HOCHWEIT 17: Jahrbuch 2017 der Fakultät für Architektur und Landschaft, Leibniz Universität Hannover 9783868597844

The Hochweit yearbook provides a statement about the current theory and research by the top-ranked Faculty of Architectu

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HOCHWEIT 17: Jahrbuch 2017 der Fakultät für Architektur und Landschaft, Leibniz Universität Hannover
 9783868597844

Table of contents :
Impressum
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Editorial
Transparenz.
Transparenz
Professorinnen / Professoren
Schaufenster
Studentische Projekte
Institut für Entwerfen und Gebäudelehre . IEG
Institut für Entwerfen und Konstruieren . IEK
Institut für Entwerfen und Städtebau . IES
Institut für Geschichte und Theorie der Architektur . IGT
Institut für Gestaltung und Darstellung . IGD
Institut für Freiraumentwicklung . IF
Institut für Landschaftsarchitektur . ILA
Institut für Umweltplanung . IUP
Forschung
Promotion
Forschung
Lehre
Workshop
Faculty News

Citation preview

2017

hochweit jahrbuch der fakultät für architektur und landschaft Leibniz Universität Hannover

impressum

herausgeberin

Lektorat deutsch Bärbel Anger Korrektorat deutsch Simone Hübener Lektorat englisch Michael Taylor Lithografie Bild1Druck, Berlin Gedruckt in der Europäischen Union Schrift FF Scala Pro und FF Scala Sans Pro Papier Munken Polar Rough, 100 g/qm Einband Invercote, 260 g/qm

Fakultät für Architektur und Landschaft, Leibniz Universität Hannover www.archland.uni-hannover.de

bibliografische information der deutschen nationalbibliothek

E-Book © 2023 by jovis Verlag GmbH © 2017 by jovis Verlag GmbH Das Urheberrecht für die Texte liegt bei den AutorInnen. Das Urheberrecht für die Abbildungen liegt bei den InhaberInnen der Bildrechte. Alle Rechte vorbehalten.

redaktion Edin Bajrić Valentina Forsch Swantje Grasmann Marcus Hanke Sarah Hartmann Eva Holtz Dr. Roswitha Kirsch-Stracke Heiko Lubs Masashi Nakamura Judith Schurr Lisa Seiler Johannes Wolff Redaktionsleitung Prof. Dr. Albert Schmid-Kirsch, Dr. Jens Broszeit, Sabine Bartels

gestaltungskonzept, layout und satz Bucharchitektur  \ Kathrin Schmuck

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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.d-nb.de abrufbar. jovis Verlag GmbH Lützowstraße 33 10785 Berlin jovis-Bücher sind weltweit im ausgewählten Buchhandel erhältlich. Informationen zu unserem internationalen Vertrieb erhalten Sie von Ihrem Buchhändler oder unter www.jovis.de.

ISBN 978-3-86859-497-3 (Softcover) ISBN 978-3-86859-784-4 (PDF)

Für die finanzielle Unterstützung bedanken wir uns beim Dekanat der Fakultät für Architektur und Landschaft und beim Spar- und Bauverein Hannover sowie bei den Freunden der Architektur an der Leibniz Universität Hannover e.V.

vorwort

Liebe Leserinnen, liebe Leser, in einem Jahrbuch können wir nur über einen kleinen Teil der Tätigkeit der Fakultät für Architektur und Landschaft berichten. Der Umfang der von allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im vergangenen Jahr geleisteten Tätigkeiten ist sehr viel größer. Daher danken wir mit diesem Jahrbuch nicht nur unseren Studierenden, insbesondere jenen, denen es gelungen ist, mit ihren Werken in diesem Jahrbuch zu erscheinen, sondern allen unseren in Lehre und Forschung so engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Ein besonderer Dank gilt selbstverständlich den Mitgliedern der Jahrbuchredaktion, die wieder einmal ein sehr inhaltsreiches und schön gestaltetes Werk vorlegen. Ein großes Dankeschön gebührt auch Frau Prof. Dr. Margitta Buchert und Frau Dr. Ute Maasberg, welche die Aufgabe übernommen haben, mit zwei sehr interessanten Essays zum Thema Transparenz in der Architektur zum Gelingen dieses Jahrbuchs beizutragen. Erlauben Sie mir, dass ich mich nicht nur bei der Redaktion des Jahrbuchs, sondern ganz herzlich auch beim gesamten Team des Dekanats für die im letzten Jahr geleistete Arbeit bedanke. Es war ein schönes Arbeiten. Ich wünsche Ihnen bei der Beschäftigung mit HOCHWEIT 17 viel Vergnügen. Prof. Dr. Rüdiger Prasse

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inhaltsverzeichnis

einleitung 2 3 6 8 14 18

Impressum Prof. Dr. Rüdiger Prasse: Vorwort Dr. Jens Broszeit: Editorial Prof. Dr. Margitta Buchert: Transparenz. Potenziale und Wertsetzungen in der Architektur Dr. Ute Maasberg: Transparenz Professorinnen / Professoren

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schaufenster studentische projekte

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Institut für Entwerfen und Gebäudelehre | IEG Institut für Entwerfen und Konstruieren | IEK Institut für Entwerfen und Städtebau | IES Institut für Geschichte und Theorie der Architektur | IGT Institut für Gestaltung und Darstellung | IGD Institut für Freiraumentwicklung | IF Institut für Landschaftsarchitektur | ILA Institut für Umweltplanung | IUP

forschung 164 167 176 177

Promotion Forschung Lehre Workshop

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faculty news

editorial

redaktionsteam Edin Bajrić Sabine Bartels Jens Broszeit Valentina Forsch Swantje Grasmann Marcus Hanke Sarah Hartmann Eva Holtz Roswitha Kirsch-Stracke Heiko Lubs Masashi Nakamura Albert Schmid-Kirsch Judith Schurr Lisa Seiler Johannes Wolff

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Liebe Leserinnen, liebe Leser, Transparenz lautet das Leitthema dieser Ausgabe des Jahrbuchs HOCHWEIT 17. Transparenz ist auch ein großes Anliegen dieses Jahrbuchs, indem es der interessierten Öffentlichkeit einen Einblick in die mannigfaltigen Tätigkeitsfelder der Fakultät für Architektur und Landschaft an der Leibniz Universität Hannover ermöglichen soll. Und dennoch kann dieser Einblick nur an der Oberfläche verharren. Aus Gründen der begrenzten Kapazität konnte nur ein geringer Teil aus dem reichen Fundus aus Forschung und Lehre präsentiert werden. Der 2005 erfolgte Zusammenschluss der Fachgruppen Architektur und Landschaftsarchitektur/ Umweltplanung hat sich mit den Jahren zu einem Erfolgsmodell entwickelt, das international einen außerordentlich guten Ruf genießt. Seit Jahren belegt der Studiengang Architektur an der Leibniz Universität Hannover einen Spitzenplatz im CHE-Ranking des Studienführers „Die Zeit“. Seit 2015 zählt die renommierte Architekturzeitschrift „domus“ die Leibniz Universität Hannover zu den Top 50 der besten Architekturschulen Europas. Zurück zu führen ist diese positive Entwicklung auf ein innovatives, profilbildendes Lehrkonzept und auf die Intensivierung internationaler Kooperationen mit anderen Hochschulen, wie jüngst in Chile oder Brasilien, sowie die Leitung bzw. Beteiligung an internationalen Forschungsprojekten und -initiativen. Die aktuelle Ausgabe HOCHWEIT 17 enthält Essays zum Thema Transparenz von Prof. Dr. Margitta Buchert, Institut für Geschichte und Theorie der

Architektur der Leibniz Universität Hannover, und von Dr. Ute Maasberg, Kunsthistorikerin der Architektenkammer Niedersachsen. Die Komplexität und Ambivalenz des Transparenzbegriffes werden von Margitta Buchert ausgehend von den Raumkonzeptionen von Giedeon und MoholyNagy sowie Rowe/Slutzky und Hoesli über die Wahrnehmungsstudien und Transparenzinterpretationen der „Light Construction“ bis zu den aktuellen Studien zum Farnsworth House durch Herzog & de Meuron reflektiert. Ute Maasberg dagegen nähert sich dem Begriff der Transparenz über die utopischen Visionen von Bruno Taut und Paul Scheerbart zu einer kristallinen Architektur sowie den experimentellen Gedanken und Phantasien eines Carl Krayl und den Mitgliedern der „Gläsernen Kette“. Wie gewohnt gibt es in diesem Jahrbuch die Kapitel Schaufenster, Studentische Arbeiten, Forschung und Faculty News. Das Gestaltungskonzept und Erscheinungsbild des Jahrbuchs verdanken wir der intensiven Zusammenarbeit mit der Buchgestalterin Kathrin Schmuck (Bucharchitektur) und dem jovis Verlag Berlin. Besonderer Dank gilt ebenso dem gesamten Redaktionsteam, insbesondere der wissenschaftlichen Mitarbeiterin Valentina Forsch, für die Unterstützung bei der Realisierung dieser Publikation. Ich wünsche Ihnen eine anregende und spannende Lektüre! Dr. Jens Broszeit

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transparenz. potenziale und wertsetzungen in der architektur

Erstaunlich selbstverständlich und gleichermaßen vielfältig und ambivalent ist der Begriff „Transparenz“ in der Architektur zu finden. Mit einem Spielraum für das Konkrete hält er potenziell unterschiedliche Verständnisebenen und Impulse bereit. Nicht nur Eigenschaften und Wirkqualitäten werden damit charakterisiert. Der Begriff kann zudem auch entwurfsmethodisch und inhaltlich eine Art generierender Wirksamkeit entfalten.1 Welche Relevanz können Transparenzkonzepte gegenwärtig haben?

prof. dr. margitta buchert Architekturtheoretikerin und -historikerin Margitta Buchert, Leibniz Universität Hannover, ist Professorin für Architektur und Kunst 20./21. Jahrhundert am Institut für Geschichte und Theorie der Architektur an der Fakultät für Architektur und Landschaft. Ihre Lehrinhalte fokussieren Architekturtheorie, Entwurfstheorie, Grundlagen der Gestaltung sowie Spannweiten der Moderne. Forschungsschwerpunkte bilden Reflexives Entwerfen, Urbane Architektur sowie Ästhetik und Kontextualität von Architektur, Kunst, Stadt und Natur.

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Materialeigenschaft und Bedeutung Lichtdurchlässigkeit und Durchsichtigkeit sind die Eigenschaften, die meist mit dem Begriff „Transparenz“ beschrieben werden und mit Erfahrungsmustern korrelieren, die im 21. Jahrhundert omnipräsent und selbstverständlich sind. Dies war nicht immer der Fall. Zunächst gab es nur gedankliche Entwürfe der Literatur und Mythologie, mit denen Visionen von Architekturen mit lichtdurchlässigen und schimmernden Materialien beispielsweise in der christlichen, jüdischen oder arabischen Kultur seit Jahrhunderten beschrieben wurden.2 Die so gestalteten Bauten wurden dabei vielfach als Besonderheit mit transzendenter Bedeutung oder als Metaphern positiver gesellschaftlicher Veränderungen interpretiert. Die Herstellung transparenter Glasscheiben in größeren Maßstäben und die Möglichkeit ihres großflächigen Einsatzes in Bauwerken zählen zu den im Zuge der westlich-international aufkommenden Industrialisierung seit Mitte des 18. Jahrhunderts entwickelten neuen Baustoffen und Konstruktionsweisen. Das von dem englischen Gärtner John Paxton in London 1851 für die erste Weltausstellung entworfene und realisierte Ausstellungsgebäude wurde als Kristallpalast bezeichnet und erlangte schnell einen ikonenhaften Status, der bis heute anhält, obwohl das 1854 vom Hyde Park nach Sydenham translozierte Gebäude dort 1936 abbrannte und nicht mehr existiert. Die Beschreibungen sowie die grafischen und fotografischen Darstellungen vermitteln vor allem das Faszinosum,

das mit der Lichtdurchlässigkeit und potentiellen Durchsichtigkeit einer leichten Struktur verbunden sein kann.3 Zudem, das hatte die sehr schnelle, rational geplante und durchgeführte Realisierung des Londoner Kristallpalastes gezeigt, wurden mit den neuen Materialien und Konstruktionsweisen Fortschrittlichkeit und ökonomische Benefits verbunden. In der Gegenwart finden sich großflächige Verwendungen von transparentem Glas nach wie vor in den damals mit der Industrialisierung entwickelten neuen Bautypen wie beispielsweise Bahnhöfen, Passagen, Markthallen oder Fabrikations- und Ausstellungsgebäuden und sind darüber hinaus in Flughäfen und Luxusvillen, vor allem aber in der Glashochhaus- und Büroarchitektur weit verbreitet. Parallel zur quantitativ zunehmenden Zahl von Bauten mit transparenten und spiegelnden Oberflächen verlief ein kritischer, bisweilen scharf polarisierender Diskurs in der Architektur, der Transparenz bis in die Gegenwart mit vereinseitigender konsumorientierter Präsentation von Waren und der Repräsentation von Macht verbindet oder auch, über den Aspekt der Sichtbarkeit, mit Überwachung, Kontrolle und Distanzerzeugung.4 Demgegenüber steht eine insbesondere in Deutschland geschätzte Bedeutungszuweisung. Nach dem 2. Weltkrieg führte der Wunsch, den Wiederaufbau durch einem scharfen Schnitt zur vorangegangenen Periode mit einem neuen Gesellschaftsbild zu verbinden, zu einer Kopplung von Transparenz- und Demokratieverständnis. Die zuerst von dem französischen Aufklärer Jean Jacques Rousseau im späten 18. Jahrhundert in seiner politischen Theorie mit dem Transparenzbegriff konnotierte Vorstellung einer offenen demokratischen Gesellschaft wurde über ihren Bezug zu öffentlich zugänglicher Information und Kommunikation zu politischen Handlungsweisen hinaus mit der Gestaltung und Wahrnehmung von Transparenz in Architekturen eng verbunden. Zahlreiche Bauten griffen seitdem nicht nur den Impetus des Lichten und Leichten auf, sondern auch die Idee zumindest partieller öffentlicher Zugänglichkeit. Als repräsentative Beispiele für die Verbindung mit einem neuen Demokratieverständnis können insbesondere öffentliche Bauten stehen. Das gläserne Parlamentsgebäude von

Günter Behnisch in Bonn (1995) oder die Transformation des Reichstagsgebäudes zum Deutschen Parlament in Berlin von Norman Foster (1999) mit einer im Innern erzeugten Raumorganisation durch horizontal und vertikal transparente Raumsequenzen sowie der überhöhten, öffentlich zugänglichen Glaskuppel sind dafür besonders paradigmatisch.5

Norman Foster: Reichstag/Neues Deutsches Parlament, Berlin 1999 Foto: Laura Hoffmann/Wikimedia Commons Durchdringung, Bewegung, Raumkonzeption Transparenz als positiv bewertete Architekturqualität begleitet Architekturinterpretationen im Entwerfen und in der Theorie spätestens seit den 1920er Jahren. Der Gründer und erste Generalsekretär der CIAM, der internationalen Kongresse für moderne Architektur, Sigfried Giedion hatte in seinen Schriften zu zeitgenössischen Architekturentwicklungen, bezogen auf den großflächigen Einsatz von Glas, die Aspekte der Durchdringung und des Fließens des Raums in

einem Kontinuum als hervorragende Eigenschaften fortschrittlicher moderner Architektur bezeichnet.6 Ein Paradebeispiel dafür sah er im Werkstattgebäude des Bauhauses in Dessau (1926) von Walter Gropius. Dieses sei als freistehender Körper in einem grenzenlosen Raum zu erfahren, durch den man aufgrund der leichten Struktur und der Glasfassaden mittels diagonaler Blickführungen und optischer Durchdringungen hinein- und partiell hindurchsehen kann. Giedion sah darin auch eine architektonische Qualität in Analogie zu neueren naturwissenschaftlichen Modellen und zu Bildflächenordnungen malerischer Werke des Kubismus wie beispielsweise Pablo Picassos L'Arlesienne (1911/12), wo es Transparenzen bei sich überlappenden Flächen gibt und unterschiedliche Facetten desselben Objektes simultan dargestellt werden.7 Dieser Vergleich überzeugt nicht vollständig, da es beim Bauhausgebäude eine größere Klarheit und eine eher unmittelbarere Sichtbarkeit gibt. Bauten von Le Corbusier, die Giedion sehr ausführlich einbezog, zeigen eine größere Nähe dazu, aber selbst diese sind in ausbalancierteren Sequenzen geordnet. Die dabei von Giedion hervorgehobene raum-zeitliche Architekturauffassung, die mit Bewegung und der sukzessiven Wahrnehmung verbunden ist, charakterisierte Le Corbusier selbst als Promenade architecturale. Hierbei können Transparenz und Promenade architecturale als wertsetzende Phänomene relational gesehen architektonischer werden. Im Ensemble erschließen sie eine Region der Wirklichkeit. Vielansichtigkeit und Durchdringung sowie das Verwobensein von Raumteilen, Bewegungsbeziehungen und Dimensionsrichtungen wurden ebenfalls von László Moholy-Nagy, mit dem Giedion jahrelang eng zusammengearbeitet hatte, mit zukunftsweisender Raumgestaltung verbunden. Der ungarische Künstler hatte sich in seinem theoretischen und praktischen Werk sowie als Lehrer am Bauhaus in Dessau und später auch an amerikanischen Hochschulen vertieft mit Wahrnehmungstheorien und mit Ausdrucksformen der neuen Medien Fotografie und Film beschäftigt. In seiner Bauhauspublikation Von Material zu Architektur von 1929 hob er beispielsweise die räumlichen Qualitäten der Durchsicht und Durchdringung sowie

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László Moholy-Nagy: Von Material zu Architektur, 1929 Entmaterialisierung von Masse als Gestaltungsdimensionen der Architektur der Zukunft hervor.8 Verschränkungen von Entwicklungen in den bildenden Künsten, den neuen Medien und der Architektur finden in diesen Positionen in dem Ziel zusammen, durch analytische und kreativ-spekulative Interpretationen zukunftsweisende Raumgestaltung zu initiieren. Diese ist eng verwoben mit material- und raumbezogenen Eigenschaften von Transparenz in Gestaltung und Wahrnehmung. Analyse- und Entwurfsinstrument Die Belegung des Transparenzverständnisses mit unterschiedlichen Phänomenen und Bedeutungsebenen wurde erweitert und bereichert, wenngleich auch ebenfalls verkompliziert, durch Analysen, Interpretationen und Vorschläge, die stärker entwurfstheoretisch basiert sind. Als gedankliche Konstruktion im Zusammenhang sowohl von Analyse wie von Entwurf hatten

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der Architekt und Theoretiker Colin Rowe und der Maler Robert Slutzky in Verbindung mit ihrer Lehre an der Architekturschule der University von Austin, Texas während der 1950er Jahre ein zweiteiliges Essay mit dem Titel Transparency, literal and phenomenal verfasst. Diese Teile wurden 1963 und 1971 veröffentlicht.9 Die buchstäbliche Transparenz (literal transparency) wird auf lichtdurchlässige und durchsichtige Raumgrenzen bezogen. Im Deutungsfeld der Transparenz im übertragenen Sinne (phenomenal transparency) galt die Aufmerksamkeit komplexen Ordnungen bei der Komposition von Raum und Raumgrenzen. Einen besonderen Fokus bildeten dabei Analysen historischer Vorbilder und ihr Vergleich sowie gestalttheoretische Grundlagen, wie sie beispielsweise Künstler wie György Kepes oder Theoretiker wie Rudolf Arnheim untersuchten und diskutierten.10 Die Überlagerung und Mehrfachlesbarkeit von Schichten stand dabei im Vordergrund und wurde an zahlreichen Beispielen vorgestellt, unter anderem an den Fassadenordnungen des mittelalterlichen Palazzo Ca' d'Oro in Venedig oder der Villa Stein in Garches von Le Corbusier aus dem Jahr 1927.11 Im Unterschied zu einer Raumkonzeption, die körperliche Bewegung als wesentliche Komponente von Gestaltung und Wahrnehmung einbezieht, wie sie Giedion und in Teilen auch Moholy-Nagy imaginierten, wird dabei eher von stillstehenden Beobachtenden ausgegangen, deren Bewegung nicht als multimodale, vielmehr primär als Augenbewegung angesprochen wird.12 Das Wahrnehmungsfeld wird dann vor allem bestimmt durch eine räumliche Tiefenwahrnehmung in der Zweidimensionalität ähnlich der Betrachtung einer Malerei, die für die Abstraktion von Grundprinzipien einen Ausgangspunkt für Rowe und Slutzky bildete. Neben Rowe und Slutzky zählten zu den sogenannten Texas Rangers unter anderem auch John Hejduk, Werner Seligmann und Bernhard Hoesli.13 Von Hoesli wurde in einem Kommentar und in einem späteren Nachtrag (Addendum) zu verschiedenen Auflagen der deutschen Übersetzung insbesondere die indirekte Transparenzinterpretation (phenomenal transparency) entwurfsmethodisch ausführlicher erklärt und erweitert, wie er sie theoretisch und praktisch in seiner

Lehre und Forschung an der ETH Zürich weiterentwickelt hatte.14 Dem städtebaulichen Maßstab kam dabei eine besondere Bedeutung zu sowie dem Stadtgewebe und der entwerferisch bewusst artikulierten Stadtgestalt. Hoesli ging es wie Rowe und Slutzky darum, implizites Wissen zu explizieren und allgemeine, epochenunabhängige Mittel entwerferischer Komposition durch Beispielanalyse und Abstraktion aufzudecken und übertragbar zu machen. Sie zeigen beispielsweise Möglichkeiten für Gestaltungsqualitäten auf, die zwischen Figur und Grund oder Spannung und Gleichgewicht oszillieren und dabei auch durch Ambivalenz und Widersprüchlichkeit gekennzeichnet sein können. Wenn im Sinne der von Rowe, Slutzky und Hoesli präsentierten Transparenzkonzepte die Relationalität von Ordnungssystemen und Kompositionsformen als Erkenntnisebene hervortritt, so kann auch festgestellt werden, dass es die Rahmung ist und das dadurch hervorgehobene Feld, die es erst ermöglichen, dass mehrere Ordnungssysteme gleichzeitig Berücksichtigung finden können. Durch die grafisch und sprachlich präsentierten Mittel komplexerer Ordnungen stifteten sie Sensibilisierungen für vertiefte Erfahrungsqualitäten und arbeiteten verschiedene Entwurfsebenen, -mittel und -verfahren heraus.15 Im Städtebau ging es dann, wie insbesondere in den Weiterführungen Bernhard Hoeslis deutlich wird, um die Relationen von Baukörper und Raumkörper in einem stadträumlich größeren Feld als gleichwertige Teile ein und desselben Ganzen.16 Rowe, Slutzky und Hoesli vermittelten damit, wie letzterer betonte, dass aus empirisch Entstandenem transferfähige theoretische Grundlagen für das Entwerfen gewonnen werden können.17 Verfahrensweise und Transparenzbegriff als eine Art der Beschreibung architektonischer bzw. räumlicher Wirklichkeit sind komplex ineinander verflochten. Das Verfahren und die Philosophie des Verfahrens sind verknüpft. Im Interpretationsspektrum von Giedion und Moholy-Nagy ebenso wie von Rowe und Slutzky wird Transparenz letztlich mit Raumkonzepten verbunden. Einerseits geht es um den fließenden Raum, das Kontinuum, das, solange gläserne Flächen nicht reflektieren

oder spiegeln, potentiell ungerichtet und offen ist und auch Umgebungen übergreifend aufnimmt. Bei Rowe und Slutzky andererseits geht es um komplexere Flächen- oder Raumkompositionen, bei denen in der Sequenz und Zueinanderordnung das Relationale, der Umgebungsbezug eine reale und gleichzeitig virtuelle Bezugsebene bildet, aus der kompositorische Entscheidungen abgeleitet werden und sich dadurch verschiedene Ordnungssysteme durchdringen. Light Construction Noch zum Ende des 20. Jahrhunderts und bis in die Gegenwart sind es die Ebenen der Raumgestaltung und der Inszenierung, die neben parametrischen Formfindungsprozessen in der Theorie und Praxis der Architektur eine nicht unwesentliche Rolle spielen, verbunden jeweils mit Fragen nach Wahrnehmungs- und Gestaltungscodices und kulturellen Einbettungen. Mit der Intention, eine neue Architektur der Transparenz und Transluzens als architektonische Gestaltungsqualitäten für das 21. Jahrhundert aufzuzeigen, aktualisierte die Ausstellung „Light Construction“ im Museum of Modern Art in New York Mitte der 1990er Jahre vor dem Hintergrund der neueren medien- und computertechnologischen Entwicklungen und Wahrnehmungskonditionen Transparenzinterpretationen in der Architektur und Kunst.18 Wie bei Giedion und Moholy-Nagy wurde hier von einem evolutionären Modernekonzept ausgegangen, das die Ausstellung vermitteln und befördern wollte. Die 30 ausgestellten Projekte von internationalen Architektur- und Kunstschaffenden zeigten nicht nur transparente Curtain-Wall-Fassaden. Vielmehr waren sie charakterisiert durch eine Bandbreite von Oberflächenqualitäten, die Transparenz, Reflektion, Spiegelung, Transluzenz und Opazität vielschichtig interpretierten. Vergleichbar zu modernen Architekturentwürfen aus den 1920er bis 1970er Jahren vermittelten die präsentierten Architekturprojekte, unter anderem von Jean Nouvel, Toyo Ito, Herzog & de Meuron oder Rem Koolhaas, eine Aufmerksamkeitszuwendung zu Fragen nach der Verbindung von Architektur, visueller Wahrnehmung und Struktur, da die Erscheinung eines Bauwerks, so die implizite Aussage, das Architekturverständnis wesentlich prä-

ge.19 Transparenz und die ästhetischen Erweiterungen und Verschiebungen in verwandten Materialartikulationen wurden dabei erneut verknüpft mit positiver und zukunftsweisender Wertigkeit und als hochrangige Architekturqualität dargeboten. Diese sei, so die Ankündigung, geprägt durch extreme visuelle Komplexität, durch den Reichtum multipler Oberflächenwirkungen, die durch Materialien hervorgerufen werden, die üblicherweise dafür bekannt sind, optisch zu verschwinden oder Wahrnehmungen der Entmaterialisierung zu bewirken.20 Wahrnehmungsfeld und Generator Das interessante künstlerische Potential, das mit Transparenz verbunden werden kann, untersuchten Jacques Herzog und Pierre de Meuron, angeregt durch einen Besuch des Farnsworth House von Mies van der Rohe anlässlich einer Preisverleihung und eines nachfolgenden Vortrags am IIT in Chicago, genauer.21 Mit kurzen Texten von Jacques Herzog und begleitenden Abbildungen zu ausgewählten markanten Positionen aus Kunst und Architektur sowie mit Fotografien des Farnsworth House von Pierre de Meuron präsentierten sie ihr Nachdenken und ihre Einsichten 2016 in einer Publikation. Neben dem am gewichtigsten erforschten Farnsworth House referenzierten sie auf Bruno Tauts Visionen von einem Kristallhaus verbunden mit dem Ideal einer freieren Gesellschaft und mit Zeichnungen dargeboten beispielsweise in seiner Veröffentlichung Die Stadtkrone (1919), auf die Imagination transparenter Volumen und schwebender Architektur in visionären Projekten des konstruktivistischen russischen Architekten Ivan Leonidov aus dem beginnenden 20. Jahrhundert sowie auf künstlerische Werke. Kunstwerke bilden für Herzog & de Meuron Anziehungspunkte, durch die sie in ihrer eigenen Kreativität herausgefordert werden.22 Zu den hier nun Ausgewählten zählt „Das große Glas“ (1914–23) von Marcel Duchamp, bei dem eine Malereicollage mit erotischen Bedeutungsebenen von Begehren und Unnahbarkeit zwischen zwei Glasplatten als schaufensterartiges türgroßes Objekt im Raum mit dem Thema der Transparenz die Befragung von Wahrnehmungs- und Interpretationscodes

Dan Graham: Greek Cross Labyrinth, Köln 2001 Foto: Margitta Buchert. Mit freundlicher Genehmigung der Stiftung Skulpturenpark Köln anregt. Es wurden Arbeiten von Dan Graham einbezogen, die, wie die Architekturmodelle und Glasmembranpavillons, insbesondere die Enthüllung des Innern sowie Ambivalenzen von Wahrnehmungs- und Selbstwahrnehmungsebenen und ihrer Schichtung im Dreidimensionalen und in der Bewegung erfahrbar werden lassen. Schließlich präsentieren die Ausführungen die Thematisierung von Transparenzinterpretationen und Wahrnehmung durch Einbezug der realen Umgebung der Räume und Menschen in die Präsenz am Beispiel der Rauminstallation „Acht Grau“ von Gerhard Richter. Was man sieht ist trügerisch, immer nur ein Schein. Der Titel ihres Buchs Trügerische Transparenz weist auf diese Ambivalenzen. Das Farnsworth House und seine Umgebung werden in den Fotografien von Pierre de Meuron sachlich fokussiert. Sie zeigen die Architektur in einer herbstlich sonnigen Umgebung mit ihrer hervorragenden, durch Zeitlosigkeit charakterisierten reduzierten

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Mies van der Rohe: Farnsworth House in Plano, Illinois 1950/51 Foto: Sarah Wehmeyer

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Gestaltungsqualität und auch mit Darstellungen, die auf scheinbar banale Ausschnitte und Details gerichtet sind. So decken sie über diese forschenden Beobachtungen im Bild und im befragenden und differenziert reflektierenden Text auch Schwachstellen der wertgeschätzten Ikone auf. Diese sehen sie dort, wo die Konstruktion unrein scheint oder der Raum- und Maßstabszusammenhang nicht gelöst wie bei der Positionierung auf dem Grundstück oder der Höhe der Plattformstützen, und sie weisen hin auf den Raum unter dem Haus, der eher das Dunkle, Verborgene, Ungelöste zeige. Schließlich befragen sie auch die Dominanz der „reinen“ Architektur über den sozialen Gebrauch und die Verbindung zur umgebenden Natur. Die reflexive Handlung Jacques Herzogs und Pierre de Meurons verfeinert und präzisiert einen bis dahin latent impliziten, entwurfsbezogenen Wissensanteil durch die bewusste Aufmerksamkeitszuwendung und Explikation. Im Kontext der Bildung von Archiven als Komponenten einer die einzelnen Entwürfe übersteigenden Grundkonzeption werden sie als gespeicherte Erfahrungen Bedeutung erhalten.23 Dabei bilden sie gleichermaßen konzeptuelle Instrumente und werthaltige Leitideen im Sinne eines Handlungsrahmens für die Aktualisierung und Ausgestaltung in spezifischen Projektkonzeptionen.

relevante Faktoren und als Wahrnehmungsebenen nur eine, die wohl vertrauteste Anschauungsweise. Doch: Mit dem Begriff Transparenz werden ebenfalls entwurfsmethodische Dimensionen bezogen auf zwei-, drei- und vierdimensionale Wirk- und Raumqualitäten verbunden, die bis hinein in den städtebaulichen und freiraumplanerischen Entwurf reichen. Nicht zuletzt geht es auch um verschiedene Bedeutungsdimensionen. Darin enthalten sind Wertbildungspotentiale, die zu Identitätsentwicklungen und zu Orientierungen beitragen können. Langfristig kann dadurch in kollektiven Systemen eine wertvolle Kultur entstehen.

4 Vgl. beispielsweise Ursprung, Philip: „Images“. In: id.: Caruso St. John. Barcelona 2008, S. 228–235 und S. 231–232 5 Vgl. hierzu ausführlich Barnstone, Deborah Ascher: The transparent state. Architecture and politics in postwar Germany. London et al. 2005, bes. S. 21–35 und S. 106–208 6 Beispielsweise in seinen Publikationen: Bauen in Frankreich. Bauen in Eisen, Bauen in Eisenbeton von 1928, Befreites Wohnen von 1929 und Raum, Zeit, Architektur. Die Entstehung einer neuen Tradition, zuerst veröffentlicht in den USA 1941 und in zahlreichen weltweiten Auflagen aktualisiert; vgl. hierzu auch Heinen, Hilde: Architecture and modernity. Cambridge, Mass. 1999, S. 30–40 7 Vgl. beispielsweise Giedion, Sigfried: Raum, Zeit, Architektur. Die Entstehung einer neuen Tradition. Zürich et al. 1989, S. 314–315 8 Vgl. Moholy-Nagy, László: Von Material zu Architektur (1929). Mainz 1968, passim und bes. S. 211–236 9 Rowe, Colin/Slutzky, Robert: Transparenz (1963). Basel u. a. 1997, S. 21–55; Rowe, Colin/Slutzky, Robert: „Transparency: Literal and phenomenal. Part 2“. In: Perspecta. 13/14, 1971, S. 286–301 10 Vgl. beispielsweise Rowe, Colin/Slutzky, Robert, 1971, ebd. (Anm. 9), bes. S. 300; Steinert, Tom: Komplexe Wahrnehmung und moderner Städtebau. Paul Hofer, Bernhard Hoesli und ihre Konzeption der dialogischen Stadt. Zürich 2014, S. 207–244 11 Vgl. Rowe, Colin/Slutzky, Robert, 1971, ebd. (Anm. 9), bes. S. 289–290 12 Vgl. Mertins, Detlef: „Transparency: Autonomy and relationality“. In: AA Files. 32, 1996, S. 3–11, bes. S. 4–6 13 Zu Intentionen und entwurfsmethodischen Ansätzen der Texas Rangers vgl. Caragonne, Alexander: The Texas Rangers. Notes on an architectural underground. Cambridge, Mass. 1995, passim 14 Vgl. Hoesli, Bernhard: „Kommentar“. In: Rowe, Colin/Slutzky, Robert, 1997, ebd. (Anm. 9), S. 57–83; Hoesli, Bernhard: „Transparente Formorganisation als Mittel des Entwurfs (Addendum 1982)“. In: ebd., S. 85–119; zu Bernhard Hoeslis Weiterentwicklung der Ansätze in seiner Lehre an der ETH Zürich, vgl. ausführlich Steinert, Tom, 2014, ebd. (Anm. 10), S. 237–253 und S. 294–296

Transparenz als Potenzial Die Komplexität, die mit dem scheinbar so klaren Begriff „Transparenz“ in der Architektur der letzten hundert Jahre verbunden ist, wird deutlich. Sie kann als physisch oder theoretisch realisierte, geschätzte oder kritisierte Architekturqualität bezeichnet werden, die Wahrnehmung, Forschung und Entwurf explizit oder implizit auch im Zusammenhang mit Werteensembles strukturiert, durch die Wiederholung und Permanenz des Gebrauchs die Wirklichkeit der Disziplin in Theorie und Praxis mitprägt und damit eine Komponente ihrer Wissensordnung darstellt.24 Mit der Auffächerung einiger Facetten wurde expliziert, in welcher Weise damit das Feld qualitativer Gestaltung in der Architektur befeuert und interpretiert wurde und werden kann. Die mit Licht, Leichtigkeit und Übergängen zu verbindenden Eigenschaften zeigen als entwurfs-

15 Vgl. Rowe, Colin/Slutzky, Robert, 1971, ebd. (Anm. 9), bes. S. 300–301 16 Hoesli, Bernhard: „Addendum“. In: Rowe, Colin/Slutzky, Robert, 1997, ebd. (Anm. 9), S. 96 17 Vgl. Hoesli, Bernhard: „Vorwort“. In: Rowe, Colin/Slutzky, Robert, 1997, ebd. (Anm. 9), S. 6–8, 7; Hoesli, Bernhard „Kommentar“. ebd., S. 82 18 Vgl. Riley, Terence: „Light Construction“. In: Ders./ MoMA New York (Hg.): Light Construction. New York 1995, S. 9–32; Gannon, Todd (Hg.): The light construction reader. New York 2002, bes. S. 17–70 19 Vgl. Riley, Terence, 1995, ebd. (Anm. 18), bes. S. 9 20 Vgl. MoMA: „Exhibitions and events September 1995“. www.moma.org/calendar/exhibitions/469, 22.6.17 21 Herzog, Jacques in: Ders./ de Meuron, Pierre: Trügerische Transparenz. Beobachtungen und Reflexionen, angeregt von einem Besuch des Farns1 Zu entsprechenden Eigenschaften von Begriffen allgemein vgl.

worth House. Chicago 2016, S. 9

Blumenberg, Hans: Theorie der Unbegrifflichkeit. Frankfurt am Main

22 Vgl. ebd., S. 73 und S. 85

2007, S. 28 und S. 40–41

23 Vgl. hierzu auch Buchert, Margitta: „Reflexives Entwerfen. Topologien

2 Vgl. Haag Bletter, Rosemarie: „The interpretation of the glass dream.

eines Forschungsfeldes“. In: Ders. (Hg.): Reflexives Entwerfen. Berlin

Expressionist architecture and the history of the crystal metaphor“.

2014, S. 25–49, bes. S. 33

In: Journal of the Society of Architectural Historians. 40, 1981/1, S. 20–43

24 Zu Wissensordnungen vgl. Foucault, Michel: Archäologie des Wissens.

3 Vgl. hierzu Wigginton, Michael: Glas in der Architektur. Stuttgart 1997,

Frankfurt am Main 1981, S. 225–227; zu Wertbildungen vgl. Joas, Hans:

S. 42–46

Die Entstehung der Werte. Frankfurt am Main 1999, passim

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transparenz

Fließende Räume, verschwindende Grenzen, transparente Oberflächen, gläserne Fassaden, die zeitgenössische Architektur ist voller Bezüge zur Transparenz. Auch die Gleichung Glas = Transparenz = Demokratie wurde in der Architektur allzu häufig strapaziert, ohne dabei den Kerngedanken von einer Überwindung räumlicher Trennungen näher zu betrachten. Transparenz: Wohl kaum ein Begriff wird seit Jahrzehnten so inflationär angewendet, dass sich Unbehagen breit macht, wenn beispielsweise Politiker behaupten, es ginge ihnen um Transparenz und sie stattdessen etwas so undurchsichtig wie möglich machen wollen. Der Medienphilosoph Byung-Chul Han spricht von einer Transparenzgesellschaft, in der sich die Menschen heute unreflektiert in Oberflächlichkeit und Selbstspiegelung verlieren. Er diagnostiziert einen Erschöpfungszustand der Gesellschaft, in der alle geglättet und gleichförmig werden und nur noch sich selbst begegnen. In der Transparenzgesellschaft, so Han, ist alles nach außen gekehrt, enthüllt, entkleidet und exponiert. Dieser Ausstellungszwang, „der alles der Sichtbarkeit ausliefert, bringt die Aura als ‚Erscheinung einer Ferne’ ganz zum Verschwinden.“1

dr. ute maasberg Kunst- und Architekturhistorikerin Ute Maasberg, Kunst- und Architekturhistorikerin, lebt und arbeitet in Hannover. Promoviert 1997 an der FU Berlin mit dem Thema Im Auftrag der Farbe. Gemeinsam mit Dr. Regina Prinz Forschungsprojekt an der TU Braunschweig bei Prof. Dr. Kristiana Hartmann: Die Neue Frau zwischen Technik und moderner Form. Kuratorin der Ausstellung und gleichnamigen Buchpublikation Neues Bauen Neues Leben. Die 20er Jahre in Magdeburg, München 2000 sowie die internationale Ausstellung und Buchpublikation Die Neuen kommen. Weibliche Avantgarde in der Architektur der zwanziger Jahre, zusammen mit Regina Prinz. Texte, Vorträge und Ausstellungen zu Kunst und Architektur des 20. und 21. Jahrhunderts.

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Transparenz als Zauber des Selbstbetrugs Welche moralische Dimension sich mit der Transparenz des Stofflichen verbindet, offenbart sich in dem Märchen Des Kaisers neue Kleider von Hans Christian Andersen. Hier wird das kriminelle Treiben der beiden vermeintlichen Weber, die vorgeben, einen exklusiven, für den Betrachter undurchsichtigen Stoff zu produzieren, der den Körper und das Agieren des Kaisers nach außen verhüllen würde, aber dennoch leicht und transparent sei, ausschließlich von einem Kind durchschaut und als selbstbetrügerisches Treiben der Erwachsenenwelt enttarnt. Klarheit und Offenheit des kindlichen Blicks bewahren Das Kind in sich zu bewahren, das Spielerische, Unbeschwerte, Träumerische als geistige und schöpferische Quelle und spirituelle Kraft zu begreifen, transparente und offene Lebenswelten hervorzubringen,

das erstrebten im von Ellen Key proklamierten „Jahrhundert des Kindes“2 zahlreiche Kunstschaffende. Zusammen mit Aussteigern, Reformern, Weltverbesserern fanden sich Architekten, Künstler, Gestalter in neuen Lebens- und Arbeitsgemeinschaften zusammen, um auf diesem Weg die Abstraktion als einen unverstellten Blick auf das Sein zu durchdringen. Spiritualität und neue Lebensformen Der Monte Verità, die Künstlerkolonie über dem Lago Maggiore, war beispielsweise einer dieser Kristallisationsorte für das Laboratorium der Moderne.3 Erschüttert durch eine Ökonomie, die alles Individuelle und Sinnliche negierte, suchten Kunstschaffende auf diesem „heiligen“ „Wahrheitsberg“ nach einem neuen geistigen Ausdruck, nach dem Wahren und dem Echten, dem Reinen und dem Ursprünglichen. Die Suche nach dem einfachen Bild – authentisch, glaubwürdig, transparent Die Begegnung mit der Natur, mit freier Körperlichkeit, Ausdruckstanz, rhythmischer Bewegung, Sonnenkult, mit philosophischen, religiösen und spirituellen Fragen war für viele Auslöser für die Beschäftigung mit der gegenstandsfreien Kunst. Sophie Taeuber-Arp, die auf dem Monte Verità bei Rudolf Laban und Mary Wigmann in den Sommermonaten Ausdruckstanz lernte, malte 1915/16 auf der Suche nach Authentizität, Glaubwürdigkeit und Transparenz des bildnerischen Ausdrucks ihre frühen gegenstandsfreien Vertikal-Horizontal-Kompositionen. In einer Zeit, in der Piet Mondrian und Kasimir Malewitsch erste abstrakte Bildkonzepte entwickelten, experimentierte sie in einer Mischung aus Freiheit und Reflexion in der Malerei mit leuchtenden geometrischen Farbkompositionen, mit heiteren Kreis- und Wellenformen. Transformationen zwischen Kunst und Kunsthandwerk, angewandter Kunst, Design und Architektur bestimmen ihr künstlerisches Werk, das sich in den 1920er Jahren immer mehr der Architektur zuwandte. Natur und Spiritualität, das zeigen alle avantgardistischen Künstlerkreise dieser Zeit, wirkten wie starke Antriebskräfte, aus denen sich eine neue Bildsprache entwickeln konnte.4

Rhythmus als neue Erfahrung von Raum und Zeit Traditionelle Muster und klassische Proportionen blieben nicht mehr bildbestimmend. Horizontale, Vertikale und Bildmittelachsen verloren in diesen künstlerischen Prozessen an Bedeutung, die Linie erhielt Eigenständigkeit, die Perspektive dagegen erfuhr Wandlungen, Verkürzungen, Verschiebungen, Brechungen und Auflösung. Stattdessen wurde das neue Vokabular von elementaren und abstrakten Zeichen, geometrischen Formen, Rhythmisierungen, von komplementären und simultanen Farbkontrasten geprägt. Helligkeit, Klarheit, Lichtdurchlässigkeit, im Mittelalter Gleichnis höchster Reinheit, erhielten in diesen Anfängen der gegenstandsfreien Kunst durch neue Raum- und Zeiterfahrungen wie Simultanität, Durchdringung, Überlagerungen und Transparenz komplett neue Dimensionen. Ähnlich wie Wassily Kandinsky beschrieb auch der Maler Robert Delaunay die Transparenz und verglich sie mit musikalischen Tönen. In seiner 1912 entstandenen Serie der Fenetres, der Fensterbilder, ist das simultane Sehen Thema. Das Licht ist in reine Farben zerlegt, die gezielt und rhythmisch gegeneinandergesetzt wurden, die realen Gegenstände verschwanden fast gänzlich.5 Kristalline Welten Dass Transparenz kein fester, sondern durch das Licht ein bewegter Zustand ist, das beschäftigte auch den Architekten Bruno Taut, dessen Glashaus auf der Deutschen Werkbundausstellung in Köln 1914 wie ein Kurier des Lichtes das Material Glas mit einem ganz eigentümlichen Glanz von Poesie beschrieb: luzide, transparent, immateriell, kosmisch. Gleichzeitig aber ging es Taut auch um die Funktionstauglichkeit von Glas als Baustoff. Der gläserne Bau mit neuen Werkstoffen wie den Luxferprismen und den künstlerischen Produkten der Werkstätten Heinersdorff war ein Showroom der Deutschen Glasindustrie, die für das Neue Bauen der 1920er Jahre eine bedeutende Rolle einnehmen sollte. Transparenz wurde in diesem Glaspavillon durch farbiges, durchscheinendes, kristallines und bemaltes Glas, Glaskacheln und Glasmosaik, Glasfenster, Kugeln und Perlen aus Glas erlebbar gemacht. Mit den Lichtprojektionen farbiger Arbeiten

Bruno Taut: Glashaus, 1914 Akademie der Künste, Berlin, Bruno-Taut-Archiv, Nr. 1008 F. 3 F. Arthur Köster © VG Bild-Kunst, Bonn 2017 des Malers Adolf Hölzel und seines Schülers Franz Mutzenbecher auf die Wasserkaskade im Innenraum wurden nicht nur die neuen optischen Qualitäten, sondern ebenso das Moment der Durchdringung und der Zeitlichkeit herausgearbeitet. Das durchscheinende Licht hinterließ umfassende räumliche Wirkungen, schaffte neue Ordnungen und eine gleichzeitige Wahrnehmung von simultanen und fließenden Bewegungen. Dass Bruno Taut mit dem Material Glas gleichzeitig auch Öffnung und Veränderung kultureller und gesellschaftlicher Ordnungen vermitteln wollte, zeigten außen liegende Schriftbänder, für die sein Freund, der Berliner Literat Paul Scheerbart, einen Zweizeiler schuf: „Das bunte Glas zerstört den Haß“ – „Ohne einen Glaspalast ist das Leben eine Last“. Mit diesem spielerischen, verbindenden und Lebensfreude versprühenden Spruch stand das Glashaus mit dem Wunsch nach gesellschaftlicher Offenheit und Transparenz gegen die zerstörerischen und expansiven Kräfte des wilhelminischen Reichs. Tragisch ist, dass dieser Wunsch zerbrach. Mitten durch die Werkbundausstellung ging die Mobilmachung am 1. August 1914 und der Ausbruch des Ersten Weltkrieges.6

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Kosmische Dimensionen Während des Krieges knüpfte Bruno Taut 1917 an die kosmische Dimension des Lichtes und der Fantasie wieder an. Alpine Architektur nannte er die Folge von grafischen Blättern, auf denen die Alpen vom Monte Rosa bis zum Luganer See mit monumentalen Konstruktionen aus Stahl, Beton und farbigem Glas überbaut und überspannt werden sollten. Es ist die Utopie eines Weltumbaus, die sich über eine architektonische Bearbeitung der Alpen bis zum Sternenbau und in weiteren fantastischen Bauten zum Haus des Himmels fortsetzte.7 Bruno Taut sammelte 1919 unter Architekten und Künstlern einen Kern von 13 jungen, ähnlich gesinnten Fantasten und Expressionisten im Kreis der sogenannten „Gläsernen Kette“ um sich. Man tauschte in Briefen Gedanken, Texte, Zeichnungen und Ideen aus, die nicht nur die Architektur, sondern auch die Welt zum Leuchten bringen sollten: farbig, transparent, verspielt. Fantastische Welten als Brücke zum Neuen Bauen Die kristallinen Fantasiewelten, die Carl Krayl, Wenzel Hablik, Hans Scharoun, Wassili und Hans Luckhardt und andere inspiriert durch Expressionismus, Dada und Futurismus auf Papier brachten, zeigen, dass sich das Neue als eine Erhellung der materiellen Welt mit dynamischer Kraft seinen Bann suchte. Formal umkreisten alle Mitglieder der „Gläsernen Kette“ eine Verbindung von fantastischen und organischen Entwurfsideen. Carl Krayl, der in den 1920er Jahren in Magdeburg beispielsweise durch den Neubau der Allgemeinen Ortskrankenkasse mit begehbaren gläsernen Decken und einer großflächigen transparenten Fassade aus Luxferprismen einen komplett neuen Bautypus aus Klinik und Verwaltung schuf und damit internationale Bekanntheit erreichen sollte, war 1919 unter dem Pseudonym „Anfang“ Teil dieser utopischen Gemeinschaft.8 Heute sind seine Blätter, als Original oder als Lichtpause erhalten, weltweit verteilt. Sie stehen in diesem Text exemplarisch für eine Reihe von weiteren kristallinen und fantastischen Zeichnungen, die ab 1920 in der Zeitschrift Frühlicht publiziert wurden. Diese erschien ursprünglich als Beilage zur Fach-

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gebilde ein wirres, in sich bewegtes, flammendes und strahlendes Gehäuse. Es ist aus einer Vielzahl von rasch skizzierten und gebrochenen Linien sowie kantigen Körpern entwickelt. Motive wie Tür, Fenster und Treppe sind wie zufällig aus den kantigen, gebogenen, sich schraubenden, ab- und aufstrebenden Bewegungen der Linien konstruiert und dienen als Anhaltspunkte für eine Behausung. Das Sternenhaus als drehbarer, energiegeladener Köper ist eine in sich geschlossene Form und wie ein Fesselballon am Turmfels festgeschnürt. In der Zeichnung Das strahlende Haus zur Schaukel10 werden Elemente wie der Felsenturm, ein bewegter und strahlender Kristallorganismus sowie das Motiv der Schaukel als technisch nicht übersetzbare Auflagerung und Konstruktion gegeneinandergesetzt. Das Filigrane, Starre und Feste, Begriffe wie Masse und Statik werden ad absurdum geführt. Das Spiel mit der Konstruktion ist in einen größeren landschaftlichen Bezug gesetzt. Überall erscheint in der Transparenz der Struktur und der Leichtigkeit ihrer Bewegung ein Doppelsinn der Dinge.

Carl Krayl (Architekt). AO Krankenkasse Magdeburg. Außenansicht bei Nacht beleuchtet, um 1926 Vintage Print; Gelatinesilberabzug, matt Stiftung Bauhaus Dessau 16 zeitschrift Stadtbaukunst in alter und neuer Zeit und wurde 1921–22 mit vier Einzelheften in Magdeburg herausgegeben. Lichtgrüße in die Zukunft Wie aus der Fantasie eines Kindes entwickelt, wächst in Krayls Zeichnung von 1920 Einen Lichtgruss aus meinem Sternenhaus 9 aus einem turmartigen Felsen-

Simultane Welten als Bewegung, Auflösung und Neubeginn Viele von Krayls Zeichnungen haben den Charakter einer automatistischen Arbeitsweise. Das schnelle Arbeiten wurde als Schutz vor dem Eingreifen des Verstandes, als Suche nach der Spontaneität des Kindes angesehen. Diese komplexe Kombination von Berechnung und Inspiration findet sich mehr oder weniger bei allen Mitgliedern der „Gläsernen Kette“. Mit seinem Spieltrieb arbeitete Krayl bewusst einer formalen Erstarrung entgegen. Das Entstehen seiner Formen wurde durch einen assoziativen Vorgang eingeleitet, eine kunstvoll arrangierte Verdichtung ermöglichte produktiven Zufall. Analogien zu dieser Arbeitsweise lassen sich unter anderem auch bei Paul Klee finden. Krayl war von Kunstströmungen wie dem Futurismus und Dada fasziniert. Die Zeichnung Gedanke,11 die 1920 im Frühlicht erschien, zeigt eine rotierende Kegelform als Spirale, die durch die kreisenden Bewegungen eines Fahrrads gezogen ist. Sie erscheint wie eine Kombination aus Emotionalem und Atmosphärischem: In den immer kürzer und schneller werdenden

Kreisbewegungen verlässt das Rad die festgefahrene Bahn, hebt ab, löst sich auf, katapultiert hinaus, prallt auf, fährt weiter. Die schier endlose Bahn wird von Krayl schraubenförmig wie ein Luftwirbel in die Höhe und unendliche Weite gesteigert. In einer simultanen Darstellung werden Bewegung, Auflösung und Neubeginn zusammengefasst. Alles kreist um einen Gedanken: Architektur aus ihrer Starrheit zu befreien, sie als rhythmisches, transparentes Gewebe im Wechsel zwischen Hinter- und Vordergrund und als bewegtes Gesamterlebnis eines Orts zu begreifen. Überwindung räumlicher Trennungen Transparenz ist in diesen experimentellen Gedanken und Phantasien als Ort der Improvisationen für das zukünftige Neue Bauen zu begreifen, mit dem sich auch Walter Benjamin im Laufe der 1920er Jahre in seinem Passagen-Werk und in zahlreichen Kritiken und Rezensionen zur modernen Architektur beschäftigte. Es sind die kommunikativen Potenziale von Architekturen und städtischen Räumen, die ihn interessieren.12 Es geht nicht um Durchsichtigkeiten, sondern um die Überwindung räumlicher Trennungen und einen Bezug von ästhetischer und sozialer Utopie, „denn in der Signatur dieser Zeitenwende steht, daß dem Wohnen im alten Sinne, dem die Geborgenheit an erster Stelle stand, die Stunde geschlagen hat. Giedion, Mendelsohn,

Ludwig Mies van der Rohe. Museum Haus Esters in Krefeld, 1927–30 © Kunstmuseen Krefeld, Foto: Volker Döhne

Corbusier machen den Aufenthaltsort von Menschen vor allem zum Durchgangsraum aller erdenklichen Kräfte und Wellen von Licht und Luft. Was kommt, steht im Zeichen der Transparenz: nicht nur der Räume, sondern, wenn wir den Russen glauben, die jetzt die Abschaffung des Sonntags zugunsten von beweglichen Feierschichten vorhaben, sogar der Wochen.“13 Der Architekturtheoretiker Colin Rowe und der Maler Robert Slutzky, ein Schüler des Bauhausmeisters Josef Albers, haben mit ihrem 1955 verfassten Essay Transparency. Literal and Phenomenal, Teile I und II, den Anstoß dazu gegeben, die Architektur der Moderne aus einer übertragenen Bedeutung von Transparenz stärker als eine räumliche Ordnung zu begreifen und zu analysieren.14 Sie erläutern, dass Transparenz ein materieller Zustand sein kann: ein licht- und luftdurchlässiger Stoff, Glas, Papier, eine Flüssigkeit. Dabei wäre die Oberfläche eher als eine Membran zu begreifen, über die Stoffwechselvorgänge zwischen außen und innen, zwischen Umwelt und Innenwelt eines Organismus oder Körpers diffundieren, im Sinne einer ständigen Durchdringung. Um die Mehrdeutigkeit von Transparenz und ihrer Wahrnehmung begreifbar zu machen, knüpfen beide am Kubismus aber auch am Film an, wo mit künstlerischen Mitteln wie Überlagerungen und Durchdringungen von Figurationen und Schichten, simultanen Raum-Zeit-Dimensionen experimentiert wurde.15 Das führt zu einer Wahrnehmung, die Übergänge des Innen und des Außen zu vertauschen oder zu verschieben und diese auch als fließende Bewegung zu erleben. Betrachtet man beispielsweise die Architektur Mies van der Rohes, die in den 1920er und -30er Jahren in Zusammenarbeit mit der Gestalterin Lilly Reich entstand, so finden sich in ihren Gestaltungen keine isolierten oder isolierenden Räume. Sie sind miteinander verbunden, verzahnt, sie lösen Grenzen auf, gehen oft ineinander über, fließen, weiten, öffnen sich – auch zu den Außenräumen. Sie sensibilisieren uns für die Utopie dieser Generation, das Getrennte, das Innen und Außen oder die Trennung zwischen den Geschlechtern Mann und Frau zu überwinden und stattdessen Verbindungen herzustellen, gleichberechtigte Beziehungen und Harmonie.

1 Han, Byung-Chul: Transparenzgesellschaft. Berlin 2012, S. 19 2 Key, Ellen: Das Jahrhundert des Kindes. Berlin 1902 3 Siehe dazu u. a.: Hesse, Hermann: Der Weltverbesserer – Sämtliche Erzählungen 1910–1918. Berlin 2006 4 Siehe dazu: Museum Bellerive (Hg.): Sophie Taeuber-Arp. Gestalterin, Architektin, Tänzerin. Zürich 2007; Maasberg, Ute/Prinz, Regina: Die Neuen kommen. Weibliche Avantgarde in der Architektur der zwanziger Jahre. Hamburg 2004 5 Siehe dazu: Meyer-Büser, Susanne (Hg.): Marc, Macke und Delaunay. Die Schönheit einer zerbrechenden Welt (1910–1914). Köln 2009 6 Jessen, Peter: „Die deutsche Werkbundausstellung Köln 1914“. In: Jahrbuch des Deutschen Werkbundes 1915. München 1915; Hartmann, Kristiana/Bollerey, Franziska: „Das Glashaus von Bruno Taut“. In: Herzogenrath, Wulf/ Teuber, Dirk/Thiekötter, Angelika (Hg.): Der westdeutsche Impuls 1900–1914. Kunst und Umweltgestaltung im Industriegebiet. Die Deutsche Werkbund-Ausstellung Cöln 1914. Köln 1984, S. 133–143; Werkbund-Archiv/Thiekötter, Angelika u. a. (Hg.): Kristallisationen, Splitterungen. Bruno Tauts Glashaus. Basel 1993; Hartmann, Kristiana u. a. (Hg.): Bruno Taut 1880–1938. Architekt zwischen Tradition und Avantgarde. Stuttgart, München 2001 7 Hartmann, Kristiana u. a. (Hg.): Bruno Taut 1880–1938. Architekt zwischen Tradition und Avantgarde. Stuttgart, München 2001 8 Siehe dazu: Köster, Gabriele/Stöneberg, Michael (Hg.): Bunte Stadt – Neues Bauen. Die Baukunst von Carl Krayl. Calbe 2016 9 Lichtpause, signiert und datiert „Anfang 20.“, im Wenzel-Hablik Museum Itzehoe und im Archiv der Akademie der Künste, Sammlung Baukunst, Nachlass Scharoun; siehe dazu: Maasberg, Ute: Im Auftrag der Farbe. Berlin 1997, S. 132; Berlinische Galerie (Hg.): Visionäre der Moderne. Paul Scheerbart, Bruno Taut, Paul Goesch. Zürich 2016, S. 154; Maasberg, Ute: „Aus dem Schatten ins Licht“. In: Köster, Gabriele/Stöneberg, Michael (Hg.), 2016, ebd. (Anm. 8), S. 13–39 Abb. in: Stadtbaukunst in alter und neuer Zeit. 1920, Heft 10, Beilage Frühlicht, S. 157 und in: Die gläserne Kette, a. a. O. 1963, S. 116 10 Abb. in: Stadtbaukunst in alter und neuer Zeit. 1920, Heft 8, Beilage Frühlicht, S. 127; Maasberg, Ute: Im Auftrag der Farbe. Berlin 1997, S. 135; Maasberg, Ute: „Aus dem Schatten ins Licht“. In: Köster, Gabriele/Stöneberg, Michael (Hg.), 2016, ebd. (Anm. 8), S. 13–39 11 Vgl. Asendorf, Christoph: „Grenzen/Übergänge. Positionen der Zwanzi ger Jahre“. In: Entgrenzung der Allgegenwart. Die Moderne und das Problem der Distanz. München 2005, S. 54–70 12 Benjamin, Walter: „Die Wiederkehr des Flaneurs“. In: Ders.: Kritiken und Rezensionen 1912–1931. Kapitel 82, www.gutenberg.spiegel.de/buch/ kritiken-und-rezensionen-1912-1931-2981/82, 30.8.17 13 Rowe, Colin/Slutzky, Robert: Transparenz. Mit einem Kommentar von Bernhard Hoesli, Basel/Stuttgart 1968 14 Zum Beispiel Reflektorische Farblichtspiele von Kurt Schwerdtfeger, 1921, oder Filmexperimente von Hanns Richter und Vikking Eggeling: Diagonal Symphonie, 1923 und Rhythmus 21, 1921 15 Siehe dazu: Maasberg, Ute/Prinz, Regina: Die Neuen kommen. Weib liche Avantgarde in der Architektur der zwanziger Jahre. Hamburg 2004 16 Autor unbekannt. O. T. (AO Krankenkasse Magdeburg. Architekt Carl Krayl. Außenansicht bei Nacht beleuchtet), um 1926. Eigentümer der Vorlage (Vintage Print; Gelatinesilberabzug, matt): Stiftung Bauhaus Dessau (I 2116/27 F)

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professorinnen /  professoren

Prof. Dr. Rüdiger Prasse Dekan Institut für Umweltplanung

Prof. Zvonko Turkali Institut für Entwerfen und Gebäudelehre

Prof. Jörg Friedrich Institut für Entwerfen und Gebäudelehre

Prof. Hilde Léon Institut für Entwerfen und Gebäudelehre

Prof. Michael Schumacher Institut für Entwerfen und Konstruieren

Prof. Dr. Dirk Bohne Institut für Entwerfen und Konstruieren

Prof. Dr. Margitta Buchert Institut für Geschichte und Theorie der Architektur

Prof. Dr. Markus Jager Institut für Geschichte und Theorie der Architektur

Prof. Dr. Barbara Zibell Institut für Geschichte und Theorie der Architektur

Prof. Dr. Tanja Mölders Institut für Geschichte und Theorie der Architektur

Prof. Dr. Albert Schmid-Kirsch Institut für Gestaltung und Darstellung

Prof. Mirco Becker Institut für Gestaltung und Darstellung

Prof. Katja Benfer Institut für Landschaftsarchitektur

Prof. Dr. Joachim Wolschke-Bulmahn Institut für Landschaftsarchitektur

Prof. Christian Werthmann Institut für Landschaftsarchitektur

Prof. Dr. Christina von Haaren Institut für Umweltplanung

Prof. Dr. Michael Reich Institut für Umweltplanung

Prof. Dr. Eva Hacker Institut für Umweltplanung

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Prof. Alexander Furche Institut für Entwerfen und Konstruieren

Prof. Jörg Schröder Institut für Entwerfen und Städtebau

Prof. Andreas Quednau Institut für Entwerfen und Städtebau

Vertr. Prof. Carl Herwarth von Bittenfeld Institut für Entwerfen und Städtebau

Prof. Anette Haas Institut für Gestaltung und Darstellung

Prof. Dr. Klaus Littmann Institut für Berufswissenschaften im Bauwesen

Prof. Dr. Andreas O. Rapp Institut für Berufswissenschaften im Bauwesen

Prof. Dr. Martin Prominski Institut für Freiraumentwicklung

Prof. Dr. Christian Albert Institut für Umweltplanung

Apl. Prof. Dr. Michael Rode Institut für Umweltplanung

Prof. Dr. Rainer Danielzyk Institut für Umweltplanung

Prof. Dr. Frank Othengrafen Institut für Umweltplanung

Weitere Professorinnen und Professoren der Fakultät: Prof. Dr. Bettina Oppermann, Institut für Freiraumentwicklung Prof. Dr. Anke Seegert, Institut für Landschaftsarchitektur Prof. Gilbert Lösken, Institut für Landschaftsarchitektur Prof. Dr. Bettina Matzdorf, Institut für Umweltplanung Fotos: Julian Martitz

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schaufenster

zugang zur geschichte schaffen – umgestaltung einer gedenkstätte Zhiyuan Peng > SEITE 134

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ein museum für seeschifffahrt in sevilla Johannes Oldenburg > SEITE 50

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„ infolge des fehlens der biologischen lebendigkeit kann die architektur zwar als komplexer lebensraum, nicht aber als eigenständiges ökosystem fungieren.“

architektur und wald – zwischen künstlichkeit und leben Lisa Iglseder > SEITE 94

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special offer – scherben Robin Höning > SEITE 118

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scogli, luce e mare – ein hotel für taucher und urlauber in syrakus, sizilien Céline Sicking > SEITE 56

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mehr als nur ein dach über dem kopf – hawa-wettbewerb Christina Cernovsky, Franziska Ida Faber > SEITE 181

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maschinenzeichnungen – robopaintbrush Digitale Methoden in der Architektur > SEITE 116

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space for architects – eine neue architekturfakultät für die universität dresden Lea Frenz > SEITE 60

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meditationsturm in hannover Chen Ma > SEITE 72

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urban-joint-wuxi – urbanization and locality along the grand canal of china Christopher Korsch > SEITE 88

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arrival city: berlin – kulturmarkt fennpfuhl Simon Beckmann > SEITE 82

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Photovoltaik

Lichtlenkung

Klimatisierung

Nachtauskühlung

Sichtbezüge

Elementierung

crossed elements – energetische sanierung und fassadengestaltung eines universitäts-hochhauses Nele Fülscher > SEITE 68

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technische darstellung Malte Neumann > SEITE 112

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lost islands, venice lagoon Constantin Tibor Bruns > SEITE 173

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campusbank – ein viertel kilometer konstante aufenthaltsqualität Linda Anouk Klüver, Melina Keller > SEITE 140

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reallabor arbste – neues leben für alte höfe Aleksandra Eggers, Sofia Hanina, Lena-Kristin Lauermann > SEITE 102

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villa simon Lucas Fricke, Magdalena Jackstadt, Niels Kalberlah, Lukas Weglage Zeichnung von: Christian Heinrich Tramm, 1858 > SEITE 96

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jüdische landwirtschaftliche und gartenbauliche lehrgüter/ausbildungsstätten Prof. Dr. Joachim Wolschke-Bulmahn, Janina Hennig Abbildung: Das ehemalige Lehrgut Neuendorf, 2016 > SEITE 171

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barrierefreiheit an baustellen Marius Janning > SEITE 144

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angsträume zwischen baulichen und sozialen aspekten der raumplanung – das beispiel am moritzwinkel (hannover) Nanke Simon > SEITE 106

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buchen besuchen – was menschen in der eilenriede machen Mareike Thies, Prof. Bettina Oppermann > SEITE 176

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urbanisierung und eigenart entlang des kaiserkanals in china Siyu Lin, Han Mai, David Obernberger > SEITE 126

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laubfrosch und gelbbauchunke als zielarten für den kleingewässerschutz Charlotte Waack > SEITE 150

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innerstädtische flusslandschaften im spiegel der lokalen planungskultur Dr. Meike Levin-Keitel > SEITE 164

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studentische projekte

institut für entwerfen und gebäudelehre

ieg Baukunst Prof. Zvonko Turkali Entwerfen und Architekturtheorie Prof. Jörg Friedrich Stadt Raum Gestaltung Prof. Hilde Léon

ein museum für seeschifffahrt in sevilla

eine design-akademie für wilkhahn

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scogli, luce e mare

weiterbauen überformen ergänzen

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syrien 2.0 > SEITE 54

space for architects > SEITE 60

ein museum für seeschifffahrt in sevilla

Gegenstand der Masterthesis war der Entwurf eines Museums für Seeschifffahrt in Sevilla, in unmittelbarer Nachbarschaft zum mittelalterlichen Torre del Oro. Die Tatsache, dass es sich hierbei um den wohl bedeutendsten Ort für die europäische Schifffahrt handelt (von hier aus starteten Fernando Magellan und Amerigo Vespucci ihre Entdeckungsreisen), war ausschlaggebend für die Entscheidung des Bearbeiters, den Gebäudekörper in seiner äußeren Erscheinung so weit wie möglich zurückzunehmen und sich auf eine Kontinuität des Stadtraums zu fokussieren. Dieses Ziel erreichte der Bearbeiter, indem er den Baukörper in den Geländesprung der bestehenden Kaimauern integrierte. An einem aufgrund seiner historischen Bedeutung eigentlich unbebaubaren Ort strahlt der Entwurf eine unaufgeregte Bescheidenheit aus und überzeugt durch seine innenräumliche Komplexität.

museum of sea navigation in seville The object of this master’s thesis was to design a museum for sea navigation in Seville in close proximity to the medieval Torre del Oro. The fact that this place is probably the most important place in the history of European navigation (it was from here that Fernando Magellan and Amerigo Vespucci set sail on their great expeditions) was a key factor for the designer. By integrating the construction into the existing quay walls, the designer’s approach to the building’s exterior is very subtle and directs the focus to the continuity of the urban space. Magellan’s flagship, the museum’s main exhibit, can be viewed from different angles and levels. In a place that, on account of its historical meaning and context, it is actually impossible to develop, the design with its convincing interior complexity radiates an aura of both sensibility and modesty.

johannes oldenburg Masterthesis Betreuer: Prof. Zvonko Turkali Baukunst

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eine designakademie für wilkhahn

Für den Möbelhersteller Wilkhahn, der sich seit Jahrzehnten international erfolgreich auf die Entwicklung und Produktion von Bürostühlen, Konferenztischen und sekundären Ausstattungselementen spezialisiert hat, galt es, eine Design-Akademie zu entwerfen, die der Schulung und Fortbildung junger Designer und Künstler dienen soll. Der Entwurf bildet für das Unternehmen eine neue repräsentative Adresse an der Ortseinfahrt von Eimbeckhausen und vermittelt zwischen der giebelständigen Wohnbebauung des kleinen Orts, der leicht hügeligen Kulturlandschaft am Deister und den voluminösen Industriegebäuden des Werks. Die Design-Akademie orientiert sich parallel zu den bestehenden Werkhallen und nimmt durch die lineare modulare Struktur und die wiederkehrende Dachform Bezüge zur industriellen Architektur auf. Der Baukörper öffnet sich an einigen Stellen durch eingefügte Höfe zur Kulturlandschaft.

an academy of design for wilkhahn The object of this project was the design of an Academy of Design for the internationally successful furniture manufacturer Wilkhahn in Eimbeckhausen, Germany. For decades Wilkhahn has specialized in the development and production of office chairs, conference tables, and secondary equipment elements. The Design Academy should support the advanced training of young designers and artists. The design forms a new representative address for the enterprise on the outskirts of Eimbeckhausen and mediates between the gable-topped houses of this small town, the hilly surroundings around the Deister, and the voluminous industrial buildings of the estate. The academy lines up with the existing halls and references industrial architecture with its modular structure and roof form. The building opens up in places by semi courtyards that face the landscape.

malte gärtner BetreuerInnen: Prof. Zvonko Turkali, Dr. Jens Broszeit, Henrik Weber, Arlette Feltz-Süßenbach Baukunst

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syrien 2.0

wiederbelebung der alten damaszener architektur

Die syrischen Städte sind durch kriegerische Auseinandersetzungen massiv in Mitleidenschaft gezogen worden. Diese Situation birgt die Chance, die architektonischen und städtebaulichen Fehler der jüngeren Vergangenheit zu erkennen und anzugehen. Diese bestehen hauptsächlich darin, dass westliche Einflüsse die traditionelle Art des Bauens in Damaskus verdrängt haben. Der Entwurf zeigt bauliche Strukturen, die wirkungsvolle Strategien für den Umgang mit dem extremen Klima (mehr als 300 Sonnentage im Jahr) bereitstellen. Die entwurfsprägenden Bausteine für ein angenehmes Wohnklima bilden enge Gassen, Innenhöfe und Liwans (spezielle, landestypische Formen der Loggia). Die positiven Eigenschaften von Alt-Damaskus werden aufgegriffen und beibehalten. Mit der heutigen Zeit nicht vereinbare Aspekte werden verbessert.

syria 2.0 – the revival of the old damascus architecture  The Syrian cities are suffering from massive and devastating destruction. The original Syrian city structure has lost its proper characteristics in the course of time because in the last century the structure of the buildings was taken from the West, which is not compatible with the climate in Syria. Old Damascus, for example, which is located in a warm climate (more than 300 sunny days per year, has evolved over the years, and the buildings and streets there are adapted to the warm climate built in specific methods – such as narrow streets, courtyards, and Liwans – that are suitable for the warm climate. Therefore, the positive qualities of Old Damascus are maintained and aspects that cannot be reconciled with the contemporary world are improved.

maher daboul Bachelorthesis Betreuer: Prof. Jörg Friedrich, Peter Haslinger, Simon Takasaki, Oliver Thiedmann Entwerfen und Architekturtheorie

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scogli, luce e mare

ein hotel für taucher und urlauber in syrakus, sizilien

Der Leuchtturm am Capo Murro di Porco befindet sich nahe Syrakus an der Ostküste Siziliens. Das historische Bauwerk aus dem 19. Jahrhundert, einst bewohnt und nun verwahrlost, bildet den Ausgangspunkt für die entstandene Entwurfsarbeit. Das Gebäude bleibt als Ziel des langen, gerichteten Weges durch die Natur erhalten. Additiv positionieren sich die drei Hotelbaukörper hinter dem Bestand und folgen der Achse des Weges sowie der natürlichen Ausbuchtung der Uferkante. Entwurfsprägend sind drei Ebenen: Das Oberirdische – belichtet und hell. Das Verbindende – eine begehbare Plattform als architektonische Übersetzung der starken örtlichen Topographie. Das Unterirdische – der Gang des Tauchers und die Inszenierung der Felsen. Der Entwurf folgt dem Leitgedanken, die besonderen örtlichen Einflüsse und natürlichen Kontraste architektonisch zu transformieren und erlebbar zu machen.

scogli, luce e mare – a diving and vacation hotel in syracuse, sicily  The Capo Murro di Porco lighthouse is located near Syracuse on the east coast of Sicily. The historical building from the 19th century, once inhabited and now neglected, forms the starting point for the resulting design work. The building remains as the destination for a long, guided path through nature. Three hotel buildings are located behind the existing structure and follow the axis of the path as well as the natural shore edge. The design is determined by three levels. The surface – illuminated and bright. The connector – a walkable platform intended as an architectural translation of the intense local topography. And underground – the diver’s path and the staging of the rocks. The design follows the basic idea to transform the particular local influences and natural contrasts into architecture.

céline sicking Masterthesis Betreuer: Prof. Jörg Friedrich, Prof. Zvonko Turkali Entwerfen und Architekturtheorie

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weiterbauen überformen ergänzen

erweiterung der theodor-haubach-schule in hamburg-altona  Die

Erweiterung der TheodorHaubach-Schule als Zentrum des zukünftigen Stadtteils Neue Mitte Altona bildet mit der neuen zweigeschossigen Turnhalle und dem Bestandsgebäude ein neues Gefüge, welches sich um einen neu definierten Schulhof legt. Zwischenräume lassen Durchblicke ins Blockinnere zu. Durch die Einschnitte in die hölzernen Gebäudehüllen erhalten die Eingänge der Neubauten eine besondere Bedeutung. Die innere Grundrissstruktur ist klar gegliedert: ein großzügiger Raum, sich daraus entwickelnde konisch zulaufende Flure, aufgelockert durch „Taschen“, welche Gemeinschaftsflächen beherbergen und von den Klassenräumen gefasst sind. Das Erdgeschoss beinhaltet Nutzungsmöglichkeiten für Nachmittagsbetreuung und Aufenthaltsmöglichkeiten für die Pausenzeiten, während das Obergeschoss für die Unterrichtsgestaltung bestimmt ist.

extending reshaping completing – extension of the theodor haubach school in hamburg altona  The expansion of the Theodor Haubach School as the center of the future district of Neue Mitte Altona with the new two-story gym hall and the existing building creates a new hybrid that wraps around a newly defined schoolyard. Gaps allow one to look inside or enter into the block. The entrance areas are built as offset spaces into the wooden facade and allow a welcoming and well directed passage into the building. The interior floor plan is purely arranged: a generous space, conical corridors, soothing “pockets” as common areas framed by classrooms. The ground floor includes facilities for afternoon care and the possibility to spend the breaks while the upper floor is designed for teaching only.

antonia haffner, ricco frank BetreuerInnen: Prof. Hilde Léon, Swantje Grasmann, Sabrina Schreiber, Tatsuya Kawahara, Moritz Walter Stadt Raum Gestaltung

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space for architects

eine neue architekturfakultät für die universität dresden  Das Grundstück für

den Entwurf der Architekturfakultät liegt zwischen den Bestandsgebäuden des Campusgeländes. Auf der Nordseite wird eine Rundung ausgebildet, welche auf die ursprüngliche Planung des Kuppelsaals von 1926 verweist. Das Gebäude hat eine klare innere Struktur. Es gibt sowohl kleine Nutzungsanforderungen für Institute und Seminarräume als auch große Einheiten für Arbeitsräume, Präsentations- und Ausstellungsflächen. Diese Nutzungen werden aufgeteilt auf abwechselnd gerasterte und offene Geschosse. Um die Selbstbestimmtheit der Studierenden zu gewährleisten, wird ihnen mit offenen Flächen viel Spielraum gelassen – gestalterische Fähigkeiten können ausgetestet werden. Das Gebäude hat eine vorgehängte, rotgefärbte Betonfassade. Die Schichtung der inneren Struktur wird nach außen gekehrt.

space for architects – a new faculty building for architects at the university of dresden  The new building for the Faculty of Architecture is planned to be located between two existing buildings of the campus. A circular incision on the north side of the new building refers to the original plan of the dome hall from 1926. The building has a clear inner structure that is based on the two different typologies of use: it contains small units for administration and classrooms as well as larger units for studio spaces, presentation rooms, or exhibition areas. These uses are distributed among alternately open and evenly structured floors. This structure reflects the main teaching and learning approach: In order to ensure the self-determination of the students the open areas provide plenty of room to develop and unfold their creative abilities.

lea frenz Bachelorthesis BetreuerInnen: Prof. Hilde Léon, Tatsuya Kawahara, Sabrina Schreiber, Swantje Grasmann, Moritz Walter Abteilung: Stadt Raum Gestaltung Lageplan 1:1000

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Grundriss 1. Geschoss 1:200

GSEducationalVersion

Grundriss 2. Geschoss 1:200

GSEducationalVersion

Schnitt Längs 1:200

GSEducationalVersion

Ansicht Süd 1:200

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institut für entwerfen und konstruieren

iek Baukonstruktion und Entwerfen Prof. Michael Schumacher Gebäudetechnik Prof. Dr. Dirk Bohne Tragwerke Prof. Alexander Furche

platon chair > SEITE 64

skisprungschanzenanlage krummhübel

crossed elements > SEITE 68

> SEITE 66

einfluss der elektrischen transportenergie auf die stromverbrauchsstruktur > SEITE 70

meditationsturm in hannover > SEITE 72

laufschlauch > AB SEITE 74

platon chair

neue möbel für das welfenschloss  Für unterschiedliche Ver-

anstaltungen im Lichthof der Leibniz Universität Hannover werden umsetzbare Ideen für neue Möbel gesucht. Diese sollen nicht nur leicht und gut verstaubar sein, sondern auch diversen Ansprüchen, wie beispielsweise dem Corporate Design der Universität, gerecht werden. Benötigt werden sieben Tresenelemente mit Ablagemöglichkeiten, fünf Sitzgelegenheiten, ein Tisch oder anderweitige Abstellmöglichkeiten, sowie ein Rednerpult. Die Studierenden der Fakultät für Architektur und Landschaft waren aufgerufen, Vorschläge für solche Bühnenmöbel zu erarbeiten. Eine Jury mit unserem UniversitätsPräsidenten Prof. Dr. Volker Epping zeichnete fünf Arbeiten in den Kategorien Bühnenkonzept, Raummöbel und Möbelobjekt aus.

platon chair – new furniture for the castle  New furniture is needed for hosting various events in the Lichthof of Leibniz Universität Hannover. The furniture need to be lightweight and easy to store and must meet certain requirements, such as the corporate design of the Leibniz University of Hannover. Seven counter units with storage possibilities, five seating arrangements, a table or other storage facilities, as well as a lectern are required. The students of the Faculty of Architecture and Landscape were asked to develop proposals for such representative furniture that can be set up and taken down as needed. A jury with the president of university Volker Epping as a member awarded five projects in the categories of stage concept, room furniture, and furniture units.

benjamin grudzinski, robin höning Betreuer: Prof. Michael Schumacher, Patrik Beckmann, Sven Martens, Michael-Marcus Vogt Baukonstruktion und Entwerfen

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Verbindungsprinzip Der zweiteilige Schwalbenschwanzverbinder wird durch zwei Madenschrauben auseinandergedrückt und verbindet so die Module miteinander.

Gestell Das Fußgestell wird aus poliertem Edelstahl in 12 Millimeter Rundstahl gefertigt. Es besteht aus zwei ineinander verdrehten, gespiegelten Schleifen, die sich an allen vier Seiten in Kreuzen berühren und so aussteifen.

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skisprungschanzenanlage krummhübel

Skispringen ist nach Fussball die zweitbeliebteste Sportart in Polen. Laut langjährig geführten Umfragen interessieren sich 40 Prozent der Menschen in Polen für Skispringen. Die internationalen FIS-Weltcup-Wettbewerbe, die jährlich von November bis März stattfinden, werden im Durchschnitt von vier Millionen Menschen angeschaut – und das nur im öffentlichen Fernsehen. Bei diesem Potential bleibt die sportliche Infrastruktur für Skispringen in Polen weit unterentwickelt. Zahlreiche Mini-Schanzen für Amateure wurden überall in Polen gebaut, aber die richtigen Trainingsanlagen sind vor allem in den Karparten Polens konzentriert. Dabei verfügen nur zwei Anlagen über Großschanzen, auf denen die wichtigsten internationalen Wettbewerbe ausgetragen werden können. Der Entwurf würde diese Situation ändern, da eine neue Anlage – mit verschieden großen Schanzen – in den bisher vernachlässigten Sudeten geplant wurde. ski-jumping hill  Ski jumping is, after soccer, the second most popular sport in Poland. Only football is considered even more exciting. According to surveys conducted over many years, 40 percent of people in Poland are interested in ski jumping. The international FIS World Cup competitions, which take place every year on weekends from November to March, are viewed by around four million people on public television alone. With this potential, the infrastructure for ski jumping in Poland remains far underdeveloped. Numerous mini-jumps for amateurs were built all over Poland, but proper training facilities are mainly concentrated in the southern part of Poland, the Carpathian Mountains. Only two locations have large ski jumps which can host the most important international competitions. The design would change this situation by planning a completely new facility – with ski jumps of various sizes – in the previously neglected Sudeten Mountains.

joanna paulina baszynska Masterthesis Betreuer: Prof. Michael Schumacher, Michael-Marcus Vogt Baukonstruktion und Entwerfen

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Holzlamellen 200 mm Holzunterkonstruktion 200 mm Doppel-T-Träger IPE 200 Bitumenabdichtung 2-lagig Gefälledämmung PUR 2 % Doppel-T-Träger IPE 200 Dämmplatte PUR 200 mm PE-Folie-Dampfsperrbahn Deckenunterkonstruktion GK-Platte 12,5 mm

Fliesen 20 mm Dünnbettmörtel 15 mm Estrich 40 mm PE-Folie-Feuchtigkeitsperrbahn Dämmplatte PUR 30 mm Verbunddecke 120 mm GK-Platte 12,5 mm

Fliesen 20 mm Dünnbettmörtel 15 mm Estrich 40 mm PE-Folie-Feuchtigkeitsperrbahn Dämmplatte PUR 30 mm Verbunddecke 160 mm Schaumglas 20 mm Doppel-T-Träger IPE 200 Dämmplatte PUR 180 mm Profilblech

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crossed elements

energetische sanierung und fassadengestaltung eines universitäts-hochhauses 

Der Entwurf beschäftigt sich mit einer energetischen Sanierung der baufälligen Fassade des Universitäts-Hochhauses in der Appelstraße aus den 1970er Jahren. Die Gestaltung der neuen Fassade zielt nicht nur auf das Erscheinungsbild des Gebäudes ab, sondern trägt zu dessen Funktionalität, Nutzerfreundlichkeit und Energieeffizienz bei. Das Konzept hat die Senkung des Primärenergiebedarfs durch eine optimierte Tageslichtnutzung, partielle Eigenstromerzeugung sowie einen höheren Dämmstandard zum Ziel. Die Elementfassade mit geschosshoher Verglasung ist abwechselnd um 15° bzw. -15° abweichend von der Senkrechten geneigt. Durch diese Ausrichtung wird mit den der Sonne entgegen geneigten Scheiben der Ertrag der integrierten PV-Beschichtung verbessert. Das Energiekonzept beinhaltet außerdem die raumlufttechnische Versorgung des Gebäudes durch dezentrale Fassaden-Lüftungsgeräte, die sich, in die Fassadenelemente integriert, in der Bodenebene befinden. Die Arbeit wurde mit dem Förderpreis der VictorRizkallah-Stiftung ausgezeichnet.

crossed elements – energy renovation and design of the facade of a high-rise university building  The master’s thesis deals with an energetic renovation of the dilapidated facade of a university building in Hannover. The design contributes to appearance of the building, functionality, user friendliness, and energy efficiency. The concept includes the reduction of primary energy requirements by an optimized use of daylight, partial electricity generation, and a better insulation. The story-high glass element façade inclines alternately 15° or -15° from the vertical angle. This orientation improves the yield of the integrated PV coating. The energy concept also provides ventilation of the building through decentralized ventilation units in the façade.

nele fülscher Masterthesis Betreuer: Prof. Dr. Dirk Bohne, Prof. Michael Lange Gebäudetechnik

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Vorher

Nachher

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einfluss der elektrischen transportenergie auf die stromverbrauchsstruktur

Ein erheblicher Anteil von elektrischer Energie wird in Deutschland für den Sektor der Nichtwohngebäude und Wohngebäude aufgewendet. Oft wird der Strom nur über eine Messeinheit an der Übergabe zum Energieversorger gezählt. Die Einzelverbräuche werden nicht weiter differenziert. Über eine Aufschlüsselung der Einzelverbräuche könnte jedoch analysiert werden, welche Verbraucher tatsächlich wie viel Strom benötigen. Daraus könnten im Zuge des Energiemanagements Strategien zur Stromeinsparung entwickelt werden. Daher ist es vor allem für die effiziente Nutzung von Energie von Bedeutung, zum Beispiel bei Objekten mit großen, zusammengefassten Verbräuchen, verschiedene Bereiche zu unterscheiden und zu untersuchen. Für drei Objekte im Sektor der Nichtwohngebäude wurde der Energieverbrauch für den Transport der Medien in dieser Arbeit analysiert und ausgewertet. Das erste untersuchte Objekt ist eine Feuer- und Rettungswache in Köln-Kalk. Die Baufertigstellung erfolgte im Jahr 2016. Bei dem zweiten Objekt handelt es sich um das Gemeinschaftsklinikum Mittelrhein. Eine Generalsanierung und ein Anbau sind hier im Stadium der Vorplanung. Das dritte Objekt ist das Kreiskrankenhaus in Siegen. Der Neubau des Bettenhauses wurde im Jahr 2014 fertiggestellt. In allen drei Objekten liegen sowohl eine Allgemein- als auch eine Sicherheitsstromversorgung vor. Die Sicherheitsstromversorgung erfolgt beispielsweise im Fall eines Stromausfalls. Dies ist in den Kliniken wichtig, damit Operationen fortgesetzt werden und lebensnotwendige Maschinen wie Beatmungsgeräte trotz Stromausfall weiter betrieben werden können. Auch bei der Feuerwehr ist dies notwendig, da diese bei einem Stromausfall zum Beispiel zum Löschen eines Feuers bereitstehen muss. In den drei genannten Objekten werden die elektrischen Verbraucher in den Bereichen Heizen, Kühlen und Lüftung näher untersucht. Der sonstige Strombedarf, der beispielsweise aus EDV, Telekommunikation, Aufzügen, Operationssälen und Werkstätten resultiert, wird in dieser Arbeit nicht weiter analysiert.

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Die Heizung in einem Objekt hat eine der wichtigsten Aufgaben im Sinne der Gebäudetechnik. Sie dient zur Herstellung der Behaglichkeit durch die Erzeugung und Zufuhr von Wärme. Sie spielt in Deutschland meteorologisch bedingt eine große Rolle, da etwa 250 bis 300 Tage im Jahr ein Bedarf an Wärme in einem Objekt vorliegt. Bei der Auslegung der Heizung ist zu berücksichtigen, dass in einem Raum auch interne thermische Lasten auftreten können. So gibt ein Erwachsener bei einer leichten Tätigkeit wie Büroarbeiten etwa eine Wärmeenergie von 150 W ab. Außerdem geben nahezu alle elektrischen Geräte wie zum Beispiel Computer, Kaffeeautomaten und Lampen einen gewissen Prozentsatz ihrer elektrischen Energie durch Wärmeenergie an ihre Umgebung ab. Elektrische Verbraucher in diesem Bereich sind vor allem Pumpen, die das Heizmedium durch die Anlage befördern. Bei der Betrachtung der Gesamtsysteme ist die Systemwahl entscheidend für den Bedarf an elektrischer Energie. So ist zum Beispiel die benötigte elektrische Energie für eine Wärmepumpe deutlich höher als die elektrische Energie, welche von einer Heizung mit Brennwertkessel gewandelt wird. Diese Tatsache wurde vor allem in den letzten Jahren in vielen Berechnungen außer Acht gelassen und führte zu einer errechneten Energiebilanz, welche mit der Praxis nicht übereinstimmte. Neben der klassischen Heizung der Räume wird auch im Bereich der Lüftungsanlage geheizt. Dies erfolgt auf der einen Seite über Wärmerückgewinnung aus der Abluft aber auch durch zum Beispiel elektrische Nacherwärmer. Zur Bestimmung des Strombedarfs der Verbraucher im Bereich Heizen werden deren elektrische Anschlussleistungen herangezogen. Das Hauptaugenmerk im Bereich der Kühlung liegt auf dem Nutzkältebedarf zur negativen Korrektur der Raumtemperatur. Dieser kann über verschiedene Systeme gedeckt werden. Es bietet sich oft ein gemeinsames System der thermischen Bauteilaktivierung mit der Heizungsanlage beziehungsweise ein thermisches Flächensystem an, welches abhängig von den Rahmenbedingungen eigenständig die thermische Regulation durchführt. Oft werden die thermischen Lasten über die Lüftung abgefangen. Dies ist jedoch nicht

der Regelfall, da eine Kopplung dieser Systeme von verschiedenen Faktoren abhängt. Ist beispielsweise der Volumenstrom der Lüftungsanlage aufgrund von anderen Anforderungen so groß, dass man auch die thermischen Lasten darüber abfangen kann, bietet sich der Verbund aus Lüftungs- und Kühlungssystem an. Der Vorteil liegt darin, dass der planerische Aufwand zur Anpassung des Lüftungssystems geringer ist als die Planung eines komplett eigenständigen Systems. Dabei ist jedoch der Energieaufwand zur Kühlung für jedes System getrennt zu untersuchen, da keine allgemeingültige Aussage über den Verbrauch gemacht werden kann. Somit ergibt sich der Strombedarf für die Kühlung aus der Transportenergie (zum Beispiel Kompressoren) und der elektrischen Leistung der Kältemaschine. Auch bei der Kühlung wird die elektrische Anschlussleistung zur Berechnung des Strombedarfs herangezogen. lm Bereich der Lüftung findet die DIN EN 13779 Anwendung. Es gilt zuerst allgemeine Gebäudeeigenschaften festzulegen. Es muss der Rahmen hinsichtlich der Umweltbedingungen abgesteckt werden, in dem zum Beispiel die umliegenden Objekte oder die Außenklimadaten Einfluss finden. Des Weiteren werden die Eckdaten zur Raumnutzung festgelegt. Hier sind die Personenbelegung der verschiedenen Räume, innere Wärmelasten und Verunreinigungsund Feuchtigkeitsquellen maßgebende Faktoren. Außerdem müssen die Anforderungen in den Räumen festgelegt werden. Der Auftraggeber entscheidet über die Temperatur, Luftfeuchtigkeit und -qualität, welche später in den Räumen erreicht werden sollen. Auch die Anforderungen an die Luftdichtheit der Anlage werden bestimmt. Die Lüftung wird klassifiziert durch die indirekte Klassifizierung anhand des Außenluftstroms je Person und die allgemeine Klassifizierung der Raumluftqualität (lDA). Letztere teilt dabei in den Abstufungen von eins bis vier die Raumluftqualität von hoch (eins) bis niedrig (vier) ein. Bei der erwähnten indirekten Klassifizierung wird der benötigte Zuluftstrom mithilfe der Anzahl an Personen angegeben, welche sich in diesem Raum voraussichtlich aufhalten werden. Kombiniert kann so der Luftvolumenstrom zuerst je Person in verschiedenen Räumen festgelegt

Feuer- und Rettungswache Köln-Kalk Lüftung 31 % Heizung 8 % Sanitär 3 % Rest 58 %

Gemeinschaftsklinik Mittelrhein Lüftung 23 % Heizung 8 % Kühlung 0 % Rest 69 %

Kreisklinikum Siegen Lüftung 18 % Heizung 1 % Kühlung 0 % Rest 81 %

Stromverbräuche der drei untersuchten Gebäude in den Bereichen Heizen, Kühlen, Lüften und anschließend mit der entsprechenden Anzahl an Personen hochgerechnet werden. Zur Angabe des Stromverbrauchs werden schließlich die Anschlussleistungen der Lüftungsanlagen, möglicher zusätzlicher Ventilatoren, elektrischer Lufterhitzer etc. addiert. Es wird damit der Stromverbrauch angegeben, welcher für die Luftförderung im Gesamten benötigt wird. Die Stromverbräuche der drei Gebäude in den genannten Bereichen werden wie beschrieben zunächst analysiert und berechnet. Anschließend wird der Einfluss der elektrischen Verbraucher in einen Zusammenhang mit dem Gesamtverbrauch an elektrischer Energie der jeweiligen Objekte gesetzt. Dabei haben die Untersuchungen ergeben, dass der Einfluss der Transportenergie für die Kühlung eines Nichtwohngebäudes in den hier betrachteten Fällen bei kleiner ein Prozent liegt und damit unwesentlich am Stromverbrauch beteiligt ist. Der Einfluss der erwähnten Pumpen zu Heizzwecken ist dagegen schon deutlich größer und liegt zum Teil nahe an zehn Prozent. Jedoch ist in diesem Bereich kaum mehr Raum für Optimierung der Verbraucher, womit der Stromverbrauch nur geringfügig beeinflusst werden könnte. Wie sich jedoch zeigt, ist der Einfluss der Lüftung in Hinblick auf die benötigte Energie zum Transport der Zu- und Abluft zum Teil bei einem knappen Drittel des Gesamtstromverbrauchs. Aufgrund dieses großen Anteils ist eine Analyse der Lüftungsanlagen auf ihre Optimierung hin sehr vielversprechend, um den Stromverbrauch des Objektes zu senken. Es sei erwähnt, dass zur Realisierung dieser Maßnahmen eine höhere Investition

getätigt werden muss. Neben der finanziellen Investition wird innerhalb des Objekts mehr Volumen benötigt, um bessere und vor allem effizientere Lüftungsanlagen zu realisieren. Dies führt zu der Tatsache, dass in Objekten, bei gleichbleibendem Gesamtvolumen, das Nutzvolumen für die eigentlich bestimmten Aufgaben sinkt. Beziehungsweise muss, bei gleichbleibendem Nutzvolumen, das Gesamtvolumen eines Objektes steigen, wenn hochwertigere und aus Sicht der Transportenergie günstigere Lüftungsanlagen installiert werden. Eine Ausstattung der Gebäude mit Messtechnik zur Verifizierung der Ergebnisse und zu weiteren Analysen stellt einen Ausblick dieser Arbeit dar.

influence of the electrical transport energy on the electricity consumption structure  In Germany a significant proportion of electrical energy is used for buildings. Usually the electricity is counted only by an electric meter at the transfer point to the energy provider. A breakdown of the electricity consumers in a building could be used to analyze and optimize the electricity consumption. This is important for developing energy conservation strategies for energy management. This paper analyzes and evaluates the electricity consumption for three non-residential buildings. The first building is a fire department in Cologne, construction was finished in 2016. The second is the Community Hospital of Mittelrhein. It is in planning stage. The third is the District Hospital in Siegen, which was completed in 2014. ln these buildings the electrical

consumers in the areas of heating, cooling, and ventilation are examined in detail. The other electricity requirements, which are the result of for example EDP, elevators, and operating rooms, are not further analyzed. The influence of pumps, fans and compressors has been linked to the overall consumption of electrical energy. It has shown that the influence of electricity for cooling in the cases considered here is less than one percent and therefore insignificantly involved in electricity consumption. The influence of the pumps for heating purposes is already significantly greater and is close to ten percent. However, there is hardly any room for optimizing the consumption in this area. The influence of the ventilation with regard to the required energy is a third of the total power consumption. Due to this large proportion, an analysis of the ventilation systems for their optimization is very promising in order to reduce the energy consumption of the object.

moritz beul Bachelorthesis Betreuer: Prof. Dr. Dirk Bohne, Prof. Dr. Wolfgang Krumm Gebäudetechnik

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meditationsturm in hannover

Der Entwurf beschäftigt sich mit einer Funktionsergänzung des ehemaligen Fernmeldeturms in Hannover, der an zentraler Stelle neben Hauptbahnhof und ZOB liegt. Aus den speziellen Randbedingungen wird das Konzept „Meditation“ entwickelt: Menschen, die unter vielseitigem Druck leiden, finden hier Entspannung und Ruhe. Die Planung besteht aus zwei Teilen: Auf der Hauptebene des Turms sind Rezeption und Aussichtsrestaurant angeordnet, zwischen den vier Plattformen darüber werden, verbunden durch gemeinsame Abspannseile, Meditationszellen aus Brettsperrholz mit Vorspannsystemen eingehängt. Die entwickelten Eckverbindungspunkte erlauben es, dass Zellen an beliebigen Stellen mit unterschiedlichen Blickrichtungen und in verschiedenen Höhen ein- und auch wieder ausgebaut werden können. Zellen und Turm werden gestalterisch, funktional und konstruktiv zu einer Einheit. meditation tower in hannover  This design deals with a functional supplement of the television tower in Hannover. The existing VW-Tower is located at the north of main train station, a central location in the city, and is well connected and easy to reach. The concept “meditation” has been developed according to the special site conditions of the tower – height, privacy, good view. People who nowadays suffer from all kinds of stress can relax here. The new additions to the tower include two parts. On the main story of the tower there are the new functions, namely reception, view restaurant, etc. On the four platforms above, many meditation cells made of timber boards with a pre-tensioning system are installed. These meditation cells are connected to each other by a common guywire. These cells can so be dismantled through small rotating girders at the eight corners. The new meditation cells and the television tower form a unit regarding design, functionality and construction.

chen ma Betreuer: Prof. Alexander Furche, Christoph Rüther Tragwerke

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laufschlauch

die laufbahnerweiterung für wennigsen  Die Sport-

anlage in Wennigsen soll durch einen separat nutzbaren Laufschlauch erweitert werden. Hierbei handelt es sich üblicherweise um vier bis sechs Kurzstreckenlaufbahnen mit 50 bis 110 Metern Länge innerhalb einer Halle. Ergänzt werden diese nun durch einen multifunktionalen Auslaufbereich, Rückzugs- und Lagerbuchten längs der Bahnen und eine Weitsprunganlage. Die Trainingsbedingungen für die Sportler werden deutlich verbessert. Der geplante Laufschlauch schwebt als Baukörper parallel zum Sportplatz über dem Geräteraum der angrenzenden Halle. Konstruiert ist er als rahmenartig ausgesteifte Fachwerkröhre, die auf drei Querrahmen ruht. Zum Sportplatz hin ist eine transluzente Fassade mit Moiré-Raster zur Sichtbarmachung von Nutzung und Konstruktion vorgesehen. Ergänzt wird der Hauptbaukörper durch eine Stahlbeton-Erschließungsbox mit den notwendigen Nebenräumen und zwei offenen Fluchttreppen.

running tube – wennigsen taking the fast lane  The sports facilities in Wennigsen are to be extended by a separately usable run tube. This usually comprises four to six short range running tracks with 50 to 110 meters length. These are completed with a multifunctional runout zone together with retreat areas and storage bays along the tracks and a long jump facility. The practice conditions for the athletes will so be distinctly improved. The planned running tube floats parallel to the sports ground above the equipment room of the bordering hall. It is constructed as a frame-like, stiffened framework pipe, lying on three cross frames. Towards the sports field a translucent front with a moiré grid for visualisation of usage and construction is planned. The main building will be completed by a concrete entry box with the necessary side rooms and two open escape stairs.

rosanna wiens Betreuer: Prof. Alexander Furche, Dr. Hannes Gerber, Christoph Rüther Tragwerke

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institut für entwerfen und städtebau

ies Regionales Bauen und Siedlungsplanung Prof. Jörg Schröder Städtebauliches Entwerfen Prof. Andreas Quednau Stadt- und Raumentwicklung Vertr. Prof. Carl Herwarth von Bittenfeld

barrio xolotlán

hafencampus

arrival city: berlin

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bigness revisited

city of possibilities

urban-joint-wuxi

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> SEITE 86

> SEITE 88

barrio xolotlán

eine inkrementale wohnsiedlung in managua  Mana-

gua ist die Hauptstadt Nicaraguas, des zweitärmsten Landes Lateinamerikas. Das Erdbeben, das 1972 die Stadt fast vollständig zerstörte, hinterließ eine große Wohnungsarmut und eine fragmentierte Stadtstruktur. Der Entwurf der Masterthesis basiert auf den Konzepten „low income“, „low rise high density“ und „incrementa“ und setzt sich mit den aktuellen städtebaulichen Problemen auseinander. Das Entwurfsgebiet befindet sich nahe des historischen Stadtkerns am See Xolotlán im Norden der Stadt. Die bisher ungenutzte Fläche wird in ein attraktives Wohngebiet umgewandelt, das für lokale Verhältnisse eine ungewöhnlich hohe Dichte aufweist und von inkrementeller Bauweise geprägt ist. Das Quartier markiert einen neuen Punkt am Seeufer, der bislang kaum eine Rolle spielte. Durch neue Fährverbindungen und öffentliche Räume auf dem Wasser entdeckt der Entwurf die inhärenten Qualitäten der Stadt auf innovative Weise.

barrio xolotlán – an incremental housing quarter for managua  Managua is the capital of Nicaragua, the second poorest country in Latin America. The earthquake in 1972 destroyed the city almost completely and left a severe lack of housing and a fragmented city structure. The design concept of the master’s thesis is based on three concepts – “low income”, “low-rise high-density”, and “incremental” – and addresses the current problems of urban design. The area of intervention is located close to the historical center of the city on the north side of Lake Xolotlán. The previously unused area becomes an attractive living and mixed use area, characterized by unusually high density and incremental construction. The district marks a new point on the lakeside, which has so far hardly played any role. Through new ferry connections and public spaces on the water, the design reveals the inherent qualities of the city in an innovative way.

marc glugla Masterthesis BetreuerInnen: Prof. Jörg Schröder, Sarah Hartmann Regionales Bauen und Siedlungsplanung

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hafencampus

sommerfrische ostsee 

Das Konzept des Hafencampus schlägt einen neuen Ort am Meer für die „Sommerfrische Ostsee“ vor, als Zentrum für Forschung und Bildung nahe Prerow in Mecklenburg-Vorpommern. Die Analyse der räumlichen, ökonomischen, touristischen und politischen Charakteristika der Region sowie die Bewertung mehrerer alternativer Standorte fließen ein in die Entwicklung des Programms und der Gestaltung. Die Gegend ist ein ehemaliger Hafen zwischen Wald und Meer, der bereits teilweise als Hafeninfrastruktur ausgestattet ist. Es ist also ein geeigneter Ort, um einen innovativen Hub vorzustellen, der neue Impulse an die Ostseeküste bringt. Der Hafencampus kann damit auch als Flagship-Projekt gelesen werden, für eine neue Zusammenarbeit mit dem Baltikum und zur Stärkung der Rolle von Wissen und Innovation im Ostseeraum.

harbour campus – project on the baltic coast  The harbour campus in “Sommerfrische Ostsee” develops a mixed-use site on the German Baltic Coast. It sets a research and knowledge center next to Prerow, Mecklenburg-Vorpommern. The analysis of the spatial, economic, touristic, and political characteristics of the region, together with the evaluation of several alternative locations, provided the background to develop the program and design. The area is a former harbor enclosed between the woods and the sea, already partially equipped as port infrastructure. It is thus a suitable location to envisage an innovative hub that would bring new impulses to the coast. It could also become a flagship project of new cooperation with the Baltic States, strengthening the role of knowledge and innovation in the Baltic area.

amelie bimberg Bachelorthesis BetreuerInnen: Prof. Jörg Schröder, Dr. Maddalena Ferretti Regionales Bauen und Siedlungsplanung

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arrival city: berlin

kulturmarkt fennpfuhl  Globale Migrationsbewegungen erfordern neue Antworten im Wohnungs- und Städtebau. Die Großstädte Europas werden zunehmend zu „Arrival Cities“, wie man sie bisher nur aus den Megacities des globalen Südens kannte. Das Projekt „Arrival City“ entwickelte für Fennpfuhl in Berlin-Lichtenberg beispielhaft Ansätze für die Transformation von Großsiedlungen zu Ankunftsstädten. Das Projekt „Kulturmarkt“ schlägt einen Gegenort zur monofunktionalen Großsiedlung vor. Eine kleinteilige Struktur, die von den Newcomern im Selbstbau erstellt und transformiert werden kann, bietet neben Wohnraum zusätzlich im Erdgeschoss Platz für gewerbliche Nutzungen, wie Läden und Werkstätten. Über vielfältige Freiräume sind diese miteinander vernetzt. Dadurch soll den Newcomern die Möglichkeit zur Existenzgründung gegeben werden und damit auch zum sozialen Aufstieg und zur Integration. arrival city: berlin – cultural market fennpfuhl  Global migration movements call for new answers in housing and urban design. European metropolis are turning more and more into “Arrival Cities” of the kind that we have until now only known in the global south." The studio “Arrival City” develops strategies for Fennpfuhl in Berlin Lichtenberg as a case study of how to transform large-scale housing developments into arrival cities. The project proposes a heterotopia within the mono-functional housing development. A smallscale structure that can be constructed and extended by the newcomers themselves offers, additionally to accommodation, space for commercial programs like retail and workshops at the ground floor level. A network of open spaces connects all units with each other. Thus the newcomers have the opportunity to set up a business, improve their social status, and integrate in society.

simon beckmann BetreuerInnen: Prof. Andreas Quednau, Henning Dehn, Anett Eberhardt Städtebauliches Entwerfen

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bigness revisited

rhcp under the bridge  Das Projekt „BIGNESS revisited“ stellte die Frage, wie das von Autobahntrassen zerschnittene Berliner Westkreuz zwischen Messe und ICC in ein urbanes Quartier transformiert werden kann. Der Entwurf „RHCP Under the Bridge“ schlägt vor, dazu die Resträume zwischen den Fahrbahnen leicht abzusenken. Dadurch wird eine Vernetzung der Teilflächen unter den Fahrbahnen hindurch möglich. Anderenorts bilden die aufgeständerten Fahrbahnen die Dächer neuer Gebäude mit unterschiedlichen Programmen. Vorgesehen sind unter anderem ein Forschungscampus, ein Handwerkscampus, ein Film- und Mediencampus sowie ein Sportcampus. Wohnen soll hinzukommen, sobald durch die Entwicklung der Elektromobilität mit der geringeren Lärmbelastung die dafür notwendigen Voraussetzungen geschaffen sind. Vertikale Setzungen verleihen dem neuen Quartier Sichtbarkeit und verbinden es mit der übrigen Stadt. bigness revisited – rhcp under the bridge  The project “BIGNESS revisited” asks the question how the terrain of Berlin Westkreuz between Fair and ICC, which is dissected by highways, can be transformed into an urban quarter. The proposal “RHCP Under the Bridge” suggests to lower slightly the leftover spaces in between highway lanes. Thus the interconnection of the partial areas becomes possible. Elsewhere the elevated highway lanes form roofs of new buildings housing various programs, including campuses for science, movies, media, and sports. Additional housing is envisioned to be built as soon as the development of electro-mobility with its reduced noise emissions creates the necessary conditions. Vertical structures guarantee the visibility of the new city quarter from the highway and create the necessary connections to the surrounding city.

mathis antonio huismans, heiko lubs BetreuerInnen: Prof. Andreas Quednau, Henning Dehn, Julia Köpper Städtebauliches Entwerfen

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city of possibilities

schlaun-wettbewerb aachen 2030  Das vorlie-

gende Konzept für die Umstrukturierung und Umnutzung des heute überwiegend gewerblich genutzten Areals im Aachener Norden sieht es vor, Grünräume zu schaffen, die das Gebiet fassen und sich mit der Jülicher Straße im Osten verzahnen. Diese Stichparks unterteilen das Gebiet in typologisch unterschiedliche Quartiere die phasenweise umgesetzt werden können. Jedes Quartier soll unabhängig funktionieren, seine eigenen Qualitäten aufweisen und ist nicht von anderen Entwicklungsständen abhängig. Um unterschiedlichen Akteuren die Partizipation an der Stadtentwicklung zu ermöglichen, soll es eine Vielzahl von unterschiedlichen Parzellengrößen geben. Jedes Quartier funktioniert als Shared Space und wandelt so die Straße zum Begegnungsort. Die Zukunft von Aachen Nord soll von vielen Akteuren gestaltet werden, zu bunten Quartieren führen und eine nachhaltige Lebensweise und das Zusammenleben von unterschiedlichsten Menschen möglich machen.

city of possibilities – schlaun-wettbewerb aachen 2030  This project presents a concept for restructuring and reusing the area in the north of Aachen. Green spaces surround the whole area and form a link to Jülicher Straße in the east. These parks divide the area into quarters with various typologies that can be built in certain phases. Each quarter works independently, shows individual qualities, and is not dependent on the state of development of other quarters. In order to let different actors take part in urban development, the size of the sites varies. Each quarter works as shared space that transforms public space into meeting space for everybody. The aim of the project is to create colorful quarters in the north of Aachen, supporting a sustainable lifestyle and giving people with different backgrounds a home.

paul jakob bohlen, niklas köller BetreuerInnen: Vertr. Prof. Carl Herwarth von Bittenfeld, Dr. Joachim Rosenberger, Radostina Radulova-Stahmer Stadt- und Raumentwicklung

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Verzahnung Grünraum klammert das Gebiet ein und verzahnt es mit der Jülicher Straße.

Quartiere Phasenweise lassen sich die unterschiedlichen Quartiere entwickeln und planen.

Typologie Die Typologie der Gebäude bildet den Charakter und die Identität der Quartiere. Die resultierende Nutzungsvielfalt ermöglicht verschiedene programmatische Schwerpunkte.

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urbanjointwuxi

urbanization and locality along the grand canal of china  Hintergrund der Master-

thesis ist die Auseinandersetzung mit den rasanten Urbanisierungsprozessen in China und der dabei zu beobachtenden Gleichförmigkeit der Neuplanungen. Die Arbeit zeigt anhand eines ausgewählten Planungsgebiets am Kaiserkanal im südchinesischen Wuxi Möglichkeiten auf, Ortsbezüge in die Planung neuer Wohnstandorte zu integrieren und den Stadtquartieren so eine eigene Identität zu geben. Die entwickelten baulichen und freiräumlichen Typologien leiten sich aus einer Analyse bewährter Vorbilder im historischen Stadtkern Wuxis ab. Transformiert in zeitgemäße Strukturen, bieten sie eine Vielzahl an Nutzungs- und Aneignungsmöglichkeiten. Der Erhalt vorhandener Relikte wie der Kräne entlang des Kaiserkanals bewahren die Geschichte des ehemals industriell genutzten Orts und erhöhen gleichzeitig die Wiedererkennbarkeit.

urban-joint-wuxi – urbanization and locality along the grand canal of china  The theme of the master’s thesis is China’s rapid urbanization and a widespread uniformity in planning. The project with the planning area at the Grand Canal in Wuxi in South China shows options for integrating links to the locality when planning new residential locations and for giving urban quarters a specific identity. The developed typology of construction and open space is based on the analysis of parts of the historical town center of Wuxi and offers a variety of potential uses after transformation into modern structures. Maintaining relics like the cranes along the canal preserves the history of the former industrially used location and increases its recognizability.

christopher korsch Masterthesis BetreuerInnen: Vertr. Prof. Carl Herwarth von Bittenfeld, Dr. Joachim Rosenberger, Radostina Radulova-Stahmer Stadt- und Raumentwicklung

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institut für geschichte und theorie der architektur

igt Architektur und Kunst 20. / 21. Jahrhundert Prof. Dr. Margitta Buchert Bau- und Stadtbaugeschichte Prof. Dr. Markus Jager Planungs- und Architektursoziologie Prof. Dr. Barbara Zibell gender_archland Forum für GenderKompetenz in Architektur | Landschaft | Planung Prof. Dr. Tanja Mölders

militärkonversion

architektur und wald

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villa simon

lindener hafen, hannover

magic cube

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reallabor arbste

subjektives sicherheitsempfinden im ihme-zentrum

angsträume zwischen baulichen und sozialen aspekten der raumplanung

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militärkonversion

räumliche und strategische einflüsse auf die entwicklung der nachnutzung von kasernen  Vorbereitend zu meiner Masterthesis habe ich mich mit der Konversion von ehemals militärisch genutzten Anlagen und deren räumlicher Qualität befasst. Aufgrund des Abzugs internationaler Gaststreitkräfte seit dem Ende des Kalten Krieges empfahl sich die Untersuchung bereits durchgeführter Militärkonversionen. Aus der Sichtung der bisherigen Auseinandersetzungen mit dem Thema ergab sich die Notwendigkeit, den Fokus vom rein profitorientierten Auswerten der Gebäudemasse auf die Analyse des Orts und des Zwischenraums zu erweitern. Im Endeffekt soll mit dieser Studie ein Bewusstsein dafür geschaffen werden, dass nicht nur die ästhetischen oder denkmalgeschützten Gebäude einer Liegenschaft ihren Wert für den Ort haben, sondern für die Stadt weitere Aspekte von Bedeutung sind. Unter der Voraussetzung der wirtschaftlich vertretbaren Instandsetzbarkeit ergeben sich daraus neue, zusätzliche Möglichkeiten zum Umgang mit dem Bestand. Um diese Thesen und Ziele zu erreichen, stellt die Arbeit eine Beispielsammlung unterschiedlicher Konversionsmaßnahmen dar, der die allgemeine Analyse von räumlichen Gegebenheiten in Kasernen vorangestellt ist. Vorbereitend wird außerdem in die Theorie der Typengenese eingeführt, da die Analyse der räumlichen Qualitäten eine Typologisierung von Kasernen anstoßen soll. Ergänzt wird die rein architektonisch-städtebauliche Untersuchung durch die Auseinandersetzung mit der rechtlichen Dimension von Militärkonversion, da auch daraus planerische Werkzeuge abzuleiten sind. Die Anlage von Kasernen beruht zumeist auf mehreren Gebäuden, die zueinander unausweichlich in Beziehung stehen. Sie dienen den verschiedensten Funktionen, von ausschließlicher Wohnnutzung über Sport bis hin zu Verpflegung und gewerblicher Arbeit. Daraus folgt zunächst einmal, dass Kasernen die Funktionen einer Stadt in sich bündeln. Zwingend folgt dann die Frage, ob nicht auch die Beziehung zwischen den Gebäuden städtisch ist. [...] Das Verständnis von Kasernen als Teil der Stadt oder als eigene „Ministadt“

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ist vor allem für die Bewertung der räumlichen Qualität notwendig. Es konnte gezeigt werden, dass – wie bei Gebäuden – die Lage, Komposition und Gestalt entscheidend für die Wirkung der Anlage sind.1 Die Lage ist insbesondere in einer Stadt von weiteren Faktoren abhängig; maßgeblich von der Struktur der Umgebung. Aufgrund der nicht vorhandenen Bezüge ist dies bei außerörtlichen Liegenschaften nicht in gleicher Weise relevant. Für die Gestalt ist ein entscheidender Faktor, dass über Jahrzehnte oder Jahrhunderte hinweg derselbe Besitzer existiert. Dadurch ist ein ganz anderer Erhalt der Bauten feststellbar als auf privaten Grundstücken, wo eine höhere Fluktuation stattfindet. Fassaden werden verändert, ganze Gebäude ersetzt und Ähnliches. Aufgrund des kontinuierlichen öffentlichen Besitzes und der weitgehenden Aufrechterhaltung des Urzustands sind Kasernen häufig mindestens partiell denkmalgeschützt, was alle drei Fallbeispiele nachweisen. Neben der Erkenntnis, dass sich Wohn- und Verwaltungsbauten in Gestalt und Qualität regelmäßig drastisch von den technischen Bereichen unterscheiden,

hat sich klar herausgestellt, dass Kasernen in der Tat auch über erhaltenswerte Außenräume verfügen. Dabei spielen klare Raumkanten eine wichtige Rolle. […] Die wahrnehmbare und wieder erkennbare Raumdefinition und die Möglichkeit zur Verortung sind ein Kernelement behaglich empfundener Stadt- oder auch Kasernenräume. Das Beispiel der Konversion der Rheinlandkaserne hat in dieser Hinsicht besonders […] durch die Gewerbeneubauten eine klare Eingangssituation von der Landschaft in die Stadt geschaffen, die durch den neuen Kreisverkehr [...] unterstrichen wird. Diese Konversionsmaßnahme stellt allerdings auch kritische Faktoren und zu hinterfragende Überlegungen dar. Ein wichtiger Punkt bei der Umnutzung des historischen Bereichs war der Denkmalschutz, der gleichermaßen für das gesamte Ensemble wie für die Einzelgebäude gilt. An dieser Stelle […] eine Nutzung zuzulassen, die den Ensembleschutz durch ihr weites Ausgreifen in die Freifläche nahezu karikiert, ist zwar grundsätzlich Ermessenssache der Denkmalpflege, aber die Argumentation, dieser Eingriff trete hinter

Scharnhauser Park in Ostfildern ursprünglich

Rheinlandkaserne in Ettlingen ursprünglich

Scharnhauser Park in Ostfildern konvertiert

Rheinlandkaserne in Ettlingen konvertiert

dem Bewuchs etc. in den Hintergrund und sei in der Fläche kaum wahrnehmbar, ist schlicht falsch. Dieser argumentativen Schwäche in Ettlingen stellt die Stadt Paderborn eine eigene, haarsträubende Begründung für die Durchsetzung eines bestimmten politischen Willens entgegen. Die beinahe slapstickhafte Erklärung, eine Wohnnutzung in den denkmalgeschützten Gebäuden sei nicht denkbar, da sonst Balkone an die Fassaden gestellt würden, stellt das gesamte Konzept von Bauleitplanung, Bauaufsichtsbehörden und Denkmalpflege infrage. Trotz dieses Schnitzers in der Erläuterung kann die Konversion der Alanbrooke Kaserne im Hinblick auf die vorbereitende Kommunikation und Einbindung der Bürger/inn/en als Beispiel dienen. Hier wurde bereits Jahre vor dem möglichen Umnutzungsbeginn mit der Sammlung von Ideen und der Diskussion mit Anwohnern und Interessierten begonnen, aus der die Rahmenbedingungen für einen städtebaulichen Wettbewerb entwickelt wurden. Dieser Wettbewerb muss seine Qualität in der Umsetzung erst noch beweisen, aber die verfolgten Ansätze sind vielversprechend. Die Kaserne wurde als solche eindeutig aufgelöst, während gleichzeitig der maßgebliche Raum mit den ihn begrenzenden Gebäuden unangetastet bleibt […]. Die wertminderen Gebäude, die ebenfalls keine erhaltungswürdigen Räume aufweisen, werden durch neue Wohn- und Gewerbebauten ersetzt […]. Wichtig ist die Auflösung der Kaserne, vor allem durch die Ausdehnung der angrenzenden Gebiete in das Kasernenareal hinein und die Trennung dieser durch den Grünraum. Dadurch werden die Teilgebiete der alten Kaserne aktiv den bestehenden Strukturen zugeordnet. Die Konversion, die kaum noch als solche zu bezeichnen ist, da sie eher in den Bereich Stadtneuplanung fällt, lässt sich allerdings städtebautheoretisch und mit Blick auf die zugrundeliegende Haltung am besten wiedergeben […]. Die Entwicklung des Scharnhauser Parks nach dem Entwurf von Wolfrum und Janson ist besonders aufgrund der Vielschichtigkeit und der Größe Lehrbeispiel für eine breite Masse von Planern, die sich mit Stadt und Raum und Landschaft in etlichen Disziplinen beschäftigen. Ihr Entwurf erzeugt Dichte in einer Qualität, die zur Gänze

vom Reißbrett aus entwickelt nicht zu erwarten ist. Mit „Architektur der Stadt“ stellen sie ein Werk vor, das die Erklärung für die Entwurfsentscheidungen in Ostfildern bietet.2 […] Trotz aller Neubauten und Überbauung haben Wolfrum und Janson aber eine gerade für diese Arbeit bedeutende Entscheidung getroffen: Sie haben die prägnanten und bereits bei den Anwohnern bekannten nördlichen Wohnbauten sanieren und […] die Housing Area im Osten der Anlage auf nahezu identischer Fläche ersetzen lassen, sodass die wesentlichen Formen der Ortserinnerung erhalten geblieben sind und so eine erinnernde Verortung nicht nur innerhalb der Anlage, sondern vor allem auch von den Nachbarorten aus ermöglicht. Dass dann besonders im Umfeld der nördlichen Bestandsbauten ergänzende Bauwerke hinzukommen mussten, um räumlich unzureichende Qualitäten aufzubauen, steht der Erinnerung dabei nicht entgegen. Eine Erneuerung soll durch geschichtliche Bezüge weder verhindert, noch soll durch eine Überbauung die Geschichte getilgt werden. Städtebau muss eine Entwicklung abbilden können, die sowohl Gebäude als auch Räume achtet. Dabei dienen starke Raumkanten als Kulissen für dazwischen stattfindende, freie Entfaltungen des Einzelnen. Die Auseinandersetzung mit den Beteiligten und den Prozessen zeigt, dass geeignete Mittel zur Verfügung stehen, die in der Untersuchung der Kasernen nachgewiesenen räumlichen Qualitäten aufzudecken und schützend weiterzuentwickeln. Das eingeführte Vorkaufsrecht für die Kommunen ist das wichtigste Mittel bei der Sicherung kleinteiliger Besitzverhältnisse, und dadurch einer hohen Durchmischung der Konversionsflächen.

military conversion – spatial and strategic influences on the development of the reuse of barracks  In preparation for my master’s thesis, I studied the spatial quality of military areas. The existing research was all about (re-)using built space or the legal background of converting barracks. Nobody seemed to care about the space between buildings. After presenting existing work, my main discussion showed that barracks – due to their function

of housing different people and uses – have urban features. The main feature of the claimed characterization is the ratio between the expanse of the military property and that of the surrounding local authority district. Additionally analyzing the inner organization shows that barracks are comparable with small cities. According to the segregation of uses in a city, uses in a military area are also spatially divided to avoid acoustic and other disturbances in the quieter living and recreation areas. Often the working parts or buildings of barracks exhibit neither an attractive shape or good building materials and are usually not valued highly. In pursuing short-term, low-investment/ high-profit development, investors demolish those buildings without reflecting on the possible spatial impact to the area. All collected and interpreted information about barracks in general was connected to three different conversions. Mainly differing in the time the conversion happened, the projects also vary in terms of expanse. The largest project in this pamphlet is the Scharnhauser Park conversion. It was planned by Alban Janson und Sophie Wolfrum and earned the German Urban Planning Award in 2006. Conclusions from this project were completed by an earlier and a current conversion. Summing up, the work showed that barracks have special features that facilitate an urban after use, which cannot be found in other conversion areas such as industrial sites.

1 Vgl. Milizia, Francesco: Grundsätze der bürgerlichen Baukunst – zweiter Teil. Leipzig 1824, aus dem Italienischen von C. L. Stieglitz, S. 1 f. 2 Vgl. Wolfrum, Sophie/Janson, Alban: Architektur der Stadt. Stuttgart 2016

benedikt küting Betreuerin: Prof. Dr. Margitta Buchert Architektur und Kunst 20./21. Jahrhundert

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architektur und wald

zwischen künstlichkeit und leben  Im Zusammen-

hang mit den zahlreichen Versuchen der Architektur, „Wald“ durch strukturelle, atmosphärische, baukörperliche oder verbindende Analogien als symbolisches Denkmotiv zu übertragen, und in Bezug auf die Schriften Henry David Thoreaus und Gerd Wegeners, die eine umfassende Charakteristik von „Wald“ aufzeigen, befasst sich die Studie mit der Frage, inwiefern sich Architektur systematisch dem Wald als komplexem, lebendigem Ökosystem annähern kann. Anhand von interdisziplinären Entwurfsansätzen wie der Baubotanik und den auf Nanowissenschaft und Biotechnologie basierenden Living Materials wird der Versuch, die bestehende Separierung von Künstlichkeit und Leben in der Architektur aufzuheben, beschrieben und kritisch hinterfragt. Die Walddefinition der Studie basiert auf den Erkenntnissen Thoreaus und Wegeners und bezieht sich sowohl auf die atmosphärischen als auch auf die praxis- und nutzungsorientierten, strukturellen, ökologischen und ökonomischen Eigenschaften des Waldes. Atmosphärische Charakteristika bilden für Thoreau die Reduktion, Einsamkeit und Stille, Komplexität, Wandlungsfähigkeit, natürliche Rhythmik sowie zyklische Prozesshaftigkeit1, während Wegener den Wald in seinem Wachstum als „Kohlenstoffdioxidsenke“2 hervorhebt und die selbstregulierenden Eigenschaften, gemeinsam mit der Nachhaltigkeit einer kreislauforientierten und abfallarmen Wirtschaftsweise durch den Baustoff Holz in den Vordergrund stellt. Inwiefern die Architektur, die sich „Wald“ als Leitidee gesetzt hat, diese Eigenschaften aufweist, wird untersucht anhand von drei unterschiedlichen Ansätzen: atmosphärischen, strukturellen und räumlich-verbindenden Waldanalogien. Bereits die Kategorisierung zeigt auf, dass die Analogien nur zum Teil den Eigenschaften des Waldes nahekommen und sich auf einer stark interpretationsbedürftigen Ebene befinden. Zwar nähern sich die Projekte über Raumsituationen, Atmosphären, Baustoffe oder Strukturen symbolisch dem Wald an und verwischen die Grenze zwischen Architektur und Wald, eine Trennung bleibt angesichts der Künstlichkeit der Materialien und des einseitig

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verlaufenden Energieaufwands dennoch bestehen. Infolge des Fehlens der biologischen Lebendigkeit kann die Architektur zwar als komplexer Lebensraum, nicht aber als eigenständiges Ökosystem fungieren. Ein Ansatz, der die künstlichen Grenzen der Architektur aufzuheben versucht und sich systematisch dem Wald annähert, ist die Baubotanik. Ihr Ziel ist die „Verlebendigung der Architektur“3, indem durch das Konstruieren mit lebendem Holz ein komplexer Lebensraum als eigenständiges Ökosystem erzeugt wird. Ihr Vorteil ist die enorme Effizienz, die ein lebender Baustoff gegenüber einem toten Baustoff aufweist: natürlicher Schutz vor Witterung, Selbstreparatur, Schadstofffilterung, Sauerstoffproduktion, die Anpassung an vorhandene Anforderungen sowie die Ablösung des Bauprozesses durch einen natürlichen, CO2-senkenden Wachstumsprozess. Im Fokus der Baubotanik steht die funktionale, konstruktive Absicht. Ziel ist die räumliche Gestaltung. Die Form wird in Bezug darauf aus der Leistung und den natürlichen Wachstumsmustern der Pflanze hergeleitet und ist in ihrer Ausrichtung auf Vertikalität, in der Masse durch Stoffwechselvorgänge und durch die notwendige Stoffdurchlässigkeit in der Flächenausbildung beschränkt oder auf künstliche Bauteile angewiesen. Durch die Abhängigkeit der technischen und biologischen Bauteile entsteht ein Widerspruch in der Lebendigkeit, wodurch die Baubotanik lediglich als Hybrid zwischen Künstlichkeit und Natürlichkeit definiert werden kann.

Nichtsdestoweniger weist die Baubotanik systematische und strukturelle Analogien zum Wald auf, da sie aus einfachen Grundelementen besteht, die über Replikation und Größenwachstum zu einer komplexen, anpassungsfähigen Struktur werden. Auch atmosphärisch weist die Baubotanik über ihre hybride Lebendigkeit Parallelen zum Wald auf. Die jahreszeitliche Rhythmik und die zufälligen, nicht planbaren Einflussfaktoren pflanzlichen Wachstums verleihen dem Bauwerk eine wandlungsfähige, natürliche Erscheinungsform. Im Hinblick auf das Entwerfen erfordern Wachstumsprozesse neue Herangehensweisen. Statt detailgetreue Formen und Proportionen für ein fertiges Objekt vorzugeben, ist der Entwurf nun Ausgangspunkt für einen teilweise jahrzehntelangen, gestaltverändernden, von Standort, Pflanzengenetik und Umwelteinflüssen geprägten Prozess, der nur über gezielte Pflege beeinflusst werden kann. Hinzu kommt, dass aufgrund fehlender hermetischer Abdichtung die Nutzungsmöglichkeiten limitiert sind, welche den Prozess eines nachhaltigen Planens jedoch zusätzlich unterstützen. Baubotanische Parks in dichten Stadtstrukturen können so ein vertikal erlebbares Ökosystem mit atmosphärischen Qualitäten eines Baumwipfelpfads schaffen, das bei starkem Dichtezuwachs in Kombination mit eingehängten Strukturen eine nachhaltige Quartiersentwicklung ermöglicht. Eine andere Möglichkeit ist, künstliche Fassaden durch

Die jahreszeitliche Rhythmik der Baubotanik stellt das Verhältnis von natürlichen und technischen Materialien immer wieder aufs Neue infrage. Foto: F. Ludwig

selbstregulierende, natürlich verschattende Elemente zu ersetzen oder durch ein als Wurzelraum ausgebildetes Fundament neue urbane Räume mit schwieriger Bodenbeschaffenheit architektonisch zu erschließen.4 Da die Baubotanik eine systematische Gleichsetzung von Architektur und Wald nur in Verbindung mit nicht-lebenden Elementen erzeugen kann, wurde in der Studie auch die Thematik der Living Materials diskutiert. Dabei handelt es sich um ein interdisziplinäres Forschungsgebiet, das sich mit dem Einsatz intelligenter, lebendiger Materialien beschäftigt. Maurizio Montalti, Begründer des „Officina Corpuscoli/Maurizio Montalti“, betrachtet aus der Sicht des Designers die Möglichkeit, Informationen von Organismen verändern zu können, um bestimmte Funktionen zu erfüllen, als neues Entwurfswerkzeug. Ähnlich wie in der Baubotanik definiert er eine neue Balance zwischen Designer und autonomen Entwicklungsprozessen. In seinem Growing Lab experimentiert er mit Pilzen, Nährböden und Mikroorganismen und erzeugt neue Materialqualitäten.5 Das gemeinsame Einsetzen von künstlichen Nährböden und Pilzen, das in der Baubotanik zu einem Widerspruch in der Lebendigkeit führt, schafft hier das Potential, künstlichen Abfall in Nahrung umzusetzen. Einen ähnlichen Ansatz verfolgt das interdisziplinäre Team der „Protocell-Architecture“. Es versucht, durch chemische Prozesse lebensähnliche Zellen herzustellen, die sich bewegen, sensibel auf Reize reagieren, Substanzen produzieren und denen unterschiedlichste Stoffwechselprozesse vorgegeben werden können, die zum gewünschten Ergebnis hinsichtlich Form, Farbe, Material und Langlebigkeit führen.6 In der Architektur ist bisher eine Vorgabe von entwurfsbestimmenden Faktoren nur in parametrischen Prozessen zu finden, deren architektonische Gestalt jedoch nur bedingt steuerbar ist. Im Falle der Protozellen werden unkontrollierbare Parameter ausgeschlossen beziehungsweise steuerbar gemacht. Eine mögliche Einsatzweise in der Architektur hat das Büro IwamotoScott Architecture getestet. Das Projekt soll die strukturellen Möglichkeiten aufzeigen, wie aus einer auf Nanoteilen basierten Matrix eine komplexe Architektur entstehen kann. Über eine sich

selbstorganisierende Strukturmatrix entsteht ein additives System, das durch die enorme Komplexität baukörperlich starke atmosphärische Qualitäten aufweist und sozusagen systematisch zu einem „Wald“ wächst .7 Durch die möglichen Stoffwechselprozesse, die den Protozellen zugeschrieben werden können, steht die Forschung hinsichtlich ökologischer Aspekte einem Wald nicht nach. Die Protozellen-Architektur ist ein Forschungsansatz, der dem Architekten bei ausreichenden chemischen und biologischen Kenntnissen die Möglichkeit gibt, sich ein eigenes Ökosystem zu erschaffen. Die Architektur kann mithilfe der Protozellen vielfältigste Gestaltungsformen annehmen, interaktive, sensitive Gebäude entwickeln und neuartige Atmosphären kreieren. Wie bei allen Eingriffen, bei denen der Mensch das vorhandene Ökosystem verändert, sind die Folgen, die dies durch die Interaktion mit der Umwelt haben kann, allerdings unberechenbar. Ähnlich wie bei der Gentechnologie bleibt in der Architektur der Einsatz von Nano- und Biotechnologie kritisch zu hinterfragen.

Der zukünftige Arbeitsplatz eines Architekten nach Maurizio Montalti. © Officina Corpuscoli/Maurizio Montalti

architecture and forest – between artificiality and vividness  In the context of the numerous attempts of architecture to communicate the “forest” as a symbolic idea by means of structural, atmospheric, physically constructed, or linking analogies, and in context of the publications of Henry David Thoreau and Gerd Wegner, which both give a complete characteristic description of the forest, this work deals with the question of to what extent architecture can systematically draw nearer to “forest” as a complex and vivid ecosystem. The attempt to abolish the existing separation of artificiality and life in architecture will be presented and critically placed into question by referring to interdisciplinary design approaches like “Living Plant Construction” and “Living Materials” based on biotechnologies as well as on nano science.

1 Vgl. Thoreau, Henry David: Walden oder Leben in den Wäldern. Zürich 2015, S. 32 ff. 2 Wegener, Gerd: "Der Wald und seine Bedeutung". In: Kaufmann, Hermann/Nerdinger, Wilfried: Bauen mit Holz. Wege in die Zukunft. München 2016, S. 10–16 3 Ludwig, Ferdinand: Botanische Grundlagen der Baubotanik und deren Anwendung im Entwurf. IGMA Stuttgart: unv. Dissertation 2012, S. 41 4 Vgl. ebenda 5 Vgl. Officina Corpuscoli, www.corpuscoli.com, 8.2.17 6 Vgl. Armstrong, Rachel: „Die Brücke zwischen zwei Welten". In: Gaggenau New Spaces Nr. 13. 2013, S. 35–39 7 Vgl. Armstrong, Rachel/Spiller, Neil: „Protocell Architecture". In: Castle, Helen (Hg.): Architectural Design Vol. 81. Heft 2, London 2011

lisa iglseder BetreuerInnen: Prof. Dr. Margitta Buchert, Julius Krüger Architektur und Kunst 20./21. Jahrhundert

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villa simon

Im Jahr 1858 durch den Hofbaumeister Christian Heinrich Tramm für den jüdischen Obergerichtsanwalt Eduard Simon errichtet, wurde die Villa Simon im Dritten Reich durch die Nationalsozialisten als sogenanntes Judenhaus missbraucht und ging schließlich in den Besitz der Universität Hannover über. Die Villa am südlichen Ende des Königsworther Platzes präsentiert sich im Sinne des Trammschen Œuvres in historisierender Weise als Konglomerat verschiedener stilistischer Einflüsse und stellt einen Beitrag zur Architektur des Hannoverschen Rundbogenstils dar. Epochenstile europäischer Bautraditionen werden miteinander verknüpft: klassische (Metopenfelder, Triglyphen), mittelalterliche (Stabwerk, romanische Rundbogenfriese, gotische Blattkapitelle, Échauguettes) sowie Frührenaissance-Elemente (Tondi). Grundrissgestaltung, Materialität und Baukörperausformung zeigen einen für Tramm typischen Bau. villa simon  Designed by court architect Christian Heinrich Tramm Villa Simon was built for the Jewish Supreme Court lawyer Eduard Simon in 1858. After its use as “Jewish house” by the Nazis during World War II, it passed into the ownership of Hannover University. The building is located in the southern part of Königsworther Platz. Representative for Tramm’s artwork, the villa shows a conglomeration of various stylistic periods. It thereby embodies an important contribution to architecture in Hanoverian round-arch style. It combines multiple items of stylistic eras in European architectural tradition such as classical (metopes, triglyphs), medieval (mullions, Romanic lombard band, Gothic foliated capitals, watch turret) and elements of early Renaissance (tondi). Likewise, the floor plans, construction materials, and the building’s shape show typical elements of Tramm’s architectural style.

lucas fricke, magdalena jackstadt, niels kalberlah, lukas weglage BetreuerInnen: Nadja Unnerstall, Gregor Janböcke, Janna Eberhard, Maike Kozok, Prof. Alexander Furche, Anja Eckert, Martin Kersting, Hans Westfeld Bau- und Stadtbaugeschichte, Tragwerke

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Zeichnung von: Christian Heinrich Tramm, 1858

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lindener hafen, hannover

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BetreuerInnen: Nadja Unnerstall, Gregor Janböcke, Janna Eberhard, Prof. Alexander Furche, Anja Eckert, Martin Kersting, Hans Westfeld Bau- und Stadtbaugeschichte, Tragwerke

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christian bischoff, christian-friedrich ehlers, isabell sliwa, jonas trittmann

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Das ehemalige Zentralsilo der Raiffeisen AG (1936) im Lindener Hafen in Hannover diente als Analyseobjekt für den ersten Teil des Moduls „Vierdimensionales Konzipieren/Bauen im Bestand“. Das Silo ist seit den 1990er Jahren ungenutzt und vom Abriss bedroht. Besonders prägend ist der Standort des Gebäudes, da es an der Schnittstelle zwischen Wohnbebauung und Hafenindustrie liegt. Ebenso spannend war die Auseinandersetzung mit der Typologie des Industriebaus des frühen 20. Jahrhunderts. Im Zentralsilo sind zwei unterschiedliche Ausprägungen des Typus vorhanden. Zum einen das klar gerasterte Tragwerk, das einen freien Grundriss ermöglicht und leicht auf unterschiedliche Nutzung reagieren kann. Zum anderen die Silos im hohen Gebäudeteil, die durch ihre Konstruktion nur die eine Nutzung des Getreidelagerns zulassen. linden harbor, hannover  The former grain silo of “Raiffeisen AG” (1936) situated in the Linden harbour in Hannover was the object of contemplation for the module called “Construction in existing contexts.” Since the 1990s the silo has been abandoned and designated for demolition. Especially interesting has been the spot where the building is located since it is right in-between the industrial port area and residential housing neighbourhoods. In addition to the site and program analysis, we focussed on the typologies of industrial buildings of the early 20th century. The “Raiffeisen” grain silo combines two different silo types, which are visible in the buildings structure: a long, lower part where the grain is stored on the floor and a fairly high part where the grain is stored in actual silos. The highly complex functioning of the building in terms of former workflows etc. was one of the most interesting parts to analyze.

Grundriss_EG M.1_200

GSEducationalVersion GSEducationalVersion

Anlieferung zum Lagerhaus

Das Getreide wird mit Trecker und Anhänger in loser Form angeliefert. Zunächst wird eine Probe gezogen und auf verschiedene Parameter überprüft (1). Nach der Beprobung wird das Getreide in den sogenannten Sumpf abgekippt (2).

Über einen Kettenelevator (3) gelangt das Getreide in die Reinigung. Bei Bedarf wird es getrocknet, um es dauerhaft lagerfähig zu machen.

Raps wird hauptsächlich flach in Buchten gelagert, die mit einfachen Rauspundbrettern voneinander abgetrennt werden. Dort kann Getreide auch weiterhin belüftet und getrocknet werden (4). Weizen und Gerste werden in den hohen Silos gelagert (5).

An dieser Stelle findet auch die Beladung der Eisenbahn statt (8).

Die Verladung auf Binnenschiffe erfolgt ebenfalls an der Stirnseite des Lagerhauses (9).

Abholung vom Lagerhaus

Über einen weiteren Elevator (6) wird das Getreide auf LKWs verladen (7).

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magic cube

studentenwettbewerb „dynamic workplace“  Gesucht wurde eine

Planung, die die neue Arbeitswelt in den Mittelpunkt stellt und zukünftige Anforderungen zwischen Mensch und Arbeitsumgebung definiert. Inspiriert durch Konzepte von Yona Friedman sowie Herman Hertzberger entwickelte sich die Entwurfsidee einer großräumigen Struktur. Begriffe wie Inspiration, Kommunikation, Konzentration, Team sowie Meeting haben die Systematik gegliedert. Ausgehend von einem Würfel wird eine Matrix angelegt, die mit Boxen unterschiedlicher Funktionen bestückt wird. Das Ziel ist eine neue Kultur der transparenten Kollaboration: Gesteuert über eine Software sind die Kuben in drei Achsen beweg- sowie organisierbar, durch technische Innovationen lässt sich das Setting je nach Anforderung verändern. So bilden sich unabhängig voneinander funktionierende Einheiten, die prinzipiell auf verschiedene städtebauliche Situationen sowie Dimensionen adaptierbar sind. magic cube – “dynamic workplace”  What was required was a design that is centered on new working environments and that defines future needs between between people and their workplace. Inspired by Yona Friedman’s and Herman Hertzberger’s concepts, the design idea of a large-scale structure was developed. Terms like inspiration, communication, concentration, team, and meeting structured the process. Based on a cube, a matrix – equipped with boxes of differing functions – was created. The aim is a new culture of transparent collaborations: a controlling software moves and organizes the cubes in three axes; technical innovations enable a change of setting according to its requirements. Thus, independently operating units are generated that are adaptable to different situations with regard to urban development and dimension.

alexander grelle, marius plasczymonka Betreuerin: Tanja Remke Planungs- und Architektursoziologie

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Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Regelgeschoss

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reallabor arbste

neues leben für alte höfe  Die Hofanlage „Arbste 7“

liegt 30 Kilometer nordwestlich von Nienburg auf einem Grundstück von sieben Hektar. Erstmals im 15. Jahrhundert erwähnt, gilt das Ensemble heute als „Kulturlandschaft prägend“. Teile stehen unter Denkmalschutz. Im Austausch mit der Eigentümerin und dem Eigentümer, dem Verein „Land & Kunst“ und ExpertInnen aus der Region entwickelten die Studierenden Visionen für eine nachhaltige Um- und Weiternutzung des Hofs: gemeinschaftsorientiert, generationsübergreifend, ökologisch, kulturell und solidarisch. Die Ideen sind breit gefächert und reichen von inklusiven Wohnprojekten bis hin zur Wiederbelebung der Landwirtschaft. Die Arbeiten wurden am „Tag des offenen Denkmals“ vor Ort und auf dem 3. Demografiekongress der Niedersächsischen Landesregierung in Hannover präsentiert und diskutiert.

real lab arbste – new life for old farms  The farm “Arbste 7” is located about 30 km north-west of Nienburg on a plot of 7 hectares. First mentioned in the 15th century, the ensemble characterizes the formerly cultural landscape. Parts are under monument protection. The students developed visions for the sustainable conversion and further use of the farm in cooperation with the owners, the association Land & Art, and local players from the region: community-oriented, cross-generational, ecological, cultural, and solidly united. The ideas vary widely and range from inclusive residential projects to the revival of agriculture. The work was presented and discussed on the “Day of the Open Monument” on site and at the 3rd Demographic Congress of the Lower Saxony Regional Government in Hannover.

1 – aleksandra eggers, sofia hanina, lena-kristin lauermann, 2 – matteo garzosch, jana gorny, markus krause, 3 – annika füchtenbusch Betreuerinnen: Prof. Dr. Barbara Zibell, Anna Drewes, Lisa Kietzke Planungs- und Architektursoziologie

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1 – Stadt Land Plus +. Landpotentiale entdecken. Die Zukunft der Höfe

2 – Land Leben. Inkludiertes Wohnprojekt

3 – Traditionelle Bauernhöfe durch die Verbindung von Landwirtschaft und Kulturarbeit zukunfts fähig machen

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subjektives sicherheitsempfinden im ihmezentrum

analysen zu geschlechtsspezifischen verhaltensweisen in raumstrukturen  Im Rahmen des Semi-

nars „Geschlechterverhältnisse und Raumstrukturen – theoretische Perspektiven und empirische Befunde” beschäftigten wir uns unter anderem mit Stadt und Geschlecht, Gender Mainstreaming und Gender Planning sowie nachhaltiger Raumentwicklung. Die Themen wurden von externen WissenschaftlerInnen und PraktikerInnen in Gastvorträgen vertieft und im Rahmen von Hausarbeiten behandelt. In unserer Ausarbeitung setzen wir uns mit dem Themenkomplex Stadt und Geschlecht in Bezug auf sicherheitspräventive (Entwurfs-) Maßnahmen im Städtebau, welcher im Gastvortrag „Nutzungsperspektiven für mehr Sicherheit in der Stadt“ von Dr. Anke Schröder beleuchtet wurde, auseinander. Die aktuelle Situation der subjektiv erlebten Unsicherheiten im Ihme-Zentrum wird anhand räumlicher, städtebaulicher und sozialer Merkmale untersucht und durch Positionen von AnwohnerInnen kontrastiert: Aufgrund der überdimensionierten, dem Brutalismus zugehörigen, komplexen Struktur und des eingetretenen physischen Verfalls rückt der Gebäudekomplex in den Mittelpunkt zahlreicher kontroverser Diskussionen über die Stadtentwicklung Hannovers. Das Ihme-Zentrum nimmt einen großen, Potenzial aufweisenden Bereich des innerstädtischen Raums ein. Viele Menschen beklagen die scheinbar fehlenden Verantwortlichkeiten für zukünftige Gestaltungen und fühlen sich durch das aktuelle Erscheinungsbild unwohl. Sie meiden den Ort und werden in ihrer Mobilität eingeschränkt. Die Diskussion um Sicherheit im Raum ist insbesondere im Zuge der zweiten Frauenbewegung und den Studentenprotesten in den 1960er und 70er Jahren entstanden. Neben den Debatten über Entlohnung für Reproduktionsarbeit oder die Selbstbestimmung über den weiblichen Körper stand auch die Männergewalt gegenüber Frauen im Fokus dieser Bewegungen. Die zunehmende Mobilität (von Frauen) verband sich mit der Forderung die Gewalt gegenüber Frauen im öffentlichen Raum zu reduzieren. 1

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In Deutschland wurde auf ordnungspolitischer Ebene das Konzept der „sicheren Stadt“ ins Leben gerufen, welches durch bauliche Maßnahmen unterstützt wurde. Die feministische Bewegung prägte den Begriff des „Angstraums“, welcher einen subjektiv wahrgenommenen Raum beschreibt, der aufgrund fehlender, als sicherheitsrelevant wahrgenommener Merkmale Unsicherheit auslöst. In den aktuellen Debatten um Angsträume in der Geschlechterforschung und deren möglichen, gestalterischen Maßnahmen wird kritisch angemerkt, dass und wie in diesen frühen Debatten und entsprechenden Maßnahmen soziale Probleme zu Raumproblemen gemacht wurden.2 Die Benennung von konkreten Angsträumen zog in einem weiteren Schritt Umfragen und Studien zu tatsächlichen Gefahrenorten nach sich. Gefahrenorte stellen Situationen dar, in denen konkrete, ortsbezogene Kriminalitätsbelastungen oder antisoziales Verhalten nachgewiesen werden können.3 Zeitgleich etablierten sich auch die Begriffe „Kriminalitätsfurcht“ und Furcht-Viktimisierungs-Paradox. Eine solche Kriminalitätsfurcht von Personen muss vorhanden sein, um Angsträume herauszubilden.4 Nach Reuband gliedert sich die Kriminalitätsfurcht in soziale und personale Kriminalitätsfurcht. Die personale Kriminalitätsfurcht definiert sich über eine affektive – emotionale – eine kognitive – rationale – und eine konative – präventive – Dimension, die die eigene Einschätzung zur Viktimisierung beschreibt. Die soziale Kriminalitätsfurcht beschreibt die Beurteilung gesellschaftlicher Kriminalitätsprobleme.5 Das

Furcht-Viktimisierungs-Paradox, beschreibt die Relation von großer Kriminalitätsfurcht und dem eher geringen Risiko, Opfer einer Straftat zu werden.6 Entstehen können Angsträume auch durch Nutzungskonflikte innerhalb des öffentlichen Raums. Diese Konflikte entwickeln sich durch Überschneidungen von Interessen verschiedener AkteurInnen oder durch verordnete Restriktionen in Bezug auf die Raumaneignung. Die empfundenen Angsträume und Unsicherheiten decken sich somit nur teilweise mit antizipierten Straftaten und müssen nicht zwangsläufig Gefahrenorte darstellen. Der Diskurs beschäftigt sich somit nicht länger mit Tatbeständen, sondern mit dem diffusen, subjektiven Begriff der Angst.7 Nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden am Rande vieler Städte in den USA Trabantensiedlungen, um den knappen und daher teuren Wohngrund ökonomisch sinnvoll zu nutzen. Diese waren durch benachteiligte Bevölkerungsgruppen, eine hohe Dichte an BewohnerInnen und fehlende Plätze der sozialen Interaktion wie Grünflächen, Spielplätzen, Cafés und Geschäften gezeichnet.8 Es fehlten die städtische Öffentlichkeit, die Lebendigkeit und die Orte des Austauschs, wodurch die Bildung von Nachbarschaften erschwert und das Verantwortungsbewusstsein der BewohnerInnen für ihre unmittelbare Wohnumgebung gemindert wurden. Gestalterische Unübersichtlichkeit und Anonymität im Viertel verunsicherten, die Menschen fühlten sich für die Pflege von Hauseingängen und Grünflächen nicht verantwortlich, wodurch die öffentlichen Räume verwahrlosten. Auch in Deutschland wurden in den folgenden Jahrzehnten monotone Großwohnsiedlungen mit ähnlicher Struktur und ähnlichen Problemen realisiert, wie beispielsweise die 1969 errichtete Bebauung des Stadtteils Steilshoop in Hamburg, das 1972 fertiggestellte Ihme-Zentrum in Hannover oder die Gropiusstadt von 1975 in Berlin. Vor dem Hintergrund der beschriebenen Problemlagen wurden stadtplanerische Maßnahmen für mehr Sicherheit in der Stadt entwickelt, bei denen es um die Veränderung der baulichen Struktur ging.9 Die Entwicklung der kriminalpräventiven Siedlungsgestaltung wird anhand von drei US-amerikani-

schen Konzepten aufgezeigt: Das Konzept des Defensible Space von Newman, der als Pionier und Wegweiser gilt, der damit zusammenhängenden Broken-Window-Theorie von Wilson und Kelling und des daraus resultierenden Crime Prevention Through Environmental Design, die bis heute angewandt werden und die davon ausgehen, dass Straftaten häufig Gelegenheitstaten sind, die durch den umgebenen Raum beeinflusst werden. In Deutschland entwickelte der Sozialwissenschaftler Schubert darauf aufbauende Kriterien, die er in drei Kategorien einteilt und dabei sowohl planerische, als auch soziale Maßnahmen nach unterschiedlichen Ansätzen ordnet: erstens Schutz durch städtebauliche Form, architektonische Gestaltung und technische Ausstattung, zweitens Schutz durch Management, Engagement aufgrund von Eigentum, Vermietung, Verwaltung und drittens Schutz durch Nutzungsverantwortung.10 Werden die von Schubert beschriebenen Kriterien auf die Situation im Ihme-Zentrum angewandt, so zeigt sich, dass sie im sozialen Bereich vordergründig erfüllt werden, während die baulichen Strukturen verbesserungswürdig erscheinen. Positiv zu bewerten sind die Eigeninitiativen der BewohnerInnen, die sich auch in der alteingesessenen, eingeschworenen Hausgemeinschaft widerspiegeln und zu einem nachbarschaftlichen Verantwortungsgefühl beitragen. Ein ambivalentes Gefühl hinterlassen die Maßnahmen der verwaltungsorganisatorischen Einrichtungen, die sich durch technische und personale Sicherheitsmaßnahmen zeigen. Eindeutig negativ zu bewerten sind die fehlenden technischen und baulichen Maßnahmen, die sich in unzureichender Beleuchtung, verwinkelten Wegeführungen und schlechten Sichtbeziehungen zeigen. Dies nehmen BewohnerInnen und PassantInnen als Unübersichtlichkeit wahr, die zu Orientierungslosigkeit führt. Zusätzlich bilden enge Raumstrukturen mit mangelnden Fluchtmöglichkeiten sowie die Parkdecks und deren Zugänge Angsträume. Diese werden durch Vandalismus, eine geringe Nutzungsdurchmischung und die große Maßstäblichkeit des Gebäudes verstärkt, da diese Faktoren die soziale Kontrollmöglichkeit, die Bildung von Nachbarschaft sowie das Verantwortlichkeitsgefühl verhindern.

Die Diskrepanz zwischen dem Problembewusstsein bei den (betroffenen) BürgerInnen einerseits und den möglichen Änderungsmaßnahmen aufgrund schwieriger Eigentumsverhältnisse andererseits hält an. Zugleich drängt die öffentlichkeitswirksame Berichterstattung den Großinvestor des Ihme-Zentrums zu einer Handlungverantwortlichkeit. Besonders im Hinblick auf das angstfreie Bewegen innerhalb des Ihme-Zentrums und einer generell attraktiveren, gendergerechten und das Stadtbild fördernden Entwicklung wäre eine schnelle Entscheidung über Handlungsmaßnahmen wünschenswert.

structure and large size of the building, as well as the irresponsibility and negligence of its owner, lead to discomfort among citizens that cause them to avoid the “Ihme-Zentrum” and restrict their activities in the public and semi-public sphere. In order to understand the emergence of places of fear and their dependence on gender, we examined development since the 1970s with special attention given to crime-prevention measures in urban development. In a final step, we compared criteria developed by Schubert with the case study of the “Ihme-Zentrum” and statements of residents and affected pedestrians. We so examined the gender-dependent perception of space. 1 Bundeszentrale für politische Bildung/Hertrampf, Susanne (2008): Ein Tomatenwurf und seine Folgen. Eine neue Welle des Frauenprotestes in der BRD. www.bpb.de/gesellschaft/gender/frauenbewegung/35287/neue welle-im-westen?, 14.3.17 2 Bauriedl, Sybille/Schurr, Carolin: „Zusammenprall der Identitäten. Soziale und kulturelle Differenzen in Städten aus Sicht der feministischen Forschung". In: Oßenbrügge, Jürgen/Vogelpohl, Anne (Hg.): Theorien der Raum- und Stadtforschung. Münster 2014, S. 136–155 3 transit: Gegenüberstellung von Angsträumen und Gefahrenorten. Hannover 2015, S. 4–7 4 Ziegleder, Diana/Kudlacek, Dominic/Fischer, Thomas: Zur Wahr nehmung und Definition von Sicherheit durch die Bevölkerung. Erkennt nisse und Konsequenzen aus der kriminologisch-sozialwissenschaftlichen

subjective sense of security in the “ihme-zentrum” – analysis of gender-specific behavior in spatial structures  As part of the seminar “gender relations and spatial structures” we dealt with topics like city and gender, gender mainstreaming, and gender planning, as well as sustainable spatial development. The seminar was complemented with guest lectures on practice-oriented research perspectives. We focused on city and gender in relation to crime prevention measures in urban development, and we analyzed the subjective sense of security in a selected spatial structure in the city of Hannover. Because of its oversized, complex, brutalist structure and the physical collapse of the “Ihme-Zentrum” that has occurred, the building has been the subject of many controversial discussions. Because of its city center location, it attracts and affects many citizens and has potential for active urban life, but its complicated

Forschung. Berlin 2011, S. 17 ff. 5 Ruhne, Renate: Raum Macht Geschlecht. Zur Soziologie eines Wirkungs gefüges am Beispiel von (Un)Sicherheiten im öffentlichen Raum. Wiesbaden 2011, S. 31 f. 6 Sailer, Kerstin: Sicherheit im öffentlichen Raum. Von der Angst und den Versuchen, sie zu bekämpfen. Hannover 2003, S. 10–13 7 Vgl. Anm. 5 8 Bundeszentrale für politische Bildung/Kober, Marcus (2012): Stadt planung als Kriminalprävention. www.bpb.de/politik/innenpolitik/ 125487/stadtplanung-als-kriminalpraevention, 14.3.17 9 Schubert, Herbert: Sicherheit durch Stadtgestaltung. Städtebauliche und wohnungswirtschaftliche Kriminalprävention: Konzepte und Verfahren, Grundlagen und Anwendungen. Köln 2005, S. 14–17 10 Crouch, Steve/Shaftoe, Henry/Fleming, Roy: Design for secure residential environments. Boca Raton 1999

rebecca baum, raphaela djalili, lisa iglseder, charlyn pagewski, wiebke witthuhn Betreuerin: Prof. Dr. Tanja Mölders gender_archland

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angsträume zwischen baulichen und sozialen aspekten der raumplanung

das beispiel am moritzwinkel (hannover)

Öffentliche Sicherheit zählt zu den menschlichen Grundbedürfnissen Mit Angst behaftete Räume schränken die Teilnahme am öffentlichen Leben ein und können somit ihre Funktion als Interaktions- und Erholungsorte verlieren. Das Projektgebiet „Am Moritzwinkel“ liegt im Stadtteil Nordstadt und ist durch eine Unterführung geprägt. Besonders fehlende Beleuchtung, Unübersichtlichkeit und Unbelebtheit des Projektgebiets tragen zu einem Angstraumcharakter bei. Diese Bachelorarbeit untersucht generelle Merkmale und Ursachen subjektiver (Un-)Sicherheiten im öffentlichen Raum sowie die spezifische Problemlage „Am Moritzwinkel“. Die Entwicklung angepasster Maßnahmen gegen die örtlichen Angstfaktoren baulichen und sozialräumlichen Ursprungs, werden mithilfe von gestalterischen Mitteln auf das Projektgebiet angewendet.

places of fear in spatial planing – example am moritzwinkel (hannover)  Public security is one basic human need. Places of fear restrict participation in public life. Those places lose their function for interaction and recreation. The project area “Am Moritzwinkel” is located in the Nordstadt district of Hannover and is mainly characterized by an underpass. Especially the lack of lighting and clear organization, together with the deserted character of the project area contribute to its characterstics of fear. This bachelor's thesis examines general characteristics and causes of fear in public spaces, as well as the specific situation “Am Moritzwinkel”. The development of adapted measures to counteract the local factors that engender fear, which originate in the physically and socially constructed environments, are applied to the project area within a conceptual design.

nanke simon BetreuerInnen: Prof. Dr. Tanja Mölders, Prof. Dr. Martin Prominski gender_archland, Institut für Freiraumentwicklung

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1 angstbesetzt 2 wenig angstbesetzt 3 stark angstbesetzt

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institut für gestaltung und darstellung

igd Architekturinformatik und Darstellung Prof. Dr. Albert Schmid-Kirsch Digitale Methoden in der Architektur Prof. Mirco Becker Kunst und Gestaltung Prof. Anette Haas

portfolio

technische darstellung

dissolved structures

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maschinenzeichnungen

special offer

der kartographische blick

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portfolio

In einem Portfolio werden ein oder mehrere Projekte präsentiert, die während des Studiums oder in praktischer Tätigkeit in einem Büro entstanden sind. Es kommen verschiedenste Darstellungsmethoden und Inhalte (Pläne, Skizzen, Renderings, Fotos, Text) zum Einsatz. Ein Portfolio zeigt die persönliche Entwicklung und den aktuellen Kenntnisstand des Verfassers. Sein Design und sein reales Erscheinungsbild repräsentieren die Individualität des Autors. Entscheidend für ein gutes Portfolio sind ein übergeordnetes Layout, eine sinnvolle Gliederung und eine angemessene Darstellung in Schrift und Grafik. Gute handwerkliche Gestaltung runden das Ergebnis ab. Die Konzentration auf die Bindung, die Papierauswahl und die Gestaltung des Umschlags vermitteln einen ersten, oft entscheidenden Eindruck, bevor das Portfolio überhaupt geöffnet wird. portfolio  Your portfolio presents one or more projects that have been created during your studies or practical work in an architectural office. Different methods of presentation and content (plans, sketches, renderings, photos, text) are used. Your portfolio shows your personal development, while at the same time its design and appearance represent your individuality. To create a truly excellent portfolio you need a superior layout, a meaningful structure, and an appropriate representation in text and graphics. The final result should be completed with perfect craftsmanship. This attention to detail in binding, choice of paper, etc. sets your portfolio apart even before it is opened, which is often the make-or-break point for landing the position.

niklas köller BetreuerInnen: Prof. Dr. Albert Schmid-Kirsch, Julia Bürkner Architekturinformatik und Darstellung

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technische darstellung

In der Technischen Darstellung werden mit analogen Mitteln die Grundlagen der Architekturdarstellung vermittelt. Diese Grundlagen gelten sowohl für das Zeichnen mit Papier und Bleistift als auch für Darstellungen mit dem Rechner. Technische und künstlerische Darstellung ergänzen sich im besten Falle. Im Vordergrund stehen die bekannten Abbildungsmethoden wie die Mehrtafelprojektion, die Axonometrie und die Perspektive. Deren unterschiedliche Eigenschaften werden anhand von Übungszeichnungen untersucht. Dabei wird deutlich, an welcher Stelle die unterschiedlichen Projektionsarten am besten eingesetzt werden können. Durch das analoge, geometrisch richtige Zeichnen werden die Grundlagen für die im Entwurfsprozess notwendigen Skizzen gelegt. technical drawing  This course deals with the basics of architectural representations, which are important for both analog and digital drawings. We also explore the complimentary nature of technical and artistic drawings. Drawing in a geometrically correct manner is vital for the design process and we attempt to lay the foundations for a basic sketching skillset on which your own aesthetics can grow. The course primarily deals with familiar projections like the orthogonal, oblique, and perspectival. Their different qualities and characteristics are analysed in exercise drawings so that the areas of best application can be explained and experienced firsthand.

1

1 – tim thiemann, 2 – anna oechsner, 3 – anna angelis, anh tran Betreuer: Prof. Dr. Albert Schmid-Kirsch, Georg Siemens Architekturinformatik und Darstellung

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2

3

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dissolved structures

wettbewerb zoogesellschaftshaus frankfurt am main  Das historische

Zoogesellschaftshaus in Frankfurt am Main sollte im Rahmen eines geladenen studentischen Wettbewerbs formal und inhaltlich aktiviert werden. Der Bau wurde 1876 nach dem Entwurf von Kayser und Durm errichtet. In der Bearbeitung wurden die Möglichkeiten des Digitalen in Entwurf und Fertigung von Architektur ausgelotet. Das historische Gebäude diente nicht nur als Kontext, sondern auch als Gradmesser der Detaillierungstiefe und handwerklichen Finesse des Entwurfs. Jan Philipp Drude und Valentin Zellmer haben mit dem Beitrag „Dissolved Structures“ den 3. Platz im Wettbewerb belegt. Der Entwurf entwickelt eine Tektonik extrem hoher Auflösung, die mit einer neuartigen Reichhaltigkeit auf die Ornamentik des klassizistischen Baus reagiert. Es besteht eine durchgängig digitale Prozesskette von parametrischem Entwurf, Simulation, roboter-gestützter Fertigung.

dissolved structures – competition zoogesellschaftshaus frankfurt am main  The historic central building of the Frankfurt Zoo was the subject of an invited student competition asking for a formal and programmatic reinterpretation. The building designed by von Kayser und Durm was completed in 1876. The design studio explored the potential of digital design and fabrication strategies in architecture. The historic building not only provided the context for these explorations but served as a measure for the level of detail and finesse in craftsmanship of the proposed design. Jan Philipp Drude and Valentin Zellmer were awarded a third prize for their project “Dissolved Structures”. The design develops a system of high tectonic resolution that proposes a novel richness in addition to the classicist ornaments of the historic building. It embraces a fully digital process chain from parametric design, simulation, and robotic fabrication.

jan philipp drude, valentin zellmer Betreuer: Prof. Mirco Becker, Victor Sardenberg Digitale Methoden in der Architektur

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maschinenzeichnungen

computational design seminar  Das Seminar

„Computational Design“ beleuchtet die Entwicklung des Digitalen in der Architektur als eine Folge technologischer Innovationen. Neben dem geschichtlichen Teil wurden spezifische Zeichenmaschinen gebaut, die in der Lage sein sollten, eine Serie von zehn Zeichnungen anzufertigen, welche innerhalb der Möglichkeiten der jeweiligen Konstruktion und Freiheitsgrade Unterschiedlichkeiten aufweisen. Alina Bayrak hat eine Maschine geschaffen, bei der auf einer rotierenden, kreisförmigen, schiefen Ebene in Farbe getränkte Kugeln über ein Papier laufen. Die Spuren der Kugeln generieren die Zeichnung, die von Faktoren wie Rotationsgeschwindigkeit, Neigung der Ebene und Viskosität der Farbe bestimmt ist. Nora Hartmanns Maschine bedient sich eines pendelartig aufgehängten Mixers. Statt der Rührstäbe werden Filzschreiber eingespannt. Die scheinbar chaotischen Bewegungen im Raum erzeugen auf dem Papier eine Serie von konsistenten Zeichnungen.

mechanic drawings – computational design seminar  The seminar Computational Design looks at the theory of digital development in architecture. In addition to historical studies, students designed and built mechanical drawing machines. These machines were each intended to generate a series of ten drawings demonstrating the potential of the different construction techniques as well as their mechanical degree of freedom. Alina Bayrak built a machine that combines an inclined rotation disc with paint-covered metal balls. The traces of the balls generate the drawing, which is determined by factors such as rotational velocity, the inclination angle of the disc, and the viscosity. Nora Hartmans machine takes advantage of a freeswinging hand-held mixer. In the place of the string rods, a pair of markers is plugged into the machine. The seemingly chaotic spatial movement results in a series of consistent drawing on paper.

1 – alina bayrak, 2 – nora hartmann Betreuer: Prof. Mirco Becker, Victor Sardenberg Digitale Methoden in der Architektur

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1 – Metallkugeln

2 – Handmixer

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special offer

regenschirme  Unter der Rubrik Special Offer bieten wir den Studierenden an, ein individuelles künstlerisches Projekt, das über den Rahmen der Wahlpflichtmodule hinausgeht, zu begleiten. Die raumgreifende kinetische Regenschirmwolkenskulptur ist beispielhaft für eine solche besondere künstlerische Arbeit. „Ich hatte also die Wunschvorstellung, so etwas wie eine poetische Maschine zu bauen, und ich habe nach Symbolhaftigkeit zu suchen begonnen: weiße Schirme, Wolkenformen und atmende, ruhige Bewegungen waren Überlegungen während des Herumprobierens mit Materialien und Objekten vom Schrottplatz.“ Robin Höning special offer – umbrellas  Under the heading “Special Offer” we provide the opportunity for students to work on an individual project that extends beyond regular coursework. The large-scale kinetic umbrella-cloud sculpture is an example of such an exceptional work. “I had the desire to build a kind of poetic machine and started to look for symbols: white umbrellas, cloud shapes, and quiet, breathing movements were some of the things I had in mind while working on the project and trying out different things with objects from the junkyard.” Robin Höning

robin höning Betreuer: Klaus Madlowski Kunst und Gestaltung

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der kartographische blick

Mit dem Aufkommen der neuen Überwachungstechnologien wie GPS, Google Maps und Satellitenbildern hat sich unser Orientierungssinn dramatisch gewandelt. Der kartographische Blick mit seiner panoramatischen Überschau und seiner Luft-Sicht haben den perspektivischen Raum mit seinem Zentrum und Horizont verwirrt. Wir werden uns im Seminar gedanklich, aber vor allem künstlerisch-praktisch mit dieser Form des Blicks auseinandersetzen. Welche Übersetzungsprozesse sind nötig, um eine kartographische Aufzeichnung zu erstellen? Spaziergänge im Stadtraum, das Beobachten, Notieren und Zeichnen sind unsere Werkzeuge. Schwerpunkt des Seminars ist das Ausarbeiten einer eigenen künstlerischen Arbeit zum Thema. the cartographic perspective  The advent of new surveillance technologies like GPS, Googlemaps, and satellite imaging has dramatically changed our sense of orientation. The cartographic perspective – with its panoramic and bird’s-eye views – has confused our sense of perspectival space with its traditional center and horizon. In this seminar we will primarily concern ourselves with the artistic practicalities of this new perspective. What processes of translation are necessary to generate a cartographic image? Our tools are walks through the city, observation, notation, and drawing. Development of an original artistic work on this theme will be a major focus of the seminar.

1 – simon beckmann, 2 – sinje westerhaus Betreuerin: Bignia Wehrli Kunst und Gestaltung

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1 – Fortlaufender Kreiskalender

2 – Terra Contrarium

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institut für freiraumentwicklung

if Entwerfen urbaner Landschaften Prof. Dr. Martin Prominski Freiraumpolitik und Planungskommunikation Prof. Dr. Bettina Oppermann

strassenleben > SEITE 124

urbanisierung und eigenart entlang des kaiserkanals in china > SEITE 126

zwischen sandkasten und schaukel > SEITE 128

strassenleben

die bedeutung der stadtstrasse als freiraum in verdichteten städten  Als

größtes Freiraumsystem einer Stadt hat der Straßenraum eine bedeutende Rolle in der Stadt- und Freiraumplanung. Besonders in immer stärker verdichteten Städten muss die Straße neben ihren Verkehrsfunktionen auch Freiraumfunktionen übernehmen und zu einem multifunktionalen Raum gestaltet werden. Anhand der Hildesheimer Straße und dem Rudolf-von-Bennigsen-Ufer in Hannover wurden deshalb die Gestaltungsmöglichkeiten von Straßenräumen untersucht. Durch eine deutliche Verkehrsreduzierung auf zwei Spuren und Tempo 30 an der Hildesheimer Straße entsteht Raum, um ein lebendiges Nahversorgungszentrum zu schaffen. Im Gegensatz dazu bleibt der Verkehr am Rudolf-von-BennigsenUfer gleich stark. Durch eine Verlegung der Straße wird jedoch der Straßenraum neu zoniert und die Maschseepromenade profitiert von einem neuen Maschseepark, der zusätzliche Aufenthaltsqualität und räumlichen Abstand zur Straße erzeugt.

streetlife – the importance of city streets as public open space in dense cities As a city’s largest open space, streetscapes are an important topic. Especially in denser cities, streetscapes have to be concurrently functional for traffic and a multifunctional open space. Based on Hildesheimer Straße and Rudolf-von-Bennigsen-Ufer in Hannover, designing possibilities for streetscapes are being analysed. In the case of Hildesheimer Straße, a reduction of allowed speed and of traffic sets the foundation for a vibrant city center with local businesses, shops, and other establishments. At Rudolf-von-Bennigsen-Ufer, by contrast, the traffic remains unchanged, but the relocation of the street creates new zoning for the Maschsee promenade. The newly created Maschseepark offers good opportunities for spending time in public space and creates a separation from the street.

stefanie rötemeier Betreuer: Prof. Dr. Martin Prominski, Prof. Dr. Wolfgang Haller Entwerfen urbaner Landschaften

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urbanisierung und eigenart entlang des kaiserkanals in china

Im Wintersemester 2016/17 entstanden innerhalb des Forschungsprojekts „Urbanization and Locality along the Grand Canal of China“ am Institut für Freiraumentwicklung drei Masterarbeiten. Diese setzten sich intensiv mit der Fragestellung auseinander, wie in Zeiten der rapiden Urbanisierung chinesischer Städte das Thema Eigenart bzw. Ortsbezug als ein wesentlicher Planungsaspekt behandelt werden kann bzw. sollte. Dazu erarbeiteten die Studierenden jeweils einen konkreten landschaftsarchitektonisch-städtebaulichen Entwurf für ein Planungsgebiet in den Metropolen Wuxi (nahe Shanghai) sowie Tianjin (nahe Peking), um lokaltypische Aspekte und Ortsbezüge herausstellen und vergleichen zu können. Als Vorbereitung dazu wurde eine Exkursion nach China durchgeführt. Das Projekt fand in Kooperation zwischen den Instituten für Freiraumentwicklung, Städtebau und Umweltplanung der LUH sowie der Peking Universität statt.

urbanization and locality along the grand canal of china  In the winter term of 2016/2017 three master’s thesis were developed within the research project “Urbanization and Locality along the Grand Canal of China.” These theses intensively took up the question of how to deal with the themes of local particularity and locality as major aspects for designing new urban landscapes in times of the rapid urbanization in China. The students developed one specific design for each of two sites: one in the city of Wuxi (near Shanghai) and another in Tianjin (near Beijing) in order to be able to identify and compare the different aspects of locality in both cities. Before they started their work the students took part in a field trip to China. The project was realized in a cooperation between the Institutes of Open Space Development, Urban Design, and Environmental Planning of LUH and Peking University.

siyu lin, han mai, david obernberger BetreuerInnen: Prof. Dr. Martin Prominski, Kendra Busche Entwerfen urbaner Landschaften

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low rise buildings low rise rise buildings buildings low low rise buildings low lowrise risebuildings (2-4 stories) with (2-4 stories) with (2-4 stories) with (2-4 stories) with (2-4 stories) with narrow streets narrow streets narrow streets buildings (2–4 narrow streets narrow streets

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Locality Matrix

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vertical canal bank vertical canal canal bank bank vertical vertical canal bank vertical bank verticalcanal canal

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bridges

fast paving

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roofs

water accesses

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zwischen sandkasten und schaukel

spielplatzangebot in linden-nord  Spielen ist Be-

standteil des täglichen Lebens. Mit der Zeit entwickelten sich komplexere Räume für das Spiel, mitunter auch durch mehr Ausstattung. Die Planung dieser Freiräume ist nicht einfach mit dem Setzen von Spielgeräten getan, es braucht vielmehr Gespür für richtige Materialien und Bodenmodellierungen. Auch eine ästhetische Gestaltung mithilfe der Verwendung von Farben und Vegetation sollte beachtet werden. Eine ebenso große Rolle spielt die Einräumung von Freiflächen für freies Spiel. Doch wie viele Spielgeräte braucht ein Platz oder reicht Einfachheit? Ist eine Geländemodellierung vielleicht viel spannender als durchgeplante Abläufe? Und wie ästhetisch planbar und realisierbar sind solche Freiräume trotz aller Sicherheitsauflagen und Normen? Ursprünglich befasste sich das Orientierungsprojekt damit, ob und wie intensiv das Spielangebot in Linden-Nord genutzt wird. Nasskaltes Dezemberwetter führte zu einer geringen Spielplatznutzung, wodurch sich der Fokus des Projekts auf Ausstattung und Spielsituationen sowie mögliche Ergänzungen innerhalb des Viertels verlagerte. Untersucht wurden die Spielplätze in der Pfarrlandstraße, in der Ungerstraße, der Stärkestraße Nord, der Salzmannstraße, der Kochstraße und am August-Baumgarten-Gang. Annäherung ans Spiel Die Auseinandersetzung mit Grundlagen der Spielplatzplanung und Expertengespräche bildeten die Basis der Projektarbeit. Mit den gesammelten Informationen zum Projektgebiet Linden-Nord, Inklusion auf Spielplätzen, Gesundheit und Bewegungsnotwendigkeit für Kinder und Jugendliche, Sicherheit, Normen, Geschichte und Funktionen von Spielplätzen ließen sich Schwerpunkte für den weiteren Arbeitsverlauf definieren. Auf dieser Grundlage entwickelte die Projektgruppe Beobachtungs- und Analysebögen, um bei Spielplatzbesuchen Bestandsaufnahmen und systematische Beobachtungen mit vergleichbaren Ergebnissen durchführen zu können. Dabei wurden unter anderem Grundausstattung, Nutzung und charakteristische

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Besonderheiten der Spielplätze erfasst. Auf Grundlage der ausgewerteten Ergebnisse wurden Steckbriefe und Lagepläne der Spielplätze zur Veranschaulichung erstellt. Die Spielsituation in Linden-Nord Im gesamten Wohnviertel sollten Spielplätze verteilt sein, um Kindern und Jugendlichen Raum für körperliche Verausgabung und Naturentdeckung zu bieten.1 Vor allem unweit vom Zuhause liegende Spielflächen ermöglichen Kindern, diese auch alleine erreichen und somit nutzen zu können.2 Die Ergebnisse der Spielplatzuntersuchungen zeigen, dass sich ein Standardspielangebot, meist bestehend aus Schaukelelement, Sandfläche sowie Klettergerüst oder Wippelement auf jedem der untersuchten Plätze befindet. Schaukeln sind dabei die beliebtesten Spielgeräte. Die Größe der Spielplätze in dem untersuchten Gebiet variiert zwischen etwa 415 m² in der Kochstraße und ungefähr 4400 m² beim Spielplatz in der Pfarrlandstraße. Je größer der Spielplatz, desto mehr Spielgeräte finden sich. Dass der am vielfältigsten ausgestattete Spielplatz, der Pfarrlandstraße, bei den durchgeführten Beobachtungen ebenfalls der am häufigsten besuchte war, überrascht auf den ersten Blick nicht. Aber nicht nur Vielfalt bestimmt das Spielangebot der einzelnen Spielplätze, sondern auch die Varianz, die Art, auf die sich die Spielplätze voneinander unterscheiden und ergänzen. So kann der Spielplatz ein Thema verfolgen und Kinder in Phantasiewelten führen oder einen Bezug zum Umfeld des Spielplatzes herstellen. Der Spielplatz in der Stärkestraße greift das Thema eines multikulturellen Spielplatzes auf, während sich auf dem Pfarrlandplatz die Geschichte des Platzes als Weberviertel in der Gestaltung der kleinen Häuschen wiederfindet. Aufgrund des Mangels an Freiräumen in urbanen Umfeldern sollten Spielplätze in der Stadt eine Mehrgenerationennutzung ermöglichen. Auch Jugendliche brauchen Räume außerhalb des Zuhauses, um sich körperlich zu betätigen oder mit Freunden „abzuhängen“. Um einer Fehlnutzung der Spielgeräte oder Konflikten entgegen zu wirken, sollte eine

gewisse räumliche Trennung, beispielsweise mithilfe von Vegetationssetzungen, durchgeführt werden. Spielregeln für Planer Vegetation erfüllt auf Spielflächen unterschiedliche Funktionen. Für ihre Verwendung gibt es keine Musterlösung. Es sollte auf individuelle Besonderheiten der Freiräume eingegangen und ein hohes Maß an Varianz erzeugt werden. Übersichtlichkeit sollte mit Schutz vor Sonne oder Wind vereinbart werden. Darüber hinaus bietet Vegetation ebenfalls einen schwer planbaren, aber auch interessanten Spielfaktor. Ein abgefallener Ast wird beispielsweise zum Zauberstab oder zum Balancierelement. Hecken können zum Verstecken oder für Rollenspiele genutzt werden. Auch Elemente mit undefinierter oder offen definierter Nutzung können das Spielangebot besonders erweitern. Beispiele hierfür finden sich auf dem Pfarrlandplatz mit Tierskulpturen aus Stein und in der Stärkestraße in Form von Mosaikkugeln. Bei diesen Spielelementen wird die Nutzung der Phantasie der Kinder überlassen und genau wie bei natürlichen Materialien wie dem Ast kann aus ihnen in der Phantasie der Kinder alles werden. Doch es scheint, als ob jede ausgeklügelte Spielplatzplanung am Ende doch am Wetter scheitert. Oft wartete die Projektgruppe während der Beobachtungen bei meist nasskaltem Wetter vergebens auf SpielplatznutzerInnen. Dies wirft die Frage auf, ob die Spielplätze nicht winterfest genug sind oder ob eher

Vielfalt und Farbe in der Stärkestraße

eine kommunikative Aktion benötigt wird, um Eltern und Kinder im Winter auf den Spielplatz zu bringen. So wurden verschiedene Optionen, wie das Errichten von Unterständen, der Verleih von Decken, oder Aktionen, wie Schlitterbahnen und Kaffeewagen, diskutiert. Spielflächen brauchen einen aktiven Ansatz Ergebnis der Projektarbeit ist zunächst, dass das Spielangebot der Spielplätze in Linden-Nord vielfältig und ausreichend ist, da sie neben den typischen Spielgeräten auch Freiflächen und undefinierte Spielmöglichkeiten bieten. Bezüglich der Wetterbeständigkeit bestehen kleinere Verbesserungsoptionen. Am effektivsten erscheint jedoch ein kommunikativer oder aktiver Ansatz zur Attraktivitätssteigerung des Spielplatzes, wie beispielsweise die Herausgabe von aufklärenden Flyern zur Gesundheits- und Entwicklungsförderung oder zu angebrachter Kleidung für Regenwetter. Dies könnte dabei helfen, Anreize zu schaffen, damit die Spielplätze mehr genutzt werden. Bei der Gestaltung sollte auch außerhalb der Standards gedacht werden und LandschaftsarchitektInnen sollten ihre gestalterische Freiheit ausnutzen, anstatt nur auf eine Auswahl von Spielgeräten zurückzugreifen. Dabei sollte auch den Freiräumen, das heißt den Zwischenräumen, ein hoher Stellenwert für das Spielangebot zugeschrieben werden.

between sandbox and swing  The decrease of open spaces within urban areas makes an effective planning of these spaces necessary. A playground is a space that offers contact to nature and the possibility for all generations to play and exercise. Besides a variety of playground equipment, the place itself is a very complex system. A planner has to consider the materials to be used, inclusiveness, vegetation, and a general stylistic concept that also offers open spaces. A well-planned playground should initiate but also control play while at the same time giving children options to create their own games by using elements without a specific use. This orientation project focused on the playgrounds in Linden-Nord and researched their varieties and how they amend the playing situation. Be-

cause of unfortunate weather the group focused on the equipment and the options to play offered by the equipment within the area. There are six playgrounds in Linden-Nord that offer at least a basic equipment including swings, sandboxes, and a climbing frame or seesaw. The more elements there were, the more popular the playground was. The high number of objects without specific use was one of the aspects that was considered very positively. The biggest problem the group found was the poor use of the playgrounds in bad weather conditions A landscape architect should leave room for creative play. Moreover, a communication strategy that focusses on the health benefits of outdoor playing and that gives tips on weatherproof clothing is the best way to improve the frequency of playground use independent of weather conditions.

Der Pfarrlandplatz

Figuren bieten vielfältige Spielmöglichkeiten

1 Hölscher, Ariane (Expertin für Psychomotorik und Bewegung): Interview vom 11.1.17 2 Härdrich, Dirk/Griesheimer, Mari: Kinder machen mit. Bezirksregierung Hannover 2000, S. 9

meike breda, hanna höhne Betreuerinnen: Prof. Dr. Bettina Oppermann, Mareike Thies Freiraumpolitik und Planungskommunikation

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institut für landschaftsarchitektur

ila Darstellung in der Landschaftsarchitektur Prof. Katja Benfer Geschichte der Freiraumplanung Prof. Dr. Joachim Wolschke-Bulmahn Landschaftsarchitektur und Entwerfen Prof. Christian Werthmann Pflanzenverwendung Prof. Dr. Anke Seegert Technisch-konstruktive Grundlagen der Freiraumplanung Prof. Gilbert Lösken

kooperativ leben und lernen > SEITE 132

zugang zur geschichte schaffen > SEITE 134

kulturromantische gegenbilder und germanische bilderwelten

der überkommene kirchhof des klosters marienwerder > SEITE 138

> SEITE 136

campusbank

schilf-landschaftspark

> SEITE 140

> SEITE 142

barrierefreiheit an baustellen > SEITE 144

kooperativ leben und lernen

ein beteiligungsprojekt zur campus-neugestaltung der kgs hemmingen

Partizipation nimmt einen hohen Stellenwert in und zur Bildung von Heranwachsenden ein und bedarf einer stärkeren Verankerung in das Handlungsfeld Schule sowie die raumplanerische Praxis. Schulhöfe als wichtige Sozialräume von Kindern und Jugendlichen gilt es zu zeitgemäßen Lern- und Lebensräumen umzugestalten. Die Profession der Landschaftsarchitektur hat die Aufgabe, sich dieser Herausforderung als raumplanerische Disziplin anzunehmen und unter Beteiligung der Schüler die Schulhöfe entsprechend ihrer Bedürfnisse umzugestalten. Unter Berücksichtigung der räumlichen Gegebenheiten sowie der Ergebnisse einer vorangestellten Schülerbeteiligung wird in dieser Bachelorarbeit ein Neugestaltungsvorschlag für den Campus der KGS Hemmingen erarbeitet. Im Hinblick auf eine ausgeglichene Gewichtung aus professioneller Planung und Teilhabe der Schüler liegt dem geplanten Campus vor allem die Förderung einer multifunktionalen und selbstbestimmten Aneignung durch die Schüler zugrunde.

living and learning in cooperation – a participatory project to redesign the campus of kgs hemmingen  Participation plays an important role in the education of adolescents and should be entrenched in school and practice of spatial planning. Landscape architects have to take up this challenge as spatial planning experts by redesigning schoolyards with studentsʼ involvement. By considering the spatial conditions and the results of involving students in the process, this bachelorʻs thesis develops a new design for the campus of the KGS Hemmingen. With the aim of a balance between professional planing and student participation, the designed campus chiefly promotes a multifunctional and self-determined appropriation by students

elisa emrath Betreuerinnen: Prof. Katja Benfer, Kendra Busche Darstellung in der Landschaftsarchitektur

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zugang zur geschichte schaffen

umgestaltung einer gedenkstätte  1937 besetz-

ten japanische Truppen die Stadt Nanjing. Das in diesem Zeitraum verübte, sechswöchige Massaker belastet bis heute das chinesisch-japanische Verhältnis. 1985 wurde in Nanjing zum Gedenken an die Opfer des Massakers eine Gedenkstätte errichtet, die aus einem Museum mit umgebendem Park besteht. Ihre Ikonographie richtet sich hauptsächlich an Besucher, die selbst von den Ereignissen betroffen waren. Die Bachelor-Arbeit versucht, entwurfliche Lösungen zu entwickeln, die auch einer jüngeren Generation einen Zugang zu den Ereignissen ermöglicht. Auf Grundlage der geschichtlichen, kulturellen sowie städtebaulichen Analyse wird eine behutsame Ergänzung vorgeschlagen, die dem Besucher jeweils eine eigene Annäherung ermöglicht. Die Interventionen konzentrieren sich auf sechs neue Zugänge. Mit der Öffnung soll die bestehende Anlage stärker mit der Umgebung verknüpft werden.

zhiyuan peng BetreuerInnen: Prof. Katja Benfer, Dr. Cyrus Zahiri Darstellung in der Landschaftsarchitektur

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Zugang des Gedenkens

Zugang der Chronologie

Zugang zum Massengrab

Zugang des Friedens Zugang der Ideologie

Nanjing. The six-week massacre carried out during this period continues to burden Chinese-Japanese relations to this day. In 1985 a memorial consisting of a museum surrounded by a park was built in order to commemorate the victims of the massacre. Its iconography mainly addresses visitors personally affected by the events. This thesis attempts to develop design solutions enabling a younger generation of visitors to also relate to this historical incident. Based on the historical background, Chinese memorial and mourning culture, and an analysis of the site and its urban planning context, the thesis suggests a cautious addition to the existing memorial that allows visitors to approach it on their own. The interventions accordingly focus on the positioning of six new entries. This kind of opening is intended to strengthen the connection between the existing site and its environment.

Zugang der Anderen

approaching history – the redesign of a memorial  In 1937 Japanese troops occupied

Zugang des Gedenkens

Zugang zum Massengrab

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kulturromantische gegenbilder und germanische bilderwelten

der soltauer heldenhain in seiner entstehung, ideologischen programmatik und heutigen bedeutung

Am 1. August 1914 begann in Deutschland mit dem Ersten Weltkrieg gleichzeitig auch die propagandistische Inszenierung eines germanophilen Heldenmythos. In diese Stilisierungsbemühungen des Heldischen lassen sich auch die gedenkkulturellen Bestrebungen des Königlichen Gartenbaudirektors Willy Lange (1864–1941) aus Berlin einordnen. Bereits im Dezember 1914 wurde ein Zeitungsartikel Langes veröffentlicht, der mit seinem programmatischen Titel Heldeneichen und Friedenslinden ein Phänomen hervorbrachte, dessen landschaftsarchitektonisches Programm sich in kurzer Zeit in vielen Gemeinden des wilhelminischen Kaiserreichs baulich als sogenannter Heldenhain manifestierte. In diesem Zusammenhang wurde auch der Soltauer Heldenhain in einer naturräumlich ansprechenden, stadtperipheren Lage am Talraum des Flusses Böhme errichtet. Lange, zu verorten als Systembauer völkischer Gartenkultur, deutete mit seinem Heldenhainkonzept unter Verwendung einer spezifischen Motivik das negative Narrativ eines mechanisierten Krieges um. Heldenhaine müssen daher als spezifischer Freianlagentypus einer geschichtsbewusstseinsbildenden Denkmalkultur des frühen 20. Jahrhunderts betrachtet werden, mit dem sich als sinnlich erfahrbarer Bedeutungsträger auch aktuell Forschungsdesiderate hinsichtlich ihres politisch-kriegsaffirmativen Sinngehalts und einer nur unzureichend untersuchten Gedenkund Nutzungspraxis verbinden. Dieser defizitären Forschungslage begegnet die Masterarbeit im Rahmen einer lokalen Fallstudie, um für den Soltauer Hain aus der historischen Dokumentation heraus schließlich Ansätze für eine denkmalpflegerische Neubewertung zu begründen. Zur Herkunft, Ikonographie und ideologischen Programmatik des Heldenhainkonzepts Im Rückgriff auf Eichenhain, Lindenbaum und Heidemotiv sowie Ringwall und Findling wurden von

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Willy Lange Motive und Materialien aus vermeintlich „deutschen“, historischen Kontexten adaptiert und als Träger germanischer Bilderwelten inszeniert. Die identitätsstiftende Umdeutung tradierter, wirkmächtiger Motive ließ eine normative Sphäre entstehen, in der bauliche Repräsentationen völkischer Ideologeme wie „Volksgemeinschaft“, „Rasse“ und militärische Potenz im Hain visuell erfahrbar werden sollten. So entsprach das Vorgehen, jedem Gefallenen eine Heldeneiche in der gerasterten Uniformität eines Eichenhains zu pflanzen, der Vorstellung einer nachahmenswerten, militärischen Formationsstellung. Aus dem jenseitigen Totenkollektiv der Helden erwuchs damit gewissermaßen eine handlungsmotivierende Verpflichtungserklärung des Individuums gegenüber einer diesseitigen „Volksgemeinschaft“ der Lebenden im Hinblick auf zukünftige Kriegshandlungen. Bezüglich der Umsetzung und Realisierung des Heldenhainkonzepts kam neben einer von Willy Lange zentral in Berlin angesiedelten „Arbeitsgemeinschaft für Deutschlands Heldenhaine“ speziell den lokalen, auf Länder- und Gemeindeebene agierenden und organisierten Arbeitsausschüssen eine besondere Relevanz für die Projektierung zu, die letztlich auch erst die Realisierung des Soltauer Heldenhains ermöglichten. Der Soltauer Heldenhain in seiner geschichtlichen Entwicklung Maßgeblich beteiligt an der Gründung des Soltauer „Heldenhain-Arbeitsausschusses“ war der Soltauer Fabrikant Willy Röders (1851–1940), der als Initiator und ideeller Multiplikator der Heldenhainidee wesentliche Impulse für die weitere Projektierung lieferte. Anfang Februar 1916 konstituierte sich der Ausschuss als Planungs- und Realisierungsgremium. In einer ersten Realisierungs- und Konzeptionierungsphase (1915–1916) konnten dabei grundlegende, administrative Vorplanungen abgeschlossen werden. Ab 1917 stagnierte die Umsetzung des Vorhabens jedoch kurzzeitig, wobei dies wohl auch auf eine komplexere Problemlage zurückzuführen war, die örtliche Ursachen ebenso umfasste wie eine zunehmend überregional einsetzende und institutionalisierte Kritik am Konzept. Nach einer zweiten Konzeptionierungsphase (1918–1922), in der

die konstitutiven Elemente Wall, Rundweg, Eichenhain und Holzkreuz entstanden, konnte der Heldenhain schließlich am 15. Oktober 1922 offiziell durch ein festliches Zeremoniell eingeweiht werden. Im Laufe der weiteren Entwicklung wurden an der Anlage weitere Modifikationen vorgenommen, die bis heute die Gestalt des Hains prägen. Die Nutzungs- und Gedenkpraxis im Soltauer Heldenhain Hinsichtlich der untersuchten Gedenkpraxis zeigt sich im Soltauer Heldenhain das ambivalente Bild eines Ortes, der vordergründig zwar der individuellen Trauer gewidmet war, jedoch hintergründig vielmehr der militärischen Mobilisierung angesichts zukünftiger kriegerischer Auseinandersetzungen diente. So war die Anlage bereits in ihrer Frühphase ein Imaginationsraum für politischen Revanchismus, nationalen Erneuerungsglauben und auch ein Resonanzraum, in dem sich politisch rückwärtsgewandte Grundhaltungen eines nationalistisch-konservativen Milieus

Anzeige zur Einweihung des Soltauer Heldenhains, Böhme-Zeitung 1922

verstärken konnten. Gedenkveranstaltungen zum Volkstrauertag beispielsweise inszenierten die Anlage zunächst als einen Ort des volksgemeinschaftlichen Vorscheins und der sozialgemeinschaftlichen Fiktion unter nationalen und rassistischen Vorzeichen. Mit Beginn der nationalsozialistischen Machtübernahme wurde der Hain zu einer Stätte des inszenierten, politischen Übergangs, in dem die erinnerungskulturellen Traditionslinien der Weimarer Republik mit dem herrschaftslegitimierenden Anspruch des neuen Regims verwoben wurden. So konnte der zu den Volkstrauertagen konditionierte Verpflichtungsmodus in eine nationalsozialistisch propagierte Gefolgschaftsideologie überführt werden. Der Soltauer Heldenhain dokumentiert in seiner Gedenkpraxis mehrere Dekaden europäischer Gewaltgeschichte und kann als Bestandteil eines umfänglichen politischen Legitimationssystems identifiziert werden. Diese Disposition des Hains, seine impliziten Funktionalisierungstendenzen eines konditionierenden Machtbewusstseins wurden durch ritualisierte Nutzungspraktiken seit den frühen 1920er Jahren präjudiziert. Der Heldenhain veränderte sich damit vom Ort des prospektiven Vorscheins einer nur indifferent skizzierten „Volksgemeinschaft“ im Nationalsozialismus hin zu einer vorbereitenden Stätte des konkret vollzogenen „Volkskrieges“. Annäherung an eine denkmalpflegerische Position Mit dem Heldenhain in Soltau ist mit heute noch erlebbaren, baulichen Elementen wie Wall- und Grabenanlage, einem differenzierten Wegesystem aus Zugangsachse und Verbindungswegen sowie einem von Findlingen konturierten Rundplatz eine gartenkulturelle Anlage überkommen, deren Gestaltung trotz Weiterentwicklungen und partiellen Hinzufügungen in ihren Grundzügen überliefert ist. Die Anlage spiegelt in ihrer materiellen Substanz wie auch in der immateriellen Beschaffenheit zeitgeschichtliche und mentalitätsgeschichtliche Auffassungen, Einstellungen und Ausformungen des Gefallenengedenkens über einen Zeitraum verschiedener politischer Systeme wider. Gerade die Anpassungspotenziale und die Umdeutbarkeit der Motive, Symbole und Rituale ermöglichten eine kontinuierliche Nutzung bis zum heutigen Tag.

Die herausragende geschichtliche Bedeutung des Soltauer Heldenhains besteht in der bis zur tatsächlichen Realisierung hin nachweisbaren kontinuierlichen Einflussnahme Willy Langes. Nach bisherigem Forschungsstand singulär, bestimmte Lange nicht nur den Grenzverlauf des Hains, sondern nahm persönlich die Auswahl der Eichen vor und legte die Dimensionierung des Graben- und Wallsystems persönlich vor Ort fest. Der Soltauer Hain entstand somit als bauliches Produkt nicht nur indirekt in medialer Auseinandersetzung mit einer von der Arbeitsgemeinschaft herausgegebenen Sammelschrift, sondern aus Willy Langes unmittelbarer persönlicher Anschauung und Auffassung des Ortes. Nicht zuletzt die persönliche Involvierung Langes bei Planung und Ausführung veranlasst damit eine grundlegende denkmalpflegerische Neubewertung des Soltauer Hains und seiner künstlerischen Bedeutung, zumal dieser als idealtypisch ausgeführtes Beispiel für ein einstmals reichsweit rezipiertes und bedeutsames Phänomen der Gartenkunstgeschichte anzusehen ist. In diesem Zusammenhang wäre das Heldenhainkonzept für zukünftige Forschungsvorhaben in einen überregionalen Kontext einzuordnen, der die Entstehung solcher Anlagen aus expansiv-nationalistischer Weltanschauung nachvollziehbar werden lässt. Eine noch ausstehende Heldenhain-Topographie als Teilsegment einer immer noch defizitär beforschten Erinnerungslandschaft wäre hierfür eine grundlegende Voraussetzung, um Langes Vision von einem Land der Heldenhaine methodisch äquivalent zu begegnen.

antitheses of cultural romanticism and germanic imagery – soltau heroesʻ grove in its formation, ideological aim, and present significance  In the year 2014 the beginning of First World War had its 100th anniversary. Due to this historical event, related phenomena of commemoration have come back into the focus of historical interest. Especially memorial sites of the First World War and concepts for his-torical monuments appear to be mostly save in political terms. Consequently, sites like the “Soltau Heldenhain” are still used as locations for celebrations or memorial events.

Zustand des Heldenhains mit wegebegleitenden Heidepartien sowie Wacholderpflanzungen, Aufnahme undatiert, vermutlich nach 1936 In contrast to this “everyday” use of memorials to the First World War, however, their originally intended ideological sense has not become invisible but has rather remained immanently present. Designed as a local case study, this thesis deals with the “Soltau Heldenhain” in terms of its local history of development, its programmatically staged and “Germanized” motif, and its realized commemoration practices. Not least because of the personal participation of Willy Lange (1864–1941), who was the originator of the Heldenhain concept, it is advisable to reevaluate the monument in terms of its preservation and in consideration of the existing conditions of the site. As a memorial that resonates with and represents European histories of violence, the “Soltau Heldenhain” needs to be seen as a specific type of monumental culture of the early 20th century. Therefore, it is also connected to the question of a changing interaction with the site as a sensorially experienced signifier of nationalistic and racist ideology.

tobias sitarek BetreuerInnen: Prof. Dr. Joachim Wolschke-Bulmahn, Birte Stiers Geschichte der Freiraumplanung

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der überkommene kirchhof des klosters marienwerder

aspekte zur bewertung und instandsetzung der anlage  In der Nörd-

lichen Leineaue bei Hannover im Stadtteil Marienwerder befindet sich das evangelische Frauenkloster Marienwerder. Heute vorwiegend durch den Hinüberschen Garten, einen der ersten englischen Landschaftsgärten in Deutschland, bekannt, blickt der Stadtteil auf eine vielfältige geschichtliche Entwicklung zurück. Seit seiner Eingemeindung im Jahr 1928 ist die Klosterkirche das älteste kirchlich genutzte Gebäude in der Stadt Hannover. Beginnend mit der Gründung des Klosters im Jahr 1196 durchlief dieses eine wechselhafte Geschichte, zu der die Zeit des Dreißigjährigen Krieges, die Einflussnahme der Welfen sowie die Schöpfung eines ersten Gartens nach englischem Stil und das Wirken der Familie von Hinüber gehören. Zahlreiche Verknüpfungen mit der Entwicklung der niedersächsischer Kirchen- und Kulturgeschichte werden deutlich. Heute stellt der Kirchhof des denkmalgeschützten Klosters in mehrerlei Hinsicht ein regionales Alleinstellungsmerkmal dar: So sind seine Trägerschaft und sein Grundbesitz stets in den Händen der Klosterkammer und des Allgemeinen Hannoverschen Klosterfonds verblieben. Bestattungen sind über Jahrhunderte hinweg nur Angehörigen der jeweiligen Konvente, Familien der Amtmänner oder auch Angestellten der Klosterkammer vorbehalten gewesen. Auch heute stehen die Bestattungen im Kirchhof Marienwerder noch in dieser Tradition. Eine Auseinandersetzung mit dem geschichtlichen Erbe ist auch im Hinblick auf die heutige Nutzung wichtig. Es ist also nicht verwunderlich, dass seit Beginn der 1990er-Jahre die gartendenkmalpflegerische Betrachtung der im Verwaltungsbereich der Klosterkammer Hannover befindlichen Friedhöfe ein wichtiges Aufgabenfeld ihrer Bau- und Kunstdenkmalpflege geworden ist. Im Rahmen der Masterarbeit Der überkommene Kirchhof des Klosters Marienwerder – Aspekte zur Bewertung und Instandsetzung der Anlage, die am Institut für Landschaftsarchitektur im Lehrgebiet Geschichte der Freiraumplanung entstand, wurde die geschichtliche

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Entwicklung des Klosterkirchhofs aufgearbeitet. Hierzu wurden im Rahmen dieser Arbeit zahlreiche historische Quellen ausgewertet und die Gesamtentwicklung des Klosterkirchhofs im Kontext seines geistlichen und weltlichen Umfelds beleuchtet. Zudem wurde der heute in Teilen überkommene Bestand des Kirchhofs erhoben und analysiert. Auf Basis einer Bewertung des Denkmalwerts der Anlage wurden schließlich konkrete Maßnahmen zu Sanierung und Erhalt der Anlage entwickelt. Das Kloster Marienwerder im Umfeld der Calenberger Klöster Vor dem Hintergrund seiner geschichtlichen Entwicklung wird das Kloster Marienwerder heute im Zusammenhang mit den evangelischen Frauenklöstern Barsinghausen, Mariensee sowie Wennigsen und Wülfinghausen als eines der Calenberger Klöster

Grundriss des Klosters Marienwerder, Johann Thomas Willich, 1758 (Nds. Landesarchiv Hannover, NLA Hannover Kartensammlung Nr.12f Marienwerder 5 pg)

bezeichnet. Durch die regionale Nähe sowie den gleichen Zeitraum der Gründung der Klöster im frühen Mittelalter entstand im Laufe der Jahrhunderte aus fünf voneinander unabhängigen Klöstern eine übergreifende geschichtliche Verknüpfung. Aufgrund konstanter Eigentumsverhältnisse sind die fünf Klöster auch heute noch in Teilen mit ihrer mittelalterlichen Bausubstanz als Baudenkmale erhalten. Im Rahmen dieser Arbeit erfolgte eine vergleichende Betrachtung. Die Klosterkammer Hannover als Verwalterin der Calenberger Klöster Der heutige Träger, die Klosterkammer Hannover, ist ebenfalls in seiner Entstehung eng mit der niedersächsischen Geschichte verknüpft. Hervorgegangen aus einer Verfügung der welfischen Herzogin Elisabeth von Calenberg-Göttingen im Jahr 1542 trägt die Klosterkammer heute mit der Verwaltung des Allgemeinen Hannoverschen Klosterfonds und anderen zu Pflege und Erhalt vieler besonderer Güter bei, die im Rahmen der Säkularisierung in den Fonds eingebracht wurden. Diese teils aus mittelalterlichem Klostervermögen stammenden Güter zeigen auf, dass sich die Klosterkammer als Ergebnis politischer und territorialer Entwicklung zu einer Landesbehörde entwickelt hat, deren Existenz in Deutschland einzigartig ist. In der Erhaltung denkmalwerter Substanz hat sie in Bezug auf das Kloster Marienwerder und die Calenberger Klöster eine besondere Rolle inne. Kirchhöfe als wichtige Bestandteile der Freiflächen der Klöster Wesentliche geschichtliche Erkenntnisse lassen sich nicht nur an der Entwicklung der Klostergebäude, sondern auch an der Nutzungsweise der Klostergärten ablesen. Neben den oft beachteten Damengärten und Wirtschaftsflächen der angegliederten Gutshöfe stellen die zumeist vielfach genutzten Kirchhöfe einen weiteren kontinuierlichen Bestandteil der Freiflächen der Klöster dar. Heute lässt sich an diesen in erheblichem Maße die geschichtliche Entwicklung des Orts aufzeigen. Neben anderen Begräbnisstätten im Kloster wie Kirche, Kreuzgang oder Kreuz- und Binnenhof, sind die Standorte der Kirchhöfe meist im Rahmen des

19. Jahrhunderts angelegt und später durch neue Friedhöfe ersetzt worden. Die Standorte der alten Kirchhöfe sind dadurch heute oft nicht mehr genau ablesbar, da sich ihre Flächen teilweise in unterschiedlichen Eigentums- und Trägerschaften befinden. Bis heute sind jedoch zumindest Spuren vieler Kirchhöfe zu erkennen; die erhaltene Substanz variiert in ihrer Qualität. Heutiger Bestand und Denkmalwert des Kirchhofs Marienwerder Als einer von 19 im Besitz des Allgemeinen Hannoverschen Klosterfonds und in Trägerschaft der Klosterkammer Hannover befindlichen Begräbnisplätze stellt der Kirchhof des Klosters Marienwerder heute einen besonderen Teil niedersächsischer Kirchenund Kulturgeschichte dar. Zur Zeit der Gründung des Klosters im Jahr 1196 befand sich der Kirchhof im Umfeld des landwirtschaftlichen Gutsbetriebs. Eine erste formale Gestaltung des Kirchhofs kann für den Zeitraum des 19. Jahrhunderts belegt werden. In Anknüpfung an die räumliche Einbindung sowie im Hinblick auf den heutigen Grabmalbestand kann angenommen werden, dass die vorhergehende Gestaltung des Kirchhofs in die allgemeine Entwicklung der Grabkultur des 18. und 19. Jahrhunderts einzuordnen ist. Der denkmalpflegerische Wert der Anlage bemisst sich zunächst dadurch, dass das Kloster Marienwerder über einen bis heute genutzten Kirchhof in unmittelbarer Angrenzung an die mittelalterliche Klosterkirche verfügt. Dies verleiht ihm im Vergleich zu den anderen Calenberger Klöstern ein bemerkenswertes Alleinstellungsmerkmal. Die vorhandene historische Substanz steht nach wie vor im unmittelbaren räumlichen und geschichtlichen Kontext mit dem Kloster und stellt somit einen wichtigen Beitrag zum Dokumentationsund Schauwert der gesamten Anlage dar. Weiterhin repräsentieren auch die verschiedenen erhaltenen Gräber denkmalpflegerisch wertvolle Substanz. Der vorhandene historische Grabmalbestand des 17. bis 19. Jahrhunderts wurde seit Beginn des 20. Jahrhunderts durch den wachsenden Bestand der Gräber der Klosterkammer um eine weitere Linie der Geschichtsschreibung ergänzt. Darüber hinaus bemisst sich der denkmalpflegerische Wert des Kirchhofs Marienwerder

an der Verknüpfung mit seinem historischen baulichen Umfeld, das mit Klostergebäude, Kirche und Hinüberschem Garten heute immer noch bedeutsame Elemente eines über Jahrhunderte existenten Ensembles aufweist.

the historic cemetery of the monastery marienwerder – aspects regarding evaluation and preservation  The thesis The Historic Cemetery of the Monastery Marienwerder: Aspects Regarding Evaluation and Preservation focuses on the analysis of the monastery churchyard Marienwerder in order to determine measures to secure and preserve the existing historic substance. The burials within the graveyard stretch over a period of 355 years. In addition to the burial sites of the conventual ladies, the graves of the managers of the Marienwerder estate and affiliates of the Klosterkammer Hannover symbolize the special historic value of the churchyard and its association with the political and cultural development of Lower Saxony. After the historic analysis and the survey of the current situation, the thesis assesses the value of the historical monument and suggests measures to secure and preserve the existing historic substance.

roman früh Masterthesis BetreuerInnen: Prof. Dr. Joachim Wolschke-Bulmahn, Birte Stiers Geschichte der Freiraumplanung

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campusbank

ein viertel kilometer konstante aufenthaltsqualität

Im Rahmen des Vertiefungsprojekts „Audimaxachse“ sollte der Bereich zwischen der Haltestelle Leibniz Universität und dem Welfengarten entworfen werden. Oberste Priorität waren der Erhalt der Bestandsbäume sowie ein freier Blick auf das Schloss, während ein Ort mit hoher Aufenthaltsqualität entstehen sollte. Hauptelement ist eine lange Bank, die sich von der Haltestelle bis zum Theodor-Lessing-Platz zieht. Bestehend aus einem Betonsockel und einer warmen Holzoberfläche kann sie durch ihre Breite von vier Metern vielseitig genutzt werden. Bei Nacht leitet das Sitzmöbel durch seine indirekte Illumination über die Achse und fungiert, nicht nur bei Dunkelheit, als verbindendes Element. Einschnitte in die Bankoberfläche dienen als Arbeitsbereiche; zusätzlich wurden Plätze vor der Werkhalle geschaffen. Der Theodor-LessingPlatz bildet den Abschluss der Achse und wird durch ein neues Café gerahmt.

campusbench – a quarter kilometer of constant quality as a place for spending time  The area that had to be designed for our project “Audimaxachse” stretches from the tram stop Leibniz Universität to Welfengarten Park. The top priorities were the preservation of the existing trees and keeping an unobstructed view on the castle, while creating a place with a high quality as a place for spending time. The key element is a long, stretched bench consisting of a concrete base and a warm wooden surface. It runs the length of the axis from the tram stop to TheodorLessing Platz as a connecting element. With its width of 4 meters, it allows for flexible usage. Gaps in the construction serve as working areas with additional places being created in front of the old factory building. Representing one end of the axis, the Theodor Lessing Platz is framed by a new café.

linda anouk klüver, melina keller Betreuer: Prof. Christian Werthmann, Thomas Göbel-Gross Landschaftsarchitektur und Entwerfen

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schilf-landschaftspark

Der Schilf-Landschaftspark ist eine Infrastruktur zur Reinigung des landwirtschaftlichen Abwassers und als öffentliche Freizeitfläche am Dümmer zu planen. Dabei soll berücksichtigt werden, dass die Infrastruktur in die Landschaft und das Biotop in die Umgebung hineinpassen. Die landschaftsarchitektonische Aufgabe ist, die vier gegensätzlichen Anforderungen – Wasserwirtschaft, Soziologie, Landwirtschaft und Ökologie – planerisch und gestalterisch zu vereinigen. Beim Entwurf spielen zwei diagonale Achsen eine wichtige Rolle. Eine Achse folgt dem dortigen Relief zum Maximieren der Wasserspeicherung und Minimalisieren der Erdarbeit. Eine andere Achse folgt Gehölzsäumen und der Grenze des Naturschutzgebiets (NSG), damit das vorhandene Grün und möglichst viel Fläche des Naturschutzgebiets erhalten bleibt. Außerdem folgen die zwei Achsen der Form der Äcker und Wege, damit der Park mit 140 Hektar Größe mit der Umgebung harmoniert. reed landscapepark  We plan the reed landscape park as as a piece of infrastructure for cleaning the agricultural sewage and as public leisure areas next to the the Dümmer See. It is important for the infrastructure to fit into the landscape. The task for the landscape architect is to unite four opposing demands: water management, sociological considerations, agriculture, and ecology. Two diagonal axes play an important role in our design. One axis follows the ground relief to maximize the water storage and minimize the earthwork. Another axis follows the boundaries of the shrubs and the nature reserve to preserve existing vegetation and more area of the NSG (Naturschutzgebiet). In addition, the two axes follow the shape of the fields and paths so that the 140-hectare park is in harmony with the environment.

Topographie

Gehölz

Deich

Kanal

tian guangyu, kazutaka tambe Betreuer: Prof. Christian Werthmann, Marcus Hanke Landschaftsarchitektur und Entwerfen

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Becken

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barrierefreiheit an baustellen

Durch Baustellen an Verkehrswegen kann die Sicherheit und Mobilität von Verkehrsteilnehmenden beeinträchtigt sein, beispielsweise bei Gehwegverengungen oder Umleitungen. Dabei ist auf die Sicherheit von Benachteiligten wie Sehbehinderte, Rollstuhlfahrende und Kinder besondere Rücksicht zu nehmen. Daher sind Fuß- und Radwege, die vorübergehend durch Baustellen beeinträchtigt oder verändert sind, barrierefrei einzurichten und für alle Verkehrsteilnehmenden sicher nutzbar zu machen. Dazu gehören eine stufenlose Gestaltung, ein verlässliches Orientierungs- und Leitsystem, ebene und rutschhemmende Bodenbeläge, Aufmerksamkeitslenkung auf Hindernisse und Gefahrenstellen sowie definierte Funktionsbereiche mit ausreichendem Bewegungsraum. Zudem müssen Elemente einer Baustellenumgehung nach dem Zwei-Sinne-Prinzip wahrgenommen werden können, sodass immer mindestens zwei der drei Sinne Sehen – Hören – Fühlen angesprochen werden. Dies gilt insbesondere für die Elemente der Verkehrsführung und Verkehrseinrichtungen wie Absperrungen. Für eine funktionierende, barrierefreie Umgehung von Baustellen fehlen aber weitere Einrichtungen, um den Bereich entlang der Begrenzungen sicher und mit zumutbarem Aufwand passieren zu können. Die Verbindung der Themen Barrierefreiheit und Baustellensicherheit bleibt häufig aus. Planenden und Ausführenden mangelt es nicht nur an Bewusstsein, sondern vor allem an anwendbaren Lösungsstrategien vor Ort. Die Masterthesis befasst sich mit den zentralen Fragestellungen „Welche Probleme ergeben sich bei der Umgehung von Baustellen“ und „Wie können barrierefreie Lösungsmöglichkeiten aussehen?“. Einschränkungen durch Baustellen an Gehwegen Ungesicherte Führungen und fehlende Orientierung führen zu Unsicherheiten und Gefahren in der Fortbewegung. Durch Wegeschließungen und Raummangel wird die Nutzbarkeit der Wegesysteme eingeschränkt. Niveauunterschiede, Hindernisse und

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Gefahrenstellen (zum Beispiel Baustellenbetrieb in Gehbereichen) können zur Folge haben, dass Baustellenbereiche für einige Personengruppen nicht passierbar sind und ein Weiterkommen unmöglich sein kann. Selbiges gilt bei ungeeigneten Bodenbelägen wie Sand, Rasen oder Schotter. Diese Probleme stellen viele der Befragten in den Vordergrund. Oft bleibt insbesondere mobilitäts- und seheingeschränkten Personen nur die Meidung solcher Bereiche, vorausgesetzt sie sind über die Einschränkungen rechtzeitig informiert. Lösungsansätze Nach den drei Planungsprinzipien des barrierefreien Bauens müssen Lösungen erkennbar, erreichbar und benutzbar sein. Für gesicherte, übersichtliche Wegeführungen an Baustellenumgehungen können Wege fortgeführt, Notwege oder Umleitungen angelegt werden. Umfassende Orientierungshilfen werden an Baustellen benötigt, da diese eine gewohnte Situation im Verkehrsbereich temporär verändern. Dies gilt vor

allem für Blinde und Sehbehinderte, da ihr Gedächtnis für die Orientierung sehr bedeutend ist, hilft aber auch allen anderen Verkehrsteilnehmenden beim sicheren Passieren von Baustellen. Für den temporären Gebrauch an Baustellen eignet sich zum Beispiel die Anbringung von Tastleisten und erhabenen Zeichen. Auch können elektronische Empfänger oder akustische Informationsgeräte und Bodenindikatoren als temporäres Leitliniensystem an Baustellen eingesetzt werden. Für einen vorübergehenden Einsatz eignen sich zum Beispiel Kunststoffmatten und Bleche mit genoppter bzw. gerillter Oberflächenstruktur oder die Ausbringung von Flüssigkunststoffen. Geh- und Notwege müssen einen ausreichenden Bewegungsraum von mindestens 1,30 Meter Breite sowie 2,20 Meter Höhe aufweisen. Zudem müssen sie stufenlos, beidseitig geführt und mit einer belastbaren Oberfläche ausgestattet sein. Dazu können Böden zum Auslegen aus Metall, Kautschuk, Kunststoff oder Holz verwendet werden. Auffüllungen (zum Beispiel Asphalt) sind für langfristige Baustellen sinnvoll. Als Ersatzboden eignen sich auch Laufbrücken aus Holz, Stahl oder Aluminium. Weitere Möglichkeiten für Aufständerungen von Notwegen bieten sich durch seitliche Befestigungen von Böden an Absperrungen oder Bauteilen. Als zusätzliche Sicherungsmaßnahmen können Handlauf-Provisorien (zum Beispiel Kunststoffrohre), Schutzgänge oder Leit- und Überfahrelemente eingesetzt werden. Letztere dienen als zusätzliche, taktile Führung und zur Geschwindigkeitsreduzierung. Hindernisse und Gefahrenstellen sind durch Bodenindikatoren und kontrastreiche Markierungen wahrnehmbar zu machen. Zudem ist bei auskragenden Hindernissen eine taktile Erfassung sicherzustellen, indem die Umrisse in Bodennähe nachgebildet werden. Selbsttests haben ergeben, dass in Geh- und Notwegen mindestens Aufkantungen ≥ 30 Millimeter (zum Beispiel Bordsteine) anzurampen sind. Zudem sollten temporäre Anrampungen eine Neigung ≤ 15 Prozent aufweisen, um mit zumutbarem Aufwand befahrbar zu sein. Ein Aufmerksamkeitsfeld vor der Rampe sowie kontrastreiche Markierungen der Kanten sichern die Erkennbarkeit. Vorübergehende Anram-

pungen können gegossen (Beton, Asphalt) oder aus Holz konstruiert werden. Möglich sind auch mobile Rampen aus Metall, Kautschuk oder PVC, welche gegen Verschieben gesichert werden müssen. Überbrückungen sind bei Gräben und anderen Hindernissen wie Schläuchen und Kabeln einzurichten. Grabenbrücken mit Handlauf eignen sich dazu, steile Kabelbrücken weniger. Sinnvoller sind zum Beispiel Schlauch- und Kabeldurchführungen mit ausreichendem Podest > 70 Zentimeter, welche aus Holz oder Metall bestehen können. Wichtige öffentliche Funktionen wie Querungsstellen und der ÖPNV sind auch während einer Bauphase zu erhalten. Gegebenenfalls sind Ersatzmaßnahmen zu treffen, wie die Einrichtung einer gesicherten, provisorischen Querungsstelle, bestehend aus Bodenindikatoren, transportabler Lichtsignalanlage, Bordsteinanrampungen, Fahrschwellen und Bodenmarkierungen auf der Fahrbahn. Fazit Sicher und barrierefrei eingerichtete Umgehungen von Baustellen stellen eine Nutzungserleichterung für alle Verkehrsteilnehmenden dar. Die Anwendung der entwickelten Lösungen setzt voraus, dass jede Baustelle individuell nach Problemen und Anforderungen zu begutachten ist. Die Einrichtung einer Baustelle unterliegt immer einer Abwägung, bei der auch Dauer und Umfang und die Verhältnismäßigkeit eine Rolle spielen sollten. Als Mindestanforderungen bei der Umgehung von Baustellen sind selbstständiges Bewältigen von Wegen sowie selbstständiges Auffinden und Verstehen von Informationen zu ermöglichen. Die Lösungen müssen einfach und funktional sein, damit sie an der Baustelle schnell hergestellt, sicher nutzbar und leicht zurückzubauen sind. Bei der Entscheidungsfindung der zu treffenden Maßnahmen kann ein entwickelter Katalog diese aufzeigen. Welche Anforderungen dabei zu erfüllen sind, geben Checklisten vor. Bei der Einrichtung und Beurteilung von Baustellenumgehungen ist zu beachten, dass durch Verkehrssicherung nicht jede Unannehmlichkeit ausgeschlossen werden kann. Dementsprechend müssen

die Sicherheitserwartungen wirtschaftlich zumutbar sein und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen. Der Mindestanspruch muss aber sein, eine möglichst barrierearme Passierung für alle Verkehrsteilnehmenden zu gewährleisten und so viele Anforderungen wie möglich zu erfüllen. Der richtige Umgang mit vorübergehenden Einschränkungen im Außenraum hängt maßgeblich vom Weitblick und der Sensibilität der Akteure für die Bedürfnisse unterschiedlicher Personengruppen ab. Dies beginnt bei der Genehmigung einer Baustelle und endet bei der laufenden Kontrolle. Die temporären Barrieren an Baustellen verdeutlichen, dass Barrierefreiheit kein herstellbarer Zustand ist, sondern als tägliche Aufgabe aller Akteure verstanden werden muss.

accessibility adjoined construction sites  This masterʻs thesis gives an overview of the impairments to pedestrians in the detour caused by outdoor construction sites and provides solutions for the creation of accessibility for temporarily closed areas. To this end, the thesis elaborates the basic principles of accessibility and construction-site safety and relates them to each other. In doing so, basics such as space requirements, surface texture, orientation, height differences, traffic facilities, and other requirements are issued for construction-site detours. In addition to differences in altitude and inclination, pedestrians can be impeded by obstacles, danger spots, and surfaces, as well as lack of orientation, information, guidance, space, and stability. Based on the identified problems, interviews, and research, we develop solutions that allow a safe and barrier-free passing of construction sites. These include safe paths, guideline assistance, safety measures, ramps, bridges, and the design of obstacles. The results are checklists that contain minimum requirements as well as recommendations. A catalog gives planners and contractors possibilities and recommendations for making a construction-site detour accessible.

Gehweg

Aufmerksam- Bordstein Fahrbahn keitsfeld Anrampung 12 0 ≤ 15 %

≥ 80 Anrampung an einen Bordstein

Gehweg

Bordstein Holzhandlauf Fahrbahn Notweg Leitelement Kantholz

12

12

0

≥ 1,30 Unterkonstruktion Holz-Notweg

marius janning BetreuerInnen: Prof. Gilbert Lösken, Kerstin Menssen Technisch-konstruktive Grundlagen der Freiraumplanung

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institut für umweltplanung iup Abteilung Landschaftspflege und Naturschutz Landschaftsplanung und Naturschutz Prof. Dr. Christina von Haaren Naturschutz und Landschaftsökologie Prof. Dr. Michael Reich Vegetationsmanagement Prof. Dr. Rüdiger Prasse Ingenieurbiologie Prof. Dr. Eva Hacker Landschaftsplanung und Ökosystemleistungen Prof. Dr. Christian Albert Ökosystemdienstleistungen – ökonomische und planerische Aspekte Prof. Dr. Bettina Matzdorf Planungsbezogene Pflanzenökologie Apl. Prof. Dr. Michael Rode

Abteilung Raumordnung und Regionalentwicklung Raumordnung und Regionalentwicklung Prof. Dr. Rainer Danielzyk Landesplanung und Raumforschung, vor allem Regional Governance Prof. Dr. Frank Othengrafen

zukunft der kulturlandschaft um das herrenmoor (steinburg) > SEITE 148

laubfrosch und gelbbauchunke als zielarten für den kleingewässerschutz

produktion von torfersatzstoffen aus heidepflegematerial

ffh-lebensraumsicherung und prozessschutz am beispiel der leegde von spiekeroog

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vegetation und strömung

städtische klimawandelanpassungsstrategien

bewältigung des demographischen wandels in peripheren, ländlichen räumen

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zukunft der kulturlandschaft um das herrenmoor (steinburg)

Problemhintergrund und Zielsetzung Aufgrund gewandelter gesellschaftlicher Ansprüche und Strukturveränderungen gehen Elemente der Kulturlandschaft zunehmend verloren und damit auch Merkmale, die die Identität der Regionen und die Identifikation der Menschen mit ihrer Region prägen.1 Vor diesem Hintergrund und angelehnt an das Forschungsprojekt „Regiobranding“ beschäftigte sich das Masterprojekt mit der zukünftigen Entwicklung der Kulturlandschaft um das Herrenmoor im Kreis Steinburg, Schleswig-Holstein. Ziel war es, unter Einbeziehung der betroffenen lokalen Akteure und der Prüfung unterschiedlicher Finanzierungswege mögliche Entwicklungen der Kulturlandschaft um das Herrenmoor aufzuzeigen, die im Einklang mit dem Leben und Arbeiten der Menschen in der Region stehen. Methodik Für die Bestandsanalyse wurde neben Literaturund Internetrecherche ein großer Erkenntnisgewinn aus qualitativen, leitfadengestützten Interviews mit relevanten Akteuren (Landwirtschaft, Naturschutz, Regionalplanung, Tourismus etc.) gezogen. Darin wurden auch von den Befragten empfundene Herausforderungen und Erwartungen zur zukünftigen Entwicklung angesprochen. Zudem wurde mit einem Geoinformationssystem eine Analyse der Nutzungstypen der Landschaft in den Jahren 2001 und 2015 durchgeführt, um den Wandel der Kulturlandschaft zu erfassen. Für die zukünftige Entwicklung der Region wurden integrierte Szenarien erstellt. Dabei wurden Leitplanken als Rahmen aufgestellt, in dem die zukünftige Entwicklung der Region verlaufen soll. Die integrierten Szenarien wurden als Backcasting-Szenarien inklusive möglicher Finanzierungswege erstellt. Ausgehend von den angenommenen Zielzuständen der Szenarien wurden dabei rückblickend die Schritte dorthin erarbeitet, die aufeinander aufbauend das jeweilige Szenario ergeben. Anschließend wurden die Szenarien mittels einer fünfstufigen Skala bewertet und in der Diskussion verglichen.

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Bestandsanalyse Die Urbarmachung des Moors hat zu einer starken Veränderung der Landschaft im Untersuchungsgebiet geführt. Mit der GIS-Analyse wurde ersichtlich, dass viele Moorflächen in die Grünlandnutzung überführt wurden und damit ein Landschaftswandel stattgefunden hat. Im Zuge der Trockenlegung entstand die für das Gebiet typische grünlandgeprägte Kulturlandschaft. Die landwirtschaftliche Nutzung ist bestimmend für das Untersuchungsgebiet und auf Milchviehhaltung ausgerichtet. Durch die derzeitig durchgeführte Wiedervernässung des Moors werden jedoch Teile der Landschaft in ihren ursprünglichen Zustand zurückgeführt. Die unterschiedlichen Nutzungsansprüche der Akteure an die Landschaft (unter anderem Landwirtschaft und Naturschutz) führen dabei zu Konflikten. Gleichzeitig bestehen aber auch Kooperationen zwischen den Akteuren, die zum Teil noch intensiviert und ausgebaut werden können. Insgesamt zeigt sich ein großes Engagement der Akteure und der Bevölkerung vor Ort. Zudem besitzen die in dem Gebiet lebenden Menschen einen starken Bezug zur Heimat und ein Interesse an deren Gestaltung.

Grünlandbewirtschaftung mit Grüppen, Ortgies 2016 Ergebnis Aufbauend auf der Bestandsanalyse wurden zwei integrierte Szenarien entwickelt, deren Schwerpunkte jeweils auf den Themen Naturschutz und Umweltbildung sowie Landwirtschaft und Tourismus liegen. Beide Szenarien bauen auf einer Vernetzung der Akteure

vor Ort in einem Verein als Bindeglied auf, wodurch die Kommunikation und Kooperation untereinander verbessert wird. Der Zielzustand im Jahr 2040 beschreibt das Untersuchungsgebiet im Szenario „Moor vör jeden een, Bildung durch NaturErleben“ als Umweltbildungsregion. Es werden neue Nebenerwerbsmöglichkeiten im Bereich der Umweltbildung geschaffen, die Region wird wirtschaftlich gestärkt und das Moor durch ein größeres Bewusstsein der Menschen dauerhaft erhalten. Das Szenario „InnoMarsch – alte Landschaft neu erfinden“ setzt hingegen auf innovative Entwicklungswege in der Region und auf die Etablierung einer Vielzahl von wirtschaftlichen Standbeinen. Darunter fallen neue Betriebs- und Vertragsnaturschutzmodelle, der Ausbau des landwirtschaftlich geprägten Tourismus, die Herstellung regionaler Produkte sowie die Etablierung neuer Wertschöpfungsketten durch Bioenergie und den Anbau von Paludikulturen. Dabei wurden für beide Szenarien kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen erarbeitet, die aufeinander aufbauen und zu dem jeweiligen Zielzustand führen. Zusätzlich wurden exemplarische Finanzierungsmöglichkeiten einzelner Maßnahmen aufgezeigt. In unterschiedlicher Ausprägung erfüllen die Szenarien die Leitplanken weitgehend und stellen damit realisierbare Entwicklungsmöglichkeiten dar. Beide Varianten fokussieren die Stärkung von Kooperationen zwischen verschiedenen Akteuren. Potenzial liegt besonders in den Bereichen Umweltbildung, der Etablierung mehrerer Standbeine und alternativen Bewirtschaftungsmethoden bzw. in deren Kombination. Eine Sensibilisierung für die Landschaft in der Region ist besonders in Hinblick auf die Jugend wichtig, da diese die zukünftige Entwicklung tragen muss. Letztlich ist die Bereitschaft, neue Wege zu gehen, die Voraussetzung für eine zukunftsfähige Entwicklung, die das Leben und Arbeiten in der Region weiterhin ermöglicht.

future development of the cultural landscape around the “herrenmoor” in the administrative district steinburg  As a result of changing social demands and structural changes, elements of the cultural scene are more in-

creasingly vanishing. This process leads to a loss of those scenic features that are characteristic for the identity of a region. With this in mind, this masterʻs thesis project addressed the future development of the cultural scene around the “Herrenmoor” in the administrative district of Steinburg in Schleswig-Holstein. Qualitative guided interviews with local stakeholders from agriculture, nature conservations, etc., as well as an analysis of the type of landscape usage produced a profound increase of knowledge for analyzing the status quo of the study area’s cultural scene. Following this, two backcasting-scenarios were created to show possible developments for the cultural scene within the study area. The analysis of the current state revealed that the draining of the marshland in order to enable grassland farming created today’s cultural scene. Conflicting claims of beneficiaries, especially of stakeholders from agriculture and nature conservation, are a challenge that needs to be addressed. The two scenarios developed each emphasize one issue. The scenario “marsh for everyone – learning about nature by experiencing it” focuses on nature conservation and environmental education, while the scenario “InnoMarsh – reinventing old landscapes” focuses on agriculture and tourism. Both scenarios rely on an association to connect different stakeholder groups in order to improve their cooperation and communication. Especially the fields of environmental education, establishing multiple pillars for farmers, and alternative cultivation methods show a huge potential for the future development of the study area.

Blick in das Herrenmoor, Ortgies 2016

1 Schaich, Harald/Konold, Werner (Hg.): „Moderne“ und „archaische“ Kulturlandschaften in Mitteleuropa. Culterra Band 60, Albert-Ludwigs Universität, Freiburg 2011

ronja bollmann, alina giesel, anna klenzmann, sarah kühn, antonia langguth, verena mayrhofer, manuel nerhoff, imke ortgies, femke wittig BetreuerInnen: PD Dr. Sylvia Herrmann, Dr. Daniela Kempa Landschaftsplanung und Naturschutz

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laubfrosch und gelbbauchunke als zielarten für den kleingewässerschutz

Hintergrund und Zielsetzung Durch die Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung sowie der Ausweitung von Siedlungsgebieten gehen in Deutschland immer mehr Kleingewässer verloren oder werden stark beeinträchtigt. Da zahlreiche Kleingewässer Amphibien als Teillebensraum dienen, ist mit dem Rückgang auch ein Bestandsrückgang vieler Amphibienarten verbunden. Denn Kleingewässer sind als Laich- und Larvengewässer für die meisten Amphibienarten zwingend erforderlich. Da die Habitatansprüche der Gelbbauchunke (Bombina variegata) und des Europäischen Laubfroschs (Hyla arborea) repräsentativ für zahlreiche andere gefährdete (Amphibien-)Arten sind, wählte die baden-württembergische Stadt Friedrichshafen am Bodensee diese beiden Arten als Zielarten für den Kleingewässer- und Amphibienschutz aus.1 Ziel der Masterarbeit war es, Vorschläge für Maßnahmen zum Kleingewässer- und Amphibienschutz im Hinblick auf die speziellen Habitatansprüche der beiden Zielarten zu entwickeln. Dadurch soll die Stadt Friedrichshafen darin unterstützt werden, die vorhandenen Populationen der Gelbbauchunke und des Laubfroschs zu schützen und zu stärken. Methodik Anhand einer Erfassung und Bewertung von neun Kleingewässerkomplexen im Stadtgebiet von Friedrichshafen wurde untersucht, wie sich die aktuelle Situation der beiden Zielarten darstellt. Dabei wurde sowohl der Zustand der Populationen als auch die Habitatqualität der Gewässerkomplexe erfasst. Bei den ausgewählten Gewässerkomplexen handelt es sich um Gewässer, in denen oder in deren Umgebung in der Vergangenheit Vorkommen der Gelbbauchunke oder des Laubfroschs festgestellt werden konnten, oder um Kleingewässer, welche im Rahmen von Kompensationsmaßnahmen speziell für diese Arten angelegt wurden. Da es sich bei den ausgewählten Zielarten um Arten der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) handelt, erfolgte diese Erfassung in Anlehnung an ein

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Schema zur Bewertung des Erhaltungszustands der Arten nach Anhang II und IV der FFH-Richtlinie.2 Aufbauend auf den Ergebnissen der Felderhebungen und einer ergänzenden Literaturrecherche wurden Pflegemaßnahmen zur Verbesserung der Habitatqualität für die beiden Zielarten entwickelt. Ergebnisse Es wurde festgestellt, dass teils erhebliche Beeinträchtigungen der Habitatqualität der Gewässer und/ oder in Bezug auf den Zustand der Populationen für beide Zielarten vorliegen. Lediglich an drei Gewässerkomplexen konnte der Laubfrosch nachgewiesen werden. Die Gelbbauchunke wurde nicht nachgewiesen. Obwohl der geringe Nachweis der Zielarten verschiedene Ursachen haben kann, zeigt dieses Ergebnis ein Problem auf, das in vielen Gebieten in Deutschland inzwischen vorliegt: Aufgrund der fehlenden Dynamik in der heutigen landwirtschaftlichen Nutzung und der zusätzlichen Nährstoffeinträge aus der Umgebung läuft der natürliche Verlandungsprozess von Kleingewässern relativ schnell ab.3 Neben der Neuanlage von Kleingewässern ist deshalb besonders die Pflege der bestehenden Gewässer sehr wichtig. Dies verdeutlichten auch die Untersuchungen bezüglich der Habitatqualität der Gewässerkomplexe. Bei den schon länger bestehenden Gewässern führte besonders die Beschattung der Gewässer, herbeigeführt durch die starke natürliche Sukzession, zu den negativen Bewertungen der Habitatqualität des Wasserlebensraums für die beiden Zielarten. Weitere Beeinträchtigungen liegen zum Beispiel aufgrund von fehlenden Flachwasserbereichen, Fischbesatz, Schadstoffeinträgen oder landwirtschaftlicher Nutzung der angrenzenden Flächen vor. Da bei so gut wie allen Gewässerkomplexen gute bis sehr gute Ausgangsbedingungen des Land- und Wasserlebensraumes für die Zielarten festgestellt werden konnten, besteht die Möglichkeit, anhand von gezielten Pflegemaßnahmen die Habitatqualität der untersuchten Gewässerkomplexe deutlich zu verbessern und somit zum Erhalt und zur Stärkung der Bestände der Zielarten im Friedrichshafener Stadtgebiet beizutragen.4

Generell kann gesagt werden, dass zum Schutz des Laubfroschs regelmäßige Pflegeeingriffe notwendig sind, um der natürlichen Sukzession entgegenzuwirken und den offenen Pionierstatus der Gewässer zu erhalten. Hierzu gehören vor allem die selektive Gehölzentnahme der ufernahen Gehölze sowie die selektive Mahd des Uferröhrichts, um einer starken Beschattung und Verlandung der Gewässer entgegenzuwirken. Die Gelbbauchunke scheint sich im Friedrichshafener Stadtgebiet auf Waldgebiete zu beschränken. Deshalb ist es für diese Art besonders wichtig, dass auch in Zukunft temporäre Kleinstgewässer, wie zum Beispiel wasserführende Fahrspuren im Rahmen der Waldbewirtschaftung entstehen, gegebenenfalls muss hier künstlich nachgeholfen werden. Die bisherigen Bemühungen in Friedrichshafen, Aufenthaltsgewässer für diese Art an besonnten Standorten in Waldrandlage zu schaffen, zeigen, dass auch hier regelmäßige Pflegeeingriffe zur Offenhaltung der Gewässer notwendig sind bzw. eine regelmäßige Schaffung von neuen Pioniergewässern gewährleistet sein muss. Fazit Besonders für den Laubfrosch wurden im Rahmen von Kompensationsmaßnahmen in den vergangenen Jahren zahlreiche Kleingewässer angelegt. Dies stellt eine gute Grundvoraussetzung zum Erhalt und zum Schutz dieser Art im Stadtgebiet von Friedrichshafen dar. In Zukunft muss jedoch stärker darauf geachtet werden, dass nicht nur die Vernetzung dieser Vorkommen durch die Anlage von neuen Gewässerkomplexen ermöglicht, sondern dass auch die Förderung der bestehenden Populationen sichergestellt wird. Hierfür sind besonders Pflegemaßnahmen zur Steigerung der Habitatqualität der bereits besiedelten Gewässer notwendig. Kann diese Pflege der Gewässer sichergestellt werden, ist die Stadt Friedrichshafen auf einem guten Weg, die vorhandenen Populationen der Zielarten zu stärken. Erhaltung und Pflege der bestehenden Kleingewässer sowie eine Verbesserung ihrer Vernetzung dienen jedoch nicht nur den Beständen der Zielarten selbst. Durch gut umgesetzte Maßnahmen können neben den Zielarten auch zahlreiche weitere Arten, die

The habitat quality of eight complexes of bodies of water showed an average or poor condition for both target species. Hence, there are substantial impairments to the habitat quality and/or concerns about the conditions for the populations in the majority of the small bodies of water. Consequently, comprehensive measures are necessary in order to strengthen and maintain the populations of the target species. To this end, this master’s thesis offers proposals for the future development and creation of small bodies of water.

Die über das Stadtgebiet von Friedrichshafen verteilten Gewässer unterscheiden sich stark in ihrer Struktur. auf Kleingewässer als (Teil-)Lebensraum angewiesen sind, gestärkt werden. So bietet sich trotz der augenblicklich schlechten Bedingungen der Habitatqualität und der Zustände der Populationen an den untersuchten Gewässerkomplexen ausreichend Potential, um mithilfe von gezielten Pflegemaßnahmen attraktive Amphibienhabitate zu gestalten und somit die rezenten Populationen dauerhaft zu stärken und zu vernetzen. Ausblick Mittlerweile hat die Stadt Friedrichshafen einige der in dieser Masterarbeit vorgeschlagenen Schutzund Pflegemaßnahmen umgesetzt und somit die Habitatqualität der untersuchten Gewässer für die Zielarten verbessert. Inwiefern sich dies positiv auf die Populationen der untersuchten Arten ausgewirkt hat, werden Amphibienkartierungen in den folgenden Jahren zeigen.

european tree frog and yellow-bellied toad as target species for the conservation of small water bodies  Due to the intensification of agriculture and high settlement pressure, small bodies of water in Germany are increasingly getting lost or modified. As many small bodies of water are a habitat for amphibians, this decline is linked to a decrease of amphibian populations. Therefore, the city of Friedrichshafen in Baden-Württemberg selected the European tree frog (Hyla arborea) and the Yellow-bellied toad (Bombina variegata) as target species for the conservation of amphibians and small bodies of water. The current status of the target species in the urban area of Friedrichshafen was studied. This investigation was based on nine small complexes of bodies of water within or around the European tree frog or the Yellow-bellied toad had been observed in the past, as well as ponds that had been created as part of compensatory measures specifically for these species.

1 Stadt Friedrichshafen: Ein Zuhause für Laubfrosch und Gelbbauchunke. Friedrichshafen 2017, www.friedrichshafen.de/de/planen-bauen umwelt/umwelt-klimaschutz/gewaesser/amphibienprogramm, 23.4.17 2 BfN – Bundesamt für Naturschutz/BLAK – Bund-Länder Arbeitskreis FFH-Monitoring und Berichtspflicht: Bewertung des Erhaltungszustands der Arten nach Anhang II und IV der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie in Deutschland. Bewertungsbögen der Amphibien und Reptilien als Grundlage für ein bundesweites FFH-Monitoring, Bonn 2015 3 Glandt, Dieter: Amphibien und Reptilien. Herpetologie für Einsteiger. Berlin/Heidelberg 2016, S. 153 ff.; Mierwald, Ulrich: „Kleingewässer typen und Verlandungsstadien als Grundlage für ein gebietsbezogenes Schutzkonzept". In: Metelener Schriftenreihe für Naturschutz. 1993, Heft 4, S. 108 4 Siehe Abb. auf S. 44: Laubfrosch und Gelbbauchunke bevorzugen besonnte, vegetationsarme Gewässer.

charlotte waack BetreuerInnen: Dr. Stefan Rüter, Katharina Niemann Naturschutz und Landschaftsökologie

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produktion von torfersatzstoffen aus heidepflegematerial

eine potenzialanalyse für niedersachsen  Die

Verwertung von Heidepflegematerialien als Torfersatzstoff könnte in Niedersachsen Moore und Heiden schützen und so für die Reduktion von Treibhausgasen sorgen – ein großes Potenzial für den Natur- und Umweltschutz, das in Modellregionen getestet werden muss. Anlass: Eine Win-Win-Situation für den Schutz von Moor- und Heidelandschaften Die Nachfrage nach Torf führt nicht nur weltweit, sondern auch in Niedersachsen noch immer zu einem Verlust von Moorlandschaften. Dabei haben diese als größter Kohlenstoffspeicher der terrestrischen Biosphäre eine immense Bedeutung für den Klimaschutz.1 Zudem führt der Torfabbau zu einer extremen Veränderung der moorgeprägten Ökosysteme und des für Moorlandschaften typischen Landschaftsbilds.2 Auch die Heidelandschaften Niedersachsens, welche einst den gesamten norddeutschen Raum prägten, sind mittlerweile auf ca. 0,4 Prozent der Landesfläche zusammengeschrumpft.3 Das liegt auch daran, dass die zur Erhaltung der Heiden notwendige Pflege viel Geld kostet und die dabei anfallende Biomasse unter hohem Arbeitsaufwand entsorgt werden muss.4 Anstatt sie zu entsorgen, könnte man die Biomasse aber auch sinnvoll verwerten: als Torfersatzstoff. So könnte einerseits der steigenden Nachfrage nach Torfersatzstoffen begegnet werden, ohne weitere Moorlandschaften zu verlieren. Andererseits kann die Verwendung der Biomasse die Kosten der Heidepflege senken. Hinter dieser Idee stehen große und wichtige Ziele: Klimaschutz, Artenschutz, Grundwasserschutz. Aber ist diese Idee auch realistisch? Forschungsfrage: Wie bedeutend ist das Potenzial wirklich? Zunächst verspricht die Idee, Heidepflegematerial als Torfersatzstoff zu nutzen, gelungene Synergieeffekte und die Möglichkeit, ein bisher weitgehend übersehenes Potenzial nutzbar zu machen. Vielversprechend

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sind auch die ersten Ergebnisse von Keimpflanzentests mit Substrat aus 100 Prozent Heidepflegematerial, welche am Institut für Gartenbauliche Produktionssysteme der Leibniz Universität Hannover durchgeführt wurden.5 Aber mit welchen Mengen an Pflegematerialien können wir rechnen? Sind diese überhaupt für eine wirtschaftliche Verwertung interessant? Und steht diese Nutzung vielleicht im Kontrast zu einer naturschutzfachlich sinnvollen Pflege der Heideflächen? Diesen Fragen wurde mittels einer GIS-Modellierung der in Niedersachsen anfallenden Materialmengen nachgegangen. Ergebnis: Pflegematerialien könnten 3,5 bis 4,7 Prozent der niedersächsischen Torfproduktion ersetzen. Die Ergebnisse machen deutlich: Niedersachsen bietet mit einer Heidefläche von über 18.000 Hektar ein hohes Flächenpotenzial. Gleichzeitig existieren durch die historische und aktuelle Bedeutung der Torfindustrie zahlreiche Erdenwerke, welche in Zukunft bei einer Reduktion des klima- und umweltschädigenden Torfabbaus alternativer Nutzungen bedürfen. Zudem zeigt sich, dass in Niedersachsen ca. 42 Prozent der potenziell nutzbaren Heideflächen innerhalb von Truppenübungsplätzen (TÜP) liegen, womit sie unter den bestehenden Umständen aus der Nutzung herausfallen. Die Berechnung des Potenzials außerhalb von TÜP ergab jedoch noch eine jährlich nutzbare Gesamtmenge von rund 250.900 bis 342.400 Kubikmetern, welche bei einer Pflege, die an den Zielen des Naturschutzes ausgerichtet ist, anfällt. Das sind Größenordnungen, die für Erdenwerke relevante Mengen darstellen und regelmäßig geliefert werden können. Diese Pflegematerialien könnten somit jährlich 3,5 bis 4,7 Prozent der niedersächsischen Torfproduktion ersetzen. Ausblick: Modellregionen als nächster Schritt Durch die Nutzung der gesamten jährlich anfallenden niedersächsischen Heidepflegematerialien als Torfersatz können pro Jahr mind. 835 Hektar Moorfläche vor dem Abbau bewahrt werden. Dies entspricht einer Einsparung von mind. 14,7 Tonnen CO2 /Jahr im Zeitraum der Trockenlegung bzw. mindestens

8,12 Tonnen CO2 /Jahr in der anschließenden Phase des Abbaus. Die Masterarbeit konnte somit zeigen, dass die Verwertung von Heidepflegematerialien als Torfersatzstoff in Niedersachsen ein großes neues Potenzial erschließen kann – sowohl auf Ebene des Naturschutzes in Mooren und Heiden, als auch hinsichtlich einer Reduktion von Treibhausgasen: Ein vielversprechendes Ergebnis, das in Modellregionen überprüft und vertieft werden sollte!

potential use of heath material as a peat substitute in lower saxony  The management of heathlands generates material that currently cannot be used in a profitable way. At the same time the demand for peat substitutes is growing. Yet the quantitative and qualitative suitability of heath material as a peat substitute remains unknown. The master’s thesis investigates the potential use of heath material as a peat substitute for Lower Saxony, Germany.

Gefährdung der Heiden durch

Gefährdung der Moore durch

> mangelnde Pflege

> Torfabbau

Nutzung von Heidepflegematerialien als Torfersatzstoff Heide- und Moorlandschaften können sich gegenseitig schützen.

min./max. Materialmenge [m3] 500.000

100.000

Plaggmaterial

Schoppermaterial

Mahdmaterial

Gesamtmenge

Ergebnis: Wenn wir die niedersächsischen Heiden ausreichend pflegen würden, fiele jährlich genug Heidepflegematerial für eine Verarbeitung in Erdenwerken an.

1 Joosten, Hans: „Die Moorwelt wird Nass. Blick in die Zukunft der Moore." In: Nationalpark. 2014, Heft 3, S. 13 f. 2 Succow, Michael/Joosten, Hans: Landschaftsökologische Moorkunde. Stuttgart 2001, S. 143 ff. 3 Vehling, Annegret: „Auf einen Blick – Wo ist die Heide?". In: Statistische Monatshefte Niedersachsen 2012. Heft 2, S. 63 4 Hofnagel, Norbert: Landschaftspflegematerial aus holziger bzw. holzartiger Biomasse in der Bioenergieregion Kulturland Kreis Höxter. Vortrag auf der Konferenz Energetische Nutzung von Landschaftspflege material, Berlin 1.–2.3.11 5 Wissner, Pascal/Emmel, Michael/Bohne, Heike/Heumann, Sabine: Biomass from heathland management: a possible peat substitute?, Poster präsentation auf dem Internationalen Symposium Growing Media, Composting and Substrate Analysis. Wien 7.–11.9.15

hannah marie burmester

Niedersächsische Heidelandschaften schützen Arten, bieten Grundwasserschutz und sind ein Magnet für Touristen. Auch für die Torfersatzproduktion bergen sie Potenzial.

Betreuer: Prof. Dr. Michael Rode, Prof. Dr. Michael Reich Planungsbezogene Pflanzenökologie, Naturschutz und Landschaftsökologie

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ffh-lebensraumsicherung und prozessschutz am beispiel der leegde von spiekeroog

Die Ostfriesischen Inseln sind durch eine hohe Dynamik von Wind und Wasser entstanden und unterliegen dem Einfluss der Gezeiten und ständigen morphologischen Veränderungen in Raum und Zeit.1 Dies führt zu einer Struktur- und Standortvielfalt und einer hohen Diversität von Lebensräumen und Arten. Die seltenen Lebensräume und ihre Arten sind durch Faktoren wie Grundwassergewinnung und -nutzung, Veränderungen der natürlichen Dynamik als Folge des Küstenschutzes und durch den Klimawandel bedroht.2 Im Anhang I der Naturschutz-Richtlinie 92/43/ EWG der Europäischen Union, kurz Fauna-FloraHabitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie), sind diese Lebensräume als europaweit gefährdet und besonders schützenswert eingestuft.3 Die FFH-Lebensraumtypen müssen in einem „günstigen“ Zustand erhalten werden. Im Nationalpark „Niedersächsisches Wattenmeer“ soll dies durch Prozessschutz, das heißt durch das Zulassen von natürlichen, anthropogen unbeeinflussten Prozessen, erreicht werden. Der optimale Schutz und die Beobachtung der Entwicklung dieser Lebensräume sind vor allem vor dem Hintergrund der sich durch den Menschen verändernden Umweltbedingungen erstrebenswert. Deshalb war die Entwicklung eines Schutz- und Monitoringkonzepts für dynamische FFH-Lebensräume in den Küstenbereichen der Ostfriesischen Inseln Ziel einer Masterarbeit am Institut für Umweltplanung. Als Grundlage wurde die räumliche und zeitliche Dynamik der Küstenlebensräume am Beispiel der Leegde, einem großen Dünendurchbruch der Ostfriesischen Insel Spiekeroog, erfasst. Das Untersuchungsgebiet befindet sich auf der nördlichen Seite der Inselmitte. An dieser Stelle wird die Insel bei höheren Sturmfluten durchströmt.4 Als FFH-Gebiet unterliegt die Leegde dem Schutz der EU.5 Methodik Mithilfe eines Luftbildes und einer Geländebegehung wurde die räumliche Verteilung der FFH-

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Lebensraumtypen in der Leegde erfasst. In Erfassungsbögen wurden jede auftretende Art mit ihrer Häufigkeit sowie Eigenschaften der Fläche wie beispielsweise Vegetationsstruktur und Beeinträchtigungen festgehalten. Dies erlaubte die Einordnung des Typs sowie eine Bewertung des Erhaltungszustands.6 Gemeinsam mit einem Vergleich von Luftbildern und Daten von Kartierungen über einen Beobachtungszeitraum von 1960 bis 2016 bildete dies die Basis für die Beschreibung der räumlichen und zeitlichen Dynamik. Darauf aufbauend wurde diskutiert, ob FFH-Lebensraumsicherung und Prozessschutz vereinbar sind, und ein übertragbares Schutz- und Monitoringkonzept entwickelt. Ergebnisse In der Leegde wurden 117 Gefäßpflanzenarten vorgefunden und neun FFH-Lebensraumtypen erfasst, die alle einen hervorragenden und somit „günstigen“ Erhaltungszustand aufweisen. Dazu gehören Dünen unterschiedlicher Altersstadien und Artenzusammensetzung: die FFH-Lebensraumtypen 2110 Primärdünen, 2120 Weißdünen mit Ammophila arenaria (Strandhafer), 2130 Festliegende Küstendünen mit krautiger Vegetation (Graudünen), 2140 Entkalkte Dünen mit Empetrum nigrum (Krähenbeere) (Braundünen) und 2160 Dünen mit Hippophaë rhamnoides (Sanddorn). Ebenso sind Anklänge eines feuchten Dünentals erkennbar (2190 Feuchte Dünentäler). Auch unterschiedliche Entwicklungsstadien der Salzwiesen wurden in der Leegde vorgefunden, beginnend mit weitgehend vegetationsfreiem Watt (1140 Vegetationsfreies Schlick-, Sand- und Mischwatt) über Quellerwatt mit spärlicher Vegetation (1310 Einjährige Vegetation mit Salicornia (Queller) und anderen einjährigen Arten auf Schlamm und Sand), bis hin zu vollständig ausgeprägten Salzwiesen mit je nach Standort stark variierender Artenzusammensetzung (1330 Atlantische Salzwiesen (Glauco-Puccinellietalia maritimae)). Die Ergebnisse der Erfassung des Entwicklungsstands der Leegde belegen, dass unterschiedliche Altersstadien verschiedener Lebensraumtypen parallel im Untersuchungsgebiet vorkommen. Auch der Vergleich von Luftbildern und Daten bestätigt die hohe Dynamik der Küstenlebensräume, aufgrund derer sich

Art, Anzahl und Verteilung der FFH-Lebensraumtypen ständig in Raum und Zeit verändern. Sollte sich die schützende Dünenkette im nördlichen Teil der Leegde vollständig schließen und eine regelmäßige Überflutung unterbinden, hätte dies eine Veränderung der Dynamik zur Folge. Der abnehmende Salzeintrag würde zu einer Aussüßung der Salzwiesen führen und die Entwicklung eines feuchten Dünentals ermöglichen.7 Jüngere Entwicklungsstadien von Dünen, Salzwiesen und Dünentälern können entlang der Inselkette der Ostfriesischen Inseln durch die Gezeitenströmungen und den Sandtransport Richtung Osten entlang der Inselnordstrände immer wieder neu nach einem ähnlichen dynamischen Muster entstehen.8 Schutz- und Monitoringkonzept Die Ergebnisse der Untersuchungen in der Leegde zeigen, dass Schutz und Erhaltung eines Biotopkomplexes mit gegliedertem Nebeneinander unterschiedlicher Entwicklungsstadien für eine hohe Biodiversität der Küstenlebensräume unabdingbar sind. Deshalb sollten Schutzgebiete in räumlich-dynamischen Systemen, wie denen der Küste, immer raumgreifend ausgewiesen werden. Nur so kann gleichzeitig an einer Stelle die Sukzession zu älteren Stadien voranschreiten, während sich an anderer Stelle jüngere Entwicklungsstadien bilden können. Das gleichzeitige Vorhandensein aller sukzessionalen Entwicklungsstadien bietet Rückzugsorte für die charakteristischen Arten. Wenn ein Stadium in einem Gebiet für eine Zeit vollständig ausfällt, sind auch die Arten möglicherweise dauerhaft für das Gebiet verloren. FFH-Lebensraumsicherung und Prozessschutz sind somit vereinbar, wenn der natürlichen Dynamik in großen Schutzgebieten, wie denen des Nationalparks „Niedersächsisches Wattenmeer“, Raum gegeben wird. In einem ebenfalls raumgreifenden Monitoring sollte die Entwicklung der FFH-Lebensraumtypen sowie die Funktionen und dynamischen Prozesse, die einen „günstigen“ Zustand gewährleisten, im gesamten Schutzgebiet beobachtet werden. So kann der Naturschutz entsprechend eingreifen, wenn die Ziele der FFH-Richtlinie durch die Maßnahme Prozessschutz nicht mehr erreicht werden.

large conservation areas. The coexistence of all characteristic FFH-habitat types and successional stages with sufficient area share has to be maintained. As a part of the monitoring, the development of the FFH-habitat types as well as the functions and dynamic processes that ensure a “favourable conservation status” have to be observed in the whole conservation area. That way, nature conservation can intervene accordingly if the aims of the “Habitats Directive” are no longer achieved with the measure of process.

1 Petersen, Jörg/Pott, Richard: Ostfriesische Inseln, Landschaft und Vegetation im Wandel. Hannover 2005, S. 24 und 41 ff. 2 Essl, Franz/Rabitsch, Wolfgang (Hg.): Biodiversität und Klimawandel, Auswirkungen und Handlungsoptionen für den Naturschutz in Mittel europa. Berlin/Heidelberg 2013, S. 291 f. 3 NLWKN – Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz: Hinweise zur Definition und Kartierung der Lebensraumtypen von Anh. I der FFH- Richtlinie in Niedersachsen.

FFH-Lebensraumtypen der Leegde von Spiekeroog 2016

ffh-habitat conservation and process protection using the example of the leegde of spiekeroog  The coastal areas of the East Frisian Islands of Germany are characterized by a high spacial and temporal dynamic consisting of a complex of dunes, dune slacks, and salt marshes. They are protected by the “Habitats Directive” of the EU as pan-European endangered and especially deserving of protection.9 These FFH-habitat types are required by law to be maintained in a “favorable conservations status.” In the “Lower Saxony Wadden Sea National Park” this will be achieved with process protection. The ideal protection and monitoring of the development of those habitats is desirable in the context of human changes to environmental conditions. Therefore, the development of a concept for protecting and monitoring dynamic FFH-habitats in coastal areas of the East Frisian Islands was the objective of a master’s thesis at the Institute of Environmental Planning.

Hannover 2014, S. 9 ff. 4 Streif, Hansjörg: Das ostfriesische Küstengebiet. Sammlung geologischer

As a basis, the thesis described the spatial and temporal dynamic by using the example of the Leegde of the East Frisian Island Spiekeroog. It thereby assessed the FFH-habitat types and evaluated the convservation status. Combined with a comparison of arial photographs and data from mappings within a certain period of observation (1960–2016), this provided the basis for a discussion of whether FFH-habitat conservation and process protection are compatible. Based on the discussion, the thesis developed a realizable concept for monitoring and protection. Nine FFH-habitat types occur in the Leegde, and all have an outstanding and therefore “favourable conservation status”. The comparison of arial photographs and data showed that coastal habitats are highly dynamic and therefore the kind, number, and distribution of FFH-habitat types are constantly changing in space and time. FFH-habitat conservation and process protection are compatible if the natural dynamic is given space in

Führer, Band 57, 2. Auflage, Berlin/Stuttgart 1990, S. 228 5 NWattNPG – Gesetz über den Nationalpark „Niedersächsisches Wattenmeer“ vom 11. Juli 2001 6 NLWKN – Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz: Hinweise und Tabellen zur Bewertung des Erhaltungszustands der FFH- Lebensraumtypen in Niedersachsen. Hannover 2012; ders.: Hinweise zur Definition und Kartierung der Lebensraumtypen von Anh. I der FFH- Richtlinie in Niedersachsen. Hannover 2014 7 Petersen, Jörg: Die Dünentalvegetation der Wattenmeer-Inseln in der südlichen Nordsee. Husum 2000, S. 89 8 CWSS – Common Wadden Sea Secretariat: The Wadden Sea Quality Status Report Synthesis Report 2010. Wadden Sea Ecosystem 29, S. 17 9 Richtlinie (92/43/EWG) des Rats der Europäischen Gemeinschaft (FFH-RL) vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebens räume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen

amanda grobe Betreuer: Prof. Dr. Michael Rode, Priv.-Doz. Dr. Holger Freund Planungsbezogene Pflanzenökologie, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg

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vegetation und strömung

gewässerrenaturierung an der fuhse  Das Projekt-

gebiet umfasst die Fuhse in Steinbrück bei Hildesheim. Der Flussabschnitt bei Steinbrück wurde vor Jahrhunderten begradigt, um eine höhere Fließgeschwindigkeit für den Mühlenantrieb zu erreichen. Durch die Begradigung verlor die Fuhse ihre natürliche Ausprägung. Mäander, Aue und natürliche Strukturen wurden beseitigt. Dies hat bis heute negative Auswirkungen auf die Habitatfunktion und die Gewässerstruktur. Um ein Konzept für die Renaturierung zu erstellen, wurde der historische Verlauf der Fuhse recherchiert, zwei Referenzgebiete begutachtet und mit den Akteuren „Unterhaltungsverband Obere und Untere Fuhse“, „Flächeneigentümer Paul Feindt Stiftung“, sowie „Verein Otterschutz e.V.“ zusammengearbeitet.

Maßgeblich war die Arbeit mit dem Leitbild der Fuhse, die zum Fließgewässertyp „Sand- und Lehmgeprägter Tieflandfluss“ gehört. Für jeden Fließgewässertyp gibt es ein Leitbild, das die ursprüngliche, natürliche Ausprägung beschreibt.1 Die Projektgruppe führte eine Gewässerstrukturgütekartierung durch, um die Differenzen zwischen dem Flusszustand und seinem Leitbild aufzuzeigen; zusätzlich wurden Vegetationsaufnahmen angefertigt. Unterstützt wurde das Projekt durch Wasserbau-Studierende des Leichtweiß-Instituts der TU Braunschweig. In Zusammenarbeit wurden Querschnittsvermessung und Strömungsmessungen durchgeführt. Ein maßgebliches Ergebnis war, dass die Fuhse durch die eingetiefte Sohle, die steilen Ufer und die nicht vorhandenen Strukturen im Gewässer stark von ihrem Leitbild abweicht. Ziel war es daher, Maßnahmen zur Entwicklung der Eigendynamik des Flusses durchzuführen und entsprechende Strukturen zu schaffen. Dafür wurden Initialmaßnahmen wie die Sohlanhebung durch Ausweitung der Sekundäraue, Laufumlagerung, Pflanzungen und das Einbringen von Strukturen wie Totholz geplant und verortet. Die Maßnahmen wurden beschrieben und in einem Katalog nach Prioritäten geordnet. Zur Übersichtlichkeit und Vorstellung der Maßnahmen und ihrer Wirkung wurden ein Übersichtsplan und Schnitte gezeichnet. Durch die ingenieurbiologischen Maßnahmen soll sich die Fuhse eigendynamisch zu einem natürlichen und strukturreichen Fluss entwickeln, der dem Leitbild bestmöglichst entspricht.

all the participants (Unterhaltungsverband Obere und Untere Fuhse, Aktion Fischerotterschutz e.V, PaulFeindt-Stiftung) took place early in the process to think through all related questions and requirements. The project group had a unique opportunity to collaborate with students from the Leichtweiß Institute for Hydraulic Engineering at the Technical University of Braunschweig. Through their measurements and calculations the group was able to prepare a plan that takes technical and environmental restrictions of the river section into account. The aim of the plan is to let the river develop on its own as far as possible, but also to initiate this development through creating a new route for the river and by placing dead and living natural material into the floodplain. Through these actions the river gets the chance to evolve in the most natural manner and to return to its natural state.

Schnitt 1: Der bestehende Kolk mit Weiden und Röhricht wird wieder an den Fluss angeschlossen, damit er nicht austrocknet. Der eingebrachte Raubaum leitet Strom zum Prallhang: Hier soll der Fluss Erde vom angelegten Geschiebedepot abtragen.

vegetation and river current – renaturation of the river fuhse  The project area

Der gerade Verlauf der Fuhse bewirkt, dass sich die Sohle abträgt und sich der Flusslauf eintieft. Durch Laufumlagerung und Einbringen von Strömungslenkern kann dies verhindert werden.

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is located at the castle Steinbrück. Centuries ago, the river was straightened, which caused it to lose its valuable natural structures and diversity. This also had an negative effect on flora and fauna as well on its very important biodiversity. In order to create a bioengineering concept for the renaturalization, the project group elaborated the historic route of the river as well as general conditions of the river in the project area and the area itself. Two different reference areas were visited. A meeting with

Schnitt 2: Vor einer bestehenden Weide wird mit Steckhölzern eine V-förmige Insel geschaffen. Der Flusslauf wird dadurch aufgeweitet. Das Ufer wird abgeflacht und die Sohle angehoben. Offene Böden werden hier mit Schnittgut bedeckt, um die Ansiedlung von invasiven Arten wie dem Drüsigen Springkraut (Impatiens glandulifera) zu verhindern.

Renaturierung der Fuhse bei Steinbrück 1

2 3

4

5 6 5

1 – Pendelrampe aus Steinen und Pfählen: gleicht Höhenunterschied aus, Fischer können sie durchqueren 2 – Röhrichtzonen aus Rohrglanzgras, Schilf und Pestwurz 3 – Neuer breiter Flusslauf: Ufer abgeflacht, Prägung einer breiten Sekundäraue 4 – Heudrusch aus Schnittgut von umliegendem Grünland 5 – Eingebrachte Steine, Wurzelstubben und anderes Totholz geben Strukturen und fördern die Fluss laufdynamik. 6 – Weidenstecklinge von Bestandsgehölzen 7 – Altarm 8 – Bestehender Kolk wird an Flusslauf angeschlossen 9 – Alter Flusslauf: schmal, Sohle eingetieft, keine Strukturen 10 – Packwerk aus Pfählen schützt den neuen Prallhang

7 8

9 10

1 Dahm, Veronika u. a.: "Hydromorphologische Steckbriefe der deutschen Fließgewässertypen". In: Umweltbundesamt: Strategien zur Optimierung von Fließgewässer-Renaturierungsmaßnahmen und ihrer Erfolgskontrolle. Dessau-Roßlau 2014, Texte 43/2014, Anhang 1

marian ahrens, jacob bernhardt, tim brinkmann, anna muhrmann, vitus prommer, maike senne, anna uecker, felix wussow BetreuerInnen: Prof. Dr. Eva Hacker, Svenja Lorenz Ingenieurbiologie

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städtische klimawandelanpassungsstrategien

die rolle von governance und innovation

Der globale Klimawandel stellt Städte überall auf der Welt vor neue Herausforderungen. Die Entwicklung von urbanen Gebieten befasst sich immer mehr mit der Aufgabe der Klimawandelanpassung und verlangt die Auseinandersetzung mit zahlreichen Unsicherheiten und Schwierigkeiten, um proaktive Handlungen zu erlauben. Flexible und innovative Organisationsstrukturen (Governance) machen es dabei möglich, auf spezifische lokale und regionale Verwundbarkeiten einzugehen und neue Kapazitäten aufzubauen, um zukünftige Veränderungen schneller und effizient bewältigen zu können. Das Ziel dieses Masterprojekts war es zu untersuchen, wie verschiedene Städte mit den Herausforderungen der Klimawandelanpassung umgehen und ausgehend davon innovative Formen von Governance aufzudecken. Der Fokus lag insbesondere auf den Wasser bezogenen Herausforderungen von urbanen Gebieten. Die Wahl der Fallstudien fiel auf vier Küstenstädte: Rostock in Deutschland, Helsinki in Finnland, Kopenhagen in Dänemark und Vancouver in Kanada. Während des Projekts wurden die verschiedenen Stakeholder in den Städten, die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern und verschiedene Formen der Organisation und Regulierung auf lokaler und regionaler Ebene analysiert und ausgewertet.

urban climate change adaptation strategies – questions of governance and innovation  Global climate change produces tangible and serious challenges, especially for cities and regions. Climate change adaptation is therefore a main responsibility for urban and regional development all over the world. Adapting to a changing climate requires dealing with numerous uncertainties and complications to enable proactive measures. Cities and regions face the task of discovering flexible and innovative forms of governance that must address specific local or regional vulnerabilities and build capacity to accommodate future change. The two possible responses to climate change are adaptation and mitigation. Mitigation

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policies aim to reduce or stabilize the net greenhouse gas emissions and thus concern the human influence on climate change. Adaptation on the other hand is a more planned and proactive way of approaching the upcoming challenges, as it deals with reducing the vulnerability of ecological-social-economic systems to the impacts of climate change.1 This project focussed on adaptation measures. The research it conducted showed that traditionally existing governance structures are not always appropriate or suitable for managing (water-related) climate change effectively, and that new and innovative forms of governance must therefore be developed to achieve this aim. The research focussed on water-related challenges of climate change adaptation in urban areas to understand how different coastal cities cope with the challenges of climate change adaptation. As case studies, Rostock in Germany, Helsinki in Finland, Copenhagen in Denmark, and the City of Vancouver in Canada were chosen. The roles of stakeholders, the involvement of citizens, the application of different forms of organization, and regulation at the local and regional level were analyzed to identify especially innovative forms of governance. The research derives from the hypothesis that adaptation policies have an influence on the existing water governance structure. A further hypothesis is that new innovative forms of governance should be implemented to face current climate change challenges. Governance approaches to climate adaptation may be as highly context specific in this cities as is innovation.2 From the identification of innovation in water governance, it was possible to identify six generalizable criteria, which can be seen in the figure below and and which we took as an analytical framework. These criteria take into consideration important characteristics of the field of water governance and of the definition of innovation in order to make the case studies comparable to a certain point. The results showed that there is currently little coherence of local climate change adaptation, and that while public participation has until now been the lowest priority in all cities, it is intended to play a stronger role in the future. Every city is aware of the need for new forms of governance going forward and for one

unit to coordinate policy and public participation. Additionally, there has been a strong involvement of various city authorities and water companies that is relevant for creating a sufficient knowledge base. A major challenge for all cities is the lack of information and transparency of networks and cooperation at all geographical levels and sizes of government that can foster mutual learning processes and therefore provide more potential for innovation in governance. Another challenge for creating new governance structures is the scale of a cityʻs adaptive capacity. Without sufficient financial and personnel resources, the development of innovation is hindered severely. In all cities, there is probably more potential for innovative forms of governance; it can nevertheless be concluded that every case study city was innovative to a certain extent in its very own specific context and regarding the available resources. Concerning a long-term perspective on climate change adaptation, there are crucial differences between the three European cities and Vancouver on the American continent. The changed local government structures in the way of “climate change adaptation mainstreaming” clearly show that Vancouver sees its adaptation strategy and the measures it has already implemented only as the beginning of a long-term and integrative approach to climate change adaptation. Climate change adaptation is an instrument that makes it possible to preserve and develop cities’ potential in a changing climate. The specific topic of waterrelated climate change adaptation is an inter-agency and cross-curricular issue that requires integrative approaches. Innovation in governance is therefore the first step in making progress and will be one of the most important tasks for planners in the future.

Polycentricity

Diversity of Stakeholders

Change

Innovation

Coordination of Stakeholders

Implementation

Rostock Vancouver Copenhagen Helsinki

New in Context

4 cities: 4 different governance approaches for tackling challenges in adaptation to climate change Criteria for innovative governance approaches in climate change adaptation and the extent of fulfilment for four different case study cities

Water Governance

Climate Change Adaptation

Climate change adaptation as a driver for innovation in water governance 1 Smit, Barry/Burton, Ian/Klein, Richard/Street, Roger: „The Science of Adaptation: A Framework for Assessment". In: Mitigation and Adaptation Strategies for Global Change. 1999, Volume 4, Issue 3, S. 199–213, hier S. 200–202 2 Kaufman, Sanda: „Governance for (climate) change in American 'Legacy' cities: a case study of Cleveland“. In: Knieling, Jörg (Hg.): Climate Adaptation Governance in Cities and Regions. Theoretical Fundamentals and Practical Evidence. Chichester/Hoboken 2016, S. 333–354, hier S. 335

lloyd collins, johanna johncock, hanna jordan, florian muarrawi, anne-laure peytavin, antoine pontou, irina kim reeker Betreuerin: Dr. Meike Levin-Keitel Raumordnung und Regionalentwicklung

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bewältigung des demographischen wandels in peripheren, ländlichen räumen

handlungsmöglichkeiten für die raumplanung  Seit der Jahrtau-

sendwende ist das Schrumpfen von Kommunen und Regionen als Folge des demographischen Wandels ein Schwerpunkt der raumplanerischen Debatte, der besonders intensiv diskutiert wird. Anstoß gaben vor allem die Binnenmigration nach der deutschen Wiedervereinigung und die Folgen der damit einhergehenden Bevölkerungsverluste in den ostdeutschen Bundesländern. Nach und nach setzte sich die Erkenntnis durch, dass auch die alten Bundesländer zunehmend von Bevölkerungsverlusten betroffen sind. Die Diskussion um Räume mit schrumpfenden Kommunen ist dabei in Fachkreisen nicht neu. Bereits in den 1970er und 1980er Jahren wurde die Thematik auf Fachtagungen diskutiert.1 Als sich die in Wirtschaft und Finanzpolitik geäußerten Befürchtungen der negativen Folgen von Fachkräftemangel und der damit verbundenen Abnahme von Wettbewerbsfähigkeit Ende der 1990er Jahre in ländlichen Regionen bestätigten, wurde die Diskussion erneut und verstärkt aufgenommen. Die Veränderungen in den demographischen und ökonomischen Entwicklungen sind bereits heute vor allem in ländlichen, peripheren Räumen in vielen Bereichen spürbar. Insbesondere die steigende Lebenserwartung, das niedrige Geburtenniveau und die natürliche Wanderung führen zu Veränderungen in allen Lebensbereichen. Das Phänomen der Überalterung und der Schrumpfung der Bevölkerung tritt dabei teilräumlich differenziert auf. So verzeichnen beispielsweise im Bundesland Niedersachsen zahlreiche Landkreise Wachstumsraten oder zumindest eine Stagnation in der Entwicklung der Bevölkerungszahlen, während im größtenteils ländlich geprägten Südniedersachsen seit den 1970er Jahren eine kontinuierliche Abnahme der Bevölkerung festzustellen ist. „Ein zentrales Merkmal der regionalen Bevölkerungsentwicklung […] ist das Nebeneinander von wachsenden und schrumpfenden Regionen.“2 Trotz kurzzeitiger Stabilisierung dieser Tendenzen durch Zuwanderung

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aus den neuen Bundesländern im Anschluss an die deutsche Wiedervereinigung sinken die Einwohnerzahlen in Teilen Südniedersachsens in den letzten Jahren besonders drastisch. Entwicklungen und deren Folgen für die Daseinsvorsorge Aufgrund dieses Bevölkerungsrückgangs geht die Nachfrage nach Leistungen der Daseinsvorsorge in den ländlich geprägten, peripheren Regionen zurück. Innerhalb der Daseinsvorsorge besonders betroffen ist die schulische Bildung. In Schulen und in Infrastruktureinrichtungen, die Kinder betreffen, sinken die Kapazitätsauslastungen stark, damit ergibt sich für Kommunen die Frage nach der Tragfähigkeit der Einrichtungen. In ländlichen Räumen ist das Thema besonders bedeutend, da Schulstandorte, speziell Grundschulen, für die Orte einen wichtigen Faktor für die Standortqualität sind. Eine weitere Herausforderung stellt in vielen ländlichen, peripheren Regionen die hausärztliche Versorgung dar: Obwohl die Alterung der Bevölkerung zu einer erhöhten Nachfrage nach medizinischer Infrastruktur führt, sind solche Regionen häufig als Praxisstandort für junge Ärzte unattraktiv. Da zahlreiche noch praktizierende Mediziner in den nächsten Jahren das Ruhestandsalter erreichen und zu wenige Ärzte die frei werdenden Praxisstandorte abseits der

Holzminden

Northeim

Untersuchte Landkreise in Südniedersachsen

Ballungsräume übernehmen wollen, wird langfristig eine Unterversorgung von Ärzten in zahlreichen Regionen prognostiziert. 3 Aus diesem Grund werden „auf regionaler und lokaler Ebene […] praxisbezogene und solide Informationen benötigt, um den Verhältnissen bei zukunftsweisenden Entscheidungen gerecht zu werden“.4 Gibt es im Themenbereich demographischer Wandel bereits seit langer Zeit eine theoretische Auseinandersetzung mit der Bewältigung der Herausforderungen, so fehlen häufig positive Erfahrungen aus der Praxis. Theoretische Lösungsansätze und ihre praktische Umsetzung Zu dieser Thematik liefert die vorliegende Arbeit eine Untersuchung zum Stand der Ausführung von theoretischen Ansätzen in der Praxis, mit denen der demographische Wandel in zwei ausgewählten Landkreisen in Südniedersachsen bewältigt werden soll. Ein aktueller Stand der bisherigen Ergebnisse kann den Landkreisen helfen, sich neu auszurichten, die Kombination aus bereits umgesetzten Maßnahmen zu reflektieren und Handlungsmöglichkeiten für die Zukunft abzuleiten. Die Auseinandersetzung mit den skizzierten Entwicklungen findet in den untersuchten Landkreisen Holzminden und Northeim bereits seit längerer Zeit statt. Damit einhergehend erfolgt insbesondere im Landkreis Holzminden eine breit angelegte Öffentlichkeitsarbeit und Sensibilisierung zum Thema „Demographischer Wandel“ in Form von Demographieberichten, Vorträgen und regionalisierten Bevölkerungsvorausberechnungen. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur versucht zudem, mit Modellvorhaben der Raumordnung anzusetzen, um innovative und experimentelle Wege für den Umgang mit den Veränderungen aufzuzeigen. Zwar werden mit Modellvorhaben beispielsweise für einen bestimmten Zeitraum Fördermittel generiert, läuft die Förderung jedoch aus, ist das Resultat des Modellvorhabens häufig auf Wissensvermittlung und Transparenz reduziert.5 Nichtsdestotrotz bieten Modellvorhaben eine Vielzahl von Erfahrungen und Anregungen und tragen dazu bei, räumliche Leitbilder in die Praxis zu transferieren.

In den untersuchten Landkreisen werden zahlreiche Modellvorhaben und Projekte genutzt. Diese bieten innovative Reaktionen auf Probleme, die infolge der Veränderungen der Altersstruktur und Bevölkerungsabnahme auftreten. Bereits seit längerer Zeit werden Kooperationen in den südniedersächsischen Landkreisen wie auch über Landkreisgrenzen hinweg forciert. Innerhalb der Modellvorhaben erfolgt die Einbringung neuer Maßnahmen in die Region, was sich positiv auf angrenzende Kreise und Kommunen auswirken kann. Hindernisse bei der praktischen Umsetzung Die Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis entsteht in den ausgewählten Bereichen der Daseinsvorsorge, Grundschulbildung und hausärztliche Versorgung, häufig durch die verschiedenen Zuständigkeiten und aufgrund der herrschenden „Kirchturmpolitik“ auf Ebene der Kommunen. Die Kassenärztliche Vereinigung verlässt sich häufig „blind“ auf den Versorgungsgrad in den Planungsbereichen.6 Eine Abstimmung mit der Regionalplanung wäre an dieser Stelle sinnvoll, da so auf räumliche Charakteristika besser eingegangen werden könnte. Der Wettbewerb um Einwohner ist insbesondere in ländlichen, peripheren Regionen sehr ausgeprägt. Es wird häufig der eigene Vorteil in das Zentrum des politischen Handelns gestellt, wodurch übergeordnete Ziele aus dem Blickfeld geraten. Anderseits kann man es keinem Bürgermeister „verübeln, dass er um jeden Einwohner kämpft”.7 Potenziale erkennen und nutzen Der demographische Wandel und die damit verbundenen Risiken einer weiteren Ausdünnung der Infrastrukturen in sämtlichen Bereichen der Daseinsvorsorge gibt der Forderung nach Kooperation zwischen den Gemeinden eine existenzielle Dimension. Einzelne Kommunen in ländlichen, peripheren Regionen, können die Trends weder bremsen noch die notwendigen Anpassungen allein vornehmen. Bildungseinrichtungen jeglicher Form sind ein wichtiger Bereich öffentlicher Daseinsvorsorge. Als soziale Infrastruktureinrichtungen haben sie einen großen Anteil an der Sicherung der gleichwertigen Lebensbedingungen.

Potentiale hat hier die Regionalplanung, die mit der Aufstellung von regionalen Raumordnungsprogrammen und Regionalplänen auf regionale Besonderheiten der Bevölkerungsentwicklung reagieren kann. Schwerpunktbereiche im Umgang mit dem demographischen Wandel sind in fast allen Regionen der ÖPNV, der Bildungsbereich und die allgemeine medizinische Versorgung, um eine höchstmögliche Daseinsvorsorgequalität zu gewährleisten. Zusätzlich ist im Rahmen der Regionalplanung und Raumordnungspolitik die Verteilung der Bildungseinrichtungen für die Absicherung des Netzes zentraler Orte von Bedeutung. Allgemeine, übergeordnete Zielsetzungen sind für eine erfolgreiche Entwicklung der Landkreise unerlässlich. Die Vermittlung zwischen den verschiedenen Ebenen der Raumplanung und die Kommunikation der zuständigen Akteure mit den Institutionen der Planung sind weiter zu verbessern.

The study shows that the two administrative districts are putting a strong emphasis on dealing with the consequences of demographic changes and maintaining the future provision of general medical care and primary education. However, there is an existing gap between the theoretical recommendations and the application of these recommendations. Only through the complex involvement of different parties and good cooperation among them will demographic changes be manageable.

theory and practice in handling the demographic change in peripheral, rural spaces – possibilities of action for spatial planning  Today many rural regions in Germany

1 Küpper, Patrick: „Regionale Reaktion auf den demographischen Wandel

are confronted with the consequences of demographic changes. These consequences of depopulation, increase of an aging population and low birth rate are having an effect on nearly all areas of life. Prognoses forecast a continuation of a decreasing population in the future. Especially in peripheral, rural regions further actions are needed to sustain the provision of services of general interest. By considering ongoing scientific debates, this thesis develops theoretical recommendations for maintaining infrastructure, the provision of services of general interest within a reasonable distance, and an elevated standard of living. In the context of these issues, the thesis takes two administrative districts in Lower Saxony – the districts of Holzminden and of Northeim – as examples for analyzing the degree to which theoretical recommendations are put into practice. The focus is on possible actions to ensure general medical care and primary education because these two services are mandatory and greatly affected by demographic changes.

Bundesrepublik Deutschland zwischen 1990 und 2020". In:

in dünn besiedelten, peripheren Räumen: Ergebnisse einer deutsch landweiten Befragung". In: Raumforschung und Raumordnung 68. Hannover 2010, Heft 3, S. 171 2 Schlömer, Claus: „Die privaten Haushalte in den Regionen der Informationen zur Raumentwicklung 3. 2004, Heft 4, S. 135 3 NIW – Niedersächsisches Institut für Wirtschaftsförderung: Gestaltung der Daseinsvorsorge im demographischen Wandel für das Gebiet der Regionalen Entwicklungskooperation Weserberglandplus. Zusammen fassung der Untersuchungsergebnisse und Konsequenzen für die regionale und kommunale Entwicklungspolitik, erarbeitet im Auftrag der Regionalen Entwicklungskooperation Weserberglandplus, vervielfältigtes Manuskript, Hannover 2009, S. 12 4 Köppen, Bernhard: „Kommunen und demografischer Wandel in Deutschland – regionale Muster". In: Heinelt, Hubert/Vetter, Angelika (Hg.): Lokale Politikforschung heute. Wiesbaden 2008, S. 280 5 Wiechmann, Thorsten/Mörl, Katharina/Vock, Alexander: „Evaluation von Modellvorhaben der Raumordnung". In: Informationen zur Raum entwicklung 1. 2012, Heft 2, S. 79 6 Spiegel-Online: Ärztemangel – Örtlich betäubt. www.spiegel.de/ gesundheit/diagnose/landaerzte-datenanalyse-zum-mangel-wo aerzte-fehlen-a-1013906.html, 21.1.15 7 Interview im Rahmen der Projektarbeit

julia von der decken, lena rospunt BetreuerInnen: Prof. Dr. Rainer Danielzyk, Linda Lange Raumordnung und Regionalentwicklung

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forschung

Promotion Forschung Lehre Workshop

innerstädtische flusslandschaften im spiegel der lokalen planungskultur > SEITE 164

dörfliche freiraumkultur im 19. und frühen 20. jahrhundert

auswirkungen von kurzumtriebsplantagen auf das landschaftsbild

praktiken reflexiven entwerfens

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betriebsoptimierung bei verkaufsstätten mit hoher energiedichte (effshop)

forschungsförderung fakultät für architektur und landschaft

jüdische landwirtschaftliche und gartenbauliche lehrgüter/ausbildungsstätten

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territories – stadt-land-strategien

lost islands, venice lagoon

foodscapes

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firmen fördern vielfalt

buchen besuchen

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perspektivwechsel: münsterländer parklandschaft 2.0

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innerstädtische flusslandschaften im spiegel der lokalen planungskultur

Flusslandschaften sind Ausdruck einer vielschichtigen Siedlungskultur. Insbesondere in innerstädtischen Verdichtungsbereichen treffen unterschiedlichste Nutzungs- und Gestaltungsansprüche aufeinander und prägen diese Kulturlandschaften maßgeblich.1 Dabei entstehen vielfältige, sehr unterschiedliche Flusslandschaften in vergleichbaren Städten mit identischen rechtlichen Rahmenbedingungen und analogen städtebaulichen Voraussetzungen. Charakteristisch für die Gestaltung von Flusslandschaften in der Stadt sind eine Vielzahl an Akteuren aus Verwaltung und Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft sowie deren konvergierende Handlungslogiken (zwischen Naturschutz, Wasserwirtschaft und marktwirtschaftlichen Interessen) und Einflussmöglichkeiten (mittels unterschiedlicher Instrumente und Finanzierungsmöglichkeiten) auf unterschiedlichen räumlichen Betrachtungsebenen. Fasst man den Raum als Ausdruck der Gesellschaft und ihrer Bedürfnisse auf, so sind Flusslandschaften in der Stadt heute ein Produkt gesellschaftlicher Aushandlungsprozesse auf lokaler Ebene.2 Diese Aushandlungsprozesse sind es, welche die Planung und Umsetzung in der Praxis entscheidend beeinflussen und die Kultur der Planung in besonderem Maße ausmachen. Einen Erklärungs- und Forschungsansatz dieser Umsetzungsvielfalt in der Planungspraxis bietet die Planungskultur-Forschung. Die Dissertation ging der Frage nach, inwiefern sich die jeweiligen lokalen Planungskulturen auf die Entwicklung von Flusslandschaften in der Stadt auswirken. Der Begriff der lokalen Planungskultur wird hierbei als theoretische Perspektive zur Erfassung der (kulturellen) Einflussfaktoren auf Planungsprozesse genutzt (welche wiederum die Vielfalt erklären können). Die Diskussion um Planungskulturen erlebt in den letzten Jahren vor allem im deutschsprachigen Diskurs einen Aufwind, jedoch wird der Begriff Planungskultur in mannigfaltiger Art und Weise gebraucht und definiert.3 Gemein ist diesen Ansätzen, dass es sich um einen Erklärungsansatz in Bezug auf

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die Unterschiede räumlicher Planungen in der Praxis handelt. Planungskulturelle Ansätze stellen lokalspezifische Planungspraktiken, unterschiedliche Herangehensweisen und differierende Werte- und Normvorstellungen in den Vordergrund der Analyse. Wie diese kulturellen Einflussfaktoren jedoch ermittelt, analysiert sowie übersetzt und dargestellt werden, variiert in hohem Maße. Neben einer Weiterentwicklung von Planungskultur als planungstheoretische Perspektive leistet diese Dissertation auch einen theoretisch fundierten Beitrag zur Operationalisierung planungskultureller Ansätze. Am Beispiel innerstädtischer Flusslandschaften wird die Benennung der kulturellen Einflussfaktoren konkret – also die Frage, wie Planungskulturen analysiert werden können. Versteht man räumliche Planung generell als kulturelle Handlung, so wird deutlich, dass die kulturellen Einflussfaktoren der Planung 1 stark von den Akteuren, ihren Selbstverständnissen und Handlungen sowie dem gemeinsam entstehenden Prozess abhängt. Mithilfe der Grounded-Theory-Methodologie als experimentelle Herangehensweise wurden in einem deduktiv-induktiven Wechselspiel Schlüsselkategorien dieser kulturellen Handlungen entwickelt. Identifiziert wurden drei maßgebliche Schlüsselkategorien: Die Prämissen der Zusammenarbeit 2 können als der Rahmen des Miteinanders angesehen werden, also rechtliche Vorgaben, finanzielle Mittel für den Planungsprozess, aber auch die historische Einbettung in den Gesamtkontext. Darüber hinaus spielen die einzelnen Akteure und Akteursgruppen sowie ihre Organisations-Charakteristika 3 eine wichtige Rolle. So stellt sich beispielsweise das Selbstverständnis der Wasserwirtschaft anders dar als das des Stadtplanungsamts oder der Bürgerinitiativen. Das Prozess-Paradigma 4 beschreibt, wie die Akteure und Akteursgruppen miteinander arbeiten und umgehen, welche Möglichkeiten sich ergeben und welche Grenzen dem System immanent sind. Das Prozess-Paradigma ist stark lokalspezifisch und bildet sich in der Zusammenarbeit heraus. Anhand dieser Schlüsselkategorien wurden die Regensburger und Nürnberger Flusslandschaften im Spiegel ihrer lokalen Planungskulturen analysiert und vergleichend dargestellt.

urban riverscapes and their local planning cultures  In the last decade, urban riverscapes have re-emerged as one of the main issues of urban planning and development. Differing factors have brought urban riverscapes to the attention of diverse stakeholders, demands, functionalities, programs, and directives. The resulting complex conditions and framing starting points for urban planning are very demanding. Especially the idea of an integrative perspective on riverscapes has as a consequence not only the consideration of aspects of traditional water management, such as water quality or flood management. Rather, respecting and considering multiple demands – such as economic interests, ecological aspects, the historical importance, sociological conditions or an infrastructural perspective – lead to sustainable land use management. The complex and varied influences of the local cooperation of the actors, their self-perception and position in decision-making, and their ability to communicate with other experts or politicians – in other words, their cultural imprint – plays a crucial role in managing urban riverscapes. Based on the theoretical approach of planning cultures, the dissertation develops an analytical framework to come to a deeper understanding of local planning cultures in the context of integrated water management.

1 Siehe Abb. auf S. 45: Innerstädtische Flusslandschaften im Spiegel der lokalen Planungskultur 2 Vgl. Galler, Carolin/Levin-Keitel, Meike: „Innerstädtische Flussland schaften als integriertes Handlungsfeld – Planungspraktische Einflussfaktoren der Koordination und Kooperation". In: Raumforschung und Raumordnung 74. 2016, Heft 1, S. 24 3 Wiering, Mark/Immink, Irene: „When water management meets spatial planning: a policy-arrangements perspective". In: Environment and Planning C: Government and Policy 24. 2006, Heft 3, S. 435 4 Othengrafen, Frank: Uncovering the Unconscious Dimensions of Planning. Using Culture as a Tool to Analyse Spatial Planning Practice. Farnham 2012

dr. meike levin-keitel Promotion Institut für Umweltplanung, Raumordnung und Regionalentwicklung

dörfliche freiraumkultur im 19. und frühen 20. jahrhundert

dargestellt am südlichen sauerland 

Das „alte Dorf“ mit Bauerngarten und Obstwiesenkranz, Dorflinde und Dorfteich – solchen Klischees sollte eine differenzierende Aufarbeitung der Geschichte dörflicher Freiräume und Freiraumkultur entgegengesetzt und ihre räumliche, zeitliche und gesellschaftliche Variabilität nachgewiesen werden. Dabei wurde das Thema auf den Zeitraum 19. bis frühes 20. Jahrhundert und auf das südliche Sauerland (Kreis Olpe) als Untersuchungsregion eingegrenzt. Es kam ein Bündel von Methoden zum Einsatz: Literaturarbeit, Akten-, Karten- und Bildauswertung, Interviews, Spurensuche vor Ort und ein enger Austausch mit den bürgerwissenschaftlich Aktiven der Region.1 Am Anfang der Untersuchung stand die Analyse der preußischen Urhandrisse aus den 1830er Jahren. Die identifizierten Freiräume wurden klassifiziert. Es konnte nachgewiesen werden, dass natürliche Voraussetzungen wie Boden, Relief und Klima, dazu vor allem Erbrechtstradition und Ortsgröße die jeweiligen Freiraummuster bestimmten und örtlich differenzierten. Entlang von drei Entwicklungssträngen wurde der Wandel dörflicher Freiraumkultur untersucht: die Veränderungen in der Landwirtschaft, die Entwicklungen im Garten- und Obstbau sowie das Aufkommen der Freizeit am Ende des 19. Jahrhunderts. Bereits im frühen 19. Jahrhundert wirkten agrarreformerische Aktivitäten auf die dörflichen Freiräume, etwa durch die Förderung neuer Anbaufrüchte. Staatliche landeskulturelle Verfahren machten es in der Folgezeit möglich, dichte Siedlungsbereiche aufzulockern und die Ortsentwicklung zu lenken; durch Umlegungen konnten Flächen für den Gemeinschaftsbedarf, zum Beispiel Bleichplätze, ausgewiesen oder gesichert werden. Die Entwicklungen im Garten- und Obstbau wurden zunächst über die Förderung der Schulgärten vorangetrieben. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts professionalisierte sich der Gartenbau zunehmend: In den Hanglagen des Rothaargebirges entstand ein überregional bedeutsames Baumschulgebiet, das auch die Gehölzverwendung in der Region diversifizierte. Nach

und Wandel dörflicher Freiraumkultur konnte den nach wie vor zugkräftigen Klischees vom „alten Dorf“ entgegengewirkt und aufgezeigt werden, wie ortsgeschichtlich orientierte Überlegungen zur Dorfentwicklung auf eine fundierte Grundlage gestellt werden können, die nachvollziehbar und nachprüfbar ist.

provincial open space culture in the 19th and early 20th century – demonstrated for the southern sauerland region, germany  Sonntagsvergnügen: Kegelbahn am Waldrand, 1909 der Eröffnung der ersten Eisenbahnlinie 1861 bildete sich in den Bahnhofsdörfern ein ausreichender Kundenstamm für die Kunst- und Landschaftsgärtnerei: Hier verbürgerlichte die Gartenkultur. Der Industrialisierungsschub entlang der Bahnlinie löste eine Fülle weiterer Veränderungen aus. Dazu gehörte das Aufkommen der „freien Zeit“ bei der nicht landwirtschaftlich beschäftigten Bevölkerung. Erholen, Spielen und Sporttreiben ließen völlig neue Freiraumtypen entstehen. Dabei fand eine Auffächerung statt, in der sich die diversifizierende ländliche Gesellschaft widerspiegelt. Auch neue Formen der Geselligkeit brachten neuartige Freiraumnutzungen mit sich: Umzüge und Feierlichkeiten unter freiem Himmel, die weder familiäre noch kirchliche Anlässe hatten – allen voran das Schützenfest. Seit dem späten 19. Jahrhundert motivierten positive Landschaftsbeschreibungen, die werbenden Maßnahmen des Sauerländischen Gebirgsvereins (SGV) sowie die gute Erschließung durch die Eisenbahn die Menschen in den Ballungsräumen an Rhein und Ruhr, das Sauerland zu entdecken. Es entstanden Gartenwirtschaften und Aussichtstürme, Schwimmbäder und Kurparks. Sommerfrischler verbrachten mehrwöchige Urlaube auf dem Bauernhof. Viele landwirtschaftliche Betriebe gestalteten ihre Hofräume zu Vorgärten mit Blumenbeeten und Gartenlaube um, Obstwiesen wurden zu Liegewiesen für Luft- und Sonnenbäder. Die Untersuchung entlang der drei benannten Entwicklungsstränge mündet in eine Klassifizierung der dörflichen Freiräume um 1930. Mit den Ausführungen zur historischen Bedingtheit und zu Kontinuität

The objective of this dissertation was to conduct a differentiated appraisal of the history of provincial open spaces and open-space cultures and to provide evidence for spatial, temporal, and societal variability. The focus for the analysis was the 19th and early 20th centuries. The southern Sauerland region of Germany served as the case study area. A set of methods was used including document reviews, interviews, and field studies. It could be demonstrated that around 1830 natural conditions such as soil, relief, and climate, in combination with social contexts such as the size of the village or inheritance law regulation, substantially determined and separated the respective open-space patterns of these areas. We subsequently evaluated changes in provincial open spaces and open-space cultures according to three main development paths: changes in agriculture, the development of horticulture and orcharding, and the emergence of leisure time at the end of the 19th century. The analysis of these three development paths resulted in a classification of those provincial open spaces that were characteristic for the southern Sauerland region at the end of the of the period under consideration, i.e. around 1930. The dissertation was thereby able to illustrate the diversity of provincial open spaces against the currently widespread cliché of the old village. 1 Download der Dissertation: www.nbn-resolving.de/urn:nbn:de:hebis:34-2016112351543

dr. roswitha kirsch-stracke Promotion Institut für Umweltplanung, Landschaftspflege und Naturschutz

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auswirkungen von kurzumtriebsplantagen auf das landschaftsbild

Angesichts des Klimawandels und schwindender fossiler Energieressourcen ist eine Umstellung des Energiesystems auf regenerative Energieträger unausweichlich. Der Energiepflanzenanbau ist allerdings mit starken Umweltveränderungen verbunden, zum Beispiel wenn es zum großflächigen Anbau von Maiskulturen kommt. Besonders starke Auswirkungen auf das Landschaftsbild und die Erholungseignung der Landschaft haben hochwachsende Energiepflanzen, die das Landschaftsbild der offenen Agrarlandschaften stark verändern. In Zukunft könnte der Anbau von schnellwachsenden Gehölzen wie Weiden und Pappeln in Kurzumtriebsplantagen (KUP), die in drei Jahren bis zu ihrer Ernte ca. acht Meter Höhe erreichen, zu weiteren Landschaftsveränderungen führen. Das Ziel dieser kumulativen Dissertation war es, die Auswirkungen von KUP als eine besonders hochwüchsige Form von Energiepflanzen auf die ästhetische Qualität und die Erholungseignung der Landschaft herauszufinden. Fokussiert wurde die Frage, ob und wie sich die Auswirkungen des Anbaus von KUP in unterschiedlichen Landschaftstypen unterscheiden. Die Dissertation stützt sich methodisch vor allem auf drei Befragungen. Aus den Ergebnissen einer ersten Befragung zur allgemeinen Erholungsnutzung und Akzeptanz von Landschaftsveränderungen wurden Hypothesen zu den Auswirkungen von KUP hergeleitet. Auf Grundlage dieser Hypothesen wurden Szenarien des KUP-Anbaus für unterschiedliche Landschaftstypen entwickelt und durch 3D-Visualisierungen veranschaulicht. Diese wurden in einer zweiten, spezifizierten Befragung über die Auswirkungen von KUP auf die ästhetische Qualität und die Erholungseignung der Landschaft verwendet. Die Ergebnisse der zweiten Befragung, mit denen die wissenschaftlichen Hauptfragestellungen der Dissertation beantwortet werden, wurden anschließend praxisrelevant aufbereitet. Zum einen flossen die Ergebnisse in eine neu entwickelte Bewertungsmethode ein, mit der die Auswirkungen von KUP nutzerunabhängig und auf Basis

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eines Geoinformationssystems auf der Ebene landwirtschaftlicher Betriebe erfasst und bewertet werden können. Zum anderen wurde in einer dritten Befragung, dieses Mal von Landwirten, Wissenschaftlern und Behördenvertretern, ermittelt, inwieweit die empirisch festgestellten Maßnahmen zur Aufwertung des Landschaftsbilds beim Anbau von KUP in der Praxis Akzeptanz finden und welche Maßnahmen präferiert werden. Die wissenschaftlichen Hauptergebnisse der Dissertation zeigen, dass Kurzumtriebsplantagen abhängig vom Landschaftstyp und ihrem Anteil in der Landschaft sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf das Landschaftsbild haben können. Besonders positive Auswirkungen haben KUP zum Beispiel in weiträumigen, offenen Agrarlandschaften, in denen sie der Landschaft als neue Landschaftselemente Struktur verleihen. Hingegen sind Landschaften mit einem hohen landschaftsästhetischen Wert, etwa strukturreiche Kulturlandschaften, empfindlicher gegenüber KUP, da die vorhandenen vielfältigen Strukturen durch die neu eingebrachten KUP überlagert werden. Auch durch die Anbauform, zum Beispiel streifenförmiger Anbau, den Anbau unterschiedlicher Altersklassen und die Pflanzung von Blüh- oder Heckenstreifen entlang der KUP kann die landschaftsästhetische Qualität in allen Landschaften deutlich erhöht werden. Wichtig für die Akzeptanz der Maßnahmen zur Aufwertung des Landschaftsbilds unter Landwirten ist, dass sich diese in die Betriebsabläufe integrieren lassen. KUP als neues Landschaftselement eröffnen Chancen, die Vielfalt und Schönheit der Agrarlandschaft zu erhöhen, wenn die in der Arbeit identifizierten landschaftsästhetischen Kriterien bei der Ausgestaltung der künftigen Umwelt-, Naturschutz- und Agrarpolitik, bei der Beratung landwirtschaftlicher Betriebe und in künftigen formellen und informellen Planungen berücksichtigt werden.

quality of the landscape. The focus was on the investigation of the sensitivities of different landscapes types towards the cultivation of SRC. The main scientific findings of this dissertation show that SRC can have both positive and negative effects on the visual landscape, depending on the landscape type and the amount of SRC in the landscape. While SRC have very positive effects on the visual landscape in open arable landscapes, landscapes with a high scenic value such as small-structured agrarian landscapes are more sensitive to the introduction of SRC. The cultivation of SRC in strips and different age classes compared to standard cultivation and of setting up flower strips or hedges along the SRC plantation strongly enhance scenic beauty in all landscape types. Measures to increase the aesthetic quality of SRC are more widely accepted by farmers if they can be readily integrated into management. The cultivation of SRC gives new opportunities to increase diversity, scenic beauty, and recreational qualities of the landscape, if the aesthetic criteria identified in this dissertation are integrated into future agricultural policies and consultation with agricultural businesses.

Beispielhafte Visualisierung einer strukturreichen Kulturlandschaft mit Kurzumtriebsplantagen auf 60 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche

the effects of short rotation coppice on the visual landscape  The aim of this dis-

dr. thiemen boll

sertation was to investigate the impacts of the cultivation of short rotation coppice (SRC) as a particularly high-growing energy crop on the visual and recreational

Promotion Institut für Umweltplanung, Landschaftspflege und Naturschutz

praktiken reflexiven entwerfens

entwerfendes forschen. forschendes entwerfen in architektur und landschaftsarchitektur  Mit

der Veröffentlichung Praktiken reflexiven Entwerfens. Entwerfendes Forschen / Forschendes Entwerfen in Architektur und Landschaft wird die Thematisierung Reflexiven Entwerfens im Forschungsdiskurs fortgesetzt, vertieft und erweitert. Es werden die Beiträge des Internationalen Symposiums „DARA. Entwerfen und Forschen in Architektur und Landschaft“ veröffentlicht, das im April 2016 an der Fakultät für Architektur und Landschaft der Leibniz Universität Hannover mit Professoren, Professorinnen, Promovierenden und Postdocs der Architektur und Landschaftsarchitektur sowie Architekten und Architektinnen aus der Praxis stattgefunden hat. Wo finden sich forschende Anteile beim Entwerfen und wo die kreativen Prozesse in der entwurfsbezogenen Forschung? Welche Ziele sind damit konkret verbunden? Ähnlichkeiten und Unterschiede bei der Wissensgenerierung sowie der Gewinn, der aus diesen Beobachtungsperspektiven entspringt, werden sichtbar und vergleichbar. Es wird ein Spektrum reflexiver Praktiken zur Generierung von Wissen und Gestaltung vorgestellt, das den gesamten Zyklus von Analysieren und Synthetisieren, von Erdenken, Erfinden, Präzisieren, Umsetzen und Kommunizieren einschließt. Die drei Subthemen „Erfinden“, „Experimentieren“ und „Katalysieren“ gruppieren die einzelnen Beiträge. Das „Erfinden“ in der Architektur und Landschaftsarchitektur wird sowohl mit kreativen Sprüngen im Entwurfsprozess als auch mit dem Entdecken und Entwickeln von Konzeptionen und Positionen oder von Themen für spezifische Entwürfe verbunden. Dabei spielen ebenso Vorbilder und Referenzen wie theoretische und gebaute Modelle als Wahrnehmungs-, Denk-, Erfahrungs- oder Erfindungsinstrumente eine Rolle und werden in den Beiträgen von Hilde Léon, Christiane Sörensen und Antje Buchholz vorgestellt, explizit oder implizit charakterisiert und als kreative Konstellationen und Praktiken beschrieben. Inwiefern und auf welche Weise tritt das „Experimentieren“ in Entwurfsprozessen auf bzw. wie kann

es als forschende Tätigkeit mit ihnen verbunden sein? Wie bringt es neues Wissen, neue Erkenntnisse und Gestaltungen hervor? Michael Schumacher, Verena Brehm und Laura Kienbaum zeigen in ihren Beiträgen, die von konkreten Beispielen ausgehen, mit unterschiedlichen Intentionen Praktiken des Experimentierens im Entwurfs- und Forschungskontext von Architektur und Städtebau auf. In der Sektion „Katalysieren“ suchen die Beiträge von Christoph Grafe, Lara Schrijver und Katja Benfer/ Cyrus Zahiri nach neuen Möglichkeiten, Konzepten und Ansätzen eines Forschens, das weiterführende Aktionen stimuliert. Dabei werden Ausstellungen von Entwurfsprojekten, ungewöhnliche Konzepte im Kontext von Lehren und Forschen sowie die Thematisierung von Emotionen als Katalysatoren vorgestellt und der performative Charakter der Forschungen besonders betont. In einem übergreifenden Beitrag zeigt Margitta Buchert auf, wie die verschiedenen Praktiken und ihre Relationen aufschlussreiche und impulsgebende Einblicke in die Spannweiten forschenden Entwerfens und entwerfenden Forschens und die Beziehungen von Denken, Handeln und Wissen in Architektur und Landschaftsarchitektur geben.

practices of reflexive design  The publication gives insight into a broad range of research design and design research and the relations of thinking, acting, and knowledge in architecture and landscape architecture. Where does design show aspects of research and where can creative processes be found in design-related research? Which aims are related to this? Similarities and differences in generating knowledge and the gain resulting in such perspectives become visible and comparable. The essays show a range of reflexive practices for generating knowledge and design. It includes the cycle of analyzing and synthesizing, thinking, inventing, specifying, implementing, and communicating.

herausgeberin: margitta buchert mit beiträgen von katja benfer/cyrus zahiri, verena brehm, margitta buchert, antje buchholz, christoph grafe, laura kienbaum, hilde léon, lara schrijver, michael schumacher und christiane sörensen Forschung Institut für Geschichte und Theorie der Architektur, Architektur und Kunst 20./21. Jahrhundert

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betriebsoptimierung bei verkaufsstätten mit hoher energiedichte (effshop)

Shopping-Center weisen durch den notwendigen Luftaustausch mittels raumlufttechnischer Anlagen und der damit verbundenen thermischen Behandlungsfunktionen (Heizen, Kühlen) einen hohen Energiebedarf auf. Durch ein Benchmarking wurde ein Überblick über Shopping-Center unterschiedlichen Baujahrs und technischer Ausstattung in Deutschland erstellt. Zur Datenerfassung wurde ein Fragebogen erstellt und an die teilnehmenden Shopping-Center versandt. Zusätzliche oder fehlende Informationen wurden nachträglich durch Interviews und einen Vor-Ort Besuch erworben. Die gesammelten Informationen wurden analysiert und zu Kennwerten aufbereitet. Auf deren Basis erfolgte der Vergleich der Energieeffizienz von Shopping-Centern. Untersucht wurden 13 Shopping-Center verschiedener Baujahre. In den Shopping-Centern werden die Energiedienstleistungen unterschiedlich auf das Centermanagement sowie die Mieter aufgeteilt. Üblicherweise hat der Shopping-Center-Betreiber keinen Zugriff auf die Anlagentechnik sowie den Energieverbrauch im Mieterbereich. Somit konnten lediglich der Energieverbrauch und die Anlagentechnik untersucht werden, die dem Verantwortungsbereich der jeweiligen Centermanagements unterliegen. Der Großteil der untersuchten Shopping-Center weist ähnliche anlagentechnische Strukturen auf. Die Klimatisierung der Verkaufsflächen erfolgt üblicherweise mit reinen Nur-Luft-Anlagen. Die Außenluft wird zentral in der RLT-Anlage konditioniert und über die Luftkanäle zu den Shops befördert. In vier von den 13 zu untersuchenden Shopping-Centern kommen Luft-Wasser-Systeme zum Einsatz. Dabei wird zusätzlich mit örtlichen wasserdurchflossenen Kühlern und Erhitzern eine Nachkühlung bzw. -heizung vorgenommen, um die benötigte Zuluftkondition herzustellen. Der durchschnittliche elektrische Verbrauch in den zu untersuchenden Shopping-Centern während des Bezugszeitraums von 2012 bis 2014 beträgt 56 kWh/(m2·a), der nicht elektrische ca. 57 kWh/(m2·a).

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Stromverbrauch in Shopping-Center A (SC A)

Stromverbrauch in Shopping-Center B (SC B)

Mieterstrom 57 % Allgemeinstrom 43 % • HLKK-Anlagen 30 % • Aufzüge und Fahrtreppen 3 % • Sonstiges 10 %

Mieterstrom 57 % Allgemeinstrom (BA I) 27 % • HLKK-Anlagen 19 % • Aufzüge und Fahrtreppen 1 % • Sonstiges 7 % Allgemeinstrom (BA II) 16 %

Für eine Feinanalyse der Energieverbrauchsstruktur vorhandener Shopping-Center ist eine Messkampagne zur Erfassung der unterschiedlichen Energieströme und des thermischen Verhaltens der Shopping-Center erforderlich. Im Rahmen des Projekts haben zwei Shopping-Center (SC A und SC B) aus dem Raum München ihre Bereitschaft erklärt, als Demonstrationsgebäude an dem Monitoring teilzunehmen. Beide Shopping-Center verfügen über ein innovatives Energiekonzept mit Nutzung regenerativer Energiequellen wie eine oberflächennahe Geothermie. Auf Basis der vorhandenen Messtechnik in den zu untersuchenden Shopping-Centern, die bereits in der Bauphase des Gebäudes implementiert wurde, wurden im Rahmen des Projekts die notwendigen Zähler und Sensoren nachgerüstet, um nahezu alle Energieflüsse im Gebäude bilanzieren und eine genaue Aussage über die Effizienz der Anlagentechnik liefern zu können. Durch Aufbau einer automatischen, kontinuierlichen Datenübertragung konnten alle Messdaten in einer zentralen SQL-Datenbank auf dem Server des IEK langfristig gespeichert werden. Abschließend wurden anhand der erhobenen Messdaten die Energieverbrauchskennwerte der zu untersuchenden

Shopping-Center auf Monats- und Jahresbasis ermittelt sowie die Schwachstellen des Anlagenbetriebs identifiziert. Während des Betrachtungszeitraums von 2012 bis 2015 ist der größte Anteil des Stromverbrauchs mit durchschnittlich 57 Prozent in beiden Centern auf die Beleuchtung und die Elektrogeräte in den Mieterbereichen zurückzuführen. Hierbei trägt der Kunstlichteinsatz der Shops in besonderem Maße zu den hohen inneren Wärmelasten des Shopping-Centers bei. Von dem Allgemeinstromverbrauch entfällt mit durchschnittlich ca. 70 Prozent in beiden Centern der größte Anteil auf die HLKK-Anlagen zur Sicherstellung des angestrebten Raumklimas im Gebäude. Der Stromverbrauch für HLKK-Anlagen sowie der Wärme- und Kälteverbrauch in beiden Centern hängt stark von der Außentemperatur, dem Nutzerverhalten und dem Anlagenbetrieb ab. Der Stromverbrauch für die anderen Verbrauchsgruppen, wie zum Beispiel der Beleuchtung, der Fahrtreppen und der Aufzüge, ist nahezu konstant. Aufgrund der langen Betriebszeiten und der hohen inneren Wärmelasten sind die Shopping-Center besonders energieintensiv. Der durchschnittliche flächenspezifische Primärenergieverbrauch im Betrach-

elektrisch, kWh/(m²∙a)

nicht elektrisch, kWh/(m²∙a)

tungszeitraum lag bei 377 kWh/(m2·a) im SC A und bei 370 kWh/(m2·a) im SC B. Dabei hat der Stromverbrauch einen entscheidenden Einfluss auf den Primärenergieverbrauch eines Centers. Eine detaillierte Betriebsanalyse der RLT-Anlagen beider zu untersuchenden Shopping-Center weist auf ein deutliches Optimierungspotenzial hin. Durch richtig eingestellte Regelparameter oder eine ausreichende Wartung der Messtechnik könnte ein unnötig hoher Energieverbrauch vermieden werden. Die Ergebnisse und Erkenntnisse dieses Forschungsprojektes sollen Planern und Immobilienentwicklern als Grundlage für ein energieeffizientes Errichten, Betreiben und Modernisieren von Shopping-Centern dienen.

operation optimization at shopping center with high energy density (effshop) The main objective of the research project was to close the current knowledge gap of energy-efficient shopping centers. Due to their high energy demand and the increasing number of shopping centers, it is imperative to develop sustainable energy concepts for this type of building. The Institute of Design and Building

Spezifischer Allgemeinverbrauch der untersuchten Shopping-Center

Construction (IEK) was responsible for the project coordination and the research fields of “benchmarking” and “energy and operation monitoring.” This benchmarking enabled the production of an overview of the energy use and the building services engineering of existing shopping centers in Germany. In addition, an energy und operation monitoring was carried out in two existing shopping centers for the purpose of recording the energy flows in the buildings and the thermal behavior of the equipment. Based on the measured data, we analyzed both the energy use structure and the energy optimization potential in each of these two shopping cetners. The project partner in this research project was the Institute for Energy Efficient Buildings and Indoor Climate (EBC) at the E.ON Energy Research Center at RWTH Aachen University, whose research field was “supply systems with low exergy demand.” The project, which ran from June 2012 to September 2016, was funded by the Federal Ministry for Economic Affairs and Energy and led by Prof. Dr.-Ing. Dirk Bohne (IEK) and Prof.-Ing. Dirk Müller (EBC).

prof. dr. dirk bohne, elena bykhovskaya, leon engelmeyer, florian hintz, mu huang Forschung Projektabschluss Institut für Entwerfen und Konstruieren, Gebäudetechnik

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forschungsförderung fakultät für architektur und landschaft

Die allgemeinen Grundlagen für die Forschungsentwicklung der Fakultät für Architektur und Landschaft an der Leibniz Universität Hannover (LUH) und eine inspirierende Forschungsumgebung konnten durch verschiedene Aktivitäten des Forschungsdekanats von 2015 bis 2017 bereichert werden. Neue Formate zur Förderung der Kommunikation über Forschungsinhalte und potentielle Kooperationen sowie zur weiteren Qualifizierung von NachwuchswissenschaftlerInnen wurden eingeführt und aufgebaut: „Lunchtime Research Lectures“ sowie unterschiedliche Qualifizierungsangebote für Promovierende wie Beratungen und Workshop-Formate. Der „Tag der Promovierenden” wurde neu aufgelegt und „Aulet“, das seit 2013 bestehende Forschungsanreizprogramm der Fakultät für Architektur und Landschaft zur Erarbeitung von Forschungsthemen und Forschungsanträgen, im Zeitrahmen von 2015 bis 2017 erfolgreich weitergeführt. Lunchtime Research Lectures Mit Kurzvorträgen und anschließenden Diskussionen zeigten ProfessorInnen, Wissenschaftliche MitarbeiterInnen, Promovierende und Postdocs das vielfältige Forschungsspektrum der Fakultät auf. Der Informationsaustausch wurde intensiviert und die inhaltliche Vernetzung der forschenden Fakultätsmitglieder verstärkt. Ein informatives Rahmenwerk zu Fragestellungen, methodischen Herangehensweisen, Kooperationen und Netzwerken, aber auch zu Fördermöglichkeiten ergänzte dabei die thematische Auseinandersetzung. Somit wurde eine Bandbreite fachspezifischer Forschungspraxis kommuniziert. Beratungs- und Qualifizierungsangebote Das Spektrum an Qualifizierungsangeboten des Forschungsdekanats wurde durch die inhaltliche und strukturelle Beratung von Promovierenden und Promotionsinteressierten in allen Phasen der Projektarbeit ergänzt. Dabei wurde den Promovierenden und Promotionsinteressierten die Möglichkeit geboten,

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individuell und spezifisch, in Abhängigkeit vom Arbeitsstand, unabhängige Anregungen bezüglich der Organisation, der Schärfung der Fragestellung, der Arbeitsweise und des Zeitmanagements zu erhalten. Als unabhängige Stelle war das Forschungsdekanat auch ein Ansprechpartner für die Fakultät, nicht nur in Fragen der wissenschaftlichen Praxis, sondern auch zu Konflikten und zur strukturierten Promotionsbetreuung. Darüber hinaus konnte das Forschungsdekanat, als Multiplikator in der Schnittstelle zur Graduiertenakademie, bei Fragen der Forschungsförderung auf die jeweiligen Ansprechpartner des Netzwerks der Leibniz Universität Hannover verweisen. Promovierenden-Workshops Der „PUSH-Workshop – Promovieren, untersuchen und strukturiert handeln“ thematisierte Inhalte der Promotionsstrukturierung. Durch den Workshop „Strukturierte Kollegiale Beratung“ wurden Best-Practice-Beispiele und Lösungsansätze zu Fragestellungen in Bezug auf Prozessgestaltung sowie auf persönliche und strukturelle Organisation der Promotionszeit ermittelt und kommuniziert. Das experimentelle Veranstaltungsformat „Research Speed Dating“ schließlich thematisierte die strukturierte Themenclusterung, unterstützt durch individuelle Expertenberatungen. Auf großes Interesse traf der Workshop „Kreatives Schreiben“ am Tag der Promovierenden, bei dem unterschiedliche Schreibtypen vorgestellt und in Kurzübungen unterschiedliche Schreiberfahrungen, die den Einstieg und den Umgang mit dem Schreibprozess erleichtern können, getestet wurden.

Sciences of Leibniz Universität Hannover (LUH) enriched the general foundations for further research development and an inspiring research environment for the department as a whole. The office set up and developed new formats for promoting the communication of research results, for potential partnerships, and for the further qualification of young researchers. On the one hand, the “Lunchtime Research Lectures” showcased the full spectrum of research fields and methods represented in the faculty. On the other hand, various opportunities for PhD students to participate in consultations or workshops on topics such as process structuring, creative writing, or content clustering facilitated the personal career development of the younger scientists. The “PhD-Day” was renewed and “Aulet”, the research incentive program that was developed at the Faculty for Architecture and Landscape Sciences in 2013 to promote the preparation of research topics and research proposals, was continued successfully. Across all of these contexts, the broad spectrum of research in many disciplines on the qualities and design of sustainable environments, as well as the internal exchange of knowledge, served as enriching experiences.

Ausblick In allen Zusammenhängen wurden die fachlich große Bandbreite der verschiedenen auf die Gestaltung nachhaltiger Lebensumwelten gerichteten Forschungsprojekte und der interne Austausch als inhaltlich und methodisch sehr bereichernd hervorgehoben.

research support faculty of architecture and landscape sciences  In the period

prof. dr. margitta buchert, radostina radulova

between 2015 to 2017 the office of the Dean of Research at the Faculty of Architecture and Landscape

Forschung Forschungsdekanat / Office of the Dean of Research

jüdische landwirtschaftliche und gartenbauliche lehrgüter/ausbildungsstätten

Gartenbau, Landwirtschaft und auch Landschaftsarchitektur als selbstverständliche Bestandteile auch jüdischen Lebens in Deutschland im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert sind über lange Zeit von der Forschung vernachlässigt worden. Im Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus war Forschung vor allem auf den Holocaust fokussiert. Sofern die Alltagsgeschichte jüdischen Lebens ins Blickfeld der Forschung geriet, wurden Gartenbau und Landwirtschaft oft tendenziell ausgeblendet – eine Ausnahme ist zweifellos die Israelitische Gartenbauschule Ahlem, die in den vergangenen 15 Jahren in Bezug auf ihre Tätigkeit und ihren Einfluss in Deutschland und auch in Israel differenzierter untersucht worden ist. Im Dezember 2014 wurde das Forschungsprojekt „Jewish horticultural and agricultural schools/training centers in Germany and their impact on horticulture, agriculture and landscape architecture in Palestine/ Israel“ bewilligt. Das Forschungsprojekt unter Leitung von Prof. Dr. Tal Alon-Mozes von der Faculty of Architecture and Town Planning des Technion in Haifa und Prof. Dr. Joachim Wolschke-Bulmahn vom Zentrum für Gartenkunst und Landschaftsarchitektur (CGL) der Leibniz Universität Hannover ist diesem spezifischen Aspekt, der gärtnerischen und landwirtschaftlichen Ausbildung in Deutschland für jüdische Menschen im frühen 20. Jahrhundert, gewidmet. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf den Hachschara-Ausbildungsstätten, also auf Orten, an denen speziell für die Emigration nach Palästina ausgebildet wurde, aber auch andere Ausbildungsstätten werden einbezogen. Das Forschungsprojekt schließt an die Forschungen an, die vor mehr als 15 Jahren mit einem Forschungsprojekt zur Geschichte der Israelitischen Gartenbauschule Ahlem begonnen wurden. Im Rahmen dieses Projekts, in Kooperation mit Dr. Hans-Dieter Schmid, Prof. Dr. Claus Füllberg-Stolberg und Dr. Marlis Buchholz vom Historischen Seminar der Universität Hannover und Prof. Ruth Enis von der Faculty

of Architecture and Town Planning des Technion in Haifa sowie Dr. Shmuel Burmil, ebenfalls gefördert aus Mitteln des Niedersächsischen Vorabs der Volkswagen-Stiftung, wurde die Geschichte der jüdischen gärtnerischen Lehranstalt in Ahlem, die 1893 vom jüdischen Bankier Moritz Simon gegründet wurde und die von ihrer Gründung bis zur gewaltsamen Schließung durch die Nationalsozialisten 1941 herausragende Bedeutung für die gartenbauliche Ausbildung jüdischer Jugendlicher besaß, erforscht.1 Was haben sie zum Beispiel zur Entwicklung von Gartenbau und Landwirtschaft, zur Entwicklung des Siedlungswesens, zum entsprechenden Ausbildungswesen wie auch zur Landschaftsarchitektur in Israel beigetragen? Indem unter anderem die Biographien von Absolventen und Absolventinnen, die nach Israel emigriert sind, untersucht werden, kann ein differenzierteres Bild des „deutschen“ Einflusses auf die israelische „Landschaft“ gewonnen werden. Das Forschungsteam am CGL in Hannover widmet sich der Entwicklung und der Bedeutung der jüdischen Lehrgüter und anderer gartenbaulich-landwirtschaftlicher Ausbildungsstätten in Deutschland. Zu den Forschungsfragen zählen unter anderem: „Welche Lehrgüter hat es im frühen 20. Jahrhundert, teils lange vor der Zeit der NS-Diktatur, in Deutschland gegeben?“, „War der Zweck der Lehrgüter von Beginn an die Vorbereitung auf die Emigration nach Palästina und in andere Länder? Oder dienten sie vor allem auch der Berufsumschichtung innerhalb Deutschlands, der für den agrarischen und gartenbaulichen Bereich schon im 19. Jahrhundert Bedeutung zukam?“. Außerdem wird erforscht, wie die Ausbildung strukturiert war, welche Personen auf den Lehrgütern ausgebildet wurden und wer die Ausbilder waren. Die Fragen, wo die auf den Lehrgütern ausgebildeten jungen Leute anschließend in Deutschland tätig waren und wie sie gegebenenfalls fachliche Entwicklungen in anderen Ländern, vor allem auch in Palästina/Israel beeinflussten, bilden den Übergang zum Forschungsschwerpunkt der israelischen Kollegen und Kolleginnen aus Haifa. Das Forschungsprojekt wird Ende 2017 abgeschlossen. Das Ergebnis wird eine gemeinsame Publikation mit dem Technion in Haifa sein.

jewish horticultural and agricultural schools / training centers  In the course of the late 19th and early 20th century, more than 30 Jewish horticultural and agricultural training centers and schools were established in Germany to educate German Jews as well as Jews from other European countries, and particularly from Eastern European countries, in horticulture and agriculture. While these institutions aimed to prepare their graduates to emigrate from Germany, they also reflected the pull that the German land and the landscape had on the students, a topic which has been relatively neglected in the emerging research field of “everyday history” of Jewish life in Germany. Upon arriving in Palestine, graduates of these centers became involved in the establishment of new settlements in agricultural and horticultural activities, in agricultural education, and in practicing landscape architecture. Their impact on the emergence of the local landscape has never been researched in depth as has been the contribution of German planners (Kaufmann, Oppenheimer, etc.). Our research will explore the scopes and goals of these educational institutions in Germany. It will document the history of the schools and training centers, their curricula and the actual work and life of their students. In addition, we will investigate the role of the graduates of these centers in the development of the Zionist landscape of Israel.

1 Siehe dazu Schmid, Hans-Dieter: Ahlem. Die Geschichte einer jüdischen Gartenbauschule. Edition Temmen, Bremen 2008. Eine Neuauflage des Buchs ist in Vorbereitung.

prof. dr. joachim wolschke-bulmahn, janina hennig Forschung Zentrum für Gartenkunst und Landschaftsarchitektur Hannover (CGL)

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territories – stadt-landstrategien

Das Forschungsprojekt „Territories. Rural-urban Strategies“ wurde von der Abteilung Regionales Bauen und Siedlungsplanung, Prof. Jörg Schröder, zusammen mit dem Department für Architektur der Universität Palermo, Prof. Maurizio Carta, organisiert. Das Projekt und das Buch Territories wurden im DAAD-Programm „Hochschuldialog mit Südeuropa“ gefördert, finanziert mit Mitteln des Auswärtigen Amts. Der Schwerpunkt des Projekts liegt auf einem architektonisch-räumlichen Zugang zu Stadt-Land-Konstellationen, der in einer internationalen Konferenz und einem Workshop im April 2016 in Hannover erarbeitet und diskutiert wurde und dann in einer Konferenz im November 2016 in Palermo vorgestellt worden ist. Territories sammelt Projekte und Forschungen in Städtebau, Architektur und Landschaft anhand von 41 Orten und Räumen. Territories identifiziert die Potenziale von Stadt-Land-Schnittstellen für eine Vision räumlicher Zukunft: aufbauend auf implizitem Wissen vieler Akteure und auf Wissen, gewonnen durch Entwurf. An den Schnittstellen von Practice und Research, sowie Research und Design werden in der Konferenz und im Kolloquium vor allem auch zahlreiche Projekte als Emerging Research von jungen Stadtplanern, Architekten und Forschern kombiniert, in den Themenfeldern Flows, Places, Patterns, Fields, Practices, Tactics, Visions, Processes. Durch einen Workshop zusammen mit Masterstudierenden aus Hannover und Palermo werden die Themen der Konferenz direkt in die Lehre übertragen; auch mit einer Exkursion in den Raum Wendland – Elbe – Griese. Territories spricht die Potenziale von multiplicities of places in größermaßstäblichen Dimensionen an, die zu neuen Sichtweisen auf Stadt-Land-Verknüpfungen und -Kooperationen sowie zu Ideen des Habitats beitragen. Räumliches, kulturelles und soziales Kapital, seine Inwertsetzung für neue Strategien räumlicher Entwicklung und Resilienz stellt ein Feld großen öffentlichen und politischen Interesses dar. Sich erweiternde städtisch-ländliche Metropolregionen, neue Kooperationen in ländlichen Räumen und Städtenetzwerke, Siedlungsmuster an Küsten und in den

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Bergen werden nicht mehr nur als Zielfelder für verschiedene Politiken und Planungen wahrgenommen: Raum wird als aktiver Faktor und Potenzialgeber für wirtschaftliche, soziale und ökologische Zukunft verstanden. Territories führt dafür innovative Entwurfsund Forschungsperspektiven in Städtebau, räumlicher Planung, Architektur und Landschaftsarchitektur auf: als entwurfsbasierter Ansatz in Dynamiken größerer räumlicher Kontexte, mit dem zweifachen Ziel, ein aktuelles Bild von „Territorium“ zu vermitteln und zielgerichtet an Shared Visions räumlicher Zukunft zu arbeiten. Überblick der Veranstaltungen von Territories: Forschungskolloquium 14.04.2016, Internationale Konferenz 15.–16.04.2016, Workshop mit Masterstudierenden 17.–23.04.2016 in Hannover; Abschlußkonferenz 24.11.2016 in Palermo.

Territories: Orte der Forschungsprojekte

territories – rural-urban strategies The research project “Territories: Rural-urban Strategies” was organized by the Chair for Regional Building and Urban Planning of LUH, in cooperation with the Department of Architecture of the University of Palermo, represented by Prof. Maurizio Carta. The research project and the book Territories was realized within the framework of the University Dialogue Program for Southern Europe of the DAAD, which was supported by the German Federal Ministry of Foreign Affairs. Its focus on an architectural approach toward rural-urban constellations was discussed during an international

conference and workshop in April 2016 in Hannover and during a conference in November 2016 in Palermo. Territories collects urban design, architecture, and landscape projects and research for 41 places in Europe. Territories identifies the potential of rural urban interfaces for a vision of territorial futures built on implicit knowledge and on knowledge gained by design. Practice and research projects and emerging research approaches in the conference (organized in “Flows, Places, Patterns, Fields, Practices, Tactics”) were combined with the colloquium debate (“Visions, Processes”) and with a masterʻs student workshop. Territories addresses the potential of multiplicities of places in larger-scale perspectives, and in a rural-urban view of linkages and cooperation for habitat. Territorial and human capital, and their valorization for new spatial development and resilience strategies, constitutes a field of great public and political interest. Extended urban-rural metropolitan regions, new associations of rural areas and middle-city-networks, and coastline and mountain settlements are seen not only as targets of different policies and places of their realization, but as active factors and potential for economic, ecological, and social futures. Territories introduces innovative design and research perspectives of urbanism, planning, landscape, and architecture. It suggests a design-based approach to the dynamics of larger spatial ccontexts with a double task: communicating a current view of territories and synthesizing shared visions. Overview of manifestations of Territories: Research Colloquium 14.04.2016, International Conference 15.16.04.2016, Masterʻs student Workshop 17.-23.04.2016 in Hannover; Dissemination Conference 24.11.2016 in Palermo

luh: prof. jörg schröder, dr. maddalena ferretti, sarah hartmann, dr. emanuele sommariva universität palermo: prof. maurizio carta, dr. barbara lino, dr. luciana macaluso Forschung Institut für Entwerfen und Städtebau, Regionales Bauen und Siedlungsplanung

lost islands, venice lagoon

„Lost Islands“ und „Venice Lagoon“ sind eine Serie von Forschungsaktivitäten der Abteilung Regionales Bauen und Siedlungsplanung, die im Sommer 2016 von einem Forschungsworkshop in Venedig ausgingen. Eine erste Phase in Venedig („Lost Islands“) wurde kombiniert mit einer Forschungs- und Entwurfsphase in Hannover („Venice Lagoon“). „Lost Islands“ wurde in Kooperation mit dem Polytechnikum Mailand und der Universität IUAV Venedig organisiert und fand im Rahmen des Programms „Biennale Sessions“ der Architekturbiennale „Reporting from the Front“ in Venedig statt. Damit verbunden war die künstlerische Installation Die Insel, die nicht da ist im Juni 2016 – ein Boot, das sich für einen Tag zur Insel verwandelt – in der utopische Modelle für die Lagune gestaltet wurden. Die Ergebnisse der Phase in Hannover wurden mit der Installation Micro Lagoon im Juli 2016 im Großen Foyer der Architekturfakultät in Hannover präsentiert. Das Ziel des Forschungsworkshops war es, die Inseln der Lagune als vergessenen Teil des Habitats zu beschreiben. In der ersten Phase wurden Strategien erkundet, die, dem Thema der Biennale folgend, die Insel als kraftvollen Ort von Mensch-Natur-Interaktionen aktivieren. Die Inseln wurden daher als Möglichkeitsräume für Gestaltung und Kultur verstanden, als Aggregatoren sozialer und wirtschaftlicher Innovation. Die Perspektive der Inseln als Lebensräume trägt damit zu einer erneuerten Rolle des Ruralen in hybriden Metropolräumen bei. Die in dieser Phase entwickelten utopischen Modelle stellen eine erste Annäherung an widerstreitende Themen in der Lagune dar: Aufgabe von Orten, ökologische Fragen, Naturschutz, Denkmalschutz, regionales Branding, Kultur, Wissen und Innovation als Treiber räumlicher Entwicklung. In einem Ansatz von Research by Design konzentrierte sich die zweite Phase in Hannover auf die Methodik und Bewertung räumlicher Strategien, die präzise Antworten auf die Zukunftsfragen der Lagune vorschlagen können. Visioning wurde dabei als relevantes Entwurfswerkzeug eingesetzt, um alternative, sogar extreme Optionen räumlicher Entwicklung zu schärfen. Entwurfsprojekte mit architektonischer und

städtebaulicher Formulierung von räumlichen „Katalysatoren“ wurden als explorative Werkzeuge und strategischer Beitrag genutzt, um die Grenzen zwischen Land und Wasser, Süß- und Salzwasser, Land und Stadt anzusprechen. Das Potenzial und der Bedarf verstärkter Links als Verknüpfungen in der Lagune hat sich dabei sehr klar herausgestellt – auch in einem weiteren Fokus auf den Hafen, das Festland und den metropolregionalen Maßstab. Der Anstoß architektonischer Sichtweisen für die Zukunft der Lagune, auch experimentelle räumliche Interventionen, sind stark mit kulturellen und wirtschaftlichen Impulsen verbunden. Mit dem Interesse für das Knüpfen von Netzwerken, über Grenzen und Maßstäbe hinweg, proklamiert der Forschungsworkshop die Lagune als Habitat, als neues produktives Archipel.

lost islands, venice lagoon  “Lost Islands” and “Venice Lagoon” are a series of activities combined into a research workshop that was developed by the Chair for Regional Building and Urban Planning during the Summer Semester 2016. A first phase in Venice (“Lost Islands”) was followed by a research at the Leibniz University Hannover (“Venice Lagoon”). “Lost Islands” was developed in cooperation with the Milan Politecnico and with the Iuav Venice. It took place in June 2016, within the Biennale Sessions program of “Reporting from the front,” the 15th International Architecture Exhibition of La Biennale di Venezia. A connected artistic installation of a boat that turned into an

island for one day – “Lʻisola che non cʻè” – and presented utopian models for the Venice lagoon. The results of the research activities in Hannover, by contrast, were exhibited in the installation “Micro-Lagoon” in the Big Foyer of the Faculty of Architecture in July 2016. The aim of the research workshop was to look at the islands of the Venetian Lagoon as forgotten parts of habitat. In the first phase, starting from the Biennale theme, strategies were envisaged for the islands as places characterized by human-nature interfaces; the islands were understood as design and culture opportunities and as aggregators of social and economic innovation. Viewing the islands as spaces of life so contributes to a renewed role of rural qualities in hybrid metropolitan spaces. The utopias developed in this phase represented a first step toward focussing on the main themes regarding the lagoon today: abandonment of places; ecological issues; heritage protection; regional branding; and culture, knowledge, and innovation as engines of spatial development. In line with a “research by design” approach, the second phase in Hannover focused on the methodology and evaluation of spatial strategies that could provide precise answers to the Lagoon issues. Visions were retained as a relevant design tool for helping to bring into focus alternative, even sometimes extreme, options for the development of the Venice Lagoon. Architectural and urban-design projects for spatial catalysts were used as an explorative tool and strategic contribution to address borders between water and land, between freshwater and saltwater, and city and country. The demand for stronger ties across the Lagoon points toward the harbor, the mainland, and the metro-regional scale, and toward strengthening cultural and economic impulses through experimental spatial interventions. With the intention of weaving networks across borders and scales of reference, the research workshop proclaimed the lagoon as a habitat and new productive archipelago.

prof. jörg schröder, dr. maddalena ferretti, sarah hartmann Forschung Institut für Entwerfen und Städtebau, Regionales Bauen und Siedlungsplanung

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foodscapes

architekturen der nahrung für die metropole

hamburg  „Vom Löffel bis zur Stadt“ war ein Leitmotiv für Architektur und Design der Moderne. Anspruch und Reichweite moderner Formgebung wie auch ihre Hybris fanden darin Bezug zu industrieller Avantgarde. Nahrung als Zukunftsthema für Wirtschaft und Gesellschaft, als Türöffner für Regionalität und Ressourcenbezug wird in „Foodscapes“ mit architektonischen und städtebaulichen Entwürfen für den Metropolitanraum Hamburg bearbeitet. Nahrung steht im Mittelpunkt einer Recherche über prägnante und innovative Architekturen und ihre Rolle in der Stadt – als Modelltypen von Farm, Markt, Laden, Küche, Tafel und anderen mehr. Mit „Foodscapes“ werden in einem zweiten Schritt Räume in Stadt und Land untersucht, die durch Nahrung Motivation und Träger gesellschaftlicher und kultureller Integration werden. Sie sind Schauplatz einer aktiven Rolle von Architektur für die Region: Marktplätze, Markthallen, Umschlagplätze, Flüsse, Felder, Weiden und Plantagen werden im Bezug auf Nahrung als öffentliche Orte und Infrastrukturen in den Blick genommen; sie können als Treiber für eine Neuerfindung von Foodchains als regionale Innovation verstanden werden. Places and spaces von Anbau, Veredelung, Transport und Vermarktung von Nahrung werden Teil der Vision eines neuen Stadt-Land-Modells. „Foodscapes“ als Forschungsprojekt kooperiert mit der Ausstellung „Food Revolution 5.0“ des Museums für Kunst und Gewerbe Hamburg (MKG), die von Mai bis Oktober 2017 zu sehen ist. Masterstudierende in Architektur und Städtebau der LUH waren in die Forschung involviert, in einem forschungsorientierten Entwurfsprojekt im Winter in Kooperation mit dem MKG, vor allem mit der Kuratorin der Ausstellung „Food Revolution 5.0“ Dr. Claudia Banz. Die Initiative des Wettbewerbs „Brot und Spiele“ zur Auszeichnung von Hamburgs innovativster Kantine, die vom MKG im Rahmen der Ausstellung durchgeführt wurde, ging auch auf Diskussionen über „Foodscapes“ mit den Studierenden zurück. Zur Vorbereitung der Ausstellung wurden vom MKG ThinkTank-Workshops mit den verschiedenen beteiligten Wissenschaftspartnern veranstaltet aus den Bereichen

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Gestaltung und Design, Architektur, Planung, Ingenieur-, Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften. In dieser Konstellation hat die Abteilung Regionales Bauen und Siedlungsplanung mit der Expertise in Architektur, Städtebau und territorialer Planung beigetragen. Insgesamt war „Foodscapes“ damit Teil einer kombinierten Forschungs-, Kunst- und Design Ausstellung in einem avancierten interaktiven Modell.

Mensa 4.0, Lena Lauermann und Alexandra Eggers

foodscapes – architectures of food for the metropolis of hamburg  “From the Spoon to the City” has been a leitmotif of modernist architecture and design. This statement articulated a relationship between the claims and reach of modern design and composition – as well as their hubris – and the industrial avant-garde. “Foodscapes” employs architectural and urban design projects for the region of metro Hamburg to address food as a theme of the future for society and the economy, and as an entryway for thinking about regional specificity and natural and cultural resources. Food is the central focus of a research project on innovative and incisive types of architecture and their roles in the city – as model types of farm, market, shop, kitchen, table, etc. In a second step, “Foodscapes” examines urban and rural spaces that, through food, come to motivate and carry social and cultural integration. They become arenas for an active role for architecture in the region: through

their relationship to food, market squares, market halls, collection and distribution points, rivers, fields, pastures, and orchards are examined as public spaces and infrastructure. Together with the “Foodscapes’” idea of connections through water, spaces of water, meanings and uses, the river Elbe and its channel system, in the city and in the countryside, form a spatial line of connection. Places and spaces for the production, refinement and finishing, transportation, and marketing of food can become driving forces for a reinvention of “foodchains” as a form of regional innovation – and part of a vision for a new model of the city and the countryside. “Foodscapes” as a research project is being realized in cooperation with the exhibition “Food Revolution 5.0” of the MKG Museum of Arts and Crafts Hamburg from May to October 2017. As part of the “Foodscapes” research, masterʻs students of architecture and urban design from LUH were involved in an urban design laboratory during the winter of 2016/2017 in cooperation with the MKG and especially with the curator Dr. Claudia Banz. The initiative of the public competition “Brot und Spiele” to enhance Hamburgʻs working lunch culture and to identify the most innovative lunch tables of enterprises, which was organized by the MKG in the framework of the exhibition, also originated in discussions about “Foodscapes” and and from the contributions of LUH students. In preparation for the exhibition, Think Tank workshops among the numerous interdisciplinary partners for the exhibition were organized by MKG in the fields of design, architecture, planning, engineering, economics, and social sciences. In this constellation the Regional Building and Urban Planning section of LUH contributed with expertise in architecture, urban design, and territorial planning. In this sense, “Foodscapes” was thus part of a combined research and art & design exhibition in an advanced interactive mode.

prof. jörg schröder, sarah hartmann, dr. maddalena ferretti Forschung Institut für Entwerfen und Städtebau, Regionales Bauen und Siedlungsplanung

firmen fördern vielfalt

Seit Jahrzehnten wird ein anhaltender Rückgang der Artenvielfalt in der Agrarlandschaft beobachtet, der zunehmend nicht nur Naturschützer, sondern auch Akteure aus der Lebensmittelproduktion beschäftigt. Gerade Unternehmen aus der Biobranche möchten gerne erfassen und dokumentieren, was ihre Zulieferlandwirte durch die Bewirtschaftung ihrer Flächen zur Artenvielfalt beitragen und sie möchten aufzeigen, durch welche Maßnahmen diese Vielfalt auf den Betrieben noch gefördert werden kann. Erfassungen der Artenvielfalt auf landwirtschaftlichen Flächen erfolgen gewöhnlich in mehreren Kartiergängen vor Ort, die sich über einen Zeitraum von einigen Monaten erstrecken können. Solche Untersuchungen werden von den Unternehmen aufgrund des hohen Aufwands jedoch als unrealistisch angesehen. Hier setzt das Projekt „Firmen fördern Vielfalt“ an, das am Institut für Umweltplanung drei Jahre lang an der Entwicklung von einfach erfassbaren Indikatoren für die Messung der Artenvielfalt auf Zulieferbetrieben von lebensmittelerzeugenden Unternehmen geforscht und deren Aussagefähigkeit durch Vor-Ort-Erfassungen bestimmt hat. Um sowohl Praxisnähe als auch eine möglichst weite Verbreitung der Ergebnisse zu gewährleisten, wurde das Projekt in Kooperation mit einer Reihe von Praxispartnern durchgeführt, darunter die Assoziation ökologischer Lebensmittelhersteller (AöL), in der derzeit über 100 Unternehmen aus der Biobranche organisiert sind, die niedersächsische Landwirtschaftskammer und die Biolandberatung. Die Unternehmen Bionade, Hipp, Märkisches Landbrot und Neumarkter Lammsbräu sowie sieben landwirtschaftliche Betriebe begleiteten das Projekt engagiert. Zunächst wurden in einer umfangreichen Literaturstudie bisherige Forschungsergebnisse zur Artenvielfalt in der Agrarlandschaft ausgewertet und möglicherweise geeignete Indikatoren identifiziert, um diese zu modellieren. Auf Basis dieser Indikatoren wurden vorläufige Modelle entwickelt. Dabei legte das Forschungsprojekt den Schwerpunkt auf die Biotoptypen Äcker, Hecken und Raine. Die Indikatoren sollten ohne großen Arbeitsaufwand, im besten Fall

anhand von den Betrieben bereits vorliegenden oder einfach verfügbaren Daten, erhoben werden können. Anschließend wurden deutschlandweit, sowohl auf biologisch als auch auf konventionell bewirtschafteten Betrieben, Felduntersuchungen durchgeführt. Dabei wurden zum einen die bereits in der Literaturstudie identifizierten Indikatoren erhoben. Weiterhin wurden Kartierungen der Referenzartengruppen Vögel, Tagfalter und Pflanzen vor Ort durchgeführt. In statistischen Analysen identifizierten die Forschungsgruppe im Anschluss die Indikatoren sowie die daraus abgeleiteten Modelle, die die Artenvielfalt am besten vorhersagen. Die erarbeiteten Modelle wurden in die am IUP entwickelte landwirtschaftliche BetriebsmanagementSoftware „Manuela“ (Managementsystem Naturschutz für eine nachhaltige Landwirtschaft) integriert. „Manuela“ ist frei zugänglich, Open-Source-basiert und GIS-gestützt, so dass alle interessierten Landwirte, landwirtschaftlichen Berater und Unternehmen mit Hilfe dieses Systems kostenlos die Leistungen ihrer (Zuliefer-)Betriebe für Naturschutz und Artenvielfalt erfassen, analysieren, visualisieren und bewerten können. Auch die Planung von Maßnahmen zur Erhaltung und Förderung der Artenvielfalt auf landwirtschaftlichen Flächen wird durch dieses Instrument ermöglicht. Das Projekt wurde durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördert.

companies promote biodiversity  The research project “Firmen fördern Vielfalt – companies promote biodiversity” deals with the question of how species richness on farmland can be evaluated based on scientifically sound but at the same time easy-to-use indicators that can be used not only by scientists but also by practitioners. We developed literature-based models to predict the species richness of birds, butterflies, and plants on fields, in hedgerows, and on field margins and tested these models on different farms in Germany.

Das Spektrum der untersuchten landwirtschaftlichen Betriebe reichte von den konventionellen Betrieben in der Hildesheimer Börde …

… bis hin zu Demeter-Betrieben im Biosphären-Reservat Schorfheide-Chorin.

janine sybertz (autorin), sarah matthies, prof. dr. christina von haaren, prof. dr. michael reich Forschung, Projektabschluss Dezember 2016 Institut für Umweltplanung, Landschaftspflege und Naturschutz

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buchen besuchen

was menschen in der eilenriede machen  Mit fast 650

Hektar zählt Hannovers Stadtwald zu den größten Europas. Holzwirtschaftliche Nutzung spielt hier heute keine Rolle mehr. In den Vordergrund gerückt sind dafür die ökologischen Schutzfunktionen, aber auch die Bedeutung der Eilenriede als Erholungsraum. Die Eilenriedesatzung von 1956 verankert bereits in der Präambel das Ziel, „die Eilenriede […] als größtes und wichtigstes Erholungsgebiet in seinen besonderen Schutz zu nehmen und der Einwohnerschaft zu erhalten.“1 Über Tier- und Pflanzenarten in der Eilenriede gibt es eine Vielzahl umfangreicher Studien. Zur Erholungsnutzung liegen dagegen keinerlei Daten vor. Sieht man sie vor lauter Bäumen nicht – die Menschlein im Walde, ihre Bedürfnisse, Gewohnheiten, Konflikte? Wenn es um das Ausbalancieren von Naturschutz- und Erholungsansprüchen gehen soll, müssen beide Funktionen in den Fokus genommen werden: Wer also sind die Menschen in der Eilenriede? Was machen sie? Was wollen sie? Wo kommt es zu Konflikten? Stichprobenhafte Befragungen im Rahmen eines Seminars und Forschungsprojekts am Institut für Freiraumentwicklung (IF) im Mai 2016 liefern erste Erkenntnisse. Daten sammeln im Wald … Befragt wurden insgesamt 141 Menschen an sechs Standorten in der Eilenriede Nord und Süd; zu verschiedenen Tageszeiten, wochentags und am Wochenende, bei gutem und bei schlechtem Wetter. … und verwerten am Schreibtisch Die Befragung liefert kein repräsentativ-umfassendes Bild. Dennoch lassen sich Thesen über die Erholungsnutzung, die Bedürfnisse und die Konflikte ableiten. Es wird deutlich, wo Handlungs- und weiterer Untersuchungsbedarf besteht. • Von fern, aber vor allem von nah kommen die Men schen in den Wald: Fast die Hälfte der Befragten legt von der Haustür in den Wald weniger als zehn Minu ten Fußweg zurück. • Und täglich ruft die Eilenriede? Die Mehrzahl der Befragten ist fast täglich im Stadtwald.

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Erholungssuchenden werden dabei bisher wenig systematisch in den Blick genommen. Die Befragungsergebnisse liefern erste entsprechende Ansätze und werfen Thesen auf, die in einer umfassenderen Studie zur gesellschaftlich-sozialen Funktion des Stadtwalds überprüft und konkretisiert werden sollten.

beneath the beech trees – people's activities in the eilenriede  The Eilenriede in Han-

• Am liebsten spazieren die Menschen durch die Eilenriede. Naturbeobachtung ist vor allem für Ältere interessant. Jüngere Menschen treiben gern Sport und nutzen den Wald als Treffpunkt. Exotische Ak tivitäten wie Segwayfahren oder Geocachen spielen kaum eine Rolle. • Für die allermeisten Befragten ist der Stadtwald aus drückliches Ziel. 13 Prozent gaben an, „nur“ auf der Durchfahrt zu sein. • Die meisten Besucher haben „nichts zu meckern“. Hauptkritikpunkt ist die mangelnde Sauberkeit. Einzelne bemängeln schlechte Wege, Lärm, ein Zu viel oder auch Zuwenig an Infrastruktur. • Auch am Waldbild haben nur ein Viertel der Besu cher etwas auszusetzen: vier Prozent der Besucher wünschen sich „weniger Pflege“, neun Prozent mei nen, die Pflege könnte oder muss intensiviert werden. • Sind Waldbesucher gebildeter als der Durchschnitt der Stadtbevölkerung? Mehr als die Hälfte der Be fragten hat Abitur oder einen Hochschulabschluss. Buchen und Besucher in Balance bringen Wie lassen sich die Erkenntnisse der Befragung nutzen? Natürlich kann es nicht darum gehen, die Eilenriede in einen Freizeitpark zu verwandeln – genauso wenig wie ein ausschließlicher Naturschutzfokus für die Pflege und Entwicklung eines so zentralen Stadtwalds sinnvoll ist. Vielmehr gilt es, unterschiedliche Perspektiven zu diskutieren und Wege zu finden, beide Aspekte in Einklang zu bringen. Die

nover is considered as one of Europe's largest urban woodlands. While the original use of the beech and oak trees for timber no longer plays any role, the ecological functions of the Eilenriede have moved into the fore, as has its recreational importance as stated in the “Eilenriedesatzung,” adopted by the city council in 1956. While there is much reliable data on animal and plant species, there are no scientifically based studies about the regular people who use Hannover's urban woodland. However, if both functions are meant to be preserved and balanced, a relevant databasis is needed to identify possible challenges and develop adequate strategies. To this end, we conducted a randomly sampled survey of recreational users in the Eilenreide in May 2016 at the Institute of Open Space Development. The information gathered provides early findings and theses about activities, needs, and preferences in Hannover's municipal woodland as well as resulting social and ecological conflicts. The results underline the value of the Eilenriede for residents – both living in immediate proximity and more distant neighbourhoods – and provide initial starting points for developing integrated strategies. However, the study also reveals that further investigation of individuals' activities is required to create a reliable basis for discussion.

1 Satzung über die Erhaltung der Eilenriede vom 11. Oktober 1956, beschlossen durch den Rat der Hauptstadt Hannover 1956

mareike thies, prof. bettina oppermann Lehre Institut für Freiraumentwicklung, Freiraumpolitik und Planungskommunikation

perspektivwechsel: münsterländer parklandschaft 2.0

30 Studierende, drei Hochschulen, drei Tage Tüfteln und Ausprobieren: Angehende Landschaftsarchitekten und -planer sowie Agrarwirte haben Antworten auf die Frage gesucht, wie sich die Münsterländer Parklandschaft weiterentwickeln kann. Die Ergebnisse des Workshops „Perspektivwechsel: Münsterländer Parklandschaft 2.0“ wurden in den Räumen der Landwirtschaftskammer, Kreisstelle Coesfeld, vorgestellt. Die dreitägige Werkstatt war eine Kooperation der Landwirtschaftskammer NRW, der Fachschule für Agrarwirtschaft Münster der Landwirtschaftskammer NRW, der Hochschule Ostwestfalen-Lippe Höxter, der Leibniz Universität Hannover und der Regionale 2016 Agentur. Im Fokus stand das Denken über Fachbereiche hinaus: Die Arbeitsgruppen bestanden jeweils aus LandschaftsarchitekturStudierenden aus Höxter und Hannover sowie aus angehenden Agrarwirten der Münsteraner Fachschule. „Der damit verbundene Perspektivwechsel – der Landwirt als Landschaftsplaner und der Landschaftsplaner als Landwirt – war zentrales Ziel des Workshops. Beide Fachbereiche haben gemeinsam überlegt, wie unsere abwechslungsreiche Landschaft mit ihren Feldern, Höfen und Hecken sich zukunftsfähig weiterentwickeln kann“, erklärt Daniela Glimm-Lükewille, Projektmanagerin der Regionale 2016 Agentur. Gefragt war somit die Kompromissbereitschaft der Studierenden:

Es wurden Vorschläge gesucht, die sowohl funktionale als auch ästhetische Kriterien erfüllen. Durch Entwicklungen, wie beispielsweise den verstärkten Maisanbau oder die Gewinnung von regenerativen Energien, hat sich das Landschaftsbild im Münsterland in den vergangenen Jahren stark gewandelt. Im Zuge der Regionale 2016 wird deshalb überlegt, wie unterschiedliche Ansprüche an die Landschaft miteinander in Einklang gebracht werden können. Der Workshop war hierfür ein weiterer Baustein. Die Studierenden bekamen mehrere Untersuchungsräume im westlichen Münsterland zugewiesen, die zunächst bereist und anschließend analysiert wurden: Was sind Herausforderungen? Wie können technologische und wirtschaftliche Ansätze mit Strategien der Landschaftsentwicklung und Gestaltung zusammengebracht werden? Die Ideen waren vielfältig: Vorgeschlagen wurden unter anderem die Einbindung regenerativer EnergieKreisläufe oder das Zusammenlegen von schwierig zu bewirtschaftenden Flächen bei gleichzeitiger Aufwertung der Landschaft durch Hecken und weitere Grünelemente. Auch für die Gestaltung von großen baulichen Elementen, wie Ställen oder Güllebehältern, machten die Studierenden Vorschläge. „Wir waren überrascht, wie gut die Zusammenarbeit funktioniert hat. Die Ergebnisse sind sehr durchdacht und zeigen auf, wie wichtig der Dialog zwischen Landwirten und Landschaftsplanern ist“, sagt Marianne Lammers, Leiterin der Bezirksstelle für Agrarstruktur Münsterland.

Nils Jordan, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Hochschule Ostwestfalen-Lippe, fügt hinzu: „Wir sind nicht alleine auf dieser Welt. Die Landschaft hat vielfältigste Nutzergruppen und Akteure, deshalb muss sie immer gemeinsam gedacht und entwickelt werden.“

park landscape of the münsterland 2.0  The workshop “park landscape of the Münsterland 2.0” was a cooperation between the Professional Association of Agriculture of Nordrhein-Westfalia, the Technical College of Agriculture of Münster, the University of Applied Science Ostwestfalen-Lippe in Höxter, and Leibniz Universität Hannover. The workshop lastet for three days and about 30 students were involved. The students came up with ideas for the future park landscape in the Münsterland. They works in mixed groups of students of landscape architecture and of agriculture.

agentur der regionale 2016 zukunftsland, landwirtschaftskammer nrw, fachschule für agrarwirtschaft münster der lanschaftskammer nrw, hochschule ostwestfalen-lippe höxter, leibniz universität hannover, anna schwinge

Charakteristische Struktur der Münsterländer Parklandschaft

Workshop TeilnehmerInnen: Nina Glasl, Lara Imhoff, Marie Schoppe, Jessica Kreit, Martin Peters, Lukas Merkel, Sebastian Beutel, Jan Eric Fröhlich, Julian Heikel Freiraumentwicklung, Entwerfen urbaner Landschaften

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faculty news

neuberufungen und verabschiedungen

besondere auszeichnungen

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ausstellungen

wettbewerbe

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neue mitgliedschaften > SEITE 182

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exkursionen

abgeschlossene forschungsprojekte

neue forschungsprojekte

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publikationen

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kooperationen

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neuberufungen und verabschiedungen prof. dr. markus jager  Zum 1. März 2017 hat Prof. Dr. habil. Markus Jager den Lehrstuhl Bau- und Stadtbaugeschichte in Nachfolge von Prof. Dr. habil. Joachim Ganzert am Institut für Geschichte und Theorie der Architektur übernommen. Markus Jager studierte in Berlin und Zürich Kunstgeschichte mit dem Schwerpunkt Baugeschichte und Denkmalpflege. Seine an der Technischen Universität Berlin verfasste Dissertation über den Berliner Lustgarten wurde mit dem Theodor-FischerPreis ausgezeichnet. Anschließend war Markus Jager mehrere Jahre in der Denkmalpflege in Berlin und Brandenburg tätig. Bis zu seiner Berufung als Universitätsprofessor an der Leibniz Universität Hannover war Markus Jager Postdoc-Assistent an der TU Dortmund. Dort wurde er 2015 habilitiert.

besondere auszeichnungen lennart-bernadotte-preis für landespflege  Dr. Thiemen Boll, Institut für Umweltplanung, wurde am 12. November 2016 auf der Insel Mainau mit dem Lennart-Bernadotte-Preis für Landespflege 2016 ausgezeichnet. Der von der Lennart-Bernadotte-Stiftung ausgelobte und mit 5000 Euro dotierte Preis wird jährlich an eine außerordentliche wissenschaftliche Arbeit an deutschsprachigen Universitäten auf den Gebieten der Landespflege sowie der Gartenkultur vergeben. Dr. Thiemen Boll erhielt die Auszeichnung für seine von Prof. Dr. Christina von Haaren und Prof. Dr. Michael Rode am Institut für Umweltplanung betreute Dissertation mit dem Titel „Auswirkungen des Dendromasse-Anbaus in Kurzumtriebsplantagen auf die ästhetische Qualität und die Erholungseignung der Landschaft“.

preis der victor-rizkallah-stiftung 2016 Für die Masterthesis „Crossed Elements – Energetische Sanierung und Fassadengestaltung des Universitäts-

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Hochhauses Appelstraße“, die am Institut für Entwerfen und Konstruieren, Abteilung Gebäudetechnik entstand, wurde die Studentin Nele Fülscher am Freitag, 9. Dezember 2016, im Leibnizhaus mit dem Förderpreis der Victor-Rizkallah-Stiftung ausgezeichnet. Weitere Preise wurden an Absolventen und Absolventinnen der Fakultäten für Bauingenieurwesen und Geodäsie, Elektrotechnik und Informatik sowie der Fakultät für Maschinenbau und der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät verliehen. Der Preis wird jährlich, entsprechend den Zielsetzungen der Victor-Rizkallah-Stiftung für herausragende akademische Leistungen in Form von Masterarbeiten und Dissertationen an der Leibniz Universität Hannover vergeben.

lavespreis 2016  Der Lavespreis 2016 prämierte zum wiederholten Male studentische Arbeiten, die an der Fakultät Architektur und Landschaft der Leibniz Universität Hannover entstanden waren. Die Preisverleihung fand am 20. Dezember 2016 im Ateliergebäude der Architektenkammer Niedersachsen statt. Aus einer Anzahl von 36 eingereichten Arbeiten ging der erste Preis zu dem Thema nachhaltig entwerfen – detailliert planen an Joanna Paulina Baszynska für ihre Masterthesis Skisprungschanzenanlage in Krummhübel. Der zweite und dritte Preis, vier weitere Anerkennungen sowie der Fakultätspreis gingen ebenfalls an die Leibniz Universität Hannover. Ein wesentlicher Teil der prämierten Arbeiten war am Lehrstuhl Institut für Entwerfen und Konstruieren, Abteilung Entwerfen und Baukonstruktion, Prof. Michael Schumacher, entstanden. boku best paper award  Dr. Meike Levin-Keitel, Institut für Umweltplanung, wurde gemeinsam mit Co-Autor Thomas Thaler vom Institut für Alpine Naturgefahren der Universität für Bodenkultur für ihr Paper „Multi-level stakeholder engagement in flood risk management – A question of roles and power: Lessons from England“ mit dem BOKU Best Paper Award ausgezeichnet. Der am 30. Januar überreichte Preis ist mit einer Honorierung in Höhe von 3.000 Euro verbunden. Pro Jahr werden maximal drei Top-Publikationen der BOKU ausgezeichnet.

ausstellungen „zukunft: wohnen“ auf dem kongress „grüner wirtschaften für mehr lebensqualität“  Die Ausstellung „Zukunft: Wohnen“ wurde am 17. März 2017 im Herzen von Berlin bei dem Kongress „Grüner Wirtschaften für mehr Lebensqualität“ der grünen Bundestagsfraktion eröffnet. Die Ausstellung basiert auf der Publikation Zukunft: Wohnen – Migration als Impuls für die Kooperative Stadt von Jörg Friedrich, Peter Haslinger, Simon Takasaki und Valentina Forsch. Sie wurde in enger Zusammenarbeit mit der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen erstellt. Sie ist als Wanderausstellung geplant und soll durch Deutschland touren.

der architekt ernst zinsser – modelle seiner bauten in hannover  Am Institut für Entwerfen und Gebäudelehre haben Studierende der Architektur unter der Leitung von Prof. Zvonko Turkali und Dr. Jens Broszeit das Werk des Architekten Ernst Zinsser räumlich-architektonisch analysiert und Modelle seiner Bauten erstellt. Aus dem umfangreichen Werk Zinssers wurden 16 ausgewählte Bauten als großformatige Modelle in der Architektenkammer Niedersachsen vom 9. November bis 12. Dezember 2016 präsentiert. Ergänzt wurden die Modelle um die beeindruckenden Fotoaufnahmen von Julian Martitz. Zur feierlichen Eröffnung, zu der über 400 Gäste erschienen waren, sprachen der Präsident der Architektenkammer Wolfgang Schneider, der Bauhistoriker Dr. Sid Auffarth und Prof. Zvonko Turkali.

baukultur in deutschland gestaltungspreis der wüstenrot stiftung  Die Abteilung Stadt Raum Gestaltung vom Institut für Entwerfen und Gebäudelehre hat die im April 2016 begonnene dreiwöchige Wanderausstellung der Wüstenrot Stiftung „Baukultur in Deutschland“ am Standort der Leibniz Universität Hannover gestaltet und organisiert. Dabei wurden vierzehn der prämierten Arbeiten und weitere bemerkenswerte Einsendungen ausgestellt. Die bannerartigen Vorhänge haben im kleinen Foyer zum Wandeln durch die Geschichte der Baukultur eingeladen. Die Wüstenrot Stiftung will mit ihrem Gestaltungspreis Baukultur in Deutschland – Von der Architekturqualität im Alltag zu den Ikonen der Baukunst einen aktuellen Überblick schaffen, Anregungen geben und Beispiele für eine weitere Erörterung des Verständnisses und der Bedeutung von Baukultur zeigen.

Lehre im Städtebau in Deutschland. Als wichtiger Impuls 2016 wurde das Thema "Mischung und Dichte" in der Stadt in den Vordergrund gestellt.

„nacht, die wissen schafft“: ausstellungen são paulo // no caminho, land – porträts – regiobranding, roma 20–25 ultraagro  Für „Die Nacht, die Wissen schafft“, die am 12. November 2016 von der Leibniz Universität organisiert wurde, hat die Abteilung Regionales Bauen und Siedlungsplanung drei Ausstellungen gestaltet: „São Paulo // No Caminho“, ist eine Fotoserie von Sarah Hartmann über Infrastrukturen, Stadt und Architektur in der Megacity São Paulo. „Land Porträts – Regiobranding“ präsentiert Graphiken des Seminars zu zehn Orten in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern, die von Studierenden und von Dr. Maddalena Ferretti vorgestellt wurden. Für das Forschungsprojekt „Roma 20–25 UltraAgro“ stellte Dr. Maddalena Ferretti den Beitrag der Abteilung zur Ausstellung im Museum für Kunst des 21. Jahrhunderts in Rom vor.

wettbewerbe ein möbel für den präsidenten  Entwerft ein

hochschultag der nationalen stadtentwicklungspolitik  Beim Hochschultag der Nationalen Stadtentwicklungspolitik, am 2. und 3. Juli 2016 in Berlin, war das Institut für Entwerfen und Städtebau IES mit Postern der Abteilungen Städtebauliches Entwerfen, Regionales Bauen und Siedlungsplanung sowie Stadt- und Raumentwicklung vertreten. Zusätzlich hat sich auch die Abteilung Planungs- und Architektursoziologie mit einem Poster beteiligt. Der Hochschultag wird in Kooperation der Nationalen Stadtentwicklungspolitik durch die Bundesregierung mit der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung (DASL) alle zwei Jahr veranstaltet und versammelt die fachliche Diskussion zu Forschung und

Rednerpult, ein paar Sessel und Stehpulte, um eine angemessene Situation für Gesprächsrunden im Lichthof des Schlosses, dem Hauptgebäude der Leibniz Universität, zu schaffen. So lautete die Aufgabe, die uns der Präsident der Universität, Prof. Dr. iur. Volker Epping, gestellt hatte. Nach Begutachtung der Entwürfe vergab eine Jury fünf Preise in drei Kategorien. Zur Jury gehörten Vertreterinnen und Vertreter aus Architektur und Design, dem Baudezernat, des Referats für Kommunikation und unser Präsident. Alle Jurymitglieder waren höchst beeindruckt von den kreativen neuen Ideen zur Gestaltung und Nutzung des Lichthofs sowie den erarbeiteten Bühnenkonzepten. „Ich bedanke mich herzlich für die qualitativ hochwertigen und beeindruckenden Entwürfe und freue mich sehr auf die Umsetzung!“ sagte Volker Epping. Die besten Entwürfe sollen gemeinsam mit den Studierenden umgesetzt werden.

hawa-wettbewerb  Der 4. HAWA Student Award 16/17 stellte die Aufgabe, innovative und flexible Wohnkonzepte für Menschen in Not zu entwickeln. Gefragt waren Lösungen für eine adäquate städtebauliche Positionierung und Konzepte für veränderbaren Wohnraum, der einfach und schnell den wechselnden Bewohnern angepasst werden kann. Die Jury aus acht renommierten Preisrichtern verlieh im März 2017 den Masterstudentinnen der LUH Franziska Ida Faber und Christina Cernovsky mit ihrem Beitrag eines Wohnhochhauses einen zweiten Preis. Die prämierten Arbeiten wurden im Rahmen einer Ausstellung an den teilnehmenden Hochschulen präsentiert. Betreut wurde die Arbeit durch das IEK – Baukonstruktion und Entwerfen Prof. M. Schumacher.

schulbau-messe hamburg  Wettbewerbsaufgabe der Bachelor-III-Studenten des IEG, Abteilung Stadt Raum Gestaltung, war es, sich mit der Erweiterung der Theodor-Haubach-Schule in Hamburg-Altona auseinanderzusetzen. Es wurden Führungen von Beteiligten der Schulbau Hamburg und einzelner Schulen zunächst zum Grundstück und danach durch neu erbaute und schon erweiterte Schulgebäude durchgeführt, die sich in Hamburg durch große Bezuschussung im Bildungssektor in den letzten Jahren neu aufstellen und definieren konnten. Die Schulbau Hamburg hat im Zuge der Messe einen studentischen Wettbewerb initiiert, an dem Studierende der Leibniz Universität Hannover und anderer Universitäten teilgenommen haben. Den ersten Preis haben Antonia Haffner und Ricco Frank von der Leibniz Universität Hannover bekommen. Die Projekte wurden zur Schulbau-Messe Hamburg für einige Tage ausgestellt. erfolg beim johannes-göderitz-preis 2016  Die Studentinnen Lisa Freke und Vanessa Niemeyer haben beim vom IES, Abteilung für Stadt- und Raumentwicklung (Vertr.-Prof. Carl Herwarth von Bittenfeld, Dr. Joachim Rosenberger und Radostina Radulova), veranstalteten „Johannes-Göderitz-Preis 2016“ einen zweiten Preis gewonnen. Unter dem Titel „Berlin an neuen Orten“ beschäftigte sich der studentische städtebauliche Ideenwettbewerb am Beispiel der 70 Hektar

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großen Elisabeth-Aue in Berlin-Pankow mit dem Thema der Außenentwicklung im 21. Jahrhundert. Die Jury würdigte die Arbeit der Studentinnen der Leibniz Universität unter anderem als besonders zukunftsfähig und aufgrund der klaren Gliederung als gut umsetzbar. Insgesamt nahmen 40 Studierende der Leibniz Universität Hannover, der Technischen Universitäten Berlin und Braunschweig, der HafenCity Universität Hamburg sowie der Universität Kassel an dem mit 3000 Euro dotierten Wettbewerb teil.

zukunftsbilder einer grünen stadt – grün auf engem raum  Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung hat mit Unterstützung des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit den studentischen Wettbewerb „Zukunftsbilder einer grünen Stadt – Grün auf engem Raum“ ausgelobt. Von den insgesamt 130 Einsendungen wurden 30 Beiträge von einer Jury für die zweite Wettbewerbsphase ausgewählt, darunter vier Studierende der Leibniz Universität Hannover (Mariena Büscher, Lennart Fischer, Rosella Tesser und Weixiao Xie). Die Entwürfe für die zweite Phase wurden am 22. März 2017 von der Jury für jeden der drei Entwurfsorte mit einem ersten Preis ausgezeichnet, darunter der Beitrag von Mariena Büscher für Lichtenberg. Die prämierten Entwürfe wurden im Rahmen des Bundeskongresses „Grün in der Stadt“ in Essen ausgestellt.

smart city, smart living  Die Studierenden

vfa-studentenwettbewerb 2016/17  Das Projekt „Productive Workspace“ für das Gebiet Herzbergstraße in Berlin der Studierenden Pia Gesenhues und Lisa-Marie Schwuchow wurde beim deutschlandweit ausgeschriebenen VfA-Studentenwettbewerb „Dynamic Workplace“ mit einem ersten Preis ausgezeichnet. Das Projekt entstand im Rahmen des Entwurfs „Productive City – Berlin Herzbergstraße“, das im 5. Semester des Bachelorstudiengangs Architektur am IES, Abteilung Städtebauliches Entwerfen, unter der Leitung von Prof. Andreas Quednau durchgeführt wurde. Es ging dabei um die Entwicklung neuer Modelle für die produktive Stadt von morgen, die die Koexistenz und neue Synergien von Wohnen und Produktion in der Stadt befördern. Eine Anerkennung erhielt das Projekt "Magic Cube" von Marius Plasczymonka und Alexander Grelle. Es entstand im Rahmen des Seminars "Büroarchitektur im Wandel der Arbeitswelt" unter der Leitung von Tanja Remke am IGT, Abteilung Planungs- und Architektursoziologie. Die mit insgesamt 10.000 Euro dotierten Auszeichnungen wurden im Rahmen des 12. JUNG-Architekturgesprächs am 20. April 2017 in Frankfurt am Main verliehen.

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Christian Bischoff und Jonas Trittmann wurden für ihr Projekt „Produktives Irgendwas“ für das Gebiet Herzbergstraße in Berlin im Rahmen des vom Netzwerk www.plattformnachwuchsarchitekten.de ausgelobten offenen Ideenwettbewerbs „Smart city, smart living: Anders Wohnen im Quartier“ mit einem ersten Preis in der Kategorie „Aktivierung des Stadtraumes“ ausgezeichnet. Der Entwurf entstand am Institut für Entwerfen und Städtebau, Prof. Andreas Quednau, im Rahmen des Entwurf Stadt „Productive City – Berlin Herzbergstraße“. Vor dem Hintergrund voranschreitender Automatisierungsprozesse untersucht das Projekt die Potenziale der Entwicklung der Stadt und des öffentlichen Raums durch die Einführung einer angehobenen Infrastruktur für den Warentransport, die die Nullebene entlastet. Die prämierten Arbeiten wurden in Berlin öffentlich diskutiert und ausgestellt.

neue mitgliedschaften stadt gemeinsam entwickeln  Seit November 2016 ist Prof. Dr. Tanja Mölders Beisitzerin im Vorstand des Bürgerbüros Stadtentwicklung Hannover e.V. Der Verein verfolgt das Ziel, die Beteiligung von Bürgern

und Bürgerinnen durch Information, Beratung, Erfahrungsaustausch, Qualifizierung und Begleitung von Planungsprozessen zu fördern. Die Mitarbeit von Tanja Mölders zielt dabei auf eine Vernetzung dieser Aktivitäten mit der Forschung und Lehre an der Fakultät für Architektur und Landschaft. Damit wird eine Schnittstelle für transdisziplinäre Zusammenarbeit geschaffen und Genderperspektiven werden in Planungs- und Beteiligungsprozesse eingebracht.

gäste und vorträge vortragsreihe „urban issues 2016“  Das Institut für Entwerfen und Städtebau organisierte unter Leitung von Prof. Andreas Quednau die Vortragsreihe Urban Issues. In diesem Rahmen konnten wir folgende Gäste begrüßen: ludwig engel (Zukunfts- und Stadtforscher, Berlin): Spekulationen, Transformationen, Überlegungen zur Zukunft von Deutschlands Städten und Regionen; michael zinganel (Architekturtheoretiker, Wien): Stop and Go. Polyrhythmischer Urbanismus im Zeitalter von Mobilität, Migration und Multilokalität; katja gretzinger (Grafikdesignerin, Berlin); max schwitalla (Studio Schwitalla, Architekt, Berlin): Urbane Morphologie – Die Neuverhandlung von Raum für Mobilität und Immobilität; simon goddard (Architekt und Stadtplaner, Paris): The Productive City: From Theory to Practice: Case Study Lille; bastian lange (multiplicities, Stadtund Wirtschaftsgeograph, Berlin): The productive City; daan zandbelt (De Zwarte Hond, Architekt und Stadtplaner, Rotterdam): Let’s give it a try!

pionierinnen in der architektur  Im Rahmen der Lehrveranstaltung „Why Gender matters – Architektinnen gestern, heute … und morgen“ und der Fakultätsreihe dienstags um 6 referierte Frau Prof. Kerstin Dörhöfer, Universität der Künste Berlin, am 15. November 2016 über „Pionierinnen in der Architektur. Emilie Winkelmann und ihre Nachfolgerinnen“. Der Architektin, die von 1902 bis 1907 in Hannover studiert hatte, gelang es ohne Hochschulabschluss, da

sie als Frau nicht zugelassen wurde, als erste deutsche Architektin mit eigenem Büro in Berlin bekannt zu werden. Ihre Bauten für Studentinnen, Lehrerinnen und andere haben die Möglichkeiten für Frauen, am Erwerbsleben teilzuhaben, in den 1920er Jahren maßgeblich mitgestaltet und unterstützt.

internationale kontakte und gastaufenthalte kooperation mit fau mackenzie, brasilien  Die neue Kooperationsvereinbarung für Studierendenmobilität und Forschungskooperation mit der Universität Mackenzie in São Paulo, Brasilien, wurde 2016 von der Abteilung Regionales Bauen und Siedlungsplanung initiiert und bereits in einer Antragstellung im Programm „ERANET-LAC Transnational Joint Call on Research and Innovation“ für europäische und lateinamerikanische Forschungsverbünde aktiviert. Darüber hinaus wurde zwischen der Universität Mackenzie und der LUH eine Cotutelle-Vereinbarung zur Promotion von Yara Baiardi abgeschlossen. Die Fakultät für Architektur und Städtebau der FAU Mackenzie ist mit 3000 Studierenden eine der großen Fakultäten in São Paulo und in Lehre und Forschung sehr anerkannt.

workshop „erfassung und bewertung kultureller ökosystemleistungen in den eu-mitgliedstaaten“ am institut für umweltplanung  Fachleute aus ganz Europa und den USA trafen sich am 12. und 13. September 2016 in Hannover zum Workshop „Assessment and Economic Valuation of Recreational Ecosystem Services of Landscapes in EU Member States“. Prof. Dr. Christian Albert und Prof. Dr. Christina von Haaren (IUP) hatten zu dieser Arbeitstagung zur Erfassung und ökonomischen Bewertung von Ökosystemleistungen für die Erholung eingeladen. Der inhaltliche Schwerpunkt der Veranstaltung lag auf den Konzepten und Methoden zur Bestimmung des Angebots, der Nachfrage und der volkswirtschaftlichen Bedeutung solcher Ökosystemleistungen. Der Workshop nahm auch Bezug zur Vorgabe aus der EU-Biodiversitäts-Strategie,

nach der die Mitgliedstaaten Ökosysteme und deren Leistungen erfassen und bewerten sollen. Dank der Teilnehmenden aus zehn Ländern konnte der aktuelle Stand des Wissens zu Ökosystemleistungen für die Erholung zusammengetragen und vergleichend diskutiert werden. Gemeinsamkeiten und Unterschiede der verschiedenen Konzepte und Methoden wurden identifiziert, derzeitige Herausforderungen eruiert und neue Ideen für die Weiterentwicklung der wissenschaftlichen Ansätze konzipiert.

austausch zwischen der leibniz universität hannover (fakultät für architektur und landschaft) und der nationalen technischen universität athen (fakultät für architektur) im rahmen des forschungsprojekts „herausforderung krisenfestigkeit europäischer städte (hekris)“ Im Rahmen eines Forschungsprojekts, gefördert durch den DAAD und geleitet von Prof. Dr. Frank Othengrafen (IUP), werden mehrere sich gegenseitig ergänzende Forschungsaufenthalte, Summerschools, Praxis-Workshops und weitere Formate durchgeführt. Bachelor- und Masterstudierende, DoktorandInnen, PostdoktorandInnen sowie ProfessorInnen werden auf unterschiedliche Weise einbezogen, um den Austausch von Wissenschaft und Praxis im Bereich der Strategien nachhaltiger Stadtentwicklung zu fördern. Das Projekt läuft von Januar 2017 bis Dezember 2019.

deutsch-französisches planungsseminar 2016 in der region südlicher oberrhein Alljährlich fördert das Deutsch-Französische Jugendwerk ein Planungsseminar, das dem Austausch zwischen Studierenden und Lehrenden der Raum- und Umweltplanung der Universität Tours und der Leibniz Universität Hannover dient. Die Seminare führen abwechselnd in eine deutsche oder eine französische Region. Die Teilnehmenden erfahren viel über die Planungssysteme und -politik der Länder und lernen die jeweiligen Eigenarten kennen. Dieses Mal fand der Austausch vom 2. bis 9. Oktober 2016 in der Region Südlicher Oberrhein und im Elsass statt, begleitet von Dr. Frank Scholles und Magrit Putschky vom IUP. Themen

und Ziele waren unter anderem die naturschutzorientierte Regionalentwicklung im neugegründeten Biosphärengebiet Schwarzwald und im Kaiserstuhl sowie die Stadtentwicklung in Freiburg und in Colmar.

carl herwarth von bittenfeld mitglied im auswahlgremium des daad  Zum zweiten Mal (2015/16 und 2016/17) wirkte Vertr.-Prof. Carl Herwarth von Bittenfeld vom Institut für Entwerfen und Städtebau als Mitglied im Auswahlgremium des Deutschen Akademischen Austauschdiensts e.V. (DAAD) bei der Auswahl der deutschen und ausländischen DAAD-Jahresstipendiaten für die Fachrichtungen Architektur, Stadtplanung und Städtebau sowie Landschaftsplanung mit. Alljährlich bewerben sich mehrere Hundert Kandidatinnen und Kandidaten um die attraktiven Jahresstipendien des DAAD.

dissertationen andrea christa dittrich-wesbuer  5. Juli 2016: Multilokalität und Stadtentwicklung – Veränderte Muster räumlicher Mobilität und ihre lokalen Implikationen. (Danielzyk, Frank [TU Dortmund])

roswitha kirsch-stracke  6. Juli 2016: Dörfliche Freiraumkultur im 19. und frühen 20. Jahrhundert – dargestellt am südlichen Sauerland. (Bruns [Universität Kassel], Inhetveen [Georg-August-Universität Göttingen]) wiebke saathoff  12. Juli 2016: Möglichkeiten der Initiierung einer klima- und naturschutzfreundlichen Landwirtschaft gemäß Subsidiaritätsprinzip am Beispiel der Biogasproduktion. (von Haaren, Rode [beide IUP])

meike levin-keitel  22. August 2016: Innerstädtische Flusslandschaften im Spiegel der lokalen Planungskultur. Planungskulturelle Perspektiven einer integrierten und nachhaltigen Stadtentwicklung im Umgang mit Flusslandschaften. (Danielzyk, Othengrafen [beide IUP])

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friedrich fischer  17. August 2016: Die Intelligenz der Hände – Analoge und digitale Architekturdarstellung in der zeitgenössischen Entwurfsmethodik. (Schmid-Kirsch [IGD], Turkali [IEG])

thiemen boll  23. August 2016: Auswirkungen des Dendromasseanbaus in Kurzumtriebsplantagen auf das ästhetische Potenzial und den Erlebniswert der Landschaft. (von Haaren, Rode [beide IUP])

von Baumschlager Eberle bis hin zu Sonderbauten wie dem Plantahof, dem Gelben Haus oder der Grundschule Paspels von Valerio Olgiati, dem Proberaum von MarteMarte oder dem Werkraum von Peter Zumthor. Im Vordergrund stand, sich ein Bild von dem innovativen und hohen Gestaltungsanspruch zu machen, der in der Schweiz und in Österreich oft mit traditionellem Handwerk einhergeht.

agnes katharina müller  21. Februar 2017: Coworking Spaces – Urbane Räume im Kontext flexibler Arbeitswelten. (Herrle, Million [beide TU Berlin])

exkursionen

chile  Am 8. März machten sich 22 Studierende gemeinsam mit Prof. Michael Schumacher unter der Leitung von Luis Arturo Cordon, wissenschaftlicher Mitarbeiter des IEK, Abteilung Baukonstruktion, auf den Weg nach Chile. Die zwölftägige Exkursion fand im Anschluss an das Seminar „Architektur in Chile“ (WS 2016/17) statt. Unter dem Motto Theoria cum Praxi wurden viele der analysierten Projekte unterschiedlichster Natur (Architektur, Städtebau sowie Landschaftsarchitektur) vor Ort in Santiago de Chile, Antofagasta, Valparaíso und Valdivia erkundet, von den Studierenden erläutert und anschließend kritisch begutachtet. Die Eindrücke der Studienreise wurden zusammen mit den Ergebnissen des Seminars in einer kleinen Ausstellung am 13. Juni im Anschluss an den Vortrag dienstags um 6 der Öffentlichkeit vorgestellt.

basel  Im April 2016 unternahm das Institut für Entwerfen und Gebäudelehre unter der Leitung von Prof. Zvonko Turkali mit Studierenden des Bachelor- und Masterstudiengangs Architektur eine Exkursion nach Basel. Auf der von der wissenschaftlichen Mitarbeiterin Arlette Feltz-Süßenbach organisierten Fahrt wurden zahlreiche herausragende Beispiele zeitgenössischer Architektur besichtigt. Besondere Höhepunkte stellten die Besichtigung der gerade erst eröffneten Erweiterung des Kunsthauses Basel von Christ & Gantenbein, die Führung durch das Hotel Nomad von Buchner & Bründler und der Rundgang über das Gelände der Firma LaRoche dar. Abgerundet wurde das umfangreiche und interessante Programm durch den Besuch von Gebäuden von Morger & Degelo, Herzog & de Meuron, Renzo Piano, Miller & Maranta und anderen.

vorarlberg und graubünden  Die Abteilung Stadt Raum Gestaltung des IEG hat im Mai 2016 mit den Studierenden des zweiten Semesters eine viertägige Exkursion nach Vorarlberg und Graubünden unternommen. Der Schwerpunkt waren Projekte, die vornehmlich um die Jahrtausendwende oder später von lokalen Architekten und Handwerksbetrieben geplant und gebaut wurden. Die besichtigten Typologien zogen sich von Museumsbauten wie der Bregenzer Kunsthalle über Geschäftshäuser wie das Haus 2226

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dresden  Im Zuge der vom IEG Abteilung Stadt Raum Gestaltung angebotenen Projekte für Masterstudierende und Studierende, die ihre Bachelorthesis schreiben, wurde eine zweitägige Exkursion nach Dresden offeriert. Zunächst wurde das Grundstück für die zu Grunde liegende Entwurfsaufgabe der Architekturfakultät besichtigt. Im Anschluss daran gab es Besichtigungen, unter anderem in der Sächsischen Landesbibliothek, der Neuen Synagoge und in der traditionsreichen Kultur- und Industriesiedlung im Stadtteil Hellerau mit Besichtigung des Theaters, den umliegenden Gebäuden und der Gartenstadt. exkursion und workshop trento  Die Exzürich  Im Sommer 2016 organisierte das IEK, Abteilung Entwerfen und Konstruieren, Prof. Michael Schumacher, vom 18. bis 19. April eine studentische Exkursion nach Zürich. Im Vordergrund stand ein Treffen mit den Auslobern des Hawa-Wettbewerbs am Grundstück und der Besuch mehrerer aktueller Wohnungsbauprojekte, unter anderem von dem Büro Bünzli & Courvoisier Architekten.

kursion zur Veranstaltung „Architektur, Stadt und Land in den Südalpen“ der Abteilung Regionales Bauen und Siedlungsplanung im November 2016 erschließt zwischen Südtirol und Gardasee einen südalpinen Raum, der in herausragenden historischen und neuen Architekturen, städtebaulichen Plänen und Projekten eine Überlagerung von Themen erkennen lässt: zum einen der Einfluss der Metropolen und

regionale Stärken der Stadt-Land-Konstellationen; zum anderen topographische, siedlungsstrukturelle und naturräumliche Charakteristiken des Territoriums. In einem Workshop wurde der Talraum in räumlichen Szenarien untersucht; verbunden mit einer Konferenz zu „Cities, Landscapes, Infrastructures“ an der Universität Trento.

Kategorie von Orten, die in den letzten 20 Jahren kaum diskutiert wurde: LandStädte. Wie ist die aktuelle Situation dieser Orte? Welche Themen und Fragen für Architektur und Ortsplanung lassen sich feststellen, welche Strategien und Visionen gibt es für die Zukunft der LandStädte als Zentren neuer Funktionalität und Bedeutung im ländlichen Raum?

venedig + biennale  Vom 13. bis 16. Oktober 2016

berlin  Im Sommersemester 2016 und im Wintersemester 2016/17 führte das IES, Abteilung Städtebauliches Entwerfen, Prof. Andreas Quednau, mehrere Exkursionen nach Berlin durch. Zu den übergeordneten Themen Productive City, Arrival City und Big in Berlin wurden neben städtebaulichen, künstlerischen und architektonischen Projekten auch diverse Akteure der Planung und Stadtentwicklung besucht. Einen tiefen Einblick in aktuelle Aufgaben und Projekte erhielten die Studierenden durch Gespräche, Bürobesuche und Ortsbegehungen mit Architekten, Stadtplanern und Landschaftsarchitekten unter anderem von Robertneun Architekten, BARarchitekten, Atelier LOIDL, SMAQ, Blaufisch Architekten, die Zusammenarbeiter und zanderrotharchitekten.

landstädte  Im Sommer 2016 fand im Rahmen des Seminars Regionales Bauen und Siedlungsplanung, Prof. Jörg Schröder, eine Feldforschung im Landkreis Lüchow-Dannenberg (Niedersachsen) und im Landkreis Ludwigslust-Parchim (MecklenburgVorpommern) statt. Zwischen globaler Metropolisierung und frischen Peripherien, Wachstum und Schrumpfung gibt es eine

wuxi und tianjin  Lehrende und Studierende der Institute für Entwerfen und Städtebau (Vertr.-Prof. Carl Herwarth von Bittenfeld, Radostina Radulova und Dr. Joachim Rosenberger), Freiraumentwicklung (Prof. Martin Prominski und Kendra Busche) sowie Umweltplanung (Prof. Rüdiger Prasse und Michael Kröncke) führten im Oktober vergangenen Jahres eine gemeinsame einwöchige Exkursion nach Wuxi und Tianjin in China durch. Den Rahmen hierfür bildete das interdisziplinäre Forschungsprojekt „Locality and Urbanization along the Grand Canal in China“, das die drei Institute der Leibniz Universität Hannover gemeinsam mit der Peking University bis 2018 durchführen. Im Zentrum des Forschungsprojekts steht die Frage, wie zukünftig vor dem Hintergrund der rasanten Urbanisierungsprozesse in China qualitätsvolle Stadtquartiere mit Ortsbezügen und eigener Identität entwickelt werden können.

reiste die Abteilung Architektur und Kunst 20./21. Jahrhundert mit 20 Studierenden zur Architekturbiennale nach Venedig. Unter dem Titel „Reporting from the front“ suchte der chilenische Architekt Alessandro Aravena als Kurator nach Lösungen für die Gestaltung unserer Lebensräume und möchte – übergreifend, wie auch länderspezifisch – zu einem Perspektivwechsel anregen. Während der viertägigen Exkursion wurden die verschiedenen Projekte und Installationen der Biennale sowie ausgewählte Architekturen und Viertel der Stadt mit dem Fokus auf ihre spezifischen Charaktere, ihre gemeinsamen Referenzen und ihre Potentiale entdeckt, studiert und diskutiert.

london  Im Zusammenhang mit dem Seminar Urbane Architektur – London führte die Abteilung Architektur und Kunst 20./21. Jahrhundert vom 5. bis 8. Mai 2016

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mit 20 Studierenden eine Exkursion nach London durch. Londons Stadtproduktion schreitet seit geraumer Zeit mit einer kaum zu fassenden Dynamik voran. Die britische Metropole ist in Bewegung und wächst. In welcher Weise sich Urbanität und Stadt im Kontext der spannenden und vielschichtigen architektonischen Entwicklung Londons definieren, wurde auf der viertägigen Exkursion am Beispiel zeitgenössischer Konzepte und Projekte untersucht sowie diskutiert, um impulsgebende Zukunftsstrategien zu gewinnen.

landkreis forchheim, oberfranken  Vom 12. bis 17. Juni 2016 waren 20 Studierende der Fachgruppe Landschaft mit Prof. Dr. Christina von Haaren, Dr. Julia Wiehe, Sarah Matthies und Dr. Miguel A. Cebrián-Piqueras, alle IUP, unterwegs im Landkreis Forchheim. Er gehört in weiten Teilen zum Naturpark Fränkische Schweiz. Untergebracht war die Gruppe in den Holz- und Lehmhütten der Umweltstation Lias Grube in Eggolsheim-Unterstürmig. Von dort starteten die Tagestouren. Geschützte Natur- und Jahrhunderte alte Kulturlandschaften mit einer Vielzahl an Quellen und Bächen sowie Burgen, Höhlen und Felsen charakterisieren die Region. Das Obstanbaugebiet Forchheim – Fränkische Schweiz ist eines der größten geschlossenen Süßkirschen-Anbaugebiete in Deutschland. Themen der Exkursion waren unter anderem der Strukturwandel in Landwirtschaft, Obstanbau und Wasserwirtschaft und seine Auswirkungen auf den Naturschutz sowie der Waldumbau und die Vereinbarkeit von Naturschutz und Tourismus. ingenieurbiologische bauwoche 2016 auf norderney  Das Lehr- und Forschungsgebiet Ingenieurbiologie des IUP führte vom 31. Oktober bis 4. November 2016 auf Norderney seine Ingenieurbiologische Bauwoche in Kooperation mit dem Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küstenund Naturschutz (NLWKN) durch. Die Studierenden konnten unter Leitung von Prof. Dr. Eva Hacker und Svenja Lorenz verschiedene ingenieurbiologische Bauweisen zum Küstenschutz kennenlernen und selber durchführen. Dazu gehörten das Setzen von Halmstecklingen des Strandhafers zur Dünensicherung

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und das Anlegungen von Lahnungen, doppelter Holzpflockreihen zum Uferschutz. Mit den Praxispartnern wurde der Schutz des Wattenmeeres und damit das Spannungsfeld zwischen Küsten- und Naturschutz thematisiert.

abgeschlossene forschungsprojekte firmen fördern vielfalt  Ziel des Forschungsprojekts „Firmen fördern Vielfalt“ war es, einfach erfassbare Indikatoren für die Messung der Artenvielfalt auf Zulieferbetrieben von Lebensmittel erzeugenden Unternehmen zu entwickeln und deren Aussagefähigkeit durch eine Vor-Ort-Erfassung zu bestimmen. Durch eine Bilanzierung der erbrachten Biodiversitätsleistungen sollte eine Grundlage geschaffen werden, die Artenvielfalt auf den Betrieben nachhaltig zu erhalten bzw. zu verbessern. Das Projekt am IUP mit Laufzeit von Oktober 2013 bis Dezember 2016 wurde geleitet von Prof. Dr. Christina von Haaren und Prof. Dr. Michael Reich und gefördert durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU).

naturpark sauerland-rothaargebirge, südwestfalen  Vom 29. August bis 2. September 2016 waren 14 Studierende der Fachgruppe Landschaft mit Dr. Roswitha Kirsch-Stracke in Südwestfalen unterwegs, um sich hier mit Fragen des Naturschutzes und der Denkmalpflege, mit ländlicher Kulturarbeit, Tourismus, Dorf- und Regionalentwicklung zu befassen. Die gesamte Exkursion erfolgte per Bahn, Bus und zu Fuß. Arbeitseinsätze an einer Burgruine und einer Kirchhofmauer gehörten ebenso zum Programm wie Geländearbeiten für anschließende Tages- und Wochenstegreife, bei denen es um die Planung und Gestaltung von Dorfmittelpunkten ging.

neue governance-formen und die demokratische legitimation stadtplanerischer entscheidungen. städtische planungskulturen im spiegel zivilgesellschaftlicher initiativen und proteste  Das Projekt wurde geleitet von Prof. Dr. Frank Othengrafen (IUP) und vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) gefördert. Es lief von Dezember 2015 bis Dezember 2016.

neue forschungsprojekte caring for natures?  Von Februar 2017 bis Januar 2020 wird das Verbundprojekt (Leuphana Universität Lüneburg/Leibniz Universität Hannover) „Caring for natures? Geschlechterperspektiven auf (Vor)Sorge im Umgang mit ‚Natur/en’“ durch das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK) im Rahmen des Programms „Geschlecht – Macht – Wissen. Genderforschung in Niedersachsen“ gefördert. Es wird der Frage nachgegangen, ob und wie die vornehmlich sozialwissenschaftlichen Zugänge zu Care, die auf die Analyse von Mensch-Mensch-Beziehungen ausgerichtet sind, eine Erweiterung auf den

Gegenstandbereich Natur/en ermöglichen. Prof. Dr. Tanja Mölders ist Sprecherin des Verbundes, Michaela Deininger ist wissenschaftliche Mitarbeiterin.

mitwirkung an der forschungsinitiative „mobiler mensch“ im rahmen der wissenschaftsallianz mit der tu braunschweig Die Maßnahme, an der 13 Professuren aus fünf Fakultäten beteiligt sind, zielt darauf ab, zu einem bisher nicht etablierten Themenfeld von hoher gesellschaftlicher Relevanz eine Nachwuchsgruppe zu installieren und dazu einen DFG-Antrag zu stellen. Ziel ist es, Verbundvorhaben gemeinsam zu beantragen und durchzuführen. Im Teilprojekt „Raum und Gesellschaft“ geht es um Formen nachhaltiger Mobilität zwischen Transport und Bewegung. Das Vorhaben zielt darauf ab, einen Beitrag zu einer grundlegenden Transformation zu leisten und deren kurz- und mittelfristige Umsetzungschancen einzuschätzen. Das Projekt unter der Leitung von Prof. Barbara Zibell läuft von April 2017 bis März 2020.

auswirkungen grossflächiger torfmooskultivierung nach schwarztorf-abbau auf biodiversität und treibhausgasfreisetzung (mooskult) und: grossflächige torfmooskultivierung als folgenutzung nach schwarztorf-abbau und ihr potenzial für klimaschutz und biodiversität (klimdivmoos)  Die beiden Forschungsvorhaben „MoosKult“ und „KlimDivMoos“ stellen einen Forschungsverbund dar, der vom Niedersächsischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz und der Deutschen Bundesstiftung Umwelt gemeinsam über drei Jahre bis Ende 2019 gefördert wird. Die Leitung am IUP liegt bei Dr. Martha Graf und Prof. Dr. Michael Reich. Die Potenziale der Torfmooskultivierung sowohl für die Förderung der Biodiversität in niedersächsischen Mooren als auch für den Klimaschutz sollen ermitteln werden. Inwieweit könnte eine großflächige Torfmooskultivierung zum einen eine nachhaltige Alternative zur Nutzung von Torf für die Substratherstellung darstellen, zum anderen gefährdeten Tier- und Pflanzenarten einen Lebensraum bieten und

einen Beitrag zum Klimaschutz leisten? In Kooperation mit der Firma Klasmann-Deilmann GmbH wird die Wirtschaftlichkeit einer großflächigen Torfmooskultivierung geprüft. Das Thünen-Institut Braunschweig (Dr. Bärbel Tiemeyer) untersucht als weiterer Kooperationspartner, inwieweit Torfmooskultivierung eine klimaschonende Folgenutzung von Abtorfungsflächen in Niedersachsen darstellt. Unterstützt wird der Forschungsverbund durch den Landkreis Emsland, die Stadt Papenburg, das 3N-Kompetenzzentrum und das Amt für regionale Landesentwicklung Weser-Ems.

kompensationsflächenmanagement im klimawandel – anpassungsmassnahmen im bremer feuchtgrünland zur erhaltung von ökosystemleistungen und empfehlungen für die eingriffsregelung  Im Zuge des projizierten Klimawandels sind vor allem Arten und Biotope der Feuchtlebensräume bedroht. Welche Konsequenzen dies für die Biodiversität in Gebieten mit bedeutsamen Vorkommen von Wiesenvögeln, Amphibien und Biotoptypen des Feuchtgrünlandes haben kann, soll durch Feldstudien am Beispiel des Bremer Feuchtgrünlandrings untersucht werden. Es wird geprüft, inwieweit es mit ausgleichenden Maßnahmen gelingen kann, den Erhaltungszustand von Arten und Biotopen trotz des Klimawandels zu sichern. Das Projekt am IUP wird im Rahmen der Forschungen zur Umsetzung der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert und läuft bis 2022, es wird geleitet von Prof. Dr. Christina von Haaren und Prof. Dr. Michael Reich.

soziale innovation als bestandteil einer zukunftsfähigen daseinsvorsorge am beispiel ländlicher räume in niedersachsen Das durch den Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) geförderte Kooperationsprojekt zielt vor dem Hintergrund der Herausforderungen des demografischen Wandels auf die Entwicklung, Stabilisierung und Anpassung der Daseinsvorsorge in ländlichen Räumen. Der Fokus auf soziale Innovation eröffnet dabei Perspektiven zwischen Improvisation und

Neukomposition vorhandener Infrastrukturen. Ziel ist es, auf Basis der Definition eines „Guten Lebens“ neue Infrastruktur-Netz-Modelle und -Konzepte für die Zukunftsfähigkeit ländlicher Räume in Zusammenarbeit mit Akteurinnen und Akteuren vor Ort zu entwickeln. Das Projekt unter der Leitung von Prof. Barbara Zibell läuft von Januar 2017 bis Dezember 2018.

planerinnen und planer, ihr alltag und ihre entscheidungen  Es gibt bislang keine gesicherten Erkenntnisse, wie das konkrete Handeln von StadtplanerInnen, die in der öffentlichen Verwaltung arbeiten, im Alltag aussieht und was das für ihr jeweiliges Verständnis von Planung bedeutet. Ziel des Forschungsvorhabens am IUP ist es, über die empirische Analyse der Planungspraxis und der Erfahrungen von in der Verwaltung tätigen StadtplanerInnen zu einer kritischen Reflexion und Differenzierung des disziplinären Selbstverständnisses von Planung beizutragen und bisherige – oftmals ohne empirische Bezüge idealtypisch hergeleitete – planungstheoretische Ansätze kritisch zu hinterfragen. Das Projekt wird gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und läuft bis 2019, es wird geleitet von Prof. Dr. Frank Othengrafen und Dr. Meike Levin-Keitel.

nachwuchsforschungsgruppe plansmart: planung und umsetzung naturbasierter lösungen  Flusseinzugsgebiete zeigen häufig erhebliche wasserbezogene Herausforderungen wie Überflutungen, Dürre und Wasserqualitätsdefizite. Von natürlichen Prozessen inspirierte Lösungen können helfen, ökologische, soziale und ökonomische Herausforderungen nachhaltig zu bewältigen. Die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ermöglichte Nachwuchsgruppe „PlanSmart“ untersucht innovative Ansätze zur Planung und Umsetzung naturbasierter Lösungen und kooperiert dazu in einem Demonstrationsvorhaben mit Akteuren im Einzugsgebiet der Lahn. Unter Leitung von Prof. Dr. Christian Albert und Dr. Barbara Schröter wird Plan Smart bis 2021 Möglichkeiten zum Einsatz von transdisziplinären Planungsmethoden und technologien erproben, ökologische, soziale und ökonomische Effekte

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von naturbasierten Lösungen evaluieren, innovative Governance-Ansätze entwickeln und den Prozess der gemeinsamen Wissensentwicklung analysieren. PlanSmart ist angesiedelt am Institut für Umweltplanung und am Leibniz Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF).

städte wagen wildnis – vielfalt erleben Ziel des Verbundprojekts ist die Mehrung, Inwertsetzung und Vermittlung wildnisorientierter Flächen mit ihren ökosystemaren Funktionen. In drei Modellstädten (Dessau-Roßlau, Frankfurt am Main und Hannover) werden neue Prinzipien für einen Wildnis orientierten Umgang mit bisher konventionell gepflegten städtischen Grünflächen entwickelt. Biologisch vielfältige und ästhetisch ansprechende Lebensräume und Landschaftsstrukturen sollen mit ihren multifunktionalen Ökosystemleistungen zu einer nachhaltigen Stadtentwicklung beitragen und die Lebensqualität erhöhen: Um die Akzeptanz der Maßnahmen zu gewährleisten und die Einstellung gegenüber „Stadtwildnis“ zu verbessern, wird die Bevölkerung über Öffentlichkeitsarbeit und Umweltbildung eingebunden. Das IUP begleitet die Flächenentwicklung durch eine ökologische und sozialwissenschaftliche Evaluierung, geleitet von Prof. Dr. Michael Reich und Dr. Stefan Rüter. Das Projekt läuft bis 2021 und wird gefördert im Rahmen des Bundesprogramms Biologische Vielfalt mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB).

tempaland – temporäre an- und abwesenheiten und deren auswirkungen auf land und gesellschaft  Das gleichzeitige Leben an mehreren Orten gewinnt durch die allgemein erhöhten Mobilitätsanforderungen und -möglichkeiten an Bedeutung für die räumliche Entwicklung. Das überwiegend ländlich geprägte Diepholzer Land ist vom Phänomen der Multilokalität und dementsprechend von temporären An- und Abwesenheiten betroffen, die zu vielschichtigen Konsequenzen beispielsweise im Bereich der Infrastrukturen, des Wohnens und der sozialen Strukturen führen. Innovative und anwendungsorientierte Ansätze sind erforderlich, um die

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Kommunen bei einer auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Gestaltung der Orts- und Regionalentwicklung zu unterstützen. Anhand von Fallstudien werden Strategien und Konzepte zum Umgang mit den Auswirkungen multilokaler Lebensweisen erarbeitet und exemplarisch erprobt sowie in ihrer Übertragbarkeit auf andere Kommunen überprüft. Dies geschieht in enger Zusammenarbeit zwischen Praxis (Verwaltung, Wirtschaft, Politik, Zivilgesellschaft) und Wissenschaft. Das von Prof. Dr. Frank Othengrafen am IUP geleitete Projekt, gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), läuft bis 2019.

Projekts, das Frauen als Persönlichkeiten zwischen beruflichen und familiären Aufgaben und Verpflichtungen vorstellt. Die bisher im Rahmen von Folgeausstellungen in Hannover 2011, Valencia 2012 und Wien 2014 erarbeiteten 34 Porträts zu komplexen Lebensrealitäten zeigen eine Vielfalt und Bandbreite an Persönlichkeiten, aber auch die spezifischen Herausforderungen für Frauen in Planungs- und Ingenieurberufen. Mit geschlechterdifferenziertem Blick werden Frauen in den ingenieurwissenschaftlichen Disziplinen sichtbarer gemacht und als Subjekte des Planens und Bauens stärker positioniert.

empirische planungskulturforschung in schrumpfenden städten und stadtregionen am beispiel von freiraum-, wohnflächen- und einzelhandelsentwicklungen Ziel des Projekts ist es, theoretisch und empirisch fundierte Antworten auf die Frage zu finden, inwiefern es beim Übergang von einer wachstumsorientierten zu einer auf Anpassung an mehrdimensionale Schrumpfungsprozesse ausgerichteten Planung zu einem Wandel lokaler und regionaler Planungskulturen kommt. Die Wechselbeziehungen zwischen der institutionellen Welt des formellen Planungssystems und der institutionellen Welt informeller Diskurs- und Handlungskontexte sollen in vier Fallstudien (Gelsenkirchen, Saarbrücken, Halle, Chemnitz) vergleichend untersucht werden. Unter Leitung von Prof. Dr. Rainer Danielzyk übernimmt das IUP den Fokus auf die Einzelhandelsentwicklungen. Das Projekt läuft bis 2018 und wird gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Kooperationspartner sind das geographische Institut der Ruhr-Universität Bochum und das Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung in Dortmund.

publikationen Zibell, Barbara/ Damyanovic, Doris/Alvarez, Eva (Hg.):

on stage! – women in landscape_architecture and planning. bd. 5, schriftenreihe weiter_denken, Berlin 2016  Die Publikation dokumentiert die erste Etappe eines internationalen

Gottschlich, Daniela/Mölders, Tanja (Hg.): politiken

der naturgestaltung – ländliche entwicklung und agrogentechnik zwischen kritik und vision. Wiesbaden 2017 Friedrich, Jörg/Haslinger, Peter/Takasaki, Simon/Forsch, Valentina (Hg.): zukunft: wohnen – migration als impuls für die kooperative stadt. Berlin 2017  Die gegenwärtigen Migrationsbewegungen stellen alle europäischen Städte vor enorme Herausforderungen. In der Diskussion darüber ist auch in Deutschland die Wohnraumfrage in den Fokus von Politikern, Stadtplanern und Architekten zurückgekehrt. Die anfängliche Überforderung aller Akteure ist mittlerweile einer kreativen und innovativen Architekturdebatte über das Wohnen gewichen. So sind in den letzten Jahren architektonische Konzepte und Projekte entstanden, die der Frage nach einem Grundbedürfnis des Menschen, dem Wohnen, auf vielfältige Weise nachspüren und einen Diskurs über den Wohnungs-

bau der Zukunft in Gang gesetzt haben. Längst geht es nicht mehr um die temporäre Unterbringung von unmittelbar Bedürftigen, sondern vor allem um eine sozialverträgliche, integrative und kooperative Stadt.

Schröder, Jörg/Carta, Maurizio/ Ferretti, Maddalena/ Lino, Barbaro (Hg.): territories. rural-urban strategies. Berlin 2016  Die Publikation untersucht Dynamiken von Stadt-Land-Räumen in einer Entwurfsperspektive. Wahrnehmung und Begriffe der Überlagerung von Stadt und Land benötigen eine Auffrischung, um Visionen räumlicher Zukunft diskutieren zu können. Im Gegensatz zu überholten dystopischen Konzepten von Urban und Rural zielt Territories auf rural-urbane Schnittstellen ab – in Raum, Funktion und Bedeutung. Die Publikation stellt für diese Diskussion aktuelle Entwurfs- und Forschungspositionen in Städtebau, Landschaft und Architektur aus Italien, Spanien und Deutschland vor, die im Rahmen des „Hochschuldialogs Südeuropa“ des Deutschen Akademischen Austauschdiensts e.V. (DAAD) gesammelt und diskutiert werden.

Turkali, Zvonko/Broszeit, Jens/Weber, Henrik/FeltzSüßenbach, Arlette (Hg.): der architekt ernst

zinsser – modelle seiner bauten in hannover. Berlin 2016  Das Institut für Entwerfen und Gebäudelehre, Abteilung Baukunst, Prof. Zvonko Turkali, hat in Zusammenarbeit mit Bucharchitektur  \ Kathrin Schmuck eine Publikation zur gleichnamigen Ausstellung herausgegeben; mit Beiträgen von Wolfgang Schneider, Dr. Sid Auffarth, Prof. Zvonko Turkali und Dr. Jens Broszeit. Die Fotoaufnahmen sind von Julian Martitz. Das Buch steht auf der Longlist der „Schönsten deutschen Bücher“ 2017 (ausgelobt von der Stiftung Buchkunst) und ist nominiert für den German Design Award 2018 (ausgelobt vom Rat für Formgebung).

Ferretti, Maddalena: land stocks – new opera-

tional landscapes of city and territory. List, 2017  Im Dezember 2016 veröffentlichte Arch.

Quednau, Andreas/Eberhardt, Anett: leerstellenatlas – hannover voids  Die Publikation ist eine Sammlung von 120 Leerstellen im Stadtgebiet von Hannover. Der Leerstellenatlas ist das Ergebnis einer Recherche der Studierenden des Bachelorstudiengangs Architektur im Sommersemester 2016. Er entstand im Rahmen der Lehrveranstaltung „Einführung in den Städtebau“, die am Institut für Entwerfen und Städtebau unter der Leitung von Prof. Andreas Quednau und Anett Eberhardt durchgeführt wurde. Der Leerstellenatlas wurde in der Überzeugung erstellt, dass die Summe der Leerstellen im Stadtgebiet Hannovers ein außerordentliches Potential für die Stadtentwicklung bietet. Müller, Sabine/Quednau, Andreas/SMAQ (Hg.): gi-

raffes, telegraphs, and hero of alexandria – urban design by narration. Berlin 2016 Gemeinsam mit Prof. Sabine Müller (Oslo School of Architecture and Design) hat Prof. Andreas Quednau Ende 2016 das Buch Giraffes, Telegraphs, and Hero of Alexandria – Urban Design by Narration im Ruby Press Verlag herausgegeben. Das Buch ist ein urbanes Projekt mit über 150 Fotos, Zeichnungen und Illustrationen, Beiträgen von Theo Deutinger, Rodney LaTourelle, Prof. Caroline O’Donnell (Cornell University) und Prof. Deane Simpson (The Royal Danish Academy of Fine Arts). Das Buch geht der Produktion der gebauten Umwelt nach. Giraffe, Telegraph und Hero von Alexandria stehen dabei für drei unterschiedliche Ansätze, die anhand von 13 Architektur- und Stadtforschungsprojekten in Form von Kurzgeschichten und Zeichnungen veranschaulicht werden.

Maddalena Ferretti PhD (Regionales Bauen und Siedlungsplanung) mit LIStLab Trento-Barcelona das Buch Land Stocks. New operational landscapes of city and territory. Die Publikation beschäftigt sich mit dem Thema des Recyclings von übrig gebliebenen Räumen. Land Stocks, Landreserven, ist ein neuer Begriff, der Wastelands und Restflächen als operative Landschaften in Stadt und Territorium beschreibt, die damit zur Ressource urbaner Transformation werden. Land Stocks sind eine Figur der resilienten Stadt, sie verdeutlichen die Notwendigkeit alternativer Transformationsstrategien als Urban Recycling.

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Ahrens, Marian/Akimova, Vera/Berger, Lisa/Bernhardt, Jacob/Brinkmann, Tim/Fehrcke, Katja/Postel Alena/Stöckmann, Friederike: aufgewühlt – die

griese gegend in aufruhr. ein landschaftskrimi aus dem institut für umweltplanung der leibniz universität hannover. Hannover

Winter 2016/17 analytische und konzeptuelle Werkzeuge für die räumliche Wahrnehmung und Gestaltung großmaßstäblicher Dimensionen und neuer Kooperationen untersucht.

der Nationalen Stadtentwicklungspolitik 10 Jahre Leipzig-Charta – für eine nachhaltige europäische Stadt in Hamburg und auf dem Hochschultag in Cottbus präsentiert und mit einer breiten Öffentlichkeit diskutiert.

2016 Walter, Anna: potentielle standorte für pumpspeicherwerke in niedersachsen und deren ökologische verträglichkeit. Institut für Umweltplanung, Leibniz Universität Hannover (Hg.): Arbeitsmaterialien Bd. 58, Hannover 2016

symposien und workshops erfolgsfaktoren der regionalentwicklung jenseits der grossen städte  Am 13. und

statuskonferenz regiobranding  Die Abteilung Regionales Bauen und Siedlungsplanung (Prof. Jörg Schröder, Dr. Maddalena Ferretti) ist Partnerin im transdisziplinären Forschungsprojekt „Regiobranding – Branding von Stadt-Land-Regionen durch Kulturlandschaftscharakteristika“. Ziel des Projekts ist es, neue regionale Branding-Strategien für die Metropolregion Hamburg zu entwickeln. Am 20. Juli 2016 hat die Statuskonferenz des Projekts in der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt in Hamburg stattgefunden. Die Konferenz wurde vom Institut für Umweltplanung der Leibniz Universität Hannover organisiert, das Leadpartner des Projekts Regiobranding ist.

14. Juni 2016 fand in der Evangelischen Akademie Loccum eine Veranstaltung statt, zu der Prof. Dr. Rainer Danielzyk, Abteilung Raumordnung und Regionalentwicklung, Institut für Umweltplanung, und das Amt für regionale Landesentwicklung Leine-Weser gemeinsam eingeladen hatten. Es wurden vor allem Erklärungsansätze diskutiert, wie es Regionen geschafft haben, widrigen Umständen zu trotzen und neue Trends nicht als Bedrohung des Bisherigen zu begreifen, sondern als Chance für Neuentwicklungen.

fachlicher nachwuchs entwirft zukunft  lagen-jahrestagung  Die Jahrestagung der Lanworkshop regiodesign hannover braunschweig göttingen wolfsburg  Der internationale Workshop RegioDesign am 9. Dezember 2016 im Rahmen des Seminars „Regionales Bauen und Siedlungsplanung“ hat neue Konzepte und Werkzeuge von „Mapping, Visioning, Branding“ für die sich entwickelnden Metropolregionen in Europa behandelt, mit Beiträgen unter anderem aus Italien (Prof. Maurizio Carta, Universität Palermo) und der Schweiz (Dr. Walter Schenkel, Metropolkonferenz Zürich). In Kooperation mit der Metropolregion Hannover Braunschweig Göttingen Wolfsburg, mit einem Gastbeitrag von Geschäftsführer Kai Florysiak, wurden im Seminar im

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Im Rahmen des Kooperationsprojekts „Fachlicher Nachwuchs entwirft Zukunft“, gefördert durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bauund Reaktorsicherheit (BMUB) und das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR), trafen sich vom 5. bis 12. März 2017 interessierte Studierende und Lehrende des Instituts Entwerfen und Städtebau (Prof. Andreas Quednau) mit ihresgleichen aus elf anderen Hochschulen zur Winterschule an der Universität Kassel, um in interdisziplinären Teams die neo-europäische Stadt zu entwerfen. Die Ergebnisse der Winterschule werden in einer Publikation veröffentlicht und im Rahmen des 11. Bundeskongresses

desarbeitsgemeinschaft der Einrichtungen der Frauenund Geschlechterforschung in Niedersachsen (LAGEN) fand am 12. November 2016 in Braunschweig statt. Organisiert wurde die Veranstaltung von den sechs durch das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK) geförderten Maria-Goeppert-Mayer-Professorinnen (MGM-Professorinnen). Die Fakultät wurde dabei von Prof. Dr. Tanja Mölders vertreten, die zum Thema „Gesellschaftliche Raumverhältnisse verstehen und gestalten. Perspektiven raumwissenschaftlicher Geschlechterforschung“ referierte. Der Beitrag wurde im Rahmen der LAGENBuchreihe veröffentlicht.

niedersachsen 2030 – zukunft vor ort gemeinsam gestalten  Der Demografiebeirat „Zukunftsforum Niedersachsen“ hat in seinem Arbeitszyklus „Starke Städte und lebendige Dörfer in den ländlichen Räumen“ weitere Empfehlungen an die Landesregierung zu den Herausforderungen des demografischen Wandels entwickelt. Ausgewählte Beispiele guter Praxis wurden auf dem Demografiekongress am 18. Oktober 2016 in thematischen Fachforen vorgestellt und diskutiert. Das Fachforum „Neue und lebendige Formen des Wohnens und gesellschaftlichen Zusammenlebens in Stadt und Dorf“ wurde vom Beiratsmitglied Prof. Barbara Zibell geleitet. Auf dem Markt der Möglichkeiten wurden auch Ergebnisse des studentischen Projekts „Reallabor Arbste“ aus dem Sommersemester präsentiert.

umwelt-workcamp 2016 im landschaftsschutzgebiet obere leine Am 20. und

Kulturkonzepte Klein- und Mittelstädte stärken können, wie in Städtekooperationen und Leitbildprozessen mit dem Thema Demografie umgegangen wird und wie zivilgesellschaftliche Initiativen eingebunden sind.

frauennetzwerke – unplanbar? 8. forschungsforum des gender_archland Selbstverständnis, Erfolgskriterien, Stolpersteine – was macht FrauenNetzwerke besonders und möglicherweise unplanbar? Fragen rund um die (Über-)Lebensfähigkeit von FrauenNetzwerken wurden präsentiert und diskutiert, an dem auch Vertreterinnen existierender und ehemaliger deutscher FrauenNetzwerke teilnahmen. Die Historikerin Christiane Schröder stellte die noch unveröffentlichten Ergebnisse ihrer Forschungsstudie zum ehemaligen Schweizer Frauennetzwerk P, A, F. (Planung, Architektur, Frauen) vor. Die wissenschaftliche Leitung lag bei Prof. Barbara Zibell.

21. Oktober 2016 wurde das 5. Umwelt-Workcamp mit Masterstudierenden der Umweltplanung durchgeführt, in diesem Jahr im Landschaftsschutzgebiet Obere Leine bei Alt-Laatzen. Unter der Leitung von Dr. Stefan Rüter rodeten die Studierenden Gehölze und entfernten Gras- und Staudenbewuchs, um ein temporär wasserführendes Kleingewässer und angrenzende Feuchtlebensräume zu erhalten bzw. wiederherzustellen. Darüber hinaus wurden verlandete Gewässerbereiche abgegraben. Die Pflegemaßnahmen dienen insbesondere dem Schutz der Ringelnatter (Natrix natrix) in diesem Gebiet.

klein- und mittelstädte als anker ländlicher entwicklung  Unter diesem Titel fand am 28. und 29. November 2016 in der Evangelischen Akademie Loccum eine Tagung der Abteilung Raumordnung und Regionalentwicklung des Instituts für Umweltplanung (Prof. Dr. Rainer Danielzyk) gemeinsam mit dem Zukunftsforum Niedersachsen (Prof. Dr. Axel Priebs) statt. Die Veranstaltung bot neben Vorträgen einen Workshop zu modellhaften Projekten, die mit dem Thema Demografische Entwicklung in Klein- und Mittelstädten verknüpft sind. Dabei wurde vor allem behandelt, welche Einzelhandels-, Gesundheits- oder

studium – und dann? perspektive referendariat und öffentlicher dienst für studierende der landschaftsarchitektur und umweltplanung  Fünf „Ehemalige“, die heute in der Naturschutzverwaltung oder im Berufsschuldienst arbeiten, berichteten am 11. Mai 2016 aus ihren Werdegängen und heutigen Arbeitsfeldern. Die Veranstaltung stieß auf großes Interesse: Rund 90 Studierende und Absolventinnen und Absolventen sowie einige Lehrende waren gekommen, um den Berufskolleginnen und Berufskollegen, die zwischen 1996 und 2014 ihre Abschlüsse an der Leibniz Universität Hannover gemacht haben, zuzuhören. Die

geladenen Fachleute sprachen an, dass Studieninhalte wie „Umwelt- und Planungsrecht“ und Aktivitäten wie die Fachschaftsarbeit für eine spätere Tätigkeit im Öffentlichen Dienst von besonderem Nutzen sind. Einstimmig stellten alle Referierenden die hohe Bedeutung des Projektstudiums als Vorbereitung für das Berufsleben heraus.

kooperation leibniz forschungszentrum trust  Nach der positiven Evaluierung der Forschungsinitiative TRUST „Transdisciplinary Rural and Urban Spatial Transformation“ wurde im August vom Präsidium der Leibniz Universität Hannover das Forschungszentrum TRUST eingerichtet. Damit verbunden ist eine zunächst fünfjährige finanzielle Förderung durch das Präsidium. Seit dem 1. Januar 2017 erfolgt die Geschäftsführung auf einer eigens eingerichteten Stelle, angesiedelt am Institut für Umweltplanung. Im Forschungszentrum TRUST arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den Fakultäten für Architektur und Landschaft, für Bauingenieurwesen und Geodäsie sowie aus der Juristischen, der Naturwissenschaftlichen, der Philosophischen und der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät von 16 Instituten der Leibniz Universität Hannover zusammen. Sprecher des Zentrums ist Prof. Dr. Winrich Voß, Geodätisches Institut. Prof. Dr. Christina von Haaren, Institut für Umweltplanung, fungiert als seine Stellvertreterin. Sechs Vertreterinnen und Vertreter der einzelnen thematischen Forschungscluster vervollständigen den Vorstand. Neben seinen Forschungen betreibt TRUST eine intensive Nachwuchsförderung. So besteht ein Promotionskolleg, welches aus eigenen Mitteln gemeinsam mit der Akademie für Raumforschung und Landesplanung (ARL) in Hannover eingerichtet wurde. Auch im Postdoc-Bereich ist TRUST aktiv. Bereits in der Zeit als Forschungsinitiative wurden promovierte wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erfolgreich bei der Entwicklung von Forschungsideen und der Erarbeitung von Drittmittelanträgen unterstützt.

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