht sind (…); dass gewünscht wird, lustvoll und zielgerichtet zu arbeiten, und dass die Bereitschaft recht gross ist, ziemlich viel Zeit für Arbeiten aufzuwenden“, resümiert ein Protokoll aus der Anfangszeit des Vereins. Es vermerkt aber auch: „Koordination ist im Moment wichtiger als Inhalt.“ Der Verein verstand sich ausdrücklich als gesamtschweizerisches Dach, unter dem sich bald verschiedene Regionalgruppen konstituierten. Diese sollten unter anderem die Identifikation der Vereinsbasis vor Ort stärken, lokale Veranstaltungen organisieren und damit den gesamten Verband erden und nach außen profilieren. Rasch wurde eine Geschäfts- bzw. Koordinationsstelle eingerichtet, deren hauptamtliche Mitarbeiterin dem ehrenamtlich tätigen Vorstand zuarbeitete. Regelmäßig erschien ein Bulletin, das sich an Mitglieder und Interessierte richtete und neben einem thematischen Schwerpunkt jeweils Mitglieder und ihre Projekte vorstellte sowie aus der Arbeit des Netzwerkes berichtete. Die Außenwirkung des Vereins wurde verbessert durch die Einrichtung einer Webseite, den griffigeren Vereinsnamen „P,A,F. – Planung, Architektur, Frauen“ und die Entwicklung eines markanten Corporate Designs.

In der Geschichte des Netzwerks zeichnen sich vier Phasen ab: Der von Tatkraft und Enthusiasmus geprägten Gründungsphase folgte um 1998 eine Zeit der Stagnation. Erste Erfolge waren erreicht. So wurde die P,A,F. eine der Mitträgerinnen des 1996 aufgesetzten nationalen Projekts „FRAU AM BAU“, das unter der Hauptverantwortung der Gewerkschaft Bau & Industrie Impulse für Chancengleichheit und Personalentwicklung in der Bauplanungsbranche entwickelte. Ebenso hatten Mitglieder einen „Gasteinsitz“ in der „Begleitgruppe Masterplan Bahnhof Bern“ erhalten und anderenorts in projektbegleitenden Gremien für städtebauliche Projekte mitgewirkt. Eigenen Projektvorschlägen für städtebauliche Projekte war jedoch ebensowenig Erfolg beschieden wie einem Antrag auf eine institutionelle Förderung an das eidgenössische Büro für Gleichstellung. Auch war es nicht gelungen, das Netzwerk in die französische und die italienische Schweiz zu spannen. Den zeitlich begrenzten Ressourcen von Vorstand und Geschäftsstelle stand eine Bandbreite unterschiedlicher Erwartungen der Mitglieder gegenüber. 2002 bilanzierten die Vorstandsfrauen auf der Vollversammlung, die P,A,F. sei „als Netzwerk zu verstehen (…), das Züge einer Selbsthilfeorganisation trägt. Der Verein und insbesondere der Vorstand funktioniert so, dass in erster Linie gemacht wird, was aufgrund einer ständigen Lagebeurteilung als wichtig erachtet wird.“ Die P,A,F. könne nicht die Erwartungen erfüllen, ein Berufsverband zu sein. Die Mitglieder hingegen erwarteten nach wie vor eine aktive Einmischung und das Einbringen der „Frauensicht“ in die verschiedenen Branchen. Doch die Arbeit ging nicht voran, sodass 2004 erstmals die Auflösung der P,A,F. zur Disposition stand. Dies mobilisierte drei Frauen, unter ihnen zwei der ersten Stunde, eine neue Vereinsstruktur zu entwickeln: das Regio-Modell. Einer inneren Koordinationsgruppe (iKo), dem Vorstand, wurde eine erweiterte Koordinationsgruppe (eKo) an die Seite gestellt. Hier waren alle Regionalgruppen durch je eine Sprecherin vertreten. Jede Regionalgruppe war angehalten, über ihre autonomen lokalen Treffen hinaus jährlich mindestens einen nach eigenem Ermessen gestalteten „Anlass“ für ein gemeinsames P,A,F.-Programm zu organisieren.

Der erhoffte frische Wind kam auf. Die iKo definierte für jedes neue Vereinsjahr ein Jahresmotto und brach dieses auf konkrete Jahresziele herunter. Ein neues Kommunikationskonzept sollte die interne und externe Kommunikation verbessern. Mitte 2006 wurde das Projekt LARES bewilligt, das die P,A,F. neben dem Gleichstellungsbüro sowie dem Stadtplanungsamt Bern und der „Schweizerischen Vereinigung der Ingenieurinnen“ (SVIN) mittrug. Um gender- und alltagsgerechtes Bauen und Planen zu fördern, vermittelte LARES Expertinnen für alle Phasen des Planungs- und Realisierungsprozesses. Bereits seit 2004 realisierte die P,A,F. in Kooperation mit den „Fachfrauen Umwelt“ (FFU) und der SVIN ein regelmäßiges Weiterbildungsprogramm, in dem Frauen ihre Softskills verbessern konnten. Der Verein wuchs bis 2006 auf rund 170 Mitglieder an. Trotz Engagement und Erfolgen setzte 2010 eine letzte Vereinsphase ein, die von Aufbäumen und Agonie zugleich gekennzeichnet war. Die Zahl der Vereinsaustritte überstieg mittlerweile die der Neueintritte; der Verein zählte jetzt mit 123 Mitgliedern etwa so viele wie im Gründungsjahr. Ein verjüngter Vorstand übernahm die Vorstandsverantwortung. Er räumte fachlichen Fragen Vorrang vor emanzipatorischen Belangen ein und legte einen besonderen Akzent auf attraktive Veranstaltungen, beispielsweise experimentelle Stadterkundungen mit wahrnehmungsbeeinflussenden Elementen wie farbigen Brillen oder Sound. Ein extern in Auftrag gegebenes Kommunikationskonzept machte sehr konkrete Vorschläge für eine Belebung des Vereins, deren konsequente Umsetzung jedoch mehr Ressourcen als vorhanden erfordert hätte. Angesichts des Mitgliederschwunds und der daraus mittelfristig folgenden Unterfinanzierung informierte der Vorstand schließlich im Herbst 2011 die Mitglieder: „Wir wollen die Situation nicht schönreden: P,A,F. ist an einem Punkt angelangt, an dem wir keine Zukunftsperspektive mehr sehen. Der Vorstand hat lange diskutiert und nach Lösungen gerungen, aber diese sind nicht in Sicht.“ Sicher, „es gab viel Positives. Ausflüge, Reisen, Vorträge, Werkstattgespräche, Apéros … Und immer einige treue und spannende Frauen, mit denen wir tolle Stunden verbrachten. (…). Doch wenn wir

ehrlich sind, müssen wir erkennen, dass der Verein P,A,F. (…) kaum eine Überlebenschance hat. (…) Dies zu erkennen, tut uns sehr weh und die Konsequenzen daraus zu ziehen fällt uns keineswegs leicht.“ Ende 2012 wurde die P,A,F. unter dem Motto „PIF P,A,F. PUF – und jetzt ist Schluss“ mit einem letzten gemeinsamen Fest aufgelöst. Im weiteren Forschungsverlauf werden die Stärken der P,A,F. sowie die Ursachen für das letztendliche Scheitern untersucht. Unter anderem werden die Akteurinnen, die Strukturen und die Ressourcen des Vereins eingehend in den Blick genommen. Primäres Interesse ist dabei nicht das Nacherzählen der Fakten im Sinne einer klassischen Chronik, sondern die Analyse von vereinsinternen Gemengelagen und Aushandlungsprozessen sowie divergierenden Erwartungen, die bis zum Schluss nicht ausbalanciert werden konnten. Ebenso werden externe Faktoren in den Blick genommen. So scheiterte beispielsweise die 2004 / 05 verfolgte Idee eines Mentorinnenprogramms, weil die als Multiplikatorinnen angesprochenen Gleichstellungsbeauftragten verschiedener Fachhochschulen keinen Bedarf bei den Studentinnen sahen und eine Kooperation ablehnten. Die Ergebnisse der Studie werden abgerundet durch einen Ausblick auf das Erbe der P,A,F. (ihre Anliegen verfolgen der 2013 aus dem Projekt LARES hervorgegangene Verein gleichen Namens und das 2014 konstituierte Netzwerk „frau + sia“, das unter dem Dach des „Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins“ (SIA) angesiedelt ist, weiter) und durch einen Überblick über die Netzwerkaktivitäten von Planerinnen im gesamten deutschsprachigen Raum.

the swiss network “p,a,f. – planung, architektur, frauen.” (planning, architecture, women.) A research project in contemporary history at gender_archland examines the history of the Swiss association “P,A,F.” (Planning, Architecture, Women), which existed from 1994 to 2012. In this period, the network passed through several stages, as described in this article: the euphoria of the beginning, stagnancy, stimulation through new structures, liquidation. The research work will take a close look at the associa-

tion’s actors, structures, and resources as well as at the internal communication and negotiation processes and external influences. It aims to gain impulses for successful women’s networking in planning disciplines. The study will be rounded off by a glimpse at the legacy of P,A,F. and at networks of women planners in German-speaking areas. The study will be published in 2017 in the gender_archland’s series “weiter denken”.

christiane schröder (bearbeiterin) prof. dr. barbara zibell, maya karácsony, iaug sia (projektleitung) Forschung Zwischenbericht über eine exemplarische Studie zu kreativen Ansätzen und Stolpersteinen von Frauennetzwerken in Planungsdisziplinen gender_archland

157

hannovers „ver-rückte“ mitte

prinzipielles und konkretes zu stadtbau-kultur  Im Rah-

men diverser Projekte zur Stadtgeschichte Hannovers – sowohl auf der Ebene der Lehrtätigkeit als auch innerhalb eines Arbeitskreises der „Initiative Baukultur in Niedersachsen“ – konnten bisher vernachlässigte Aspekte zusammengetragen und wesentliche Erkenntnisse nicht nur zur Entstehungsgeschichte, sondern auch zur Nachkriegssituation der Stadtmitte Hannovers gewonnen werden. In der zu dieser Thematik im März 2016 erschienenen Publikation wird die nach wie vor allzu oft gerühmte Vorbildfunktion des Neuaufbaus der niedersächsischen Landeshauptstadt unter dem Stadtbaurat Rudolf Hillebrecht kritisch hinterfragt und dabei die Fortsetzung futuristisch-nationalsozialistischer Planungsmentalitäten unter den gemeinhin als „modern“ interpretierten Begriffen „autogerechte“ oder „aufgelockerte“ Stadt bis in die 1960er Jahre aufgedeckt. Die Analyse der topografischen Situation und der wenig erforschten Entstehung Hannovers liefert konkrete Anhaltspunkte zur Beurteilung der Kriegs- und Nachkriegsveränderungen. Vor allem letztere erweisen sich als zerstörerisch gegenüber dem Leine-zentrierten „Ur-Charakter“ des Siedlungsraums Hannover. Am konkreten Gebäudebeispiel aus den 1960er Jahren, nämlich an dem innerhalb jenes ursprünglich Leine-zentrierten Stadtzentrums liegenden Plenarsaal am Leineschloss (heute Sitz des Niedersächsischen Landtags), an der aktuell realisierten Umbauplanung und der jüngst dazu geführten Debatte wird der heute allzu unkritische Umgang mit Architektur und Stadtplanung der Nachkriegszeit beleuchtet. Als Ergebnis dieser breit angelegten Analyse werden wichtige prinzipielle wie konkrete Vorschläge zur stadtcharakterlichen Rehabilitierung Hannovers als neue Impulse zur Diskussion um Kriegs- / Nachkriegsmoderne und „StadtBauKultur“ – nicht nur in Niedersachsen – dargelegt.

center of hanover disturbed – ideas on, and specific aspects of, town planning  In various projects investigating Hannover’s urban development history, many hitherto neglected aspects of the settlement’s genesis as well as critical new insights into the post-war-period’s features have made this report necessary (published in 2016). Especially the role-model function of Hannover’s transformation into a modern and car-friendly town has been analyzed in connection with the resumption of futuristic and national-socialistic design ideas. New insights into the city’s topography that take the town’s original and main characteristics into account lead to a negative evaluation of the 1950’s and 1960’s urban planning process, which was primarily destructive. The transformation process of the “Leineschloss” with its plenary hall (built 1957 – 63) as a representative example of Hannover’s architectural and urban history illustrates imprudent interactions between town planning and architectural demands till the present day. The authors develop specific proposals for the rehabilitation of Hannover’s historical center s well as producing important impulses relating to post-war modernism and architecture.

prof. dr. joachim ganzert, gregor janböcke Forschung Institut für Geschichte und Theorie der Architektur, Bau- und Stadtbaugeschichte

158

lüneburger rathaus

Das Lüneburger Rathaus, neben den mittelalterlichen Kirchen das wichtigste Wahrzeichen der Hanse-Stadt und einer der größten mittelalterlichen Rathauskomplexe der Welt, weist eine über 750-jährige Entwicklungs- und weit darüber hinausgehende Bedeutungsgeschichte auf. In einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft zusammen mit der Hermann Reemtsma Stiftung zunächst drei Jahre und von der Deutschen Forschungsgemeinschaft dann noch weitere zwei Jahre, also insgesamt fünf Jahre lang geförderten und von der Hansestadt Lüneburg in jeder Hinsicht unterstützten Forschungsprojekt haben Bauarchäologen, Kunstwissenschaftler und Historiker unter der Leitung von Prof. Dr. Joachim Ganzert, Abteilung Bau- und Stadtbaugeschichte der Leibniz Universität Hannover, in zwei Untersuchungsschritten diesen herausragenden Gebäudekomplex untersucht, und zwar von Bauphasenabfolgen, Konstruktionsdetails und Ziegelstempeln über Ausgestaltungen, Bildwerke und Raumgruppen – mit all ihrer Bedeutungsfülle – bis hin zu Fragen der Heilsgeschichte und Herrschaftslegitimation. Die Ergebnisse des ersten, 2008 bis 2011 zusammen mit Prof. Dr. Hermann Hipp, Kunstgeschichtliches Seminar der Universität Hamburg, durchgeführten Untersuchungsabschnitts wurden 2014 in zwei ersten Bänden veröffentlicht, die Ergebnisse des zweiten Abschnitts 2012 bis 2014 wurden nun 2015 in einem dritten und letzten Band vorgelegt. In den ersten beiden Bänden wurden die Rathausentwicklung und -ausstattung vorrangig in entsprechenden Einzeluntersuchungen und -darstellungen betrachtet: Von der Frühzeit bis etwa ins 18. Jahrhundert bzw. von den archivalischen Anfängen über die Gerichtsorte, wie zum Beispiel das unvergleichliche Niedergericht und seine herrschaftsrelevanten Bezüge, die bauliche Entwicklung des Rathauskomplexes sowie die eindrucksvollen Fassadenbauten an Marktplatz und Ochsenmarkt bis zu den Raumausstattungen und deren Ikonografie. Im nunmehr vorliegenden dritten Band stehen eher übergreifende und zusammenfassende Arbeiten

im Vordergrund: In sechs Beiträgen werden mit Blick auf das Lüneburger Rathaus bzw. von ihm ausgehend wichtige Aspekte zu Topografie und Siedlungsgeschichte der Stadt Lüneburg, zur Heilig-Geist-Kapelle, zum städtischen Bauwesen, zu Raumgruppenbildungen, zu den Bildern und deren Rezeption sowie zur Erneuerung des Rathauses im 19. und 20. Jahrhundert beleuchtet. Ein abschließender Beitrag versucht, die im Forschungsprojekt erzielten Ergebnisse knapp, aber möglichst anschaulich in schematischen, dreidimensionalen Überblicksperspektiven und entsprechenden Referenzfotografien zu resümieren und die für ein Rathaus konstitutive Legitimationsgeschichte in ihren wichtigsten Aggregatzuständen herauszuarbeiten. Mit den in den drei Bänden vorgelegten Untersuchungsergebnissen dürften unentbehrliche Grundlagen für eine jegliche Auseinandersetzung mit dem Rathaus bereitgestellt worden sein: sei es für die architektur- und kunsthistorische Forschung, sei es für denkmalpflegerisches Bewerten oder als Entscheidungshilfe bei Fragen hinsichtlich der weiteren Behandlung des Bauwerks, also auch für laufende oder kommende (Um-)Bau- und Sanierungsmaßnahmen am Gebäude, oder sei es – und dies nicht zuletzt – für die angemessene bzw. vielleicht sogar aufklärende Einordnung des Lüneburger Rathauses und seines „Unterbaus“ in einen nicht zu kleinen architektur- und kulturgeschichtlichen Kontext: Ergebnisse, die aber vor allem auch nur bei einem solch herausragenden Befundkomplex wie dem Lüneburger Rathaus vermutet werden durften!

lüneburg town hall  Led by Prof. Joachim Ganzert during two investigational stages, an interdisciplinary team of building historians, art historians and historians has brought to light a huge range of evidence relating to the history of the “Lüneburg Rathaus”, which covers more than 750 years. The findings range from the analysis of building phases, construction details and brick stamps, through ornaments, sculptures and groups of sculptures with their multiplicity of meanings right down to aspects of salvation history and the legitimisation of power. While the first two volumes examine topics from the early

periods of the town hall as a place of jurisdiction to 18th century façade changes, the third volume provides comprehensive contributions and summaries dealing with topography, the history of the neighbouring settlement and the town hall renovation of the 19th and 20th centuries. In three volumes the research results constitute an indispensable foundation for any discussion, restoration work or changes to the building’s fabric, regarding not only the “Lüneburg Rathaus” in particular but town halls in general.

prof. dr. joachim ganzert (antragsteller, projektleiter, herausgeber), prof. dr. hermann hipp (universität hamburg; mitantragsteller) wissenschaftliche mitarbeiter: b. adam, flechtner, k. obert, c. s. prinzhorn, e. ring, b. rogacki-thiemann, h. rümelin, g. jaacks, b. uppenkamp Forschung Untersuchungsergebnisse 2008 – 2011 und 2012 – 2014 in drei Bänden Institut für Geschichte und Theorie der Architektur, Bau- und Stadtbaugeschichte

159

eine studie zur ökonomischen bedeutung von ökosystemleistungen

Naturkapital Deutschland – TEEB DE ist die deutsche Nachfolgestudie der internationalen TEEB-Studie (TEEB steht für: The Economics of Ecosystems and Biodiversity – die Ökonomie der Ökosysteme und der biologischen Vielfalt), die den Zusammenhang zwischen den Leistungen der Natur, der Wertschöpfung, der Wirtschaft und dem menschlichen Wohlergehen zum Thema hat. Hauptaufgabe ist die Erarbeitung von vier thematischen Berichten, die ökonomische Argumente für die Erhaltung des „Naturkapitals“ liefern und damit ethische und ökologische Begründungen sinnvoll ergänzen. Die inhaltlichen Schwerpunkte liegen auf folgenden Fragen (siehe naturkapital-teeb.de): • Welche Bedeutung haben Ökosysteme in Deutsch land für den Umgang mit dem Klimawandel? • Wie können die Ökosystemleistungen ländlicher Räume und geschützter Gebiete langfristig gesichert werden? • Wie tragen Stadtgrün und stadtnahe Ökosysteme zur Lebensqualität in Städten bei? Wie kann dieser Wert besser in Planungsentscheidungen einbezogen werden? • Welche Möglichkeiten und Instrumente bestehen, den Wert von Ökosystemleistungen in Entscheidun gen über Land- und Ressourcennutzung besser ein zubeziehen? Naturkapital Deutschland – TEEB DE will durch eine ökonomische Perspektive die Potenziale und Leistungen der Natur konkreter erfassbar und sichtbarer machen. Mit der ökonomischen Abschätzung des Naturkapitals sollen die Leistungen der Natur besser in private und öffentliche Entscheidungsprozesse einbezogen werden können, damit langfristig die natürlichen Lebensgrundlagen und die biologische Vielfalt erhalten werden. Naturkapital Deutschland wird von dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit und dem Bundesamt für Naturschutz finanziert. Die Studienleitung liegt am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung.

160

Der zweite thematische Bericht wurde nun von Prof. Dr. von Haaren und Juniorprofessor Dr. Albert vom Institut für Umweltplanung herausgegeben und befasst sich mit dem Anliegen, wie die Ökosystemleistungen ländlicher Räume und geschützter Gebiete langfristig gesichert werden können. Es wird dabei vielfältigen Fragen nachgegangen, zum Beispiel welchen Beitrag die Natur für die nachhaltige Entwicklung ländlicher Räume leistet, wie die Multifunktionalität dieser Räume erhalten und gefördert werden kann und ob die Agrarpolitik dazu den Hebel an der richtigen Stelle ansetzt. Zentrale Empfehlungen des Berichts sind, flächendeckend wirkende Triebkräfte der Naturzerstörung abzumildern, gefährdete Bereiche besonders zu schützen und den Einsatz öffentlicher Mittel stärker an die Bereitstellung eines gesellschaftlich ausgewogenen Bündels von Ökosystemleistungen zu knüpfen. An der Erstellung dieses TEEB-DE-Berichts waren mehr als 130 Personen aus Wissenschaft, Politik, Verwaltung und Gesellschaft als Autorinnen und Autoren sowie als Gutachterinnen und Gutachter beteiligt. Der Bericht wurde im Januar 2016 von Prof. von Haaren beim Zukunftsforum Ländliche Entwicklung auf der Grünen Woche in Berlin vorgestellt.

economic significance of ecosystem services  Naturkapital Deutschland – TEEB-DE is the German follow-up study of the international TEEB Study – The Economics of Ecosystems and Biodiversity. The objective of TEEB is to explore the interaction between ecosystem services, the creation of economic value and human well-being. An economic perspective was introduced in order to reveal and make more explicit the potential and services that nature provides. Naturkapital Deutschland is funded by the German Federal Ministry for the Environment, Nature Conservation, Building and Nuclear Safety and is coordinated by the Helmholtz-Centre for Environmental Research. Naturkapital Deutschland's second report addresses ecosystem services in rural areas. More than 130 individuals, including academics, politicians and practitioners, contributed to the report, which was edited by Prof. Dr. von Haaren and Prof. Dr. Albert and launched at the Green Week in Berlin in January 2016.

prof. dr. christina von haaren, prof. dr. christian albert, ingrid albert, sebastian krätzig Forschung Institut für Umweltplanung

ökobilanzielle bewertung von biogasanlagen in niedersachsen

Vor dem Hintergrund zunehmender Nutzungskonflikte muss sich die zukünftige Entwicklung der energetischen Nutzung von Biomasse an ökologischen Grenzen und vor allem auch am Zustand der Schutzgüter orientieren. Wie bei anderen (vor allem industriellen) Produkten werden die ökologischen Auswirkungen der Bioenergie zunehmend mit Hilfe der Ökobilanzierung als Instrument zur umfassenden Umweltwirkungsabschätzung ermittelt und kommuniziert. Insbesondere im Hinblick auf die Bewertung potenzieller Auswirkungen auf das Schutzgut Biodiversität weist die räumlich unspezifische Ökobilanz jedoch Wissens- und Methodendefizite auf (Urban et al. 2011). Denn gerade diese Wirkungskategorie kann nicht – wie es der Produktsicht von Ökobilanzen entspricht – raumunspezifisch betrachtet werden. In Anbetracht der umfassenden Nutzung von Biomasse zur Gewinnung erneuerbarer Energie war es das übergeordnete Ziel des Vorhabens, einen Ansatz zur Integration von Auswirkungen des Energiepflanzenanbaus auf die Biodiversität und das Landschaftsbild in die Ökobilanz am Beispiel der Biogaserzeugung zu entwickeln. Hierzu wurden Kriterien und Indikatoren für die Bewertung von Nutzungseinflüssen und Wirkungen des Energiepflanzenanbaus auf beide Schutzgüter zusammengestellt und eine im Rahmen der Ökobilanz anwendbare Bewertungsmethode entwickelt. Aufbauend auf einer biotopwertbasierten Methode (vgl. v. Haaren et al. forthcoming, Bredemeier et al. 2015) wurde ein teilautomatisiertes Tool zur schlagund betriebsbezogenen Biodiversitätsbewertung (Kriterium Artenvielfalt) in das am IUP entwickelte Betriebsmanagementsystem MANUELA implementiert. Hierüber können auf der Grundlage einfach erhebbarer Indikatoren Biodiversitätsbewertungen durchgeführt werden, die zum einen direkt als Grundlage für die Optimierung des Betriebsmanagements zur Förderung der Biodiversität genutzt werden können. Zum

anderen kann die so durchgeführte standortabhängige Biodiversitätsbewertung in die Ökobilanzierung integriert werden. Im Vorhaben wurden dafür zwei Bewertungsansätze in Kooperation mit der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Göttingen, Professur für Produktion und Logistik, in die Ökobilanzierungssoftware Umberto® integriert und deren Wirkungsindikatoren in das dort angelegte Kennzahlensystem für die Wirkungsabschätzung eingebaut. Hierzu wurden schlagspezifische Bewirtschaftungsfaktoren analysiert und deren Zusammenhang mit der Artenvielfalt herausgearbeitet. Dadurch entsteht ein unmittelbarer Bezug zu den in der klassischen Ökobilanz genutzten In- und Outputs des untersuchten Systems. Im Ergebnis kann das noch ausschöpfbare Biodiversitätspotenzial eines Schlages und damit dessen Aufwertungspotenzial beschrieben werden. Dieses kann als Grundlage für Optimierungen im Betriebsmanagement herangezogen werden, indem es zum Beispiel für die gezielte Flächenauswahl biodiversitätsfördernder Maßnahmen genutzt wird. Für das Landschaftsbild wurden in vergleichbarer Weise Methoden zur Wirkungsabschätzung ermittelt. Für die Anwendung beider Methoden sind Daten erforderlich, die direkt bei Landwirten oder aber zumindest bei landwirtschaftlichen Beratern vorliegen. Die Methoden sind sowohl auf der Ebene Schlag / Einzelkultur als auch auf der Ebene Betrieb / Fruchtfolge einsetzbar. Die weitere Forschung dient der Präzisierung und Nachjustierung der erarbeiteten Bewertungsklassen und bedarf eines Ausbaus der Datenbasis, beispielsweise im Hinblick auf die Wirkung anderer Anbauweisen oder Landschaftsräume.

Geldermann) and funded by the Lower Saxony Ministry of Food, Agriculture and Consumer Protection. In the project, building on a method that measures a biotope’s value to assess biodiversity, a partially automated tool for the field- and farm-related biodiversity assessment, developed at the IUP, was implemented in the operational management system MANUELA. By using MANUELA, the tool was integrated into the eco-balance software Umberto®. Methods for the assessing the impact on the landscape were developed in an analogous manner. To apply the methods, data was required that is available directly from farmers or at least from agricultural advisors. Thus the data is easily collectable. The developed methods are applicable both at the level of fields  /  individual culture as well as at the level of farms  /  crop rotation.

Bredemeier, B., C. von Haaren, S. Rüter, M. Reich & T. Meise (2015): Evaluating the nature conservation value of field habitats: A model approach for targeting agri-environmental measures and projecting their effects. Ecological Modelling 295: 113–122. Urban, B., C. von Haaren, H. Kanning, J. Krahl & A. Munack (2011): Methode zur Bewertung der Biodiversität in Ökobilanzen am Beispiel biogener Kraftstoffe – Aussagemöglichkeiten und –grenzen für Ökobilanzen auf Bundesebene auf der Basis vorhandener Daten. Umwelt und Raum Bd. 4, Schriftenreihe Institut für Umweltplanung, Leibniz Universität Hannover, 1-210, Göttingen.

life-cycle assessment of bio-gas plants in lower saxony  Against the backdrop of increasing conflict between agricultural production and nature conservation, an approach has been developed for integrating the impact of energy crop cultivation on biodiversity and the landscape into the eco-balance in a research project using the example of bio-gas production. The research project was undertaken in cooperation with the Faculty of Economics at the University of Göttingen (Dipl. Geoökol. Meike Schmehl, Prof. Dr. Jutta

Von Haaren, C., B. Bredemeier, B. Urban, B. Oehen, M. Reich, S. Rüter, U. Heink & T. Meise (forthcoming): Abschätzung der Auswirkungen unterschiedlicher landwirtschaftlicher Anbauverfahren auf die Natur. Abschlussbericht zum gleichnamigen F+E-Vorhaben (FKZ 3510 89 0300), gefördert durch das Bundesamt für Naturschutz.

birte bredemeier, apl. prof. dr. michael rode, prof. dr. christina von haaren Forschung Institut für Umweltplanung

161

archipelago são paulo

Räume zwischen den Stadtinseln als transformatives Potenzial in der Megacity São Paulo? Derzeit leben rund 20,5 Millionen Menschen in der Metropolregion São Paulo, ungefähr 11,3 Millionen (2011) davon im Stadtgebiet. São Paulos Metropolregion ist das viertgrößte Ballungsgebiet der Erde und die wirtschaftlich bedeutendste Stadt Brasiliens. Das Stadtbild São Paulos wird vor allem durch eine sehr hügelige Topografie und extrem dichte Bebauung mit Hochhäusern und großflächigen Infrastrukturbauten geprägt. Durch den planerischen Fokus auf infrastrukturelle Großentwicklungen der Moderne und dem enormen Bevölkerungszuwachs, vor allem in den fünfziger, sechziger und siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts, sind die Stadträume der Megacity von der Fragmentierung verkehrstechnischer Megainfrastrukturen geprägt. Die erforderlichen Bauten wurden im Makromaßstab geplant und vorwiegend in den ebenen Teilen der Stadt konzentriert und überlagert. Dadurch sind in einem näheren Zoom undefinierte Restflächen entstanden. Diese Restflächen werden durch den immer noch steigenden Siedlungsdruck im erweiterten Zentrum nun als Ressourcen für urbanes Leben und für neue Interpretationen von Architektur und Stadt erobert. Das besondere Potenzial dieser Räume liegt darin, dass sie bislang keine eindeutige Zuweisung erfahren haben. Durch ihre „Funktionslosigkeit“ können sie in räumlichen und programmatischen Überlagerungen auf aneignungsoffene und flexible Art genutzt werden und so auf Bedürfnisse des alltäglichen Lebens reagieren. Die Forschung schlägt die Metapher des Archipels, bestehend aus Meer und Inseln, für das fragmentierte Stadtgewebe vor. Entsprechend der Metapher geht die Forschung davon aus, dass diese spezifischen infrastrukturell geprägten Räume in der Stadt keine Sammlungen von Einzelteilen sind, sondern dass sie – konzeptuell und / oder räumlich – einen zusammenhängenden und stark gegliederten Potenzialraum in der Stadt bilden: das Meer. Durch die Metapher wird eine Lesart für die MegaAgglomeration entwickelt, die einen kreativen Umgang mit den vernachlässigten Räumen vorschlägt.

162

Archipelago São Paulo (Sarah Hartmann) Besonders im inselartigen Stadtkörper von São Paulo, der von Topografie und Infrastrukturen geprägt ist, kommt dem Meer als flächiges, verbindendes oder auch trennendes Element eine besondere Bedeutung zu. Doch wie kann dieses Meer genauer charakterisiert werden? Welche Räume und welche Situationen, die zu einer erweiterten Betrachtung von Stadtraum beitragen, lassen sich dort finden? Vor diesem Hintergrund befasste sich 2015 in der Abteilung für regionales Bauen und Siedlungsplanung Sarah Hartmann in ihrer Dissertation mit der Forschungsfrage der Räume zwischen den Stadtinseln. Damit verknüpft war die Masterthesis von Theresa Gernreich. Sie konnte durch einen vom DAAD geförderten Feldforschungsaufenthalt in São Paulo ihre Masterthesis mit dem Thema „Neues Wohnen für São Paulo – Ein Infrastrukturknotenpunkt und seine Rolle in der Stadt“ in den Zwischenbereichen der Stadt im Sommersemester 2015 entwickeln. Schwerpunkt ihrer Forschung und Gestaltung war dabei der Entwurf von integrativen Wohnformen und der Gedanke des Gemeinschaftlichen. Das Konzept des neuen Wohnens ist Anstoß für eine Alternative zu den immer populärer

werdenden Luxuswohntürmen im Stadtzentrum und den flächenintensiven Niedrigbauten. Die verdichteten Wohntürme wurden bewusst an gut erschlossene, aber noch untergenutzte Knotenpunkte der Stadt gesetzt, an vorhandene, öffentliche Strukturen geknüpft sowie mit neuen gemeinschaftlichen Funktionen gestärkt. Über das Thema des Wohnens hinaus beschäftigt sich Sarah Hartmann in ihrer Dissertation mit dem Wechselspiel von Transformationen und Permanenz im städtischen Gewebe. Sie analysiert darin gewachsene Raumsituationen, die im Zusammenhang mit Infrastruktur entstanden sind und die sich zu Referenzpunkten städtischer Architekturen und des alltäglichen Lebens in der Megacity entwickelt haben. Vier Case Studies wurden ausgewählt, um zum einen die besondere Rolle der Infrastrukturlandschaft als Ressource für urban open spaces aufzuzeigen. Zum anderen werden anhand konkreter räumlicher Situationen im erweiterten Zentrum der Megacity Beispiele aufgezeigt, die sich speziell im Zusammenspiel von Transformation und Permanenz zu einmaligen Architekturen der Stadt entwickelt haben.

archipelago são paulo  Can spaces in between the city islands act as transformative potential in the megacity of São Paulo? About 20.5 million people live in the Greater São Paulo Area, approximately 11.3 million (2011) in the municipality. A planning focus on major infrastructure projects and the enormous population growth, especially in the fifties, sixties and seventies of the last century, resulted in heterogeneous urban spaces that are characterized by fragmentation and mega infrastructure systems. As a result of these interventions, residual spaces emerged alongside. These areas are have now been recognized as a resource for urban living and for new re-interpretations of architecture and city. The research proposes the metaphor of the archipelago, made up of the sea and islands, for the fragmented urban fabric. Especially in the island-like urban fabric of São Paulo, which is influenced by topography and infrastructure, the sea is of particular importance, as a connecting or separating element.

Against this background, Sarah Hartmann investigates in her PhD the interplay of transformation and permanence in the urban fabric. She analyses spatial situations that have arisen in connection with infrastructure and have become reference points of urban architecture and everyday life in the megacity. For her Master’s thesis connected to this research, Theresa Gernreich was able to obtain DAAD-funding for a field research project in São Paulo, and develop her Master’s thesis: “New housing for São Paulo – An infrastructure node and its role in the city”. Her densifications were set “in the sea”, on well-developed, but still underused hubs of the city, linked to existing public structures and strengthened with new corporate functions.

sarah hartmann (phd research), theresa gernreich (masterthesis), prof. jörg schröder (supervisor)

Perspektive Knoten Sumaré (Theresa Gernreich)

Forschung Institut für Entwerfen und Städtebau, Regionales Bauen und Siedlungsplanung

163

rural-urban intersections

schnittlinien zwischen stadt und land  Von

Dezember bis April 2015 war ich in Hannover für einen vom DAAD geförderten Postdoc-Zeitraum. Dort habe ich die Studien über heutige Landstriche, Dörfer und Städte weitergeführt, die bereits an der Universtät von Palermo begonnen wurden, und besonders Gebiete des Westen Siziliens betrachtet. In Jörg Schröders Abteilung Regionales Bauen und Siedlungsplanung habe ich ein üppiges Feld gefunden, um Fälle und Methoden zu vergleichen. In dieser Zeit widmeten sich Prof. Schröder und Team der Metropol-Region Hamburg (Regiobranding – Branding von Stadt-Land-Regionen durch Kulturlandschaftscharakteristika). Ich habe an den Ortsbesichtigungen und Studien des Kreises Steinburg an der Elbmündung teilgenommen. Eine landwirtschaftliche Fläche von mehr als 50.000 Hektar wurde betrachtet. Die Siedlungen sind, im Gegensatz zu den bis dato analysierten Fällen in Sizilien (PRIN 2009. Die „sich ausweitende Stadt“ in Sizilien unter A. Sciascia), relativ dünn und klein. Im Einklang mit Giuseppe Samonas „Extending Town“ (Palermo 1976) wird Steinburg aber als ein einziger „comprensorio“ (Bezirk) betrachtet. Das bedeutet, dass seine Begrenzung nicht nur administrativ ist, sondern geografisch und physisch. Darüber hinaus nehmen die Besucher und Einwohner diese Areale als Einheit und vor allem als „natürlich“ wahr: Selbst der Boden – vollkommen künstlich – hat sich im Laufe der Jahrhunderte wesentlich verändert, um vor Wasser und Marsch bewahrt zu werden. Der Mensch hat das Gebiet erschaffen, das heute Ökologen als „natürlich“ und schützenswert verteidigen. Dieser Widerspruch hebt die kulturellen Unterschiede hervor im Hinblick auf das Konzept der Natur und darauf, was in unterschiedlichen Ländern allgemein als Landschaft definiert wird. Der Bezirk Steinburg unterliegt diversen Intentionen und Ansichten, die von der Regierung, Bauunternehmen und generell von den Einwohnern kommen. Einige wünschen, dass die traditionellen Bauernhäuser (Fachhallenhäuser) Museen werden, um den Tourismus zu fördern. Andere wünschen, dass diese Areale ver-

164

städtert werden, eine neue Autobahn (Lübeck – Bremen) wird bald als Anschluss dienen und das Territorium in jedem Fall radikal verändern. Manche müssen sowieso ihre alten Häuser verlassen, weil sie veraltet und schwierig instandzusetzen sind. Diese Gegensätze sind aber nur scheinbar unüberbrückbar. Eine Synthese kann entwickelt werden, die ein Gespräch eröffnet, das primär auf einer Kombination von Erhaltung und Umwandlung basiert und auch auf andere Themen, wie zum Beispiel die Restauration auf die Transformation des Gebiets mit einer eigenen Identität übertragen werden kann. Solche Fragen wurden elf Professoren aus verschiedenen Ländern und Fachrichtungen vorgestellt, drei davon während des Aufenthalts in Deutschland. Diese Gespräche sind untereinander in dem Buch verwoben, um ein Abbild des heutigen Lebens zwischen urbanem und ländlichem Raum zu entwickeln. (L. Macaluso, Rural-urban intersections, MUP, Parma 2016).

and those who visit the sites perceive this area as a unit and above all as natural, even though the ground – totally artificial – has changed substantially over the centuries to protect it from water and the marshes. Humans have made the territory that ecologists today defend as “natural” and as worth protecting. This contradiction highlights cultural differences concerning the concept of nature and what is commonly defined as landscape in different countries. The district of Steinburg is subject to various plans and opinions that come from the government, construction companies and, more generally, from the inhabitants. Some wish the traditional houses (Fachhallenhaus) to become museums in order to increase tourism; others wish these areas to be urbanized, not least because a new highway (Lubeck-Bremen) will soon serve them, which will radically change them anyway; some people have to leave their homes because they are too old and difficult to maintain. These features are only apparently irreconcilable. A synthesis can be sought, opening a debate based primarily on the combination of presrural-urban intersections – between contemporary urban and rural spaces  ervation / transformation and on other topics such as restoration, which can be transposed from buildings or From December to April 2015 I was in Hannover for a works of art to a territory with its own identity. These postdoctoral study period funded by the DAAD. There, questions were proposed to eleven professors from I continued my study of contemporary territories and different countries and disciplines, three of them intervillages that I started at the University of Palermo, viewed during my stay in German. These dialogues are with a particular look at western Sicily. I found in Jörg interwoven in the book “Rural-urban intersections” to Schröder’s research (LUH – Chair for Regional Builddevelop an image of life in contemporary Europe being and Urban Planning) a rewarding field for comtween urban and rural spaces (L. Macaluso, Rural-urparing cases and methods. At that time Prof. Schröder ban intersections, MUP, Parma 2016). and his team were studying the Metropolitan Region of Hamburg (Regiobranding – Branding of rural-urban regions through cultural landscape characteristics). I participated in the surveys in the district of Steinburg at the mouth of the Elbe. An agricultural area more than 50,000 hectares in size was investigated. In contrast to the Sicilian cases previously studied (PRIN 2009. The “extending town” in Sicily. Unit leader A. Sciascia), the urban settlements are thinly scattered and small. In accordance with Giuseppe Samonà’s “extending town” (Palermo 1976), Steinburg is considered a single “comprensorio” (district). This means that its limits are not only administrative but also geographical and physical. Moreover, the inhabitants

Gestaltetes Terrain im Marschland: Fresko in einem Bauernhaus, im Hintergrund große Erdhaufen

luciana macaluso phd Forschung Adjunct Professor, Faculty of Architecture, University of Palermo | 2015 DAAD Research Grant for Young Scientists | Dezember 2014 bis April 2015 bei Prof. Jörg Schröder Institut für Entwerfen und Städtebau Regionales Bauen und Siedlungsplanung

165

infrastructures‘ second life

das zweite leben der infrastrukturen Nicht

mehr gebrauchte Infrastrukturen sind verborgene öffentliche Räume. Die Forschung zum „Zweiten Leben von Infrastrukturen“ weist nach, wie diese Räume durch spezifische Strategien so verwandelt werden können, dass sie als ökologische Apparate neue Raum- und Funktionsbezüge etablieren. Dazu wurden Fallstudien in Deutschland ausgewählt und innovative Entwurfs- und Planungsstrategien untersucht, bezogen auf Lebenzyklen und ökologische Wirkungen urbaner Infrastrukturen. Die Untersuchung zeigt, dass durch die Einbindung in urbane Dynamiken die resilienten Infrastrukturen vielfache Funktionen und Bedeutungen erfüllen können – neue urbane Modelle integrieren damit soziale Bedürfnisse und den Schutz vor Umweltgefahren.

the challenges of infrastructure recycling  The contradictions and problems faced in this research were addressed following a real “journey through Germany” to monitor both significant obsolete infrastructure facilities and also some recycled projects. One of the first outcomes has been the organization of a framework of knowledge relating to urban recycling, a mixture of know-how and of a culture that offer methods, rules and regulations for acting upon the infrastructural environment. The second outcome has been the selection and analyses of several German case studies in various cities (Hannover, Berlin, Frankfurt, Dusseldorf ) to define and understand contemporary German infrastructure transformation. This also allowed involving a network of scientists, research experts and designers engaged in infrastructural design projects and research. The topics emerged as a consequence and continuation of a course that started with two previous experiences: the PhD thesis on “Airports on hold. Towards Resilient Infrastructures” and the PRIN research “Re-cycling Italy”. Both research fields focused on new life cycles for infrastructure. Specifically, the first investigates the challenges, for city and territories, of recycling airport infrastructure and the second explores infrastructure life cycles, focusing on

166

abandoned railways in Genoa (Italy). The DAAD experience helped to improve the field of knowledge by supporting the creation of a network of experts, but also by highlighting significant German case studies. This experience also allowed knowledge bases to be determined for post-doctoral research carried out at the Office of Urbanization, Harvard University Graduate School of Design (Cambridge, MA). Contemporary cities – facing difficult decisions about scarce resources and investments – strive for urban and ecological efficiency. Due to the economic crisis and demographic change, a general state of inability or inertia has become widespread in all European countries, including many German regions. Additionally, there are many public cultural and social amenities that are now empty – and there will be more in the coming years: shopping malls, sports facilities, religious buildings, railway stations and airports that are no longer used. How can infrastructure systems be adapted to a second life benefitting from new lifestyles in order to become useful and productive again? Research answers this question by outlining a definition of infrastructure amenities as resilient systems that are able to absorb external negative shocks and return to a state of equilibrium. Normally, infrastructure of mobility is considered the driving force of development, fixed and unique. Infrastructural resilience is therefore the capability of amenities to regain value. The term resilience, associated with planning disciplines and territorial governance, has gained in importance over the last few years, with reference to features of sustainable development, the prevention of environmental risks, as well as the adaptive capacity of territories. Similar to cities, resilience should be the ability of infrastructure exposed to hazards to resist, absorb and recover from the effects of a hazard promptly and regain efficiency. The research focuses specifically on airports as the epitome of a widespread obsolete infrastructural condition. An airport’s resilience value consists of two factors: the large amount of available space that could potentially become a park, a public space or an agricultural field; and the fact of its being a structure that is limited and used in a specialized way. Thus resilient

and ecological airport infrastructure can generate a reserve for cities in which the function of aviation could remain active as a possibility, overlapping with other ecological and urban systems. At Maurice Rose (Frankfurt am Main), the reconversion of the existing airfield into an urban park shows how a re-naturalized park can provide new economic and social activities such as restored habitats, public spaces and cultural events for the entire area of Frankfurt. This re-interpretation of the airport as a landscape allows us to understand the crucial step that many small and medium airports are currently facing: to conceive of the airport not only as transport infrastructure but also as a key element for the development of territories. In fact, the destiny for many obsolete airports is their adaptation as places of territorial aggregation with multiple functions: environmental, touristic, and leisure. Thus, resilient airports may regain value as infrastructure, as open space or as a combination of both, improving the quality of urban life and becoming a place to live rather than a place to leave.

Maurice Rose Flugplatz, Frankfurt am Main

Motorways 12.845 km

Tempelhofer Feld, Berlin

Railway Network 40.826 km Main airports 25

Passengers in 2014 60.000.000 40.000.000 20.000.000 10.000.000 5.000.000 1.000.000 500.000 Reference case airport Flughäfen in Deutschland | Quelle: ADV-Monatsstatistik, 2014

sara favargiotti phd Forschung Visiting Research Scholar, Office for Urbanization, Harvard University Graduate School of Design Adjunct Professor, Faculty of Architecture, University of Genoa | 2015 DAAD Research Grant for Young Scientists | April 2015 bis August 2015 bei Prof. Jörg Schröder Institut für Entwerfen und Städtebau, Regionales Bauen und Siedlungsplanung

167

regiobranding

rurale bau- und siedlungsstrukturen in norddeutschland  Die

Abteilung Regionales Bauen und Siedlungsplanung ist Partner im transdisziplinären Forschungsprojekt Regiobranding – Branding von Stadt-Land-Regionen durch Kulturlandschaftscharakteristika. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert und hat eine Laufzeit von fünf Jahren. Leitung und Koordination liegen beim Institut für Umweltplanung (IUP). Das übergeordnete Ziel ist, regionale Potenziale kulturlandschaftlicher Charakteristik in der Metropolregion Hamburg aufzudecken, um daraus regionale Branding-Strategien zu entwickeln. Die Abteilung untersucht die Bauund Siedlungsstrukturen und hat hierfür die Musterund Szenarienmethode konzipiert. Herkömmliche stadtplanerische Instrumente (Analyse und Masterpläne) können nur eingeschränkt schlüssige und tiefgreifende Lesarten von Raum sowie wirkungsvolle Bilder zukünftiger Entwicklung produzieren. Mit dem Ziel, ein umfangreiches Wissen über die Fokusregionen zu erlangen, wurde eine Herangehensweise konzipiert, welche die qualitativen Methoden der Muster-Analyse und der Szenarien einbezieht. Dieser Ansatz basiert auf einem kontextbezogenen und maßstabsübergreifenden Verständnis der Wechselwirkungen zwischen Landschaft und Siedlung. Methoden des architektonischen Entwurfs werden auf einen großmaßstäblichen Kontext angewendet, um Komplexität zu reduzieren und um flexible Lösungen zu entwickeln. Städtebauliche und architektonische Elemente werden in ihrem spezifischen räumlichen Bezugssystem analysiert (Muster) und es werden mögliche Entwicklungspfade konstruiert (Szenarien). Die räumliche Komplexität und Charakteristik gebauter Elemente wird mittels der Musteranalyse dargestellt und bewertet hinsichtlich immanenter Möglichkeiten und der kontextuellen Zusammenhänge: physische, funktionale und ideelle Verbindungen innerhalb des Territoriums. Diese Betrachtungsweise beinhaltet schwerpunktmäßig auch die Beziehung zu naturräumlichen Elementen und einen Fokus auf die Nutzer und ihre Wahrnehmung. Somit können relevante thematische Schichten, Gren-

168

zen und Widersprüche identifiziert werden, aus denen Hemmnisse, Potenziale und Entwicklungsmöglichkeiten abgeleitet werden können. Beide Methoden werden wie im Entwurfsprozess parallel angewendet. Der kontinuierliche Wechsel zwischen Maßstäben, Analyse und Vision vertieft das territoriale Wissen und die Entwicklung von Entwicklungspfaden. Die Forschungsarbeit hat gezeigt, dass die Erweiterung der notwendigen und systematischen Analyse von räumlichen und statistischen Daten und die Anwendung von qualitativen Methoden notwendig sind, um versteckte Qualitäten und mögliche Risiken aufzudecken und um ein umfassendes Verständnis von Territorien zu erhalten.

regiobranding – rural architecture and urbanism in northern germany  The Chair for Regional Building and Urban Planning is the scientific partner of the 5-year transdisciplinary research project “Regiobranding”, which is investigating three rural-urban areas in the Metropolitan Region of Hamburg. The overall aim of Regiobranding is to reveal the regions’ hidden potentials in terms of cultural landscape characteristics, in order to create a new regional branding strategy for the three areas. Within the transdisciplinary project, the Chair is committed to studying construction projects and the development of settlements. Traditional urban planning instruments (analysis and master-plans) demonstrated their inability to produce compelling readings of space and effective forecasting images. In order to broaden and intensify the knowledge of the focus regions, a specific methodology has been conceived, involving qualitative tools of patterns analysis and scenarios building. This approach is based on a context- and scale-related understanding of the interaction between landscape and settlement areas. The main idea is to apply an architectural design approach to large-scale contexts in order to reduce complexity and achieve more flexible and effective solutions. The goal is a survey of spatial and architectural elements bound together in a specific relational system (patterns) and the construction of potential future paths for these contexts (scenarios). Particularly by analysing patterns, the spatial complexity and characteristics of relevant built elements are

being depicted and evaluated in terms of their intrinsic possibilities and their contextual correlations: physical, functional and thematic connections to and within the territory. This approach emphasises the relation to natural spaces, takes various scales into consideration and focuses on users and their perception of the context. With this methodology, thematic layers, boundaries and discrepancies are being identified, providing hints for constraints, potential and future development. Patterns and scenarios tools are used in parallel, for example in design, where constantly stepping back and forth through different scales, analysis and forecasting visions result in increasing territorial knowledge and allow one to imagine potential development perspectives. Testing the pattern and scenario methodology on the three focus regions within the Metropolitan Region of Hamburg pointed out the need to include qualitative tools in urban design and planning as a way to unfold hidden qualities and potential threats for complex contexts, going beyond the systematic and necessary analysis of spatial, statistical and economic data, in order to achieve a thorough and comprehensive understanding of territories.

prof. jörg schröder, maddalena ferretti phd, ines lüder, lisa leitgeb (logo) Forschung Institut für Entwerfen und Städtebau, Regionales Bauen und Siedlungsplanung

169

vietnam informell

transformation der „ku-tap-the“  Im

Vergleich zu westlich geprägten Ländern verfügt der vietnamesische Staat über weitreichende Eingriffsmöglichkeiten. Das betrifft insbesondere die Bereiche Bodeneigentum, Baurechte und das Wohnungswesen. Zu den wichtigsten Beispielen staatlich gelenkter Versorgungspolitik gehören die Wohnquartiere „Ku Tap The“ (KTT). Seit den 1950er Jahren als kommunale Wohnsiedlungen in der ländlichen Peripherie der Städte errichtet, weisen sie in ihrer Grundkonzeption Elemente sozialistischer Siedlungsmodelle auf. Typische Merkmale sind vier- bis fünfgeschossige Zeilenbauten mit geringer Wohnfläche pro Wohneinheit, kommunale Versorgungseinrichtungen sowie zwischen den Zeilen liegende öffentliche Freiflächen. Mit der Liberalisierung der Märkte (Doi-Moi-Reform) in den 1980er Jahren wird ein rasanter Verstädterungsprozess mit einhergehendem Wohnungsmangel sowie ein gesellschaftlicher Verlust sozialistischer Werte und Einflussmöglichkeiten ausgelöst. Infolgedessen zieht sich der vietnamesische Staat aus einer umfassenden Bereitstellung von Wohnraum zurück und überlässt diese Aufgabe halbstaatlichen Gesellschaften und privaten Akteuren, die Verwaltungsstrukturen nach Regeln des freien Marktes oder traditionellen Vorstellungen etablieren. Der wachsende Bedarf an Wohn- sowie gemischt nutzbaren Flächen wird häufig durch private Haushalte selbst organisiert und realisiert. Die zwischen den Zeilenbauten liegenden öffentlichen Freiflächen beispielsweise werden durch die Mieter nach kurzer Zeit für unterschiedliche private Nutzungen parzelliert und eingefasst. Die damit etablierte Parzellierung bietet die strukturelle und eigentumsrechtliche Grundlage für eine spätere bauliche Nachverdichtung des Wohnquartiers. Beispiele hierfür sind die Erweiterung der Wohnungen in den Luftraum hinein durch frei angesetzte Balkone, die Vergrößerung der Erdgeschosswohnung durch Läden und Dienstleistungseinheiten sowie unterschiedliche Formen der Aufstockungen und Überbauung.

170

Zur Planung, Finanzierung und Umsetzung dieser baulichen Transformation sind unterschiedliche Prozesse entstanden, die jeweils legale und informelle Komponenten auf unterschiedliche Weise verknüpfen. Begünstigt werden die Prozesse unter anderem durch das Bedürfnis und Selbstverständnis der Bewohner zur Selbstorganisation und einer direkten Verbindung unterschiedlicher Formen des Arbeitens und Wirtschaftens. Dies lässt sich durch eine biografische Nähe vieler Bewohner zu ehemals ruralen Lebensformen erklären. Zur Selbstorganisation gehört die Ausbildung eigener Kompetenzen und Ressourcen durch die Anwohner. Sie agieren als Bauherr, Investor, Händler und Vermittler und sind als Produzenten und ständige Nutzer gleichermaßen am Umbau der Wohnquartiere beteiligt. Die bauliche Transformation erfolgt in der Regel in mehreren Schritten, in denen Provisorien ohne Genehmigung zu dauerhaften und legitimierten Ausbauten werden. Die hierzu notwendigen Vereinbarungen werden auf nachbarschaftlicher Ebene ausgehandelt. Einmal etablierte Ausbauzustände von Gebäuden bieten die Grundlage für eine Legitimierung für nachfolgende Interventionen. Zu den beteiligten Parteien gehören Bewohner, Haus- und Wohnungsbesitzer, Wohnungsbaugesellschaften sowie Vertreter der Quartiersverwaltung. Schrittweise verschieben sich damit Rollen und Machtverhältnisse zwischen den unterschiedlichen Akteuren. Aus dem Zulassen informeller Prozesse resultieren verschiedene Besonderheiten: • Beschleunigung der Prozesse durch Umgehung ad ministrativer Wege • Flexible Reaktionsmöglichkeiten auf sich verändern de Situationen • Anpassung von Strukturen auf lokale Bedarfe • Alternativen zu bestehenden Normen und Prozessen • Absicherung bei Versagen staatlicher Strukturen und Systeme • Planung und Realisierung bleiben vorwiegend Zu ständigkeiten der Nutzer • Verschränkung öffentlicher und privater Raum ansprüche Die entstandene Quartiersstruktur illustriert zudem

eine Verbindung zwischen räumlich-atmosphärischen Qualitäten und den dahinterliegenden Entwicklungskräften, wie den stattfindenden Aushandlungsprozessen unter den Akteuren. Sie dokumentiert zudem die Fähigkeit der Bewohnerschaft, ehemals monofunktional angelegte Wohngebiete den eigenen Ansprüchen anzupassen und in lebendige Quartiere umzuwandeln. Das gewonnene Verständnis über formelle und informelle Entwicklungsprozesse bildet einen Anknüpfungspunkt zur Reflexion der eigenen Entwurfs- und Planungskultur. Dazu gehören: • der Umgang mit Planungseinschränkungen • Umgang mit Veränderung und Offenheit baulicher Strukturen • Instrumente informeller Prozesse und deren Regu lierung Die Untersuchung „vietnam informell“ beruht auf einer Studie der unterschiedlichen Transformationstypologien sowie Interviews mit Bewohnern, Akteuren und Vertretern der staatlichen Verwaltung. Die Arbeitsmaterialien wurden im Rahmen einer Exkursion im März / April 2015 in den Untersuchungsgebieten „Kim Lien“ und „Thuong Xuan“ in Hanoi gesammelt. Ergänzt wurde die Exkursion durch einen Workshop mit Studierenden der TU Kaiserslautern und der Phuong Dong Universität Hanoi. Grundlagen für Exkursion und Workshop wurden im Verlauf des Wintersemesters 2014 / 15 durch eine begleitende Seminarveranstaltung vorbereitet. In einer Nachbereitungsphase erfolgte die Auswertung und Aufbereitung der Arbeitsmaterialien. Die im Rahmen einer interdisziplinären Zusammenarbeit beteiligten Institutionen sind die Leibniz Universität Hannover, die TU Kaiserslautern, die Universität Kassel und die Phuong Dong Universität Hanoi.

vietnam viewed informally – transformation of the “ku-tap-the”  In comparison to western countries, the Vietnamese Government has at its disposal an extensive range of intervention options. This concerns particularly the areas of land ownership, building law and housing. The socialist housing-model “Ku-Thap-The” is an example of a state-run supply policy used in Vietnam in the 1950s, 60s and 70s.

Since Vietnam’s liberalization of the market in 1985, new local administrative structures have been established by its citizens, which enabled the living space to be altered according their needs, following their cultural traditions and the rules of the free market. Influenced by the predominant housing shortage and the simultaneous, rapid urbanisation, the Vietnamese Government withdrew from full provision of housing space and ceded this task to semi-governmental companies and private actors. Thus the growing demand for living space is frequently met by increased building activity on the part of the population. In this process different procedures have emerged that combine legal and informal components. In particular, private households have started to appropriate the building stock of the former housing areas that were intended to be monofunctional. Most of the decisions are made on a local level between residents, officials and the quarter’s management. A range of different transformation typologies illustrates the correlation of the morphological structures and the negotiation processes between the different protagonists. The results of the project are based on material collected in “Kiem Lien” and “Thuong Xuan” during an excursion to Hanoi in March / April 2015. The Leibniz Universität Hannover, the TU Kaiserslautern, the University of Kassel and the Phuong Dong University Hanoi participated in this project.

Durch Anwohner umgebaute Fassade in KTT Kim Lien

Übersicht KTT Kim Lien

Blick über das KTT Thuong Xuan Im Hintergrund die Großsiedlung Royal City

Übersicht über KTT Thuong Xuan und die angrenzende Großsiedlung Royal City

prof. katja benfer, rita sarraga-leal, projektteilnehmer monika spoerhase Forschung Institut für Landschaftsarchitektur

171

roma 20 – 25

zukunft der metropolregion ultra agro  Die

Stadt Rom hat durch Architekturen und städtebauliche Projekte in Antike und Barock unsere Vorstellung von Stadt generell wesentlich geprägt. Heute ist die neugebildete Metropolstadt Rom ein Mix aus Stadt und Land. Wie sieht ein aktuelles Zukunftsbild dieser Metropolstadt aus? Wie wird es entworfen? Welche Rolle können und sollen Architektur und Städtebau für eine Vision der Zukunft von Rom spielen? Und welche Hinweise für Gestaltung, Planung und Vorstellung von Stadt und Land generell lassen sich in dieser Diskussion gewinnen? Anlass für diese Fragen ist das Projekt ROMA 20 – 25: Die Stadt Rom erarbeitet eine Strategie der Stadtentwicklung für die neugegründete Metropolitane Stadtregion (città metropolitana), die über die Stadt selbst hinausgeht und die Räume der Tiberebene um Rom als regionalen Maßstab einschließt. Für dieses Zusammenspiel von Stadt und Land, von sich wandelnder Kernstadt, urban sprawl, historischen Siedlungen und Monumenten, Infrastrukturen und Freiraum wurden 25 internationale Architekturfakultäten zu einem Ideenwettbewerb eingeladen. Die Beiträge der Abteilung Regionales Bauen und Siedlungsplanung wurden – als einziger deutscher Beitrag – in der Ausstellung ROMA 20 – 25 im Museum für Kunst des 21. Jahrhunderts in Rom (MAXXI) ausgestellt. Das Forschungsprojekt „ROMA 20 – 25“ wurde initiiert und gefördert durch die Stadt Rom und das Museum MAXXI, Nationalmuseum für die Kunst des 21. Jahrhunderts. ROMA 20 – 25 wurde außerdem einbezogen in das Forschungsprojekt „Re-Cycle Italy“, gefördert im Nationalen Italienischen Forschungsprogramm PRIN des Ministeriums für Bildung und Forschung MIUR, Leadpartner: University Iuav di Venezia. Die Entwürfe der Zukunftsvisionen wurden in 24 Feldern organisiert, die Abteilung Regionales Bauen und Siedlungsplanung hat das Feld Nr. 16 bearbeitet, unter Einbeziehung von Bachelor- und Masterstudierenden in mehreren Lehrprojekten. Unter dem Titel „Ultra Agro. Beyond the agro romano“ wird ein konzeptueller Ansatz für das fragmentierte Gebiet vorgeschlagen, in dem sich verschiedene urbane und rurale Realitäten überlagern. Das Land um Rom – der agro

172

romano – kann darin als aktualisierter, auf Verborgenes zurückgreifender territorialer Rahmen gefasst werden, dessen Eindrücklichkeit sich mit einem radikalen Ansatz zeigt. Als aktualisierte römische „centuriatio“, als Flurteilung, schlägt „Ultra Agro“ einen symbolischen, utopischen Gebrauch des Rasters vor. Es verbindet schrittweise und collageartig Interventionen, leitet Infrastrukturen für eine erneuerte Vision des agro romano ein; es ist aber auch ein Wahrnehmungswerkzeug, legt Widersprüche offen und operationalisiert räumliche, strukturelle und performative Potenziale. In einer neuen Ästhetik der Campagna Romana gilt das Raster für urban-rurale Pioniere als Matrix einer multifunktionalen Produktivlandschaft; in und um die Siedlungsflecken öffnet und intensiviert es Freiräume; schafft neue Verbindungen, Erfahrungen von und Schutz vor Natur; Windräder, Häuser, Bäume folgen einer gemeinsamen Positionslogik – einem integrierenden Leitbild für die kollektive Wiederaneignung der Räume des agro romano.

roma 20 – 25 – new life cycles for the metropolis ultra agro  In 2014 the Chair for Regional Building and Urban Planning was invited to participate in “ROMA 2025. New life cycles for the Metropolis”, research initiative organized by the City of Rome and the MAXXI Museum (National Museum of XXI Century Arts). The main goal was to investigate an urban vision for the future of the metropolitan area of Rome. To this end, 25 Italian and international universities were involved in developing strategic transformation scenarios for a territorial square of 10x10 km. An exhibition collecting the final results of “ROMA 20 – 25” took place at the MAXXI Museum in Rome (19 Dec 2015 – 19 Jan 2016). For the assigned field n.16 (south west of the city), the Chair for Regional Building and Urban Planning of LUH, in collaboration with students, proposed a research and design project entitled “Ultra Agro. Beyond the agro romano”. The area is a fragmented overlay of different urban and rural realities. The Roman countryside – agro romano – can be understood as a  widespread, but hidden territorial framework, the significance of which can only be unveiled by a radical

approach. Going beyond current landscape approaches, “Ultra Agro” as a modern-day Roman “centuriatio” suggests applying the symbolic and utopian use of a square grid to the territory in order to accommodate facilities and services for an upgraded vision and functionality of the agro romano. At the same time it can serve as a tool for reading the territory, for resolving its incongruities and for operationalising its potentials and performances. In a new aesthetics of the Campagna Romana, the vast open spaces of the grid system ease the introduction of intensive agricultural cultivation, with farms becoming monuments of this new imagery. Urban-rural pioneers occupy the plots with a mixture of productive and leisure or tourist activities, for multi-functional agriculture. In the settlements, the grid becomes finer and denser. The agro re-conquers the in-betweens: the left-over plots are colonized by small orchards where fresh food is harvested and sold to local markets. The abandoned buildings are recycled for public services and facilities. The basins left over from mining activities are transformed into ponds for irrigation and flood risk prevention, producing a water landscape, in which new bike lanes and pathways can be laid out. The grid offers space for industrial, productive and retail activities. It creates new connections and allows one to cross natural elements. Along the grid’s axes, wind turbines produce renewable energy, new infrastructural lines are set out and rows of trees highlight the structure of a integrating leitbild for a collective re-appropriation of the spaces of the agro romano.

prof. jörg schröder, maddalena ferretti phd, emanuele sommariva phd Forschung Institut für Entwerfen und Städtebau, Regionales Bauen und Siedlungsplanung

aulet x 29

forschungsanreizprogramm der fakultät für architektur und landschaft  Die Ergebnisse

von 29 geförderten Projekten der ersten vier Projektaufrufe des Forschungsanreizprogramms AULET (2013 – 15) wurden in einer Konferenz am 28.10.2015, auf Einladung der neuen Forschungsdekanin Prof. Dr. Margitta Buchert, vorgestellt. Die Veranstaltung mit Präsentationen und einer Posterausstellung hat den nachdrücklichen Erfolg der Initiative gezeigt und das anhaltend große Interesse vor allem der Nachwuchswissenschaftler gezeigt. Als überzeugend wurde vor allem die nachhaltige Wirkung des Programms gesehen. Eine Fortführung des Programms wurde daraufhin vom Fakultätsrat bewilligt. AULET steht für Research Incentive Programme in Architecture, Urbanism, Landscape Architecture, Environmental Planning and Technical Education. AULET ist als fakultätseigenes Forschungsanreizprogramm ein Alleinstellungsmerkmal der Fakultät für Architektur und Landschaft zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses und der Forschungskooperation in der fachlich großen Bandbreite der raumbezogenen Fächer an der Fakultät. Mit 29 finanzierten Projekten hat die AULET Forschungsanreizförderung 2013  –  15 die Erarbeitung von Forschungsthemen und Forschungsanträgen in großem Umfang unterstützt. Mit AULET wurden in zwei Förderlinien Projekte der Disziplinen Architektur, Städtebau, Landschaftsarchitektur, Umweltplanung und Berufswissenschaften im Bauwesen gefördert, die die in Deutschland alleinstehende fachliche Aufstellung und Exzellenz der Fakultät weiter vertiefen. Für die Vergabe der Mittel der Forschungsinitiative wurden folgende Kriterien festgelegt, die für die interdisziplinären Bewertungen durch eine Expertengruppe aus den stets zahlreichen Bewerbungen zum Tragen kamen: • Vorhandene Forschungsstärken ausbauen • Erschließen neuer Forschungsfelder • Internationale Netzwerkbildung • Mehrwert für die Fakultät: Nutzen für Forschungs profilierung und Außenwirkung der Fakultät • Forschungsperspektive: Die Anträge sollen deutlich

auf Forschung abzielen, Lehrprojekte sollen durch AULET nicht gefördert werden. Die Mittel der Forschungsinitiative können von allen Mitgliedern der Fakultät individuell oder in Gruppen beantragt werden, das heißt von Nachwuchswissenschaftlern, Postdocs, wissenschaftlichen Mitarbeitern und Professsoren. Dabei wurden zwei Förderlinien etabliert: AULET A – Förderung Forschungsanträge Mit den zur Verfügung gestellten Mitteln soll das Erstellen von Forschungsanträgen (Landes-, Bundesund europäische Mittel, DFG, Stiftungen, Wirtschaft etc.) gefördert werden. Die Förderhöhe von AULET A ist 5000 Euro, in den Aufrufen AULET 1 – 4 wurden zehn Projekte bewilligt und durchgeführt.

objective of fostering the faculty’s research profile and visibility. Two programme lines have been formulated: support for research applications to European, national and state funding programmes (10 projects; each with funding of 5,000 Euros; AULET line A); support for research concepts with conferences, workshops, exhibitions, testing of tools (19 projects; each with funding of 1,000 Euros; AULET line B). The numerous applications for AULET were evaluated by an interdisciplinary board, the implementation and results have been monitored constantly. At a conference on Oct 28th 2015 the outcomes of AULET were presented and discussed in terms of funded projects and of the sustainable added value for the faculty, leading to a prolongation of the programme beyond.

AULET B – Förderung Forschungskonzepte Vorschläge für Forschungsideen und konkrete erste Projektschritte sollen gefördert werden, um das Entwickeln von Promotions- und Projektthemen zu fördern, besonders im Hinblick auf das Einwerben von außeruniversitären Förderungen im Weiteren und in bisher noch nicht geförderten Bereichen. Dazu zählt auch die Unterstützung der Netzwerkbildung, zum Beispiel von Doktorandenkollegs an der Fakultät und für Forschungskonferenzen. Gefördert werden Forschungsworkshops, Konferenzen, Ausstellungen, Sachkosten. Die Förderhöhe von AULET B ist 1000 Euro, in den Aufrufen AULET 1 – 4 wurden 19 Projekte bewilligt und durchgeführt.

aulet x 29  In 2013 the Faculty of Architecture and Landscape Sciences established a research incentive programme, which, by 2015, had funded 29 projects mainly run by the faculty’s young scientists. The name of AULET addresses the large space-related framework that the disciplines in the faculty have in common. It stands for Architecture, Urbanism, Landscape Architecture, Environmental Planning, Technical Education. The aims of the programme are: to enhance existing research strengths, to trigger research innovation in methods and themes and to support international research networks with the overall

prof. jörg schröder, maddalena ferretti phd Forschung Forschungsdekanat 2013 – 15

173

studium – und dann?

perspektiven im berufsfeld stadt-, regionalund landesplanung. eine veranstaltung zur

berufsfindung  Das Arbeitsfeld der Stadt-, Regional- und Landesplanung umfasst einerseits die formelle Einbindung freiraum- und umweltplanerischer Inhalte in die räumliche Gesamtplanung auf allen Planungsebenen und mit all ihren planungsmethodischen und -rechtlichen Aspekten. Andererseits gehören hierzu die eher informellen Planungen, zum Beispiel in der Dorfentwicklung und der Regionalentwicklung: Viele AbsolventInnen der Landschaftsarchitektur und Umweltplanung moderieren und dokumentieren solche Prozesse. Praxispartner bei der Vorbereitung der Veranstaltung war als Berufsverband der Informationskreis für Raumplanung e.V. (IfR), vertreten durch Dr. Christian Poßer, Fachbereich Naturschutz und Grünplanung der Stadt Duisburg. Moderiert von Prof. Dr. Frank Othengrafen (IUP) gaben vier Fachleute aus Planungsbüros, einer Stadtverwaltung und einem Ministerium Einblicke in ihren Arbeitsalltag. Sie erklärten ihre Erwartungen an junge KollegInnen und stellten sich deren Fragen. Karin Bukies, Dipl.-Ing. Landespflege Hannover 1985, führt gemeinsam mit einem Architekten und Stadtplaner das Büro Planungsgruppe Stadtlandschaft Hannover. „Ob Schreibtischarbeit, Vor-Ort-Termine mit Bestandsaufnahmen oder Arbeitskreise – an dem Arbeitsfeld Dorfentwicklung begeistert mich besonders, dass es so abwechslungsreich ist“, schwärmte Bukies. Als Selbstständige kann die eingetragene Landschaftsarchitektin und Stadtplanerin SRL ihre Arbeitszeit relativ frei gestalten. Allerdings sind auch viele Abendtermine wahrzunehmen, und die freiberufliche Tätigkeit bringt vor allem in Projektendphasen manche Überstunde mit sich. Enorm wichtig ist es in dem Beruf, erläutert Bukies, „ein Projekt strukturieren und sprachlich gute Berichte verfassen zu können“. Dr. Christian Poßer, Dipl.-Ing. Landespflege Essen 1989, Dipl.-Ökologe Essen 1998, Dr. Ing. Stadt- und Regionalplanung Dortmund 2012, zeigte an seinem Werdegang auf, wie man sich vom Gärtner über den

174

Landespfleger und Ökologen zum Raumplaner entwickeln kann. Heute bringt Poßer im Amt für Umwelt und Grün, Fachbereich Naturschutz und Grünplanung der Stadt Duisburg, Freiraumthemen in die Stadt- und Regionalentwicklung ein. „Mich motiviert, bei Entscheidungen über bestimmte Raumentwicklungen mitzuwirken und Akzente setzen zu können“, erklärte Poßer. Die Nahtstellen zwischen Verwaltungshandeln und politischem Handeln zu verstehen und dafür eine Sensibilität zu entwickeln sei neben dem praktischen Tun einer der wesentlichen Lernprozesse nach dem Berufseinstieg. Tanja Frahm, Dipl.-Ing. Landschafts- und Freiraumplanung Hannover 2002, ist eine von vier GeschäftsführerInnen bei KoRiS – Kommunikative Stadtund Regionalentwicklung. Das hannoversche Büro mit Standorten in Erfurt und Diemelstadt hat einen Arbeitsschwerpunkt in der Regionalentwicklung und im Regionalmanagement. In diesem Tätigkeitsfeld sind viele Vor-Ort-Termine, auch abends, notwendig. Trotzdem ist KoRiS dank Home-Office und flexibler Arbeitszeiten bekannt für seine Familienfreundlichkeit. „Ich wünsche mir BewerberInnen mit einem prozessorientierten, kooperativen Planungsverständnis, die sowohl im direkten, persönlichen Kontakt als auch im schriftlichen Ausdruck überzeugen“, unterstrich Frahm. Fabian Wais, Dipl.-Ing. Landschafts- und Freiraumplanung Hannover 2007 und Assessor der Landespflege 2010, stellte anhand seines Werdeganges das „Landespflege-Referendariat“ vor, die Alternative zum Städtebau-Referendariat. Das Referendariat gilt nach wie vor als „Königsweg“ für die höhere Verwaltungslaufbahn in Naturschutz und räumlicher Gesamtplanung. Die zweijährige Ausbildung, die mit dem zweiten Staatsexamen abschließt, bietet Einblicke in Verwaltungsstrukturen und planungsrechtliche Zusammenhänge. Wais, tätig im Niedersächsischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz im Referat Raumordnung und Landesplanung, betonte: „Ich finde es wichtig, in der Landesplanung mit Blick auf Langfristigkeit alle Ansprüche an den Raum möglichst gut zusammenzuführen und dabei neben den wirtschaftlichen und sozialen Aspekten die Umweltbelange angemessen einzubeziehen.“

In seinem Berufsalltag dominiert die Schreibtischtätigkeit, die von klaren Hierarchien und festgelegten Zuständigkeiten geprägt ist. In der Diskussionsrunde, moderiert von Prof. Dr. Rainer Danielzyk (IUP, ARL), hielten alle Referierenden den Willen zum lebenslangen Lernen sowie die Fähigkeit, sich schriftlich und mündlich auszudrücken, für unverzichtbar. Während in eher informellen Prozessen wie der Dorfentwicklung und Regionalentwicklung Kommunikationsfähigkeit und Empathie ganz vorne stehen, sind es in der eher formellen Planung besonders planungsfachliche und rechtliche Kenntnisse sowie das Wissen und Erkennen von Entscheidungswegen. Außerdem wurde die Vernetzung über Berufsverbände und Interessensgruppen als ungemein wertvoll hervorgehoben. Im Foyer konnten sich die Studierenden über unterschiedliche Berufsverbände und Organisationen informieren: • Informationskreis für Raumplanung e.V. • Vereinigung für Stadt-, Regional- und Landespla nung e.V. • Akademie für Raumforschung und Landesplanung • Niedersächsische Akademie Ländlicher Raum e.V. • Forschungsinitiative Transdisciplinary Rural and Ur ban Spatial Transformation der LUH • Bundesverband Beruflicher Naturschutz, Regional gruppe Niedersachsen / Bremen / Hamburg

degree – and then?  Communication skills, empathy, and profound expertise are necessary prerequisites for a career in urban, regional and territorial planning. Representatives from public administration and private consultancies were in agreement about this. By drawing on their own professional backgrounds, four experts from planning practice discussed career opportunities in planning during the information event for students of landscape architecture and environmental planning on April 29, 2015.

roswitha kirsch-stracke Lehre Praktikantenamt der Fachgruppe Landschaft

biodiversität im urbanen raum – wie?

Biodiversität erlangt vermehrt Aufmerksamkeit auch im urbanen Raum. Doch wie kann die Stadt ihr Potenzial für die biologische Vielfalt entwickeln? Vielfältige Nutzungsansprüche auf engem Raum stellen eine Herausforderung für die Stadtnatur dar. Planungen berücksichtigen primär menschliche Bedürfnisse wie Wohnen, Arbeiten, Verkehr und Freizeit. Lange Zeit war auch die Grünplanung überwiegend auf ästhetisch-funktionale Gesichtspunkte ausgerichtet. Innerstädtische Bereiche werden jedoch zunehmend als für den Artenschutz potenziell wertvolle Flächen wahrgenommen. Mittlerweile legen immer mehr Städte eigene Biodiversitätsprogramme auf, um die biologische Vielfalt im Stadtgebiet zu fördern. Die Vereinbarkeit von mehr Biodiversität in der Stadt mit stadtplanerischen Erfordernissen kann durch die Erschließung oder Optimierung wenig genutzter Flächen unterstützt werden. Hierzu gilt es, Bauweisen zu entwickeln, die Biodiversitätskriterien erfüllen und zugleich die technischen Vorgaben für das Bauen im Freiraum erfüllen. Um den sehr unterschiedlichen Anforderungen zu genügen, ist eine fachübergreifende Zusammenarbeit geboten. Im März 2015 fand am Institut für Landschaftsarchitektur ein interdisziplinär besetzter Workshop zu grundlegenden Fragestellungen im Schnittpunkt von Arten- und Biotopschutz, Stadtplanung und Vegetationstechnik statt. Basierend auf Vorträgen und Diskussion entstand im Ergebnis ein Arbeitspapier als Ausgangspunkt für weitere Forschung. Das Arbeitsgebiet des Naturschutzes bildet das fachliche Fundament für alle Aktivitäten zur biologischen Vielfalt in der Stadt. Der Begriff der Biodiversität umfasst ein breites Spektrum und muss im Hinblick auf das städtische Umfeld spezifiziert werden. Der Naturschutz formuliert die fachlichen Voraussetzungen und gibt Impulse für Stadtplanung und Vegetationstechnik. Fragestellungen aus dieser Sicht sind: • Welche Biodiversitätsziele sind in der Stadt in Ab hängigkeit vom Standort anzustreben? • Welche konkreten Maßnahmen können ergriffen werden, um die Biodiversität in der Stadt zu erhalten?

Im Sinne einer nachhaltigen Stadtentwicklung leistet ein auf biologische Vielfalt ausgerichtetes Stadtgrün einen Beitrag zur Sicherung und zur Verbesserung der Lebensqualität. Dies ist besonders dann wichtig, wenn durch demografische Veränderungen der Druck auf verfügbare Flächen wächst. Ein wichtiger Aspekt ist dabei die Akzeptanz der Stadtbevölkerung für mehr Natur in der Stadt. Schwerpunktmäßig stadtpolitische und stadtplanerische Fragestellungen sind: • Welchen Beitrag zur städtischen Lebensqualität leis ten Maßnahmen zur Erhöhung der Biodiversität? • Welche Hemmnisse treten bei Planungen auf und was befördert die Umsetzung? • Welche Maßnahmen fördern die Akzeptanz „wilder Natur“ in der Stadt? Inwiefern können die Gestal tung und die Folgepflege unter Mitwirkung interes sierter Bewohner erfolgen? Durch innovative vegetationstechnische Bauweisen kann Grün an Orten entstehen, wo Pflanzenwachstum sonst nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich wäre. Darauf aufbauend muss ein zielgerichtetes Pflegemanagement durchgeführt werden. Um diese Maßnahmen im Sinne der Biodiversität zu optimieren, sind Vorgaben aus den Bereichen Naturschutz und Stadtplanung erforderlich. Aus vegetationstechnischer Sicht wird Forschungsbedarf in drei Bereichen formuliert: • Pilotprojekte: Welchen Beitrag zur Biodiversität können Begrünungsmaßnahmen auf Standorten wie Dachflächen leisten? Welche konkreten Vorga ben bezüglich der technischen Ausführung und der Pflege können daraus abgeleitet werden? • Vorgaben für die Vegetationstechnik: Welche Min destgrößen für Flächen und welche baulichen Ele mente zur Herstellung artspezifischer Lebensraum ansprüche werden benötigt? • EDV-gestütztes Flächen- und Pflegemanagement: Wie können die vielen kleinen Biodiversitätsflächen in einem IT-System der kommunalen Verwaltung er fasst, verwaltet und über Auskunftsportale online dem Stadtbürger zugänglich gemacht werden? Um die Biodiversität im urbanen Raum zu fördern, sind engagierte Planerinnen und Planer gefragt, die innovative Ideen entwickeln, und aufgeschlossene Entscheidungsträger, die diese Ideen in den richtigen

Rahmen setzen und für deren Umsetzung sorgen. Die Wissenschaft kann dabei sowohl brückenbildende Instanz zur disziplinübergreifenden Optimierung von Planungsprozessen sein als auch in Forschung und Entwicklung von Methoden und Bauweisen einen konstruktiven Beitrag leisten. Diese Fragestellungen sind in weiteren Publikationen vertiefend diskutiert worden. Der Workshop wurde durch die AULET-Forschungsinitiative gefördert.

biodiversity in urban space – how?  Biodiversity is a growing asset in urban spaces. Inner city areas are perceived as potentially valuable places to enhance nature and to benefit from services it provides. However, land use diversity, confined space, and diverging local qualities pose challenges for increasing biodiversity in dense urban areas. How can the urban fabric unfold its “natural” potential through close cooperation with relevant stakeholders? To approach this question an interdisciplinary workshop took place in March 2015 at the Institute of Landscape Architecture, bringing together the research fields of nature conservation and species protection, urban planning and vegetation technology. The workshop opened a platform for exchange between these disciplines and provided impulses for further research projects. As a result a number of cross-sectorial questions were determined, such as the contribution of biodiversity to high-quality urban life; acceptance by inhabitants of natural structures in densely populated urban areas; issues of green roof technology to meet the needs of biodiversity; ICT support for biodiversity-oriented green space management; improvement of green roof substrates for autochthonous vegetation. The workshop was supported by the AULET Research Incentive.

prof. gilbert lösken, dr. sabine reichwein, daniel westerholt, dialog urban: dr. carlos smaniotto costa; in kooperation mit prof. dr. michael reich, dr. stefan rüter Workshop Institut für Landschaftsarchitektur

175

„crime prevention through urban design and planning“

ausstellung studentischer projektergebnisse im rahmen der konferenz von cost tu1203 

Lehrforschungsprojekt: Raum und Architektur lesen Zur Vorbereitung der studentischen Forschung bot Prof. Dr. Herbert Schubert die Lehrveranstaltung „Raum und Architektur lesen – mit einer ‚Muster-Sprache’ für integrierte Planungs- und Nutzungsperspektiven“ an. Die Frage nach der Zeichenhaftigkeit und nach der Lesbarkeit der gebauten Umwelt stellt sich heute wieder neu, wenn die komplexe Mehrsprachigkeit von Architektur und Nutzung integriert betrachtet wird. Die Qualität der – aus einer Vielzahl von Zeichen zusammengesetzten – Struktur eines Stadtraums ergibt sich durch die spezifische Anordnung von einzelnen Elementen und Mustern. Exemplarisch wurde das an Architektur und städtebaulichen Ensembles gezeigt, deren Zeichen auf der Nutzungsebene beispielsweise Unsicherheit auslösen. Architektursoziologisch lässt sich formulieren, dass in die gebauten Strukturen Regeln mit hineinzuplanen sind, die das Verhalten und die Alltagsroutinen der Nutzenden in die eine oder andere Richtung beeinflussen können. Die baulich inkorporierte Regelstruktur wird wirksam, wenn die Anordnung bzw. Ordnung der Objekte die gewünschten individuellen Handlungsweisen auslöst. Das verfügbare Repertoire an sachstrukturellen, architektonischen und städtebaulichen Gestaltungselementen, Anordnungen und Raummustern ist relativ komplex. Architektur und Städtebau sind vor diesem Hintergrund Medien, die in den materiellen Objekten gesellschaftliche und professionelle (Architektur- und Städtebau-) Regeln vermitteln und lesbar machen müssen. Dazu sind Vermittlungen und Translationen zwischen der professionellen Architekturperspektive und der lebensweltlichen Nutzungsperspektive notwendig. Zur Annäherung an diese Thematik wurde Bezug genommen auf Christopher Alexander und sein 1977 publiziertes Werk A Pattern Language. Die Studierenden lernten, die gebaute Umwelt sowohl unter einer professionel-

176

len als auch unter einer Nutzungsperspektive zu lesen und auf dieser Grundlage gestalterisch weiterzuentwickeln. Lehrforschungsprojekt: So viel Distanz wie nötig, so viel Nähe wie möglich In einem weiteren Vorbereitungsschritt bot Dr. Anke Schröder die Lehrveranstaltung „So viel Distanz wie nötig, so viel Nähe wie möglich – Konzepte und Impulse für das Wohnen und Leben in der Stadt“ an. Mit den sich wandelnden gesellschaftlichen Bedürfnissen verändern sich Anforderungen an Nachbarschaft, Wohnumfeld und öffentliche Räume. Bauliche Strukturen und Gebäude sind hingegen auf Langlebigkeit ausgerichtet. Nicht immer können die Räume den veränderten Nutzungsanforderungen gerecht werden. Um die Anforderungen nach ausreichender Distanz und möglicher Nähe zu Menschen und Orten zu durchdringen, sind soziologische und gesellschaftspolitische Strukturen und Muster zu erkennen und mit den baulich-räumlichen Gegebenheiten abzugleichen. Auf der Grundlage von Kriterien des Ansatzes „Crime Prevention Through Environmental Design“ (CPTED) führten die Studierenden systematische Analysen vorhandener Raumkonstellationen und Bautypologien einzelner Bauepochen durch. Bei der Betrachtung und Analyse der einzelnen Räume sollte sowohl die baulich-räumliche Gestaltung als auch die sozialräumliche Interaktion unterschiedlicher Nutzerinnen und Nutzer Beachtung finden. In einem weiteren Schritt mündeten die erlangten Erkenntnisse in die konzeptionelle (Weiter-)Entwicklung bestehender Raumkonstellationen – dabei wurde das Ziel verfolgt, sicherheitsrelevante Aspekte als Gestaltungselemente für mehr Lebensqualität der Wohnbevölkerung mit baulich-gestalterischen und sozialen Impulsen zu steigern. Ausstellung der studentischen Forschungsergebnisse im Rahmen der internationalen COST-Konferenz „Crime Prevention Through Urban Design and Planning“ in Hannover Der Verstehens-, Entwicklungs- und Anwendungsprozess der „Pattern Language“ und der Kriterien des CPTED-Ansatzes erfolgte exemplarisch anhand von

zwei Beispielen der COST Case Study Hannover – Gilde Carré in Hannover Linden und Forum Herrenhäuser Markt – sowie anhand der hannoverschen Siedlung In den Sieben Stücken aus den 1950er Jahren. Außerdem wurde eine Siedlung der 1970er Jahre im Osten der Stadt Göttingen in die studentischen Forschungen einbezogen. Die Teams führten vertiefende Begehungen an den Orten durch und nutzten für die Analyse der räumlichen Situation (1.) die Liste der Pattern Language und (2.) die CPTED-Prüfliste (in der von der Sicherheitspartnerschaft im Städtebau in Niedersachsen entwickelten Version). Im ersten Schritt wurde analysiert, welche Patterns am Untersuchungsort vorzufinden sind, und im zweiten Schritt wurde bewertet, ob sowohl das jeweilige einzelne Muster als auch die Verknüpfung mehrerer Muster den Anforderungen der Pattern Language entspricht. Mit der CPTED-Prüfliste wurde mehr Tiefenschärfe in die Untersuchung der räumlichen Situation gebracht – teilweise unter spezifischen Perspektiven der Szenario-Methode. Im Anschluss wurden die Analyseergebnisse ausgewertet. Im Sinn einer Synthese wurden die Einsichten in der Pattern-Dimension mit den Einsichten in der Kriterien-Dimension verknüpft. Die Studierenden arbeiteten die Stärken und Schwächen der räumlichen Situation sowie die Chancen und Risiken für architektonische, freiraumplanerische und städtebauliche Interventionen heraus und veranschaulichten in kleinen Entwurfsskizzen den Entwicklungsbedarf. Die studentischen Forschungsergebnisse wurden im Rahmen eines „Student Showcase“ während der Konferenz der COST-Aktion TU1203 am 19. April 2016 in Hannover präsentiert. Der Fokus dieser Action ist auf „Crime Prevention through Urban Design and Planning“ gerichtet. Gegenstand der Konferenz war die deutsche Fallstudie, in deren Blickpunkt neuere Entwicklungen einer interdisziplinären Architektur und Stadtplanung standen, die urbane Räume sicherer machen und Kriminalitätsfurcht verringern.

“crime prevention through urban design and planning” – presentation of students'

research results during the cost action tu1203 Training research project COST – European Cooperation in Science and Technology – is an intergovernmental framework aimed at facilitating the collaboration and networking of scientists and researchers at a European level. The focus of COST Action TU1203 is Crime Prevention through Urban Design and Planning. Its objective is to make a substantial advancement towards the goal of building “safe cities”. The German case study was focused on examples of interdisciplinary planning for new developments and constructions in Lower Saxony and took place on April 19th 2016. The examples were: (1) Gilde Carré in Hannover Linden; (2) Forum Herrenhäuser Market, and (3) Eichenpark Langenhagen. The conditions for the new interdisciplinary planning culture were created by the “Security Partnership in Urban Planning and Design in Lower Saxony”. The Partnership brought together all the main agencies of urban development. The different professions of urban planning, architecture, landscape architecture, police, community work, economy, urban administration, real estate management, waste management, and institutions for teaching architecture and urban planning at universities work together in conjunction to encourage reducing the opportunities for crime, avoiding the fear of crime, and creating a more secure environment in rural communities and urban areas. One key objective of the Partnership has been education and training in urban planning, urban and landscape design at universities. Therefore students of the Faculty of Architecture and Landscape (Leibniz University Hannover) analysed housing stocks with the Pattern Language of C. Alexander and with criteria of Crime Prevention through Environmental Design in the winter semester 2015 – 2016. The results of the studentsʼ research were shown in a “Student Showcase” during the COST meeting in Hannover – among them were the examples of the Case Study Hannover. The students had interesting discussions with the international experts and guests.

Ausstellung der studentischen Forschungsergebnisse im Rahmen der internationalen COST-Konferenz

dr. anke schröder, prof. dr. herbert schubert Internationale Konferenz Institut für Geschichte und Theorie, Planungs- und Architektursoziologie

177

faculty news

neuberufungen und verabschiedungen

besondere auszeichnungen

> SEITE 180

> SEITE 180

ausstellungen

wettbewerbe

neue mitgliedschaften

> SEITE 181

> SEITE 181

> SEITE 182

gäste und vorträge

internationale kontakte und gastaufenthalte

dissertationen

> SEITE 182

> SEITE 184

> SEITE 183

exkursionen

abgeschlossene forschungsprojekte

neue forschungsprojekte

> SEITE 188

> SEITE 188

publikationen

symposien und workshops

kooperationen

> SEITE 189

> SEITE 190

> SEITE 191

> SEITE 184

neuberufungen und verabschiedungen prof. andreas quednau wurde für Oktober 2015 auf die Universitätsprofessor für Städtebauliches Entwerfen am Institut für Entwerfen und Städtebau der Leibniz Universität Hannover berufen. 2001 gründete er mit Sabine Müller in Rotterdam das Büro SMAQ für Architektur, Städtebau und Research, das seit 2005 von Berlin aus arbeitet. Seit 2005 lehrte er an der Technischen Universität Berlin und der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart, wo er von 2009 bis 2015 Professor für Öffentliche Gebäude, öffentlichen Raum und Städtebau war. Prof. Quednau wurde mit mehreren internationalen Preisen ausgezeichnet, unter anderem mit dem Architectural Review Award for Emerging Architects und dem Holcim Award for Sustainable Construction. Seine Arbeiten wurden in den Architekturbiennalen in Miami, Rotterdam und Venedig gezeigt. Zu seinen Veröffentlichungen zählen „Charter of Dubai – A Manifesto for Critical Urban Transformation“ (Jovis Verlag, Berlin 2012) und „Giraffes, Telegraphs and Hero of Alexandria – Urban Design by Narration“ (Ruby Press, Berlin 2016).

andreas garkisch verabschiedet sich nach seiner Vertretung der Professur für Städtebauliches Entwerfen im Wintersemester 2014 / 2015 und Sommersemester 2015 von der Leibniz Universität Hannover. Wir bedanken uns für sein Engagement und wünschen alles Gute!

dr. christian albert Seit April 2016 hat Dr. Christian Albert am Institut für Umweltplanung eine neue Juniorprofessur für Landschaftsplanung und Ökosystemleistungen inne. Die Professur steht im Zusammenhang mit der Leitung der interdisziplinären Nachwuchsforschungsgruppe PlanSmart, die im Rahmen der Sozial-Ökologischen Forschung (SÖF) des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird. Übergeordnetes Ziel von PlanSmart ist es, Wissen für eine intelligente Planung naturbasierter Lösungen zur Bewältigung wasserbezogener Herausforderungen von Stadt-Umland-Regionen zu entwickeln.

besondere auszeichnungen

studiengang architektur an der leibniz universität hannover in den domus guide 2015 aufgenommen Der Studiengang Architektur der Leibniz Universität Hannover ist in den DOMUS Guide EUROPE’S TOP 100 SCHOOLS OF ARCHITECTURE AND DESIGN aufgenommen worden. Neben der Leibniz Universität Hannover werden nur zwei weitere deutsche Hochschulen in den Top 50 der Architekturschulen genannt. Ausschlaggebend für die Aufnahme in den DOMUS Guide sind gute Referenzen für die Qualität der Ausbildung, eine gute technische Ausstattung und deren Einbindung in die praktische Anwendung. Darüber hinaus sind gute Referenzen von renommierten Architekten und Designern von Bedeutung.

che-hochschulranking 2016: architektur an der leibniz universität erneut in der spitzengruppe architektur Studierende der Leibniz Universität Hannover sind äußerst zufrieden mit ihrer Studiensituation und dem wissenschaftlich-künstlerischen Bezug ihres Studienfachs. Für diese und andere Bereiche gaben sie im CHE-Hochschulranking 2016, das im ZEIT-Studienführer erschienen ist, hervorragende Bewertungen ab. Das Fach Architektur an der Leibniz Universität erreichte erneut einen Spitzenplatz. Mit diesen Bewertungen konnte die Architektur ihre sehr guten Ergebnisse aus den CHE-Rankings 2010 und 2013 bestätigen.

prof. dr. joachim ganzert hat sich nach 13-jäh-

zwei hochschulpreise der niedersächsischen akademie ländlicher raum e.v. (alr) an die fakultät für architektur und landschaft Zum ausgeschriebenen Jahresthema „Pers-

riger Leitung der Abteilung Bau-/Stadtbaugeschichte am Institut für Geschichte und Theorie der Architektur mit einer Tagung zur Herrschaftsthematik (Herrschaftsverhältnisse und Herrschaftslegitimation. Bau- und Gartenkultur als historische Quellengattung hinsichtlich Manifestation und Legitimation von Herrschaft) in Hamburg (zusammen mit Prof. Inge Nielsen) und mit einem Arbeitsbericht zu seiner Tätigkeit in Forschung und Lehre an der Fakultät sowie einer kritischen Auseinandersetzung mit der Architektenausbildung in den Ruhestand verabschiedet.

pektive Ländlicher Raum Niedersachsen – Innovation. Zukunft. Transfer“ erreichte Falco Knaps mit seiner Masterarbeit am IUP, „Potentiale von Cultural Markers zur Bildung raumbezogener Identität“, betreut von PD Dr. Sylvia Hermann, den zweiten Platz. Der dritte Preis ging an Janina Kempe für ihre Masterarbeit „Natur.Werk.Hof – Bildungszentrum für Naturbaustoffe“, ein Umnutzungskonzept für ein Gehöft in Südniedersachsen. Diese Arbeit wurde von Prof. Alexander Furche (IEK) und Prof. Jörg Schröder (IES) betreut.

180

sarah hartmann wurde für die Vorstellung ihrer Dissertation und der Teilnahme an der internationalen Konferenz „Urbanism and Urbanization“ an der EPFL Lausanne im Oktober 2015 mit einem Konferenzstipendium der Graduiertenakademie der Leibniz Universität Hannover ausgezeichnet. Thema der Konferenz war „The Horizontal Metropolis: a Radical Project”. Horizontal Metropolis wurde sowohl als Bild als auch als Konzept verstanden. Das Statement bezieht sich auf einen bestimmten räumlichen Zustand, der durch Horizontalität von Infrastruktur, Urbanität, Land-Stadt-Beziehungen, Kommunikationsformen, Verkehr und Wirtschaftssysteme geprägt wird.

ausstellungen refugees welcome – im ait-architektursalon hamburg Der AIT-ArchitekturSalon Hamburg widmete dem Thema Unterbringung von Geflüchteten eine eigene Ausstellung, die mit einer Podiumsdiskussion am 11. November 2015 eröffnet wurde. Die Ausstellung baut auf der im Juli 2015 erschienenen Publikation „Refugees Welcome – Konzepte für eine menschenwürdige Architektur“ auf. Basierend auf einem Entwurfsprojekt des Instituts für Entwerfen und Gebäudelehre, Prof. Friedrich, präsentieren die Herausgeber Jörg Friedrich, Simon Takasaki, Peter Haslinger, Oliver Thiedmann und Christoph Borchers Handlungsstrategien und konkrete architektonische Konzeptmodelle für innovative und prototypische Formen des Wohnens für Flüchtlinge, die von Studierenden erarbeitet wurden.

Foto: Julian Martitz

home not shelter! – gemeinsam leben statt getrennt wohnen ist eine hochschulübergreifende Initiative zur Schaffung von integrativen Wohnlösungen für Migranten und Studierende. Projektbeteiligte sind die Hans Sauer Stiftung München als Träger, die Jade Hochschule Oldenburg vertreten durch Hans Drexler, die TU Wien vertreten durch Alexander Hagner, die TU München vertreten durch Sophie Wolfrum sowie die TU Berlin vertreten durch Ralf Pasel. Zudem beteiligt sich als Partner Jörg Friedrich von der Universität Hannover. Nach Abschluss des Wintersemesters 2015 / 2016 sind in den Entwurfsseminaren der teilnehmenden Hochschulen zahlreiche Projekte entstanden, die die Unterbringung von Asylsuchenden neu definieren und als Inspiration für ArchitektInnen, StadtplanerInnen, PolitikerInnen, InvestorInnen und BürgerInnen dienen können. Diese wurden in der Architekturgalerie München im Rahmen der Ausstellung WIR MACHEN DAS! vorgestellt.

zv-bauherrenpreis´14 Die Ausstellung der nominierten und prämierten Projekte des österreichischen Bauherrenpreises 2014 machte Station an der Fakultät für Architektur und Landschaft in Hannover. Eine Kooperation des Instituts für Entwerfen und Gebäudelehre von Professor Zvonko Turkali, dem Bund Deutscher Architekten (BDA) Niedersachsen und der Zentralvereinigung der ArchitektInnen Österreichs zeigte gemeinsam vom 28. April bis 12. Mai 2015 im „Großen Foyer“ der Fakultät für Architektur und Landschaft 27 Bauten aus ganz Österreich. Vor mehr als 100 Gästen eröffnete der renommierte Architekturpublizist und Jurymitglied Otto Kapfinger mit einem Vortrag über die Besonderheiten der Architektur in der Alpenrepublik die Ausstellung, die einen repräsentativen Überblick über die aktuelle Landschaft der österreichischen Architekturszene gab. Die Beiträge zeichnen sich durch die intensive Kooperation von BauherrInnen und ArchitektInnen aus. Sie sind von innovatorischem Charakter, in ihrer architektonischen Gestalt vorbildlich und sie leisten darüber hinaus einen positiven Beitrag zur Verbesserung des Lebensumfeldes.

Quelle BDA Niedersachsen, Foto: Andreas Bormann

der turmbau zu babel – massstab oder anmassung? Als fächerübergreifende Gegenüberstellung von Forschungsergebnissen zur Ziqqurat von Babylon im Kontext ihrer biblischen Erwähnungen und im Hinblick auf zeitgenössische Turmbauten konzipierte Prof. Dr. Ganzert 1994 eine Ausstellung mit dem Untertitel „Maßstab oder Anmaßung?“, die sich auf Grundlage einer detaillierten Befunddarstellung anhand von Plänen, Texten und Modellen vor allem der Frage nach einer epochenübergreifenden und gerechten Urteilsbildung innerhalb einer Angemessenheitsdiskussion widmet. Im Wintersemester 2015 / 16 organisierte die Abt. Bauund Stadtbaugeschichte die Wiederschau dieser Ausstellung im kleinen Foyer der Fakultät.

wettbewerbe proklima-wettbewerb 2015 Die Abteilung Gebäudetechnik des IEK betreute im Sommersemester 2015 den bislang 14. von proKlima – Der enercity-Fonds ausgelobten studentischen Architekturwettbewerb mit dem Thema „Energiebündel – eine Kindertagesstätte im Passivhausstandard“. Auf einem Grundstück am südwestlichen Rand des zero:e parks im Stadtteil Wettbergen wurden von den Studierenden anspruchsvolle Lösungen für eine Betreuungseinrichtung, bestehend aus Kita und Krabbelgruppe, präsentiert. Mit einer Preisverleihung und einer Ausstellung im Großen Foyer der Fakultät wurden am 30. Oktober 2015 die 18 Wettbewerbsbeiträge

181

Quynh Thao Nguyen (1. Preis), Simon Beckmann (2. Preis), Nele Fülscher/Linda Kauffmann (2. Preis) und Joanna Baszynska (3. Preis) präsentiert. Der enercity-Fonds unterstützte den Wettbewerb mit rund 16.000 Euro. Dies bot die Möglichkeit, sowohl die Preisgelder als auch Honorare von Gastdozenten für begleitende Seminare und Software-Werkzeuge für die Studierenden zu finanzieren.

aiv Zur Förderung der Zusammenarbeit von Architekten und Ingenieuren wurde im WiSe 2014/15 ein beschränkter Wettbewerb für Studierende beider Fakultäten der Leibniz Universität durchgeführt. Kooperationspartner waren die Abteilung Tragwerke des Instituts für Entwerfen und Konstruieren und das Institut für Massivbau der Fakultät für Bauingenieurwesen und Geodäsie. Als Thema wurde der Entwurf eines Brückenrestaurants im Bereich der Raststätte Lehrter See an der Autobahn A2 unter Berücksichtigung städtebaulicher, gebäudeplanerischer und konstruktiver Belange, insbesondere in Bezug auf das Tragwerk, gewählt. Die Studierenden, die sich bereits beim einleitenden Workshop vor Ort zu interdisziplinären Teams formierten, erarbeiteten eine erfreuliche Bandbreite an Lösungsansätzen. Die von der Wettbewerbsjury prämierten Arbeiten wurden im Rahmen des DAI-Tages vom 25. bis 27. September 2015 in Hannover der Öffentlichkeit vorgestellt.

schlaun-wettbewerb hamm 2040 Die beiden Studierenden Marius Meissner und Johannes Oldenburg haben bei dem vom Schlaun-Forum deutschlandweit ausgeschriebenen studentischen städtebaulichen Ideenwettbewerb eine Anerkennung erhalten und wurden damit für ihre hervorragende künstlerische und technisch-wissenschaftliche, nachhaltige Planungsleistung ausgezeichnet. Gegenstände des Wettbewerbsbeitrags sind die städtebauliche Entwicklung von Reserveflächen im Innenstadtbereich von Hamm sowie die Aufhebung der Barrierewirkung zwischen Innenstadt und angrenzender Auenlandschaft durch räumliche und funktionale Vernetzungen. Die Arbeit wurde durch das Institut für Entwerfen und Städtebau, Abteilung Stadt- und Raumentwicklung, betreut.

182

johannes-göderitz-preis Das Institut für Entwer-

meike levin-keitel, IUP, ist seit 2015 Mitglied des

fen und Städtebau, Abteilung Stadt- und Raumentwicklung (Vertr. Prof. Carl Herwarth von Bittenfeld), ist Veranstalter des diesjährigen Johannes-Göderitz-Preises. Unter dem Titel „Berlin an neuen Orten“ beschäftigt sich der studentische städtebauliche Ideenwettbewerb mit dem Thema Stadterweiterung. Am Beispiel der 70 Hektar großen Elisabeth-Aue in Berlin-Pankow sollen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer innovative und zukunftsfähige städtebauliche Konzepte für eine Außenentwicklung im 21. Jahrhundert entwickeln und so den aktuellen Diskurs zu diesem Thema fördern. Neben der Leibniz Universität nehmen die Technischen Universitäten Berlin und Braunschweig, die Hafencity Universität Hamburg sowie die Universität Kassel an dem mit 3000 Euro dotierten Wettbewerb teil.

Early Career Investigators’ Network (ECIN) des INOGOV COST-Netzwerks.

der lavespreis 2015 wurde am 27. Januar 2016 um 18 Uhr im Laveshaus der Architektenkammer Niedersachsen verliehen. Folgende Studenten der Fakultät für Architektur und Landschaft der LUH waren unter den Preisträgern: 1. Preis: Luis Arturo Cordon Krumme – Auf den Spuren der Mayas – Ein neues Forschungs- und Besucherzentrum für die alte Akropolis Tikal 3. Preis: Heiko Lubs – Ein Begegnungszentrum für die Leibniz Universität Hannover Anerkennung: Paul Eichholtz – Weiße Düne – Restaurant und Hotel am Steinhuder Meer; Sven Petersen – Bremer Hinterhof Der Fakultät für Architektur und Landschaft der Leibniz Universität Hannover wurde die Belobigung für die Hochschule mit den insgesamt erfolgreichsten Arbeiten ausgesprochen und ein Betrag in Höhe von 2000 Euro zur Förderung der Ausbildung im Studiengang Architektur zuerkannt.

prof. dr. christina von haaren, IUP, ist für die 4. Berufungsperiode von Januar 2015 bis Dezember 2017 in die Kommission „Bodenschutz“ des Umweltbundesamtes (UBA) berufen worden. Die Kommission soll den Bodenschutz mehr in den Fokus der Umweltpolitik rücken. prof. dr. christina von haaren, IUP, wurde zum 1. Juli 2015 für vier Jahre in den Aufsichtsrat des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) berufen. Mit rund 1100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erforscht das UFZ an seinen drei Standorten in Leipzig, Halle / Saale und Magdeburg die komplexen Wechselwirkungen zwischen Mensch und Umwelt in genutzten und gestörten Landschaften, insbesondere in dicht besiedelten städtischen und industriellen Ballungsräumen sowie naturnahen Landschaften.

gäste und vorträge vorträge im rahmen der vortragsreihe „dienstags um 6“ im sommersemester 2015 reinhard seiss (Stadtplaner und Filmemacher, Wien), Filmvorführung im Kino im Sprengel mit anschließender Diskussion: Häuser für Menschen. Humaner Wohnungsbau in Österreich

otto kapfinger (Architekturwissenschaftler und Publizist, Wien), Vortrag und Ausstellungseröffnung: Österreichischer Bauherrenpreis 2014

neue mitgliedschaften

reiner nagel (Vorstandsvorsitzender Bundesstiftung Baukultur, Berlin): Gebaute Lebensräume der Zukunft – die Rolle der Baukultur

pd dr. sylvia herrmann, IUP, wurde für 2016 zur Vorsitzenden der Jury des Hochschulpreises der Niedersächsischen Akademie Ländlicher Raum e.V. gewählt.

kas oosterhuis (ONL Rotterdam, Professor Hyperbody TU Delft): Informed Design Strategies – Internalizing Continuous Variation

tobias wulf (wulf architekten, Stuttgart), Ausstellungseröffnung und Vortrag: Identität durch Suche

tobias mannewitz (KARAKTER Design Studio, Berlin): Architektur in der Fiktion – fiktive Architektur?

mike schlaich (Schlaich Bergermann und Partner): Kreative Konstruktion vorträge im rahmen der vortragsreihe „dienstags um 6“ im wintersemester 2015 / 16 prof. dipl. des. fritz frenkler (TU München): Die unerträgliche Leichtigkeit des Designs – Wie Design das Leben leichter machen kann

prof. dr. michael jakob (EPFL Lausanne – Hepia Genf ), Vortrag und Ausstellungseröffnung: The Swiss Touch in Landscape Architecture

eike roswag-klinge ( Ziegert – Roswag – Seiler Architekten Ingenieure, Berlin): Natürlich Bauen – Architekturkonzepte für die Post-Fossil-Society

prof. anne-julchen bernhardt (BeL, Sozietät für Architektur, Köln): Carte Blanc

prof. jan knippers (Universität Stuttgart): Biological Design and Integrative Structures

prof. andreas quednau (SMAQ – architecture urbanism research): nach bau stadt haltigkeit (Antrittsvorlesung)

internationale kontakte und gastaufenthalte erasmus sta university of trento – arch. maddalena ferretti phd Im Rahmen des Erasmus Programms für die Internationalisierung der Lehre erhielt Arch. Maddalena Ferretti Ph.D. vier Erasmus-Teaching-Mobility-Förderungen an der Universität Trento (IT). Zwei Lehrbesuche wurden im Jahr

2015 (September bis November) und zwei im Jahr 2016 gefördert. Die Lehrtätigkeit vor Ort umfasste Vorträge, Diskussionen und Besprechungen mit den Studierenden des Entwurfsprojekts „TRENTO_NEXT“. Im Entwurf wurde die Stadtstruktur Trients analysiert und darauf aufbauend eine Recyclingstrategie für die ungenutzten Areale der Stadt entwickelt. Durch Vorschläge neuer öffentlicher und nachhaltiger Nutzungen soll eine integrierte und ökologische Transformation der gesamten Stadt angeregt werden.

phd forschungsaufenthalt – arq. yara cristina labronici baiardi (supervisor: prof. jörg schröder) Yara Baiardi von der UPM Mackenzie Presbyterian University in São Paulo wird für einen elfmonatigen Forschungsaufenthalt an der LUH vom nationalen Forschungsrat Brasiliens (CNPq Conselho Nacional de Desenvolvimento Cientifico e Tecnológico) gefördert. Ihre Forschung mit dem Titel „Hubs of Mobility“ stellt dar, dass Metrostationen in São Paulo nicht nur als intermodale Knoten für nachhaltige Mobilität optimiert, sondern vor allem Motor neuer urbaner Dynamik werden können. Im Kontext tiefgreifender veränderter Beziehungen zwischen Wohnen, Arbeiten, Freizeit und Bewegung der Megacity können die Metrostationen wichtige Punkte der Stadtentwicklung werden, die gerade auch die Themen des öffentlichen Raums und der urbanen Identität ansprechen. Die in der Forschung vorgeschlagene Diskussion, die Modernisierung intermodaler Stationen in vielfachen urbanen Bewegungsnetzen mit strategischer Stadtentwicklung zu verbinden, betrifft für São Paulo wesentliche Themen der Zentralität, Polyzentralität und Ausdehnung. Die mögliche neue Bedeutung von Städtebau in größeren wie auch lokalen Kontexten für die Zukunft der Stadt stellt die aktuelle Hyperfragmentierung in monofunktional optimierten Räumen damit kreativ und produktiv infrage.

konferenz rurbance Die Schlusskonferenz von RURBANCE wurde am 06.05.2015 auf der EXPO 2015 „Feeding the Planet – Energy for Life in Mailand“ veranstaltet, organisiert von der Regierung der Region Lombardei.

Das Projekt RURBANCE arbeitete an rural-urbanen inklusiven Governancestrategien und -werkzeugen für die nachhaltige Entwicklung sich transformierender alpiner Territorien und wurde 2012 – 15 im Alpenraumprogramm der Europäischen Union gefördert. Die Abteilung Regionales Bauen und Siedlungsplanung Prof. Jörg Schröder war als wissenschaftlicher Partner im Projekt unter anderem für die Koordination des Bausteins „Integrierte Territoriale Vision“ zuständig. Prof. Schröder leitete das Panel „Rural-urbane Landschaftsund Territorialplanung“ der Schlusskonferenz. Die Ergebnisse von RURBANCE werden im Prozess der Aufstellung einer makroregionalen Strategie für die alpine Region verwendet.

konferenz r.e.d.s. 2 alps.2 R.E.D.S. „Resilient Ecological Design Strategies“ ist ein internationales Netzwerk von Universitäten, das seit 2013 Konferenzen zu landschaftlichen und ökologischen Aspekten des Städtebaus organisiert. Als Plattform unterstützt R.E.D.S. Forschungsinitiativen, Publikationen und Workshops, die einen ökologischen Ansatz im Entwurf verfolgen. Die Abteilung Regionales Bauen und Siedlungsplanung als Teil des Netzwerks von R.E.D.S. hat die Konferenz mit dem Titel „Flowing Knowledge“ im Januar 2016 unterstützt. Die Konferenz wurde von der Universität Trient organisiert und fand in Bozen und Trient (Italien) statt. Prof. Jörg Schröder war Keynote Speaker mit „Territories. Design Flows“, Arch. Maddalena Ferretti PhD und Arch. Emanuele Sommariva PhD waren im wissenschaftlichen Kommittee zur Vorbereitung der Konferenz und auch Sprecherinnen einzelner Diskussionsrunden.

konferenz alpine baukultur Die Schlusskonferenz von AlpBC wurde am 22.04.2015 in Salzburg veranstaltet, im Rahmen der Aktivitäten von CESBA. Das Projekt AlpBC wurde 2012 – 15 im Alpenraumprogramm der Europäischen Union gefördert, die Abteilung Regionales Bauen und Siedlungsplanung Prof. Jörg Schröder (IES) war wissenschaftlicher Partner. AlpBC erarbeitete Strategien, um alpine Baukultur zu bewahren und zu fördern, im breiteren Kontext von Territorialentwicklung und Nachhaltigkeit.

183

Es zielt darauf ab, lokale Akteure zu unterstützen, um das herausragende kulturelle Erbe des Alpenraums auch als Element regionaler Identitäten und der Wirtschaftsentwicklung im Wert zu steigern.

energieeffiziente siedlungsentwicklung In Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Ingenieurund Architektenverein SIA beteiligte sich Prof. Dr. Barbara Zibell im Auftrag des Schweizerischen Berufsverbandes FSU an der Vorbereitung und Durchführung des Raumplanungstags der Swissbau 2016 im Rahmen des Swissbau Focus „Rettung durch Technik?“ mit einem Workshop zur energieeffizienten Siedlungsentwicklung. Grundlage war eine Studie des Schweizerischen Bundesamtes für Energie zur Umsetzung der Schweizerischen Energiestrategie 2050, in die sie als Mitglied der Begleitgruppe involviert war. Teilnehmende waren der Zürcher Architekt Andreas Herczog und die Direktorin des Schweizerischen Städteverbandes SSV, Renate Amstutz. gender assessment universität bern Im Rahmen eines Studienauftrags zur „Arealentwicklung Uni Mitte Bern“, bei dem es darum ging, einen zentralen Teil der Stadtuniversität im gemischt genutzten Berner Länggass-Quartier zukunftstauglich zu entwickeln, hatte Prof. DR. Barbara Zibell von Juli 2015 bis Februar 2016 Gelegenheit, als Mitglied des Begleitgremiums die Perspektive eines alltags- und gendergerechten Planens und Bauens in die Konzepte der beteiligten Architektenteams aus Zürich, Genf und Basel einfließen zu lassen. Das Verfahren, das von der kantonalen Baudirektion geleitet wurde und eine Reihe von Workshops umfasste, wurde in einem abschließenden Bericht dokumentiert, der auch die Stellungnahme der Gender-Expertin enthält.

dr. frank scholles, IUP: viertägiger Gastaufenthalt an der Università degli studi di Bologna im Rahmen des EU-Programms ERASMUS + Teacher Mobility sowie zusammen mit Magrit Putschky fünftägiger Gastaufenthalt an der Université François Rabelais de Tours, ebenfalls im Rahmen des EU-Programms ERASMUS + Teacher Mobility.

184

planung, naturschutz und kulturelles erbe – deutsch-französisches planungsseminar 2015 in vannes, département morbihan Vom 3. bis 11. Oktober 2015 beschäftigten sich je 21 Studierende der Leibniz Universität Hannover und der Ecole d‘ingénieurs Polytechnique de l‘Université de Tours unter Leitung von Dr. Eric Thomas, Dr. Frank Scholles und Dipl.-Ing. Magrit Putschky intensiv mit dem Département Morbihan in der Bretagne und seinem kulturellen wie natürlichen Erbe. Die Teilnehmenden bekamen die Möglichkeit, sich theoretisches Wissen über das Département anzueignen und konnten bei den Besichtigungen vor Ort das gewonnene Wissen nachvollziehen und vertiefen. Besonders der flächenschonende Umgang mit dem Wachstum von Wirtschaft und Bevölkerung in einem Naturparkgebiet wurde immer wieder thematisiert. Zu Beginn war die Gruppe Gast beim Conseil Départemental du Morbihan. Dort wurden die Infrastrukturpolitik und die Umweltpolitik des Départements am Beispiel von Verfahren der ländlichen Neuordnung und des Straßenbaus vorgestellt. Aufgrund europäischer Vorgaben nähern sich die deutschen und französischen Verfahrensabläufe immer mehr an und die französischen Umsetzungen erscheinen mangels Konzentrationswirkung der Zulassungen noch komplizierter als die deutschen. Eine große Rolle spielt in der Südbretagne der vom Klima und vom Meer begünstigte wassergebundene Tourismus. Im Golfe du Morbihan (bretonisch für „kleines Meer“) wurde ein Gleichgewicht zwischen Bootstourismus, Austernzucht/Fischerei und Naturschutz gefunden, das immer wieder herausgefordert wird. Der Golf ist Natura-2000-Gebiet und Kern des erst 2014 gegründeten Naturparks „PNR du Golfe du Morbihan“. Als regionale Gebietskörperschaft ist der Naturpark bereits ein bedeutender politischer Akteur, der zum Beispiel Restriktionen für die kommunale Planung setzt – sehr zum Missfallen der Bauleitplaner des Verdichtungsraumverbands Vannes-agglo und der Stadt Vannes. Schließlich ging es in der Département-Hauptstadt Vannes um nachhaltige Stadtentwicklung und die Nutzung und Gestaltung der historischen Altstadt als „secteur saufgardé“. Nicht nur hier berät der Verein für

Architektur, Städtebau und Umwelt (CAUE) Gemeinden und private Bauherren praktisch, finanziert vom Département und aus Bauantragsabgaben. Abschließend wurde das Weltkulturerbe „Steinreihen von Carnac“ besichtigt und in Larmor-Baden der Umgang mit Austern in einer Austernzucht vorgeführt.

dissertationen carolin galler, 29. Juni 2015: Multifunktionalität im administrativen Handeln – Optimierung multipler Umweltwirkungen von Maßnahmenkonzepten der vorsorgenden Umweltplanung und ihre institutionellen Voraussetzungen (von Haaren [IUP], Evers [Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn])

nirza fabiola castro gonzáles, 20. August 2015: Potenziale des Jatropha-curcas-Anbaus für eine nachhaltige Produktion von Biodiesel in Bolivien (Rode [IUP], Fischedick [Bergische Universität Wuppertal]) monika von haaren, 11. Januar 2016: Bewertung des Wasserverbrauchs im landwirtschaftlichen Ackerbau unter Berücksichtigung des Klimawandels – Entwicklung einer Methode für die Managementsoftware MANUELA am Beispiel eines Ackerbaubetriebs in Nordost-Niedersachsen (Herrmann [IUP], Brunotte [Humboldt-Universität Berlin])

exkursionen porto Vom 25. bis 30. Mai 2015 organisierte das IEG, Abteilung Stadt Raum Gestaltung eine Exkursion nach Porto, Portugal. Durch die strategische Lage am Atlantischen Ozean entwickelte sich Porto seit dem 18. Jahrhundert zum wirtschaftlichen und kulturellen Zentrum Portugals. Die Azujelos am wundervollen Hauptbahnhof und die historischen Markt- und Lagerhallen erzählen von der Geschichte einer wichtigen Handels- und Hafenstadt. Heute offenbart der auffällig hohe Leerstand in den Einkaufsstraßen, direkt angrenzend an das historische Stadtzentrum am Duoro, die

wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Landes. Im Fokus der Exkursion standen die Einflüsse Fernando Tavoras auf die zeitgenössischen Architekten Alvaro Siza und Souto de Moura. Mit ihrer ortsbezogenen und modernen Haltung prägten sie das Stadtbild und die Architekturlehre Portos nachhaltig. Die Casa da Musica von Rem Koolhaas, die Konstruktion des Fußballstadions in Braga und eine Brücke von Gustave Eiffel ergänzten unter anderem das vielfältige Programm unserer viertägigen Reise.

statt. Zum Abschluss hatten die Studierenden die Möglichkeit, ihre interessanten Entwürfe in der besonderen Atmosphäre des alten Gemäuers zu präsentieren. Besonderer Dank gilt Frau Prof. Marasović für ihre Führung durch das römische Split und die Bereitstellung der einzigartigen Räumlichkeiten.

vorarlberg Im WS 2015 / 16 organisierte das IEK, Abteilung Entwerfen und Baukonstruktion, Prof. Michael Schumacher, vom 12. bis. 14. November 2015 eine studentische Exkursion nach Vorarlberg, Österreich. Die von Patrick Gerstein geführte Exkursion diente unter anderem den Grundstücksbesichtigungen für das Projekt Lang „MilchGut“ und für die Bachelorthesis „MilchHaus“, beides Projekte im landschaftlichen Kontext der Vorarlberger Alpen. Neben einigen Bürobesuchen unter anderem bei Martin Rauch, der ausnahmsweise auch durch sein Privathaus führte, und Dietmar Eberle, der in seinen neuen Büroräumlichkeiten empfing, wurden der islamische Friedhof von Bernado Bader sowie sein Privathaus und der Werkraum von Peter Zumthor besichtigt.

split und trogir im Oktober 2015 veranstaltete das Institut für Gebäudelehre und Entwerfen unter der Leitung von Prof. Zvonko Turkali eine Exkursion nach Kroatien. Im Rahmen des Projekts Lang „Ein Haus der Kulturen“ wurde in der Altstadt von Trogir eine gemeinsame Ortsbesichtigung unternommen. Darüber hinaus fand in einem Turm des spätrömischen Diokletianspalastes ein zweitägiger Stegreifentwurf zur Neugestaltung der Uferpromenade von Trogir

rom Die Exkursion nach Rom (Abteilung Regionales Bauen und Siedlungsplanung, Prof. Jörg Schröder) wurde im Wintersemester 2015 / 16 im Rahmen des Forschungsprojekts ROMA 20  –  25 durchgeführt. In dem Projekt kooperierten 25 internationale Fakultäten für städtebauliche Ideen zur Zukunft der neuen Metropolstadt Rom, die sich als Stadt-Land-Gebilde über die Tiberebene in Latium erstreckt. ROMA 20 – 25 wird finanziert von der Stadt Rom und dem Museum MAXXI, Nationalmuseum für die Kunst des 21. Jahr-

hunderts. Zusätzlich zu der Videoinstallation – die neben der Ausstellungsskulptur im Museum MAXXI gezeigt wurde – war das Ziel für die Studierenden, wesentliche Strukturen und damit verbundene Leitbilder der Stadtentwicklung Roms von der Antike über die Barockzeit bis ins 20. Jahrhundert kennenzulernen. Höhepunkt der Exkursion war die Vernissage der Ausstellung der 25 Fakultäten im Museum MAXXI. zehn orte in norddeutschland Für die Feldforschung im Rahmen des Seminars LAND PORTRÄTS (Abteilung Regionales Bauen und Siedlungsplanung, Prof. Jörg Schröder) untersuchten Studierende zehn Orte in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Mit den „Land Porträts“ werden die räumlichen Figuren von Dörfern, historischen Monumenten und Ensembles, Wohn- und Freizeitsiedlungen, Infrastrukturen, Landwirtschaft und Naturräumen für die ausgewählten Orte systematisch erfasst. Architektur und Siedlungsstrukturen nicht nur als Handlungsfeld, sondern als Impulsgeber können für die nachhaltige Entwicklung von Orten und Regionen eine grundsätzlich neu verstandene und aktive Rolle übernehmen: Welche Werkzeuge für Analyse und Kommunikation sind dafür zu wählen und zu erfinden? Wieso und wie ist räumliche Analyse untrennbar mit Entwurf verbunden? Wie kann Entwurf als Erkenntniswerkzeug, nicht nur als Handlungswerkzeug für die Zukunft von Land und Stadt genutzt werden? „kreativwirtschaft und stadt“ hamburg Im Rahmen des Entwurfs Stadt „Oberhafen Hamburg“ unternahm das Institut für Entwerfen und Städtebau unter Leitung von Prof. Andreas Quednau im November 2015 mit den Studierenden eine Exkursion nach Hamburg. Im Mittelpunkt der Exkursion stand die Bedeutung des Zusammenspiels von Kreativwirtschaft und Stadtentwicklung für die Stadt Hamburg. Neben dem Besuch mehrerer Kreativstandorte in der Stadt wurden bei Besichtigungen des Entwurfsgebiets Oberhafen bei Führungen und Bootsfahrten durch das Hafengebiet sowie in Gesprächen mit den unterschiedlichen Akteuren vor Ort die besonderen Gegebenheiten, Herausforderungen und Möglichkeiten im Oberhafen anschaulich.

185

bodensee | die exkursion see // orte (Abteilung Regionales Bauen und Siedlungsplanung, Prof. Jörg Schröder, Dipl.-Ing. Sarah Hartmann, Arch. Maddalena Ferretti PhD, Arch. Emanuele Sommariva PhD) fand im Wintersemester 2015/16 im Rahmen des Projekts lang (Master) und des Entwurfs Stadt (Bachelor) statt. Die 40 Teilnehmer besuchten den Entwurfsort Lindau, die Uferzone von Bregenz und die Region Vorarlberg. Ziel der Exkursion war es, Architekturen und Orte in Stadt und Land um den Bodensee zu entdecken: Was macht Bauen und Planen um den Bodensee aus? Welche historischen Strukturen und Muster bieten Grundlagen für zukünftige Entwicklung? Wie reagieren aktuelle Architekturprojekte auf diese besondere räumliche Situation, von welchen Zukunftsszenarien gehen sie aus? Und welchen Beitrag leisten sie zu Identitäten und Charakteren des Bodenseeraums? wendland Die Exkursion ins Wendland (Abteilung Regionales Bauen und Siedlungsplanung, Prof. Jörg Schröder, Arch. Emanuele Sommariva PhD) wurde im Wintersemester 2015 / 16 als Feldforschung im Rahmen des Entwurfsprojekts LAND // THEATER durchgeführt. Neben dem Erfassen der Siedlungsstrukturen der Rundlingsdörfer, ihrer Verbindung zu Topografie und Landschaft und dem vernakulären Haustyp der Hallenhäuser ging es vor allem um Perspektiven: Welche Innovationen im Raum der Maßstäbe Territorium, Orte, Häuser können innovative Lebens- und Wirtschaftskonzepte mit initiieren und fördern? Wie lassen sich traditionelle Verbindungen zwischen Siedlung und Landschaft unter neuen Vorzeichen wiederbeleben? In Diskussionen mit regionalen Politikern, Experten des Regionalmarketing und der Initiativgruppe des Rundlingsvereins konnten die Studierenden direkten Kontakt zu Fragen und Projekten im Wendland gewinnen, die wesentlich für das Entwurfsprojekt waren.

marta herford: ausstellung „künstler als architekten“ Am 22. Mai 2015 begaben sich 130 Studierende (Grundlagen Künstlerische Gestaltung) zusammen mit dem KUG-Team auf eine eintägige Exkursion ins Marta Herford. In dem Frank-Gehry-Museumsbau gab es Beispiele und Abbildungen von Archi-

186

tekturprojekten bildender Künstler. Die Studierenden haben sich mit dem Gebäude und der Ausstellung zeichnerisch auseinandergesetzt.

Orientierungswissen zu unterschiedlichen städtischen Formationen, zu Qualitäten von Urbanität und zu transferfähigen Bausteinen für zukünftige Entwicklungen zu gewinnen.

biennale venedig Vom 16. bis 19. Oktober 2015 reiste Architektur und Kunst 20. / 21. Jahrhundert mit 20 Studierenden zur Kunstbiennale nach Venedig. Mit dem Titel „All the worlds futures“ zeigte der Kurator Okwui Enwezor die Werke von 136 Künstlerinnen und Künstlern. Auf der Suche nach Zukunft bediente sich die Kunst hier neben Malerei und Skulptur fast aller Genres wie Film, Fotografie, Poesie und Performance. Zudem waren auffällig viele architektonische Interventionen zu sehen. Auf der viertägigen Exkursion wurden die Ausstellungen sowie ausgewählte Architekturen der Stadt mit dem Fokus auf ihren Charakter, ihre Potenziale und zukunftsweisenden Aspekte für das Schaffen von Architektur entdeckt, studiert und diskutiert.

raum münchen Die Studierenden der Bachelorstudiengänge Technical Education führte die diesjährige Exkursion in den Raum München. Die Besichtigung des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik bot Einblicke in die Forschungsschwerpunkte Lärm- und Schallschutz, Optimierung der Akustik und Lichttechnik in Räumen, Steigerung der Energieeffizienz sowie Bausubstanzerhaltung. Die Fachmesse „Farbe, Ausbau & Fassade“ in München zeigte Innovationen auf dem Gebiet der Arbeitstechniken, Beschichtungsmaterialien und Werkzeuge sowie Bautenschutz, Putz, Stuck und Trockenbau. Denkmalpflegerische und stilkundliche Aspekte wurden durch fachkundliche Führungen in Münchens Altstadt vermittelt

são paulo Nach der São-Paulo-Exkursion des Lehr-

paris Im Zusammenhang mit dem Seminar „Urbane Architektur – Paris“ führte Architektur und Kunst 20.  /  21. Jahrhundert eine Exkursion vom 4. bis 7. Juni 2015 mit 20 Studierenden nach Paris durch. Die Metropole zeichnet sich durch eine Vielzahl starker urbaner Orte aus. In welcher Weise architektonische Entwürfe zur Ermöglichung und Charakterisierung von urbanen Qualitäten beitragen können, wurde in unterschiedlichen Facetten auf der viertägigen Exkursion am Beispiel zeitgenössischer Architekturen, Gärten und Stadträume untersucht und diskutiert, um

gebiets Landschaftsarchitektur und Entwerfen im Rahmen des Studienprojekts „Rio Tamanduateí“ im Sommersemester 2015 haben die Lehrgebiete Landschaftsarchitektur und Städtebauliches Entwerfen im Rahmen des Studienprojekts „Metropolitan Symbiosis – Henry Ford“ im Wintersemester 2015 / 16 gemeinsam eine zweite, interdisziplinäre Exkursion nach São Paulo unternommen. An beiden Exkursionen nahmen insgesamt 41 Studierende teil. Ziel der Exkursionen war die Grundlagenermittlung im Projektgebiet sowie der fachliche Austausch mit lokalen Experten. Die Projekte entstanden in Zusammenarbeit mit der Stadtplanungsbehörde (SMDU) und der Architektur- und Städtebau-Fakultät der Universität von São Paulo (FAUUSP). Im Rahmen der Studienprojekte haben sich die Studierenden mit zwei innerstädtischen Transformationsräumen auseinandergesetzt, die aufgrund von São Paulos rasantem Stadtwachstum eine besondere Herausforderung für die Stadtentwicklung darstellen und die aufgrund komplexer Einflussfaktoren charakteristisch für urbane Entwicklungen in wachsenden Megastädten sind: Der Fluss „Rio Tamanduateí“, der bis zum Ende des 19. Jahrhunderts eine

wichtige Rolle für den Transport und die Naherholung spielte, ist heute stark verschmutzt, kanalisiert und aufgrund der Uferversiegelung praktisch unerreichbar für die Anwohner. Darüber hinaus kommt es regelmäßig niederschlagsbedingt zu Überschwemmungen, die sich auf die angrenzenden Stadtgebiete auswirken. Entlang eines Teilstücks des Tamanduateí erstreckt sich São Paulos ältestes Industriegebiet „Henry Ford“. Es ist geprägt durch hohe Versiegelung und den Mangel an öffentlichen Freiräumen. Industrielle Leerstände werden zunehmend besetzt und im Selbstbau zu informellen Siedlungen transformiert. Aufgrund des großen Bedarfs an zusätzlichem Wohnraum und der mittelfristig absehbaren Abwanderung der Industrie ist eine Umstrukturierung des Stadtgebiets geplant. Ausgehend von den Feldstudien und im Hinblick auf die notwendigen Transformierungsprozesse haben die Studierenden im Anschluss an die Exkursionen landschaftsplanerische, städtebauliche und architektonische Vorschläge und Visionen für die Gebiete entwickelt, die neben der Schaffung neuer Angebote unter anderem auch zur Verbesserung des Wassermanagements und der stadträumlichen Qualität beitragen können.

biosphärenreservat schorfheide-chorin, mai 2015 (iup) Fünf Tage erlebten 20 Studierende die Vielfalt des Biosphärenreservats. Zwischen Eberswalde und Prenzlau erstreckt sich eine der abwechslungsreichsten Landschaften des norddeutschen Tieflands mit Hunderten Seen, einer reich strukturierten Feldmark und den größten zusammenhängenden Tiefland-Buchenwäldern Mitteleuropas. Mehr als ein Drittel der landwirtschaftlichen Fläche wird ökologisch bewirtschaftet. Die Exkursionsthemen waren Landwirtschaft und Naturschutz, Schutzgebietsmanagement, Vereinbarkeit von Naturschutz und Tourismus sowie Gewässerökologie. Das Exkursionsteam bildeten Prof. Dr. Christina von Haaren, Prof. Dr. Michael Reich, Sarah Matthies und Birte Bredemeier (alle IUP).

ingenieurbiologische bauwoche 2015 auf norderney Der Lehr- und Forschungsbereich Ingenieurbiologie des Instituts für Umweltplanung

(IUP) führte vom 2. bis 6. November 2015 eine Inselexkursion in Kooperation mit dem Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) durch. Während der fünftägigen Bauwoche auf Norderney konnten die Studierenden viel über das Spannungsfeld zwischen Küsten- und Naturschutz im Nationalpark und Weltnaturerbe Wattenmeer erfahren. Auch der Einfluss des Tourismus und die Kommunikation über Küsten- und Naturschutz gehörten zu den Lerninhalten der Exkursion. Außerdem wurden ingenieurbiologische Baumaßnahmen zum Dünen- und Deichschutz erlernt und durchgeführt. Im Nationalparkhaus „Watt Welten“ auf Norderney konnten sich die Studierenden über das Weltnaturerbe Wattenmeer informieren und einen Einblick in die Naturund Küstenschutzproblematik gewinnen. Die praktische Umsetzung der ingenieurbiologischen Maßnahmen, wie die Gewinnung von Strandhafer und Ausbringung als Halmstecklinge in der Weißdüne oder auch der Bau von Buschlahnungen im Deichvorland stellten einige Mitarbeiter des NLWKN vor. Daraufhin konnten die Studierenden unter fachkundiger Betreuung auf dem Pflanzacker des NLWKN Strandhafer ernten. Sie lernten, worauf beim „Halmstecklingsbesatz“ zu achten ist, indem sie selbst diese Bauweise an einem Dünenabschnitt durchführten. Zusätzlich konnten die Studierenden nach einer kurzen Einführung eigenständig Buschlahnungen im Deichvorland anlegen und erneuern. Zwischen den Buschlahnungen bestand die Vegetation hauptsächlich aus Salzwiesenpflanzen, die bei Bestimmungsübungen genauer betrachtet wurden. In diesem Jahr gab es erfreulicherweise die seltene Möglichkeit, sich die Salzwiesen im Osten der Insel anzuschauen. Es wurden Maßnahmen zur Salzwiesenrenaturierung aus dem Jahr 2008 untersucht. Außerdem war es möglich, eine im Bau befindliche Salzwiesenrenaturierung zu besichtigen und Probleme und erste Erfolge der unterschiedlichen ingenieurbiologischen Maßnahmen zu diskutieren. Im Wintersemester 2015/2016 befassten sich am IUP zwei Studienprojekte mit der Ingenieurbiologie im Spannungsfeld zwischen Küsten- und Naturschutz sowie mit der Renaturierung von Salzwiesen.

vietnam informell Unter dem Titel „vietnam informell“ beschäftigte sich die Exkursion mit Formen der Teilhabe am öffentlichen Raum. Der Raumgebrauch in Vietnam unterscheidet sich gegenüber dem gängigen europäischen Raumanspruch in erheblichem Maße, wie die folgende Studie belegen konnte. Besonders sichtbar wird dies in den öffentlichen Stadträumen Hanois, vor allem in den Siedlungsbereichen der 1950er, 60er und 70er Jahre, die einem starken Transformationsprozess unterliegen und heute noch erfahren. Zu den Zielsetzungen der Exkursion gehörten eine Sensibilisierung für unterschiedliche soziale und kulturelle Kontexte sowie für Berührungspunkte und Differenzen im Gebrauch öffentlicher Räume. Begleitet wurde die Exkursion im März / April 2015 durch Prof. Katja Benfer und Dipl. Ing. Rita Sáragga-Leal.

187

abgeschlossene

forschungsprojekte bewertung von auswirkungen des dendromasse-anbaus auf landschaftserleben und erholung – teilvorhaben des verbundprojektes „integration von lösungen in landschaftsplanung und räumliche gesamtplanung agrofornet“ Ziel des Teilvorhabens am IUP war es, Methoden zur Bewertung des Landschaftsbildes und der Erholungsfunktion für den Anwendungsbereich Dendromasse weiterzuentwickeln. Bürgerreaktionen und -interessen ergänzten eine nutzerunabhängige Bewertung und wurden in ein Dendromasse-Anbaukonzept integriert. Das Teilprojekt lief von 2010 bis 2014 und wurde gefördert vom BMBF, die Leitung lag bei Prof. Dr. Christina von Haaren und Apl. Prof. Dr. Michael Rode.

nutzungsorientierte ausgleichsmassnahmen bei der biogasproduktion – untersuchung der effektivität von nutzungsintegrierten massnahmen zur kompensation von eingriffen am beispiel von blühstreifen Ziel des Projektes am IUP war es, Handlungsempfehlungen zur naturschutzfachlichen Aufwertung von Maisanbauflächen durch nutzungsintegrierte Kompensationsmaßnahmen zu erarbeiten und zu erproben. Es wurden Varianten von Blühstreifen im LK Rotenburg angelegt und untersucht. Der Erfolg der unterschiedlichen Maßnahmen wurde in Bezug auf die Aufwertung des Ackers als Lebensraum für Flora und Fauna sowie auf eine Verbesserung des Landschaftsbildes und der Bodeneigenschaften erfasst. Das Projekt lief von 2012 bis 2015 und wurde gefördert vom Niedersächsischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung. Die Leitung lag bei Prof. Dr. Michael Reich und Apl. Prof. Dr. Michael Rode.

smart spatial – potenzialanalysen und umweltaspekte bei der entwicklung intelligenter stromnetze Smart Nord ist ein vom Nieder-

188

sächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur geförderter Forschungsverbund. In sechs Teilprojekten wurden Beiträge zur koordinierten, dezentralen Bereitstellung von elektrischer Leistung in den Verteilnetzen erarbeitet. Im Teilprojekt „Smart Spatial“ am IUP sollten die Potenziale für verschiedene erneuerbare Energien räumlich abgeschätzt werden. Weiterhin wurden Szenarien zur Entwicklung der Anlagen- und Netzstruktur simuliert und hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf Landschaftsfunktionen und Ökosystemdienstleistungen analysiert. Das Projekt, geleitet von Prof. Dr. Christina von Haaren und Prof. Dr. Christian Albert, lief von 2012 bis 2015.

neue forschungsprojekte erfassung und bewertung der adressatenwirkung von ökosystemdienstleistungen als teilprojekt des bmbf-drittmittelvorhabens „wilde mulde – revitalisierung einer wildflusslandschaft in mitteldeutschland“ Das von BMUB und BMBF geförderte Verbundprojekt soll in stadtnahen Abschnitten zwischen Dessau-Roßlau und Retzau die Untere Mulde revitalisieren und die Interaktionen des Flusses mit seinen angrenzenden Auen begünstigen. Hierzu werden von 2015 bis 2020 eine Vielzahl wissenschaftlicher Begleituntersuchungen durchgeführt. Dazu gehört das am IUP bearbeitete und von Prof. Dr. Christina von Haaren geleitete Teilprojekt „Planung und Ökosystemleistungsansatz“. Es befasst sich mit der Wirkung der Flussrevitalisierung auf Ökosystemleistungen sowie deren Einsatz in der Kommunikation mit Entscheidern und Bevölkerung vor Ort.

lebende inseln – erprobung und evaluation naturnaher schwimmender vegetationsstrukturen Das DBU-geförderte Projekt am IUP hat die Erprobung und Weiterentwicklung einer Technik zur künstlichen Initiierung von naturnahen, schwimmenden Vegetationsstrukturen zum Ziel. Dazu werden Varianten der ingenieurbiologischen Bauweise „Schilfrohrgabione“ erprobt. An verschiedenen Stand-

orten auf dem Schollener See (LK Stendal) werden der Einfluss der Wellenbewegung auf die Etablierung erfasst und bewertet und die jeweils optimale Bauweise identifiziert und weiterentwickelt. Die künstlichen Vegetationsstrukturen sollen mit den vorkommenden natürlichen schwimmenden Röhrichtgesellschaften verglichen werden. Das Projekt läuft von 2015 bis 2017 und wird geleitet von Dr. Henning Günther und Prof. Dr. Eva Hacker.

resi – erfassung und bewertung von kulturellen ökosystemleistungen als teilprojekt des bmbf-drittmittelvorhabens „river ecosystem service index“ Flüsse und Auen haben in intaktem Zustand einen hohen ästhetischen Wert. Sie sind Orte der Inspiration und werden für Bildung, Erholung und Freizeitaktivitäten genutzt. Ziel des RESI-Gesamtprojekts mit Laufzeit von 2015 bis 2018 ist es, einen Index für Ökosystemleistungen von Flüssen zu entwickeln. Das Teilprojekt am IUP, geleitet von Prof. Dr. Christina von Haaren und Prof. Dr. Christian Albert, soll Indikatoren für die Erfassung und Bewertung von kulturellen Ökosystemleistungen (KÖSL) von Fluss- und Auenlandschaften entwickeln und in fünf Modellregionen erproben.

auswirkungen von freiflächen-photovoltaik an fernstrassen Im Auftrag des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) startete am IUP im September 2015 das Forschungsprojekt „Naturschutzfachliche Fragen des Ausbaus der erneuerbaren Energien an überörtlichen Verkehrswegen und dessen Auswirkungen auf die Wiedervernetzung von Lebensräumen“. Im Fokus der Untersuchung stehen die Lebensraumeignung von Photovoltaik-Freiflächenanlagen (PV-FFA) und ihre Vernetzungsfunktion für ausgewählte Tierarten und tierökologische Anspruchstypen. Das Projekt läuft bis Ende 2017, es wird geleitet von Prof. Dr. Michael Reich und Dr. Stefan Rüter.

naturverträgliche energieversorgung aus 100 prozent erneuerbaren energien 2050 (ee100) Die Bundesregierung verfolgt im Zuge der Energiewende das Ziel, das Versorgungssystem auf

die Nutzung erneuerbarer Energien umzustellen. Gleichfalls sollen weitreichende Ziele im Naturschutz erreicht werden. Der Umbau des Energieversorgungssystems muss also so erfolgen, dass Konflikte mit den Zielen des Naturschutzes minimiert bzw. vermieden werden. Das Forschungsprojekt am IUP, gefördert vom Bundesamt für Naturschutz, soll über Szenarien die wesentlichen Stellschrauben für eine naturverträgliche Energieversorgung aus 100 Prozent erneuerbaren Energien identifizieren und entsprechende Zukunftspfade aufzeigen, es läuft von 2015 bis 2017 und wird von Prof. Dr. Christina von Haaren geleitet.

regionale wertschöpfungsketten im kontext von ökosystemleistungen und biodiversität – am beispiel einer tschechisch-polnisch-sächsischen projektkooperation Ziel

nicht mehr zu bewältigenden Ansturms an Flüchtlingen. Wir brauchen neue Ideen für eine Willkommenskultur – und das heißt auch für eine angemessene Unterbringung der Neuankömmlinge im Herzen der Städte, in der Mitte der Gesellschaft. Refugees Welcome zeigt, dass und wie dies möglich ist. Basierend auf einem Entwurfsprojekt des Institutes Entwerfen und Gebäudelehre, Prof. Friedrich, präsentiert das Buch Handlungsstrategien und konkrete architektonische Konzeptmodelle für innovative und prototypische Formen des Wohnens für Flüchtlinge. Die Herausgeber plädieren für eine menschenwürdige „Architektur des Ankommens“ und fordern das Recht auf Architektur ein – auch für Flüchtlinge.

Ruppert-Winkel, Chantal; Arlinghaus, Robert; Deppisch, Sonja; Eisenack, Klaus; Gottschlich, Daniela; Hirschl, Bernd; Matzdorf, Bettina; Mölders, Tanja; Padmanabhan, Martina; Plieninger, Tobias; Selbmann, Kirsten, Ziegler, Raphael (Hg.): characteristics,

emerging needs, and challenges of transdisciplinary sustainability science: experiences from the german social-ecological research program. Ecology and Society 2015, Vol. 30, No. 3

des DBU-geförderten Forschungsvorhabens am IUP ist die Integration von biodiversitätsrelevanten Aspekten und Ökosystemleistungen in regionale Wertschöpfungsketten. Dadurch soll es Unternehmen ermöglicht werden, potenzielle Wirkungen und Wechselwirkungen transparent zu machen, Maßnahmen zur positiven Entwicklung der Biodiversitäts- und Ökosystemleistungen zu ergreifen und diese kundengerecht zu kommunizieren. Die Projektleitung liegt bei Prof. Dr. Christina von Haaren, das Projekt läuft von 2015 bis 2017.

Kanning, Helga; Mölders, Tanja; Hofmeister, Sabine:

gendered energy – analytische perspektiven und potenziale der geschlechterforschung für eine sozial-ökologische gestaltung der energiewende im raum. Raumforschung und Raumordnung (RuR), Hannover 2016 Greinke, Lena: bürgerinnenbeteiligung ohne

dialog? evaluation von partizipationsverfahren am beispiel des stadtentwicklungsprozesses „mein hannover 2030“. Landeshaupt-

publikationen

stadt Hannover 2016 Knieling, Jörg; Othengrafen, Frank (Hg): cities in crisis. socio-spatial impacts of the economic crisis in southern european cities.

Friedrich, Jörg; Takasaki, Simon; Haslinger, Peter; Thiedmann, Oliver; Borchers, Christoph (Hg.): re-

fugees welcome – konzepte für eine menschenwürdige architektur. Berlin 2015 Täglich machen sich Menschen auf den beschwerlichen Weg nach Europa und nach Deutschland – auf der Flucht vor Gewalt, Hunger, Verfolgung, Armut, Naturkatastrophen. Wem es gelingt, die streng gesicherten Außengrenzen der EU zu überwinden, landet meist in überfüllten Notunterkünften an der Peripherie der Städte, ohne gesicherten Aufenthaltsstatus und ohne Chance auf gesellschaftliche Integration. Die Politik scheint zu kapitulieren angesichts des angeblich

Zibell, Barbara; Revilla Diez, Javier: module für nahversorgungslösungen. Eine Handreichung. Produkt aus dem Forschungsvorhaben ZukunftNAH, 2. ergänzte und erweiterte Auflage, Leibniz Universität Hannover, Universität zu Köln: Hannover 2015

Abingdon 2016 City of Graz, Regional Management Graz & Graz Region, Regionales Bauen und Siedlungsplanung Leibniz Universität Hannover (Hg.): rurbance contribution to an alpine strategy. Graz 2015

Allmendinger, Phil; Haughton, Graham; Knieling, Jörg; Othengrafen, Frank (Hg.): soft spaces in eu-

rope: re-negotiating governance, boundaries and borders. Abingdon 2015

Ricci, Mosè; Schröder, Jörg (Hg.): towards a pro-ac-

tive manifesto. recycle italy, new life cycles for architectures and infrastructures of city and landscape. Rom 2016

Olzog, Anne: „mein hannover 2030“ – ein beispiel von good governance? Landeshauptstadt Hannover 2016

189

Castro Gonzales, Nirza Fabiola: potenziale des jatropha-curcas-anbaus für eine nachhaltige produktion von biodiesel in bolivien. Schriftenreihe der Reiner Lemoine-Stiftung, Aachen 2015 Othengrafen, Frank; Sondermann, Martin (Hg.):

städtische planungskulturen im spiegel von konflikten, protesten und initiativen. Planungsrundschau 23. Berlin 2015 Langer, Hans: studien zum thema mensch und umwelt. Institut für Umweltplanung. Leibniz Universität Hannover (Hg.): Arbeitsmaterialien Bd. 57. Hannover 2015 Rhoden, Henning: umweltauswirkungen erneuerbarer energien – gis-gestützte analyse kumulativer wirkungen. Institut für Umweltplanung. Leibniz Universität Hannover (Hg.): Arbeitsmaterialen Bd. 56. Hannover 2015

symposien und workshops auf gut siggen Vom 20. bis 26. November 2015 fand im Rahmen des Seminars „Konzeptionelles Entwerfen“ am Institut für Entwerfen und Gebäudelehre, Abteilung Entwerfen und Architekturtheorie, ein einwöchiger Workshop auf dem Gut Siggen statt. Ziel des Workshops war es, in Verknüpfung mit der Studienarbeit „Lyrik des Raumes – Eine Philharmonie für Hannover“ umfassende Strategien des Entwurfsprozesses zu erforschen und zu testen. Zum Inhalt gehörten sowohl die Erforschung akustischer Phänomene im Raum, mit der freundlichen Unterstützung von Herrn Gernot Kubanek, als auch klassische und digital-mediale Entwurfswerkzeuge und Methoden wieder und neu zu entdecken.Der Workshop wurde ermöglicht durch die großzügige Unterstützung der Alfred Töpfer Stiftung f.v.s. Hamburg.

dara. 2015 – komplexe ordnung Ordnungen und Ordnungsprozesse als fundamentale Eigenschaft von Dynamiken entwurfsbezogener Forschungen in Archi-

190

tektur, Städtebau und Landschaftsarchitektur standen im Fokus des Symposiums, das im Rahmen des Forschungsfeldes „DARA. Design and Research in Architecture and Landscape“ stattfand. Einleitende Vorträge wurden von Prof. Dr. Margitta Buchert, Prof. Dr. Tom Avermaete, Prof. Dr. Angelika Schnell, Prof. Christiane Soerensen und Prof. Dr. Georg Vrachliotis sowie Prof. Katja Benfer, Prof. Martin Prominski und Prof. Dr. Jonna M. Krarup gehalten. Anschließend wurden übergreifende Aspekte in einem Workshop weiterentwickelt und es fand ein Peer-Review-DoktorandInnenkolloquium statt.

sommerakademie „architektur denken“ Die Sommerakademie „Dinge um mich herum“, betreut von Prof. Dr. Margitta Buchert und Julius Krüger, bot Studierenden in Bachelor und Master von Architektur und Landschaftsarchitektur einen Freiraum, selbst gewählte Themen innerhalb der Workshopwoche intensiv zu erforschen und damit eigene Haltungen zur Gestaltung gebauter Umwelt zu stärken. „Dinge um mich herum“ tauchen oftmals unbewusst im entwerferischen Denken und Schaffen auf und bleiben sehr subjektiv gefärbt. Sie können Anregung sein zum Nachdenken, Inspiration für Neues oder Bezugspunkt eigener Gestaltungsstrategien. In Recherchephasen, Diskussionen und Gesprächen wurden Themen und Argumentationen geschärft und abschließend von den Gastkritikern und Alumnis der FAL Sarah Karl und Martin Sobota kommentiert.

Wiederherstellung eines temporär wasserführenden Kleingewässers umgesetzt. Die Studierenden rodeten aufkommende Gehölze und entfernten Gras- und Staudenbewuchs. Darüber hinaus wurden verlandete Gewässerbereiche partiell abgegraben. Durch die Maßnahmen sollen Röhrichtbereiche mit gefährdeten Pflanzenarten wie zum Beispiel der Schwanenblume (Butomus umbellatus) gefördert werden. Zusätzlich dienen die Maßnahmen dazu, den Hochwasserabfluss in der Leineaue sicherzustellen. Die Maßnahmenumsetzung erfolgte in enger Zusammenarbeit mit dem Naturschutzbund Laatzen, außerdem waren die Stadt Laatzen und weitere örtliche Akteure beteiligt. Teile des entfernten Gehölzbewuchses, nämlich einige Bündel an Weidenruten, konnten unmittelbar an eine Laatzener Familie vermittelt werden, die mit dem Material ein Weidentipi bauen wollte. Trotz des sehr schlechten, regnerisch-kalten Wetters führten die Studierenden den gesamten Arbeitseinsatz überaus engagiert und in guter Stimmung zum Erfolg.

umweltworkcamp 2015 in der südlichen leineaue bei laatzen Am 15. und 16. Oktober 2015 fand das 4. Umweltworkcamp mit Masterstudierenden statt, geleitet von Dr. Stefan Rüter, IUP. Wie in den vorherigen Jahren stand auch 2015 die praktische Arbeit im Vordergrund. Nachdem am ersten Tag Hintergrundwissen zu den Themen Schutz, Pflege und Entwicklung von Kleingewässern erarbeitet wurde, führten die 22 Teilnehmenden am zweiten Tag einen Arbeitseinsatz am „Quetzenbleek“, einer Flurlage zwischen Leine und dem Ortsrand von Laatzen, durch. Auf einer circa 1600 Quadratmeter großen Fläche wurden Maßnahmen zur Erhaltung bzw. zur

„neue richtlinien, aktuelle entwicklungen und praktische erfahrungen“, jahresta-

gung der gesellschaft für ingenieurbiologie 70 Fachleute trafen sich am 10. und 11. März 2016 in Hannover zur Jahrestagung der Gesellschaft für Ingenieurbiologie e.  V  .. Veränderte gesetzliche Rahmenbedingungen und gesellschaftliche Anforderungen und nicht zuletzt der Klimawandel erfordern interdisziplinäre und ganzheitliche Lösungen bei der Bewältigung anstehender Aufgaben etwa in der Moorund Gewässerrenaturierung. Ingenieurbiologische

Arbeitsweisen und Bautechniken können dazu einen wichtigen Beitrag leisten. Unter Leitung von Prof. Dr. Eva Hacker, IUP, wurden neue Entwicklungen und Lösungsmöglichkeiten aus technisch-biologischer wie aus naturschutzfachlich-ökologischer Sicht diskutiert.

„noch stadt oder schon land?“ forschungsinitiative trust gestaltete „herrenhausen late“ Leben wir in der Stadt oder auf dem Land? Und was genau meinen wir eigentlich, wenn wir von „Stadt“ und „Land“ sprechen? Dieser Frage widmet sich die Forschungsinitiative TRUST, der mehrere Institute der Fakultät für Architektur und Landschaft angehören, in zahlreichen Projekten und transdisziplinärer Zusammenarbeit. Am 1. Dezember 2015 wurden im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Herrenhausen Late“ die bekannten wissenschaftlichen Pfade verlassen: Zusammen mit einem interessierten Publikum näherten sich die Mitglieder der Forschungsinitiative auf völlig neue Weise ihren Themen: mit Gedichten, Rollenspielen und einem kleinen Science-Slam.

kooperationen

verschiedenen Fakultäten und Instituten der Leibniz Universität Hannover, der TU Braunschweig und weiteren niedersächsischen Hochschulen und Forschungseinrichtungen zum Masterplan Mobilität „Mobilise: Mobility in Science and Engineering“, im Rahmen dessen das Konzept einer hochschulübergreifenden Forschungstätigkeit zu einem synergiefähigen Thema zwischen technischen und gesellschaftlichen Bezügen entwickelt wurde.

zukunftsforum niedersachsen Prof. Dr. Barbara Zibell, Mitglied im Niedersächsischen Demografiebeirat, beteiligte sich – zusammen mit Ingrid Heineking – an den Arbeiten zum Thema Mobilität, die im Ersten Demografiebericht des Landes von 2015 dargestellt sind. Im Rahmen der zweiten Arbeitsperiode 2015 / 16 zum Thema „Starke Städte und lebendige Dörfer in den ländlichen Räumen“ wurde ihr die Leitung der Arbeitsgruppe „Stadt- und Ortszentren, Bauen und Wohnen im demografischen Wandel“ übertragen, Ingrid Heineking wirkte mit in der Arbeitsgruppe „Dörfliche Integrationskraft und Versorgungsstrukturen“. Die Ergebnisse flossen in den Zweiten Demografiebericht ein, der dem Ministerpräsidenten im Oktober 2016 übergeben wurde.

forum genderforschung an der luh Prof. Dr. Barbara Zibell und Prof. Dr. Tanja Mölders sind aktiv am Aufbau und der Etablierung des Forums GenderForschung an der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität beteiligt. Als fakultätsübergreifende Einrichtung ist das Forum dem Vizepräsident Forschung unterstellt und verfolgt das Ziel, an der LUH Genderforschung zu initiieren und sichtbar zu machen. Neben Prof. Dr. Frauke Brosius-Gersdorf (Juristische Fakultät) wurde Tanja Mölders zur zweiten Sprecherin gewählt. Das Forum ist im Moment damit beschäftigt, die Strukturen für die künftige Zusammenarbeit aufzubauen. Dazu gehört unter anderem ein gemeinsamer Webauftritt aller beteiligten WissenschaftlerInnen. Weitere Infos unter: www.gender-diversity-forschung.uni-hannover.de

luh – tu bs: masterplan mobilität Die Abteilung Planungs- und Architektursoziologie war eingebunden in die Zusammenarbeit der FI TRUST mit

hannover rück „Zwei auf unterschiedlichen Straßenseiten gelegene Bürogebäude an der Karl-WiechertAllee in Hannover Buchholz-Kleefeld sollen fußläufig über eine Brücke miteinander verbunden werden.“ Mit dieser Aufgabenstellung kam die Hannover Rück, einer der weltweit führenden Rückversicherer, Ende 2014 auf die Abteilung Tragwerke des Instituts für Entwerfen und Konstruieren zu. Hieraus entstand im Sommersemester 2015 das Projekt lang „Skyway“ im Masterstudiengang, welches am 23. und 24. April mit einem Workshop vor Ort begann und am 27. August mit der Jurierung und Auszeichnung der Arbeiten endete. Wegen der hohen Qualität der vorgeschlagenen Entwurfs- und Konstruktionsansätze konnten sich alle teilnehmenden Projektteams, insbesondere jene von der Leibniz Universität Hannover, bestehend aus Studierenden der Architektur und des Bauingenieurwesens, über Geldpreise freuen.

neue mitte linsburg Das im Wintersemester 2014 / 15 durchgeführte transdisziplinäre Studienprojekt in Linsburg, Landkreis Nienburg, konnte mit einer Präsentation vor Ort im April 2015 erfolgreich abgeschlossen werden. Studierende der Architektur und der Landschaftsarchitektur stellten ihre Analyseergebnisse und Konzepte für eine Neue Mitte mit Dorfladen und Dorfgemeinschaftshaus öffentlich vor und erweiterten die Planungen der Gemeinde um Ideen für altengerechte Wohnungen im neuen Ortszentrum sowie mobile Angebote zur Gesundheitsversorgung und eine aufenthaltsfreundliche Gestaltung der öffentlichen Räume. Die Konzepte wurden mit großem Interesse aufgenommen und flossen in die weiteren Planungen der Gemeinde ein. luh intern: trust Die Abteilung Planungs- und Architektursoziologie beteiligte sich an den Vorbereitungen der Forschungsinitiative „Transdisciplinary Rural and Urban Spatial Transformation (TRUST)“ zur Antragstellung auf Anerkennung als Forschungszentrum durch das Präsidium der Leibniz Universität Hannover. Dazu gehörte die Mitarbeit an verschiedenen thematischen Clustern zur Konzeption des künftigen Forschungsprofils. Inzwischen konnte ein gemeinsames interdisziplinäres Promotionskolleg „Räumliche Transformation – Phänomene, Steuerung, Gestaltung“ zusammen mit der Akademie für Raumforschung und Landesplanung eingerichtet werden, in dem unter anderem Katja Stock, Mitarbeiterin an der Abteilung Planungs- und Architektursoziologie, eine der begehrten Promotionsstellen erhielt.

191

impressum

herausgeber

Lektorat deutsch Bärbel Anger Lektorat englisch Dr. Catherine Atkinson Lithografie Bild1Druck, Berlin Gedruckt in der Europäischen Union Schrift FF Scala und FF Scala Sans Papier Munken Polar Rough, 100 g/qm Einband Invercote, 260 g/qm

Fakultät für Architektur und Landschaft, Leibniz Universität Hannover www.archland.uni-hannover.de

bibliografische information der deutschen nationalbibliothek

E-Book © 2023 by jovis Verlag GmbH © 2017 by jovis Verlag GmbH Das Urheberrecht für die Texte liegt bei den Autoren. Das Urheberrecht für die Abbildungen liegt bei den Inhabern der Bildrechte. Alle Rechte vorbehalten.

redaktion Edin Bajrić Anett Eberhardt Valentina Forsch Swantje Grasmann Marcus Hanke Eva Holtz Roswitha Kirsch-Stracke Heiko Lubs Masashi Nakamura Judith Schurr Johannes Wolff Redaktionsleitung Prof. Dr. Albert Schmid-Kirsch, Dr. Jens Broszeit, Sabine Bartels

gestaltungskonzept, layout und satz Bucharchitektur \ Kathrin Schmuck

192

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.d-nb.de abrufbar. jovis Verlag GmbH Lützowstraße 33 10785 Berlin jovis-Bücher sind weltweit im augewählten Buchhandel erhältlich. Informationen zu unserem internationalen Vertrieb erhalten Sie von Ihrem Buchhändler oder unter www.jovis.de.

ISBN 978-3-86859-452-2 (Softcover) ISBN 978-3-86859-783-7    (PDF)