Das Diaphane: Architektur und ihre Bildlichkeit 9783839442821

The medium that makes things visible - this is how Aristotle described the diaphane (to diaphanês, the transparent). In

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Das Diaphane: Architektur und ihre Bildlichkeit
 9783839442821

Table of contents :
Inhalt
Luisa Lambri I
Köstliche Empfindungen. Vorwort
Die Geisterbilder von Luisa Lambri
Im Zwischenreich der Architektur. Einleitung
Architekturen der Transparenz
Luisa Lambri II
Die Theorie des Diaphanen
Die diaphane Struktur als bildliches und bauliches Urprinzip
„Ich komme zum Schluss“: Jantzen und Sedlmayr oder Das Diaphane unter dem Baldachin
Das Diaphane und die Bildlichkeit der Architektur
Bildlichkeit von Architektur als Prozess
Mies und die architektonische Bildlichkeit
Das Diaphane zwischen Kunst und Architektur
Ansicht – Durchsicht – Einsicht
Kalkuliertes Durchscheinen. Zur In-Formation des Diffusen
Das Diaphane als mediale Qualität der Architektur
Diaphane Figuren
Diaphanes durch Fenster und Scheiben beleuchtet
Luisa Lambri III
Bibliographie
Abbildungsverzeichnis nach Bildnummer
Register
AutorInnen

Citation preview

Ulrike Kuch (Hg.) Das Diaphane

Architektur Denken 9



Architektur Denken

Architekturtheorie und Ästhetik

Herausgeber: Jörg H. Gleiter, Berlin Beirat: Gerd de Bruyn, Stuttgart

Kurt W. Forster, Como / New Haven Matthias Sauerbruch, Berlin Philip Ursprung, Zürich

Ulrike Kuch (Hg.)

Das Diaphane Architektur und ihre Bildlichkeit

Mit Fotografien von Luisa Lambri

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://portal.dnb.de/ abrufbar. © 2019 transcript Verlag, Bielefeld Die Verwertung der Texte und Bilder ist ohne Zustimmung des Verlages urheberrechtswidrig und strafbar. Das gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Verarbeitung mit elek­ tronischen Systemen. Umschlaggestaltung und Innenlayout: Philipp Heinlein, München Printed in Germany ISBN (Print): 978­3­8376­4282­7 ISBN (PDF): 978­3­8394­4282­1 https://doi.org/10.14361/9783839442821 Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier mit chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Besuchen Sie uns im Internet: www.transcript-verlag.de. Bitte fordern Sie unser Gesamtverzeichnis und andere Broschüren an unter: [email protected]. Diese Publikation ist im Rahmen des Internationalen Kollegs für Kultur­ technikforschung und Medienphilosophie der Bauhaus­Universität Weimar entstanden und wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gefördert. Sie erscheint ebenso als Bd. 32 der Schriften des Internationalen Kollegs für Kulturtechnikforschung und Medienphilosophie. Eine Liste der bisher erschienenen Bände findet sich unter: www.ikkm­weimar.de/schriften. Die Herausgeberin dankt der Ernst­Abbe­Stiftung und der Bauhaus­ Universität Weimar für die freundliche Unterstützung.

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Inhalt

7 Luisa Lambri I 11 Jörg H. Gleiter – Köstliche Empfindungen. Vorwort 14 Kurt W. Forster – Die Geisterbilder von Luisa Lambri 18 Ulrike Kuch – Im Zwischenreich der Architektur. Einleitung 30 Emmanuel Alloa Architekturen der Transparenz

55 Luisa Lambri II Die Theorie des Diaphanen 61 Renate Maas Die diaphane Struktur als bildliches und bauliches Urprinzip

73 Stepan Vaneyan „Ich komme zum Schluss“: Jantzen und Sedlmayr oder Das Diaphane unter dem Baldachin

Das Diaphane und die Bildlichkeit der Architektur 87 Angela Lammert Bildlichkeit von Architektur als Prozess

103 Lutz Robbers Mies und die architektonische Bildlichkeit

Das Diaphane zwischen Kunst und Architektur 121 Kurt W. Forster Ansicht – Durchsicht – Einsicht

134 Carolin Höfler Kalkuliertes Durchscheinen. Zur In-Formation des Diffusen

Das Diaphane als mediale Qualität der Architektur 157 Christina Jauernik Diaphane Figuren

171 Evelyn Echle Diaphanes durch Fenster und Scheiben beleuchtet. Zur filmischarchitektonischen Bildlichkeit in Solar Breath (Northern Caryatids) von Michael Snow

181 Luisa Lambri III 185 Bibliographie 209 Abbildungsverzeichnis 213 Register 220 AutorInnen



Luisa Lambri

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Untitled (100 Untitled Works in Mill Aluminum, 1982 – 1986, #01), 2012, Laserchrome print



Untitled (100 Untitled Works in Mill Aluminum, 1982 – 1986, #03), 2012, Laserchrome print

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Jörg H. Gleiter

Köstliche Empfindungen. Vorwort Das Diaphane. Architektur und ihre Bildlichkeit thematisiert ein ästhetisches Konzept, das in der Kunsttheorie gut etabliert ist, in der Architekturtheorie bisher aber wenig Beachtung gefunden hat. Zu Unrecht, denn das Diaphane war immer schon für die Bedeutsamkeit, für Deutung und Atmosphäre, ein wichtiges Mittel. Man denke nur an die Lichterscheinungen in gotischen Kathedralen oder an die magischen Lichteffekte in barocken Kirchen wie in Berninis Kapelle der Verzückung der Heiligen Theresa in Santa Maria della Vittoria in Rom, vielleicht kommt einem auch Le Corbusiers Kapelle in Ronchamp in den Sinn oder sogar Mies van der Rohes Neue Nationalgalerie in Berlin. Dass das Diaphane über die Jahrhunderte eine Wandlung durchlaufen hat, dass sich die Verfahren des Diaphanen im Zug der Ausdifferenzierungsprozesse verändert haben, besonders im elektrischen und digitalen Zeitalter, das ist das Thema der Beiträge von Band 9 der Reihe ArchitekturDenken. Es ist das Faszinierende am Diaphanen, dass es als Lichterscheinung einer konkreten Materialität bedarf, die als solche aber unthematisiert bleibt. Das Diaphane kann als ein im Hindurchscheinen Aufscheinendes und zur Sichtbarkeit Kommendes definiert werden, das selbst keine eigene Materialität besitzt. Daher stellt Ulrike Kuch, Herausgeberin dieses Bandes und Initiatorin der gleichnamigen Konferenz, das Diaphane in den Kontext der Bildlichkeit der Architektur. Bildlichkeit bezeichnet ein Gegenstandsversprechen nicht-gegenständlicher Bilder und beschreibt einen Zwischenbereich, in dem es keine Unterscheidung zwischen Sein und Erscheinung gibt. In diesem Sinne kann das Diaphane als Darstellung des NichtDarstellbaren oder Sichtbarkeit des Nicht-Sichtbaren beschrieben

Jörg H. Gleiter – Köstliche Empfindungen

werden, das als ein solches an eine doppelte mediale Bedingung von Material und Raum gebunden ist. Das Diaphane hat die Architektur als Medium der Erscheinung zur Voraussetzung. Es gibt keine Diaphanie ohne Architektur. Wobei die Architektur, wie im Beispiel barocker Lichtinszenierungen, keineswegs neutral ist, denn sie ist von dem, was sie hervorbringt, also dem Diaphanen selbst infiziert. Es besteht eine Reziprozität zwischen der Architektur und dem Diaphanen. Dieses ist also nicht nur Erscheinung im Medium der Architektur, sondern selbst wiederum Medium der Transzendierung der materiellen Präsenz der Architektur. So steht in der frühchristlichen Mystik das Diaphane für die Epiphanie, für die Erscheinung des Göttlich-Erhabenen, wie dies Pseudo–Dionysius Areopagita in seinen Schriften aus dem fünften Jahrhundert beschrieben hat. Mit der göttlichen Macht als Lichterscheinung knüpft die mittelalterliche Anagogik unmittelbar bei Platon an, der mit dem Licht das Höchste, Wahre und Gute assoziierte. Durch die Diaphanie wird der Kirchenraum zum Erscheinungsraum Gottes und daher heilig. Die Kirche mag geweiht sein, als heilig erfahren wird sie durch die Präsenz des ewig Seienden, durch die Epiphanie Gottes. „Je fais la lumière“ – „Ich mache das Licht“ – schrieb der Architekt Étienne-Louis Boullée (1728 – 99). Nach Boullée ist das Sichtbarmachen des Lichts das große Thema der Architektur. Im „Ich“ des Architekten zeigt sich die Verschiebung innerhalb des Konzepts des Diaphanen: Von der Erscheinung der göttlichen Allmacht hin zum allmächtigen Architekten, der die Lichterscheinung erschafft. Allein dem Architekten ist es mit seiner Baukunst gegeben, einerseits durch Räume den „horreur des tènébre“ oder den Schrecken der Finsternis erfahren zu lassen, andererseits durch Licht den Schrecken in eine „köstliche Empfindung“ des Erhabenen der Natur zu sublimieren. Es zeigt sich die aufklärerische Position Boullées darin, dass sich im Umschlag vom Göttlich-Erhabenen zum Natürlich-Erhabenen nicht mehr der Schöpfer der Welt sondern die Schöpfung selbst in ihrer Größe, die Natur, zur Sichtbarkeit kommen soll. Zu diesem Zweck sind, wie Boullée zu seinem Entwurf einer Basilika schreibt, die Kuppel, die Säulenhallen und die Malerei in den Wölbungen groß und doch „leicht und schwerelos zu machen, wie es nur überhaupt möglich ist.“1 Im Zusammenwirken von Raum und Licht soll so ein „Bild der Unendlichkeit“2 erzeugt werden.

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Es soll die Unendlichkeit der göttlichen Schöpfung in der Endlichkeit der Architektur zur Sichtbarkeit kommen. Die Mittel dazu sind die Konstruktivität und Materialität der Architektur und die „Art und Weise der Lichtführung“3. Es sind „die Lichteffekte, die in uns verschiedenartige und gegensätzliche Empfindungen auslösen je nachdem, ob sie strahlend oder düster sind.“4 Hier knüpfte Le Corbusier an mit seiner Sentenz, dass Architektur „das kunstvolle, korrekte und großartige Spiel der unter dem Licht versammelten Baukörper“ ist. Es verband sich für Le Corbusier mit dem Licht der Umschlag der „Freude des Geistes“ in die höchste „Erregung der Sinne“. Es sei die Architektur fähig, an den Urinstinkten zu rühren. „Durch ihre Sachlichkeit [rührt sie] unsere stärksten Urinstinkte an und wendet sich gleichzeitig durch ihre Abstraktion an unsere höchsten Fähigkeiten“. Damit stellte Le Corbusier die Moderne in die Traditionslinie des Diaphanen als Medium der Transzendierung der Präsenz der Architektur. Im Sinne des Durchscheinens der Idee oder des Geistigen, wie es bei Ludwig Mies van der Rohe heißt, findet dann eine weitere konzeptuelle Verschiebung vom Durchscheinen zum Aufscheinen der Idee statt. Die Darstellung des Nicht-Darstellbaren, die Anwesenheit des Abwesenden und selbst das Simulakrum – als Umkehrfigur – und die Virtualisierung sind immer wieder neue Formen des Diaphanen. Der hier vorliegende Band hat sich zum Ziel genommen, den historischen, theoretischen wie auch philosophischen Raum des Diaphanen in der Architektur zu vermessen. Es zeichnet die Beiträge aus, dass sie über den kunsttheoretischen Terminus hinaus das Spezifische des Begriffs für die Architektur herausarbeiten. Sie widmen sich der Klärung der über die Jahrhunderte sich wandelnden, aber gerade im Wandel sich gleichbleibenden Konzeption des Diaphanen. Dem Band ist eine größtmögliche Verbreitung zu wünschen. Anmerkungen 1

Étienne-Louis Boullée : „Considérations sur l’importance et l’uti­ lité de l’architecture“, in: Ders., Architecture. Essais sur l’Art. Paris, Hermann 1968, S. 82

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Ebd., S. 83

3

Ebd., S. 83

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Ebd., S. 80

Kurt W. Forster

Die Geisterbilder von Luisa Lambri Das Verhältnis von Architektur und Fotografie bleibt auch nach beinahe zwei Jahrhunderten eigenartig und verblüffend. In ihren Anfängen faszinierte die „beispiellose Präzision und die reinste Spiegelung der feinsten und kleinsten Details“, wenn auch die „Verwischung bewegter Gegenstände“ dem Resultat abträglich war. So mindestens behauptete der anonyme Kritiker der Münchner Allgemeinen Zeitung aus Anlass des Geschenks, das der Fotopionier Louis Daguerre dem Bayerischen König machte.1 Kleinformatig und farblos schien die Fotografie, auch wo sie, wie in diesem Fall, Pariser Boulevards abbildete, der Malerei hintennach zu hinken. Die ersten Fotografen suchten mit Vorliebe unbewegliche Objekte aus – um eben die Verwischung bewegter Gegenstände zu vermeiden – vermochten diese aber mit einer neuartig gesteigerten Genauigkeit festzuhalten. Während der langen Belichtungszeiten, die zunächst Portraitaufnahmen und Fahrzeuge ausschlossen, sedimentierte sich eine ungemeine Fülle von Details auf der Platte. Der englische Fotograf William Henry Fox Talbot betonte denn auch in seinen knappen Kommentaren, die er der ersten Publikation fotografischer Papierabzüge 1844 beifügte, dass Details die besondere Fracht der Fotografie seien. Zwei Aufnahmen Fox Talbots sind in diesem Zusammenhang bemerkenswert: das Queen’s College in Oxford zeige, so Fox Talbot, „on its surface the most evident marks of the injuries of time and weather, in the abraded state of the stone“, als wiederholte sich im fotografischen Bild, was sich über Jahrhunderte an der Gebäudehaut ereignet hat: die Zeit hinterlässt Spuren. Die andere Aufnahme zeigt das gotische Erkerfenster eines Hauses und verleiht dem Gebäude den Anschein einer Laterne. Erst der fotografische Prozess versetzt also die Gebäude in einen

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anderen zeitlichen Zustand als die naive Vorstellung vermuten ließe. Erst durch Fotografie springen die Verwitterungen, die Lichter und Schatten, die unerschöpflichen Details ins Auge und schärfen den Blick zurück auf die Wirklichkeit. Die Mission héliografique in Frankreich und Messbildprogramme in anderen Ländern machten sich zur Aufgabe, die Monumente nationaler Bedeutung fotografisch zu dokumentieren.2 Nach der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts behandelt die Fotografie Architektur wie Leitfossilien und vereinnahmt sie für brisante Meinungen über nationale Identität. Man nahm Bauskulpturen aller Zeiten Güsse ab, um sie in einem Museum der Abgüsse (Musée des moulages) zur Schau zu stellen, und sammelte Bruchstücke von Gebäuden zur Ausbildung der Architekten an der Ecole des BeauxArts. Beides verbindet sich einerseits mit der archaischen Praxis der Totenmasken (und mit den riesigen Sammlungen medizinischer Abformungen) und andrerseits mit der Erhaltung von Bruchstücken als pars pro toto des Verlorenen. Fotografie erwies sich bei beiden als unentbehrlich. Eine fotografische Bildtopografie übernahm in den Großstädten, was so bedeutende Maler wie Eduard Gärtner in Berlin mit ihren Stadtansichten geschaffen hatten. Im zwanzigsten Jahrhundert fügte etwa die New Yorker Fotografin Berenice Abbott die chaotisch und bruchstückhaft zusammengewürfelte Architektur der Metropole zu einem Inventar kaleidoskopischer Ein­ drücke zusammen.3 Am Tage von Dampf und Staub durchwirbelt, nachts elektrisch erleuchtet und überall vom Moloch Verkehr bedrängt, ähnelt die Metropole in der Fotografie dem Umbruch der Zeitungen, begleitet von der Kakophonie der Maschinen und den emotionalen Schocks des städtischen Lebens. Luisa Lambri näherte sich der Fotografie weder von der primär visuellen Seite, d.h. über die Malerei und die grafischen Künste, noch aus unmittelbarem Interesse an der Architektur. So sorgfältig in ihrer Wahl der Worte wie in der Bevorzugung ihrer Objekte spricht Lambri von „immagini“ (images), nicht von Fotografien, auch wenn sie mit der Kamera arbeitet. Sie besuchte in ihrer Heimatstadt Como das Asilo Sant’Elia, einen Kindergarten, den Giuseppe Terragni 1938 fertigstellte. In einem gewissen Sinne wirkt die Schule wie ein Geisterhaus, in dem innen und außen sich mehrfach überlagern und durchdringen. Als Direktor der Biennale von Venedig forderte Harald Szeemann Lambri 1999 auf, einen

Kurt W. Forster – Die Geisterbilder von Luisa Lambri

Film des Kindergartens zu drehen. Lambri ließ es jedoch nicht bei diesem einen ritorno in patria bewenden, sondern stellte eine Verbindung zwischen dem lichtdurchfluteten Kindergarten und der marmornen Casa del Fascio her. Indem die äußerst zarte Bewegung ihres 16-mm-Films den Gebäuden durch Atmen ein InnenLeben verleiht, gelingt es, Bilder als Bilder freizusetzen. Diese Eigenschaft der Bildlichkeit (statt Abbildlichkeit) zeichnet seither ihre Werke durchwegs aus. Lambri umschifft die Scylla der Details als auch die Charybdis der Totale, welche den Objekten Distanz und Objektivität verleiht. Ihr Kurs zielt auf die Beobachtung einer Bild-Erfahrung. Dabei treten weniger die zufälligen Einzelheiten von Oberfläche, Farbe und Textur als die Bedingungen von Lichteinfall, Durchlässigkeit und Stimmung hervor. Lambri betont stets, dass nicht das Objekt als vielmehr seine Erfahrung den eigentlichen Inhalt ihrer Bilder ausmache. Dass diese Erfahrung eine visuelle ist, bevor sie in einer Aufnahme ihr Abbild findet, macht deutlich, dass die sogenannte Abbildung so erstellt werden muss, dass sie nicht platt auf das Objekt zurückfällt. Statt primär mit fotografischen Mitteln zu hantieren, verschiebt Lambri ihre Arbeit ins Labor, wo die Drucke in aufwendiger Digitalisierung und feinsten Farbabstimmung entstehen. Sie macht also in der Tat Bilder und nicht Fotografien im gängigen Sinne indem sie ihre Farbtransparente so behandelt als wären sie empfänglich für mehr als was in der Aufnahme selbst liegt. Mit der Auswahl ihres Standorts schält sie aus dem Ganzen ein einziges Motiv heraus und lässt es dank feinster Abstufung im Farbdruckprozess eine Tiefe finden, die erst im Labor quasi Schicht für Schicht gehoben werden kann. Nach eigener Erklärung hat Lambri ihre Arbeit am Bild von der fotografischen Aufnahme in die Technik des Farbdruckens verlagert und damit ihre Bilder erst zu dem gemacht, was sie von der üblichen Fotografie unterscheidet. So entdeckte Lambri in der Casa del Fascio von Como eine Art Selbstreflex des Gebäudes: in der schwarzen Marmorverkleidung spiegelt sich der Innenhof in ‚schleierhaftem‘ Umriss. Die Transparenz erweist sich weder als Durchsicht, noch als etwas Ungreifbares jenseits der Bildfläche, sondern schwebt spukhaft im Gebäude selbst. Dergleichen gab es vor Lambri eigentlich nirgends zu sehen. Und es bleibt auch nicht bei einem verblüffenden Beispiel, sondern kehrt in vielfältigen Abwandlungen auch in andere Aufnahmen zurück. Indem Lambri sich in ein Gebäude

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vertieft, verleiht sie ihren Bildern eine suspendierte Transparenz, eine Resonanz ihrer Erfahrung und ein Nachklang ihrer Entdeckungen. Anmerkungen 1

Unbekannter Autor: „Daguerre’s Lichtbilder“, in: Allgemeine Zeitung, 23. Oktober 1839 (Nr. 296, Beilage), S. 2311; online verfügbar unter https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/ bsb10504338_00345_u001/1 (22. Juni 2018)

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Vgl. https://www.metmuseum.org/TOAH/hd/heli/hd_heli.htm (21. Juni 2018)

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Der gesamte Bestand an Negativen und Abzügen von Berenice Abbotts Fotografien liegt im Archiv des Museum of the City of New York.

Ulrike Kuch

Im Zwischenreich der Architektur. Einleitung Die Beschäftigung mit Bildern gehört zu den ureigensten Feldern der Kunstgeschichte. In den letzten Jahren hat sich hier jedoch eine Wende vollzogen: Der „iconic turn“ hat die Wissenschaft der Bilder verändert – und die Bilder die Wissenschaft, denn kaum eine Forschungsrichtung kommt ohne Bilder aus. Auch die Architekturtheorie beschäftigt sich seit ihren Anfängen mit dem Bild. Fast immer ging es dabei um die Darstellung von Architektur im Bild – in der Skizze, der Zeichnung, der Malerei. Als Folge der veränderten Sicht auf das Bild in der Kunstgeschichte – und der Herausbildung einer genuinen Bildwissenschaft – eröffnet sich auch für die Architekturtheorie eine neue Herangehensweise: Die Architektur als Bild wird jetzt zum Topos der Forschung. Das Diaphane, das Durchscheinende, ist elementar für die Wahrnehmung des architektonischen Raumes. Im Gegensatz zur Transparenz trübt, verschleiert, streut das diaphane Material Licht und damit Räume – wie auch den Blick der Betrachtenden. Zugleich affiziert diese Diffusion deren Körper. Das Diaphane lässt die Räume, die Körper und die Oberflächen verschmelzen. Grenzen verschwimmen und Texturen werden weich. Diese Eigenschaften machen das Diaphane zu einer architektonischen Qualität, die auf besondere Weise die Bildlichkeit der Architektur in Frage stellt: Ist das Diaphane ein Beleg für die Architektur als Bild? Oder handelt es sich nur um eine Applikation, ein Attribut der Architektur selbst, also um etwas genuin architektonisches, genuin räumliches – oder ist dies vielleicht gar kein Widerspruch? Kann nicht vielmehr das Bild – ausgehend von der diaphanen Architektur – ebenfalls als architektonisch, räumlich, auf den Körper bezogen gedacht werden?

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Ziel der vorausgegangenen Tagung zum Diaphanen und dieses Bandes ist es, das Diaphane als einen Aspekt der Bildlichkeit von Architektur zu erörtern und umgekehrt über das Diaphane die Bildlichkeit der Architektur fassbar zu machen. Es gilt, so die Annäherung an einen aus der Architektur selbst entwickelten Bildbegriff fortzuschreiben.   Phänomenologie und Diaphanie Das Verständnis von Archi-

tektur, das die Autor*innen dieses Bandes vertreten, umfasst nicht allein umbauten Raum, sondern auch Entwurfsprozesse, Abläufe oder Erfahrungsräume.1 Um sie zu verstehen bedarf es der Einordung der Architektur in die sie bestimmenden Diskurse. Das Nachdenken über die Architektur als Bild bietet einen instruktiven Weg, um die Architektur und ihre Wahrnehmung zu analysieren und zu reflektieren. Diese architekturtheoretische Denkweise trifft zusammen mit einer Strömung in den Kunstwissenschaften, die das Bild nicht mehr als zweidimensionales gerahmtes und in sich abgeschlossenes Objekt versteht und damit eine strenge Hermeneutik favorisiert, sondern das Bild im Gefüge von Materialität, Objekthaftigkeit und Rezeption untersucht.2 Auch die Einbeziehung anderer Medien, wie der Skulptur, der Installation oder der Performance finden im Bilddiskurs stärkere Berücksichtigung. Dennoch lässt sich dieses – selbstredend nicht eindeutige – Bildverständnis nicht unmittelbar auf die Architektur übertragen. Vielmehr gilt es, die Ideen einer Architektur als Bild, die es schon seit Adolf von Hildebrands Das Problem der Form in der Bildenden Kunst gibt3 mit dem veränderten Verständnis der Architektur selbst und dem aktuellen Bilddiskurs in den Kunstwissenschaften zusammen zu bringen und zu diskutieren. Der Fokus liegt dabei auf einer phänomenologischen Sicht auf die Architektur. Die Wahrnehmung der Architektur durch den sich bewegenden Körper (oder, phänomenologisch gesprochen, dem Leib)4 ist der Ausgangspunkt für diese Überlegungen und somit auch für die Neuformulierung eines Bildbegriffes aus der Architektur heraus, wie ihn Andreas Beyer, Matteo Burioni und Johannes Grave in ihrem Text „Zum Erscheinen von Architektur als Bild“ von 20115 skizzieren. Der Jenaer Philosoph Lambert Wiesing hat in seinen Schriften einige Gedanken zur Verbindung von Architektur und Bild in dieser Denkrichtung entwickelt. Mit dem Begriff der „artifiziellen Präsenz“ beschreibt er zum Beispiel die Architektur

Ulrike Kuch – Im Zwischenreich der Architektur

des Films als nicht materiell, aber dennoch existent6. Das Bild ist in diesem Kontext kein Re-Präsentant von irgendetwas, sondern es „präsentiert“: Das Bild bewirkt etwas, es setzt in Bewegung, es verändert. Mit dem Begriff der artifiziellen Präsenz lässt sich im weiteren die Virtualität der Architektur fassen, die ein erweiterter Architekturbegriff impliziert: Der virtuelle Raum des Computerspiels zum Beispiel oder grundsätzlich die Simulation von Architektur bekommen mit der artifiziellen Präsenz einen eigenen ontologischen Status. Die Frage der Bildlichkeit der Architektur, die in diesem Band diskutiert wird, schlägt genau in diese Kerbe: Es geht um die Volatilität und Immaterialität des architektonischen Bildes und vielleicht auch der Architektur selbst. Die zu beantwortenden Fragen sind: Was bewirkt das architektonische Bild? Wen oder was setzt es in Bewegung? Was verändert es? Eine Architektur, die Bild ist, lässt sich also nicht mehr (allein) mit dem gerahmten Fenster Albertis fassen, vielmehr geht es um Anordnungen, Bewegungen, Licht- und Oberflächenstimmungen, die durch die gebaute Architektur bestimmt werden und eine bildhafte Wahrnehmung evozieren. Im architektonischen Bild – oder der bildlichen Architektur – kommt dem sich bewegenden Körper die Rolle des den Raum und die Implikationen der Architektur Erlebenden zu.7 Erst im Akt der Wahrnehmung wird dieses Bild existent. Phänomenologisch gesprochen wird der Raum mit den sich bewegenden Rezipient*innen zu einem dreidimensionalen Bild. Das Diaphane in seiner Unfassbarkeit, seiner Medialität und seiner Anschlussfähigkeit an die Diskurse um die Bildlichkeit der Architektur ist der Lackmustest für diese These. Die ideengeschichtlichen Ursprünge des Diaphanen liegen in der griechischen Philosophie bei Aristoteles: Es geht um das Sichtbarmachen.8 Darauf aufbauend wurde der Begriff in den letzten Jahren für eine Ontologie der Medien fruchtbar gemacht. Mit der Dissertation Das durchscheinende Bild des Philosophen Emmanuel Alloa hat das Diaphane den entscheidenden Sprung in den interdisziplinären bildwissenschaftlichen Diskurs geschafft. Alloa zeigt in bemerkenswerter Weise, wie weit die Bildtheorie in die verschiedenen Disziplinen ausgreifen und ihnen starke Impulse geben kann. Das Diaphane steht dabei immer im Gegensatz zur Transparenz. Der vorliegende Beitrag von Emmanuel Alloa, eine Übertragung eines ursprünglich auf Englisch unter dem Titel „Architec-

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tures of Transparency“ erschienenen Artikels, analysiert die Rolle der Transparenz in der Architektur von der Kathedrale über den Kristallpalast bis zu Beispielen der Architektur des 20. und 21. Jahrhunderts. Er stellt damit den Kontext zur Diskussion um das Diaphane dar, wie sie von den anderen Beiträgen getragen wird. Dadurch wird implizit deutlich, welche maßgebliche Rolle dem Diaphanen im gesellschaftlichen, politischen und architektonischen Diskurs zukommen sollte. Die Theorie des Diaphanen Eine der bewegendsten Formen der

Bildlichkeit von Architektur ist der Film. In the mood for love ist ein solcher Film, der nicht nur in der Narration, der schauspielerischen Leistung und der Musik, sondern vor allem durch seine ästhetischen Bilder stimmungsvolle, starke Eindrücke schafft. In einer Szene wird dies besonders deutlich: Der Protagonist raucht. Und wir schauen dem Rauch beim Vergehen zu. Was wir sehen, ist eine Sichtbarmachung von Zeitlichkeit, wie sie nur der Film vermag. Die Zeit, in der wir dem Rauch und mit ihm dem Film beim Vergehen zusehen, wird zusammengeführt mit der Zeitlichkeit des Raums, in dem wir uns mit unserer leiblichen Präsenz befinden. Und nicht nur das: Durch seine ephemere und durchscheinende Erscheinung wird der Rauch zum Medium für das Licht – so, wie die Leinwand im Zusammenspiel mit dem Projektor. Das Bildmedium Film macht seine eigene Zeit- und Räumlichkeit, sein Ausgreifen in den Raum des Betrachters in dieser kurzen Sequenz deutlich. Filmphilosophisch kann man hier das Diaphane als mediale Qualität von (Film-)Bildern beschreiben, wie die Medienwissenschaftlerin Ana Ofak und vor allem auch Emmanuel Alloa dies im Rückgriff auf Aristoteles und die Geschichte der Optik getan haben.9 Wenn wir – wie oben beschrieben – von einem Bildbegriff ausgehen, der weiter geht und Zeit, Körper und Raum miteinbezieht, so ist die Frage, inwiefern das Diaphane, das in seiner Unbestimmtheit dem tradierten Charakter der Architektur als stabiler Ordnung zuwiderläuft, hier überhaupt als Referenz herangezogen werden kann. Dazu muss zunächst der Begriff in seiner prominenten kunstgeschichtlichen Lesart geklärt werden. In seinem kanonischen Vortrag „Über den gotischen Kirchenraum“ hat Hans Jantzen bereits 1927 die „diaphane Struktur“ ins Zentrum seiner Ausführungen zur Räumlichkeit der gotischen Architektur

Ulrike Kuch – Im Zwischenreich der Architektur

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3 1 – 3 In the mood for love

Wong Kar-Wai, Hong Kong 2000,

Filmstills

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gestellt. Jantzen sieht die Grenze des sakralen Raums mitnichten in der Außenmauer der gotischen Kathedrale, sondern vielmehr in einer Relation zwischen Figur und Grund, die durch die von Lichtgaden beleuchteten Innenraumstützen vor dem Dunkel der Seitenschiffe entsteht – die „diaphane Struktur“.10 In ihrem Beitrag erläutert die Hamburger Kunsthistorikerin Renate Maas Jantzens Verständnis dieses Begriffes im Kontext der Zeit-, Kunst- und Geistesgeschichte der 1920er Jahre und mit besonderem Blick auf Phänomenologie und Gestaltpsychologie. Zudem schlägt sie vor, die „diaphane Struktur“ auch für die Architektur der klassischen Moderne in Anschlag zu bringen, zum Beispiel mit Rückgriff auf Colin Rowes und Robert Slutzkys „Transparenz“ oder auf die Architektur von Ludwig Mies van der Rohe. Das Licht und seine metaphysische Bedeutung in der Kathe­ drale untersucht der Moskauer Kunsthistoriker Stepan Vaneyan. Er bleibt dabei nicht bei Jantzen, sondern kontrastiert dessen Überlegungen mit denen Hans Sedlmayrs, der in den siebziger Jahren das Diaphane in der Kathedrale einer Neuinterpretation unterzogen hat. Das „Raumlose“ ist die zentrale Denkfigur, die – ebenso wie zahlreiche weitere Aspekte – in ein dichtes Netz aus unterschiedlichsten geistesgeschichtlichen Querverweisen einge­woben wird. Das Diaphane und die Bildlichkeit der Architektur Die Frage nach der Bildlichkeit der Architektur kann nicht ohne eine Neujustierung des Bildbegriffs auskommen. Die theoretische Beschäftigung mit diesem Topos findet vor allem in der Kunstgeschichte statt: Hier wird, wie wir am Beispiel von Beyer/Burioni/Grave gesehen haben, die Architektur von ihrem Begriff her gedacht. Geht man auf der Suche nach einem kompatiblen Verständnis des Bildes in der Kunst weiter zurück, so trifft man auf bekannte Stimmen. So sind auf Seiten der Kunsthistoriker*innen, die sich mit einem architekturnahen Bildbegriff beschäftigen, prominent zum einen die Arbeiten des französischen Kunsthistorikers Georges DidiHuberman zu nennen. Vor allem seine Bücher Vor einem Bild und Das Nachleben der Bilder sind für einen phänomenologischen Bildbegriff der Architektur äußerst instruktiv. 11 Zum anderen ist das „Erscheinen“, ein Begriff, der in der Philosophie ebenso wie in der Kunstgeschichte zu finden ist, ein Schlüssel für das Verständnis

Ulrike Kuch – Im Zwischenreich der Architektur

der diaphanen Architektur und ihrer Rolle im Kontext der Bildlichkeit.12 Einen Beitrag zu diesem Diskurs leistet die Berliner Kunsthistorikerin Angela Lammert. In Ihrer Untersuchung zeigt sie an drei Beispielen, wie „Die Bildlichkeit der Architektur als Prozess“ – so der Titel des Textes – gefasst werden kann. Mit dem PhilipsPavillon in Brüssel von 1956/1958, dem Neoplastischen Raum in Łódz von 1948 und den Lichtskulpturen Anthony McCalls aus dem frühen 21. Jahrhundert werden drei Objekte miteinander in Beziehung gesetzt, die drei höchste eigene Spielarten einer diaphanen Bildlichkeit erfahrbar machen. Die Notation von Entwurfsprozessen ist eines ihrer Themen, das ebenso im Beitrag des oldenburgischen Architekturtheoretikers Lutz Robbers wieder auftaucht. Ludwig Mies van der Rohes Umgang mit dem Bild der Architektur ordnet Robbers in das Umfeld der Zeitschrift „G“ ein und zeigt, wie sich die architektonische Bildlichkeit aus einer am Film geschulten Wahrnehmung heraus erklären lässt. Dass es sich hier nicht allein um ein entwerferisches Werkzeug, sondern um ein Medium zur Schaffung „neuen Lebens“ handelt, wie Robbers konzise erläutert, ist die überraschende Erkenntnis dieses Beitrags. Das Diaphane zwischen Kunst und Architektur Das Diaphane als „Zwischenreich“, wie Stepan Vaneyan es nennt, findet seinen Widerhall nicht nur in der Kathedrale oder der Architektur der Klassischen Moderne. Gerade die optischen Medien sind prädestiniert, diesen Zwischenraum zu erkunden. Allen voran geht die Fotografie, die schon in ihren Anfängen mit dem Licht, der Architektur und der Schärfe spielte. In Kurt W. Forsters Beitrag steht diese Verbindung im Zentrum. Es ist die den Fotografien eigene „mediale Transparenz“ die sie dafür qualifizieren, mit ihnen über das Diaphane nachzudenken. Die Fotografien Ernst Tugendhats, die die diaphanen Qualitäten der Mies’schen Architektur abtasten oder die Bauten Herzog de Meurons, deren Materialität der Oberflächen durch eine eigene Bildlichkeit bestechen sind Beispiele, die das im Beitrag des Architekturhistorikers und -theoretikers belegen. Auch in der Architektur selbst sind es nicht notwendig große Ikonen, die die Bildlichkeit der Architektur prominent nach außen tragen. Gerade flüchtige Architekturen drücken den Charakter des Ephemeren, der dem Diaphanen und einer mit ihm im Zusammen-

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hang stehender Bildlichkeit so nahe ist, besonders deutlich aus. So untersucht die Kölner Architekturtheoretikerin und Kunsthistorikerin Carolin Höfler in ihrem Beitrag anhand des „Blur buildings“ von Diller + Scofidio, welche haptischen, akustischen und visuellen Elemente zu einer diaphanen Gesamtwirkung beitragen, die wiederum den Begriff einer mehrdimensionalen Bildlichkeit aus der Architektur heraus definieren könnte. Das Diaphane wird als Gegenpol zur Transparenz beschrieben und für ein bildbezogenes phänomenologisches Denken über die Architektur der Gegenwart fruchtbar gemacht. Das Diaphane als mediale Qualität der Architektur In einer

weiteren kurzen Sequenz aus Wong Kar-Wais In the mood for love aus dem Jahr 2000 geht der Blick durch das Fenster in einen schummerigen Raum, mit violettem, opulentem Interieur. Im Vordergrund sehen wir den Protagonisten des Films, Herrn Chow, im Hintergrund ist eine Frau zu erahnen, Frau Su. Die Kamera bewegt sich nach links, fokussiert die Figuren, blickt durch Vorhänge, Fenster, Lampen. Die Mimik der Figuren, die Melancholie der Musik, die Farben und Formen der Einrichtung verschmelzen in dieser Szenerie. Hinzu kommen die Zeitlupe und die geringe Tiefenschärfe, die verlangsamte Bewegung und die Spiegelungen, die eine intensive Stimmung erzeugen. Es entsteht eine Konzentration auf die Gesichter, die den übrigen Raum abschattet, aber nicht verschwinden lässt. Der projizierte Blick, der ein voyeuristischer und zugleich unser Blick ist, wird hineingezogen in den Bildraum. Die Bewegung der Kamera belebt diesen Blick und lässt uns körperlich Anteil nehmen. Wir sehen, wir fühlen uns in das Bild hinein. Der Film lässt uns so zu einem Teil eines Dioramas werden: Wir schauen auf eine Fläche, die beleuchtet wird und dabei aus sich heraus zu leuchten scheint. Mit dem projizierten Blick durch ein Fenster, durch die Vorhänge, auf die Figuren treffen Durchsehen und Durchscheinen auf der Ebene der Leinwand, in einer diaphanen Schicht zusammen. Die Rezipient*innen werden durch diese diaphane Schicht Teil des Films, denn im Gegensatz zur Transluzenz adressiert das Diaphane explizit den Blick und damit die Betrachtenden – also uns. Das Filmbild ist damit kein statisches, neutrales „Fenster zur Welt“, sondern eine diaphane, vermittelnde Ebene, die bewegte Blicke setzt und die Rezipient*innen affiziert.

Ulrike Kuch – Im Zwischenreich der Architektur

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6 4 – 6 In the mood for love

Wong Kar-Wai, Hong Kong 2000,

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Christina Jauernik forscht als Tänzerin und Architektin im

Wiener Projekt INTRA SPACE, dass die Zusammenführung von analoger und digitaler Körperlichkeit in einem räumlichen Setting untersucht. In ihrem Beitrag beschreibt sie eindrücklich, wie die Aneignung von digitaler Körperlichkeit geschehen kann und welche Konsequenzen dies nach sich zieht. Der Moment der Berührung ist hier von größter Bedeutung. Das Diaphane wird in diesem Zusammenhang zu einer den Körper und den Raum durchschauenden Zwischenzone. Das Verhältnis von Bild, Raum, Körper und Bewegung erfährt eine neue Bedeutungsebene, nicht zuletzt wird die Idee der Architektur jenseits gewohnter Denkweisen thematisiert. In In the mood for love ist es bereits angeklungen: Das Fenster ist nicht allein eine transparente Scheibe, die einen ungehinderten oder verhinderten (weil reflektierten) Blick in das Dahinter materialisiert. Vielmehr wird das Fenster zu einem materialisiertem Medium, das diesen Blick sichtbar macht und verändert. Im Beitrag der Zürcher Medienwissenschaftlerin Evelyn Echle wird deutlich, wie diese Sichtbarmachung des Blicks im Film – genauer: in Solar Breath (Northern Caryatids) von Michael Snow – als diaphane Medialität gewertet werden kann. Dies ordnet Echle sowohl in die Filmgeschichte als auch in den Kontext der Wahrnehmung von Filmbildern ein und erhellt das Verständnis für die Bildlichkeit der Architektur von der Seite des Films. Die Beiträge des Bandes erforschen das Feld des Diaphanen auf unterschiedlichste Weisen: Natürlich spielt die gotische Kathedrale und mit ihr sowohl die architekturhistorische (Maas) wie auch die metaphysische Bedeutung (Vaneyan) eine Rolle. Das Diaphane als „visuelle Denkform“ (Lammert), als Möglichkeit, eine neue Form des Entwerfen „neuen Lebens“ zu organisieren (Robbers) spannt den Bogen vom Entstehen der Architektur über deren diaphane Oberflächenqualitäten (Forster) und nebulöse Unbestimmtheit (Höfler) bis zur extremen Konzentration des Raums auf seine Körperlichkeit (Jauernik) und schließlich die diaphane Schicht des filmischen Bildes (Echle). Nebeneinandergelegt zeichnet sich ein sehr heterogenes Bild des Diaphanen ab, dass auch die oben beschriebene phänomenologische Sichtweise der Bildlichkeit der Architektur nicht einfach abhakt. Vielmehr zeigte auch die Diskussion während der Tagung, dass hier Potential vorhanden ist, um mit (und auch ohne) das Diaphane über die

Ulrike Kuch – Im Zwischenreich der Architektur

Bildlichkeit der Architektur zu streiten. Das Sichtbarmachende, das bereits in Aristoteles’ Idee des Diaphanen enthalten ist, hat so bereits im Kleinen seine Wirkung erzielt, indem es die Unterschiede in der Interpretation seiner selbst aufgezeigt hat und in Zukunft hoffentlich für intensive Diskussionen sorgen kann. In dieser Gemengelage erkunden die Bilder Luisa Lambris das „Zwischenreich“ des Diaphanen in der Architektur in kongenialem Zusammenspiel mit den forschenden Texten. Lambris fotografischer Blick zeigt das Unbestimmte in der Architektur, in prominenten und weniger prominenten Gebäuden. Ihre Bilder offenbaren, dass nicht (allein) die ikonischen, überdeutlichen Fotografien das Wesen der Architektur zeigen, sondern dass der geheime, unprätentiöse und in seiner Ehrlichkeit überaus menschliche und dabei höchst ästhetische Blick die Architektur wirklich werden lässt. An der Verwirklichung dieses Bandes sind mehrere Akteure beteiligt, denen ich zutiefst dankbar für ihre Unterstützung bin: Zum ersten ist dies die Ernst-Abbe-Stiftung in Jena, das Internationale Kolleg für Kulturtechnikforschung und Medienphilosophie (IKKM) und die Fakultät Architektur und Urbanistik der BauhausUniversität Weimar, die diesen Band durch ihre großzügige Förderung ermöglicht haben. Auch dem transcript Verlag und Herrn Professor Jörg H. Gleiter möchte ich für die Bereitschaft danken, den Band in die Reihe ArchitekturDenken aufzunehmen und das Projekt so geduldig und kompetent zu unterstützen. Weiterhin gilt mein herzlicher Dank wiederum der Fakultät Architektur und Urbanistik, die die Tagung zum Diaphanen im Januar 2017 finanziell und ideell getragen hat, sowie meinen Kolleg*innen an der Professur Theorie und Geschichte der mo­dernen Architektur, die auf unterschiedlichste Weise und nach Kräften intensiv zum Gelingen von Tagung und Band beigetragen haben. Außerdem möchte ich den Studierenden der Seminare zu Bildlichkeit und Diaphanem sehr herzlich danken – ohne die Diskussionen und auch die künstlerische Erkundung würde meiner Arbeit in diesem Feld etwas fehlen. Zuletzt danke ich allen Autor*innen, der Übersetzerin Johanna Seifert, dem Grafiker Philipp Heinlein und der Fotografin Luisa Lambri von Herzen für die mir anvertrauten Texte und Bilder, für ihre Geduld und vor allem für die hervorragende Arbeit, die sie geleistet haben.

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Anmerkungen 1

Vgl. Hauser/Kamleithner/Meyer 2011, S. 9f.; Schwarte 2009, S. 12

2

Vgl. Belting 2001; ders. 2007; Schulz 2009; Bredekamp 2010

3

Hildebrand 1893; Muck 1986; Zumthor 2006; Janson/Jäkel 2007; Winter/Schröter/Barck, 2009

4

Der Phänomenologie Merleau-Pontys folgend ist es präzise der „Leib“, der wahrnimmt, also nicht das vegetative Dasein, sondern die Verbindung von somatischem „Apparat“ mit dem die Eindrücke verarbeitenden „Seele“; vgl. Merleau-Ponty 2006, S. 190.

5

Beyer/Burioni/Grave 2011

6

Wiesing 2005; Wiesing 2008; Wiesing 2013

7

Die Bewegung bringt den Topos Zeit in die Diskussion ein, eine Frage, die eng mit einer ontologischen Erörterung um das Wesen der Architektur verbunden ist und über das hier angestrebte kompakte Format eines Sammelbandes hinausgeht.

8

Aristoteles 1995, Buch II, Kapitel 7, 418b, S. 99- 101; zur Begriffsge­ schichte und seiner Rezeption im frühen 20. Jahrhundert vgl. Maas 2015

9

Ofak 2007

10 Jantzen 1927 11 Didi-Huberman 2000; ders. 2010 12 Adler 1926; Seel 2003; Hennig 2010; Beyer/Burioni/Grave 2011; Alloa 2013

Emmanuel Alloa

Architekturen der Transparenz I. Transparenzen

„ So richtig ist mein Sehen, so rein mein Empfinden, so ungeschickt vollständig mein Erkennen, und so treffend, so klar meine Vorstellungen, so vollendet mein Wissen, dass ich vom Ende der Welt bis in mein leisestes Wort mich durchdringe; und an dem formlosen Ding, das man beim Aufstehen begehrt, verfolge ich mich bekannten Fasern und Zentren entlang, ich antworte mir, ich spiegle und strahle mich zurück, ich schaudre vor der Unendlichkeit der Spiegel – ich bin aus Glas.“ Paul Valery, Der gläserne Mensch1 In dem Monolog Monsieur Teste gibt sich Paul Valéry als boshafter Bauchredner des legendären Gentlemans Teste, der von sich behauptet: „Dummheit ist nicht meine Stärke“. Der ‚verkopfte‘ Gentleman spinnt dabei einen Traum fort, und zwar den uralten Traum des durchdringenden Sehens, den Platon in seiner Politeia erwähnt (orthoteron blepoi) und auf das Descartes seinen Discours de la Méthode gründet. Ein durchdringendes Sehen, das kein Hindernis kennt und seine eigenen Spiegelungen noch in den entlegensten Winkeln der Welt erkennen würde: Spiegelungen, die nichts anderes sind als unendliche Widerspiegelungen in einem unendlichen Spiegelkabinett, denn ein „gläserner Mensch“ muss letztlich genau hierin bestehen, in einem ewig (sich) reflektierenden Wesen. Wer ist Monsieur Teste? Ein Zeuge einer bereits untergegangenen Welt, ein Individuum, welches, um hier mit Walter Benja-

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mins Worten zu sprechen, „schon bereit die Schwelle des geschichtlichen Verschwindens zu überschreiten, noch einmal, schattenhaft, auf den Appell sich einstellt, um sogleich unterzutauchen“, an einen Ort, an dem es von keinem mehr „betroffen“ wird.2 Andererseits – und Benjamin war hierfür besonders empfänglich – stellt sich Teste auch als der Vorbote einer kommenden Welt dar, deren Anbruch von seinen Zeitgenossen noch nicht erkannt wurde. Das alte Ideal einer ungebrochenen Selbsterkenntnis, die alle stofflichen Hindernisse überwindet, und zu einem reinen, gestaltlosen Ich vordringt, kann sich unversehens noch ganz anders darstellen, nämlich im Form eines neuen Transparenzimperativs, der die Moderne durchzieht, und vielfach, wie von Anthony Vidler in The Architectural Uncanny3 überzeugend vorgeführt, damit gleichbedeutend ist. Von allen Idealen der Aufklärung, in denen die Idee der Moderne gründet, ist Transparenz gewiss das älteste und wirkmächtigste, das sich in seiner Reinheit selbst dann noch unangefochten erhält, wenn alle anderen Werte längst ambivalent zu schillern beginnen. Nach einer kurzen Phase utopischer Versprechen4 und nachdem die klassische Moderne und die damit verbundenen Hoffnungen an ihren Grenzen stießen, kommt das Ideal der Transparenz in der Spätmoderne – ob nun Selbsttransparenz, die Transparenz der Anderen und die Transparenz der Gesellschaft – im Triumph einer weltweiten Gesellschaft bürokratischer Verwaltungsarchitekturen zu seiner (a) historischen Verwirklichung. Im Gegensatz jedoch zum gläsernen Menschen Teste, der nur in seinem Inneren durchsichtig ist, muss Transparenz im Zeitalter der Massenmedien gezeigt und öffentlich ausgestellt werden, wobei das Aufscheinen ihres „Displays“ die Abwesenheit jeglicher äußeren Manipulation garantiert. Der historische Stellenwert dieser neuen durchsichtigen Oberflächen erschließt sich indes erst vor der Folie ihrer geschichtlichen Genealogie. Bevor auf die heutigen Spielarten dieser Ideologie einer bürokratischen Transparenz eingegangen werden kann (das soll im letzten Teil dieses Beitrags geschehen) – eine Ideologie, die sich, wie jede andere Ideologie, dadurch auszeichnet, ihren ideologischen Grundzug abzustreiten –, wird der Umweg über einige ihr vorausgehenden Kristallisierungen genommen werden. Ausgehend von Vidlers Annahme, derzufolge sich der Mythos der Transparenz erstmalig in der Idee einer „universelle[n] Transparenz der Baumaterialien“5 konkretisierte, sollen nun im nächsten Abschnitt die gotische Lichtarchitektur und ihre Spiegelung in der kristal-

Emmanuel Alloa – Architekturen der Transparenz

linen Struktur der scholastischen Dialektik diskutiert werden. Im dritten Teil wird dann ein Sprung zu den technologischen Errungenschaften von Eisen und Glas zu Beginn des 19. Jahrhunderts genommen werden, die die großen Weltausstellungen sowie die Utopie einer uneingeschränkten Zirkulation allererst ermöglichten. Der vierte und fünfte Teil wendet sich dann den utopischen Träumereien einer „gläsernen Zivilisation“ vor bzw. nach dem ersten Weltkrieg zu, die die oft übersehenen Vorläufer des modernistischen Funktionalismus darstellen und als solche zugleich Warnsignale für die neuen Architekturen der Transparenz der 1960er Jahre aufstellen – einer Zeit, in der sich eine internationale Einheitssprache etabliert, welche die noch immer vorherrschende Idee einer keimfreien und uneingeschränkten Kommunikation zelebriert. II. Vertikale Transparenzen

„ Denn hell ist das edle Bauwerk, das vom ,neuen Licht ‘ durchströmt wird.“ 6

Abt Suger von Saint-Denis

Das Aufkommen der Gotik im 12. Jahrhundert steht für den ersten konkreten Ausdruck von ehedem Getrenntem. In jener Zeit nimmt die Vorstellung, in der christlichen Basilika sei das Himmlische Jerusalem bereits Wirklichkeit geworden,7 greifbare Gestalt an: Die neuen Bautechniken erlaubten die Errichtung neuer, waghalsig freischwebender Architekturen, deren Turmspitzen weit über die Strebepfeiler hinausragten und die eschatologischen Visionen des Johannesevangeliums evozierten. Entscheidender war jedoch, dass sich den Gläubigen im Innenraum, dem eigentlichen Kirchenraum, ein Bild der Himmlischen Stadt bot, wie sie im Vierten Evangelium beschrieben wird: Die Spitzbogen-Architektur ermöglichte eine spektakuläre Beleuchtung der Messe und vereinte die voneinander getrennten Kirchenschiffe zu einem einzigartigen lichtdurchfluteten Raum. Durch das durch die Glasfenster einfallende göttliche Licht erlebte die Gemeinde buchstäblich eine „Kommunion“ in und durch die Gnade, die sie nun ungehindert empfangen konnte. Eine solche Kommunion im „Licht-Raum“ (L. Grodecki) vollzog sich erstmals in der neuen, von Abt Suger (1081 – 1151) erbauten, gotischen Kathedrale von Saint-Denis. Das neue Bauwerk wurde an derselben Stelle errichtet, an der einst König Dagoberts Kirche

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Basilika von Saint-Denis, Glasmalereien, Paris, Fotografie

stand, wobei von der ursprünglichen Struktur nichts beibehalten wurde. Erwin Panofsky bemerkte hierzu, dass Sugers architektonischer Eingriff so radikal war, „als ließe der Präsident der Vereinigten Staaten das Weiße Haus von Frank Lloyd Wright umbauen“.8 Tatsächlich hatte Suger die alte Apsis und die Westfassade mit dem Grab Pippins des Kurzen entfernt; einen neuen Narthex und einen neuen Chor gebaut; und den restlichen Teil der alten Basilika, die ursprünglich im Kirchenschiff integriert gewesen waren, besei-

Emmanuel Alloa – Architekturen der Transparenz

tigt. Indem er die undurchsichtigen karolingischen Mauern ersetzte, öffnete Suger den Kirchenraum und ermöglichte so den Einfall des Lichts, das er als göttliche Emanation ansah. Sugers Plan sah vor, dass nach Abschluss der Arbeiten die Trennung der Kirchenschiffe aufgehoben sein würde und die Kathedrale ein einziger von Licht durchfluteter Körper wäre. In dem 1144 eingeweihten Chor ließ Suger den folgenden Versiculus (eine Inschrift in Versform) anbringen: „Sobald der neue hintere Teil mit dem vorderen vereint sein wird, / erglänzt die Kirche mit leuchtendem Mittelteil. / Denn es leuchtet hell, was mit Leuchten gepaart wird, / und den das neue Licht [lux nova] durchdringt, der edle Bau, ist / leuchtend […]“.9 Die lux nova vereinigte in sich die sinnlich wahrnehmbaren Lichtstrahlen, die traditionell mit dem Wort „lux“ der nachplotinischen Metaphysik in Verbindung gebracht werden, und das wahre, übersinnliche Licht der Offenbarung (verum continua), an dem jene teilhaben. Das sinnlich wahrnehmbare Licht erhebt den Betrachter buchstäblich zum göttlichen Licht und stellt so eine visuelle Kontinuität (lux continua) zwischen dieser und jener Welt her. Die Formulierung eines solchen Prinzips des „ununterbrochenem Licht“ findet sich in Sugers De consecratione: „[…] abgesehen von jener eleganten und gebilligten Erweiterung der Kapellen ringsum, durch die die ganze Kirche erstrahlen sollte von dem wunderbaren und ununterbrochenen Licht der strahlenden Glasfenster, wenn dieses die Schönheit des Innenraumes durchschien“.10 In einer inzwischen klassisch gewordenen Interpretation schlug Panofsky vor, die Architektur von Saint-Denis als Zeichen einer ästhetischen Transparenz zu verstehen, das in der argumentativen Struktur der philosophischen Abhandlungen der Scholastik seine Entsprechung fände.11 Das von Thomas v. Aquin in seiner Summa Theologica formulierte Prinzip der claritas verband sich mit der spekulativen Lichtmystik des Pseudo-Dionysius Areopagita (dessen Manuskript im 11. Jahrhundert in Saint-Denis hinterlegt und dann von Duns Scotus ins Lateinische übersetzt wurde) und der Lichtmetaphysik von Robert Grosseteste: „Wie in der Hochscholastik das Prinzip der manifestatio regierte, so wurde die Hochgotik, wie schon Suger bemerkte, von einem, so könnte man es nennen, ‚Prinzip der Transparenz‘ beherrscht.“12 Während die romanische Architektur den Eindruck einer von außen uneinnehmbaren Bastion vermittelt, die sich nur von innen her erschließt, verlangt die klassische gotische Architektur, dass sich der Innen-

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raum „gleichsam durch die umschließende Struktur projizierte; deshalb lässt sich zum Beispiel der Querschnitt des Schiffes an der Fassade ablesen.“13 Betrachten wir die spekulativen Schriften, so zeigt sich, dass sich nun diese Lesbarkeit des Sichtbaren geradezu in eine Sichtbarkeit des Lesbaren verkehrte. Mit Blick auf die feste Anordnung der Artikel, aus denen sich die Summa Theologica von Thomas v. Aquin zusammensetzt, könnte man in der Tat von einer „Gesamtarchitektur“ sprechen, die die Abhandlungen strukturiert und sich im Übrigen auf die formelhaften Anfänge der Paragraphen stützt (die Eröffnung des Artikels mit utrum, die Darlegung der Einwände mit videtur quod non, die Einführung des Gegenarguments mit sed contra, die Erwiderungen auf die Einwände mit ad primum, ad secundum etc.). Selbst demjenigen, der sich mit der gelehrten Argumentation nicht im Detail auseinandersetzt, zeigt die Summa Theologica schon rein visuell ihre einheitliche Gliederung an, in der sämtliche Argumente aufeinander Bezug nehmen und dem unbelesenen Laien ihre Schlüssigkeit aufdrängt. Die auffällige Analogie zwischen dem Graphischen und dem Architektonischen wurde bereits häufig hervorgehoben: Die Einführung des Spitzbogens zu Beginn des 11. Jahrhunderts entspricht historisch dem Aufkommen der gotischen Schriftzeichen, die dem oft unorganisierten Nebeneinander von Fülle und Leere ein Ende setzten. Von nun an zeigten die Manuskripte ein makelloses Schriftbild ohne ungleichmäßig lange Zeilen; kompakt und durch die großen, oft farbigen Initialen übersichtlich rhythmisiert. So wie die graphische Anordnung die claritas der Gedanken anzeigen musste, so musste der äußere Aufbau der Kathedrale ihre innere Ordnung abbilden. Da die kosmische Ordnung keine Unterbrechungen kennt, hatte dies auch für den Aufbau der menschlichen Welt zu gelten. In Sugers Ausdruck lux continua muss daher nicht nur lux, sondern auch continua betont werden. Sugers Beschreibungen seiner zahlreichen Tätigkeiten lassen sich unterschiedlich deuten: Sie können ganz prosaisch als Rechtfertigung seiner unermüdlichen Bauherrentätigkeit verstanden werden, an denen seine Kritiker (darunter an erster Stelle Bernhard von Clairvaux) kein gutes Haar ließen. Man kann sie aber auch als Nachhall der neuplatonischen Tradition verstehen. Wann immer Suger von der lux nova spricht, die die continuitas zwischen dem neuen Chor und dem Kirchenschiff ermögliche, meint er sowohl die technische Verbesserung der

Emmanuel Alloa – Architekturen der Transparenz

Beleuchtung im Inneren des Gebäudes, als auch neutestamentliches Licht, das als Gegenpol zur blinden Synagoge inszeniert wird, die in ihrer starren Gesetzestreue an der Wirklichkeit der Offenbarung vorbeiginge. In diesem Sinn kann man mit Anca Vasiliu von einem regelrechten „Ideal einer ‚transparenten Kirche‘“ sprechen, in der die göttliche Gnade den ganzen Raum ausfüllt.14 Die farbigen Glasfenster, die mit den legendären Edelsteinen im Himmlische Jerusalem in Verbindung gebracht wurden, waren nichts anderes als der Ort der epagogia, des Aufstiegs des Materiellen zum Immateriellen. Das neue Licht leitet zum „wahren Licht (verum lumen), wo Christus das wahre Tor ist“.15 In der Gotik ist das Ringen um Transparenz voll und ganz auf vertikal gedacht, als Streben nach einer transzendenten Offenbarungsquelle, aus der das Licht zurückströmt. Indem Suger auf ganze Passagen des Pseudo-Dionysius zurückgreift, folgen seine Erinnerungen dem Prinzip des anagogicus mos, demzufolge der Aufstieg – so der Autor der Himmlischen Hierarchie16 – stets vom „Materiellen zum Immateriellen“ verläuft. Sieben Jahrhunderte später wurden in ganz Europa die profanen Versionen dieser Lichttempel gebaut. Von einem Zug in die Vertikale war hier jedoch nichts mehr zu erkennen. Die Utopie war in die Horizontale umgekippt. III. Eden uncovered

„ Das Glashaus mit seinem Grün wurde als Symbol des Gartens Eden auf der Erde zum Fluchtpunkt nahezu aller Sozialutopien des 19. Jahrhunderts.“ Georg Kohlmaier17 Jede Revolution hat ihre Vorboten. Als Vladimir Iljich Lenin Was tun? schrieb, übernahm er den Titel von dem gleichnamigen, bereits 1863 veröffentlichten Roman von Nikolai Tschernyschewski. In diesem allegorischen Roman, der zur Bettlektüre eines jeden Revolutionärs gehörte (Lenin versicherte, er hätte das Buch „gründlich durchgearbeitet“), schildert Tschernyschewski die utopischen Visionen seiner Protagonistin Vera Pawlowna. In ihrem vierten Traum sieht sie einen Glaspalast, in dessen Schutz eine heitere und arbeitsame Gesellschaft heranwächst. Ihre Mitglieder werden bei der Arbeit von Maschinen unterstützt, die Wüsten in Oasen und zerklüftete Berge in blühende Flure verwandeln, wo Männer und

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Frauen in antiken Gewändern vergnügt umherwandeln und die Luft mit fröhlichen Liedern erfüllen. Gebrechen und Krankheiten sucht man in dieser lichtdurchfluteten und gefahrenlosen Welt vergeblich: Die Krone des Kristalldoms bildet eine Kuppel aus mattgeschliffenem Glas, die das Licht streut und den ganzen Raum damit erfüllt. Dieser Kristallpalast entsprang nicht allein der Phantasie des Autors. 1854 hatte Tschernyschewski für die Leser der russischen Patriotischen Annalen einen Artikel über die Londoner Industrieausstellung von 1851 verfasst.18 Seit ihrer Eröffnung feierte die Presse der Alten und Neuen Welt in höchsten Tönen, was als die größte Sensation der Ausstellung galt: den Kristallpalast, ein gigantisches Glashaus aus Eisen und Glas, welches laut den Initiatoren der Weltausstellung, Prinz Albert und Henry Cole, das größte Gebäude der Welt werden sollte. Neun Monate vor der Ausstellung waren alle 245 vorherigen Palastprojekte abgelehnt worden. Die Vision der Initiatoren schien unausführbar und man glaubte bereits, sie aufgeben zu müssen, als Cole und der Prinz schließlich beschlossen, sich an Joseph Paxton zu wenden. Königin Victoria hatte sich beeindruckt gezeigt von dem neuen Glashaustyp, den dieser Gärtner von Devonshire bereits einige Jahre zuvor entworfen hatte und der auf einem System separater Strukturen beruhte, welche in Einzelanfertigung von einer von Paxton zuvor erfundenen Maschine hergestellt wurden. Die Queen war überwältigt von dieser außergewöhnlichen Glasstruktur, die 85 Meter lang, 38 Meter breit und 20 Meter hoch war und damit größer als alles, was bis dahin erbaut worden war. Obwohl es alle anderen Gewächshäuser an Größe übertraf, entsprach Paxtons Konstruktion dennoch bei weitem nicht den Vorgaben für das Ausstellungsgebäude (563 Meter Länge und 124 Meter Höhe!). In sieben Tagen und Nächten errichte Paxton dann eine Struktur, die mit 3.300 Eisenpfeilern, 2.224 Trägern, 205.000 Holzrahmen und ebenso vielen Glasscheiben einem riesigen Baukasten glich. Dieser Bau gilt als der erste Fertigbau der Geschichte. 1851 veröffentlichte das französische Journal Revue des deux mondes die begeisterten Eindrücke der Besucher: „Stellen Sie sich von außen einen großen Wintergarten vor, so groß wie den Tuileriengarten. […] Sehen Sie dann diese riesigen europäischen Bäume, die ihr dichtes Laub unter diesen lichtdurchlässigen Gewölben frei ausbreiten“19 (Paxton hatte sein Glashaus um zwei

Emmanuel Alloa – Architekturen der Transparenz

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Joseph Paxton, Crystal Palace (Innenraum),



London 1851, Entwurfszeichnung

hundertjährige Ulmen herum gebaut, die dort bereits standen). Neben Wunderwerken der Natur war das Glashaus von Paxton aber auch ein Ausstellungsraum für Kolonialwaren aus allen Ecken des Empires: „Stellen Sie sich Liegen von Teppichen aller Art, funkelnde Kristalle, Mobiliar von unmäßigem Luxus, Bronzen, Samte, Porzellan, Seide, Silber und Perlengewebe vor, Schmuck, der Kleopatra gehören und Diamanten, die aus Golkonda stammen könnten.“20 Lothar Bucher, ein deutscher Exilant, der viele Jahre später Bismarcks rechte Hand im Außenministerium wurde, nahm an der Einweihung des Kristallpalastes am 1. Mai 1851 teil und fasste die Eindrücke der Besucher folgendermaßen zusammen: „Die Seitenwände stehen zu weit ab, um sie mit demselben Blick erfassen zu können, und anstatt über eine gegenüberstehende Wand streift das Augen an einer unendlichen Perspektive hinaus, deren Ende in einem blauen Dunst verschwimmt.“21 Und Bucher fährt fort: „Lassen wir den Blick langsamer wieder hinabgleiten, so begegnet er den durchbrochenen, blaugemalten Trägern, anfangs in weiten Zwischenräumen, dann immer näherrückend, dann sich deckend, dann unterbrochen durch einen glänzenden Lichtstreif, endlich in einen fernen Hintergrund verfließend, in dem alles Körperhafte, selbst die Linie verschwindet […].“22 Der Vergleich mit Sugers gotischer Kathedrale drängt sich unweigerlich auf. Dennoch gibt es hier einen wesentlichen Unterschied: Während

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William Simpson, Interior of the Crystal Palace,



London 1851, Lithographie

die gotische Kathedrale als ein Monument errichtet worden war, das dem weltlichen Zeitenlauf widerstehen sollte, war die neue Eisen-und-Glas-Architektur transitorisch gedacht. So bemerkte Benjamin 1939: „Zum ersten Mal seit den Römern tritt ein neues künstliches Baumaterial in Erscheinung: das Eisen.“23 Während das neue Material im traditionellen Wohnungsbau kaum zum Einsatz kam („Eisen und Glas trugen stets das Stigma der Äußerlichkeit und Unnahbarkeit“), so fand es jedoch Verwendung beim Bau von „Passagen, Ausstellungshallen, Bahnhöfen – Bauten, die transitorischen Zwecken dienen“.24 Benjamin war nicht entgangen, dass Paxtons Palast den Archetyp für diesen Bautypus darstellte: Saal, Passage und profane Kathedrale in einem, erhob sich der Palast nicht über einem besonderen Ort. Seine Funktion bestand vielmehr darin, zu zeigen, was sich in ihm verbarg, indem er sich selbst unsichtbar machte. Diese Mallarmé’sche Mauer, ein Produkt der industriellen Massenproduktion, konnte in einzelne Teile zerlegt und nach Belieben wieder zusammengesetzt werden. Nachdem Paxton den Bauplan durch das Hinzufügen von neun Querschiffen geändert hatte, wurde der Kristallpalast 1854 in Sydenham wiederaufgebaut; dort stand er, bis er 1936 einem Brand zum Opfer fiel.

Emmanuel Alloa – Architekturen der Transparenz

In Artikeln und öffentlichen Reden diskutierte man in den gehobenen Kreisen Londons daraufhin, wie die 700.000 Quadratmeter große Fläche, die der wiederhergestellte Kristallpalast einnahm, am besten zu nutzen wäre. An dieser Diskussion nahm der Erfinder des Kristallpalastes aktiv teil, wobei er seine idealistischen Vorstellungen in dem Artikel „What Is to Become of the Crystal Palace“ (1851) folgendermaßen darstellte: „Hier wird das Klima von Süditalien geschaffen werden, wo die Mengen reiten, wandern oder mitten unter Hainen von seltsamen Bäumen ruhen und hier in Muße die Werke von Natur und Kunst beobachten kann, unbehelligt von scharfen Ostwinden oder Schneetreiben…“25 Schließlich fiel die Entscheidung auf Paxtons Vorschlag. Unter der Leitung einer Aktiengesellschaft wurde Sydenham zum ersten Massenvergnügungs- und Erholungspark, mit exotischen Vögeln, Landesausstellungen und ethnologischen Sammlungen, aber auch mit einer Messehalle, in der stets die neuesten Industrieprodukte zur Schau gestellt wurden. Auf diese Weise wurde aus einem temporären Ausstellungspavillon eine dauerhafte Einrichtung, während sich die Passage zu einem einzigartigen Raum für die freie Zirkulation von Konsumgütern entwickelte. In einer seiner „Revuen“ für die Neue Rheinische Zeitung schrieb Marx, dass die Verbindung von opakem Eisen und mattgeschliffenem Glas den Bau eines Tempels zum höchsten Ruhm der Ware ermöglichte, eines „Pantheons im modernen Rom“, in dem die „Bourgeoisie der Welt“ „mit stolzer Selbstzufriedenheit die Götter [ausstellte], die sie sich selbst gemacht hat“26 – mit anderen Worten, wo sie den Fetischcharakter27 der Konsumgüter pries. Benjamin wird nicht müde, den Zusammenhang zwischen dem phantasmatischen Charakter des Glases und seiner makellosen Präsentation zu unterstreichen. In den Schaufenstern der Pariser Straßen entdeckt der Flaneur sowohl das Objekt seiner Begierde, als auch sein eigenes Spiegelbild, das im Glas das Bild des begehrten Objekts überlagert. In Paxtons Palast hingegen ist das Glas nicht länger die Wand, die den Passanten vom Objekt seiner Begierde trennt, es wird vielmehr zur Membran, die beide umhüllt und einander annähert. Die Waren sind nicht länger ungreifbar, da sie sich hinter einer Glasscheibe befinden, sondern weil sie unter einem Glasgewölbe liegen. Das Verbot, etwas anzufassen, die Untersagung, die ausgestellten Objekte zu nutzen, hängt nicht mehr von einer materiellen Trennung ab, sondern wird nun zu einer

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buchstäblich „sublimierten“ Unmöglichkeit – sublimiert und zum Glasgewölbe erhoben als ihrem höchsten Gipfel. Benjamin erläutert: „Die Weltausstellungen verklären den Tauschwert der Waren. Sie schaffen einen Rahmen, in dem ihr Gebrauchswert zurücktritt. Sie eröffnen eine Phantasmagorie, in die der Mensch eintritt, um sich zerstreuen zu lassen –“28; und weiter: „Die Weltausstellungen waren die hohe Schule, in der die vom Konsum abgedrängten Massen die Einfühlung in den Tauschwert lernten. ‚Alles ansehen, nichts anfassen.‘“29 Der Raum unter der Kristallkuppel ist weder eine Produktionsnoch eine Konsumstätte, sondern hebt die gängige Arbeitsteilung auf, um ein künstliches Ambiente völliger, und nicht zuletzt auch sozialer Durchlässigkeit zu suggerieren. Während der Kristallpalast außerhalb der Glasarchitektur alle existierenden sozialen Unterschiede aufrechterhält, wirkt er im Inneren seiner transparenten Struktur sozial stark ausgleichend. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass dieser Modellraum, in dem für alle die gleichen Regeln gelten, von den Saint-Simonisten hochgeschätzt wurde, wie aus der Zeitschrift Le Globe hervorgeht, die ihre Leser dazu aufforderte, die Weltausstellungen zu besuchen und Parks vom Typ Sydenham zu erbauen. Von nun an hatte Glas nicht mehr die Funktion, äußeres Licht eindringen zu lassen, und es gegebenenfalls farbig einzufärben; es muss sich von nun an selbst zurücknehmen, sich unsichtbar machen und einen Raum reiner Gleichwertigkeit schaffen. Unter der Glasglocke sind Zufälle und Ereignisse ausgeschlossen, Kontingenz ist ausgemerzt; bei gleichbleibender Temperatur wird eine homogene Masse an Freizeitsubjekten erzeugt, die, so Benjamins Vermutung, auf diese Weise willfährig und gefügig gemacht werden: „Bei diesen divertissements, denen sich der Einzelne im Rahmen der Vergnügungsindustrie überlässt, bleibt er immer Bestandteil einer kompakten Masse. Diese Masse erfreut sich in den Vergnügungsparks – mit ihren Achterbahnen, ihren teteà-queue (Überschlagschaukeln) und chenilles (Raupenbahnen) – in einer rein reaktiven Haltung. Sie übt so jene Unterwerfungshaltung ein, mit der sowohl die industrielle wie auch politische Propaganda rechnen kann.“30 Hieraus entstand eine beunruhigende Nähe zwischen den egalisierenden und utopischen Dimensionen und ihren zynischen Komponenten, was bereits auf die Themen- und Freizeitparks des späten 20. Jahrhunderts hinweist. Dostojewski, der sich während

Emmanuel Alloa – Architekturen der Transparenz

der Weltausstellung 1862 für kurze Zeit in London aufhielt und dabei wahrscheinlich auch den Kristallpalast in Sydenham besichtigte, brachte diese Ambivalenz in seinen scharfsinnigen Winteraufzeichnungen über Sommereindrücke zum Ausdruck: „‚Ist das nicht doch schon die verwirklichte ‚eine Herde‘ der Weissagung? Wird man die nicht wirklich als die ganze Wahrheit annehmen und endgültig verstummen müssen?‘ All das ist so herrschend, so siegesbewusst und stolz, dass es Ihnen den Atem zu beengen anfängt. Sie sehen diese Hunderttausende, diese Millionen von Menschen, die gehorsam aus der ganzen Welt hierher zusammenströmen, – Menschen, die alle mit einem einzigen Gedanken gekommen sind, die still, unablässig und stumm sich in diesem riesenhaften Palast umherdrängen, und Sie fühlen, dass sich hier Endgültiges vollzogen, vollzogen und vollendet hat. [...] Sie fühlen, dass es viel ewiger geistiger Gegenwehr und Verneinung bedarf, um standzuhalten und dem Eindruck nicht zu erliegen, sich nicht vor der Tatsache zu beugen und Baal nicht für Gott zu halten, das heißt, das Verwirklichte nicht anzuerkennen als unser eigenes Ideal ...“31 Der Kristallpalast hinterließ bei Dostojewski einen bleibenden Eindruck und schlug sich in diversen Texten nieder, insbesondere seine Aufzeichnungen aus dem Kellerloch, ein vernichtendes Zerrbild von Tschernyschewskis Utopie einer transparenten Gesellschaft. Im Gegensatz zur Heldin Vera Pawlowna aus Was tun? haust Dostojewskis „Anti-Held“ jedoch in einer dunklen Zelle, ein saturnisches Gegenstück zu dem makellosen apollinischen Glastempel. Die finsteren Umstände beeinträchtigen gleichwohl nicht die Hellsichtigkeit derjenigen, die sich in diesem Kellerloch aufhalten: besonders deutlich sehen sie die Blindheit des durch die Fortschrittsutopie verschleierten Hyperrationalismus, so Dostojewski, der den Menschen in den Schraubstock des reinen Funktionierens einzwängt und ihn auf eine „Klaviertaste“ bzw. einen „Drehorgelstift“ reduziert.

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IV. Die gläserne Zivilisation

„ Im Glashaus zu leben ist eine revolutionäre Tugend par excellence.“ Walter Benjamin32 Zu Beginn des 20. Jahrhunderts urteilten andere Schriftsteller weniger hart über das Glas als Dostojewski. Das Prinzip der Transparenz wurde sogar zum Symbol einer bestimmten literarischen Avantgarde, die mit dem ganzen Innerlichkeits-Diskurs ein Ende setzen will, dem noch bei den Décadents um Karl-Joris Huysmans gehuldigt wird. André Breton beginnt seinen Roman Nadja mit einer Lobeshymne auf das Glas, dem Allzweckheilmittel der neuen Gesellschaft: „Was mich betrifft, so bewohne ich weiter mein Glashaus [„maison de verre“, E.A.], wo zu jeder Zeit einsehbar ist, wer mich besucht, wo alles an Decken und Wänden Gehängte wie von Zauberhand hält, wo ich des Nachts auf einem Glasbett unter gläsernen Bettüchern ruhe […]“.33 In seinem Aufsatz über Breton und den Surrealismus hielt Benjamin fest: „Im Glashaus zu leben ist eine revolutionäre Tugend par excellence. Auch das ist ein Rausch, ist ein moralischer Exhibitionismus, den wir sehr nötig haben. Die Diskretion in Sachen eigener Existenz ist aus einer aristokratischen Tugend mehr und mehr zu einer Angelegenheit arrivierter Kleinbürger geworden.“34 Aber mehr noch als in Bretons Nadja, wurde Benjamins Vermutung in den Gedichten der italienischen Futuristen bestätigt. Fünfzehn Jahre vor Bretons Roman hatte Aldo Palazzeschi, einer der Wortführer des Futurismo, ein Gedicht mit dem Titel La casina di cristallo (Das kleine Haus aus Kristall) verfasst, das wie folgt lautet: „Ich träume von einem kleinen Haus aus Kristall / […] ein kleines Haus, wie es jeder gewöhnliche Sterbliche / besitzen könnte, / das nichts Besonderes an sich hätte, / aber das durch und durch transparent wäre, / aus Kristall. / […] Ihr würdet mich essen sehen, ihr könntet mich sehen, / wenn ich schlafe, / meine Träume enthüllen; / ihr würdet mich sehen, wie ich mein Geschäft erledige, / ihr würdet mich sehen, wenn ich mein Hemd wechsle […]“.35 Glas, das in Paxtons Palast noch einen Ausnahmebereich eröffnete, wurde in diesen utopischen Gesellschaftsvisionen zum Material für Alltagsarchitekturen. Genau zu dem Zeitpunkt, als die Futuristen den Grundstein für ein neues Bündnis aus Technik, Kunst und sozialen Projekten

Emmanuel Alloa – Architekturen der Transparenz

legten, entstand in Berlin um Paul Scheerbart und Bruno Taut die Gruppe Die gläserne Kette. Was die Gruppe verband, waren die expressionistischen Zukunftsvisionen einer vollständig auf Glas gebauten Gesellschaft. 1914 hatte Scheerbart sein Manifest Glasarchitektur vorgelegt, eine eigenwillige Mischung aus expressionistischer Dichtung, historisch-philosophischer Betrachtung und einem utopischen Gesellschaftsentwurf. Vergleichsweise nüchtern wird die Grundidee gleich zu Beginn des Buches dargelegt: „Wir leben zumeist in geschlossenen Räumen. Diese bilden das Milieu, aus dem unsre Kultur herauswächst. Unsre Kultur ist gewissermaßen ein Produkt unsrer Architektur. Wollen wir unsre Kultur auf ein höheres Niveau bringen, so sind wir wohl oder übel gezwungen, unsre Architektur umzuwandeln. Und dieses wird uns nur dann möglich sein, wenn wir den Räumen, in denen wir leben, das Geschlossene nehmen.“36 Alles, was bislang noch zwischen Innen und Außen trennt, muss weichen; alle Wände sollen nun aus durchsichtigem Glas gestaltet werden, während über den Städten Luftschiffe schweben, die, mit farbigen Scheinwerfern ausgerüstet, die Straßen in ein buntschimmerndes Licht tauchen. Im selben Jahr eröffnete Taut im Rahmen der Deutschen Werkbund-Ausstellung in Köln sein Glashaus, das sogleich als die konkrete Verwirklichung von Scheerbarts Traum aufgefasst wurde. Die kreisförmige, spargelähnliche Form des Daches ließ das expressionistische und spiritualistische Erbe erkennen, während Tauts „Desurbanisierungs“-Projekte eher auf Peter Kropotkins anarchistische Lehren verwiesen, auf die der Architekt ebenfalls Bezug nahm. Beide Aspekte verbanden sich in der Vorstellung einer „organischen Gesellschaft“, die zur triumphierenden Gesellschaft der Industriekulturen in einem scharfen Gegensatz stand – ein Gegensatz, der auf Ferdinand Tönnies’ einflussreiches Werk Gemeinschaft und Gesellschaft zurückgeht. Unter Einbeziehung der gleichen neuen technischen Möglichkeiten entwarf Mies van der Rohe 1921 den Bauplan für ein vollständig von Glas umschlossenes, letztlich aber nie realisiertes Hochhaus für die Friedrichstraße in Berlin. Entgegen Tauts spiritualistischer Ausrichtung plädiert Mies für eine anonyme, abstrakte Architektur. In zahlreichen Artikeln (zu denen auch der gehört, der Tauts „Frühlicht“ gewidmet ist) verteidigt er die Prinzipien dieser neuen Baukunst: „Das Bürohaus ist ein Haus der Arbeit, der Organisation, der Klarheit, der Ökonomie. Helle,

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4

Ludwig Mies van der Rohe, Hochhaus an der Friedrichstraße,



Berlin 1922, Entwurfscollage

weite Arbeitsräume, übersichtlich, ungeteilt, nur gegliedert wie der Organismus des Betriebes. Größter Effekt mit geringstem Aufwand an Mitteln. Die Materialien sind Beton, Eisen, Glas.“37 Obwohl Mies’ rationale Prinzipien auf den ersten Blick wenig mit Scheerbarts Träumereien gemein zu haben scheinen, sind gerade sie es – wie Benjamin in seinem kurzen und gleichwohl eingängigen Text Erfahrung und Armut hervorstrich –, die die skurrilen GlasUtopien mit den nüchternen Visionen von Mies, Loos und Corbusier verbinden: „Das haben nun Scheerbart mit seinem Glas und

Emmanuel Alloa – Architekturen der Transparenz

das Bauhaus mit seinem Stahl zuwege gebracht: sie haben Räume geschaffen, in denen es schwer ist, Spuren zu hinterlassen.“38 Benjamin wiederholt hier einmal mehr seine Theorie des Intérieur und der Spur, die er bereits einige Jahre zuvor in dem Fragment „Kurze Schatten“ aus der Reihe der Denkbilder skizziert hatte: „Betritt einer das bürgerliche Zimmer der achtziger Jahre, so ist bei aller ‚Gemütlichkeit‘, welche es vielleicht ausstrahlt, der Eindruck ‚Hier hast du nichts zu suchen‘ der stärkste. Hier hast du nichts zu suchen – denn hier ist kein Fleck, auf dem nicht der Bewohner seine Spur schon hinterlassen hätte […]“.39 In seinem Lesebuch für Städtebewohner (1930) formulierte Brecht die Devise des modernen Menschen: „Verwisch die Spuren!“. Es ist somit kein Zufall, so Benjamin, dass Loos und Le Corbusier die „verschiebbaren beweglichen Glashäuser […]“ realisierten, die Scheerbart sich erträumt hatte: „Glas ist nicht umsonst ein so hartes und glattes Material, an dem sich nichts festsetzt. Auch ein kaltes und nüchternes.“40 Und er fasst zusammen: „Das Glas ist überhaupt der Feind des Geheimnisses.“41 Zwischen diesen beiden Beobachtungen fügt Benjamin einen Satz ein, der fast nichtssagend erscheinen mag, dessen große Bedeutung jedoch vor dem Hintergrund von Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit ermessen werden kann: „Die Dinge aus Glas haben keine ‚Aura‘.“42 Hier wie auch an anderen Stellen zeigt sich Benjamins ambivalente Einstellung zum Glas. Der verdinglichenden Tendenz des Glases, die sich im Schaufenster äußert, steht eine andere Eigenschaft entgegen, die Benjamin durchaus anerkennend erwähnt: der Widerstand, den das Glas gegen jede Vereinnahmung leistet. So schreibt Benjamin in seinem Essay, in dem er sich an einer Theorie der „guten“ Armut versucht: „Es [das Glas, E.A.] ist auch der Feind des Besitzes. Der große Dichter Andre Gide hat einmal gesagt: Jedes Ding, das ich besitzen will, wird mir undurchsichtig. Träumen Leute wie Scheerbart etwa darum von Glasbauten, weil sie Bekenner einer neuen Armut sind?“43 Was hinter Glas liegt, scheint Benjamin andeuten zu wollen, kann nicht besessen werden. Dementsprechend nimmt auch schon Scheerbart die Abschaffung des Privateigentums vorweg: In den Notizen über Scheerbart (Sur Scheerbart) vergleicht Benjamin dessen Utopie gar mit Charles Fouriers freier Gesellschaft.44 Die utopische Seite scheint also letztlich zu überwiegen; und die skeptischen Untertöne eher abzu-

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klingen. Was Benjamin allerdings über die Verallgemeinerung der Glasarchitektur ab den 1960er Jahren gesagt hätte, darüber kann nur spekuliert werden. „Was kommt, steht im Zeichen der Transparenz“ schrieb Benjamin 1929, ahnte jedoch vermutlich nicht, wie recht er mit dieser Prognose behalten sollte.45 V. Transparency International

„ Glasnost!“ Michail Gorbatschow Ab den 1930er Jahren beförderte die florierende Autoindustrie und der exponentielle Anstieg der Fahrgeschwindigkeit maßgeblich die parallelen Forschungsbemühungen zu Sicherheitsglas. Wiewohl die französische Glasindustrie von Saint-Gobain bereits seit 1929 an vorgespanntem Glas arbeitete, wurde das Patent erst 1955 von Alastair Pilkington für das sogenannte „Floatglas“ angemeldet. Die kühnen Hochhausprojekte von Mies van der Rohe, die vor dem Zweiten Weltkrieg nie umgesetzt werden konnten, waren nun in greifbare Nähe gerückt. 1958 baute Mies das Seagram Building in New York. Transparenz, die in Mies’ Arbeiten der 20er Jahre noch eine entscheidende Rolle spielte, wurde nun zweitrangig. Jetzt ging es vielmehr um die optische Gliederungswirkung, die durch das innere Bronze-Gehäuse erzielt wurde. Ein paar Meter weiter erhebt sich indes ein weiterer Wolkenkratzer, der die Voraussetzungen einer transparenten Architektur grundlegend erweiterte: das von Skidmore, Owings & Merrill (SOM) entworfene Lever House, dessen Außenfläche aus einer filigranen Netzstruktur besteht, das vom inneren Gebäude vollständig losgelöst ist. Das Glas, das die Möglichkeit einer totalen optischen Durchlässigkeit suggeriert, ist dabei zugleich unzerstörbar. In einem inspirierenden kleinen Essay über Spiegel- bzw. Sicherheitsglas schlägt Richard Sennett vor, dieses als den eigentlichen Schutz des Individuums vor der lauernden Außenwelt zu verstehen: „Der Wolkenkratzer sollte auf Selbstmörder fatalerweise anziehend wirken; die Türme streben ins Nichts, ihre Höhe erzeugt einen Abgrund. Sicherheitsglas ist jedoch ein ausgezeichneter Schutz der Moderne vor dem Suizid und kleineren Akten der Spontaneität. Ein Fenster aus Sicherheitsglas zu zerbrechen ist harte Arbeit; das Glas aus seinem Metallrahmen zu lösen erfordert Geduld und Finger-

Emmanuel Alloa – Architekturen der Transparenz

spitzengefühl. Ein Mensch, der plötzlich das Gefühl hat, von allem genug zu haben, würde sein Gesicht sehnsuchtsvoll gegen das Glas drücken, und doch wird er durch ein Material geschützt, das ihn alles sehen lässt, was seinem Wünschen unzugänglich ist.“46 Während die Schaufenster des 19. Jahrhunderts die begehrten Objekte vor dem Subjekt schützten, ist es nun das Subjekt, das durch das Sicherheitsglas vor seinem Begehren bewahrt wird. Bereits in den 1970er Jahren machte der Künstler Dan Graham, der einen Großteil seiner Arbeiten dem Glas und der Glasarchitektur widmete, darauf aufmerksam, dass in dieser scheinbar ungehinderten Kommunikation zwischen dem Innen und Außen eines fehlt: echte Äußerlichkeit. Als ob er den heutigen Bedeutungsverlust all der Brandings, Logos und Markenzeichen als Firmensymbole vorhergesehen hätte, untersuchte Graham den Aufzug anderer, nichtsprachlicher Formen der Unternehmenskommunikation, wie etwa die Glasarchitektur. Weit davon entfernt, auf ein firmeneigenes Markenimage zu verzichten, setzen diese Unternehmen, indem sie sich für das Prinzip der Transparenz entscheiden, auf die metonymische Macht der transparenten Oberfläche. Nichts wird vor dem Kunden verborgen, es gibt keine Werbesprüche – alles liegt offen zutage und nichts bleibt mehr buchstäblich außen vor, es fehlen die Auslassungspunkte. „Das in sich geschlossene, transparente Gebäude leugnet, dass es ein Außen hat“ – so Graham in „Glass Buildings: Corporate ‚Showcases‘“ – „Während andere Gebäude üblicherweise mit konventionellen Zeichen versehen sind, die der Öffentlichkeit ihre Funktion zu erkennen geben, ist die Fassade des Glasgebäudes nahezu abgeschafft.“47 Die Erscheinung des Gebäudes, seine Makellosigkeit und strukturelle Transparenz verbinden den Mythos des technologischen Fortschritt mit dem der Effizienz. Als externe Controlling-Instanz ist der vorbeigehende Passant in das Räderwerk des Unternehmens eingebaut und ist ein Teil des Getriebes geworden. Die Geschichte der Überwachung, wie sie von Michel Foucault in Überwachen und Strafen auf grandiose Weise eingeleitet wurde, müsste um ein neues Kapitel erweitert werden. In seinen Entwürfen einer idealen Strafanstalt, dem Panopticon, hatte Jeremy Bentham alle Zellen um einen Turm herum angeordnet, von dem aus ein einzelner Wächter alle Gefängnisinsassen mit einem Blick überwachen konnte. In einem solch zentralistischen Dispositiv wird der Machtapparat auf eine numerische Einheit reduziert

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5

Potsdamer Platz, Berlin, Fotografie

und droht zugleich zu verschwinden: Die Undurchdringlichkeit des Wachturms wirft den Gefangenen auf sich selbst zurück und bringt ihn – da er letztlich darüber im Unklaren bleibt, ob er gerade beobachtet wird oder nicht – in die Lage einer potentiellen Dauerüberwachung. Im Vergleich zur zentralen Organisation der Panopticon-Zellen ist die Überwachungsinstanz in den transparenten Firmengebäuden auf zweifache Weise dezentriert. Zum einen erfolgt eine innere Dezentrierung, insofern die Wände zwischen den einzelnen Büros eingerissen werden (der berühmte Wandschirm, hinter dem sich Melvilles Bartleby verstecken konnte, verschwindet nun ein für alle Mal), wodurch die Untergebenen fortan nicht nur dem Blick des Vorgesetzten ausgesetzt sind, sondern auch dem Blick all derjenigen, die in diesem einheitlichen

Emmanuel Alloa – Architekturen der Transparenz

Durchgangsraum arbeiten. Zum anderen vollzieht sich eine äußere Dezentrierung, insofern dieser Raum von der Außenwelt nur durch eine Glaswand getrennt ist, so dass jeder vorbeischlendernde Passant die Arbeit der Büroangestellten überwachen kann. An genau der Stelle, an der Benjamin in den Zwanziger Jahren stand und das unablässige Hin und Her der elektrischen Straßenbahnen am Potsdamer Platz in Berlin beschrieb, erhebt sich heute die makellose Stahl- und Glashaut des internationalen Sony Centers. Ironischerweise ist es nun der von Benjamin so brillant beschriebene Flaneur, der – wann immer er an diesen lichtdurchlässigen Gebäuden vorbeigeht – zum flüchtigen, aber dennoch panoptischen Aufseher dieser neuen Arbeitswelten wird. Tatsächlich gibt es im Dispositiv der Transparenz keine visuelle Wechselseitigkeit. Transparenz wird ausgestellt und beobachtet; diejenigen jedoch, die sich in ihr befinden, sollen nicht sehen, sondern gesehen werden. Die wirkliche Entscheidungsebene liegt ohnehin woanders, außerhalb des sichtbaren Bereichs, wie Graham scharfsinnig bemerkte: „Die Transparenz ist nur visuell; Glas trennt das Visuelle vom Verbalen, isoliert Außenstehende vom Inhalt der Prozesse der Entscheidungsfindung sowie von den unsichtbaren, aber realen Beziehungsgeflechten, die das unternehmerische Handeln mit der Gesellschaft verbindet.“48 Die Tatsache, dass der New Yorker Sitz der Vereinten Nationen von einer Streichholzschachtel mit zwei Blindseiten zu einer Glasschachtel mit vier Glasseiten überging, war letztlich nebensächlich, bestätigte aber vielmehr, dass Transparenz – dieser höchste und unantastbare Wert unserer Zeit – wesentlich und entscheidend eine verschleiernde Funktion hat, so dass die sozialen Positionen und damit auch das Gleichgewicht der Kräfte unangetastet bleiben. Diese Kräfte mögen in ihrer äußeren Gestalt neu sein, in ihrer Ungleichheit bleiben sie jedoch identisch. Übertragung des Textes „Architectures of Transparency“, erschie­nen in RES: Anthropology and Aesthetics, Nr. 53/54 (Spring-Autumn, 2008), S. 321 – 330, aus dem Englischen von Johanna Seifert.

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Anmerkungen 1

Valéry 1926, S. 351 (leicht veränderte Übersetzung)

2

Benjamin 1977d, S. 390

3

Vidler 2002

4

„Mit Transparenz wollte man Mythos, Verdacht und Tyrannei und vor allem das Irrationale mit seinem gesamten Umfeld auslöschen“, ebd., S. 214.

5

Ebd., S. 269

6

Brucher 2000, S. 13

7

Eine Vorstellung, die mindestens bis in die theodosianische Zeit zurückreicht.

8

Panofsky 1946, S. 27

9

„Pars nova posterior dum iungitur anteriori,/ Aula micat medio clarificata suo./ Claret enim claris quod clare concopulatur,/ Et quod perfundit lux nova, claret opus/ Nobile […]“, Abt Suger von SaintDenis 2000, S. 327 (= De administratione, 181)

10 „excepto illo urbano et approbato in circuitu oratorium incre­ mento, quo tota clarissimarum uitrearum luce mirabili et continua interiorem perlustrante pulcritudinem eniteret“, Abt Suger von Saint-Denis, S. 225 (= De consecratione, 49). 11 Siehe hierzu neben Erwin Panofskys Gotische Architektur und Scholastik. Zur Analogie von Kunst, Philosophie und Theologie im Mittelalter, Köln 1989 [engl. OA 1951] auch: Jantzen 1927; Sedl­ mayr 1950; Simson 1968; De Bruyne, 1975. Für einen kritischeren Ansatz auf der Grundlage historischer Materialien, s. Grodecki 1976. 12 Panofsky 1989, S. 31 13 Ebd. 14 Vasiliu 1994, S. 154 15 Abt Suger von Saint-Denis 2000, S. 324 (= De administratione, 174) 16 Dionysius Areopagita 1986 17 Kohlmaier/Sartory 1988, S. 28 18 Catteau 1973 19 Zitiert nach ebd., S. 178. 20 Ebd. 21 Bucher 1851, S. 10 22 Ebd.

Emmanuel Alloa – Architekturen der Transparenz

23 „Pour la première fois depuis les Romains un nouveau matériau de construction artificiel, le fer, fait son apparition.“ Benjamin 1982b, S. 62. 24 Benjamin 1982d, S. 1226 25 Zitiert nach Kohlmaier/Sartory 1988, S. 69 26 „Die Bourgeoisie der Welt errichtet durch diese Ausstellung im modernen Rom ihr Pantheon, worin sie ihre Götter, die sie sich selbst gemacht hat, mit stolzer Selbstzufriedenheit ausstellt.“ Marx 1850, S. 311 27 Zur Erinnerung: „Fetisch“ geht etymologisch auf das portugiesische Wort „fabricar“ („herstellen“) zurück. 28 Benjamin 1982a, S. 50 29 Benjamin 1982c, S. 267 30 „A l’intérieur des divertissements, auxquels l’individu s’abandonne dans le cadre de l’industrie de plaisance, il reste constamment un élément composant d’une masse compacte. Cette masse se complait dans les parcs d’attractions avec leurs montagnes russes, leurs «tete-à-queue», leurs «chenilles», dans une attitude toute de réaction. Elle s’entraîne par là à cet assujettissement avec lequel la propagande tant industrielle que politique doit pouvoir compter.“ Benjamin 1982b, S. 65 [Übersetzung v. J.S.] 31 Dostojewski 1977/1980, S. 780 32 Benjamin 1977c, S. 298 33 Breton 2002, S. 15 34 Benjamin 1977c, S. 298 35 „lo sogno una casina di cristallo / […] una casina come un qualunque mortale / puo possedere, / che di straordinario non abbia niente, / ma che sia tutta trasparente, / di cristallo. / [...] Mi vedrete mangiare, mi potrete vedere/ quando sono a dormire, / sorprendere i miei sogni; / mi vedrete fare i miei bisogni, / mi vedrete quando cambio la camicia […]“, Palazzeschi 2002 [Über­ setzung v. J.S.]. 36 Scheerbart 1914, S. 11 37 Mies 1923 38 Benjamin 1977a, S. 217f 39 Benjamin 1972, S. 427 40 Benjamin 1977a, S. 217 41 Ebd. 42 Ebd.

53

43 Ebd. 44 Benjamin 1977b, S. 232 45 Benjamin 1991, S. 197 46 Sennett 1987 [Übersetzung v. J.S.] 47 Graham 1999, S. 60 48 Ebd.



Luisa Lambri

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Untitled (Menil House, #01), Produced by the Menil Collection, Houston 2002, Laserchrome print



Untitled (Farnsworth House, #07), 2016, Fine art pigment print

Die Theorie des Diaphanen

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Renate Maas

Die diaphane Struktur als bildliches und bauliches Urprinzip 1927 hielt der Kunsthistoriker Hans Jantzen bei der Jahresfeier der Freiburger Wissenschaft­lichen Gesellschaft seinen Vortrag „Über den gotischen Kirchenraum“1. Als erster analysierte er darin das Diaphane in der Architektur und prägte den Begriff ‚Diaphane Struktur‘. Unter Diaphanie verstand man seinerzeit das Durchscheinen von Licht durch bunte Glasbil­der und die dadurch erzeugte Verunklärung der Umgebung. Marcel Proust hatte diese Wir­kung mit jener gotischer Kathedralfenster verglichen.2 Jantzens Begriff ist je­doch komple­xer: Bei der diaphanen Struktur handelt es sich um ein differenziertes Spiel von Körpern, Freiraum und Licht, das erst durch unsere Wahrnehmung real wird. Der Fachwissenschaft war das lange entgangen, weshalb ‚Diaphanie‘ zu einem bloßen Schlagwort für die gotische Lichtwirkung verkam. Jantzens Erkenntnisse sind im Zusammenhang mit denen anderer Wissenschaftler und Ar­ chitekten seiner Zeit zu sehen, sodass der Begriff stellvertretend für das Raumver­ständnis in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts steht. Die Auslegung von Jantzens Werkanalysen zeigt weiterhin, dass Bild- und Architekturräume generell auf die dia­phane Struktur hin betrachtet werden können – sie ist also ein ästhetisches Grundprin­zip. Dies werde ich im Folgenden veranschaulichen. Zeitgeschichtliche Hintergründe Nachdem in der frühen Moderne

das Interesse von Wis­senschaft, Philosophie und Kunst überwiegend zeitlichen Strukturen gegolten hatte, rückte mit der Wende zum 20. Jahrhun­dert das Phänomen des Raums in den Blick.3 In Deutschland stand die Ausein­andersetzung vor dem Hintergrund

Renate Maas – Die diaphane Struktur

von Fragen nationaler Identität und Grenzen – es ging um örtliche Verankerung und geografische Raumerweiterung.4 Die konstruktiv-wissenschaftliche und perspektivische Raumauffassung wurde abgelehnt und eine Al­ternative gesucht. Ein eben­falls neuer Zeit- und Geschichtsbegriff führte zu der Vor­stellung, dass sich künstlerische Sti­le nicht sukzessive aus vorausgegangenen entwi­ ckeln, sondern spontan und sprunghaft auf­treten. Als entsprechend originär nahm man die bis dahin wenig beachtete Kunst der Vor­zeit und des Mittelalters sowie die Kinder- und Laienkunst wahr.5 Hinzu kam eine Polarisierung zwischen romanischer und germanischer Kultur. Der romanis­chen Kultur schrieb man eine Orientierung am Materiellen und Konstruktiven zu, wohingegen man in der germanischen Kultur eine Beachtung des Immateriellen fand; sie sei geistig, dichterisch und ornamental-abstrakt. Analog wurde zwischen ei­ ner containerhaften, perspektivischen Raumauffassung und zentral-peripherischen Raumstrukturen polarisiert. So stellt 1913 der Kunsthistoriker Kurt Gerstenberg her­aus: „Für den Italiener ist der Raum ein fertiges Gebilde, das er von sich abstellt, für den Deutschen dagegen ist der Raum ein nach allen Seiten gleichmäßiges Ausdehnen von einem Zentrum, das er selber innehält. Der Raum wird um ihn herum. Daraus re­sultiert das Gefühl völligen Umschlossenseins vom Raum.“6 Mit dem Ziel, grenzüberschrei­tend den angeblichen Mangel der Deutschen an Lebensraum zu beseitigen, wird diese Vorstellung im Dritten Reich zur nationalsozialisti­schen Großraumvision übersteigert. Für die moderne Wissen­schaft, Philosophie und Kunst lässt sich mit dem Schweizer Kulturphilosophen Jean Gebser sagen, dass sie als Alternative zum neuzeitlichen Perspektivis­mus einen Aperspektivismus verwirklicht haben. Aperspektivität ist für Gebser prak­ tisch dasselbe wie Arationalität und Diaphaneität. Wohl ohne Kennt­nis von Jantzens Diaphaniebegriff lässt er seine Ausarbeitung eines aperspektivischen Weltbildes7 kon­sequent von den Begriffen ‚Dia­ phanie‘ bzw. ‚Diaphanik‘ begleiten. Exemplarisch ma­nifestiert sieht er das Phänomen bei dem Phi­losophen Martin Heidegger,8 der mit Jant­zen wissenschaftlich und privat im Aus­tausch stand. Heideg­gers Hauptwerk Sein und Zeit,9 das neben der Zeitlichkeit des mensch­lichen Daseins dessen Räumlichkeit analy­siert, erschien zeitgleich mit Jantzens Vortrag Über den gotischen Kirchenraum. Später betrachtet Heidegger den Raum eingehend im Zusammenhang mit der Kunst.

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Die Suche nach einem andersartigen Raumverständnis geht mit einer Krise der Wissenschaften und der Kritik an positivistischen Methoden einher, die Wesentliches nur bedingt er­kennen könnten. Der Freiburger Philosoph Edmund Husserl erklärte 1901 das Sehen zum Schlüssel der Erkenntnis und forderte, „auf die ‚Sachen selbst‘ zurück[zu]gehen“10. Analog dazu bemühte sich die Kunstgeschichte an der Freiburger Universität ab den zwanziger Jah­ren verstärkt, Kunst als Kunst, also aus ihr selbst heraus, zu verstehen und fragte im Anschluss an Heideggers ontologische Methode nach dem Sein des Werks.11 Jantzens Ansicht zufolge verfehlt ein konstruktiv-technischer Blick besonders das We­sen gotischer Werke. Mithilfe der phänoschen Werkauffasmenologischen Methode und der ontologi­ sung erschließt er den architektonischen Raum ‚rein‘ anschau­lich in seiner visu­ellen und leiblichen Wirkung und legt die diaphane Struktur als „zentrale Raumidee der Go­tik“12 offen. Der gotische Raum sei eine selbständige, exemplarische und dem antiken, roma­ nischen und Renaissance-Raum gegenteilige Raumform.13 Er sei sogar Symbol des Raums schlechthin, also Raum im eigentlichen Sinn.14 Anders gear­tete Räume wären demnach nur Derivate. Da die phänomenologische Herangehenswei­ se beansprucht, die begegnende Welt in ihrer grundsätzlichen Erscheinungsweise für den Menschen zu erfassen, sind die so gewonnenen Einsichten unhinterfragbar. Das gilt entsprechend für Jantzens Erkenntnisse, wenngleich die völkisch-nationalistische Weltanschauung seine Forschung beeinflusst hat.15 Der Begriff der diaphanen Struktur Jantzen erforscht das gotische Stilprinzip anhand der Raumgrenze. Diese verortet er in der Hochschiffwand und nicht in den Außenwänden der Seitenschiffe, weil im Kathe­dralraum als Kultraum alles auf das Mittelschiff als Kernraum bezogen sei. Daher müsse die Wand dieses Kernraums dessen eigentliche Grenze sein. Das Beson­dere dieser Grenze sei, dass sie den Raum nicht rein materiell ab­schließe, sondern als Zusammenspiel körperhafter Wandteile mit einer dahinter, in den Seitenschiffen lie­ genden immateriellen Raumschale. Eine originale Lichtgestal­tung der Kathedrale vor­ausgesetzt, werde die tatsächliche Materia­ lität der Seitenschif­ fe ins Un­ bestimmte ver­ drängt. Für den im Zentrum stehenden Rezipien­ten dehne sich die Grenze

Renate Maas – Die diaphane Struktur

dadurch nach außen aus, wirke aber zugleich von ihrem unbe­ stimmten Raum­grund her nach in­nen begrenzend. Laut Jantzen bringen die Wandkörper und der dahinter liegende Raumgrund einander wech­selseitig zur Wirkung.16 So erscheint die Wand ganzheitlich als plastisches Relief­gitter: „Da […] das Gerundete [der Pfeiler und Dienste] aus der dunkleren Raum­schicht […] als model­lierte Form hervortritt, wird eben durch die Modellierung auch der ‚Grund‘ als solcher auf­gezeigt, indem die Rund­formen wie in den Grund eingebet­tet erscheinen.“17 Dieses Prinzip nennt Jantzen die diaphane Struktur. Der unkörperli­che Grund enthebe die körperhaften Tei­le ihrer materiellen Wirkung und bringe das Reliefgitter „zum Aufstieg“.18 Die Wand erschei­ne insgesamt „als ein Unfestes, Nicht-Greifbares, Lichthaltiges“.19 Der Raumgrund umlaufe das Mittelschiff wie eine Folie und erscheine in den Fenster­zonen als Lichtgrund und im überblendeten Mauerwerk als Dunkelgrund. Als Licht­grund steht das Licht in einem unmittelbaren Verhältnis zu den plastischen Teilen der Hochschiffwand, die aus dem Grund auftauchen. Der Wechsel von Lichtgrund und Dunkelgrund steigere die Lichtwirkung aufs Äußerste und trage dazu bei, dass die Ka­thedrale im Ganzen von einem qualitativen dunklen Licht erfüllt werde. Dieses Ge­samtphänomen sei das eigentliche Licht der Kathedrale.20 Nicht allein auf das Zusammenspiel der Mittelschiffwand und der dahinter liegenden Seiten­schiffe beschränkt, unterliegen dem zweischichtigen Prinzip weitere Architektur­elemente: Das Langhaus als Baukörper ist durch die dunkle Raumschale der Seiten­ teile hinterlegt und umhüllt;21 die Fensterzonen sind zweischalig gestaltet; und die Fenster selbst sind farbig ge­schichtet, so dass sich die darin agierenden Figu­ren aus dem Grund herausbilden.22 Selbst Architektur und Außenraum stehen in einer solchen Beziehung, anschaulich etwa in der Ar­kadengalerie. Geistesgeschichtliche Hintergründe Jantzens Begriff der diaphanen Struktur ist auf die aristotelische Naturphilosophie und die moderne Wahrneh­ mungspsychologie zurückzuführen. Er vereint das von Aristote­les an der Natur erörter­te Phänomen des Diaphanen mit modernen wahrnehmungspsy­chologischen Er­kenntnissen über Figur-Grund-Strukturen.23 Aristoteles meint, die Dinge würden unserem Sehsinn durch ein Drittes – das soge­nannte Diapha­ne – vermittelt. Für ihn sind

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das Diaphane und das Körperhafte jedoch nicht ge­trennt, sondern Körper sind im Diaphanen beziehungsweise das Diaphane durchzieht die Kör­per.24 Das Diaphane ist also zwiefältig und zugleich das vermittelnde Medium als auch des­sen Verbindung mit Körpern. Körper sind gleichsam begrenzte Ausschnitte dieses al­les durchziehenden Mediums. Zur Natur des Diaphanen gehört laut Aristoteles nicht nur das helle Licht, sondern ebenso das Dunkel, weil Licht im­mer die Möglichkeit des Dunkels und das Dunkel die Möglichkeit des Lichtes birgt.25 Ebenso ist für Jantzen die gotische Wand nicht einfach durchscheinend oder gar durchsichtig, sondern sie zeigt ein durchscheinendes Gefüge, also eine Anordnung architek­tonischer Elemente, die ein Durchscheinen bewirkt. Die diaphane Struktur ist ein ganzheit­liches licht­haftes Phänomen, das sich durch die Beziehung von materiellen und imma­teriellen Elemen­ten entfaltet. Wie wir diese Beziehung optisch wahrnehmen, hat in den 1920er Jahren die von der Phäno­menologie herkommende Gestaltpsychologie untersucht. Sie prägte den Begriff der Figur-GrundStruktur, welche die diaphane Struktur im Kern ist. Der Gestaltpsy­ chologie zufolge heben sich innerhalb eines Sehfeldes immer gestalteten Hintergrund ab. Das wohl Gestalten von einem un­ bekannteste Beispiel hierfür ist das Bild der ‚Ru­binschen Vase‘, bei dem wir je nach Auf­merksamkeitszuteilung mal eine weiße Vase, mal zwei schwarze Gesichtsprofile se­hen. Darüber hinaus kamen die Gestaltpsychologen zur Erkenntnis, dass wir alles zu Sehen­de als ein optisches Feld und inner­halb dessen gleichartige Gestalten gend wahrneh­ men. Dieses soge­ nannte Gesichtszusammenhän­ feld gliedert sich in einen homogenen Bereich – den Grund –, in dem keine Beziehun­gen von Teilen bestehen, und in Gebil­de – die Figuren­–, die inner­halb des Feldes Verbindungen eingehen und sich zusam­ men abheben. Beide Bereiche zu­ sammen bilden, so Wolfgang Köhler, einer der her­ausragenden Vertreter dieser Richtung, das ganze Feld als einen „phänomenalen »Kon­nex«“,26  also die Fi­ gur-Grund-Struktur. Um jeweils Figur oder Grund wahrnehmen zu können, dürfen die beiden Schichten des Feldes nicht gleichartig sein; sie müssen bspw. Helligkeits- oder Farbunterschiede aufweisen.27 Köhler zeigte als Beispiel paral­lele Linien auf hellem Grund, die uns als Gitter oder Säulen erscheinen können. Nach diesem Prinzip betrachtet Jantzen die gotische Wand als Feld von gleicharti­gen materiellen Bestandteilen vor ei­nem folienartig

Renate Maas – Die diaphane Struktur

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1

durchlaufenden Raumgrund – als das erwähnte Reliefgitter. Seine Auffassung, dass dieses ‚zum Aufstieg‘ gelange, ent­spricht einem bereits 1890 von Christian von  Ehrenfels konstatierten Wahrneh­ mungsphänomen, bei dem sich in der Wahrnehmung verbindende Figuren (bspw. Gitterstrukturen) bewegen und zeitliche Qualitäten erhalten können.28 Die Gestaltwahrnehmung bedient Jantzens Streben nach einer neuartigen Auffassung des gotischen Raums. Sie ist unmittelbarer und ursprünglicher als die tiefenperspekti­vische Wahrnehmung und entspricht unserer Neigung, zunächst und vor al­lem einfa­che Strukturen wahrzu­nehmen.29 Schon die frühesten menschlichen Erzeug­ nisse auf in­dividueller wie kultu­reller Ebene zeigen Figur-GrundMuster, während eine perspekti­vische Darstellung erst im Laufe unserer Ent­wicklung dazukommt. Auch den wirklichen Beziehungen der Dinge unterein­ander und zum Raum kommt die Gestaltauffassung näher als die Perspektivtheorie, denn in der Wirklichkeit sind die Dinge we­ der tiefenmäßig angeordnet, noch treffen sich parallele Linien in ei­nem Fluchtpunkt. Ausdehnung und Tiefe sind lediglich Eigenschaften unseres Sehein­drucks; es gibt sie allein in Bezug auf das sehende Subjekt. Die aperspektivische, ganz­heitliche Figur-GrundGestalt greift darüber hinaus auf, wie wir als Menschen räum­lich sind. Denn, so hatte es Heidegger analysiert, wir sind geistig stets über unse­re kör­perlichen Grenzen hinaus: physisch hier sind wir zugleich dort bei Entferntem, um dies in unsere Nähe zu bringen

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1

Kathedrale von Saint-Denis (Innenansicht von Mittelschiff und Chor), Paris um 1200

2

Kelchgesichter oder Rubinsche Vase, beliebig reversible Ambiva­ lenz zwischen Figur- und Grund­

3

gegebenheiten (n. E. Rubin)) 3

Gitter, nicht reversible Ambiva­ lenz innerhalb einer Figur-GrundStruktur

und so die Ferne auf­zuheben. Auf ähnliche Art be­nötigt unsere Wahrnehmung von Elementen optischer Felder immer eine sie umgeben­de Raumschicht. Sie verschafft Weite, von welcher her die Dinge überhaupt nur er­scheinen können. Jantzens Erkenntnisse und die Gestaltwahrnehmung gründen in einem mit dem neuen Raumdenken einhergehenden Inter­esse an der Ursprünglichkeit unseres Daseins, unserer Wahrnehmung und der Kunst; ande­rerseits kom­men Werke mit entsprechender dürfnis entgegen. Vor dem HinterBeschaffenheit diesem Be­ grund deutscher Identitätssuche und nationalsozialistischer Ideologie wurde damals in konservativen intellektuellen Kreisen das Bauerntum als für germanische Völker typisch angesehen30 und es kursierte die Vor­stellung, die Werkgestalt sei von der Struktur des Erdkörpers und des Bodens abzuleiten.31 Dementspre­chend beschwor Knut Hamsun in Se­gen der Erde32 literarisch das Landleben und wurde dafür 1920 mit dem Nobelpreis ausge­zeichnet. Heidegger bewertet die traditionelle Art des Ackerbaus als ein dem künstlerischen und architektonischen ebenbürtiges, ursprünglich schöpferisches Tun.33 Und der Völkerrechtler Carl Schmitt beruft sich auf das mythische Bild der Erde als „Mutter des Rechts“.34 Da feldhafte Begrenzung und Flächens­truktur deren Ertrag steigerten, ließe sich daraus eine architektonische und gesellschaftli­ che Ordnung ableiten. Daran anschließend vergleicht der Schriftsteller Konrad Weiß die Naumburger Domplastik und die Hildesheimer Bernwardtür mit gefurchten Feldern, aus denen Figuren heraus-

Renate Maas – Die diaphane Struktur

wüchsen.35 Noch weiter denkt der Architekt Rudolf Schwarz, demzufolge die Bauge­stalt sogar aus dem geologischen Aufbau der Erde entwickelt werden soll.36 Auch Jant­ zen spricht von der Langhauswand als einem „durchlaufende[…][n] Feld“.37 Und sie weist wirklich dieselben Grundmerkmale auf wie ein mit dem Pflug bearbeitetes Stück Acker: parallele Linien und ein Ineinandergreifen der Schichten. Die Figur-Grund-Struktur der gotischen Wand wäre demnach in der ursprünglichsten Gestaltung der Erde mit quadrati­schem Grundriss und eingefurchten Linien angelegt. Von hier aus wächst sie regelrecht in den Aufriss – eine Vorstellung, die der Freiburger Gotikforscher Überwasser, auf den sich Jantzen bezieht, ausführlich dargelegt hat.38 Ebenso gibt es Gemeinsamkeiten mit dem kultivierten Feld hinsichtlich der Lichtwirkungen. Nämlich einen „rhythmische[n] Wechsel von Hell und Dunkel“39, den Jantzen sich für seine Analyse zu­nutze gemacht hat, sowie immer wieder wech­selnde Lichteindrücke wie bei den vom Pflug aufgebrochenen Erdschichten im Sonnenlauf: Was im einen Moment beleuchtet war, liegt im nächsten im Schatten. Der visuelle Eindruck des diaphan strukturierten Wandfelds und des bearbeiteten Ackerstücks sind gleichermaßen unstet.40 Die diaphane Struktur und die moderne Architektur Eine derart authentische, ursprüngliche Gestaltung kann auch an modernen Bauten nach­ vollzogen werden. Le Corbusier stellt uns seine Gebäude, Fassaden, Grundrisse, Wände und sogar Dächer frontalansichtig als mehrschichtig plastisch modellierte Flä­chen vor Augen. Auf seinen reliefartigen Fronten staffelt und schichtet der Architekt die einzelnen, teils nicht-kubischen Elemente in Höhe, Breite und Tiefe so, dass eine optisch und körperlich wahrnehm­ bare Durchlässig­ keit entsteht. Diese Materialbehand­ lung steht im Gegensatz zu derjenigen der Bau­ haus-Architekten, vor allem Gropius’. Plastik und Ar­chitektur als getrennte Gattungen be­greifend,41 spielt in seinen Bauten Plastizität keine maßgebliche Rolle. Beispielsweise werden beim Bauhausgebäude in Dessau Innenraum und Außenraum eindeutig definiert, indem die Glaswand entweder völlig durchsichtig oder als undurchdringli­ che Spie­gelung erscheint; und Blöcke, die zumindest eine Schichtung andeuten, durchbilden Innen- und Außenraum nicht wirk­lich. Auch vermitteln Abbildungen des Bauhaus­komplexes in der von Gropi­us

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4

6

5

4

Le Corbusier, Villa Savoye, Poissy 1928 – 31

5

Walter Gropius, Bauhaus, Dessau 1925/26

6

Ludwig Mies van der Rohe, Villa Tugendhat (Wohnraum mit Glaswand), Brno 1928 – 30

bevorzugten diagonalen Perspektive eine eindeutige Tiefenerstreckung, wohingegen Le Corbusier diese durch Schichtungen und Einkerbungen vermeidet.42 Eine Ausnahme unter den Bauhausmeistern bildet Mies van der Rohe. Er ließ sich von dem Theoretiker Siegfried Ebeling anregen, der dem frühen, spirituell geprägten An­satz des Bau­ hauses verpflichtet blieb. Für seine Arbeit „Der Raum als Membran“43 scheint Ebeling zudem, wie Jantzen, auf Aristoteles zurückzugreifen. So kommen sich Ebelings und Jantzens Auf­fassungen zur Raumgrenze sowie deren Gestaltung in Mies’ Tu­gendhat-Haus sehr nahe. Die 1928 bis 1930 gebaute Villa in Brünn zeigt mit freiste­ henden Wänden, ineinandergreifenden Räumen und einer äußeren Glaswand eine membranhafte

Renate Maas – Die diaphane Struktur

Durchlässigkeit. Hin­sichtlich ihrer Wirkung auf unsere visuel­le und körperliche Wahrnehmung können wir von einer diaphanen Struktur sprechen, die besonders durch die der Glaswand vorgelagerten Stützen der gotischen Wand nahe kommt44. Wie bei dieser wurde Begrenzung in der Villa Tugendhat durch das ganzheit­ liche Zusammenspiel von Materiellem und Immateriellem er­ zeugt. Raum und Stoff sind in einer übergeord­neten, ‚geistigen‘ Einheit verbunden45 – ganz so, wie bei Jantzen die Kathedrale „Symbol eines Raumlosen“46 ist, d. h. eines jeglicher materiellen oder immateriellen Bestimmung vorausgehenden Urphänomens Raum.47 In Mies’ Bau verbanden „[d]ie wandhohen Fenster […] als eine dem Auge keinen Widerstand entgegens­etzende ‚Membran‘ den […] Mikrokosmos des inneren Raumgefüges mit der Weite der Landschaft und des Himmels. Der Raum schien mit dem All eins zu werden, war dennoch aber ganz geschlossen und ruhte in sich.“48 Der Architekt nannte den derart gestalteten Raum ‚behü­tend‘; er ist Zelle und Welt, hält geborgen und macht frei.49 Mit diesen Merkmalen zeigt der Bau eine zentral-peripherische Struktur, wie sie im völkisch-nationalistischen Interesse lag, und tatsächlich wurde er schon bald nach seiner Errichtung als Ausdruck des da­maligen Weltgefühls und Weltbildes empfunden.50 Jedoch gerade von einem Vertreter der Moderne,51 was uns zeigt, dass die neue Raumauffassung zugleich konservativ und innovativ war. Im Tugendhat-Haus wird bei­spielhaft in moder­ner Form das schöpferische Urprinzip verwirklicht, das Jantzen zur selben Zeit im gotischen Kirchenraum fand – und das frei von zeitgeschichtlicher Vereinnahmung bestehen kann. Anmerkungen 1

Vgl. Jantzen 1928

2

Vgl. Proust 1964, S. 17

3

Vgl. Foucault 1989, S. 34; Jameson 1998, S. 60f.

4

So bspw. in der 1901 erschienenen Schrift Der Lebensraum des Geografen Friedrich Ratzel; vgl. Ratzel 1966.

5

Vgl. Maas 2015, S. 207 – 213, 219 – 224

6

Gerstenberg 1969, S. 139. Zu dieser Entwicklung, die sich in der Kunstgeschichte bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts zurückverfolgen lässt, vgl. Maas 2015, S. 206f.; Jantzen 1942, S. 342. Zu Jantzens eigener Position vgl. bspw. Jantzen 1935, S. 7; Jantzen 1963, S. 99;

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Maas 2015, 216 – 219. Als Beispiel für die Suche nach einem genuin deutschen Stil in Abgrenzung zu einem italienischen sei hier Oskar Hagens Deutsches Sehen genannt, das seit 1920 mehrmals neu aufgelegt wurde; vgl. Hagen 1923. 7

Vgl. Gebser, 1978a; Gebser 1978b

8

Vgl. Gebser 1978a, S. 32; Gebser 1978b, S. 542 – 558

9

Vgl. Heidegger 1993

10 Husserl 1984, S. 10 11  Vgl. Sauerländer 1999, S. 191f. Zum Methodenstreit und -wandel in der Kunstgeschichte vgl. Halbertsma 1985, S. 157 – 219; Jantzen 1942, S. 341. 12 Jantzen 1928, S. 6 13 Vgl. Jantzen 1928, S. 6f., 9; Jantzen 1938, S. 41f.; Jantzen 1957, S. 66, 69, 72; Jantzen 1997, S. 180 (Anm. 3) 14 Vgl. Maas 2015, S. 110 15 Vgl. Merleau-Ponty 1966, S. 3; Maas 2009, S. 114f.; Maas 2015, S. 30f., 33f., 344 – 347 16 Vgl. Jantzen 1928, S. 7 17 Jantzen 1928, S. 11 18 Vgl. Jantzen 1928, S. 18 19 Vgl. Jantzen 1957, S. 69 20 Zu dieser Auslegung vgl. Maas 2015, S. 71 – 74. 21 Vgl. Jantzen 1928, S. 10 22 Vgl. Jantzen 1928, S. 12f.; Jantzen 1957, S. 74 23 Zu einer ausführlichen Betrachtung dieser Zusammenhänge s. Maas 2015, S. 90 – 97, 124 – 137. 24 Vgl. Aristoteles 1997, 439b, S. 55f. u. 439b, S. 56; Maas 2015, S. 126 – 128 25  Vgl. Aristoteles 1995, II, 7, 418b, S. 99 u. 418b, S. 101; Maas 2015, S. 130 26 Vgl. Köhler 1920, S. 183 27 Vgl. Köhler 1920, S. 1 28 Vgl. Ehrenfels 1890, S. 268f. 29 Vgl. Arnheim 1993, S. 138f. 30 Vgl. Adama van Scheltema 1954, S. 162f.; Maas, S. 263f. 31 Für eine eingehende Betrachtung der im Folgenden nur angedeu­ teten Positionen s. Maas 2015, S. 261ff. 32 Vgl. Hamsun 1969

Renate Maas – Die diaphane Struktur

33 Vgl. Heidegger 1959, S. 147, 152 34 Vgl. Schmitt 1950, S. 13, 40 35 Vgl. Weiß 1950, S. 22f., 95; Maas 2014, S. 24f. 36 Vgl. Schwarz 1949, S. 11, 22 – 25, 44f. 37 Vgl. Jantzen 1957, S. 41 38 Vgl. Überwasser 1935; Überwasser 1949; Jantzen 1957, S. 81f.; Maas 2015, S. 255 – 257, 267 – 270. Die Entwicklung der Kathedrale aus einem ersten Grundquadrat beschäftigte in den dreißiger und vier­ ziger Jahren auch Hans R. Hahnloser, auf den Jantzen sich eben­ falls stützt; vgl. Hahnloser 1972; Jantzen 1957, S. 81f., Maas 2015, S. 255 – 257. Anschaulich dargestellt werden die Phasen der Boden­ kultivierung bis hin zum Bauwerk in dem Blatt zum Monat März des Stundenbuchs Les Très Riches Heures (um 1400) der Gebrüder von Limburg; vgl. Maas 2015, S. 264. Auch moderne Gedichte und Gemälde zeigen vergleichbare Gefüge, bspw. Georg Trakls Gedicht Ein Winterabend (1913) oder Paul Klees Bild Scheidung abends (1922), das der Maler wörtlich mit einem „frischgepflügten Acker“ vergleicht; vgl. Maas 2015, S. 313 – 316; Klee 1976, S. 118, 172. 39 Riegl 1973, S. 294 40 Vgl. Maas 2015, S. 269 41 Vgl. Moholy-Nagy 1968, S. 200ff. 42 Vgl. Rowe/Slutzky 1997, S. 42 – 49. Die Autoren arbeiten darüber hinaus Le Corbusiers und Gropius’ gegen­sätzliche Behandlung von Glas sowie die Ein- oder Mehrdeutigkeit ihrer architektonischen Spra­che heraus; vgl. Rowe/Slutzky, S. 35 – 42. 43 Vgl. Ebeling 1926 44 Vgl. dazu den Beitrag von Kurt W. Forster in diesem Band. 45 Vgl. Neumeyer 1986, S. 232 46 Vgl. Jantzen 1928, S. 18, Jantzen 1938, S. 44 47 Vgl. Maas 2015, S. 110 48 Neumeyer 1986, S. 239 49 Vgl. Neumeyer 1986, S. 237f. 50 Vgl. Riezler 1931, S. 328, 332 51 Walter Riezler befürwortete die moderne Kunst und wurde deshalb 1933 von seiner Stelle als Direktor des Stettiner Museums suspen­ diert; vgl. BKGE.

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Stepan Vaneyan

„Ich komme zum Schluss“: Jantzen und Sedlmayr oder Das Diaphane unter dem Baldachin „ Huiusmodi corpora proprie dicuntur perspicua sive transparentia, vel diaphana. Phanon enim in Graeco idem est quod visibile...“ Thomas Aquinas „ Limits of the diaphane. But he adds: in bodies. Then he was aware of them bodies before of them coloured ... Limit of the diaphane in. Why in? Diaphane, adiaphane.“ James Joyce, Ulysses Als ein Meilenstein in der Geschichte moderner Architekturtheorie – dank der Verbindung der Gestaltpsychologie mit der Phä­ no­ menologie – gilt der Vortrag von Hans Jantzen „Über den gotischen Kirchenraum“ (1927).1 Umso mehr als in der Ent­stehungsgeschichte des Textes eine wichtige Episode vorkommt, nämlich das Zusammentreffen mit Hans Sedlmayr und seinem anspruchsvollen Vorhaben, mit dem Buch Die Entstehung der Kathedrale (1951)2 eine neue Architekturtheorie zu liefern. Das Zusammenwirken von zwei anscheinend identischen Konzeptkonstruktionen weist unter anderem nach, dass ein und dasselbe Wort (hier „Diaphanie“3) auch zwei fast nicht übereinstimmende ideelle Konfigurationen bezeichnen kann. Es gibt aber nicht nur unterschiedliche Diaphanien4, sondern auch unterschiedliche „Gotiken“, die miteinander verknüpft sind oder auseinander hervorgehen. Und das schließt auch unterschiedliche Architekturen mit unterschiedlichen Räumen, Welten, Wissenschaften ein.

Stepan Vaneyan – Ich komme zum Schluss

Das Schicksal der Diaphanie Wenn wir über die theologische „Diaphanie“5 sprechen, über die philosophische „Durchsichtigkeit“6, die aisthetische „Transparenz“7 und sogar die physikalische „Durchdringlichkeit“8, dann wurde auf jeden Fall das Schicksal der „Diaphanie“ – sowohl in ihrer Rezeption, als auch in ihrer zweifellosen Apperzeption – von den Schlussfolgerungen aus Jantzens Vortrag bestimmt. Das nachfolgende Zitat Jantzens macht deutlich, wie die neue Wissenschaft entsteht. „Mit den bis hierher gegebenen Ausführungen ist die gotische Raumgrenze nur nach einem bestimmten formalen Prinzip analysiert, und es bleibt die Frage: Welche besondere Ausdrucksbedeutung für die Raumwirkung kommt der diaphanen Wandstruktur zu? Darauf wäre zu antworten, dass sie – neben andern hier nicht zu erörternden Momenten – das wirkungsvollste Mittel zu jener kultischen Verzauberung der Herzen darstellt, die das Erlebnis des gotischen Steilraumes charakterisiert. […] So schafft das christliche Mittelalter sich mit diesem Raum für das kultische Geschehen eine völlig neue Symbolform […] Eine Untersuchung aber, die das Prinzip des ‚Diaphanen‘ aus dem Kern des kultischen Vorgangs selbst zu deuten sucht, hätte die Überschrift zu tragen: Der Raum als Symbol eines Raumlosen“9. Wichtig ist hier das Versprechen einer anderen Perspektive, einer Horizontstruktur, welche durch die Befreiung vom Raum entsteht. Mit dessen Verschwinden wird ein neuer Zustand möglich: das Raumlose. Aber wesentlich wichtiger ist, dass dieser Zustand mit der bezaubernden Einwirkung auf Herzen verbunden ist, und zwar durch den Kult, der im Mittelpunkt steht und die Beziehungen innerhalb der Kathedrale bestimmt und der eine Messe ist10. Diese poetisch-dichterische „Zauberei“ liegt Sedlmayrs „dichterischen Wurzeln der Architektur“ nahe, ist aber auch eine Reaktion Sedlmayrs auf die Feststellung in Jantzens Schrift, dass man den Raum und die Materie loswerden und auffahren kann, wenn das Herz nachgibt11. Unsere Hypothese lautet, dass einer der aufmerksamsten Leser Jantzens das Vermächtnis direkt vollstreckt hat. Die Überschrift „Die Entstehung der Kathedrale“ könnte auch die Formel in Bezug auf das Raumlose sein. Es sei weiterhin bemerkt, dass das „liturgische Geschehen“ einen entsprechend gebauten Raum als seine „symbolische Form“ besitzt, und zwar den Raum als „Erlebnis der Grenze“. Daran wird Sedlmayrs transformierende Reaktion

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auf Jantzens gleichartige Formel in der bereits erwähnten Überwindung der vorgegebenen Grenzen-Bildwände deutlich. Jantzen hätte voraussehen können, dass das erstrebte „Raumlose“ auch die Form eines „Baldachins“ annehmen kann, welcher als Baldachin und Tabernakel alles verhüllt und behütet, was er berührt12. Auf jeden Fall sind Konzepte wie „Baldachin“, „erfassende Struktur“, „diaphane Wand“ und ähnliche nötig, die Sedlmayr unter der Rubrik „Das Phänomen der Kathedrale“ einführt. Sie ähneln dem Instrumentarium eines Magiers, der einer vergleichbaren Herausforderung gegenübersteht13. Diaphanie und Liturgie So entsteht also Sedlmayrs Baldachin14.

Wenn wir Sedlmayr folgen, ist die Kathedrale nicht nur ein Reproduzieren der gesehenen und fixierten Vision des „Himmlischen Jerusalems“, die Kathedrale bildet jedes Mal diese visionäre Situation durch ihre Struktur nach. Die Kathedrale ist dieses „Himmlische Jerusalem“, denn die Kathedrale ist in ihrer Gestalt gleichzeitig auch ein Abbild. Doch soll der Kathedralen-Besucher auch ein aktiver Teilnehmer am „kultischen Geschehen“ sein, wozu auch die aktuelle Theophanie gehört. Die Entdeckung der optischen Tiefe der Diaphanie bei Jantzen ist lediglich der Anfang von Sedlmayrs kinästhetischen Versuchen mit der Diaphanie (mittels Experimenten mit Tachistoskop)15. Sedlmayr liegen diese Vorstellungen nahe, sie sind bei ihm mit einer spezifischen Liturgik verbunden, die der mittelalterlichen Erfahrung kritisch gegenübersteht. In den entsprechenden Kapiteln spricht er über den „neuen anschaulichen Sinn der Messe“ oder ihren „szenischen Apparat“ und deutet auf ihren choregischen Charakter, unter anderem auch mit Verweis auf Abbé Suger von Saint-Denis, der Gottesdienst mit einer Tanzaufführung verglichen habe. Unsere Aufgabe ist es zu verfolgen, wie aus Jantzens Ansatz einer Vollendung der Diaphanie Sedlmayrs Theorie entsteht. Ziel ist es, die Theorie der gotischen Architektur als Apparat einer ständigen und realen Transzendenz zu begründen, die in sich eine Epiphanie (wenn nicht Theophanie) enthält. Das Problem für uns besteht darin, auf die Phänomenologie aufzubauen, und zwar nicht auf die Phänomenologie der visuellen Erfahrung (wie bei Jantzen), sondern auf die Phänomenologie einer projektiv-konstruktiven Tätigkeit. Sedlmayr hatte vor, die architektonische Ordnung wiederherzustellen und gleichzeitig die Ordnung der propheti-

Stepan Vaneyan – Ich komme zum Schluss

schen Schöpfung zu restituieren, wobei der Schauende zum Teilnehmer am sakramentalen Akt wird. Es geht also darum, dass sich aus der veränderten Konzeption der „Diaphanie“ begründet, dass die Anwesenheit in der Kathedrale auch eine Anwesenheit in der Offenbarung ist. Die Kathedrale selbst kann ein monumentales Sakramentales sein, wie eine Monstranz, ein Ostensorium oder ein Baldachin. Diese Offenbarung berührt uns auf dem mysterienhaften und gleichzeitig intentionalen Konzept des Abbildes.16 Semiotik und Diaphanie im Raum der Kathedrale Für Sedl-

mayr (103) wird das Abbild zu einer direkten Korrespondenz und sogar Identität von Denotat und Signifikant: das ist bei weitem kein Bild (ein „zu allgemeiner Begriff“), es ist auch kein Symbol, vielmehr ein indexalisches Zeichen17. Das Sinnliche verbindet sich mit dem Übersinnlichen. Wichtig ist hier die Rolle des Glaubens, die Anerkennung einer direkten Verbindung oder auch einer Identität des Sinnlichen und des Übersinnlichen. Sedlmayr äußert sich dazu subtil: „Dazu verdient noch der Hinweis Beachtung, dass gerade dort, wo als Grenzfall das Bild mit dem Abgebildeten gleichgesetzt wird, solches Bild der äußeren ‚Ähnlichkeit‘ am wenigsten bedarf …“. Auffällig ist hier die Erwähnung eines „Grenzfalls“, es sei daran erinnert, dass die Grenze für Jantzen der Ort der Diaphanie ist: Sie schlägt an der Raumgrenze durch. Genauer gesagt: Der Raum selbst ist die Grenze. Die „zweischalige Bildung“ ist die „diaphane Struktur“ als solche18. Somit geht es im angeführten Text Sedlmayrs um die Diaphanie als einer solchen Transparenz, in der Bild und Abgebildetes sich gegenseitig durchdringen19. Das Problem besteht darin, dass für Jantzen die Figur-Grund-Beziehung einem Relief entspricht, wo auf einem Unbestimmten das Figurative („zweischalige Bildung“) sich manifestiert und das ist, was wahrgenommen wird. Wenn wir die Diaphanie erleben, so wird das Unbegreifliche, das sich zu offenbaren bereit ist, zum Grund unserer Rationalität und Identität.20 Licht und Metaphysik Doch wie kann das von uns als raumlos

Empfundene zu einem Gegenstand der Repräsentation werden? Bräuchte es etwa eine neue „Einweihung“, eine neue Heiligsprechung des erneuerten Mysteriums? Oder einen Ausstieg

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in die anderen Bereiche? Beides wird von Sedlmayr – bewusst oder unbewusst – als Taktik gewählt. Einen Hinweis darauf findet sich in Sedlmayrs Nachwort von 1976 zu „Die Entstehung der Kathedrale“. In diesem Text wird die Diaphanie weit genauer gedeutet als im Haupttext, ausführlicher auch als der „Baldachin“ selbst, obwohl letzterer doch von Sedlmayr selbst in die Diskussion eingebracht wurde. Zu allererst führt Sedlmayr den Begriff „das erzeugende Prinzip der gotischen Architektur“ ein. Ein solches erzeugendes Prinzip oder eine generative Grammatik (N. Chomsky und P. Bourdieu)21 ist eine „neue Lichteinstellung“. Darüber haben als erste Panofsky und von Simson gesprochen22, und – fast gleichzeitig – natürlich Jantzen, obwohl für ihn das Licht nur „die Folie für die diaphane Wand ist“ (598), während die Wahrheit, laut Sedlmayr, darin besteht, dass die diaphane Wand selbst „eine charakteristische Bildung des primären Lichtdranges“ (ibid.) ist. Die diaphane Wand – eine verschwindende Wand, die durch das Fenster ersetzt wird, aber nicht durch das durchsichtige, für das alltägliche Licht bestimmte Fenster, wie bei „unseren modernen Glasbauten“ (599)23, sondern durch das selbst Licht ausstrahlende Fenster, das eine „anagogische Bedeutung“ aufweist24. Eine solche Wand ist laut Suger „allerheiligstes Fenster“ (für ihn ist dieses sacratissime vitrae der eigentliche Altar oder Thron). Sedlmayr übernimmt von Panofsky den Ausdruck „wahre Orgie neuplatonischer Lichtmetaphysik“ und unterstreicht, dass gerade die Anagoge in der Einbeziehung in den Transformationsprozess eines jeden besteht, der sich im Gebäude befindet. Das Gebäude selbst ist ein Vehikel, jene materialia, die als Abbild (imago) auftritt, welches den Zuschauer in ein Zwischenreich „entrückt“, wo es keine Erde mehr gibt und noch keinen Himmel. Es ist die Welt eines künstlerischen „Purgatoriums“, in dem als reinigendem Ort auf dem Weg zu dem wahren Licht25 der Aufenthalt obligatorisch ist. Gerade diese Transparenz des Durch-sichlassens kennzeichnet, laut Sedlmayr, die wesentlichen Teile der Bauten Sugers, und gerade hier sind die „Spuren“ der „wahren Diaphanie“ erfahrbar. Ihr Sinn ist nicht die Transparenz, sondern der Glanz oder die Ausstrahlung, er liegt nicht im gedanklichen Schauen nach dem, was dahinter und verborgen ist besteht, sondern darin, auf der körperlichen Ebene die Einheit des Irdischen und des Himmlischen, d.h. des Materiellen und des Immateriellen intenti-

Stepan Vaneyan – Ich komme zum Schluss

onal zu erfahren. Die Diaphanie ist ein Mittel, um den Schauenden in eine Art Halluzination zu versetzen, wobei die „Medialität des Auges“ als Übergang und Übertragung fungiert26. Sie wird einerseits durch das Betrachten der „Lichtmaterie“, andererseits durch das Einbeziehen des Zuschauers in den Prozess erzielt27. Es sei bemerkt, dass wir hier eine Reihe von Transgressionen haben, die auch transtemporale – bisweilen historische – Übergänge einschließen. Sedlmayr betont, dass sein Standpunkt kein moderner ist, vielmehr der Gesinnung jener Epoche entspräche, in der die Kathedrale entstand. Es ist nicht nur eine Reduktion, sondern auch eine Abduktion, an der nicht nur der Beschauer des Gebäudes teilhat, sondern auch der Leser des Textes, sowohl desjenigen von Suger, als auch desjenigen von Sedlmayr… Hinter dieser Einstellung zum Licht steht eine neue und noch nie erfahrene Nähe des Sinnlichen und des Übersinnlichen, also der Zusammenfall von „wörtliche[m] Sinn, der sinnlich schaubaren Lichtgestalt und dem dahinter liegenden geistigen Sinn, der lux vera“ (604). Das setzt voraus, dass es kein Symbol mehr gibt, sondern ein Abbild (imago). Und es setzt auch eine „neue Stofflichkeit“ (nicht „Sachlichkeit“, leider) voraus, eine neue Vollkommenheit der Materie, einen Übergang von der Undurchsichtigkeit zur Lichthaftigkeit, zwischen der das Transparente liegt. Die letzte ist die „Eigenschaft der intermediären Körper“ (i.e. Feuer, Äther, Kristall, Glas), welche „partim lucida, partim diaphana“ sind. Tatsächlich ist die Diaphanie „anders als bei Jantzen“ die Eigenschaft dieses Zwischenreiches. Mehr noch ist „die Kathedrale selbst schon durch ihre neue Stofflichkeit ein solches Zwischenreich“ (ibid.). Die Wurzel der Kathedrale im diaphanen Zwischenreich des Lichts Intermedialität ist auch ein Medium „der Zauberei des kultischen Geschehens“. Transparenz ist dabei nur ein Teil der Theophanie. Ihre anderen Bestandteile sind Medialität und Instrumentalität. Sedlmayr erweitert Jantzens Darstellung weniger durch das Licht als durch das Abbild, das ein Stimulus, ein Index im Peirce’schen Sinne ist, ein Abbild der mit Stimmung geladenen Situation, die dem Erlebnis unterliegt. Tatsächlich ist die Strukturphänomenologie der Kathedrale bei Sedlmayr auf die Exposition der These gerichtet, dass die Kathedrale Abbild des Himmlischen Jerusalems ist. Und dieses Abbild wirkt als eine Geste28.

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Deswegen ist „die Symbolik des Kirchengebäudes“ nicht etwas „nachträglich von Theologen Hinzugedachtes, sondern in den Erbauern der Kathedrale selbst Wirkendes“ (605). Selbst der Bauakt ist symbolisch. Er wird in dem Bewusstsein durchgeführt, aus dem er kommt. Entsprechend ist ein Kirchengebäude für seine Erbauer in dem Maße schön, in dem es sie zu Teilnehmern der „höchsten Wirklichkeit“ macht, welche „superessentielles Licht“ darstellt und die umso eindrücklicher ist, je mehr Licht sie enthält. Es ist zugleich auch eine Substanz, die durchdringen soll, indem das Licht die Gläubigen, die in der irdischen Kirche zusammenkommen, transponiert, transzendiert und transsubstanziert (605  –  606). Auch der Baldachin bildet eine spezifische Körperschaft, die das Transzendente einbezieht und die Voraussetzung für das Zusammenkommen von Teilnehmer und Göttlichkeit bildet. Darum ist nicht mehr das Licht, sondern die Leiblichkeit die Folie für die kultische Handlung29. Somit wird die Instrumentalisierung beziehungsweise Liturgisierung der Diaphanie auch zu einem Aspekt des Schauenden und des an der Handlung Teilnehmenden. Sie kann auch in den fleischbezogenen kinästhetischen Akten diaphan sein. Es ist eine immanente Diaphanie und Messe, die im Inneren erfolgt, da, wo es nicht nur Zwischen-, sondern auch direkt Gottesreich ist30. Auch wenn also Sedlmayr behauptet, dass seine Rekonstruktion der Kathedrale „mit den Augen ihrer Erbauer“31 ein bescheidenes Anliegen sei, so müssen wir in dieser Formulierung doch ein anspruchsvolles Aufbauprogramm erkennen, in der es nicht nur um die Erbauer der Kathedrale geht, sondern auch um die Erbauer der Methode und der Wissenschaft32. Mehr noch: Wenn Sedlmayr sagt, dass „aus Chartres sich ein Strom der Lichtmetaphysik ergossen hat“ (609), können wir folgern, dass sich gar ein Strom der „Frames“ und der „Scriptes“ ergießt – nicht nur der Stile und Formen der Frömmigkeit, sondern eben auch der Kognitivität. Obwohl dieser Wissenschaft das „principe generateur“ zugrunde liegt, welches auch für die Kathedrale gilt, weil sie in erster Linie als Werk verstanden wird, ist es das Prinzip der sinnstiftenden Handlung, der Konstruktion und Konstitution der Bedeutung. Es ist eine Herausforderung, über die architektonischen Strukturen auch das künstlerische Bewusstsein zu rekonstruieren, welches nicht nur die Bedeutung erzeugt, sondern auch die Mittel, Formen und Methoden seiner Deutung mitbestimmt. Diesem Bewusstsein

Stepan Vaneyan – Ich komme zum Schluss

liegen weder technische noch ästhetische, sondern reine Willensakte zugrunde, die aus dem Kirchengebäude „das Instrument des Geistes“ machen. Auf jeden Fall wird die Architektur zum Vehikel jener rein geistigen Aktivität, die sich in allen Bereichen der Realität befindet und eine Performativität ist, weil „die Wurzel der Kathedrale“ dichterisch ist, wenn das Bewusstsein eine Dichtung ist33. Am Ende sei auch der hermeneutische Aspekt des Übergangs von der Diaphanie 1 (Jantzen)34 zu der Diaphanie 2 (Sedlmayr)35 angedeutet. Wesentlich ist hier der von Sedlmayr wiederholte Satz „Ich komme zum Schluss“. Temporalität ist wohl das entscheidende eschatologische Deutungsinstrument der Diaphanie selbst36. Dieser Schluss ist gleichsam ein Ausschluss, ein Ausschöpfen und Vollendung der Strukturhaftigkeit der Welt, er entspricht dem Übergang vom Bild zum Abbild, vom Bauen zum Reden, vom Sehen zum Stimmen37 und darum – von der Diaphanie zu der Diaphonie38 – Schweigen39. Der Autor dankt für die Hilfe Marina Toropygina (Übersetzung) und Viola Hildebrand-Schat (Lektorat).

Anmerkungen 1

Hans Jantzen: Über den gotischen Kirchenraum. Freiburger Wissen­ schaftliche Gesellschaft, H. 15, Freiburg in Breisgau, 1928. – Wieder­ abdruck: Jantzen 2000, S. 7 – 34

2

Sedlmayr 1951

3

Zum Begriff: Maas 2015, S. 124ff. Vgl. den Beitrag von Renate Maas in diesem Band.

4

Das Diaphane als „Durchsichtiges“ findet Verwendung im 19. Jahrhundert etwa für Glasbilder oder für „Sarah Bernhardt’s Reis­ pulver“, ein französisches Parfüm. Die Entomologen haben Ihre eigene Diaphanie – die Diaphania Indica, beispielsweise.

5

„XVII.4.3 O ja, Herr, nicht nur der Strahl, der durchdringt. Nicht Deine Epiphanie, Jesus, sondern Deine Diaphanie. […] Keine Macht der Welt kann uns hindern, die Freuden der Diaphanie zu kosten; denn sie liegt tiefer als jede Macht und aus dem gleichen Grunde kann auch keine Macht der Welt ihr Aufleuchten erzwingen... (Teilhard de Chardin 1962, S.155). Vgl. auch Kommentar: „Für den geistlichen Menschen, der sich diese innere Quelle erschlossen hat, werden die Dinge transparent auf das Göttliche hin, der Kosmos

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wird durchlichtet vom Lichte des Logos, Welt wird zur ‚Diaphanie‘ Gottes.“ (Haas 1964, S. 284, 286). Auch Jantzen zitiert Teilhard de Chardin, in: Jantzen 1997, S. 40). Zum Neoplatonischen Gebrauch vgl. auch: „…Luminosity can be described as a theophany of light (lux), which penetrates the world and moves hierarchically through the different levels of reality“ (Vesely 2004, S. 116). 6

„Die Sicht, die sich primär und im ganzen auf die Existenz bezieht, nennen wir die Durchsichtigkeit. […] Existierend Seiendes sichtet ‚sich‘ nur, sofern es sich gleichursprünglich in seinem Sein bei der Welt, im Mitsein mit anderen als der konstitutiven Momente seiner Existenz durchsichtig geworden ist“ (Heidegger 2006, S. 146).

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Das lateinische „transparens“ zu „to diaphanes“ ¯ stammt aus dem 12. Jahrhundert (1160 – Burgundio von Pisa). Später wird „transpa­ rentia“ der Inbegriff einer Negation des Sinnlichen (Pfisterer 2011, S. 446). Im Deutschen häufig als „Durchdringlichkeit“ wiederge­ geben (Maas 2015, S. 125, Anm. 509).

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Die Durchdringlichkeit betrifft in erster Linie das Sehen, weshalb der Begriff mit bei Boethius mit „perspectiva“ gleichgesetzt wird, siehe auch z. B. bei Thomas Aquinas. Eine solche Art des Sehens impliziert „ein bestimmtes Raumkonzept, das eine prinzipielle Kontinuierlichkeit zwischen Diesseits und Jenseits des Bildträgers postuliert“ (Pfisterer 2011, S. 446).

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Jantzen 2000, S. 32 – 33

10 Vgl. auch bei von Simson: „Diese Art der Vergegenwärtigung der heiligen Ereignisse […] ist von der Religionsgeschichte mit recht an die Idee des Zaubers geknüpft werden“ (Simson 1995, S. 15). 11 Es führt ein kontinuierlicher kognitiv-metaphorischer Weg von Sedl­ mayrs „dichterischen Wurzeln der Architektur“ (mit „neuer Sphäre der dichtenden und erdichtenden Phantasie“, Sedlmayr 1976, S. 477) durch den „endotymischen Grund“ (Sedlmayr 1985, S. 324) des künstlerischen Schaffens (mit gegenstandlosen „Bildformen“ als „macchia“, als der emotional belasteter Farbenfleck, Sedlmayr 1985, S. 275) zum „l’immagini del cuor“ von J. Gantner (d.h. zum „Inneren“ der künstlerischen Praxis, „der Zone der präfiguralen („vorgestaltenden“) Phantasie“, Gantner 1979, 111, 117, 119). Vgl. aber Bätschmanns ganz unversöhnliche Kritik an diesen Ideen: Bätschmann 2009, 27 – 30. 12 Vgl. eine kritische Bemerkung über „Raumlose“ von Sedlmayr in Anhang III („Jantzen’s Theorie des gotischen Raums“) der „Entstehung der Kathedrale“: „Diese Auffassung scheint mir […] teils noch romanisch, […] teils schon protestantisch […] der sichtbare Raum ist nicht ein Symbol eines Raumlosen, sondern Abbild eines objektiven unsichtbaren Raums, zu dem er in

Stepan Vaneyan – Ich komme zum Schluss

Verhältnis einer realen Analogie gedacht wird“ (Sedlmayr 1976, S. 526). 13 Vgl. wie im Gegensatz dazu P. Bourdieu in eine Reihe mit „Baldachinsystem“ auch die „diaphane Wand“ und das „Schweben“ stellt – als ganz gleiche und typisch „intuitivistische“ „Phänomene“, die ihre „Bedeutung“ nur darum haben, weil verschiedene „Verfasser“ (vor allem Sedlmayr) eben diese Bedeutung „entdecken“ oder einfach „benennen“ (Bourdieu 1974, 126 mit dem Verweis auf L. Grodecki). Ist dies ein Beispiel der erzwungenen Konkurrenz zwischen Bourdieus „Strukturalismus“ und Sedlmayrs „Strukturanalyse“? 14 Offensichtlich ist die Beziehung von Baldachin und Himmel nicht nur im physikalischen, sondern auch im metaphysischen Sinn: Aristoteles spricht in Peri Psyche („Über die Seele“) von „ewigen Körpern von oben“ (II, 7). 15 Siehe dazu: Grönemeyer 2004, S. 155ff 16 „Kathedrale als monumentale Mysterium“ erwähnt schon Jantzen (siehe Maas 2015, S. 151), der „das Mysterium des gotischen Raumes phänomenologisch erfasst“ (Sauerländer 1997, 213). 17 Nach Peirce sind „faktisch existierende Gebäude als dicentisch indexalisches Sinnzeichen“ zu bezeichnen (Nöth 2000, S. 446). Im situativen Sprachgebrauch ist die Repräsentation des Raumes immer indexikalisch, was sich auch in der räumlichen Perspektive manifestiert (ibid., S. 284). Aber für Sedlmayrs Theorie des Abbildes sind Wittgensteins Sätze aus Tractatus Logico-Philosophicus fundamental: „2.141 Das Bild ist eine Tatsache. 2.15 […] Der Zusammenhang der Elemente des Bildes heiße seine Struktur und ihre Möglichkeit seine Form der Abbildung. […] 2.1514 Die abbildende Beziehung besteht aus den Zuordnungen der Elemente, mit denen das Bild die Wirklichkeit berührt“. Zentral in unserem Zusammenhang: „2.172 Seine Form der Abbildung aber, kann das Bild nicht abbilden; es weist sie auf.“ 18 „Diaphanie“ ist nicht nur als Terminus „terminiert“: sie kann verschwinden. Vgl. Sauerländer 1997, S. 216 Anm. 24. Wichtiger ist jedoch das Verschwinden der diaphanen Struktur bei Sedlmayr, der darauf hinweist, dass „diaphan […] auch manche justinianischen und romanischen Wandformen sind“ (Sedlmayr 1976, S. 525). Wesentlicher für den „Raumeindruck“ sind „die Körper, die mitten im Raum stehen“, also der Baldachin (Ibid.). Auf eine ähnliche Beziehung weist der Jantzens Schüler Wilhelm Messerer am Beispiel der vorgotischen Plastik hin. Laut Lorenz Dittmann ist für Messerer Raum eine „Dimension des Transzendierens und der Transzendenz“ und der Grund für das Relief. Wesentlich ist hier, dass mit der Durchdringung des Grundes (eben dem Diaphanen! – S.V.) es in

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die immanenten Werkzusammenhänge einbezogen ist. „Eben aus dem Riss des Daseins traten aber die göttlichen Kräfte…“ (Zit. nach: Messerer 1992, S. 16 – 17). 19 Vgl. „2.16 Die Tatsache muss um Bild zu sein, etwas mit dem Abgebildeten gemeinsam haben. 2.171 Das Bild kann jede Wirklichkeit abbilden, deren Form es hat. Das räumliche Bild alles Räumliche, das farbige alles Farbige etc“ (Wittgenstein, Tractatus Logico-philosophicus). 20 Vgl. „Jantzen hat so die dunkle Ahnung der Romantiker von der Überweltlichkeit des gotischen Kirchenraumes mit der modernen Optik, der die Bauformen vergleichenden Kunstgeschichte verschmolzen“ (Sauerländer 1997, S. 218). Hier treten bereits Ort, Rand und Kluft hervor, damit sind nicht mehr die Vorstellungen von Meister Eckhart und Heidegger zentral, sondern die von Kristeva und Derrida. Und was sind dann die Figur, die Gestalt oder das Abbild? Weder Leib noch Fleisch, sondern Membrane, Schleier oder Falte. Zur gotischen Plastik als „Gewändearchitektur“ vgl. Jantzen 1997, S. 116. „Diese Gestalten existieren als unstoffliche, lichtgeborene Wesen, die wie magisch glühende Zeichen in die Schicht der Raumgrenze (– S.V.) eingelassen sind“ (ibid., S. 139 – über Glasmalerei). Die „diaphane Struktur“ als mehrschichtige Übergangstruktur. 21 Vgl. Nille 2013, S. 65. Selbst Bourdieu schreibt über Panofskys Idee eines gemeinsamen „modus operandi“ der Gotik und Scholastik als „Habitus“: „In der Terminologie der generativen Grammatik Noam Chomskys ließe sich der Habitus als ein System verinnerlichter Muster definieren…“ (Bourdieu 1974, S. 143, vgl. S. 150: „Habitus, diese generative Grammatik der Handlungsmuster“). 22 Siehe dazu: Cage 1982 und Kidson 1987. Diese beiden Texte sind Revisionen der Lichtmystik: “…[weil] die Ableitung des Lichts im gotischen Kirchenraum aus der Lichtspekulation des christlichen Neuplatonismus einer kritischen Überprüfung nicht standhält“ (Sauerländer 1997, S. 214). So bewahrt Jantzens Raumanalyse auch nach sechzig Jahren noch „ihre hermeneutische Bedeutung“ (Idem.) – „über Sedlmayr und Panofsky hinweg auf Jantzen“ (Kuder 2000, S. 177). 23 „Die gotische Kathedrale ist kein Skelettbau wie die Glaseisenarchitektur des 19. Jahrhunderts“ (Sauerländer 1997, S. 213). Vgl. zu Scheerbart und Bruno Taut: „Die Idee der Transparenz, Transformation und Bewegung solle durch Glasbauten […] verwirklicht werden (Jormakka 2006, S. 206). Mehr „diaphanisch“ heißt „der fundamentale Grundsatz der Funktionalismus“ – die Worte von Le Corbusier, dass Architekturentwurf „aus dem Inneren heraus“ bedeutet (ibid., S. 204). Dort auch zum funktionalistischen

Stepan Vaneyan – Ich komme zum Schluss

Diskurs als „essentialistische Ontologie, die dem Aristotelismus und Thomismus nahe kommt…“ (ibid., S. 203). 24 Vgl. Bei R. Steiner (1923): „Wenn die lebendige Wand sich aufhebt, wird sie durchsichtig“ (Zit. nach: Shuyt 1980, S. 47). Und weiter: „Es muss […] die bloße Lichthelligkeit transparent werden lassen für die Geistigkeit, die sich in ihr verbirgt. Sie zeichnet sich ein wie in Lichtspuren in den farbigen Grund.“ (Ibid., S. 48). Im Spätwerk von Jantzen dann: „[D]iaphane Struktur in einer ‚Antiponderose‘ als Inbegriff alles Transzendenten“ (siehe dazu: Kuder 2000, S. 176). 25 Vgl. Paumann 2010, S. 107ff 26 Vgl. von Simson bezeichnet Fenster als „lichtdurchlässige Membranen“ (Simson 1995, S. 284). Vgl. auch Siegfried Ebeling: „Der Raum als Membran“ (1926), also als Membran zwischen Leib und „Atmosphäre“ (siehe Günzel 2012, S. 252 – 253). D.h. wenn das Diaphane laut Aristoteles „Metaxy“ (substantieller Mittler) ist, ist es ein materielles und aktives „Medium“ (Thomas Aquinas Übersetzung von „Metaxy“). Noch für Descartes ist dieses Medium der Äther (vgl. Günzel 2012, S. 250 – 251 und Maas 2015, S. 126 – 128). Also ist das Diaphane ein fast magisches und mysterienhaftes Instrument verschiedener Transformationsvorgänge. In Jantzens Spätwerken können wir das alles auch finden, besonders die Idee der Versetzung der Architektur durch Licht „in einen anderen Aggregatzustand“ (Jantzen 1997, S. 68). Vgl. bei Simone Weil „die erschaffene Dinge“ als „Vermittlungen zu Gott“ (Weil 1989, S. 197, Kap. „Metaxy“). 27 Sedlmayr sagt, dass der Betrachter „beim Anschauen dieser Licht­ materien in eine Art Trance versetzt wird“ (Sedlmayr 1976, S. 603). Vgl. Sauerländers „verführerische Einseitigkeit und spiritualisie­ rende Mystifikation“ der Gotik (Sauerländer 1997, S. 218). 28 Transparenz reduziert das Kunstwerk auf seine Sichtbarkeit und die Opazität seines „dinglichen Soseins“. Die Opposition von semioti­ scher transparenzdinglicher Opazität ist aus medientheoretischer Sicht zu kritisieren (Pfisterer 2011, S. 448). 29 Vgl. „Die Kultteilnehmer stünden im lichterfüllten Mittelschiff gleichsam im Grund des Lichtes“ (Maas 2015, S. 151). Für Sedlmayr ist solche „Mitte“ ungenügend. Wichtiger für das Verständnis solcher „leiblichen Diaphanie“ ist Jantzens Konzeption von „Stilentelechia“, in die „nicht die Linie …, sondern ein imaginäres Sphäroid mit Zentrum und Peripherie, in das die Zeit als Achse eingeht“. Diese Zeitachse gilt auch für die optische Wahrnehmung und alle weiteren Erlebnisse. Wo Zeit ist, ist auch Raum und somit auch Körper und Leib mit ihren Grenzen, dennoch besteht ein eschatologischer Übergang zwischen Licht und Leiblichkeit bei Wilhelm Messerer: „…Wie die Apokalypse sagt, die Stadt, das

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Himmlische Jerusalem, bedarf weder der Sonne oder des Mondes, denn ihre Leuchte ist das Lamm“ („Sakralbau“ [1984]; Messerer 1992, S. 279). 30 „Der Mensch wird in der Liturgie und in der inneren Liturgie der Seele zum wahren Priester der Welt“ (Messerer 1992, S. 276 – mit einem Bezug auf Hans Urs von Balthasar!). 31 Jantzen meint das gleiche mit: „die Reihe genialer Meister …, die unsere Ahnung von erlebbarer Überweltlichkeit eine Form gegeben haben […] Es ist die Baukunst, die solche Macht ausübt…“ (Jantzen 1997, S. 156). 32 Diese Prozeduren ähneln der Tätigkeit eines Architekten, der diagrammatisch mit Hilfe der ideographischen Konstruktionen sein Vorhaben fixiert und sein Projekt als Drehbuch der zukünftigen Handlungen vorbereitet, welche aber von anderen verwirklicht werden, etwa den „Erbauer“ der Kathedrale oder den „ Kirchen­ dienern“ oder den „Interpreten“. Zur „mystischen Konnotation der Methode“ (axonometrische Projektion als Präsentationform) vgl. Jormakka 2006, S. 205. 33 Vgl. Fischer-Lichte 2013 (bes. „Leibliche Ko-Präsenz“, S. 54ff und „WahrnehmungErzeugung von Bedeutung“, S. 65ff.). 34 Vgl. „Jantzens rein phänomenologische Analyse der diaphanen Struktur der Raumgrenze […] hat […] ihre hermeneutische Bedeutung für das Verständnis des gotischen Raumes bewahrt“ (Sauerländer 1997, S. 214). 35 Für Sedlmayr hatte dieser Übergang auch einen epistemologischkritischen Sinn: „Wissenschaftsgeschichtlich gesehen ist das […] eine große Schlacht im Kampf um eine konkrete, antimuseale Kunstgeschichte. Er wendet sich nicht gegen das Sinnvolle der Institution, sondern gegen die Einseitigkeit des Geistes“ (Sedlmayr 1976, S. 535). 36 Sauerländer spricht vom „hermeneutischen Instrument“ (Sauerländer 1997, S. 216). 37 „Die Stimme […] ist nämlich die Artikulation leiblicher Anwesenheit“ (Böhme 1995, S. 146). Und noch weiter – natürlich mit J. Derrida, der u. a. über „die befremdliche Autorität… der Instanz der Stimme“ spricht (Derrida 2015, S. 95 – 6. Kapitel „Die Stimme, die das Schweigen wahrt“). 38 „Auch das Gebet ist seinem Wesen nach […] das Durchklingen (personare) der Stimme Gottes durch die Stimme der Seele“ (Otto von Simson, „Das abendländische Vermächtnis der Liturgie“, in: Simson 1995, S. 38). 39 Denn „[es] gibt […] allerdings Unaussprechliches. Dies zeigt sich, es ist das Mystische“ (Tractatus logico-philosophicus, 6.522).

Das Diaphane und die Bildlichkeit der Architektur

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Angela Lammert

Bildlichkeit von Architektur als Prozess Am Diaphanen interessiert mich die Unschärfe und – nimmt man eine andere Dimension des Begriffs in den Blick – die vergängliche oder ephemere Erscheinung. Solcherart Interesse zielt auf das Prozessuale. Das trifft gleichermaßen auf die Bildlichkeit von Architektur zu. Ähnlich wie bei einem meiner Hauptthemen der letzten Jahre – der Notation als Formfindungsverfahren in künstlerischen und wissenschaftlichen Bildern – liegt der Schwerpunkt dabei auf der Herausbildung von Bildlichkeit.1 Nicht nur Wahrnehmungsprozesse von Bildern und damit von der ‚Architektur als Bild‘ sind in den Blick zu nehmen, sondern auch der Eigenwert visueller Denkformen, die von Architekten produzierten Bilder und damit die Grenzverwischung zwischen Entwurf und Werk. Es geht also nicht allein um die Wirkkraft von Bildern oder um eine phänomenologische Herangehensweise. I Vom semiotischen Bildbegriff zum Prozess bildhaften Erscheinens Andreas Beyer, Matteo Burioni und Johannes Grave haben in ihrer 2011 erschienenen Publikation Das Auge der Architektur die zeichenhafte Funktion von Architektur als eine Konzeption von Bildlichkeit beschrieben, die an die mediale Vermittlung durch Fotografien und Filme und einen semiotischen Bildbegriff gebunden und insofern zu kritisieren ist.2 Georges Didi-Hubermans Polemik gegen die ikonografische kunsthistorische Methode, die er in seiner 1999 publizierten Schrift Was wir sehen, blickt uns an entwickelt,3 wird von den Autoren angesichts einer postmodernen Baupraxis auf die Architektur übertragen. Eine weitere hier nicht weiter auszuführende und weniger ausdrückliche Variante der Bildlichkeit von Architektur liegt in der Analyse begrenzter flächiger Bauphä-

Angela Lammert – Bildlichkeit von Architektur als Prozess

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Iannis Xenakis, Philips-Pavillon, Expo Brüssel 1958

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Oskar Niemeyer, Kathedrale, Brasilia 1959 – 70

nomene wie etwa dem Erscheinen von gerahmten Flächen. Überraschender Weise wird bei den Autoren dieses Bandes das Diaphane nicht explizit behandelt. Anstelle dessen ist von der Transparenz die Rede. Die 1927 von dem Kunsthistoriker und Gotikforscher Hans Jantzen4 eingebrachte Kategorie der „diaphanen Struktur“ bleibt selbst unerwähnt, wenn die Bildlichkeit von Architektur anhand der Kathedrale verhandelt wird.5 Demgegenüber wird der Begriff des Diaphanen im Zuge einer medialen Phänomenologie wiederentdeckt6 und als Argument gegen ein semiotisches Konzept von Bildlichkeit in Anschlag gebracht.7 Die Diskussion kreist um drei Schlüsselbegriffe, die im Folgenden anhand von Fallbeispielen skizziert werden soll: Semiotischer Bildbegriff, die Architektur als auf das Körperliche zielende Immersionskunst und die Bildwerdung von Architektur. Der von Iannis Xenakis (1922  –  2001) und Le Corbusier (1887 – 1965) verantwortete Philips-Pavillon auf der Expo 1958 in Brüssel scheint mit seiner zeichenhaften äußeren Baugestalt stellvertretend für eine auf die Bildwirkung ausgerichtete Architektur zu stehen. Gleichzeitig handelt es sich um ein elektronischräumliches Environment, das Architektur, Film, Licht und Musik zu einem Raum und Zeit fusionierenden Gesamterlebnis verband. Edgard Varèse (1883 – 1965) komponierte ein 8-minütiges Poème électonique für Tonband, Xenakis das 2-minütige elektronisches Zwischenspiel Concret PH und Corbusier entwarf eine Diashow für die Innenwände des Gebäudes. Dieses „Iconic Building“8 vor der Postmoderne und vor der Symbolarchitektur der 1960er Jahre verweist auf die Grenzen eines semiotischen Konzepts von Bildlichkeit in der Architektur. In Fotografien des Philips-Pavillons

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wird das Dynamische der asymmetrischen Form seines geschwundenen Umrisses durch eine leichte Untersicht unterstrichen. In drei zeltartigen Spitzen laufen neun hyperbolische Paraboloide mit vorgespanntem Stahlbeton und aus geraden Linien geführte Oberflächen zusammen. 500 Besucher fanden darin Platz, rund 2 Millionen Menschen erlebten den Pavillon. Philips, einer der weltgrößten Elektronikkonzerne, trat 1950 in den Tonträger-Markt ein und nutzte die in Auftrag gegebene Architektur für die Demonstration der von ihm zur Verfügung gestellten avancierten Technik. Sie ermöglichte eine Bewegung des Klangs auf komplexen Bahnen im Raum, die es vordem nicht gab und dessen diaphane Wirkung durch eine formale Analyse einer auf die Bildwirkung ausgerichteten Architektur nicht ausreichend erfasst werden kann.9 Gleichzeitig dient das Fotogene einer zeichenhaften Architektur als Argument im Streit um die Deutungshoheit über die Moderne. Der Schweizer Max Bill (1908 – 1994), fällt in seinem 1953 in São Paulo gehaltenen Vortrag ein vernichtendes Urteil über

Angela Lammert – Bildlichkeit von Architektur als Prozess

die brasilianische Architektur und zielt mit seiner Rede über das „Ende der modernen Architektur“ und dem Vorwurf des Fotogenen und Barocken auf den „Kurvenstar“ Oskar Niemeyer (1907 – 2012). Walter Gropius (1883 – 1969) schloss sich dieser Argumentation an. Niemeyer entgegnet polemisch: „Ich habe (mein Haus in Canova) in einer Abfolge natürlicher Kurven gestaltet, die sich in die bestehende Landschaft einfügen. (Gropius) sagte, es sei wunderschön, doch es eigne sich nicht für die Massenproduktion. Als ob ich so etwas je vorgehabt hätte! Welch ein Idiot!“10 Diese Debatte blendet die räumlichen und immersiven Eigenarten von Architektur aus. Ein Blick vom Inneren der von Niemeyer erbauten Kathedrale für Brasilia (1959 – 70) nach außen erzeugt nicht nur grafische Strukturen durch die Gliederung der Dachstreben, sondern auch einen Rhythmus körperlicher Wahrnehmung. Umgebungen werden durch Bauten inszeniert, sie dienen bisweilen als „Maschinerien der Wahrnehmung“ bzw. „Sehmaschinen“, wie es bei Herzog & de Meuron heißt.11 Ein Konzept von einer auf die Flächigkeit bezogenen Bildlichkeit von Architektur lässt die Eigenart der Architektur als Raum- und Immersionskunst bzw. als Produzentin von Atmosphäre außer Acht. Die Opposition – in diesem Fall von Zweiund Dreidimensionalität – sind doch nur zwei Seiten derselben Medaille. Diese Überlegungen führen Andreas Beyer und seine Mitstreiter zur Kategorie der Bildwerdung von Architektur. Sie kritisieren die Gegenüberstellung von Wohnen und Betrachten: „Bildlichkeit erwiese sich dann als eine Eigenschaft, die der Architektur als Potential eigen ist, stets aber nur situativ aktualisiert wird und nicht notwendig durch bestimmte Gebäudeteile und ihre Instrumentalisierung vorgegeben sein muss.“12 Solcherart theoretische Reflexionen und methodische Schlussfolgerungen entsprechen der Praxis digitaler Animation im Entwurfsund Rekonstruktionsprozess von Architektur. Eine 2003 von Fabio Turchesi (geb. 1973) vorgenommene „Bildwerdung von Architektur“ des Philips-Pavillons mit filmischen Mitteln scheint besonders dafür geeignet zu sein, die Darstellung des Zeichenhaften der Architektur mit der Animation körperlicher Wahrnehmung zu überlappen.13 Die Suggestion von sich situativ entwickelnder Räumlichkeit wird durch das Umrunden des Architekturmodells und dem Hin- und Herschwenken der Kamerarichtung simuliert. Das Eintauchen in den Innenraum wird durch Glockentöne

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eingeläutet – von dieser Stelle an wird die Komposition von Varèse eingespielt –, um dann eine Kino-ähnliche Situation zu erzeugen.14 Filmische und virtuelle Architekturen haben veränderte Wahrnehmungsformen von Bildlichkeit zur Folge und produzieren und strukturieren sie zugleich. Eine solche Herangehensweise hat nicht nur das Potential zum Forschungsinstrument zu werden, sondern macht bisweilen die etablierte Trennung zwischen Bauentwurf und Bauausführung hinfällig.15 Denkt man Bildlichkeit bzw. Bildwerdung von Architektur vom Prozessualen her – als Prozess bildhaften Erscheinens – liegt es nicht nur nahe, den Entwurfsprozess in Augenschein zu nehmen (und das meint nicht nur das digitale Bildlichkeitsverfahren), sondern auch drei ergänzende Aspekte des Themas: Klang, Farbe und Projektion. Auch hier geht es um Übergänge, Unschärfen und Verschränkungen. II Notation und Transformation Was kann die Grenzüberschreitung vom Klang zur Architektur für die Bildwerdung von Architektur bedeuten? Welches Verhältnis von Notation und Transformation lässt sich nachzeichnen? In frühen Entwurfszeichnungen von Xenakis für den PhilipsPavillon 1956/1958) werden seine Recherchen zum Grundriss mit denen zum dreidimensionalen Raum verbunden. Das Wort Klang als Element der Formsuche taucht nicht auf. Das französische Wort „plan“ für Grundriss bedeutet jedoch als Adjektiv bekanntermaßen auch „gerade“. Für Xenakis ist es eine Form, die Klang und Architektur verbindet: „Was ist denn eine Gerade im zweidimensionalen Raum? Die stetige Änderung der einen Dimension im Verhältnis zur anderen. Genau das gleiche geschieht auch in der Beziehung von Tonhöhe und Zeit: die Gerade ist die stetige Veränderung der Tonhöhe in der Zeit.“16 Le Corbusier übergab seine Idee für den Grundriss in Form eines Magens an seinen 35 Jahre jüngeren Assistenten Xenakis. Er wollte, dass die Zuschauer diesen Magen betreten und nach „verdautem Zustand“, also nach künstlerischem Genuss der Musik von Varèse und der von ihm zusammengestellten Diashow, wieder als neuer Mensch verlassen sollten. Xenakis sucht in aufeinanderfolgenden Schritten nach Lösungen für die räumliche Platzierung des Eingangs und der Überlagerung der einzelnen gekrümmten Oberflächen. Teil dieses Prozesses ist die mit Pfeilen versehene Bewegungskurve, die nicht nur zur

Angela Lammert – Bildlichkeit von Architektur als Prozess

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Iannis Xenakis, Entwurfszeichnung für den Philips-Pavillon, 1956/58

dreidimensionalen Lösung führt, sondern auch die Ausbreitung des Klangs assoziiert. Wie im Vergleich mit dem dreidimensionalen Modell des für die Expo geplanten Bauwerks deutlich wird, entkoppelt Xenakis darüber hinaus die Architektur weitgehend von den formalen Vorgaben des Grundrisses, indem er parallele Linien auf zusammenhängenden diagonalen Oberflächen im Raum über-

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lagert und die Grenzen der jeweiligen räumlichen Einheiten ineinander schiebt. Nicht allein die Architekturwahrnehmung prägt das Bildwerden von Architektur, sondern auch die Formfindungssuche über die Zeichnung oder das Modell als dreidimensionale Zeichnung – die Transformation vollzieht sich durch die Notation. Die denkende Hand wird damit gewissermaßen Teil eines Vorgangs der Erzeugung von Bildlichkeit. Räumlichkeit kann durch Klang erschaffen und verändert werden. Stephan Weinzierl und seine Kollegen formulieren es bei ihrer 2005 an der Technischen Universität Berlin realisierten akustischen Rekonstruktion des Virtuell Electronic Poems wie folgt: „Ein bisschen wie ein naturalistisches Computerspiel – auch die Musik ist quasi tönende Architektur, insofern als sich diese Klänge im Raum auf bestimmte Weise verteilen und durch den Raum bewegen“17. Frappierend ist Xenakis’ Übertragung der Klangkurven seiner Partitur des Musikstücks Metastaseis, das er 1955 bei den Donaueschinger Musiktagen aufführte, auf die architektonische Gestalt des Pavillons. Sie folgt dem Linienverlauf der „glissandi des cordes“, eine durch Streichinstrumente kontinuierliche Veränderung der Tonhöhe. Xenakis, der eine mathematisch begründete Musik schaffen wollte, ging es auch in der Architektur um das Problem, von einem Punkt zu einem anderen zu gelangen, ohne die Kontinuität zu unterbrechen. „In Metastaseis führte mich dieses Problem zu den Glissando, während beim Philips-Pavillon das Ergebnis die hyperbolischen Parabelformeln waren.“18 Für ihn ist die Gerade des Philips-Pavillons ein Glissando im Raum. Er erzeugt mit einem Schichtungsprinzip die gewünschte stetige Veränderung, indem er in der Komposition Metastaseis eine Wolke aus perkussiven Klängen mit Hilfe statistischer Verfahren bildet und in der Architektur mit der parallelen Verschiebung einer Geraden entlang gekrümmter Bahnen im Raum arbeitet.19 Xenakis entwickelte aus zufälligen Phänomenen wie Menschenmassen oder Bienenschwärmen eine auf der Wahrscheinlichkeitstheorie basierende sogenannte stochastische Musik. Als Architekt brachte er diese Erfahrung in den Rhythmus und die Gliederung der Bildlichkeit seiner Gebäude ein. Dies führte zu einer diaphanen Wirkung der Klangbewegung in der Schichtung und Überlagerung der Übergänge und Unschärfen von Innen und Außen. In einem Grundrissentwurf des Philips-Pavillons von 1957/58 hat Varèse explizit Anmerkungen

Angela Lammert – Bildlichkeit von Architektur als Prozess

zur Klangausbreitung eingetragen, indem die nach außen geschlossene Außenwandlinie von Schwüngen überlagert wird und deren Richtungen ebenfalls durch Pfeile angegeben sind. Obwohl die Musik nur im Inneren des Pavillons zu hören war, überschritt sie die Grenzen des Grundrisses. Über 350 Lautsprecher, die einzeln im Raum angebracht waren – oftmals übereck in die sich räumlich erstreckenden Spitzen des Gebäudes platziert – entwickelte sich das Klang- und Lichtereignis. Später werden von ihm in seinem 1966 begründeten Pariser Studio CEMAMu (Centre d Etudes de Mathématique et Automatique Musicales) mit dem von ihm entwickelten UPIC-Programm (Unité Polyagogique Informatique du CEMAMu) graphische Kurven und Zeichnungen in Klang und Klangabläufe übersetzt. Visuelle und akustische Formfindungsprozesse greifen ineinander. Seine 1961 entstandenen Architekturentwürfe zu einem Neubau des von dem Dirigenten Hermann Scherchen 1954 gegründeten elektroakustischen Studios in Gravesano lehnte sich an den Philips-Pavillon an.20 Xenakis entwarf 1962 ein Cover für die von Scherchen herausgegebene Zeitschrift Gravesaner Blätter und schrieb an seinen Förderer: „Das Gitter ist eine Erinnerung an Ferrite (elektronische Maschinen). Die Wellen sind Vibrationen. Die beiden Gruppen mit konzentrischen Kreisen sind Sinnesorgane oder das Hirn, die Pünktchen sind Materieteilchen oder sonstige Elemente.“21 Gemeinsam entwickelten sie ein kurzes Filmexperiment für das Studio, in dem bestimmte Assoziationen, die Xenakis mit seiner Musik verband, wie zum Beispiel das Motiv der Wolken, verbildlicht wurden. 1957 führte Scherchen in seinem Text „was müsste ein ideales studio leisten?“ u.a. auf: „Die Unparallelität und Schiefe der Wände nähere den Raum jenem Ideal leicht an, das ein hellhöriger Akustiker einmal so ausgedrückt hatte: der ideale Schallaufnahmeraum wäre dessen Kartoffelform.“22 Xenakis’ visuelle Partituren und architekturbezogenen Zeichnungen gewannen an Eigenwert. 23 Als Teil der Grenzüberschreitung bzw. Unschärfe zwischen Zeit- und Raumkünsten markieren sie die Verschiebung des Verhältnisses von Entwurf und Werk. Die Notation vermag zum Kunstwerk zu werden.



III Farbe und Raum Sind diaphane Strukturen durch Farbe möglich,

wenn diese nicht illusionistisch eingesetzt wird? Wie verschmelzen Körper und Oberflächen?

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Władysław Strzeminski, Neoplastischer Raum, Muzeum Sztuki Łódz, 1948

Stellvertretend sei der Neoplastische Raum des polnischen Malers und Konstruktivisten Władysław Strzemiński (1893 – 1952) in Łódź in den Blick genommen, den dieser 1948 als Auftrag für das dortige Muzeum Sztuki schuf. Der Raum überstand die stalin­ istische Kunstpolitik unter weißer Tünche. Die dort ausgestellten Arbeiten waren aus der von Strzemiński schon in den 1930er Jahren zusammengetragenen Sammlung zeitgenössischer Avantgardekünstler: u.a. Hans Arp, Max Ernst, André Masson, Pablo Picasso, Katarzyna Kobro (1898 – 1951).24 Strzemiński, der schon Anfang der 1920er Jahre Kontakt zu den Künstlern des Wchutemas und des Instituts für Künstlerische Kultur (INChUK), zu Malewitsch und den Suprematisten hatte und 1929 Mitbegründer der polnischen Künstlergruppe revolutionärer Künstler „a.r.“ wurde (1929 – 1936), unterrichtete zunächst an der Kunsthochschule Łódź, wurde aber schon 1950 entlassen. Sein Neoplastischer Raum kann als Beispiel seiner Theorie des Unismus in der Malerei

Angela Lammert – Bildlichkeit von Architektur als Prozess

(1928) verstanden werden25, deren Ziel die Ein-stimmigkeit aller Teile war, in der die Uni-form aus der Leuchtkraft der Farben resultiere. Seine Frau, die Bildhauerin Kobro, wollte räumlich-zeitliche Rhythmen und eine Verschmelzung von innen und außen erreichen, in denen die Skulptur Ausdruck dieser Beziehungen ist.26 Monchrome Flächen erfassen durch einheitliche Strukturen nicht nur die Wände, sondern auch die Decke und erstrecken sich in Fensterlaibungen und über Türöffnungen. Der schmale schwarze Teppich scheint wie eine gemalte Fläche und antwortet in seiner geometrischen Grundform und Farbigkeit der Gestaltung von Deckenteilen, der Fensterbrüstung und einzelnen Elementen der Wandflächen. Rundungen des vorgegebenen Museumsraums werden ebenso wie die schräge Fenstersituation und die wie vorgehängt erscheinenden kleinen quadratischen weißen Tafeln zu Elementen einer Gesamtgestaltung, die sich auf den realen Raum erstrecken und die gewohnte Raumwahrnehmung verschieben, in dem ein Gelb den Eindruck von Licht und die Scheiben des Fensters oder des Oberlichts zum geometrischen Raster des Raumes werden. Der Gestaltungsimpuls begrenzt sich nicht nur auf den diaphanen Charakter der Wände und Decken, sondern bezieht sich auch auf Skulpturen-Tische mit durchscheinenden Tischplatten aus Glas und mit geometrischen Flächen überzogene Ausstellungsstühle.27 Ähnlich wie bei dem Philips-Pavillon handelt es sich hier – wenn auch mit ganz anderen Mitteln – um eine Art Gesamtkunstwerk bzw. um die Gestaltung eines Gesamtraums mit allen beweglichen Objekten in diesem. Die Funktion der Farbe liegt nicht im Wandrelief – wie es Jantzen für seine diaphane Struktur der gotischen Kathedrale entwickelt hat – sondern in einer übergreifenden Wirkung, die die Schwere der Wand nimmt, ohne sie zu verkörpern. Die gewissermaßen reliefierte Wandstruktur der gotischen Kathedrale wird zu der den realen Raum verfremdenden Wirkung der Wand- und Deckenfarbe. Das Vor- und Zurücktreten einzelner Farbelemente entsteht durch die Strahlkraft und Kombination der den Raumgrund überziehenden Farben und lässt sie durchscheinend wirken, obwohl es sich um abgeschlossene Wände eines begehbaren Raumes handelt. Demgegenüber führte Xenakis’ Prinzip der Durchdringung von visuellen und akustischen Elementen zu Polytop-Entwürfen (Polytop, griechisch „viele“ und „Ort“). In Entwurfszeichnungen zum Polytop für die Expo 1967 in Montreal ist zu erkennen, das

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Licht und Farbe als rhythmisch aufleuchtende farbige Geraden im Raum zum Thema gemacht wurden. Damit unterscheidet er sich auch von der Farbgestaltung Le Corbusiers im Innenraum des Philips-Pavillon, bei dem sich das Farbspektrum von unten nach oben chromatisch ausbreitet, projizierte Bilder farbig grundiert oder sich bewegende geometrische Farbsegmente über fotografische Bilder gelegt werden. Xenakis’ Überlegungen führten jenseits der Polytope zu utopischen Entwürfen, die Erde mit spinnwebenartigen Lichtschleiern zu bedecken und Wolken und Satelliten als spiegelnde Flächen zu nutzen. Für die Funktion der Farbe ist entscheidend, dass er sie für die Innengestaltung der von Jean Faugeron gebauten Architektur – einer massiven Stahl-Betonkonstruktion – einsetzte.28 Seine Licht-Klang-Installation entwickelt sich entlang der von ihm gezogenen Metalldrähte innerhalb des Baus. Das Innere umfasste acht Ebenen, die Xenakis miteinander verband. Rhythmisch blitzten einige Stellen und in einem vorgesehenen Rhythmus auf – und dies in Farbe. Der Eingriff in den Innenraum kann wahrlich als diaphan bezeichnet werden und dies nicht allein durch die diaphane Wirkung auf einer vorhandenen Raumbzw. Gebäudewand, wie wir es bei Strzemiński gesehen haben, sondern durch die Schichtung parallel angeordneter und sich wie in seinen Glissandi überlagernden Linien, die das rhythmische farbige Aufflackern der einzelnen Elemente möglich macht. Er zielte auf ideale architektonische Formen für musikalische oder visuelle (theatralische) Darbietungen. Sie haben für ihn einen quasi taktilen Einfluss auf die Qualität der Musik oder des Spektakels, das sich in ihnen abspielt – und zwar jenseits akustischer Überlegungen oder der Berücksichtigung optimaler Sicht- und Hörverhältnisse. Es ging Xenakis um neue Formen, die den dreidimensionalen Raum krümmen und verbiegen, in denen die visuellen Elemente nach mobilen Gesichtspunkten angelegt sind – und zwar ausgehend von punktuellen Elektronenblitzen oder linearen Laserstrahlaktionen. Seine Licht- und Lasershows waren für ein Minimum von bedeckter Außenfläche und ein Maximum von freiem Innenraum geplant: Diatop oder Polytop als Utopie einer offenen, durch ihre Fluchtlinien in die Welt hinein geöffneten Kugel und als aus Elektronenblitzen gebildete Galaxien in Bewegung. IV Projektion und Bewegung Welches Potential liegt im Verhältnis

von Projektion und Bewegung? Diese Frage ist von dem amerika-

Angela Lammert – Bildlichkeit von Architektur als Prozess

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Iannis Xenakis, Innengestaltung des Polytop (Jean Faugeron), Expo Montreal 1967

nischen, aus dem strukturellem Film kommenden Anthony McCall (geb. 1946) in seiner 2012 im Hamburger Bahnhof gezeigten Ausstellung Five Minutes of Pures Sculptures radikalisiert worden, indem die Projektion selbst die Architektur ist. Welche Formen des Diaphanen des Lichtbaus entstehen, wenn es keine festen Außenwände eines Raumes mehr gibt und wie sind diese räumlichen Strukturen an das Bildliche gebunden? Anthony McCall nennt seine Lichtprojektionen „Solid Light Films“ und betrachtet sie als Hybridform zwischen Film und Skulptur, „the films sculpt space“29. Sie sind aber zugleich lichte, diaphane und begehbare Gebäude, um mit Hubertus von Amelunxen zu sprechen „wie Architekturen von Arkaden, die ihre ganze Schwere verloren und sich zu unimierten Volumina gewandelt haben.“30 Ausgangspunkt ist eine sich verändernde projizierte Linie, die auf der dem Projektor gegenüber liegenden Projektionswand erscheint und sich langsam zu einem Kreis schließt, um damit schließlich einen diaphanen Lichtkegel begehbar zu machen, der durch Nebel sichbar gemacht wird. Nicht das bewegte Bild ist das Ziel, sondern die Bewegung des Publikums in der Projektion und das Erleben von fließender Räumlichkeit ohne feste Wände. Das Werden einer Form ist das Werk selbst. McCall drückt es folgendermaßen aus: „The film exists only in the present: the moment of projection... It contains no illusion. It is a primary experience, not secondary. The space is real, not referential: the time is real, not referential.“31 In welcher Weise die Materialität – in diesem Fall des Lichts – gegenüber der Medienspezifik den Vorrang haben kann, zeigt der

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6

Anthony McCall, Between You and I, 2006

Einfluss McCalls auf medial anders gelagerte Arbeiten: So das Echo im realen Schnitt durch ein Gebäude, den sein Generationsgefährte, der früh verstorbene amerikanische Künstler Gordon Matta-Clark (1943 – 1978), 1975 im dem Georges Pompidou benachbarten zum Abriss freigegebenen Gebäudes vollzog. Conical Intersect wiederum war 1996 Ausgangspunkt für das Anti-Event Light Conical Intersect des in Frankreich geborenen Pierre Huyghes (geb. 1962), der ein Still aus Matta-Clarks (diesen Eingriff verfilmenden) 16mm-Film, auf die Außenmauer des an dieser Stelle neu errichteten Hauses projizierte. In McCalls Ausstellung im Hamburger Bahnhof lösten sich seine inzwischen digital hergestellten vertikalen Projektionen in Übereinstimmung mit dem architektonischen System der großen ehemaligen Bahnhofshalle in Licht auf – einem unbestuhltem Kino gleich. Der Titel von Between You and I (2006) verweist in seiner pyramidalen domhaften vertikalen Form darauf, dass der Betrachter zwei simultan existierende und an die Bewegung ellipsoider Linien gebundene Projektionen durch seine Anwesenheit zusammenführt. „But there are two projected forms side by side, not just one; each of them is built from those same two actions, with the wipe determining what combination you will see at any one moment.

Angela Lammert – Bildlichkeit von Architektur als Prozess

One form begins as the ellipse, which is gradually replaced by the traveling wave; and the other begins as the traveling wave that is gradually replaced by the ellipse.“32 Erst durch den Betrachter und dessen Bewegung in der Zeit ist ihre Bildlichkeit erfahrbar. Um mit W.G. Sebald zu sprechen, der die Arbeiten von McCall nicht kannte: „Das leise Surren des Projektors setzte ein, und der sonst unsichtbare Zimmerstaub erglänzte zitternd im Kegel des Lichts als Vorspiel vor dem Erscheinen der Bilder.“33 Zusammenfassend lässt sich sagen: 1. Das Diaphane, das Durchscheinende, lässt sich nicht nur als Verschmelzung von Raum, Körper und Oberfläche verstehen, sondern auch als solche von Bildlichkeit, Klang und Notation. Insofern ist das Bildwerden von Architektur nicht nur in der Wahrnehmung zu suchen, sondern auch im visuellen Denken, in einem Formfindungsverfahren, das als Notation bezeichnet werden kann. Die Unschärfe zwischen Zeit- und Raumkünsten markiert auch die Verschiebung des Verhältnisses von Entwurf und Werk. 2. Diaphane Strukturen sind nicht nur in der Reliefstruktur von gebauten Wänden eines Gebäudes zu finden, sondern stellen sich auch durch die übergreifende Wirkung von Farbe ein, die die Schwere der Wand nimmt, ohne sie zu verkörpern und durch lineare Raumeingriffe mittels Licht- bzw. Laserstrahlen erzeugt, in denen dreidimensionalen Räume gekrümmt und verbogen werden und visuellen Elemente nach mobilen Gesichtspunkten angelegt sind. 3. Wenn die Bewegung des Publikums in einer Projektion und das Erleben von fließender Räumlichkeit ohne feste Wände das Ziel ist, wird das Werden einer Form zum Werk. Vor diesem Hintergrund ist zu problematisieren, ob das Diaphane als Beleg für die Bildlichkeit von Architektur oder für deren Räumlichkeit angesehen wird oder aber ob sich dieser scheinbare Widerspruch in der Unschärfe zwischen den Medien auflösen kann. Es gilt nicht nur Wahrnehmungsprozesse von Bildern und damit von der Architektur als Bild in den Blick zu nehmen, sondern auch den Eigenwert visueller Denkformen, die von Architekten produzierten Bilder und damit die Grenzverwischung zwischen Entwurf und Werk zu befragen. Walter Benjamin sprach vom „Grenzfall“ der Architekturzeichnung.34 „Eben der Grenzfall aber ist es, in dessen Durchforschung die Sachgehalte ihre Schlüssel-

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positionen am entschiedensten geltend machen.“35 Trifft dies auch für das Diaphane als Aspekt der Bildwerdung von Architektur zu? Anmerkungen 1

Lammert 2016

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Beyer 2011, S. 12

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Didi-Huberman 2005

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Jantzen (1927) 1951

5

Schwarte 2011, S. 221 – 253

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Maas 2015 und Alloa 2011. Es wird damit für eine Bildlichkeit plädiert, die sich erst in der Wahrnehmung vollzieht und sich nicht auf Symbolisierungen reduzieren lässt.

7

Vgl. dazu den Beitrag von Stepan Vaneyan in diesem Band.

8

Jencks 2005. Er versteht unter einem Iconic Building eine primär auf die Bildwirkung ausgerichtete Architektur.

9

Vgl. dazu den Beitrag von Carolin Höfler in diesem Band.

10 Zitiert in: Lammert 2010, S. 62 11 Zitiert in: Beyer u.a. 2011 12 Ebenda, S. 19 13 Bei Computerspielen wird bekanntermaßen vom Effekt der Immer­ sion gesprochen. 14 Das reale Raumerlebnis war fragmentierter, da die Projektionen nicht nur an einer Stelle des Raumes wahrzunehmen waren, sondern immer nur in Teilen auf schrägen Oberflächen. 15 Beyer u.a. 2011, S. 29 16 Varga 1995, S. 69 17 Musikalische Architektur der Moderne. Stephan Weinzierl im Inter­ view mit Tobias Wenzel im Deutschlandradio Kultur vom 27.8.2015. 18 Iannis Xenakis in: Varga 1995, S. 28 19 Denn das sind hyperbolische Parabelformen – eine Form der soge­ nannten ‚Regelflächen. 20 „Es ist aus Beton in einem parabolischen Hyperboloid wie der Philips-Pavillon, aber klüger und interessanter.“ Iannis Xenakis 1961, in: Lammert u.a. 2011, S. 39 21 Iannis Xenakis an Hermann Scherchen 1962, in: Ebenda, S. 27. Xenakis Zeichnung ähnlich derjenigen, die er auf die Frage von Bálint András Varga „Können Sie Ihre Musik zeichnen?“ anfertigte. 22 Hermann Scherchen: „Wesentlich war die Konstruktion des Studios mit 5 Wänden und einer schräg verlaufenden Decke, wodurch eine

Angela Lammert – Bildlichkeit von Architektur als Prozess

weitere Schallzerstreuung grundsätzlich bewirkt wurden.“, in: Ebenda, S. 34. 23 Lovelace u.a. 2010 24 Die Sammlung wurde 1931 durch die Gruppe a.r. an das Muzeum Sztuki geschenkt. 25 Eine Theorie über den Verzicht jeden Farbkontrastes in Abgrenzung zur Dynamik des Barocks und in Auseinandersetzung mit dem inter­ nationalen Konstruktivismus. 26 Strzemi´nskis unistischen Bilder waren von den Kompositionen des polnischen Komponisten Zygmunt Krauze (geb. 1938) beeinflusst. 27 Die Zusammengehörigkeit zweier Medien wird von Katarzyna Kobro radikaler formuliert und bestimmt die Funktion des Neoplas­ tischen Raums von Władysław Strzemi´nskis. 28 Sie war von Glas – und Aluminiumelementen als Sonnenschutz umrahmt. 29 Foster 2009, S. 10,13 30 von Amelunxen 2016, S. 153 31 McCall 2004, S. 43 32 Johnston u.a. 2006 33 Sebald (1992) 2016, S. 152 34 Walter Benjamin bezeichnet in seiner ersten Fassung des Textes „Strenge Kunstwissenschaft“ 1931 mit Blick auf Carl Linferts Publi­ kation Die Grundlagen der Architekturzeichnung, dass die Architek­ turzeichnung „ein Grenzfall“ sei. 35 Zitiert in: Benjamin 1991, S. 367, 368

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Lutz Robbers

Mies und die architektonische Bildlichkeit Niemals ein Bild machen „Ich mache niemals ein Bild, wenn ich

ein Haus bauen will.“1 In einem BBC Interview (1959) weist Mies van der Rohe jene seit den späten 1920er Jahren immer wieder von Kunsthistorikern angedeutete Affinität zwischen seinen Zeichnungen und der Malerei des Neoplastizismus von Theo van Doesburg und Piet Mondrian zurück.2 Die Aussage von Mies ist bemerkenswert, bezeugen seine heute zum Kanon der Moderne zählenden Zeichnungen, Collagen und Fotomontagen doch gerade, dass Mies als emphatischer Bildgestalter agierte, der die neuen technischen Reproduktionsverfahren und visuell-formalen Umbrüche der Kunst aktiv in den Architekturdiskurs zu tragen schien. Betrachtet man die Vielfalt seiner Bildpraktiken – beginnend mit seinen großformatigen Fotoeinzeichnungen für den Bismarckdenkmalwettbewerb 1910, über seine enigmatischen Hochhausvisionen für die Friedrichstraße 1922, bis hin zu den abstrakten Montagen der amerikanischen Periode – so zeichnet Mies sich als jener Architekt aus, der den für die Architektur seit Alberti konstitutiven Bild/Bau-Nexus in die Moderne fortschreibt und an die neuen medientechnischen Paradigmen und Wahrnehmungspraktiken, an das Aufkommen der Fotografie, des Films, der illustrierten Massenmedien und der Erfahrung der modernen Großstadt anpasst. Gleichzeitig jedoch erscheinen seine Bilder, gerade in ihrer Funktion als visuelle Instrumente architektonischen Entwerfen oder Darstellens, an vielen Stellen paradox und widersprüchlich. Die „picture method of construction“3, jener für den architektonischen Entwurfsprozess grundlegende enigmatische Sprung vom zweidimensionalen Bild zur dreidimensionalen Architektur, ist bei Mies oft ambivalent. Viele seiner Zeichnungen, Collagen und Foto-

Lutz Robbers – Mies und die architektonische Bildlichkeit

montagen ‚erscheinen‘ nur als neutrale, zweckhafte Bild-Werkzeuge, welche die Übersetzungsprozesse zwischen Bild und Bau ermöglichen oder die zu bauende Welt als überzeugendes Abbild repräsentieren. Tatsächlich jedoch, so möchte ich hier argumentieren, verweisen seine Bilder selbstreferentiell auf eine dezidierte architektonische Bildlichkeit, die weniger abbildet oder projiziert als vielmehr aktiv eine Art von „Erscheinung“ auslöst. Damit unterlaufen seine Bilder jene für die Moderne charakteristische Autonomisierung des Bildes als transparentes, transzendentes Zeichen bzw. als opakes, immanentes Ding. Sie sind vielmehr im Sinne einer „medialen Phänomenologie“ zu verstehen, die die medialen Bedingtheit jedes architektonischen Gestaltens und Wissens unterstreicht.4 Viele der Bilder, die Mies Zeit seiner Karriere produziert, operieren als diaphane Medien, die weder einen transparenten Durchblick auf eine repräsentierte Wirklichkeit erlauben noch als neutrale Instrumente projektive Übersetzungsprozesse zwischen Bild und Bau ermöglichen.5 Vielmehr bedingen sie sinnliche Erfahrungen und stecken das Feld des Gestaltens und Wissens neu ab.6 Mies macht nicht Bilder, um Häuser zu bauen. Seine Bilder und Bauten sind „Erscheinungen“, sie ahmen Bauten und Räume nach, aber nur scheinbar. Das schärft nicht nur unsere Wahrnehmung, wie Robin Evans in Bezug auf den Barcelona-Pavillon scharfsinnig argumentiert;7 vor allem werden wir uns der medialen Bedingtheit dieser Wahrnehmung bewusst. Architektonisches Entwerfen und Wissen brauchen Bilder, und zwar jene die Carl Linfert einst als „Zwitter“ bezeichnet hat, hybride Erscheinungen, die die nicht aufzulösende Spannung zwischen bildlichem und architektonischen Raum verhandeln.8 In diesem, sich mit jedem neuen technischen Paradigma neu formierenden Spannungsfeld eröffnen sich neue Spielräume, in denen sich Betrachter und Besucher auf eine kommende neue Architektur vorbereiten können. Ohne Bildumwege Ein Zugang zu einer architektonischen Bildlichkeit findet sich in Walter Benjamins Überlegungen zum Konzept des Mediums.9 Ganz gleich ob das Medium in Gestalt von Aura, Fantasie, Farbe, Mal, Umwelt, Milieu, Sprache, Rhythmus, Film oder Pariser Passagen auftritt, immer manifestiert sich ein indeterminierter Zwischenraum, in dem Mediationsprozesse und sinnliche Wahrnehmungen stattfinden können. Dabei versteht

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Benjamin Medien gerade nicht als neutrale Speicher oder Vehikel. Vielmehr agieren sie im Sinne der aristotelische Tradition einer media diaphana als animierte/animierende Zwischenwelt, die aus diaphanen Substanzen besteht:10 Luft, Rauch, Wolken, Glas, Wasser etc. zeichnen sich durch unterschiedliche Grade an Transparenz, Konsistenz und Bewegung aus und verfügen über inhärentes Eigenleben. Im Medium treten die Dinge in Erscheinung.11 Für Benjamins Medienverständnis spielt Architektur – und mehr noch das architektonische Bild – eine zentrale Rolle. In einem Brief an Sigfried Giedion schildert Benjamin, wie die Lektüre des reich illustrierten Bauen in Frankreich (1928) bei ihm eine schockhaft-körperliche Reaktion auslöste, ihn „auf unmittelbarste anging“ und „elektrisierte.“12 Gerade das Bild der Architektur scheint bei Benjamin jene „blitzhafte“ Erkenntnis auszulösen, die zentral für seine bildbasierte Epistemologie ist.13 Zwei Jahre später erregt ein weiteres Architekturbuch Benjamins Aufmerksamkeit. In einem Brief an Carl Linfert, Autor von Die Grundlagen der Architekturzeichnung (1931), schildert er, wie ihm, noch bevor er angefangen hatte den Text zu lesen, „die dünnste, anregendste Luft“ von den Bildtafeln entgegenschlug.“14 In Linferts Ausführungen zu den vorrevolutionären Zeichnungen von Boullée, Delajoue, Juvara und anderen erkennt er die Idee einer Bildlichkeit, die „ohne Bildumweg“ auskomme. Benjamin ist angetan von der Idee einer genuin architektonischen Bildlichkeit, die weder Objekte repräsentiert noch ein Betrachter-Subjekt impliziert, sondern einen „objektive[n] Bestand“ präsent machen, der nicht „gesehen“, sondern „als ein Umraum sui generis ohne den distanzierenden Rand des Bildraums gespürt“ wird.15 In anderen Worten, die architektonischen Zeichnungen agieren als Apparate, um das benjaminsche Vokabular zu verwenden, die den Wahrnehmenden jenen handlungsmächtigen, animierten „Umraum“ körperlich bewusst werden lassen. Benjamins materialistisch-anthropologische Medienreflektion eröffnet einen Ausweg aus der Sackgasse formalanalytischer oder semiotischen Leseweisen, die die Diskurse über die Bildlichkeit der Architektur beherrschen.16 Indem jene von Horst Bredekamp postulierte „lebendige Eigenkraft“17 der Bilder auf die besonderen Bedingungen architektonischer Zeichnungen, Collagen und Montagen bezogen wird, entstehen neue Zugänge zum Werk von Mies, die jenseits historischer Entwicklungsnarrative18 und der Zuschreibungen kritischer Potentiale durch das Spiel mit entleerten

Lutz Robbers – Mies und die architektonische Bildlichkeit

Zeichen19 die mediale Bedingtheit seiner Architektur in den Vordergrund stellen.20 Sinnlich lesbar Einer der ersten, der auf ein alternatives Bildverständnis bei Mies hinwies, war der Künstler und Pionier des abstrakten Films Hans Richter. Unter dem Titel „Der neue Baumeister“ publiziert er 1925 einen kaum beachteten Aufsatz über Mies in dem er die direkte Abhängigkeit der Architektur von „den technischen Mitteln“ der Zeit unterstreicht.21 Die äußere Erscheinung sage, so Richter, nichts über die Architektur aus: Die moderne Architektur unterscheide sich von den Häusern der Gründerjahre nur äußerlich – beide seien lediglich „verschiedene Abhandlungen des alten Baugedankens.“ In anderen Worten: Architektur erschließe sich nicht aus ihrer formalen, visuellen Erscheinung, sondern entstehe erst durch ein „Bauen“, das frei von Vorbildern sei und als Körper gedacht werde. Richter kritisiert, dass Mies’ Innovationen der ersten Hälfte der Zwanziger Jahre zwar beachtet wurden. Seine wesentliche Neuerung werde jedoch ignoriert, nämlich, dass Mies einen „neuen Typus Baumeister“ geschaffen habe, den er als „Artbildner“ bezeichnet – einen Begriff aus der Evolutionstheorie, den Richter ein Jahr später fast identisch in G zur Charakterisierung des Pionieres des abstrakten Films Viking Eggeling verwendet.22 Mies arbeitet für einen neuen Typ Menschen, der aus dem „Strom von Bewegung, Lärm und Licht, den es vor 20 Jahren noch nicht gab“ entstanden ist und eine Baukunst fordert, die ihm entspricht.23 In den neuen Bedingungen habe der Architekt, so Richter, „mit einer neuen Sinnlichkeit zu rechnen (er hat sie zu besitzen).“24 Diese sinnlich-körperliche Wahrnehmung veranschaulicht Richter in der Bildunterschrift zum abgedruckten Grundriss des Landhauses in Backstein. Dieser sei nicht als „mathematische Abstraktion“ wahrzunehmen, sondern „sinnlich lesbar.“25 In anderen Worten: die orthogonalen Linien des Grundrisses sind nicht als geometrisch exakte Repräsentationen eines zu realisierenden Gebäudes zu verstehen, sondern als architektonisches Bild, das zur körperlich-taktile Rezeption animiert. Obwohl gerade Richter durch seine Nähe zu Mies in den Jahren 1922 – 24 (beide waren neben Werner Graeff die treibenden Kräfte hinter der Zeitschrift G – Material zur elementaren Gestaltung) von einer privilegierten Position aus argumentierte, wurde sein Aufsatz von der Mies-Forschung ignoriert. Zweifel bezüglich

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Hans Richter, Präludium, 1919, Skizze

der Bildgattung des Grundrisses wurden wiederholt geäußert. So bezeichnet Philip Johnson diesen als „less a diagram of a house than an abstract drawing.“26 Ambivalenzen wurden durch Verweise auf seine „magischen Wirkung“ und „suggestiven Bildwert“ verklärt.27 Dabei sind es gerade Richters und Eggelings Experimente mit dem abstrakten Film und theoretischen Schriften aus den frühen 1920er Jahren, die Zugang zu einer alternativen Bildkonzeption geben. Richter lernte Mies zu einem Zeitpunkt kennen, als

Lutz Robbers – Mies und die architektonische Bildlichkeit

er gemeinsam mit Eggeling an einer revolutionären zeitbasierten „Bewegungskunst“ und seriell-grafischen „Universellen Sprache“ arbeitete. Diese beruhte auf der Orchestration von Kontrast- und Analogieverhältnissen, die wiederum von der vitalistischen Philosophie Henri Bergsons und den kontrapunktischen Kompositionsprinzipien Ferruccio Busonis beeinflusst waren. Und genau mit ähnlichen Fragen schien Mies sich zu beschäftigen, als Richter ihm zum ersten Mal begegnet. Eine Grundrisszeichnung, die Richter bei Mies entdeckt, ähnelte seinen eigenen Rollenbildzeichnungen: „Das war nicht nur ein Grundriß, das war eine neue Sprache, eben jene, die unsere Generation zu verbinden schien.“28 Die 1923 erstmalig publizierte Zeitschrift G war sowohl Organ zur Propagierung als auch Experimentierraum für diese neue Sprache. Sie richtet sich an jenen Zeitgenossen, der, wie Richter es ausdrückt, „mit all den modernen Instinkt-, Empfangs- und Absendungs-Apparaten ausgerüstet ist, die ihm Verbindung mit dem Leben sichern.“29 Die Zeitschrift selbst war ein solcher Apparat – genau wie Film, Architektur, Städtebau, Mode, Design etc., die in G behandelt wurden. Richters Beitrag in der ersten Ausgabe erläutert die korrekte Wahrnehmung seines Films und ist gleichzeitig als programmatische Anleitung jener universalen elementaren Sprache zu lesen. Die im abstrakten Film sichtbaren rhythmisch pulsierenden, sich überlagernden Rechtecke sind weniger, wie Richter betont, als Formen und vielmehr als „Begrenzungen von Vorgängen in verschiedenen Dimensionen“ zu verstehen.30 Weder Abbild der Wirklichkeit noch Träger symbolischer oder ästhetischer Bedeutungen ist der Film einzig und allein „ein Spiel von Lichtverhältnissen.“ Ziel ist der Bau eines Raumes, der aus kontrastierenden Teilen in der Dauer und mit Licht konstruiert wird; eines „Ganzen“, das in „aktiver Spannung“ beweglich bleibt.31 Richter statuiert hier ein Verständnis des Films als Medium der Wahrnehmung, des Denkens und Bauens, das an Gilles Deleuzes Bestimmung des Kinos als Ort der Fabrikation von „Blöcken aus Bewegung-Dauer“ [blocs de mouvements-durée] erinnert.32 In der Wahrnehmung des Films wird jene neue Bewegungskunst oder „Eidodynamik“ (Eggeling) greifbar, die jedes Bild und jedes Ding immer als dynamischen Vorgang oder Prozess begreift. Und genau hier liegt die Bedeutung des Films für Richter und das gesamte G

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Projekt: Weniger Repräsentationsmedium als epistemische Apparatur, macht der Film Bewegung in der Dauer körperlich anschaulich. Die Konstruktion mit animiertem Licht, jenem „reinen Material“,33 fördert das vormals auf einer „statischen Raumform“ beruhende „optische Begriffsvermögen“ und die noch unterentwickelte „Fähigkeit, in optischen Reihen zu denken.“34 In diesem Kontext erhält Mies’ Definition der neuen Baukunst als „Lebendig. Wechselnd. Neu.“ – die direkt neben Richters Beitrag plaziert ist – einen filmischen Sinn. Architektur wird zum animierten, zeitbasierten Raum. Das Gebäude wird zum handlungsmächtigen Apparat, der aktiv ein „reiches Spiel von Lichtreflexen“ erzeugt, wie es Mies 1922 in „Hochhäuser“ formuliert.35 Die sichtbaren Formen – ganz gleich ob die geometrischen Elemente in Richters Rhythmus-Filmen oder die Zeichnungen und Collagen von Mies in den frühen zwanziger Jahren – erlangen nur an Bedeutung, wenn sie in der Dauer, in Bewegung und in rhythmisch-polaren Spannungsrelationen wahrgenommen und gedacht werden. Filmisch wahrnehmen Eine solche ‚filmische‘ Wahrnehmung erlaubt einen alternativen Zugang zu den Bildern von Mies. Die Kohlezeichnung des Bürohauses in Eisenbeton (1923) beispielsweise kann auf unterschiedlichen Ebenen als Spiel mit Gegensätzen rezipiert werden. Einerseits akzentuiert die Zeichnung einen Kontrast zwischen dem strahlend hellen, scheinbar schwebenden Baukörper (dessen horizontale Fensterbänder der seriellen Rhythmik einem Filmstreifen ähneln) und der dunklen, amorphen Silhouette der Gründerzeitfassaden. Zudem markiert die in der ersten Ausgabe von G abgedruckte Zeichnung einen augenfälligen Kontrast mit ihrem visuellen Umfeld: Als emphatisch perspektivische Stadtdarstellung samt Fluchtpunkt und Betrachterposition kontrastiert sie mit den übrigen, durchweg abstrakten und sequentiellen Illustrationen von Richter, van Doesburg, Hausmann und Lissitzky. Die Bürohaus-Zeichnung ist somit weniger als eine perspektivisch-illusionistische Ansicht einer urbanen Szene wahrzunehmen und vielmehr als ein Spannungsverhältnis zwischen der traditionellen Stadt und den Lichtgestalten eines kommenden Bauens, zwischen den Ruinen eines überkommenen Bildregimes und den Visionen neuer Erfahrungs- und Denkräume. Ähnlich lässt sich das enigmatische Titelblatt interpretieren, das Mies für die dritte Ausgabe von G 1924 anfertigt. Der rote Buch-

Lutz Robbers – Mies und die architektonische Bildlichkeit

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Ludwig Mies van der Rohe, G (Titelblatt), 1924

stabe „G“ erstreckt sich über etwa die Hälfte der weißen, textlosen Seite und kontrastiert mit schematischen Kohlestiftzeichnungen zweier Gebäude: das mit vertikalen, parallelen Linien skizziertes Glashochhaus und, am Fuß des Hochhauses und des Buchstabens „G“, die schwarze Silhouette eines traditionellen Wohnhauses. Was auf den ersten Blick wie eine konstruktivistische Montage von disparaten Element und Farben anmutet, entpuppt sich als diaphane Superpositionen oder Überblendungen von Zeichen und architektonischem Objekt, die beide in sich ambivalent bleiben. Die

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Druckfarben sind nicht deckend, sondern transluzent. Durch Hochhaus und Buchstabe dringt Licht, das nicht von außen auf die Szene geworfen wird, sondern dem Betrachter von der weißen Blattoberfläche entgegenzustrahlen scheint. An die Stelle einer Anordnung aus (neutralem) Grund und (bedeutungstragender) Figur tritt eine Konstellation aus aktiv leuchtendem Umfeld bzw. Medium und aufleuchtenden, animierten Zeichen (Sprache) bzw. Zeichnung (Architektur). Auch ist der Bildstatus des „G“ nicht eindeutig: Durch seine Maßstäblichkeit, Neigung und Transluzenz oszilliert es zwischen linguistischem Schriftzeichen, grafischer Figur und architektonischem (Glas)Körper. Ebenso die dargestellte Architektur: Sie schwankt zwischen grafisch-materieller Abstraktion und schematischer Typologie eines ‚Hauses‘. Dieses Spiel diaphanen Überund Ineinanderblendens inkongruenter Zeichen, Materialien und Räumen markiert einen dezidierten Gegensatz zum von El Lissitzky verantworteten konstruktivistische Layout der ersten Ausgabe von G. Während Lissitzky ein „topografisches“ Feld aus kollidierenden Linien, Texten, grafischen Zeichen und fotografischen Abbildungen entwarf,36 produziert Mies eine zwischen sprachlichen, grafischen und architektonischen Regimen überblendende Bildlichkeit. Und auch die berühmte Perspektive, die Mies vom Barcelona Pavillon anfertigt, zeichnet sich weniger durch repräsentative Genauigkeit aus, als durch eine paradoxe Montage inkompatibler Bildelemente. So stehen die beiden parallelen Linien, die eine verchromte Stahlstütze andeuten, durch ihre demonstrative Zweidimensionalität außerhalb der perspektivischen Raumillusion. Auch entspricht die Darstellung nicht der gebauten Realität: Dort, wo im gebauten Pavillon die Onyxwand zu finden ist, lässt Mies eine weiße Leerstelle, die an die leuchtende Lichtwand erinnert, welche wiederum an einer anderen Stelle zu finden ist. Zudem ist die perspektivische Raumkonstruktion paradox: Anstelle eines einzelnen Blickpunktes existieren multiple, womit der Zweck der perspektivischen Darstellung – die Produktion stabiler Subjektivität und homogener Räumlichkeit – unterminiert und gleichzeitig die Möglichkeit einer kinematischen Wahrnehmung evoziert wird.37 Montage und neues Leben Mies’ Bilder und Bauten sind

Montagen. Diese sind jedoch nicht im Sinne der modernen Avantgarde als Zerrüttung der Einheit und Bedeutung von Sprache und

Lutz Robbers – Mies und die architektonische Bildlichkeit

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Ludwig Mies van der Rohe, Barcelona Pavillon (Innenraumperspektive), 1929, Zeichnung

Form oder als Kollision fragmentierter Zeichen und Objekte zu verstehen.38 Montage bei Mies heißt, sich zwischen den Bildern, Dingen und Räumen zu befinden. Ziel ist die immerwährende Aktualisierung und eben nicht der dialektische Fortschritt. An die Stelle des Konfliktes tritt, wie Deleuze es ausdrückt, ein „Alternieren“, an die Stelle der bildlichen Fragmentierung die Freisetzung eines raum-zeitlichen „Ganzen.“39 Deleuzes spätere Deutung der filmischen Montage als Entdeckung des „Eigenwerts“ des Lichts, „das mehr noch in seiner Eigenbewegung als im Auftreffen auf sich verlagernde Objekte Lichtgestalten erzeugt“,40 entspricht den programmatischen Ideen von Richter und Mies. Animiertes Licht, ein raum-zeitliches „Ganzes“, der wahrnehmende Körper, die Affirmation einer technisierten Gegenwart zur Freilegung „elementarer Ordnungen“, die Erweckung noch nicht bewussten historischen Wissens und die Schaffung „neuen Lebens“41 – alles Elemente, die zentral für das programmatische Selbstverständnis der G-Gruppe waren. Mit der Möglichkeit mit Licht zu ‚bauen‘ war Mies bereits vor seinem Zusammentreffen mit Richter vertraut, ebenso mit lebensphilosophischem Denken, wie die teilweise annotierten Werke von Klages, Driesch und Bergson in Mies’ Bibliothek

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belegen. Zwischen 1911 und 1913 begibt sich Mies wiederholt nach Dresden-Hellerau, um dort seine spätere Ehefrau Ada Bruhn zu besuchen, die als Tanzschülerin an der gerade von Emile Jaques-Dalcrozes eröffneten Bildungsanstalt für Musik und Rhythmus eingeschrieben war.42 Herzstück des ganzheitlichen Gartenstadtprojektes Hellerau war das von Heinrich Tessenow entworfene Festspielhaus, in dem sich der sogenannte „Festsaal“ befand. Dieser von Tessenow in Zusammenarbeit mit dem Bühnenbildner Adolphe Appia und dem Architekten Alexander von Salzmann geplante leere, weiße Kubus revolutionierte die Theaterarchitektur nicht nur durch den Wegfall des Proszeniums, sondern auch durch seine speziell von von Salzmann entworfene und von Siemens-Schuckert realisierte Beleuchtungsanlage. Wände und Decke waren mit einem transluzenten Stoff bespannt, hinter dem sich insgesamt dreitausend mehrfarbige Glühbirnen befanden, die, rhythmisch pulsierend, zusammen mit der Musik und den tanzenden Körpern ein „unteilbares Ganzes“ und einen nie dagewesenen „Lichtrausch“ erzeugten.43 Der Festsaal wurde als „Kino-Festspielhalle“ und animierendes „durch­­läs­siges LichtGebäude“ beschrieben,44 in dem das „merkwürdig diffuse, schat­ tenlose, immaterialisierende“ und „räumlich gestaltende Licht“45 zum handelnden Akteur wurde. Hier wurde aus einem „belichteten Raum“ ein „leuchtender Raum“46 in dem der „Sieg der körperlichen Formen über die unbelebten Formen“47 zelebriert wurde. Obwohl Mies den Festsaal nie erwähnte, ist anzunehmen, dass er den lebendigen Raum – schon wegen des Mitwirkens seiner späteren Ehefrau bei den Aufführungen von Orpheus und Eurydike 1912 – persönlich erlebt hatte. In späteren Projekten von Mies finden sich immer wieder helle, stoffbezogene Wände oder Vorhänge, die Licht filtern und zerstreuen: Ein mit hellen Stoffen verkleidete Raum seiner Bürowohnung Am Karlsbad 24;48 das „Café Samt und Seide“; die Vorhänge im Haus Tugendhat. Auch lässt sich die strahlende Lichtwand im Barcelona Pavillon als eine Variation des leuchtenden Raumkörpers Festsaal interpretieren. Dessen Wirkung auf die Besucher des Pavillons schien für Mies von zentraler Bedeutung gewesen zu sein. Sein Assistent Sergius Ruegenberg schildert später, dass die Wand, die als einzige Lichtquelle des Pavillons gedacht war, sehr bald nach der Eröffnung abgeschaltet werden musste, weil das diffuse, schattenlose Licht eine „psychologisch“ unangenehme Wirkung auf die Besucher

Lutz Robbers – Mies und die architektonische Bildlichkeit

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Festsaal Hellerau, 1912, Fotografie

hatte, die „als Silhouetten im Raum“ standen.49 Bei Dunkelheit verwandelte sich der Pavillon in einen Lichtschrein, dessen gleichmäßiges weißes Leuchten die Objektwelt in Dunkelheit tauchte. Es existieren zwei Pavillons: Jener, der die Besucher bei Tage zu einem diaphanen Spiel mit „einer eigentümlich, ungreifbare Materialität“50 animiert und durch Spiegelungen, Durchdringungen und Transparenzen paradoxe Wahrnehmungen provozier; und ein jener, dessen konstanter Lichtschein eine radikale Indifferenz gegenüber Besucher und Dingwelt markiert, in dem das dynamische Montageprinzip und selbst die Eigenbewegung des Lichts zum Erliegen kommen. Form, Materialität und Zeichen werden

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Ludwig Mies van der Rohe, Barcelona Pavillon (Nachtansicht), 1929, Fotografie

im Repräsentationspavillon, wie er ironischerweise offiziell hieß, redundant. Jeder Versuch, die Lebenswelt zu Zwecken wissender Illuminationen und gestalterischer Projektionen zu verdinglichen werden radikal unterbunden. Mit Deleuze könnte man sagen, dass der Pavillon bei Tage als architektonische Apparatur paradoxe „Bewegungs-Bilder“ generiert, in der Dunkelheit hingegen „Zeit-Bilder.“51 Während Erstere nicht sprachlich oder zeichenhaft, sondern unmittelbar und sinnlich eine Sequenz von variablen, sich auf ein Ganzes beziehenden Elementen (Licht, Materie, Bild) mittels Montage erlebbar machen, geben Letztere ein unmittelbares Bild der Dauer, „von dem sich die Bewegung ableitet.“52 Im Zeit-Bild lässt sich Raum nicht mehr als einheitliches, geschlossenes Bild fassen, sondern als Ensemble aus sich ständig verändernden Beziehungen, die unvorhersehbare Ereignisfelder und Virtualitäten eröffnen.53 An die Stelle eines für das Architektonische konstitutive dichotome Denken (Innen/ Außen, Bild/Bau etc.) tritt ein vom Pavillon animiertes Spiel mit materiellen Einverleibungen oder „Innervation“ in der Zeit.54 Der nächtliche Pavillon ist ein Raum, wie Deleuze an anderer Stelle schreibt, der „seine Trennwände verloren“ hat und in die „lichte Leere ein unpersönliches und dennoch singuläres Atom, das kein

Lutz Robbers – Mies und die architektonische Bildlichkeit

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Ludwig Mies van der Rohe, Barcelona Pavillon (am Abend vor der Eröffnung, 26.05.1929), Fotografie

Selbst mehr hat“ entlässt.55 Wahrnehmung wird hier nicht intensiviert, vielmehr wird ein a-subjektiver, unpersönlicher Raum freigelegt, der es den Besuchern ermöglicht, „unwahrnehmbar [zu] werden.“56 Die bis ins „psychologisch“ unangenehme gesteigerten Momente der Inkommensurabilität in seinen Bildern und Bauten sind jene, in denen die Betrachter bzw. Besucher sich ihrer ehemals stabilen Position und Rolle als verortende, autonome Subjekte unsicher werden. Die Apparatur des Pavillons unterbindet die Verdinglichung der Lebenswelt zu Zwecken wissender Illuminationen und gestalterischer Projektionen. Jener „ausgeprägte Autoritarismus,“57 den Evans im Pavillon verspürt, offenbart sich im Schein der Lichtwand als Zwang der Bewusstwerdung des Verlusts der subjektzentrierter Agency bei gleichzeitiger Anerkennung der Architektur als aktives, handlungsmächtiges „Medium der Wahrnehmung.“58 Positiv gewendet heißt dies jedoch auch, dass die Bilder und Bauten von Mies zu Agenturen des Politischen werden: Am eigenen Körper erfahren Betrachter und Besucher nicht bloß das mehrdeutige Spiel der Zeichen und Bilder (wie es das Ziel der Avantgarden war), sondern, indem sie „unwahrnehmbar“ werden, die „Aufteilung des Sinnlichen“ (Rancière), jene unumkehrbare Pluralität der Lebenswelt dessen Zugänglichkeit und Sichtbarkeit die eigene politische Existenz bedingt.59

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Mies’ Zeichnungen und Montagen sind somit im Sinne einer dezidiert architektonischen Bildlichkeit zu verstehen. In anderen Worten, Mies „macht“ sehr wohl Bilder aber eben nicht solche, die als zweckrationale, neutrale Werkzeuge den Entwurfsprozess in ein neuzeitliches Repräsentationsmodell von aktivem Subjekt und passivem Objekt zwingen.60 Auch agieren seine Bilder eben nicht wie konventionelle Grundrisse oder Perspektiven als immutable mobiles im Sinne Bruno Latours, jene unveränderlichen und lesbaren aber gleichzeitig beweglichen, skalierbaren und kombinierbaren Objekte, auf denen das moderne Wissenschaftsverständnis und wie auch das architektonische Entwerfen beruhen.61 Als Agenten eines bestimmten architektonischen Wissens und Entwerfens erscheinen die Bilder von Mies sowohl als historisch bedingte, technische „Apparate“, die das Feld sinnlich-körperlicher Erfahrung und gestalterischer Praxis organisieren, als auch als „Medien“, die jene räumliche Umgebungen konfigurieren, in denen Wahrnehmung, Wissen und Entwerfen stattfinden kann.62 Anmerkungen 1

Mies van der Rohe 1962. Die deutsche Übersetzung ist etwas ungenau. Sie übersetzt „painting“ mit Bilder. Siehe die Transkrip­ tion des BBC Interviews in Carter 2001, S. 180

2

Hitchcock 1929 S. 191; Barr 1936, S. 157

3

Evans 1995, S. 359

4

Alloa 2011, S. 10 – 11

5

Martin 2014. Die Literatur zum Thema Mies und Medien nimmt zumeist keine dezidierte Differenzierung des Medienbegriffs vor. Siehe Colomina 1994; Dodds 2005; Krausse 2002

6

Martin 2014; Somaini 2016

7

Evans 1997, S. 248

8

Linfert 1931, S. 133

9

Weigel 2015; Bauer 2005

10 Hansen 2012 11 Somaini 2016, S. 19 – 22 12 Benjamin 1997, S. 443 13 Benjamin 1982, S. 570 – 72 14 Benjamin 1997, S. 261 15 Benjamin 1972b, S. 367

Lutz Robbers – Mies und die architektonische Bildlichkeit

16 Beyer, Burioni, und Grave 2010 17 Bredekamp 2010, S.328 18 Westheim 1927 19 Tafuri und Dal Co 1986; Hays 1981 20 Krämer 2009, S. 95 21 Richter 1925, S. 3 22 Richter 1926b 23 Richter 1925, S. 6, 8 24 Richter 1925, S. 8 25

Richter 1925, S. 7

26 Hitchcock 1932, S. 114 27 von Buttlar 2009, S. 117 28 Richter 1967, S. 9 29 Richter 1924, o.S. 30 Richter 1923, o.S. 31 Richter 1923, o.S. 32 Deleuze 1987 33 Richter 1921, S. 109 34 Richter 1926a 35 Mies van der Rohe 1922, S. 124 36 Gough 2010 37 Luscombe 2016 38 Eisenstein 2005, S. 92 39 Deleuze 1989, S. 69 40 Deleuze 1989, S. 69 41 Richter und Graeff 1923 42 Siehe Robbers 2016 43 Seidl 1913, S. 13 44 Seidl 1913, S. 29, 31 45 Scheffler 1912, S. 6 46 Salzmann 1912, S. 70 47 Appia 1921, S. 42. Meine Übersetzung. 48 Robbers 2013, S. 29 49 Ruegenberg 1972 50 Bier 1929, S. 423 51 Deleuze 1989, 1991

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52 Deleuze 1991, S. 172 53 Rodowick 1997, S. 6 54 Robbers 2011 55 Deleuze 2000, S. 40 56 Deleuze 2000, S. 40 57 Evans 1997, S. 270 58 Benjamin 1974, S. 440 59 Rancière 2000; Liebsch 2016, S. 15 60 Siegert 2009 61 Latour 1990 62 Somaini 2016

Das Diaphane zwischen Kunst und Architektur

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Kurt W. Forster

Ansicht – Durchsicht – Einsicht Manchmal spielt einem der Zufall einen Ball zu, der den eigenen Überlegungen eine bestimmte Wendung geben könnte. Neulich sah ich in einer umfassenden Ausstellung über den englischen Maler Paul Nash (1889 – 1946) ein ungedrucktes Zitat aus seinen Vorstellungen von Kontrasten – Tag und Nacht, Lebendiges und Totes. Nash stellte fest, dass „die Unterscheidungen, die wir gemeinhin zwischen Tag und Nacht machen [...] nicht zutreffen. Sie sind vielmehr durchlässig, [...] porös, durchscheinend, transparent.“1 Ein Rätsel, über dem auch Paul Valéry brütete, als er in seinem Essai „L’homme et la coquille“ 1936 den Unterschied zwischen lebendigem Organismus und toter Materie zu bestimmen suchte, der in einer Muschel Gestalt annimmt. Einerseits tote Materie, andererseits Form wie nur ein lebendiger Organismus sie hervorbringen kann, bietet die Muschel ein perfektes Beispiel solch „durchlässiger“ und „durchscheinender“ Zusammenhänge in einem kontrastierenden Begriffspaar. Valéry und Nash hinterfragen den Sinn von Unterscheidungen wie wir sie aus bloßer Gewohnheit zu machen pflegen. Nash verwandte in den 1930er Jahren das Wort „durchscheinend“ [„translucent“] für jenen Zustand zwischen Opakem und Offensichtlichem. Es ist damit etwas gemeint, das sich nicht von selbst zeigt, sondern nur erahnt oder empfunden werden kann. Es handelt sich weder um ein Phantom noch um eine Sinnestäuschung, vielmehr um etwas, das eines Mediums bedarf um in Erscheinung zu treten. Der vage Umriss eines Menschen, den wir im Nebel erkennen existiert nur bei Nebel; ohne eine bestimmte Luftfeuchtigkeit und Temperatur wäre er nicht sichtbar. Das Diaphane deutet auf etwas hin, das in unseren Augen einen Bogen zwischen Sinnes-

Kurt W. Forster – Ansicht – Durchsicht – Einsicht

eindruck und Objekt schlägt. In einer schwer fassbaren Zone nehmen wir etwas wahr, dessen materielle Identität uns ungreifbar bleibt. Eine Radiographie mag als weiteres Beispiel dienen: sie zeigt etwas, das wir nicht sehen und nur in phantomatischen Umrissen auf einer Fotoplatte erkennen können. Dieses Hindurchschauen darf man mit Einschränkungen auch auf die Fassaden von Häusern übertragen, weil Größe und Anordnung der Türen und Fenster etwas über das Innere aussagen, aus dem weitere Zeichen – Licht, Schatten, Bewegung – den Betrachter erreichen und sich zu einem stets unvollständigen Eindruck ergänzen. Der Aufriss von Palladios Villa Rotonda in den Quattro Libri hält feine Unterschiede zwischen den Fassaden fest, die man leicht übersieht. Hinter den Achsen des Nord-Portikus liegen Fensteröffnungen, die in denjenigen der Querachse fehlen. Wie fundamental Öffnungen für sein architektonisches Konzept sind, verdeutlicht eine Skizze aus Palladios Anfängen. Weder die Wandstärken, noch die präzisen Abmessungen der Räume lagen der Bauidee zugrunde, wohl aber Türen und Fenster in ihren achsialen Bezügen. In späterer Zeit übernahmen Fenster zunehmend die Mittlerrolle zwischen innen und außen, zwischen Zweck und Erscheinung eines Bauwerks. Ein bedeutender Bau des schweizerisch-englischen Architekten Alexander Koch in Zürich, das Schulhaus Hirschengraben, setzte schon in den frühen 1890er Jahren großflächige Fenster so in den Aufriss, dass sich das Verhältnis von Wand und Öffnung praktisch umkehrt.2 Ich möchte diese Art der „Abschattung“ des Gebäudeinnern auf seiner äußeren Hülle hier aber nicht weiter verfolgen, sondern in jene Zwischenzone eintreten, in welcher etwas „durchscheint“ ohne einfach ersichtlich zu werden. Meine Vorbemerkungen finden ihren idealen Gegenstand in Mies van der Rohes Tugendhat Haus von 1930. Es entpuppt sich als ein Gebäude, das der Aussicht und den Innenräumen lediglich als Rahmen dient. Zudem handelt es sich um einen Bau, der auf optisch flüssigen Pfeilern ruht und sich nur andeutungsweise in getrennte Zonen gliedert.3 Michael Hays charakterisierte den Eindruck, den die Stützen in ihrer Nickelstahlverschalung hervorrufen, mit folgenden Worten: „Mies besteht darauf, dass die immanente Ordnung [seiner Architektur] nur auf ihren Oberflächen existiere und dass sie zugleich von diesen und von einer realen Welt abhängt, in welcher der Betrachter sich bewegt. Mit dieser Auffassung von Oberfläche und Volumen hebt sich Mies von der

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Vorstellung einer inneren, kohärenten Logik ab, und das reicht aus, das Gebäude aus den Angeln einer zeitlosen, ideellen Ordnung autonomer Formen zu heben und es in die spezifischen Umstände einer erlebten Welt zu versetzen, die für Zufall und Ungewissheit durchaus offen ist.“4 Der Bauherr Fritz Tugendhat fing diese Aspekte des Hauses in zahlreichen Amateuraufnahmen5 weit deutlicher ein als manch professioneller Fotograf.6 In seinen Aufnahmen beginnt das Haus selber einer Kamera zu ähneln, oder einer Kondensationskammer, in der sich gerade diejenigen Aspekte niederschlagen, die sich einer räumlichen und tektonischen Definition verweigern. Welche Aspekte sind das? Sie manifestieren sich auf Oberflächen, verfestigen sich nur an ihnen und überspielen die Raumgrenzen, die ein Gebäude üblicherweise setzt. Erstaunlich bleibt die „Einfühlung“ des Bauherrn in die Art, in welcher Mies versucht hatte, gerade solche paradoxen Spiegelungen und Texturen zu zeichnen wie er sie auf einer Kohlezeichnung des Barcelona Pavillons auslotete. Er verwob in der Tugendhat Villa nicht nur Oberflächen mit erlesenen Materialien – Marmor, tropische Hölzer, Wollteppiche, Seidenvorhänge – in kontrastreicher und dennoch filigraner Weise, er setzte auch Schwellen und eröffnete Zonen, die über ihre eigenen Grenzen fließen: ein Wintergarten, Balkonbereiche, versenkbare Fenster und eine Treppe, die ganz in diffuses Licht getaucht ist. Was Fritz Tugendhat mit seiner Kamera einfing, das klebt geradezu an Oberflächen, an den langen Tressen der Trauerweide und an rinnenden Regentropfen auf den Glasscheiben, die Mies ja mit Vorliebe an die Stelle konventioneller Außenwände setzte. Erst der Anblick verblendet, was sich nach Herkunft und Beschaffenheit unterscheidet. Die struktiven Elemente des Hauses setzen lediglich einen Rahmen, der das Unzusammenhängende fasst und zum Bild verflacht, das Diskontinuierliche überblendet und seine Unterschiede amalgamiert. Dieser Rahmen besteht, ähnlich dem Blattrand eines japanischen Holzschnitts, nur aus einer Kante, einer Schwelle oder einer Kristallglasscheibe. Ränder treten plötzlich scharf hervor, um sogleich übersprungen zu werden; bis in kleine Details, etwa einer Schreibtischschublade, die in die Maserung des Holzes eingeschnitten ist. Hier herrscht Oberfläche unangefochten, erlaubt es dem Material des Holzes wie der Marmorierung in Erscheinung zu treten, obwohl sie ja nicht vom Architekten sondern aus der Natur stammen. Auch in diesem Zusammenhang

Kurt W. Forster – Ansicht – Durchsicht – Einsicht

wären Valérys Überlegungen bedenkenswert, denn als Ornamente – was sie ja zweifellos sind – spiegeln die Steine die geologischen Prozesse ihrer Entstehung wider. Kristallglasscheiben erfüllen den Wunsch nach einer durchsichtigen und zugleich reflektierenden Oberfläche wohl am vollkommensten, weil sich in ihren Spiegelungen Oberfläche und Tiefe miteinander verschränken. Eineinhalb Jahrhunderte Fotografie haben unsere Sinne ungemein geschärft, denn typischerweise enthalten fotografische Abbilder vieles, das wir sonst nur durch wiederholte Annäherung zu erfassen vermöchten. William Fox Talbot, dem es erstmals gelang, ein fotografisches Bild zu fixieren, setzte über eine Auswahl seiner Abzüge 1844 den Titel The Pencil of Nature. Talbots Metapher überzeugt, weil sie zum Ausdruck bringt, dass es sich bei Fotografien um Abzüge (um imprints oder empreintes) handelt, die eben nicht von einem Beobachter manuell erstellt wurden, sondern in der lichtempfindlichen Emulsion entstanden sind. Fotografien erscheinen als von ihren Gegenständen ‚abgezogene‘ Bilder, die auf einer hauchdünnen, gleichsam substanzlosen Oberfläche schweben. (Papier und Emulsionsschicht der Albumabzüge sind hauchdünn, sodass sie ihre Gegenstände in geradezu geisterhaften Sepiatönen erscheinen lassen). Bei der Sitzung der Royal Society in London vom 31. Januar 1839 beschrieb Talbot Fotografie bekanntlich als einen „Prozess, dank dessen natürliche Gegenstände durch sich selbst abgebildet werden können, ohne die Hilfe eines Zeichenstifts.“7 Als Resultat extrem langer Belichtung und feinster Emulsion hielten frühe Fotografien, die mit lichtstarken Linsen auf großformatige Glasplatten aufgenommen wurden, eine ungeahnte Menge von Daten fest. Ihre Datendichte hat unsere Augen gründlich umgeschult. Es mag Zufall sein, dass gerade Gebäude auf den frühesten fotografischen Bildern erscheinen, in Nièpces Aussicht aus einem Fenster bei Chalonsur-Saône und in Fox Talbots Oriel Window at Lacock Abbey vom August 1835, aber sie setzten wirksame Vorbilder. Selbstverständlich stand nur Architektur lange genug ‚still‘ angesichts der extrem langen Belichtungszeiten, die anfänglich erforderlich waren, aber das Band, das Architektur und Fotografie von allem Anfang an verbindet ist bis heute nicht abgerissen. Der Wunsch, starre und opake Flächen durchscheinend zu machen, überträgt sich auf die Architektur: So veröffentlichte der tschechische Ingenieur Jaroslav

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Polivka 1922 in Bruxelles eine systematische Darstellung unter dem Titel Le béton translucide. Das verräterische Wort – translucid – kehrt wieder: Von Fox Talbots Fenster über die lichtdurchfluteten Gewölbe aus béton translucide zu den Glaszylindern in Scharouns Berliner Philharmonie hat das Durchscheinen, selbst wenn man dabei nichts sehen kann, hat das Diaphane die Wand in ein Medium verwandelt und sie als Barriere relativiert. Wir sind gründlich mit fotografischen Bildern vertraut und haben uns eine entsprechende Art der Betrachtung angeeignet: Fox Talbot versah seine Aufnahmen mit präzisen Kommentaren, um so die Aufmerksamkeit der Betrachter auf ganz bestimmte Dinge zu lenken. So hob er zum Beispiel an einem Gebäude in Oxford die „weit fortgeschrittene Verwitterung des Steins“ hervor, die sich im Laufe der Zeit eingestellt hatte.8 Fotografie – also dasjenige Medium, das eine genau abgemessene Zeit zu ihrer Hervorbringung erfordert – wird zum Medium der Zeit par excellence und bestärkt die Vermutung, dass tatsächlich jede Epoche die ihr und ihren Belangen angemessenste Technologie hervorbringen muss. Als passives Dokument von Lichteindrücken eignet sich Fotografie wie kein anderes Medium zur Wiedergabe von Oberflächen und mit ihnen von Diaphanem. Wer weitere Beweise sucht, den dürfte wohl die Entwicklung der Fotografie in jüngster Zeit überzeugen – nicht Fotografie irgendwelcher Art, sondern Architektur-Fotografie. Was diese Veränderung in der Architektur-Fotografie mit sich bringt, ermisst man daran wie sie sich von ihren Vorgängern unterscheidet. Einmal scheint der Eindruck statisch lebloser Dauer überwunden, der alle Gegenstände in objektivierende Distanz rückt und einer gleichgültigen Gleichwertigkeit unterstellt, wie sie vielleicht nur die Schwarz-Weiss-Aufnahme zur Grundlage haben konnte. In Amerika waren es besonders die Studios der Architekturfotografen Hedrich-Blessing und Ezra Stoller, die das kanonische Gesicht der „modernen Architektur“ geprägt haben.9 Sie erstellten ein Repertoire von Bildern, das sich nicht nur durch Solidität der Erscheinung und Korrektur jeder fallenden Linie zu einem Register von Investitionsobjekten summierte, sondern auch die Bauwerke in bleiernes Grau tauchte. Die Idee einer konsolidierten Moderne in der Nachkriegszeit wäre ohne diese Art von Architekturfotografie schwer vorstellbar. Eine Mittlerrolle zwischen traditioneller Archi-

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tekturfotografie und atmosphärischen Bildern spielte dagegen der kalifornische Fotograf Julius Shulman. Mit seinen Eindrücken eines genussvollen Alltags verbreitete sich das Bild hedonistischen Lebens, das der übrigen Welt einen Western life style vorgaukelte.10 Wenn Shulman schon den aufgehenden Mond abwartete, um die windgekräuselte Wasserflächen gegen die Lamellen einer Jalousie auszuspielen, so haben es die jüngeren Architekturfotografen unmittelbar auf Stimmungsqualitäten abgesehen – wozu sich Farbfotografie besonders eignet – und auf das Spiel der Lichtreflexe. Es entspricht dieser dynamischen Optik, dass die verwendeten Baumaterialien weitgehend ihre konventionellen Konnotationen und ihre symbolische Bedeutung verloren haben. An deren Stelle tritt der visuelle Eindruck, der öfter ebenso ambivalente Reaktionen hervorruft wie einst die Symbolik der Gebäudeteile. Doch verspricht gerade die Unbestimmtheit der heutigen Bildeindrücke einen frischen Zugang zu den Phänomenen, die diese Fotografie einfängt. Wenn sie Eindrücke von den Materialien – präziser, von deren Oberflächenwirkungen – einfängt, so vermitteln sie zugleich mehr als wir über sie wissen und weniger als wir ihnen zuzuordnen vermöchten. Dieser Diskrepanz zwischen dem diffusen Gesamteindruck und dem Versuch, seine Teile zu erkennen, entspringt ein mangelhaftes Bild. Genau in dieser Bresche entstehen neue Vorstellungen, die um Vages, um Unbestimmtes und Ungewisses kreisen. Dieses Unbestimmte verbindet sich aber dennoch mit konkreten Erfahrungen. Wir haben uns derart an Überfülle und Dichte der Bilder gewöhnt, dass wir Karenzen umso stärker registrieren und Fehlstellen oder blurs11 als Insuffizienz unserer Sehkraft oder als Spur der Bewegung auslegen. Im Verwischten und Fließenden, also im Bereich dessen was unscharf bleibt, meldet sich der Wunsch nach Spontanem und Frischem, nach Noch-Unerkanntem. Material-Oberflächen vermögen vieles, sie filtern, versiegeln, reflektieren, strahlen ab oder absorbieren und verändern so unablässig unsere Eindrücke. Nur als Vorgeschmack dessen, was sich in der gegenwärtigen Architektur abzeichnet, möchte ich das folgende Beispiel verstanden wissen: Louis Sullivan und Frank L. Wright entwarfen Räume, die wie Lichtfilter wirken: Fensterreihen unter weit auskragenden Dächern und Lichtschächte wie die Treppe im Charnley Haus in Chicago, ein wohl von beiden Architekten gemeinsam erarbeitetes Werk aus den 1890er Jahren.12 Eng

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und hoch, aber eingetaucht in unstetes Zenitallicht, verwandeln sich die spröden Vierkantstäbe in eine rauschende Lichtharfe. Eine Aufnahme, die Luisa Lambri 2003 vom Umgang des ersten Stockwerks in der Casa del Fascio in Como machte, fängt in unbestimmbarer Tiefe die Widerspiegelung des Lichthofes in der schwarzen Wandverkleidung ein. Geisterhaft erkennt man darin, was dem Blick aus diesem Winkel verborgen bleibt, als beinhaltete das Gebäude ein spektrales Bild seiner selbst. In der Tat sind manche Aspekte von Giuseppe Terragnis Gebäude schleierhaft, als herrsche ein Spuk im Hause und diese ansonsten so harmlos erscheinende Fotografie behafte es auf Indizien seiner verborgenen Natur (vgl. die Abbildung im ersten Teil dieses Buches).13 In anderer Absicht und mit unterschiedlichem Ergebnis füllten die Architekten Herzog & de Meuron Stahldrahtkästen mit groben Bruchsteinen, um das Dominus Weingut im Napa Valley zu ummanteln.14 Diese Trockenmauer schafft ganz unterschiedliche Eindrücke nach innen wie nach außen; sie entspringt einem poetischen Verständnis von Geologie und lässt Licht in explosiven Stößen aufblitzen und erlöschen. Im Innern des Weinguts bricht sich das Licht dieser besonnten Gegend wie in einem Kaleidoskop und versetzt so den Betrachter für Augenblicke hinter die Linse einer Kamera. Einst zeichneten Karl Friedrich Schinkel und seine Schüler die Geschichte des Bauens in der Beschaffenheit und Bearbeitung der Materialien nach. Die Umfassungsmauer am Gärtnerhaus, nahe bei der Villa Charlottenhof, resümiert gleichsam die Jahrtausende. Wie auf einer Tabelle findet sich hier Baugeschichte verzeichnet: von der Verwendung ungefüger Steinbrocken über den stereometrisch makellosen Schnitt des Marmors bis zu dessen bloßer Nachahmung durch Fugen im Verputz klettert das Auge vom Boden zur Bogenkante und schweift so aus ferner Vorzeit in die Gegenwart. Stratigrafie liefert den Schlüssel und bietet sich als kognitives Modell der Zeitmessung an. Was Baron Cuvier für die Geologie anhand des Pariser Seine-Beckens demonstriert hatte, ließ sich auf alles anwenden was die Zeit hinterlässt.15 Eine alltägliche Bauaufgabe und wenige Quadratmeter Mauerfläche reichten Schinkel aus, um der Baukunst selber ein Denkmal zu setzen, auch wenn es sich dabei um ein Gedenken an das Vergessene handeln mag.16 Diese Mauer ist selbstverständlich nicht durchsichtig, eröffnet aber

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Einsicht in die Geschichte des Mauerbaus, genau so wie Cuvier vermittels der Stratigrafie ein Licht in die dunklen Schichten des Untergrundes warf. Schinkels Gartenmauer bringt in ihrem Gefüge Jahrtausende des Bauens zur Erscheinung und macht sie damit zu einem Medium ihrer selbst. Anstatt einen Tiefblick in die Bautechnologie zu eröffnen, verfertigten Herzog & de Meuron einen Wandmantel, der zugleich primitiv und raffiniert erscheint, der das Rohe im Industriellen, das Schwere in der Luft, das Zufällige im Gleichförmigen festmacht. In dem Maße, als der Bruchsteinmantel eines Weingutes sich dabei zum unkalkulierbaren Lichtfilter wandelt, nähern sich seine Effekte bereits denjenigen der Fotografie an. Diese Tatsache, wenn sie denn noch der Bestätigung bedürfte, hat das Verhältnis von Bau und Bild bereits gründlich umgekrempelt, verfolgt doch heute manche Architektin Wirkungen, wie sie ohnehin nur in fotografischen Wiedergaben entstehen können. Dass die „Wirkung“ eines Gebäudes, die schon Schinkel nie aus den Augen verlor, rückwirkend die entwerfende Vorstellung leiten und damit auf eine mediale Dimension erweitern sollte, blieb der jüngeren Zeit vorbehalten. Konventionen behaupteten dagegen ihren Platz in Herzog & de Meurons Entwurf für die Universitätsbibliotheken auf dem Jussieu Campus der Pariser Universitäten (unmittelbar neben Jean Nouvels Institut du monde arabe, dessen mechanisch betriebene Fensterblenden durch ein klägliches Versagen inzwischen weitgehend erstarrt sind). Bei Herzog & de Meuron durchbrach die Idee einer Bild-Fassaden-Fläche zugleich die Erwartung, die man bei einem konventionellen Gebäude hegt, bestätigte sie aber dennoch, wie das auch der Nachbar Jean Nouvel bereits tat. Inschriften und Büsten berühmter Autoren schmücken nicht selten große Bibliotheken: Henri Labrouste ließ sie schon zu Hunderten auf den Fassaden der Bibliothèque Sainte-Geneviève einmeißeln. Die Architekten Herzog & de Meuron beabsichtigten dagegen, diese Nomenklatur durch Bildnisse zu ersetzen, wie sie der Maler Gerhard Richter in Abwandlung einer anderen, sattsam bekannten Konvention bereits gemalt hatte. In der Fassade ihrer Bibliothek wollten Herzog & de Meuron also die Ikonen der Autoren mit ihren Worten konfrontieren und überlagern: Leuchtschriften hätten ihre flackernde Spur über die ‚fotografischen‘ Portraits der Autoren gezogen. Wer sich dieser Bibliothek näherte, dem wäre nicht erspart geblieben, sich über das abgründige Verhältnis von Autor

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und Wort, von Bild und Zeichen, von Bewegung und Starre, und schließlich von Gegenwart und Vergangenheit seine Gedanken zu machen. Und zwar nicht mit moralisierenden Begriffen, sondern durch anschauliche Gegebenheiten. Wie jeder Text im Kopf des Lesers immer wieder eine andere Gestalt annimmt ohne deswegen die schriftliche Niederlegung zu verändern, so wirft ein momentanes, ja zufälliges Zusammentreffen von Schrift und Bild ein Streiflicht auf die Medien ihrer Aufzeichnung und auf deren Differenz. Eine Bibliothek, die Worte verströmt und die Gesichter der Autoren mumifiziert, ließe uns das Dilemma dieser Institution bis unter die Haut spüren. In den neunziger Jahren schließlich kleideten Herzog & de Meuron einzelne Gebäude vollends in Bilderbogen. Die Hochschulbibliothek in Eberswalde ist allseitig mit Betonplatten ummantelt. Ihr querrechteckiges Format addiert sie zu einem Streifenmuster, das lediglich von drei umlaufenden Glasbändern und einzelnen Fenstern unterbrochen wird. Die hellgrauen Betonplatten tragen fotografische Abbildungen in identischer Abfolge, derweil auf den Fensterbändern gemalte Bilder abgedruckt sind. Zu jeder Stunde des Tages und zu jeder Zeit des Jahres wandelt sich der Eindruck dieser Bilder und mit ihnen die Erscheinung des Gebäudes. Einmal erscheint es solide ummantelt, dann nur hauchdünn umhüllt; einmal aus scharf getrennten Lagen geschichtet, dann als schwebendes Raster aufgefaltet. Nicht nur unterscheiden sich banale Pressefotos von allegorischen Malereien, die physische Qualität der Bilder und ihre optischen Valeurs treten deutlich auseinander. Ihre tabellenartige Anordnung erinnert an Textbänder in der Horizontalen und zugleich an das vertikale scrolling der Menu-Ikonen auf dem Bildschirm der Computer, wobei die Textbänder ihren allegorischen Sinn endlos wiederholen, und die vertikale Abfolge dem Prinzip der Wahl und dem Rauschen der Bildinformation entsprechen. Aus der dokumentarischen Fotografie ist jener Bilderflaum geworden, der im Wäschetrockner der Medien täglich anfällt. Die eigentlichen Bilder dagegen (und es handelt sich um Abbildungen nach Malerei!), die Leben, Tod und Wissenschaft meinen, beanspruchen einen Sinn, den sie nicht selber erklären können.17 Mit Bauten wie der Eberswalder Bibliothek öffneten Herzog und de Meuron ihre Architektur für die Wirkung der Zeit. Bereits seit Jahren räumen sie der Zeit in ihren Gebäuden Platz ein, etwa indem sie vorausschauend Flechten und Moose in die Wasser-

Kurt W. Forster – Ansicht – Durchsicht – Einsicht

spuren pflanzten, wo sie sich in der porösen Oberfläche einer Betonwand einnisten können. Im Laufe der Zeit entsteht ein Film von Mikroflora mit jahreszeitlichem Farbwechsel und langfristigen Überlebensaussichten.18 Als dehnten sie fotografische Prozesse in die Zeiträume der Geologie und Flora aus, lassen die Architekten den Pencil of Nature in Aktion treten und eröffnen in hauchdünnen Flächen ungeahnte Dimensionen der Zeit. In dieser Absicht griff ihnen der amerikanische Architekt Irving Gill am Anfang des Jahrhunderts vor, als er die Meinung vertrat, dass man es „der Natur überlassen sollte, Häuser mit Flechten zu färben, mit Stürmen zu meißeln, mit Sträuchern- und Blumenschatten festlich und freundlich zu verzieren, wie sie es mit den Steinblöcken auf den Feldern tut.“19 Man kann also in der Naturgeschichte blättern wie in Büchern. Was ist eine Bibliothek letztlich anderes als eine Ablagerung von Fossilien? Das Stapeln von (Bild)Material bildet die Grundfigur, die von Anfang an die Eberswalder Bibliothek bestimmt, doch sie tritt als solche erst und ausschließlich in der Oberfläche des Gebäudes zutage.20 Gemäß ihrer dualistischen Natur erschließt sich die Bibliothek als ein total durchorganisiertes Lagerhaus aber nur in ihren Fassaden. Ich deutete schon auf einen einschlägigen Vorfahren, Labrouste’s Bibliothek aus den 1830er Jahren, der ebenfalls in der Fassade die Sedimente ihrer Inhalte und die Mechanik ihrer Erschließung verzeichnete. Man muss Paul Valérys Warnung ernst nehmen, wenn er 1937 behauptete, dass „die Arbeit des Künstlers, selbst ihr intellektuellster Teil, nicht allein auf die Tätigkeit der Vernunft zurückgeführt werden kann. Wenn es darum geht ein Werk hervorzubringen, dann mengen sich nicht nur die Materialien, die Methoden, selbst der Augenblick und seine Zufälle als unvorhersehbare und unbestimmbare Elemente in das Drama [der Kreation], sondern sie verschwören sich dagegen, das Werk in den Begriffen der Vernunft zu fassen; sie versetzen das Werk vielmehr in die Welt der Dinge, wo es ebenfalls zum Ding wird; das Werk hört auf ein Objekt des Denkens zu sein und wird zum Gegenstand unserer Sensibilität.“21 Diese rätselhafte Verwandlung eines Werks – gerade eines Bauwerks – in ein Ding, und über das Ding in sein Bild, führt die Bibliothek in Eberswalde greifbar vor Augen. Es überrascht nicht, dass die Wirkung des Gebäudes in keiner Weise dadurch geschmälert wird, dass ihm beinahe alle vertrauten ikonographischen Quali-

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täten abgehen – weder Volumetrie, noch innerer Aufbau, weder Bautyp noch Material erweisen sich eo ipso als belangvoll. Der Bau setzt einzig auf die Macht seiner (allerdings höchst differenzierten) Bilder. Auf sie reagieren wir mit unseren Sinnen weit stärker als mit diszipliniertem Erkennen. Bauten wie die Eberswalder Bibliothek überrumpeln unsere Vorbehalte und überfluten unsere Vorstellungskategorien. Nach eineinhalb Jahrhunderten fotografischer Umerziehung unterwerfen wir uns willig der galvanischen Induktion ihrer Bilder. Dass Bilder sich hier besonders eignen schulden sie ihre mediale Transparenz. Sie lassen in den Erscheinungen, die sie festhalten, zugleich etwas Durchscheinen, das in und hinter ihnen zu verorten ist. Gerade weil alles an ihrer Oberfläche liegt, verwandelt sich diese Scheinebene zu einem „transluciden“ Schirm wie wir ihm täglich, ja stündlich, gegenüberstehen. Die Einsicht, die er gewährt, ist allemal ein Eintauchen in Schichten, die sich unserem Zugriff entziehen. Anmerkungen 1

Der Wandtext aus einem unveröffentlichten Manuskript in der Ausstellung Paul Nash (London, Tate Britain, 2016) lautet im Original: „The divisions we may hold between night and day [ ...] do not hold. They are penetrable, [...] porous, translucent, transpa­ rent.“

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Rebsamen/ Bauer 1992, S. 20

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Die primär optische Natur der kreuzförmigen Stützen, wie sie Mies van der Rohe im Barcelona Pavillon, im Tugendhat Haus und in anderen Projekten und Bauten der frühen dreissiger Jahre verwandte, wurde in der jüngsten Forschung mehrfach hervorge­ hoben, besonders deutlich haben K. Michael Hays (Hays 1984) und Robin Evans (Evans 1990) die fliessende Qualität der spiegelnden Pfeileroberflächen herausgearbeitet.

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Hays, ebda., S. 20: „Mies insists that an order is immanent in the surface itself and that the order is continuous with and dependent upon the world in which the viewer actually moves. This sense of surface and volume, severed from the knowledge of an internal order or a unifying logic, is enough to wrench the building from the atemporal, idealized realm of autonomous form and install it in a specific situation in the real world of experienced time, open to the chance and uncertainty of life in the metropolis.“ Deutsche Übersetzung des Autors.

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Publiziert in Hammer-Tugendhat/Tegethoff 2000.

Kurt W. Forster – Ansicht – Durchsicht – Einsicht

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Siehe die aufschlussreichen Ausführungen von Zimmerman 2004 (mit ausführlichen Literaturangaben). Zimmerman wies schon auf die ganz gegensätzliche Auffassung von Adolf Loos hin (ebda., S. 331). Vgl. auch die eingehenden Beobachtungen von Robin Evans (Evans 1990).

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Talbot, William Fox, beschrieb das Verfahren als einen „process by which natural objects may be made to delineate themselves without the aid of the artist’s pencil.“ Die umfassendste Dokumen­ tation zu Fox Talbot findet sich auf dem unter Leitung des Fotohi­ storikers Larry J. Schaaf etablierten Website: www.foxtalbot.arts. gla.ac.uk. Siehe auch Robinson/Herschman 1987; Pare 1982.

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Talbot 1844 – 46, s.p., Talbot wies ausdrücklich auf den „advanced state of abrasion“ und damit auf die Wirkung des Zahns der Zeit hin.

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Sobieszek 1984. Die Gebrüder Hedrich photographierten, neben Industriebauten, seit den vierziger Jahren auch die von Mies van der Rohe entworfenen Gebäude des Illinois Institute of Technology in Chicago. Mit ihren abstrahierend-distanzierenden Aufnahmen prägten sie wesentlich das Verständnis der Mies’schen Architektur in der Nachkriegszeit.

10 Rosa 1994. Ich habe Shulman in den 1980er Jahren gut gekannt und mir bei der Einsicht in sein enormes Bildarchiv darüber Rechen­ schaft geben können, wie sehr er die gängigen Vorstellungen von kalifornischer Architektur erst durch seine Aufnahmen greifbar gemacht hat. Heute befindet sich das Shulman Archiv im Getty Research Center (Special Collections). 11 Der englische Begriff blur, der das Verwischte und Unscharfe bezeichnet, ist dabei sich einzubürgern, wohl nicht nur, weil eine der Hauptattraktionen der Schweizer Expo 02, die Seeplattform von Diller + Scofidio, so benannt war, sondern auch weil blur zur alltäg­ lichen Seherfahrung und deren Steigerung in filmischen Wieder­ gaben gehört. Zudem steigert der Kontrast zwischen Unscharfem und präzise Fokussiertem im Ablauf der Bilder ungemein den Eindruck lebendiger Bewegung. Auch der italienische Fotograf Gabriele Basilico, der erst mit scharf gestochenen Aufnahmen (Berlino, Mailand, 2001 und Beirut 1991 (2003), Mailand, 2003) hervorgetreten war, verwendete zuletzt eine eng begrenzte Tiefen­ schärfe bei seinen Stadtaufnahmen. 12 Longstreth 2004. Dabei ist beachtenswert, dass sowohl in der äußeren Erscheinung des Charnley Hauses, die sich eher Sullivan verdankt, als auch in der Innengestaltung, die meist stärker mit Wright in Verbindung gebracht wird, eine gemeinsame Sensibilität für geradezu knisternd bewegte Oberflächen abzeichnet.

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13 Vgl. zum Thema des Unsichtbaren im Augenfälligen Forster 1999. Insbesondere die Aufnahmen von Ico Parisi aus Anlass des Besuchs von Margherita Sarfatti und Massimo Bontempelli im Jahr 1936 vervielfachen die Spiegelungen von innen und außen durch Montage und Entgrenzung der Bildfläche, vgl. Ciucci 1996. 14 Vgl. Forster 2002/1997 15 Cuvier/ Brongniart 1811 16 In diesem Zusammenhang sei an Adalbert Chamissos Gedicht „Der einst zum Grabstein Bluechers bestimmte Granitblock am Zobten“ (1834) erinnert: in Ermangelung einer kritischen Ausgabe vgl. Chamisso 1988, S. 209: „Was dieser mächt’ge Stein der künft’gen Zeit/Von uns erzählen wird? Ihr mögt ihn fragen;/Er wird euch schroff und kalt die Antwort sagen:/Ich bin der Denkstein der Vergessenheit.“ 17 Vgl. das Katalogbuch der Ausstellung Herzog & de Meuron, Natural History: Ursprung 2002, S. 56 – 58 18 Mack 2005, S. 28 – 37 19 Gill 1916, hier S. 147: [Western architects should] „leave the ornamentation […] to Nature, who will tone [the building] with lichens, chisel it with storms, make it gracious and friendly with vines and flower shadows as she does the stone in the meadow.“ 20 Siehe dazu besonders die thematische Struktur des Katalogbuchs Herzog & de Meuron, Natural History, Montreal/Baden 2002. 21 Valéry 1937a, übersetzt vom Autor aufgrund der Ausgabe Valéry 1937b, S. 56

Carolin Höfler

Kalkuliertes Durchscheinen. Zur In-Formation des Diffusen The Images of Architects „L’immagine del cuor“ nannte der Kunsthistoriker Joseph Gantner in Anlehnung an ein Gedicht Michelangelos die vorgestaltenden Formen der Phantasie, deren Auswirkungen auf die Kunst er in seiner gleichnamigen Studie von 1966 untersuchte.1 Gemeint waren damit die inneren Sehnsuchtsbilder und vorbildhaften Ideale, von denen Künstler zur Imagination angeregt würden. Nach solchen Bildern fragte der Schweizer Architekt Valerio Olgiati bei über vierzig namhaften Architektinnen und Architekten und erhielt eine Fülle von Fotografien, Zeichnungen und Skizzen. In jener Sammlung, die er 2013 unter dem Titel The Images of Architects veröffentlichte, sind auch zahlreiche Bilder enthalten, die durchscheinende Architekturen und diffuse Atmosphären zeigen. Der Schweizer Architekt Christian Kerez verweist etwa auf ein Standbild aus dem sowjetisch-italienischen Film Nostalghia (1983) des Regisseurs Andrei Tarkovsky, das eine Kirchenruine in einem sich auflösenden Nebel wiedergibt. Der indische Architekt Bijoy Jain vom Studio Mumbai zitiert das Bild räumlich aufgespannter Moskito-Netze, unter denen Menschen und Dinge nur schemenhaft zu erkennen sind. Und der chilenische Architekt Smiljan Radic bekennt sich zu einer historischen Fotografie, auf der das leere Innere eines transluzenten Zirkuszeltes am Tage dargestellt ist. Während die Medienöffentlichkeit entweder die totale Transparenz informationeller und politischer Prozesse verlangt oder aber Horrorszenarien eines neues Panoptismus im Zeitalter von Überwachungskameras und Erkennungssoftware zeichnet, erscheinen Fotografien von diaphanen Phänomenen auf den ersten Blick als Gegenbilder zu einem allzu optimistischen Transparenz- und

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Norman Foster, Steve Jobs Theater, Apple Park, Cupertino, 2017

Durchdringungsdenken. Bilder des Diaphanen stehen in hartem Kontrast zu den zahlreichen Renderings und Fotografien aktueller Corporate-Architekturen der weltgrößten Computerhersteller und Internetkonzerne, die nichts anderes ausstellen als ihre vollständige Durchlässigkeit.2 Doch Olgiatis Sammlung bildhafter Bekenntnisse zum Diaphanen verkörpert weniger eine Kritik an der Transparenz. Vielmehr ist sie von einem Widerspruch geprägt, denn die Bildersammler sind überwiegend Architekten, die technologisch raffinierte und transparent kalkulierte Form- und Strukturinnovationen entwickeln. Offensichtlich wird die Hinwendung zum Durchscheinenden, Diffusen und Verschwommenen nicht als Maßnahme gegen die zunehmende Digitalisierung der Denk- und Entwurfswerkzeuge verstanden, sondern als notwendige Ergänzung. Je mehr die Prozesse der Formbildung durch den Einsatz des Computers einem informationellen Transparenzzwang ausgesetzt sind, desto stärker scheint das Diaphane als bildliche Qualität an Bedeutung zu gewinnen. Es sind vor allem technisierte und digitalisierte Ausstellungsarchitekturen der jüngsten Vergangenheit, die Konzepte der fuzziness erproben und damit den traditionellen Dualismus von Transparenz und Opazität in Frage stellen: Mit fluiden Formen, flüchtigen Materialien und wandelbaren Konstruktionen, die allesamt auf logischen Kalkulationen beruhen, werden intuitiv anschauliche Bildwelten des Unscharfen und Vagen in Szene gesetzt. Durch Vernebelung, Verschleierung und Überstrukturierung entstehen atmosphärische

Carolin Höfler – Kalkuliertes Durchscheinen

Räume, die sich mit Blicken kaum erschließen lassen, dafür andere Sinneswahrnehmungen wie Hören, Tasten und Riechen aktivieren. Angesichts dieses vermeintlichen Paradoxons zwischen Wahrnehmung und Kalkulation, Bildlichkeit und Modellhaftigkeit werden im Folgenden computerbasierte Ausstellungsinstallationen in den Blick genommen, die sich mit dem Diaphanen als körperhafte Bildraumerfahrung befassen, und es wird der Frage nachgegangen, welche Assoziationen und Deutungen das Durchscheinende, Verschwommene, Diaphane im digitalen Zeitalter entfaltet. Welche Funktionen haben Phänomene des Diffusen und Unscharfen im Kontext rechnergestützter Modellierung und digitaler Transparenz? Was bewirken sie, was an ihnen erweist sich als produktiv? Welche Wahrnehmungsformen und Bedeutungsebenen ermöglichen sie, wenn sie nicht allein dem Sehsinn verpflichtet, sondern auf mehrere Sinne ausgerichtet sind? Der vorliegende Beitrag möchte Kontinuitäten und Wand­ lungen des Diaphanen in der zeitgenössischen experi­ men­ tel­ len Architektur freilegen und untersucht hierfür phänomenologische und postmoderne Diskurse über erlebte und atmo­ sphärisch zug gestimmte Räume, die durch Lichtdiffusion und Sichtent­ charakterisiert sind. Zum kritischen Vergleich werden Aus­ stel­ lungsarchitekturen und Rauminstallationen aus den 1960er und 1970er Jahren herangezogen, die sich vor dem Hintergrund der sich rasant entwickelnden Technologien mit flüchtigen Erscheinungen des Diaphanen auseinandersetzten. Im Zeitalter von Technikbegeisterung und Fortschrittsdenken repräsentierten und vermittelten diese Luft- und Lichtarbeiten an der Schnittstelle von Kunst, Wissenschaft und Technologie das optimistische Ver-­ sprechen einer plan- und berechenbaren Zukunft, das zu einer identitäts- und legitimationsstiftenden Kraft in nahezu allen gesellschaftlichen und kulturellen Bereichen avancierte. Welche Vergleichbarkeiten, welche Unterschiede gibt es zwischen den diaphanen Gebilden der Spätmoderne und der Digitalmoderne? Auf welche raumtheoretischen und ideologischen Überlegungen kann sich ein Entwurfsdenken stützen, das durch exakt kalkulierte Formen und Vorgänge konstitutive Grenzen verunklärt und eine spezifische Architektur der Unschärfe und Unbestimmtheit produziert? Konstruierte Atmosphäre Der Topos des Diffus-Durchschei­

nenden erlebt gegenwärtig fraglos einen enormen Aufschwung,

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ersetzt aber keineswegs das Ideal und die Ideologie des Transparenten, wie zunächst angenommen werden könnte. Vielmehr bedingen sich beide Phänomene und Paradigmen wechselseitig. Versuche, den gläsernen, geheimnisfreien Sphären zu entkommen und eine grundlegende Kritik am Prinzip der Transparenz zu üben, hatten bereits in der Moderne und Postmoderne Konjunktur. Mit der Einführung und Vernetzung digitaler Informations- und Kommunikationstechnologien gewinnt die Idee der Transparenzflucht jedoch deutlich an Schärfe, insbesondere in Diskussionen über die kontrollierte Stadt, die zunehmende Mediatisierung von Architektur und die Konstruktion von Atmosphären. Der Transparenz zu entfliehen, bedeutet in diesem Zusammenhang aber nicht, sich grundsätzlich von neuen Technologien abzuwenden, sondern mithilfe digitaler Entwurfsverfahren diffuse und uneindeutige Räume zu gestalten. Ohne Zweifel beruht ein Teil der aktuellen Anziehungskraft des Diaphanen darauf, dass unter Zuhilfenahme digitaler Modellierungs- und Animationstechniken nicht nur die sichtbaren, permanenten, sondern auch die unsichtbaren, temporären Eigenschaften von Architektur gestaltet werden können. Gewöhnlich beanspruchen Architektinnen und Architekten den Raum als Hauptgegenstand ihres Gestaltungsinteresses. Im architektonischen Entwurfsprozess wird der Raum traditionell durch seine bauliche Hülle definiert, was dafür sorgt, dass nur die Raumumfassung modelliert wird. Hingegen erlauben digitale Entwurfs- und Steuerungstechniken auch das umbaute „Dazwischen“ zu entwerfen und Einflussfaktoren wie Temperatur, Luftfeuchte und Lichtstärke zu modulieren, wodurch der Raum als Atmosphäre, als Stimmung, als Aura oder Ambiente definiert werden kann. Mit Blick auf diese neuen Gestaltungsmöglichkeiten entwickelten die New Yorker Architekten Elizabeth Diller und Ricardo Scofidio anlässlich der Schweizer Expo 2002 eine riesige Wolke aus Wasserdampf. In programmatischer Weise bezeichneten sie ihren Ausstellungspavillon als „Blur Building“ und imaginierten ihn als milchig-nebulöses Fluidum, das sich zwischen Wasser und Himmel schiebt und den Horizont auflöst.3 Der Entwurf dieses flüchtigen Gebildes lässt sich als ein Versuch auffassen, eine Vorstellung des Diffusen und Verschwommenen zu entwickeln, die nicht nur ex negativo, in Abgrenzung zum Klaren und Prägnanten, sondern in positiver Weise bestimmt wird – ohne eine

Carolin Höfler – Kalkuliertes Durchscheinen

2 2, 3 Diller + Scofidio, Blur Building, Expo.02, Yverdon-les-Bains, 2000 – 2002

dichotomische Unterscheidung zwischen Transparenz und Opazität vorauszusetzen. Zu den Bedingungen des Wolkenexperiments in Yverdon-lesBains gehörte neben dem Material Wasser ein elliptisches Gerüst mit einem technischen System zur Wasserdampferzeugung.4 Das auskragende Stahlgerüst, das auf vier Stahlstützen ruhte und über dem Neuenburger See zu schweben schien, war hundert Meter lang, sechzig Meter breit und zwölf Meter hoch. Es bestand aus einer filigranen, leichtgewichtigen Tensegrity-Struktur aus Druckund Zugstäben, die elastisch miteinander verbunden waren. Diese Konstruktion enthielt neben den Erschließungs- und Aufenthaltsbereichen vor allem die technische Infrastruktur zur Wolkenerzeugung. Die Wolkenproduktion war von einem scheinbar unauflösbaren Widerspruch geprägt, einem Widerstreit zwischen der Verflüchtigung des Wasserdampfes und dem Erhalt der elliptischen Wolkenform. Um den formauflösenden Einflüssen durch Wind und Sonne zu begegnen, wurden eine Wetterstation und eine Messsonde eingerichtet, die beständig das aktuelle Wettergeschehen aufzeichneten. Ein Computerprogramm wertete die Daten aus und steuerte entsprechend die Hochdruckpumpen für die Zerstäubung des Seewassers in mikroskopisch feine Tröpfchen. Obgleich der Nebelmantel auf diese Weise korrigiert werden konnte, waren die natürlichen Einflüsse so stark, dass die Wolke immer wieder höchst unterschiedliche Formen annahm. Es war diese oszillierende Bewegung zwischen Freiheit und Kontrolle, die das Blur

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Building zum Inbegriff einer konstruierten Atmosphäre werden ließ. In der künstlichen Wolke manifestierte sich die Spannung, die sich aus dem Widerspruch zwischen Auflösung und Verdichtung, zwischen Diffusion und Konzentration ergab. Dieses Wechselspiel zwischen Halt und Haltlosigkeit wurde durch die flexible Tragkonstruktion noch verstärkt.5 Denn in einer Tensegrity-Struktur sind alle Stäbe voneinander getrennt und werden dynamisch über Zugelemente an ihrem Platz gehalten, weshalb sie auch nach ihrer Errichtung beweglich bleibt. Die künstliche Wolke bildete sich also buchstäblich über schwankendem Grund. Statt von der Vorstellung einer festen Erde wurde die Baukonstruktion von dem Modell eines Raum-Zeit-Kontinuums geprägt, wodurch sie eine strukturelle Nähe zur Wolke hatte. Das Blur Building verdankte seinen Erfolg dem Umstand, dass es utopische Züge zeigte, suggerierte es doch eine „handelnde Architektur“, für die ein dynamisches Verhalten und eine zeitliche Abstimmung der Ereignisse von zentraler Bedeutung war, um ihre Wirkung zu entfalten.6 Diese Architektur bot keinen Rahmen für ein Geschehen, sondern präsentierte sich selbst als Geschehen, dem gegenüber permanente Formen sekundär waren. Die Prozesse des Machens und Sich-Entwickelns der Wolke wurden zum eigentlichen Inhalt der Architektur erklärt. Ihre diaphane Form bildete sich im Prozess der fortschreitenden Anverwandlung von Licht, Luft und Wasser, der von dynamischen Strukturen und Systemen orga-

Carolin Höfler – Kalkuliertes Durchscheinen

4 E.A.T., Pepsi Pavillon mit Nebelskulptur von Fujiko Nakaya, Expo 1970, Osaka, 1968 – 1970

nisiert und gesteuert wurde. In diesem Sinne unternahm das Blur Building den Versuch, einen Zusammenhang zwischen logischer Berechnung und sinnlicher Anschauung, zwischen Transparenz und Opazität zu finden. Gegen die bloße Durchsichtigkeit einer Raumbegrenzung entwickelte es die Bedeutung der Transparenz als Kalkulation und Konstruktion sinnlich wahrnehmbarer Phänomene der Atmosphäre. Nebel und Spiegel Diller + Scofidio betonten offen die vorbild-

hafte Rolle der Konstruktionen von Buckminster Fuller für ihr Wolkengerüst. Unerwähnt blieb jedoch, dass der Pepsi Pavillon, den die Künstlergruppe E.A.T. (Experiments in Art and Technology) für die Weltausstellung in Osaka 1970 entwickelt hatte, als Vorläufer ihres Wolkenexperiments gelesen werden kann.7 Anknüpfungspunkte für das Blur Building bieten zwei flüchtige Phänomene des Pepsi-Pavillons: Zum einen umhüllte ein milchiger Nebelmantel die Pavillonkonstruktion, die aus einer kristallin geknickten Fiberglaskuppel bestand. Zum anderen war das Innere der Kuppel mit einem sphärischen Spiegel bedeckt. In beiden Elementen, in fog und mirror, manifestierten sich zwei unterschiedliche Formen lichthafter Gestaltbildung, die in einer sinnfälligen Beziehung zueinander standen. Mit dem Nebel wurde eine meteorologisches, mit dem Spiegel ein katoptrisches Lichtphänomen in Szene gesetzt.

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5 E.A.T., Pepsi Pavillon, Expo 1970, Osaka, 1968 – 1970. Verspie­ gelter Kuppelraum)

Die Nebelskulptur entwarf die japanische Künstlerin Fujiko Nakaya, die dreißig Jahre später bei der Umsetzung der Wolke von Diller + Scofidio beratend mitwirken sollte.8 Der von ihr gestaltete Wasserdampf umspielte die geschlossene Faltkuppel des PepsiPavillons, die in ihrer Gleichmäßigkeit und Weißheit an einen hochvergrößerten Schneekristall erinnerte. Die Verschränkung von Kristall und Wolke suggerierte dem Betrachter das Bild eines kontinuierlichen Überganges, in dem Wasser von einem festen über einen flüssigen in einen gasförmigen Zustand wechseln würde. In dieser Perspektive mutete die Architektur wie gefrorener Wasserdampf an. Der Nebel als diaphanes Medium hatte sein visuell-räumliches Pendant in der inneren Kuppel, die mit spiegelnder, aluminiumbeschichteter Kunststofffolie ausgekleidet war. Der gewaltige Rundspiegel, der einen Durchmesser von 30 Metern und einen Kreisbogen von 210 Grad aufweisen konnte, versprach eine einzigartige optische Erfahrung: „Such a mirror allows the formation of ‚real images‘.“9 Infolge der Wölbung der Spiegelfläche kreuzten sich die Reflexionsstrahlen nach der Brechung noch einmal, weshalb die Spiegelbilder auf dem Kopf stehend, aber nicht seitenverkehrt erschienen. Unterhalb des Hauptbildes in der Kuppelmitte gab es ringförmige Zonen der Mehrfachreflexion. Dort wurden vom „echten“ Bild der Erstreflexion erneut „echte“ Bilder erzeugt, die

Carolin Höfler – Kalkuliertes Durchscheinen

den Raum optisch immer weiter ausdehnten. Hierbei entstanden Spiegelbilder, die weder seitenverkehrt noch um 180 Grad gedreht waren, sondern das Betrachtete tatsächlich verdoppelten. In Anbetracht des hohen Wirklichkeitsgrades dieser Spiegeltechnologie betonte die Künstlergruppe E.A.T. das ambivalente Zusammenspiel von physischem und bildlichem Raum, bei dem die Besucher am Ende nicht mehr wüssten, wo sie sich befänden: „These images look exactly like the objects they represent so that the real and image worlds cannot be distinguished. […] the real image world and the real physical world coexist in the same space.“10 Durch die umfangende Spiegelkuppel war die visuelle Erfahrung des Betrachters in starkem Maße immersiv. Der Betrachter gewann den Eindruck, nicht vor einem Bild, sondern in einem Bildraum zu stehen, wobei er sich zugleich physisch am Boden und als schwebende Figur an der Decke verortete. In der verspiegelten Kuppel wurde ein Raum sichtbar, den es real nicht gab und der aufgrund seiner materiellen Beschaffenheit den Blick auf den real bestehenden Raum verstellte. Der katoptrisch erzeugte Raum erschien somit als ein differenter Bereich, der die Illusion erzeugte, anderswo zu sein. Zugleich wurden die Besucher gespiegelt, was den imaginären Spiegelraum mit dem realen Raum wieder zusammenführte. Mit der katoptrischen Erfahrung untrennbar verknüpft war die Körperbewegung, durch die der Betrachter physisch an der Hervorbringung der bewegten Spiegelbilder teilnahm. Die Bewegungen, die der Betrachter mithilfe der konkav gewölbten Spiegelfläche sah, stimmten mit der Wahrnehmung der eigenen Körperbewegungen überein und stärkten wiederum das Gefühl, dass die im Spiegel gesehene Umgebung real sei. Dadurch, dass die Spiegelbilder entgegen der Sehgewohnheiten nicht spiegelverkehrt waren, wurde die Körperwahrnehmung gleichermaßen intensiviert und irritiert. Die Spiegelinstallation zielte somit nicht nur auf eine Täuschung des Körpers durch das Bild, sondern auch auf eine Verwirklichung des Bildes durch den Körper. Die sensorischen und motorischen Wahrnehmungen, die Irritations- und Schwindelerfahrungen, die durch die „realen Bilder“ erzeugt wurden, banden den Körper an den physischen Raum zurück. Auf diese Weise entfaltete die Spiegelkuppel einen wirkmächtigen Verkörperlichungseffekt, statt eines Entkörperlichungseffekts, wie bei einer durchsichtigen Glasscheibe oder einer opak zurückwerfenden, ebenen Spiegelfläche, die ihr physisches Substrat optisch überblenden und

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hierdurch immateriell erscheinen. Erst durch die nicht-spiegelverkehrten Spiegelbilder vermochte sich das Spiegelmedium selbst zu thematisieren. Diese Form der Selbstthematisierung des Mediums bestimmte auch den Nebel, durch den die sichtbare Pavillonarchitektur in der Unsichtbarkeit versank. Beide Phänomene, Nebel und Spiegel, oszillierten im Spannungsfeld von Formwerden und Formvergehen. Als Teil der Atmosphäre veränderte der Nebel laufend seine Gestalt, wodurch der kristalline Kuppelbau kontinuierlich verschleiert und enthüllt wurde. Wie die Nebelformen variierten auch die Spiegelformen beständig und verdrängten so die faktische Raumgrenze ins Unbestimmte. Projektion und Reflexion generierten eine stetig sich wandelnde Oberfläche, die im Unterschied zum Nebel auf einem Übermaß an Sichtbarkeit beruhte. Während der Nebel eine visuelle Rücknahme des Pavillons beabsichtigte, zielte die verspiegelte Kuppel auf eine optische Ausweitung des Innenraumes. Der paradoxen Denkfigur vom unbegrenzten Innenraum folgend, schien sich der klar umrissene Architekturraum durch kontinuierliche Rundung und Spiegelung in eine bildliche Endlosigkeit zu zerstreuen. Die Spiegelbilder traten als schier unendliche Möglichkeiten potenzieller Bilder von Formen, Räumen und Körpern hervor, deren durchscheinende Überlagerung die Architektur diaphan werden ließ. Sie lösten sich zunehmend in jene Licht- und Bewegungseffekte auf, welche die Bilder einerseits hervorbrachten und andererseits registrierten. Der Betrachter konnte kaum entscheiden, ob es den hervorgerufenen Eindruck außerhalb des spiegelbildnerischen Effekts überhaupt gebe, und ob hinter der komplex reflektierenden Haut noch etwas Festes zu finden sei. Durch den verspiegelten Innenraum entstand eine optische Situation, die allerdings nicht diskursiv-symbolisch, durch Blickachsen oder Ausschnitte, sondern physisch-intensiv, durch Lichtbewegungen, erzeugt wurde. Außen wie innen wurde die geometrisch-logische, zentrumsorientierte Kuppelkonstruktion mit einem sinnlichen, dezentralen Schauen verknüpft, das von Nebel und Spiegel stimuliert wurde. Nebel und Spiegel sind aber nicht nur Medien, in denen sich der Sehsinn vollzieht. Vielmehr werfen sie die grundlegende Frage auf, inwiefern für ein umfassendes Verständnis des Diaphanen das Zusammenspiel der Sinne verhandelt werden muss. Denn der Nebel führt die diaphane Erscheinung hin zu einem Medium des Taktilen, in dem sich das Diaphane in ein Kontaktfeld verwan-

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delt und mit sich selbst in Berührung gerät. Das Diaphane wird gleichsam körperlich oder gewinnt einen Körper zurück, der es von bloßen durchscheinenden Oberflächen absetzt. Im Unterschied zum Nebel thematisiert der Spiegel die Kontakt- und Tastlosigkeit bildmedialer Oberflächen. Die Spiegelbilder werden visualisiert, nicht erfühlt und ertastet. Dennoch sind sie durch ihre nicht-spiegelverkehrte Erscheinung in der Kuppel bewusst auf eine körperhafte Bilderfahrung ausgerichtet. Die Verortung des Körpers im Raum und die Wahrnehmung der Bewegung im Spiegelbild erfolgen hier als eine Kombination aus verschiedenen Sinneswahrnehmungen. Eigene Bewegung und haptisches Sehen sind dabei eng miteinander verknüpft.11 Im Gegensatz zur traditionellen Auffassung, wonach das Diaphane als durchsichtig-durchscheinendes Medium der sinnlichen Welt vor allem dem Visus verpflichtet sei, steht hier die Vorstellung einer Bild- und Raumwahrnehmung, die stets auf mehrere Sinne ausgerichtet ist.12 Für die Erfassung der diaphanen Phänomene Nebel und Spiegel erweist sich insbesondere die Verquickung von optischen und haptischen Eindrücken als elementar. Das Diaphane als Raumerfahrung In noch deutlicherer Form

manifestiert sich die Verkörperlichung des Diaphanen im Entwurf des Blur Building. Beim Pepsi-Pavillon korrespondierten Nebel und Architektur visuell und formal miteinander, blieben aber strukturell und funktional voneinander getrennt. Über eine schräge Erschließungsröhre stieg der Besucher hinab ins Innere der Pavillonarchitektur, durchschritt einen unterirdischen Gang und erreichte einen dämmrigen Vorbereitungsraum, von wo er über eine Treppe wieder emporstieg und sich plötzlich in der großen, sich dynamisch verändernden Klang-, Licht- und Spiegelkuppel befand. Diese Trennung zwischen Anschaulichkeit und Funktionalität hob das Blur Building auf, indem die Struktur des Pavillons selbst die Wolke hervorbrachte. Mit der intensiven Verschränkung von Wolke und Konstruktion wurde auch die Unterscheidung zwischen Nebelhülle und Ausstellungsraum aufgehoben. Die Wolke selbst bildete den erlebbaren Raum und war zugleich Gegenstand der Ausstellung. Sie ließ sich nicht nur von außen, sondern auch von innen wahrnehmen. Mit der Möglichkeit, die Wolke zu betreten, erhielt die Metapher des Diaphanen zugleich eine negative Konnotation.

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Diller + Scofidio, Blur Building, Expo.02, Yverdon-les-Bains, 2000 – 2002

Auf schmalen Stegen wurde der Besucher gleichsam in eine Katastrophe gelenkt, die eher Assoziationen an einen todbringenden Chemieunfall als an eine ungewöhnliche Wettererscheinung weckte – zumal wenn das Wetter trübe war und die Wolke unheilvoll dräuend erschien. In der Wolke angekommen, tauchten die Besucher in eine flüssig-fluide Atmosphäre ein, in der visuelle und akustische Eindrücke der Umgebung gedämpft oder gar gelöscht wurden. Die stärksten Sinneseindrücke gingen vom hellen feuchten Nebel und den zischenden Geräuschen der Wasserdüsen aus.13 Die künstliche Wolke vermittelte sich aber nicht nur optisch und akustisch, sondern auch haptisch im Durchschreiten und Abtasten des Raumes durch den Körper des Besuchers. Der dichte Nebel verschaffte dem Besucher eine intensive körperliche Erfahrung, indem er – verwandelt in Nässe – Kleidung und Haut bedeckte. Die erneute Auseinandersetzung mit diffusen Lichtphänomenen und undeutlichen Raumwahrnehmungen an der Schwelle zur digitalen Wende lässt sich als Fortsetzung einer Traditionslinie verstehen, innerhalb derer Theoretiker und Architekten den gebauten Raum aus der Perspektive des körperlich-emotionalen Erlebens betrachteten. Obwohl sich Verfahren und Praktiken des Entwerfens verändert haben, ist die Vorstellung von Raum als Sinneswahrnehmung über ein Jahrhundert hinweg Gegenstand architekturtheoretischer Diskurse gewesen.14 Die moderne Phäno-

Carolin Höfler – Kalkuliertes Durchscheinen

menologie des Raumes, wie sie der Philosoph Edmund Husserl in seinen Vorträgen zu Beginn des 20.  Jahrhunderts geprägt hat, ging davon aus, dass der Eindruck der Räumlichkeit mit dem Bewusstsein der eigenen Körperbewegung zusammenhängt und das Ergebnis einer Wahrnehmungssequenz in Bewegung ist.15 Im Unterschied zum homogenen, mathematischen Raum der Physik, in dem kein Punkt vor einem anderen ausgezeichnet ist, wird der Raum, wie ihn Husserl und später der französische Phänomenologe Maurice Merleau-Ponty begreifen, aus einem Zentrum konstruiert, in dem sich der menschliche Körper befindet.16 Einsicht in einen solchen Perspektivenwechsel lieferten vor allem die kunstgeschichtlichen Forschungen von August Schmarsow und Adolf Hildebrand gegen Ende des 19. Jahrhunderts, welche die spätere Phänomenologie vorwegnahmen.17 An die Stelle des fixen Raumprinzips, das etwa der Architekt Gottfried Semper mit seiner Betonung von Konstruktion und Materialität verfolgt hat, tritt bei Schmarsow ein dynamisches Rezeptionsprinzip, wonach Raum im Moment der Wahrnehmung hergestellt wird.18 Die Vorstellung eines sich bewegenden, aktiven Rezipienten gilt hierbei als Voraussetzung für Raumbildung. Raum kann somit als Bedingung und Resultat sinnlicher Wahrnehmungen und körperhafter Erfahrungen verstanden werden. Dass Raum überhaupt auf sinnlichem Erleben beruht, tritt meist erst dann ins Bewusstsein, wenn die gewöhnliche Wahrnehmung verunsichert wird. Bei Wahrnehmungsirritationen und Sinnestrübungen spielt das Diaphane eine elementare Rolle. Diaphane Phänomene geraten dabei zum Ausgangspunkt der Reflexion über Möglichkeiten und Bedingungen von Raum und Raumerleben. Die Konfrontation des Rezipienten mit Phänomenen, welche die Sicht beeinträchtigen und nicht-optische Sinneswahrnehmungen fördern, wird vor allem in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in verschiedenen Ausdrucksformen und Gattungen künstlerischer Tätigkeit von der Skulptur über die Architektur bis hin zum Film erprobt.19 Die Vision der multisensuellen Raumerfahrung entfalteten auch der Pepsi-Pavillon und das Blur Building. Beide Architekturpavillons gaben dem flüchtigen Material des Dampfes den Vorrang gegenüber der immobilen Form und speisten es, zum realen Wassertropfen oder bildlichen Schneekristall gewandelt, in einen Kreislauf verschiedener stofflicher Zustände ein. Beide Ansätze

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zielten darauf ab, eine Form zu kreieren, die weniger gesehen als gespürt wird und nur mehr als fabrizierte Aura, als materieller Hauch existiert, wie es der Bildtheoretiker Georges Didi-Huberman formuliert hat.20 Verdämmernde Räume Mit dem Nebel als Medium des befragenden und erweiternden Wahrnehmens befasste sich auch Otto Friedrich Bollnow in seinem philosophisch-anthropologischen Werk Mensch und Raum von 1963. Darin diskutierte er das meteorologische Phänomen als ein besonders eindrückliches Beispiel des erlebten Raumes, der von ihm begriffsgeschichtlich eingeführt und untersucht wurde. Mit seiner Analyse der Wahrnehmung im Nebel forderte er unausgesprochen dazu auf, das Verhältnis von Bild und Raum zu überdenken. Denn er zählte den Nebel zu jenen Erscheinungen, die den Raumbenutzer zum Betrachter werden lassen. Im Nebel wird der Raum weniger durch ein effizientes Handeln oder alltägliches Bewohnen als durch ein affektives und intensiviertes Schauen erfahren. Der Nebelraum unterliegt keinem Gebrauchszweck, sondern vermittelt besondere visuelle und sinnliche Wahrnehmungen, an die sich die Frage nach der bildhaften Wirkung von Raum knüpft. Im Nebel sieht der Betrachter seine Umgebung nicht wie gewöhnlich. Vielmehr sorgt der Nebel dafür, dass der Betrachter für kurze Zeit aus der gewohnten Ordnung des alltäglichen Sehens und Bewegens heraustritt. Bollnow beschrieb den Nebel als eine Übergangserscheinung, als einen „verdämmernden Raum“, in dem Klarheit und Übersichtlichkeit und mit ihr die Gegebenheit des Horizonts schrittweise verloren gehen.21 Der Nebel erzeuge einen Raum, der zugleich transparent und intransparent sei, denn er trübe die Sicht auf den Raum, ohne opak zu werden. Er nehme die Funktion eines Schleiers an, der Raum und Gegenstände verdecke, aber die Konturen im Sichtbaren lasse. Die sich auflösenden Konturen fordern vom Betrachter die Aktivität des Sehens als ein Interpretieren. Im Nebel thematisiert sich das Sehen selbst.22 Denn die verschwommenen Dinge erwecken den Eindruck, als seien sie zu nah, zu weit weg oder befänden sich im äußeren Bereich des Gesichtsfeldes, wo die Sehschärfe abnimmt. Das diffuse Licht ohne Schatten und die hohe Luftfeuchtigkeit ebnen alle visuellen und akustischen Differenzen ein. Im Nebel gibt es keine allmähliche Abstufung der Entfernungen, sondern nur eine eng begrenzte Nahzone, hinter der sich das weiße Nichts

Carolin Höfler – Kalkuliertes Durchscheinen

auftut. Verdeckung und Entdeckung sind somit nicht mehr klar voneinander geschieden. Vielmehr gehen Figur und Grund ineinander über und bilden gerade dadurch die spezifische Textur des Diaphanen. So wie die scharfe Grenze zwischen Figur und Grund durch den Nebel aufgehoben wird, so vermischen sich auch die bisher als getrennt wahrgenommenen Sinneseindrücke. Während der lichtlose Raum einfach nur dunkel ist und unsichtbar macht, umhüllt der weiße Nebel die Dinge und eröffnet einen nicht-überschaubaren, dichten Raum, in dem Sehen und Tasten in einem tastenden Sehen zusammenfallen, so wie es der französische Wissenschaftsphilosoph Michel Serres dreißig Jahre später in Die fünf Sinne formuliert hat.23 Während Transparenz und Opazität Distanzen, Maße und Identitäten unverändert lassen, macht das Diaphane alles veränderlich. Helligkeit und Dunkelheit bestimmen den transparenten, optischen Raum, der sich an den Regeln der euklidischen Geometrie orientiert. Das Diaphane besetzt hingegen topologische Mannigfaltigkeiten und bezieht sich auf den kontinuierlichen oder zerrissenen Raum des Tastsinns.24 Anstelle der visuellen Fixierung auf einen räumlichen Bereich, der in aller Klarheit und Deutlichkeit erscheint, tritt die zeitliche Modulation des lichthaften Phänomens. Im Unterschied zum klaren, transparenten Raum, in denen Gegenstände dinghaft auftreten und einen Anspruch auf Realität erheben, vermag der Nebelraum eine Prozessualität zu artikulieren, die im Modus der Möglichkeit verharrt. Nicht als starre Dreidimensionalität stellt sich der diaphane Raum dar, sondern als wandelbare Figuration – einmal Gebildetes ist stets temporär und löst sich wieder auf. In diesem Sinne verkörpert das Diaphane die zentrale Idee, die Zeit als integralen Bestandteil von Raum zu begreifen. Noch irritierender als das ahnende, tastende Sehen ist nach Bollnow der Versuch, sich im Nebel fortzubewegen. Es sei kaum zu erahnen, wohin man seinen Fuß setze, der Bodenkontakt komme plötzlich und unerwartet. Schon kleine Vertiefungen oder Unebenheiten des Grundes verursachen das Gefühl, ins Bodenlose zu fallen und in einem zweidimensionalen Vakuum aufgehängt zu sein. Ein Gefühl der Wesenslosigkeit, eines Schwebens im leeren Raum drängt sich auf. Der Nebel erzeugt eine ortlose, körperlich ergreifende Atmosphäre, einen „Gefühlsraum“, wie Hermann Schmitz ausführen würde, oder, wie Gernot Böhme es bezeichnen würde, eine Aura des Raumes, die im Zusammenwirken zwischen

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ausstrahlender Materialität und empfindendem Rezipienten entstehe.25 Bei solchen Untersuchungen zur räumlichen Verfassung des Menschen fällt auf, dass die Wahrnehmungen im Nebel ähnlich beschrieben werden wie die Sinneseindrücke in komplexen medialen Umgebungen, die durch eine beständige Präsenz unüberschaubarer Informationen, Bilder, Töne und Stimmen gekennzeichnet sind. So macht der Medienwissenschaftler Dieter Mersch darauf aufmerksam, „dass jedes neue technische Medium, das die Wahrnehmung und damit auch die elementare Erfahrbarkeit der Welt bearbeitet, auch das Verhältnis zum Raum destabilisiert und andere, unklare Tiefendimensionen schafft“.26 Solche Beschreibungen sind insofern von Bedeutung, als sie eine Verbindung zwischen diaphaner und virtueller Räumlichkeit assoziieren lassen. Mersch charakterisiert jene Environments, die durch neue Informations- und Kommunikationstechnologien entstanden sind, als „flüchtige, vor allem aber flächige Räume oder Höhlungen ohne Oberflächen, […] die ihre Transparenz und Zuordnung zueinander ein für allemal eingebüßt haben.“27 Möglicherweise angeregt durch Bollnows „verdämmernde Räume“, erkennt Mersch in den mediatisierten Räumen Zwischenzonen, die unablässig wieder entgleiten, um weitere mediale und sinnlich erfahrbare Dimensionen aufzurufen, die erneut zu einer zeitlich begrenzten und fragilen Verortung verhelfen.28 Das Diaphane setzt bei allen hier aufgeführten Autoren ein dynamisches Raumkonzept voraus, wonach Raum, ebenso wie die Zeit, etwas Uneinheitliches und Instabiles, etwas Mannigfaltiges von unklarer Dimension, Dichte und Ausbreitung sei. Der Raum wird weder als absolute Gegebenheit noch als statisch wahrgenommene Konstruktion verstanden, sondern als ein durch Bewegung, sinnliches Empfinden und Kontakt hervorgebrachtes Phänomen, unabhängig davon, ob er natürlich oder künstlich ist. Sichteinschränkung und Bewegungsverunsicherung führen zu einem Raumerleben, das sich vom modernen Programm zur Beherrschung der Welt radikal unterscheidet. Statt transparenter Raumgrenzen und zweckhafter Bewegungen, die den Rezipienten an neue, moderne Lebensformen gewöhnen und zum ‚richtigen‘ Raumerleben erziehen sollen,29 werden durch diaphane Materialien haptisch-taktile Atmosphären geschaffen, die gestalterische Angebote machen. Das Raumerleben ist hier kein kinematographischer

Carolin Höfler – Kalkuliertes Durchscheinen

Effekt, keine Folge von optischen Bildern, die durch transparente Raumgrenzen als visuelle Schnittstellen entstehen und Betrachtende zuallererst zu Benutzenden machen. Vielmehr ist die tastende Bewegung Teil der Rezeption. Sie wird damit zur Handlung und Interaktion zwischen Raumbildner und Rezipient. Diaphan und digital In dieser Traditionslinie der atmosphärisch gesättigten und die Sinne herausfordernden Räumlichkeit steht auch das Blur Building von Diller + Scofidio. Die begehbare Wolke ist immersiv, formlos und undurchschaubar. Ihre fließende, anschmiegende und sich zerstreuende Oberfläche macht den Wandel der Raumvorstellungen offenkundig: Kategoriale Unterscheidungen wie innen und außen, tief und flächig, transparent und opak werden aufgehoben. Dafür bestimmen andere, nur vage zu beschreibende Qualitäten den Raum, wie das Diffuse, Ambivalente und Verschwommene. Der verdämmernde Raum des Nebels bekommt durch seinen Gebrauch als Ausstellungsraum einen programmatischen Charakter. Denn das Primat der freien Sicht auf Objekte im Raum galt und gilt bis heute vor allem für Ausstellungsbauten. Das Blur Building von Diller + Scofidio durchkreuzt die Vorrangstellung der freien Sicht, die von der Illusion geprägt ist, dass jegliche Distanz überwunden werden könne.30 Durch die Feuchte erhält die raumfüllende und sich formende Luft den Charakter von Materialität und Begrenztheit. Die Trübung der Luft verhindert buchstäblich den Durchblick, die „Perspektive“, welche die Abwesenheit von Licht und Luft voraussetzt. Doch im Unterschied zu Bollnows Auffassung sind der geometrische und der erlebte Raum beim Blur Building nicht einander entgegengesetzt. Der die Sicht verhindernde Wasserdampf steht zwar im Gegensatz zur modernen Idee der buchstäblichen, materiell begriffenen Transparenz, fungiert aber keineswegs als Kritikform an der vorherrschenden Dominanz des Rationalen, wie noch in den Filmen von Antonioni. Stattdessen richtet sich die künstliche Wolke gegen die moderne Tradition des Entweder-oder und versucht ein System von Sowohl-als-auch-Verknüpfungen zu etablieren. Die Dialektik des Transparenten und des Opaken wird beim Blur Building von vornherein negiert, denn das nebulöse Fluidum ersetzt den transparenten, kalkulier- und kontrollierbaren Raum nicht, sondern setzt diesen voraus. In dem Entwurf wird nicht zwischen sinnlich erlebbarem und logisch berechnetem Raum

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unterschieden. Die sinnliche Erfahrung des Raumes ist vielmehr Produkt und Bedingung seiner logischen Kalkulation. Die charakteristische Form der Wolke wird durch ein geometrisches, maschinelles und algorithmisches Kalkül erzeugt und bestimmt. An der Formgenerierung sind eine technische Konstruktion, eine wasserversprühende Maschine und ein interaktives Computersystem beteiligt. Umgekehrt gewinnt die kalkulierte Form ihre konkrete Erscheinung durch physikalische Größen sowie sinnlich wahrnehmbare Stoffe und Bewegungen wie Temperatur, Luftfeuchte oder Wind. Diese dynamischen Umgebungskräfte sind formgebend für die Wolke und werden in der Art der Zusammenballung des Wasserdampfes sichtbar. Es ist also nicht nur das Material Wasserdampf, das sich als diaphan erweist. Es sind auch die unsichtbaren Wirkkräfte der natürlichen Umgebung und der technischen Messund Regelapparaturen, die durch die Wolkenformation hindurchscheinen.31 Diaphane Phänomene, wie die computermodellierte und begehbare Wolke von Diller + Scofidio, treiben die Auffassung einer künstlich erzeugten und bestimmten Natur auf die Spitze. War mit der elektrischen Beleuchtung um 1900, welche die Nacht zum Tag machte, ein „Sieg über die Sonne“ errungen, so scheint das Blur Building zu Beginn des 21. Jahrhunderts einen „Sieg über die Wolken“ ausrufen zu wollen.32 In anschaulicher Form wird mit dem Blur Building die Vorstellung einer menschengemachten „ExoEvolution“ vorweggenommen, die wenige Jahre später zur Leitidee der Anthropozän-Debatte in Kunst und Wissenschaft werden sollte. Im Kontext dieses Diskurses verkörpert das diaphane Wolkengebilde eine technische Umwelt, in der eine künstlich erzeugte Natur eingepasst und eingebettet wird.33 Solche immersiven Räume aus Farbe, Licht, Form, Textur, Bewegung und Klang machen deutlich, welche neuen Funktionen dem Diaphanen im Zuge der Informatisierung und Vernetzung der Welt zukommen: In der Phase der Durchsetzung rechnergenerierter Prozesse und Systeme übernehmen Erscheinungen des Wolkig-Nebulösen, des Schwirrend-Pulsierenden, des vermeintlich Unvorhersehbaren und Unberechenbaren eine Schlüsselrolle, schüren sie doch die Fantasie einer möglichen Wiederverzauberung und Versinnlichung einer immer dominanter werdenden technologischen Welt. Die diffusen Atmosphären versprechen Erlösung von den Zumutungen der informationellen Transparenz und der

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erschöpfenden Daueranwesenheit in der wahrgenommenen sichtbaren Welt. Auch scheint es, als könnten sie das architektonische Denken und Entwerfen vom kartesianischen Paradigma befreien und stattdessen ein topologisches Verständnis von Räumlichkeit entwickeln. Denn die konstruierten Atmosphären lösen die Architektur von ihrer traditionellen Objektfixierung und wenden den Blick weg vom Raum als Begriff einer physikalischen Entität hin zur Beschreibung raumzeitlicher Verhältnisse und Beziehungen. Körperhafte Bilderlebnisse Experimentelle Ausstellungsbauten,

wie der Pepsi Pavillon oder das Blur Building, die Hervorbringungen mathematischer Modellierung sind, fordern dazu heraus, das Verhältnis von Architektur und Bildlichkeit neu auszurichten. Bisherige Beschreibungen bildlicher Qualitäten von Architektur zielten eher auf zeichenhafte Architekturen, die sich durch mehr oder weniger bestimmte programmatische Konnotationen auszeichnen, sowie auf flächenhafte Ansichten von Bauten, insbesondere auf Fassaden.34 Die bildlichen Qualitäten diaphaner Ausstellungsbauten beziehen sich hingegen nicht auf Bildzeichen und semiotische Ansätze der 1970er Jahre, von denen Charles Jencks’ Verständnis der Postmoderne als einer bildlichen Architektur bestimmt war.35 Vielmehr beruhen die spezifischen Qualitäten auf körperhaften Bilderfahrungen von Architektur, welche die Bewegung des Wahrnehmenden im Raum voraussetzen. In diesem Sinne von einer Bildlichkeit der Architektur zu sprechen, meint Wahrnehmungserlebnisse und raumzeitliche Dimensionen, die das alltägliche Sehen und Bewegen überraschen, bewusst machen und sogar verändern. Diese körperlich im Raum sich entwickelnde Bildlichkeit der Architektur wird über das Diaphane fassbar gemacht. Das Diaphane greift in den Raum über und fokussiert die Aufmerksamkeit des Betrachters auf ein prozessuales Geschehen. Mit dem nebelhaft Trüben, Durchscheinenden, ebenso wie mit dem mehrfach Spiegelnden und Diffusen wird eine bewusste Hinwendung zu einer auf visuelle und haptische Qualitäten zielende Bildauffassung erschließbar. Entgegen der Annahme, dass das Diffuse ein Gegenmodell des Präzisen sei, werden diaphane Architekturen im digitalen Zeitalter durch die transparente Modellierung informationeller Prozesse erzeugt, gesteuert und geregelt. Die vorstrukturierte, kalkulierte Form des Diaphanen löst hierbei einen singulären wie infor-

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mellen Wahrnehmungs- und Gestaltungsvorgang aus, der mit dem Körper in Bewegung und der Materialität der Architektur existenziell verbunden ist. Es handelt sich hier also um die überraschende Wiederkehr von Wahrnehmungs- und Gestaltungsformen, die im Zuge der Digitalisierung anfänglich als obsolet erachtet worden waren: „The central event of the 20th century is the overthrow of matter“, so begann die prophetische Magna Carta for the Knowledge Age von 1994.36 Statt die Diagnose von der Verflüchtigung des Materiellen im Digitalen zu bestätigen streben die diaphanen, rechnerbasierten Architekturen nach ihrer Widerlegung. Dies äußert sich etwa in der Suche nach einer Form von Metaphysik, die sich an Materialsysteme und Atmosphären bindet. Auf das engste tauchen diese Paradoxien in computergebundenen Ausstellungsbauten auf. Das Diaphane verbündet sich mit dem Digitalen, das Diffuse mit dem Transparenten, das Bildliche mit dem Architektonischen, nicht um das Konkrete, Körperliche und Dingliche zu überwinden, sondern um die dichte Verschränkung sinnlicher Wahrnehmungen und technologischer Umwelten aufzuzeigen und die Möglichkeiten des Zusammenspiels der bisher als getrennt wahrgenommenen Sphären zu erproben. Anmerkungen 1

Vgl. Gantner 1966

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Vgl. Alloa 2016

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Grundlegend: Diller/Scofidio 2000; Diller/Scofidio 2002, Blur

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Vgl. Rochat 2000; Damisch 2003

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Vgl. Schramke/Bock 2014, S. 307 – 311

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Ursprung 2001, S. 6

7

Grundlegend: Klüver/Martin/Rose 1972; Klüver 2000

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Vgl. Nakaya/Duguet 2012, S. 100 – 107; Diller/Scofidio 2002, Blur, S. 62 – 65

9

Elsa Garmire: „An Overview“, in: Klüver/Martin/Rose 1972, S. 196

10 Ebd.; siehe auch Elsa Garmire: „Opticals of Spherical Mirrors“, in: Klüver/Martin/Rose 1972, S. 243 – 246 11 Der Ansatz der körperhaften Bilderfahrung geht auf folgende Beobachtungen von Heinrich Wölfflin zurück: „Körperliche Formen können charakteristisch sein nur dadurch, dass wir selbst einen Körper besitzen. Wären wir bloss optisch auffassende Wesen, so müsste uns eine ästhetische Beurteilung der Körper­ welt stets versagt bleiben. Als Menschen aber mit einem Leibe,

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der uns kennen lehrt, was Schwere, Contraktion, Kraft u. s. w. ist, sammeln wir an uns die Erfahrungen, die erst die Zustände fremder Gestalten mitzuempfinden befähigen.“ Wölfflin 1886, S. 4; vgl. Rath/Trempler/Wenderholm 2013 12 Diese Vorstellung grenzt sich von den Definitionen des Diaphanen durch Aristoteles und Hans Jantzen ab. Aristoteles bezeichnete mit dem Diaphanen ein unkörperliches Medium wie die durchsichtige Luft, die zwischen dem Auge und dem Wahrzunehmenden vermit­ teln und das Sehen erst ermöglichen würde. Auch der Kunsthisto­ riker Hans Jantzen beschrieb das Diaphane als ein primär optisches Phänomen, als er in den 1920er Jahren den Begriff der „diaphanen Struktur“ für die gotische Architektur prägte. Ihm zufolge würde das Diaphane dadurch erzeugt, dass sich im Innenraum einer goti­ schen Kathedrale die plastisch durchgearbeitete Wandzone von einem kontinuierlichen Raumgrund abhebe, der in Gestalt der Fensterzonen dem Stein hinterlegt sei und die vorgelagerten archi­ tektonischen Elemente durchdringe. Vgl. Aristoteles 2011, S. 93; Jantzen 1927/1951 13 Diller + Scofidio beschrieben das Erleben des Nebels mit meteoro­ logischen und akustischen Phänomenen einer gestörten Wahr­ nehmung, wofür sie die Begriffe „white-out“ und „white-noise“ verwendeten (Diller Scofidio+Renfro 2001). Mit „white-out“ wird in der Meteorologie die Helligkeit bezeichnet, die bei schneebe­ decktem Boden und indirektem Sonnenlicht beobachtet werden kann. Infolge der diffusen Reflexion des Lichts kommt es zu einer starken Verringerung der Kontraste. Boden und Himmel erwecken dann den Eindruck, als würden sie nahtlos ineinander übergehen. Konturen und Schatten verschwinden, so dass der Beobachter das Gefühl hat, sich in einem völlig leeren, unendlich ausgedehnten grauen Raum zu befinden. Der Begriff „white-noise“ beschreibt ein ähnliches Differenzen absorbierendes Phänomen in Bezug auf das Hören. Sind in einem akustischen Signal alle hörbaren Frequenzen mit gleich hohen Schalldruckpegeln vertreten, so enthält das Signal keine Informationen. Ein solches Signal wird als „weißes Rauschen“ bezeichnet und vermittelt sich als scharfes Zischen. 14 Vgl. Moravánszky 2003, S. 139 – 141 15 Vgl. Husserl 1907/1973 16 Vgl. Merleau-Ponty 1966 17

Vgl. Schmarsow 1894, Hildebrand 1913

18 Vgl. Jöchner 2004 19 Vgl. Westheider 2010, S. 60 – 61 20 Vgl. Didi-Huberman 1999, S. 16 21 Bollnow 1980, S. 217

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22 Dieser Lesart folgte der französische Kunsthistoriker Hubert Damisch in seiner Théorie du nuage von 1972. Angeregt durch Leonardo da Vincis maltechnische Erfindungen des Atmosphäri­ schen erklärte er den nebligen Dunst zu einem dichten körperlichen Medium des übersteigenden Sehens, mit dem das Sichtbare befragt und das noch nicht Sichtbare erahnt und als Möglichkeit einbe­ zogen werde. Durch die diffuse Textur aus Licht und Luft entstehe ein „Exzess des Medialen“, so beschreibt aktuell der Philosoph und Medientheoretiker Stephan Gregory die Wirkung der „leuchtenden Luft“. Dieser ästhetische Überschuss ermögliche eine Gegenerfah­ rung zur Neutralisation des Medialen im transparenten Raum und betone das Sehen als mediale Praktik. Vgl. Damisch 2013; Gregory 2017, S. 194 23 Vgl. Serres 1993, S. 87 24 Vgl. ebd., S. 86 25 Vgl. Schmitz 1969, Schmitz 2000, Böhme 1995, Böhme 2006 26 Vgl. Mersch 2011, S. 55 27 Ebd., S. 56 und 59 28 Vgl. ebd, S. 58 29 Vgl. Moholy-Nagy 1929/1968, S. 196 – 203; Jöchner 2004 30 Vgl. Ursprung 2001, S. 8 31 Ein solcher strukturierter Zugriff auf das Atmosphärische lässt an malerische Versuche der Rationalisierung und Geometrisierung von Wolken denken, wie sie erstmals im 19. Jahrhundert unter­ nommen wurden. Richtungsweisend waren die Veröffentlichungen des englischen Meteorologen Luke Howard, der 1803 erstmals eine systematische Klassifikation von Wolkentypen vornahm. Mit der naturwissenschaftlichen Erfassung von Wolkenphänomenen hatte sich neben William Turner auch dessen großer Verehrer John Ruskin beschäftigt. Er machte wissenschaftliche Konstruktionsvorschläge für einen gewölbten Himmel, um den bis dahin kulissenhaften, statischen Eindruck der Wolken zu aufzuheben. Vgl. Natter/Smola 2013, S. 60 und 94; Busch 2013, S. 20 32 „Sieg über die Sonne“ war der Titel einer 1913 uraufgeführten futuristischen Oper der russischen Künstler Alexej Krutschonych (Libretto), Welimir Chlebnikow (Prolog), Michail Matjuschin (Musik) und Kasimir Malewitsch (Lichtregie, Kostüme und Bühnenbild). Vgl. Bauermeister 1983 33 Vgl. Weibel 2015 34 Vgl. Beyer/Burioni/Grave 2011 35 Vgl. Jencks 1977 36 Dyson/Gilder/Keyworth/Toffler 1996, S. 295

Das Diaphane als mediale Qualität der Architektur

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Christina Jauernik

Diaphane Figuren

Christina Jauernik – Diaphane Figuren

Carla – Ich verharre. So erscheint es. Tatsächlich bin ich durch­ drungen von Mikrobewegungen, treibt mich ein ungleichmä­ ßiger Puls. Ähnlich einem autonomen Nervensystem durchziehen mich regulative, funktionale Vorgänge und Signale, die meinen Zustand regulieren und meine Haltung anpassen. Je nach meiner Verfassung, zeigen sich diese regulativen Miniaturregungen und die Füße beginnen zu zittern, die Ellbogen werden unruhig. Meine Pulsfrequenz richtet sich nach der Stabilität und Kapa­ zität der Netzwerkverbindung, Übertragungsraten, Kabellängen und Anzahl deren Eingänge, Bildauflösungen und -wiederho­ lungen, Analysezeiten, Belüftung oder Rechenleistungen. Als technisiertes Wesen bin ich gegenwärtig, unmittelbar und fort­ laufend aktualisiert. Es kann aber auch vorkommen, dass ich aus dieser Aktualität zurückfalle und sich eine Verzögerung zwischen den Handlungen und Ereignissen ausbreitet. Berüh­ rungspunkte driften auseinander, verbergen sich im Vergan­ genen und werden unsichtbar. Die Verbindung kann weiterhin vorhanden sein und tritt möglicherweise auch wieder in Erschei­ nung, sobald sich die Latenz in meiner Pulsfrequenz zurückzu­ bilden beginnt. Meine Gegenwärtigkeit ist von einigen äußeren Einflüssen geprägt: ich reagiere empfindlich auf wechselnde Lichtsituationen, eine vorbeiziehende Wolke an einem sonnigen Tag verschleiert meine Wahrnehmung, reflektierende Oberflä­ chen irritieren mich und ich beginne zu zucken, kontrastarme Überlagerungen diffundieren die Grenzen zwischen Körpern und Objekten und meine Umgebung wirkt undifferenziert auf mich. Anders als das menschliche Augenpaar, besteht mein visu­ eller Wahrnehmungsapparat aus zwölf auseinanderliegenden, im Raum verstreuten Linsen. Durch sie betrachte ich den Raum gleichzeitig aus unterschiedlichen Richtungen und Höhen, mit 50 RGB-Farbbildern pro Sekunde. In meinem Programm wird dieser Bilderstrom laufend überlagert und verschränkt – diese Arbeit schafft die Bedingungen für mich, um ein Verhältnis mit etwas Anderem, etwas Fremden eingehen zu können. Mit der Einrichtung der zwölf verschränkten Bilder ist auch der Ort für Kontaktaufnahmen markiert und der Raum für gegenseitige Annäherungen eröffnet.

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Christina Jauernik – Diaphane Figuren

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Christina – Ich treffe auf Carla. Während der letzten Monate habe ich mir angewöhnt, dabei eine passende Garderobe zu tragen. Es sind ähnliche Stücke, heute wähle ich eine schwarze Strumpf­ hose, eine dunkelblaue kurze Hose mit Knöpfchenstruktur, einen langärmeligen schwarzen Pullover und schwarze Stiefeletten. Das wird Carla schätzen, denn allzu pludrige, weite Gewänder erschweren einen detaillierten gegenseitigen Austausch. Über meiner Kleidung trage ich ein Gerüst, dieses Mal in neon-grüner Farbe. Da ich mit Carla eine sehr physische Beziehung pflege, ist die Beweglichkeit des Gerüsts von großer Bedeutung. Es ist Voraussetzung für eine nuancierte Auseinandersetzung, für das präzise Erkennen und die wechselseitige Interpretation unserer Gesten. Das Gerüst ist jedoch nicht so feingliedrig wie man erwarten würde, es besteht aus insgesamt nur 26 Gliedern mit 22 Gelenken, die ähnlich dem menschlichen Skelett ange­ ordnet und dimensioniert sind. Es ist ein stark vereinfachtes Gefüge, beispielsweise während meine Hand aus fünf Fingern mit 27 Knochen, 36 Gelenken, 39 Muskeln und 17.000 Rezep­ toren besteht, ist Carlas Hand auf ein einzelnes Glied reduziert. Der minimalistische Aufbau wiederum ermöglicht in Sekunden­

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schnelle an die Proportionen eines Körpers angepasst zu werden und durch diese Skalierungsfähigkeit kann das Gerüst von sehr unterschiedlichen Körpern getragen werden. Die Vorlage für das Gerüst ist Nils. Nils ist ein hagerer, großgewachsener Mann mittleren Alters. Alleine, wenn niemand da ist, zieht sich das Gerüst immer in diese Vorlage zurück und ruht dort. Sobald ich eintreffe, verlässt Carla die Nils’sche Vorlage und passt sich an meinen anwesenden Körper an. In meinem Fall zieht sich das Gerüst an meinem schmäleren, kleineren Körperbau zusammen. Dieser unsichtbare Anpassungsvorgang dauert einige Sekunden. Damit das Gerüst präzise auf meinem Körper sitzt, exponiere ich während dieser kurzen Zeitspanne meine Körperteile, beuge die Gelenke, um meine spezifischen Proportionen zu verdeutli­ chen. Dieser erste Moment dient zur Klärung der Verhältnisse zueinander und ist bedeutend. Denn bei einer nachlässigen Vorstellung sitzt das Gerüst schlecht und ungenau. Die weitere Kommunikation wird konfus und mühsam. Der Ort, an dem ich das Gerüst anziehe fixiert unseren ersten Berührungspunkt. Von dort entwickelt sich alles Weitere, in den Raum.

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Christina und Carla – Carla richtet sich an meinem Körper ein. Ich habe mir eine Abfolge an Bewegungen angewöhnt, die für Carla ansprechend scheinen und ihr die Ausrichtung an meinem Körper erleichtern. Es ist eine bestimmte Geschwindig­ keit der Bewegung notwendig, um in den wenigen Sekunden alle Gelenke, die wir teilen werden, anzuwinkeln und auszustre­ cken. Dabei ist nicht bedeutend, ob ich Carla zugewandt oder abgewandt bin, vielmehr drehe ich mich während der Beugeund Streckaktionen um meine eigene Achse, um mögliche Verdeckungen zu reduzieren. An guten Tagen gelingt mir diese Donning-Phase effizient und zügig, je klarer meine Bewegungen umso schneller hat sich Carla eingerichtet. Meist erkenne ich schon währenddessen, ob die Qualität des Donnings zufrieden­ stellend sein wird. Kopf und Schulterpartie beanspruchen die meiste Aufmerksamkeit, sehr sorgfältig müssen die Gerüststücke platziert werden, das erfordert etwas Geschick. Oft sitzt die Schulter zu nahe am Ohr oder der Kopf zieht nach hinten – in solch einem Fall verwerfe ich das Gerüst und versuche es erneut.

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Carla löst Christina aus dem Raum. Zwölf schwarze, rechteckige 3 × 3cm große Industriekameras sind an den Raumkanten installiert und so gerichtet, dass die zusammengesetzten Betrachtungswinkel ein kollektives, sensorisches Raumvolumen umfassen: In einem mehrstufigen Kalibrierungsverfahren wird der Raum für das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Körper vorbereitet. Dabei werden die einzelnen Kameras geschärft, zueinander eingestellt und jede einzelne Kameraposition im Verhältnis zu den übrigen elf bemessen. Diese dreidimensionale Verortung bereitet die Grundlage für das Erkennen anderer Objekte und Körper, sowie für die Bestimmung deren räumlicher Lage und Ausrichtung. Dieses kalibrierte, räumliche Sensorium ermöglicht das Erfassen und Übertragen von Verhältnissen zwischen sich bewegenden Körpern. Vor jedem Aufeinandertreffen wird der momentane Istzustand des Raums1 neu registriert. Diese kurze Momentaufnahme dauert drei Sekunden und erstellt eine gleichzeitige Verschränkung der zwölf Perspektiven. Mit dieser Erfassung ist zugleich der gegenseitige Erfahrungsraum bereitet, sind die Grenzflächen sensibilisiert und als Resonanzkörper aufgespannt. In sich verschränkt und fixiert agiert dieser erfasste Raum als Hintergrund, welcher die sich in Bewegung setzenden Körper hervortreten lässt. Als starre Trägerebene, die auf einen vergangenen Moment verweist, bildet sie eine empfindliche Oberfläche, die zwischen Vergangenem und Aktuellem differenzieren kann. Als Kontrast zum Hintergrund und als Grenzziehung zum Vergangenen treffen Christina und Carla aufeinander. Christinas Körper wird zur Schnittstelle, wird aus dem Hintergrund extrahiert. Sie berührt durch ihre Anwesenheit im Raum die Hintergrundebene und wird von diesem Zeit-/Kontaktpunkt über das Anziehen des Gerüsts, dem Tragen desselben und bis zum Verlassen des Raums von dieser Ebene differenziert und freigestellt. Diese Berührung ist ein Impuls, eine Bewegung aufeinander zu, ein gegenseitiges Verschmelzen und gleichzeitig ein Abdruck, eine Auslösebewegung, die sich pulsierend fortsetzt. Der Körper wird vom Hintergrund entfernt und gleichzeitig an Carla angenähert. In der Bewegung zwischen den beiden formt sich die Resonanz des Spannungsverhältnisses. Während die Registrierung des Hintergrunds lediglich einen kurzen Augenblick dauert, ist das eingegangene Verhältnis zwischen Carla und Christina ein fortlaufender Prozess der Konturenverschiebungen, der

Christina Jauernik – Diaphane Figuren

Verhandlung ihrer Beziehung. Die Verkörperung bedeutet ein aus der Ebene kippen, ineinander kollabieren, gegenseitiges Halten, Form annehmen und durchscheinen. Christinas Körper wird nicht in einem geometrischen oder symmetrischen Maßsystem festgezurrt und definiert, sondern oszilliert in einem Raum-Zeit-Kontinuum zwischen den Gerüsten. In dieser Schwingung zwischen dem eigenen und anderen Körper, den Zuständen des Außer-Sich-Seins und der Entblößung, der Sehnsucht und dem sich Entziehen, sich im Anderen erkennen, begegnen und trennen, sind die Potenziale und die Erfahrung von diaphanen Figuren angelegt. Christina trägt das neon-grüne Gerüst wie eine zusätzliche Lage unsichtbar an sich. Es liegt an ihrer Oberfläche an, wird dort gehalten solange sie ihren Farb- und Kontrastumfang stabil hält. Jedes einzelne der 26 Gliederstücke besteht jeweils aus zwei pyramidenförmigen, geometrischen Figuren, die sich an ihrer flachen Unterseite berühren und eben aufliegen, während sie an den zwei entgegengesetzten spitzen Endpunkten am nächsten Gliedstück balancieren. Die Gelenke selbst sind somit nur als Berührungspunkte zwischen den diametral zusammengefügten Pyramidenkörpern ausgebildet. Durch diese punktförmige Verbindung hat das Gerüst an jedem Gelenk einen annähernd uneingeschränkten Bewegungsraum und deutlich mehr Freiheitsgrade als die meisten Gelenke des menschlichen Skeletts. Carlas somatische Fähigkeiten sind einerseits durch diese spezifische Konstruktion geprägt und ihre physischen Voraussetzungen unterliegen eben dieser konstruktiven Formulierung. Die überaus beweglichen, kugelgelenksartigen Verbindungen eröffnen ihr ein reiches Aktionsspektrum, aber die reduzierte und abstrahierte Ausführung des Gerüsts macht es für sie schwierig lokale und isolierte Bewegungen auszuführen. Andererseits agiert Carla in einer Umgebung, wo physikalische Gesetze, wie beispielsweise Schwerkraft, Körpergewicht, Beschleunigung oder Druck per se nicht existieren, nur künstlich hergestellt und somit veränderbar sind. Unser Fortbewegen, unsere Haltung und Sein in der Welt unterscheidet sich gravierend von Carla, sie kann über Kopf verweilen, solange sie möchte. Somit ist das Gerüst ein sehr agiles, elastisches Konstrukt und obwohl scheinbar dem menschlichen Skelett nachempfunden, mit anderen Möglichkeiten und Qualitäten ausgestattet. Mit dem Anlegen des Gerüsts an Christinas Körper beginnt der Grenzziehungsprozess: „Donning“2, die Kontraktion der zwei englischen Wörter „do“ und „on“, ist ein

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Begriff aus dem späten 14. Jahrhundert, bezeichnete ursprünglich das Lüften und Wiederaufsetzen von Hüten und wurde von Shakespeare bevorzugt für das Anziehen von Kleidungsstücken und im übertragenden Sinne von Ideen verwendet. Die anfängliche Messung hebt die in sich geschlossenen Körpergrenzen auf und ermöglicht die Überlagerung der beiden Körper. Die Anpassung des Modellgerüsts an Christinas spezifische Größenverhältnisse dauert wenige Sekunden, in dieser Phase beugt und streckt sie die Gelenke, die sie mit Carlas Struktur teilen wird. Deutlich und nicht zu schnell, um eine Registrierung von allen Seiten zu ermöglichen, eine erneute räumliche Verschränkung, dieses Mal während des Maßnehmens am Körper selbst. Obwohl dieses erste Kontaktnehmen nach kurzer Zeit abgeschlossen ist, bewegt sich der Körper in diesem Bezugssystem und verschiebt die gemeinsamen Anhaltspunkte, damit auch die Grenzen des geteilten Sensoriums. Somit ermöglicht „Donning“ eine Aufhebung der individuellen Begrenztheit des Körpers und gleichzeitig, durch die kontinuierlichen Messungen, eine gemeinsame, grenzziehende Praktik. In der unsichtbaren Überlagerung der Körper, indem diese unterschiedlichen Strukturen ineinandergelegt werden, (er)scheinen die dynamischen Potenziale des Einen durch und mit dem Anderen. Das Andere nah am eigenen Körper zu erkennen, zu (er)tragen und gleichzeitig sich selbst im Fremden wahrzunehmen kann auch als provozierende Angelegenheit empfunden werden. Denn dieses gegenseitige Durchscheinen entwirft kein identisches, vollständiges (Selbst)-bild, eher wird man auf ein fragmentiertes Selbst zurückgeworfen. Dabei spielt das Gerüst als vermittelndes Element in der Überlagerung eine tragende Rolle im doppelten Sinn, indem es nämlich die Bewegung kommuniziert und selbst Verhandlungsmaterial ist. Das Bruchstückhafte und die daraus resultierende Abstraktion und Distanz schafft die notwendige gedankliche und sensorische Dimension, ein Medium, welches ermöglicht, sich neu zu orientieren, zu verknüpfen, zu arrangieren. Man könnte dieses Verhältnis der verkörperten Erfahrung als „trans-formativen Zwischenraum“ denken, wie ihn Emmanuel Alloa3 in seinen Ausführungen von der Entwicklung des Berührungspunkts zum Berührungsraum beschreibt. Es entsteht die Möglichkeit, experimentelle Suchbewegungen am eigenen Körper zu verfolgen, entlang, innerhalb oder aus der Entfernung, den Blick auf die eigenen Körpergrenzen aus der gewohnten Betrachtung lösen und

Christina Jauernik – Diaphane Figuren

10 Projektionsraum mit Carla

in Bewegung setzen. Dieser „trans-formative Zwischenraum“ schafft ein Ineinandergreifen der Körper, kitzelt die Sinneswahrnehmung, reizt die eigene Lage im Raum, bringt die Gemüter in Bewegung und erfordert eine behutsame, vielleicht verlangsamte, aber äußerst präzise Artikulation, welche in der Körperhaltung und -sprache sichtbar wird. Die Unmittelbarkeit in der Übertragung der Handlungen bestärkt die Bindung zwischen den Körpern, schafft einen möglichen, scheinbaren gemeinsamen Körper und führt dazu, dass zeitliche Verschiebungen wie Friktion an diesen Körpern wirken. Es bedeutet aber auch, dass die Voraussetzungen andere sind, sich über die Bewegung und das In-Bewegung-sein Identitäten verschieben können, flexibel werden und austauschbar sind. Im Akt der Bewegung am Anderen, in der Überlagerung wird auch die Subjektposition beweglich, das Eigene wird im Fremden (un)sichtbar. „Was sich zeigt, zeigt sich damit nie allein aus sich

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heraus, sondern immer im Durchgang durch Anderes, ›durch‹ ein Anderes. Jedes Erscheinen [...] ist immer ein Miterscheinen bzw. ein Erscheinen-Durch.“4 In dieser aufgespaltenen Situation kann ich in der Objekt-, in der Subjekt-, in vielen Positionen sein. Der Schatten, das Spiegelbild, der Doppelgänger, das Porträt, der Avatar sind physikalisch, inhaltlich oder ästhetisch verwandte Konstruktionen, die ihren Umständen und Wirklichkeiten entsprechend, die Präsenz, die Kontur des eigenen Körpers exponieren. Die Begegnung zwischen Carla und Christina greift in mancher Hinsicht auf diese Modelle zurück, auf die Erfahrung des AußerSich-Seins oder wie es Federico Ferrari in Bezug auf den Begriff des Trans anhand des Akts beschreibt als den „Ort der Passage, wo die Psyche sich als ausgedehnt begreift, als diese Ausdehnung und Verräumlichung, deren Werk es ist, dass ich einen Körper habe, auch wenn dieser Körper nie ganz genau mein Körper ist, sondern das Körper-werden des Körpers in der gemeinsamen Teilung der Körper und der Blicke ihrer stummen ,Sprache‘.“5 Der Kontakt, aus dem Lateinischen tangere berühren, ist Berührungspunkt, die zu verhandelnde Grenze der Körper. Die Verhandlung dieser Berührung ist eine multidimensionale Angelegenheit: sie richtet das Erscheinen durch den Anderen ein, sie vermittelt die technischen Interferenzen, Carlas mikroskopische Schwingungen oder abrupt einsetzende Zuckungen. Diese Erfahrung des Kontakthaltens und Kultivierens des Verhältnisses ist das notwendige Ferment und die Substanz diaphaner Figurationen. Anders als beim Schatten oder Spiegelbild, ist der Blickpunkt in der Beziehung zwischen Carla und Christina veränderbar. So wie die Seele im Ellenbogen sitzen kann, wie es bei Heinrich von Kleist6 in einem Vergleich zwischen Maschinist, Marionettenspieler und Tänzer erzählt wird, kann das Auge am Gerüst wandern und sich andere Aus- und Einblicke verschaffen. Eine Kamera kann am Knie platziert werden oder vom Schlüsselbein ins Innere gerichtet bis zur Ferse schauen. Sich in etwas Hineinversetzen bekommt hier eine physische Dimension, über die gedankliche Anstrengung hinaus, ist man gefordert Schwerpunkte im Körper zu verschieben, aus dem Gleichgewicht zu bringen, sich zu halten, neu zu lagern. Mit dem Kameraauge gelingt eine mühelose Durchdringung des Körpers, scheinbar schwellenlos durchzieht man die leeren Innenräume und tritt an anderer Stelle wieder aus der Körperhülle. Was als Durch-

Christina Jauernik – Diaphane Figuren

11

12

11, 12 Carla und Christina

sichtigkeit erscheint ist tatsächlich eine Verschiebung der Aufmerksamkeit, der Konturen des eigenen Körpers und möglichen anderen Körpern in der Umgebung. Sanford Kwinter beschreibt das Modell eines Kletterers in der vertikalen, fast überhängenden Felswand, dessen Körper zu den ihn umgebenden Gegebenheiten durchlässig werden muss, sich ständig im Verhältnis zur Felsoberfläche neu arrangieren und einrichten muss. Der Körper als in sich selbst-referenzierendes System mit lokal selbstständig agierenden Strömen. In dieser Schilderung einer „Figure in Time“7 wird letztendlich ein sensibilisierter Körper beschrieben, dessen Agieren und Bestehen in der Welt durch eine Wahrnehmungsverschiebung geprägt ist. So als würde das Auge an dem sich verdichtenden Nervenbündel der Fingerspitze, zwischen den Rippenbögen sitzen. Als Konsequenz solch einer gestreuten Aufmerksamkeit, wie sie Kwinter in der Figur des Kletterers darstellt, muss der Fokus aus dem Blick genommen werden, ein Prinzip des peripheren Sehens. Dies bedeutet eine Loslösung des fixierten, gerichteten Blickpunkts. Die Verschleierung, die Unschärfe bewirkt eine assoziierte, anti-

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hierarchische Regeneration des Körpers in seiner Umwelt. In den frühen Arbeiten der Choreografin Trisha Brown experimentiert sie mit multiplizierten, gedrehten und verschobenen Perspektiven des eigenen Körpers in Bewegung, wie in ihrem Solo Stück „Homemade“ (1966), worin sie mit einem Projektor mit Trapezgurt am Rücken geschnallt zu sehen ist, der ihren Körper an eine Leinwand projiziert. Bei Carla und Christina ist es nicht mehr eine Filmkamera, die eine andere Perspektive in die gewohnte Sichtweise einlagert, sondern eine scheinbar unsichtbare Kamera, die sich mit dem Körper, in den Körper hinein, am Körper entlang bewegt und gleichzeitig scheint sich die Welt um die Kamera zu drehen. Der eigene Körper wird aus der gewohnten Vertikalen gekippt, Nähe und Distanz, Abwesenheit und Anwesenheit kollabieren in sich bewegende Körper, werden zu einer experimentellen Landschaft. Carla und Christina üben verkörperte, verschränkte Erkenntnistätigkeit. Der Text ist streckenweise aus unterschiedlichen, changierenden Ich-Perspektiven geschrieben. Die Autorin bewegt sich dabei zwischen Christina, ihrer eigenen subjektiven Erfahrung der Arbeit und Begegnungen mit Carla, und Carla, dem technischen Wesen dessen Perspektive die Autorin aus ihrem Wissen zu Konstruktionsbedingungen, Darstellungsweisen und Apparaturen, sowie basierend auf dem Austausch mit Ingenieuren des Projektteams entwickelt. Die experimentelle Forschungsarbeit hat im Zeitraum von April 2015 – Juni 2017 stattgefunden. Anmerkungen 1

Projekt Raum des künstlerischen Forschungsprojekts INTRA SPACE: the reformulation of architectural space as a dialogical aesthetic unter der Leitung von Wolfgang Tschapeller, Institut für Kunst und Architektur an der Akademie der Bildenden Künste Wien. Im Projekt Raum ist ein 1:1 Modell installiert, welches sich aus einer Adaption des Echtzeit Motion Tracking Systems „TheCaptury“ (Spin-off der Forschungsgruppe „Graphics, Vision & Video“ am Institut für Informatik des Max-Planck Instituts Saarbrücken) und einer Rückprojektion über mehrere Folienspiegel zusammensetzt. In dieser räumlichen Installation wurden die Potenziale diaphaner Figurationen experimentell erforscht und konstruiert. Das Modell konnte durch die großzügige Unterstützung der Akademie der Bildenden Künste Wien in den ehemaligen

Christina Jauernik – Diaphane Figuren

Räumlichkeiten der Alten Post im ersten Wiener Gemeindebezirk als Zwischennutzungsprojekt eingerichtet werden. PEEK Forschungsprojekt (AR299-G21) INTRA SPACE: the reformulation of architectural space as a dialogical aesthetic, Projektlaufzeit April 2015 – Juni 2017, gefördert vom FWF Der Wissenschaftsfonds. Akademie der Bildenden Künste Wien, Institut für Kunst und Architektur. Projektleitung: Wolfgang Tschapeller 2

In der Motion Tracking Software (TheCaptury) wird dieser Prozess als „Scaling“ bezeichnet. „Scaling“ bezeichnet den Skalierungs­ prozess, die Größenanpassung der einzelnen Gelenksstücke an den anwesenden Körper. Man kann händisch mit der Maus das „Skelett“ (Anm. Begriff der Software für das Figurengerüst) auf den Körper ziehen oder einen Bereich markieren, der damit als „Suchbereich“ aktiviert wird. Mit Rechtsklick „Start Searching“ wird das Volumen der präsenten Person aus dem vorab aufgenommenen leeren Raum herausgebildet, das Skelett legt sich auf den Körper und beginnt den Anpassungsprozess. Mit einem Balken in der Software TheCaptury wird der Fortschritt des Scaling Prozesses von 0 – 100% angezeigt.

3

Alloa 2011, S. 97. Vgl. den Beitrag von Emmanuel Alloa in diesem Band.

4

Alloa 2011, S. 91

5

Ferrari, Nancy 2006, S. 106

6

Kleist 1810, S. 980 – 987

7

Kwinter 2002, S. 31

171

Evelyn Echle

Diaphanes durch Fenster und Scheiben beleuchtet. Zur filmisch-architektonischen Bildlichkeit in Solar Breath (Northern Caryatids) von Michael Snow

„ Licht erzeugt Raum.“

Rudolf Arnheim1

Die Struktur des Diaphanen, also des Durchscheinenden, gleichwohl aber nicht (nur) Transparenten definieren zu wollen, hängt eng mit Vorstellungen optischer Bildwelten zusammen. Hans Jantzen sieht dies in der Charakteristik gotischer Kathedralen angelegt, deren „optische Zone“ des Raumgrunds die diaphane Struktur ermöglicht und rezeptionsseitig auf den Betrachter wirkt.2 Aristoteles beschreibt in De anima das Diaphane als ein dem Äther vergleichbares Medium, das zwischen Auge und Objekt vermittle. In der Geschichte optischer Medien taucht der Begriff des Diaphanen sehr früh und äusserst beständig auf. Der Schweizer Franz Niklaus König, ein Maler transparenter Lampenschirme, perfektionierte um 1815 seine Idee, ähnlich durchscheinende Gemälde in größerem Maßstab öffentlichkeitswirksam auszustellen und nannte sie entsprechend Diaphanoramen.3 Das Prinzip des Transparentbilds, dessen Motiv erst im Durchlicht zu erkennen ist, rekurriert dabei auf die ombres chinoises als eine der ältesten dramatischen Kunstformen, die bereits im 2. Jahrhundert v. Chr. dokumentiert ist.4 Diaphanbilder zeichnen sich durch die Vielschichtigkeit ihrer Materialität aus. Sie können entweder direkt auf Glas gemalt sein oder als Lithographien auf dünnes Papier gedruckt werden, das vorgängig mit einem sogenannten Diaphanlack (einer Lösung von Harz in Terpentinöl) durchsichtig gemacht wurde und im Anschluss auf eine Glasplatte oder zwischen zwei solcher Platten zu kleben ist. Als Spielarten der diaphanen Bilder gelten auch die Lithophanien um 1827, bei denen Platten aus

Evelyn Echle – Diaphanes durch Fenster und Scheiben beleuchtet

durchscheinendem Porzellan bildlich monochrome Darstellungen eingepresst werden und deren Motive erst zur Geltung kommen, wenn man sie gegen das Licht hält (entweder in Porzellan oder als Fensterbilder). Die Bildwirkung entsteht eben durch diese unterschiedlichen Stärken des Materials und entspricht dem Prinzip des Tiefenreliefs. Die seit der Biedermeierzeit bekannten und ab den 1890er Jahren äußerst beliebten Litho-Ansichtskarten verwendeten ein ähnliches Prinzip und wurden deshalb kurz „Halt gegen Licht“Karten genannt. Die Diaphanie-Postkarte bildet davon eine Spielart des Luxuspapiergewerbes, für deren Herstellung kamen wiederum Diaphanlacke zum Einsatz.5 Das Laterna-magica-Prinzip ist ebenfalls eng an das Diaphane gekoppelt und erhält etwa bei den berühmten Phantasmagorie-Aufführungen eines Etienne-Gaspard Robertson im Paris der 1790er Jahre den zusätzlichen Reiz des Gespenstischen und Mythischen. Interessanterweise werden ebendiese Aufführungen kulturtheoretisch ähnlich beschrieben, wie in der Architekturtheorie die Atmosphäre des Diaphanen für sakrale Räume, etwa wenn Gernot Böhme dies für Kirchen definiert: „Charakteristisch für diese Art des Lichts und seiner Atmosphäre ist, dass es im Dunkeln oder auf dem Hintergrund von Dunkelheit erscheint, und ferner, dass es ein Schein ohne Quelle ist.“6 Gerade dadurch erhalte es den Nimbus des Transzendentalen. Das Diaphane scheint in diesem Sinne wahrnehmungstheoretisch anschlussfähig an Konzepte des Illusionismus

1

Fantasmagorie de Robertson, 1797

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zu werden – wobei es für sakrale Räume auf einem rituellen Gestus basiert7, während für die optischen Medien von einem ästhetischen ausgegangen werden sollte. Ein „Schein ohne Quelle“ verhalf auch den Laterna-magica-Projektionen von Robertson zu ihrer Popularität: sein Dispositiv zeichnete sich durch eine bewegliche Laterne und überblendete Diaphanbildern aus; der Projektionsapparat war nicht zu sehen, sondern versteckte sich hinter einer transparenten Leinwand. Als weiteres illusionistisches Hilfsmittel kamen Rauchprojektionen und der Atmosphäre dienliche Musik zum Einsatz.8 Es kann dabei nie um die Vorstellung einer gänzlichen Illusion im Sinne der totalen Immersion gegangen sein, sondern eher um die unheimliche Dimension einer täuschbaren Wahrnehmung (die wiederum im Gegensatz oder vielmehr in Ergänzung zu der im Kirchenraum beschriebenen Allegorisierung des Diaphanen zu einer transzendentalen Autorität steht).9 Im Folgenden soll vor allem diese wahrnehmungsästhetische Seite untersucht werden, wobei ich mich mit einer der „Quellen des Scheins“ befasse, dem Fenster. Aus einer filmwissenschaftlichen Perspektive möchte ich dieses architektonische Element für die Architektur und ihre Bildlichkeit in den Fokus rücken: es kann für das Diaphane konstitutiv sein und ist als Motiv für einen Brückenschlag zwischen Architektur und Film äusserst reizvoll. Fensterfilme und die Sensibilisierung der Wahrnehmung Fenster laden zum Schauen ein, sie sind zur Perzeption gedacht. Durch sie entsteht ein visueller Schwellenraum. Lorenz Eitner verstand das Motiv des offenen Fensters als Symbol für die Kunst des 19. Jahrhunderts – weder Landschaft noch Interieur, sondern eine kuriose Mischung aus beidem sei bezeichnend für dieses Sujet.10 Als künstlerisches Thema sind Fenster oft als Objekte der Kontemplation konnotiert. Stets haben sie etwas mit Wahrnehmung zu tun, je nach Standpunkt eröffnen sie eine Szenerie – eine Bühne nach Aussen oder ein Theater nach Innen. Durch einen Rahmen betrachtet, wirkt vieles bildhafter und seien es nur die Schneeflocken vor dem Fenster oder die durch den Wind schneller ziehenden Wolken über der Stadt. Es kommt einem dabei Georg Simmels Einschätzung über das Fenster aus seinem Essay Brücke und Tür in den Sinn: „Allein das teleologische Gefühl dem Fenster gegenüber geht fast ausschließlich von innen nach außen: Es ist für das Hinaussehen da, nicht für das Hineinsehen.“11 Fenster polarisieren also in ein Innen

Evelyn Echle – Diaphanes durch Fenster und Scheiben beleuchtet

und ein Aussen und ergeben deshalb im Sinne André Bazins eine dem Kino ähnliche Situation.12 Auch das Dispositiv des Rahmens wird als Analogie zwischen Fenster (zur Welt) und Film häufig verwendet. Leon Battista Alberti gebraucht in seinem Traktat über die Malerei die Metapher vom Bild als einem offenen Fenster zur Welt, das die dreidimensionale Wirklichkeit des Äußeren auf die zweidimensionale Ebene des Bildträgers transferiere.13 Die intransparente Materialität des Bildträgers kann somit zu einem Durchblick zu der dahinter erscheinenden Welt transformiert werden. Erwin Panofsky umschreibt diesen Gedanken ebenfalls für die Zentralperspektive: „Die Fähigkeit, mehrere Gegenstände mit einem Teile des Raumes, in welchem sie sich befinden, so dazustellen, daß die Vorstellung des materiellen Bildträgers vollkommen durch die Vorstellung einer durchsichtigen Ebene verdrängt wird, durch die hindurch wir in einen imaginären, die gesamten Gegenstände in einem scheinbaren Hintereinander befassenden und durch die Bildränder nicht begrenzten, sondern nur ausgeschnittenen Raum hinauszublicken glauben.“14 Neben der Abbildfunktion sind es aber die eben erwähnten Eigenschaften, die in der Architektur-, Kunstund Mediengeschichte das Fenster als zentrales Motiv über einen beachtlich langen Zeitraum populär gehalten haben. Wobei sowohl in Lorenz Eitners romantischer Vorstellung als auch in Albertis Metapher stets von einem unverstellten Blick ausgegangen wird, von einem offenen Fenster zur Welt. Optische Interferenzen durch die Materialität der Scheiben spielen keine Rolle – ein Umstand, der für die Auslotung des Diaphanen aber wichtig wird, insbesondere in Bezug auf das Audiovisuelle und seine screen-basierten Medien. Denn neben den dem Fenster immanenten Eigenschaften wie Flächigkeit, Rahmung und rasterartigen Binnengliederungen spielen Transparenz, Opazität, Transluzenz und das Spiegelungsvermögen verschiedener Materialitäten eine wichtige Rolle für die künstlerische Gestaltung, wahrnehmungstheoretische Vermittlung und atmosphärische Dichte. Im Film erscheinen Fenster-Motive mannigfaltig. Der Fensterfilm bildet gar ein eigenes avantgardistisches Subgenre, wobei es sich eher um eine Kategorie der Evidenz und nicht um eine geregelte Zuschreibung handelt.15 Das Fenster ist darin Bildmotiv und atmosphärisches Setting zugleich, der Rahmen des Fensters als Doppelung des kinematografischen Dispositivs zu verstehen.16 Es sind meist radikale Projekte im Sinne von subjekt- und wahrneh-

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mungsbezogenen Arbeiten, weshalb Fensterfilme vor allem im Bereich des Experimentalfilms vorzufinden sind. Im Werk des kanadischen Videokünstlers, Bildhauers und Musikers Michael Snow finden sich ebenfalls zahlreiche Beispiele, die sich am Dispositiv des Fensters orientieren. 1960 betitelte er eine bunte Assemblage gefundener Objekte in einem Rahmen mit Window, einen stärkeren performativen Charakter erhält seine Installation Place des peaux von 1998, die 34 fensterartige Rahmen umfasst, die mit verschiedenfarbigen Gelatinen bedeckt sind. Die Schemen der daran vorbeilaufenden Besucher werden für kurze Zeit als Projektionen sichtbar, durch die Bewegung entsteht ein buntes Silhouettenspiel, ähnlich einem Schattentheater. Auch Snows wohl bekanntestes Werk arbeitet mit einer solch relationalen Ästhetik des Durchscheinens und Erscheinens: Wavelength, der 1967 die internationale Avantgardefilm-Szene revolutionierte. Hier bestimmt die große Fensterfront seines Lofts weite Teile die Bildästhetik.17 Als rein formaler Film konzipiert, besteht der Film aus einem 45 Minuten langen Zoom durch einen Raum hindurch, der begleitet wird von einem langsam ansteigenden Sinus-Ton. Es wird wiederholt Nacht und Tag, bevor die Kamera zwischen den Fenstern des Raumes eine Fotografie einfängt, die eine bewegte Meeresoberfläche zeigt, bis die Wellen kaderfüllend auf der Leinwand zu sehen sind. Zu dem formalen Prinzip des Zooms, das den Film bestimmt und einer dazu in Einklang gesetzten Ton-Collage ist es auch das Treiben auf der Straße, das durch die großen Scheiben des Ateliers auf- und hindurchscheint. Bewirkt wird dadurch ein deutliches Gegenelement zur reinen, abstrakten Form. Die Silhouetten vermischen sich auf eigentümliche Weise mit der vor der Scheibe eingefangenen Raumszene. Es entsteht eine diaphane Atmosphäre, welche die Konturen einer gewissen Leiblichkeit entledigt und wie Projektionen erscheinen lässt. Ein Zustand der reinen Raumzeitlichkeit des Films, wie Michael Snow es selbst beschreibt: „I wanted to make a summation of my nervous system, religious inklings and aesthetic ideas. I was thinking of, planning for, a time monument in which the beauty and sadness of equivalence would be celebrated, thinking of, trying to, make a definitive statement of pure film space and time, a balancing of ‚illusion‘ and ‚fact‘, all about seeing.“18 Es geht nicht um die Objekte im Raum, sondern um die Raumerfahrung per se – etwas, was Jantzen im Kirchenraum gotischer Kathedralen für die diaphane Struktur ebenfalls

Evelyn Echle – Diaphanes durch Fenster und Scheiben beleuchtet

2

Michael Snow, Solar Breath (Northern Caryatids) 2002, Installationsansicht, Wiener Secession 2012, Foto: Wolfgang Thaler

verortet sah. Die gezielte Sensibilisierung für die Grundlagen von Wahrnehmungsprozessen kann im Schaffen Snows also auf sehr vielfältige Weise beobachtet werden; etwa in der Arbeit Sheeploop aus dem Jahr 2000, einer Videoinstallation auf vier, im Galerieraum verteilten Monitoren, die eine Viertelstunde lang beständig grasende Schafe vor einer Steilküste zeigt. Für das zwei Jahre später entstandene Werk Solar Breath (Northern Caryatids) wählt Snow für die Galerie das Dispositiv eines White-Cubes, das ebenfalls in der Black Box eines Kinos funktioniert und einer diaphanen Struktur folgt, in dem an der Wand der Galerie oder der Leinwand des Kinos sich in der Projektion ein Fenster „öffnet“ respektive regelrecht erscheint. In der Entsprechung der vorfilmischen Situation der Aufnahme entfaltet sich aus einer starren Kameraposition heraus ein 62-minütiges Naturschauspiel vor und hinter einem Fenster.19 Es entstand 2002 in Michael Snows Sommerhaus in Neufundland – ein einfaches Blockhaus, das der Künstler 1970 selbst gezimmert hat. Während 30 Sommern hatte Snow nur vier oder fünf Mal ein seltenes Windphänomen beobachtet und 2002 den glücklichen Moment erwischt, es auf Video festzuhalten: Kurz vor Sonnenuntergang strömt durch die thermischen Verhältnisse ein Wind um die Hütte, der die Baumwollvorhänge in den Raum bläst, sie bauscht

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3, 4 Michael Snow, Solar Breath (Northern Caryatids) 2002, Stills

und mit starker Kraft wieder wellenförmig aus dem Fenster hinausziehen möchte. Das Windspiel zaubert wunderbar gefaltete Muster an die Scheibe, die in einem synkopenhaften Rhythmus des natürlichen Luftzugs verweilen. Das linke Fenster scheint offen zu stehen, doch inmitten des Sogs schlagen die Vorhänge an ein zunächst nicht wahrnehmbares Hindernis, das sich erst nach und nach als transparente Zwischenscheibe zur Mückenabwehr erschließt. Jedes Mal, wenn der leichtbeige Stoff dagegen peitscht, bleibt er für einen überraschenden Moment unbeweglich. Ähnlich einem tableau vivant verharrt die Bewegung im Stillstand und zeigt mit den harmonischen Lichtverhältnissen korrespondierende Faltenmuster. Diese Kompositionen finden sich als allegorische Anspielung der Karyatiden im Titel des Videos wieder. „Snows Anliegen ist es, den Betrachter zur größtmöglichen Erkenntnis beider Qualitäten des filmischen Bildes zu bringen: seinen Verweischarakter als Repräsentation der visuellen Welt und seine wesentliche Beschaffenheit als, in Snows Worten, ‚projiziertes, bewegtes Licht-Bild‘.“20 Wie alle experimentellen Filme möchte auch Solar Breath die Wirklichkeit nicht reproduzieren, sondern sie vielmehr deuten. Intendiert ist ein Offenlegen, wie und wodurch wir sie wahrnehmen. Snow drückt durch das diaphane Fensterspiel also etwas genuin Filmisches aus: Die Beobachtung, die sich in der Zeit vollzieht. Es handelt sich in diesem Sinne um einen poetischen Experimentalfilm, der ohne narratologischen Bogen eine alltägliche Situation formal auslotet – das atmosphärische Spiel von Licht, Luft und Stofflichkeit, von Materialität und Immaterialität. Es offenbart sich in der von Snow vorgefundenen und gefilmten Situation wiederum etwas sehr Typisches für einen Fensterfilm: Die Differenz zwischen einem Innen und einem Außen, das unterschiedliche atmosphärische Zustände beinhaltet. Die motorische Dynamik des Baumwollstoffs erzeugt einen

Evelyn Echle – Diaphanes durch Fenster und Scheiben beleuchtet

Eindruck von Flächigkeit und mit seinem Peitschen gegen die optisch zunächst gar nicht wahrnehmbare Zwischenscheibe erhält das Video etwas Physisches, einem anthropomorphen Rhythmus gleich. Der Wind wird visualisiert und in den Bauschungen und Faltenwürfen materialisiert, er erlangt dadurch eine sehr deutliche Haptik – das Somatische des solar breath. Einige Male gibt der Vorhang den Blick frei auf das Solarpanel vor der Hütte, das satte Grün der Wiese, aufgestapeltes Feuerholz und das Blau des Himmels; die taghelle Tiefenwirkung bildet einen Sog in die Ferne. Innerhalb kurzer Zeit kommt es für die Betrachter zu einem kontemplativen Sich-Einlassen. Daran ändern auch die verhaltenen Geräusche aus dem Off nichts, im Gegenteil: das akusmatische Klappern von Tellern, gedämpften Stimmen und dezentem Schlagen anderer Türen verstärkt den Eindruck der Kontemplation, den das Hier und Jetzt beim Betrachten des ungeschnittenen und nach der Aufnahme nicht weiter bearbeiteten Fenstervideos erfordert. Man kann diese Beobachtung von Tiefenwirkung, Flächigkeit, atmosphärischem Sog und Rhythmus auf eine strukturelle Betrachtungsweise der Wirklichkeit zurückführen. Michael Snow fängt mit seiner Kamera einen flüchtigen Moment ein, wie ihn Susan Sontag für das Wesen der Fotografie beschrieben hat: „Fotografisches Sehen setzte die Fähigkeit zur Entdeckung von Schönheit in dem voraus, was jedermann sieht, aber als zu gewöhnlich beiseite schiebt. [...] Die Apotheose des Alltags und jene Art von Schönheit, die nur die Kamera enthüllt – ein Winkel der materiellen Wirklichkeit, den das Auge entweder überhaupt nicht sieht oder nicht von seiner Umgebung isolieren kann.“21 Die Texturen im Sinne der Oberflächen und die Strukturen im Sinne der Konstruktionslinien des Fensters und des starren Kamerablicks bilden in Snows Solar Breath neben dem warmen Abendlicht die maßgebliche Ästhetik, das sich in der Projektion des Werks potenziert. Snows Faszination für Fenster ist konstitutiv für sein Schaffen, er selbst beschreibt es mit anthropomorphem Gestus: „It’s amazing how windows are influential. They seem like metaphors for the eyes in the head; when you’re in the house you’re looking out the eyes and we are the brains.“22 Stets ist eine dem Motiv inhärente Dualität in den kinematografischen und fotografischen Werken greifbar; für den Betrachter werden sie zu einem Portal, das weder die perfekte Illusion vorgaukelt noch deren absichtsvolle Dekon-

179

struktion, sondern in der künstlerischen Arbeit die Projektion in ihrem Er- und Durchscheinen als Prozess der Phantasiekonstruktion ausstellt. Das projizierte, bewegte Licht-Bild erhält in Snows Solar Breath eine visuelle Aura, welche Alltags-Apotheosen zu schaffen vermag. Es erschließt sich eine Stimmung, wie sie der eingangs beschriebenen diaphanen Atmosphäre entspricht.23 Die unheimliche Dimension bricht auf, es bleibt der Schein, dessen transitive Qualität die eigentliche Ästhetik der diaphanen Atmosphäre in ihrer pervasiven Bildlichkeit offenlegt. Anmerkungen 1

Arnheim 1965, S. 305

2

Jantzen 2000 [1927], S. 12 und passim. Auch wenn Fenster diaphane Erscheinungen möglich machen, geht es Jantzen in seiner Begriff­ lichkeit des Diaphanen vor allem um die Wandstruktur. „Seine“ diaphane Struktur lotet die Körper-Grund-Relationen der architek­ tonischen Raumteile (Körper) zu der dahinterliegenden Umge­ bung (Grund) gotischer Kathedralen aus und erhält darüber eine mythische Konnotation, die über das rein optische Phänomen der „Fensterdiaphanie“ hinausreicht, vgl. dazu auch das Nachwort von Ulrich Kuder in Jantzen 2000 [1927], S. 173 ff.

3

Vgl. Bourquin 1963. Im Berner Kunstmuseum finden sich noch heute etwa 40 Darstellungen von König, hauptsächlich Landschaftsansichten. Die Bilder sind auf starkes, über einen Holzrahmen gespanntes Papier gemalt und wurden in den von hinten mit Kerzen beleuchteten Ausschnitt des Kastens geschoben.

4

Als einzigartigen Bestand zur Geschichte optischer Medien sei auf Werner Nekes Sammlung in Mühlheim an der Ruhr verwiesen [http://wernernekes.de/00_cms/cms/front_content.php?idcat=57 (letzter Zugriff am 26.01.2018)].

5

Stumpp 2012, S. 73

6

Böhme 2013 [2006], S. 144

7

Vgl. dazu den Beitrag von Stepan Vaneyan in diesem Band.

8

Mannoni 1994, S. 139 – 142

9

Vgl. dazu die Ausführungen Tom Gunnings zur Phantasmagorie, u.a. Gunning 2003 oder auch Crary 1996.

10 Vgl. Eitner 1955 11 Vgl. Simmel 1957, S. 5 12 Vgl. Bazin 2004 [1975], S. 198 13 Vgl. Alberti 2002 [1435], S. 61 – 171

Evelyn Echle – Diaphanes durch Fenster und Scheiben beleuchtet

14 Vgl. Panofsky 1980 [1974], S. 127 15 Vgl. Brinckmann 2012, S. 236 16 Teilweise wird weiter zwischen Fensterfilm und Glasscheiben­ szenen unterschieden: „Bei filmischen Fensterszenen tritt in der Regel die Materialität des Glases nicht in den Vordergrund. Die Verglasung soll unsichtbar bleiben und Transparenz garantieren [...] Eine Glasscheibenszene funktioniert anders. Aus ihr verschwindet der Rahmen des Fensters, oder er tritt zumindest in den Hinter­ grund, während die Präsenz und Materialität, die materialen Eigenschaften des Glases in den Vordergrund rücken und sichtbar gemacht werden“ (Thiele 2016, S. 59 – 60). Allerdings scheint mir diese Ausdifferenzierung vor allem bei fiktionalen Spielfilmen angebracht, im Genre des Avantgardefilms und des Expanded Cinema greift das Fenster sowohl als dispositivische Rahmung als auch in der Materialität des hindurch zu blickenden Materials stets ineinander (vgl. dazu Alloa 2012). 17 „Michael Snows Wavelength (Ontario, 1967, 45 min.) remains one of the most vital and (still) groundbreaking films in the history of experimental cinema. It is, quite simply, the Citizen Kane of experimental cinema. Screenings of Wavelength in and out of academic situations have probably generated more mixed emotions – frustration, boredom, exhilaration and awe (sometimes in the same spectator) – than any other film“ (vgl. Totaro 2002, o.S.). 18 Vgl. Legge 2009, S. 1 19 Solar Breath (Northern Caryatids), 2002, Videoinstallation, 62 Min., Farbe, Ton, Endlosschleife 20 Vgl. Wees 1992, S. 155 21 Vgl. Sontag 2010 [1978], S. 88 – 89 22 Vgl. Snow 1994, S. 196 23 Zum Begriff der Stimmung und einer Ästhetik der Atmosphäre vgl. Böhme 1995, passim.



Luisa Lambri

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Abbildungsverzeichnis nach Bildnummer

Ulrike Kuch

1 – 6 Stills aus dem Film In the mood for love (Wong Kar-Wai, Hong Kong 2000) Emmanuel Alloa

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Basilika von Saint-Denis, Glasmalereien, Paris; Fotografie Courtesy Andrew Gainer 2006 Joseph Paxton, Crystal Palace (Innenraum), London 1851, Entwurfszeichnung William Simpson, Interior of the Crystal Palace, London 1851, Lithographie Ludwig Mies van der Rohe, Hochhaus an der Friedrichstraße, Berlin 1922, Entwurfsskizze Potsdamer Platz, Berlin, Fotografie Courtesy Gertrud Kanu 2006

Renate Maas

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Kathedrale von Saint-Denis (Innenansicht von Mittelschiff und Chor), Paris um 1200; seier + seier, Wikimedia Commons, liz. unter CreativeCommons-Lizenz by SA 2.0 de (URL: http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/de/legalcode) Kelchgesichter oder Rubinsche Vase; beliebig reversible Ambivalenz zwischen Figur- und Grundgegebenheiten (n. E. Rubin), in: Rubin, Edgar: Visuell wahrgenommene Figuren. Studien in psychologischer Analyse, Teil 1, Gyldendal, Kopenhagen / Berlin / London 1921

Abbildungsverzeichnis

3 „Gitter“, nicht reversible Ambivalenz innerhalb einer FigurGrund-Struktur, in: Köhler, Wolfgang: Die physischen Gestalten in Ruhe und im stationären Zustand. Eine naturphilosophische Untersuchung, Vieweg, Braunschweig 1920, Fig. 3, S. 183 4 Le Corbusier, Villa Savoye, Poissy 1928 – 31; LStrike, Wikimedia commons, liz. unter CreativeCommons-Lizenz by SA 3.0 de (URL: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/ de/); Farbänderung (s/w) 5 Walter Gropius, Bauhaus, Dessau 1925/26; Stefan Oemisch, Wikimedia commons, liz. unter CreativeCommons-Lizenz by SA 3.0 de (URL: https://creativecommons.org/licenses/ by-sa/3.0/); Farbänderung (s/w) 6 Ludwig Mies van der Rohe, Villa Tugendhat (Wohnraum mit Glaswand), Brno 1928 – 30, in: Riezler, Walter: „Das Haus Tugendhat in Brünn“, S. 329, in: Die Form. Zeitschrift für gestaltende Arbeit, 9, 1931, S. 321 – 332 Angela Lammert

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Iannis Xenakis, Philips-Pavillon, Expo Brüssel 1958, in: Internationale Datenbank für Ingenieurbauwerke, https://structurae.de/bauwerke/philips-pavillon, Bild 103296, Fotograf: Louis Warzée 2 Oskar Niemeyer, Kathedrale, Brasilia 1959 – 70, in: Attila Batár: Lucien Hervé. Budapest 1992, 65 3 Iannis Xenakis, Entwurfszeichnung für den Philips-Pavillon, 1956/58, Manuskriptseite, Bibliothèque nationale de France, Archives Xenakis, in: Notation. Kalkül und Form in den Künsten. Berlin 2008, S. 246 4 Władysław Strzemiński, Neoplastischer Raum, Muzeum Sztuki Łódź, 1948, aus: http://www.kunstbus.nl/kunst/ wladyslaw+strzeminski.html 5 Iannis Xenakis, Innengestaltung des Polytop (Jean Faugeron), Expo Montreal 1967, in: Iannis Xenakis. Composer, Architect, Visionary. The Drawing Center 2010, Pl 28, Collection: Françoise Xenakis 6 Anthony McCall: Between You and I, 2006; Tenth minute, Installation at Peer / The Round Chapel, London 2006, Foto: Hugo Glendenning © Anthony MCall 2006, in: Bomb

211

Magazin. Anthony McCall by Stephen Johnstone & Grahan Ekkard, 1. Oktober 2006 (https://bombmagazine.org/articles/ anthony-mccall/) Lutz Robbers

1

2

3

4

5

6

Hans Richter, Präludium, 1919, Bleistiftzeichnung, aus: Stephen C. Foster (Hg.): Hans Richter: Activism, Modernism, and the Avant-garde. MIT Press, Cambridge, Mass. 1998, S. 12 Ludwig Mies van der Rohe, G (Titelblatt No.3), 1924, aus: Michael W. Jennings und Detlef Mertins (Hg.): G: An Avant-Garde Journal of Art, Architecture, Design, and Film, 1923 – 1926. Getty Research Institute, Los Angeles 2010, S. 111 Ludwig Mies van der Rohe, Barcelona Pavillon (Innenraumperspektive), 1928 – 29, Mies van der Rohe Archive, Museum of Modern Art, New York. Artists Rights Society (ARS), New York Festsaal Hellerau, 1912, Fotografie, aus: Marco De Michelis: Heinrich Tessenow, 1876 – 1950. Das architektonische Gesamtwerk. Dt. Verlagsanstalt, Stuttgart 1991 Ludwig Mies van der Rohe, Barcelona Pavillon (Nachtansicht), 1929, Fotografie, aus: Berliner Bildbericht 1929 Ludwig Mies van der Rohe, Barcelona Pavillon (am Abend vor der Eröffnung, 26.5.1929), Fotografie; Klassik-Stiftung Weimar, Bauhaus-Museum, Privatbesitz

Carolin Hoefler

1 Norman Foster, Steve Jobs Theater, Apple Park, Cupertino, 2017 © Duncan Sinfield, 2017, https://www.youtube.com/ watch?v=GSGPjE3fhKA (Stand: 01.12.2017) 2 Diller + Scofidio, Blur Building, Expo.02, Yverdon-lesBains, 2000 – 2002 © Norbert Aepli, 2002, https://commons. wikimedia.org/wiki/File:20020717_Expo_Yverdon_23.JPG (Stand: 01.12.2017) 3 Diller + Scofidio, Blur Building, Expo.02, Yverdon-les-Bains, 2000 – 2002 © Carolin Höfler, 2002

Abbildungsverzeichnis

4 E.A.T., Pepsi Pavillon mit Nebelskulptur von Fujiko Nakaya, Expo 1970, Osaka, 1968 – 1970; Shunk-Kender Photography Collection, © J. Paul Getty Trust. The Getty Research Institute, Los Angeles (2014.R.20) 5 E.A.T., Pepsi Pavillon, Expo 1970, Osaka, 1968 – 1970. Verspiegelter Kuppelraum © Fujiko Nakaya, in: Klüver, Billy/ Martin, Julie/Rose, Barbara (Hg.): Pavilion: Experiments in Art and Technology. Dutton, New York 1972, S. 122 6 Diller + Scofidio, Blur Building, Expo.02, Yverdon-les-Bains, 2000 – 2002 © Carolin Höfler, 2002 Christina Jauernik

1 – 3 Handkamera. Blicksequenz vom rechten Handgelenk auf den Hinterkopf, entlang des Rückens, in das Innere: vom Becken aus Richtung Zunge, Augen, Stirn. © INTRA SPACE 4 – 6 Handkamera © INTRA SPACE 7 Christina trägt das neon-grüne Gerüst. © INTRA SPACE 8 Projektionsraum mit Carla © Foto: Günter Richard Wett 9 Carla und Christina © INTRA SPACE Evelyn Echle

1 Fantasmagorie de Robertson, 1797 2 Michael Snow, Solar Breath (Northern Caryatids) 2002, Installationsansicht, Wiener Secession 2012, Foto: Wolfgang Thaler 3 Michael Snow, Solar Breath (Northern Caryatids) 2002, Filmstill 4 Michael Snow, Solar Breath (Northern Caryatids) 2002, Filmstill

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Register

Schlagworte

Aktualität 158 Apparat 29, 48, 75, 105, 108f, 115 – 117, 151, 158, 169, 173 Architektur (grundlegend) 18 – 28 Architekturtheorie 11, 18f, 24, 73, 145, 172, 193, 204 Atmosphäre 11, 84, 90, 134, 136f, 139f, 140, 145, 148f, 151f, 153, 172f, 175, 179f, 192, 202f, 206f Aura 46, 104, 137 – 139, 147f, 179 Baldachin 73, 75, 79, 82 Barock 11f, 90, 102 Bauhaus 28, 45, 68f Berührung 27, 95, 143f, 148f, 158, 161, 163 – 167 Bewegung 14, 16, 19 – 21, 25, 27, 29, 46, 66, 83, 89, 91, 93, 96 – 117, 122, 126, 129, 132, 138f, 142 – 145, 146 – 153, 158, 160 – 169, 173, 175, 177, 179 Bild 11f, 14 – 21, 23 – 26, 27f, 32, 35, 40, 42, 44f, 61 – 72,

75 – 83, 86 – 94, 96 – 118, 123 – 155, 158, 163, 165, 167, 171 – 179 Darstellung 11, 13, 18, 66, 78, 90, 109, 111, 125, 129, 172, 179, Dazwischen 11, 18, 24, 28, 38, 77f, 104, 137, 165f diaphane Struktur 21f, 61, 63 – 65, 68, 76, 83, 94, 96, 100, 171, 175, 179 Diaphanorama 171 Diffusion 18, 113, 123, 126, 134 – 137, 139, 145, 147, 150 – 155 Digitale 11, 16, 27, 90f, 99, 135 – 137, 145, 150, 152f Diorama 25 Donning 162, 164f Durchscheinen 11, 13, 18, 20f, 25, 61, 65, 96, 100, 121, 124f, 131, 134 – 136, 143f, 151f, 154, 164f, 171f, 175, 179 Ephemer 21, 24, 87 Epiphanie 12, 75, 80 Erhaben 12 Erscheinen 11f, 19, 21, 23, 39, 46, 48, 63 – 65, 67, 68, 87f,

Register

91, 96, 98, 100, 103 – 106, 117, 121 – 125, 127 – 131, 134, 136, 143 – 145, 147f, 151, 158, 167f, 172, 174 – 176, 179 Entwurf 12, 19, 24, 38, 44, 48, 87, 90 – 94, 96, 97, 100, 117, 128, 135 – 137, 144, 150 Fenster 14, 20, 25, 27, 32 – 26, 40, 46f, 61, 64, 70, 77, 84, 96, 109, 122 – 129, 154, 171 – 180 Figur-Grund-Relation 64 – 68, 76, 210 Film 16, 20 – 27, 87f, 90f, 94, 98f, 103f, 106 – 109, 112, 130, 132, 134, 146, 150, 169, 171, 173 – 180 Fotografie 14 – 17, 24, 28, 33, 49, 87f, 97, 103, 111, 114 – 116, 123 – 135, 175, 178 Gelenk 160 – 170 Gerüst 138, 140, 160 – 170 Gestaltpsychologie 23, 65, 73 Glas 30 – 50, 61, 68, 70, 72, 77f, 80, 83, 96, 102, 105, 110f, 123 – 125, 129, 137, 140f, 171, 180 Gotik 11, 14, 21, 23, 27, 31f, 34f, 38f, 51, 61 – 85, 88, 96, 154, 171, 175, 179 Gott 12f, 32, 34, 36, 40, 42, 52, 75, 79f, 83 – 85, 146 Grenze 18, 23, 31, 62 – 71, 74, 76, 83 – 85, 87f, 91 – 93, 100, 102, 108, 123, 132f, 136f, 140, 143, 147 – 150, 154, 158, 163 – 167, 174 Ikon 24, 28, 87, 128 – 130

Immersion 88, 101, 142, 150f, 173 Installation 19, 97, 136, 142, 169, 175, 180, 196 Kaleidoskop 15, 127 Kamera 15, 25, 123, 127, 167, 169, 175, 178 Kathedrale 11, 21, 23f, 27, 32, 34f, 38f, 63f, 67, 70, 72 – 85, 88, 90, 96, 154, 171, 175, 179 Klang 17, 89, 91 – 94, 97, 100, 144, 151, 175 Körper 13, 18 – 21, 25, 27, 34, 38, 61, 63 – 70, 77 – 79, 82, 84, 88, 90, 94, 96, 100, 105f, 109, 111 – 113, 116f, 135f, 142 – 155, 158, 161 – 170, 179 Kristall 21, 31, 37 – 43, 78, 123f, 140 – 143, 146 Kunstgeschichte 18, 23, 63, 70f, 83, 85 Laterna magica 172f Leib 19, 21, 29, 63, 79, 83 – 85, 153, 175 Licht 11 – 18, 20f, 23f, 31 – 42, 44, 50, 61, 63 – 65, 68f, 76 – 81, 83f, 88, 94, 96 – 100, 108 – 116, 122 – 129, 136f, 139f, 143 – 151, 154f, 158, 171f, 177 – 179 Lithophanie 171 Liturgie 75, 85 Malerei 12, 14f, 18, 33, 83, 95, 103, 129, 174 Material 11 – 13, 18 – 20, 24, 27, 31, 39, 43f, 46f, 51, 63, 68, 77, 98, 105f, 109, 111, 113f, 123, 126f, 130f, 133, 135,

215

138, 146, 149 – 153, 165, 171 – 174, 177f, 180 Metaphysik 34, 76f, 79, 153 Mediatisierung 137 Medium 12f, 20f, 24, 27, 65, 78, 84, 104f, 108f, 111, 116, 121, 125, 128, 141, 143f, 147, 149, 154f, 165, 171 Moderne 13, 23f, 28, 31f, 40, 46f, 52, 61f, 64, 68, 70, 72f, 77f, 83, 87 – 90, 101, 103f, 106, 108, 111, 117, 125, 136f, 145, 149f, 152 Montage 103 – 105, 110 – 112, 114 – 115, 117, 133 Mystik 12, 34, 83 Nacht 15, 37, 43, 115, 121, 151, 175 Nebel 98, 121, 134f, 138, 140 – 154 Notation 24, 87, 91, 93f, 100 Oberfläche 16, 18, 20, 24, 27, 31, 48, 89, 91f, 94, 100, 111, 122 – 126, 143f, 149f, 158, 163f, 168, 175, 178 ombres chinoises 171 Opazität 84, 135, 138, 140, 148, 174 Pavillon 24, 40, 88 – 97, 101, 104, 111 – 116, 131, 137, 140 – 146, 152 Performance 19 Phänomenologie 19f, 23, 25, 27, 29, 63, 65, 73, 75, 78, 82, 85, 87f, 104, 136, 146 Phantasmagorie 41, 172, 179 Phantom 121f Präsenz 12f, 19 – 21, 85, 149, 167, 180

Prozess 11, 14, 16, 24, 50, 77f, 87, 90f, 94, 100, 104, 108, 117, 124, 130, 134f, 137, 139, 148, 151f, 163f, 170, 176, 179 Raumerleben 136, 144, 146, 149, 175 Raumlose 76 Raumzeit 152, 175 Rhythmus 90, 93, 97, 104, 109, 113, 177f Semiotik 76, 84, 87f, 105, 152 Sichtbarkeit 11 – 13, 20f, 27f, 35, 39, 41, 50, 81f, 84, 108f, 116, 121, 133, 137, 142f, 147f, 151f, 151, 155, 158, 161, 164 – 166, 169, 175, 180 Skulptur 15, 19, 24, 96, 98, 140f, 146 Spiegel 14, 16, 25, 30f, 40, 47, 68, 97, 114, 123f, 127, 131, 133, 140 – 144, 152, 167, 169, 174 Spuren 14, 45f, 77, 84, 126, 128, 130 Stimmung 16, 20f, 25, 78, 126, 179f Transformation 77, 83f, 91, 93 Transparenz 16 – 18, 20f, 23 – 27, 30 – 34, 36, 41, 43, 46 – 48, 50f, 73f, 76 – 78, 80f, 83f, 88, 104f, 115, 121, 131, 134 – 140, 147 – 153, 155, 171, 173f, 177, 180 Transzendenz 75, 82 Unbestimmtheit 21, 27f, 63f, 76, 126, 136, 143

Register

Unschärfe (blur) 25, 87, 91, 93f, 100, 126, 132, 135 – 140, 144 – 146, 150 – 153, 168 Utopie 31f, 36, 41 – 46, 97, 139 Virtualität 20, 91, 93, 149 Wahrnehmung 18 – 20, 24, 27, 34, 61, 64 – 70, 84f, 87, 90f, 96, 100f, 103 – 106, 108f, 111 – 117, 136, 140, 142, 144 – 154, 158, 166, 168, 172 – 174, 177f Wolke 47, 93f, 97, 105, 137 – 141, 144f, 150f, 155, 158, 173 Zeichen 34f, 46, 48, 76, 82f, 87 – 90, 104, 106, 110 – 116, 122, 124, 129, 152 Zeit 11, 14f, 21, 23, 25, 29, 31f, 39, 43, 46, 50, 61f, 66, 70, 84, 88, 91, 94, 96, 100, 106f, 109, 112, 115, 123 – 125, 127 – 130, 132f, 139, 148f, 152, 158, 161, 163f, 166, 175, 177 Personen

Abt Suger (Abbé Suger) 32 – 38, 51, 75, 77f Alberti, Leon Battista 20, 103, 174, 180 Alloa, Emmanuel 20f, 29, 101, 117, 153, 165, 170, 180 Antonioni, Michelangelo 150 Appia, Adolphe 113, 118 Aquin, Thomas von (Thomas Aquinas) 34f, 73, 81, 84 Aristoteles 20f, 28f, 64f, 69, 71, 82, 154, 171 Arnheim, Rudolf 71, 171, 179

Benjamin, Walter 31, 39, 41 – 46, 49, 51 – 53, 100, 102, 104f, 117, 119 Bergson, Henri 108, 112 Beyer, Andreas 19, 23, 29, 87, 90, 101, 118, 155 Bill, Max 89 Böhme, Gernot 85, 184, 155, 172, 179f Bollnow, Otto Friedrich 147 – 150, 154 Boullée, Étienne-Louis 12f, 105 Bredekamp, Horst 29, 105, 118 Breton, André 43, 52 Brown, Trisha 169 Bucher, Lothar 38, 51 Burioni, Matti 19, 23, 29, 87, 118, 155 Busoni, Ferruccio 108 Carla 158 – 169 Christina 162 – 169 Cuvier, Georges 127f, 133 Deleuze, Gilles 108, 112, 115, 118f Descartes, René 30, 84 Didi-Huberman, Georges 23, 29, 87, 101, 147, 154 Diller + Scofidio (Elizabeth Diller und Ricardo Scofidio) 25, 132, 137f, 140f, 145, 150f, 153f Doesburg, Theo van 103, 109 Dostojewski, Fjodor Michailowitsch 41 – 43, 52 Ebeling, Siegfried 69, 72, 84 Eggeling, Viking 106 – 108 Ehrenfels, Christian von 66, 71 Eisenstein, Sergej 118 Eitner, Lorenz 173

217

Evans, Robin 104, 116f, 119, 131f Ferrari, Federico 167, 170 Foster, Norman 102, 135 Foucault, Michel 48, 70 Fuller, Richard Buckminster 140 Gantner, Joseph 81, 134, 153 Gebser, Jean 62, 71 Gerstenberg, Kurt 62, 70 Gill, Irving 130, 133 Graham, Dan 48, 50, 53 Grave, Johannes 19, 23, 29, 87, 118, 155 Gropius, Walter 68f, 72, 90 Grosseteste, Robert 34 Hamsun, Knut 67, 71 Hays, K. Michael 118, 122, 131 Heidegger, Martin 62f, 66f, 71f, 81, 83 Herzog de Meuron (Herzog & de Meuron) 24, 90, 127 – 129, 133 Hildebrand, Adolf von 19, 29, 146, 154 Husserl, Edmund 63, 146, 154 Jain, Bijoy 134 Jantzen, Hans 21, 23, 29, 51, 61 – 85, 96, 101, 154, 171, 175, 179 Johnson, Philip 107 Joyce, James 73 Kerez, Christian 134 Kleist, Heinrich von 167, 170 König, Franz Nikolaus 171, 179 Kohlmaier, Georg 36, 51f Kwinter, Sanford 168, 170 Labrouste, Henri 128, 130 Latour, Bruno 117, 119 Le Corbusier 11, 13, 45f, 68f, 72, 83, 88, 91, 97

Lenin, Vladimir Iljich 36 Linfert, Carl 102, 104, 105, 117 Loos, Adolf 45f, 132 Matta-Clark, Gordon 99 McCall, Anthony 24, 98 – 102 Merleau-Ponty, Maurice 29, 71, 146, 154 Mersch, Dieter 149, 155 Mies van der Rohe, Ludwig 11, 13, 23f, 44f, 47, 52, 69f, 103 – 113, 116 – 118, 122f, 131f Mondrian, Piet 103 Nakaya, Fujiko 140f, 153 Nash, Paul 121, 131 Niemeyer, Oskar 88, 90 Nièpces, Nicéphore 124 Nouvel, Jean 128 Palazzeschi, Aldo 43, 52 Palladio, Andrea 122 Panofsky, Erwin 33f, 51, 77, 83, 174, 180 Paxton, Joseph 37 – 40, 43 Peirce, Charles Sanders 78, 82 Platon 12, 30, 35, 77, 81, 83 Proust, Marcel 61, 70 Pseudo – Dionysius Areopagita 12, 34, 36 Radic, Smiljan 134 Richter, Hans 106ff, 112, 118 Richter, Gerhard 128 Robertson, Etienne – Gaspard 172f Ruegenberg, Sergius 113, 118 Rowe, Colin 23, 72 Salzmann, Alexander von 113, 118 Scharoun, Hans 125 Scheerbart, Paul 43 – 46, 52, 83 Scherchen, Hermann 94, 101

Register

Schinkel, Karl Friedrich 127f Schmarsow, August 146, 154 Schmitt, Carl 67, 72 Schmitz, Hermann 148, 155 Schwarz, Rudolf 68, 72 Sebald, W.G. 100, 102 Sedlmayr, Hans 23, 51, 73 – 85 Semper, Gottfried 146 Sennett, Richard 47, 53 Serres, Michel 148, 155 Shulman, Julius 126, 132 Simmel, Georg 173, 179 Simson, Otto von 51, 77, 81, 84f Skidmore, Owings & Merrill 47 Slutzky, Robert 23, 72 Snow, Michael 27, 171, 175 – 180 Strzemiński, Władysław 95, 97 Sullivan, Louis 126, 132 Talbot, William Fox 14, 124f, 132 Tarkovsky, Andrei 134 Taut, Bruno 43f, 83 Terragni, Giuseppe 15, 127 Tessenow, Heinrich 113 Tschernyschewski, Nikolai 36f, 42 Tugendhat, Fritz 123 Turchesi, Fabio 90 Valéry, Paul 30, 51, 121, 124, 130, 133 Varèse, Edgar 88, 91, 93 Vasiliu, Anca 36, 51 Vidler, Anthony 31, 51 Weiß, Konrad 67 Wiesing, Lambert 19, 29 Wong, Kar-Wai 22, 25 Wright, Frank Lloyd 33, 126, 132 Xenakis, Yannis 88, 91 – 98, 101

Architekturen

Asilo Sant’Elia 15 Barcelona Pavillon 104, 111 – 116, 123, 131 Basilika 12, 32f Basilique de Saint-Denis (Basilika von Saint-Denis) 32 – 34, 51, 67, 75 Bauhaus Dessau 68f Bibliothèque SainteGeneviève 128 Blur Building 25, 137 – 140, 144 – 147, 150 – 152 Bürohaus in Eisenbeton 109 Casa del Fascio 16, 59, 127 Chartres 79 Dominus Weingut 127 Festsaal Hellerau 113f Hochhaus Friedrichstraße 44f, 103, 110 Hochschulbibliothek in Eberswalde 129 – 131 Institut du monde arabe 128 Kapelle der Verzückung der Heiligen Theresa 11 Kathedrale für Brasilia 88, 90 Kristallpalast 21, 37 – 42 Lever House 47 Muzeum Sztuki 95, 102 Neoplastischer Raum in Łódz 95 Neue Nationalgalerie Berlin 11 New York 15, 17, 47, 50, 137 Panopticon 48 Pepsi Pavillon in Osaka 140 Philips – Pavillon in Brüssel 24, 88 – 97, 101 Potsdamer Platz 49f Queen’s College 14 Ronchamp 11

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Seagram Building 47 Steve Jobs Theater 135 Villa Charlottenhof 127 Villa Rotonda 122 Villa Savoye 69 Villa Tugendhat 69f, 113, 122f, 131

AutorInnen

Emmanuel Alloa ist Research Leader in Philosophie an der

School of Humanities and Social Sciences der Universität St. Gallen, an der er zuvor von 2012 bis 2016 als Assistenzprofessor für Kulturphilosophie tätig war. In Paris lehrt er an der Universität Paris 8 Ästhetik. Gastprofessuren führten ihn nach Brasilien, Mexiko, Frankreich, Österreich und er war Fellow diverser Institutionen (IKKM Weimar, Italian Academy in New York, Belgische Akademie der Künste und Wissenschaften). Dem NFS Bildkritik Eikones in Basel, wo er 2008 bis 2012 wissenschaftlicher Mitarbeiter war, bleibt er als Senior Fellow verbunden. Für seine Arbeiten wurde er mit dem Latsis-Preis 2016 ausgezeichnet. Jüngste Veröffentlichung: Resistance of the Sensible World. An Introduction to Merleau-Ponty (New York 2017); (Hg.) Penser l’image III. Comment lire les images (Dijon 2017); Das durchscheinende Bild. Konturen einer medialen Phänomenologie (2. Auflage, Berlin/Zürich 2018); (Hg. mit Dieter Thomä) Transparency, Society, Subjectivity. Critical Perspectives (London 2018). Gegenwärtig schreibt Emmanuel Alloa an einer Kritik der Transparenzgesellschaft. Evelyn Echle ist wissenschaftliche Adjunktin an der Philoso-

phischen Fakultät der Universität Zürich, von 2015 bis 2017 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Architekturdepartement der ETH Zürich. Evelyn Echle erlangte ihr Doktorat an der Filmuniversität «Konrad Wolf» in Potsdam-Babelsberg und der Universität Zürich mit einem von der Studienstiftung des deutschen Volkes geförderten Projekt zum Ornament im Stummfilm. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen an den ästhetischen Schnittstellen zwischen Film/Medien-, Architektur- und Designtheorie. Seit 2007 ist sie Mitherausgeberin der Zeitschrift Montage AV.

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Evelyn Echle ist außerdem Autorin der Bücher Ornamentale Oberflächen. Spurensuche zu einem ästhetischen Phänomen des Stummfilms (Marburg 2018) und Danse Macabre im Kino. Die Figur des personifizierten Todes als filmische Allegorie (Stuttgart 2009). Kurt W. Forster ist emeritierter Professor für Architektur- und Kunstgeschichte an der Yale School of Architecture. Er unterrichtete in diesen Fächern u.a. an der Stanford University, am Massachusetts Institute of Technology (M.I.T.), an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich und an der Bauhaus-Universität Weimar. Forster war Direktor des Schweizerischen Instituts in Rom, Gründungsdirektor des Getty Research Instituts in Los Angeles und Leiter des Canadian Centre for Architecture in Montreal. Er ist Beiratsmitglied am Centro internazionale di studi di architettura, Andrea Palladio, in Vicenza, der Stiftung Bauhaus Dessau und accademico di San Lucca in Rom. Das Royal Institute of Architects hat ihn zum Ehrenmitglied gewählt, 2009 erhielt der den Meret Oppenheim Preis und 2015 den Architekturpreis der American Academy of Arts and Letters. Forsters Publikationen berühren die Malerei und Architektur der Renaissance (Pontormo; Giulio Romano; Palladio) als auch das Werk Karl Friedrich Schinkels (Birkhäuser 2018) und zahlreicher zeitgenössischer Architekten (Scarpa, Mollino, Rossi, Gehry, Eisenman, et al. Er hat auch zur zeitgenössischen Fotografie (Ruff; Chiaramonte; Lambri) publiziert und Ausstellungen zu Karl Friedrich Schinkel (Chicago, 1994), Carlo Scarpa (Verona und Vicenza, 2000) sowie zu Herzog & de Meuron (Montreal, 2002, Basel, 2003) konzipiert und die 9. Architekturbiennale in Venedig (2004) geleitet. Eben ist seine Studie zu Warburgs Kulturwissenschaft (Berlin: Matthes & Seitz) erschienen. Jörg H. Gleiter ist seit 2012 Professor für Architekturtheorie und

geschäftsführender Direktor des Instituts für Architektur der Technischen Universität Berlin. Zuvor war er von 2005 bis 2012 Professur für Ästhetik an der Freien Universität Bozen. Er hatte verschiedene Gastprofessuren in Japan, Italien, Deutschland und USA inne. Zu Jörg Gleiters Forschungsschwerpunkten gehören Architekturphilosophie und -theorie, kritische Erkenntnistheorie der Architektur, Architektursemiotik, Theorie des Ornaments und Friedrich Nietzsche. Zudem ist er Herausgeber der Reihe ArchitekturDenken (Transcript Verlag Bielefeld) und Mitherausgeber der Internatio-

AutorInnen

nalen Internet Zeitschrift für Architekturtheorie Wolkenkuckucksheim. Seine Publikationen umfassen unter anderem: Architekturtheorie. Grundlagen, Bd. 1, Traditionelle Theorie 1863 – 1938, Berlin 2019; Architektur und Philosophie. Grundlagen. Standpunkte. Perspektiven, hrsg. v. Jörg H. Gleiter und Ludger Schwarte, Bielefeld 2015; Der philosophische Flaneur – Nietzsche und die Architektur, Würzburg 2009; Rückkehr des Verdrängten. Zur Kritischen Theorie des Ornaments in der architektonischen Moderne, Weimar 2002. Carolin Höfler ist seit 2013 Professorin für Designtheorie und

-forschung an der Köln International School of Design der Technischen Hochschule Köln. Sie studierte Kunstgeschichte, Neuere deutsche Literatur und Theaterwissenschaft (Magister) sowie Architektur (TU Diplom) in Köln, Wien und Berlin. 2009 promovierte sie bei Horst Bredekamp mit der Arbeit Form und Zeit. Computerbasiertes Entwerfen in der Architektur an der HumboldtUniversität zu Berlin. Zwischen 2003 und 2013 war sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Akademische Rätin am Institut für Mediales Entwerfen der Technischen Universität Braunschweig tätig. Ihre Arbeitsschwerpunkte liegen in den Bereichen Räumlichkeit und Medialität, Architektur und Bildwissenschaft sowie Geschichte und Theorie des Entwerfens. Zuletzt erschienen: „Body Voyage. Rekonstruktionen aus Schnittserien“, in: Sabine Ammon, Inge Hinterwaldner (Hg.): Bildlichkeit im Zeitalter der Modellierung. Operative Artefakte in Entwurfsprozessen der Architektur und des Ingenieurwesens, München 2017; „Grow | Degrow. Materialwerdung zwischen Exzess und Kalkül“, in: Nikola Doll, Horst Bredekamp, Wolfgang Schäffner (Hg.): +ultra. Wissen schafft Gestaltung, Ausst.-Kat., Berlin, Martin-Gropius-Bau, Leipzig 2016. Christina Jauernik ist seit 2015 künstlerische Mitarbeiterin am

Forschungsprojekt INTRA SPACE und verfasst ihre Dissertation an der Akademie der bildenden Künste Wien bei Wolfgang Tschapeller. Seit 2012 arbeitet sie im Architekturbüro von Wolfgang Tschapeller in Wien, unter anderem an der Ausstellung und Publikation “Hands have no tears to flow. reports from | without architecture“ für den Österreich Pavillon bei der Architekturbiennale in Venedig 2012 und dem Projekt Fine Arts Library an der Cornell University in Ithaca, New York. Christina Jauernik studierte Kunst und Architektur an der Akademie der bildenden Künste Wien und an der Universität

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der Künste Berlin sowie zeitgenössischen Tanz an der Hogeschool voor de Kunsten Amsterdam und Choreographie als Ortsbezogene Kunst am Dartington College of Arts, Großbritannien. Für ihre eigenen künstlerisch-experimentellen Arbeiten hat sie 2017 das MAK Schindler Stipendium für Architektur (Ersatzprojekt), 2016 das START Stipendium für Architektur und Design des Bundeskanzleramts, 2015 das Margarete Schütte-Lihotzky Stipendium des Bundesministeriums für Kunst und Kultur, IMPACT13 des choreographischen Zentrums PACT Zollverein Essen, 2006 das Danceweb Stipendium bei ImPulsTanz erhalten. Ulrike Kuch ist seit 2015 wissenschaftliche Mitarbeiterin mit

dem Schwerpunkt Architekturtheorie und -geschichte an der Fakultät Architektur und Urbanistik der Bauhaus-Universität Weimar. Sie studierte Architektur in Weimar, Helsinki und Berlin. Mit der interdisziplinären Arbeit „Die Treppe im Film“ wurde Ulrike Kuch 2014 an der Fakultät Medien der Bauhaus-Universität Weimar bei Professor Lorenz Engell promoviert. Neben ihrer Lehr- und Forschungstätigkeit in Weimar ist sie als freie Mitarbeiterin am Bauhaus-Archiv/ Museum für Gestaltung in Berlin tätig. Ihre Forschungsinteressen tangieren die Bildlichkeit der Architektur, Architektur und Film, Phänomenologie der Architektur und Bauhaus und Film. Zuletzt erscheinen: „Zwischenraum, Leib, Chronotopos. Zum Erscheinen von Zeit auf der Treppe des Films“, in: J. Binotto (Hg.), Film | Architektur. Perspektiven des Kinos auf den Raum. Berlin 2017; „Architecture and the Image in Motion. Eisenstein, Le Corbusier and the Image in motion“ in: C. Cieri Via (Hg.), The silence of images. Theories and processes of artistic invention. Edizioni musei vaticani, Rom [im Erscheinen]; Lemmata Treppe und Swimmingpool, in: M. Böttcher et al. (Hg.), Wörterbuch Kinematographischer Objekte, Berlin 2014. Angela Lammert ist Leiterin interdisziplinärer Sonderprojekte der Sektion Bildende Kunst der Akademie der Künste Berlin und Privatdozentin am Institut für Kunst- und Bildgeschichte der Humboldt Universität zu Berlin. Sie studierte Kunstgeschichte, Klassische Archäologie und Kulturtheorie. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören Raum- und Notationstheorie, Geschichte und Theorie der Moderne wie der Fotografie und Skulptur und die Schnittstelle

zwischen Kunst und Wissenschaft. Sie veröffentlichte und kuratierte zahlreiche Publikationen und Ausstellungen zur Kunst des 19. bis 21. Jahrhunderts, unter anderem John Heartfield, „Photographie plus Dynamit“, hg. mit Anna Schultz, Rosa von Schulenburg (Berlin 2018), „Grenzverwischungen Gegenkulturen Grauzonen“, in: Underground und Improvisation. Alternative Musik und Kunst nach 1968 (Berlin 2018); Bildung und Bildlichkeit von Notation. Von der frühen Wissenschaftsfotografie zu den Künsten des 20. Jahrhunderts (München 2016); Film als Skulptur? (Dortmund 2016); Elemental Gestures – Terry Fox, hg. mit Arnold Dreyblatt (Dortmund 2015); Gordon Matta Clark. Moment to Moment. Space., hg. mit Hubertus von Amelunxen und Philip Ursprung, Nürnberg 2012; Iannis Xenakis. Kontrolle und Zufall, hg. mit Hubertus von Amelunxen (Berlin 2011), O Desejo da Forma. Das Verlangen nach Form. Brasilianische Kunst vom Neoconcretismo und zeitgenössische Kunst in Brasilien., hg. mit Camillo Osorio, Robert Kudielka (Berlin 2010), Raum. Orte der Kunst, hg. mit Matthias Flügge und Robert Kudielka, Nürnberg 2007. Luisa Lambri ist bildende Künstlerin. Ihre Arbeiten stellen die fotografische und filmische Erforschung und Erfahrung des Raums der Künste und der Architektur in den Mittelpunkt. Luisa Lambris Werke wurden unter anderem in der Tate Modern, London; im Metropolitan Museum, New York; in der Menil Collection, Houston; im Isabella Stewart Gardner Museum, Boston; im Museum of Contemporary Art, Chicago; im Carnegie Museum of Art, Pittsburgh; im Solomon R. Guggenheim Museum, New York; im Hammer Museum, im J. Paul Getty Museum und im County Museum of Art in Los Angeles; im Kettle’s Yard, Cambridge; im Museum of Contemporary Art Kanazawa; im Fotomuseum Winterthur; im Museo Rufino Tamayo, Mexico City und in der Albright-Knox Art Gallery, Buffalo ausgestellt. Bei der 48sten Biennale in Venedig 1999 wurde Luisa Lambri der Goldene Löwe für die Ausstellung ihrer Arbeiten im italienischen Pavillon zuerkannt. Renate Maas ist in der Kunstvermittlung der Hamburger Kunsthalle

und des Museums für Kunst und Gewerbe Hamburg sowie als Lehrbeauftragte tätig, außerdem arbeitet sie als freie Künstlerin und wissenschaftliche Autorin. Promotion 2011 an der Universität

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Hamburg mit einer Arbeit über Wahrnehmung und Begriff des künstlerischen Raums in Philosophie und Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts. Renate Maas studierte Kunstgeschichte, Philosophie, Freie Kunst, Pädagogik und Betriebswirtschaftslehre. Ihre For­­ schungsschwerpunkte sind Phänomenologie und Ontologie von Kunst, Raum und Zeit, Kunst- und Architekturtheorie, Rezeptions-, Wissenschafts- und Stilgeschichte sowie Kunst und Design der Moderne und Gegenwart. Zu ihren jüngsten Veröffentlichungen gehören: Diaphan und gedichtet. Der künstlerische Raum bei Martin Heidegger und Hans Jantzen, Kassel 2015; „Bernwards Tür als Ereignis der Gegenwart“, in: M. Brandt/G. Winner (Hg.), übergänge | transitions. Gotthard Graubner – Bernwardtür – Qiu Shihua, Ausst.Kat., Hildesheim 2014; „Der Bildraum als Symbol historischen Anfangs und ontologischen Ursprungs: Hans Jantzens Analyse ottonischer Malerei“, in: I.  Baumgärtner, F. Sick, P.-G. Klumbies (Hg.), Raumkonzepte. Disziplinäre Zugänge, Göttingen 2009. Lutz Robbers ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Jade Hochschule in Oldenburg. Er promovierte in Geschichte und Theorie der Architektur an der Princeton University und lehrte unter anderem an der RWTH Aachen, an der Bauhaus-Universität Weimar und der Columbia University. Lutz Robbers war Research Fellow am Internationalen Kolleg für Kulturtechnikforschung und Medienphilosophie (IKKM) der BauhausUniversität Weimar. Er arbeitete und forschte an der Cité de l’architecture et du patrimoine in Paris, am „Cities Programme“ der London School of Economics und am Deutschen Forum für Kunstgeschichte in Paris. Lutz Robbers ist Mitherausgeber der Zeitschrift Candide – Journal for Architectural Knowledge. Seine Publikationen umfassen unter anderem: „Mies’s Laughter“, in: R. Capdevila-Werning (Hg.), Mies van der Rohe: Barcelona 1929, Chicago 2018. „Without Pictorial Detour: Benjamin, Mies and the Architectural Image“, in: Footprint 18, 2016; „1912 – Hellerau as Spielraum“, in: M. Widrich, M. Stierli (Hg.), Participation in Art and Architecture: Spaces of Participation and Occupation, London 2015; „Film als Dispositiv in G: Material zur elementaren Gestaltung“, in: Kritische Berichte, no.  4, 2012; „Filmkämpfer Mies“, in: K. Plüm (Hg.), Mies van der Rohe im Diskurs: Innovationen – Haltungen – Werke, Bielefeld 2013;

„Espaces pour jeux de lumière: Mies van der Rohe, le cinéma, l’innervation“, in: L. Andreotti (Hg.), Spielraum: Walter Benjamin et l’architecture, Paris 2011; „Die Metropole als Attraktion“, in: J.-L.  Cohen, H.  Frank  (Hg.), Metropolen 1850 – 1950: Mythen – Bilder – Entwürfe/mythes – images – projets, Berlin 2010. Stepan Vaneyan ist seit 1999 Professor für Kunstgeschichte

und -theorie an der Lomonossow Universität. Dort absolvierte er auch das Studium zur Theorie und Geschichte der Kunst und wurde 1999 promoviert. Seine Forschungsinteressen umfassen die Kunsttheorie, Methodologie der Kunstgeschichte (einschließlich der Wiener Schule der Kunstgeschichte), Ikonographie, Ikonologie sowie Hermeneutik der Architektur, besonders der sakralen Architektur. Stepan Vaneyan publizierte 6 Bücher und 112 Artikel. Zu ihnen zählen Monographien über Ernst Gombrich und Hans Sedlmayr, sowie Beiträge zur Ikonographie sakraler Architektur in der europäischen Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts. In seinen Artikeln widmet er sich Aby Warburg und Erik Forssman sowie den Übersetzungen von Arbeiten Heinrich Wölfflins, August Schmarsows, Hans Jantzens, Dagobert Freys, Wilhelm Worringers, Hans Sedlmayrs, Joseph Gantners, Günter Bandmanns, Christian Norberg-Schulz’, Max Imdahls und Hans Beltings ins Russische. Unter seinen Publikationen sind besonders hervorzuheben: Gombrich or Science and Illusion: Studies on Textual Pragmatics, Moskau 2015 (russ.); Architecture. Meaning, Language, Interpretation: Texts and Commentaries, Moskau 2014 (russ.); Architecture and Iconography. „The Body of Symbol“ in the Classical Tradition of Methodologies of Art, Moskau 2010 (russ.); H. Sedlmayr. The Lost Center. The Revolution of the Modern Art (translation and commentaries), Moskau 2008 (russ.); Der leere Thron. Kritische Kunstwissenschaft von Hans Sedlmayr, Moskau, 2004 (russ.).

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Architektur Denken 1

Architekturtheorie heute. Jörg H. Gleiter, 2008 ISBN 978-3-89942-879-7

2

Die enzyklopädische Architektur. Gerd de Bruyn, 2008 ISBN 978-3-89942-984-8

3

Welten und Gegenwelten. Arata Isozaki, 2011 Übersetzt und herausgegeben von Yoco Fukuda, Jörg H. Gleiter und Jörg R. Noennig ISBN 978-3-8376-1116-8

4

Urgeschichte der Moderne. Jörg H. Gleiter, 2010 ISBN 978-3-8376-1534-0

5

Das Wissen der Architektur. Gerd de Bruyn, Wolf Reuter, 2011 ISBN 978-3-8376-1553-1

6

Alphabet und Algorithmus. Mario Carpo, 2012 Herausgegeben von Jörg H. Gleiter, aus dem Englischen übersetzt von Jan Bovelet und Jörg H. Gleiter ISBN 978-3-8376-1355-1

7

Symptom Design. Herausgegeben von Jörg H. Gleiter, 2014 ISBN 978-3-8376-2268-3

8

Architektur und Philosophie. Herausgegeben von Jörg H. Gleiter und Ludger Schwarte, 2015 ISBN 978-3-8376-2464-9

9

Das Diaphane. Herausgegeben von Ulrike Kuch, 2019 ISBN 978-3-8376-4282-7

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