Hanse und Recht: Eine Forschungsgeschichte. (Abt. B: Abhandlungen zur Deutschen Rechtsgeschichte) [1 ed.] 9783428549122, 9783428149124

Das hansische Recht ist ein kaum untersuchtes rechtshistorisches Phänomen. In dieser Studie wird wissenschaftsgeschichtl

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 9783428549122, 9783428149124

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Freiburger Rechtsgeschichtliche Abhandlungen Neue Folge · Band 74 Abt. B: Abhandlungen zur Deutschen Rechtsgeschichte

Hanse und Recht Eine Forschungsgeschichte

Von Carsten Groth

Duncker & Humblot · Berlin

CARSTEN GROTH

Hanse und Recht

Freiburger Rechtsgeschichtliche Abhandlungen Herausgegeben vom Institut für Rechtsgeschichte und geschichtliche Rechtsvergleichung der Albert-Ludwigs-Universität, Freiburg i. Br.

Neue Folge · Band 74 Abt. B: Abhandlungen zur Deutschen Rechtsgeschichte

Hanse und Recht Eine Forschungsgeschichte

Von Carsten Groth

Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br. hat diese Arbeit im Sommersemester 2015 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2016 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Satz: TextFormA(r)t, Daniela Weiland, Göttingen Druck: CPI buch.bücher.de, Birkach Printed in Germany ISSN 0720-6704 ISBN 978-3-428-14912-4 (Print) ISBN 978-3-428-54912-2 (E-Book) ISBN 978-3-428-84912-3 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort „Die Augen des Theoretikers sind schon auf Erden daran gewöhnt ins Dunkle zu sehen. Je dunkler der Gegenstand, den er behandelt, einen desto höheren Reiz hat er für ihn, desto mehr kann er seinen Scharfblick an ihm zeigen, er gleicht der Eule, dem Vogel der Minerva, der im Dunkeln steht.“ Rudolf von Jhering, Scherz und Ernst in der Jurisprudenz, 9. Aufl., Leipzig 1904, S. 251.

Diese Dissertation wurde im Sommersemester 2015 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg angenommen, im November 2015 fand die mündliche Prüfung statt. Das Erstgutachten erstellte Prof. Dr. Frank L. Schäfer, dem ich für die vorzügliche Betreuung während der gesamten Promotionsphase und für die Aufnahme in diese Reihe recht herzlich danke. Für die schnelle Erstattung des Zweitgutachtens danke ich Prof. Dr.­ Albrecht Cordes, Frankfurt, der dieses Thema anregte. Die Dr.-Carl-Böse-Stiftung, Lübeck, förderte die Dissertation mit einem Stipendium und einem Druckkostenzuschuss. Für die großzügige Unterstützung danke ich von ganzem Herzen. Ein besonderer Dank gebührt Prof. Dr. HammelKiesow, Lübeck, der in einigen Gesprächen für die rechtshistorische Sicht auf die Hanse besonderes Interesse zeigte. Ihm ist es auch zu verdanken, dass ich 2014 auf dem Doktorandenworkshop der Pfingsttagung des Hansischen Geschichtsvereins in Lübeck meine Dissertation präsentieren und diskutieren konnte. Allen Teilnehmern sei hiermit gedankt. Herausgehoben sei Philipp Höhn, Historiker in Frankfurt, mit dem ich viele und sehr erhellende Gespräche über die mittelalterlichen Kaufleute führen konnte. Ein Gedankenaustausch inter facultates geziemt insbesondere dem Rechtshistoriker, damit seine Arbeit nicht von einem beengten Blick getragen ist. In nicht allzu ferner Zukunft wird dieser Kontakt eine besondere Frucht tragen: Aus den Archivrecherchen zu den Verbindungen von Fritz ­Rörig und Carl Schmitt, die unten darzustellen sind, entwickelten sich Ge­spräche, die insbesondere die Auswirkungen dieses Kontaktes auf die Hanseforschung zum Gegenstand hatten. Hierüber wird in einem gesonderten, gemeinsamen Aufsatz zu berichten sein. Schließlich danke ich meinen Eltern, Herbert und Bettina Groth, und meinen Geschwistern, Hanna und Jan-Hendrik, für ihre gesamte Unterstützung während meines Studiums und der Erstellung der Dissertation. Die Dissertation berührt im weiteren Sinne ein Objekt, das der Wissenschaft bis heute mehr Fragen aufgibt als es Antworten parat hält: Die Hanse. Es war daher

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Vorwort

angezeigt, dieses Objekt nicht als solches zu behandeln, sondern vielmehr wissenschaftsgeschichtlich zuzugreifen. Dabei ging es indes nur um einen Randbereich der Hanse, nämlich ihr vermeintliches Recht. Wenngleich dieser Aspekt mindestens so schillernd ist, wie die Wissenschaftler, die sich zu diesem Bereich äußerten, entwich er doch nie den Augen der Forschung. Blieb das hansische Recht auch dunkel, sogar okkult, blieben die Bemerkungen dazu vage, gelegentlich merkwürdig, so reizte er doch viele, die ihr Augenmerk auf die Hanse legten. Was vom hansischen Recht übrig bleibt, wenn kein wissenschaftsgeschichtlicher, sondern ein rechtsgeschichtlicher Ansatz gewählt wird, vermag ich nicht abschließend zu beurteilen. Ich bin skeptisch. Womöglich käme eine solche Arbeit nur zu einem indifferenten Ergebnis; ein Befund nicht untypisch für (rechts-)geschichtliche Arbeiten. Doch möchte ich betonen, dass die mögliche Inexistenz des hansischen Rechts die vorherige Forschung nicht diskreditiert. Es sind gerade die unsicheren Phänomene, terrae incognitae, die die Forschung immer wieder anziehen und die auf die eine oder andere Art zu wissenschaftlichem Fortschritt führen. Diese Anziehungskraft erkannte Jhering, der das obige Zitat launig fortführte: „Welchen Reiz würde die römische Rechtsgeschichte für ihn [den Theoretiker] haben, wenn die Quellen es ihm ermöglichten, auf alle Fragen eine klare und bestimmte Antwort zu erteilen! Gerade die Lückenhaftigkeit und das oft gänzliche Schweigen derselben geben der Sache den größten Reiz, gerade die dunkelsten Partien sind die interessantesten, denn sie verstatten jenes freie ungebundene Umherschweifen der Phantasie, in welchem der wahre Hochgenuß ihres Besitzes besteht. Das Licht an die Stelle der Dunkelheit gesetzt – und alles wäre dahin!“

Kronshagen, im Dezember 2015

Carsten Groth

Inhaltsübersicht A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 B. Altes Reich bis 1806: Hansisches Recht als ein Phänomen des geltenden Rechts . . . 25 C. Hansisches Recht in Sartorius’ Geschichte des Hanseatischen Bundes . . . . . . . . . . . 53 D. 19. und beginnendes 20. Jahrhundert: Hansisches Recht in den Städten und als Vorläufer eines gemeinen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 E. Hansisches Recht im Nationalsozialismus: Der Kaufmann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 F. Hansisches Recht in der BRD und der DDR: Von europäischen Bürgern und deutschen Städten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 G. Zusammenfassung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 Quellen- und Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 Personenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333

Inhaltsverzeichnis A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 I. Gegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 II. Die Problematik einer Wissenschaftsgeschichte mit hansischem Bezug . . . . . . . 21 III. Begrenzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 IV. Stand der Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 B. Altes Reich bis 1806: Hansisches Recht als ein Phänomen des geltenden Rechts 25 I. Publikationen und Strukturen der Werke sowie ihre Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . 25 1. Die Hanse im staatsrechtlichen Fokus des Alten Reiches . . . . . . . . . . . . . . . . 25 2. Monographien zur Hanse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 II. Themen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 1. Hanse contra Reich: Der Kampf um die Verfassungsmäßigkeit der Hanse . . . 30 a) Das Bündnisverbot in der Goldenen Bulle von 1356 als Hauptproblem . . 30 aa) Verteidigung durch Zustimmung des Kaisers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 bb) Verteidigung mittels der Figur der civitas mixta . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 b) Fortwirkungen dieses Streits . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 c) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 2. Die Rechtsnatur der Hanse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 a) Einordnungen der Hanse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 b) Einzelne Rechte der Hanse und ihre Auswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 3. Die Stadtrechte, insbesondere das Lübische Recht als eigenständiges Forschungsfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 4. Hansisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 III. Methoden und Prämissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 1. Das Alte Reich als geschichtlicher und rechtlicher Anknüpfungspunkt . . . . . 47 2. Diskrepanz zwischen der Hanse, ihrer Verfassung und dem hansischen Recht 48 3. Die Hansegründung als Dogma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 4. Hanseforschung ohne umfassende Quellenpublikationen . . . . . . . . . . . . . . . . 50 IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52

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C. Hansisches Recht in Sartorius’ Geschichte des Hanseatischen Bundes . . . . . . . . 53 I. Georg Friedrich Sartorius . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 II. Die Rechtsnatur der Hanse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 III. Die hansische Verfassung und die Wirkung der Hanserezesse . . . . . . . . . . . . . . . 56 1. Die hansische Verfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 2. Die Rechtsqualität der hansischen Rezesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 IV. Die rechtlichen Einflüsse der Städte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 V. Hansisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 D. 19. und beginnendes 20. Jahrhundert: Hansisches Recht in den Städten und als Vorläufer eines gemeinen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 I. Publikationen und Strukturen der Werke sowie ihre Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . 64 1. Rechtswissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 2. Geschichtswissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 3. Die Quellenpublikationen, ihre Herausgeber und Prämissen . . . . . . . . . . . . . . 73 II. Themen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 1. Die Rechtsnatur der Hanse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 2. Die Verfassung der Hanse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 a) Behauptungen einer festeren Verfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 b) Annahme einer lockeren Verfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 3. Die Interpretation des Lübischen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 a) Gleichsetzung von Lübischem Recht mit hansischem Recht . . . . . . . . . . . 84 b) Das Lübische Recht als Faktor der Hansegeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 aa) Ursprung dieser These . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 bb) Nachweise dieser These . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 cc) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 c) Das Lübische Recht als Kulturträger und Teil der Ostforschung? . . . . . . . 95 4. Hansisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 a) Hansisches Recht in den Kontoren, insbesondere: Novgorod . . . . . . . . . . 99 b) Das Handels- und Seerecht als Paradigma des hansischen Rechts . . . . . . . 102 c) Die Wirkung der Rezesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 III. Methoden und Prämissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 1. Die wendischen Städte als treibende Kraft der Hanse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 2. Die nationalstaatliche Sicht und die hansische Verfassungsgeschichte . . . . . . 110 3. Die Stadtrechte und die Hanse in methodologischer Sicht . . . . . . . . . . . . . . . 116 IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120

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E. Hansisches Recht im Nationalsozialismus: Der Kaufmann . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 I. Publikationen und Strukturen der Werke sowie ihre Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . 123 1. Rechtswissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 a) Wilhelm Ebels Verstrickungen in den Nationalsozialismus . . . . . . . . . . . . 124 b) Das Wirken von Fritz Markmann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 2. Geschichtswissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 a) Der Hansische Geschichtsverein und der Nationalsozialismus . . . . . . . . . 137 b) Fritz Rörig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 II. Themen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 1. Die Rechtsnatur der Hanse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 2. Die Verfassung der Hanse auf „blutmäßiger Grundlage“ . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 a) Die hansische Verfassung ist nicht mehr „völkisch indifferent“ . . . . . . . . . 148 b) Die Bedeutung Gotlands für die hansische Genesis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 3. Die Bedeutung der Stadtrechte, insbesondere das Lübische Recht . . . . . . . . . 155 a) Die Stadtrechte, die Ostsiedlung und die Hanse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 aa) Das deutsche Recht im Osten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 bb) Rörigs Hansekonzeption und die Stadtrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 b) Das Lübische Recht: Reichsvertretend und gemeinhansisch . . . . . . . . . . . 163 4. Hansisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 III. Methoden und Prämissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 1. Kritik an Projizierungen und Auftakt zu einer Revision der Grundbegriffe? . . 170 2. „Schöpferische, disziplinierte historische Kombination“ und ihre Parameter . 173 a) Volk: Das gestaltende deutsche Bürgertum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 b) Raum: Land und Meer – Rörigs Kontakt zu C. Schmitt . . . . . . . . . . . . . . . 176 3. Planitz’ Stadtrechtstheorie im Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 4. Konsequenz: Die Dekonstruktion der hansischen Verfassung . . . . . . . . . . . . . 184 IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 F. Hansisches Recht in der BRD und der DDR: Von europäischen Bürgern und deutschen Städten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 I. Publikationen und Strukturen der Werke sowie ihre Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . 190 1. Rechtswissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 a) W. Ebels Rückkehr nach Göttingen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 b) Die Situation W. Ebels bei seinem Vortrag über hansisches Recht . . . . . . . 195 c) Weitere juristische Arbeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196

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Inhaltsverzeichnis 2. Geschichtswissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 a) BRD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 b) DDR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 II. Themen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 1. Die Rechtsnatur der Hanse: Der Bundesbegriff als Kernfrage . . . . . . . . . . . . . 204 a) BRD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 aa) Brandts Interessengemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 bb) Abweichende Ansichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 b) DDR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 2. Die Verfassung der Hanse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 a) Die Gotländische Genossenschaft: Urform der Hanse und Kritik . . . . . . . 212 b) BRD: Lose Interessengemeinschaft und Verfassungsdiskussion . . . . . . . . 214 c) DDR: Die hansische Verfassung in städtebündischer Ausprägung . . . . . . . 219 d) Pitz’ hansische Verfassungsgeschichte: Identitätsthese und Einung . . . . . . 222 3. Die Bedeutung der Stadtrechte: Lübeck und Europa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 a) Das Lübische Recht und seine europäische Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . 225 b) Das travezentrische Hansebild und das Lübische Recht . . . . . . . . . . . . . . . 226 c) Die Angriffe auf die travezentrische Sicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 d) Lübisches Recht und Rezeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 e) Besonderheit bei W. Ebel: Kontinuitätsthese – vom Lübischen Recht zum BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 4. Hansisches Recht: W. Ebels wirkmächtiger Vortrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 a) Begriff des hansischen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 aa) W. Ebel und die ihm folgende westdeutsche Forschung . . . . . . . . . . . 237 bb) Wernickes Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 b) Rang des hansischen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 c) Transformation in Stadtrecht anstatt unmittelbarer Geltung der Rezesse . . 247 d) See-, Handels- und Gesellschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 e) Kontore . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 III. Methoden und Prämissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 1. Methoden im Umfeld des hansischen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 a) Keine neuzeitlichen Begriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 b) Die Rekonstruktion des Rechts aus Urteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 c) Komparatistische Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 d) Kaufmännisches und hansisches Recht: Das Recht aus Gewohnheiten . . . 266 2. Die Sicht auf die Hanse: Europa vs. Nation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 a) Die europäische Sichtweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271

Inhaltsverzeichnis

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b) Das marxistisch-leninistische Hansebild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 3. Die Methodik bei Pitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 G. Zusammenfassung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 I. W. Ebels Definition des hansischen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 1. Gesetzesrecht versus Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 2. Kaufmannsgewohnheitsrecht: Nachwirkung Rörigs und Planitz’ . . . . . . . . . . 282 II. Ideologische Nachwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 III. Hansische Verfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 1. Reichsperspektive und Verfassungsmäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 2. Verfassungsdiskussion zwischen Rechtsgeschichte und Geschichtswissenschaft 285 IV. Stadtrecht: Lübeck im Fokus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 1. Isolation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 2. Öffnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 3. Europäische Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 V. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 Schaubild: Verbindungen von Waitz zu den Editoren der hansischen Urkunden . . . . 292 Erläuterungen und Nachweise zum Schaubild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 Quellen- und Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 Quellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 I. Bis 1800 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 II. 1800–1869 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 III. 1870–1932 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 IV. 1933–1945 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 V. Ab 1946 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 Personenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333

Abkürzungsverzeichnis ADB Allgemeine Deutsche Biographie Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch ADHGB AHL Archiv der Hansestadt Lübeck BArch Bundesarchiv Berlin Document Center BDC BGB Bürgerliches Gesetzbuch Deutschnationale Volkspartei DNVP DRK Deutsches Rotes Kreuz EU Europäische Union (F) Fachführer (spezieller Rang in der SS/Waffen-SS) GB Goldene Bulle Gesellschaft für Europäische Wirtschaftsplanung und GroßraumGeWG wirtschaft e. V. HAG Hansische Arbeitsgemeinschaft HGB Handelsgesetzbuch Hansische Geschichtsblätter HGbll. HGV Hansischer Geschichtsverein HR Hanserezesse Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte HRG HUB Hansisches Urkundenbuch HZ Historische Zeitschrift Urkundenbuch der Stadt Lübeck LUB MGH Monumenta Germaniae Historica Neue Deutsche Biographie NDB NL Nachlass NLA Niedersächsisches Landesarchiv NOFG Nord- und Ostdeutsche Forschungsgemeinschaft NSDAP Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei NSDDB Nationalsozialistischer Deutscher Dozentenbund NSRB Nationalsozialistischer Rechtswahrerbund Oberappellationsgericht der vier Freien Städte OAG RuSHA Rasse- und Siedlungshauptamt Sonderführer (spezieller Rang in der SS/Waffen-SS) (S) SchlHA Schleswig-Holsteinische Anzeigen SD Sicherheitsdienst des Reichsführers-SS SS Schutzstaffel der NSDAP VSWG Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Wissenschaftliche Zeitschrift der Ernst-Moritz-Arndt-Universität WZ Greifswald/ Ges. u. Spr.wiss. Reihe Greifswald/Gesellschafts- und Sprachwissenschaftliche Reihe Zeitschrift für Geschichtswissenschaft ZfG ZHF Zeitschrift für historische Forschung

16 ZRG GA ZVLGA

Abkürzungsverzeichnis Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte/Germanistische Abteilung Zeitschrift des Vereines für Lübeckische Geschichte und Altertumskunde

A. Einleitung I. Gegenstand Begriffe1 gestalten unsere Wirklichkeit. Für einen nicht sinnlich wahrnehmbaren Gegenstand ist diese Aussage leichter nachvollziehbar als für einen sinnlich wahrnehmbaren. Die Mutter kann auf ein gefiedertes Lebewesen zeigen und zum Kind sprechen: „Dies ist ein Vogel!“ Ein Gegenstand in der Welt wird so mit einem sprachlichen Zeichen verbunden. Wenn das Kind einige Wochen später von einem schönen Tag im Park berichtet, in dem andere Menschen ihre Vögel an der Leine geführt hätten, so kann die Mutter auf den begangenen Fehler hinweisen und erläutern, das Kind habe doch wohl Menschen mit ihren Hunden gesehen. Doch wenn die Frage nach dem hansischen Recht erhoben wird, entfällt die Möglichkeit auf einen Gegenstand in der Welt zu verweisen. Folglich können Begriffsbestimmungen des hansischen Rechts nicht mit dem Verweis auf eine „fehlerhafte“ Verknüpfung von Welt und Vorstellung zurückgewiesen werden. Die hier vorliegende Arbeit trug ursprünglich den Arbeitstitel „Hansisches Recht – Eine Forschungsgeschichte“. Im Laufe der Forschung zu diesem Thema stellte sich heraus, dass der Titel zu kurz griff. Das hansische Recht als unbestreitbar nicht mit unseren Sinnen erfassbarer Gegenstand erfuhr seine erste explizite Begriffsbestimmung erst durch den Göttinger Rechtshistoriker Wilhelm Ebel 1949 in einem Vortrag.2 Wenn wir die lange Forschungstradition zur Hanse bedenken, müssen wir uns fragen, ob die Beschreibung ihres Rechts bereits vor der explizit gemachten Begriffsbestimmung mit einer solchen operierte. Über das Attribut dieses Rechts, „hansisch“, tritt ein weiteres Problem hinzu. Die Hanse ist als solche ebenfalls nicht wahrnehmbar; und dies nicht nur weil sie eine geschichtliche Erscheinung war. Bisher konnte niemand die Bundesrepublik Deutschland, das Recht, einen Anspruch oder gar eine Klage sehen oder hören. Darüber hinaus ist nach der jüngsten Forschung bei der Hanse „nur eines klar […]: nämlich das, was sie nicht war“.3 Dennoch gibt es 1 Die philosophische Diskussion über den Begriff des Begriffs wird hier nicht ausgeführt. Im Rahmen der juristischen Methodenlehre wird häufig zwischen sprachlichem Zeichen, der – vereinfacht gesprochen – damit verbundenen Vorstellung (Intension) und der Klasse der tatsächlich damit berufenen Gegenstände in der Welt (Extension) unterschieden; die Intension ist der Begriff. Dazu sei exemplarisch verwiesen auf: Koch/Rüßmann, Juristische Begründungslehre, 1982, S. 126–163, insb. S. 129; Zippelius, Juristische Methodenlehre, 10. Aufl., 2006, S. 19–21; Rüthers et al., Rechtstheorie mit juristischer Methodenlehre, 7. Aufl., 2013, S. 99–139, insb. S. 103 f. Kritische Aufarbeitung aus sprachwissenschaftlicher Sicht: Busse, Juristische Semantik, 2. Aufl., 2010. 2 W. Ebel, Hansisches Recht. Begriff und Probleme, 1949. 3 Jahnke, Die Hanse, 2014, S. 7.

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A. Einleitung

Begriffsbestimmungen des hansischen Rechts. Die vorliegende Arbeit konnte sich also nicht auf das hansische Recht und seine begriffliche Geschichte beschränken, sondern musste die Forschung zur Hanse allgemein miteinbeziehen. Lassen wir die ungelöste Problematik des Rechtsbegriffs beiseite – sei es der heutige4 oder der vergangener Tage5 – so gaben Forscher also offenbar eine Begriffsbestimmung zu dem Recht eines Phänomens, das sich bis heute jeglicher positiver Beschreibung entzieht. Konnte dies nur in einem Wissenschaftsklima geschehen, in dem positive Definitionen der Hanse existierten, die heute erschüttert sind? Handelt es sich bei dem hansischen Recht somit um eine weitere Facette im bröckelnden Bild eines mächtigen Städtebunds? Oder ist ein hansisches Recht denkbar, das mit verschiedenen Hansebegriffen operieren kann? Das Ziel dieser Arbeit ist nicht, eine eigene Definition des hansischen Rechts zu geben. Vielmehr sind die Forschung und Forscher, ihre Gegenstände und die Methoden oder wenigstens mögliche Leitbilder zu untersuchen und einzu­ordnen. Diese Fragestellung besitzt bereits einen immanenten Reiz, da die Hanse spätestens seit dem 19. Jahrhundert in der Geschichtswissenschaft eigenständig bearbeitet und in der Rechtsgeschichte immerhin zum Kanon der historischen Erscheinungen gehörte. Somit mussten die Hanse und die mit ihr angeblich verbundenen rechtlichen Phänomene von unterschiedlichen Forschergenerationen und wissenschaftlichen Paradigmen beleuchtet werden. Dabei können Konjunkturen des Themas und der dahinterstehenden Motive dargestellt werden. Indes reizt die Fragestellung auch, weil sie eine Standortbestimmung der heutigen wissenschaftlichen Diskussion über das hansische Recht erlaubt. Wie angesprochen, beruht die heutige Definition des hansischen Rechts im Kern auf einem Vortrag W. Ebels aus dem Jahr 1949 und bildet die Grundlage für ein 2008 erschienenes Sammelwerk zum selben Thema.6 Diesen Vortrag konnte W. Ebel nicht ohne Vorarbeiten halten und eigene Vorarbeiten standen ihm nicht zur Verfügung. Bereits hier deutet sich an, dass der im Nationalsozialismus exponierte Rechtshistoriker W.  Ebel notwendigerweise auf frühere Forschungen zurückgreifen musste und die Offenlegung dieser Verbindungen eine Evaluation der noch heute geläufigen Definition ermöglicht. Zugleich zeigt sich in der späten ausdrücklichen Behandlung des Gegenstandes die Problematik einfacher wissenschaftsgeschichtlicher Erklärungen. Unterstellt die Forschung des 19. Jahrhunderts deutete die Hanse – wie bis heute behauptet wird – eher städtebündisch und eher hierarchisch; warum geriet das hansische Recht dann erst 1949 in den Fokus?

4 Aus der uferlosen Literatur seien exemplarisch herausgegriffen: Alexy, Begriff und Geltung des Rechts, 4.  Aufl., 2005; Hart, The concept of law, 10.  Aufl., 1979; Rüthers et al., Rechtstheorie, 2013, S. 27–46; Zippelius, Rechtsphilosophie, 6. Aufl., 2011, S. 3–17. 5 Siehe die unten nachgewiesene Literatur bei F.III. Fn. 448 und F.III.3. Fn. 526. 6 Cordes (Hrsg.), Hansisches und hansestädtisches Recht, 2008.

I. Gegenstand

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Da das hansische Recht weder einer bestimmten Forschungsdisziplin zugeordnet ist, noch Monographien dieses Objekt behandeln, kann der wissenschafts­ geschichtliche Zugriff weder über die Institutionalisierung der Forschung noch über eine formelle Vorgehensweise, also der Verwendung des Ausdrucks „hansisches Recht“, stattfinden. Möglicherweise verwandten die Autoren andere Ausdrücke oder verbanden mit dem Ausdruck „hansisches Recht“ unterschiedliche Gegenstände. Für diese Arbeit muss die Literatur also unter gewissen materiellen Gesichtspunkten ausgewertet werden. Dabei werden nicht die Probleme der Übersetzung einer materiellen Herangehensweise verkannt. Ob es sich tatsächlich um denselben Gegenstand trotz anderer Bezeichnung handelt, bedarf der Interpretation und ist daher vom Interpreten abhängig. Es wäre möglich, die von W.  Ebel und Albrecht Cordes ausgearbeiteten Definitionen zu verwenden: „Unter hansischem Recht verstehen wir also die materiellen Rechtssätze, die neben, zwischen oder über den einzelnen Stadtrechten hansischer Städte eine einheitliche und gemeinsame Ordnung des hansischen Wirtschaftsverkehrs schaffen konnten und schufen.“7

An diese Definition knüpfte Cordes 2008 an, indem er definierte: „Unter hansischem Recht verstehen wir die (materiellen und prozessualen [Hervorhebung]) Rechtssätze, die neben, zwischen oder über den einzelnen Stadtrechten hansischer Städte eine einheitliche und gemeinsame Ordnung des hansischen Rechtslebens [Hervorhebung] (und des Wirtschaftsverkehrs insbesondere) schaffen konnten und schufen.“8

Wäre dies der Ausgangspunkt für die Auswahl der Literatur und die an sie zu stellenden Fragen, so müsste aber eine statische, also eine zeitlich unveränderte Begriffsbestimmung unterstellt werden. Damit wäre aber eine anachronistische Sicht eingenommen, die häufig zu Fehldeutungen verleitet. Zudem ließe sich ein gleichbleibendes Verständnis freilich nur schwer annehmen, da sich W. Ebel in seinem Vortrag gegen die Methoden anderer Autoren zum Nachweis eines hansischen Rechts wandte. Offensichtlich divergierten die Begriffe des hansischen Rechts. Kann daher weder der bloße Ausdruck „hansisches Recht“ noch eine explizit aber später formulierte Definition zugrunde gelegt werden, muss eine andere Herangehensweise gewählt werden. Eine statische Definition könnte zudem zu einer Herabwürdigung vergangener Ansätze und der Überhöhung neuerer Ansätze führen, indem man die Forschung gerade im Hinblick auf diese Definition betrachtete. Die jeder Epoche eigenen Ergebnisse sollen aber als solche ge­würdigt werden.

7 W. Ebel, Begriff I, 1949, S. 3. Der Kurztitel „Begriff I“ wird gewählt, da W. Ebel 1978 eine überarbeitete Fassung seines Vortrages veröffentlichte, die mit „Begriff  II“ abgekürzt wird. 8 Cordes, Hansisches Recht. Begriff und Probleme, in: Albrecht Cordes (Hrsg.): Han­ sisches und hansestädtisches Recht, 2008, S. 205 (212).

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A. Einleitung

Der Zugriff dieser Arbeit ging von drei Hypothesen aus. Erstens der Unterstellung, die Frage nach dem hansischen Recht wäre mit den Fragen nach der Rechtsnatur und der Verfassung der Hanse verknüpft. Zweitens der Annahme, die Städte spielten für die hansische Forschung eine große Rolle und die Stadtrechte rückten damit zunehmend in das Blickfeld der Forscher. Schließlich drittens der Hypothese, die Forschung nähme die Kaufleute in unterschiedlicher Intensität in ihre Beobachtung mit auf und beurteilte damit die innerhalb dieser Personengruppe geltenden Normen. Die Fragen nach der Rechtsnatur und der Verfassung der Hanse hängen eng zusammen. Es ließe sich auch vertreten, dass beide Fragen nicht sinnvoll von­ einander getrennt werden können. Die Beantwortung der Frage, welche Rechts­ natur die Hanse gehabt habe – teilweise gemeinrechtlich: corpus, societas, foedus, collegium etc.; teilweise nach einheimischem Recht9: Einung, Genossenschaft – wirkte sich häufig auch auf die Deutung der inneren Struktur, der Verfassung der Hanse aus. Es wird aber noch zu zeigen sein, dass die Autoren teilweise die Rechtsnatur der Hanse offen ließen und trotzdem die Verfassung beschrieben. Für die Autoren war eine Trennung also möglich. Da hier die Sichtweise der Autoren nachvollzogen werden soll, wird in den Bereichen, in denen dies möglich ist, von einer solchen Trennung ausgegangen. Thematisch interessiert daher, wie die Hanse rechtlich eingeordnet wurde und wie die Verfassung beschrieben wurde. Der Bezug zum hansischen Recht ergibt sich aus der Hypothese, diese Ein­ ordnung hätte wenigstens die Beschreibung des hansischen Rechts beeinflusst. Dabei wird untersucht, welche Rechtswirkungen die Autoren den Normen der Hanse beimaßen und welche Auswirkungen eine mögliche hansische Rechtsschöpfung hatte. Der Bezug zu den Stadtrechten liegt näher. Wurde die Hanse als eine Ver­ einigung von Städten gedeutet, musste das Verhältnis zu den Rechten in den Städten geklärt werden. Besonders die Forschung zum Lübischen Recht wird dabei in den Fokus gerückt. Hier stellen sich die Fragen, wie die Autoren die Rolle der Städte und ihrer Rechte in der Hanse deuteten und wo sie Interdependenzen sahen. Die Diskussionen über die Rechtsverhältnisse zwischen den Kaufleuten zeigen keinen bloßen Perspektivwechsel der Forschung; die städtischen oder hansischen Normen wurden nicht in ihrer Wirkung für die Kaufleute beschrieben. Vielmehr stand besonders für die Frühzeit der hansischen Geschichte die Frage nach einem kaufmännischen Gewohnheitsrecht oder kaufmännischen Rechtsgewohnheiten im Vordergrund. Die Rekonstruktion von gewohnheitsrechtlichen Normen birgt aber

9

Zum Begriff des deutschen Rechts: Cordes, Deutsches Recht, in: HRG, Bd. 1, 2. Aufl., 2008, Sp. 1003–1007. Die juristische Germanistik ist wissenschaftsgeschichtlich aufgearbeitet bei F. L. Schäfer, Juristische Germanistik, 2008. Zum Begriff des deutschen Rechts: ders., Germanistik, 2008, S. 25–30.

II. Die Problematik einer Wissenschaftsgeschichte mit hansischem Bezug 

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immer Probleme der Überlieferung.10 Solche Diskussionen, so eine weitere hier vertretene Hypothese, wären offen für Vorannahmen.

II. Die Problematik einer Wissenschaftsgeschichte mit hansischem Bezug Wie angedeutet, hat die Forschung zur Hanse die Schwierigkeit, eine positive Bestimmung der Hanse zu geben. Obwohl eine Wissenschaftsgeschichte nicht an dieser Diskussion teilnimmt, wird sie von diesem Problem berührt. Dies hängt mit den verschiedenen Ebenen „der Hanse“ zusammen, die in der Forschung untersucht worden sind. Unabhängig von der Frage, wie die Hanse als solche definiert wird, berührt hansische Geschichte immer auch die Geschichte einzelner Städte oder Territorien und die ihrer Bewohner, insbesondere ihrer Kaufleute. Teilweise werden Werke betrachtet, die zwar die Stadtrechtsgeschichte einzelner Städte, insbesondere Lübecks, beschreiben, dabei aber bloß akzidentell auf die Hanse eingehen. Hier ließe sich gegen die vorliegende Arbeit die Kritik erheben, sie gehe von einem stadtfixierten und besonders auf Lübeck fixierten (travezentrischen) Hansebild aus. Wenn zuweilen die Diskussion über das Kaufmannsrecht hinzugenommen wird, so könnte die Kritik lauten, es werde ebenfalls implizit ein Hansebild transportiert, das nun Diskussionen über gewisse Kaufleute und ihre rechtlichen Rahmenbedingungen vor einem bestimmten Hansebild deutet. Ein bestimmtes Hansebild wird nicht ausdrücklich zu Grunde gelegt. Der Schwerpunkt auf der Forschung zum Lübischen Recht im Bereich der stadtrechtlichen Diskussion wird aufgrund der Betonung des Lübischen Rechts in der hansischen Forschung gesetzt. Insbesondere die Forschungen W. Ebels sind viel mehr der Rechtsgeschichte Lübecks als der der Hanse gewidmet. Dabei wird nicht verkannt, dass auch die Forschung zum Magdeburger Recht Bezüge zum Hanseraum aufgebaut hat, doch dient der eigene Fokus auf die lübische Forschung einer immer notwendigen Schwerpunktsetzung. Wenn im Folgenden noch häufiger der Ausdruck „Hanse“ benutzt wird, ist damit trotz der erstrebten begrifflichen Genauigkeit keine juristische Einordnung der Struktur der Hanse verbunden. Vielmehr wird der Ausdruck „Hanse“ verwendet, wenn es darum geht, in einer Kurzformel die in der Forschung angenommenen, verschiedenen Erscheinungsformen der verbundenen kaufmännischen und städtischen Tätigkeiten zu beschreiben.

10 Siehe dazu jetzt: Cordes, lex mercatoria, in: HRG, Bd. 3, 20. Lieferung, 2. Aufl., 2014, Sp. 890–902. Näheres unten F.III.1.d).

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A. Einleitung

III. Begrenzungen Die Darstellung wird begrenzt, um das Thema in angemessener Zeit bearbeiten zu können. In zeitlicher Hinsicht beginnt die Darstellung mit Werken aus dem 17.  Jahrhundert, bloß gelegentlich wird auf frühere Werke zurückgegriffen. Die zeitliche Begrenzung mag angesichts der jahrhunderteumfassenden Geschichte der Hanse überraschen.11 Die wissenschaftliche Auseinandersetzung um die Hanse entwickelte sich aber erst zum Ende dieser Zeit. Zudem war die Anzahl an Werken, die relevante Ausführungen zum hansischen Recht beinhalten, zunächst gering. Erste relevante Publikationen erschienen erst ab dem 16. Jahrhundert und damit in einem fortgeschrittenen Stadium der hansischen Geschichte. Zwar ist ein früherer Zugriff denkbar, doch finden sich dann vor allem bloß zeitgenössische Dokumente der Akteure und Gegner der Hanse und damit keine wissenschaftlichen, sondern politische Schriften. Als Einstiegspunkt dienen juristische Werke, die die Hanse in das geltende Staatsrecht einordnen. Als zeitlicher Endpunkt wird hier das Jahr 2001 gesetzt, in dem Pitz’ Mono­ graphie über die Verfassung der Hanse erschien.12 Später erschienene Werke werden nur gelegentlich herangezogen. Die Einschränkung soll es ermöglichen, die wissenschaftsgeschichtliche Dimension zu wahren, ohne dabei wichtige jüngere Entwicklungen auszublenden. Sachlich werden Werke der Rechts- und Geschichtswissenschaft aus dem deutschsprachigen Raum herangezogen. Die Beschränkung auf deutsche Literatur könnte kritisiert werden, da die Hanse – nach heutigen Maßstäben – ein europäisches Phänomen war und folglich wissenschaftliche Bearbeitungen auch in anderen Sprachen erfolgten. Gleichwohl erscheint eine Begrenzung möglich, um ein Bild der deutschen Wissenschaft zu zeichnen. Zudem sind schwerpunktmäßig die Lebensläufe von Historikern und ihre Werke behandelt. Dies hängt mit dem schwindenden Einfluss der Juristen in hansischen Fragen zusammen. So nahm beispielsweise die Anzahl und vor allem die Quote von Juristen im Hansischen Geschichtsverein kontinuierlich ab.13 Inhaltlich ist zu beachten, dass die Literatur zur Hanse und zu einzelnen Städten nicht in Gänze herangezogen wird. So gab es zwar eine bedeutende Wissen-

11 Näheres bei Dollinger et al., Die Hanse, 6.  Aufl., 2012; Hammel-Kiesow, Die Hanse, 4. Aufl., 2008; Hammel-Kiesow/Puhle, Die Hanse, 2009; Jahnke, Hanse, 2014. Ein genaues Datum kann weder für die Gründung noch die Auflösung der Hanse gegeben werden. Der Ausdruck „steden van der dudeschen hense“ findet sich als Selbstbezeichnung im Konflikt mit Flandern Mitte des 14.  Jahrhunderts, Hammel-Kiesow/Puhle, Hanse, 2009, S.  63. Als Ende wird der letzte Hansetag 1669 angesehen, Dollinger et al., Hanse, 2012, S. 485 ff. Danach blieben nur die jetzt hanseatisch genannten Städte Lübeck, Hamburg und Bremen übrig. 12 Pitz, Bürgereinung und Städteeinung, 2001. 13 Siehe dazu unten die exemplarischen Nachweise für das 19. Jahrhundert bei D. I.2., Text bei Fn. 71 und für das Jahr 1973 unten F. I., Text bei Fn. 2.

IV. Stand der Forschung

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schaft zum zeitgenössischen Lübischen Recht,14 doch interessiert diese nur insoweit, wie sie Bezüge zur Hanse und insbesondere zum hansischen Recht aufbaute.

IV. Stand der Forschung Eine monographische Wissenschaftsgeschichte zum hansischen Recht liegt nicht vor. Dies mag am Fehlen einer Monographie über das hansische Recht liegen. Wissenschaftsgeschichtliche Abhandlungen zur Hanseforschung sind hingegen in Form von Aufsätzen vorhanden.15 Dabei berühren diese Aufsätze gelegentlich rechtliche Bereiche der Hansediskussion. Zuvörderst ist W.  Ebels Aufsatz aus dem Jahre 1940 über die Staatsrechtslehre des 17. und 18. Jahrhunderts zu nennen.16 Dieser Aufsatz verdient in zweierlei Hinsicht für die hier vorliegende Arbeit Beachtung. Zunächst als Wissenschaftsgeschichte zum hansischen Recht im engeren Sinne. Die Staatsrechtler untersuchten die Hanse insbesondere im Hinblick auf ihre Verfassungsmäßigkeit und damit im Vergleich zum Alten Reich. Diese Diskussion arbeitete W. Ebel auf und daran ist anzuknüpfen. Weiterhin ist der Aufsatz als Gegenstand der Wissenschaftsgeschichte relevant. Dies folgt einerseits aus der Person seines Urhebers – W.  Ebel wird eine bedeutende Rolle bei der Untersuchung der Forschungsgeschichte zukommen – andererseits aus der Entstehungszeit. In den Kriegsjahren erschienen nicht viele Artikel in den Hansischen Geschichtsblättern und ein Aufsatz von W. Ebel aus dieser Zeit ist noch seltener. Weiterhin gibt es punktuelle Abhandlungen zur Wissenschaftsgeschichte des zeitgenössischen Lübischen Rechts.17 Eine umfangreiche Aufarbeitung der Wissenschaftsgeschichte dieses Bereichs fehlt jedoch. In jüngerer Zeit setzten sich Autoren mit der Rezeption der Hanse auseinander.18 Die Reflexion der hansischen Forschung über ihre Wege und Ziele entspringt da 14

Siehe die verzeichneten Werke bei W. Ebel, Jurisprudencia Lubecensis, 1980. Ich verweise zudem auf ein Dissertationsprojekt von Elisabeth Reich in Göttingen: Geschichtsbilder und Geschichtspolitik des Hansischen Geschichtsvereins 1870–1980, nähere Informationen unter: http://www.uni-goettingen.de/de/196958.html, zuletzt abgerufen am 7. Mai 2015. 16 W. Ebel, Die Hanse in der deutschen Staatsrechtsliteratur des 17. und 18. Jahrhunderts, HGbll., Bd. 65/66 (1940), S. 145–169. 17 W. Ebel, Lübeck in der deutschen Rechtsgeschichte, SchlHA, Bd. 209 (1962), S. ­40–47; Landwehr, Rechtspraxis und Rechtswissenschaft im Lübischen Recht vom 16.  bis zum 19. Jahrhundert, ZVLGA, Bd. 60 (1980), S. 21–65. 18 Henn, Wege und Irrwege der Hanseforschung und Hanserezeption in Deutschland im 19.  und 20.  Jahrhundert, in: Marlene Nikolay-Panter (Hrsg.): Geschichtliche Landeskunde der Rheinlande, 1994, S. 388–414; Postel, Treuhänder und Erben, in: Jörgen Bracker (Hrsg.): Die Hanse – Lebenswirklichkeit und Mythos, 3. Aufl., 1999, S. 879 (891 ff.); Hill, Vom öffentlichen Gebrauch der Hansegeschichte und Hanseforschung im 19. und 20. Jahrhundert, in: Antjekathrin Graßmann (Hrsg.): Ausklang und Nachklang der Hanse im 19. und 20. Jahr 15

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A. Einleitung

bei einer langen Tradition.19 Prägende Persönlichkeiten, deren Werk Auswirkungen auf die rechtsgeschichtliche Deutung der Hanse hatte, wie beispielsweise Rörig, wurden ebenfalls punktuell aufgearbeitet.20

hundert, 2001, S. 67–88; Paulsen, Die Koggendiskussion in der Forschung, HGbll., Bd. 128 (2010), S. 19–112; Puhle, Hanse und Reich, HGbll., Bd. 129 (2011), S. 171–191; Kypta, Aufstieg, Blüte, Niedergang – Entstehung, Krise, Übergang: Von der bürgerlichen zur postmodernen Hanseforschung, in: Oliver Auge (Hrsg.): Hansegeschichte als Regionalgeschichte, 2014, S. 413–428. 19 D. Schäfer, Die Aufgaben der deutschen Seegeschichte, HGbll., Bd. 36 (1909), S. 1–12; Rörig, Wandlungen der hansischen Geschichtsforschung seit der Jahrhundertwende, in: Hermann Aubin et al. (Hrsg.): Deutsche Ostforschung, Bd. 1, 1942, S. 420–445; ders., Stand und Aufgaben der Hansischen Geschichtsforschung, HGbll., Bd.  69 (1950), S.  1–13; Pitz, Hansische Geschichtsforschung 1945–1960, VSWG, Bd.  48 (1961), S.  251–262; Schwebel, Zur Historiographie der Hanse im Zeitalter der Aufklärung und der Romantik, HGbll., Bd.  82 (1964), S. 1–20; ders., Der Stralsunder Friede (1370) im Spiegel der historischen Literatur, 1970; Friedland, Stand und Aufgaben der hansischen Geschichtsforschung, Jahrbuch der historischen Forschung in der Bundesrepublik Deutschland (1982), S. 20–23; Neddermeyer, Die Hanse und die deutsche Geschichtsschreibung, Geschichte in Köln, Bd. 28 (1990), S. 47–77; Dollinger, Die Hanse, 5. Aufl., 1998, S. 487–508; aus rechtshistorischer Sicht: Cordes, Spätmittelalterlicher Gesellschaftshandel im Hanseraum, 1998, S. 10–50 zur Forschung über das hansische Gesellschaftsrecht; ders., Die Rechtsnatur der Hanse. Politische, juristische und historische Diskurse, HGbll., Bd. 119 (2001), S. 49–62. 20 Aus jüngster Zeit: Lambert, From antifascist to Volkshistoriker, in: Stefan Berger/Mark Donovan/Kevin Passmore (Hrsg.): Writing national histories, 1999, S. 137–149; Noodt, Fritz Rörig (1882–1952), ZVLGA, Bd. 87 (2007), S. 155–180, siehe zu Rörig E. I.2.b).

B. Altes Reich bis 1806: Hansisches Recht als ein Phänomen des geltenden Rechts Wissenschaftliche Ausführungen zur Hanse vor 1806 werden von der heutigen Forschung nur selten in den Blick genommen. Sie gelten offenbar als unfruchtbar oder vollkommen veraltet. Zudem untersuchte, wie bereits erwähnt, W. Ebel die Staatsrechtsliteratur des 17. und 18. Jahrhunderts. Dieser Forschungszweig bietet aber die Möglichkeit, die juristischen Einordnungen der Hanse in dieser Zeit näher zu untersuchen. Die Hanse erschien in Abhandlungen, die das geltende Staatsrecht aus einer historischen Perspektive zu verstehen suchten.

I. Publikationen und Strukturen der Werke sowie ihre Autoren 1. Die Hanse im staatsrechtlichen Fokus des Alten Reiches Die Staatsrechtsliteratur weist, selbst unter Berücksichtigung der Gefahr von unzulässigen Vereinfachungen, gemeinsame Linien im Umgang mit der Hanse auf.1 Zunächst ist auffällig, dass die Hanse – bis auf wenige Ausnahmen – nicht monographisch behandelt wurde. Vielmehr finden sich in den einschlägigen Werken – wenn überhaupt – wenige Kapitel zur Hanse. Die Autoren interessierten sich vielmehr für allgemeine staatsrechtliche Themen, in deren Rahmen dann das behandelte rechtliche Problem angeblich auch bei der Hanse auftrat.2 Die Hanse 1 W.  Ebel polemisierte gegen „das barocke Prunken“ mit Zitaten und die dabei angeblich unzureichende Kennzeichnung von fremden Zitaten, W. Ebel, Staatsrechtsliteratur, 1940, S. 148. Damit nahm er aber eine anachronistische Sicht ein und kritisierte die im National­ sozialismus bedrängten Romanisten. 2 Rulant beschäftigte sich mit prozessrechtlichen Fragen vor dem Reichskammergericht und erwähnte die Hanse beim ius archivi: Rulant, Tractatus De Commissariis, Et Commissionibus Camerae Imperialis, Bd. 2, 2. Aufl., 1724 (zuerst: 1597), p. II, l. V, c. IV, §§ 56–58; Weyhe behandelte Bündnisse: Weyhe, Meditamenta Pro Foederibvs [foederibus], 1601; Limnäus die Reichsstädte: Limnäus, Tomus tertius iuris publici imperii Romano-Germanici, Editio Tertia, 1657, Bd. 7: De civitatibus imperialibus, c. I De nominis atque rei definitionibus, nec non divisionibus Civitatum; Ludewig ebenfalls: Ludewig/Heuss, Dissertatione Inavgvrali De Civitatvm Dispari Nexv Cvm S. R. Imperio Von Reichs und freyen Reichs-Städten, Halle, Saale, 1710; Moser ordnete die Hanse zwar ebenfalls bei den Reichsstädten ein, Moser,­ Johann Jacob Mosers Teutsches Staats-Recht, Bd. 43, 1751, K. 196, schrieb aber selbst dort § 2 „Es ist zwar an deme, daß die Hansee-Stätte eigentlich mit denen Reichs-Stätten nicht die geringste Connexion haben, sondern es vielmehr ein Fehler ist, wann selbige mit einander vermengt werden […]“ dies geschähe aber auch durch andere Staatslehrer (man beachte

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B. Altes Reich bis 1806: Hansisches Recht als Phänomen des geltenden Rechts

wurde damit zu einem Thema unter vielen, das in die nun aufkommende staatsrechtliche Dogmatik einzuordnen war. Somit wurde die Hanse von vornherein im Verhältnis zum Alten Reich gedeutet. Diese Weichenstellung war, wie noch zu zeigen sein wird, vorentscheidend. Den Werken ist aber der Fokus auf allgemeingeschichtliche Ausführungen und weniger auf juristische Analysen gemein. Besonders reizvoll waren anscheinend die etymologischen Herleitungen von „Hanse“.3 Ein juristisches Argument folgte daraus nicht. Die meisten dieser Autoren hatten nur geringe Verbindungen zu Hansestädten. Weyhe (1553 bis nach 1633)4, der in der Hansestadt Hannover geboren wurde und in der Hansestadt Lüneburg lebte (und vielleicht starb), studierte in Wittenberg und konnte damit dort nur wenig Anschauungsmaterial zur Hanse sammeln. Möglich waren genauere Anschauungen, als er für kurze Zeit vom Herzog Adolf von Holstein-Gottorp nach Lübeck gesandt wurde. Er verblieb dort aber nur von 1585 bis kurz nach Oktober 1586. Über Rulant (1568–1630)5 ist nicht viel bekannt, mehr wissen wir über seinen gleich­ namigen Sohn und gleichnamigen Enkel, beide Syndici in Hamburg.6 Rulant wurde 1568 in Aachen geboren und betätigte sich als Doktor beider Rechte für seine Heimatstadt ­Aachen als Syndikus. In den 1590er Jahren zog er in die Hansestadt Hamburg, wo er als kaiserlicher Kommissar tätig war. Für seine Ausführungen zur Hanse hatte er also Anschauungen in einer der letzten aktiven Hansestädte. Die weiteren von W. Ebel zitierten Autoren hatten nur teilweise Verbindungen zur Hanse. Mathias Stephani (1570–1646)7 studierte unter anderen in Greifswald und Königsberg und lehrte zeitweilig in Rostock und Greifswald. Reinkingk (1590–1664)8 wies noch größere Nähe zum Hanseraum auf, da er bereits als Kind Jahre in Osnabrück und Lemgo verbrachte und unter anderem in Köln studierte. Auf den Osnabrücker Friedensverhandlungen nach dem Dreißigjährigen Krieg vertrat er als Kanzler das Bremer Erzbistum. Dort konnte er dann die in rechtlicher Hinsicht kuriose völkerrechtliche Anerkennung der Hanse mitverfolgen. das Tempus bei Moser); bei Besold fand eine Beschäftigung bei den Bündnissen statt: Besold,­ Synopse der Politik, 2000 (Übersetzung eines Werkes von Besold), Kapitel 11. Weitere Werke bei W. Ebel, Staatsrechtsliteratur, 1940, S. 149, 150. 3 W. Ebel fasste „ethymologische Curiosa“ zusammen bei W. Ebel, Staatsrechtsliteratur, 1940, S. 159 Fn. 4. Dort wurde Limnäus’ Werk erwähnt. Dieser befasste sich ab c. I, § 60 mit der Herkunft des Namens auf über zwei Seiten. 4 Lange, Weyhe, Eberhard von, in: ADB, Bd. 42, 1897, S. 273–277; Killy, Weyhe, Eberhard von, in: DBE, Bd. 10, 2. Aufl., 2008, S. 466. 5 Es finden sich verschiedene Schreibweisen des Namens, W. Ebel schrieb über „Rutger Ruhland (Rulant)“, W. Ebel, Staatsrechtsliteratur, 1940, S. 148; im Hamburger Staatsarchiv wird er Ruland geschrieben; der Artikel in der ADB nennt ihn Rütger Rulant, Beneke, Rulant, Rütger, in: ADB, Bd. 29, 1889, S. 635–636. 6 Zu dem Sohn findet sich eine Leichenrede im Hamburger Staatsarchiv, Übersetzung von Heinz A. E. Schröter: http://www.hamburgerpersoenlichkeiten.de/hamburgerpersoenlichkeiten/ member_file_uploads/helper.asp?id=1267, zuletzt abgerufen am 7. Mai 2015. 7 Eisenhart, Stephani, Mathias, in: ADB, Bd.  36, 1893, S.  95, dort ist das Geburtsjahr fälschlicherweise mit 1576 angegeben. Das Geburtsjahr ist nicht mehr eindeutig rekonstruierbar, daher mit Fragezeichen versehen bei Link, Stephani, Matthias, in: Hans Dieter Betz (Hrsg.): Religion in Geschichte und Gegenwart, Bd. 7, 4. Aufl., 2004, Sp. 1716. 8 Otto, Reinkingk (Reinking), Dietrich (Theodorus), in: NDB, Bd. 21, 2003, S. 375–376.

I. Publikationen und Strukturen der Werke sowie ihre Autoren

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Aber weder Arumäus9 (1579–1673)10 noch Limnäus (1592–1663)11, Besold (1577–1638)12 oder Moser (1701–1785)13 können in eine Verbindung zur Hanse gebracht werden. Obwohl gerade die Ausführungen von Arumäus und Limnäus häufig zitiert wurden, konnten sie sich kein Bild vom Zustand der Hanse machen. Der von W. Ebel als Hansegegner bezeichnete Andreas von Knichen (1560–1621)14 wurde zwar in der Hansestadt Aschersleben im Jahre 1560 geboren, zu dieser Zeit war Aschersleben aber bereits nicht mehr Mitglied der Hanse.

Zum Ende des Alten Reiches erfolgten nur noch wenige Bemerkungen zur Hanse. Die Hanse wurde zwar kurz erwähnt, aber nun mehr als bloße historische Anekdote. Beispielhaft sei das Werk von Häberlin15 genannt, der im Rahmen der Reichsstädte die Hanse ansprach und behauptete, dass sich „sehr viele Reichsstädte“16 darin befunden hätten. Einen Beleg dafür blieb er schuldig. Bemerkenswert ist allein das Tempus seiner wenigen Sätze. Die Hanse war kein Phänomen des geltenden Rechts mehr. Danach konzentrierte er sich auf die drei verbliebenen hanseatischen Städte Lübeck, Hamburg und Bremen. Eine irgendwie geartete juristische Analyse oder eine Auseinandersetzung mit der Hanse fand nicht statt. So bleibt für die meisten Autoren, die die Hanse nur im Rahmen ihrer weiter gefassten Werke behandelten, eine gewisse Entfernung zur Hanse festzustellen, sei diese Entfernung räumlich, zeitlich oder beides zugleich. Freilich hätte eine unmittelbare Anschauung der damaligen Verhältnisse die Bewertung der Hanse nicht zwingend ändern müssen, zumal die Hanse bereits in Wandlung begriffen war. Es bleibt aber der interessante Befund, dass die Forscher ein Phänomen, das sie weder aus eigener Anschauung noch aus Primärquellen kannten, hauptsächlich zur historischen Herleitung des geltenden Rechts benutzten. 2. Monographien zur Hanse Wurde die Hanse damals monographisch behandelt, so nahmen bereits die Zeitgenossen die Werke verhalten auf. Als gern gewähltes Angriffsobjekt erwies sich ein vierbändiges Werk von Johann Angelius von Werdenhagen.17 In dem Werk von 9

Mit Ausnahme eines Studienaufenthalts in Rostock. Pahlmann, Dominicus Arumaeus, in: Kleinheyer/Schröder: Juristen, 5.  Aufl., 2008, S. 28–30. 11 Pahlmann, Johannes Limnäus, in: Kleinheyer/Schröder: Juristen, 5. Aufl., 2008, S. ­255–258. 12 Pahlmann, Christoph Besold, in: Kleinheyer/Schröder: Juristen, 5. Aufl., 2008, S. 58–62. 13 Kleinheyer, Johann Jacob Moser, in: Kleinheyer/Schröder: Juristen, 5.  Aufl., 2008, S. 313–319. 14 Stintzing, Knichen, Andreas von, in: ADB, Bd. 16, 1882, S. 287–288. 15 Häberlin, Handbuch des Teutschen Staatsrechts nach dem System des Herrn Geheimen Justizrath Pütter, Bd. 2, 1794, siehe dazu Pütter, Institutiones Juris Publici Germanici, 3. Aufl., 1782, l. V, c. V, § 213. 16 Häberlin, Staatsrecht, Bd. 2, 1794, l. V, c. V, § 213. 17 Das Werk erschien ursprünglich 1631. Hier wird eine erweiterte Ausgabe benutzt: Werdenhagen, De Rebuspublicis Hanseaticis Tractatus, 1641. 10

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über 2300 Seiten beschrieb er verschiedenste Aspekte einer weitgefassten Hansegeschichte. Er reihte die „Geschichte von Städten und Stämmen“ aneinander, zeigte aber im Werk „kaum einen roten Faden“.18 Leider verfasste er wenig juristisch Interessantes. Bereits die Zeitgenossen kritisierten das Werk scharf. Conring nannte Werdenhagen einen „ineptus autor“19 und Sartorius warf ihm später vor, „eine sinnlose Compilation“20 verfasst zu haben. Indes wurde Werdenhagen trotzdem und gern von vielen anderen Autoren zitiert. Selbst Klefeker (zu ihm sogleich), der Werdenhagen in der Einleitung noch kritisierte, griff bei Belegen zu historischen Anmerkungen gerne auf ihn zurück. Werdenhagen (1581–1652)21 wies bereits durch seinen Geburtsort Helmstedt Verbindungen zur Hanse auf. Zeit seines Lebens war der Jurist Werdenhagen Anfeindungen wegen seiner Ablehnung des Humanismus ausgesetzt, die aus seiner religiösen Einstellung resultierte. Gleichzeitig übte er Kritik an den orthodoxen Lutheranern, sodass er sich, nachdem er nur mit Druck des Herzogs Professor in Helmstedt wurde, in der Universität isolierte. 1618 verließ Werdenhagen dann Helmstedt und wurde in der Hansestadt Magdeburg Syndikus. Aber auch in Magdeburg machte sich Werdenhagen mit seinen Schriften Feinde. Im Jahre 1626 legte er dieses Amt nieder. 1627 versuchte er vergeblich Syndikus in Hamburg zu werden. Nun ging er nach Leiden und verfasste dort sein Werk über die Hanse. Eine Verbindung und Nähe Werdenhagens zur Hanse ist daher nicht zu verkennen. Doch konnte auch Werdenhagen in Leiden nicht auf Urkunden oder sonstige Primärquellen zugreifen. Mochte er der Hanse auch wohlgesonnen sein, die wissenschaftlichen Voraussetzungen für ein Werk des gedachten Umfanges fehlten offensichtlich in Leiden. Eine weitere viel kritisierte Monographie22 stammt von Johann Peter Willebrandt (1719– 1786)23, der in der Hansestadt Rostock geboren wurde und in der Hansestadt Hamburg starb. Seine Hansische Chronick 24 verfasste er in Lübeck, wo er als Anwalt arbeitete. Mit dieser Chronik war Willebrandt augenscheinlich selbst nicht zufrieden, da er zwanzig Jahre später eine verbesserte Auflage ankündigte, die aber nie erschien.

18 Postel, Cum ira et studio, in: Michael Hundt/Jan Lokers (Hrsg.): Hanse und Stadt, 2014, S. 135 (149). 19 Conring/Bode, Exercitatio De Urbibus Germanicis, 1641, Th. 95. 20 Sartorius, Geschichte des Hanseatischen Bundes, Bd. 1, 1802, S. 74 Fn. 12, auf S. 331 f. folgt dann: „Man muß zu seiner [Werdenhagens] Entschuldigung annehmen, daß er seines Verstandes nicht ganz mächtig gewesen sey. […] [Es gehöre] eine nicht geringe Resignation dazu, diesen Unsinn zu lesen“. 21 Nachfolgende Ausführungen entstammen Zimmermann, Werdenhagen, Johann Angelius von, in: ADB, Bd. 41, 1896, S. 759–762. Neuerdings Brüdermann, Werdenhagen, Johann Angelius von, in: Horst-Rüdiger Jarck (Hrsg.): Braunschweigisches Biographisches Lexikon, 2006, S. 732–733; Postel, Werdenhagen, 2014. 22 Siehe wieder Sartorius: „so liefern diese [Ausführungen von Willebrandt] fast auf jeder Seite, oft in jeder Zeile, die aller gewissesten Beweise, daß das Unternehmen den Kräften des Verfassers nicht angemessen war“, Sartorius, Bund, Bd. 1, 1802, S. 333. 23 Biographische Angaben von Nirrnheim, Willebrandt, Johann Peter, in: ADB, Bd.  43, 1898, S. 261–262. 24 Willebrandt, Hansische Chronick, 1748.

II. Themen

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Diese Monographien werden nur ergänzend herangezogen. Sie enthalten sich weitgehend juristischer Ausführungen im Hinblick auf die Hanse oder knüpfen an die staatsrechtlichen Arbeiten an. Über die noch darzustellenden Argumente, die freilich aus den Arbeiten zum Staatsrecht herrühren, geht keine monographische Arbeit hinaus. Indes stellte W. Ebel die juristische Dissertation von Klefeker lobend heraus. Darin finden sich längere und eigenständigere Ausführungen als in anderen Mono­graphien. Johann Klefeker war der gleichnamige Enkel des berühmten Hamburger Syndikus, der diese Tätigkeit über 50 Jahre ausübte.25 Der hier genannte Klefeker konnte kaum bedeutende Spuren in der Wissenschaft hinterlassen, da er im Alter von 26 Jahren starb.26 Bemerkenswert ist aber die lange Verbundenheit der Familie mit der Hansestadt Hamburg, welche womöglich für Thema und Richtung seiner Dissertation prägend war.

Am Ende dieser Epoche erschienen zwei historische Arbeiten zur Hanse, die die Diskussion über die Hanse und damit auch über die Rechtsnatur beeinflussten. Einerseits das Werk von Johann Georg Büsch,27 das zwar von Sartorius noch erwähnt, aber später kaum noch beachtet wurde.28 Büsch verwehrte dabei gleich zu Beginn seiner Abhandlung den Vergleich der Hanse mit föderalen Gebilden wie beispielsweise der Schweiz. Das Ziel der Hanse sei gerade nicht politisch gewesen. Mag Büsch’ Entwurf heute als ein „ziemlich unzulänglicher“ beschrieben werden,29 so war er doch wegen der Herausstellung der hansischen Besonderheiten innovativ. Büsch’ Werk deutete den Übergang zu einer eigenständigen Hanse­ forschung in der Geschichtswissenschaft an, der dann mit dem Erscheinen von Sartorius’ Werk vollzogen wurde.

II. Themen Die juristische Analyse der Hanse war geprägt von der staatsrechtlichen Forschung im Alten Reich.30 Daher stand zum einen die Verfassungsmäßigkeit der Hanse in Frage und zum anderen die Einordnung der Hanse in das Lehrgebäude des Staatsrechts. Diese Aspekte wirkten auch in die historischen Arbeiten ein. 25 In der ADB wird lediglich der Großvater des hier interessierenden Klefekers dargestellt, Melle, Klefeker, Johann, in: ADB, Bd. 16, 1882, S. 76–77. 26 Klefeker (Johann 3.), in: Hans Schröder (Hrsg.): Lexikon der hamburgischen Schriftsteller bis zur Gegenwart, 1857, Nr. 1947. 27 Büsch, Kurzer Entwurf einer Geschichte der Hansa, insonderheit des Ganges der Handlung während derselben, in: J. Smidt (Hrsg.): Hanseatisches Magazin, Bd. 1, 1799, S. 1–90; ders., Kurzer Entwurf einer Geschichte der Hansa, insonderheit des Ganges der Handlung während derselben, in: J. Smidt (Hrsg.): Hanseatisches Magazin, Bd. 2, 1799, S. 104–139. 28 Wenngleich die sehr umfangreiche Bibliographie bei Büsch, Johann Georg, in: Hans Schröder (Hrsg.): Lexikon der hamburgischen Schriftsteller bis zur Gegenwart, 1851, Nr. 0514 das Werk unter Nr. 66 p. verzeichnet. 29 Henn, Wege, 1994, S. 394. 30 W. Ebel, Staatsrechtsliteratur, 1940.

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B. Altes Reich bis 1806: Hansisches Recht als Phänomen des geltenden Rechts

1. Hanse contra Reich: Der Kampf um die Verfassungsmäßigkeit der Hanse Die Hanse entstand nicht mit den juristischen Mitteln, die ein moderner Staat für die Bildung von Vereinigungen – gleich welcher Rechtsqualität – anbietet. Sie entwickelte sich ohne formellen Gründungsakt oder formelle Anerkennung in einem Machtvakuum. Die Staatsrechtswissenschaft des Alten Reiches, die sich erst zum Ende der hansischen Zeit entfaltete, untersuchte dennoch umfangreich, ob und inwieweit die Hanse verfassungsmäßig31 sei. W. Ebel attestierte der Staatsrechtwissenschaft die Anwendung unpassender Begriffe und die Außerachtlassung der hansischen Spätzeit.32 a) Das Bündnisverbot in der Goldenen Bulle von 1356 als Hauptproblem Als Hauptproblem der Autoren stellte sich c. XV der Goldenen Bulle Karls IV. von 1356 dar, welches sich gegen Bündnisse wandte. Der Normtext lautet in deutscher Übersetzung: „Von den Verschwörern [Verweis, Hervorhebung im Original] Die verwerflichen und durch geheiligte Gesetze missbilligten Verschwörungen und Vereinigungen oder unerlaubten Verbindungen in Städten und außerhalb oder zwischen Stadt und Stadt, zwischen Person und Person oder zwischen Person und Stadt, unter dem Vorwand der Verwandtschaft oder der Aufnahme ins Bürgerrecht oder sonst einer Beschönigung, ferner die Schwurgenossenschaften, Bündnisse und Verträge wie auch die dadurch aufgekommene Gewohnheit (die wir vielmehr für einen Missbrauch halten), welche Städte oder Personen, von welcherlei Würde, Rang oder Stand sie auch seien, entweder unter sich oder mit anderen ohne Genehmigung der Herren, deren Untertanen oder Dienstleute sie sind oder in deren Gebiet sie sich aufhalten, und ohne diese Herren namentlich auszunehmen, bisher geschlossen haben oder in Zukunft zu schließen sich unterstehen [Verweis] – all dies missbilligen und verurteilen Wir und erklären es mit sicherem Wissen für ungültig, gleichwie es durch geheiligte Gesetze unserer hochseligen erlauchten Vorgänger unzweifelhaft verboten und für nichtig erklärt worden ist [Verweis].| Ausgenommen vom Verbot sind nur diejenigen Bündnisse und Verbindungen, die von Fürsten, Städten und anderen Ständen anerkanntermaßen zur Erhaltung des Landfriedens [Verweis] in ihren Bezirken und Gebieten untereinander abgeschlossen worden sind; diese behalten Wir nämlich einer besonderen Erklärung vor und verordnen, daß sie in Kraft bleiben sollen, bis Wir darüber anders zu bestimmen geruhen werden. [Verweis] Wir setzen fest, daß eine einzelne Person, die künftig gegen den Wortlaut dieser Unserer Verordnung des hierüber erlassenen alten Gesetzes sich untersteht, dergleichen Bündnisse, Verbindungen, Verschwörungen und Verträge einzugehen, außer der Strafe desselben Gesetzes in die 31 Es sei hier außer Acht gelassen, dass von einer Verfassung des Alten Reiches nicht gesprochen werden kann. Für die Autoren existierte diese gleichwohl. 32 W. Ebel, Staatsrechtsliteratur, 1940, S. 151.

II. Themen

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Schmach der Ehrlosigkeit und in eine Buße von zehn Pfund Goldes, eine Stadt oder Gemeinschaft aber, die sich gleichermaßen gegen dieses Unser Gesetz vergeht, in eine Buße von hundert Pfund Goldes sowie in die Strafe des Verlusts und der Entziehung ihrer vom Reich erlangten Freiheiten und Privilegien verfallen soll; die Hälfte dieser Geldstrafe ist der kaiserlichen Kasse, die andere Hälfte aber dem Landesherrn, zu dessen Nachteil (die Verschwörungen) gemacht worden sind, zu entrichten.“33

Dabei konnte aber nicht der Text als solcher, sondern vielmehr nur seine Auslegung das Problem sein. Denn die Bestimmung enthält ausdrücklich eine Ausnahme vom Vereinigungsverbot, wenn die Vereinigung dem Landfrieden dient und damit nicht gegen Kaiser und Reich oder gegen die Fürsten gerichtet ist. Diese Bestimmung wurde aber dahin ausgelegt, dass nur Reichsstände zu Bündnissen befugt seien. Hier bot sich nun ein typischer Zugriffspunkt für die Hansegegner. Eberhard von Weyhe stellte 1601 fest, dass zu den Mitgliedern der Hanse nicht nur reichsunmittelbare Städte, sondern auch Städte gehören, die einem anderen Herren (superior magistratus) untergeordnet seien.34 Weyhe wurde dabei von anderen Autoren bis zum Ende der Epoche immer wieder aufgegriffen. Zusammen mit Limnäus’ Zusatz, auch Städte außerhalb des Reiches seien Mitglieder der Hanse35, wurde damit der argumentative Grundstock für den Angriff auf die Legalität der Hanse gelegt. Die Hanse spielte für die Forscher dabei nur eine untergeordnete Rolle, was mit der Relation der verfassten Seiten gezeigt werden kann. Weyhes Werk umfasst 350 Seiten, wovon sich drei Seiten ausdrücklich mit der Hanse befassen. Limnäus beschrieb die Hanse in seinem dreibändigen Werk zum ius publicum des Reiches im Kapitel über die Reichsstädte. Von den 81 Paragraphen des Kapitels, können bloß die Paragraphen 59–81 der Hanse ausdrücklich zugeordnet werden und bloß in § 79 behandelte er die Verfassungsmäßigkeit der Hanse auf vier Seiten36. Dieses Thema war ein rein akademisches Problem. Zwar wird bis in die jüngere Zeit angenommen, die Goldene Bulle habe Auswirkungen auf das hansische oder wenigstens das lübische Bündnissystem gehabt,37 doch regte sich gegen diese Deutung Widerstand.38 Es gab nie einen Versuch von Kaiser und Reich oder den 33

Neuhochdeutsche Übersetzung nach Lutz, Die Goldene Bulle von 1356, 2006, S. 67 f. Weyhe, Foederibus, 1601, c. 2 n. 44. Diese Stelle wurde auch bei W. Ebel, Staatsrechts­ literatur, 1940, S. 153 Fn. 1 zitiert. 35 Limnäus, Civitatibus, 1657, c. I, § 59. W. Ebel zitierte § 57. Darin finden sich aber keine Angaben zur Hanse. Ders., Civitatibus, 1657, c. I, § 79, orientiert sich stark an Weyhes Ausführungen, liefert aber noch weitere Argumente für und gegen die Verfassungsmäßigkeit der Hanse. 36 Limnäus, Civitatibus, 1657, c. I, § 79. 37 Mohrmann, Der Landfriede im Ostseeraum während des späten Mittelalters, 1972, S.  173, 175 f. Dort allerdings vorrangig für das lübische Bündnissystem, ders., Landfriede, 1972, S. 150. 38 Hergemöller, Fürsten, Herren und Städte zu Nürnberg 1355/56, 1983, S. 118. Unterstützend kann verwiesen werden auf Stoob, Kaiser Karl IV. und der Ostseeraum, HGbll., Bd. 88/I (1970), S. 163 (178), nach dem Karl IV. die Hanse „niemals als einen Städtebund bezeichnet oder behandelt hat“. 34

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B. Altes Reich bis 1806: Hansisches Recht als Phänomen des geltenden Rechts

Fürsten, die Hanse wegen eines Verstoßes gegen die Goldene Bulle aufzulösen. Dies mag bereits mit der Entstehung der Goldenen Bulle zusammenhängen.39 Seit Zeumers Untersuchung über die Entstehung der Goldenen Bulle sind die histo­ rischen Hintergründe für die hier interessierenden c. XIII und XV bekannt.40 Das Werk erschien zwar vor über 100 Jahren und geht in einer wilhelminischen Deutung an die Goldene Bulle heran,41 ist für die rechtshistorischen Details aber nicht ersetzt.42 Zeumer stellte mit guten Gründen die These auf, dass beide Bestimmungen auf Betreiben des Kölner Erzbischofs Wilhelm von Gennep43 aufgenommen wurden, der sich mit der Stadt Köln in einem Streit befand.44 Karl IV. hatte der Stadt Köln im Dezember 1355 eine Privilegienbestätigung erteilt, die Zollfreiheit für die Bürger vorsah. Der Erzbischof erlitt dadurch Einnahmeeinbußen. Weniger als einen Monat später widerrief Karl IV. die Privilegienbestätigung. Zeumer legte nun dar, dass in diese Zeit auch die Erstellung der betreffenden Stellen der Goldenen Bulle fiel. Mittels eines Textvergleichs zwischen dem Privileg aus dem Dezember und dem Text des c. XIII lieferte Zeumer Belege für seine These.45 Weiterhin legte er dar, wie c. XV bloß ein weiterer Akt im Streit des Erzbischofs mit der Stadt Köln war. Als eine Vorlage für den Artikel nannte Zeumer den Ron­ kalischen Landfrieden Friedrichs I. von 1158.46 Die zweite Vorlage wurde in einem Privileg für den Erzbischof aus dem Dezember 1355 gesehen. Dieses Privileg war ausdrücklich bloß darauf gerichtet, dass die dem Erzbischof untergebenen Personen und Städte keine Bündnisse ohne seine Zustimmung schließen durften. Diese These belegte er wiederum mit Textvergleichen.47 Beachtenswert ist der Hinweis, die Möglichkeit der Zustimmung zu Bündnissen stamme aus dem Privileg für den Erzbischof.48 Das immer wieder vorgebrachte Bündnisverbot folgte somit einerseits aus den Regelungen, die Friedrich I. zur Sicherung seiner Feldzüge in Reichsitalien erließ und andererseits aus einem tagespolitischen Streit des Kölner Erz­ bischofs. Weder versuchte Barbarossa je, die Hanse zu ächten, die zum Zeitpunkt

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Siehe dazu Hergemöller, Entstehung, 1983, S.  135–144, insbesondere S.  142 f. Zudem Dotzauer, Überlegungen zur Goldenen Bulle Kaiser Karl IV. unter besonderer Berücksichtigung des rechtlichen Hintergrundes, in: Winfried Dotzauer et al. (Hrsg.): Landesgeschichte und Reichsgeschichte, 1995, S. 165 (190 f.). 40 Zeumer, Entstehung und Bedeutung der Goldenen Bulle, Bd.  2,1, 1908. Zu c.  XIII S. 68–72; c. XV S. 72–76. 41 Dotzauer, Goldene Bulle, 1995, S. 165. 42 Hergemöller, Entstehung, 1983, S. 2. Kritik dann bei ders., Entstehung, 1983, S. ­217–220. 43 Biographische Angaben bei Keussen, Wilhelm von Gennep, in: ADB, Bd.  43, 1898, S. 113–115. Ebenfalls Angaben bei Hergemöller, Entstehung, 1983, S. 39–41. 44 Der Streit wird geschildert bei Zeumer, Goldene Bulle, Bd. 2,1, 1908, S. 68–70. Ebenfalls Hergemöller, Entstehung, 1983, S. 136 f. 45 Zeumer, Goldene Bulle, Bd. 2,1, 1908, S. 69–71. 46 Ebenfalls Hergemöller, Entstehung, 1983, S. 221. 47 Zeumer, Goldene Bulle, Bd. 2,1, 1908, S. 73–75. 48 Zeumer, Goldene Bulle, Bd. 2,1, 1908, S. 74 f. Wie Zeumer anmerkte, musste die Stelle jedenfalls insoweit abgeändert werden, als nun der Kaiser und nicht der Erzbischof die Zustimmung erteilen musste.

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der Ronkalischen Gesetze nicht als Städtebund existierte,49 noch galt der Streit des Erzbischofs der Hanse. Ein Argument gegen die Legalität der Hanse hätte aus dem Status Kölns als Hansestadt folgen können. Indes bezog sich der Streit des Erzbischofs nicht auf Kölns Verbindungen zur Hanse50 und darüber hinaus wird dieses Argument nicht in den Schriften der hier behandelten Autoren genannt. Vielmehr wendeten sie in schematischer Weise die Auslegung der Goldenen Bulle, es dürften bloß Reichsstände Bündnisse schließen, auf die Mitglieder der Hanse an und folgerten die Verfassungswidrigkeit. Ausgangspunkt war damit eine vom Reich ausgehende, juristische Sicht und die apriorische Annahme einer städtebündischen Hanse. In dieser Argumentation „stand das geschriebene, formale Recht auf Seiten ihrer [der Hanse] Gegner“51. Zum Ende des Alten Reiches verblassten zwar diese Schlussfolgerungen52, doch sollten sie eine beachtenswerte Langlebigkeit zeigen. Interessant sind die Verteidigungsargumente zugunsten der Hanse, wenn die Goldene Bulle als einschlägig erachtet wurde53. Hier werden zwei Argumente herausgegriffen. Einerseits eine mögliche Anerkennung durch die Kaiser und andererseits die Einordnung vieler Hansestädte als civitates mixtae. aa) Verteidigung durch Zustimmung des Kaisers Ein typischer Zugriffspunkt für die verteidigende Argumentation war die Frage nach einer Anerkennung der Hanse durch die römisch-deutschen Kaiser. Dabei wurden zuweilen die Argumente des hansischen Syndikus Domann aufgegriffen, der Anfang des 17. Jahrhunderts die Hanse dadurch zu legitimieren suchte, dass sie seit Jahrhunderten im Kontakt mit den Herrschern stand und dabei nie 49

Ganz unabhängig von der Frage, ob die Hanse je ein Städtebund war. Zeumer, Goldene Bulle, Bd. 2,1, 1908, S. 73, Zusammenfassung des Privilegs: „In diesem [Privileg] gewährte der Kaiser dem Erzbischof auf dessen Klage, daß die Schöffen, Räte und Obrigkeiten ihm und der Kölner Kirche untergebener Städte unter sich, mit Herren und andern mächtigen Personen, sowie mit andern Städten Verschwörungen und Bündnisse zum Schaden des Erzbischofs und seiner Kirche geschlossen hätten, die Gnade, daß die Untertanen des Erzbischofs und der Kölner Kirche keinerlei Bündnisse und Verschwörungen ohne die Zustimmung des Erzbischofs eingehen und ebensowenig ohne solche Zustimmung des Erz­ bischofs einen Herzog, Markgrafen, Grafen oder sonst eine mächtige Person als Bürger aufnehmen sollen“. 51 W. Ebel, Staatsrechtsliteratur, 1940, S. 157. Auf S. 155 nannte W. Ebel die „Beweisführung der Hansegegner […] ziemlich bündig“. W. Ebel erkannte zwar das historische Herkommen des c. XV der Goldenen Bulle aus dem Ronkalischen Landfrieden, indes zog auch er daraus keine weiteren Schlüsse, S. 152 Fn. 3. 52 Beispielhaft Klefeker, De Hansa Tevtonica, Göttingen, 1783, S. 57 Fn. s, wo Klefeker die ursprüngliche Bestimmung des Ronkalischen Landfriedens wiedergab und in den Zusammenhang zur Goldenen Bulle stellte. Auf S. 67 stellte Klefeker dann aber fest, dass c. XV der Goldenen Bulle nicht gegen die Hanse gerichtet sei. 53 W.  Ebel attestierte den Hanseverteidigern eine „nicht immer [einfache] Auslegung“, W. Ebel, Staatsrechtsliteratur, 1940, S. 157. 50

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ihre Legalität bestritten wurde.54 Dabei war zwischen den Autoren streitig, inwieweit eine Anerkennung durch das Reich erfolgt war. Ausdrücklich erfolgte diese nie und so beriefen sich Gegner der Hanse auf den Rechtssatz, dass Unwissenheit und Schweigen keine Zustimmung darstellt.55 Die Verteidiger der Hanse interpretierten den Befund entgegengesetzt und nahmen eine mindestens stillschweigende Billigung des Reiches an.56 Beide Seiten zitierten dabei aus verschiedenen Reichsabschieden und anderen Reichsdokumenten, die mal mehr, mal weniger die Hanse betrafen. Da die Hanse als statisches Phänomen betrachtet wurde, blieb die Entstehungszeit der Quellen sekundär. bb) Verteidigung mittels der Figur der civitas mixta Nach der vorherrschenden Meinung der Rechtslehre im Alten Reich gab es Reichsstädte und Territorialstädte.57 Die Unterscheidung erfolgte danach, ob die Stadt dem Kaiser oder einem Landesherrn unterworfen war. Die civitates mixtae sollten gleichsam zwischen diesen beiden Arten eingeordnet werden.58 Sie waren zwar nicht dem Kaiser unterstellt, hatten aber Freiheiten von ihrem Landesherrn und sollten somit eigene Rechte ausüben dürfen.59 Letztlich konnte diese Argumentation den Streit unter den Zeitgenossen nicht entscheiden. Sie mochte den Zustand des Reiches bis 1648 und die tatsächlich geübten Freiheiten einiger Städte 54

Beispielhaft Limnäus, Civitatibus, 1657, c.  I, § 79: Er zitierte unter anderem aus Domanns „Verantwortung“ die geschichtlichen Abläufe: es habe 1377 eine Bestätigung Karls IV. gegeben, der sich für die Wiederaufnahme Braunschweigs in die Hanse eingesetzt habe, ebenso habe sich Kaiser Friedrich  III. gegenüber Köln und der Hanse verhalten, Maximilian II. habe sich für Bremen eingesetzt. Sehr ähnlich gelagerte Ausführungen bereits bei Arumäus, Discursus Academici Ad Auream Bullam Caroli Quarti Romanorum Imperatoris, 1617, S. 262. Diese Schilderungen werden gerne mit zeitgenössischen Chroniken wie Krantz, Wandalia, 1519 belegt. Zu Krantz: Bertheau, Krantz, Albert, in: ADB, Bd. 17, 1883, S. 43–44. Johannes Domann (1564–1618), der zweite Syndikus der Hanse, sollte neben seiner eigentlichen Tätigkeit eine Hansegeschichte verfassen, „das hansische Seerecht schriftlich [festhalten] und die bisherigen Hanserezesse | und -privilegien sammeln. Er sollte ferner eine Schrift zur Verteidigung der hansischen Rechte gegenüber den Engländern ausarbeiten“, Queckenstedt, Johannes Domann (1564–1618) und der Niedergang der Hanse, HGbll., Bd. 111 (1993), S. 43 (55 f.); Domanns Verteidigungsschrift gegen öffentliche Angriffe (nicht zur Verteidigung der englischen Rechte) wird kurz erwähnt bei ders., Domann, 1993, S. 65 f. 55 Limnäus, Civitatibus, 1657, c. I, § 79: „Ignorantis enim nulla est aprobatio, nullus consensus.“ Diese Stelle wurde von W. Ebel ebenfalls zitiert. W. Ebel nannte dies ein Argument der Hansegegner, ein Beleg oder Verweis zu einem Hansegegner fehlt aber. 56 Klefeker, Hansa, 1783, S. 68: „imperii comprobationem, nisi expressis verbis datam, tacitam tamen fuisse“. 57 Eitel, Reichsstädte, in: HRG, Bd. 4, 1990, Sp. 754 (754); Willoweit, Reichsunmittelbarkeit, in: HRG, Bd. 4, 1990, Sp. 799 (799). 58 Limnäus verwarf den Begriff der civitates mixtae, Limnäus, Civitatibus, 1657, c. I, § 30. Moser fasste verschiedene Meinungen zusammen ab: Moser, Teutsches Staatsrecht, Bd. 39, 1749, K. 188, §§ 48 ff. 59 Cordes, Rechtsnatur, 2001, S. 56.

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beschrieben haben60, aber damit war nicht gesagt, ob dieses geübte Verhalten rechtlich akzeptabel war. Es handelte sich somit um einen deskriptiven Begriff, der darüber hinaus keinen eigenen normativen  – insbesondere keinen rechtsbegründenden – Charakter hatte.61 So verblieb auch Moser bei der Feststellung, dass die Anhänger dieses Begriffs „nach der Praxi […] reden“62. Moser erwähnte in diesem Zusammenhang auch die Hansestädte. Es bleibt aber unklar, welche rechtliche Rechtfertigung die Anerkennung der civitates mixtae haben sollte. Eine rechtliche Relevanz hätte nur daraus folgen können, dass c.  XV der Goldenen Bulle nicht auf Bündnisse mit diesen Städten anwendbar wäre. Indes gibt der Text der Goldenen Bulle dies noch weniger her als die ursprüngliche Anwendung derselben auf die Hanse. So konnte diese Rechtfertigung bereits dadurch bestritten werden, dass die civitates mixtae als solche bestritten wurden. Relevant ist diese Diskussion, da sie aufzeigt, dass die rechtlichen Probleme der Hanse aus einer reichsfixierten Perspektive resultierten. Zudem wurde die Hanse offenbar weiterhin als mächtiger Verbund von Städten gedeutet. b) Fortwirkungen dieses Streits W. Ebel ging davon aus, der Streit um die Verfassungsmäßigkeit der Hanse habe mit Klefekers Dissertation sein Ende gefunden.63 Nach Analyse der Forschung muss dieser Befund eingeschränkt werden. Zwar gab es keine eigenständigen Untersuchungen, inwieweit die Hanse verfassungsgemäß war, doch das Verdikt vom Verstoß gegen die Bestimmungen der Goldenen Bulle erwies sich als äußerst langlebig. Dabei ist aber auffällig, wie wenig Raum diesem Thema zugedacht wurde. Offen­ eiches hinbar war eine breite Auseinandersetzung mit dem Untergang des Alten R fällig geworden. An dieser Stelle soll epochenübergreifend vorgegriffen werden, da die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der Hanse bloß ein Detail darstellte. Beachtenswert ist bereits der Bruch in Sartorius’ Werk. Zwar schrieb er drei Bände zur Geschichte der Hanse und ging in der ersten Auflage noch von einem gegründeten Städtebund aus, doch behandelte er die Verfassungsmäßigkeit der Hanse kaum. Die Goldene Bulle sei zwar einschlägig gewesen,64 doch „es ist durchaus nichts geschehen, um die Legalität und Existenz des Bundes zu bestreiten oder aufzuheben“65. Diese zweiaktige Argumentation, Einschlägigkeit der Goldenen Bulle aber keine praktische Anwendung, lässt sich über lange Zeit und unbeeinflusst von den weiteren Forschungsergebnissen weiterverfolgen. 60

W. Ebel, Staatsrechtsliteratur, 1940, S. 154 f. Cordes, Rechtsnatur, 2001, S. 56. 62 Moser, Staatsrecht, Bd. 39, 1749, K. 188, § 54. 63 W. Ebel, Staatsrechtsliteratur, 1940, S. 150. 64 Sartorius, Geschichte des Hanseatischen Bundes, Bd. 2, 1803, S. 157. 65 Sartorius, Bund, Bd. 2, 1803, S. 164. 61

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Dabei kann auch kein Unterschied zwischen den Wissenschaften erkannt werden. Im 19. Jahrhundert behandelten sowohl Historiker wie Sartorius66 und Barthold67 als auch Juristen wie der Romanist Goldschmidt68 die Verfassungs­mäßigkeit der Hanse nach den Vorschriften der Goldenen Bulle. Zu Anfang des 20. Jahrhunderts nahm Daenell an, die Goldene Bulle sei einschlägig gewesen, aber die Hanse sei „nicht bloß geduldet“ worden, sondern „fand auch die Anerkennung des Reichsoberhauptes“.69 Selbst als der Jurist Frensdorff die These aufstellte,70 die Reichsabschiede und Wahlkapitulationen seien nie gegen die Hanse gerichtet gewesen und die Hanse habe sogar selbst – belegt durch hansische Urkunden – derartige Bestimmungen unterstützt, um sich gegen die oberdeutsche Konkurrenz zu behaupten,71 riss die Behandlung dieses Aspekts nicht ab. In Werken aus der Zeit des Nationalsozialismus wird die Frage wiederaufgegriffen, wenngleich zu beachten ist, dass die führenden Hanseforscher dieser Zeit, soweit ersichtlich, nichts zu dieser Diskussion beitrugen. Wenn ideologisch belastete Werke über das Verhältnis des Reiches zur Hanse etwas ausführen, schwingt häufig ein postulierter Dualismus zwischen der „deutschen“ Hanse und dem „römischen“ Kaiser mit.72 Pagel ging in seinem weniger belasteten Werk zwar ebenfalls davon aus, die Goldene Bulle sei grundsätzlich einschlägig gewesen, doch sei der Hanse die Ausnahme der „gemeinschaftliche[n] Landfriedensbündnisse“ zugutegekommen und daher habe Karl IV. „den rechtmäßigen Bestand der Hanse niemals angezweifelt“.73 In der Bundesrepublik wurde die Problematik kaum noch aufgegriffen.74 Mög­ licherweise hing dies mit einer Anerkennung der Forschungen Moraws zusammen, der das Reich in einem königsnahen und königsfernen Teil spaltete und diese Trennung auch auf die Hanse anwandte. „Mit der Reichsstadt Lübeck konnten 66 Zwar stillschweigende Anerkennung der Hanse durch den Kaiser, Sartorius/Lappenberg, Urkundliche Geschichte des Ursprunges der deutschen Hanse, 1830, S. 3, aber trotzdem Verstoß gegen den Wortlaut der Reichsgesetze, dies., Hanse, 1830, S. 76 f. 67 Barthold, Geschichte der deutschen Hansa, Bd. 2, 1854, S. 109 f. 68 Goldschmidt, Die deutsche Hansa, 1862, S.  4. Eine ähnliche Aussage findet sich bei Wurm, Hansa, Hanse, Hansebund, Hansestädte, in: Karl von Rotteck/Karl Welcker (Hrsg.): Das Staats-Lexikon, Bd. 7, 3. Aufl., 1862, S. 475 (479, 483). 69 Daenell, Die Blütezeit der deutschen Hanse, Bd. 2, 1906, S. 456 f. 70 Frensdorff, Das Reich und die Hansestädte, ZRG GA, Bd. 20 (1899), S. 115–163. 71 Frensdorff, Hansestädte, 1899, S. 248 (Nachtrag). 72 Die Hansestädte seien vom Reich und den Fürsten „immer wieder bekämpft“ und die Hanse sei nie vom Kaiser anerkannt worden, Blätter für Heimatgestaltung der Hitler-Jugend, Die Hansa, in: Wolfgang Jünemann (Hrsg.): Ewige Hanse, 1938, S. 6 (6). 73 Pagel, Die Hanse, 1943, S. 183 f. 74 Aber: Puhle, Organisationsmerkmale der Hanse, in: Jörgen Bracker (Hrsg.): Die Hanse – Lebenswirklichkeit und Mythos, 3. Aufl., 1999, S. 196 (196 f.), bereits in der 1. Aufl. 1989 abgedruckt, Bestimmungen der Goldenen Bulle könnten Grund für die absichtlich unklare Struktur der Hanse sein.

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Kaiser und Reichstag noch innerhalb klar umrissener Kategorien umgehen, mit einer wie auch immer beschaffenen größeren Hanse aber schwerlich – wenn man einmal die problematische Prämisse setzt, daß die Hanse im Süden überhaupt angemessen wahrgenommen worden sei“.75 Die Hanse bilde zwar einen Teil der deutschen Geschichte, „jedoch am wenigsten auf der hochpolitischen, von der Reichsverfassung geregelten und mitgeregelten ‚Etage‘“.76 Selbst wenn eine Trennung des Alten Reiches in einen königsnahen und königsfernen Teil kritisch gesehen wird, zeigt die jüngere Forschung für die hier interessierende Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der Hanse ein komplexeres Bild als es die Forschung sehr lange vertrat. Köln hatte 1577 vor dem Reichskammergericht einen Beschluss des Hansetages wegen Unzuständigkeit des Hansetages angegriffen.77 Wenn die Hanse sich, wie es lange vertreten wurde, absichtlich locker organisiert hätte, um nicht mit einem Verweis auf die Goldene Bulle angegriffen zu werden, wäre das Anrufen eines Reichsgerichts eine heikle Angelegenheit gewesen. Eine solche Sicht kann nicht danach fragen, ob die Hanse verfassungsgemäß war, da „die Hanse“ keine wahrgenommene Entität für das Reich war. Wenn nur die Städte und hier insbesondere die Reichsstädte für das Reich und die Kaiser greifbar waren, geht die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit ins Leere. Sie ist dann eine anachronistische Frage, die Hanse- und Staatsvorstellungen späterer Jahre projiziert. Trotzdem vertraten Autoren, wenngleich wie bereits für frühere Zeiten festgestellt, en passant eine Problematik im rechtlichen Bereich zwischen der Hanse und dem Reich. Für Dollinger war die Hanse zwar nicht souverän,78 gleichwohl sei die Goldene Bulle beunruhigend gewesen, da jeder Städtebund ver­boten worden sei.79 Karl  IV. habe „nach dem Sieg der Hanse über Dänemark“ seine Ansichten geändert und kam 1375 nach Lübeck.80 Sodann behauptete Dollinger: „Er [Karl  IV.] scheint an eine Festigung der Bindungen zwischen Reich und Hanse gedacht zu haben“.81 Diese Sichtweise ging somit von einer Wahrnehmung der Hanse und nicht bloß der Reichsstädte, wie beispielsweise Lübeck, durch das Reich aus.

75 Moraw, Hansestädte, König und Reich im späten Mittelalter, in: Rolf Hammel-Kiesow (Hrsg.): Vergleichende Ansätze in der hansischen Geschichtsforschung, 2002, S. 53 (60). In der hansischen Literatur bereits früher rezipiert bei Jenks, A Capital without a State, Histo­ rical Research, Bd. 65 (1992), S. 134 (137 f.). 76 Moraw, Hansestädte, 2002, S. 65. 77 Jörn, Die Hanse vor den obersten Reichsgerichten in Spätmittelalter und Früher Neuzeit, in: Albrecht Cordes (Hrsg.): Hansisches und hansestädtisches Recht, 2008, S. 69 (81). 78 Dollinger, Die Hanse, 1966, S. 9. 79 Dollinger, Hanse, 1966, S. 152. 80 Dollinger, Hanse, 1966, S. 152. 81 Dollinger, Hanse, 1966, S. 152.

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Noch in den 1990er Jahren wurde, wenngleich ohne nähere Begründung, vertreten, die Hanse sei locker organisiert gewesen, „um nicht unter das Verbot der Goldenen Bulle zu fallen“.82 Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Frage nach der Verfassungs­ mäßigkeit der Hanse aus der Staatsrechtswissenschaft des Alten Reiches herrührt, aber interessanterweise nicht mit dem Ende des Alten Reiches und seiner Staatsrechtswissenschaft aufhörte, die Forschung zu kleineren Bemerkungen anzuregen. Ursprünglich aus einer Rechtsanalyse in Reichsperspektive entsprungen, blieb dieses Detail selbst dann erhalten, als die Hanse als solche in das Blickfeld der Forschung rückte. Es scheint, als habe erst die Feststellung, dass Kaiser und Reich nicht die Hanse als solche wahrnahmen, dieses Detail weitgehend aus der Nomenklatur der Forschung entfernen können. c) Zusammenfassung Die Auseinandersetzungen der Staatsrechtler mit der Verfassungsmäßigkeit der Hanse offenbaren ein Verständnis der Hanse als ein Problem des geltenden Rechts. W.  Ebel urteilte 1940 scharf: „Ungeschichtlichkeit, rationalistische Pedanterie, zum Teil gelehrtes Geschwätz gepuderter Perücken sind schlechte Interpreten der ersten, selbsterkämpften Herrschaft des deutschen Kaufmanns in Europa.“83 Diese Schärfe kann bereits wegen ihres persönlichen Einschlags nicht geteilt werden, zumal die Überhöhung der Hanse zur „selbsterkämpften Herrschaft des deutschen Kaufmanns in Europa“ eine befremdliche Note in Anbetracht der Entstehungszeit des Aufsatzes mit sich bringt. Gleichwohl ist zu konstatieren, dass die Diskussion spätestens dann beendet sein musste, als es das Staatsrecht des Alten Reiches nicht mehr gab. Es entsprach nicht der Entstehungsgeschichte der Goldenen Bulle, die Hanse von c.  XV GB erfasst zu sehen. Die daran anschließenden Verteidigungsargumente suchten dann mit Mitteln der später entstanden juristischen Dogmatik die Hanse zu legalisieren. Sie bestanden zuweilen aus der Anwendung erst viel später eingeführter Begriffe (civitates mixtae) oder versuchten die damals freilich unbekannte Hansegeschichte fruchtbar zu machen.

82 Lieberwirth, Stadtrecht – Stadtrechtsfamilien – Hansisches Recht, in: Walter Remmers/ Jürgen Goydke (Hrsg.): Vertrauen in den Rechtsstaat, 1995, S. 677 (685). 83 W. Ebel, Staatsrechtsliteratur, 1940, S. 168.

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2. Die Rechtsnatur der Hanse Ein weiteres Hauptthema der damaligen Jurisprudenz stellte die Rechtsnatur der Hanse dar. Diese Frage verlor nie an Brisanz und wird bis zum heutigen Tag gestellt.84 Mit Rechtsnatur ist hier gemeint, wie die Hanse auf einen (vornehmlich juristischen) Begriff gebracht werden kann oder mit anderen Worten: wie die Hanse rechtlich qualifiziert werden kann. Die Hanse wird im Rahmen dieser Diskussion einem Begriff zugeordnet, der ihre Struktur und innere Verfassung charakterisieren soll. Obwohl eine Auswirkung der Bestimmung der Rechtsnatur auf die Verfassungsbeschreibung der Hanse nahe liegt, war dies nicht zwingend der Fall. Für den hier interessierenden Zeitraum finden sich zwar Einordnungen der Hanse in gewisse (staatsrechtliche) Begriffe, eine nähere Darlegung der Verfassung nahmen die Autoren aber nicht vor. In späteren Zeiten spielte die Zuordnung zu einem Begriff keine große Rolle mehr, umso mehr rückte die Verfassung der Hanse ins Blickfeld. Die Diskussion über die Rechtsnatur der Hanse soll nun dahingehend untersucht werden, welche Begriffe die Autoren verwendeten und zu welchen Schlüssen sie gelangten. W. Ebel resümierte 1940 pessimistisch, bei den Staatsrechtlern des 17. und 18. Jahrhunderts „[finden] sich eine Vielzahl von terminis, die der Hanse jeweils beigelegt werden, ohne daß dem erkennbare systematische Vorstellungen zugrunde zu liegen scheinen“85. In zeitlicher Hinsicht muss bei dieser Diskussion früher angesetzt werden. Die Staatsrechtler wendeten sich diesem Problemkreis nicht als erste zu. Bereits als die Hanse aktiv auf der europäischen Bühne teilnahm, war die Frage ihrer Rechtsnatur relevant.86 Die Erneuerung der erworbenen Privilegien wurde mit den Jahren immer kontroverser. Ab der Mitte des 15. Jahrhunderts können nun Streitschriften nachgewiesen werden, die sich gegen die Hanse richten, beispielsweise bei der Begründung der gemeinsamen Haftung der Kaufleute, und dabei auf juristische Begriffe – jedenfalls dem Ausdrucke nach – zurückgreifen.87 So behauptete der Ratgeber des englischen Königs, unabhängig von der genauen Einordnung der Hanse, ob societas, collegium, universitas seu unum corpum, hafte die Hanse für das Verhalten ihrer Kaufleute.88

84 Wenngleich heute eher von Historikern wie bei Henn, Was war die Hanse?, in: Jörgen Bracker (Hrsg.): Die Hanse – Lebenswirklichkeit und Mythos, 3. Aufl., 1999, S. 14–23. Siehe aber auch Cordes, Rechtsnatur, 2001. 85 W. Ebel, Staatsrechtsliteratur, 1940, S. 165. 86 Dazu Cordes, Rechtsnatur, 2001, S. 52–55. 87 Nachgewiesen bei Cordes, Rechtsnatur, 2001, S. 52 f. 88 Zitiert nach Cordes, Rechtsnatur, 2001, S. 53. Zu diesem Streit auch Andermann, Zur Rezeption des gelehrten Rechts im Bereich der Hansestädte, in: Detlef Kattinger/Jens E. O ­ lesen/ Horst Wernicke (Hrsg.): Der Ostseeraum und Kontinentaleuropa 1100–1600, 2004, S.  137 (139).

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Wurde hingegen die Bindung an die früheren Privilegien bestritten, so bedienten sich die Gegner der Hanse gerade der umgekehrten Argumentation. Die Arbeiten von Jörn zeigten diese Argumente vom Ende des 16. Jahrhunderts auf.89 Nach Ansicht der Gegner könne die Hanse nicht als juristische Person betrachtet werden, insbesondere sei unklar, ob sie der Organisationsform einer societas, confoederatio oder league entspreche. Diese Angriffe – gegen die sich die Hanse auch verteidigte90 – verfolgten dabei nur dem Anschein nach eine juristische Argumentation. Vielmehr ging es um die politische Bekämpfung der unliebsamen Kaufleute. Ein juristischer Anstrich verlieh dem Angriff einen wissenschaftlichen und legalen Anschein. Einen wissenschaftlichen Anspruch besaßen diese Schriften nicht. So ist – wie Cordes herausarbeitete91 – relevant, welche Rechtsform auf die Hanse zutraf, ansonsten ließe sich eine gemeinschaftliche Haftung nur schwer begründen. Andererseits spielte es für die Frage, ob die Privilegien „der Hanse“ hätten einseitig aufgekündigt werden dürfen, keine bedeutende Rolle, welcher Rechtsform die Hanse entsprach, solange die Privilegien nicht bloß einzelnen Kaufleuten erteilt wurden. Diese Überlegungen finden sich in politischen Streitschriften aber nicht. Es ging nicht darum, im Wege eines wissenschaftlichen Diskurses ein Ergebnis zu finden. Vielmehr sollte die eigene Position – die von vornherein bestimmt war – mit scheinbar passenden Argumenten unterbaut werden. Die viel grundlegendere Frage, die sich aus zeitgenössischer Sicht freilich nicht stellte, ist hingegen, ob eine Einordnung nach den verwendeten Begriffen überhaupt treffend möglich war. Alle verwendeten Begriffe entstammen in ihrer Anwendung dem gelehrten Recht. Ob sie dem Phänomen Hanse gerecht werden konnten, hätte vor ihrer Anwendung geklärt werden müssen. Zudem leugnet die Verwendung eines einzelnen Begriffes mögliche Veränderungen in der hansischen Struktur. Auch die hansischen Verteidigungsschriften gehen von einer punktuellen Gründung der Hanse aus.92 Die vielzitierte Verteidigungsschrift „Der vereinigten Teutschen Hanse-Städt kurze nothwendige Verantwortung“93 des hansischen Syndikus Domann94 aus dem Jahre 1609 hält eine Vielzahl von verschiedenen Bezeichnungen für die Hanse bereit. Der Titel 89

Jörn, The crocodile creature merchant: the Dutch Hansa, in: Antjekathrin Graßmann (Hrsg.): Niedergang oder Übergang?, 1998, S. 63 (77–83, insb. 79). 90 Beispielsweise die Verteidigungsschrift der Hanse, die „Refutatio Compendii Hanseatici“, verfasst 1589 vom Bremer Ratsherr Heinrich Kreffting. Sie wurde analysiert von Fink, Die rechtliche Stellung der Deutschen Hanse in der Zeit ihres Niedergangs, HGbll. (1936), S. 122–137. 91 Cordes, Rechtsnatur, 2001, S. 53. 92 Fink, Stellung, 1936, S. 123. 93 Hier zitiert nach Hagen, Institutiones Absolutissimæ Jurisprudentiæ Publicæ Universae, 1641, S. 123–140. Die Schrift wurde als Anhang zu l. I, c. IV eingeordnet, worin gehandelt wurde „De Statuum & Membrorum Imperii Origine genere & specie, eorumqve causa efficiente“. 94 Die Autorenschaft Domanns vermutete bereits Frensdorff, Hansestädte, 1899, S.  137 Fn. 3 und findet sich ebenfalls bei Queckenstedt, Domann, 1993, S. 65.

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nennt die „vereinigten Teutschen Hanse-Städt“, im Untertitel folgt dann der „Hansisch Bund“, wenig später „unsers Collegii“, „Verbündtnüß“, „diese unsere Societet und dero Conventus“95, „Zusammensezung“96, schließlich „Confoederation“97. Somit ist festzuhalten: Die hansischen Vertreter bestimmten die Rechtsform nicht. Dabei waren die Verfasser beider Schriften im gemeinen Recht gebildete Juristen.98 Die Staatsrechtler nahmen zwar nicht an diesen Auseinandersetzungen der Hanse teil. Sie griffen aber zuweilen die Argumentation auf. a) Einordnungen der Hanse Im Laufe der Jahrhunderte wurden der Hanse verschiedene Rechtsformen beigelegt. Dabei fällt vor allem auf, dass die Autoren selbst keine eindeutige Zu­ ordnung trafen. Teilweise finden sich – sogar auf derselben Seite – verschiedene Einordnungen der Hanse. So ordnete der von Conring zitierte Chyträus die Hanse in seiner sächsischen Chronik sowohl der societas wie dem foedus zu.99 Conring folgte ihm bei der Verwendung beider Bezeichnungen.100 Dieselben finden sich beim vielgescholtenen Werdenhagen.101 Selbst wenn ein Werk, wie das von Hagemeier, im Titel eine Zuordnung zum foedus vornimmt, hinderte es den Autor nicht, die Hanse im Werk auch der societas oder dem corpus zuzuordnen.102 Lediglich das am Ende der Epoche stehende, auf Latein erschienene Werk von Klefeker nimmt unter Anknüpfung an naturrechtliche Dogmatik eine Einordnung der Hanse als foedus inaequale an.103 Diese Einordnung analysierte W. Ebel dahingehend, Klefeker sei nach naturrechtlicher Dogmatik von einer societas und keinem foedus ausgegangen.104 Eine genauere Einordnung oder jedenfalls Erläuterung wäre aber interessant gewesen. Die verwendeten Ausdrücke sind in ihrem Begriff wenigstens mehrdeu 95

Allesamt bei Hagen, Institutiones, 1641, S. 124. Hagen, Institutiones, 1641, S. 126. 97 Hagen, Institutiones, 1641, S. 129. 98 Über die Refutatio von Kreffting führte Fink, Stellung, 1936, S. 125 aus: „Ihre Formulierungen haben wir demnach als die eines humanistisch gebildeten, im Römischen Recht und in der juristischen Zeitliteratur bewanderten Mannes zu bewerten“. Zum hansischen Syndikus Domann: Kellenbenz, Domann, Johannes, in: NDB, Bd. 4, 1959, S. 65–66; Queckenstedt, Domann, 1993. Der gelegentlich aufgeführte Aufsatz von Queckenstedt in den Osnabrücker Mitteilungen, Bd. 97 (1992), S. 53–75 wird hier nur ergänzend erwähnt, da beide Aufsätze auf derselben Hausarbeit basieren. 99 Chytraeus, Saxonia, 1611, S. 608. 100 Conring/Bode, Urbibus, 1641, Th. 95 ff. 101 Werdenhagen, Tractatus, 1641, p. IV., c. XVI. 102 Hagemeier, De Foedere Civitatum Hanseaticarum Commentarius, 1662, c. II, VI. 103 Klefeker, Hansa, 1783, S. 4: „foedus inaequale, bellicum, commerciorum gratia, saeculo duodecimo a pluribus civitatibus inter se contractum“. 104 W. Ebel, Staatsrechtsliteratur, 1940, S. 167 f. 96

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tig, teilweise sind sie geradezu konturenlos. So umfasst der Begriff der societas eine Vielzahl von Gemeinschaften, von der Lebensgemeinschaft der Ehegatten über Handelsgesellschaften bis hin zur öffentlichen Verbindung von Bundesgenossen.105 Das zeitgenössische Werk von Oberländer beginnt bei „Sociare, sociiren, zusammen gesellen, Gesellschafft machen“ und listet dann verschiedene Formen der Gesellschaft mit – nach modernem Verständnis – privatrechtlichem Charakter auf.106 Ob der Hanse damit ein privatrechtlicher oder – wegen der anscheinend synonymen Verwendung mit foedus – ein öffentlich-rechtlicher Charakter107 beigelegt wurde, bleibt unklar. Societas hatte zwar in der Antike auch eine völkerrechtliche Bedeutung im Sinne einer Bestätigung oder Ausgestaltung der amicitia, welche als internationales Freundschaftsverhältnis definiert wurde.108 Der Begriff wurde aber mit der Naturrechtslehre zur Grundlage jedes Verbandes.109 Diese Einordnung sah W. Ebel wie erwähnt bei Klefeker am Ende des 18. Jahrhunderts. Die Mehrdeutigkeit des Begriffs der societas macht es unmöglich, konkrete Folgerungen für die Gestaltung der Hanse abzuleiten. Der Begriff des foedus hingegen ist in seinen Grundzügen konkreter. Foedus hat wenigstens einen – nach heutigen Maßstäben – öffentlich-rechtlichen Charakter dergestalt, dass die Vertragsschließenden Gemeinwesen sein müssen.110 Dazu passt es, wenn die Autoren von einer punktuellen Gründung der Hanse ausgingen und dabei an das Bündnis zwischen Hamburg und Lübeck von 1241 anknüpften.111 Selbst wenn diese Entstehungsgeschichte kritisiert wurde, blieb das Dogma der punktuellen Gründung eines Städtebundes erhalten.112 Die rechtlichen Auswirkungen dieser Annahme waren zwar groß, aber weder die Prämisse noch ihre Auswirkungen erfuhren nähere Untersuchungen. Vor allem wirkte sich die Annahme der beabsichtigen Gründung eines Städtebundes auf die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Hanse aus. Weiterhin war die Frage vorentscheidend für die Rechtmäßigkeit der Privilegien­ entziehung. Schließlich wirkte sich die Einordnung auf die Stellung der Städte und ihrer Rechte aus.

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Manigk, Societas, in: Georg Wissowa/August Friedrich Pauly (Hrsg.): Paulys Real­ encyclopädie der classischen Altertumswissenschaft, Bd. 5, R. 2, 1927, Sp. 772 (772). 106 Oberländer, Lexicon iuridicum Romano-Teutonicum, 1736 (zuerst 1721), S. 652. 107 Wobei nicht verkannt wird, dass eine solche Einordnung sich nicht mit heutigen Einordnungen decken muss oder gar in der damaligen Zeit relevant gewesen wäre. Dennoch bleibt festzuhalten, dass bis auf Einordnungen nach etymologischen Gesichtspunkten keinerlei weitergehende Begründung gegeben wird. 108 Ziegler, Völkerrechtsgeschichte, 2. Aufl., 2007, S. 38 f. 109 W. Ebel, Staatsrechtsliteratur, 1940, S. 166 mit Verweis auf O. v. Gierke, Das deutsche Genossenschaftsrecht, Bd. 4, 1913, S. 411. 110 Oberländer, Lexicon, 1736 (zuerst 1721), S. 316; Ziegler, Völkerrechtsgeschichte, 2007, S. 39 zur Antike, S. 58 zur Spätantike, S. 88 zur Zeit der Glossatoren; Jülicher, Foedus, in: Georg Wissowa et al. (Hrsg.): Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft, Bd. 12, R. 1, 1909, Sp. 2818 (2818 zur Antike). 111 Willebrandt, Chronick, 1748, Vorbereitung S. 8 f. 112 Klefeker, Hansa, 1783, S. 7–13.

II. Themen

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Spätere Schriften, die ab dem 18. Jahrhundert zuweilen auf deutsch erschienen, bezeichneten die Hanse als Bund oder Bündnis.113 Es fällt auf, dass die deutschsprachigen Schriften eine Einordnung mit juristischen Begriffen noch weniger vornahmen. In der Gesamtschau wurde damit eine anfängliche Vereinigung von Kaufleuten mit den Begriffen Bund oder Bündnis ausgeschlossen. Die Städte standen im Vordergrund. Indes ordneten fast alle Werke der Hanse irgendeine Rechtsnatur zu. Dennoch blieben diese Zuordnungen leere Hüllen, wie auch die Schriften der hansischen Verteidiger keine genaue Einordnung präsentierten. Entscheidend dürfte sein, dass die Verfasser der Streitschriften politische Absichten verfolgten und die Wissenschaft bereits mit einer historischen Prämisse an das Phänomen Hanse heranging. Das Dogma von der punktuellen Gründung führte ohne weiteres zur Frage der Rechtsnatur. b) Einzelne Rechte der Hanse und ihre Auswirkungen Nicht nur die Rechtsnatur und die Verfassungsmäßigkeit standen im Fokus der Forschung, sondern auch einzelne Rechte der Hanse. Wie W. Ebel bereits herausarbeitete, handelte es sich dabei vornehmlich um das Archivrecht (ius archivi) und das Gesandtschaftsrecht.114 In seiner Untersuchung stellte er erschöpfend den Gang dieser Arbeiten dar, dies soll hier nicht wiederholt werden. Hier soll nur eine paradigmatische Argumentation herausgegriffen werden. Rulant, welcher die Hanse zuerst untersuchte,115 fragte sich, ob das ius archivi der Hanse zustehe.116 Er behauptete, bei der Hanse handele es sich um einen simplex foedus und um ein collegium privatum. Die Anwendung dieser Begriffe er­ läuterte er nicht weiter. Für Rulant war nur wichtig, dass diesen collegia privata kein ius archivi zustehe. Da aber die Hanse auch die Reichsstädte Lübeck und Köln beinhalte und diesen das ius archivi zustehe, übertrage sich deren Rechtsstand insoweit auf die übrigen Hansestädte. Diese Argumentation barg staatsrechtliche Sprengkraft, denn damit hätten sich die Rechte der Hanse nicht nach ihren schwächsten, sondern vielmehr nach ihren stärksten Gliedern bemessen. Letztlich führte die Argumentation sehr schnell 113 J. L. Stein, Gründliche Abhandlung des Lübschen Rechts, Bd. 1, 1738, § 46 schrieb von einem Bündnis und auch von einem „Städte Bund“. Willebrandt, Chronick, 1748, Vorbereitung S. 12 ging von „verbundenen oder Hansischen Städte[n]“ aus. Moser, Staatsrecht, Bd. 43, 1751, K. 193, § 4 „Was sie [die Hansee-Stätte] seyen“ nahm eine „Gesellschaft von Stätten“ an und unter Verweis auf weitere Literatur ein „Bündnis“. 114 W. Ebel, Staatsrechtsliteratur, 1940, S. 159–164. 115 W. Ebel setzte das Werk von Rulant an die erste Stelle, W. Ebel, Staatsrechtsliteratur, 1940, S. 148. 116 Rulant, Tractatus, Bd. 2, 1724 (zuerst: 1597), p. II, l. V, c. IV, §§ 56–59. In späteren Auflagen wurden Weyhe und andere Autoren zur Hanse zitiert.

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B. Altes Reich bis 1806: Hansisches Recht als Phänomen des geltenden Rechts

wieder zum Problem um die Verfassungsmäßigkeit der Hanse.117 Wenn diese Argumentation verallgemeinert worden wäre, hätte sich das Problem der civitates mixtae erledigt. Hätte sich die Bündnisfähigkeit nicht nach allen oder nach den schwächsten Gliedern beurteilt, sondern vielmehr nach den stärksten Gliedern, so hätte sich die Frage nach dem Verstoß gegen die Goldene Bulle erübrigt.118 Schließlich hätte sich die Frage gar nicht mehr stellen dürfen. Nach der anerkannten Auslegung zur Goldenen Bulle waren nur die Reichsstände bündnisfähig. Lübecks Status als Freie und Reichsstadt war seit langem anerkannt. Wäre die obige Argumentation auf die Bündnisfähigkeit übertragen worden, so hätte von Lübeck auf die übrigen Hansestädte geschlossen werden müssen. Ein Verstoß gegen die Goldene Bulle hätte dann nicht vorgelegen. Ein Rückgriff auf die Figur der civitates mixtae wäre unnötig gewesen. Dieser Schluss wurde aber abgelehnt. Für die Rechtsnatur ist diese Argumentation bereits deswegen interessant, weil sie Grundsätze des Korporationsrechts auf die Hanse anwandte. Wie bereits oben für die Begriffsanwendungen gezeigt, wurde damit stillschweigend ein Korporationscharakter vorausgesetzt. Das Werk von Rulant ist paradigmatisch, da die Einordnung der Hanse (hier: simplex foedus) vorausgesetzt, aber nicht bewiesen wird. 3. Die Stadtrechte, insbesondere das Lübische Recht als eigenständiges Forschungsfeld Die Werke dieser Zeit trennen strikt zwischen Rechtsfragen mit Bezug zu­ Lübeck und zur Hanse. Die Autoren bezeichneten Lübeck zwar fortwährend als Haupt (caput) der Hanse119 und schrieben der Stadt verschiedene Vorrechte in der Hanse zu120. Doch eine Verbindung zwischen dem Lübischen Recht und dem hansischen Recht wurde nicht behauptet. Vielmehr waren beides für die Autoren getrennte Kreise. Zwar wäre interessant, wie die Autoren diese Vorrechte­ Lübecks, insbesondere das Recht zur ersten Stimmabgabe, genauer beschrieben, doch fehlt es häufig an entsprechenden Ausführungen.121 Erst Sartorius unter 117 Dies wies W.  Ebel bei der Argumentation zum Gesandtschaftsrecht nach: W.  Ebel, Staatsrechtsliteratur, 1940, S. 163. 118 W. Ebel, Staatsrechtsliteratur, 1940, S. 155: Die damalige Staatslehre habe zwar den civitates mixtae gewisse Rechte zugebilligt, das Bündnisrecht aber gerade nicht. Ebenso Cordes, Rechtsnatur, 2001, S. 57. 119 Bereits bei Chytraeus, Saxonia, 1611, S. 608, aber auch Conring/Bode, Urbibus, 1641, Th. 95, bei Mevius, Commentarii In Jus Lubecense, 1642–1643, quaes. 2, N. 1 findet sich die Wendung „caput et corona“, schließlich findet sich die Wendung vom Haupt der Hanse beispielsweise bei J. L. Stein, Abhandlung des Lübschen See-Rechts, Bd. 5, 1746, § 1. 120 Häufig finden sich Wendungen, in denen Lübeck ein Einberufungsrecht der Hansetage, das Recht zur ersten Stimmabgabe, Siegelrecht, eine gemeine Kanzlei und Archiv und eine Hansekasse zugeschrieben wird. So beispielsweise bei Moser, Staatsrecht, Bd. 43, 1751, K. 196, § 12; Willebrandt, Chronick, 1748, Vorbereitung S. 12 Klefeker, Hansa, 1783, S. 19–22. 121 Klefeker, Hansa, 1783, S. 30 führte aus, es habe „manchmal“ (nonnunquam) einen Mehrheitsbeschluss gegeben. Genaueres blieb er schuldig.

II. Themen

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suchte die Stimmabgabemodalitäten. Er stellte zwar Belege für ein Mehrheitsprinzip bei Hansetagen fest, kam aber zu dem ernüchternden Ergebnis „allein es ist wirklich so gut als nie gehalten worden“122. Die Arbeiten zu Lübeck entwickelten sich in eine gänzlich andere Richtung. Aus den Arbeiten von Mevius entstand eine Wissenschaft zum Lübischen Recht, die sich vor allem mit den Unterschieden zum gemeinen Recht beschäftigte. Weiterhin untersuchten die Autoren spezielle familien- und erbrechtliche Probleme des Lübischen Rechts.123 Bezüge zur Hanse fehlten. Eine Überschneidung ergab sich hingegen im Seerecht. Das Lübische Recht regelte 1586 zwar das Seerecht, doch gab es bereits 1614 eine der wenigen (sogenannten) Gesetzesarbeiten der Hanse. Mevius kommentierte deswegen die Lübischen Bestimmungen zum Seerecht nicht mehr, sondern druckte das Hansische Seerecht von 1614 an deren Stelle ab.124 Es folgte zwar eine wissenschaftliche Beschäftigung mit diesen Normen, darin finden sich aber keine Ausführungen zur Hanse selbst. Es lassen sich daher nur wenige Einzelaspekte feststellen, die einen Bezug zur Hanse aufweisen. So untersuchte ein Autor im 18. Jahrhundert, welche Artikel des Lübischen Rechts von 1586 mit denen des Hansischen Seerechts von 1614 übereinstimmten, geändert wurden oder von diesem unberührt blieben.125 Die Prämisse dieser Untersuchung geht folglich dahin, dem hansischen Recht eine höhere Güte zuzuweisen. Ansonsten wäre eine Änderung durch das hansische Recht nicht denkbar. In den Schriften von Joachim Lucas Stein, Anwalt und Professor im Lübischen Recht126, die sich mit dem Lübischen Recht auseinandersetzen, finden sich sporadisch Anmerkungen zur Hanse. Die für das hansische Recht interessanteste Anmerkung findet sich im dritten Band seiner Gründlichen Abhandlung des Lübischen Rechts, wo J. L.  Stein über ein Verbot einer Gesellschaft zwischen hansischen und nichthansischen Personen feststellte, dass dieses Verbot Eingang in das Lübische Recht gefunden habe.127 Damit behauptete er implizit die Möglichkeit einer Transformation des hansischen Rechts in das Stadtrecht von Lübeck. Zu theore-

122

Sartorius, Bund, Bd. 2, 1803, S. 83 Fn. 34 a. E. Nachweise bei W. Ebel, Bibliographie, 1980. 124 Landwehr, Das Seerecht der Hanse (1365–1614), 2003, S. 76. 125 Caroc, Anleitung zur Historie des Lübschen Rechts, Worinn zugleich Die im Anseatischen See-Recht nicht berührte Articuln des Lübschen See-Rechts kürtzlich erkläret; Und Etliche der fürnehmsten Streitigkeiten übers Lübsche Recht angeführet werden. Nebst einem Anhang der Jurisprudentz in Deutschland medio aevo, 1714, S.  22 ff. Diese Stelle zitierte auch Landwehr, Hanse, 2003, S. 77 Fn. 260, der eine „Vorrangigkeit“ (S. 76) des hansischen Seerechts von 1614 gegenüber dem Lübischen Stadtrecht bei Autoren des 18.  Jahrhunderts ausmachte. 126 Zu ihm Hofmeister, Stein, Joachim Lucas, in: ADB, Bd. 35, 1893, S. 641–642, welcher bemerkte, die Schriften von J. L. Stein „sind noch heute nicht außer Gebrauch“, S. 642. Zu J. L. Stein auch F. L. Schäfer, Germanistik, 2008, S. 178 f. 127 J. L. Stein, Gründliche Abhandlung des Lübschen Rechts, Bd. 3, 1745, § 211. 123

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B. Altes Reich bis 1806: Hansisches Recht als Phänomen des geltenden Rechts

tischen Überlegungen über das Verhältnis von hansischem zum Lübischen Recht entwickelte sich diese These aber nicht. Die Trennung zwischen der Hanse und Lübeck führte dazu, dass Selchow in seinem rechtsgeschichtlichen Werk aus dem 18. Jahrhundert zwar dem Lübischen Recht ein eigenes Kapitel widmete, in dem er es als „Königin der Teutschen Stadtrechte“ bezeichnete, aber keinen Bezug zur Hanse aufbaute.128 4. Hansisches Recht Auffällig ist die Diskrepanz zwischen dem Aufwand, die Hanse in staatsrechtliche Begriffe einzuordnen und dem Umfang der Ausführungen über hansische Rechtsschöpfungen. Die Frage was hansisches Recht war, wurde nicht explizit gestellt. Gleichwohl kann die Wiedergabe von Quellen nachgewiesen werden, die rechtliche Zusammenhänge der Hanse betrafen. Moser erwähnte die Zusammenstellungen einiger Rezesse, beispielsweise bei Werdenhagen, und griff dabei seerechtliche Bestimmungen, Vorschriften für die Kontore und für den Umgang mit hansischen Kaufleuten heraus.129 Dabei blieb es bei der Präsentation. Überlegungen zur Geltung dieser Rechtssätze oder über das Verhältnis zu den Stadtrechten wurden nicht hergestellt. Dabei fällt auf, dass die späterhin behauptete rechtsschaffende Kraft der Hanse noch nicht behandelt wurde. Willebrandt erwähnte zwar Beschlüsse, die in ein „Protokoll- und Recess-Buch aufgeschrieben [wurden]“, doch fasste er darunter gerade keine Bezüge zu irgendeinem hansischen Handelsrecht.130 Gleichwohl nannte er die dann wiedergegebenen Regelungen, „die Hansische Ordnung und Gesetze“.131 Die These, die Hanse habe ein über den hansischen Wirkungskreis hinaus­ gehendes132 Handels- oder Seerecht geschaffen,133 kann in dieser Epoche nicht 128

Selchow, Geschichte der in Teutschland geltenden fremden und einheimischen Rechte, 1767, § 315. 129 Moser, Staatsrecht, Bd.  43, 1751, K.  196, §§ 16, 17; Hagemeier, Commentarius, 1662, c. VI; Werdenhagen, Tractatus, 1641, p. IV., c. XI. 130 Willebrandt, Chronick, 1748, Vorbereitung S. 16. 131 Willebrandt, Chronick, 1748, Vorbereitung S. 19. 132 Die seerechtliche Literatur dieser Zeit beschränkt sich auf die hansischen und hanseatischen Seerechte hauptsächlich des 16. und 17. Jahrhunderts und geht dabei nicht über den hansischen Rechtskreis hinaus, Marquard, Tractatus politico-juridicus de iure mercatorum et commerciorum singulari, 1662, l. 3 c. 5; Heineccius et al., Scriptorum de iure nautico et maritimo fasciculus, 1740, S. 637–826 (Kuricke über das Ius maritimum hanseaticum, dort insbesondere die einleitenden Worte seines Kommentars S. 681–686). Die Behauptung eines frühen hansischen Seerechts lässt sich nicht nachweisen, lediglich eine Andeutung bei Engelbrecht, Corpus iuris nautici oder Sammlung aller Seerechte der bekanntesten handelnden Nationen, Bd. 1, 1790, S. XV. 133 Siehe aber für die nächste Epoche D.II.4.b).

III. Methoden und Prämissen

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nachgewiesen werden. Es ließe sich behaupten, dies hänge bereits damit zusammen, dass die Autoren kein Wissen von späteren Gesetzgebungsarbeiten im Deutschen Reich haben konnten und auch somit keine Kontinuitäten feststellen konnten. Indes beschränkten sich, wie noch zu zeigen sein wird,134 die Behauptungen nach 1806 zur gemeindeutschen Bedeutung der hansischen Rechtsschöpfungen auf vage Zuschreibungen. Diese Zuschreibungen geschahen nach Ansicht des Verfassers auf einer verallgemeinernden, nationalstaatlichen Perspektive, die die Autoren im Alten Reich noch nicht hatten. Aus den wenigen Zitaten könnte lediglich eine unmittelbare Geltung der hansischen Normen geschlossen werden. Unabhängig von der Frage, wie beispielsweise Willebrandt den Begriff des Gesetzes im Einzelnen verstand, bleibt auffällig, dass er bloß die Rezesse und keine weiteren, beispielsweise städtischen, Normen behandelte. Die Forschung suchte offenbar nicht nach einem hansischen Recht in einem größeren Zusammenhang, wie aus den wenigen Nachweisen geschlossen werden kann.

III. Methoden und Prämissen Die Hanse war für die meisten Autoren thematisch nur ein Nebengebiet. Damit war auch eine nähere Darlegung ihrer Methoden ausgeschlossen. Hinzu kam die untergeordnete Beschäftigung mit dem Recht der Hanse, sei es mit der inneren Verfassung oder den von der Hanse gegebenen Normen. Die methodische Analyse muss damit allgemeiner ansetzen und fragen, von welchen Prämissen die Autoren in Bezug auf die Hanse ausgingen. 1. Das Alte Reich als geschichtlicher und rechtlicher Anknüpfungspunkt Die staatsrechtlichen Arbeiten knüpfen nicht bei der Hanse als solcher, sondern beim Alten Reich an.135 Dies ist für die Methodik in mehrerer Hinsicht bedeutsam. Zunächst verglich die Forschung die Hanse mit dem Alten Reich und den dort gefundenen Rechtsproblemen. Damit wurde aber implizit von einem herrschaftlich homogenen Reich ausgegangen. Für die Könige stand jedoch nicht die Hanse, sondern für sie standen vielmehr die einzelnen Städte im Vordergrund.136 Zugleich ist relevant, dass die Autoren die Begriffe, die sie aus dem gemeinen Recht und dem neu entwickelten Staatsrecht kannten, auf die Hanse übertrugen. 134

Siehe unten D.II.4.b), kleinere Nachweise bei E.II.4. und die Anklänge bei W. Ebel bei F.II.3.e) für eine Kontinuität des Lübischen Rechts bis zum BGB. 135 Siehe die Werke bei B. I.1. Fn. 2. 136 Moraw, Hansestädte, 2002, S. 64 und die Ausführungen dazu oben B.II.1.b).

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Folglich geschah die rechtliche Betrachtung vom Fixpunkt des Alten Reiches aus. Die Frage, die dabei nicht diskutiert wurde, ist aber, ob diese Institute und Begriffe der rechtlichen Gestalt der Hanse angemessen waren. Dabei darf nicht verkannt werden, wie sich auch die Hanse selbst durch ihre Syndici dieser Begriffe bediente. Es handelte sich folglich um eine zeitgenössische Vorgehensweise. Damit war die Hanse aber als ein statisches Phänomen angesprochen, das augenscheinlich keinen Wandlungen unterlegen habe. Aus der Annahme, die Hanse sei als Städtebund gegründet worden,137 folgte die Diskussion um die Verfassungsmäßigkeit der Hanse, obwohl sich das Reich – wie heute angenommen wird – im 14.  Jahrhundert nicht für diesen Aspekt der Hanse interessierte.138 Aus der Annahme eines gegründeten Städtebundes und der Verwendung des gelehrten Rechts folgten schließlich Diskussionen über die Rechtsnatur der Hanse. Endlich verschob der primäre Fokus auf das Alte Reich die historische Entwicklung und Bewertung der Hanse. Als sich das Reich im 15. Jahrhundert kon­ solidierte, lagen die viel beschworene Gründung der Hanse und „ihre“ Kriege gegen Dänemark lange zurück. Mit dem Beginn der wissenschaftlichen Beschäftigung hatte sich der zeitliche Abstand zu den beschriebenen Taten der Hanse noch vergrößert. Ohne damit eine Kausalbeziehung zu implizieren, kann gesagt werden, dass die Hanse in der Zeit in einen Übergang geriet, in der das Reich sich verfestigte. Werden die Ursprünge der Hanse im rechtlichen Vergleich mit dem Zustand und Regeln des Reichs Jahrhunderte später beurteilt, so konnten die Autoren Unstimmigkeiten aufdecken, die zu Rechtsproblemen erhoben wurden. Wenn hier eine Veränderung der Hanse konstatiert wird, so ist damit nicht eine politisch-militärische Sichtweise gemeint, die einen „Höhepunkt“ der Hanse mit dem Stralsunder Frieden annimmt.139 Eine derartige Bewertung nahmen aber die damaligen Autoren vor und die Bewertung führte dann zu den erwähnten Rechtsproblemen. 2. Diskrepanz zwischen der Hanse, ihrer Verfassung und dem hansischen Recht In methodischer Hinsicht ist die Diskrepanz zwischen der Hanse als solcher, ihrer Verfassung und dem hansischen Recht bemerkenswert. Obwohl die Autoren nicht umhin kamen, der Hanse eine bestimmte Rechtsnatur zuzuschreiben, mögen die Zuschreibungen auch bloß selten begründet worden sein, sahen sie gerade keine gemeindeutsche Rechtsbedeutung der Hanse und ihrer Rezesse. Wie noch 137 Dies wurde durch die langen Erörterungen zur Gründung der Hanse und die Bezugnahme auf ein Bündnis zwischen Lübeck und Hamburg 1241 impliziert. 138 Moraw, Hansestädte, 2002 und die nachgewiesene Auffassung von Karl IV. oben B.II. 1.a) Fn. 38. 139 Zu dieser Auffassung der früheren Forschung statt aller: Kypta, Hanseforschung, 2014, S. 414.

III. Methoden und Prämissen

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zu zeigen sein wird, liegt dieser Befund kontradiktorisch zu den Erörterungen in den folgenden Epochen. In späterer Zeit wurde die Rechtsnatur der Hanse kaum noch juristisch erörtert, ihre Verfassung wurde erheblich lockerer gedeutet, doch gingen die Autoren dennoch von einem Beitrag der Hanse für die deutsche Rechtsgeschichte aus. Eine mögliche Begründung könnte das unterschiedliche Verständnis im Verhältnis zum Alten Reich sein. Wenn die Hanse in einem Gegensatz zum Alten Reich aufgefasst wurde und nicht als Teil desselben, so schloss diese Trennung eine Einwirkung der Hanse auf die rechtlichen Verhältnisse im Alten Reich aus. Zwar ist die These, die Hanse habe beispielsweise gegen c.  XV der Goldenen Bulle verstoßen, lange aufrechterhalten worden – doch betonten spätere Forscher eine reichsvertretene Stellung der Hanse. Damit wurde die Hanse aber mindestens funktionell in das Reich integriert – die vermeintlichen Sanktionen durch das Alte Reich konnten dann als die Folge der „italienischen Politik“ der Könige und Kaiser gedeutet werden. Eine gemeindeutsche rechtsschöpferische Kraft der Hanse blieb hingegen in diesem Bild möglich. Zweitens kann nicht verkannt werden, dass den Autoren im Alten Reich die nationalstaatliche Perspektive fehlte, die im 19. Jahrhundert herrschend wurde. Als die Geschichtsschreibung zur Selbstvergewisserung des Bürgertums diente, lagen gesamtdeutsche Implikationen der Hanse nahe, die auch den rechtlichen Bereich betrafen.140 Das nationale Geschichtsbild steigerte sich in den folgenden Jahrzehnten weiter bis W. Ebel die „[erste], [selbsterkämpfte] Herrschaft des deutschen Kaufmanns in Europa“ postulieren konnte.141 Diese Deutung, die er 1940 nicht frei von zeitgebundenen Deutungen vornahm, trägt viel von einer nationalstaatlichen Geschichtsschreibung. Eine solche Deutung forderte geradezu nach einem Ausstrahlen auf die „deutsche“ Rechtslandschaft. Als aber eine solche Perspektive fehlte, erübrigte sich die Suche nach den überhansischen Bedeutungen der Rechtserzeugnisse der Hanse. Es lag daher kein Widerspruch vor, wenn die Hanse als solche zwar schlag­ kräftig (Bestimmung der Rechtsnatur, hierarchische Gliederung mit Lübeck als Vorort) gedeutet wurde, das hansische Recht hingegen kaum beachtet wurde. Vielmehr ergab sich diese Deutung aus der Perspektive der Forscher.

140

Kypta, Hanseforschung, 2014, S. 417; Oexle, Vom ‚Staat‘ zur ‚Kultur‘ des Mittelalters, in: Natalie Fryde et al. (Hrsg.): Die Deutung der mittelalterlichen Gesellschaft in der Moderne, 2006, S.  15 (32), letzterer ohne Bezug zum Bürgertum oder der Hanse, wenngleich beide Autoren dies erst für die Zeit nach der Reichsgründung sehen. Die hier später zu betrachtenden gemeindeutschen Implikationen der Hanse traten aber schon früher zu Tage. 141 W. Ebel, Staatsrechtsliteratur, 1940, S. 168.

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3. Die Hansegründung als Dogma Die wirkmächtigste Prämisse in Bezug auf Rechtsnatur und Verfassung der Hanse, die fast alle Autoren setzten, war die der punktuellen Gründung der Hanse. Die Autoren setzten eine Gründung zwingend voraus, sodass die Frage bloß war, wann und nicht ob es diese Gründung gab. Diese Weichenstellung mag als Detail erscheinen, sie führte aber in methodischer Hinsicht dazu, einen Städtebund vorauszusetzen, anstatt ihn zu beweisen. Die Untersuchungen legten dann bloß noch die Vorrechte Lübecks oder die angeblichen Wurzeln dieses Bundes aus vorherigen Stadtbünden dar, ohne die Theorie vom anfänglichen Städtebund in Frage zu stellen. Aus dieser Prämisse folgte sodann die Frage, welche Rechtsform dieses Bündnis hat(te) und ob es überhaupt verfassungsgemäß sein konnte. Wenngleich die Einordnung der Hanse als Städtebund lange streitig blieb und ob von einem Übergang einer Kaufmanns- zu einer Städtehanse gesprochen werden könne, so ist heute doch nicht mehr bestritten, dass es eine punktuelle Gründung der Hanse nicht gab. Mit der zweiten Auflage seines Werks gab auch Sartorius die These von der anfänglichen Gründung eines Städtebundes auf.142 Die These prägte aber das rechtliche Vorstellungsbild von der Hanse und das ihrer Analysten über Jahrhunderte. Bis zur zweiten Auflage von Sartorius’ Werk war die Gründungsthese unbe­ stritten und wurde von Generation zu Generation tradiert. Die Beweggründe für diese Annahme kennen wir nicht. Möglich ist, dass die Autoren aus der Erscheinungsform in den ihnen bekannten Zeiten auf die Notwendigkeit einer irgendwann erfolgten Gründung schlossen. Dieser Schluss mag heute widerlegt sein, er wurde damals aber nicht diskutiert. Indes wird nicht verkannt, dass die bis hier dar­gelegten Prämissen sehr stark mit den fehlenden Kenntnissen über die Anfänge der Hanse zusammenhingen. 4. Hanseforschung ohne umfassende Quellenpublikationen Die hansischen Quellen wurden erst ab 1870 sukzessive veröffentlicht. Zwar publizierten bereits zuvor einige Forscher Quellen, diese blieben aber im Umfang hinter den späteren Publikationen zurück.143 Häufig wurde zudem auf Reichs­ 142

Sartorius/Lappenberg, Hanse, 1830, S. XII ff., 1–3. Wenngleich das Werk nun von der zeitlichen Spaltung einer Kaufmanns- und Städtehanse ausging. 143 So zeigte Sartorius auf, dass Werdenhagen Auszüge von Hanserezessen aus dem 17. Jahrhundert abdruckte, die von Domann herrührten, Sartorius, Bund, Bd. 1, 1802, S. 332. Allerdings sparte Sartorius nicht an Kritik, wie die gesamten Bewertungen seiner Vorgänger häufig scharfe Kritik enthielten. So warnte Sartorius vor dem Gebrauch dieser Urkunden, „da es nun ein Mahl des Mannes [Werdenhagen] Schicksal gewesen zu seyn scheint, alles zu entstellen, was unglücklicher Weise in seine Hände kam“. Bei Willebrandt, den er ebenfalls scharf kritisierte, gebe es einen brauchbaren Abdruck von Hanserezessen, der aber nicht auf Willebrandt zurückgehe, S. 335 f. Dreyer habe einen guten Abdruck von Urkunden geleistet, S. 342.

III. Methoden und Prämissen

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dokumente Bezug genommen.144 Damit führte der Blick wieder von der Hanse weg und zum Reich hin. Auch Hagemeier145 lieferte in seinem Anhang der öffentlichen Dokumente nur Privilegien und andere Dokumente mit Bezug zur Hanse. Auffällig ist dabei, wie nach der Überschrift Hagemeier die Dokumente zuweilen uminterpretierte. Das zweite angefügte Dokument146 soll ein Privileg Heinrichs III. für die Societas Hanseatica enthalten, doch nennt es bloß die mercatores Regni Allemaniae. Die Societas Hanseatica wird also vorausgesetzt und nicht den Quellen entnommen. Obwohl also den Autoren Dokumente zugänglich waren, die ihre Grundannahmen zumindest zweifelhaft erscheinen lassen, setzten sie sich nicht damit auseinander. Erst Sartorius widmete sich als erster intensiven Quellenstudien,147 aber auch er schob den fehlenden Gründungsnachweis zunächst darauf, es sei damals unüblich gewesen, Urkunden aufzusetzen und im Übrigen könnten sie verloren gegangen sein.148 Vergegenwärtigt man sich die Schwierigkeiten bei der Beschaffung der Urkunden, die entweder nicht erhalten, nicht zugänglich oder in beklagenswertem Zustand waren,149 so ist diese Argumentation leicht nachvollziehbar. Dies gilt umso mehr, als für viele Autoren die Hanse nur ein Thema unter vielen war. Bemerkenswerter ist dieser Ausgangspunkt aber bei früheren Autoren, die die Hanse monographisch behandelten. Im Falle von Werdenhagen mag das Auslassen von eigenen Archivrecherchen gleichsam mit seinen häufigen Ortswechseln zusammengehangen haben, da er sich an mehreren Orten Streitigkeiten aussetzte. Erst am Ende der Epoche führten die Historiker Büsch und Sartorius diesen Mangel vor Augen. Dies mag auch einer der Gründe sein, warum die Dominanz der Juristen versiegte. Urkundenforschung in Archiven dürfte zu umständlich gewesen sein und zudem wäre damit der lediglich rechtshistorische Charakter der Hanse offenbar geworden.

Dieses Werk stammt aber aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. Auf S. 340 legte Sartorius dar, dass Klefeker keinen Zugang zu archivalischen Urkunden hatte. Sartorius selbst konnte erst für die zweite Auflage weitere wichtige Archive einsehen, dazu sogleich Fn. 147. Der zweite Band der zweiten Auflage enthält dann verschiedene Quellen. 144 Paradigmatisch Limnäus, Civitatibus, 1657, c.  I, § 79: Er zitierte aus einem Reichs­ abschied von 1548, dann aus der Polizeiordnung vom Reichstag 1548, später führte er über die Schrift von Domann wieder Reichsabschiede als Argument an, dann zitierte aus einem Brief Rudolph II. an Lübeck und schließlich nochmal den Reichsabschied von 1548. 145 Hagemeier, Commentarius, 1662. 146 Das Werk besitzt keine Seitenzahlen, der Anhang befindet sich ungefähr nach einem Drittel des Werkes. 147 Sartorius, Bund, Bd. 1, 1802, S. V f. Nähere Ausführungen dann ab S. 350 ff. Allerdings hatte Sartorius für die erste Auflage keinen Zugriff auf die Archive der hanseatischen Städte Lübeck, Hamburg und Bremen. Dies gelang erst für die zweite Auflage, die mehr eine komplette Revision war und erst posthum erschien, Sartorius/Lappenberg, Hanse, 1830. 148 Sartorius, Bund, Bd. 1, 1802, S. 55, 57, 70. 149 Siehe die eindrücklichen Schilderungen bei Sartorius, Bund, Bd.  1, 1802, S.  350 ff., 367 ff.

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B. Altes Reich bis 1806: Hansisches Recht als Phänomen des geltenden Rechts

IV. Zusammenfassung Die Forschung des Alten Reiches interessierte sich für die Hanse in ihrem Verhältnis zum Reich. Ein Konsens kann in den Ursprüngen der Hanse erkannt werden, die in einem gegründeten und statisch bleibenden Städtebund gesehen wurden. Hinzu kam das Problem der bloß fragmentarisch veröffentlichten Primärquellen. Die Hanse erschien als ein Phänomen des geltenden Rechts. Eine rein historische Perspektive etablierte sich erst zum Ende des Alten Reiches. Der Gegenwartsblick eröffnete die Fragen um die Verfassungsmäßigkeit und Rechtsnatur der Hanse, wenngleich immer vom Reiche aus gesehen. Obwohl die Stadtrechte und unter ihnen das Lübische Recht eine intensive wissenschaftliche Bearbeitung erfuhren, wurden kaum Bezüge zur Hanse aufgebaut. Lediglich bei der Behandlung des Seerechts lassen sich Andeutungen für eine Verschränkung der beiden Materien finden. Dabei stand wiederum die Hanse nicht im Fokus der Forschung, sondern die Frage, welches Recht in Lübeck galt. Ein hansisches Recht wie es in späteren Zeiten gesucht oder behauptet wurde, existierte für die Autoren im Alten Reich offenbar nicht. Zwar wurden die hansischen Rezesse erwähnt, doch weder verdichtete die Forschung diese zu einem hansischen Recht, noch wurde das Lübische Recht als ein bedeutender Faktor der hansischen Rechtsgeschichte gesehen. Bis heute wird das Werk von Sartorius als Beginn der hansischen (Geschichts-) Wissenschaft gewertet. Dies kann indes nicht mit der Veröffentlichung als solcher begründet werden, bereits vorher gab es Arbeiten zur Hanse. Beachtenswert ist aber die Perspektivverschiebung. Die Hanse geriet als solche in den Blickpunkt und war nicht mehr in eine Reichs- oder Stadtperspektive eingebunden.

C. Hansisches Recht in Sartorius’ Geschichte des Hanseatischen Bundes  I. Georg Friedrich Sartorius Das Werk von Sartorius setzt sich sowohl thematisch wie auch methodisch von den vorherigen Arbeiten ab und soll daher eigenständig betrachtet werden. Es ist die erste umfangreiche, quellengestützte und selbstständige, wenngleich nun in die Vergangenheit gerichtete1 Untersuchung zur Hanse. Georg Friedrich Sartorius (1765–1828) war für die Hanseforschung eine wichtige Persönlichkeit.2 Er wurde 1765 in Kassel geboren. Der strenge Vater, ein Prediger, prägte ihn. Sartorius studierte zunächst in Göttingen Theologie, betrieb aber auch Studien in der Orientalistik unter Johann David Michaelis. Als er das Interesse am Theologiestudium verlor, konnte er seinen Vater nur mit Anstrengung vom Studium der Geschichte überzeugen. 1797 war Sartorius außerordentlicher Professor an der philosophischen Fakultät der Universität zu Göttingen. Ab 1802 war er ordentlicher Professor der Geschichte, 1814 wurde er zum Professor für Politik ernannt. Sein Werk stammte somit nicht aus der Feder eines Juristen und erlangte wegen seiner wenn auch beschränkten Quellenverwertung ein hohes Ansehen. Lag der ursprüngliche Antrieb für sein Werk in der ungünstigen politischen Lage am Ende des 18. Jahrhunderts3, so wurde die Hanseforschung doch bald die „Aufgabe seines Lebens“4. Für die erste Auflage des ersten Bandes seines dreibändigen Werkes benötigte Sartorius nach eigenen Angaben fünf Jahre.5 Doch konnte er für das Werk nicht auf alle Archive zugreifen, so insbesondere nicht auf die Archive in Lübeck, Hamburg und Bremen.6 Ein Missstand, der für die Hanseforschung bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts prägend war.7 Mit der zweiten Auflage, die sich nur auf den Ursprung der Hanse konzentrierte, standen ihm nun die gewünschten Archive offen. Sie ging bereits von der These der punktuellen Gründung eines Städtebundes ab.8 Die Vollendung des Werkes erlebte er nicht. Krankheiten prägten seinen Lebenslauf und auch sein Tod am 24. August

1 Dies zeigt sich nicht zuletzt an der bis heute vielzitierten Einordnung der Hanse als „halbvergessene Antiquität“, Sartorius, Bund, Bd. 1, 1802, S. IV. 2 Der ADB-Artikel zu Sartorius stammt vom später noch zu erwähnenden Frensdorff, Sartorius von Waltershausen, Georg Freiherr, in: ADB, Bd. 30, 1890, S. 390–394. Sartorius’ Frau gedachte ihrem Mann in Sartorius von Waltershausen, Zum Andenken an Georg Sartorius, Freiherrn von Waltershausen, 1830. Siehe zudem Friedland, Vom sittlichen Wert geschichtlicher Erkenntnis, HGbll., Bd. 116 (1998), S. 117–136. 3 Sartorius, Bund, Bd. 1, 1802, S. IV. 4 Sartorius von Waltershausen, Andenken, 1830, S. 30. 5 Sartorius, Bund, Bd. 1, 1802, S. IV. 6 Er beschrieb seine Odyssee eindringlich bei Sartorius, Bund, Bd. 1, 1802, S. 350 ff. 7 Dazu auch oben B.III.4. 8 Zu dieser Prämisse in der vorherigen Epoche siehe B.III.3.

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C. Hansisches Recht in Sartorius’ Geschichte des Hanseatischen Bundes  1828 war auf eine kurze aber schwere Erkrankung zurückzuführen. Kurz vor seinem Tod erwarb er ein Grundstück in Bayern, welches als adliges Lehen den Adelsstand voraussetzte. Die Verleihung des Adelstitels durch seinen Schüler König Ludwig  I. von Bayern gab ihm den Titel Freiherr von Waltershausen. Die damaligen Gesetze im könig­lichen Hannover forderten einen Dispens, damit eine Standeserhöhung von fremden Mächten angenommen werden durfte. Diesen erteilte ihm König Georg IV. nur wenige Monate vor Sartorius’ Tod im Januar 1828. Folglich erschien keines seiner Werke zu Lebzeiten unter seinem adligen Namen.

Sartorius’ Werk bedeutete einen Wendepunkt für die Hansegeschichte und soll hier im Hinblick auf die rechtlichen Aussagen zur Hanse untersucht werden. Das Werk entzieht sich als Ganzes aus verschiedenen Gründen einer Unterordnung in die ansonsten gewählte zeitliche Struktur. Die ersten beiden Bände erschienen zwar vor 1806 und damit noch im Alten Reich, doch behandelte Sartorius die Hanse rein geschichtlich. Aber auch eine bloß schematische Einordung in die Wissenschaft des 19.  Jahrhunderts ist fragwürdig. Nach der Publikation seiner drei Bände erschien lange Zeit keine bedeutende Arbeit zur Hanse.9 Die anschließenden Arbeiten sind zudem stark von Sartorius geprägt. Auffällig ist weiterhin, wie wenig Juristen sich nun an das Thema heranwagten. Sartorius entriss das Thema der Jurisprudenz endgültig und überführte es in die Geschichtswissenschaft. Diese Andeutungen sollen genügen, um das Werk von Sartorius außerhalb des sonst gezogenen Rahmens näher zu untersuchen. Bei Zitaten aus den einzelnen Bänden ist Sartorius’ zeitliche Einteilung der hansischen Geschichte zu beachten. Der erste Band behandelt die Hansegeschichte bis 1370, der zweite Band erstreckt sich von 1370 bis 1495 und der dritte Band reicht bis nach dem Westfälischen Frieden.

II. Die Rechtsnatur der Hanse Sartorius brach bereits bei der Frage der Verfassungsmäßigkeit und der Rechtsnatur mit den vorherigen Autoren. Die in der ersten Epoche dargestellten Themen der (juristischen) Hansewissenschaft finden sich bei Sartorius nicht im selben Umfang wieder. Weder widmete er der Verfassungsmäßigkeit großen Raum, noch äußerte er sich zu dem Problem um die Rechtsnatur. Die Rechtsnatur der Hanse beleuchtete er nicht umfassend. Im ersten Band wird die Hanse  – ohne weitere Erläuterung  – als ein Bund der Städte und wenig später als ein Bund von Bürgern charakterisiert.10 Die weiteren Ausführungen 9 In monographischer Hinsicht kann nur die überarbeitete Fassung von Sartorius erstem Band genannt werden: Sartorius/Lappenberg, Hanse, 1830, kurze Zeit später dann Rausch­ nick, Geschichte der deutschen Hanse, Bd. 1, 1831, weitere kleinere Beiträge erst ab Ende der 1830er Jahre. 10 Sartorius, Bund, Bd. 1, 1802, S. 57 ff. Ebenso S. 82 f., wo zunächst Verbindungen von Seefahrern angenommen werden aber wenig später auf die Städte abgestellt wird.

II. Die Rechtsnatur der Hanse

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schwanken zwischen Lobgesängen auf und Resignation über die Organisation der Hanse. Eine juristische Begriffsbestimmung lag ihm fern. Die nachfolgenden Zitate betreffen alle die Verfassung der Hanse. Im ersten Band wird die Hanse als Bund charakterisiert, „welcher den Handel auf zweyen Meeren dictatorisch lenken, Königskronen nehmen und geben, und ganze Reiche an sein monopolischmercantilisches Joch fesseln würde“11. Im zweiten Band schrieb Sartorius dann von einer Bundesverfassung und einer höchsten Bundesgewalt der städtischen Deputierten auf den Hansetagen und er stellte fest: „Hier wurden die Gesetze gegeben“12. Wenig später fiel es ihm aber schwer anzugeben, wie auf den Hansetagen ein rechtskräftiger Beschluss gefasst werden konnte.13 Schließlich bescheinigte er der Hanse „eine recht verfassungsmäßige Anarchie“ und resümierte „an eine feste Kraft des Bundes [war] gar nicht zu denken“.14 Sartorius konnte damit inhaltlich keine auf einen Begriff zulaufende Einordnung vornehmen. Die häufige Verwendung des Ausdrucks „Bund“, sei er eigenständig oder als Präfix gebraucht, sollte nicht im technischen Sinne verstanden werden. Zwar deutete er im dritten Band den Streit der Hanse mit England an. Er erwähnte, die Engländer hätten „die ganze Residenz“ für die Taten Einzelner haftbar machen wollen15 und wenig später merkte er den Streit über die Rechtsfähigkeit der Hanse kurz an16. Aber eigene Ausführungen oder gar eine Stellungnahme dazu finden sich nicht. Diese Befunde mögen mit einer Abneigung Sartorius’ gegen die Einflüsse von Juristen auf die Hanse zusammenhängen. Diese These kann sich nur auf wenige Anhaltspunkte stützen, die über die drei Bände verstreut sind. Im ersten Band machte er den verloren gegangenen „Geist der Väter“ als Grund für die geschwächte Hanse aus und polemisierte gegen die „elenden [Advocatenkünste] der spätern Zeit und [die] Pedantereyen rechtsgelarter Doctoren“.17 Diese Ausführungen ziehen sich durch die weiteren Bände. Im zweiten Band behauptete Sartorius „in späteren Zeiten“ hätten „[römische] Rechts-Doctoren […] immer mehr Einfluß gewonnen“18 und diese Rechtsgelehrten, die immer mehr zu Hansetagen entsandt worden seien, bezeichnete er als „dem Deutschstädtischen Wesen fremde Per­ sonen“19. Am Ende seiner Hansegeschichte im dritten Band konstatierte er: „Gelehrte Kenntnisse waren mehr und mehr bey den Hansen angekommen, der Rechte kundige Personen hatten mehr Einfluß gewonnen, obwohl das Glück, der Geist der

11

Sartorius, Bund, Bd. 1, 1802, S. 76 f. Sartorius, Bund, Bd. 2, 1803, S. 32. 13 Sartorius, Bund, Bd. 2, 1803, S. 82 ff. 14 Sartorius, Bund, Bd. 2, 1803, S. 142 ff. 15 Sartorius, Geschichte des hanseatischen Bundes, Bd. 3, 1808, S. 312. 16 Sartorius, Bund, Bd. 3, 1808, S. 324. 17 Sartorius, Bund, Bd. 1, 1802, S. 56 f. 18 Sartorius, Bund, Bd. 2, 1803, S. 49. 19 Sartorius, Bund, Bd. 2, 1803, S. 58. 12

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C. Hansisches Recht in Sartorius’ Geschichte des Hanseatischen Bundes 

Väter, die alte Kraft von dem Bunde gewichen war“20. Die Ausführungen Sartorius’ lassen sich auch dahin verstehen, dass er eine Trennung zwischen dem römischen gelehrten Recht und dem einheimischen, städtischen Recht annahm. Diese Annahme, verbunden mit einer Kritik am römischen Recht, ist für seine Zeit nicht untypisch.21 Sie trat in der hansischen Wissenschaft immer wieder hervor, wie noch zu zeigen sein wird.22

III. Die hansische Verfassung und die Wirkung der Hanserezesse 1. Die hansische Verfassung Die Verfassungsbeschreibung bei Sartorius weist eine Diskrepanz zwischen den verwandten sprachlichen Zeichen und den damit verbundenen Inhalten auf. Die von Sartorius gewählten sprachlichen Zeichen suggerieren einen schlagkräftigen, hierarchisch und straff organisierten Bund von Städten. Bereits der Titel erwähnt den Bund, die Verfassung der Hanse sei von „einer Art öffentlichen Rechts“23 gewesen und es habe „gewisse gemeine, alle Genossen verpflichtende Statuten“24 gegeben. Kleinere Städte seien durch größere Städte auf dem Hansetag vertreten worden und die Vertretung dieser „mittelbaren Theilnehmer“ sei „aus der Analogie der Deutschen Weise und des spätern Hanseatischen Rechts“ gefolgt25. Die Hanse habe die Errichtung eines Monopols zum Ziel gehabt26 und mit ihren Privilegien und Freiheiten habe sie „der Idee eines Völkerrechts und eines freyen Verkehrs unter verschiedenen Nationen gemäßere Gewohnheiten“27 Vorschub geleistet. Die Anzahl der Statute sei vermehrt worden, „als sich die einzelnen Communen mehr an eine alle verbindende oberste gesetzgebende Gewalt gewöhnt hatten“28. Im zweiten Band widmete Sartorius der Verfassung ein ganzes Buch von 150 Seiten. Darin bedauerte er, dass die Hanse nicht wie die Eidgenossenschaft nach Unabhängigkeit gestrebt habe.29 Er legte wiederum bei den Zwecken die Er 20

Sartorius, Bund, Bd. 3, 1808, S. 513 f. F. L. Schäfer, Germanistik, 2008, S. 85 f. Dort zu Christian Thomasius (1655–1728) und seinen Angriffen gegen das römische Recht. 22 Siehe unten E.II.3.b)  Text nach Fn.  312 für die Zeit des Nationalsozialismus und F.II. 3.d) für die BRD. 23 Sartorius, Bund, Bd. 1, 1802, S. 89. 24 Sartorius, Bund, Bd. 1, 1802, S. 89. 25 Sartorius, Bund, Bd. 1, 1802, S. 101. 26 Sartorius, Bund, Bd. 1, 1802, S. 111. 27 Sartorius, Bund, Bd. 1, 1802, S. 180. 28 Sartorius, Bund, Bd. 1, 1802, S. 322, ohne nähere Angabe zu welcher Zeit diese gesetzgebende Gewalt bestanden habe. Der fehlende Nachweis ist für Sartorius untypisch. 29 Sartorius, Bund, Bd. 2, 1803, S. 4. 21

III. Die hansische Verfassung und die Wirkung der Hanserezesse 

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richtung eines Monopols dar und das Ziel „der Städte Obrigkeiten in Ansehen zu erhalten“.30 Bei der inneren Verfassung schrieb er die „höchste Bundesgewalt“ den „städtischen Deputirten“ zu.31 Es habe eine „Aristocratie“32 der mächtigen Städte gegeben, um Beschlüsse zu fassen. Die Kontore seien keine „Theilhaber der gesetzgebenden Gewalt“33, sondern bloß „Bediente“34 gewesen. Zur Durchsetzung „bedurfte [man] noch gewisse Zwangsmittel und Strafen, mit deren Hülfe die Befolgung der Gesetze erhalten werden konnte“35. Diesen starken sprachlichen Zeichen stehen aber die Probleme gegenüber, die Sartorius erkannte und aufdeckte. So zweifelte Sartorius im ersten Band an der „Vollkommenheit“36 der frühen Hanse und musste feststellen, es sei „wenig oder gar nichts [von ihrem öffentlichen und Privat-Rechte] bekannt“37. Gerade der Frage der Abstimmungsmodalitäten widmete er durchgängig einige Anmerkungen. So konnte er im ersten Band ein Majoritätsprinzip nicht nachweisen38 und im zweiten Band gab er zwar Nachweise für das Majoritätsprinzip, „allein es ist wirklich so gut als nie gehalten worden“39. In den Bewertungen im zweiten Band schrieb er von einer „lockere[n] Verfassung“40, er kritisierte die Annahme eines Beschlusses ad referendum als Faktor für den Untergang der Hanse41 und nannte die Verfassung „mangelhaft“42. Am Ende des ersten Buches im zweiten Band resignierte er: „Den vernünftigen, gemeinen Willen auszumitteln, dazu taugten und konnten ihre Hanse-Tage nie taugen, da die Deputirten, durch die Instructionen ihrer Oldesten, gebunden, durch die Privat-Rücksichten ihrer Städte zurückgehalten, nie zu Entschlüssen frey sich erheben durften, welche als nothwendig und zweckmäßig für das Ganze erscheinen mußten“.43 Sartorius’ Darstellung der hansischen Verfassung kann daher nicht als ein Reflex der städtebündischen Struktur gedeutet werden. Vielmehr stellt sich die Verfassung bei Sartorius als ein loses und anfangs nicht kodifiziertes Regelungswerk dar, dessen einzige Konstante die Kämpfe um den Konsens waren. Seine Ausführungen zur Verfassung stehen unabhängig neben der Frage, was die Hanse war. Letztere Frage spielt in seiner Darstellung keine herausgehobene Rolle.

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Sartorius, Bund, Bd. 2, 1803, S. 31 f. Sartorius, Bund, Bd. 2, 1803, S. 32. 32 Sartorius, Bund, Bd. 2, 1803, S. 63, ohne Beleg für diese These. 33 Sartorius, Bund, Bd. 2, 1803, S. 74. 34 Sartorius, Bund, Bd. 2, 1803, S. 75. 35 Sartorius, Bund, Bd. 2, 1803, S. 101. 36 Sartorius, Bund, Bd. 1, 1802, S. 102 Fn. 30 (hier S. 106). 37 Sartorius, Bund, Bd. 1, 1802, S. 115. 38 Sartorius, Bund, Bd. 1, 1802, S. 121. 39 Sartorius, Bund, Bd. 2, 1803, S. 83 Fn. 34. 40 Sartorius, Bund, Bd. 2, 1803, S. 10. 41 Sartorius, Bund, Bd. 2, 1803, S. 86. 42 Sartorius, Bund, Bd. 2, 1803, S. 148. 43 Sartorius, Bund, Bd. 2, 1803, S. 148 f. 31

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C. Hansisches Recht in Sartorius’ Geschichte des Hanseatischen Bundes 

Die zitierten „Zwangsmittel und Strafen“ sah Sartorius vornehmlich in der Verhansung, also dem Ausschluss eines Hansemitglieds aus der Hanse.44 Gewiss handelte es sich dabei um eine Strafe, aber die Einordnung als Zwangsmittel muss die Entstehungszeit des Werkes beachten. Sartorius meinte damit nicht, dass ein unmittelbarer Zwang auf die Städte ausgeübt worden wäre oder dass die Hanse anstelle der Städte gehandelt hätte. Es handelte sich vielmehr bloß um ein Mittel, den Willen der verhansten Mitglieder zu brechen. Solange wie die hansischen Freiheiten und Privilegien für den Handel und das Wohlergehen einer Stadt konstituierend waren, konnte ein Ausschluss von diesen Freiheiten und Privilegien seine Wirkung entfalten. Brach dieser Handel weg und war er für die Stadt bedeutend, so führte dies mittelbar zu einem Zwang die geforderten Maßnahmen durchzusetzen. Somit hatte die Hanse keine unmittelbare Gewalt über ihre Mitglieder und Sartorius erkannte dies auch.45 2. Die Rechtsqualität der hansischen Rezesse Die Rechtsqualität der Rezesse ist bei Sartorius undurchsichtig. Zwar konnte er nachweisen, dass die Ordnungen für die Kontore von der Hanse ausgearbeitet wurden und damit dort unmittelbare Geltung erlangten, aber welche Wirkung die Rezesse gegenüber den Städten und ihrer Bevölkerung hatten, bleibt dunkel. Lediglich aus der Charakterisierung des Hansetags als gesetzgebender Gewalt, dessen „Gesetze“ nicht übertreten werden durften46, ließe sich eine unmittelbare Bindung – ohne weitere städtische Umsetzung – herleiten. Zudem zitierte Sartorius gelegentlich Hanserezesse, wenn es um normative Bindungen in den Städten ging. Als beispielhafter Beleg dient hier eine Stelle aus dem zweiten Band: nachdem er aus Hanserezessen zitierte, stellte Sartorius fest: „Einzelne Städte mögen jedoch noch besondere Statute in diesen Hinsichten gemacht haben“.47 Dies macht nur Sinn, wenn die vorher genannten Rezesse eine unmittelbare Rechtskraft in den Städten entfaltet hätten, sodass die „besondere[n] Statute“ der Städte daneben treten konnten. Die angenommene Wirkung der hansischen Rezesse stellt aus heutiger Sicht ein Zentralproblem in der Diskussion um ein hansisches Recht dar. Bereits die Einordnung der vom Hansetag gegebenen Normen als Gesetze deutet auf eine unmittelbare Geltung hin. Eine unmittelbare Geltung der Rezesse hätte zudem zu einer quasistaatlichen Deutung der Hanse gepasst. Eine lediglich mittelbare Geltung der 44

Sartorius, Bund, Bd. 1, 1802, S. 114; ders., Bund, Bd. 2, 1803, S. 101. Am Ende der Hansegeschichte verlor die Verhansung folglich ihren Zwangscharakter, Sartorius, Bund, Bd. 3, 1808, S. 550 f. 46 Sartorius, Bund, Bd. 2, 1803, S. 82. 47 Sartorius, Bund, Bd. 2, 1803, S. 139 Siehe auch ders., Bund, Bd. 2, 1803, S. 696, wo Regelungen der Städte neben „Statuten des Bundes“ stehen. Eine Formulierung, die nur dann Sinn ergibt, wenn unmittelbar geltendes Recht der Hanse gemeint war. 45

IV. Die rechtlichen Einflüsse der Städte

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Rezesse, die beispielsweise gegeben ist, wenn die in den Rezessen niedergelegten Normen zunächst in Stadtrecht transformiert werden mussten, würde das herrschaftlich-politische Bild der Hanse erheblich schwächen. Betrachtet man die Ausführungen bei Sartorius in Gänze, so erhellt, warum das Werk von Sartorius für die Hansegeschichtsschreibung bahnbrechend war. Obwohl die sprachlichen Zeichen eine Verklärung der Hanse zu einem schlagkräftigen Bund nahelegen, finden sich bei genauerem Hinschauen viele Probleme der Hanseforschung wieder. Dies gilt insbesondere für die bis heute kontroverse Verfassung der Hanse. Sartorius zeigte die Probleme deutlich auf. Die Konsensorientierung und die damit einhergehenden Probleme bei verschiedenen individuellen Interessen führte er vor Augen. Die vermeintlich hierarchische Struktur löst sich in ein komplexes und zuweilen undurchschaubares Geflecht von Verbindungen auf. Zuletzt konnte auch die Durchsetzung der Beschlüsse nur solange funktionieren, wie ein wirtschaftlicher Druck aufgebaut werden konnte.

IV. Die rechtlichen Einflüsse der Städte Die Städte und ihre Rechte spielen bei Sartorius nur eine untergeordnete Rolle. Als ein Faktor für die Ausbreitung der Hanse deutete er das Stadtrecht nicht. Diese These findet sich erst ab der zweiten Auflage seines Werkes und vor allem nach 1870. Die Städte als solche zog er für die Entwicklung der Hanse heran. Die sowohl vor, als auch nach Sartorius vertretene These, die Hanse sei aus dem Bündnis zwischen Hamburg und Lübeck 1241 hervorgegangen, hielt er indes für „gewagt“48. Eine übergeordnete Bedeutung eines stadtrechtlichen Aspekts sah er hingegen im Seerecht. So sei das Seerecht von Visby von deutschen Städten rezipiert worden.49 Relevant waren für ihn andere Aspekte. Einerseits ist die Herkunft der Novgoroder Skra für die Zeit des zweiten Bandes also von 1370 bis 1495 und andererseits ist die Stellung Lübecks zu betrachten. Sartorius hatte nur einen beschränkten Zugriff auf Abschriften der verschiedenen Skraen. Er erläuterte an einer Stelle, ihm sei eine Handschrift aus Kopenhagen ohne Jahreszahl zugänglich gemacht worden, deren Regelungen „Von der Corporation der Nowgorods-Fahrer und von dem Rathe zu Lübeck“ herrühren50. Es dürfte sich dabei um die früher sogenannte jüngere Skra, also die zweite Skra gehandelt haben.51 Diese Skra war bereits länger bekannt, so druckte Willebrandt sie ab.52 Sartorius bestimmte die Entstehungszeit 48

Sartorius, Bund, Bd. 1, 1802, S. 58. Sartorius, Bund, Bd. 1, 1802, S. 190. 50 Sartorius, Bund, Bd. 2, 1803, S. 736. 51 Frensdorff, Das statutarische Recht der deutschen Kaufleute in Nowgorod, Abhandlungen der Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften in Göttingen, Bd. 33 (1886), S. 1–35 (Aufsätze beginnen immer bei S. 1) (8). 52 Willebrandt, Chronick, 1748, 3. Abtheilung ab S. 100. 49

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C. Hansisches Recht in Sartorius’ Geschichte des Hanseatischen Bundes 

der Handschrift auf das 15. Jahrhundert, meinte aber, der Inhalt sei früher von Lübeck aus gegeben worden.53 Obwohl Sartorius weder in seinen allgemeinen Ausführungen noch bei bestimmten Statuten die Bedeutung von Lübeck für das Recht herausstellte, nahm er eine rechtliche Beeinflussung des Kontors von Novgorod durch Lübeck an. Lübeck54 wurde auch durch Sartorius als „Haupt des Bundes“55 angesehen und als Appellationsinstanz gelegentlich neben der Hanse genannt56. Lübeck sei als Vorsteherin der Wendischen Städte für einige Appellationen57 zuständig gewesen. Beachtenswert sind ebenfalls die Ausführungen zum Verhältnis der Städte zu den Fürsten. Sartorius erkannte zwar Unterschiede zwischen den Städten, er wollte aber nach Gemeinsamkeiten suchen, um eine bessere Einsicht in die Hanse zu gewinnen.58 Die bedeutendste Gemeinsamkeit sah er in dem Streben nach tatsächlicher Unabhängigkeit, die auf den Satz zulief: „Niemand bestritt ihnen das Recht, untereinander und mit fremden, ausländischen oder inländischen Fürsten und Ständen, Bündnisse einzugehen“59. In der inneren Verfassung der Städte sah Sartorius ebenfalls Gemeinsamkeiten.60

V. Hansisches Recht Sartorius benutzte zwar das sprachliche Zeichen „hansisches Recht“, eine Definition gab er aber nicht. Im ersten Band musste er bei der inneren Verfassung der Hanse konstatieren, es sei „wenig oder gar nichts [von ihrem öffentlichen und Privat-Rechte] […] bekannt“61. Die wenig später erörterten „Statute“ ergeben kein eindeutiges Bild. So nannte Sartorius Regelungen, wonach Bürgen zu stellen gewesen seien, wenn Kriegsschiffe gegen die Dänen aufgestellt worden seien, im Kriegsfalle habe es keinen Austritt aus der Hanse geben dürfen, sollten Geistliche einen Hansen vor einem geistlichen Gericht verfolgt haben, so hätten diese Geistlichen nicht in Hansestädten geduldet werden dürfen.62 Im zweiten Band für die Zeit ab 1370 bis 1495 bemerkte er zwar, auf dem Hansetag seien „Gesetze gege-

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Sartorius, Bund, Bd. 2, 1803, S. 429 Fn. 11. Das Archiv zu Lübeck suchte Sartorius nicht auf. 55 Sartorius, Bund, Bd. 2, 1803, S. 91. 56 Für Brügge Sartorius, Bund, Bd. 2, 1803, S. 530. 57 Der Ausdruck „Appellation“ wird hier verwendet, obgleich erkannt wird, dass es unter anderem dieser Ausdruck war, der Weitzel zu Angriffen auf W. Ebels Darstellung des lübischen Rechtszuges motivierte, dazu kurz unten F.II.3.c). 58 Sartorius, Bund, Bd. 2, 1803, S. 185 f. 59 Sartorius, Bund, Bd. 2, 1803, S. 193. 60 Sartorius, Bund, Bd. 2, 1803, S. 208 ff. 61 Sartorius, Bund, Bd. 1, 1802, S. 115. 62 Sartorius, Bund, Bd. 1, 1802, S. 124 ff. 54

V. Hansisches Recht

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ben [worden]“63 und Sartorius schrieb sogar an zwei Stellen vom hansischen Recht, doch sind dort bloß die Privilegien im Ausland gemeint.64 Eine Stelle im zweiten Band, die für das Verhältnis von Stadtrecht zu han­ sischem Recht interessant sein könnte, bleibt dunkel. Nach dem Inhaltsverzeichnis wollte Sartorius den „Geist der Hansischen Gesetze in Bezug auf den den Fremden bey ihnen zu verstattenden Verkehr“ behandeln, die dort genannte Stelle handelt aber hauptsächlich vom Gästerecht der Städte und nicht der Hanse.65 Daraus aber eine These Sartorius’ für die Verschränkung zwischen beiden Rechts­k reisen ableiten zu wollen, erscheint gewagt. Wenngleich auffällt, wie Sartorius häufig allgemein von Hansestädten und den dort geltenden Regeln schrieb, ohne zwischen den einzelnen Städten zu differenzieren. Dadurch entsteht beim Leser das Bild, es habe sich um eine rechtlich homogene Gruppe gehandelt. Gleichwohl relativierte Sartorius diesen Eindruck, indem er feststellte, die Hanse habe nicht auf eine „gleichförmige innere Organisation“ in den Städten gedrängt.66 Im Rahmen der Analyse der hansischen Kontore nahm Sartorius an, es sei die Pflicht dieser Kontore gewesen „die Hansischen Statute zu exequiren“67. Hier ging er also tatsächlich von Rechtsnormen mit Pflichten und nicht reinen Privilegien aus. Die Regel in Bergen, wonach „schiffbrüchiges, zu Wasser oder zu Lande geraubtes Gut“ nicht gekauft werden durfte, beschrieb Sartorius dahingehend, sie sei sogar ein „allgemeines Hansisches Gesetz“ gewesen.68 Bei den Niederlassungen in Brügge und London wollte Sartorius von einem „Kaufmannsrecht“ oder „Statuten-Buch“ wissen,69 doch konnte er den Inhalt nicht näher erläutern, da er dieses Buch nicht gefunden hatte.70 Betrachtet man die von Sartorius erörterten Regelungen, die er zuweilen mit den sprachlichen Zeichen „Recht“, „Gesetz“ oder „Statut“ belegte, so lassen sich damit verschiedene Begriffe verbinden. Gerade wenn Sartorius ausdrücklich über hansisches Recht schrieb, meinte er damit die im Ausland erworbenen Freiheiten und Privilegien der Hanse. Die inneren Rechtssätze der Hanse nannte Sartorius entweder Verfassung oder öffentliches Recht.71 Gerade seine Darstellung der han­sischen Verfassung musste gesondert erfolgen, da sie bei Sartorius nicht einfach und nicht klar erfolgte. Schließlich erfasste Sartorius alle Regelungen, die vom Hansetag gesetzt wurden, als hansisches Recht. Sartorius nannte dabei häufig nur die Norm und belegte sie mit einem Hanserezess, interessierte sich aber nicht

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Sartorius, Bund, Bd. 2, 1803, S. 32. Sartorius, Bund, Bd. 2, 1803, S. 125, 136. 65 Sartorius, Bund, Bd. 2, 1803, S. 313 f. 66 Sartorius, Bund, Bd. 2, 1803, S. 184. 67 Sartorius, Bund, Bd. 2, 1803, S. 353. 68 Sartorius, Bund, Bd. 2, 1803, S. 385. 69 Sartorius, Bund, Bd. 2, 1803, S. 526, 614. 70 Für Brügge Sartorius, Bund, Bd. 2, 1803, S. 527 Fn. 24 (Text auf S. 528). 71 Sartorius, Bund, Bd. 1, 1802, S. 77. 64

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C. Hansisches Recht in Sartorius’ Geschichte des Hanseatischen Bundes 

dafür, ob diese Norm beispielsweise aus den Städten herrührte. Er ging implizit davon aus, es habe ein hansisches Recht in den Rezessen des Hansetags gegeben. Unter hansischem Recht verstand Sartorius damit die erworbenen Privilegien im Ausland, die innerhansischen (prozeduralen) Rechtssätze der Hanse und vom Hansetag gesetzte Normen, unabhängig von ihrer materiellen Herkunft. In seinem Werk deutet sich somit das Aufkommen eines hansischen Rechts in den Rechtsquellen der Hanse, also den Rezessen, an. Dabei zeigt sich aber auch die bloß implizite Natur seines Begriffs. Theoretische Überlegungen zum Begriff des hansischen Rechts fehlen. Mit der späteren Aufgabe des Bundesbegriffs für die Hanse in der zweiten Auflage seines Werkes begann der Niedergang des hansischen „Gesetzesrechts“ in der Geschichtswissenschaft, wie nun zu zeigen sein wird.

D. 19. und beginnendes 20. Jahrhundert: Hansisches Recht in den Städten und als Vorläufer eines gemeinen Rechts Im hier darzustellenden Zeitraum, der sich über mehr als hundert Jahre erstreckte, erfolgten entscheidende Weichenstellungen in der Hanseforschung, die nicht ohne Auswirkungen auf die juristische Analyse bleiben konnten. Seit der zweiten Auflage von Sartorius’ Werk, die von Lappenberg besorgt werden musste, bemühte sich dieser um eine Edition der noch in den Archiven aufbewahrten hansischen Urkunden.1 Die damit zusammenhängende Publikationstätigkeit2 erlaubte neue Einsichten in die Geschichte der Hanse. Doch auch der zur 500-Jahr-Feier des Stralsunder Friedens gegründete Hansische Geschichtsverein und die in ihm vereinigten Wissenschaftler gaben der Forschung neue Impulse. Inwieweit dadurch neue Wege für das hansische Recht eingeschlagen wurden, ist nunmehr darzustellen. Trotz der einschneidenden politischen Umwälzungen in diesem Zeitraum (Deutscher Bund, Paulskirchenparlament, Reichsgründung, 1. Weltkrieg, Weimarer Republik) ist von einer weiteren Unterteilung abgesehen worden. Dies begründet sich nicht zuletzt aus der verstreuten Quellenlage. Die zweite Auflage von Sartorius’ Werk (1830) blieb über Jahre die einzig nennenswerte Hansemonographie. Erst mit der Gründung des Hansischen Geschichtsvereins (1870) stieg die Publikationstätigkeit rasant an. Doch blieben die rechtshistorischen Bemerkungen zur Hanse über diesen Zeitraum rar und dabei inhaltlich häufig konstant oder jedenfalls weitgehend unbeeinflusst von der politischen Situation, sodass eine zusammenhängende Betrachtung angezeigt war. Das 19. Jahrhundert war darüber hinaus geprägt von der aufkommenden Nationalgeschichtsschreibung, die auch die Hansehistoriographie beeinflussen musste.3 Für unseren Zusammenhang bietet diese Form der Geschichtsschreibung reiches Material, da das Recht für die Analyse einer Nation oder Institution als wichtig angesehen wurde. Die in unseren letzten Jahrzehnten beobachtete Trennung zwischen der allgemeinen Geschichtswissenschaft und der Rechtsgeschichte

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Lappenberg, Antrag von Herrn Lappenberg auf Herausgabe der deutschen Hanserecesse, Nachrichten von der historischen Commission bei der Königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften (1859), S. 47–53. 2 Unten D. I.3. 3 Beispielsweise nachgewiesen bei Henn, Wege, 1994, S.  397 ff., im Übrigen siehe die Nachweise bei A.IV.

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war im 19.  Jahrhundert nicht im gleichen Maß spürbar. Die Rechtsgeschichte befand sich darüber hinaus in einer Auseinandersetzung zwischen Germanisten und Romanisten, welche indes nur geringe Auswirkungen auf die hansische Wissenschaft hatte.4

I. Publikationen und Strukturen der Werke sowie ihre Autoren Ausführungen zur Hanse und zum hansischen Recht finden sich sowohl in Werken, die ein breiteres Thema aufgreifen, als auch in Monographien zur Hanse. Letztere nahmen vor allem nach der Veröffentlichung der Hanserezesse und weiterer Urkunden zu, auf die noch einzugehen ist. 1. Rechtswissenschaft In den juristischen Werken des 19. und frühen 20. Jahrhunderts lässt sich ein Rückgang in der Behandlung der Hanse nachweisen. Dies ist bereits deswegen bemerkenswert, da mit dem Erscheinen von Eichhorns Deutscher Staats- und Rechtsgeschichte5 die Rechtsgeschichte einen Aufschwung erlebte. Eichhorn widmete der Hanse in der fünften Auflage vergleichsweise umfangreiche Ausführungen6. Die erste Auflage des dritten Bandes erschien 1819 und blieb im hier interessierenden Text bis zur hier zitierten fünften  Auflage identisch. Lediglich die Anmerkung „Ueber das Seerecht der Hanse“ wurde nachträglich eingefügt. Bereits daran lässt sich erkennen, wie wenig die Rechtsgeschichte die zwischenzeitlich erfolgten Än­ derungen (zweite Auflage des Werkes von Sartorius) aufnahm. Eichhorn zitierte konsequenterweise ausschließlich die erste Auflage von Sartorius’ Werk  – lediglich seine Anmerkung über das Seerecht der Hanse nimmt die zweite Auflage von Sartorius in den Blick. So gleichen sich die Ausführungen über die „Gesetzgebung“ des Hansetages.7 Auffällig ist aber die Diskrepanz zwischen der, auf das gesamte Werk gesehenen, Kürze der Ausführungen und der der Hanse zugeschriebenen Wichtigkeit  – auch in rechtlicher Hinsicht. Eichhorn nahm zwar die Herausbildung eines gemeinen Seerechts und über die Handelsgewohnheiten

4

Juristische Veröffentlichungen zur Hanse waren rar. Lediglich die Vorträge von Levin Goldschmidt, ein Romanist, Goldschmidt, Hansa, 1862 und J. v. Gierke, Die deutsche Hanse, 1918 sind nachweisbar, zudem die Dissertation von Laubinger. 5 Eichhorn, Deutsche Staats- und Rechtsgeschichte, 4  Bde., 1808–1823, hier wird im Nach­folgenden die fünfte Auflage zitiert. 6 Eichhorn, Deutsche Staats- und Rechtsgeschichte, Bd. 3, 5. Aufl., 1844, § 433. 7 Eichhorn, Rechtsgeschichte, Bd. 3, 1844, § 433 (S. 295): „Die Gesetzgebung für die Bundesangelegenheiten übten die verbundenen Städte, bald auf allgemeinen Hansetagen“; ähnlich Sartorius, Bund, Bd. 2, 1803, S. 32 ff.

I. Publikationen und Strukturen der Werke sowie ihre Autoren 

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„die Grundlage eines gemeinen Handelsrechts“8 an, insgesamt schrieb er aber in seinem vierbändigen Werk nur neun Seiten mit direktem Bezug zur Hanse. Wie aber bereits angedeutet, handelt es sich dabei noch um relativ betrachtet bedeutende Ausführungen zu dieser Zeit. In anderen juristischen Werken bis weit in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts hinein reichten den Autoren einige dürre Zeilen, um die Hanse oder die von ihr ausgehenden Rechtsnormen zu würdigen.9 Lediglich Otto von Gierke äußerte sich umfassend zur Hanse. Seine Ausführungen ähneln zwar teilweise denen von Sartorius10, allerdings ging er über diese doch in bedeutenden Aspekten hinaus, wenn er über die Hanse urteilte, „[s]ie regelte durch ihre Gesetzgebung, ihre Beliebungen und Statuten den gesammten Handels­ verkehr und schuf so das älteste gemeine Seerecht, eine Handelspolizei und die Anfänge eines gemeinen Handelsrechts“11. Eine Besonderheit war der Vortrag des Romanisten Goldschmidt, in dem er sich mit der Hanse beschäftigte.12 Seine Ausführungen sind aber denen von Sartorius entlehnt, zuweilen stellte er die Hanse strikter organisiert dar als es Sartorius tat.13 Spätestens mit dem Erscheinen von Hachs Werk über das alte Lübische Recht14 fand eine stärkere Auseinandersetzung mit den Auswirkungen des Lübischen Rechts auf die Hanse statt.15 Allerdings finden sich bei Hach nur wenige Andeutungen zu dieser Verschränkung16. Hachs Datierungen wurden später von Frens 8

Eichhorn, Rechtsgeschichte, Bd.  3, 1844, § 433 (S.  297), allerdings relativierte Eichhorn die Aussage, wenn er direkt danach ausführte, „eine umfassende Gesetzgebung über die rechtliche Natur der Handelsgeschäfte haben aber die Statuten des Bundes zu keiner Zeit zum Gegenstande gehabt“. 9 Falck erörterte in seinem Handbuch auch das Lübische Recht und merkte dazu an, dass das Stadtrecht durch „Beschlüsse der Hansetage“ geändert wurde, Falck, Handbuch des Schleswig-Holsteinischen Privatrechts, Bd. 1, 1825, S. 395, im zweiten Band bezeichnete er die Hanse als „aus alter Zeit das einzige Beispiel einer großen Handelsverbindung“, ders., Handbuch des Schleswig-Holsteinischen Privatrechts, Bd.  2, 1831, S.  496. Eine rechtliche Einordnung oder die Bestimmung der Rechtsnatur der Hanse lässt sich daraus nicht folgern. Bei Mittermaier erschien die Hanse als „innere große Verbindung“ und er führte aus, „[sie] erzeugte noch mehr gewisse gemeinschaftliche Ansichten über Handel, die als Norm von allen Handeltreibenden beobachtet wurden“, Mittermaier, Grundsätze des gemeinen deutschen Privatrechts mit Einschluß des Handels- Wechsel- und Seerechts, Bd. 2, 6. Aufl., 1843, § 530. Damit dürfte sich Mittermaier ähnlich wie Eichhorn für die Erzeugung von Rechtsgewohnheiten und weniger von niedergelegten Statuten ausgesprochen haben. 10 O .v. Gierke, Das deutsche Genossenschaftsrecht, Bd. 1, 1868, S. 473: Die „höchste Bundesgewalt [auf den Hansetagen lag] bei […] den […] durch ihre abgeordneten Rathmannen vertretenen Städten“, ähnlich Sartorius, Bund, Bd. 2, 1803, S. 32 ff. 11 O. v. Gierke, Genossenschaftsrecht, Bd. 1, 1868, S. 470. 12 Goldschmidt, Hansa, 1862, auch in den Preußischen Jahrbüchern, Bd. 9 (1862), S. 528–557. 13 Goldschmidt, Hansa, 1862, S. 24: Lübeck als „Vorort“, mit den übrigen wendischen Städten habe es einen „engeren Ausschuß“ gebildet, auf den Hansetagen habe die Mehrheitsentscheidung gegolten. 14 Hach, Das alte lübische Recht, 1839. 15 Dazu näher unten: D.II.3. 16 Einen eigenen Abschnitt widmete Hach diesem Aspekt nicht. In einer Fußnote äußerte er sich zu möglichen Übereinstimmungen zwischen dem Lübischen Recht und Bestimmun-

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dorff kritisiert17, dennoch war die Beschäftigung mit dem Lübischen Recht für die Forschung zum hansischen Recht wichtig. Auffällig ist aber, dass die Thesen über die Verbindung zwischen dem Lübischen Recht und der Hanse weniger von Monographien zum Lübischen Recht als vielmehr von Arbeiten mit anderem Fokus ausgingen.18 Paradigmatisch für die Vernachlässigung der Hanse in den allgemeinen Werken zur Rechtsgeschichte ist das Werk von Schröder aus dem Jahre 1920, das auf etwas weniger als einer Seite die Geschichte der Hanse zusammenfasst und dabei viele Erkenntnisse beiseitelässt, die die Hanseforschung in der Zwischenzeit erzielte.19 Dieser Befund könnte aber mit der Ausrichtung des Werkes als bloße Einführung zusammenhängen, da das größere Lehrbuch von Schröder/Künßberg erheblich umfangreichere Ausführungen enthält.20 Die Darstellung ist im letzteren Werk differenzierter, die Hanse wird als „Interessengemeinschaft“ beschrieben, wenngleich auch dort eine „feste Organisation“ durch die Greifswalder und Kölner Konföderationen angenommen wird. Bemerkenswert ist insbesondere,

gen der Hanserezesse und führte sie darauf zurück, „daß Lübeck damals wohl im Stande war, die Aufnahme seiner [Hervorhebung von Hach] Statute in die für alle verbündeten Städte gültigen Recesse zu bewirken“, Hach, Recht, 1839, S. 92 Fn. 1. Die Stelle könnte mit ihrer Bezugnahme auf „die für alle verbündeten Städte gültigen Recesse“ eine unmittelbare Wirkung der Rezesse andeuten, ist aber vage, da damit nicht gesagt ist, wie die Rezesse gegenüber den Bürgern galten. 17 Frensdorff, Das Lübische Recht nach seinen ältesten Formen, 1872. 18 Neben Hachs Werk finden sich beispielsweise die Dissertationen von Böttcher, Geschichte der Verbreitung des lübischen Rechtes, 1913 und Germann, Das Eindringen römischen Rechts in das lübische Privatrecht, 1933. Letztere enthält so gut wie keine Verbindungen zur Hanse; Böttcher hingegen betonte an einer Stelle die „Bedeutung [des] lübische[n] Recht[s] in den Vorstädten der wendischen Hansa“, Böttcher, Verbreitung, 1913, S. 96. Ge­ legentlich finden sich noch Monographien, die das geltende Lübische Recht behandeln und daher so gut als nichts über die Verbindung zur Hanse darlegen, beispielsweise Wilmowski, Lübisches Recht in Pommern, 1867 und Zelter, Das lübische Recht mit seinen Nebenstatuten und die pommersche Bauerordnung von 1764, 1892. 19 Schröder, Deutsche Rechtsgeschichte, 2.  Aufl., 1920, S.  129: Hanse ursprünglich „[zunft­a rtige] Organisationen“ einiger deutscher Kaufleute, daraus sei eine „Interessengemeinschaft zwischen den Städten“ gefolgt, verstärkt durch die Greifswalder und Kölner Konföderation. Dies habe „schließlich zu einem dauernden Hansebunde mit festgefügter bundesstaatlicher Organisation, die allerdings den Bundesgliedern den freiwilligen Austritt offen ließ“ geführt. Lübeck als Haupt, Hanse in vier Quartiere geteilt. „Die Bundesbeschlüsse (Rezesse) wurden auf den von Lübeck berufenen Hansetagen gefaßt, zu denen jede Stadt Ratsdeputierte entsandte, und waren auch für die unvertreten gebliebenen Bundesglieder verbindlich. Der Bund trat im internationalen Verkehr wie ein selbständiger Staat auf, er konnte mit ausländischen Staaten Kriege führen und Verträge schließen, hatte seine Bundesflotte und konnte eigene Heere aufstellen; er konnte Festungen anlegen und ganze Landgebiete erwerben. Seine Hauptaufgabe war die Förderung des Handelsverkehrs und die Wahrung der Handelsfreiheit für seine Mitglieder, sodann eine auf Handel und Schiffahrt bezügliche Gesetzgebung“. 20 Schröder/Künßberg, Lehrbuch der deutschen Rechtsgeschichte, 7. Aufl. (um einen Literatur-Nachtrag vermehrter Abdruck der 6. Aufl.), 1932, S. 703–706.

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dass im Werk von Schröder/Künßberg eine Einschränkung für die Mehrheits­ beschlüsse auf den Hansetagen gesetzt wurde.21 Indes schrieben auch sie der hansischen Verfassung einen „bundesstaatlichen Charakter“ zu.22 Eine Annahme, die durch die Struktur des Lehrbuches begünstigt sein könnte, da die Hanse im Rahmen der „Verfassung des deutschen Reiches und seiner Teile“ begutachtet wird.23 Julius von Gierke (1875–1960)24, Otto von Gierkes Sohn und Handels- sowie Versicherungsrechtler, hielt 1918 einen Vortrag über die deutsche Hanse.25 Der konservative J. v. Gierke nahm den Geburtstag Wilhelm II. zum Anlass, um über den nach seiner Einschätzung „Handelsverein“ Hanse zu sprechen.26 J. v. Gierke verwendete zwar moderne juristische Begriffe (Verein, Organe des Vereins,27 „selbstständiges Rechtssubjekt“, „Obereigentümer“, „korporative Verfassung“, „Körperschaft“, „eigenes Handels- und Schiffahrtsrecht“28), doch stritt er ausdrücklich den staatlichen Charakter ab.29 Der aktivste Rechtshistoriker mit Werken zur Hanse war Ferdinand Frensdorff,30 einer der Gründungsmitglieder des Hansischen Geschichtsvereins31. Dabei publizierte Frensdorff nie monographisch zur Hanse, einen Entwurf zur Verfassung der Hanse vollendete er nicht,32 aber seine Arbeiten über Stadtrechte und damit zusammenhängende Probleme streifen die hansische Rechtslandschaft. Ein 21 Zur Darstellung der hansischen Verfassung zu dieser Zeit siehe D.II.2. Die rechtshisto­ rischen Werke werden erwähnt bei D.II.2.a). 22 Schröder/Künßberg, Rechtsgeschichte, 1932, S. 705 f. 23 So die Überschrift des zweiten Kapitels in der dritten Periode „Das Mittelalter“. 24 Zu ihm: Koch, Gierke, Julius von, in: NDB, Bd. 6, 1964, S. 373–374. Zu seiner Göttinger Zeit, E. Schumann, Die Göttinger Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1933–1955, in: Eva Schumann (Hrsg.): Kontinuitäten und Zäsuren, 2008, S. 65 (74–76); F. L. Schäfer, Von der Genossenschaft zur Volksgemeinschaft, ZRG GA, Bd. 132 (2015), S. 370. Nach Aussage des Göttinger Professors Welzel habe W. Ebel mit J. v. Gierke Kontakt gepflegt, StA Hannover, H-VE/GÖ-St., Nr. 11490, Bl. 138. 25 J. v. Gierke, Hanse, 1918. 26 J. v. Gierke, Hanse, 1918, S. 27. 27 J. v. Gierke, Hanse, 1918, S. 25. 28 J. v. Gierke, Hanse, 1918, S. 27. 29 J. v. Gierke, Hanse, 1918, S. 27. 30 Ausführungen zu rechtlichen Aspekten der Hanse finden sich beispielsweise in: Frensdorff, Die beiden aeltesten hansischen Recesse, HGbll., Bd.  1 (1871), S.  11–53; ders., Formen, 1872; ders., Die Entstehung der Hanse, Nord und Süd, Bd. 4 (1878), S. 328–345; ders., Die Hanse zu Ausgang des Mittelalters, HGbll., Bd.  21 (1893), S.  75–101; ders., Verlöbnis und Eheschließung nach hansischen Rechts- und Geschichtsquellen, HGbll., Bd. 44 (1917), S. 291–350; ders., Verlöbnis und Eheschließung nach hansischen Rechts- und Geschichtsquellen, HGbll., Bd. 45 (1918), S. 1–126. 31 Meyer, Ferdinand Frensdorff, HGbll., Bd. 57 (1932), S. 3 (11). 32 Im Nachlass Frensdorffs (Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, Inventarnummer: Acc.  1931.4458) findet sich ein Entwurf über die „Verfassung der Hanse“ (Signatur:  Cod. Ms. F. Frensdorff  3:24,3). Er wird auf 1906 datiert und ist höchst fragmentarisch.

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interessanter Aspekt für die Verschränkung von hansischem Recht und Stadtrecht ist die mögliche Einwirkung der Hanserezesse auf das Bigamieverbot in den Städten, besonders in Lübeck.33 Ferdinand Frensdorff34 (1833–1931) wirkte lange und einflussreich in Göttingen, wo er schließlich verstarb. Er entstammte einer jüdischen Familie, konvertierte jedoch später zum Protestantismus. Diese Aspekte werden in den zeitgenössischen Nachrufen unterschlagen.35 Frensdorff studierte in Heidelberg und Göttingen. In Göttingen hörte er Thöl und konnte in seinem letzten Semester am Seminar von Waitz teilnehmen.36 Waitz war ebenfalls eine Zentralfigur in der Geschichte des Hansischen Geschichtsvereins,37 allerdings ist seine Deutsche Verfassungsgeschichte für die Hansegeschichte weitgehend nicht einschlägig, da das Werk mit der Mitte des 12. Jahrhunderts schließt. Göttingen blieb, trotz kurzzeitigen Aufenthalten in Berlin und Leipzig nach seiner Promotion,38 Frensdorffs wissenschaftliche Wirkungsstätte. Hier wurde er 1866 außerordentlicher und 1873 ordentlicher Professor. In monographischer Form befasste er sich mit dem Lübischen Recht 39, doch folgt daraus nichts für die Hanse. Die von der Monumenta Germaniae Historica geplante Abteilung für die Stadtrechte unter der Leitung von Frensdorff gelangte nicht zur Fertigstellung. Dieser Aspekt seines Lebens wurde noch bei seinem Tode besonders bedauert.40 Die nach seinem Tode veröffentlichten Nachrufe heben Frensdorffs Bedeutung für die rechtshistorische und allgemein historische Hanseforschung hervor.41 So umfangreich Frensdorffs Forschungen auch waren, für das hansische Recht lassen sich seine Arbeiten nur im beschränkten Maße nutzen. Dies mag im Allgemeinen daran liegen, dass Frensdorff als „Meister der philologischen Methode auf dem Felde der deutschen Rechtsgeschichte“42

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Frensdorff, Recesse, 1871, S. 39 ff.; ders., Verlöbnis II, 1918, S. 27 ff. Zu ihm: Eckhardt, Ferdinand Frensdorff, ZRG GA, Bd. 52 (1932), S. XI–XXVII; Meyer, Frensdorff, 1932; Bader, Frensdorff, Ferdinand, in: NDB, Bd. 5, 1961, S. 402; Oestmann, Ferdinand Frensdorff (1833–1931) Professor, in: Joachim Rückert/Jürgen Vortmann (Hrsg.): Niedersächsische Juristen, 2003, S. 252–258. 35 Oestmann, Frensdorff, 2003, S. 252. 36 Eckhardt, Frensdorff, 1932, S. XIII. 37 D. Schäfer, Aus den Anfangszeiten des Vereins, HGbll., Bd. 50 (1925), S. 1 (2 f.): Waitz „wurde […] naturgemäß der geistige Vater des Vereins“. 38 Eckhardt, Frensdorff, 1932, S. XIV. 39 Frensdorff, Die Stadt- und Gerichtsverfassung Lübecks im XII. und XIII. Jahrhundert, 1861. 40 Eckhardt, Frensdorff, 1932, S. XVIII. 41 Meyer schrieb, er habe erkennen müssen, „daß zu dessen [Frensdorffs] Lebzeiten Niemand, auch nicht die nächstberufenen gelehrten Körperschaften, die volle Bedeutung des Mannes erfaßt hatten“, Meyer, Frensdorff, 1932, S. 5. Dabei sah Meyer Frensdorff als „Bahnbrecher […] durch die Neuheit seiner Methode, die umfassender war als die aller Mitstrebenden“, ders., Frensdorff, 1932, S.  7. Beachtenswert auch mit welchen Worten Eckhardt seinen Nachruf einleitete: „Mit Ferdinand Frensdorff ist der Letzte aus der großen Zeit der Deutschen Rechtsgeschichte ins Grab gesunken. Nur wenige von uns Jüngeren haben den Nestor der deutschen Rechtswissenschaft persönlich gekannt“, Eckhardt, Frensdorff, 1932, S. XI. 42 So die Widmung in Meyer, Das Mühlhäuser Reichsrechtsbuch aus dem Anfang des dreizehnten Jahrhunderts, 1923 (in späteren Auflagen fehlt die Widmung). Die Widmung zitierte auch Eckhardt, Frensdorff, 1932, S. XV. 34

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galt und sich zudem mehr den Stadtrechten widmete, im Besonderen aber seinen Grund auch darin haben, dass Frensdorff in seinen Artikeln eher kleinere Probleme behandelte und nie  – wie beispielsweise W.  Ebel oder Rörig  – zu weitreichenden Theorien neigte. Trotzdem kann Frensdorff ein großer Einfluss auf die recht­liche Analyse der Hanse beigelegt werden. Er war einer der wenigen Juristen im Kreise der Hanseforschung seit der Mitte des 19. und zu Anfang des 20. Jahrhunderts, er war Gründungsmitglied des Hansischen Geschichtsvereins und seine Publikationstätigkeit galt von Anfang an im besonderen Maße dem Lübischen Recht. Frensdorff stellte die – auch im rechtlichen Bereich – travezentrische Sicht auf die Hanse 43 nie in Frage und verfestigte sie somit mindestens.44 Gleichwohl ist seine Methodik bemerkenswert. Nach Oestmann war für Frensdorff „[d]ie Frage nach dem Alter einer Rechtsquelle […] nämlich nicht eine Frage nach der Entstehung von Normen, sondern in erster Linie nach der Abfassung der überlieferten Urkunden“.45 Seine philologische Methode führte ihn zu „verschiedene[n] Bedeutungsinhalte[n] gleichbleibender Begriffe und [er] warnt[e] vor vereinheitlichenden Übersetzungen vielschichtiger Termini“.46 Damit hätte sich Frensdorff für grundlegende Fragen zum hansischen Recht geradezu angeboten. Indes hinderte ihn wohl sein „methodisches Selbstverständnis“, nach dem erst umfangreichende Quellenkenntnis die „Bearbeitung der Rechtszustände“ möglich mache,47 an weitgehenden Schlussfolgerungen über das hansische Recht als solches.

Schließlich sei die 1929 von Laubinger unter H. Mitteis verfasste Dissertation über die rechtliche Gestaltung der deutschen Hanse erwähnt.48 Laubinger orientierte sich dabei an den gängigen Werken der Geschichtswissenschaft, die zwischenzeitlich erschienen waren, stellte aber wenige spezifisch juristische Thesen zur Hanse auf. Die Hanse sei ihrer Rechtsnatur nach „wohl kein Bund“49 gewesen. Er folgte ebenfalls der im 19. Jahrhundert aufkommenden These, nach der Teile des hansischen Rechts, insbesondere das Seerecht, „als Vorgänger des späteren deutschen Handelsrechts anregend und fördernd gewirkt [haben]“50. Kurios mutet der Schluss der Arbeit an, in dem er – anscheinend ohne Vorbild, aber auch ohne

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Siehe D.II.3. Meyer begann seinen Nachruf mit den Worten: „Wie Lübeck den Vorrang in der Hanse, das lübische Recht die erste Stelle vor allen anderen Rechten längst der norddeutschen Seeküste inne hatte, so hatte der Mann, dessen wir heute gedenken, den Vorrang vor allen Kennern des lübischen Rechts und allen Forschern auf dem Gebiete der hansischen Rechtsgeschichte“, Meyer, Frensdorff, 1932, S. 3. Meyer zitierte zudem aus dem Habilitationsgesuch Frensdorffs die Gründe für die Wahl und das Ziel seines Habilitationswerkes über die Stadtund Gerichtsverfassung Lübecks im XII. und XIII. Jahrhundert: „Es war die teils hervorragende Bedeutung der Stadt Lübeck, die weite Verbreitung ihres Rechts, teils die Regelmäßigkeit ihrer verfassungsgeschichtlichen Entwicklung“, Frensdorffs Ziel war „an dem normalen Gebilde einen sichern Maßstab für die Beurtheilung von Verfassung und Recht andrer norddeutscher Städte zu gewinnen“, Meyer, Frensdorff, 1932, S. 9. 45 Oestmann, Frensdorff, 2003, S. 254. 46 Oestmann, Frensdorff, 2003, S. 255. 47 Oestmann, Frensdorff, 2003, S. 255. 48 Laubinger, Die rechtliche Gestaltung der deutschen Hanse, 1929. 49 Laubinger, Hanse, 1929, S. 59. 50 Laubinger, Hanse, 1929, S. 51. 44

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spätere Rezeption – die Hanse mit dem deutschen Städtetag von 1905 verglich.51 Soweit es überblickt werden kann, wurde die Arbeit nicht rezensiert.52 Obwohl die Hanse in den Kanon der deutschen Rechtsgeschichte Eingang fand und einige Rechtshistoriker Mitglieder des Hansischen Geschichtsvereins53 waren, blieben die Einflüsse der hansischen Geschichtswissenschaft auf die Rechtsgeschichte gering. In den Lehrbüchern überwog eine staatliche und häufig städtebündische Deutung der Hanse. Die meisten Ausführungen sind dabei sehr kurz und mög­ licherweise bereits deswegen nicht auf eine differenzierte Darstellung konzentriert. 2. Geschichtswissenschaft Die Geschichtswissenschaft des 19. Jahrhunderts entdeckte die Hanse sehr bald als interessantes Forschungsobjekt. Spätestens mit der Gründung des Hansischen Geschichtsvereins und der Herausgabe der Quellenpublikationen stieg die Publikationstätigkeit im Deutschen Reich rasant an. Rechtshistorische Aspekte traten immer mal wieder in den Blickpunkt der Forscher. Eine herausragende Bedeutung ist der zweiten Auflage von Sartorius’ Werk beizumessen.54 Sartorius überarbeitete darin die Geschichte der Hanse bis zum Jahre 1370 und druckte aus der Zeit stammende Urkunden ab. Im Vorwort legte der nach dem Tode Sartorius’ als Herausgeber eintretende Lappenberg dar, wie erweiterte Archivreisen Sartorius zu neuen Erkenntnissen leiteten.55 Diese Erkenntnisse erzielten das 19. Jahrhundert hindurch eine starke Wirkung. Die beiden wichtigsten Aspekte, denen unten näher nachzugehen sein wird56, sind einerseits die überarbeitete Entstehungsgeschichte der Hanse, die nun in der Vereinigung aus den im Ausland entstandenen Kaufmannsvereinen und den im Inland entstehenden Städtebünden gesehen wurde57, und andererseits die Betonung der Wichtigkeit des Lübischen Rechts für die Hanse58. Die erste These, nach der die Hanse zuerst aus den Kaufmannsvereinen des Auslands hervorgegangen sei, wurden von­ Lappenbergs Biographen ausschließlich ihm zugeschrieben.59 51

Laubinger, Hanse, 1929, S. 59 f. Bloße Erwähnung ohne Erörterung des Inhalts bei: Vogel, [Rezension zu] Jahresberichte für Deutsche Geschichte […] 8. Jg. 1932, HGbll., Bd. 60 (1935), S. 232 (234 f.). 53 Siehe zum Anteil der Juristen im Hansischen Geschichtsverein unten D. I.2. und F. I. 54 Sartorius/Lappenberg, Hanse, 1830. Der zweite Band enthält die Urkunden unter dem Titel: Sartorius, Hansisches Urkundenbuch und Urkundenverzeichniss bis zum J. 1370, nebst lithographischen Schriftproben und Siegeln, hrsg. v. Johann Martin Lappenberg, 1830. 55 Sartorius/Lappenberg, Hanse, 1830, S. VII f. 56 Siehe unten: D.II.2. und D.II.3. 57 Sartorius/Lappenberg, Hanse, 1830, S. XII, XXVI, XXXI. 58 Sartorius/Lappenberg, Hanse, 1830, S. XII, 23, 80 f. 59 Pauli, Lappenberg, Johann Martin, in: ADB, Bd. 17, 1883, S. 707 (710); Frensdorff, Lappenberg (Johann Martin), in: Johann Samuel Ersch/Johann Gottfried Gruber (Hrsg.): Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste, Sect. 2, Bd. 42, 1888, S. 112 (113); Postel, Lappenberg, Johann Martin, in: NDB, Bd. 13, 1982, S. 631 (631). 52

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Johann Martin Lappenberg60 (1794–1865) stammte aus Hamburg, wo er auch starb. Nach einem Medizinstudium ab 1813 in Edinburgh, das bei ihm die Leidenschaft für Großbritannien auslöste, studierte er 1815 Rechts- und Staatswissenschaften in Berlin. Er hörte dabei Eichhorn und Savigny, letzteren traf er als hamburgischer Ministerresident ab 1819 in Berlin wieder. Im Jahre 1816 verlegte er seinen Studienort nach Göttingen, wo er im selben Jahr den Doktorgrad beider Rechte erwarb. Für die hansische Forschung ist bedeutsam, dass Lappenberg im Jahre 1823 Archivar in Hamburg wurde und es über 40 Jahre lang blieb. Lappenberg konnte bemerkenswerterweise kein abgeschlossenes Geschichtsstudium aufweisen. Das Archiv, das sich zum Zeitpunkt von Lappenbergs Dienstantritt in beklagenswertem Zustand befand, wurde erst durch seine Tätigkeit erschlossen. Durch seine Arbeit trat er in Kontakt mit anderen Forschern, insbesondere mit Jacob Grimm, Pardessus und Sartorius. Die archivalische Forschung blieb das Fundament für die Arbeiten und Erkenntnisse Lappenbergs. Ein weiterer, in seiner Bedeutung weit über die Herausgabe der zweiten Auflage des Werks von Sartorius hinausgehender Impuls war die Anregung der Sammlung der hansischen Urkunden und Rezesse im Jahre 1859.61 Zwar konnte Lappenberg die Fertigstellung selbst nicht mehr erleben, aber bereits sein Antrag vor der historischen Commission bei der Königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften, die ebenfalls die Reichstagsakten herausgab, enthält eine Weichenstellung über die Rechtsförmigkeit der Hanserezesse, welche später zu beleuchten ist.62 Die Einordnung Lappenbergs als Historiker könnte angesichts seines juristischen Studiums zweifelhaft erscheinen. Es kann aber nicht verkannt werden, wie wenig sich Lappenberg juristischen Themen zuwandte und wie viel mehr seine Tätigkeit eine historische war. Die Zuordnungsproblematik stellt sich analog bei Heinrich Reincke, der zwar Professor der Geschichtswissenschaft war aber in der Rechtswissenschaft zuvor promoviert hatte.63

Nach dem Erscheinen des Werkes von Sartorius und Lappenberg lassen sich weitere monographische Bearbeitungen der Hanse nachweisen. Die Werke von Rauschnick64 und Barthold65, noch zu Zeiten des Deutschen Bundes erschienen, orientieren sich dabei an Sartorius und weichen in den rechtshistorischen Fragen nicht von ihm ab. Im Jahre 1870 erfolgten hingegen zwei denkwürdige Einschnitte, die die weitere Forschung zur Hanse prägen sollten. Einerseits die Gründung des Hansischen Geschichtsvereins und die damit verbundene Publikation der Hansischen Geschichtsblätter66 und andererseits die beginnende Publikation der Hanserezesse. Wissenschaftsgeschichtlich sind beide Momente relevant. Die Gründung des Hansischen 60

Neben den bereits genannten Werken über Lappenberg sei noch auf Postel, Johann Martin Lappenberg, 1972 verwiesen. 61 Lappenberg, Antrag, 1859. 62 Siehe unten: D. I.3. 63 Zu Reincke siehe E. I.2. 64 Rauschnick, Hanse, Bd. 1, 1831; ders., Geschichte der deutschen Hanse, Bd. 2, 1831. 65 Barthold, Geschichte der deutschen Hansa, Bd. 1, 1854; ders., Hansa, Bd. 2, 1854; ders., Geschichte der deutschen Hansa, Bd. 3, 1854. 66 Die Jahrgänge der Hansischen Geschichtsblätter waren nicht von Beginn an durchgängig nummeriert. Hier wird der Nummerierung der Jahrgänge gefolgt, wie sie der Hansische Geschichtsverein auf seiner Internetseite vornimmt. Dies führt indes zur doppelten Verwendung des 45. Jahrganges, 1918 und 1919.

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Geschichtsvereins eröffnete Forschern eine zentrale Anlaufstelle, um ihre Ergebnisse einerseits persönlich zu diskutieren,67 andererseits mittels seiner Publikationsorgane einem größeren Publikum zugänglich zu machen. Die Bedeutung des Vereins zeigt sich in seinen Mitgliedern68: Wilhelm Mantels, Georg Waitz, Ferdinand Frensdorff, Dietrich Schäfer, Karl Koppmann, Goswin von der Ropp, Konstantin Höhlbaum, Levin Goldschmidt69, Reinhold Pauli, Johann Heinrich Thöl70. Von den im ersten Mitgliederverzeichnis aufgeführten 300 Mitgliedern waren 28 Professoren, darunter sechs Juristen.71 Weiterhin ging vom Verein die Motivation für Dietrich Schäfer aus, eine Monographie über die Anfangs- und Blütezeit der Hanse zu verfassen.72 D. Schäfer wurde nie müde, die Bedeutung des Lübischen Rechts für die Entwicklung der Hanse herauszustellen.73 Wie bereits bemerkt und noch näher auszuführen, vertrat D. Schäfer diese These nicht zuerst. Seine Bedeutung liegt aber darin, diese These an vielen Stellen mit Nachdruck angeführt und sie damit populär gemacht zu haben. Dietrich Schäfer 74 (1845–1929) stammte aus einer alteingesessenen Schuhmacherfamilie, sein Vater war als Hafenarbeiter tätig. Nur mit Unterstützung eines Mäzens konnte D. Schäfer in Jena, Heidelberg und Göttingen Geschichtswissenschaft studieren. Er wurde im Dezember 1871 unter Waitz promoviert. Seine akademische Karriere begann er 1877 als außerordentlicher Professor in Jena, 1883 wurde er dort ordentlicher Professor. Es folgten Stationen in Breslau (1885), Tübingen (1888), Heidelberg (1896) und schließlich Berlin (1903), wo er bis zu seiner Emeritierung 1921 tätig blieb. 1903 wurde er zudem Vorsitzender des Hansischen Geschichtsvereins. D. Schäfers Bewertung ist heute häufig negativ. Seinen Schriften wird eine „[harte] und antisemitisch [getönte] Wendung“ attestiert75,

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Die bis heute stattfindenden Pfingsttagungen. Ein erstes allgemein zugängliches Mitgliederverzeichnis findet sich in Hansischer Geschichtsverein, Mitgliederverzeichniss, HGbll., Bd. 3 (1873), S. LX–LXVII. Die nachfolgenden Mitglieder sind alle bereits in diesem Verzeichnis erfasst. 69 Im Mitgliederverzeichnis als „Goldschmidt, C. L., Dr. Reichs-Oberh.-Ger.-Rath Leipzig“ verzeichnet. Zu diesem Zeitpunkt war Goldschmidt Rat am Reichsoberhandelsgericht in Leipzig. 70 Im Mitgliederverzeichnis als „Thöl, H., Dr. Geh. Justizrath, Professor […] Göttingen“ verzeichnet. 71 Carl Ludwig von Bar aus Breslau, Friedrich Georg von Bunge aus Gotha, Richard Wilhelm Dove aus Göttingen, Ferdinand Frensdorff aus Göttingen, Levin Goldschmidt aus Leipzig, Heinrich Thöl aus Göttingen. Siehe zum Vergleich die Daten von 1973 unten F. I., Text bei Fn. 2. 72 D. Schäfer, Die Hansestädte und König Waldemar von Dänemark, 1879, der Aufruf zum Preisausschreiben findet sich in Hansischer Geschichtsverein, Preisaufgabe, HGbll., Bd.  1 (1871), S. VIII–IX. Die Verkündung des Gewinns durch D. Schäfer in ders., Urtheil der Preisrichter, HGbll., Bd. 5 (1875), S. XXXII–XXXIV. 73 D. Schäfer, Hansestädte, 1879, S. 56, 78–81; ders., Die Hanse und ihre Handelspolitik, 1885; ders., Die Hanse, 1903, S. 18, 30. 74 Zu ihm: Pitz, Dietrich Schäfer als Hanseforscher, HGbll., Bd.  114 (1996), S.  141–166; Ackermann, Die Geburt des modernen Propagandakrieges im Ersten Weltkrieg, 2004; Ay, Schäfer, Johann Heinrich Dietrich, in: NDB, Bd. 22, 2005, S. 504–505. 75 Ay, Schäfer, 2005, S. 504. 68

I. Publikationen und Strukturen der Werke sowie ihre Autoren 

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seine politische Tätigkeit im Ersten Weltkrieg – unter anderem war er wie O. v. Gierke an der sogenannten Professorendenkschrift von 1915 beteiligt – und danach als Mitglied der DNVP soll die „politischen Überzeugungen der bürgerlichen Bildungsschicht in Deutschland in hohem Maße [beeinflusst haben] und [dazu beigetragen haben], daß viele ihrer Angehörigen die Weimarer Republik innerlich und auch offen ablehnten“76. In einer monographischen Abhandlung über D.  Schäfer stellte der Autor fest: „Schäfers Hansegeschichte ist politisch motiviert.“77 Pitz meinte zwar, dass D.  Schäfer sich „gelegentlich auf antisemitische Gedanken einließ, […] [aber] völkisches Rassedenken [blieb] bei ihm stets im Hintergrund, da er ausschließlich staatlich dachte“78 und er hielt für D. Schäfer fest, er habe „seine wissenschaftlichen Tätigkeiten innerhalb der Universität von denen in der politischen Öffentlichkeit getrennt“79. Ein Kernanliegen in D. Schäfers Geschichtsforschung war die Analyse des Staates und seines Einflusses auf die weiteren Aspekte des Lebens; der Kulturgeschichte konnte er nichts abgewinnen, da er eine Zersplitterung der Geschichtswissenschaft fürchtete.80 Inwieweit eine abschließende Bewertung des Wirkens D.  Schäfers unter Trennung seiner politischen Aktivitäten vorgenommen werden kann, kann nicht Gegenstand dieser Arbeit sein. D. Schäfers Thesen werden im Rahmen der Themenanalyse näher dargestellt werden. Bedeutend war D. Schäfers Einwirken auf den Hansischen Geschichtsverein, nachdem er 1903 dessen Vorsitzender wurde. Er wurde „der führende Kopf“81 und setzte sich „formal [für] die Bevorzugung von Darstellungen vor der Quellenforschung [ein]“82. Damit korrespondieren eine Vielzahl von Aufsätzen und anderen Veröffentlichungen, die die rechtliche Analyse der Hanse und die Ansichten zum hansischen Recht beeinflussten.83

3. Die Quellenpublikationen, ihre Herausgeber und Prämissen Mit der zweiten Auflage des Werkes von Sartorius wurde zugleich ein Urkundenbuch herausgegeben, das 40 Jahre lang seine Gültigkeit behalten sollte. Zwar regte Lappenberg bereits Ende der 1850er die Sammlung von hansischen Rezessen

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Ay, Schäfer, 2005, S. 504. Ackermann, Schäfer, 2004, S. 63. 78 Pitz, Schäfer, 1996, S. 157. 79 Pitz, Schäfer, 1996, S. 161. 80 Pitz, Schäfer, 1996, S. 146 f. 81 Pitz, Schäfer, 1996, S. 150. 82 Pitz, Schäfer, 1996, S. 151. 83 Kiesselbach, Grundlage und Bestandteile des ältesten Hamburgischen Schiffsrechts, HGbll., Bd. 28 (1900), S. 49–93; Simson, Die Organisation der Hanse in ihrem letzten Jahrhundert, HGbll., Bd. 34 (1907), S. 207–244; ders., Die Organisation der Hanse in ihrem letzten Jahrhundert, HGbll., Bd.  34 (1907), S.  381–438; Witte, Zur Erforschung der Germanisation unseres Ostens, HGbll., Bd.  35 (1908), S.  271–293; W.  Stein, Zur Entstehung und Bedeutung der Deutschen Hanse, HGbll., Bd. 38 (1911), S. 265–363; ders., Die Hansestädte, HGbll., Bd. 40 (1913), S. 233–294; Frensdorff, Verlöbnis I, 1917; ders., Verlöbnis II, 1918; W.  Bode, Hansische Bundesbestrebungen in der ersten Hälfte des 15.  Jhs., HGbll., Bd.  45 (1919), S. 173–246; Witte, Besiedlung des Ostens und Hanse, 1914; Vogel, Kurze Geschichte der Deutschen Hanse, 1915. 77

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und Urkunden an,84 doch sollte es bis 1870 dauern, ehe der erste Band der Hanserezesse85 erschien. Die Bedeutung dieser Veröffentlichungen kann kaum überschätzt werden. Erstmals wurden einem breiten, wissenschaftlich interessierten Publikum die Kern­ dokumente hansischer Geschichte präsentiert. Teilweise im vollen Wortlaut oder in Regestenform mit Nachweis der Fundstelle. Jede nachfolgende größere Publikation schöpfte aus diesem Fundus. Die tragenden Persönlichkeiten der Editionen waren (neben D.  Schäfer unter anderem) Karl Koppmann und Konstantin Höhlbaum. Sie waren beide stark von Waitz geprägt. Inwieweit daher die Editionsgrundsätze mehr auf Waitz als auf Koppmann zurückgeführt werden können, ist noch nicht untersucht, kann hier aber nicht geleistet werden.86 Karl Koppmann (1839–1905)87, dessen Vater Knochenhauer war, konnte sich erst spät dem Geschichtsstudium widmen. Das Studium in Göttingen (186388 –1866; für ein Semester Studium in Berlin) wurde geprägt von Waitz, den er Zeit seines Lebens hoch schätzte. Koppmann trat 1868 dem Verein für Hamburgische Geschichte bei, engagierte sich dort 1869–1872 im Vorstand und war ab 1874 ständiger Sekretär. Als Mitgründer des Hansischen Geschichtsvereins wurde er ab 1870 dessen ständiger Sekretär und betreute die von Frensdorff angeregten Hansischen Geschichtsblätter. Zudem gründete Koppmann 1875 den Verein für niederdeutsche Sprachforschung mit. 1884 nahm er eine Stelle im Rostocker Archiv an, die nach seiner Auffassung nur eine Zwischenstation bleiben sollte. Doch verblieb er bis zu seinem Tode in Rostock. Seine hohe Bedeutung für die hansische Wissenschaft zeigte sich noch 1904 als der von Koppmann geschriebenen Einleitung zum ersten Rezessband eine „wahrhaft [monumentale] Bedeutung für die hansische Geschichtsforschung“89 beigelegt wurde. Konstantin Höhlbaum (1849–1904)90, Sohn eines Kaufmanns aus Reval, wirkte vor allem durch die Herausgabe des Hansischen Urkundenbuchs auf die hansische Forschung ein. Höhlbaum studierte Geschichtswissenschaft kurzzeitig in Dorpat, wechselte dann aber nach Göttingen,91 wo er ebenfalls Schüler von Waitz war. 1871 wurde er in Göttingen promoviert, 1875 folgte die Habilitation für Geschichte. Waitz war es, der 1871 Höhlbaum für 84

Lappenberg, Antrag, 1859. HR I, 1, 1870. 86 Siehe zu den Verbindungen der Editoren zu Waitz das Schaubild im Anhang mit Erläuterungen. 87 Zu Koppmann: Bippen, Zum Andenken an Karl Koppmann, HGbll., Bd.  32 (1904), S. 11–23; Postel, Koppmann, Karl, in: NDB, Bd. 12, 1980, S. 578–579. 88 W. Ebel, Die Matrikel der Georg-August-Universität zu Göttingen, Bd. 2,1, 1974, S. 287: Matrikelnummer: 49184, Immatrikulation vom 16. April 1863. 89 Bippen, Koppmann, 1904, S. 14. 90 Zu Höhlbaum: Ropp, Konstantin Höhlbaum, HGbll., Bd. 31 (1903), S. 13–30; Leesch, Die deutschen Archivare, Bd. 2, 1992, S. 260. 91 W. Ebel, Matrikel, Bd. 2,1, 1974, S. 400, Matrikelnummer 53982, Immatrikulation vom 15. November 1872. Warum seine Immatrikulation nach seiner Promotion stattfand (er wird dort bereits als „Dr. phil. Höhlbaum, Konstantin“ geführt), kann aufgrund des Materials nicht nachvollzogen werden. 85

I. Publikationen und Strukturen der Werke sowie ihre Autoren 

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die Herausgabe des Hansischen Urkundenbuchs vorschlug. In Hamburg wurde Höhlbaum von Koppmann in die dazu nötige Arbeit eingeführt. Hier zeigt sich folglich die enge Verbundenheit der Herausgeber der bis heute wichtigen Editionen der Primärquellen. Abseits dieser Herausgeberschaft engagierte sich Höhlbaum vor allem in Köln, wo er 1880 zum Stadtarchivar ernannt wurde. Das Amt bekleidete er bis 1890. Er brachte das Archiv in eine neue Ordnung. Zudem veranlasste er die Zeitschriftengründung der Mitteilungen aus dem Stadtarchiv von Köln. 1890 wurde Höhlbaum als Professor für mittelalterliche Geschichte nach Gießen berufen, wo er schließlich 1904 verstarb. Als Vorstandsmitglied des Hansischen Geschichtsvereins wirkte er zudem auf seine Nachfolger in der Herausgeberschaft des Hansischen Urkundenbuchs (Kunze und W. Stein) ein. Die von Höhlbaum für das Urkundenbuch festgesetzten Grundsätze wurden dabei beibehalten.92

Die Einleitungen zu den Editionen sind es, die hier interessieren. In diesen wird nicht nur dargelegt, wo die Primärquellen vorgefunden wurden, sondern vor allem mit welcher Vorstellung von der Hanse die Editionen erstellt wurden. In rechtlicher Hinsicht ist auf einige Prämissen zu verweisen, die die Herausgeber machten und die heute nicht mehr unangefochten sind.93 Als eine bedeutende Weichenstellung ist es zu werten, dass die Ausgabe der Hanserezesse als „Seitenstück“94 zu den Reichstagsakten95 charakterisiert wurde und damit eine Rechtsförmigkeit der Rezesse zumindest suggeriert wurde, die es erst zu beweisen gälte.96 Zwar ging Koppmann nicht von einer unmittelbaren Geltung aus, aber indem er über den Rezess voranstellte, „[d]as Wort entspricht sowohl sprachlich wie der Bedeutung nach dem deutschen: Abschied“97, erlaubte er eine Fehldeutung dieses Ausdrucks. Allerdings stellte er auf derselben Seite klar, er wolle den Ausdruck Rezess im übertragenen Sinne auf das bloße Protokoll übertragen. Zudem gingen die Herausgeber von einem festen Städtebund aus.98 Wie zuweilen kritisiert99 zeigt sich dies in der Quellenauswahl. Indem Koppmann davon ausging, „der hansische Städteverein ist seinem eigentlichen Wesen nach ein Bund der deutschen Ostseestädte“100, kam er bei der Auswahl der aufzunehmenden städtischen Versammlungen dazu, solche die von „allgemein hansischer Natur waren oder unter den wendischen Städten stattfanden“101 zu wählen. Damit traf der Editor eine inhaltliche und damit bereits vorgreifende, interpretierende Entscheidung.102 92

Ropp, Höhlbaum, 1903, S. 21. Behrmann, Der lange Weg zum Rezeß, Frühmittelalterliche Studien, Bd. 36 (2003), S. 433– 467; Huang/Kypta, Ein neues Haus auf altem Fundament, HGbll., Bd. 129 (2011), S. 213–229. 94 HR I, 1, 1870, S. VIII (Vorwort von Waitz). 95 HR I, 1, 1870, S. XI. 96 Huang/Kypta, Rezesseditionen, 2011, S. 215–218, besonders S. 218. 97 HR I, 1, 1870, S. IX. 98 Dies erkannte auch Waitz, Ueber die Ausgabe der Hanserecesse, HGbll., Bd. 1 (1871), S. 165 (167). 99 Huang/Kypta, Rezesseditionen, 2011, S. 222–224. 100 HR I, 1, 1870, S. X. 101 HR I, 1, 1870, S. XI. 102 Huang/Kypta, Rezesseditionen, 2011, S. 223. 93

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Weitergehend nahm Höhlbaum eine „allgemein politische Bedeutung des Bundes“103 an. Ausgehend von der seit Sartorius und Lappenberg anerkannten hansischen Genesis aus Kaufmannsverbindungen im Ausland und Städtebündnissen im Inland wollte er sich vornehmlich den inländischen Städtebündnissen widmen.104 Er wollte den „Aeusserungen einer schrittweisen Annäherung […] gerecht […] werden“ und damit das „Wachsen der Bildungen darlegen“.105 Höhlbaum brachte damit offen zur Anschauung, dass er seine Edition vor einem bestimmten Hansebild erstellte. Letzthin mag den Editoren bei der Masse der Quellen keine andere Wahl geblieben sein als Material auszuwählen und dabei teilweise bloß Regesten zu verwenden. Indem indes die verfügbaren Urkunden geglättet und in eine ihnen nicht eigene Ordnung106 gebracht wurden107, suggeriert die Sammlung eine Festigkeit in hansischen Dingen, die zunächst zu beweisen wäre.

II. Themen Die Themen und Thesen, die in der Zeit bis 1933 behandelt wurden, beleuchten die rechtlichen Facetten in verschiedener Hinsicht. Auffällig ist hier, wie wenig Verbindungspunkte zu den umfangreichen Argumentationen von vor 1806 bestehen. 1. Die Rechtsnatur der Hanse Die Beiträge zur Rechtsnatur der Hanse müssen mindestens zweigeteilt betrachtet werden, nämlich einerseits für die Rechtswissenschaft und andererseits für die Geschichtswissenschaft. Die Jurisprudenz behandelte die Hanse im Rahmen ihres Lehrgebäudes und stufte sie häufig als städtebündische Erscheinung des Mittelalters ein.108 Inhaltliche Unterschiede lassen sich trotz des großen Zeitraums kaum ausmachen. Die Ausführungen der Lehrbücher sind häufig kurz und ergeben sich deduktiv aus 103

HUB I, 1876, S. VII. HUB I, 1876, S. X. 105 HUB I, 1876, S. XI. 106 Kritik bereits bei Waitz, Hanserecesse, 1871, S. 167: „die Unterscheidung von Anlagen, Beilagen, Anhang, ist mir nicht recht deutlich geworden“. 107 Huang/Kypta, Rezesseditionen, 2011, S. 223 f. 108 Exemplarisch Schröder/Künßberg, Rechtsgeschichte, 1932: Hanse behandelt im Abschnitt zum Mittelalter, zweites Kapitel: Die Verfassung des Deutschen Reiches und seiner Teile, § 51: Die Städte, dort bei den Städtebündnissen. Bereits bei Eichhorn, Rechtsgeschichte, Bd. 3, 1844: Dritte Periode, Zweiter Zeitraum 1272–1571, Allgemeine Geschichte, IV. Rechtszustand, B. Städtische Verfassung. 104

II. Themen

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der Einordnung in das zugrundeliegende System. Zudem erscheinen die Ausführungen zur Verfassung der Hanse stärker an die Wahl der Rechtsnatur gekoppelt. Eine städtebündische Erscheinung wie die Hanse habe eine feste Verfassung besessen, habe Mehrheitsbeschlüsse zu Lasten der Nichterschienenen fassen können und habe über ein eigenes Heer und eine eigene Flotte verfügt.109 Die Mehrheit der Autoren vertrat die städtebündische Erscheinungsform der Hanse.110 Abweichungen waren selten. O. v. Gierke behandelte die Hanse ausführlich in seinem epochalen Werk zum Genossenschaftsrecht. Nachdem er es verwarf, die Hanse in einzelne Bindungen aufzulösen, da „eine wirklich rechtshistorische Auffassung sich von einer so atomisierenden Erklärung unmöglich befriedigt fühlen [wird]“, definierte er die Hanse „als die Idee einer auf freier Einung beruhenden Genossenschaft aller handeltreibenden Gemeinwesen niederdeutschen Stammes und Rechts“111. Eine Einung habe nach O. v. Gierke „den letzten Grund ihres Verbundenseins im freien Willen der Verbundenen“112. Damit knüpfte O.  v.  Gierke an seine eigenen rechtlichen Kategorien an. Die Betonung des freien Willens ist bemerkenswert. Namentlich Rörig griff diesen Aspekt an und erlaubte damit eine Vereinnahmung der Hanse durch völkische Ideologie und nationalsozialistische Propaganda.113 Diese Vereinnahmung war bei O. v. Gierke gerade nicht angelegt, da seine eher individualistische Auffassung eine solche Vereinnahmung nicht hätte tragen können.114 Die Auswirkungen der Auffassungen O. v. Gierkes auf die Verfassung der Hanse werden später dargestellt.115 Hier bleibt festzuhalten, dass O. v. Gierke – seiner Stellung als Germanist treu bleibend – nicht an die oben angeführten Meinungen anknüpfte, die die Hanse eher nach gemeinrechtlichen Begriffen zu charakterisieren suchten. Sein Sohn, J. v. Gierke, ging fünf Jahrzehnte später einen anderen Weg. Seine Beschreibung mit modernen, vereinsrechtlichen Begriffen dürfte weniger einem anachronistischen Geschichtsverständnis, als der Art der Präsentation, ein Vortrag, geschuldet sein. Auch für ihn war die Hanse ein Städtebund.116 Dass er dabei 109

Einzelheiten unten D.II.2.a). Bund bei Goldschmidt, Hansa, 1862, S. 22; O. v. Gierke, Genossenschaftsrecht, Bd. 1, 1868, S. 469, 473 f.; Schröder, Rechtsgeschichte, 1920, S. 129; Rehme, Geschichte des Handelsrechtes, in: Victor Ehrenberg (Hrsg.): Handbuch des gesamten Handelsrechts, Bd. 1, 1913 (138); Amira, Grundriß des germanischen Rechts, 3. Aufl., 1913, S. 53; Schröder/Künßberg, Rechtsgeschichte, 1932, S. 705; Stadtbund oder Städtebund bei Frensdorff, Entstehung, 1878, S.  339, wenngleich Frensdorff dort relativierend feststellte, „die Einrichtungen [sind] nicht von der Sicherheit, Festigkeit und namentlich für uns nicht von der Erkennbarkeit […], welche unser Auge von modernen politischen Institutionen her gewohnt ist“. 111 O. v. Gierke, Genossenschaftsrecht, Bd. 1, 1868, S. 472. 112 O. v. Gierke, Genossenschaftsrecht, Bd. 1, 1868, S. 221. 113 Zu Rörig unten E. I.2.b) und zur Vereinnahmung E.II.2., E.II.3.a)bb) und E.III.2. 114 Allgemeine, kurze Anmerkungen zu O.  v.  Gierkes Rezeption im Nationalsozialismus: Oexle, Otto von Gierkes ‚Rechtsgeschichte der deutschen Genossenschaft‘, in: Notker Hammerstein (Hrsg.): Deutsche Geschichtswissenschaft um 1900, 1988, S. 193 (199). 115 Zu O. v. Gierkes Sicht der hansischen Verfassung unten: D.II.2.a). 116 J. v. Gierke, Hanse, 1918, S. 21. 110

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tatsächlich an eine starke Form des Zusammenschlusses dachte, zeigt seine Metapher „eines eisernen Ringes [der Städte], der sich um diese Gesamtheit [der Kaufleute zur Mitte des 14. Jahrhunderts] legte und sie zu einer festen Einheit zusammenstraffte“117. Dennoch machte er als einer der wenigen Juristen deutlich, dass die Hanse keinen staatlichen Charakter hatte und kein Heer oder Flotte besaß.118 Obwohl es sich um einen Vortrag handelt, der daher mit Vorsicht zu inter­ pretieren ist, und J.  v.  Gierke, soweit ersichtlich, weder davor noch danach zur Hanse publizierte, gibt es doch eine bemerkenswerte Stelle, die einen Dissens zur Geschichtswissenschaft andeutet. Er versagte der Hanse zwar die staatliche Qualität, doch wendete er sich deutlich gegen eine Deutung, in der die Hanse nur eine „Rechtsgemeinschaft in ihren Privilegien“ sei. Denn sie sei mehr, sie sei eine Körperschaft gewesen.119 Damit nahm er Bezug auf eine Urkunde, in der die Hanse als ein „corpus in eren privilegien“ bezeichnet wird.120 Diese Urkundenstelle veranlasste W. Stein wenige Jahre vor J. v. Gierkes Vortrag in einem Aufsatz in den Hansischen Geschichtsblättern zu einer Deutung über das Wesen der Hanse. Nachdem er einige Urkunden mit Einordnungen der Hanse zitierte, kam er zu dem Ergebnis, „[aus] diesen Äußerungen geht schon zur Genüge hervor, daß Versuche, die Bedeutung der Worte Bund, Verbund, Einung, Konföderation usw. zu pressen und sie nach ihrem landläufigen staatsrechtlichen Sinn zu verstehen, verfehlt sind. Diese Worte sind keine Termini technici“121. Er stellte wenig später fest, „[es] gibt in dieser Beziehung nur einen einzigen Terminus technicus: deutsche Hanse“122. Diese deutsche Hanse definierte er nun wohl an Anlehnung an obige Stelle als „eine Rechtsgemeinschaft in ihren auswärtigen Privilegien“123. Hier zeigt sich der Unterschied in den Wissenschaften. Die Geschichtswissenschaft war seit den Werken von Sartorius kaum noch an einer Begriffsbestimmung der hansischen Rechtsnatur interessiert. Der Begriff des Bundes blieb dem Ausdrucke nach zwar eine Zeitlang erhalten, aber mit Inhalt war er kaum gefüllt. Bereits die zweite Auflage des Werkes von Sartorius verzichtete auf den Ausdruck „Bund“ und setzte stattdessen „Verein“.124 In der Folge gingen weitere Autoren dazu über, die Bundesstruktur abzustreiten.125 117

J. v. Gierke, Hanse, 1918, S. 19. J. v. Gierke, Hanse, 1918, S. 27. 119 J. v. Gierke, Hanse, 1918, S. 27. 120 HR II, 7, 1892, S. VII. 121 W. Stein, Hansestädte, 1913, S. 267. 122 W. Stein, Hansestädte, 1913, S. 270. 123 W.  Stein, Hansestädte, 1913, S.  277. Der zitierte Artikel entstammt einer dreiteiligen Aufsatzreihe. Kurz zuvor hatte W. Stein als Reaktion auf eine Hansedeutung von Kiesselbach einen umfangreichen Artikel über Entstehung und Bedeutung der deutschen Hanse publiziert, ders., Entstehung, 1911. 124 Sartorius/Lappenberg, Hanse, 1830, S. 1. 125 Kein Bund oder jedenfalls nur mit Abschwächung bei Wurm, Hansa, 1862, S. 479; Berg, Lübecks Stellung in der Hanse bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts, 1889, S. 7; D. Schäfer, Hanse, 1903, S. 74; W. Bode, Bundesbestrebungen I, 1919, S. 175 f.; Laubinger, Hanse, 1929, S. 59. 118

II. Themen

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Der Grund für diese Diskrepanz dürfte einerseits in der intensiveren Beschäftigung mit der hansischen Verfassung liegen, die, je länger sie untersucht wurde, umso mehr dem Idealtypus einer starken Verfassung widersprach. Andererseits ging der Bundesbegriff in der Geschichtswissenschaft dahin, ein statischer Begriff mit den notwendigen Merkmalen Gründung und Gründungsurkunde zu sein. Für W. Bode setzte der Begriff des Bündnisses – auch im Mittelalter – eine „Ratifikation durch eine beglaubigte und besiegelte Urkunde“126 voraus, wie er in einem Aufsatz in der frühen Weimarer Republik schrieb. Seine Kritik galt vor allem den Ausführungen Koppmanns in den Einleitungen zu den Hanserezessen. W. Bode bestritt ein „rechtsgültiges Bündnis“, da die Hanse „des wesentlichen Merkmales eines Bundes, des ‚bestimmten Aktes‘“ entbehrt habe.127 Somit setzte ein Bund für ihn zwingend eine punktuelle Gründung voraus128, die aber  – nach mittlerweile allgemeiner Ansicht – bei der Hanse nicht gegeben war. Populär wurden daher Ausdrücke, die kaum rechtliche Implikationen aufwiesen, wie beispielsweise „Zweckverband“.129 2. Die Verfassung der Hanse a) Behauptungen einer festeren Verfassung Viele Autoren äußerten sich in ihren Arbeiten zur Verfassung der Hanse. Ausgangspunkt bildeten für viele die Ausführungen in der ersten oder zweiten Auflage des Werkes von Sartorius. Bemerkenswert ist die Tendenz einiger Autoren, die Verfassung der Hanse als stark und hierarchisch gegliedert darzustellen. Diese Tendenz lässt sich vorrangig in juristischen Werken nachweisen. Eine Ausnahme in der Geschichtswissenschaft bildet, soweit ersichtlich, nur das Werk von Rauschnick. Er behauptete für die Zeit nach der Gründung, die er in das 13. Jahrhundert legte, „[es] wurden feste Ordnungen und Gesetze nothwendig, […] eine geregelte Leitung der gemeinsamen Angelegenheiten und eine innigere Vereinigung der Genossenschaft [wurde] […] angenommen“130. Für das Ende des 13. Jahrhunderts meinte er, dass die Hanse als „eine geschlossene Körperschaft auftrat, [und] gewisse, allgemein geltende Gesetze entwarf“131. Der Akzent auf einer geregelten Leitung und auf der geschlossenen Körperschaft geht dabei über die Äuße­ rungen von Sartorius hinaus. Wird aber das Erscheinungsdatum im Jahre 1831 in Betracht gezogen, so kann angenommen werden, dass Rauschnick die Ergebnisse aus Sartorius’ zweiter Auflage noch nicht verwerten konnte. Ein Beweis kann

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W. Bode, Bundesbestrebungen I, 1919, S. 175. W. Bode, Bundesbestrebungen I, 1919, S. 175 f. 128 W. Bode, Bundesbestrebungen I, 1919, S. 174. 129 Vogel, Hanse, 1915, S. 6. 130 Rauschnick, Hanse, Bd. 1, 1831, S. 13 f. 131 Rauschnick, Hanse, Bd. 1, 1831, S. 15. 127

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anhand der vorliegenden Literatur nicht geführt werden, da Rauschnick die verwendete Literatur nicht nannte. Anders sieht es in juristischen Werken aus. Goldschmidt entwarf in seinem Vortrag von 1862, möglicherweise der Prägnanz der Darstellung geschuldet, das Bild einer hierarchisch strukturierten Hanse. Ausgehend von der Kölner Kon­ föderation, welche für ihn die „Hauptgrundlage des Bundes“132 darstellte, zeichnete er die Hanse als einen Bund, in dem Lübeck den Vorrang geführt habe und mittels Mehrheitsentscheidungen Beschlüsse gefasst worden seien.133 Allerdings bemerkte er auch, dass „die Verbindung der Städte eine äußerst lose“134 gewesen sei und die Mehrheitsbeschlüsse nicht von allen Mitgliedern gehalten worden seien.135 O. v. Gierkes Erörterung der hansischen Binnenrechtssätze ging ebenfalls von einer starken Verfassung aus. Zwar konnte er keine schriftliche Verfassung finden136, doch betonte er die Mehrheitsentscheidungen, die für ihn die Einordnung als „Gesammtheit“ und „Bund“ begründeten.137 Im zweiten Band sind die Ausführungen noch erheblich stärker. O. v. Gierke sah die Kaufleute und Städte in der Hanse „als die Glieder eines sie überragenden festen Bundes“138. Die Hanse war für ihn nun „[u]nbestritten […] [eine] staats- und völkerrechtliche Person“, die „ihren Gliedern als höhere und zwingende Einheitsmacht gegenüber [trat]“139. In neuerer Zeit wird vertreten, O.  v.  Gierke habe die Hanse nicht als Städtebund gesehen und dies wird damit begründet, er habe eine Bundeskasse für einen Städte­bund vorausgesetzt140. Dieser Interpretation von O.  v.  Gierke kann nicht gefolgt werden. Er deutete die Hanse als „Subject des Bundesrechts und der Bundes­gewalt“141. Richtig ist hingegen, dass er bei der Hanse sowohl Elemente einer „orga­nisierten Bundeskörperschaft“ und teilweise „Grundsätze einer bloßen Rechtsgemeinschaft“ sah.142 Daraus kann aber nicht ohne weiteres geschlossen werden, O.  v.  Gierke habe der Hanse den Status als Städtebund in seinem Verständnis abstreiten wollen. So behauptete er das „unbestrittene Recht zur

132

Goldschmidt, Hansa, 1862, S. 22. Goldschmidt, Hansa, 1862, S. 24. 134 Goldschmidt, Hansa, 1862, S. 25. 135 Goldschmidt, Hansa, 1862, S. 25. 136 O. v. Gierke, Genossenschaftsrecht, Bd. 1, 1868, S. 468. 137 O. v. Gierke, Genossenschaftsrecht, Bd. 1, 1868, S. 469, 473 f. 138 O. v. Gierke, Das deutsche Genossenschaftsrecht, Bd. 2, 1873, S. 836. 139 O. v. Gierke, Genossenschaftsrecht, Bd. 2, 1873, S. 836. 140 Distler, Städtebünde im deutschen Spätmittelalter, 2006, S. 156 f. 141 O. v. Gierke, Genossenschaftsrecht, Bd. 2, 1873, S. 836. Siehe auch S. 837: nachdem er sich zur Hanse äußerte, begann er einen neuen Absatz mit den Worten „Gleich den Städtebünden“. Zudem S. 841: „Die Städteboten auf den Tagfahrten der Hansa, der Eidgenossenschaft und vieler anderer Bünde“. 142 O. v. Gierke, Genossenschaftsrecht, Bd. 2, 1873, S. 839 ff. Insbesondere S. 844 Fn. 44; korporative Elemente: Gesetzgebungsgewalt S. 846; Judikative (auch für Hanse) S. 846. 133

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Ausschreibung von Bundes­steuern“ gerade auch für die Hanse, konnte nur keine gemein­same Kasse oder einen Haushalt der Hanse nachweisen.143 Er verneinte zwar, dass die Hanse bewegliches Eigentum gehabt habe144, gleichwohl habe die Hanse als solche Eigentum an den Grundstücken der Kontore besessen. Weiterhin behauptete er, die Hanse sei ein „nothwendige[s] und zwingende[s] Gemeinwesen“145 gewesen, dessen Existenz nicht mehr zur Disposition gestanden habe. „Von entscheidender Bedeutung“146 wertete O.  v.  Gierke darüber hinaus, wenn ein Bund – wie nach seiner Meinung die Hanse – in die inneren Angelegenheiten seiner Mitglieder eingreifen konnte. Weitere Juristen neigten ebenfalls zu stärkeren Deutungen der hansischen Verfassung. Amira bezeichnete die Hanse 1913 ohne nähere Erörterung als Bündnis147. Bei Schröder lässt sich nachlesen, es sei zu einem „dauernden Hansebunde mit festgefügter bundesstaatlicher Organisation, die allerdings den Bundesgliedern den freiwilligen Austritt offen ließ,“148 gekommen. Im größeren Lehrbuch von Schröder/Künßberg wird über die Gesetzgebung der Hanse ausgeführt: „Die Beschlüsse wurden in Rezessen [Verweis auf die Edition der Hanserezesse], niedergelegt; sie waren innerhalb der Bundeszuständigkeit auch für die ausgebliebenen Städte verbindlich“.149 Beachtenswert ist an dem größeren Lehrbuch von Schröder/Künßberg, dass – anders als im kleinen Buch von Schröder – die Verbindlichkeit der hansischen Beschlüsse für nicht anwesende Städte nur „innerhalb der Bundeszuständigkeit“ gesehen wurde.150 Damit nahmen die Autoren eine bedeutende Einschränkung vor, die allerdings kaum Beachtung fand. Für Rehme „war [die Hanse] ein Bund […] [zuerst] eine ziemlich lose Verbindung [aber] nach voller Entfaltung trotz der politischen Abhängigkeit seiner meisten Glieder ein als Gesamtheit vollkommen selbständiges Rechtssubjekt, das Landgebiet erwarb, Verträge auch mit fremden Staaten schloß, ein Heer und eine Flotte besaß“151. Wie Rehme auf die Annahme eines hansischen Heeres und einer hansischen Flotte gelangte, ist dunkel.152 Rehme ging davon aus, dass die Beschlüsse der Tag­

143

O. v. Gierke, Genossenschaftsrecht, Bd. 2, 1873, S. 848. O. v. Gierke, Genossenschaftsrecht, Bd. 2, 1873, S. 849. 145 O. v. Gierke, Genossenschaftsrecht, Bd. 2, 1873, S. 851. 146 O. v. Gierke, Genossenschaftsrecht, Bd. 2, 1873, S. 852. 147 Amira, Grundriß, 1913, S. 53: „Bündnisse, welche vom 13. Jahrh. an deutsche Städte unter sich und mit benachbarten Territorien eingingen“. Die Hanse subsumierte er wenige Zeilen später darunter. 148 Schröder, Rechtsgeschichte, 1920, S. 129. Zusammenfassung seiner Ausführungen oben: D. I.1. Fn. 19. 149 Schröder/Künßberg, Rechtsgeschichte, 1932, S. 706. 150 Schröder/Künßberg, Rechtsgeschichte, 1932, S. 706. 151 Rehme, Handelsrecht, 1913, S. 138. 152 Dies ist einer der wenigen kritisch beleuchteten Aspekte in der sonst positiven Rezension von Rörig, [Rezension zu] Rehme, Geschichte des Handelsrechts, ZVLGA, Bd. 18 (1916), S. 121 (122 Fn. 1). 144

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fahrten die nicht Anwesenden gebunden hätten.153 Eine Einschränkung fügte er nicht hinzu. Besonders die Ausführungen bei Schröder und Rehme sind wegen ihres Wider­ spruches zu den Ergebnissen der Geschichtswissenschaft bemerkenswert, insbesondere da sie am Ende des hier betrachteten Zeitraums erschienen. Da die Ausführungen aber offenbar nicht auf eigenen Quellenstudien beruhten – eigenständige Abhandlungen zur Hanse veröffentlichten diese Autoren nicht  – muss von einer Einfügung der Hanse in das eigene Lehrgebäude der Autoren ausgegangen werden. b) Annahme einer lockeren Verfassung Die Verfassung der Hanse wurde namentlich in der Geschichtswissenschaft immer schwächer interpretiert. Diese Entwicklung begann bereits mit der zweiten Auflage des Werkes von Sartorius. Das Werk weist eine Anknüpfung der Verfassung an die Kölner Konföderation zurück,154 allerdings konzentriert es sich hauptsächlich auf eine negative Bestimmung. Die Bearbeitung zeigt auf, worin die Verfassung nicht gesehen werden kann, eine positive Bestimmung fehlt fast völlig. Lediglich auf wenigen Seiten folgen Ausführungen, die eine deutliche Abschwächung gegenüber der ersten Auflage bedeuten. So wird zwar die „höchste Bundesgewalt“ weiterhin auf den Hansetagen gesucht, aber nur, „wenn man unserer Ausdrücke sich bedienen darf“155. Das Mehrheitsprinzip sei zwar eingeführt worden aber doch kaum gehalten worden.156 Die Probleme bei der Beitreibung von Pfundzöllen und ähnliche Probleme „[hätten] durch eine festere, einheitsvollere Gewalt und Verwaltung allein […] gehoben werden können: daran fehlte es eben“157. Am Ende des Kapitels werden die Leistungen der Hanse gewürdigt trotz „der unvollkommensten Verfassung“158. Von da an lässt sich eine Verfassungserörterung ausmachen, die die fehlenden hierarchischen Züge betont.159 Spätestens mit der Veröffentlichung von D. Schäfers Werk über die Hanse 1903 herrschte die Auffassung von einer schwachen Verfassung vor. D. Schäfer stellte im Rahmen über die Erhebung des Pfundzolls 153

Rehme, Handelsrecht, 1913, S. 138. Sartorius/Lappenberg, Hanse, 1830, S. 67 f., 70, 72. 155 Sartorius/Lappenberg, Hanse, 1830, S. 88. 156 Sartorius/Lappenberg, Hanse, 1830, S. 88 f. 157 Sartorius/Lappenberg, Hanse, 1830, S. 94. 158 Sartorius/Lappenberg, Hanse, 1830, S. 96. 159 Falke, Die Hansa als deutsche See- und Handelsmacht, 1860, S. 148: „zu große Anzahl gleichberechtigter Glieder“. Wurm, Hansa, 1862, S. 479: schrieb zwar von einem Bund, aber ein „permanenter, enggeschlossener Bund [erschien] ebendeshalb nicht […], weil er nicht in solcher Form abgeschlossen war“. Sehr deutlich auch Berg, der die Hanse bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts beschrieb: „Bei diesem Mangel jeder Organisation ist es klar, dass die Vereinigung der Städte als Bund nicht betrachtet werden darf“, Berg, Lübeck, 1889, S. 7. 154

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fest, „daß der Bund der Städte ein Staatenbund in modernem Sinne nicht war“.160 Besonders deutlich stellte er sich – womöglich unbewusst – gegen O. v. Gierke, indem er schrieb: „Moderne Vorstellungen von staats- und völkerrechtlichen Bildungen sind auf die Hanse schlechterdings nicht anwendbar“.161 Dabei fällt zwar die häufige Verwendung des Ausdrucks „Bund“ auf, doch war dies bloß eine idealtypische Folie, um die Hanse mit modernen Erscheinungen zu vergleichen. Es kann nicht behauptet werden, dass die Hanse von diesen Autoren als Bund in irgendeinem technischen Sinne angesehen wurde. Typisch sind daher die Feststellungen wie bei D. Schäfer oder Lindner, die Bundesfinanzen, Bundeskasse, Bundesbeamte oder andere Eigenschaften für die sogenannte Blütezeit der Hanse nicht nachweisen können.162 Selbst wenn Autoren den Hansetag ansprachen als „das oberste beschliessende Organ in der Hanse“163, so müssen diese Aussagen im Kontext der weiteren Untersuchungen interpretiert werden. Denn die Probleme der beschränkten Vollmachten und eines fehlenden Mehrheitsbeschlusses waren zu Beginn des 20. Jahrhunderts bekannt.164 Lübeck erschien den Autoren weiterhin als vorsitzende Stadt, die Beschlüsse hätten die Nichtanwesenden gebunden, aber die Durchsetzung von Beschlüssen sei problemträchtig gewesen, lediglich das gemeinsame Interesse habe die Hanse zusammengehalten.165 Aufgrund der politischen Perspektive der Forscher knüpften ihre Verfassungsbeschreibungen an die Zeit ab der Mitte des 14. Jahrhunderts an. Trotz des Fokus auf die militärischen Aktionen gegen Dänemark führte dies nicht dazu, die Hanse als einen strikt organisierten Bund zu deuten. Exemplarisch ist die Darstellung bei Vogel, erschienen im 1. Weltkrieg. Zwar sei der „Zweckverband der Städte“ durch die Auseinandersetzungen mit Flandern und Dänemark dauerhaft etabliert worden.166 Aber eine Bundesverfassung habe es nicht geben können, „weil sie [die Hanse] eben kein Bund war“.167 Es lag diesen Autoren daher fern, die Hanse als einen strikt organisierten Bund zu werten, obwohl der Ausdruck als solcher länger benutzt wurde. Daraus resul 160

D. Schäfer, Hanse, 1903, S. 68. Auch S. 74: „Die Wandlung [Hanse als ‚Vertreterin der deutschen Interessen zur See‘] hat sich vollzogen, ohne daß die Organisation einen vertragsmäßig, urkundlich gesicherten Fortschritt gemacht hätte. Die Kölner Konföderation ist alles andere eher als eine moderne Bundesakte, und doch ist sie das Höchste, was in der Richtung eines formellen Zusammenschlusses je erreicht worden ist. […] Die Kölner Konföderation enthält keinerlei organisatorische Bestimmungen[.] […] Auch später hat sich nie etwas ent­ wickelt, was einer vereinbarten Bundesverfassung auch nur ähnlich sähe. Die hansischen Statuten von 1417 können als solche nicht bezeichnet werden“. 161 D. Schäfer, Hanse, 1903, S. 78. Zu der Stelle bei O. v. Gierke siehe D.II.2.a), Text bei Fn. 139. 162 Lindner, Die deutsche Hanse, 1899, S. 101; D. Schäfer, Hanse, 1903, S. 77. 163 Simson, Organisation I, 1907, S. 232. 164 Simson, Organisation I, 1907, S. 234 f. 165 So beispielhaft bei Lindner, Hanse, 1899, S. 102 f. 166 Vogel, Hanse, 1915, S. 45. 167 Vogel, Hanse, 1915, S. 62.

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tierte, so soll hier angenommen werden, eine Zurückhaltung, die hansischen Statuten als Vorläufer eines deutschen Handelsrechts zu interpretieren, wie es in der Rechtswissenschaft zuweilen der Fall war. Vielmehr rückten die Stadtrechte und, wegen der herausgehobenen Rolle Lübecks in der hansischen Geschichtsschreibung, insbesondere das Lübische Recht in den Blickpunkt für Fragen des hansischen Rechts. 3. Die Interpretation des Lübischen Rechts Für die vorangegangene Epoche wurde eine strikte Trennung zwischen den Stadtrechten, insbesondere dem Lübischen Recht, und der Hanse ausgemacht. Eine derartige Trennung lässt sich für die jetzt darzustellende Epoche nicht nachweisen. Gleichwohl lässt sich eine Abstufung in der Bewertung des Lübischen Rechts für die Hanse aufzeigen. a) Gleichsetzung von Lübischem Recht mit hansischem Recht Einige Autoren legten dem Lübischen Recht einen „hansischen Charakter“ bei oder implizierten eine weitgehende Gleichsetzung von Lübischem und hansischem Recht. Allerdings muss einschränkend hinzugefügt werden, dass diese Fundstellen möglicherweise eher sprachliche Ungenauigkeiten aufweisen. Soweit ersichtlich, ließ sich kein namhafter Autor zu der These verleiten, alle mit der Hanse verbundenen Rechtssätze seien von Lübeck gesetzt oder ausschließlich vom Lübischen Recht beeinflusst worden. Es war zudem allgemein bekannt, dass die Hanse selbst einige Normen fixiert hatte und diese Erkenntnis wurde von keinem Autor durch eine Ersetzung der hansischen Normen mit Lübischem Recht bestritten. In Hachs Werk zum Lübischen Recht finden sich, wie bereits bemerkt168, nur wenige Ausführungen zur Hanse. Lediglich in einer Fußnote merkte er an, dass Übereinstimmungen von „Hanseatischen Beschlüssen“ und Lübischem Recht auf die Macht Lübecks zurückzuführen seien, das Lübische Recht in der Hanse durchzusetzen.169 Hach setzte damit die Fähigkeit Lübecks voraus, seine Rechtssätze, ohne wesentliche Änderungen, der Hanse und damit den anderen Städten aufzuerlegen. Hierbei ist aber zu bedenken, dass die Annahme von der Transformation der auf den Hansetagen beschlossenen Regelungen in Stadtrecht noch keine allgemeine Meinung war.170 Hach nahm dabei anscheinend die frühe hansische Geschichte in den Blick, da er Handschriften des Lübischen Rechts aus dem 13. und 14. Jahrhundert behandelte.

168

Oben D. I.1., Text bei Fn. 14. Hach, Recht, 1839, S. 92 Fn. 1. 170 Dazu siehe: Pitz, Bürgereinung, 2001, S. 229 f., 414. 169

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Die wichtigste Stelle findet sich in der Einleitung zum Hansischen Urkundenbuch von Höhlbaum, wenige Jahre nach der Reichsgründung erschienen. Er betonte die Wichtigkeit des Lübischen Rechts für die hansische Geschichte und meinte, „das lübische Recht und seine Geschichte tragen einen unverkennbar hansischen Charakter. Sein Besitz erscheint sogar als der Inbegriff hansischer Gerechtsame, wie die Urkunden und Briefe der Zeit ausdrücklich bezeugen“.171 Diese Stelle ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. Höhlbaum postulierte einen „unverkennbar hansischen Charakter“ des Lübischen Rechts und seiner Geschichte. Woraus dieser hansische Charakter folgen sollte, ließ er offen. Zudem blieb unklar, ob dem Lübischen Recht in Gänze oder nur in Teilen und zu welchen Zeiten dem Lübischen Recht ein hansischer Charakter innewohnte. Wahrscheinlich trafen in dieser Formulierung mehrere Beobachtungen zusammen. Erstens die Wirkung des hansischen Seerechts im 17. Jahrhundert, welches an Stelle des Lübischen Seerechts beispielsweise bei Mevius gedruckt und kommentiert wurde. Zweitens die herausgehobene Stellung Lübecks in der hansischen Geschichte, die in jeder Abhandlung über die Hanse zu Tage tritt. Schließlich drittens die Interpretation einer Urkunde eines angeblich hansischen Rezesses aus dem 13.  Jahrhundert. Dieser Urkunde legte die Forschung eine zentrale Bedeutung bei. Bereits in der Einleitung des ersten Bandes der Hanserezesse angesprochen172 und spätestens seit 1830 öffentlich zugänglich173, geht sie von einer Geltung „in subsidium omnium mer­ catorum, qui jure Lubicensi gaudent et reguntur“174 aus. Die Urkunde stammt aus dem Jahre 1264. Ob ihr Wortlaut alleine für die Annahme der Thesen Höhlbaums hinreichen könnte, hätte der näheren Begründung bedurft.175 Höhlbaum bescheinigte dieser Urkunde lediglich eine „Bedeutung“, worin genau diese liegen soll, ließ er offen. Wissenschaftsgeschichtlich ist die Konjunktur dieser Urkunde bedeutsam. Es finden sich immer wieder Bezugnahmen auf gerade diese Urkunde.176 Die Auswertung der im Band verzeichneten Urkunden erhellt die Bedeutung des Lübischen Rechts für die Hanse ebenfalls nur unzureichend. Im Ortsregister verzeichnete Höhlbaum zwar ausdrücklich das Lübische Recht, gleichwohl beziehen sich fast alle Urkunden lediglich auf die Verleihung des Lübischen Rechts an verschiedene Städte. Die Formulierung vom hansischen Charakter des Lübischen Rechts griff­ Daenell noch 1906 auf, der indes weitere Stadtrechte in seine Beobachtung mit 171

HUB I, 1876, S. XIII. Vollständiges Zitat bei D.II.3.b)aa) Fn. 200. HR I, 1, 1870, S. XXXIII. 173 Sartorius, Urkundenbuch, 1830, S. 120 f. dort unter der Nummer XLIVb abgedruckt und bereits mit der Erläuterung, sie gelte für alle Kaufleute Lübischen Rechts. Der Buchstabenzusatz baut eine Verbindung zur vorangestellten Urkunde von 1281 auf, die Entstehung der Urkunde wird in diese Zeit oder das vorangegangene Jahrzehnt gesetzt, ders., Urkundenbuch, 1830, S. 120 Fn. 1. 174 HR I, 1, 1870, n. 7. 175 Dazu auch Behrmann, Rezeß, 2003, S. 438 f. 176 Siehe D.II.3.b)aa), Text bei Fn. 198, 205; D.II.3.b)bb), Text bei Fn. 232; D.III.3., Text bei Fn. 392; E.II.3.a)bb), Text bei Fn. 275; F.II.3.b), Text bei Fn. 234. 172

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aufnahm.177 Doch zeigt sich bei ihm, dass der hansische Charakter hier auf die Durchsetzung von hansischen Normen abzielt. Weil viele Städte ähnliche Rechtszustände aufgewiesen hätten, habe die Hanse leichter eine Vereinheitlichung anstreben können. Bemerkenswert ist daran vor allem die Konzentration auf die Rechte der Städte und nicht auf ein Recht der Hanse. Für den Beginn des 20. Jahrhunderts lässt sich eine Gleichsetzung von Lübischem und hansischem Recht nur selten nachweisen. Allgemeiner gewendet findet sich eine Gleichsetzung von städtischem Recht und hansischem Recht bei den Juristen Frensdorff und Planitz. Frensdorff behandelte in zwei umfangreichen Aufsätzen Verlöbnis und Eheschließung nach hansischen Rechts- und Geschichtsquellen178. Die zitierten Rechtsquellen entstammen den Stadtrechten. Implizit nahm Frensdorff damit eine Übereinstimmung der einzelnen Stadtrechte zu einem hansischen Recht an.179 Deutlicher formulierte Planitz in seinem Vortrag Mitte der 1920er Jahre zum hansischen Handels- und Verkehrsrecht.180 Planitz begann seine Ausführungen mit der Annahme, für ein hansisches Handels- und Verkehrsrecht kommt „abgesehen von den wenigen Fällen, in denen Hanserezesse eingriffen, natürlich nur das Recht der einzelnen Hansestädte in Betracht; doch hat der Handelsverkehr hier eine starke Angleichung gebracht“.181 Soweit ersichtlich, ist die These in dieser Form ohne Vorgänger. Zwar behauptete Planitz, „das hansische Recht [wurde] von Frensdorff, Rehme, Silberschmidt, Schmidt-Rimpler [angebaut]“182, doch lieferte er dafür kaum Nachweise.183 In seinem Vortrag stellte Planitz verschiedene Ver 177 Daenell, Blütezeit, Bd. 2, 1906, S. 332: „Recht zu weisen, Urteile zu fällen unter ihren zahlreichen Mitgliedern wurde der Hanse wesentlich erleichtert dadurch, daß bestimmte gleiche Rechtsnormen in weiten Gebieten ihres Bereichs herrschend waren. Das war vor allem das Recht Lübecks sowohl durch seine eigene weite Verbreitung nach dem Osten hin als auch durch seine enge Verwandtschaft mit dem in zahlreichen westfälischen Städten herrschenden Recht von Soest, dann das Recht Magdeburgs mit seiner Verbreitung über viele Hansestädte östlich der Elbe, doch auch über Stendal, Halle u. a., auch das Recht Dortmunds, das in der Mehrzahl der westfälischen Städte, in Wesel und anderen Rheinstädten Anerkennung besaß. Auch für die Ausbildung, Aufnahme und Verbreitung allgemeingültiger Satzungen und Vereinbarungen der Hanse see- und handelsrechtlichen und beliebigen anderen Charakters darf die Wichtigkeit dieser Rechtsverhältnisse nicht gering veranschlagt werden. Man kann wohl sagen, daß diesen drei Rechten, insbesondere dem lübischen, ein hansischer Charakter innewohnt“. 178 Frensdorff, Verlöbnis I, 1917; ders., Verlöbnis II, 1918. 179 Ausdrücklich formulierte Frensdorff diese Annahme nicht. Es mag daher eine Hypothese bleiben. Anhaltspunkte lassen sich lediglich gelegentlich finden, zum Beispiel: „Die hansischen Rechte [Plural!] treten dem mit selbstständigen Aussprüchen an die Seite. Hamburg erklärt […]“, Frensdorff, Verlöbnis II, 1918, S. 37. 180 Planitz, Über hansisches Handels- und Verkehrsrecht, HGbll., Bd. 51 (1926), S. 1–27. 181 Planitz, Handelsrecht, 1926, S.  2. Auch S.  3: „Doch zeigt das spätere hansische, ins­ besondere das lübische Recht […]“. 182 Planitz, Handelsrecht, 1926, S. 1. 183 Er zitierte Frensdorff gar nicht. Ein Werk von Rehme wurde oben angesprochen, Rehme, Handelsrecht, 1913. Die Werke von Silberschmidt und Schmidt-Rimpler behandelt Cordes, Gesellschaftshandel, 1998, S. 23–25, 41–44.

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tragsformen wie den Kauf anhand von unterschiedlichen Stadtrechten dar, bloß gelegentlich zitierte er Hanserezesse.184 Eine Begründung für seine Vorgehensweise gab Planitz nicht. Die Stadtrechte bleiben im Rahmen dieses Ansatzes nicht isoliert, sondern werden einer zeitlich und örtlich vergleichenden Betrachtung unterzogen.185 Zur Zeit des Vortrags hatte die travezentrische Hanseforschung durch Rörig bereits begonnen. Ob und inwieweit Planitz allerdings von diesem Ansatz beeinflusst wurde,186 kann nicht mit letzter Sicherheit festgestellt werden. Alles in allem blieben Planitz’ Vorgehen und seine Thesen singulär. In Planitz’ Vortrag deutet sich gleichwohl seine Annahme einer rechtlichen Vereinheitlichung durch die Kaufmannschaft an, die später noch erwähnt wird.187 Obwohl somit Juristen die Verschränkung von Lübischem und hansischem Recht in einzelnen Beiträgen behandelten, schweigen die Lehrbücher zu diesem Aspekt. Die Hanse war zwar im System der Deutschen Rechtsgeschichte ein städtisches Phänomen und die Übertragungen der Stadtrechte waren bekannt, doch eine Verbindung wurde, soweit ersichtlich, nicht hergestellt. Daher sollte die von W. Ebel für frühere Autoren behauptete „Gleichsetzung“ von hansestädtischem mit hansischem Recht188 vorsichtig betrachtet werden. Soweit ersichtlich, vertrat kein Autor diese pauschale Gleichsetzung. Wenn in der Geschichtswissenschaft, namentlich von Höhlbaum, eine derartige Interpretation möglicherweise vorgenommen wurde, so kann doch nicht verkannt werden, dass die Betonung des Lübischen Rechts, insbesondere sein „hansischer Charakter“, nur ein Aspekt unter vielen war. Planitz’ Vortrag ist ebenso vorsichtig einzuordnen. Die Vortragsform bedingt eine Ausrichtung auf das Publikum und ist zudem notwendig verkürzend. Seine Monographien greifen die vermeintliche Gleich­ setzung nicht wieder auf. Indes schwingt auch in diesen Arbeiten die marktrechtliche Genesis des Stadtrechts mit, die hier als bedeutende Prämisse für das hansische Recht gewertet wird, wie noch zu zeigen ist.

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Hanserezesse zitierte er bei Planitz, Handelsrecht, 1926, S. 4, 5, 18. Zu Planitz’ Methode siehe unten näher: D.III.3. 186 Planitz, Die deutsche Stadt im Mittelalter, 1954, S. 142. Lediglich bei allgemeinen Ausführungen zum Ursprung der Hanse (S. 156) zitierte er Werke von Rörig. In Planitz’ Lehrbuch zur Rechtsgeschichte offenbarte er eine Nähe zu der Interpretation der Hanse durch die Rechtsgeschichte: ders., Germanische Rechtsgeschichte, 3.  Aufl., 1944, S.  192: Hanse als Städtebund, „Bundesorganisation“ seit Versammlungen von Greifswald und Köln, Hanse habe eine „bundesstaatliche Verfassung […] eigene Kriegführung, Heer und Flotte“ gehabt. Gleichwohl führte Planitz verschiedene Werke von Rörig an. In der zweiten Auflage der nun Deutschen Rechtsgeschichte finden sich die Ausführungen wortgleich. Statt „Hansa“ ist „Hanse“ gesetzt und die Literaturangaben sind leicht erweitert, Eckhardt/Planitz, Deutsche Rechtsgeschichte, 2.  Aufl., 1961, S.  198. Gleichwohl übernahm Planitz in seiner Germanischen Rechtsgeschichte die Grundthesen von Rörigs Reichssymbolik, dazu unten E.II.2.b), Text bei Fn. 244. 187 Siehe E.III.3. 188 W. Ebel, Begriff I, 1949, S. 2. 185

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b) Das Lübische Recht als Faktor der Hansegeschichte Statt einer Gleichsetzung des Lübischen mit dem hansischen Recht kann eine abgeschwächte Verschränkung nachgewiesen werden. Die Geschichte Lübecks und des wendischen Städtebunds wurde sehr eng mit der Geschichte der Hanse verbunden. Diese heute als travezentrisch kritisierte Ausrichtung der Forschung189 baute auch Bezüge zwischen der hansischen Geschichte und dem Lübischen Recht auf. Das Lübische Recht galt als ein Faktor für den Zusammenhalt des wendischen Städtebunds und damit als Pfeiler im hansischen Fundament. aa) Ursprung dieser These Ein einzelnes Werk als Genesis dieser Annahme herauszustellen ist ein ge­ wagtes Unterfangen. Dies hängt bereits mit der dann erhobenen Prämisse zusammen, Wissen und Argumentationsstränge gründeten sich notwendig auf dieses Werk und waren nicht durch andere Medien beeinflusst. Beispielsweise wäre es möglich, dass die hier darzustellenden Zusammenhänge bereits vor Publizierung wissenschaftliches Allgemeingut wurden, weil sie in privater Korrespondenz oder Versammlungen erarbeitet wurden. Eine solche Entstehung ließe sich kaum rekonstruieren. Jedenfalls wäre dann die hier unterstellte Annahme ungenau. Daher muss die Annahme, die Akzentuierung des Lübischen Rechts ginge auf ein Werk zurück, immer eine Hypothese bleiben. Diese Hypothese kann als Erklärung dienen, mag aber sehr leicht erschüttert werden. Hinzu kommt der bloß spärliche Gebrauch von Nachweisen zu dieser Zeit. Zwar gaben die Autoren Literaturhinweise, gleichwohl geschah dies meist in Form von Literaturverzeichnissen und nicht konkreten Anmerkungen zu einzelnen Thesen. Ob der Autor aber die betreffenden, komplett zitierten Werke gelesen hatte oder gar ihren Inhalt teilte, bleibt mindestens Gegenstand der Interpretation. Bestenfalls nahm der Autor im Text Stellung. Geschah dies nicht, so kann eine Nachweiskette nicht erstellt werden. Nach Auswertung der Literatur wird hier angenommen, dass die These, das Lübische Recht sei ein Faktor der hansischen Geschichte gewesen, auf die zweite Auflage des Werkes von Sartorius zurückgeht. Jedenfalls brach sich die These zwischen 1808 und 1830 Bahn. Bis 1870 war sie damit bereits Allgemeingut. Seit der Gründung des Hansischen Geschichtsvereins, der satzungsgemäß eine Ausrichtung auf Lübeck hatte und hat, und seit der Publizierung der hansischen Dokumente, insbesondere des hansischen Urkundenbuchs, wurde diese These fortwährend vertreten.

189

Beispielsweise Dollinger et al., Hanse, 2012, S. XVII f.

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In der ersten Auflage von Sartorius’ Werk kann die These nicht aufgefunden werden. Zwar nahm er bereits in der ersten Auflage eine Vorherrschaft der wen­ dischen Städte an, aber er führte dies nicht auf das Lübische Recht zurück.190 Mög­ licherweise verschloss sich für ihn eine größere Bedeutung der Stadtrechte, da er in der ersten Auflage noch von einer punktuellen, bloß unbeweisbaren Gründung der Hanse ausging. Zudem muss bedacht werden, dass er nur wenige Archive für die erste Auflage aufsuchte; das Lübecker Archiv blieb ihm dabei verwehrt. Die zweite Auflage des Werkes, die sich ausschließlich mit der Hansegeschichte bis 1370 befasst, geht hingegen von einer zeitlich gestreckten Formierung der Hanse aus.191 Die Annahme, die Hanse sei aus den Vereinigungen der Kaufleute im Ausland und den Vereinigungen der Städte im Inland hervorgegangen, legt den Städten ein besonderes Gewicht bei. Die Städte seien es gewesen, die die Herrschaft innerhalb der Hanse übernommen und ihre Macht konsolidiert hätten. Dass Lübeck aber der Vorort der Hanse gewesen sei, galt als unbestritten gesichert. Für die Ausprägung der Verbindungen der Städte im Inland wurden die wendischen Städte als besonders wichtig erachtet. Die Festigkeit der wendischen Verbindung und die Vormachtstellung Lübecks werden – und dies ist neu – auch auf das ­Lübische Recht gegründet.192 Woher diese Argumentation ihre Anziehungskraft zog, bleibt dabei dunkel. Wie gezeigt, war die Wichtigkeit der Lübischen Stadtrechtsfamilie ein bekannter wissenschaftlicher Allgemeinplatz, ebenso wie das Postulat von Lübecks Vorherrschaft in der Hanse. Neu ist hingegen die Verknüpfung von beiden. Möglicherweise bot sich die Verknüpfung wegen der neuen Entstehungsgeschichte der Hanse an. Das postulierte Emporsteigen der Städtebündnisse und die angenommene Vorherrschaft der wendischen Städte brauchte womöglich eine tragfähige Grundlage. Es kann aber nicht verkannt werden, dass das Lübische Recht bloß ein verbindendes Element unter anderen ist. Weitergehende rechtliche Folgerungen finden sich in der zweiten Auflage nicht. Namentlich wird nicht untersucht, welche Elemente des Lübischen Rechts eine derart enge Verbindung begründeten, wie überhaupt eine Auseinandersetzung mit den Normen fehlt.193

190

Sartorius, Bund, Bd. 1, 1802, S. 88. Sartorius/Lappenberg, Hanse, 1830, S. XII ff., XXVI. 192 Sartorius/Lappenberg, Hanse, 1830, S.  23, 80 f. Auf den Seiten  80 f. finden sich die grundlegenden Gedanken dieses Arguments zusammengefasst: „Die Vorherrschaft der wendischen Städte ergab sich von selbst, sie ward nur mit der Zeit weiter ausgebildet. Durch ihr gemeinschaftliches lübisches Recht waren sie enger als andere mit einander verbunden, an ihrer Spitze stand Lübeck, durch der Stadt Reichsfreyheit vor anderen Seestädten ausgezeichnet, durch ihrer Bürger Muth, Handelsthätigkeit, Gewerbfleiss und Reichthum über alle erhaben, und durch ihres Raths Klugheit und Entschlossenheit vor andern hervorragend“. Das Zitat zeigt ebenso die weiteren Faktoren der postulierten Lübecker Vormachtstellung auf. 193 Mögliche weitere Erklärungen aus Dusils Wissenschaftsgeschichte zu den Stadtrechts­ familien bei D.III.3. 191

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Die nach der zweiten Auflage und bis 1870 erschienenen Werke greifen dieses Argument häufig auf.194 Lediglich in den juristischen Werken, die aber überhaupt nur wenig zur Hanse enthalten, finden sich solche Angaben kaum.195 Nach dieser ersten Phase folgte das zweite wichtige Moment für die wissenschaftliche Akzentuierung des Lübischen Rechts mit den Quellenpublikationen zur Hanse. Sowohl im ersten Band der Hanserezesse als auch im ersten Band des Hansischen Urkundenbuchs wird die Bedeutung des Lübischen Rechts für die Hanse herausgestellt. Dies beginnt bereits mit der Annahme, „der hansische Städteverein ist seinem eigentlichen Wesen nach ein Bund der deutschen Ostseestädte“196. Im kurzen Abriss der Hansegeschichte, den Koppmann im ersten Band der Hanserezesse 1870 gab, stellte er über die Städte des wendischen Städtevereins fest: „Andererseits unterordneten sie sich Lübeck, das sie, wie an Alter, so auch an Freiheit und Macht übertraf, und dem sie ihr Recht zu verdanken hatten“197. Als zentrale Urkunde fungiert auch hier der Beschluss von 1264: „Die Bedeutung dieser Rechtsgemeinschaft wird uns anschaulich, wenn wir sehen, dass die Beschlüsse zu Wisby 1260–64 gefasst sind in subsidium omnium mercatorum, qui jure Lubicensi gaudent et reguntur“.198 Koppmann erörterte nicht, ob es ein relevanter Unterschied ist, dass die zitierte Stelle der Urkunde Kaufleute und nicht Städte nennt. Obwohl er den Zusammenbruch des wendischen Städtebundes zu Anfang des 14. Jahrhunderts erkannte, betonte er weiterhin seine Wichtigkeit für die Hanse und schloss die Einleitung mit der Bemerkung, „die Geschichte des wendischen Städtebundes entwickelt sich zur hansischen Geschichte“199. Damit stellte er wieder den argumentativen Übergang vom Lübischen Recht zum wendischen Städtebund und endlich zur Hanse her. Wie bei Sartorius setzte er sich nicht inhaltlich mit dem Lübischen Recht auseinander. Bei Koppmann finden sich in Gänze gesehen nur einzelne Ausführungen zum Lübischen Recht. Die weitaus

194 In dem bereits zitierten Werk von Rauschnick findet sich zwar nichts, das mag aber auf die Orientierung an der ersten Auflage von Sartorius’ Werk zurückgeführt werden. Für Barthold waren die „Städte des lübischen Rechts […] die kräftigsten Bestandtheile des Hansabundes“; Barthold, Hansa, Bd.  2, 1854, S.  29. Das Lübische Recht habe „die Herrschaft des hansischen Vororts [gemeint: Lübeck] als Oberhof in Kaufmannshändeln schon binnen 130 Jahren“ begründet, ders., Hansa, Bd. 1, 1854, S. 137. Falke erwähnte zwar die Bedeutung der wendischen Städte, aber gründete diese nicht auf das lübische Recht, Falke, Hansa, 1860, S. 56. Dafür Betonung des Lübischen Rechts bei Wurm, Hansa, 1862, S. 480 f. 195 Goldschmidt erwähnte das Lübische Recht kurz, Goldschmidt, Hansa, 1862, S. 8. Für O. v. Gierke hatte Lübeck zwar „Einfluß in allen hansischen Dingen“, einen Bezug zum Lübischen Recht stellte er aber nicht her, O. v. Gierke, Genossenschaftsrecht, Bd. 1, 1868, S. 474. 196 HR I, 1, 1870, S. X. 197 HR I, 1, 1870, S. XXXIII. 198 HR I, 1, 1870, S. XXXIII. Die hier benutzte Formatierung weicht von der zitierten Stelle ab. Die gesamte Einleitung ist kursiv gedruckt, lediglich das lateinische Zitat bleibt neutral. Inhaltlich ist zu beachten, dass Koppmann auch die Bedeutung des Landfriedens für die Vereinigung der wendischen Städte heraushob, S. XXXV f. 199 HR I, 1, 1870, S. XXXVIII.

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stärkeren Annahmen stammen von Höhlbaum aus der Einleitung zum ersten Band des Hansischen Urkundenbuches.200 Zwar dürften seine Thesen in dieser Stärke singulär sein201, doch lassen sich nach diesen Quellenpublikationen und besonders nach Höhlbaums Ausführungen häufiger diese Thesen auffinden. Höhlbaum griff die oben erwähnte Urkunde und Koppmanns Bemerkungen dazu auf.202 Er bezeichnete die Appellation von Novgorod nach Lübeck als „Schlag, der dem lübischen Recht die Herrschaft im Osten bereitet“203. Dabei äußerte er sich aber nicht zu der problematischen Quellenlage, die eher für eine geteilte Oberhofstellung zwischen Lübeck und Visby spricht.204 Es scheint als hätte die angeblich quellenmäßige Untermauerung die These von der Vormachtstellung Lübecks und seines Rechts zur herrschenden Sicht erhoben. Folgenreich dürfte in diesem Zusammenhang Frensdorffs Artikel über die beiden ältesten hansischen Rezesse gewesen sein.205 Es handelt sich dabei um den ersten Aufsatz in den Hansischen Geschichtsblättern und Frensdorff forschte als Rechtshistoriker, noch als außerordentlicher Professor, zum Lübischen Recht. Er schloss sich darin den Ausführungen Koppmanns an, nach denen die wendischen Städte den „Kern der nachherigen Hanse“206 gebildet hätten. Er sah in seinem Aufsatz das Problem, dass die Dokumente nur mercatores nennen, entnahm aber aus dem Inhalt eine Geltung auch für die Städte.207 Die Bedeutung der Rezesse sah er 200

HUB I, 1876, S. XIII: „In der Mitte beider Momente [Kaufmannshansen und Städtevereinigungen] steht ein drittes, welches das Werden und die Festigung des hansischen Bundes wesentlich bestimmt hat. Es ist das lübische Recht und sein Wachsthum, dessen Bedeutung für die hansischen Dinge noch nicht zur Genüge gewürdigt worden ist. Seine Wirkungen umspannen die Heimath und das Ausland. Dort knüpfte das spätere Haupt des Bundes durch das Mittel seines Rechts die Städte von der Ostseeküste an die Beschlüsse seines Raths. Hier bediente es sich seines Rechts als einer Waffe zu weiterem Vordringen und in dem denkwürdigen Kampf zwischen Lübeck und Wisby kommt an erster Stelle die Geltung des lübischen Rechts in Frage, mit ihr die Folgerungen für die Haltung der Städte gegenüber den Fürsten Norddeutschlands und den auswärtigen Mächten. Die Geschichte der deutschen Kolonisation an der Ostsee vom Travebusen bis zum finnischen Meer steht zu einem grossen Theil unter dem Einfluss des lübischen Rechts. Die städtischen Gründungen an der Küste führen ihren Ursprung auf den deutschen Kaufmann zurück und das lübische Recht und seine Geschichte tragen einen unverkennbar hansischen Charakter. Sein Besitz erscheint sogar als der Inbegriff hansischer Gerechtsame, wie die Urkunden und Briefe der Zeit ausdrücklich bezeugen“. 201 Siehe bereits oben zur möglichen Gleichsetzung von Lübischem und hansischem Recht, D.II.3.a), Text bei Fn. 171. 202 HUB I, 1876, S. XIII. 203 HUB I, 1876, S. XIV. Den Bezug zur Appellation von Novgorod nach Lübeck stellte er über den Verweis auf die Urkunden n. 1129–1132 her. 204 Frensdorff, Das statutarische Recht der deutschen Kaufleute in Nowgorod, Abhandlungen der Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften in Göttingen, Bd. 34 (1887), S. 1–55 (Aufsätze beginnen immer bei S. 1) (12 f.). Bereits vor Frensdorff und für Höhlbaum erreichbar beschrieben Sartorius/Lappenberg, Hanse, 1830, S. 129 ff. diese Problematik. 205 Frensdorff, Recesse, 1871. Frensdorff meinte damit die unter HR I, 1, 1870, n. 7, 9 ab­ gedruckten Dokumente. 206 Frensdorff, Recesse, 1871, S. 11. 207 Frensdorff, Recesse, 1871, S. 12.

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nicht nur in Bestimmungen für ein gemeinsames äußeres Auftreten, sondern zudem in der Vereinheitlichung der „Sätze des materiellen Rechts“ innerhalb der Städte.208 Nachdem Frensdorff ausführlich die Rechtsfolge der Bigamiebestimmung des Lübischen Rechts erörterte, wandte er sich der Frage zu, ob die Verschärfung der Rechtsfolge auf die Rezesse zurückgeführt werden könne.209 Zunächst wies er Hachs Annahme210, Lübeck habe sein Recht in den Rezessen durchsetzen können, aufgrund von Radierungen in den Handschriften zurück.211 Nach Vergleichungen von verschiedenen Handschriften kam er zu dem Ergebnis, die Rezesse seien in das Lübische Recht „nur unvollständig“ übernommen worden.212 Frensdorff beschrieb zwar ebenso die Übereinstimmungen der übrigen Bestimmungen aus den Rezessen mit dem Lübischen Recht, zu eingehenden Untersuchungen konnte er wegen fehlenden Materials aber nicht gelangen.213 Bedeutend ist einerseits die Einordnung dieser zunächst bloß wendischen Urkunden als hansische Rezesse und zudem die Auseinandersetzung mit den Zusammenhängen zwischen Lübischem und vermeintlich hansischem Recht. Die negativen Ergebnisse konnten aber anscheinend nicht die These vom bedeutenden Lübischen Recht erschüttern. bb) Nachweise dieser These Fast jeder Autor, der nun über die Entstehung der Hanse schrieb, orientierte sich einerseits an der hansischen Genesis aus Kaufmannsvereinigungen im Aus- und Städtevereinigungen im Inland und andererseits an der starken Verbindung der wendischen Städte durch das Lübische Recht.214 Zwar äußerte sich der später bedeutendste Hanseforscher seiner Generation, Rörig, nicht zu diesem Aspekt. Seine These vom Unternehmerkonsortium, welches Lübeck gegen Einräumung von Vorrechten gegründet habe215, zusammen mit der 208

Frensdorff, Recesse, 1871, S. 13 f. Frensdorff, Recesse, 1871, S. 39. 210 Oben D.II.3.a), Text bei Fn. 169. 211 Frensdorff, Recesse, 1871, S. 40 f. 212 Frensdorff, Recesse, 1871, S. 49. Er konnte zwar eine Strafschärfung nachweisen, diese stimmte aber nicht mit den Rezessen überein. 213 Frensdorff, Recesse, 1871, S. 19–21. 214 Frensdorff, Entstehung, 1878, S.  337 f.; D.  Schäfer, Hansestädte, 1879, S.  56, 64, 79, 80 f.; Hoffmann, Über allgemeine Hansetage in Lübeck, 1884, S. 2–4; Berg, Lübeck, 1889, S. ­51–53; Hoffmann, Geschichte der Freien und Hansestadt Lübeck, Bd. 1, 1889, S. 62, 67; D. Schäfer, Hanse, 1903, S. 30; Westphal, Die Verhältnisse der wendischen Hansestädte unter einander, zu den Landesherren, zur Hansa, 1911, S. 85; Böttcher, Verbreitung, 1913, S. 96; Draeger, Das alte lübische Stadtrecht und seine Quellen, HGbll., Bd. 40 (1913), S. 1 (1 (aber bei ihm weiter, da nicht nur bezogen auf die Hanse, sondern angeblich Ausstrahlung an Nordund Ostsee)); Witte, Besiedlung, 1914, S. 37; Vogel, Hanse, 1915, S. 22 (Fokus auf der Bedeutung für den Seehandel); Frensdorff, Das Stadtrecht von Wisby, HGbll., Bd. 43 (1916), S. 1 (52); Laubinger, Hanse, 1929, S. 15 f., 53. 215 Rörig, Lübeck und der Ursprung der Ratsverfassung, 1915, S. 22 f. Zuerst erschienen in ZVLGA, Bd. 17 (1915), S. 27–62. Hier wird der Sonderabdruck zitiert. 209

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späteren Behauptung einer „von Lübeck aus ins Werk gesetzte[n] plan­mäßige[n] Anlage von Städten im Ostseegebiet“216, die er mit dynastischen Ideen anreicherte217, hätte sich für Ausführungen zum Lübischen Recht geradezu angeboten. Zumal Rörig sich bis 1933 vornehmlich der lübischen Geschichte widmete.218 Denn wenn es ein solches Konsortium gegeben hätte, dessen Nachfahren zudem die weiteren Ostseestädte gegründet hätten, hätte wenigstens erörtert werden können, welche Rolle diese Gründer dem eigenen Stadtrecht beilegten. Gleichwohl ist es womöglich nicht verwunderlich, wenn eingestellt wird, dass Rörig nie zu einer Monographie über die Hanse vorstieß219, er sich selbst eher der Wirtschafts- und Sozialgeschichte zugewandt sah220 und seine Gedanken lieber in Vorträgen zuspitzte221. Indes lassen sich in späteren Veröffentlichungen Rörigs zumindest ge­ legentlich Bemerkungen zum Stadtrecht nachweisen.222 Die vielzitierten Werke von D.  Schäfer223 dürften neben den Quellenpublikationen für die Verbreitung der These wichtig gewesen sein. Bereits in seiner Monographie über die Anfangs- und Blütezeit der Hanse von 1879 bescheinigte er dem Lübischen Recht für die Bildung der Hanse einen „[wesentlichen] Einfluss“224. Den „Beziehungen“ zwischen Lübeck und den wendischen Städten maß er „eine geradezu überwältigende Bedeutung für die Entstehungsgeschichte des hansischen Bundes“ bei.225 Er schrieb von der „zusammenschließende[n] Kraft dieses [Lübischen] Recht[s]“226 und meinte gar, das Lübische Recht habe „auswärtige Handelspolitik“227 beeinflussen können. In der 1903 zuerst erschiene 216 Rörig, Aussenpolitische und innerpolitische Wandlungen in der Hanse nach dem Stralsunder Frieden (1370) (zuerst 1925), in: Fritz Rörig: Hansische Beiträge zur deutschen Wirtschaftsgeschichte, 1928, S. 139 (143). Zuerst erschienen in HZ, Bd. 131 (1925), S. 1–18. 217 Rörig, Die geistigen Grundlagen der hansischen Vormachtstellung, HZ, Bd. 139 (1929), S. 242 (246): „zwischen den Oberschichten der Städte des späteren hansischen Bundes bestehen ungemein starke verwandtschaftliche Beziehungen […] Eine Wirtschaftsgemeinschaft, die zurückgeht auf das gemeinsame Band des Blutes, mehr noch, die selbst erst durch das Planen und Ausführen blutsverwandter Menschen entstanden ist, steht so vor uns“. 218 Noodt, Rörig, 2007, S. 163: ab 1933 habe die „allgemeine Hansegeschichte“ im Vordergrund gestanden. 219 Noodt, Rörig, 2007, S. 163. Im Nachlass Rörigs (AHL) finden sich indes mehrere Entwürfe zu einer Hansemonographie, der letzte mit fast 100 Seiten (NL Rörig, AHL, Nr. 96). 220 Noodt, Rörig, 2007, S. 165 mit Verweis auf Rörig, Vorwort, in: Fritz Rörig: Hansische Beiträge zur deutschen Wirtschaftsgeschichte, 1928, S. 5 (5). 221 Noodt, Rörig, 2007, S. 170. 222 Siehe unten: E.II.3.a)bb). 223 Nachweise zu einzelnen Thesen wurden nur gelegentlich vorgenommen. D. Schäfer wurde beispielsweise ausdrücklich zitiert von Berg, Lübeck, 1889, S.  53; Westphal, Hansestädte, 1911, S. 85. D. Schäfers Werke finden sich indes häufig in den Literaturverzeichnissen. 224 D. Schäfer, Hansestädte, 1879, S. 56. 225 D. Schäfer, Hansestädte, 1879, S. 78. 226 D. Schäfer, Hansestädte, 1879, S. 79 f. 227 D. Schäfer, Hansestädte, 1879, S. 80 f. Die Begründung sah er darin, dass Wismar sich Maßnahmen in Flandern anschließen wollte, „was Lübeck und die anderen Städte seines Rechts zu thun beschliessen“, ders., Hansestädte, 1879, S. 81.

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nen Monographie228 zur Hanse blieb D. Schäfer bei seinen Annahmen und sah die Verbreitung des Lübischen Rechts als Grund für „neue Stützen seines [Lübecks] Einflusses“, es habe „das städtische Leben der der See naheliegenden Kolonisationsgebiete ganz überwiegend beherrscht“.229 Interessant ist die mit der Zeit ansteigende Bedeutung des Lübischen Rechts für die Kolonisation des Ostseeraums230 und die anscheinend stärker angenommene Verschränkung von Lübischem Recht und den Beschlüssen der Hansestädte. Fiel es Frensdorff in den ersten Hansischen Geschichtsblättern noch schwer, eine Einwirkung der mehrfach erwähnten Rezesse auf das Lübische Recht nachzuweisen, so waren diese Zweifel über vierzig Jahre später noch nicht allgemein bekannt.231 Teilweise wurde aus den Beschlüssen des Jahres 1264 eine Bedeutung für die erst erheblich später folgenden Hanserezesse angenommen.232 Hoffmann, der am Katharineum lehrte und Schatzmeister des Hansischen Geschichtsvereins war233, stufte 1884 das Lübische Recht für die Bildung der Hanse als sehr bedeutsam ein.234 cc) Zusammenfassung Die These vom Lübischen Recht als Faktor der hansischen Geschichte musste für jeden Forscher als Grundpfeiler der Hansewissenschaft gelten. Vertreten zuerst in einem und für lange Zeit dem Standardwerk der hansischen Geschichtswissenschaft und vermeintlich abgesichert von zeitgenössischen Urkunden, welche zudem Frensdorff, einer der wenigen Juristen im Kreise der Hansewissenschaft, analysierte. Aber die Quellenbasis war dünn und Frensdorff konnte für eine gut dokumentierte, wenngleich bloß einzelne Bestimmung keine eindeutige Verschränkung von Stadtrecht und übergeordnetem Recht nachweisen. So fußte die gesamte Annahme letzthin auf ein paar Worten in einer Urkunde, die zudem noch aus dem 13. Jahrhundert stammt. 228

Bis 1943 wurde das Werk viermal aufgelegt. D. Schäfer, Hanse, 1903, S. 30. 230 Dazu unten: D.II.3.c). 231 Böttcher, Verbreitung, 1913, S. 96 mit Verweis auf Böhlau, Mecklenburgisches Landrecht, Bd. 1, 1871, S. 56 Fn. 17. Letzterer konnte Frensdorffs Aufsatz naturgemäß nicht kennen. Die Stelle bei Böttcher muss daher als Ausnahme gesehen werden. 232 Hoffmann, Hansetage, 1884, S.  4. Hoffmann scheint als erster der Versammlung von 1366 die Schaffung von „Grundgesetzen des Hansebundes“ (S. 9) beigelegt zu haben, dazu siehe D.II.4.c). 233 Weczerka, Die Vorstandsmitglieder des Hansischen Geschichtsvereins, HGbll., Bd. 88/I (1970), S. 72 (73, 77). 234 In seinem zweibändigen Werk zur Geschichte Lübecks widmete er ein Kapitel (nach seiner Diktion ein Buch) der Untersuchung Lübecks als Haupt der Hanse. „Dadurch, daß in allen diesen Städten [des Lübischen Rechts] der tägliche Geschäftsverkehr der Bürger sich nach dem lübischen Recht regelte, entstand eine Gemeinschaft unter ihnen und mit der maßgebenden älteren Stadt, welche der Gründung des Hansebundes sehr förderlich gewesen ist“, Hoffmann, Geschichte, Bd. 1, 1889, S. 62. 229

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c) Das Lübische Recht als Kulturträger und Teil der Ostforschung? „So ist deutsche Städtegründung ein Kulturträger geworden für den gesamten Osten“.235 Diese Worte lassen sich in D. Schäfers Hansemonographie von 1903 finden. Für D. Schäfer war aber nicht die Städtegründung als solche das Entscheidende – ansonsten wären seine Worte für den hier zu behandelnden Aspekt unergiebig. Vielmehr sah er das Bedeutende in dem „Bürgerrecht“236, das aus den deutschen Städten wie Lübeck in den Osten getragen wurde. D. Schäfer stellte somit einen Zusammenhang zwischen der Städtegründung im Osten und der Ausbreitung des Lübischen Rechts her. Mit der deutschen Ostsiedlung237 ist eine Epoche von Mitte des 12. bis zum Ende des 14. Jahrhundert gemeint. Während dieser Zeit wurden in den Gebieten östlich von Elbe und Saale mehrere Städte und Dörfer gegründet, beziehungsweise ausgebaut. Das Epitheton „deutsch“ bezieht sich dabei auf die Vorstellung, dass die herbeiziehenden Siedler durch ihre Herkunft aus dem Gebiet des Heiligen Reiches verbunden waren. Allerdings waren auch Siedler anderer Herkunft (beispielsweise Flamen, Reichsromanen, Dänen) aktiv.238 Bereits der Ausdruck „deutsche Ostsiedlung“ ist daher umstritten, nicht zuletzt, weil er seit dem 19. Jahrhundert mit verschiedenen ideologischen Thesen aufgeladen war. Es kann hier nicht der Ort sein, diese Begriffskritik nachzuvollziehen  – entscheidend sind die Bezüge zur han­ sischen Wissenschaft und ihren Auswirkungen auf die Deutung des Rechts. In der historischen Wissenschaftsgeschichte wird heute angenommen, dass die Geschichtswissenschaft des 19. Jahrhunderts eine nationale Prägung hatte.239 Zudem wurde die deutsche Ostsiedlung erst seit dem 19.  Jahrhundert als zusammenhängendes Phänomen dargestellt.240 Weiterhin lässt sich für das beginnende 19. Jahrhundert sowohl die sogenannte Kulturträger- und Urgermanentheorie nachweisen.241 Nach der Kulturträgertheorie wurde die deutsche Ostsiedlung im Mittelalter auf die überlegene deutsche Kultur gegründet.242 Die Urgermanen 235

D. Schäfer, Hanse, 1903, S. 18. D. Schäfer, Hanse, 1903, S. 18. 237 Umfassend zu dem Umgang mit diesem Thema in der Geschichtswissenschaft: Hackmann/Lübke, Die mittelalterliche Ostsiedlung in der deutschen Geschichtswissenschaft, in: Jan M. Piskorski (Hrsg.): Historiographical approaches to medieval colonization of East Central Europe, 2002, S. 179–217. 238 Irgang, Ostsiedlung, deutsche, in: Norbert Angermann (Hrsg.): Lexikon des Mittelalters, Bd. 6, 1993, Sp. 1545–1546. 239 Anstatt aller: Wiersing, Geschichte des historischen Denkens, 2007, S.  369–394, ins­ besondere S. 370 f., 393. 240 Wippermann, Der ‚deutsche Drang nach Osten‘, 1981, S. 27 m. w. N. 241 Wippermann, Drang, 1981, S. 34 f. 242 Wippermann, Drang, 1981, S. 34: für die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts stellte er fest, dass die deutsche Geschichtsschreibung zwar nicht allgemein ostimperialistische Tendenzen hatte, aber „[k]aum jemand zweifelte mehr daran, daß die deutschen Siedler den primitiven Slaven die Kultur gebracht hätten“. 236

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theorie ging davon aus, germanische Stämme wären bereits vor der Ostsiedlung im Osten ansässig gewesen und hätten sich dort erhalten.243 Folglich hätte die Ostsiedlung keine neuen Gebiete „erobert“, sondern bloß bereits germanische Gebiete wieder einverleibt. Die Theorien setzten letztlich ein modernes staatliches Verständnis voraus,244 welches den Zeitgenossen fehlte. Im Übrigen setzten diese Ansichten zwar keine rassisch-völkische Ideologie voraus, konnten einer solchen Ideologie aber eine historische Legitimation liefern, indem sie Slawen als minderwertig darstellten. Soweit ersichtlich, wurde bis jetzt nicht der Frage nachgegangen, ob die hansische Wissenschaft als solche – und für unseren Zusammenhang insbesondere im Hinblick auf das hansische oder Lübische Recht – Teil dieser Theorien war.245 Zwar wurde der hansischen Wissenschaft des 19. Jahrhunderts eine national(staatlich)e Prägung attestiert,246 doch wurde die politische Vereinnahmung der Ostsiedlung häufig lediglich in die Zeit des Nationalsozialismus gesetzt.247 Letzteres trifft zwar zu, gleichwohl liegen die Wurzeln dieser Vereinnahmung womöglich weiter zurück. Für den Bereich des Rechts soll untersucht werden, ob eine Verbindung zwischen den genannten Ansichten, besonders der Kulturträgertheorie, und der Rezeption der Hanse bestand. Andeutungen für die Verbindung der hansischen Wissenschaft und der Kulturträgertheorie lassen sich bereits in frühen Werken nachweisen, wenngleich nicht verkannt wird, dass die Beispiele wegen ihrer Kürze keinen eindeutigen Befund zulassen. Rauschnick meinte, die Hanse habe „den europäischen Norden civilisiert“248 und für Hach folgte die Wichtigkeit des Lübischen Rechts aus seinem Beitrag „den Osten und Norden von Deutschland zu germanisieren“249. Letzteres Zitat muss allerdings unter einem Vorbehalt beachtet werden. Hach schrieb lediglich von einer Auswirkung in Deutschland. Obwohl sich in Sartorius’ Werken, die ansonsten große Strahlkraft auf die Sicht der Hanse hatten, keine derartigen Nachweise finden lassen, wurde die Verknüpfung von Hanse und deutscher Ostsiedlung ein gern verwendeter Topos. Für Barthold war „[d]er Hansa Werk […] die baltische Colonisation“250. Für Goldschmidt zeichnete sich die Hanse verantwortlich für „die größte politische That unseres Volkes: die Germanisierung der slavischen

243

Wippermann, Drang, 1981, S. 35; Hackmann/Lübke, Ostsiedlung, 2002, S. 200. Wippermann, Drang, 1981, S. 101. 245 Für den Bereich des Stadtrechts siehe aber Dusil, Stadtrecht und Rechtsraum. Historiographischer Wandel im früheren 20. Jahrhundert am Beispiel der Erforschung von Stadtrechtsfamilien, HGbll., Bd. 123 (2005), S. 85 (90–105). 246 Henn, Wege, 1994, S.  402; Postel, Treuhänder, 1999, S.  893; Hill, Gebrauch, 2001, S. 75 ff.; Puhle, Rezeptionsgeschichte, 2011, S. 173 ff. 247 Henn, Wege, 1994, S. 410 f.; Hill, Gebrauch, 2001, S. 83 ff.; Puhle, Rezeptionsgeschichte, 2011, S. 178 ff. Für das 19. Jahrhundert lediglich Andeutung bei Hill, Gebrauch, 2001, S. 79. 248 Rauschnick, Hanse, Bd. 1, 1831, S. 62. 249 Hach, Recht, 1839, S. 3. 250 Barthold, Hansa, Bd. 1, 1854, S. 14. 244

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Nord- und Ostseeländer“251. Allerdings zeigen die Zitate auch, dass ein Bezug zu rechtlichen Einrichtungen der Hanse nicht explizit hergestellt wurde. Da ein Charakteristikum der deutschen Ostsiedlung nach Ansicht der Autoren die Schaffung von „Städten im Rechtssinne“ war, schwingt eine Verbindung zum Recht indes implizit mit. Die erste deutliche Verknüpfung von Ostsiedlung und – hier Lübischem – Recht findet sich in der bereits mehrfach zitierten Einleitung von Höhlbaum zum hansischen Urkundenbuch, in welcher behauptet wird, die Ostsiedlung habe „unter dem Einfluss des lübischen Rechts“252 gestanden. Jedoch zeigt das Zitat auch, dass Höhlbaum damit jedenfalls nicht explizit aus der Kulturträgertheorie politische Forderungen ableitete. Höhlbaum gab lediglich die ersten drei Bände des Han­sischen Urkundenbuchs heraus. Indes drang er in den folgenden Bänden nicht mehr zu einer allgemeinen Einleitung vor. Zwar kündigte er im zweiten Band eine solche Einleitung an, doch verwies er im dritten Band auf eine nie erschienene eigenständige Publikation253. Bloß aus einigen Anmerkungen in der Einleitung zum dritten Band, nach denen „die Kultur der Völker und der Staaten [im Osten] allein von dem Westen ausgegangen ist“254, kann geschlossen werden, dass Höhlbaum im Allgemeinen der Kulturträgertheorie nahe stand. Mit dem Beginn des 20. Jahrhunderts lassen sich zwar mehr Werke nachweisen, die der Hanse eine allgemeine Bedeutung für die Ostsiedlung zusprechen, einen konkreten Bezug zum hansischen oder Lübischen Recht enthalten sie aber nur selten. Hans Witte, der in hansischen Publikationen seine Thesen referieren konnte, gelangte 1908 zu der Ansicht, „Hanseatentum und Ausbreitung deutscher Volkskraft verhalten sich zueinander wie Ursache und Wirkung“255. Doch „das deutsche Recht [wurde] sehr häufig slavischen Orten verliehen“256 und daher könne die Ausbreitung des Rechts nicht mit der Ausbreitung des Deutschtums gleichgesetzt werden. Im Jahr des Ausbruchs des 1. Weltkriegs, 1914, prägen nationalistische und völkische Gedanken seine Thesen noch deutlicher257, doch sah er nun die Hanse nicht mehr derart bedeutsam für die Ostsiedlung an.258

251

Goldschmidt, Hansa, 1862, S. 3. HUB I, 1876, S. XIII. Vollständiges Zitat bei D.II.3.b)aa) Fn. 200. 253 HUB III, 1882–1886, S. VII. 254 HUB III, 1882–1886, S. XI. 255 Witte, Germanisation, 1908, S. 271. 256 Witte, Germanisation, 1908, S. 283. 257 Über die Ostsiedlung, Witte, Besiedlung, 1914, S. 42: „Das ist doch gerade das Entscheidende in diesen Vorgängen! Neben der Ansammlung aus Ausbreitung deutschen Volkes die Einpflanzung und das rasche Gedeihen einer höheren Kultur!“ Zudem ders., Besiedlung, 1914, S. 45: „Es ist die Wirkung höherer Kultur, zäherer völkischer Kraft und angespannterer Kulturarbeit, also nur positiv aufbauender Kräfte, die in ihrer Vereinigung zu diesem großen weltgeschichtlichen Ergebnis geführt haben“. Die erwähnte Kultur exemplifizierte Witte nicht näher. Lediglich auf S. 37 erwähnte er Lübeck und das Lübische Recht. 258 Witte, Besiedlung, 1914, S. 46 f., 48. 252

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Rörigs These über „[d]ie von Lübeck aus ins Werk gesetzte planmäßige Anlage von Städten im Ostseegebiet“259 hätte sich zwar für die Kulturträgertheorie in einer rechtlichen Version geradezu angeboten. Allerdings kann die Verwendung dieser Theorie für rechtliche Bereiche nicht im Frühwerk Rörigs nachgewiesen werden. Er wendete sich zwar später volksgeschichtlichen Thesen zu, doch fällt diese Wendung in die Zeit des Nationalsozialismus. Zu welchen Verzerrungen der Blick auf die Ostsiedlung führen kann, zeigt die Arbeit von Laubinger von 1929. Nach ihm „[leistete] die Hanse als damalige einzige Trägerin des deutschen Einheitsgedankens bewußt große, nationale Arbeit […]: die Germanisierung der slavischen Nord- und Ostseeländer, die Erweiterung der Grenzen nach Osten, die tapfere Behauptung gegen die über die Ostsee vordringenden anderen Völker“260. Zusammenfassend fällt auf, dass die Hanse zwar häufig in Bezug zur Ostsiedlung gestellt wurde und dies nicht lediglich auf eine national orientierte Geschichtsschreibung zurückgeführt werden kann. Doch sind Stellungnahmen, die eine Einordnung zu einer rechtlichen Version der Kulturträgertheorie zulassen, eher selten. Gleichwohl sind die Autoren der deutlichsten Nachweise, Höhlbaum und D. Schäfer, in der hansischen Geschichtsschreibung häufig gelesen worden. Bei D. Schäfer war dies zweifelsohne der Fall, galt doch gerade seine Monographie zur Hanse als Standardwerk. Aber auch Höhlbaum wird nicht ohne Wirkung geblieben sein, da sein Urkundenbuch eine wichtige Quellenpublikation – letztlich bis heute – ist. Die Hypothese vom Lübischen Recht als Aspekt der Kulturträgertheorie lässt sich nur unter Vorbehalt bestätigen. Das Zitat bei D. Schäfer und die Ausführungen bei Höhlbaum mögen prägnant sein, eine Entwicklung zu einem Gemeinplatz der Hanseforschung des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts kann gleichwohl nicht belegt werden. Höchstens können implizite Bezüge zur rechtlichen Seite der Kulturträgertheorie über die Stadtgründungen angenommen werden. Zu einem politischen Programm führte die Kulturträgertheorie im 19. Jahrhundert so gut als nicht. So sah Dusil zwar für die Weimarer Republik eine politische Motivation, indem die Revision der Grenzen des Versailler Vertrages mittels einer Forschung über den deutschen Osten angestrebt wurde,261 doch betrifft sein Aufsatz schwerpunktmäßig die Forschung im Nationalsozialismus. Die hier vorrangig genannten D. Schäfer und Höhlbaum schrieben gerade nicht in der Weimarer Republik. Für diese Beispiele verfängt der Verweis auf die politische Ausrichtung in der Weimarer Forschung also nicht. 259

Rörig, Frieden (1370), 1928, S. 143. Zuerst erschienen in HZ, Bd. 131 (1925), S. 1–18. Laubinger, Hanse, 1929, S. 1. 261 Dusil, Rechtsraum, 2005, S. 98. Auch Wippermann, Drang, 1981, S. 139 konstatierte erst für die Zeit nach 1918 eine „deutlich erkennbare aggressiv-expansionistische Bedeutung und Funktion [der nationalistischen, organisch-völkischen und rassistischen Ideologeme, die sich in diese Ansichten mischten]“. 260

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4. Hansisches Recht Das hansische Recht als solches wurde nicht eigenständig behandelt. Es sind daher einzelne Aspekte herausgegriffen, bei denen die Forschung eine rechts­ setzende Tätigkeit durch die Hanse annahm. a) Hansisches Recht in den Kontoren, insbesondere: Novgorod Die Kontore als wichtige Stützen im hansischen Handel bildeten ein gern behandeltes Forschungsobjekt. Da gerade die Übernahme der Kontorsleitung durch die Städte als eine wichtige Station in der Gründungsgeschichte der Hanse ausgemacht wurde, nimmt es nicht Wunder, wenn die Setzung von Kontorordnungen durch den Hansetag – gelegentlich ohne Nennung des betreffenden Kontors262 – erörtert wurde. Ohne dies immer explizit zu benennen, erlaubte die Annahme, der Hansetag habe in Ausübung eines Subordinationsverhältnisses Normen in den Kontoren gesetzt, für diesen beschränkten Bereich hansisches Recht anzunehmen.263 Die Annahme wurde begünstigt durch das als gesichert geltende, später eingeführte Mehrheitsprinzip in Kontorssachen.264 Viele Autoren äußerten sich zur Kontorordnung aus Novgorod, der sogenannten Skra. Der Petershof in Novgorod ist seit den 1190er Jahren nachweisbar, die erste Skra wird heute auf die Mitte des 13. Jahrhunderts datiert.265 Abdrucke der Skra und Erwähnungen derselben fanden bereits früher statt.266 Im hier zu betrachtenden Zeitraum setzten sich bereits Sartorius und Lappenberg mit den Skraen auseinander. Interessante Aspekte der Analyse waren die Setzung der (zweiten)267 Skra durch Lübeck Ende des 13. Jahrhunderts268 und die Frage, welche Normen in materieller Hinsicht auf Lübisches Recht zurückgingen.269 Als wichtiger einzelner Aspekt wurde die geänderte Appellation genannt, die nun nicht mehr nach Visby, sondern nach Lübeck erfolgen sollte.270 Sartorius und Lappenberg war gleichwohl 262

Wurm, Hansa, 1862, S.  484; O. v.  Gierke, Genossenschaftsrecht, Bd.  1, 1868, S.  351 Fn. 35, 467 Fn. 16; Frensdorff, Entstehung, 1878, S. 339; W. Stein, Beiträge zur Geschichte der deutschen Hanse bis um die Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts, 1900, S. 109 f. 263 Bei O. v. Gierke, Genossenschaftsrecht, Bd. 1, 1868, S. 351 Fn. 35 ist die Rede von „hansischen Statuten“. 264 Bereits Sartorius/Lappenberg, Hanse, 1830, S. 89; O. v. Gierke, Genossenschaftsrecht, Bd. 1, 1868, S. 473. Wenngleich nicht verkannt wird, dass die Autoren das Mehrheitsprinzip erst für eine spätere Zeit annahmen. 265 Henn, Lübisches Recht in den Auslandsniederlassungen der Hanse, in: Heiner Lück/ Matthias Puhle/Andreas Ranft (Hrsg.): Grundlagen für ein neues Europa, 2009, S. 49 (52). 266 Siehe bereits den erwähnten Abdruck von Willebrand bei C.IV. Fn. 52. 267 Die Zählung folgt Schlüter, Die Nowgoroder Schra in sieben Fassungen vom XIII. bis XVII. Jahrhundert, 1916. 268 Sartorius/Lappenberg, Hanse, 1830, S. 131 f. 269 Sartorius/Lappenberg, Hanse, 1830, S. 132. 270 Sartorius/Lappenberg, Hanse, 1830, S. 129.

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bekannt, dass Lübeck die Oberhofstellung ursprünglich nicht dauerhaft durchsetzen konnte.271 Auf den folgenden Seiten stellt das Werk in der Art einer Aufzählung dar, welche Normen im Novgoroder Kontor galten und ob Änderungen vorgenommen wurden.272 Eine genaue Untersuchung, welche Normen aus dem Lübischen Recht übernommen wurden, fehlt allerdings. Zu einer systematischen Darstellung der Entwicklung der Skraen und ihrer Normen stießen Sartorius und Lappenberg nicht vor. Die Verbindung des Novgoroder Kontors zu Lübeck und der Kampf mit Visby um die Vorherrschaft im Kontor machten diesen Aspekt der hansischen Geschichte für viele Autoren anscheinend anziehend. Hinzu kam die gute Quellenlage, da Ausgaben von Texten, die als Novgoroder Skra galten, fortwährend publiziert wurden, wenngleich nicht immer mit der Angabe um welche Ausgabe es sich handelte. Die von Sartorius und Lappenberg noch erwähnte, bloß vorübergehend alleinige Oberhofstellung Lübecks wurde von späteren Autoren mindestens verkürzt dargestellt. Zwar findet sich häufig die Erwähnung, Lübeck habe die zweite Skra gesetzt und die Stellung als Oberhof übernommen, doch wird der zeitweilige Verlust der alleinigen Oberhofstellung ausgelassen.273 D. Schäfer sprach in seiner Preisschrift über die Hansestädte und König Waldemar den Einfluss Lübecks auf das Novgoroder Kontor an, die indes nicht auf die Appellation bezogene Relativierung folgt dann in einer Fußnote.274 Ebenso sind die Quellenpublikationen insoweit missverständlich. Sowohl die Ausgabe der Hanserezesse275 als auch das Hansische Urkundenbuch276 betonen die zwischenzeitliche ausschließliche Appellation vom Novgoroder Kontor nach Lübeck. Die geteilte Oberhofstellung dürfte den Editoren zwar bekannt gewesen sein, jedoch geht sie aus den begleitenden Texten nicht deutlich hervor. Eine eigenständige und wichtige Erörterung zu den Skraen verfasste Frensdorff in den Jahren 1886 und 1887.277 Darin stieß er zu einer materiellen Analyse der lübischen Anteile in den ersten drei Skraen vor und schloss damit eine Lücke der vorangegangenen Arbeiten. Lübisches Recht lasse sich erst in der zweiten Skra nachweisen, und aus jenem seien „vorzugsweise Sätze strafrechtlichen und prozessualischen Inhalts und solche […], die sich mit Kauf und Verkauf, Vererbung

271

Sartorius/Lappenberg, Hanse, 1830, S. 130. Sartorius/Lappenberg, Hanse, 1830, S. 130–150. 273 Barthold, Hansa, Bd. 2, 1854, S. 138; Falke, Hansa, 1860, S. 114; Wurm, Hansa, 1862, S. 480 f. Allerdings erwähnte Goldschmidt, Hansa, 1862, S. 17 die geteilte Oberhofstellung. 274 D. Schäfer, Hansestädte, 1879, S. 71 mit Fn. 2, siehe auch S. 56 ff. 275 HR I, 1, 1870, S. XXXIII. 276 HUB I, 1876, S. XIV. Die dort zitierten Urkunden über den Streit mit Visby enthalten nach Höhlbaum „den entscheidenden Schlag, der dem lübischen Recht die Herrschaft im Osten bereitet“. 277 Frensdorff, Nowgorod I, 1886; ders., Nowgorod II, 1887. 272

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und Verfolgung von Mobilien beschäftigen[,]“278 entnommen worden. Zu beachten seien allerdings die Abweichungen gerade in Bezug auf die Strafhöhe, wie bereits von Sartorius und Lappenberg dargestellt, und die Bearbeitung der „technische[n] Ausdrücke“279. Frensdorff präsentierte die zuvor unbekannte dritte Skra, die er in das Jahr 1325 datierte und die die geteilte Oberhofstellung zwischen Visby und Lübeck ausdrücklich enthält.280 Weiterhin sah er eigenständige Regelungen im zuvor von Lübeck beeinflussten Strafrecht, Abweichungen vom vorherigen Schiffrecht und im Ganzen eine „Gegenwirkung gegen Lübeck“281. Frensdorffs Arbeit zeigte deutlich auf, dass eine einseitige, auf die Macht Lübecks fokussierte Darstellung der Verhältnisse im Novgoroder Kontor nicht von den Skraen getragen werden konnte. Vielmehr wird erkennbar, dass Lübeck seinen Einfluss im Novgoroder Kontor nur gegen Widerstände durchsetzen konnte. Dem ungeachtet finden sich später weiterhin Werke, die mindestens missverständlich die Appellation vom Novgoroder Kontor nach Lübeck herausstellen und nicht weiter auf die spätere Relativierung eingehen.282 Warum die Erkenntnisse Frensdorffs, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts in der Edition der sieben Skraen von Schlüter283 bestätigt wurden und letzthin bereits von Sartorius und Lappenberg angedeutet worden waren, nicht oder zumindest nicht ausdrücklich übernommen wurden, bleibt dunkel. Frensdorff war ein aktives und reges Mitglied des Hansischen Geschichtsvereins, dessen Forschungen den übrigen Wissenschaftlern bekannt gewesen sein dürften und Schlüters Edition wurde in den Hansischen Geschichtsblättern besprochen.284 Mangelnde Kenntnis kann den Autoren daher nicht unterstellt werden. Womöglich sollten die populär aufgemachten Gesamtdarstellungen das Publikum nicht mit schwerfälligen Normanalysen einer Kontorordnung belasten. Gleichwohl konnte so der Eindruck entstehen, Lübeck habe sein Recht unproblematisch in Novgorod durchsetzen können.285 Die Art der 278

Frensdorff, Nowgorod I, 1886, S. 15. Frensdorff, Nowgorod I, 1886, S. 15 ff., Zitat S. 18. 280 Frensdorff, Nowgorod II, 1887, S. 1 ff., 6, 12 f. 281 Frensdorff, Nowgorod II, 1887, S. 14 ff., 25, 30. 282 Lindner, Hanse, 1899, S. 55; D. Schäfer, Hanse, 1903, S. 30; Vogel, Hanse, 1915, S. 35. Wenngleich nicht verkannt wird, dass alle drei Werke Schlüters Edition, jedenfalls in der zweiten Auflage 1916 (erste Auflage 1911), nicht verwenden konnte. Frensdorffs Ergebnisse lagen hingegen vor. 283 Schlüter, Schra, 1916. Hier wird die zweite Auflage zitiert, die erste Auflage erschien 1911. Frensdorffs Arbeit wird auf S. 17 zitiert; für die zweite und dritte Skra (S. 20 f.) schloss er sich Frensdorffs Ergebnissen an. 284 Rehme, [Rezension zu] Schlüter, Die Nowgoroder Schra in sieben Fassungen vom XIII.–XVII. Jahrhundert, HGbll., Bd. 44 (1917), S. 429–435. 285 Bereits an dieser Stelle wird darauf aufmerksam gemacht, dass bis heute der Normbestand der dritten Skra (Entstehung 1325) trotz des Verlustes der alleinigen Oberhofstellung Lübecks als weiterhin bedeutend angesehen wird, W. Ebel, Lübisches Recht, Bd. 1, 1971, S. 96; Henn, Auslandsniederlassungen, 2009, S. 56. Lübeck setzte seine alleinige Oberhofstellung endgültig in der fünften Skra (1373) durch, wenngleich seit der vierten Skra (1355–1361) die Bestimmungen des Lübischen Rechts gestrichen wurden. Eine Weitergeltung des Lübischen Rechts im Kontor wird trotzdem angenommen, ders., Auslandsniederlassungen, 2009, S. 58. 279

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Darstellung begünstigte dann das Bild von einem geschlossenen Lübischen Recht, das sogar im fernen Novgoroder Kontor Durchsetzung fand. Der rechtlichen Verfassung der übrigen Kontore wird in den Publikationen kein großer Raum gewidmet.286 Eine Ausnahme stellt das Werk über den Stahlhof von Lappenberg dar.287 Seine monographische Abhandlung über den Stahlhof erörtert die „älteren Statuten“288 und handelt „[v]on einigen rechtlichen Verhältnissen“289, die allerdings in der Hauptsache die Eigentumsverhältnisse am Stahlhof betreffen und dabei wiederum den Streit mit den Engländern um die Rechtsnatur der Hanse aufgreifen. Die Setzung der Statuten behandelte Lappenberg nicht. Er setzte vielmehr die Kenntnisse der früheren Monographien voraus und meinte damit insbesondere die Geschichte des hanseatischen Bundes von Sartorius und die Urkundliche Geschichte des Ursprunges der deutschen Hanse von Sartorius und Lappenberg.290 In der Darstellung der einzelnen Statuten wechseln daher autonom gesetzte Statuten291 mit solchen, die von den Hansestädten erlassen wurden292. b) Das Handels- und Seerecht als Paradigma des hansischen Rechts Die Behandlung von handels- und seerechtlichen Vorschriften im Zusammenhang mit der Hanse fand nicht erst seit dem 19. Jahrhundert statt. Neu waren hingegen die Verknüpfung mit nationalstaatlichen Anschauungen und die herausgehobene Bedeutung der Hanse in diesem Zusammenhang. Befruchtend für die Darstellung des Seerechts dürfte die Sammlung von Rezessen bei Pardessus gewesen sein, aus denen er ein Seerecht der Hanse entnahm.293 Daran orientierten sich später Juristen wie Beseler294 und Goldschmidt295. Bereits sehr früh, in Rauschnicks Werk von 1831, wird der Hanse zugeschrieben, sie habe „das Seerecht begründet“296. Was Rauschnick damit unter dem See 286 Die Monographien zur Hanse behandeln die Kontore nur kurz und äußern sich nicht umfassend zu den rechtlichen Verhältnissen. Siehe zudem den umfangreichen Aufsatz von C. Schumann, Die Deutsche Brücke in Bergen, HGbll., Bd. 18 (1889), S. 53–125, in welchem der Fokus auf den tatsächlichen Verhältnissen in Bergen liegt und Kontorordnungen nur zur Illustration zitiert werden. 287 Lappenberg, Urkundliche Geschichte des Hansischen Stahlhofes zu London, 1851, hier zitiert nach dem Neudruck Osnabrück 1967. 288 Lappenberg, Stahlhof, 1851, S. 23 ff. Abgedruckt im Urkundenbuch, welches im Neudruck zusammenfasst wurde. Die Statuten finden sich unter Nr. CVI., S. 102 ff. 289 Lappenberg, Stahlhof, 1851, S. 152 ff. 290 Lappenberg, Stahlhof, 1851, S. IV (Vorwort). 291 Lappenberg, Stahlhof, 1851, S. 24, über ein Statut vom 5. September 1348. 292 Lappenberg, Stahlhof, 1851, S. 25, auch S. 27: „[hansische] Statuten“. 293 Pardessus, Collection de lois maritimes antérieures au XVIIIe siècle, Bd. 2, 1831, S. 455 ff. 294 Beseler, System des gemeinen deutschen Privatrechts, Bd. 3, 1855, § 248 (S. 461). 295 Goldschmidt, Hansa, 1862, S. 25, der allerdings Pardessus nicht ausdrücklich zitierte. 296 Rauschnick, Hanse, Bd. 1, 1831, S. 62.

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recht verstand, wird nicht deutlich. Seine Ausführungen erinnern eher an Handelsgewohnheiten als ein kodifiziertes Recht.297 Am häufigsten äußerten sich Juristen über ein Seerecht der Hanse. Die Ausführungen bleiben dabei häufig vage. Eichhorn meinte, aus den „Statuten [der Hansetage] […] und aus den Gewohnheiten ihrer Seestädte“ habe sich „nach und nach ein gemeines Seerecht“ gebildet, die „Handelsgewohnheiten [seien] überhaupt die Grundlage eines gemeinen Handelsrechts“298. Gleichwohl relativierte er seine Aussage, indem er „eine umfassende Gesetzgebung über die rechtliche Natur der Handelsgeschäfte“299 nicht nachweisen konnte. In einer Anmerkung am Ende seines Paragraphen über die Hanse behandelte er das Seerecht der Hanse.300 Die „älteste geschriebene Quelle“ sei dabei das visbysche Seerecht, welches sich aus Lübischem Recht, Ausschnitten der Rôles d’Oléron und einer niederländischen Seerechtssammlung zusammensetze. Beachtenswert sind seine Anmerkungen zum lübischen Gehalt dieses visbyschen Seerechts, welchen er nicht als genuin lübisch bestimmte, sondern auf die dort herrschenden Gewohnheiten abstellte.301 Er teilte das Seerecht in einen privatrechtlichen und polizeirechtlichen Teil. Letzterer lasse sich in den Rezessen finden, ersterer habe daneben gestanden.302 Die privatrechtlichen Gewohnheiten bestanden bei Eichhorn aus mehreren Quellen, die gerade nicht auf die Autorität der Hanse oder einer Gesetzgebung derselben zurückgeführt werden können. Die Teilung von privatrechtlichen und öffentlichrechtlichen Aspekten der hansischen Rechtsgeschichte lässt sich bis hin zu Vogels Seefahrtsgeschichte verfolgen.303 Eichhorns Ausführungen können in ähnlicher Form bei O.  v.  Gierke wieder­ gefunden werden, allerdings ohne die Betonung der Gewohnheiten.304 Bemerkens 297

In diese Richtung kann wohl auch Mittermaier, Privatrecht, Bd. 2, 1843, § 530, S. 674 f. verstanden werden: „[die Hanse] erzeugte noch mehr gewisse gemeinschaftliche Ansichten über Handel, die als Norm von allen Handeltreibenden beobachtet wurden“. 298 Eichhorn, Rechtsgeschichte, Bd. 3, 1844, § 433 (S. 297). 299 Eichhorn, Rechtsgeschichte, Bd. 3, 1844, § 433 (S. 297). 300 Eichhorn, Rechtsgeschichte, Bd. 3, 1844, § 433 (S. 297 ff.). 301 Eichhorn, Rechtsgeschichte, Bd. 3, 1844, § 433 (S. 299): „Wenn in einer Handschrift des lübischen Rechts aus dem vierzehnten Jahrhundert Bestimmungen des Seerechts vorkamen, waren diese ohne Zweifel nicht in Lübeck gemachte Satzungen, sondern das was der See­ gebrauch eingeführt hatte; wer sie aufnahm, konnte daher auch wohl beifügen, daß sie dem gemeinen Gebrauch der Hanse angehörten“. 302 Eichhorn, Rechtsgeschichte, Bd. 3, 1844, § 433 (S. 300). 303 Vogel, Geschichte der deutschen Seeschiffahrt, Bd. 1, 1915, S. 361: „Das Gemeine und das Hansische Seerecht sind jedoch durchaus gleichzeitig in Geltung und ergänzen einander, indem das erstere mehr die privatrechtlichen Verhältnisse der am Reedereibetrieb beteiligten Personen regelt, das zweite mehr ihre öffentlichen Rechte und Pflichten bestimmt; doch ist eine scharfe Grenze in diesem Sinne nicht zu ziehen“. 304 O. v. Gierke, Genossenschaftsrecht, Bd. 1, 1868, S. 470: „Sie [die Hanse] regelte durch ihre Gesetzgebung, ihre Beliebungen und Statuten den gesammten Handelsverkehr und schuf so das älteste gemeine Seerecht, eine Handelspolizei und die Anfänge eines gemeinen Handelsrechts“.

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wert ist bei O. v. Gierke, wie er in Normsetzungen die „Anfänge eines gemeinen Handelsrechts“ sah. Für alle zitierten Juristen gilt, dass sie zwar die monographischen Werke der Geschichtswissenschaft zur Hanse – insbesondere die Werke von Sartorius und Lappenberg – zitierten, allerdings eine genaue Begründung ihrer Thesen schuldig blieben. Für Schröder bestand die „Hauptaufgabe“ der Hanse auch in „eine[r] auf Handel und Schiffahrt bezügliche[n] Gesetzgebung“305 und Laubinger sah in „Aufstellung und Durchführung allgemein gültiger Grundsätze in den Fragen der Schiffahrt und des Handels“306 ein Verdienst der Hanse. Die von der Hanse „zusam­mengestellten Bestimmungen“ hätten als „Vorgänger des späteren deutschen Handelsrechts anregend und fördernd gewirkt“.307 Rehme attestierte der Hanse eine „[g]roß[e] […] Bedeutung für die Entwicklung des Handelsrechtes“.308 Die Bedeutung folge aus den „Schöpfungen“, die er im „Ausbau alter Institute, […] [in der] Erweiterung des Umfanges des Handelsrechtes und vor allem […] [in] dessen Vereinheitlichung“ sah.309 Zwar sei ein Teil ungeschriebenes Gewohnheitsrecht geblieben, allerdings sei „[e]in beträchtlicher Teil des Seerechtes“ 1407 abgefasst worden und habe „im Wege der Gewohnheit Gesetzeskraft [erlangt]“.310 Rehme schloss mit der Aussage, „[d]as gemeine hansische Handelsrecht, insbesondere Seerecht behielt Geltung, auch als die deutsche Hanse ihre Bedeutung für den Handel mehr und mehr einbüßte“311. Die These von einem hansischen Handels- und Seerecht, das die Grundlage für ein gemeines Recht gebildet habe, lässt sich somit bis in das 19. Jahrhundert zurückverfolgen und verlor nie ihre Strahlkraft.312 Damit trat eine Innovation ein, die für die vorangegangene Epoche nicht nachgewiesen werden konnte. Dabei be­ handelten die Autoren die Normen als solche, eine Erörterung ihrer Geltung fand nicht statt.313 Die Darstellungen wirken, als sei von einer unmittelbaren Geltung der Seerechte und auch des hansischen Seerechts ausgegangen worden.

305 Schröder, Rechtsgeschichte, 1920, S. 129, nähere Darstellung des Zitats bei D. I.1. Fn. 19. Ebenfalls Schröder/Künßberg, Rechtsgeschichte, 1932, S. 706: „Gesetzgebung in Sachen des Handels und der Schiffahrt“. 306 Laubinger, Hanse, 1929, S. 49 f. 307 Laubinger, Hanse, 1929, S. 51 leider ohne nähere Darlegung. 308 Rehme, Handelsrecht, 1913, S. 139. 309 Rehme, Handelsrecht, 1913, S. 139. 310 Rehme, Handelsrecht, 1913, S. 139. 311 Rehme, Handelsrecht, 1913, S. 140. 312 Siehe auch für die jüngere Vergangenheit W. Ebels Kontinuitätsthese, unten F.II.3.e). 313 Jüngst kritisiert bei Jahnke, Hansisches und anderes Seerecht, in: Albrecht Cordes (Hrsg.): Hansisches und hansestädtisches Recht, 2008, S.  41 (45 ff.). Gegenkritik an Jahnkes Konstruktion bei Frankot, Der Ehrbaren Hanse-Städte See-Recht: Diversity and Unity in Hanseatic Maritime Law, in: Justyna Wubs-Mrozewicz/Stuart Jenks (Hrsg.): The Hanse in medieval and early modern Europe, 2013, S. 109–128.

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Die historischen Schriften enthalten nur gelegentlich Anmerkungen zum Seerecht der Hanse. Möglicherweise hatte diese Materie rein rechtsgeschichtliche Anziehungskraft oder war für die Autoren nicht sehr bedeutend. Eine Ausnahme stellt die Habilitationsschrift von W. Stein von 1900 dar, in der er annahm, die hansischen Normsetzungen sollten ein „System gesetzgeberischer Massnahmen“314 darstellen. Dieses System sollte neben anderen hansischen Maßnahmen „einen Ersatz [bilden] für den Mangel einer die niederdeutschen Interessen wahrenden Reichspolitik, so auch für Niederdeutschland eintreten an die Stelle des fehlenden Reichshandelsrechts und Reichsseerechts“315. W. Stein ging damit von einem be­absichtigten staatsvertretenden Handeln der Hanse aus, die für sich Gesetzgebungskompetenz beansprucht habe. Daenell hingegen legte, wie bereits zitiert, dem städtischen und hier insbesondere dem Lübischen Seerecht einen­ „[hansischen] Charakter“ bei.316 Auffällig ist, dass für die Autoren das Handels- und Seerecht eine geschlossene Rechtsmaterie darstellte, die – wenn auch bloß teilweise verschriftlicht – die gesamtdeutsche Rechtsentwicklung beeinflusst habe. Das Lübische Recht spielte für die juristischen Autoren in diesem Zusammenhang nur eine mittelbare Rolle. Eichhorn, der die lübischen Bestandteile des visbyschen Seerechts betonte, lehnte in diesem Zusammenhang eine genuine Rechtsschöpfung durch Lübeck ab. Wenngleich die Behandlung dieses Themenbereiches hauptsächlich durch Juristen geschah, so deuteten diese das Handels- und Seerecht der Hanse als bedeutende Rechtsschöpfung der Hanse und insoweit als hansisches Recht. Die Bedeutung dieses Rechts folgte nicht zuletzt aus den angenommenen Fortwirkungen auf die deutsche Rechtsgeschichte. c) Die Wirkung der Rezesse Soweit ersichtlich, diskutierte kein Autor, inwieweit den Rezessen eine unmittelbare Wirkung in den Städten zukam. Bereits im Werk von Sartorius und Lappenberg wird von „Recesse[n] oder Protocolle[n] der […] gefassten Beschlüsse“317 berichtet, womit die rein protokollarische Funktion früh bekannt war.318 Frensdorff stellte dann einen deutlichen Vergleich zum Reichstag und den Landtagen her und schrieb von den hansische Rezessen als „parlamentarischen 314

W. Stein, Beiträge, 1900, S. 142. W. Stein, Beiträge, 1900, S. 143. 316 Daenell, Blütezeit, Bd. 2, 1906, S. 332. 317 Sartorius/Lappenberg, Hanse, 1830, S. 67. 318 Siehe zudem die zitierte Wendung „Protokoll- und Recess-Buch“ bei Willebrandt, Chronick, 1748, Vorbereitung S. 16, oben B.II.4. Die abweichende Konjunktion (und statt oder) ist zwar bemerkenswert, sollte aber nicht überbewertet werden. 315

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Protokolle[n]“319. In einer späteren Abhandlung ging er kurz auf „Statuten der Hanse“ von 1417 ein, die offenbar nach seiner Auffassung unmittelbar galten.320 Beachtlich ist bei Frensdorff das Zusammenspiel von Rezessen und Burspraken in seinem Artikel über die ältesten hansischen Rezesse und in seiner Beschreibung der Stadt- und Gerichtsverfassung Lübecks. So beschäftigte er sich zwar mit dem allgemeinen Verhältnis von Rezessen zum Lübischen Recht321 und erwähnte 1861 in seiner Monographie die Bedeutung der Bursprake322, doch schränkte er seine Befunde ein, wenn er meinte, die Burspraken „dienten vielleicht [Hervorhebung] grade auch dazu, neue für die Stadt bestimmte Gesetze zuerst den Bürgern bekannt zu machen.“323 Diese Einschränkung erklärt sich aus Frensdorffs Zurückhaltung bei unklarem Quellenbefund; für die Zeit der „ältesten hansischen Rezesse“ konnte er kaum Bursprakentexte finden.324 D. Schäfer, der die dritte Abteilung der Hanserezesse besorgte, stellte klar, dass es sich bei den Hanserezessen gerade nicht um Abschiede, sondern bloß um Protokolle handelte.325 Doch finden sich zumindest missverständliche Formulierungen wie bei Vogel noch 1915, der über „[förmliche Protokolle]“326 schrieb. Die juristischen Werke neigten häufig zu einem rechtsförmigen Verständnis der Rezesse. Beispielsweise setzte Schröder die Rezesse mit den Beschlüssen gleich327 und auch Rehme328 kann auf diese Weise interpretiert werden.329 Wenn Planitz meinte, es hätten in einigen Fällen „Hanserezesse ein[ge]griffen“330, suggeriert dies ebenfalls eine unmittelbare Geltung. Zwar wurde der Bundescharakter der Hanse zunehmend in Frage gestellt, doch schlug diese Justierung nicht auf die rechtshistorische Frage über die Wirkungen der Rezesse durch. Vielmehr lassen die oben gegebenen Zitate und die Behauptungen,

319

Frensdorff, Entstehung, 1878, S. 341. Frensdorff, Verlöbnis I, 1917, S. 311. 321 Frensdorff, Recesse, 1871, S. 19–22. 322 Frensdorff, Gerichtsverfassung, 1861, S. 164–168. 323 Frensdorff, Gerichtsverfassung, 1861, S. 167. 324 Frensdorff, Recesse, 1871, S. 20. 325 D. Schäfer, Hanse, 1903, S. 77. 326 Vogel, Hanse, 1915, S. 63. 327 Schröder, Rechtsgeschichte, 1920, S. 129: „Die Bundesbeschlüsse (Rezesse) wurden auf den von Lübeck berufenen Hansetagen gefaßt“. 328 Rehme, Handelsrecht, 1913, S. 138: „Die dort [auf den Hansetagen] gefaßten Beschlüsse […] wurden in Rezessen niedergelegt“. 329 Bereits Eichhorn kann in diese Richtung gedeutet werden: „Die Hanse selbst berücksichtigte in den Beschlüssen, welche sie auf Hansetagen faßte, weniger das Privat- See- und Handelsrecht, als die Schifffahrt- und Handelspolicei. Jenes Privatseerecht der Hanse, und der Inhalt der Recesse standen also neben einander“, Eichhorn, Rechtsgeschichte, Bd. 3, 1844, § 433 (S.  300). Ebenso Goldschmidt, Hansa, 1862, S.  25 und Amira: „Weit umfassender ist aber die [Wirksamkeit] der hansischen Beschlüsse (arbitria, statuta, später recessus)“, Amira, Grundriß, 1913, S. 53. 330 Planitz, Handelsrecht, 1926, S. 2. 320

II. Themen

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die Hanse habe ein See- oder Handelsrecht geschaffen, einen unmittel­baren Einfluss der Hanse in städtische Rechtsbereiche vermuten. Ein Teilaspekt, der anscheinend nur in dieser Zeit und nur bei einigen Histo­ rikern Beachtung fand, waren „Grundsätze“, die die Hanse 1366 erlassen haben soll. Beginnend mit einem Werk von Hoffmann wurde angenommen, auf dem Hansetag im Juni 1366331 seien „Grundgesetze“332 oder „Grundsätze“ verabschiedet worden, die die Basis für weitere Beschlüsse gebildet hätten.333 Daenell griff diese Bewertung inhaltlich auf und schrieb von „allgemeinen Bestimmungen“, die 1366 festgelegt wurden.334 Dabei zitierte er Hoffmanns Werk von 1889. Die Wendung vom Grundsatz aus dem Jahre 1366 findet sich zudem in W. Steins Habilitation335 und in Vogels Monographie zur Hanse336. Wird der zitierte Rezess in den Blick genommen337, so fällt zunächst der erheblich größere Umfang auf. Die erwähnten Grundgesetze sind zudem nicht gesondert abgesetzt und Hoffmanns Zählung (Nr. 1–5) ist insoweit missverständlich. In Koppmanns Einleitung338 spielten diese Normen weiterhin keine Rolle. Die Ausdrücke „Grundgesetze“ oder schwächer „Grundsätze“ machen nur Sinn, wenn der Hanse eine unmittelbare Einwirkung auf die damalige Rechtswelt zugesprochen wird. Somit scheint auch hier die Vorstellung einer übergeordneten, verbindliche Normen setzenden Hanse die Darstellungen beeinflusst zu haben. Ein Unterschied zu der rechtsgeschichtlichen Darstellungen der Juristen liegt hier in der Ausrichtung auf das Binnenverhältnis der Hanse.

331

HR I, 1, 1870, n. 376. Hoffmann, Hansetage, 1884, S.  9; ders., Geschichte, Bd.  1, 1889, S.  122 f.; ders., Geschichte der Freien und Hansestadt Lübeck, Bd. 2, 1892, S. 67 (letztere Fundstelle bezieht sich auf einen Hansetag 1579 und nennt die dort gefassten „Grundsätze“). 333 Hoffmann, Geschichte, Bd. 1, 1889, S. 122 f.: „1) Niemand soll sich der Privilegien und Freiheiten der Deutschen erfreuen, wenn er nicht Bürger einer Stadt der deutschen Hanse ist. 2) Niemand soll Altermann in Flandern Bergen (Novgorod) sein, wenn er nicht Bürger einer Stadt der deutschen Hanse ist. 3) Niemand soll als Kaufmann Novgorod besuchen, wenn er nicht in dem Recht und der Hanse der Deutschen einbegriffen ist. 4)  Niemand soll schiff­ brüchiges oder durch Land- oder Seeraub gewonnenes Gut kaufen noch in einer der Städte unterbringen. 5) Keine Stadt soll dem, der in einer andern Stadt geächtet ist, Sicherheit gewähren, außer bei notwendiger Ursache oder auf Verlangen der Landesherren.“ 334 Daenell, Geschichte der deutschen Hanse in der zweiten Hälfte des 14.  Jahrhunderts, 1897, S. 5. 335 W. Stein, Beiträge, 1900, S. 110. 336 Vogel, Hanse, 1915, S. 63. 337 HR I, 1, 1870, n. 376. 338 HR I, 1, 1870, S. 327 ff., besonders S. 329. 332

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III. Methoden und Prämissen Die Darstellung der Methoden und Prämissen der Forschung dieser Zeit ist wegen des Nebeneinanders von Geschichtswissenschaft und Rechtsgeschichte problematisch. Zwar können allgemeine Bemerkungen zur geschichtswissenschaftlichen Hanseforschung getätigt werden, doch gerade im Bereich der Rechtsgeschichte zeigen sich Probleme. Die germanistische rechtsgeschichtliche Forschung des 19. Jahrhunderts war von verschiedenen methodischen und politischen Strömungen geprägt.339 Mit dem Ende des Alten Reiches verlor die Rechtsgeschichte immer mehr ihre Funktion als Legitimationsgeschichte für das geltende Recht.340 Insbesondere im Staatsrecht waren historische Herleitungen des geltenden Rechts mit den Umwälzungen ab 1803/06 hinfällig geworden.341 Ungefähr zeitgleich erhob sich indes die Rechtsgeschichte durch Eichhorn zum eigenen Fach und ging im Bereich des Privatrechts zu einer historisch-dogmatischen Methode über. Der Umschwung in Bezug auf die Hanse bei den Juristen, von der staatsrechtlichen Deutung hin zu einer mehr privatrechtlichen, dürfte hierdurch motiviert worden sein. Im Verlauf des 19. Jahrhunderts wurden zwar weiterhin Begriffe retrospektiv gebildet, doch lockerte sich die Verbindung von Rechtsgeschichte und Rechtsdogmatik immer weiter.342 Allerdings wird noch für das beginnende 20. Jahrhundert konstatiert, „der Umbau der Rechtsgeschichte [blieb] auf halbem Weg stehen“.343 Zwar spielte die Dogmatik für die Rechtsgeschichte eine immer geringere Rolle, doch der Zugriff auf den Stoff erfolgte weiterhin „nach normativen Begriffen“.344 Diese unvollkommene Transformation, die konsequenterweise ein (ungewolltes) Aufgehen der Rechtsgeschichte in der Geschichtswissenschaft erfordert hätte, dürfte mitursächlich für die unterschiedliche Darstellung der rechtlichen Seite der Hanse in den Wissenschaften gewesen sein (weiterer Aspekt unten D.III.2.). Zudem verstärkte das Scheitern von 1848/49 die Tendenz, vom Idealismus Abschied zu nehmen und den Positivismus verstärkt als das wissenschaftliche Paradigma der Jurisprudenz anzusehen.345 In diesem Klima erschienen dann auch die geschichtswissenschaftlich ausgerichteten Werke, wie beispielsweise Waitz’

339 F. L. Schäfer, Germanistik, 2008, S. 478–504, zu national(istisch)en und politischen Einflüssen, ders., Germanistik, 2008, S. 633–649. 340 F. L. Schäfer, Germanistik, 2008, S. 483. 341 Stolleis, Die Historische Schule und das öffentliche Recht, in: Michael Stolleis (Hrsg.): Die Bedeutung der Wörter, 1991, S. 495 (506). 342 F. L. Schäfer, Germanistik, 2008, S. 487 zu Amiras Kritik, S. 488 zu H. Brunner. 343 F. L. Schäfer, Germanistik, 2008, S. 659. 344 F. L. Schäfer, Germanistik, 2008, S. 659. 345 Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland, Bd.  2, 1992, S.  275–277. Dazu auch mit weiteren Aspekten Dilcher/Kern, Die juristische Germanistik des 19. Jahrhunderts und die Fachtradition der Deutschen Rechtsgeschichte, ZRG GA, Bd. 101 (1984), S. 1 (21–24).

III. Methoden und Prämissen

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Verfassungsgeschichte und die Quelleneditionen. Der Nestor der hansischen Editionen, Waitz, wurde von seinen Erfahrungen in der Paulskirche tief geprägt. Sein Schüler Frensdorff charakterisierte daher Waitz’ Bestreben in der Geschichtswissenschaft dahin, „die historische Wissenschaft unbeirrt von den Stimmungen und Wünschen der Gegenwart zu erhalten“.346 Schließlich waren viele Germanisten politisch stark engagiert, wenngleich keine einheitliche politische Linie für alle Germanisten oder gar alle rechtshistorisch arbeitende Juristen gegeben werden kann.347 1. Die wendischen Städte als treibende Kraft der Hanse Für die Autoren – und womöglich wichtiger: für die Editoren der hansischen Quellen  – waren die Städte der entscheidende Faktor bei der Entstehung der Hanse. Seit der von Lappenberg stammenden Einleitung zur zweiten Auflage des Werkes von Sartorius galt es als unbestrittene Erkenntnis, dass die Hanse aus den Vereinigungen der Kaufleute im Ausland und den Städtevereinen im Inland hervorgegangen sei. Da späterhin die Städte als alleinhandelnd angesehen wurden, lag es nahe, den Städten eine hohe Stellung in der hansischen Genesis zuzuschreiben. Dies manifestiert sich deutlich in Koppmanns einleitenden Worten im ersten Band der Edition der Hanserezesse. Er definierte die Hanserezesse als „die Beschlüsse, welche von den verschiedenen Vertretern der verbündeten Hansestädte im Namen dieser vereinbart sind“, diese Bedeutung sei auf das Protokoll der Verhandlungen übertragen worden und in diesem letzteren Sinne gebrauche er den Ausdruck Hanserezess.348 Da diese „Begriffsbestimmung“ bei den Städten anknüpfte, verwarf er eine Quellenauswahl, die bei den ausländischen Kaufmannszusammenschlüssen angesetzt hätte, sondern stellte maßgeblich auf die städtischen Versammlungen, insbesondere die Hansetage, ab.349 346 Frensdorff, Waitz, Georg W., in: ADB, Bd. 40, 1896, S. 602 (628). Ausführliche Darstellung von Waitz’ politischer Tätigkeit während 1848/49 dort S. 608–611. Frensdorff resümierte über diese Zeit mit einem Zitat Waitz’, S. 625 f.: „Die Zeit, da er sich an der praktischen Politik betheiligt hatte, mochte er | in seinem Leben nicht missen, so bereitwillig er auch ihre Irr­ thümer eingestand. ‚Es war ein schöner Traum, binnen wenigen Frühlingsmonaten Einheit und Freiheit Deutschlands begründen zu können, eine vermessene Hoffnung, Deutschland werde, wenn in den Strudel der Revolution hereingezogen, wie aus einem Bade frisch und gekräftigt hervorgehen. Das Scheitern der Bewegung war aber nicht nur ein Unglück, sondern auch eine Schuld, und diese mußte gesühnt werden.‘ Er schämte sich nicht durch die Ereignisse und die in ihnen gemachten Erfahrungen belehrt zu sein, verzichtete aber auf die Kunst derer, die das am meisten schmähen, wofür sie früher am eifrigsten gewirkt haben, und so unhistorisch sind, die später gewonnene Einsicht in frühere Perioden zurückzuversetzen“. 347 F. L. Schäfer, Germanistik, 2008, S. 639–649. 348 HR I, 1, 1870, S. IX. 349 HR I, 1, 1870, S. IX. Auseinandersetzung mit der von Koppmann getroffenen Urkunden­ auswahl und Terminologie bei Jahnke, Die Hanse, HGbll., Bd.  131 (2013), S.  1–32. S.  25: „definitiv falsch“.

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Die Hanse war damit einem Städteverein gleichgesetzt. Die Auswahl der zu publizierenden Urkunden richtete sich an dieser Prämisse aus. Da die Hanse als solche nicht gegründet wurde und ihre Entstehung noch heute Fragen aufwirft350, kann eine Auswahl der Quelleneditoren die gesamte nachfolgende Forschung beeinflussen. Bei diesen Annahmen Koppmanns handelt es sich gleichwohl um die Gemeinplätze der damaligen Forschung. Koppmann ging weiterhin davon aus, „der hansische Städteverein ist seinem eigentlichen Wesen nach ein Bund der deutschen Ostseestädte, und seine Anfänge können deshalb nur in der Verbindung Lübecks mit den andern wendischen Städten […] gefunden werden“351. Damit verengte er die vorhergenannte Prämisse weiter auf die wendischen Städte. Das hansische Urkundenbuch, welches Höhlbaum edierte, widmet sich der „Vorgeschichte des Bundes“352, geht aber von denselben Prämissen wie Koppmanns Werk aus. Mögen die Quellenpublikationen in ihrer Folge zwar die mit ihnen erhobenen Prämissen einer staatsähnlichen Hanse widerlegt haben,353 so darf aber nicht un­ berücksichtigt bleiben, inwieweit sie den Fokus auf die wendischen Städte und insbesondere Lübeck legten. Unabhängig davon, wie man aus heutiger Sicht diese travezentrische Sichtweise bewertet, eröffnete diese Grundannahme im rechtsgeschichtlichen Bereich der Hanse eine nähere Auseinandersetzung mit den Stadtrechten. Die nationalstaatliche Sicht, welche die wendischen Städten erst in diese herausgehobene Position beförderte, beeinflusste dabei einerseits die allgemein rechtsgeschichtlichen Darstellungen zur Hanse (sogleich unten 2.), andererseits natur­ gemäß die Einbeziehung der Stadtrechte (sogleich unten 3.). 2. Die nationalstaatliche Sicht und die hansische Verfassungsgeschichte Die Frage der Rechtsnatur der Hanse knüpfte nicht an die vorherigen staatsrechtlichen Diskussionen an, sondern kreiste um den Bundesbegriff. Die Geschichtswissenschaft benutzte den Bundesbegriff lediglich als idealtypische Folie und musste erkennen, dass die Hanse kein Bund in ihrem Begriffsverständnis war. Die Rechtsgeschichte hingegen, die die Hanse nicht als solche behandelte, sondern in ihr Lehrgebäude einfügen wollte, beteiligte sich nicht an dieser Diskussion und 350

Jahnke, Hansebegriff, 2013, S. 15–30. HR I, 1, 1870, S. X. 352 HUB I, 1876, S. IX. 353 Friedland, Die Hanserezesse der frühen Neuzeit, in: Gerhard Heitz/Manfred Unger (Hrsg.): Hansische Studien, 1961, S. 72 (75). 351

III. Methoden und Prämissen

111

nahm eine bundesstaatliche Verfassung an. Die Verbindung könnte die nationalstaatliche Ausrichtung der Forschung sein. Es ist heute Gemeinplatz der Wissenschaftsgeschichte, dass die Forschung des 19. Jahrhunderts ihre zeitgenössischen Begriffe zum Staatsaufbau auf das Mittelalter projizierte und so zu Missverständnissen anregte.354 Im Rahmen der hansischen Forschung muss insoweit allerdings differenziert werden. Die geschichtswissenschaftlichen Werke dieser Zeit suchen zwar nach einer Verfassung der Hanse – bereits dies könnte ein methodischer Anachronismus sein – können sie aber nicht finden und nehmen daher eine schwache oder unvollkommene Verfassung an. Die rechtsgeschichtlichen Publikationen, insbesondere die Lehrbücher, unterstellen aber vielfach eine starke und bundesstaatliche Verfassung. Die damit zusammenhängenden Probleme fanden auf mehreren Ebenen statt.355 Wie in der Wissenschaft bereits untersucht, hatten die Autoren im 19. Jahrhundert Leitbilder für ihre Verfassungsgeschichtsschreibung vor Augen. Beschrieben nun dieselben oder von diesen beeinflusste Autoren die Hanse, so wurde die Hanse im Lichte dieser Leitbilder gesehen. Dies wiederum konnte nicht ohne Auswirkung auf die rechtliche Darstellung der Hanse bleiben. Sei es die Operation mit apriorischen Rechtsbegriffen356, die der Rechtswissenschaft diagnostiziert wird, oder im speziellen Fall die Annahme von Recht. Es soll nicht verkannt werden, dass die rechtshistorische Untersuchung von lang vergangenen, nur unvollständig überlieferten Zusammenhängen methodische Probleme aufwirft, die womöglich die gesamte Beschäftigung mit dem Gegenstand in Frage stellen können. In hermeneutischer Hinsicht können Wort (sprachliches Zeichen), Sache (Extension) und Begriff (Intension) unterschieden werden.357 Die Quellen – und letztlich kann die Geschichte der Hanse nur diese heranziehen, da Darstellungen zur Hanse bloß ein Bild auf Grundlage der Quellen entwerfen können – verwenden aber lediglich Worte. Weder verhalten sie sich zu den damit gemeinten Begriffen, noch können im rechtlichen Zusammenhang Sachen herangezogen werden. Letzteres hängt bereits mit dem Spezifikum des Rechts zusammen: der Identität von Sache und Begriff. Selbst wenn eine Quelle also den Ausdruck „Recht“ (oder ein sprach 354

Böckenförde, Die deutsche verfassungsgeschichtliche Forschung im 19.  Jahrhundert, 2.  Aufl., 1995, S.  IV; zum Problem der Begriffe im Staatsrecht und dem Streit zwischen O. v. Gierke und Laband, Oexle, Macht und Grenzen des Historismus, in: Christine Ottner/ Klaus Ries (Hrsg.): Geschichtsforschung in Deutschland und Österreich im 19. Jahrhundert, 2014, S. 11 (21); zu O. v. Gierke, Oexle, Gierke, 1988; zu einem vergleichbaren Aspekt für das Gesellschaftsrecht Cordes, Gesellschaftshandel, 1998, S. 42 Fn. 125. 355 Allgemein zu Problemen der Geschichtswissenschaft: Wiersing, Geschichte, 2007, S. 723–741. 356 Böckenförde, Forschung, 1995, S.  177 ff. Es sei nochmals auf den Streit zwischen O. v. Gierke und Laband verwiesen bei dem sich Laband durchsetzte, der die staatsrechtlichen Begriffe aus dem Bismarckreich ableiten wollte und diese Begriffe dann als ein für alle Mal gültig ansah, Oexle, Historismus, 2014, S. 21 m. w. N.; ders., „Begriffsgeschichte“ – eine noch nicht begriffene Geschichte, Philosophisches Jahrbuch, Bd. 116/II (2009), S. 381 (393–395). 357 Siehe dazu die Nachweise oben A. I. Fn. 1.

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liches Äquivalent in der lateinischen oder mittelniederdeutschen Sprache)358 oder „Verfassung“ verwendet, ist damit noch nichts über den Begriff gesagt. Im Übrigen unterliegen Begriffe einem Wandel und sind selbst geschichtsgebunden. Letztlich konstruieren die Begriffe die Vergangenheit und sind nicht ein für alle Mal gültig.359 Suchen Autoren nun nach einer Verfassung der Hanse und können diese nicht finden, so könnte das Gefundene dem eigenen Begriff von Verfassung gegenübergestellt und damit herabgewertet werden.360 Die Geschichtswissenschaftler sprachen sich der Sache nach für eine schwächer ausgeprägte Verfassung als im Alten Reich aus. Deutlich distanzierte sich D. Schäfer in seiner populären Monographie von „[m]oderne[n] Vorstellungen von staats- und völkerrechtlichen Bildungen“ in Bezug auf die Hanse361 und bereits von Sartorius und Lappenberg wurde in Frage gestellt „[ob] man unserer Ausdrücke sich bedienen darf“362. Oexle verwies auf einen Streit zwischen O. v. Gierke und Laband aus den 1880ern über die Rechtsbegriffe: Laband habe die Rechtsbegriffe aus dem Bismarckreich als der „ultimativen Form der Staatlichkeit in Deutschland“ ableiten wollen, die dann „ein für allemal gültig seien“.363 O. v. Gierke hingegen sei sich der „historisch-kulturelle[n] Bedingtheit [der Rechtsbegriffe] und damit […] [ihrer] ständige[n] Wandelbarkeit“ bewusst gewesen.364 Es kann also nicht behauptet werden, begriffskritische Überlegungen seien dieser Zeit unbekannt gewesen. Wie gezeigt, wurde der Bundesbegriff als solcher in der hansischen (Geschichts-)Forschung diskutiert. Indes verschwand er für lange Zeit nicht als idealtypische Folie zur Bewertung der hansischen Verfassung. Anscheinend war aber die Kommunikation zwischen hansischen Historikern und Rechtshistorikern gestört. Zwar wurden die Werke der Historiker, wenngleich vornehmlich die Klassiker wie Sartorius, zitiert, die differenzierten Ergebnissen aber nicht übernommen. Möglicherweise verführte die nationalstaatliche Rhetorik der hansischen Geschichtswissenschaft zu der Annahme, die Hanse sei weiterhin als starkes staatliches Phänomen zu deuten. 358 Dabei stellt sich das weitere Problem, ob es sich tatsächlich um ein Äquivalent handelt oder ob mit der vermeintlich entsprechenden Bezeichnung weitere oder weniger Begriffsmerkmale verbunden sind. 359 Damit vertritt der Verfasser eine Position, die Oexle kantianisch nennt und die von einer Beschränktheit der eigenen Erkenntnis ausgeht, kurze Erläuterung unten bei E.III.1. Die Frage, „wie es eigentlich gewesen sei“ (Ranke, dazu: Oexle, Problemgeschichten, 2006, S. 34 f.) muss dann nach dieser Position verfehlt sein, weil sie durch unsere Erkenntnis nicht beantwortet werden kann. Gleichwohl schließt dies nicht die Verwendung von Begriffssystemen aus, weil wir ansonsten die Geschichte nicht erfassen können. Die Reflexion über die Beschränktheit dieser Begriffssysteme zwingt aber zur Zurückhaltung, insbesondere was die nicht dokumentierte Motivation der handelnden Akteure betrifft. 360 Cordes, Gesellschaftshandel, 1998, S.  4 f. zur Suche nach der offenen Handelsgesellschaft im Lübischen Recht des 14. Jahrhunderts. 361 D. Schäfer, Hanse, 1903, S. 78, bereits oben D.II.2.b) Fn. 161. 362 Sartorius/Lappenberg, Hanse, 1830, S. 88, bereits oben D.II.2.b) Fn. 155. 363 Oexle, Historismus, 2014, S. 21. 364 Oexle, Historismus, 2014, S. 21.

III. Methoden und Prämissen

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Ein Beispiel stellt D. Schäfers Kurzdarstellung zur Hansegeschichte dar. Er begann mit allgemeingehaltenen, weltgeschichtlichen Ausführungen insbesondere zur Seegeschichte und machte für die deutsche Geschichte drei bedeutende Er­ eignisse aus: die Kolonisation im 12. und 13. Jahrhundert, die Reformation und den Aufstieg Preußens.365 Die Ostsiedlung, die von den Zeitgenossen nicht als deutsche verstanden wurde,366 wird hier zu einem nationalen Faktor. Diese nationalstaatliche Rhetorik setzt sich fort, indem er im Zerfall des Karolingerreiches den „Boden für die Errichtung nationaler Staaten“ sah.367 Mit der Ostsiedlung ging er zur hansischen Geschichte über, die bei D. Schäfer auch einen Fokus auf deutsche, nationalstaatliche Faktoren hatte. So betonte er die Bedeutung der (deutschen) Städtegründungen und die Bewidmung mit Lübischem und Magdeburger Recht368, weiterhin die Bezeichnung der in Flandern handelnden Kaufleute als „Kaufleute des römischen Reiches“369 und sah bei den handelnden Personen der Zeit einen „Machtgedanken [des Reiches]“370. Die gesamte Terminologie und die gewählten Beispiele laufen auf eine quasistaatliche Konstruktion der Hanse hinaus. Ob für die Kaufleute tatsächlich der Reichsgedanke irgendeine Bewandtnis hatte – immerhin wurde an anderen Stellen das Desinteresse des Reiches an der Hanse behauptet – wurde nicht weiter untersucht. Die quasistaatlichen Grundannahmen forderten dann zwar die Suche nach einer Verfassung der Hanse, sie führte aber bei D. Schäfer und anderen zu einem negativen Befund.371 Weiterhin postulierte er die Hanse als „Vertreterin der deutschen Interessen zur See“372. Zwar enthalten die Quellen Ausdrücke wie „dudesche hense“, sie ver­ halten sich aber nicht zu den inneren Beweggründen der handelnden Personen. Indem D.  Schäfer diesen Personen ein Handeln im nationalstaatlichen Sinne beilegte, transferierte er nationale Vorstellungen seiner Zeit in die Quellen. D. Schäfer stand mit seinen Vorstellungen nicht allein und begründete diese Tradition auch nicht. Bereits die Editoren der hansischen Quellen, hier insbesondere Koppmann und Höhlbaum, sahen eine „politische Bedeutung“373 der Hanse, deren Bürger „aus eigenem Trieb […] für das spätere Mittelalter die Vertreter der gesammten deutsch-nationalen Politik gegenüber den Slaven und den Skandinaven geworden [sind]“374. 365

D. Schäfer, Hanse, 1903, S. 11. Wippermann, Drang, 1981, S.  21: „bis zum Ende des 18.  Jahrhunderts noch gar nicht ‚entdeckt‘“. Siehe zudem oben D.II.3.c). 367 D. Schäfer, Hanse, 1903, S. 11. 368 D. Schäfer, Hanse, 1903, S. 16–18. 369 D. Schäfer, Hanse, 1903, S. 26. 370 D. Schäfer, Hanse, 1903, S. 32. 371 D. Schäfer, Hanse, 1903, S. 74: „Auch später hat sich nie etwas entwickelt, was einer vereinbarten Bundesverfassung auch nur ähnliche sähe“. 372 D. Schäfer, Hanse, 1903, S. 74. Auch dort: „das mittelalterliche Deutschland auf dem Meere“. 373 HR I, 1, 1870, S. XIII. 374 HUB I, 1876, S. VIII. 366

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Gingen die Editoren noch von einem hansischen Bund aus, so zerschlug sich dieses Postulat verhältnismäßig schnell. Es erscheint somit angebracht, zwischen den nationalstaatlichen Idealvorstellungen der hansischen Geschichtswissenschaftler und ihren Ergebnissen zu trennen. Die nationalstaatlichen Leitbilder führten nicht dauerhaft dazu, die hansische Verfassung deduktiv aus einem aktuellen Bundesverständnis heraus zu konstruieren. Ohne Wirkung blieb die Terminologie möglicherweise aber nicht. Wie dargestellt, ordnete die Rechtsgeschichte und hier insbesondere die Lehrbücher zur Rechtsgeschichte die Hanse als Städtebund oder Bundesstaat ein. Die deutsche Rechtsgeschichte mag ihre Verbindung zum geltenden Recht im Verlauf des 19. Jahrhunderts gelockert haben, doch die retrospektive Begriffsbildung wurde, wie bereits erwähnt, nicht aufgegeben.375 Es erscheint aber zu kurz gegriffen, die unkritische Annahme einer starken Bundesverfassung lediglich auf die retrospektive Begriffsbildung zu stützen. Die hansische Geschichtsschreibung verfuhr insoweit nicht anders, sie kam aber zu anderen Ergebnissen. In der Rechtsgeschichte war die Beschreibung der Hanse als Bund nicht eine bloße Folie, sondern vielmehr das Ergebnis. Im Sinne der obigen Trennung kann daher gesagt werden, dass die nationalstaatliche Rhetorik übernommen und sogar durchgeführt wurde, die eigentlichen Ergebnisse der hansischen Geschichtsforschung aber nicht. Es scheint ebenfalls nicht angebracht, die Ergebnisse lediglich auf ein Desinteresse der Rechtsgeschichte an der Hanse zu gründen. Selbst ein Rechtshistoriker wie Planitz charakterisierte die Hanse als strikt organisierten Bund. Möglicherweise liegt daher eine weitere Erklärung in der bloß gelockerten aber nicht durchgeführten Trennung von Dogmatik und Geschichte. Wenn die Hanse kein (Städte-)Bund war und daher nach retrospektiver Begriffsbildung die Schaffung und Durchsetzung von Recht erhebliche Begründungsschwierigkeiten aufgewiesen hätte, wären einerseits ihre Einordnung in die traditionelle Stoffanordnung und andererseits die zuweilen behaupteten rechtsgeschichtlichen Fortwirkungen (Schaffung des Seeund Handelsrechts) schwer gefallen. Ein besonderes Problem stellt die Verwendung des Attributs „hansisch“ dar.376 Wurde dieses Attribut377 zu leichtfertig gebraucht, so suggerierte dies eine über­ geordnete und ordnende Instanz, deren Bestehen erst zu beweisen wäre. Zudem nivellierte der Gebrauch die geschichtliche Entwicklung der Hanse. Es wurde häufig nicht deutlich, welcher Epoche der hansischen Geschichte die gefundenen Ergebnisse zugeordnet wurden. Dies betrifft insbesondere die Juristen wie Rehme, der augenscheinlich von einer hierarchisch geordneten, durch Mehrheitsbeschluss entscheidenden Hanse ausging, die das See- und Handelsrecht geschaffen habe.378 375

F. L. Schäfer, Germanistik, 2008, S. 484, 659. Zu diesem Problem im Zusammenhang mit der Ausgabe der Hanserezesse von Koppmann: Jahnke, Hansebegriff, 2013, S. 15 f., 21, 25. 377 Gleichbedeutend ist insoweit das Präfix „Hanse-“. 378 Rehme, Handelsrecht, 1913, S. 138 f. Oben D.II.2.a), Text bei Fn. 151. 376

III. Methoden und Prämissen

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Diese rechtsgeschichtlichen Erweiterungen der Hansegeschichte können nicht, jedenfalls nicht im selben Umfange bei den Geschichtswissenschaftlern nachgewiesen werden. Rehmes Ausführungen lassen vermuten, dass er von einem Recht im modernen Sinne mit unmittelbarer Geltung ausging.379 Die bei Rehme anklingende Bedeutung der Hanse für das Handelsrecht steht in einer Tradition, die schon bei Eichhorn und später bei O. v. Gierke nachgewiesen werden kann.380 Die systematische Ordnung von Rechtssätzen zu in sich geschlossenen Systemen, wie denen des Handelsrechts, gehört freilich dem 19. Jahrhundert an. Somit liegt es hier nahe, dass die Autoren ihre an der gelehrten Rechtswissenschaft ausgeprägten Begriffe auf die rechtlichen Verhältnisse der Hanse übertrugen. Die Arbeiten von Frensdorff und Planitz, die verstärkt auf städtische Quellen abstellten und sie als hansische etikettierten,381 können nicht als Gegenbeispiel angeführt werden. Zwar kann nicht behauptet werden, sie hätten das hansestädtische mit dem hansischen Recht gleichgesetzt, doch nahmen sie eine Verbindung zwischen den Rechtsquellen an, um so ihren Beweis führen zu können. Zudem zog jedenfalls Planitz auch Hanserezesse heran, sodass bei ihm die Annahme einer ordnenden Hanse naheliegt. Beachtenswert ist hier zudem die Prämisse innerhalb und sogar über einzelne Stadtrechtsfamilien382 hinweg seien die Rechtszustände insoweit übereinstimmend gewesen, dass eine vergleichbare Perspektive eingenommen werden könnte. Zusammenfassend muss daher zwar eine gegenseitige Beeinflussung der hansischen Geschichtswissenschaft und Rechtsgeschichte angenommen werden, die sich indes nicht schlicht ergänzten. Bis zum Bundesbegriff verlief die Diskussion synchron, danach hingegen spalteten sich die Wissenschaften. Brach die Geschichtswissenschaft die Diskussion an dieser Stelle ab und diagnostizierte lediglich eine unvollkommene Verfassung, verhielt sich dann aber nicht weiter zu rechtsgeschichtlichen Wirkungen der Hanse, so bejahte die Rechtsgeschichte gerade die bundesstaatliche Verfassung und zog daraus weitere Schlüsse. Offenbar konnte die personelle Verflechtung, die sich im Hansischen Geschichtsverein zeigte, darüber nicht hinweg helfen.

379 Zu Rehmes universalgeschichtlichem Ansatz, der aber trotzdem die Quellen für das Gesellschaftsrecht berücksichtigte, Cordes, Gesellschaftshandel, 1998, S. 25–28. 380 Oben D. I.1. Nach Eichhorn schuf die Hanse die „Grundlage eines gemeinen Handelsrechts“, nach O. v. Gierke „die Anfänge eines gemeinen Handelsrechts“, zudem die Nachweise oben bei D.II.4.b), insbesondere die Zitate von Laubinger und Rehme. 381 „[Hansische] Recesse“, Frensdorff, Recesse, 1871, obwohl Frensdorff erkannte, dass zu dieser Zeit bloß die wendischen Städte zusammenwirkten. Später bezeichnete er diese Rezesse als „[vorhansisch]“, ders., Verlöbnis I, 1917, S. 292; der Titel geht indes von „hansischen Rechtsquellen“ aus, Frensdorff, Verlöbnis I, 1917; ders., Verlöbnis II, 1918; „hansisches Handels- und Verkehrsrecht“ Planitz, Handelsrecht, 1926. 382 Zur Verwendung dieses Ausdrucks kritisch, ihn aber trotz Bedenken weiterverwendend: Dusil, Die Soester Stadtrechtsfamilie, 2007, S. 319–323.

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D. 19. und beginnendes 20. Jahrhundert: Hansisches Recht in den Städten  

3. Die Stadtrechte und die Hanse in methodologischer Sicht Wie bereits bemerkt383, entdeckte die hansische Wissenschaft die Stadtrechte erst ab dem Werk von Sartorius und Lappenberg für sich. Es ist nun zu klären, warum die Stadtrechte erst zu dieser Zeit derart in das Blickfeld geraten konnten und wie die Stadtrechte verarbeitet wurden. Für die Soester Stadtrechtsfamilie stellte Dusil neuerdings in einem wissenschaftsgeschichtlichen Abriss dar, wie die Wissenschaft ab dem 19.  Jahrhundert mit „organologischen Metaphern“ den Ausdruck der Stadtrechtsfamilie ent­ wickelte.384 Für das Alte Reich konnte er die Entdeckung des Ausdrucks von Stadtrechtsfamilien nicht nachweisen, vielmehr sei die Wissenschaft von „Zweierbindungen“ ausgegangen.385 Mit dem Aufkommen der Stadtrechtsfamilien ab der Mitte des 19. Jahrhunderts sei eine „Ordnungsfunktion“ verbunden worden; in das Blickfeld seien nicht mehr die einzelnen „Rechtspartien“, sondern das Stadtrecht als „Einheit“ geraten386. Der zuerst nur als „Forschungsbegriff“ benutzte Ausdruck der Stadtrechtsfamilie sei ab 1870 ohne die organologischen Metaphern verwendet worden, sein Begriff habe sich in eine „reale Existenz in der Vergangenheit“ gewandelt und die Wissenschaft habe sich nun darauf konzentriert, wer Mitglied dieser Stadtrechtsfamilien gewesen sei.387 Werden diese Erkenntnisse mit den oben insbesondere für das Lübische Recht genannten Entwicklungen verglichen, so zeigt sich in zeitlicher Hinsicht eine bemerkenswerte Übereinstimmung. Ungefähr zu dem Zeitpunkt, zu dem Dusil die „organologischen Metaphern“ meint nachweisen zu können, erschien das Lübische Recht als ein gesonderter Aspekt in der Behandlung der Hanse. Dabei wurde ebenfalls nicht unterschieden, welche Aspekte des Lübischen Stadtrechts die einzelnen Städte verbunden haben sollen. Die Autoren beschränkten sich auf die Nennung der Verleihungsurkunden oder untersuchten das vornehmlich in Lübeck geltende Recht.388 Damit war aber nicht untersucht, in welchem Umfang Übertragungen auf die übrigen Städte stattfanden. Die Verbundenheit der Städte Lübischen Rechts

383

Oben D.II.3. Dusil, Stadtrechtsfamilie, 2007, S. 22 ff. 385 Dusil, Stadtrechtsfamilie, 2007, S. 27. 386 Dusil, Stadtrechtsfamilie, 2007, S. 32. 387 Dusil, Stadtrechtsfamilie, 2007, S. 33. 388 Draeger, Stadtrecht, 1913, dort S. 18 f.: „ein Stadtrecht [konnte] nicht ohne jede Verände­ rung für eine andere Stadt passen“. Auch Frensdorff, Formen, 1872. Differenzierend ­Böttcher, Verbreitung, 1913, S. 20: „Die Verleihung des lübischen Rechtes an eine andere Stadt schliesst nicht die Übertragung aller Rechte und Freiheiten Lübecks auf die Tochterstädte in sich, sondern bedeutet nur, dass manche Verfassungs- und Verwaltungseinrichtungen, sodann Rechtsgrundsätze, die im Gerichtsverfahren Lübecks beobachtet wurden, und vor allem Bestimmungen des lübischen Privatrechtes in der Tochterstadt in Ausnahme kamen“. Frensdorff untersuchte für Ripen die lübischen Bestandteile: Frensdorff, Das Stadtrecht von Ripen in seinem Verhältniss zu dem von Lübeck, HGbll., Bd. 12 (1883), S. 87–110. 384

III. Methoden und Prämissen

117

war damit zunächst ein Postulat, welches zwar durch Quellen scheinbar gestützt war, aber doch der näheren Ausführung bedurft hätte. Die Vorgehensweise bei der Benutzung der These von der Bedeutung des Lübi­ schen Rechts soll hier kurz nachgezeichnet werden. Dafür bietet sich D. ­Schäfers Monographie über die Entstehungszeit der Hanse an, da diese mit Einzelnachweisen versehen ist. Sie zeigt darüber hinaus die Verwendung dieser Thesen in der Geschichtswissenschaft. D.  Schäfer beschrieb in einem Kapitel, angelehnt an die vorherrschende Sicht von der Kaufmanns- zur Städtehanse, zunächst die Kaufmannsvereinigungen im Ausland und dann die Städtebündnisse im Norden Deutschlands. Bei letzteren kam er auf die wendischen Städte und postulierte ihre „überwältigende Bedeutung für die Entstehungsgeschichte des hansischen Bundes“389. Lübeck sei für die wendischen Städte wie ein „natürliche[r] Mittelpunkt“ gewesen, neben anderen Faktoren auch wegen des „Glanz[es], der durch die Verbreitung des lübischen Rechtes auf das Handelsemporium der Ostsee fiel“.390 Als Beleg für die Oberhofstellung verwies D. Schäfer auf Urkunden, die bei Michelsen391 abgedruckt sind oder in Urkundenbüchern gefunden werden können. Die „zusammenschliessende Kraft dieses [Lübischen] Rechts“ wurde mit der bereits erörterten Urkunde von 1260/64 belegt.392 Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass D. Schäfer zwar auf Frensdorffs Aufsatz über diese Quellen verwies, aber das teilweise negative Ergebnis über die Auswirkung der Rezesse auf das Lübische Recht nicht erwähnte.393 Weitere Belege stammen wiederum aus dem wendischen Bereich und fast ausschließlich aus dem ersten Band der ersten Abteilung der Hanserezesse394. Eine Urkunde setzt als Rechtsfolge für einen Bündnisverstoß den Ausschluss aus dem Lübischen Recht fest, zwei weitere Urkunden benutzen den Ausdruck „Lübisches Recht“ stellvertretend für die vorher genannten Städte. Aus den Urkunden ist damit nur zu erfahren, dass es einen Ausdruck für Lübisches Recht gab und dieser vornehmlich in Urkunden des alten wendischen Bundes auftaucht. Ob aber das Lübische Recht zu dieser Zeit eine zusammenschließende Kraft hatte, kann aus den Urkunden nicht ohne weiteres entnommen werden. Andere Interpretationen, wie zum Beispiel eine bloße Ordnungsbezeichnung für einige Städte, wurden dem nicht gegenüber gestellt. Die Rechtsgeschichte und hier wieder die Lehrbücher greifen kaum die hansische Bedeutung des Lübischen Rechts auf.395 Die Stadtrechte blieben rechts­ 389

D. Schäfer, Hansestädte, 1879, S. 78. D. Schäfer, Hansestädte, 1879, S. 79. 391 Michelsen, Der ehemalige Oberhof zu Lübeck und seine Rechtssprüche, 1839, S. 47 ff. 392 D. Schäfer, Hansestädte, 1879, S. 79 f. Der Verweis auf die Urkunde aus HR I, 1, 1870, n. 7 findet sich auf S. 80 Fn. 1. 393 Frensdorff, Recesse, 1871, S. 49, 51, zu diesem Aufsatz oben D.II.3.b)aa), Text bei Fn. 205. 394 HR I, 1, 1870, n. 73–76, 77, 220. 395 Bloß exemplarisch sei Zöpfls Rechtsgeschichte aus der Mitte des 19. Jahrhunderts zusätzlich genannt. Lübeck und das Lübische Recht werden zwar erwähnt aber ohne hansischen Bezug, Zöpfl, Deutsche Rechtsgeschichte, Bd. 1, 4. Aufl., 1871, S. 196. Die Hanse wird dann 390

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geschichtlich weitgehend ein von der Hanse isoliertes Phänomen. Nur in einzelnen Arbeiten wurden Verbindungen hergestellt. Hier sei nochmal Planitz’ Vortrag vor dem Hansischen Geschichtsverein betrachtet. Planitz griff vornehmlich auf Stadtrechte zurück, als er das hansische Handelsund Verkehrsrecht untersuchte. Der Vortrag weist eine eigenwillige Methodik auf. Planitz stellte dort verschiedene Institute des Handels- und Verkehrsrechts dar und wählte eine kompilatorische Methode, die für den Kauf396 in sachlicher Hinsicht vornehmlich Stadtrechte397 aber auch Hanserezesse398, Glossen und die Novgoroder Skra heranzog und zeitlich verschiedene Jahrhunderte399 verband. Trotz der eingängigen Behauptung, „der Handelsverkehr [hat] hier eine starke Angleichung gebracht“400, fand Planitz Widersprüche in den Quellen. Einen Widerspruch beim Lieferungskauf zwischen einer ihn erlaubenden Vorschrift des Hamburger Stadtrechts und einem ihn verbietenden Hanserezess, löste er auf, indem er im Hanserezess eine „Sondervorschrift für den überseeischen Handel“ sehen wollte.401 Ob dieser Widerspruch – angesichts der zeitlichen Differenz von über 150 Jahren zwischen den Quellen – tatsächlich bestand und welche Rechtsfolgen dieser gezeitigt hätte, wurde von Planitz ausgeblendet. Ebenso meinte Planitz einen Widerspruch beim Kreditkauf feststellen zu können, den das Hamburger Stadtrecht von 1270 erlaubt habe, aber die Hanserezesse fortwährend verboten hätten.402 Planitz’ scheint auch hier von „[unzerstörbaren] Grundsätzen des germanischen Rechts“ aus­ gegangen zu sein.403 Die Verbundenheit der Quellen folgte aus ihrer Einordnung als hansische Erzeugnisse, weder zeitliche noch räumliche Entfernung konnte diese Verbindung brechen. Neben dem zeitlichen Problem erörterte Planitz aber nicht, wie sich die einzelnen Rechtsquellen, insbesondere Stadtrechte und Hanserezesse, zueinander verhielten. Es bleibt zudem unklar, wohin die Untersuchung von Planitz führen sollte. Das ihm vorschwebende Kaufrecht musste eine Fiktion bleiben, da sich nie ein historischer Rechtsfall nachweisen ließ, in dem Stadtrechte, Hanserezesse und die Novgoroder Skra heranzuziehen waren. Das Attribut „hansisch“ diente hier zur Konstruktion einer Verbindung zwischen den Quellen, die von ihnen selbst nicht getragen werden konnte. Selbst wenn also Untersuchungen zwar dem Städtewesen zugeordnet, ihre Gründung auf einen Vertrag von 1241 zwischen Hamburg und Bremen (!) gestützt, ein Bezug zu den Stadtrechten aber nicht hergestellt, ders., Deutsche Rechtsgeschichte, Bd. 2, 4. Aufl., 1872, S. 296, dort auch die Fn. 16a, 16b. Zu Zöpfls Lehrbuch, das unterschiedlich gestaltete Auflagen erlebte, F. L. Schäfer, Germanistik, 2008, S. 485. 396 Planitz, Handelsrecht, 1926, S. 2–7. 397 Genannt werden das Lübische, Hamburger, Bremer, Dortmunder Stadtrecht. Kurz werden niederländische Städte erwähnt, Planitz, Handelsrecht, 1926, S. 5. 398 Genannt werden die Rezesse von 1366, 1402, 1434 und 1477. 399 13.–15. Jahrhundert. 400 Planitz, Handelsrecht, 1926, S. 2. 401 Planitz, Handelsrecht, 1926, S. 4. 402 Planitz, Handelsrecht, 1926, S. 5. 403 F. L. Schäfer, Germanistik, 2008, S. 656 über Planitz’ Lehrbuch zum Deutschen Privatrecht.

III. Methoden und Prämissen

119

angestellt wurden, die vornehmlich auf die einzelnen Stadtrechte abstellten, musste eine Begründung für deren Verbindung gefunden werden. Diese Verbindung konnte in einer starken (Städte-)Hanse liegen oder wie später bei Planitz angedeutet und schließlich bei W. Ebel ausgeführt in einer gemeinsamen Rechtsüberzeugung der Handelnden. Dabei war der verbindende Ausdruck des hansischen nicht konturenscharf. Bloß exemplarisch sei hier ein Aufsatz von Kiesselbach herausgegriffen, der die Ursprünge des Hamburger Seerechts von 1292 untersuchte.404 Die Abgrenzung zwischen hansischen und stadthamburgischen Normen suchte er in einer sachlichen Hinsicht, die darauf abstellte, ob die Normen an die Verhältnisse in der Auslandsvereinigung oder an die Verhältnisse in Hamburg anknüpften.405 Bei dieser Begriffsbestimmung gelangte er zum Ergebnis, die Mehrzahl der Statuten sei hansisch gewesen. Sein Sprachgebrauch orientierte sich damit an der ausländischen Kaufmannshanse. Weiterhin ging er von rechtlichen Kategorien des 19.  und 20. Jahrhunderts aus, wenn er sich wunderte, dass die Bestimmungen Ausführungen zum Vorlohn und damit zum Lohn der Schiffsbesatzung enthalten hätten.406 Er schloss daraus, dieser sei „ein für allemal“ festgesetzt worden.407 Das heute so genannte hansische Seerecht wurde bei ihm zum „hanseatischen Seerechte“408. Einen Großteil des Aufsatzes verwendete er auf die Herkunftsfrage. Kiesselbach suchte beispielsweise den Beweis zu führen, gewisse Normen hätten aus der Kaufmannshanse in Flandern hergerührt, weil sie englisches Geld nannten, welches angeblich nur dort derart eingesetzt wurde.409 Gerade dieser Aspekt veranlasste W. Stein zu einer Fundamentalkritik über die Schlüsse Kiesselbachs.410 Die Diskussion weitete sich aus und erfasste schließlich die allgemeine Bedeutung von Flandern für die Entstehung der Hanse. Dabei beteiligte sich auch der Sohn des 1909 verstorbenen Theodor Kiesselbachs, Georg A. Kiesselbach. Die Diskussion soll hier im Einzelnen nicht interessieren. Methodologisch ist indes interessant, dass W. Stein hier Schlüsse Kiesselbachs angriff, die aus den Normen des Schiffsrechts eine besondere Heraushebung der Region um den Zwin folgerten.411 Das methodische Grundproblem kulminierte bei W. Stein in folgender Feststellung: „Indem also die rechtsgeschichtlichen Ergebnisse in ihrem wichtigsten Punkt gesichert erscheinen, müssen die handels- und schifffahrtsgeschichtlichen als allzu einseitig und der Wirklichkeit nicht entsprechend abgelehnt werden.“412

404

Kiesselbach, Grundlage, 1900. Kiesselbach, Grundlage, 1900, S. 54 f. 406 Kiesselbach, Grundlage, 1900, S. 59. 407 Kiesselbach, Grundlage, 1900, S. 59. 408 Kiesselbach, Grundlage, 1900, S. 80. 409 Kiesselbach, Grundlage, 1900, S. 74. 410 W.  Stein, Die deutsche Genossenschaft in Brügge und die Entstehung der deutschen Hanse, HGbll., Bd. 35 (1908), S. 409–466. 411 W. Stein, Brügge, 1908, S. 426 f. 412 W. Stein, Brügge, 1908, S. 427. 405

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W. Steins Vorwurf richtete sich also gegen die Verwendung der rechtsgeschichtlichen Schlüsse für allgemeinhansische Fragen. Die Verwendung des Attributs „hansisch“ behauptete somit eine Übereinstimmung, die indes erst zu beweisen war. W.  Stein entnahm den Rechtsbestimmungen eine Organisation der einzelnen städtischen Hansen im Ausland; diese waren aber verschieden organisiert.413 Indem einzelne Rechte herausgegriffen wurden, konnte ein hansischer Rechtskreis angenommen werden. Die Auswahl der Rechtsquellen erfolgte indes nicht aufgrund von Selbstbezeichnungen der Quellen, sondern indem das eigene Hansebild die zu verwendenden Quellen bestimmte. Ist das Hansebild travezentrisch, so liegt es nahe, dass die lübische Rechtsgeschichte von einem allgemeinhansischen Zug getragen wird.414 Mögen die Stadtrechte und hier insbesondere das Lübische Recht von der Geschichtswissenschaft zuerst in die hansische Genesis eingeflochten worden sein, waren es doch rechtshistorische Arbeiten, wie der Vortrag von Planitz, die diesen Weg weiter ausbauten. Da hier ein Dialog der Disziplinen eher erkennbar wird, konnten diese Ergebnisse auf die hansische Forschung zurückwirken. Dies könnte eine Erklärung sein, warum zwar die Bemerkungen der Rechtsgeschichte zur Rechtsnatur und Verfassung der Hanse keinen Einfluss auf die hansische Geschichtswissenschaft ausüben konnten, die stadtrechtlichen Arbeiten allerdings sehr wohl.

IV. Zusammenfassung Das 19. Jahrhundert wirft in der hansischen Wissenschaft einen langen Schatten, im Bereich der Quelleneditionen letztlich bis heute. Es gab einen bemerkenswerten Aufschwung der hansischen Wissenschaft, der allgemein mit dem Aufstieg der Geschichts- und Rechtswissenschaft zusammenhing, im Besonderen aber auch an der regen Quellenpublikation und der Tätigkeit des Hansischen Geschichtsvereins lag. Beachtlich ist die unterschiedliche Darstellung der Hanse in der Geschichtsund Rechtswissenschaft. Nach der Deutung der Geschichtswissenschaft war die Hanse kein Bund, obwohl sie fortwährend damit verglichen wurde. Die Hanse war zwar eine städtische Erscheinung und wirkte auf das Seerecht ein, doch blieben diese rechtsgeschichtlichen Momente in der Geschichtswissenschaft im Hintergrund. Ein „Gesetzesrecht“ der Hanse deutete sich bei einigen Historikern zwar an, war aber möglicherweise für die Historiker wegen der diffusen Natur der Hanse nur schwer denkbar. Für die Juristen hingegen war die Hanse, wenn sie sie 413

W. Stein, Brügge, 1908, S. 456 f. Cordes, Gesellschaftshandel, 1998, S. 11 stellte daher fest, dass im Bereich des Gesellschaftshandels häufig „von den lübeckischen Zuständen auf den gesamten Hanseraum verallgemeinert [wurde]“. 414

IV. Zusammenfassung

121

überhaupt nennenswert behandelten, ein Bund; sie begründete See- und Handelsrecht und schuf insoweit unmittelbar geltendes Recht. Mag das nationalstaatliche Leitbild die Geschichtswissenschaft zu den Annahmen einer weltgeschichtlichen Bedeutung der Hanse und ihrer Rolle als „Vertreterin der deutschen Interessen zur See“ geführt haben, so betonten die Juristen stärker die Bedeutung für die deutsche Rechtsgeschichte. Doch dabei blieben diese Zuschreibungen vage und, anders als in späteren Zeiten, auf Deutschland beschränkt. Vereinfacht und pointiert: Die Geschichtswissenschaft verankerte das hansische Recht in den Städten und vor allem in Lübeck, das hansische Recht in der Rechtswissenschaft war ein Gesetzesrecht der Hanse und blieb dabei ein diffuser Baustein eines gemeinen deutschen Rechts. Juristen wie Frensdorff und Planitz verbanden diese beiden Welten, wenngleich nicht mit letzter Sicherheit der Grad der gegenseitigen Beeinflussung festgestellt werden kann. Frensdorff publizierte fortwährend in den Hansischen Geschichtsblättern, indes eher zu Fragen der lübischen Rechtsgeschichte, weniger zu allgemein hansischen Fragen. Bezeichnenderweise arbeitete er zwar an einer Darstellung der hansischen Verfassung, doch blieb das Manuskript ein fragmentarischer Entwurf. Planitz hielt zwar vor dem Hansischen Geschichtsverein einen Vortrag über das hansische Handels- und Verkehrsrecht, aber sein Lehrbuch lässt nicht eindeutig erkennen, ob er die differenzierten Darstellungen zur Hanse anerkannte. Er benötigte für diesen Vortrag zwar einen impliziten Begriff des hansischen Rechts, allerdings war dieser nicht theoretisch unterbaut und letzthin eklektisch. Ein Synergieeffekt der beiden Welten zeichnete sich gegenständlich beim Lübischen Recht ab. Das Lübische Recht habe einen Grundpfeiler der Hanse gebildet und ein Zusammengehörigkeitsgefühl geschaffen. Zuweilen und vorrangig in der Geschichtswissenschaft erschien das Lübische Recht als hansisches Recht. Zu beachten ist indes, dass der Impuls, das Lübische Recht nicht isoliert zu behandeln, sondern für die hansische Geschichte zu gebrauchen, nicht von der Rechtswissenschaft ausging. Verblieb die Erforschung des Lübischen Rechts als solchem in der Hand der Rechtswissenschaftler (zunächst Frensdorff, in späteren Zeiten W. Ebel), wurde es doch vornehmlich in der Geschichtswissenschaft zur Begründung des zunächst wendischen, dann hansischen Zusammengehörigkeitsgefühls gebraucht. Zwar nahmen Juristen diese Annahmen zuweilen in stadtrechtlichen Arbeiten auf, allerdings bauten die Lehrbücher zur Rechtsgeschichte kaum Bezüge zwischen Lübischem Recht und der Hanse auf. Dabei darf nicht verkannt werden, dass das Lübische Recht nur ein Aspekt neben anderen war. War es zunächst nur ein Mosaikstein im Bild der travezentrischen Hanse, ist sein Aufkommen doch für den Gang der Wissenschaftsgeschichte von kaum zu unterschätzender Relevanz. W. Ebel beherrschte die Erforschung des Lübischen Rechts nach 1945 und gab den zunächst nur schwachen Verbindungslinien deutlichere Konturen. Sein hansisches Recht ist mindestens so sehr lübisch wie hansisch geprägt. Dieser Aspekt war seit den Annahmen zu den hansischen Quellen wie HR I, 1, n. 7 vermeintlich quellen-

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gestützt und konnte daher leicht in die gängigen Hansekonzeptionen inkorporiert werden. Bereits hier deutet sich eine subjektive Interpretation der Quellen an, die durch behauptete Zusammengehörigkeitsgefühle einheitliche Rechtsmaterien aufzeigen konnte. War diese Methodik zunächst bei den Forschungen zu den städtischen und „hansischen“ Rechtsquellen verortet, wurde sie in den folgenden Jahren auf die hansischen Akteure, also die Kaufleute, erweitert.

E. Hansisches Recht im Nationalsozialismus: Der Kaufmann I. Publikationen und Strukturen der Werke sowie ihre Autoren Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten entstand sukzessive ein Forschungsklima, das die Hanse zunehmend instrumentalisierte. Traten gewisse Tendenzen bereits vorher zu Tage, wie beispielsweise die revisionistische Ostforschung, beeinflusste die staatlich geforderte und geförderte politische Wissenschaft die Hanseforschung in nicht unerheblicher Weise. W. Ebel, für diese Arbeit durch seine Forschungen zum Lübischen Recht von kaum zu unterschätzender Bedeutung, erlangte akademische Weihen und konnte durch Förderung der SS seine stadtrechtlichen Forschungen vorantreiben. Fritz Rörig wiederum, der zu dieser Zeit bedeutendste Hanseforscher, arbeitete an staatlich akzeptierten Hansebildern. Dies konnte nicht ohne Auswirkung auf den Hansischen Geschichtsverein und die allgemein rechtshistorische Deutung der Hanse bleiben. 1. Rechtswissenschaft Die juristischen Arbeiten ab 1933 zur Hanse nahmen weiterhin ab. Lehrbücher, die die Hanse wenigstens behandeln, erschienen nur von Planitz1 und Schwerin2. Das hier ebenfalls zitierte Werk von Fehr3 erschien in der ersten Auflage 1921. Die Hanse wird in allen Werken nur äußerst kursorisch dargestellt und bleibt eine städtische Randerscheinung. Die zitierte Literatur war zuweilen veraltet, was sich auch in den Werken spiegelt. Die Hanse oder Lübeck streiften die Juristen gelegentlich an anderen Stellen. Bemerkenswert sind die Arbeiten von Schubart-Fikentscher und W. Ebel. Schubart-Fikentschers Preisschrift über die Stadtrechte im Osten4 beschäftigt sich eingehend mit dem Lübischen Recht, welches in der Arbeit bereits eng mit der Hanse verknüpft wird. Das Werk erschien zwar 1942 und zeigt daher zeitgebundene Interpretationen, enthält sich aber der überhand nehmenden ideologischen

1

Planitz, Germanische Rechtsgeschichte, 1936; 3. Aufl.: ders., Rechtsgeschichte, 1944. Schwerin, Grundzüge der deutschen Rechtsgeschichte, 2. Aufl., 1941. 3 Fehr, Deutsche Rechtsgeschichte, 3. Aufl., 1943. 4 Schubart-Fikentscher, Die Verbreitung der deutschen Stadtrechte in Osteuropa, 1942. 2

124

E. Hansisches Recht im Nationalsozialismus: Der Kaufmann  

Verklärungen.5 In seinem Sprachstil und durch die zitierten Autoren6 offenbart das Werk aber eine Nähe zu einer ideologisch belasteten Wissenschaft. „Die Ausbreitung des deutschen Rechts in Osteuropa“ dürfe zwar nicht mit der „Ausbreitung des deutschen Volkstums“ verwechselt werden, sei von diesem aber getragen worden.7 Die Deutschen hätten sich im „Kampf um das baltische Meer“ befunden und seien „Herren der Ostsee“.8 Sie betonte aber auch, die „Einflüsse des einheimisch-fremden auf das deutsche Recht“ seien noch nicht hinreichend untersucht, gleichwohl sei das Unterfangen wohl schwierig, „weil in den meisten Siedlungsländern deutsches Recht und deutsche Kultur so stark und haltig wirkten, daß man kaum noch Spuren des einheimischen Rechts wird finden können“.9 a) Wilhelm Ebels Verstrickungen in den Nationalsozialismus Wilhelm Ebel ist von überragender Bedeutung für diese Arbeit. Er war der erste Autor, der über das hansische Recht als solches publizierte (1949). Sein Wirken begann zwar in den 1930ern, sein (hansisches) Werk kann aber erst der Bundesrepublik zugeordnet werden. Hier konnte W. Ebel seine Karriere als Rechtshistoriker, besonders des Lübischen Rechts, nach anfänglichen Widerständen weiterverfolgen. Dabei dürfen seine tiefen Verstrickungen in den Unrechtsstaat der Nationalsozialisten nicht verschwiegen werden. Wilhelm Ebel (1908–1980) studierte Rechtswissenschaft, Geschichte und Sprachen in Königsberg, Heidelberg und Bonn, wo er unter Zycha 1934 promovierte.10 Ebenfalls in Bonn wurde W. Ebel 1935 habilitiert und erhielt die venia legendi für Deutsche Rechtsgeschichte und Deutsches Recht. Zunächst nahm W. Ebel Lehrstuhlvertretungen in Marburg, Königsberg und Rostock wahr (1936–1938) bis er 1938 außerordentlicher Professor in Rostock wurde. Ab 1939 war er dann ordentlicher Professor in Göttingen, wo er mit Unterbrechung von 1945–1952, wenngleich erst 1954 wieder als ordentlicher Professor eingesetzt, bis zu seiner Emeritierung 1965 blieb. Bis 1978 war er Direktor des Universitätsarchivs.11

5

Lück, „Deutsches Recht im Osten“. Strukturen, Kontexte und Wirkungen eines sensiblen Forschungsthemas (19. Jh.-1990), ZRG GA, Bd. 126 (2009), S. 175 (193): „nahezu ideologiefreie […] Monographie“. 6 Von den 177 Fußnoten des ersten Teils verweisen 31 Fußnoten auf H. Aubin und weitere auf Rörig, Kötzschke, Weizsäcker, Brackmann und Schmid. Zu Weizsäcker, wie W. Ebel ein Schüler Zychas, und seinen Verbindungen zum Nationalsozialismus siehe Olechowski, Rechtsgermanistik zwischen Ideologie und Wirklichkeit, in: Franz-Stefan Meissel et al. (Hrsg.): Vertriebenes Recht – vertreibendes Recht, 2012, S. 79 (96–98). 7 Schubart-Fikentscher, Stadtrechte, 1942, S. 5. 8 Schubart-Fikentscher, Stadtrechte, 1942, S. 8 f. 9 Schubart-Fikentscher, Stadtrechte, 1942, S. 54. 10 Allgemeine Angaben zur Biographie bei Landwehr, Ebel, Wilhelm (1908–1980), in: HRG, Bd. 1, 2. Aufl., 2008, Sp. 1171 (1171); E. Schumann, Fakultät, 2008, S. 78 Fn. 41; Petersohn, Der Konstanzer Arbeitskreis für Mittelalterliche Geschichte 1951–2001, 2001, S. 103– 108 (dort wird die Promotion fälschlich nach Berlin verlegt). 11 Buddrus/Fritzlar, Die Professoren der Universität Rostock im Dritten Reich, 2007, S. 121.

I. Publikationen und Strukturen der Werke sowie ihre Autoren 

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W. Ebel wurde zwar nach dem Krieg als Mitläufer (Kategorie IV) eingestuft, doch muss dies auf die unzureichende Beweislage zurückgeführt werden.12 Sein Werk wird in dieser Arbeit der Bundesrepublik zugeordnet. An dieser Stelle soll daher lediglich auf seine Verbindungen im Nationalsozialismus, vor allem zum „Ahnenerbe“13 eingegangen werden. W.  Ebel publizierte zwar auch vor 1945, doch sind die Arbeiten für den hiesigen Zusammenhang nur wenig relevant. Die meisten Arbeiten sind im Vergleich zu anderen Arbeiten der Zeit verhältnismäßig frei von nationalsozialistischer Ideologie, bloß im Aufsatz über das mecklenburgische Rechtswesen zeigt sich die typische Ablehnung gegen das „fremde“ römische Recht.14 Ein Artikel in der Zeitschrift der Akademie für Deutsches Recht, der die „Entsippung“ behandelt, zeigt W.  Ebels Nähe zum System.15 Am deutlichsten ist ein bisher unbeachteter Aufsatz W. Ebels,16 der auf einem Vortrag vor der SS-Junkerschule in Bad Tölz basiert17. An derselben Junkerschule absolvierte W. Ebel auch einen Lehrgang.

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E. Schumann, Fakultät, 2008, S. 116–118 und näher unten F. I.1.a). Dazu Kater, Das „Ahnenerbe“ der SS 1935–1945, 2. Aufl., 1997; Gasche, Der „Germanische Wissenschaftseinsatz“ des „Ahnenerbes“ der SS 1942–1945, 2014. 14 W. Ebel, Die Entwicklung des mecklenburgischen Rechtswesens, in: Richard Crull (Hrsg.): Mecklenburg, 1938, S. 309 (311 f.). 15 W. Ebel, Die Entsippung, Zeitschrift der Akademie für Deutsches Recht, Bd. 3 (1936), S. 1073 (1074): „Es lag in der germanischen Volksordnung begründet, daß der Einzelne im öffentlichen Leben in erster Linie nicht als Individuum, sondern als Exponent seiner Sippe angesehen wurde“. 16 W.  Ebel, Rasse und Recht in germanischer Zeit, in: Der Reichsführer-SS (Hrsg.): Germanische Gemeinsamkeit, 1944, S.  167–179. Beispielhaft in seiner Diktion und damit für die auch von W.  Ebel publizistisch verbreiteten Anklänge an NS- und SS-Ideologie, S.  169 f.: „Durch den Rechtsbruch selbst, nicht erst durch einen richterlichen Ausspruch, wird der Täter, der Unmann, zum Feinde des Verletzten. Zwischen ihnen herrscht Feindschaft, faida, Fehde. Das Ziel der Fehde aber ist Rache. Das Wesen der Rache in germanischer Auffassung ist freilich von Grausamkeit und Demütigung des Gegners gleichweit entfernt wie von hemmungsloser Vernichtungswut. Sie ist kühle, beherrschte Genug­ tuung. Auch diese Genugtuung besteht nicht, wie etwa im jüdischen Recht, in der biblischen Forderung: Auge um Auge, Zahn um Zahn (Talion). Sie vergilt nicht Gleiches mit Gleichem. Germanisches Rechtsdenken rechnet nicht. […] Das Ziel der germanischen Rache, die Genugtuung, ist die Tötung des Feindes. […] Ehre kann nur mit Blut wieder hergestellt werden. […] Man läuft nicht zu einem Richter und jammert, ‚klagt‘ dort. Man holt seine Ehre wieder“. 17 Wann genau diese Tagung stattfand, ist unsicher. Möglich ist der Herbst 1943. W. Ebel habe bei dieser Tagung über „Germanisches Recht als Ausdruck der Rasse“ gesprochen, Nagel, Im Schatten des Dritten Reichs, 2005, S. 75 Fn. 163. Nach anderer Angabe basiere der Tagungsband auf einer Tagung vom Mai 1943, Gasche, Wissenschaftseinsatz, 2014, S. 160 f. und Fn. 1467, in der W. Ebel allerdings nicht als Tagungsteilnehmer erscheint. Möglich ist daher, dass der erschienene Sammelband Vorträge mehrerer Tagungen zusammenfasst. W. Ebel selbst erwähnt in einem Schreiben an das „Ahnenerbe“ einen Vortrag vor der Junkerschule in Bad Tölz vom 28./29.09.1943, BArch DS (ehem. BDC) Sig. G0116, ab 0019, hier 0066-0067 vom 12.09.1943. Dies lässt den Herbst 1943 wahrscheinlich erscheinen. 13

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E. Hansisches Recht im Nationalsozialismus: Der Kaufmann  

Die zeitgenössischen Nachrufe auf W. Ebel widmen seiner Tätigkeit im Nationalsozialismus nur wenig Raum.18 Die neuere Forschung weist nach, dass W.  Ebel bereits ab 1933 politisch für die Nationalsozialisten aktiv war und während des Krieges weiter aufstieg: er war Vertrauensmann des SD, Mitglied der Waffen-SS durch seine freiwillige Meldung zum Wehrdienst (Totenkopfstandarte in Frankreich)19, er war bei der Forschungsgemeinschaft „Ahnenerbe“ tätig und wurde infolgedessen in die allgemeine SS aufgenommen (SS-Nummer: 412 188)20, seit 1933 Mitglied der NSDAP (Mitgliedsnummer: 3 144 63821), des Nationalsozialistischen Deutschen Dozentenbundes (NSDDB), seit 1934 Mitglied des Nationalsozialistischen Rechtswahrerbundes (NSRB).22 Er war im Mai 1940 aus der Kirche ausgetreten und lediglich „gottgläubig“ geblieben.23 W. Ebel bestritt später, sich freiwillig zur Waffen-SS gemeldet zu haben, sein selbstgeschriebener Lebenslauf für das Rasse- und Siedlungshauptamt (RuSHA) betont hingegen die Freiwilligkeit.24 Bei seiner Wiedereinsetzung nach dem Krieg an der Göttinger Universität 1952 leistete sein Nachfolger Thieme, der die Kriegsverbrechen der SS beim Warschauer Aufstand miterlebt hatte,25 18 Landwehr, Wilhelm Ebel (1908–1980), ZVLGA, Bd.  60 (1980), S.  214–217; ders., In memoriam Wilhelm Ebel, ZRG GA, Bd. 98 (1981), S. 467–477; ders., Ebel, Wilhelm, 2008. Landwehr ist ein Schüler W.  Ebels. Im Text des HRG-Artikels fehlt jeglicher Hinweis auf W. Ebels Tätigkeit im Nationalsozialismus, lediglich der Verweis auf Rückert/Willoweit, Die Deutsche Rechtsgeschichte in der NS-Zeit, deutet dies an. 19 BArch RS (ehem. BDC) Sig. B0073, ab 1015, hier 1395, handgeschriebener Lebenslauf zum RuSHA-Fragebogen (ohne Datum). Der Fragebogen kann auf die zweite Jahreshälfte 1941 und spätestens bis in den Februar 1942 datiert werden, da W. Ebel von drei geborenen Kindern berichtete, ein viertes wurde erwartet. Das vierte Kind wurde am 16.02.1942 ge­ boren, BArch RS (ehem. BDC) Sig. B0073, ab 1015, hier 1228. W. Ebels Tätigkeit in der SSTotenkopfstandarte während des Frankreichfeldzuges findet sich in einer politischen Beurteilung vom 10.11.1941, BArch PK (ehem. BDC) Sig. B0425, ab 1577, hier 1594. 20 BArch RS (ehem. BDC) Sig. B0073, ab 1015, hier 1184: W. Ebel wird mit Wirkung vom 01.11.1941 in die allgemeine SS aufgenommen und zum SS-Untersturmführer befördert und am 01.07.1942 zum Fachführer der Waffen-SS in der Fachgruppe: Rasse- und Siedlungswesen im Dienstgrad SS-Hauptsturmführer (F) ernannt. 21 Schreiben des NSDDB vom 17.03.1938, BArch PK (ehem. BDC) Sig. B0425, ab 1577, hier  1586; parteistatistische Erhebung 1939, BArch  PK (ehem.  BDC) Sig.  B0425, ab  1577, hier 1598. 22 Zu W. Ebels Mitgliedschaften auch: E. Schumann, Fakultät, 2008, S. 78 f. 23 BArch RS (ehem. BDC) Sig. B0073, ab 1015, hier 1394, RuSHA-Fragebogen. Sein Kirchenaustritt wird belegt bei BArch SS-Führerpersonalakten (SSO) (ehem.  BDC) Sig.  167, ab 974, hier 974. In der parteistatistischen Erhebung von 1939 wurde W. Ebel noch als evangelisch ausgewiesen, BArch PK (ehem. BDC) Sig. B0425, ab 1577, hier 1586. „Gottgläubig“ sollte ein Bekenntnis sein, das die Nationalsozialisten als Ausgleich für die gehäuft auftretenden und in der SS propangierten Kirchenaustritte etablierten. Zum Begriff: Schmitz-Berning, Vokabular des Nationalsozialismus, 2. Aufl., 2007, S. 281–283. 24 BArch RS (ehem. BDC) Sig. B0073, ab 1015, hier 1395, handgeschriebener Lebenslauf zum RuSHA-Fragebogen (ohne Datum): „Nach Kriegsausbruch meldete ich mich freiwillig und wurde als Freiwilliger bei der Waffen-SS angenommen“. 25 Siehe dazu den Auszug aus Thiemes Kriegserinnerungen, die er unmittelbar nach dem Krieg anfertigte: Thieme, Erinnerungen eines deutschen Stabsoffiziers an den Warschauer

I. Publikationen und Strukturen der Werke sowie ihre Autoren 

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Widerstand gegen W. Ebels Rückkehr, da sich W. Ebel „politisch vor und während des Krieges so intensiv für den Nationalsozialismus eingesetzt [habe], dass eine Wiederbeschäftigung im Rahmen der Universität als ausgeschlossen erscheint“.26 W. Ebel leistete von Januar bis September 1940 freiwillig Kriegsdienst bei der Waffen-SS und wurde im Juli 1941 wiedereingezogen.27 Bis Oktober 1941 war er SS-Oberschütze in der Waffen-SS,28 im August 1943 erhielt er eine Beförderung zum SS-Sturmmann der Reserve29 und nach einem Lehrgang an der SS-Junkerschule in Bad Tölz30 zum Untersturmführer der Reserve bei der Waffen-SS31. Seine Tätigkeit beim RuSHA führte zur (unfreiwilligen?)32 Aufnahme in die allgemeine SS als SS-Untersturmführer.33 In der Folge erlangte er Ränge als Sonder­ führer der Waffen-SS. Letzterer Rang wurde später zum Fachführer der Waffen-SS umgewandelt. Damit sollten Personen, die nicht auf militärischem Wege Mitglieder der SS wurden, angemessene Ränge erhalten, die indes nur in einem Fachbereich und nur für die Dauer ihrer Tätigkeit galten.34 Erst nach seinem er-

Aufstand, in: Bernd Martin/Stanisława Lewandowska (Hrsg.): Der Warschauer Aufstand 1944, 1999, S. 301–307. 26 Zitiert nach E. Schumann, Fakultät, 2008, S. 118. 27 BArch PK (ehem. BDC) Sig. B0425, ab 1577, hier 1594. 28 BArch RS (ehem. BDC) Sig. B0073, ab 1015, hier 1182. 29 BArch RS (ehem. BDC) Sig. B0073, ab 1015, hier 1054. 30 Zu den SS-Junkerschulen, Wegner, Hitlers politische Soldaten: die Waffen-SS 1­ 933–1945, 5. Aufl., 1997, S. 149–171. 31 Eine Beförderungsurkunde ist nicht in den Akten enthalten. Der Lehrgang war vorher als Voraussetzung für die Beförderung kommuniziert worden, BArch RS (ehem. BDC) Sig. B0073, ab 1015, hier 1290. Der Lehrgang fand vom 18.11.1943 bis zum 11.03.1944 statt, BArch  RS (ehem.  BDC) Sig.  B0073, ab  1015, hier  1306. Die Beförderung ergibt sich aus Schreiben W. Ebels, BArch DS (ehem. BDC) Sig. G0116, ab 0019, hier 0088 und aus der Aufhebung des Fachführerstatus, BArch RS (ehem. BDC) Sig. B0073, ab 1015, hier 1050. Obwohl die Akten den Rang nicht ausdrücklich der Waffen-SS zuschreiben, kann dies aus der Teilnahme am Lehrgang gefolgert werden, da die SS-Junkerschulen Mitglieder der WaffenSS schulen sollten. 32 BArch RS (ehem. BDC) Sig. B0073, ab 1015, hier 1314–1315, Brief an SS-Hauptsturmführer Kleikamp vom 07.05.1943: „Ich bin seinerzeit, im Jahre 1941, ohne meine Einwilligung zum SS-Untersturmführer der Allgem. SS ernannt worden. Man (d. h. Blech) hatte mir damals, wie Sie vielleicht wissen, gesagt, ich sollte erst mal den Antrag über die Aufnahme überhaupt unterschreiben und nach der Aufnahme an sich sollte ich mit dem Gruppenführer über den vorzuschlagenden Dienstgrad sprechen. Stattdessen wurde ich kurzerhand ernannt. Dafür sollte ich dann nach Erklärung des Gruppenführers möglichst schnell befördert werden, damit das Versehen wieder zum Teil ausgeglichen würde“. 33 BArch RS (ehem. BDC) Sig. B0073, ab 1015, hier 1184. 34 Siehe dazu den Befehl des Reichsführers-SS vom 21.06.1942, abgedruckt bei ­Naasner, SS-Wirtschaft und SS-Verwaltung, 1998, S. 229 f. Dort Nr. 2: „Zu Fachführern und Fachunterführern werden SS-Angehörige ernannt, die zur Erledigung fachlicher Aufgaben für die Truppe notwendig sind, jedoch ihren Dienstgrad nicht auf Grund ihrer truppenmäßigen Ausbildung, sondern ihrer fachlichen Kenntnisse erhalten“.

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E. Hansisches Recht im Nationalsozialismus: Der Kaufmann  

folgreichen Lehrgang in Bad Tölz konnte W. Ebel diesen als Makel35 empfundenen Rang ablegen.36 W. Ebels Tätigkeiten für das RuSHA und das „Ahnenerbe“ waren vordergründig wissenschaftliche Aufgaben, tatsächlich aber politisch geprägt.37 Im August 1941 wurde W. Ebel vom Ersatz-Bataillon der SS „Deutschland“ zunächst zum Führungshauptamt-SS und schließlich zum Rasse- und Siedlungshauptamt kommandiert, um „Fragen des Erbhandwerkerrechts und des Siedlerrechts“ zu bearbeiten.38 Ergebnisse sind nicht bekannt. Im „Ahnenerbe“ forschte W. Ebel zur indogermanisch-deutschen Rechtsgeschichte und sollte mit dieser Arbeit die nationalsozialistische Ostexpansion rechtfertigen.39 Himmler war persönlich an den Arbeiten interessiert.40 W. Ebel wurde zwar im Oktober 1942 zum „Ahnenerbe“ kommandiert,41 seine tatsächliche Versetzung zum „Ahnenerbe“ zog sich allerdings über ein Jahr hin. Seine Arbeiten zum Unehelichenrecht waren vom Lebens­ born e. V. negativ aufgenommen worden, erst nachdem er sich beim „Ahnenerbe“

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BArch  RS (ehem.  BDC) Sig.  B0073, ab  1015, hier  1296–1297, Brief W.  Ebels an SSHauptsturmführer Kleikamp vom 15.09.1943: „Zur Zeit versuche ich – auf weiteren Umwegen – ob ich nicht auch in der Waffen-SS ‚richtig‘ weiter[k]ommen kann, aber der Auftrag des Reichsführers hält mich fest. Ja, auch so ein Fachführer hat seine Sorgen!“ 36 BArch RS (ehem. BDC) Sig. B0073, ab 1015, hier 1050. Dies entsprach Nr. 6 des Befehls vom 21.06.1942, Naasner, SS-Wirtschaft, 1998, S. 229 f. 37 Dies zeigt sich beispielhaft in der von W. Ebel erbetenen Bürgschaft für die SS von Horst Bartholomeyczik, SS-Obersturmbannführer, Mitglied des RuSHA seit 1939 und später an der „Deutschen Reichsuniversität“ Posen lehrend (zu ihm: Heinemann, „Rasse, Siedlung, deutsches Blut“, 2003, S. 610). Dieser befürwortete im August 1941 eine Übernahme W. Ebels als „Führer“ (wohl: Sonderführer) in das RuSHA. Seine Beurteilung fährt fort: „Er [W.  Ebel] gehört nicht zu den leider zahlreichen Parteigenossen, die nach erfolgreicher Verwaltung einiger Parteiämter jedes Ehrenamt übernehmen, um es als willkommenes Aushängeschild zu benutzen, sondern er hat bei allen bisherigen Aemtern die Uebertragung des Amtes auch als Verpflichtung betrachtet und nie mehr übernommen, als er nach seiner verfügbaren Zeit schaffen konnte. Jedenfalls hat der SD.in Göttingen als Dienststelle der SS.mit ihm immer die besten Erfahrungen gemacht und vor allem seine kompromißlose politische und weltanschauliche Ausrichtung hervorgehoben. Aus meiner Göttinger Tätigkeit kann ich nur dasselbe sagen“, BArch RS (ehem. BDC) Sig. B0073, ab 1015, hier 1110–1111 (22.08.1941). 38 BArch  RS (ehem.  BDC) Sig.  B0073, ab  1015, hier  1100–1102. Blatt  1102 enthält eine Bestätigung des RuSHA vom 13.08.1941, die den SS-Oberschützen W. Ebel vom SS ErsatzBataillon „Deutschland“, Prag-Rusin, zum RuSHA abkommandiert. Blatt  1100 enthält die Bitte des RuSHA vom 07.08.1941 an das SS-Führungshauptamt, Kommandoamt der Waffen-SS, W.  Ebel „für die Bearbeitung von Fragen des Erbhandwerkerrechts und des Siedlerrechts im Rahmen der dem Siedlungsamt im RuS-Hauptamt gestellten Aufgaben“ ab­ zukommandieren. 39 F. L. Schäfer, Germanistik, 2008, S. 666. 40 BArch DS (ehem. BDC) Sig. G0116, ab 0019, hier 0048–0050, vom 14.01.1943: Sievers, der Reichsgeschäftsführer des „Ahnenerbes“, fragt beim Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums, Sammelstelle für baltendeutsches Kulturgut, nach Fotokopien von Revaler Archivalien. Die Forschungen seien vom Reichsführer-SS befohlen, W. Ebel sei damit beauftragt und Himmler sei „persönlich an den Fortführungen der Arbeiten sehr interessiert“. 41 BArch RS (ehem. BDC) Sig. B0073, ab 1015, hier 1072.

I. Publikationen und Strukturen der Werke sowie ihre Autoren 

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bewährt hatte, waren die Bedenken ausgeräumt.42 Nach seinem Lehrgang in Bad Tölz wurde er am 11.03.1944 mit Wirkung vom 12.03.1944 zum Persönlichen Stab Reichsführer-SS, Amt „Ahnenerbe“ versetzt.43 Es gibt zwar Hinweise, dass W. Ebel zum Abteilungsleiter beim „Ahnenerbe“ ernannt werden und infolgedessen zum SS-Sturmbannführer befördert werden sollte,44 doch lässt sich ein Vollzug nicht nachweisen.45 Inhaltlich war seine Tätigkeit beim „Ahnenerbe“ vom Umgang mit den Lübecker Niederstadtbüchern geprägt, die zum Schutz vor Bombenangriffen in ein Bergwerk bei Bernburg (Sachsen-Anhalt) verbracht wurden.46 Im Dezember 1942 verfasste W. Ebel einen Anfangsbericht über seine Arbeit, der an den Reichsgeschäftsführer des „Ahnenerbes“ Sievers gerichtet war.47 Darin legte er dar, warum er sich auf das Lübische Recht konzentrierte. Das Magdeburger Recht werde bereits institutionell bearbeitet. Damit verwies W. Ebel auf die Arbeiten von Fritz Markmann.48 Daher strebte W.  Ebel eine Ausgabe der Lübischen Rechtshandschriften an, die der Hansische Geschichtsverein seit fast 80 Jahren nicht zustande gebracht habe. Zu seiner Unterstützung wollte er den Lübecker Archivdirektor Dr. Georg Fink hinzuziehen. Zudem legte W. Ebel weiterhin dar, dass die Lübecker Oberhofrechtssprüche aus Lübecker Niederstadtbüchern zu gewinnen seien. Seine Quellenarbeiten sollten aber weiterhin der Darstellung dienen. W.  Ebel fasste eine Gesamtdarstellung des Lübischen Strafrechts vom 12. bis ins 19. Jahrhundert ins Auge und eine Edition vor allem von Dorfrechten. Zu einer einschlägigen Publikation während seiner Tätigkeit für das „Ahnenerbe“ ist es, soweit ersichtlich, nicht gekommen. Lediglich der oben erwähnte Auf 42 Die Diskussion um seine Versetzung zeigt sich in: BArch DS (ehem. BDC) Sig. G0116, ab  0019, hier  0044 vom 06.12.1942 Brandt an Sievers, und 0052 vom 22.01.1943 Sievers an Brandt. Im Oktober 1943 waren die Bedenken ausgeräumt: BArch  DS (ehem.  BDC) Sig. G0116, ab 0019, hier 0080, SS-Standartenführer Sievers vom 20.10.1943. 43 BArch RS (ehem. BDC) Sig. B0073, ab 1015, hier 1070. 44 BArch  DS (ehem.  BDC) Sig.  G0116, ab  0019, hier  0080. Siehe auch Blatt  0068: Am 15. September 1943 wurde dem Kurator beim „Ahnenerbe“ mitgeteilt, dass ein SD-Gutachten aus Göttingen über W. Ebel eingetroffen sei und seiner Ernennung zum Abteilungsleiter im „Ahnenerbe“ und seiner Beförderung zum SS-Sturmbannführer nichts im Wege stehe. 45 Im Auftrag des Reichsgeschäftsgeführers des „Ahnenerbes“, Sievers, wird W. Ebel am 14.06.1944 als SS-Hauptsturmführer angeschrieben, ohne einen Zusatz wie (F); dieser war ja wie erwähnt im Frühjahr 1944 aufgehoben worden. Der vorherige Rang des SS-Untersturmführers war demgegenüber ein niedrigerer Rang. Da im Schreiben von einer Abteilung W. Ebels die Rede ist, erscheint eine zwischenzeitliche Beförderung zum Abteilungsleiter möglich. Der Brief behandelt auch eine Reise W. Ebels nach Flandern, wo er in Brüssel den Leiter der Außenstelle Brüssel der Germanischen Leitstelle, SS-Untersturmführer (F) Dr. Alarich Augustin treffen sollte, BArch DS (ehem. BDC) Sig. G0116, ab 0019, hier 0090. 46 Landwehr, Wilhelm Ebel, 1980, S. 215; ders., Ebel, 1981, S. 470. Landwehr schrieb nur von einem Bergwerk in Sachsen, Dusil lokalisierte dieses mit Belegen in Bernburg, SachsenAnhalt, Dusil, Rechtsraum, 2005, S. 102. Siehe auch: BArch DS (ehem. BDC) Sig. G0116, ab 0019, hier 0066, Bericht von W. Ebel vom 12.09.1943. 47 BArch DS (ehem. BDC) Sig. G0116, ab 0019, hier 0036–0042. 48 Dazu unten E. I.1.b).

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satz,49 basierend auf einem Vortrag in Bad Tölz, zeigt W. Ebels Bereitschaft, ideologische Texte zu produzieren. W. Ebel ersuchte im März 1943 um Genehmigung zur Publikation von Arbeiten über Lübisches Recht in der Zeitschrift Ostland und wollte dabei angeben, dass er für das „Ahnenerbe“ forscht. Die Publikationsgenehmigung wurde erteilt, die Nennung des „Ahnenerbes“ untersagt.50 Im betreffenden Zeitraum erschienen mehrere Zeitschriften mit dem Namen Ostland.51 In einer Zeitschrift, die wegen ihres Erscheinungsdatums ein möglicher Publikationsort ist, findet sich kein Aufsatz W. Ebels.52 Es muss bei dem Befund bleiben, dass W. Ebel zwar weitgehend unbelastete Artikel über hansische Themen verfassen konnte,53 er allerdings auch nicht davor zurückschreckte, anwidernde, wenngleich unveröffentlichte Propaganda zu verfassen.54 Lediglich der angesprochene Vortrag vor der SS-Junkerschule in Bad Tölz dokumentiert W. Ebels Bereitschaft, für das Regime ebenfalls publizistisch einzustehen. Im September  1943 sah er seine Arbeiten im Bergwerk Bernburg „im günstigsten Stadium“ und „nicht weit vor dem ersten Abschluß stehen[d]“.55 Inwieweit diese Angaben zutreffend waren, kann nicht abschließend beurteilt werden, da keine Ergebnisse bekannt sind. Allerdings wurde W. Ebel vom RuSHA im November 1943 positiv beurteilt.56 Womöglich konnte er immerhin seine Vorgesetz 49

Oben E. I.1.a) Fn. 16 und 17. BArch DS (ehem. BDC) Sig. G0116, ab 0019, hier 0060-0062. 51 Ostland: Fachliches Mitteilungsblatt des Arbeitsgaues Ostpreußen, erschienen 1­ 938–1944; Ostland: Halbmonatsschrift für Ostpolitik, erschienen 1921–1943; Ostland: Monatsschrift der Reichskommissare für das Ostland, erschienen von 1942–1944. 52 Es handelt sich um Ostland: Monatsschrift der Reichskommissare für das Ostland, erschienen von 1942–1944. Die inhaltlich ebenfalls mögliche Ostland: Halbmonatsschrift für Ostpolitik, erschienen 1921–1943, schied aus, da sie im März 1943 eingestellt wurde. Da W. Ebel aber erst im März um eine Publikationsgenehmigung ersuchte, war eine Publikation bereits zeitlich nicht möglich. 53 W. Ebel, Staatsrechtsliteratur, 1940. 54 Am 30.04.1942 übermittelte W. Ebels Vorgesetzter, SS-Gruppenführer Hofmann, dem Chef des SS-Hauptamtes, SS-Gruppenführer und Generalleutnant der Waffen-SS Berger, eine „kleine Abhandlung“ mit dem Titel „Jüdische Sprachinfektion“, die zur Aufnahme in das SS-Leitheft bestimmt war. Eine Publikation dieser Arbeit konnte nicht nachgewiesen werden. Inhaltlich beklagte W. Ebel, dass „die in der Systemzeit zu Verbreitung gelangten jiddischen Ausdrücke (Kaff, Rebbach, Pleite, nebbich usw.) ein trauriges Zeichen dafür [sind], wie das deutsche Volk auch in der Sprache vom jüdischen Gaunertum her zersetzt zu werden begann. […] Diese Redewendungen werden ohnehin verschwinden, wenn blonde deutsche Kinder nicht mehr die blutrünstigen Stammesgeschichten krummbeiniger schwarzer Semiten als Religion eingetrichtert bekommen haben werden – wie dies bei uns einst der Fall war“. BArch SS-Führerpersonalakten (ehem. BDC), Sig. 167, ab 974, hier 976–978. Die Zitate finden sich ebenfalls bei E. Schumann, Fakultät, 2008, S. 116 Fn. 195; F. L. Schäfer, Nationalsozialismus, 2015, S. 373 Fn. 315. 55 BArch DS (ehem. BDC) Sig. G0116, ab 0019, hier 0066–0067. 56 BArch RS (ehem.  BDC) Sig. B0073, ab 1015, hier  1046, Beurteilung vom 25.11.1943: „SS-Hauptsturmführer (F) Prof. Dr. Wilhelm E b e l wurde am 12.8.1941 zur Ausarbeitung eines Erbhandwerkerrechtes zum Rasse- und Siedlungshauptamt-SS kommandiert und am 24.7.1942 truppenmäßig zu dieser Dienststelle versetzt. Er hat außerdem Ausarbeitungen für 50

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ten überzeugen. Weiterhin ist festzuhalten, dass W.  Ebel nach 1945 von seinen Vor­arbeiten profitieren konnte.57 W.  Ebel war auch Teil  der „Aktion Ritterbusch“, die den Kriegseinsatz der Geisteswissenschaften bedeutete. Infolgedessen nahm er an mehreren Tagungen teil, bei denen er Forscher wie H. Aubin, Kötzschke, Vehse, Thieme, Wohlhaupter, Rörig, Eckhardt und Planitz treffen konnte.58 Im Oktober/November 1941 war er bei einer Tagung in Weimar und traf dabei unter anderem Kötzschke, Rörig, und Planitz.59 Beachtenswert ist seine Teilnahme in Magdeburg 1942. Nach der Tagungsordnung sollte W. Ebel einen Vortrag über „Lübisches Recht und römisches Recht“ halten.60 Weder kann geklärt werden, ob er diesen Vortrag hielt, noch sind die Inhalte bekannt. W. Ebel hielt einen Vortrag dieses Titels ebenfalls vor dem Verein für Lübeckische Geschichte und Altertumskunde 1942/43.61 Sollte W. Ebel Tagungsteilnehmer in Magdeburg gewesen sein, so hatte er die Möglichkeit, an einem Abendessen mit dem Magdeburger Oberbürgermeister Markmann teilzunehmen.62 Dieser Aspekt ist wegen W. Ebels Auftrag beim „Ahnenerbe“ interessant. Möglicherweise trafen sich im November 1942 somit zwei Hauptverantwortliche für die Stadtrechtsforschung, W. Ebel für die Erforschung des Lübischen Rechts, Markmann für die Forschung des Magdeburger Rechts. Zusammenfassend muss W. Ebels Verstrickung in den Nationalsozialismus als herausragend gewertet werden.63 Dies folgt nicht zuletzt aus der mindestens opportunistischen Akzeptanz, die eigene Arbeit politisch instrumentalisieren zu lassen.64 Zwar können öffentlich publiziert kaum Auswirkungen festgestellt werden, dabei ist aber die kaum vorhandene Publikationstätigkeit W. Ebels zu bedenken. Aus den Akten ergibt sich ein reges Engagement. Insbesondere seine stadtrechtlichen Forschungen stellte er in den Dienst der Nationalsozialisten. das Rassenamt und das Siedlungsamt vorgenommen. Seit dem 20.10.1942 ist Ebel zum Pers.Stab RF-SS, Amt Ahnenerbe kommandiert. [Absatz] Ebel hat dem RuS-Hauptamt-SS durch seine großen Kenntnisse wertvolle Dienste geleistet. [Absatz] Im Kameradenkreis ist er beliebt und versteht es auch, sich gegenüber Untergebenen durchzusetzen. [Absatz] Er hat sich stets für die Belange der SS eingesetzt. [Absatz] Sein Auftreten ist militärisch und einwandfrei.“ 57 W. Ebel, Forschungen zur Geschichte des lübischen Rechts, 1950, Vorwort. 58 Oktober/November 1941 in Weimar, Hausmann, „Deutsche Geisteswissenschaft“ im Zweiten Weltkrieg, 3. Aufl., 2007, S. 175. Die Teilnehmer ergeben sich aus Fn. 220; Mai 1942 in Weimar, ders., Geisteswissenschaft, 2007, S. 179 f. Teilnehmer bei Fn. 232; November 1942 in Magdeburg, ders., Geisteswissenschaft, 2007, S. 184 Fn. 243, eingeladene Rechtshistoriker bei ders., Geisteswissenschaft, 2007, S. 185 Fn. 244. 59 Hausmann, Geisteswissenschaft, 2007, S. 175. Die Teilnehmer ergeben sich aus Fn. 220. 60 Hausmann, Geisteswissenschaft, 2007, S. 186 Fn. 249. 61 Landwehr, Wilhelm Ebel, 1980, S.  216 (die Angaben zu den Vorträgen stammen von Antjekathrin Graßmann). Eine Anfrage beim Archiv in Lübeck ergab, dass zwar eine Ankündigung des Vortrages vorhanden ist, aber kein Manuskript. 62 Hausmann, Geisteswissenschaft, 2007, S. 186 Fn. 250, Brief Mayers an Heinrich Büttner vom 06.12.1942. 63 F. L. Schäfer, Nationalsozialismus, 2015, S. 381. 64 Dusil, Rechtsraum, 2005, S. 102.

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Ohne die finanzielle und organisatorische Unterstützung durch das „Ahnenerbe“ hätte W. Ebel nicht seine in der Bundesrepublik wichtigen Abschriften des Lübischen Rechts erstellen können. b) Das Wirken von Fritz Markmann Rechtshistoriker, die die Hanse streiften, beschäftigten sich vornehmlich mit den Stadtrechten. Die Preisschrift von Schubart-Fikentscher ist bereits erwähnt. Hier soll nur kurz auf den Magdeburger Oberbürgermeister Dr. iur. Fritz Markmann eingegangen werden. Die Behandlung von Markmann könnte als unpassend gewertet werden. Markmann forschte bloß neben seiner Arbeit als Oberbürgermeister zu stadtrechtlichen Themen und seine wissenschaftliche Verbindung zur Hanse bestand letztlich aus einer Arbeit. Die Arbeit war freilich symptomatisch und wie beschrieben begründete W. Ebel seinen Fokus auf das Lübische Recht mit der Tätigkeit des Instituts für die Erforschung des Magdeburger Stadtrechts. Dieses Institut war aber eng mit der Person Markmanns verknüpft. Fritz Markmann (1899–1949) studierte in Jena sechs Semester Jura und wurde dort zum Dr. iur. promoviert.65 Sein Referendariat schloss er nicht ab.66 Bereits seine Doktorarbeit hatte Bezüge zum Magdeburger Stadtrecht. Sein beruflicher Werdegang führte ihn von verschiedenen Positionen als Syndikus über die Mitgliedschaft im Magdeburger Stadt­ parlament 1933 zum Posten des Oberbürgermeisters von Magdeburg.

Wann Markmann den Entschluss fasste, die Schöffensprüche aus Magdeburg systematisch zu erfassen, ist unsicher, womöglich zwischen 1936 und 1938.67 Markmann strebte ein Institut an, das mit städtischen Mitteln ausgestattet sein sollte.68 Wird dann aber bedacht, dass Markmann für die Einrichtung mit dem Gauleiter der NSDAP, dem NSRB und Rudolf Heß sprach, zeigt sich die von vornherein politische Dimension des Instituts.69 Theodor Goerlitz (1885–1949), Honorarprofessor der Geschichtswissenschaft an der Universität Breslau und „[einer] der besten Kenner des Magdeburger Rechts“, wurde am 1. Oktober 1941 Institutsdirektor.70 Träger des Instituts waren nach Angabe Markmanns die Stadt Magdeburg und das Gaurechtsamt der NSDAP.71

65 Biographische Informationen nach Lück, „Der Deutsche kommt also im Osten in kein Neuland  …“ Das Institut zur Erforschung des Magdeburger Stadtrechts (1940–1945), in: Heiner Lück/Werner Freitag (Hrsg.): Historische Forschung in Sachsen-Anhalt, 1999, S. 125 (127 f.). 66 Lück, Dr. iur. Fritz Markmann (1899–1949) als Erforscher und Editor des Magdeburger Rechts, in: Hans K. Schulze (Hrsg.): Sachsen und Anhalt, Bd. 22, 2000, S. 289 (291). 67 Lück, Institut, 1999, S. 129. 68 Lück, Strukturen, 2009, S. 189. 69 Lück, Strukturen, 2009, S. 189. 70 Lück, Strukturen, 2009, S. 190, biographische Angaben zu Goerlitz S. 189 Fn. 76. 71 Lück, Markmann, 2000, S. 302.

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Das Institut sollte die Magdeburger Schöffensprüche im Wortlaut edieren.72 Drei Bände konnten veröffentlicht werden ehe der Großteil der Bestände am 16. Januar 1945 zusammen mit den Institutsräumen bei einem Bombenangriff zerstört wurde.73 Die politische Relevanz der Forschungen war Markmann bewusst. Er benutzte die Erforschung des Stadtrechts – auch des Lübischen – für die „Geopolitik“.74 Zudem zeigt sich die politische Dimension in einem Werbeprospekt des Kohlhammer Verlages in Stuttgart für die Editionen der Magdeburger Schöffensprüche.75 Markmann gab diesen Prospekt bei einer Sitzung des wissenschaftlichen Beirats des Instituts im Jahre 1941 herum. Die Erforschung des Magdeburger Rechts sollte dazu dienen, „den Ostraum aus einem beschämenden Tiefstand wieder heraus­ zuführen“.76 Für den „Rechtswahrer“ gelte die Parole: „Reinige das deutsche Recht von fremden Einflüssen!“.77 Dafür „muß er [der Rechtswahrer] auf die deutschen Rechtsquellen des Mittelalters zurückgreifen, um sich an ihrem von fremden Beiwerk nicht verfälschtem Inhalt zu schulen“.78 Bedenkt man diese Orientierung sowohl Markmanns als auch seines Instituts, so lässt sich die Vereinnahmung der rechtlichen Quellen mit hansischem Bezug bereits erahnen.79 Die Selbstdarstellung des Instituts wurde bezeichnenderweise in der Jomsburg80 veröffentlicht.81 Zudem war eine Zusammenarbeit mit den Forschern in den nichtdeutschen Ländern mit Städten Magdeburger Rechts nicht geplant.82 Die Darstellung von Markmann in der neueren Forschung ist ambivalent. Zwar wird die politische Dimension des Projektes herausgehoben,83 doch lesen sich die biographischen Anmerkungen zu Markmann zurückhaltend.84 Nach den Dar­ 72

Lück, Markmann, 2000, S. 305. Lück, Markmann, 2000, S. 312. Es sind aber nach Lücks Schätzung 200–300 Schöffensprüche in Kopie im Magdeburger Stadtarchiv erhalten geblieben, ders., Strukturen, 2009, S. 194. 74 Markmann, Magdeburger und Lübisches Stadtrecht im Norden und Osten Europas nach geopolitischen Gesichtspunkten, 1938. 75 Lück, Markmann, 2000, S. 313 f. 76 Zitiert nach Lück, Markmann, 2000, S. 314. 77 Zitiert nach Lück, Markmann, 2000, S. 314. 78 Lück, Markmann, 2000, S. 314. 79 Lück, Strukturen, 2009, S. 191 sieht denn auch eine „politische Funktion“ des Projekts. 80 Kurze Erläuterung und weitere Verweise zur Jomsburg im Text E. I.2.b) bei Fn. 174. 81 Lück, Strukturen, 2009, S. 191 Fn. 83, Verweis auf einen Artikel von Goerlitz in Jomsburg, Bd. 6 (1942), S. 98–106. 82 Lück, Strukturen, 2009, S. 195. 83 Bereits zitiert: Lück, Markmann, 2000, S. 313 f. 84 Lück, Markmann, 2000, S.  293: politischer Standort Markmanns vor 1933 kaum bestimmbar, S. 294 f.: Porträt Markmanns von 1942 in DRK-Uniform ohne sichtbare NS-Abzeichen, S.  296: er sei in Auseinandersetzungen mit Parteifunktionären gewesen, S.  297 f.: Entnazifizierung zunächst Kategorie IV, dann V, „[i]rgendwie moralisch wie rechtlich verwerfliche Verhaltensweisen ließen sich nicht nachweisen“, S. 298: „Kommunalpolitiker aus 73

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legungen, die hier nur sehr kursorisch erfolgen können, muss die von vorherein politische Ausrichtung des Projekts als herausragend gewichtet werden. Ein ausschließlich oder überwiegend wissenschaftliches Interesse Markmanns scheint dabei spekulativ. Dies zeigt sich nicht zuletzt an der Personalie Brackmanns, der durch seine Funktion in der Nord- und Ostdeutschen Forschungsgemeinschaft sowohl Einfluss auf die politische Ausrichtung des Hansischen Geschichtsvereins85 und durch seine Mitgliedschaft im wissenschaftlichen Beirat des Magdeburger Instituts86 auch letzteres politisch beeinflussen konnte. So standen sowohl die Forschung W. Ebels zum Lübischen Recht, als auch die Erforschung der Magdeburger Schöffensprüche unter politischen Vorzeichen. 2. Geschichtswissenschaft Die historische Literatur dieser Zeit zur Hanse ist natürlich umfangreicher als die juristische. Zwar sind Monographien selten, doch finden sich viele Aufsätze und Sammelbände. Personell ist diese Zeit eng mit Fritz Rörig verknüpft. Rörig selber ist aber zu keiner Monographie über die Hanse vorgestoßen. Bevor auf Rörig näher eingegangen wird, soll die übrige Literatur im Hinblick auf ihre rechtliche Relevanz vorgestellt werden. Bei den Monographien werden hier nur die Werke von Pagel87 und Fink88 herangezogen. Das Werk von Fink ist dabei lediglich ein kurzes Heftchen ohne ersichtliche Nachwirkungen. Interessant ist es lediglich wegen seiner zeitgebundenen Färbungen, die bei Fink 193689 noch nicht auftraten. Der Autor Georg Fink war der bereits genannte Lübecker Archivdirektor, den W. Ebel für seine Arbeiten gewinnen wollte.90 Georg Fink (1884–1966) wirkte während des Nationalsozialismus und darüber hinaus im Verein für Lübeckische Geschichte und Altertumskunde und im Hansischen Geschichtsverein.91 Das Werk von Ernst Hering92 wird Leidenschaft“, S. 300: Verhältnis zur Geopolitik womöglich nur, um das Interesse am Magdeburger Recht zu wecken. Allerdings auch: S. 294 Fn. 24: Aufzählung der Mitgliedschaften in NS-Organisationen, S. 295: Fotografie von 1934, die Markmann neben Hitler zeigt, Trauung des Gauleiters von Magdeburg-Anhalt Jordan durch Markmann, enge Kontakte zum Führer des Stahlhelms Seldte. Lück geht in seiner Vorbemerkung davon aus, dass seine Darstellung Kritik provozieren könnte, S. 289. 85 Siehe E. I.2.a). 86 Lück, Markmann, 2000, S. 303. 87 Pagel, Hanse, 1943. 88 Fink, Die Hanse, 1939. 89 Fink, Stellung, 1936. 90 Zu Fink: Leesch, Archivare, Bd. 2, 1992, S. 153. 91 Stubbe da Luz, „Die Arbeit in gewohnter Form fortgesetzt“? Der Verein für Lübeckische Geschichte und Altertumskunde, die Bremer Historische Gesellschaft und der Hansische Geschichtsverein in der NS-Zeit, Blätter für deutsche Landesgeschichte, Bd.  141/142,1 (2005/ 2006), S. 289 (295–298, 304–306, 311–316, 332 f., 340 f.). 92 Hering, Die deutsche Hanse, 1940.

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hier nicht herangezogen. Entscheidend ist dabei gar nicht so sehr, dass es kein Literaturverzeichnis enthält. Dieser Mangel betrifft im Kern auch das Werk von Pagel, das lediglich auszugsweise die verwendete Literatur angibt und ebenfalls auf Fußnoten verzichtet. Hering wurde für seine kompilatorische und wohl sogar plagiierende Vorgehensweise selbst von Zeitgenossen scharf kritisiert.93 Von dem Werk war kein eigenständiger Impuls zu erwarten. Die Monographie von Pagel wird ausgiebig herangezogen. Dies hängt einerseits mit der geringen Anzahl an Monographien über die Hanse zusammen, andererseits aber mit Pagels Anspruch, einen Überblick über den Forschungsstand zu geben.94 Dabei macht es Pagel dem heutigen Leser nicht leicht, da seine Literaturangaben, wie erwähnt, mangelhaft sind. Interessant sind die rechtshistorischen Thesen Pagels, die in dieser Deutlichkeit in der übrigen Literatur nicht zu finden sind. Bereits dies rechtfertigt seine häufige Benutzung. Es ist im Übrigen bemerkenswert, dass gerade Pagel – der sich selbst als „Dilettant“ sah95 – monographisch zur Hanse publizierte. Es könnte zwar in Frage gestellt werden, ob eine „populärwissenschaftliche“ Monographie einen Platz in der Wissenschafts­geschichte verdient, doch zeigt bereits die noch Jahre später stattgefundene Auseinandersetzung mit diesem Werk seine Wirkung.96 Über Karl Pagel (1898–1974) ist nicht viel bekannt.97 Er soll 1917 eine Kriegsverletzung erlitten haben, unter der er ein Leben lang litt. Nach den Immatrikulationsmatrikeln der Universität Rostock studierte Pagel in Freiburg, Heidelberg und Rostock.98 In Rostock wurde Pagel mit einer geschichtswissenschaftlichen Arbeit promoviert. Nach einer Kurzbiographie des Bundesarchivs arbeitete Pagel von 1924–1946 für verschiedene Verlage, von 1946–1950 für das Bezirksamt Berlin-Zehlendorf und ab 1950 für das Bundesministerium für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte.99 Seit 1953 war er Regierungsdirektor, ab 1956 Ministerialrat.100

Pagels Hansemonographie wird zuweilen als frei von zeitgebundener Ideo­logie beschrieben.101 Dies ist insoweit richtig, als Pagel darin nicht zu heftigen Ausfällen neigte. Dennoch war das Werk nicht frei von typischen Erscheinungen der Forschung im Nationalsozialismus. So habe der Deutsche in der Ostsiedlung ein 93

Reincke, [Rezension zu] Ernst Hering, Die Deutsche Hanse, HGbll., Bd. 65/66 (1940/1941), S. 211–214. 94 Pagel, Hanse, 1943, S. VI. 95 Pagel, Hanse, 1943, S. V. 96 Brandt, Grenzen und Möglichkeiten einer hansischen Gesamtgeschichte, HGbll., Bd. 72 (1954), S. 91–100. 97 Kurzbiographie bei Grewolls, Wer war wer in Mecklenburg-Vorpommern?, 1995, S. 318 f. 98 Immatrikulation von Karl Pagel für das WS 1920/21, online verfügbar unter http://purl. uni-rostock.de/matrikel/200015413, zuletzt abgerufen am 7. Mai 2015. 99 Nach Grewolls handelte es sich bei der Stelle 1924 um eine Anstellung bei der Deutschen Verlagsanstalt, Grewolls, Personenlexikon, 1995, S. 318. 100 Kahlenberg, Die Kabinettsprotokolle der Bundesregierung, Bd. 9, 1998, S. 717 Fn. 14, zur 159. Kabinettssitzung vom 14.11.1956. 101 Henn, Wege, 1994, S. 411 f.

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„[höheres Recht]“ gen Osten gebracht102. Der Deutsche sei „als Träger einer neuen Ordnung“ in den Ostseeraum gekommen, die „ihm das Erstgeburtsrecht im Ostseeraum bis auf den heutigen Tag [gibt]“.103 Über die Ostsiedlung führte er aus, „[d]ie deutschen Neustämme des Mittelostens und des Nordostens [sind] im Volkstumskampf der Landnahme [gestählt worden]“.104 Beachtenswert ist allerdings das fast vollständige Fehlen der ansonsten bemühten Argumentationen der Volks­ geschichte. Typische Vereinnahmungen der Hanse finden sich im Werk von Hans ­Muchow105 und den von Heinrich Hunke106 herausgegebenen Propagandabänden zur Hanse. Sowohl bei Muchow als auch bei Hunke finden sich im Hinblick auf ein Recht der Hanse im engeren Sinne kaum Nachweise. Sie sind allerdings für die Verfassung der Hanse interessant, da die Hanse in die völkische Ideologie eingeflochten wird. Reincke interessierte sich im rechtshistorischen Bereich vornehmlich für das Hamburger Recht, verfasste aber in einem Propagandaband zur Hanse den prägenden Hanseartikel.107 Typisch für die Zeit waren die behauptete Ablehnung von Juden in Lübeck und der Rekurs auf den angeblich vorherrschenden Volkstumsgedanken in der Hanse.108 Heinrich Reincke (1881–1960)109 entstammte einer renommierten Hamburger Familie. 1906 zum Dr. iur. promoviert, trat er ab 1909 in den Dienst des Hamburger Staatsarchivs. Seit 102

Pagel, Hanse, 1943, S. 65. Pagel, Hanse, 1943, S. 26. 104 Pagel, Hanse, 1943, S. 77. 105 Muchow, Die Hanse als Wille und Tat aus nordisch-germanischem Geist, 1939; ders., Der flämische Raum und die deutsche Hanse, 1942. Vermutlich war der Autor Leiter der Hauptarbeitsgruppe Belgien/Nordfrankreich bei dem Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg. Ein Dokument eines Hans Heinrich Muchows ist abgedruckt bei Nestler, Die faschistische Okkupationspolitik in Belgien, Luxemburg und den Niederlanden (1940–1945), Bd. 3, 1990, S. 197 f. (Auszug aus einer Studie über die Eingliederung Belgiens in das „Großgermanische Reich“). Kurze Angaben unter Berufung auf den soeben genannten Band zudem bei Geller, The Role of Military Administration in German-Occupied Belgium, 1940–1944, The Journal of Military History, Bd. 63 (1999), S. 99 (119). Die Arbeitsgruppe Belgien wurde am 01.09.1940 gegründet und zunächst von Dr. Hans Wolfgang Ebeling geleitet. Nach dessen Versetzung nach Berlin wurde Hans Muchow am 11.06.1942 sein Nachfolger als Leiter der Arbeitsgruppe Belgien/ Nordfrankreich, Vries, Sonderstab Musik, 1998, S. 236, später von ganz Frankreich, S. 227. 106 Hunke, Hanse, Downing Street und Deutschlands Lebensraum, 1940; ders., Hanse, Rhein und Reich, 1942. Ein geplanter dritter Band ist nicht erschienen. Heinrich Hunke (1902–2000) studierte Geographie, Mathematik, Physik und Staatswissenschaften in Münster, Berlin und Halle. Er trat 1923 in die NSDAP ein und saß für die Partei seit 1932 im Reichstag. Seit 1940 war er Leiter der Abteilung Ausland im Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda und seit 1943 Ministerialdirektor in diesem Ministerium. Stockhorst, 5000 Köpfe, 1967, S. 212; Fleischhack, Lippisches Autorenlexikon, 1986, S. 99. 107 Reincke, Hanse, in: Heinrich Hunke (Hrsg.): Hanse, Downing Street und Deutschlands Lebensraum, 1940, S. 17–37. 108 Reincke, Hanse, 1940, S. 20. 109 Biographische Informationen nach Grolle, Reincke, Heinrich, in: Franklin Kopitzsch/ Dirk Brietzke (Hrsg.): Hamburgische Biografie, Bd. 1, 2001, S. 248–249. 103

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1933 war er Archivdirektor. Seine akademische Laufbahn führte ihn indes zur Geschichtswissenschaft. Seit 1928 war er in Hamburg Professor für hamburgische und hansische Geschichte sowie niederdeutsche Landesgeschichte. Er wird daher als Historiker eingeordnet; seine akademische Grundausbildung erfolgte aber in der Jurisprudenz. Für den hiesigen Zusammenhang sind sein Interesse am Hamburger Stadtrecht und seine Mitherausgeberschaft der Hansischen Geschichtsblätter zusammen mit Fritz Rörig ab 1938 relevant. War die Bewertung der Nachwelt zunächst positiv,110 so wird heute vor allem Reinckes unkritische Haltung zum Nationalsozialismus hervorgehoben.111 Seit 1937 NSDAP-Mitglied, wird er als „ergebener Festredner“ des Regimes eingestuft und „als Historiker [, der seine Feder] vorbehaltlos in den Dienst der Eroberungspolitik Hitlers [stellte]“.112 In seinen Arbeiten trete die Betonung des Volkstums hervor.113 Bemerkenswert ist bei Reincke, dass er die Vereinnahmung seiner Forschung erkannte und billigte. 1942 schrieb er in einem Brief: „Geschichte ist stets Vergegenwärtigung, also Zusammenführung von Vergangenheit und Gegenwart. Es gibt keine zeitlose Geschichte, jeder Historiker ist seiner Zeit verfallen, und das soll er stets ehrlich bekennen.“114 Der zitierte Hanseartikel bestätigt dies.

Zwei Punkte verdienen eine gesonderte Einordnung: einerseits die Verbindungen des Hansischen Geschichtsvereins zu nationalsozialistischen Institutionen wie der Nord- und Ostdeutschen Forschungsgemeinschaft (NOFG) und abschließend die Person Fritz Rörigs. a) Der Hansische Geschichtsverein und der Nationalsozialismus Die nachfolgenden Anmerkungen sollen keine Aufarbeitung der Geschichte des Hansischen Geschichtsvereins im Nationalsozialismus darstellen. Es erscheint aber wichtig, auf die Einbindung des Vereins in nationalsozialistische Institutionen hinzuweisen, welche die publizierten Artikel anders beleuchtet. Brandt würdigte den Hansischen Geschichtsverein im Jahre seines hundertjährigen Bestehens und behandelte dabei auch kurz die Zeit des Nationalsozialismus.115 Darin wurde behauptet, die „Einwirkungen des nationalsozialistischen Regimes […] [waren] [i]m direkten Sinne […] recht gering“. „[D]ie wissenschaftlichen Arbeiten und Publikationen des Vereins blieben demgemäß unberührt und unbeeinflußt“. Lediglich der Ausschluss nichtarischer Mitglieder 1938 und die Aufnahme zweier „Konzessions-PG’s“ in den Vorstand, die dort allerdings nie erschienen seien, wurden erwähnt. Im Übrigen seien die „indirekten Wirkungen 110

Reincke habe sich „anfänglich“ vom Gedankengut des Nationalsozialismus begeistern lassen, Kellinghusen, Heinrich Reincke, Zeitschrift des Vereins für Hamburgische G ­ eschichte, Bd. 47 (1961), S. 1 (7). 111 Grolle, Reincke, 2001, S. 249. 112 Grolle, Reincke, 2001, S. 249. 113 Grolle, Von der Verfügbarkeit des Historikers, in: Joist Grolle (Hrsg.): Hamburg und seine Historiker, 1997, S. 123 (129, 142). 114 Zitiert nach Grolle, Verfügbarkeit, 1997, S. 143. 115 Brandt, Hundert Jahre Hansischer Geschichtsverein, HGbll., Bd. 88/I (1970), S. 3 (36 f.).

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des Regimes“ nachhaltiger gewesen, wie „Wissenschaftsfeindlichkeit“, „die zunehmende Isolierung Deutschlands“ und „[das] [gänzliche] Brachliegen der wissenschaftlichen Tätigkeit“.116 Brandts Darstellung wird heute kritisch gesehen.117 Allgemeiner gewendet wurde vertreten, Rörigs Hinwendung zur Wirtschaftsund Sozialgeschichte der Hanse habe der Hanseforschung „manche Möglichkeit [ge]boten, sich von den völkisch-nationalistischen Verzerrungen des Geschichtsbildes in den Jahren der nationalsozialistischen Herrschaft einigermaßen frei zu halten“118. Es sei aber in der Hanseforschung auch „gesündigt“ worden.119 In jüngster Zeit ist die hansische Wissenschaft im Nationalsozialismus größerer Kritik ausgesetzt.120 Wichtig erscheint ein von Brandt unterschlagender Umstand, nämlich die Unterordnung des Hansischen Geschichtsvereins unter die von Brackmann initiierte Nordostdeutsche Forschungsgemeinschaft (NOFG, danach Nord- und Ostdeutsche Forschungsgemeinschaft) im Jahre 1934.121 Die NOFG wurde 1933 gegründet und diente der Bündelung aller Forschungsinitiativen zum deutschen Osten und der politischen Nutzbarmachung der Forschungsergebnisse.122 Brackmann strebte einen Zusammenschluss der verschiedenen völkischen Forschungsströmungen unter seiner Führung an.123 Zwar konnte er dieses Ziel nicht in Gänze erreichen, aber er schaffte es Anfang 1934, dass die NOFG alle Arbeiten mit Bezügen zur Ostpolitik des NS-Regimes kontrollierte.124 Nach außen durfte der Einfluss der NOFG nicht offenbar werden. Die Überwachung betraf auch den Hansischen Geschichtsverein.125 Ende 1934 erfolgte die oben angesprochene Integration des Hansischen Geschichtsvereins in die NOFG. Die Integrierung betraf zudem die Forschung Rörigs und die Forschung um Kötzschke in Leipzig.126 Ab 1937 konnte es durch die Verquickung von NOFG und Politik keine politikfreie Wissenschaft mehr geben.127 Die Annahme, der Hansische Geschichtsverein und damit seine Publikationen seien nicht „direkt“ vom nationalsozialistischen Regime kontrolliert worden, ist damit unhaltbar. Bereits die Bereitschaft Reinckes und Rörigs, ihre Forschungen in den Dienst der neuen Machthaber zu stellen, muss die wissenschaftliche Neutra­ lität der Publikationen erschüttern. Die von der NOFG betriebene Zusammen 116

Alle vorherigen Zitate: Brandt, Geschichtsverein, 1970, S. 36 f. Hill, Gebrauch, 2001, S. 87 Fn. 108. 118 Henn, Wege, 1994, S. 409. 119 Henn, Wege, 1994, S. 409. 120 Hill, Gebrauch, 2001, S. 80 ff.; Puhle, Rezeptionsgeschichte, 2011, S. 176 ff. 121 Haar, Nord- und Ostdeutsche Forschungsgemeinschaft, in: Ingo Haar/Michael Fahlbusch/Matthias Berg (Hrsg.): Handbuch der völkischen Wissenschaften, 2008, S. 432 (438). 122 Haar, Forschungsgemeinschaft, 2008, S. 432 f. 123 Haar, Forschungsgemeinschaft, 2008, S. 436 f. 124 Haar, Forschungsgemeinschaft, 2008, S. 437. 125 Haar, Historiker im Nationalsozialismus, 2000, S. 264 Fn. 45. 126 Haar, Forschungsgemeinschaft, 2008, S. 438. 127 Haar, Forschungsgemeinschaft, 2008, S. 440. 117

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führung von völkischer Wissenschaft und nationalsozialistischer Ostpolitik zeigt dann den „direkten“ Einfluss des Regimes auf. Weiterhin war Rörig Teil des wissenschaftlichen Beirats der Gesellschaft für Europäische Wirtschaftsplanung und Großraumwirtschaft e. V. (GeWG). Die Gesellschaft, geleitet durch Werner Daitz, welcher zeitweilig Mitglied im Vorstand des Hansischen Geschichtsvereins war,128 wollte die Etablierung einer europäischen, also im Sinne der Zeit: deutschen,129 Großraumwirtschaft wissenschaftlich und propagandistisch vorbereiten.130 Es ging somit um eine Legitimierung der deutschen Expansionen, insbesondere im Hinblick auf Osteuropa. Beachtlich ist nun die Übernahme des von Rörig in seiner Reichssymbolik vorgestellten Adlerwappens der Lübecker Gotlandschale als Symbol der GeWG. Denn die Hanse sei es gewesen, „die den ersten planmäßigen Wirtschaftskreislauf Kontinentaleuropas bewirkte“.131 Weiterhin galt die Hanse als „das historische Vorbild der neuen europäischen Großraumwirtschaft“.132 Im selben Tätigkeitsbericht  – auf dessen Titelblatt vermerkt ist „Vertraulich! Nicht zur Veröffentlichung“  – wurden die Hansischen Geschichtsblätter gelobt, die ähnliche Aufmachung im Vergleich zu den Schriften der GeWG herausgehoben und im Hinblick auf die Herausgabe der Hansischen Geschichtsblätter von einer „[engen] Beziehung mit unserer Gesellschaft“ gesprochen.133 Rörig selbst wies nicht ohne Stolz auf die Übernahme des Got­länder Adlers durch die Gesellschaft hin.134 Wie gleich zu zeigen sein wird, vollzog Rörig die auch rechtlich relevante Hinwendung der hansischen Wissenschaft zur Volksgeschichte schon vor 1933. Die hier aufgezeigte Einflussnahme erhob die völkische Deutung der Hanse aber zum staatlich beeinflussten Paradigma.

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Weczerka, Vorstandsmitglieder, 1970, S. 76: Vorstandsmitglied von 1933 bis 1945. Zu Daitz kurze Angaben bei Stockhorst, Köpfe, 1967, S. 96 f. 129 Die von Daitz ausgegebene Losung „Europa den Europäern“ wird daher als „Betrugs­ formel“ bewertet, Blindow, Carl Schmitts Reichsordnung, 1999, S. 67. 130 Selbstdarstellung: Gesellschaft für Europäische Wirtschaftsplanung und Grossraumwirtschaft, Gründung und Aufbau, 1940; siehe aus Sicht der DDR-Forschung zu dieser Gesellschaft, Gottwald, Mitteleuropaorganisationen 1904–1945, in: Dieter Fricke et al. (Hrsg.): Lexikon zur Parteiengeschichte, 1985, S. 365 (371 f.). 131 Gesellschaft für Europäische Wirtschaftsplanung und Grossraumwirtschaft, Forschungen und Erkenntnisse, 1942, 1. Bild zwischen S. 38 und 39. 132 Gesellschaft für Europäische Wirtschaftsplanung und Grossraumwirtschaft, Forschungen, 1942, S. 39. 133 Gesellschaft für Europäische Wirtschaftsplanung und Grossraumwirtschaft, Forschungen, 1942, S. 45. 134 Rörig, Wandlungen, 1942, S. 445 Fn. 89: Die Übernahme des Symbols in Verbindung mit den Worten „Einige und führe“ habe „seinen tiefen Sinn“.

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b) Fritz Rörig Fritz Rörig bedarf trotz seiner eigenen, kaum einschlägig rechtshistorischen Forschung einer gesonderten Darstellung. Er hatte überragenden Einfluss auf die hansische Forschung. Dieser Einfluss konnte nicht ohne Widerhall in der rechtlichen Analyse der Hanse bleiben. Einerseits ist Rörigs Lebensweg kurz zu beschreiben und andererseits ist sein Werk vorzustellen. Rörig (1882–1952) wurde in St. Blasien im Schwarzwald geboren, zog aber nach dem Tod des Vaters, eines Apothekers, im Alter von zwei Jahren nach Barmen.135 Er studierte nach dem Besuch des Barmener Gymnasiums in Tübingen, Leipzig und Göttingen. 1905 promovierte er bei Gerhard Seeliger in Leipzig. Nachdem er einige Jahre als Archivassistent in Metz gearbeitet hatte, wollte er seine „juristischen Studien“ in Göttingen beim Frensdorff Nachfolger Konrad Beyerle und Joseph Partsch zu Ende bringen.136 Nach Rörigs eigenen Angaben war es vor allem Beyerle, der ihn nach Göttingen zog.137 Doch brach er das Studium im Jahre 1911 ab, da er in Lübeck Zweiter Archivar des Staatsarchivs Lübeck werden sollte. Die Arbeit im Lübecker Archiv war für die wissenschaftliche Laufbahn Rörigs prägend. Sieben Jahre arbeitete er dort an den ältesten Grundbüchern (Oberstadtbuch 1284 bis 1315), dem ab 1311 einsetzenden Schuldbuch (Niederstadtbuch) und bürgerlichen Testamenten aus dem 13. und 14. Jahrhundert.138 Anhand dieser Urkunden entwickelte er seine Thesen.139 Im Jahre 1918 wurde Rörig als außerordentlicher Professor nach Leipzig berufen, vor allem für historische Hilfswissenschaften. 1923 folgte er einem Ruf nach Kiel auf eine ordentliche Professur für mittlere und neue Geschichte. 1935 erfolgte sein letzter Wechsel nach Berlin, um dort ordentlicher Professor für mittlere und neuere Geschichte zu werden. Er verblieb dort auch nach Kriegsende und Errichtung der SBZ/DDR bis zu seinem Tod 1952.

Nach Meinung Noodts sei Rörig in Berlin nur zum Zuge gekommen wegen der Unterstützung durch seinen Freund Walther Vogel.140 Sie vermutete, dass Rörig nicht wegen seiner fachlichen Qualifikationen berufen worden sei, sondern vielmehr wegen seiner Nähe zur Volksgeschichte und der Deutung der Hanse aus dieser Volksgeschichte heraus.141 Damit ist bereits Rörigs Werk in den Blickpunkt gerückt. Rörigs Werk kreiste zunächst schwerpunktmäßig um Lübeck, was angesichts seiner Tätigkeit als Archivar in Lübeck nicht verwundern kann. Ab 1933 fand dann ein Fokuswechsel hin zur hansischen Geschichte statt.142 Die auf Lübeck ausge 135 Biographische Informationen zu Rörig bei Noodt, Rörig, 2007, S.  160–163; Pauler,­ Rörig, Fritz, in: NDB, Bd. 21, 2003, S. 736–737; Brandt, Fritz Rörig, HGbll., Bd. 71 (1952), S. 1–8; W. Ebel, In Memoriam Fritz Rörig, ZRG GA, Bd. 83 (1953), S. 427–431. 136 Eigenangabe von Rörig, zitiert nach Noodt, Rörig, 2007, S. 160 f. 137 Noodt, Rörig, 2007, S. 161. 138 Brandt, Fritz Rörig und die Lübeckische Geschichte, ZVLGA, Bd. 33 (1952), S. 7 (8). 139 Brandt, Geschichte, 1952, S. 9. Rörigs Schüler Brandt wertete die Thesen als „[grundstürzende] Erkenntnisse“. 140 Noodt, Rörig, 2007, S. 162. 141 Noodt, Rörig, 2007, S. 172. Zur Volksgeschichte einige Anmerkungen bei E.III.2.a). 142 Noodt, Rörig, 2007, S. 163.

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richteten Artikel sind für den hiesigen Zusammenhang kaum interessant, da sie sich so gut als gar nicht mit rechtlichen Aspekten der Hanse beschäftigen.143 Seine selbst erkannte Wendung von der politischen Geschichte der Hanse hin zu einer sozial- und wirtschaftsgeschichtlichen Analyse144, zeigt sich bereits im Vorwort seiner gesammelten hansische[n] Beiträge zur deutschen Wirtschaftsgeschichte. Vergleiche man den ersten der Aufsätze145 mit dem letzten146, so zeige sich der thematische Wechsel „von der Rechts- und Verfassungsgeschichte zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte“ und methodisch die Abkehr „von der einseitigen Verwertung dispositiver Urkunden zu möglichst eindringender Verarbeitung der Zeugnisse über konkrete Vorgänge“.147 Er verschmähte die Rechtsgeschichte aber nicht vollkommen, sondern wollte mit seinen Forschungen „die allgemeingeschichtlichen Grundlagen, die wirtschafts- und sozialgeschichtlichen Voraussetzungen der Rechtsformen und Rechtsnormen“ herausarbeiten.148 Diese Selbsteinschätzung wird bis heute geteilt und als Rörigs Verdienst um die Hanseforschung angesehen.149 Die Neuausrichtung der hansischen Forschung stellte einen Paradigmenwechsel dar,150 dessen rechtsgeschichtliche Bedeutung anhand der Themen und Methoden im Einzelnen in den folgenden Abschnitten dargestellt werden soll.151 Bemerkenswert ist, wie geräuschlos dieser Paradigmenwechsel in der hansischen Wissenschaft152 von statten ging. Rörig behauptete auf Grundlage der von ihm im Lübecker Archiv ausgewerteten Urkunden, die frühestens aus dem 13. Jahrhundert stammen, eine Gründung Lübecks 1158 durch ein Unternehmerkonsortium. In diesen Kaufleuten erblickte er die tragenden Kräfte bei der Gründung Lübecks und später in der Ostsiedlung. Die Kaufleute hätten auf der Grundlage eines weitschauenden Programms gehandelt. Die metaphysischen Aspekte seiner Lübeck- und Hansekonzeption erlaubten eine Adaption der volksgeschichtlichen Terminologie. Bereits in den 1920ern erschienen im Rörigschen Werk die Ausdrücke „Volkstum“ und „Volksboden“153. Der Imperialismus der dänischen 143

Siehe dazu oben D.II.3.b)bb). Rörig, Wandlungen, 1942, S. 422, 425. 145 Rörig, Lübeck und der Ursprung der Ratsverfassung (1915), in: Fritz Rörig: Hansische Beiträge zur deutschen Wirtschaftsgeschichte, 1928, S. 11–39. 146 Rörig, Die Gründungsunternehmerstädte des 12.  Jahrhunderts (1926), in: Fritz Rörig: Hansische Beiträge zur deutschen Wirtschaftsgeschichte, 1928, S. 243–277. 147 Rörig, Vorwort, 1928, S. 5. 148 Rörig, Vorwort, 1928, S. 5. 149 Beispielsweise Henn, Wege, 1994, S. 408; Dollinger et al., Hanse, 2012, S. XVIII. 150 Sogar im Sinne von Kuhn, Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen, 2. Aufl., 1979. 151 Unten E.II.1. und E.II.2. sowie E.III.2. 152 Wenngleich insbesondere seine These vom Gründungsunternehmerkonsortium zuweilen auf starke Kritik stieß, die hier aber nicht weiter betrachtet wird. 153 Rörig, Die Hanse, ihre europäische und nationale Bedeutung, Deutsche Rundschau, Bd. 188 (1921), S. 265 (273); ders., Die Hanse und die nordischen Länder (1925), in: Fritz Rörig: Hansische Beiträge zur deutschen Wirtschaftsgeschichte, 1928, S. 157 (157). 144

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Könige sei gescheitert, weil er nicht von den „Lebensnotwendigkeiten eines Volkes“ getragen worden sei; die Städtehanse habe hingegen die „Lebensinteressen“ der Kaufmannschaft bedient.154 Es soll aber betont werden, dass die Ausdrücke noch nicht für eine politische Legitimation revisionistischer Forderungen gebraucht wurden. In seinem Artikel aus dem Jahre 1921 über die europäische und nationale Bedeutung der Hanse erschien die „völkische Einheit“ in der Hanse als der Gegenentwurf zu den Wirren der jungen Weimarer Republik.155 Rörig wird heute noch als Liberaler eingeschätzt, der mit seiner Kritik am wilhelminischen System während der Weimarer Republik in die Nähe der Vernunftrepublikaner gerückt sei.156 Nach eigenen Angaben beschrieb er sich als national aber nicht nationalistisch, er wollte die Notwendigkeit der supra-nationalen Aufgeschlossenheit betonen.157 Sein Wirken am Ende der Weimarer Republik soll durch die Herausstellung der bürgerlichen Kräfte im Mittelalter gegen die nationalsozialistische Bewegung gerichtet gewesen sein.158 Ab 1933 habe er sich dann mit dem Nationalsozialismus arrangiert. Als persönliche Gründe werden Karrierismus und Überlebensinstinkt angeführt,159 sein Werk und damit verknüpft seine politische Einstellung habe zudem einen unitarischen Staat vor Augen gehabt und er sei bereits lange in der völkischen Forschung verankert gewesen.160 Noodt erklärte Rörigs Hinwendung zur völkischen Ideologie mit einer „Kombination aus inneren Widersprüchen und Ängsten, Brüchen in seiner Biographie, Eitelkeit, Machtbewusstsein und der Unfähigkeit neben der Lehrbelastung wissenschaftliche Forschung zu betreiben“, weiterhin habe er mit der jungen Generation mithalten und ihnen Gelder zukommen lassen wollen.161 Inwieweit diese weitreichenden persönlichen Wertungen aus dem Werk Rörigs und seiner Korrespondenz tatsächlich abgeleitet werden können, muss hier offen bleiben.162 Er konnte sich bereits deswegen leichter anpassen, da die völkischen Ausdrücke bei ihm mehrdeutig waren und

154 Rörig, Länder, 1928, S.  159. Noodt führte dieses Beispiel ebenfalls an, Noodt, Rörig, 2007, S. 171. Der Verfasser teilt aber nicht die Einschätzung, dass „[d]ie Legitimität eines territorialen Anspruchs […] hier mit dem Ideologem des Lebensraums untermauert [wird]“. Es wirkt eher, als habe Rörig seine üblichen Ausführungen zur lübischen Führerstellung nur mit völkischer Terminologie ornamentiert. 155 Rörig, Bedeutung, 1921, S. 273: „In einer Zeit, wo so mancher irre zu werden droht an den politischen Fähigkeiten seines eigenen Volkstums, mag die Hanse und ihre Geschichte Zeugnis ablegen von glänzenden politischen Fähigkeiten, die deutsches Bürgertum unter schwierigsten Umständen durch Jahrhunderte hindurch bewiesen hat“. 156 Lambert, Volkshistoriker, 1999, S. 137 f. 157 Lambert, Volkshistoriker, 1999, S. 139. 158 Lambert, Volkshistoriker, 1999, S. 140. 159 Lambert, Volkshistoriker, 1999, S. 141. 160 Lambert, Volkshistoriker, 1999, S. 142. 161 Noodt, Rörig, 2007, S. 180. 162 Ebenfalls negative Einschätzung bei Stubbe da Luz, NS-Zeit, 2005/2006, S. 339 Fn. 173, der sich fragte, ob Rörig angesichts eines zweimaligen Paradigmenwechsels in circa 12 Jahren nicht eher „Populärwissenschaft“ betrieben habe.

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sowohl demokratische als auch rassische Bedeutungen tragen konnten.163 Wird beispielsweise der Vortrag aus dem Jahre 1925 betrachtet, so leitete er diesen zwar mit Ausdrücken der völkischen Wissenschaft ein, betonte damit aber lediglich die bürgerlichen Kräfte in Lübeck und (nach Rörig) damit in der Hanse.164 In seinen Veröffentlichungen ab 1933 änderte sich dann nicht der grundsätzliche Aufbau seiner Hansekonzeption, aber wenn Rörig betonte, dass die hansische Geschichte gerade „nicht zu einem völkisch indifferenten Wirtschaftsverband führte“, und die Hanse „ganz bewußt, ein Wirtschaftsverband auf blutmäßiger Grundlage“ gewesen sei, so gebrauchte er die völkischen Ausdrücke nicht mehr ausschließlich zur Betonung des Bürgertums.165 Eine völkische Vereinnahmung der Hanse, wie sie Reincke betrieb („[m]an hielt auf reines Blut“)166, hätte ohne weiteres in dieser Zeit auch von Rörig stammen können. Deutlich muss den apologetischen Bewertungen durch Brandt zum Tode Rörigs entgegengetreten werden.167 Brandt verteidigte Rörigs Aufsatz über die Reichssymbolik auf Gotland168, indem er behauptete, einige „[wollen] bei mißverständlicher Auslegung des Aufsatztitels ‚Reichssymbolik …‘ zeitbedingte, nationalpolitisch-imperialistische Tendenzen unterlegen“.169 Dies seien „Irrtümer“, die auf den „ungünstigen Erscheinungsjahren“ und „der gelegentlich alle gebotenen Grenzen sprengenden Pathetik der Rörigschen Diktion“ beruhen.170 Bedenkt man die Verbindungen des Hansischen Geschichtsvereins zur NOFG, Rörigs Tätigkeit dort171, sowie seine häufig und lange vertretenen völkischen Gedanken, so musste Rörig die Wirkung seiner Aufsätze bekannt sein. Die NS-Dozentenschaft sah bereits für die Zeit vor 1933, dass sich Rörig von seinen liberalen Kollegen durch seine völkischen Studien unterschied.172 Zudem sollte Rörig an einem Germanischen Geschichtsbuch für das „Ahnenerbe“ mitwirken; ob er dies allerdings wusste, ist unklar.173 Seine aktive Mitarbeit an der verhüllt politisch ausgerichteten Zeitschrift Jomsburg174 zeugt ebenfalls von einer Mitarbeit im Regime. Die Jomsburg sollte vor allem den „binnenländischen Charakter des polnischen Volkes“175 offen legen 163

Lambert, Volkshistoriker, 1999, S. 143. Rörig, Länder, 1928 (zuerst 1925). 165 Rörig, Die deutsche Hanse, Vergangenheit und Gegenwart, Bd. 25 (1935), S. 198 (202). Näheres unten E.III.2. 166 Reincke, Hanse, 1940, S. 20. 167 Siehe auch Stubbe da Luz, NS-Zeit, 2005/2006, S. 317 f. 168 Rörig, Reichssymbolik auf Gotland, HGbll., Bd. 64 (1940), S. 1–67. 169 Brandt, Geschichte, 1952, S. 11. 170 Brandt, Geschichte, 1952, S. 11. 171 Haar, Historiker, 2000, S. 302 Fn. 169; Noodt, Rörig, 2007, S. 156 f. 172 Noodt, Rörig, 2007, S. 171 f. 173 Kater, Ahnenerbe, 1997, S. 180 Fn. 313. Die Unsicherheit über (unter anderem) Rörigs Kandidatur ergibt aus dem Ende der Fußnote. 174 Oberkrome, Volksgeschichte, 1993, S. 177. Zur Zeitschrift Jomsburg siehe auch, Wöllhaf, Jomsburg – Völker und Staaten im Osten und Norden Europas, in: Ingo Haar/Michael Fahlbusch/Matthias Berg (Hrsg.): Handbuch der völkischen Wissenschaften, 2008, S. ­307–312. 175 Oberkrome, Volksgeschichte, 1993, S. 178. 164

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und damit vermeintlich wissenschaftliche Argumente für eine deutsche Expansion liefern. Nicht zuletzt sein reger Einsatz für die „Aktion Ritterbusch“ zeigt, dass Rörig sich aktiv engagierte und diese Bewertung nicht auf einer missverständlichen Auslegung einiger weniger Worte beruht. Rörig war für die erste Tagung 1940 in Berlin eingeladen,176 im Februar 1941 in Nürnberg hielt er auf der Tagung mit dem Thema „Das Reich und Europa“ einen Vortrag.177 Diese Tagung wird als die ideologisch bedeutsamste gewertet.178 Das Vorwort des zur Tagung erschienenen Sammelbandes legt offen, dass die Geschichtswissenschaft sich als eine politische Wissenschaft sah.179 Rörigs Vortrag betraf dabei die Kaiseridee und er entwickelte daraus „den Führungsanspruch der Deutschen in Europa“.180 Wie bereits beschrieben, nahm Rörig 1941 an der Weimarer Tagung gemeinsam mit W. Ebel und Planitz teil.181 Im November 1942 wohnte Rörig dann einer Tagung in Magdeburg bei, die ebenfalls von W. Ebel besucht worden sein könnte.182 Die letzte Teilnahme von Rörig an einer Tagung des Kriegseinsatzes der Geisteswissenschaften ist für die Tagung vom April 1944 in Erlangen belegt.183 In das Jahr 1944 fällt auch die Veröffentlichung eines Beitrages im Sammelband von Vorträgen, die an der SS-Junkerschule in Bad Tölz gehalten wurden; im selben Band findet sich ebenfalls ein Beitrag von W. Ebel.184 176

Hausmann, Geisteswissenschaft, 2007, S. 157 Fn. 172. Hausmann, Geisteswissenschaft, 2007, S. 161 Fn. 182. Dazu unten kurze Bemerkungen zu möglichen Überschneidungen zwischen Rörig und C. Schmitt, E.III.2.b). 178 Hausmann, Geisteswissenschaft, 2007, S. 162. 179 Hausmann, Geisteswissenschaft, 2007, S. 164. 180 So die Bewertung bei Hausmann, Geisteswissenschaft, 2007, S. 165. 181 Hausmann, Geisteswissenschaft, 2007, S. 175 Fn. 220. 182 Hausmann, Geisteswissenschaft, 2007, S. 184 Fn. 243, zu W. Ebel in dieser Zeit siehe E. I.1.a). 183 Hausmann, Geisteswissenschaft, 2007, S. 191 Fn. 262. 184 Rörig, Die Hanse im europäischen Raum, in: Der Reichsführer-SS (Hrsg.): Germanische Gemeinsamkeit, 1944, S. 94–117, der Vortrag ist in seiner Diktion nicht mit W. Ebels Vortrag vergleichbar (dazu oben E. I.1.a) Fn. 16 und 17), gibt sich indes der für Rörig typischen Bildhaftigkeit hin und macht vor gelegentlichen Reverenzen an das Publikum keinen Halt. Erster Satz (S. 94): „Seewind weht in unsere mittelalterliche Geschichte, wenn das Wort ‚Hanse‘ anklingt.“ S. 104, Anklänge an die Großraumideen: der dänische Fischer (auf Schonen) hätte „kaum Wesentliches [‚mit dem reichen Gottessegen‘, also den Heringsströmen] […] anfangen können, wenn ihnen nicht auch hier der Deutsche den europäischen Markt organisiert hätte.“ Ebd.: „So wurde der Deutsche der Zauberer, der die in diesem Raum vorhandenen latenten Möglichkeit erst zu vollem, segenspendendem Leben erweckte.“ S. 107: „Ein Vergleich mit Vorgängen des 19.  Jahrhunderts verdeutlicht am besten, was diese pflegsame Behandlung des eigenen Blutes und seines Zusammenhanges mit der Heimat zu bedeuten hat. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts und noch Jahrzehnte danach sind deutsche Auswanderer geradezu aus ihrer Heimat herausgelockt worden, um die Zwischendecks der nach rein kapitalistischen Gesichtspunkten arbeitenden Schifffahrtsunternehmungen zu füllen.“ S. 110: England bei der Tucherzeugung „der Parvenu“. S. 112: „Im ganzen wird man sagen dürfen, daß es der hansischen Gesamtleistung gelungen ist, gestützt auf den hansischen Kernraum, die Ostsee, eine Ostsee und Nordsee umfassende Großraumwirtschaft aufzubauen, deren charakteristische Pfeiler die vier großen hansischen Auslandskontore […] waren.“ S. 116: „Seit der Einbruch des Westens 1940 überwunden wurde, oder, wie im Falle Holland und Flandern, der 177

II. Themen

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Rörig führte zweifellos die hansische Forschung auf neue Wege. Seine Schüler prägten die Forschung auf Jahrzehnte. Die Thesen, die er über die Gründung Lübecks und die Hanse aufstellte, mögen aus „schmalster Quellenbasis“ gefolgert sein,185 sie lenkten die wissenschaftliche Diskussion aber inhaltlich und methodisch auf neue Bahnen. Rechtsgeschichtlich beeinflusste der Paradigmenwechsel, wie nun zu zeigen sein wird, die Deutung der hansischen Verfassung und vor allem die Bewertung des Stadtrechts. Dabei prägte die volksgeschichtliche Deutung der Hanse ebenfalls die Bewertung des Rechts. Rörigs Öffnung zum Nationalsozialismus muss bei seinen prägenden Ausführungen mitbedacht werden.

II. Themen Thematisch zeigen sich mehr Kontinuitäten als Zäsuren. Die Verfassungs­ beschreibung der Hanse war bereits vorher dem rechtsgeschichtlichen Blick entwichen, allerdings fokussierte die jetzige Forschung mehr die Frühzeit der Hanse. Die Einflüsse von völkischer Ideologie durchzogen viele Werke. Von nicht zu unterschätzender Bedeutung sind die schon erwähnten Werke von Rörig, dessen travezentrisches Hansebild auch rechtliche Auswirkungen hatte. So wie Lübeck eine überragende Rolle in der hansischen Genesis zugeschrieben wurde, stieg die Bedeutung des Lübischen Rechts für die rechtlichen Zusammenhänge der Hanse. 1. Die Rechtsnatur der Hanse Die rechtliche Dekonstruktion, die eine Einordnung der Hanse in rechtliche Begriffe verweigerte, setzte sich fort. Zwei Klassifikationen der vorherigen Autoren waren wegweisend. Einerseits die des „Zweckverband[es]“ bei Vogel186 und andererseits die scharfe Zurückweisung bei D. Schäfer, die Hanse in Begriffe des Staatsrechts einzuordnen.187 Die Autoren, die in ihren Werken eine rechtliche Einordnung der Hanse verweigerten oder vage Begriffe verwendeten, waren in der Mehrzahl. Mal erschien germanische Westen sich wieder einfügt in eine von der Mitte Europas getragene Ordnung, hat sich um die Lande um Schelde, Maas und Niederrhein ihre europäischen Festlandbasis wieder zu ihrer Ausdehnung in hansischer Zeit erweitert: bis nach Riga, Reval, Dorpat, Prag und Krakau.“ S. 117: „Hansisches Wirtschaftsdenken spricht uns heute unmittelbarer an denn seit Jahrhunderten. Weil es sich klar und deutlich von einem rein kapitalistisch-privatwirtschaftlichen und imperialistischen Denken in der Rangordnung von Gemeinschaft und Privatwirtschaft abhebt, ist es eine unmittelbar wirkende Kraft geworden. Sie hat sich bereits, ich denke hier an den deutsch-rumänischen Wirtschaftsvertrag, erfolgreich bewährt bei dem Aufbau eines neuen Europas“. 185 Noodt, Rörig, 2007, S. 155. 186 Vogel, Hanse, 1915, S. 6. 187 D. Schäfer, Hanse, 1903, S. 78.

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die Hanse weiterhin als Zweckverband und war damit offenbar von Vogel beeinflusst.188 Andere verwendeten ähnliche Beschreibungen, wie beispielsweise „wirtschaftspolitische Dachorganisation“189 oder folgten der negativen Bestimmung wie bei D. Schäfer.190 Zwei bemerkenswerte Ausnahmen stellen Keutgen und Fink dar. Fink, der in seiner kleinen Hansemonographie 1939 die Hanse als Zweckverband beschrieb und im Übrigen die Hanse auf völkischer Grundlage deutete, kam 1936 zu anderen Schlussfolgerungen. In einem bereits angesprochenen Artikel deutete er die Hanse, jedenfalls „in der Zeit ihres Niedergangs“ als ein „rechtsfähiges Corpus“191. Er wies es zurück, die Hanse als Bund zu beschreiben, da es an einem Gründungsakt gefehlt habe. Wenn andere Autoren den Ausdruck „Bund“ gebrauchen, so sei dies lediglich ein „Lückenbüßer“192. Allerdings blieb er mit dieser Bewertung vereinzelt. Dasselbe Schicksal teilte die Beschreibung des Historikers Keutgen. Da sein Begriffsverständnis des Städtebundes „Statuten und Mitgliederpflichten“193 voraussetzte, verweigerte er diese Zuordnung gänzlich. Er sah sich selbst in einer Reihe mit D. Schäfer, W. Stein, W. Bode und Koppmann194 und wollte die Hanse ausschließlich von den Kaufleuten her konstruieren. Auch Keutgens Verständnis eines Bundes ging von einer punktuellen Gründung aus, was sich offensichtlich nicht mit der hansischen Entstehungsgeschichte vereinbaren ließ. Dem Abstellen auf die Städte, welches Keutgen bei anderen Forschern für die Vorgänge Mitte des 14. Jahrhunderts in Flandern sah,195 stellte er seine Interpretation entgegen. In dieser Interpretation sollten nicht die Städte als solche in den Dokumenten angesprochen worden sein, sondern die hinter den Städten stehenden Kaufleute.196 Man habe „unter ‚Deutscher Hanse‘ auch einzig und allein eine solche Gemeinschaft [im Ausland tätiger Kaufleute], eine solche Genossenschaft ver 188

Rundstedt, Die Hanse und der Deutsche Orden in Preussen bis zur Schlacht bei Tannenberg (1410), 1937, S. 1; Fink, Hanse, 1939, S. 28. Bei Markmann, Stadtrecht, 1938, S. 16: „Verband“. H. Aubin scheint ebenfalls von Vogel beeinflusst, da die Formulierung „Vereinigung niederdeutscher Küsten- und Binnenstädte“, H. Aubin, Hanse (Deutsche), in: Ludwig Elster (Hrsg.): Wörterbuch der Volkswirtschaft, Bd. 2, 4. Aufl., 1932, S. 342 (342), ebenfalls nah an Vogels „Vereinigung der norddeutschen Städte, [ein] Zweckverband“ ist, Vogel, Hanse, 1915, S. 6. 189 Maydell, Die Ausbreitung des deutschen Rechts nach dem Osten im Mittelalter, Jomsburg, Bd. 2 (1938), S. 506 (511). 190 Hunke, Europäische Wirtschaftspolitik im Geist der Hanse, in: Heinrich Hunke (Hrsg.): Hanse, Downing Street und Deutschlands Lebensraum, 1940, S. 145 (154 f.): keine „moderne staatliche Macht“. Muchow, Hanse, 1939, S. 8; ders., Raum, 1942, S. 61: „also kein Staatenbund und erst recht kein Bundesstaat […] nicht mit staatsrechtlichen Kategorien in ihrem Wesen erfaßbar“. 191 Fink, Stellung, 1936, S. 136. 192 Fink, Stellung, 1936, S. 122. 193 Keutgen, Ursprung und Wesen der Deutschen Hanse, in: Heinrich Reincke (Hrsg.): Hamburger geschichtliche Beiträge, 1935, S. 59 (61). 194 Keutgen, Hanse, 1935, S. 59 f. 195 Keutgen, Hanse, 1935, S. 67 ff. 196 Keutgen, Hanse, 1935, S. 72–75.

II. Themen

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standen […], solange sie noch im Aufstieg begriffen war, solange eine solche allumfassende Kaufmannsgenossenschaft überhaupt bestanden hat“; und erst danach sei der Ausdruck auf einen „Bund norddeutscher Städte“ übertragen worden, „der aber in Wirklichkeit, so wie man ihn sich vorstellte, überhaupt nicht bestand“.197 Für Keutgen konnte die Hanse somit nur eine Genossenschaft von Kaufleuten sein. Die Wirkung wurde dem Aufsatz möglicherweise auch durch Rörigs kritische Rezension versagt.198 Die Beschreibungen in den rechtsgeschichtlichen Lehrbüchern blieben von diesen zurückhaltenden Einordnungen unbeeinflusst. Planitz sah die Hanse als Städtebund, die wiederaufgelegten Werke von Fehr und Schwerin deuten die Hanse ebenfalls als „Hansabund“ oder „Bund“.199 Eine Auseinandersetzung mit der hansischen Geschichtswissenschaft fand nicht statt.200 Diese Beschreibungen der Rechtsnatur, selbst wenn sie rechtlich nichtssagend sind (Zweckverband), können nicht als bloße Verlegenheitsbeschreibungen gedeutet werden. Sie offenbaren, zusammen mit der Deutung der hansischen Verfassung, das hinter der Hanse stehende Verständnis und beeinflussten die Vorstellung vom hansischen Recht. Handelte es sich bei der Hanse um einen lockeren Verband von Städten, lag es nahe, das hansische Recht gerade hier zu suchen. Wegen der postulierten Vorrangstellung Lübecks konnte das Lübische Recht als hansisch angesprochen werden. Wie gezeigt, trat diese Deutung in der vergangenen Epoche zuerst auf. In dem Aufsatz von Keutgen deutet sich zudem eine weitergehende Reduktion der hansischen Organisation an. Er führte die Hanse nicht nur auf die Kaufleute zurück, sondern stellte diese auch organisatorisch in den Vordergrund. Damit konnte ebenfalls für den rechtsgeschichtlichen Bereich eine Fokussierung der Kaufleute als solcher stattfinden. An dieser Stelle muss an die Position Rörigs in der Wissenschaft erinnert werden, der seit den 1920ern sukzessive zu dem herausragenden Hanseforscher seiner Zeit aufstieg. Rörig verhielt sich zwar kaum zu rechtsgeschichtlichen Thesen, die hansische Frühzeit war aber ebenfalls sein Kernthema. Seit 1933 ging er sukzessive dazu über, die hansische Genesis und damit die Verfassung zu modifizieren. 2. Die Verfassung der Hanse auf „blutmäßiger Grundlage“ Die hansische Genesis stand in ihren Grundzügen seit Sartorius und Lappenberg fest. Die Hanse sei aus den Kaufmannsvereinigungen im Ausland und den Städtevereinigungen im Inland hervorgegangen. Immer lockerer wurde die han 197

Keutgen, Hanse, 1935, S. 83. Rörig, [Rezension zu] Hamburger geschichtliche Beiträge, HZ, Bd. 157 (1938), S. ­339–341. 199 Planitz, Rechtsgeschichte, 1944, S. 192; Schwerin, Rechtsgeschichte, 1941, S. 220; Fehr, Rechtsgeschichte, 1943, S. 151. 200 Siehe aber zur Aufnahme der Rörigschen Thesen bei Planitz sogleich E.II.2.b). 198

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sische Verfassung gedeutet, das einzig einigende Band sei das gemeinsame Handelsinteresse gewesen. Zwar lassen sich bei den Autoren vereinzelt Fundstellen nachweisen, die den hansischen Akteuren eine reichsvertretende Stellung beimessen, gleichwohl bleiben diese Äußerungen meist nur Beiwerk. Dennoch blieb die Hanse als übergeordnete Entität bestehen, beziehungsweise genauer: sie wurde vorausgesetzt. Zwei Änderungen fanden nun statt, die die Entstehung aber auch die Verfassung der Hanse wesentlich modifizierten. Einerseits wurde als einigendes Band der Kaufleute nun ebenfalls und mit Nachdruck auf das „deutsche Blut“ abgestellt und andererseits wurde die hansische Genesis sehr stark mit Lübeck und vor allem der Gotländischen Genossenschaft verknüpft. a) Die hansische Verfassung ist nicht mehr „völkisch indifferent“ Die zitierten Wendungen in den Überschriften, nach denen die hansische Geschichte „nicht zu einem völkisch indifferenten Wirtschaftsverband führte, sondern zum Bund der Städte von der deutschen Hanse“ und die Hanse „ein Wirtschaftsverband auf blutmäßiger Grundlage“ gewesen sei, stammen von Rörig.201 Sie mochten in der Wortwahl der Zeit geschuldet sein, waren in der Sache aber innovativ und keine bloßen Ornamente im Buhlen um die Gunst der neuen Machthaber. Als Beleg dieser Innovation mag ein Beitrag von Hermann Aubin dienen, den dieser im Jahre 1932 im Wörterbuch der Volkswirtschaft publizierte. H. Aubin war herausragender Vertreter der Ostforschung und insoweit nicht verlegen, geschichtliche Aspekte für seine Forschung zu vereinnahmen.202 Gleichwohl beschrieb er den „Charakter der H[anse]“ als „eine vom 13. bis ins 17. Jahrh. bestehende Vereinigung niederdeutscher Küsten- und Binnenstädte“ und folgte in der Entstehungsgeschichte der Lappenbergschen Tradition mit dem „doppelten Ausgangspunkt: die Vereinigungen der deutschen Kaufleute in Städten des Auslandes und das Bündniswesen der deutschen Städte“.203 Die Darstellung schwenkt dann sehr schnell auf die Städte um. Rörig fügte dieser Entstehungsgeschichte nun einen weiteren Aspekt hinzu, der die innere Seite der Akteure betraf. Es blieb nicht bei der Feststellung, dass die Hanse aus deutschen Kaufleuten und späterhin deutschen Städten hervorging. Die Motivation der Personen und damit der Kaufleute war ihr Volkstum. Eine Beilegung von Motivationen war als solche nicht neu. D. Schäfer hatte 1903 bei der Ostkolonisation den „Machtgedanken“, der vom 201

Rörig, Hanse, 1935, S. 202: Aus der „Synthese von deutschem Kolonisator und wagendem, unternehmendem Kaufmann […] erklärt es, daß sie [die hansische Geschichte] nicht zu einem völkisch indifferenten Wirtschaftsverband führte, sondern zum Bund der Städte von der deutschen Hanse, zu dem nur deutschen Städten die Mitgliedschaft offenstand. Sie ist ganz bewußt, ein Wirtschaftsverband auf blutmäßiger Grundlage“. Der erste Halbsatz des zweiten Satzes wird unten bei den Methoden angesprochen werden (E.III.2.). 202 Hackmann/Lübke, Ostsiedlung, 2002, S. 197, 206. 203 H. Aubin, Hanse, 1932, S. 342. Der Artikel weist als Verfasser ebenfalls Georg von Below aus.

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Reich hergerührt habe, als tragend gesehen.204 Neu war hier aber das Abstellen auf die Motivation durch das deutsche Volkstum und damit losgelöst von pragmatischen Handelsinteressen oder etwaigen nationalstaatlichen Machtgedanken. Zwar hatte Rörig die Bedeutung der „Bande des Blutes“ bereits in den 1920ern betont,205 doch blieben gesamtdeutsche Implikationen dabei ausgeblendet. Rörigs wissenschaftliche Agenda formulierte er 1942 in einer wissenschafts­ geschichtlichen Reflexion dahingehend, „die tragenden Kräfte des hansischen Seins zu erfassen und dieses hansische Sein nicht neben, sondern innerhalb des gesamtdeutschen Seins zu gestalten und zu würdigen“.206 Sollte die Hanse also vom Rande der deutschen Geschichte in letztere integriert werden, lagen gesamtdeutsche Motivationen der handelnden Personen nahe. Rörig sah sich in einem Kampf mit den herrschenden Anschauungen der Wirtschaftsgeschichte, daraus mag sein Fokus gerade auf diesen Aspekt der hansischen Geschichte rühren.207 Er erkannte aber selbst, dass seine Forschung ebenso für aktuelle politische Zwecke gebraucht werden konnte.208 Rörig meinte, Unzulänglichkeiten der damaligen wirtschaftsgeschichtlichen Darstellungen zu erkennen und wollte der Hanse einen neuen Platz in der deutschen Geschichte zuweisen. Für die rechtlichen Aspekte der Hanse ist seine Agenda sehr relevant. Indem die Hanse aus ihrer historischen Isolation befreit werden sollte, legte er ihr gleichsam in gewissen Bereichen eine reichsvertretende Stellung bei. Diese reichsvertretende Stellung erlaubte die Suche nach Rechtssätzen, die für das gesamte Reich und nicht bloß für die Hanse Relevanz hatten. Rörig beteiligte sich selbst nicht an diesen Diskussionen, seine Forschungen schufen aber das Fundament und die Legitimation für dahingehende Untersuchungen. Wie gezeigt, behaupteten insbesondere die Rechtshistoriker schon länger die gesamtdeutsche Bedeutung der Hanse im See- und Handelsrecht. Doch nun konnten diese Ansichten mit Verweisen auf eine homogene Kaufmannschaft und ein korrespondierendes kaufmännisches Recht unterbaut werden. Die Kraft der Ansichten Rörigs, gerade auch in Fragen der hansischen Verfassung, zeigt sich nicht zuletzt daran, wie häufig seine Ansichten zur völkischen Motivation aufgegriffen wurden. Fink orientierte sich 1939 zwar deutlich an Vogel („Zweckverband der am niederdeutschen Fernhandel beteiligten Städte“), er schloss seine Beschreibung aber damit, die Hanse sei „getragen vom Gleichklang 204

D. Schäfer, Hanse, 1903, S. 32. Rörig, Grundlagen, 1929, S. 246. 206 Rörig, Wandlungen, 1942, S. 428. 207 Rörig, Wandlungen, 1942, S. 422 ff. 208 Bereits erkennbar im soeben zitierten wissenschaftsgeschichtlichen Abriss: „Was er [der hansische Kaufmann] leistete, in seinen Bindungen an Volkstum und Gemeinschaft, in seinem politischen Können und in seinem Verhalten gegenüber Ländern mit noch unent­ wickelter Wirtschaft, hat den großen Gedanken, daß es der Beruf des Deutschen war, ein Ordner in Europa zu sein, der Kräfte entfaltet und nicht durch eigennützigen Herrschaftsanspruch zerstört, ungemein vertieft“, Rörig, Wandlungen, 1942, S. 444. 205

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des ererbten Blutes“.209 Dieser Zusatz, der bei Vogel noch fehlte, lässt die Beeinflussung durch Rörig wahrscheinlich erscheinen. Ein weiterer Aspekt, der die Wahrscheinlichkeit noch erhöht, ist die Mitarbeit im Lübecker Archiv. Fink trat den Archivdienst nach Rörigs Abgang an.210 Die folgenden Stellen müssen in besonderem Maße als zeitgebundene und­ ideologisch belastete Beispiele angesehen werden. Muchow interpretierte in zwei Arbeiten die hansische Geschichte im Lichte der herrschenden Ideologie und die anderen Arbeiten von Hunke und Reincke erschienen im populär-propagandistisch aufgemachten Band „Hanse, Downing Street und Deutschlands Lebensraum“. Muchow führte die ideologische Deutung der Hanse sogar weiter, indem er behauptete, „daß es sich [bei der Hanse] um die Wiedergeburt des nordischgermanischen Genossenschaftswesens handelt, oder, anders ausgedrückt, daß die Hanse innerhalb der germanischen Kontinuität steht“211. Nachdem er, wie bereits D. Schäfer 1903, auf den Machtgedanken des Alten Reiches bei der Ostkolonisation rekurrierte, erläuterte er das „Nationalgefühl“ dieser Zeit: „[e]s war freilich nicht so sehr ein staatlich geartetes Nationalgefühl, wie es die Moderne kennt, als vielmehr ein volksmäßig-familienhaftes, das seine Wurzeln tief in germanisches Blut und germanischen Boden senkte“212. Muchow zitierte Rörig ausdrücklich in seinen Schriften.213 1942 erweiterte er die Bezeichnung Vogels vom Zweckverband, indem er behauptete, die Hanse sei „weit mehr als das [Zweckverband] gewesen: es handelt sich bei ihr, auch bei der Städtehanse, letzten Endes um die Wiedergeburt des germanischen Genossenschaftsgedankens auf breitester Grundlage und damit um die Verkörperung einer Idee“214. Die Hanse habe „auf klaren und bewusst völkischen Grundsätzen [beruht]“.215 Der Rekurs auf den Genossenschaftsgedanken, der als Anknüpfung an O. v. Gierke gedeutet werden kann, hatte zu dieser Zeit Konjunktur und lud O. v. Gierkes Konzeption mit völkischen und nationalsozialistischen Ideologemen auf.216 Im Band „Hanse, Downing Street und Deutschlands Lebensraum“ ist vor allem Reinckes Aufsatz von Bedeutung. Der Aufsatz diente dazu, dem Publikum die Hanse auf wenigen Seiten verständlich zu machen. Mit derselben Argumentation wie bei Muchow griff auch Reincke den Reichsgedanken auf und stellte sich damit in eine Linie wie bereits D. Schäfer.217 Die Innovation wird sodann erkannt und auf der nächsten Seite folgt dann der Zusatz: „[d]och nicht nur der Reichsgedanke 209

Fink, Hanse, 1939, S. 28. Leesch, Archivare, Bd.  2, 1992, S.  153. Fink arbeitete seit August 1919 im Lübecker­ Archiv. 211 Muchow, Hanse, 1939, S. 7. 212 Muchow, Hanse, 1939, S. 12. 213 Muchow, Hanse, 1939, S. 16, 18. 214 Muchow, Raum, 1942, S. 60. 215 Muchow, Raum, 1942, S. 64. 216 F. L. Schäfer, Nationalsozialismus, 2015, S. 402 f. 217 Reincke, Hanse, 1940, S. 19. 210

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war in den Städten lebendig, sie haben ihrer Zeit in gleicher Weise den Volkstumsgedanken vorgelebt“218. Bei der Beschreibung der Verfassung, die Reincke als inexistent und damit die Verhältnisse als „ungemein locker“ betrachtete, sah er „[d]ie stärkste Bindung […] [im] Gefühl der Gemeinsamkeit des Bluts und der Aufgabe“.219 Hunke trat diesen Ausführungen im selben Band bei.220 Die rechtshistorische Bedeutung dieser Neuerung liegt darin, dass damit das hansische Recht, wenn es denn angesprochen wurde, in diese neue Sicht einzupflegen war. Ging die Hanse auf vom deutschen Volkstum motivierte Kaufleute zurück, musste das dabei erzeugte Recht eingeordnet werden. Es ist hier zuerst die neuartige Motivation angesprochen worden. Nun soll die geänderte Entstehungsgeschichte hinzugezogen werden, die die Kaufleute und dabei besonders die Verhältnisse auf Gotland in den Blick nahm. b) Die Bedeutung Gotlands für die hansische Genesis Rörig etablierte nicht nur die neue Motivation der handelnden hansischen Akteure, er modifizierte die hansische Entstehungsgeschichte zudem in einem weiteren, wichtigen Aspekt. Zwar war bereits vorher die Bedeutung Gotlands für die Hanse bekannt, doch verwiesen die Autoren häufig pauschal auf die kaufmännischen Auslandsvereinigungen und stellten damit alle Niederlassungen auf eine Stufe.221 Rörig knüpfte an Vogel an, der bereits 1915 die gotländische Genossenschaft als „Vorgängerin der deutschen Hanse“ beschrieb.222 D.  Schäfer betonte zwar ebenfalls die Bedeutung der Gotländischen Genossenschaft, setzte diese Bedeutung aber vorrangig in das 13. Jahrhundert.223 Die Neuerung stellte Rörig in zwei Aufsätzen aus dem Jahre 1940 dar, „Reichssymbolik auf Gotland“224 sowie „Gotland und Heinrich der Löwe“225. Letzterer Artikel enthält eine Auseinandersetzung mit einem schwedischen Forscher, ist 218

Reincke, Hanse, 1940, S. 20. Reincke, Hanse, 1940, S. 25. 220 Hunke, Wirtschaftspolitik, 1940, S. 154: „Aus deutschem Blut ist die Hanse entsprossen, und dem deutschen Volkstum hat sie sich verpflichtet gefühlt“. 221 Bei Sartorius/Lappenberg, Hanse, 1830, S. 4 werden einleitend zwar London und Gotland nebeneinander genannt, auf S. 15 wird aber die Bedeutung der Gesellschaft der deutschen Kaufleute herausgestellt. Gleichwohl fehlt jede Deutung im Hinblick auf eine Repräsentation des Reiches. Lindner, Hanse, 1899, S. 44–59 hob keine einzelne Auslandsniederlassung hervor. H.  Aubin, Hanse, 1932, S.  342 sah keine besondere Bedeutung Gotlands. Anders aber Keutgen, Hanse, 1935, S. 62–65; für Fink, Hanse, 1939, S. 13 war Gotland die „Hauptwurzel der Hanse“; ebenso ders., Mecklenburgische Städte, Deutsche Hanse und Lübisches Recht (2), Lübeckische Blätter, Bd. 81 (1939), S. 477 (479). 222 Vogel, Hanse, 1915, S.  20. Dazu Ellmers, Die Entstehung der Hanse, HGbll., Bd.  103 (1985), S. 3 (4 f.). 223 D. Schäfer, Hanse, 1903, S. 22 f. 224 Rörig, Reichssymbolik, 1940. 225 Rörig, Gotland und Heinrich der Löwe, HGbll., Bd. 65/66 (1940), S. 170–186. 219

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aber für die Methode Rörigs sehr aufschlussreich. Die zentralen Gedanken finden sich in Rörigs Reichssymbolik, die der Rechtswissenschaft jedenfalls durch die Besprechung in der Savigny-Zeitschrift bekannt gemacht wurde.226 Ausgangspunkt seiner Überlegungen ist das sogenannte Artlenburger Privileg von 1161. Darin wurde ein Streit zwischen Gotländern und Deutschen geschlichtet. Heinrich der Löwe setzte einen Boten zur Überwachung des Friedens unter den Deutschen ein. Die bis heute strittige Frage betrifft den Einsatzort dieses Boten. Heute wird vermehrt angenommen, der Bote sollte in Sachsen, also im Herrschaftsgebiet des Löwen, eingesetzt werden.227 Rörig hingegen sah Gotland als Bestimmungsort des Boten und folgerte aus dieser Tatsache und aus der damit verbundenen Annahme, auf Gotland seien auch Kaufleute aus anderen deutschen Herrschaftsgebieten als denen des Löwen anwesend gewesen, dass Heinrich der Löwe als „Vertreter des Königs“ tätig geworden sei.228 Als eine der vertragsschließenden Parteien, die nicht weiter namentlich aufgeführt war, meinte Rörig die ersten Vorläufer der späteren universitas der deutschen Kaufleute auf Gotland zu erkennen: denn „[d]ie andere [vertragsschließende Partei] war aber notwendigerweise auch irgendwie organisiert und fähig, Vereinbarungen so weittragender Art zu treffen“.229 Deutete sich in diesen Ausführungen bloß an, dass Rörig für das 12.  Jahrhundert bereits von einer ausgeprägten Auslandsorganisation der deutschen Kaufleute auf Gotland ausging, so führte er dies später weiter aus. „Am Anfang der Geschichte der Deutschen in der Ostsee, insbesondere der späteren Hanse, steht aber eine die Ge|samtheit umschließende Einheit: die universitas der deutschen Kaufleute, die Gotland besuchen“.230 Den in dieser universitas organisierten Kaufleuten wurde wiederum eine Tätigkeit im Lichte des Reiches beigelegt.231 Das Besondere dieser Organisation beschrieb er in bewusster Abkehr von den übrigen Autoren, er selber nannte Koppmann und O. v. Gierke. Er wollte die „Auslandsorganisationen“ der deutschen Kaufleute nicht mehr „als gleich­wertig oder gleichartig“ ansehen,232 sondern sie als „einzige Zentralorganisation der hansischen Frühzeit“233 einordnen. Er sah die universitas als „Friedensverband mit Banngewalt den Schwurbrüdern gegenüber“ und in bewusster Opposition zu O. v. Gierke wollte er diese Genossenschaft nicht als Verein verstanden wissen.234 Der Eintritt sei ge 226 Frölich, [Rezension zu] Fritz Rörig, Reichssymbolik auf Gotland, ZRG GA, Bd.  61 (1941), S.  411–413. Zudem: Wohlhaupter, [Rezension zu] Rörig, Fritz, Reichssymbolik auf Gotland, Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft, Bd. 102 (1942), S. 384–385. 227 Dazu aus der neueren Forschung: Jahnke, „Homines imperii“ und „osterlinge“. Selbstund Fremdbezeichnungen hansischer Kaufleute im Ausland am Beispiel Englands, Flanderns und des Ostseeraums im 12. und 13. Jahrhundert, HGbll., Bd. 129 (2011), S. 1 (29–47). 228 Rörig, Reichssymbolik, 1940, S. 17. 229 Rörig, Reichssymbolik, 1940, S. 7. 230 Rörig, Reichssymbolik, 1940, S. 26 f. 231 Rörig, Reichssymbolik, 1940, S. 27. 232 Rörig, Reichssymbolik, 1940, S. 63 Fn. 3. 233 Rörig, Reichssymbolik, 1940, S. 64. 234 Rörig, Reichssymbolik, 1940, S. 23, 25 Fn. 2.

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rade nicht jedem möglich gewesen, vielmehr sei es um „[d]ie Einheit des deutschen Kaufmanns […] in seinen politischen und völkischen Bindungen“ gegangen.235 Wenn Rörig somit den Vereinscharakter der Gotländischen Genossenschaft und weiterhin der Hanse aufgab, so handelte es sich dabei im Kern um eine weiterhin vertretene Erkenntnis. Die Mitgliedschaft in der Hanse stand nur niederdeutschen Bürgern offen. Gleichwohl – und dies sollte mit Nachdruck betont werden – deutete Rörig dies nicht aus Gründen der Rechtsverfolgung (einfachere Durchsetz­ barkeit von Urteilen) oder ähnlichen pragmatischen Erwägungen, sondern lud diese Motivation mit völkischen und reichsvertretenden Annahmen auf. Genau an diesem Punkt bot sich der rechtshistorische Zugriffspunkt, um diese Motivationen in das damalige Recht einfließen zu lassen. Inwieweit Rörigs Annahmen nicht bloß von den aktuellen politischen Verhältnissen, sondern möglicherweise sogar von den Ausrichtung auf eine „europäische (lies: deutsche) Großraumwirtschaft“, die vor allem Skandinavien und Osteuropa im Blick hatte, geprägt waren, muss hier offen bleiben. Unwahrscheinlich erscheint dies angesichts des Faibles von Daitz für die Hanse236 und Rörigs Tätigkeit in der GeWG237 nicht. In der danach erschienenen Literatur lässt sich eine direkte Beeinflussung nur gelegentlich nachweisen, was allerdings auch mit den eng zusammenliegenden Erscheinungsdaten und mit dem Krieg zusammenhängen mag. Bemerkenswert ist, dass Muchow, der ansonsten Rörig aufnahm, weiterhin die Gleichrangigkeit der Auslandsvereinigungen vertrat.238 Pagel hingegen verarbeitete die Thesen von­ Rörig.239 235

Rörig, Reichssymbolik, 1940, S. 64. Beispielhaft Daitz, Das europäische Sittengesetz als Strukturgesetz der europäischen Großraumwirtschaft, in: Hans Siebert von Heister/Felix Kühl (Hrsg.): Nationale Wirtschaftsordnung und Großraumwirtschaft, 1942, S. 11 (16): „West- und Mitteleuropa wenden sich ihrer natürlichen raum- und rohstoffpolitischen Basis, Osteuropa, wieder zu, um das Werk des Ersten Reiches, Heinrichs des Löwen, der Hanse und des Deutsch-Ritterordens zu vollenden“. Bereits in Gesellschaft für Europäische Wirtschaftsplanung und Grossraumwirtschaft, Gründung, 1940, S.  33–40 erschien ein wiederveröffentlichter Aufsatz von Daitz mit dem Titel „Die europäische Großraumwirtschaft“, in dem auf S. 36 gefordert wird: „Europa muß also wieder dort auf allen Lebensgebieten, auch auf dem seiner Wirtschaft, beginnen, wo um 1500 die Arbeit der Hanse ihr Ende fand. Denn es ist das unvergängliche geschichtliche Verdienst der Hanse, den in der Völkerwanderungszeit Europa verlorengegangen Ostraum […] wieder mit West- und Mitteleuropa zu einer Wirtschafts-, Kultur- und Rechtsgemeinschaft fest verbunden zu haben“. Die Hanse sei „aus echt völkischer Haltung geboren“, habe „niemals imperialistische Ziele [verfolgt]“, sie habe „keine Geldkredite, sondern nur Waren­ kredite [gekannt]“, schließlich folgen S.  36 f. typische Behauptungen, die Hanse sei nicht kapitalistisch gewesen und habe sich zuerst erfolgreich gegen die „Piratenmanieren“ der Engländer zu verteidigen gewusst. 237 Siehe dazu oben E. I.2.a)  und den aus einem Artikel der Jomsburg hervorgegangenen Beitrag Rörig, Deutsch-nordische Wirtschafts- und Kulturbeziehungen im Wandel europäischer Geschichte, in: Hans Siebert von Heister/Felix Kühl (Hrsg.): Nationale Wirtschaftsordnung und Großraumwirtschaft, 1942, S. 199–212. 238 Muchow, Raum, 1942, S. 68. 239 Pagel, Hanse, 1943, S. 58, 119. 236

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Die juristischen Autoren und insbesondere ihre Lehrbücher blieben, bis auf eine bemerkenswerte Ausnahme, unbeeinflusst. Die Rechtsgeschichte von Schwerin erschien in ihrer zweiten Auflage 1941, geht aber weiterhin von der Gleichrangigkeit der ausländischen Kaufmannsvereinigungen aus.240 Rörig wird in den Literaturverweisen aber nicht aufgeführt. Bei Fehr entsteht die Hanse aus den „Schutzgilden im Auslande, vor allem in London“.241 Wohlhaupter242 erwähnte die Gotländische Genossenschaft zwar, allerdings bezieht sich die Passage auf das 13. Jahrhundert243. Planitz nahm hingegen die neuen Erkenntnisse auf. Die erste Auflage des Lehrbuchs zur Germanischen Rechtsgeschichte führt noch die Auslandshansen der Kaufleute nebeneinander und ohne Abstufung an.244 Ab der zweiten Auflage und in der dritten Auflage nicht abweichend wies er der „Handelsfahrt der Lübecker in der Ostsee“ eine „[besondere] Bedeutung“ zu, da sie mit Hilfe von Heinrich dem Löwen als „Vertreter des Kaisers […] eine universitas begründeten“.245 Er schloss den ersten Absatz mit dem neu angefügten Satz: „Als mercatores imperii bildeten die Hansebrüder im fremdem Land eine enge Gemeinschaft deutscher Reichsgenossen.“246 Beachtlich ist, dass der zweite Teil seiner Ausführungen, der sich mit der Städtehanse befasste, keine Änderung erfuhr. Weiterhin entsteht beim Leser das Bild eines mächtigen und hierarchisch organisierten Städtebundes. Inhaltlich bleibt also zu beachten, dass die Rechtshistoriker, sofern Schlüsse aus den Kurzlehrbüchern erlaubt sind, die bundesstaatliche Struktur als solche nicht antasteten und bloß partiell neue Erkenntnisse übernahmen. Trotzdem verwies insbesondere Planitz in den Literaturangaben auf Werke, die der bundesstaatlichen Verfassung der (Städte-)Hanse äußerst kritisch gegenüberstanden.247 Das Hansebild in Planitz’ Lehrbuch fügt somit zwei Ansichten zu 240 Schwerin, Rechtsgeschichte, 1941, S. 220: Der Hanse „waren zahlreiche Hansen deutscher Kaufleute im Ausland vorausgegangen, die wiederum die noch ältere Schutzgilde fortsetzen [Fußnote 49: Z. B. in Wisby, Bergen, Riga, Nowgorod, Venedig (Fondaco dei ­Tedeschi), London (Gildhalle), Brügge (Deutsches Kontor)]“. 241 Fehr, Rechtsgeschichte, 1943, S. 151. 242 Die Reichssymbolik Rörigs war Wohlhaupter bekannt; er besprach sie in E. R. Hubers Zeitschrift: Wohlhaupter, Rezension Rörig, 1942. Rörig war über die Besprechung sehr erfreut, wie er in einem Brief an E. R. Huber bemerkte: „Es ist doch merkwürdig: einen wirklich die Sache berührenden Gedankenaustausch führe ich gerade mit zwei Juristen, mit Ihnen und mit Karl [sic!] Schmitt, und nirgendwo hat jemand meiner Arbeit mit so freundlichen Worten gedacht, wie Wohlhaupter in Ihrer Zeitschrift“, Brief Rörigs an E. R. Huber vom 08.03.1942, AHL, NL Rörig, Nr. 46, Konvolut Huber. 243 Wohlhaupter, Das Recht Schleswig-Holsteins und der Norden, Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte, Bd. 70/71 (1943), S. 49 (72). 244 Planitz, Rechtsgeschichte, 1936, S. 182. 245 Planitz, Rechtsgeschichte, 1944, S. 192. 246 Planitz, Rechtsgeschichte, 1944, S. 192. 247 Planitz, Rechtsgeschichte, 1944, S.  192: Zitiert werden Keutgen, Hanse, 1935 und die dritte Auflage von D. Schäfer, Hanse, 1903 (1925), zudem der Aufsatz von W. Stein, Entstehung, 1911, sowie die dreiteilige Aufsatzreihe über die Hansestädte und Vogel, Hanse, 1915. Beachtlich ist, dass Planitz später Frensdorff, Hansestädte, 1899 strich. Bei Schwerin offenbaren die Literaturangaben ein ähnliches Bild. Es werden ebenfalls die dritte Auflage von D. Schäfers Werk und die Aufsätze von W. Stein zitiert.

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sammen: die neue, aus der Geschichtswissenschaft entstammende Genesis der Hanse, mit ihrem travezentrischen und gleichzeitig reichsvertretenden Fokus und die in der Rechtsgeschichte tradierte Sicht eines Städtebunds ab der Mitte des 14. Jahrhunderts. Rörig verband somit die oben angesprochenen Ausführungen zur Verfassung auf „blutmäßiger Grundlage“ mit seiner neuen Entstehungsgeschichte von Lübeck und der Hanse. Gerade die Verbindung musste den Blick in zweifacher Hinsicht schärfen. Einerseits war die „reichsvertretene“, gen Osten blickende Hanse nun entstehungsgeschichtlich abgesichert durch die alle Kaufleute umfassende gotländische universitas mit ihrer Reichssymbolik. Andererseits erlaubte diese Deutung eine weitere Fixierung auf Lübeck, denn die Hauptverbindung zu Gotland ging über Lübeck und Lübeck sei später an die Stelle der universitas getreten. Das Lübische Recht, seit dem 19. Jahrhundert stärker in den Blick geraten, konnte nun immer mehr als das hansische Recht gedeutet werden. In diesen beiden Aspekten liegt die Rechtfertigung für die breite Darstellung von Rörigs Thesen. Rörigs Aufsätze wurden zu seinen Lebzeiten und darüber hinaus viel beachtet, seit einiger Zeit werden sie hingegen auch kritisiert. Selbst wenn einzelne Thesen heute anders gesehen werden, so war seinen Neuausrichtungen der hansischen Forschung mehr Langlebigkeit beschieden. Damit sind insbesondere das travezentrische Hansebild und der kaufmännische Fokus gemeint. Diese beiden Aspekte waren es aber, und das soll im Folgenden näher belegt werden, die auch die Diskussion um das hansische Recht prägten.

3. Die Bedeutung der Stadtrechte, insbesondere das Lübische Recht Die Stadtrechte beschäftigten die Forschung, auch die hansische, seit einiger Zeit. Waren sie zunächst kaum beachtet worden, wandelte sich die Bewertung schließlich zur Deutung als Machtfaktor für den Aufstieg der Hanse. Da die Hanse als Erweiterung des wendischen Städtebundes gesehen wurde, galt Lübeck als Zentrum der Hanse, was die Deutung des Lübischen Rechts beeinflusste. Rörig verfestigte diese Sichtweise mit seinen Thesen. Die Verbindungen zur Diskussion um das Lübische Recht sind nun zu betrachten.

a) Die Stadtrechte, die Ostsiedlung und die Hanse Weder die Forschungsgegenstände der Stadtrechte, der Ostsiedlung oder der Hanse waren eine Neuerung der Zeit, noch stellte ihre Verbindung etwas spezifisch Neues dar. Die Hanse wurde fortwährend mit der Ostsiedlung verbunden und die dabei verbreiteten Stadtrechte wurden ebenfalls beschrieben. In der Ostforschung des 19. und 20. Jahrhundert herrschte ebenfalls eine Herabwürdigung der

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slawischen Völker und eine Überhöhung der deutschen Aktivität.248 Ein Aufschub erlebte die Ostforschung mit dem Ende des ersten Weltkrieges, da viele Deutsche die neuen Grenzen nicht akzeptieren wollten.249 Eine Neuerung kann in der politischen Ausrichtung der Ostforschung ab 1933 gesehen werden, die sich nun insbesondere gegen polnische Wissenschaftler richtete.250 Die Forschung suchte Grundlagen und Rechtfertigungen für eine deutsche Expansion zu liefern. Dabei schwang immer auch – gleichwohl wieder nicht als Neuerung – die Überzeugung von der eigenen Überlegenheit gegenüber den Slawen mit. aa) Das deutsche Recht im Osten In diesem Forschungsklima erschienen Beiträge zum „deutschen Recht im­ Osten“. Sie nehmen damit eine holistische Perspektive ein, die sich nicht spezifisch auf die Hanse richtet. Das deutsche Recht wird vornehmlich in den ausgebreiteten Stadtrechten gesehen, das Magdeburger Recht nimmt darunter eine Führungsposition ein. Zwar wird das Lübische Recht auch behandelt, gleichwohl erhält es nicht dieselbe Beachtung wie das Magdeburger Recht. In einem gelegentlich aufgegriffenen Zitat von Heinrich Felix Schmid aus dem Jahr 1933 wird die Ausbreitung des deutschen Rechts in Polen beschrieben als „eine[r] der bedeutsamsten Prozesse der Kulturexpansion und -assimilation in der Geschichte der europäischen Völker: sie läßt sich unter diesem Gesichtspunkt etwa mit dem Vorgang der Kulturausstrahlung und -vereinheitlichung im Römerreich vergleichen“251. Das Zitat bekommt für unseren Bereich eine weitere Bedeutung, obgleich Schmid sich auf das Magdeburger Recht konzentrierte, wenn bedacht wird, dass Pagel die Gründung Lübecks mit der von Rom verglich.252 Innerhalb dieser Großmachtsgedanken wird die Ausbreitung von Stadtrecht zur Begründung von „Volksboden“ und darüber hinausgehend von „Kulturboden“. Es kann daher nicht verwundern, dass H. Aubin für die Gestaltung der populären Stadtrechtskarten eine flächenmäßige Darstellung bevorzugte253, obwohl er die fehlende Gleichförmigkeit selbst in den einzelnen Stadtrechtsfamilien erkannte.254 Bei einer flächenmäßigen Darstellung wird ein Gebiet als Ganzes hervorgehoben, beispielsweise schraffiert. Ein anderes System ist das Punktsystem, bei dem die Städte und Dörfer mit farbig codierten 248

Krzoska, Ostforschung, in: Ingo Haar/Michael Fahlbusch/Matthias Berg (Hrsg.): Handbuch der völkischen Wissenschaften, 2008, S. 452 (453). 249 Krzoska, Ostforschung, 2008, S. 454. 250 Krzoska, Ostforschung, 2008, S. 457. 251 Schmid, Das deutsche Recht in Polen, in: Albert Brackmann (Hrsg.): Deutschland und Polen, 1933, S. 64 (64); aufgegriffen beispielsweise von H. Aubin, Die deutsche Stadtrechtslandschaften des Ostens, in: Herbert Knothe (Hrsg.): Vom deutschen Osten, 1934, S. 27 (27), der beide hier wiedergegebenen Aspekte des Zitats aufgreift. 252 Pagel, Hanse, 1943, S. 47. 253 H. Aubin, Stadtrechtslandschaften, 1934, S. 28, 29 ff., insbesondere S. 32. 254 H. Aubin, Stadtrechtslandschaften, 1934, S. 37 f.

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Punkten versehen werden. Die Suggestion einer geschlossenen, landschaftlichen Geltung des Stadtrechts wird damit vermieden. Als Kompromiss wollte H. ­Aubin das Punktsystem daher mit der flächenmäßigen Darstellung verbinden.255 Die alleinige Nutzung des Punktsystems wies er zurück, „um zur vollen Wirkung zu bringen, worauf es hier ankommt […]: Die Stadtrechtslandschaften als flächenhaftes Ganzes“256. Bei der Beschreibung der „Stadtrechtslandschaften“ – der Ausdruck ist Programm – sah er geographische Aspekte als beachtlich an. Das Lübische Recht habe sich entlang der Ostsee ausgebreitet.257 Die Ausbreitung sei zudem durch die „Seehandelsverbindungen“ begünstigt worden.258 Bemerkenswert ist eine Beobachtung, die als solche geeignet gewesen wäre, die Deutung des Lübischen Rechts als das paradigmatische hansische Recht zu erschüttern. H. Aubin stellte fest, die Ausbreitung des Lübischen Rechts habe nicht mit der unterstellten Lübecker Einflusssphäre in der Hanse übereingestimmt. Daher hebe seine Karte „ein engeres Gebiet lübischer Beziehungen heraus“, das H. Aubin durch die „westfälischen Kolonisten“ miterklärt sah.259 Wie noch zu zeigen ist, verhallten diese mahnenden Worte von unerwarteter Stelle ungehört. Die Autoren interpretierten die Stadtrechte somit im Hinblick auf die „Deutschwerdung des Ostens“, dabei bot sich sogar für die kartographische Darstellung eine flächenmäßige Wiedergabe an. Die Besonderheit des Stadtrechts bestand nach der Ansicht der Autoren darin, dass es vorher keine Städte im Rechtssinne gegeben habe. Jedenfalls könnten die „Städte“ der Slawen nicht als solche angesehen werden.260 Zurückhaltende Bewertungen, wie sie sich bei Schubart-Fikentscher finden, waren nicht gefragt.261 In Pagels populärer Hansegeschichte erscheint das Stadtrecht gar als feststehender Rechtscorpus zweier mächtiger Städte.262 255

H. Aubin, Stadtrechtslandschaften, 1934, S. 39. H. Aubin, Stadtrechtslandschaften, 1934, S. 32. 257 H. Aubin, Stadtrechtslandschaften, 1934, S. 44. 258 H. Aubin, Stadtrechtslandschaften, 1934, S. 47. 259 H. Aubin, Stadtrechtslandschaften, 1934, S. 48. 260 Beispielhaft Maydell, Ausbreitung, 1938, S. 507. Ebenso Fink, Mecklenburgische Städte, Deutsche Hanse und Lübisches Recht (1), Lübeckische Blätter, Bd. 81 (1939), S. 467 (469): „So ist der Typ der rheinisch-westfälischen Stadt, in Lübeck sinnvoll umgeformt, im Ostseeraum heimisch geworden. Hier haben wir das klare Bild übersichtlicher Stadtanlagen, die sich himmelweit von dem slawischen Städtewesen unterscheiden“. 261 Schubart-Fikentscher, Stadtrechte, 1942, S.  20, 32: Gründe der Stadtrechtsverleihung politischer und wirtschaftlicher Art. Landesherren wollten Macht ausbauen, Einnahmen erzielen, die Siedler wollten ihr Recht weiter anwenden. 262 Pagel, Hanse, 1943, S. 65: Alle Städte seien mit einem Stadtrecht, wie es zuerst in Magdeburg und Lübeck entstanden sei, bewidmet worden. Dann nannte er die gemeinsamen Aspekte dieser auf „die beiden[n] Vorbilder“ zurückgehenden Stadtrechte: „Persönliche Freiheit der Bürger, ein geordnetes Besitz- und Erbrecht, ein Marktrecht und womöglich eine Münzgerechtigkeit […] [;] [a]n der Spitze der Stadtgemeinde steht ein Stadtrichter oder ein Schultheiß als Vertreter des Stadtherrn, neben ihm bildet sich ein Rat der Bürgerschaft, der an der Verwaltung teilhat und mit dem Aufschwung der Stadt seine Befugnisse auszudehnen, meist bald auch die Gerichtshoheit zu erwerben vermag, bis zu Gewinnung fast völliger Selbstverwaltung“. 256

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Die Stadtrechte wurden so von den einzelnen bewidmeten Städten entfernt und auf eine abstrahierte Ebene gesetzt, auf der sie als Vehikel der deutschen Kultur erschienen.263 Sie waren damit ein weiteres Mosaik im Bild von der Hanse in deutscher Mission. Ein solches Bild vertrug aber keine Unterschiede im Detail. bb) Rörigs Hansekonzeption und die Stadtrechte In diese Beschreibungen zum Stadtrecht trat nun Rörigs metaphysische Hansekonzeption hinein. Er schmückte seit den 1920ern seine Vorträge zur Hanse häufig mit dem schillernden Satz: „Das Ganze war früher da als die Teile; nicht als bereits vorhandene Wirklichkeit, aber als schöpferische Idee.“264 Diese Idee war aufladbar mit verschiedenen Motivationen. Sie erlaubte die travezentrische Hansesicht, die zudem das Lübische Recht begünstigen konnte. Lübeck sei erst durch die zweite „Gründung“ 1158 hauptsächlich durch ein Unternehmerkonsortium altdeutscher Siedler gegründet worden, von Lübeck aus seien die Städte an der Ostsee gegründet, Altdeutschland habe über Lübeck weiterhin „deutsches Blut“ vermittelt.265 Zwar stieß Rörig nicht zu Einzelanalysen des Stadtrechts vor, er fasste aber die Schaffung deutscher Städte als sehr bedeutsam auf. Und diese Stadtgründungen seien nach ihm „mit innerer Folgerichtigkeit aus dieser ersten [Lübeck] heraus [erwachsen]“.266 Das Stadtrecht, und damit das Lübische Recht, war zunächst nur im Hintergrund vorhanden.267 Erst später trat das Stadtrecht deutlicher hervor.268 In seiner Reichssymbolik betonte Rörig den Übergang der Führung in der universitas auf die Städte und damit besonders auf Lübeck. Lübeck habe aber mit dem Adler ein Reichssymbol verwendet und so sei wieder mittelbar ein Beruf Lübecks für das Reich bewiesen.269

263

Zu diesem Aspekt auch Dusil, Rechtsraum, 2005. Rörig, Grundlagen, 1929, S. 243. Als kuriose Randnotiz sei bemerkt, dass Sartorius und Lappenberg die hansische Entstehung aus einer Idee zurückwiesen; die Hanse sei „[n]icht durch einen Zauberschlag, nicht zufolge einer Idee“ entstanden, Sartorius/Lappenberg, Hanse, 1830, S. 2. 265 Die Motive bereits in: Rörig, Grundlagen, 1929. 266 Rörig, Die Gestaltung des Ostseeraumes durch das deutsche Bürgertum, Deutsches Archiv für Landes- und Volksforschung, Bd. 2,2 (1938), S. 765 (766), dort auch: „Denn die Ostsee kannte bisher kein wirkliches Städtewesen; was bis dahin im Ostseeraum den Namen Stadt trug, war noch höchst unfertig, primitiv“. 267 Rörig, Hanse, 1935, S.  202: Die „schöpferische Initiative“ des Bürgertums zeige sich auch im Stadtrecht. Indes geht das Stadtrecht im Städtewesen auf, welches „nur der westdeutsche Bürger […] in modernisierter, rational vereinfachter Form zu verpflanzen [in der Lage war] in die bisher städtelose Ostsee“. 1937 erwähnte er an prominenter Stelle, im ersten Aufsatz der Jomsburg, das Stadtrecht gar nicht, sondern stellte bloß auf „die Stadt“ ab, welche „jedenfalls in dieser ausgereiften Form, in ihren Randländern unbekannt war“, ders., Stadt und Ostsee im Mittelalter, Jomsburg, Bd. 1 (1937), S. 3 (3). 268 Rörig, Lübeck, HGbll., Bd. 67/68 (1942/43), S. 25 (28). 269 Rörig, Reichssymbolik, 1940, S. 45–60, insb. 51, 60. 264

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Inwieweit Rörigs metaphysische und zugleich travezentrische Hansekonzeption tatsächlich die rechtlichen Analysen des Lübischen Rechts beeinflusste, muss für die folgenden Nachweise mit letzter Sicherheit offen bleiben. Wie so häufig fehlen Einzelnachweise. Lediglich aus dem Publikationsort, wie beispielsweise den Hansischen Geschichtsblättern, persönlichen Verbindungen oder ähnlichen Formulierungen kann eine Beeinflussung gefolgert werden. Augenfällig ist aber die Tendenz, das Lübische Recht immer einheitlicher zu deuten. Die Lübecker Bürger hätten daher nach der Reichsfreiheit der Stadt die nötigen Voraussetzungen für ihre Ostsiedlung besessen; das Lübische Recht sei „zu einer bewundernswerten Einheitlichkeit“ gekommen.270 Diese Einheitlichkeit wurde von W. Ebel 1938 als „gleichmäßige Lebens- und Handelsgrundlage“ beschrieben.271 Warnte H. Aubin noch vor den Unregelmäßigkeiten zwischen Lübecks Einfluss in der Hanse und der Ausbreitung des Lübischen Rechts, so wurden diese Probleme zwar bemerkt, aber nun beiseite gewischt.272 Zwei in diesem Zusammenhang bemerkenswerte Arbeiten stammen von Fink und Markmann. Finks Arbeiten sind bereits mehrfach angesprochen worden. 1939 publizierte er nicht nur seine kleine Hansemonographie, sondern auch zwei Aufsätze über „Mecklenburgische Städte, Deutsche Hanse und Lübisches Recht“273. Die allgemeinen Thesen und die Formulierungen legen nahe, dass Fink von Rörig beeinflusst war.274 Im ersten Aufsatz wurde einer der ersten „hansischen“ Rezesse aufgegriffen (HR I, 1, n. 7). Die Beschlüsse sollten „von allen Städten lübischen Rechts beobachtet werden“ und hätten sich damit nach ihm auch an nicht anwesende Städte gerichtet, die „der Einung der drei Städte [Lübeck, Rostock, Wismar] beitreten“ sollten.275 Inhaltlich sah er wegen der Verschiedenheit der Regeln nicht nur „einen allein dem Handel dienenden Zweck“, sondern Regelungen auf dem „Gebiet der Rechtspflege“ und eine „Fortbildung des Lübischen Rechts“.276 Aus den hier erstmals auftretenden Zusammenkünften von Städten, „deren Kaufleute am deutschen Auslandshandel beteiligt waren“, habe sich später die „[hansische]

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Carstenn, Elbings Kampf um das Lübische Recht, HGbll., Bd. 62 (1937), S. 73 (75). W. Ebel, Rechtswesen, 1938, S. 310. 272 Maydell, Ausbreitung, 1938, S. 511: Bereits die Lage der Städte des Lübischen Rechts zeige ihre Entstehung aus dem „deutschen Ostseehandel“; zur Hanse („wirtschaftspolitische Dachorganisation“) gehörten zwar auch Städte Magdeburger Rechts, „[t]rotzdem ist ein gewisser Zusammenhang zwischen Hanse und lübischem Recht nicht zu verkennen. Wie Lübeck, selbst eine Gründung der Ostsiedlungszeit, die wichtigste und führende Stadt des Hansebundes wurde, so war es auch der Vorort, von dem die deutschen Ostseestädte unmittelbar oder mittelbar ihr Recht bezogen“. 273 Fink, Städte I, 1939; ders., Städte II, 1939. 274 Fink, Städte I, 1939, S. 468: „Bande […] des Blutes“; Siedler über Lübeck in den O ­ sten; S. 469: Gründung Lübecks durch Unternehmer, übrige Stadtgründungen von Lübeck beeinflusst. 275 Fink, Städte I, 1939, S. 469. 276 Fink, Städte I, 1939, S. 469. 271

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Zusammenarbeit“ herausgebildet. „Und als erste Grundlage dieser Zusammen­ arbeit erkennen wir das gemeinsame Lübische Recht.“277 Es ist daran zu erinnern, was die Autoren auch wussten, dass der Rezess278 nur deswegen „hansisch“ sein konnte, weil er in den Hanserezessen so eingeordnet wurde. Die Urkunde gibt das nicht her. Die Thesen Finks sollen nicht im Einzelnen überprüft werden. Entscheidend ist, dass Fink, insoweit der tradierten Lehre folgend, in diesem Rezess der wendischen Städte den Grundstein der Hanse sah. Denn die übrigen Städte sollten der Einung der drei Städte beitreten. Der Wortlaut gibt auch diese Annahme nicht her, zumal die Urkunde eine einjährige Befristung enthält. Die Behauptung, „[d]ie Einigung ging also über einen allein dem Handel dienenden Zweck hinaus“, konnte nur aufgestellt werden, wenn dieser Zweck als der Einung ursprünglich immanent vorausgesetzt wurde. Hier spielt die „schöpferische Idee“ Rörigs der Sache nach eine Rolle. Die Ausrichtung des Rechts auf den Handel ist im Übrigen eine Prämisse, die aus der Fixierung auf die Kaufleute als Träger der Hanse resultiert sein dürfte. Es zeigt sich dabei auch, dass Fink einen engen Begriff des Handels hatte. Denn die Sicherung gegen Seeräuber und das Fixieren von Regeln im städtischen Konfliktfall konnten doch sehr wohl für den Handel nützlich sein. Diese Aspekte gehen bei ihm im Begriff der Rechtspflege auf, wodurch dem „Rezess“ eine übergreifende Dimension beigelegt wird. Die von Fink angenommene „Fortbildung des Lübischen Rechts“ setzte sich im Folgenden nicht mit Frensdorffs negativen Befunden zur Bigamie auseinander. So musste der Eindruck entstehen, das Lübische Recht habe gleichsam am Anfang der Hanse die integrierende Funktion übernommen. Diese Gedanken klingen am Ende des Zitats an, wenn als „erste Grundlage dieser Zusammenarbeit [der Städte]“ das Lübische Recht angenommen wird. Obwohl Fink sich bei seinen Ausführungen auf Koppmann berief, erinnert das Zitat eher an die weitergehenden Gedanken bei Höhlbaum.279 Insbesondere ist bemerkenswert, dass Fink ohne weiteres eine Bindung der übrigen Städte Lübischen Rechts annahm. Zwar zielen die einzelnen Punkte des Rezesses auf Städte ab, aber die Frage, warum alle Städte Lübischen Rechts an diesen Rezess gebunden sein sollen, untersuchte Fink nicht. Eine Trennung der Städte in Städte Lübischen Rechts und bestimmte Städte Lübischen Rechts, die für sie relevante Fragen klärten, wies er damit implizit zurück. Somit erschien das Lübische Recht als eine bindende Rechtsmaterie, die dann die Verbundenheit für die spätere Hanse begründen konnte. Die zweite beachtenswerte Arbeit stammt vom Magdeburger Oberbürgermeister Fritz Markmann, der sich während seiner Amtszeit für die Erforschung des Magdeburger Rechts einsetzte. Seine Ausführungen zum Lübischen Recht sind daher als bloßes Seitenstück anzusehen, sie standen nie im vorrangigen oder gar alleinigen 277

Fink, Städte I, 1939, S. 469. Die Quelle weist sich lediglich als arbitrium aus, näheres dazu bei Behrmann, Rezeß, 2003, S. 438 f. 279 Siehe das Zitat oben D.II.3.b)aa) bei Fn. 200. 278

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Fokus. Markmann stellte seine Forschung nach „geopolitischen Gesichtspunkten“ an.280 Damit meinte Markmann, die „Aufgabe, festzustellen, nach welchen Gesichtspunkten, nach welchen geschichtlichen Voraussetzungen, nach welchen kulturellen und machtpolitischen Grundlagen sich die einzelnen Stadtrechtskreise entwickelt haben“.281 Der Aufsatz weist eine politisierte und ideologisierte Diktion auf. Markmann behauptete eine „maritime Bedingtheit“ des Ostseeraumes, die – so seine „geopolitische Erkenntnis“ – das Lübische Recht beeinflusst habe.282 Die Träger des Rechts hätten eine „rassische Veranlagung“ gehabt; hier zeigt sich ebenfalls die starke ideologische Verbindung zwischen ­Lübeck, den Kaufleuten, der Hanse und der Ostsiedlung.283 Bei Markmann findet sich ein im Vergleich zu früheren Werken umgekehrtes Verhältnis von Hanse und Lübischem Recht. War früher das Lübische Recht ein Machtfaktor im Aufstieg der Hanse, so sah Markmann nun die Hanse als Faktor für den Aufstieg des Lübischen Rechts.284 Er blieb damit gleichwohl vereinzelt. Seine Ergebnisse stießen in den Hansischen Geschichtsblättern auf ein kritisches Echo.285 Auch Markmann ließ die mahnenden ­ übischen Rechts im hansiWorte H. Aubins beiseite, als er die Ausbreitung des L 280 Markmann, Stadtrecht, 1938. Markmann publizierte die Teile, die Lübeck betreffen, inhaltsgleich unter dem Titel „Gedanken zum Lübecker Stadtrechtskreis“ in der Zeitschrift „Der Norden“, 1938. Es handelte sich dabei um eine gesondert paginierte Beilage. Im Nachfolgenden wird ausschließlich der umfassendere Artikel zitiert. 281 Markmann, Stadtrecht, 1938, S. 4. 282 Markmann, Stadtrecht, 1938, S. 9. 283 Markmann, Stadtrecht, 1938, S.  10: „In der Kolonisationsgeschichte des Ostens und Nordostens Europas hat jedenfalls der nordische Mensch mit seiner Charakterfestigkeit, seinen Wissenschaften, dem entwickelten Handwerk und allen den Lebenseinrichtungen, die eine rassisch-bedingte höhere Lebenskultur mit sich bringt, dem Slaventum seinen Stempel aufgeprägt und es kulturell zu sich hochgezogen. Diese Gedanken treffen genau so auf die Verbreitung des Magdeburger wie des lübischen Rechts zu, beim letzteren zumindest, insoweit es sich um slavische Länder handelte, die es zu erschließen galt, wobei festzustellen ist, daß der vornehmste Träger lübischer Kulturäußerungen und lübischen Behauptungswillens in den Osten und Nordosten Europas hinein im Unterschied zum Magdeburger primär der Kaufmann gewesen ist“. 284 Markmann, Stadtrecht, 1938, S. 13: Lübeck sei unter anderem erst durch die Hanse gewachsen; S.  15: „Die zweite Stütze bei der Ausdehnung des Stadtrechtskreises bildete die Hanse“. 285 Vehse, Hansische Umschau, HGbll., Bd. 63 (1938), S. 280 (284 f.) Dort besprach Vehse die Beilage aus Der Norden 1938. Zur „maritimen Bedingtheit“ des Lübischen Rechts merkte Vehse an, S. 285: „Man sähe an dieser Stelle gern einige beispielhafte und konkrete Belege, die der allzu allgemeinen Wendung erst die rechte Beweiskraft verleihen würden“. Vehse (1901–1943), Angaben nach Borowsky, Geschichtswissenschaft an der Hamburger Universität 1933 bis 1945, in: Eckart Krause/Ludwig Huber/Holger Fischer (Hrsg.): Hochschul­alltag im „Dritten Reich“, Bd. 2, 1991, S. 537 (560 f.), war nach seiner Promotion (1924), seiner Habilitation in Kiel (1930) seit 1936 vertretungsweise an die Hamburger Universität berufen. Seit 1938 war Vehse ordentlicher Professor. Seine Werke „sind von der nationalsozialistischen Rasse- und Volkstumslehre beeinflußt“, ders., Geschichtswissenschaft, 1991, S. 561. Vehse hatte ebenfalls wie W. Ebel Kontakt zum „Ahnenerbe“, Borowsky, Geschichtswissenschaft, 1991, S. 565. Er kam beim britischen Luftangriff auf Hamburg am 27./28. Juli 1943 ums ­Leben.

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schen Raum behandelte. Lübeck habe seine „ostpolitische Machtstellung“ unterbaut mit seinem Stadtrecht, es habe eine „einheitliche Rechtsprechung“ innerhalb des Stadtrechtskreises geschaffen und zudem „für den gesamten Geschäftskreis der Hanse [ein] einheitliches Gesellschaftsrecht [geschaffen], dessen Charakter durch das Übergewicht Lübecks bestimmt wurde. Selbst die sachliche Ausdrucksweise dieses Rechtes war lübisch“.286 Markmann erschuf eine stadtrechtliche Aufteilung des Ostens, indem er das Lübische Recht für die „maritimen“ und das Magdeburger Recht für die „landmäßig gebundenen Anforderungen“ gewappnet sah.287 Eine Aufnahme der Rörigschen Thesen liegt nahe, da dieser an mehreren Stellen zitiert wurde.288 Führte Rörig die Hansekonzeption zunächst ohne wesentliche Analyse des Lübischen Rechts durch, füllte Markmann dieses Vakuum, indem er ein geschlossenes Lübisches Recht annahm. Die „maritime Bedingtheit“ nahm die Träger des Rechts in den Blick – so viel kann trotz der Unbestimmtheit des Ausdrucks aus den weiteren Ausführungen gefolgert werden. Dann musste die Besonderheit des Lübischen Rechts im See- und Handelsrecht gesucht werden, denn die Träger des Rechts wurden mit den Kaufleuten gleichgesetzt. Markmanns Ausführungen zeigen auch, dass er von einem hierarchisch strukturierten Rechtskreis mit einem Instanzenzug ausging. Materielle Abweichungen, beispielsweise indem das Stadtrecht mittels Willkür weiterentwickelt wurde,289 passen nicht zur „maritimen Bedingtheit“ des Rechts. Fehlende Nachweise für einen Instanzenzug nach Lübeck bei einigen Städten passen nicht zur „einheitliche[n] Rechtsprechung“.290 Damit beschäftigte sich Markmann aber nicht weiter, es hätte nicht den geopolitischen Gesichtspunkten entsprochen. Alles in allem zeigt sich in Markmanns Artikel wie die Hansekonzeption von Rörig die Interpretation der Stadtrechte in eine für die Hanse travezentrische Sichtweise lenkte. Dabei wurde die Stadtrechts­geschichte unter ideologischen Gesichtspunkten interpretiert. Die travezentrische Hansekonzeption, getragen von einer „schöpferischen Idee“, beeinflusste weitere Autoren, je länger die nationalsozialistische Herrschaft bestand, umso deutlicher. Reinckes Hansedarstellung baute auf Lübeck auf291 und sah die übrigen Ostseestädte in rechtlicher Hinsicht „nach dem Vorbilde Lübecks“ geformt.292 Pagel verstand das Lübische Recht im 13. Jahrhundert als „wichtiges Bindeglied […] des seestädtischen Zusammenschlusses“.293 Lübecks Stellung als Streitschlichter und Oberhof habe eine Rechtsangleichung in den Städten bewirkt, 286

Markmann, Stadtrecht, 1938, S. 17. Markmann, Stadtrecht, 1938, S. 14. 288 Markmann, Stadtrecht, 1938, S. 15, 17, 19. 289 Schubart-Fikentscher, Stadtrechte, 1942, S. 52: es gab Rechtsmischungen einiger Stadtrechte. 290 Schubart-Fikentscher, Stadtrechte, 1942, S. 51: Der Rat von Lübeck vermochte gescholtene Urteile nicht aus eigenen Macht aufheben. „Diese Oberhöfe waren keine Gerichte im eigentlichen Sinn, das konnten sie lediglich im eigenen Stadtgebiet sein“. 291 Reincke, Hanse, 1940, S. 22: Gründung Lübecks als „entscheidende[s] Ereignis“. 292 Reincke, Hanse, 1940, S. 23. 293 Pagel, Hanse, 1943, S. 133. 287

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vor allem „in Schuld- und Erbsachen, in Markt-, Handels- und Gewerbefragen, aber auch im Münzwesen“.294 Auch nach Wohlhaupter habe es erst mit der Gründung Lübecks „Städte im Rechtssinne“ im Ostseeraum gegeben.295 Wenn Reincke „[d]as gesamte Städtewesen […] auf hansischen Grundlagen“ beruhen sah, so meinte er damit, wie im nächsten Satz deutlich wird, das Vorbild Lübecks.296 Er leitete damit Ausführungen ein, die das Lübische Recht als ein gemeinhansisches Recht erscheinen lassen. War für die vorangegangene Epoche noch fest­gestellt worden, dass Äußerungen, die das Lübische Recht als hansisches Recht ansprachen, eher selten waren, so lässt sich nun eine Zunahme erkennen. b) Das Lübische Recht: Reichsvertretend und gemeinhansisch Es liegt nahe, dass eine hansische Entstehungsgeschichte, die Lübeck nicht nur in das Zentrum, sondern gleichsam an den Anfang stellte, auch Auswirkungen auf die Bewertung des Lübischen Rechts haben musste. Daher kann es nicht Wunder nehmen, wenn Reincke die Stadtrechte von Novgorod, Visby, Riga und Reval als „niederdeutsch-hansisch“ bezeichnete und sodann auf das Lübische und Hamburger Recht einging.297 Das Magdeburger Recht könne „freilich nicht in gleichem Maße als hansisch“ angesprochen werden.298 Das Zitat legt offen, dass eine Differenzierung zwischen hansischem und hansestädtischem Recht nicht in Betracht gezogen wurde. Diese Zuschreibungen blieben nicht auf den sprachlichen Bereich beschränkt. Sie erlaubten die Behauptungen, Lübeck habe „ein einheitliches Gesellschaftsrecht, Hamburg ein einheitliches Schiffrecht“ für den hansischen Raum geschaffen.299 Reinckes Interesse am Hamburger Recht dürfte seiner Tätigkeit geschuldet sein, bei der er vor allem dieses Recht untersuchte. Bei vielen anderen Autoren stand Hamburg nicht an einer mit Lübeck vergleichbaren Stelle. Lübeck und Hanse waren nicht nur bei Rörig Synonyme, sie waren es auch bei anderen Autoren. Für Koppe erhielt Lübeck den Reichsgedanken,300 für Reincke erhielt zwar vordergründig die Hanse den Reichsgedanken, aber er schwenkte dann auf die Städte um301. Diese reichsvertretende Stellung Lübecks erlaubte sehr weitgehende Schlussfolgerungen für das Lübische Recht, es wurde gemeinhansisch und reichsvertretend. Pagel meinte daher, „auf dem Gebiet des gemeinsamen Rechtes kam man zu einer nahezu unbestrittenen Durchsetzung der Autorität ­Lübecks und damit zu einem Gemeinschaftsbesitz, zu einem wirklich wesent 294

Pagel, Hanse, 1943, S. 133. Wohlhaupter, Recht, 1943, S. 65. 296 Reincke, Hanse, 1940, S. 34, das Wort „Städtewesen“ setzte Reincke in Fettdruck. 297 Reincke, Hanse, 1940, S. 34. 298 Reincke, Hanse, 1940, S. 34. 299 Reincke, Hanse, 1940, S. 34. 300 Koppe, Die Anfänge der Hanse, Gotland und das Reich, Jomsburg, Bd. 4 (1940), S. 173 (180). 301 Reincke, Hanse, 1940, S. 19 f. 295

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lichen Bindeglied. Lübeck war für die Hanse die letzte Rechtsinstanz“.302 Er meinte gar, das Lübische Recht „wurde so fast zu einem gemeinhansischen“.303 Die einzelnen Stadtrechte waren für die Bewertung als hansisches Recht austauschbar. Bei Pagel war es das Lübische Recht, welches „in weitem Umfange die Grundlage für die Ausbildung allgemeingültiger see- und handelsrechtlicher Normen“ wurde304 – bei Reincke war das Hamburger Recht für das Seerecht entscheidend. Auch in einem Aufsatz Wohlhaupters wurde das Lübische Recht, „das durch eine bedeutsame Oberhoftätigkeit das Bewußtsein der Zusammengehörigkeit lange wachzuhalten vermochte“, als „hansische[s] Stadtrecht“ angesprochen.305 Obgleich damit nicht eine materielle Gleichsetzung zwischen Lübischem und hansischem Recht gemeint sein musste, ist der Sprachgebrauch doch augenfällig. Es stellt sich unweigerlich die Frage, warum er gerade das Lübische Recht als hansisch etikettierte, wenn er damit nicht zugleich eine inhaltliche Aussage verband. Es ist möglich, dass die Ausdruckweise bei Wohlhaupter, ähnlich wie bei einigen Artikeln Frensdorffs,306 bloß auf einer formellen Zuordnung beruhte. Hansisches Stadtrecht wäre dann lediglich das Stadtrecht einer Stadt der Hanse. Da er auf derselben Seite auch vom Magdeburger Recht handelte, dieses aber nicht als hansisch ansprach, drängt sich hingegen der Eindruck auf, er habe mit diesem Ausdruck mehr verbunden. Die weiteren Zeugnisse der Rechtswissenschaft, die in diese Richtung inter­ pretiert werden können, sind mehrdeutig. Markmann ordnete dem Lübecker Oberhof „den Charakter einer letzten ‚Instanz‘“ bei, was dahingehend verstanden werden kann, als habe der Lübecker Rat auswärtige Urteile aufheben können.307 Damit ließe sich ein geschlossener und hierarchischer Rechtskreis annehmen. Andererseits könnte es sich lediglich um eine missverständliche Formulierung handeln, die Lübecks unterschiedliche Behandlung von Urteilen betraf. Lübeck verstand sich selbst nicht als bloße Rechtsauskunft, sondern verlangte späterhin ein vorheriges Urteil. Ob das Urteil aus Lübeck unmittelbar galt, ist damit nicht gesagt. Das könnte auch erklären, warum Markmann das Wort „Instanz“ in Anführungszeichen setzte. Schubart-Fikentscher erkannte dieses Problem jedenfalls und relativierte daher die Rolle des Lübecker Rats.308 Die Lehrbücher zur Rechtsgeschichte sollten aufgrund der kurzen Ausführungen mit Vorsicht interpretiert werden. Wenn Fehr in seiner Rechtsgeschichte schrieb: „Unter seinem Vorort Lübeck führte er [‚der Hansabund‘] seine Mitglieder zu ungeahnter Höhe in Recht, Wirt-

302

Pagel, Hanse, 1943, S. 197. Pagel, Hanse, 1943, S. 197. 304 Pagel, Hanse, 1943, S. 198. Wenngleich Pagel für das „[Gotländische] Wasserrecht“ unterschiedliche Bestandteile erkannte, S. 200 f. 305 Wohlhaupter, Recht, 1943, S. 78. 306 Frensdorff, Verlöbnis I, 1917; ders., Verlöbnis II, 1918. 307 Markmann, Stadtrecht, 1938, S. 8, dort maß er den Urteilen des Lübecker Rats Rechtskraft bei. 308 Schubart-Fikentscher, Stadtrechte, 1942, S. 51. 303

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schaft und Bildung“, so bleibt dabei vieles offen.309 Zwar lässt die knappe Formulierung erahnen, dass das Recht im Gebiet der Hanse vereinheitlicht wurde (zu ungeahnter Höhe führen), eindeutig ist dies aber nicht. Zumal für den hier interessierenden Punkt nicht klar ist, wodurch diese Vereinheitlichung erreicht wurde. Fehr nannte zwar den „Hansabund“, dieser stand ja aber nach seiner Ansicht unter der Leitung des Vorortes Lübeck. Ähnlich liegt es bei Schwerin, der Lübeck als „Haupt der Hansastädte“ ansprach und zugleich in den Hanserezessen „für die Ausbildung des Handelsrechts wichtige Beschlüsse“ erkannte.310 Es kann zwar vertreten werden, dass er damit vornehmlich auf einen lübischen Einfluss abstellte, deutlich ist es hingegen nicht. Die deutlichsten Aussagen in dieser Richtung stammen somit aus der Geschichtswissenschaft (Reincke, Pagel)311 oder von einem außerhalb der Wissenschaft stehenden Juristen (Markmann). Die Einbindung des hansischen und damit häufig des Lübischen Rechts in eine reichsvertretende Motivation wurde unterstützt von abwertenden Äußerungen über das rezipierte Recht. Die Ablehnung der gelehrten Juristen und ihrer „fremden“ Rechte in Gestalt des Römischen und kanonischen Rechts war keine Erscheinung der Forschung im Nationalsozialismus. Sie wurde in dieser Zeit aber wieder vermehrt negativ betrachtet.312 Für den hansischen Raum wurde lange die Behauptung vertreten, das Stadtrecht und damit vornehmlich das Lübische Recht, habe sich lange „urwüchsig erhalten“,313 es habe sich lange gegen die Rezeption gewehrt.314 Sollte eine Rezeption stattgefunden haben, so habe diese nur „sehr spät und nur in sehr geringem Umfang“ stattgefunden.315 Diese Ausführungen sekundierten der allgemeinen Tendenz das „reine“ Deutschtum in der Geschichte zu suchen. Selbst Wohlhaupter, der während seiner Kieler Tätigkeit Schikanen ausgesetzt war, vertrat für das sogenannte Visbysche Seerecht, es seien die Bestandteile „des fremden Rechts­ boden[s]“ zurück- und „das deutsche Element immer mehr in den Vordergrund“ getreten.316 Was dieses „deutsche Element“ sein sollte, ließ er dabei indes offen. Wie die Hanse vom deutschen Volkstum, insbesondere durch Lübeck, nach Rörig gestützt war, so zeigt sich für das Lübische Recht eine entsprechende Tendenz. Rörigs Hansekonzeption, welche untrennbar mit seinem Bild von Lübeck, „der

309

Fehr, Rechtsgeschichte, 1943, S. 151. Schwerin, Rechtsgeschichte, 1941, S. 220. 311 Wenngleich Reinckes Artikel aus einem Propagandaband stammt und Pagels Zuordnung zur Wissenschaft bestritten werden könnte. 312 F. L. Schäfer, Nationalsozialismus, 2015, S. 388. 313 Germann, Eindringen, 1933, S. 11. 314 Schubart-Fikentscher, Stadtrechte, 1942, S. 394. 315 Pagel, Hanse, 1943, S. 202. 316 Wohlhaupter, Recht, 1943, S. 102. 310

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Stadt der hansischen Führung“317, verbunden war, seine Öffnung der hansischen Forschung für die völkische Motivation der hansischen Bürger und seine metaphysische Hanse erlaubten eine Überbetonung der rechtlichen Stellung Lübecks. Die Positionen verschärften sich dabei im Laufe der Jahre immer weiter. Zwar betonten bereits die Forscher des 19. Jahrhunderts die Bedeutung des Lübischen Rechts für die Hanse, doch blieb es dabei immer nur ein Machtfaktor neben anderen und damit in letzter Konsequenz der Hanse und ihrem Recht untergeordnet. Diese Zurückhaltung war nun aufgegeben. 4. Hansisches Recht Die Autoren dieser Zeit untersuchten keinen Gegenstand, den sie besonders heraushoben und als hansisches Recht ansprachen. Dabei dürfte die geringe Forschungstätigkeit der Rechtshistoriker auf diesem Gebiet unterstützend gewirkt­ haben. Konnte zwar nachgewiesen werden, dass das Lübische Recht verstärkt in den Blickpunkt geriet, so trat gleichwohl das Schicksal der Novgoroder Kontor­ordnung nicht verstärkt in den Blick. Zwar galt die Verlegung der Appellation von Novgorod nach Lübeck Ende des 13. Jahrhunderts weiterhin als „Wendepunkt“,318 allerdings griffen die Autoren die strittige Appellationsfrage heraus.319 Die Autoren werteten die Stellung Lübecks in Novgorod zuweilen erheblich schwächer, indem der Streit mit Visby herausgehoben wurde.320 Die kursorische Behandlung dieses Aspekts könnte auch an einer fehlenden Behandlung durch Rörig liegen. Soweit ersichtlich, erwähnte er die Ereignisse nur an einer Stelle und deutete sie lediglich an.321 Das Problem, inwieweit die Rezesse in den Städten galten, wurde nicht ausdrücklich behandelt. Formulierungen wie, „[d]er wesentliche Inhalt ihrer [der Hansetage] Beschlüsse ist uns in ‚Rezessen‘ überliefert“322 oder „Vorschriften, wie sie in den Hanserezessen festgelegt wurden“323, legen eher eine rein protokolla­ rische Funktion der Rezesse nahe. Die historische Monographie von Pagel enthält insoweit ebenfalls rechtliche Erwägungen. Er behauptete zwar bloß, dass die Rezesse die Beschlüsse des Hanse­

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So lautete der Untertitel des Sonderdrucks zum Artikel „Lübeck“, Rörig, Lübeck, 1942/43. Keutgen, Hanse, 1935, S. 66. 319 Markmann, Stadtrecht, 1938, S. 20; Reincke, Hanse, 1940, S. 24. 320 Fink, Städte II, 1939, S. 479 f. Kurze Erwähnung bei Schubart-Fikentscher, Stadtrechte, 1942, S. 396. 321 Rörig, Reichssymbolik, 1940, S. 45: „1293 wird der Nowgoroder Hof Lübecks Leitung unterstellt“. 322 Fink, Hanse, 1939, S. 34. 323 Muchow, Raum, 1942, S. 61. Sehr ähnlich bei Planitz: „[Städtetage], deren Beschlüsse in Rezessen niedergelegt wurden“, Planitz, Rechtsgeschichte, 1944, S. 192. 318

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tages „festgehalten [haben]“, sah aber eine „Gültigkeit“ der Rezesse nach ihrer Verlesung.324 Die Beschlüsse der Hansetage „sind dann Bestandteile des hansischen Rechtsvorrates geworden“325. Die Ausführungen sprechen eher für eine unmittelbare Geltung der Rezesse. Rechtshistoriker äußerten sich nur selten und dann lediglich kurz zu diesem Aspekt. Eine Interpretation dieser Stellen muss daher die Kürze der Ausführungen beachten. So seien vom Hansetag „wichtige Beschlüsse als Rezesse verkündet [worden]“326 und der Rezess von 1614 mit seinen seerechtlichen Vorschriften „hat dann bis ins 19. Jahrhundert in Geltung gestanden“.327 Schwerin nannte nicht die Niederschrift Rezess,328 sondern ging von einer Verkündung als Rezess aus. Damit war die bloß protokollarische Funktion fallen gelassen. Wenn Wohlhaupter dann von einer Geltung des Rezesses von 1614 schrieb, so suggeriert dies ebenfalls eine unmittelbare Geltung. Es kann daher nur festgestellt werden, dass zwar die Hansetage, die Rezesse und gewisse vereinheitlichenden Wirkungen der Stadtrechte oder des See- und Handelsrecht behandelt wurden, zu einer Theorie über das hansische Recht kam es aber nicht. Das See- und Handelsrecht der Hanse wurde nicht eigenständig bearbeitet. Bloß gelegentlich finden sich kleinere Anmerkungen. Reincke behandelte kurz das Hamburger Seerecht und das Verhältnis der inkorporierten Vorschriften zum Lübischen Seerecht.329 Wohlhaupter nahm eine allgemeine Geltung des Visbyschen Seerechts an, innerhalb dessen sich die Bestimmungen der Stadtrechte als „partikulare Rechts­ bildung“ gezeigt hätten.330 Das Hamburger Schiffrecht sei für die Fahrt nach Flandern und in den Norden bestimmt, das Lübische Schiffrecht hingegen für die Fahrt in den Osten. „Parallel“ (!) dazu hätten „gemeinhansische Quellen“ zu einer „Angleichung“ des Seerechts geführt. In welchem Verhältnis die Normen zueinander standen, welches Recht auf welche Fälle Anwendung fand, bleibt dabei offen. Lediglich im Wege der Interpretation („parallel“) ließe sich entnehmen, dass Wohlhaupter zwar eine Angleichung durch hansische Rezesse annahm aber keine höhere Güte oder bessere Geltung. Ansonsten wäre nicht erklärbar, warum weiter 324 Pagel, Hanse, 1943, S. 195: „Die Beschlüsse der Hansetage und der Inhalt der Verhandlungen wurde in sogenannten Rezessen, in Abschieden, schriftlich festgehalten, die bei Be­ endigung der Tagungen in feierlicher Form verlesen wurden und Gültigkeit erlangten, wenn Einsprüche nicht erhoben wurden“. 325 Pagel, Hanse, 1943, S. 202. 326 Schwerin, Rechtsgeschichte, 1941, S. 220. 327 Wohlhaupter, Recht, 1943, S. 102. 328 So formulierte aber Planitz, siehe E.II.4. Fn. 323. 329 Reincke, Die ältesten Formen des hamburgischen Schiffrechts, HGbll., Bd.  63 (1938), S. 166 (168). 330 Wohlhaupter, Recht, 1943, S. 101.

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hin städtisches Seerecht bestehen sollte. Wenn er dann schrieb, „der Seegerichtshof von Wisby [trug] zur Verbreitung des sogenannten Seerechts von Wisby sehr wesentlich [bei]“, so scheint er dabei wiederum von einer Anwendung des gerade in Visby geltenden Rechts ausgegangen zu sein.331 Deutlich ist das aber nicht. Bei Wohlhaupter scheint im Allgemeinen die Tendenz herrschend gewesen zu sein, von einer Rechtsangleichung durch die Hanse auszugehen. So würde niemand bezweifeln, „daß die Hanse Bedeutendes für die Entfaltung des Handelsrechts geleistet hat“.332 Doch nachdem er als einschlägige Untersuchungen Rehmes Handelsgeschichte, Planitz’ Vortrag vor dem Hansischen Gesichtsverein aus dem Jahre 1925 (publiziert 1926) und Markmanns Ausführungen zum Lübischen Recht erwähnte, brach er ab: „Diese Aufgabe [eine umfassende Darstellung] hier zu leisten, ist nicht möglich“.333 So blieb hier die Annahme eines hansischen Handelsrechts eine unbewiesene Prämisse. Pagel wiederum sah es als eine Leistung der Hanse an, ein „Seerecht zu allgemeiner Geltung gebracht und ein den Handel sicherndes Kaufmannsrecht entwickelt“ zu haben.334 Die rechtliche Darstellung wurde hier anscheinend vom Fokus auf die Kaufleute gelenkt. Dass dieses Recht „zwar nicht in Gestalt eines Paragraphenbuches, wohl aber als lebendige Wirklichkeit“335 existiert habe, erlaubte es ihm, auf nähere Darlegungen zu verzichten. Wohlhaupter konnte keine umfassende Darstellung dieses Rechts geben und auch keine einschlägige Literatur nennen, für Pagel schien es insoweit weniger Probleme zu geben. Die Urteile der „Seegerichtshöfe der großen Hansestädte“ seien nach dem „Gemeinen [Seerecht]“ erfolgt, welches er als die im Visbyschen Seerecht miteinander verschmolzene Ordonancie und Vonnesse von Damme identifizierte. Es wundert daher nicht, dass nach Pagel das Recht einerseits „die Hanse von innen her zu einem einheitlichen Rechtskörper gemacht hat“ und andererseits eine „nach außen [wirkende] Rechtssphäre“ geschaffen haben soll.336 Indes bleibt im Einzelnen dunkel, welche Gegenstände des Rechts hier sowohl nach innen vereinheitlichend als auch nach außen gewirkt haben sollen. Womöglich motivierte ihn hier der Gedanke, die Hanse habe mit ihrem Seerecht eine Reichsaufgabe erfüllt,337 zu weitgehenden materiellen Annahmen über das Recht. Mag Pagel auch für seine Darstellung auf Werke anderer zurückgegriffen haben, so insbesondere für die Seegeschichte auf Vogel,338 331

Wohlhaupter, Recht, 1943, S. 104. Wohlhaupter, Recht, 1943, S. 113. 333 Wohlhaupter, Recht, 1943, S. 114. 334 Pagel, Hanse, 1943, S. 198. 335 Pagel, Hanse, 1943, S. 200. 336 Pagel, Hanse, 1943, S. 198. 337 Pagel, Hanse, 1943, S. 202. 338 Brandt, Pagel, 1954, S. 93, gemeint ist Vogel, Seeschiffahrt, Bd. 1, 1915. Zwar schrieb Vogel in seiner Hansegeschichte der Hanse die Wahrnehmung von Reichsaufgaben zu, diese betrafen aber lediglich „Schutz und Vertretung des deutschen Seehandels und des Deutschtums im Auslande“; eine rechtliche Dimension kann darin nicht gesehen werden, ders., Hanse, 1915, S. 65. 332

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kann die Erfüllung einer Reichsaufgabe im Seerecht doch bei Vogel nicht nachgewiesen werden339. Zwar finden sich ähnliche Thesen bei W. Stein, doch gingen sie hier von einer politischen Deutung der Hanse aus, die keine Berührungspunkte zu einer kaufmännischen, also zuweilen völkischen Sicht besitzt.340 Hierin liegt nach hiesiger Ansicht die Innovation des Werkes von Pagel: er verwendete zwar zuweilen ältere Literatur, doch verarbeitete er – womöglich unbewusst – den neuen kaufmännischen Fokus für seine rechtsgeschichtlichen Ansichten. Die Innovation liegt freilich nicht in der Verarbeitung als solcher, diese zeichnet sich bereits in den Werken von Planitz ab, sondern vielmehr in der monographischen Form. 5. Zusammenfassung Die rechtliche Analyse der Hanse im Nationalsozialismus stand einerseits in der Tradition der vorangegangenen Erkenntnisse und erhielt doch wirkmächtige Abweichungen im Detail. Die unterschiedliche Bewertung der Rechtsnatur, die Bewertung der hansischen Verfassung als schwach, die weitere Betonung der Stadtrechte und schließlich die bloß punktuellen Bemerkungen zum hansischen Recht lassen sich bereits vorher nachweisen. Wissenschaftsgeschichtlich brachte der Nationalsozialismus insoweit keine Zäsur, grundlegende thematische Neuausrichtungen der Forschung fanden nicht statt. Gleichwohl zeigt sich, wie immer mehr die Bedeutung des Volkstums für die hansische Wissenschaft zunahm und auch die rechtlichen Aspekte der Hanse erreichte. Besonders Rörig leistete mit seinen Lübeckforschungen Vorschub, die nahtlos in seine Hansekonzeption übergingen. Seine Verfassung auf „blut­mäßiger Grundlage“, das Herausheben der Kaufleute für die Gründung Lübecks und die Ostkolonisation sowie seine Überbetonung der Stellung Lübecks bildeten das Fundament auf dem die weiteren rechtlichen Bemerkungen anderer Autoren aufbauten. Die Hanse sei eben kein freier Verband mehr gewesen, sondern habe von seinen Mitgliedern die Einforderung von Pflichten und die Einhaltung der Treue verlangt, wie es auch der jetzige Staat verlange. Im selben Maß wie die Rolle Lübecks für die Hanse überbetont wurde, bis sie schließlich synonym erschienen, nahm auch die Bedeutung der Stadtrechte und dabei vornehmlich die des Lübischen Rechts zu. Bei einigen Autoren erschien das Lübische Recht als das hansische Recht und es wundert daher nicht, dass die Forschungssumme von Pagel im Seerecht eine Reichsaufgabe erfüllt sah. Beachtlich ist der Siegeszug der Thesen Rörigs. Innerhalb weniger Jahre stieg der als schwierig geltende Rörig341 zum gefragtesten Hanseforscher seiner Zeit auf. Hierbei dürfte zwar sein wissenschaftliches Werk mit neuen Forschungsrichtungen 339

Vogel, Seeschiffahrt, Bd. 1, 1915, S. 361, 365 f. W. Stein, Beiträge, 1900, S. 142–145, das Werk ist oben D.II.4.b) kurz angesprochen worden. 341 Noodt, Rörig, 2007, S. 161 f. 340

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und Methoden den Ausschlag gegeben haben, aber auch seine Hinwendung zur völkischen Wissenschaft und damit seine Attraktivität für die neuen Machthaber ab 1933.342 Werden dann aber die rechtlichen Aspekte auf einer hansischen Ebene betrachtet, so ist eine Diskrepanz zwischen der weiterhin unterstellten Hanse und dem Nachweis ihrer rechtlichen Tätigkeit festzustellen. Selbst die Frage nach der Geltung der Rezesse wurde nur höchst nebensächlich und nicht eindeutig beantwortet. Zwar wurde der Hanse gelegentlich eine vereinheitlichende Rechtstätigkeit zugeschrieben, wo sich diese aber niedergeschlagen haben soll, blieb offen. Es ist bezeichnend, dass der Jurist Wohlhaupter zwar diesen Bereich kurz streifte, dann aber seine Skizze abbrach. Als W. Ebel 1949 zur Beschreibung des hansischen Rechts ansetzte, schrieb er somit nicht als erster über das hansische Recht. Er stellte sich aber als erster ausdrücklich die Frage, was hansisches Recht sein könnte und wo es zu suchen sei. Die Autoren vor ihm unterstellten die Existenz lediglich.

III. Methoden und Prämissen Die grundlegenden Prämissen wandelten sich im Vergleich zum vorherigen Zeitraum nicht. Die Hanse wurde weiterhin als eine über den Städten ordnende Instanz vorausgesetzt, wenngleich die Kaufleute und späterhin die Städte mehr in den Vordergrund traten. Das tradierte travezentrische Hansebild wurde nicht aufgegeben, sondern vielmehr verstärkt. Dieser Abschnitt ist noch mehr als der thematische Abschnitt in einzelnen Bereichen nur schwach belegt. Tatsächliche Erörterungen über die verwandten Methoden finden sich nur äußerst selten. Es kann sich daher nur um Erklärungsversuche handeln, wie die Autoren methodisch zu einer stärkeren Betonung des Lübischen Rechts und zur Neudeutung der hansischen Binnensätze gelangten. 1. Kritik an Projizierungen und Auftakt zu einer Revision der Grundbegriffe? Es ließe sich vermuten, die Autoren hätten ein Handeln der Akteure aus völkischen Motiven unkritisch in die Geschichte projiziert. Doch die Forschung sah die Gefahr von Projektionen. Rörig wendete sich in einer Rezension dagegen, die Vorstellungen des Nationalstaates des 19. Jahrhunderts auf das Mittelalter zu projizieren.343 Allerdings tauschte er im Verlauf der Rezension nur eine Projizierung 342

Noodt, Rörig, 2007, S. 171 f. Rörig, „Nationale Frage“ und Ostkolonisation, HZ, Bd. 154 (1936), S. 96 (101): „die Fragestellung selbst ist abzulehnen. Denn es ist keine brauchbare Fragestellung: gab es im Mittel 343

III. Methoden und Prämissen

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mit der nächsten aus. Statt der „Nationalitätsfrage“ wollte er die Frage nach dem Volkstum stellen.344 In einer Rezension eines Werkes über die Geschichte des Völkerrechtes in den Hansischen Geschichtsblättern wurde ebenfalls der Vorwurf erhoben, der Autor habe sich „neuzeitlicher, für das MA. nicht passender Begriffe (wie: die Hanse als Souverän, als Großstaat, Völkerrechtssubjekt usw.)“ bedient.345 Mag es sich dabei nur um einzelne Beispiele handeln, so griffe es doch zu kurz, wenn den Autoren eine mangelnde Sensibilität im Umgang mit der Hanse unterstellt werden sollte. Die Zuschreibungen, die Hanse habe ein einheitliches Recht in einigen Bereichen geschaffen oder das Lübische Recht sei wegen seines Charakters hansisches Recht, können nicht ausschließlich mit Projizierungen erklärt werden. Zwar ist es möglich, dass die Autoren für bestimmte Zusammenhänge Projektionen zurückwiesen (Hanse als Staat), in anderen Zusammenhängen (einheitl­iches Recht) aber weiterhin ihre Vorstellungen zu Grunde legten. Dies scheint als einzige Erklärung aber nicht plausibel. Zumal sich kein Widerstand gegen das Vorgehen regte. Soweit ersichtlich, wies kein Autor die Annahme einer hansischen Rechtsvereinheitlichung aus methodischen Erwägungen zurück. Bei Wohlhaupter fehlte lediglich der Nachweis der hansischen Rechtsverein­heitlichung.346 Dennoch kann in der Methodik der Autoren ein Vorgehen nachverfolgt werden, das Rörig als „schöpferische, disziplinierte historische Kombination“347 bezeichnete und das einer Projektion von eigenen Erwägungen sehr nahe stand. In diesem Zusammenhang soll auf die Untersuchungen und Ergebnisse von Oexle für die Bereiche der Geschichtswissenschaft, insbesondere zum Mittelalter, und zur Rechtsgeschichte aufmerksam gemacht werden. Anhand von Otto Brunners „Land und Herrschaft“ untersuchte er die Forderung Brunners nach der „Revision der Grundbegriffe“.348 In Kern geht es um das Problem, inwieweit unsere wissenschaftlichen Begriffe historische Phänomene überhaupt beschreiben können. Oexle wies dabei nach, dass es Brunner (und beispielsweise auch Carl Schmitt) dabei nur um eine Neuausrichtung der Wissenschaft gegangen sei und zwar im Lichte der neuen nationalsozialistischen Ideologie. Es habe sich somit folglich bloß eine „[halbierte], nämlich ideologisch [stillgestellte] Begriffsgeschichte“ alter ‚ein modernes Nationalgefühl‘? (z. B. S. 15; S. 73), wobei es sich bei Redlich um ein Nationalgefühl im Stil des ausgehenden 19. Jahrhunderts handelt“. 344 Rörig, Ostkolonisation, 1936, S. 101. 345 Löning, [Rezension zu] Arthur Wegner, Geschichte des Völkerrechts, HGbll., Bd.  63 (1938), S. 237 (237). Die Vorwürfe stammen von Vogel, der die Rezension nicht beendete; Löning nahm sie auf. 346 Wohlhaupter, Recht, 1943, S. 114. 347 Rörig, Heinrich der Löwe und die Gründung Lübecks, Deutsches Archiv für Geschichte des Mittelalters, Bd. 1 (1937), S. 408 (430 Fn. 3); ders., Gotland, 1940, S. 182. 348 Die Auswirkungen der Diskussion zwischen Kantianern und Nietzscheanern beschäftigten Oexle in einigen Arbeiten, hier sei herausgegriffen: Oexle, Begriffsgeschichte, 2009, S. 382, 384–387.

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gehandelt.349 Oexle ordnete diese Begriffsgeschichte, die im Übrigen, wie er nachwies, nicht auf Brunner zurückging, in einen Paradigmenkampf zwischen Kantianern und Nietzscheanern ein. Die Positionen fasste er dahingehend zusammen: „[S]oll die Historizität und Pluralität und damit die Endlichkeit jeglicher Erkenntnis als eine unübersteigbare Bedingung von Erkenntnis die Reflexion über Kultur und Geschichte bestimmen? Das war die an Kant orientierte Position. [Verweis] Oder soll in der Setzung neuer, und zwar definitiver, absoluter neuer Werte eine neue, nämlich eine anti-moderne Moderne geschaffen und verbindlich gemacht werden? Das war die sich auf Nietzsche beziehende Ausrichtung.“350

Warum nun dieser Ausflug zum Werk von Oexle und seinen Untersuchungen über Autoren, die den hier interessierenden Zusammenhang kaum berührten? Er soll als Einleitung in die folgenden methodologischen Überlegungen dienen und zwar in der Hinsicht, inwieweit eine Revision der Grundbegriffe erfolgte, ohne dass sich ein Spannungsfeld abzeichnete, wie es von Oexle beschrieben wurde. Wie angedeutet, suchten die Autoren Projizierungen zu vermeiden – jedenfalls solche, die den Staatsaufbau des 19. Jahrhunderts verwandten. Dies könnte ebenfalls als eine Revision der Grundbegriffe gedeutet werden, nämlich insoweit als der Hanse keine quasistaatliche Deutung mehr zukam. Entscheidend ist allerdings, und hier soll der Kreis zu Oexle geschlossen werden, dass diese Revision nicht aufgrund einer wissenschaftlichen Reflexion und damit verbundenen Demut im Sinne der Kantianer erfolgte. Vielmehr traten an die Stelle der staatlichen Pro­ jizierungen neue, nun allerdings nicht staatlich ausgerichtet, sondern im Hinblick auf die handelnden Akteure. Es soll die These vertreten werden, dass die Autoren in diesem Zeitraum die „Setzung neuer, und zwar definitiver, absoluter neuer ­ ietzsches Werte“ betrieben. Namentlich Rörig griff die vermeintliche Position N auf, als er auf der Nürnberger Tagung 1941 vom mittelalterlichen Kaisertum sprach.351 Die Kritik an Projizierungen erfolgte gerade nicht aufgrund einer epistemologischen Neuausrichtung. Sie hatte nicht zum Ziel, dass die Erkenntnis um die Hanse von vornherein beschränkt bleiben musste, weil die Begriffe zugleich eine Gestaltung enthalten. Sie war vielmehr auf eine Sinnsuche gerichtet, die der Hanse bestimmte Funktionen zuschreiben konnte: lagen diese Sinne nun im Hinblick auf das Reich, das Volk oder anderer Entitäten. In diesen Zusammenhängen wurde das Recht fortwährend miteinbezogen und musste entsprechend angepasst werden.

349

Oexle, Begriffsgeschichte, 2009, S. 385. Oexle, Begriffsgeschichte, 2009, S. 386. 351 Rörig, Mittelalterliches Kaisertum und die Wende der europäischen Ordnung (1197), in: Fritz Hartung et al. (Hrsg.): Das Reich und Europa, 2. Aufl., 1943, S. 22 (49 f.): „Wir wissen um die doppelte Wertung, die der Hi|storiker vorzunehmen hat: zunächst und vor allem eine Wertung aus den Voraussetzungen der historisch Handelnden heraus, dann aber auch ein Inbeziehungsetzen zu dem, was wir als die höchsten Werte unserer Zeit empfinden. Wir bekennen uns zu dem Worte Nietzsches: ‚Nur aus der höchsten Kraft der Gegenwart dürft ihr das Vergangne deuten.‘“ 350

III. Methoden und Prämissen

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2. „Schöpferische, disziplinierte historische Kombination“ und ihre Parameter Die Hanseforschung im Nationalsozialismus wurde bereits in Teilen wissenschaftsgeschichtlich untersucht, ebenso wie die Tätigkeit von Rörig in dieser Zeit und die Stadtrechtsforschung. Dabei wurde für die mittelalterliche Geschichte im Allgemeinen und für die Hansegeschichte im Besonderen die „Vorstellung […] einer aktiven Ostpolitik“, die Funktion der Geschichte „für die Legitimation deutscher Herrschaftsansprüche in Europa“ und die Hanse als „Instrument ideologischer Kriegsführung“ festgestellt.352 Die Forschung pflegte eine nationale Perspektive – auch für die Hanse; es galt „das Deutsche als Ausdruck der nordischen Rasse“.353 Rörig habe sich seit 1925 zur Volksgeschichte hingewendet.354 a) Volk: Das gestaltende deutsche Bürgertum Gerade die Konjunktur der Volksgeschichte könnte die intensivere Behandlung des Lübischen Rechts und seiner angeblichen Charaktereigenschaften erklären, die wiederum die Annahme eines geschlossenen Rechtskreises nahelegten. Die Volksgeschichte war ein methodisch innovatives Feld der Geschichtswissenschaft, die einen Aufschub nach dem Ersten Weltkrieg erfuhr.355 Die in der Historiographie vorherrschende diplomatische und auf Staaten fixierte Sichtweise wurde durch einen Fokus auf das Volk ersetzt. Für die Stadtrechtsforschung im Besonderen wird angenommen, sie habe das Stadtrecht erst nach dem Ersten Weltkrieg als Teil der Kultur und nicht mehr als „isoliertes Untersuchungsobjekt“ behandelt.356 Noch um die Jahrhundertwende habe man sich einer „juristisch-dogmatischen Beschreibung der Stadtrechtsfamilien“ in der Rechtshistorie zugewandt.357 Mag die Volksgeschichte Ausdruck einer politischen Wissenschaft sein, die sich nicht mit den Grenzen von Versailles zufrieden geben wollte, so bleibt doch für die hansische Forschung festzustellen, dass sie sich auch vorher solcher Töne nicht verweigerte. Witte sah bereits 1914 im Hanseraum „das rasche Gedeihen einer höheren Kultur“ und begründete Lübecks Stellung auch, wenngleich nicht ausschließlich, mit dem Lübischen Recht.358 D. Schäfer, der die Hanse nach heutigem Urteil aus einer politischen und nationalstaatlichen Perspektive wertete, wies in seiner Hansemonographie 1903 jedenfalls die staatsrechtliche Analyse der Hanse zu-

352

Puhle, Rezeptionsgeschichte, 2011, S. 176–178. Hill, Gebrauch, 2001, S. 79 f. 354 Noodt, Rörig, 2007, S. 159 f., 171. 355 Oberkrome, Volksgeschichte, 1993, S. 22 ff.; Oexle, Problemgeschichten, 2006, S. 49 f. 356 Dusil, Rechtsraum, 2005, S. 92. 357 Dusil, Rechtsraum, 2005, S. 85–87. 358 Witte, Besiedlung, 1914, S. 42, das Lübische Recht bei S. 37. 353

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rück und sah die Städtegründung und damit auch das Stadtrecht als Kulturträger.359 Und wenn Höhlbaum, immerhin bereits 1876, die Ostsiedlung „zu einem grossen Theil unter dem Einfluss des lübischen Rechts“ stehend sah,360 so mag damit den Worten nach keine Volksgeschichte verbunden sein. In der Sache waren das Stadtrecht, Lübeck und schließlich die Hanse länger als erst seit 1919 in die Vorstellung einer höheren deutschen Kultur eingebunden. Wenngleich die Perspektive nicht vom Volk, sondern von Staaten oder Städten ausging. Damit war zuweilen eine nationalistische Übersteigerung verbunden, die nicht mit der Volksgeschichte übereinstimmte. Die Stadtrechtsexpansion mag von Juristen zunächst allein auf die Güte des Rechts zurückgeführt worden sein.361 Das Zitat bei D. Schäfer, wenngleich ein Historiker, zeigt, dass jedenfalls im historischen Bereich zu Anfang des 20. Jahrhunderts das Recht nicht nur juristisch-dogmatisch gedeutet wurde. Die Neuerung, die mit Rörig in die Hanseforschung einzog, liegt daher nicht ausschließlich in der Betonung Lübecks. Vielmehr war der volksgeschichtliche Ansatz innovativ, der verstärkt auf Motivationen und bestimmte Eigenschaften abstellte.362 Die volksgeschichtliche Interpretation führte bei Rörig zur Akzentuierung der Kaufleute als Ursprung und Träger der Hanse. Zwei Aspekte sind dabei relevant. Einerseits die methodische Seite, bei der Rörig und ihm nachfolgend andere Forscher den Kaufleuten eine bestimmte Motivation beilegten. Andererseits die Konsequenzen für die rechtliche Analyse der Hanse. Rörig unterstellte die Entstehung der Hanse aus einer Idee und ging von einem Programm der handelnden Kaufleute aus.363 Es sei gerade „der Kaufmann“ gewesen, der als „Verbreiter deutscher Kulturwerte im ganzen Norden und Osten Europas“ aufgetreten sei.364 Paradigmatisch ist Rörigs Aufsatz „Die Gestaltung des Ostseeraums durch das deutsche Bürgertum“, welcher auf einem Vortrag basiert und unverhohlen die Zurückgewinnung des Ostseeraums durch das Bürgertum im 12./13. Jahrhundert annimmt sowie die ideologische Schlagkraft des motivationalen Ansatzes demonstriert.365 Verortete die Generation um D. Schäfer bereits den 359

D. Schäfer, Hanse, 1903, S. 78 zur staatsrechtlichen Deutung, S. 18 zum Stadtrecht. HUB I, 1876, S. XIII. 361 Dusil, Rechtsraum, 2005, S. 85. 362 Oberkrome, Volksgeschichte, 1993, S. 99 f. Rörigs Engagement für die Jomsburg wird ab S. 177 behandelt, sein bereits zitierter Beitrag im Sammelband zur Deutschen Ostforschung (Rörig, Wandlungen, 1942) wird S. 215 f. erwähnt. 363 Rörig, Hanse, 1935, S. 201 f. 364 Rörig, Hanse, 1935, S. 203. 365 Rörig, Ostseeraum, 1938: S. 765, erster Satz: „Jene große Bewegung des 12. und 13. Jahrhunderts, die den Deutschen wieder zurückführte in die weiten Lande östlich von Elbe und Saale, ist nur zu verstehen in ihrer Bezogenheit auf das g a n z e deutsche Volk“; S. 766: die Städtegründungen, die er in drei Gruppen einteilte, seien aufeinander bezogen und von einem Programm getragen gewesen; vor der Gründung Lübecks „kein wirkliches Städtewesen“; S. 767: die Gründung Lübecks war „von vornherein auf einen bestimmten wirtschaftlichen Zweck [eingestellt]: dem deutschen Kaufmann ein Ausfallstor zur Ostsee zu verschaffen“; S. 771: hansischer Kaufmann nicht „Händler im abfälligen Sinne“, sondern „eine der großen aufbauenden Kräfte seiner Zeit“; S. 772: „Bindung der Wirtschaft an das Blut“; S. 775: „Aus der 360

III. Methoden und Prämissen

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Reichsgedanken in der Hanse, so erlaubte die Hinwendung zu den Kaufleuten bei Rörig weitergehende Motivationen. Rörig neigte, je länger der Nationalsozialismus bestand, zu umso höheren Gewichtungen des „deutschen“ Volkstums, die etwaige Reichsideen nicht ausschalteten, aber dem Volkstum den Vorrang gaben.366 Welche Früchte diese Methodik trug, zeigt der Aufsatz des Juristen Markmann. Die „maritime Bedingtheit“367 des Lübischen Rechts ist die rechtshistorische Fortsetzung der Volksgeschichte. Bei Markmann trifft es zu, dass Rechtsgeschichte als Legitimation für die Tagespolitik herhalten konnte und zudem das Recht als Erscheinung der (vermeintlich überlegenden) „deutschen“ Kultur gedeutet wurde.368 Auch beim studierten Juristen, aber späteren Geschichtsprofessor Reincke trat das Volkstum deutlich hervor.369 Die vorherige juristisch-dogmatische Beurteilung wurde damit ebenfalls von Juristen aufgegeben.370 Kenntnis dieser ständig erneuerten blutmäßigen Gemeinschaft über weite Räume hinweg ist die Einheitlichkeit hansischer Politik der Frühzeit zu verstehen“; S.  776: „Der deutsche Mensch, geführt von Männern schöpferischen Wollens seines Blutes, ist die Grundkraft, welche die gesamten Ostseestädte gestaltet hat“; die wirtschaftliche Leistung habe auch auf politischem Können beruht, insbesondere des Rates; die persönlichen Verbindungen im Rat wiesen darauf hin, „daß diese Räte der Hansestädte nicht etwa Repräsentanten einer FormalDemokratie waren, sondern die tatsächliche Führerschicht“; S. 778: „in ihren [die ‚führenden Männer der Wirtschaft‘] guten Zeiten war das, was wir heute unter dem Worte: ‚Gemeinnutz geht vor Eigennutz‘ verstehen, für sie eine Selbstverständlichkeit“; S. 780: „Der mittelalterliche Bürger der für das Ganze verantwortlichen Oberschicht war weder gewissenloser Spekulant, noch satter Bourgeois“; S. 781, Schlusssatz: „Sie [‚die Darstellung der Erschließung des Ostseeraumes durch das deutsche Bürgertum‘] kann uns vielmehr eine Gewähr dafür sein, was deutsches Bürgertum auch in Zukunft zu leisten vermag, wenn es aus einer inneren Haltung heraus lebt, die seiner mittelalterlichen Ahnen würdig ist“. 366 Aus der oben (E.III.1.) zitierten Rezension, Rörig, Ostkolonisation, 1936, S. 102: „Von dieser Blickrichtung aus lautet die fruchtbare Fragestellung: Haben die Deutschen bei der Ostkolonisation auch aus den inneren Notwendigkeiten ihres Volkstums und für dieses Volkstum gehandelt? Diese Frage ist aber durchaus zu bejahen, im Gegensatz zu den Gedankengängen von Redlich. Weder die Überschattung der Volkstumskräfte im Mittelalter durch die christlich-universale und die mit ihr aufs engste zusammenhängende Reichsidee, noch ihre Gefährdung durch die dynastisch-partikularstaatlichen Strebungen der Fürsten und Herren vermochten ihre gewaltige Lebenskraft, die sich bewußt, mehr aber, und deshalb nicht wirkungsloser, unbewußt geäußert und durchgesetzt hat, vollkommen zu hemmen oder gar zu beseitigen. In dem Vorgang der Entstehung der deutschen Ostseestädte tritt der deutsch-schöpferische Zug in der Ostkolonisation wohl am unmittelbarsten hervor. [Absatz] Auch sollte man die Frage nach dem tatsächlichen Ergebnis der Ostkolonisation, also ihrem Erfolge, nicht ganz aus dem Auge verlieren. Glaubt man wirklich, daß die Erweiterung und innere Festigung des ostdeutschen Raums, Unternehmungen von so bedeutsamen Ausmaß wie die Schöpfung der deutschen Ostseestädte oder die Bildung des deutschen Ordensstaates von Menschen unternommen wurden, die das alles eigentlich gar nicht wollten, die nur christlichuniversal, im übrigen aber ‚anational‘ handelten? An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen!“ 367 Markmann, Stadtrecht, 1938, S. 19. 368 Markmann, Stadtrecht, 1938, S. 3: Recht als Kulturerscheinung, S. 10: höhere Kultur, S. 17: das Stadtrecht habe Lübeck zur Unterbauung seiner Machtstellung gedient. 369 Reincke, Hanse, 1940, S. 20: Volkstumsgedanke in den Städten; „[m]an hielt auf reines Blut“. 370 Wenngleich die Lehrbücher von Fehr, Schwerin und Planitz die Hanse nicht in Verbindungen zum deutschen Volkstum bringen.

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Rörig erkannte die Probleme der Hansegeschichte. Er war sich bewusst, dass die Quellen nicht seine behaupteten Motivationen belegen konnten. Selbst wenn Quellen vorhanden waren, so wandte er sich gegen eine „Privilegiengläubigkeit, die ohne weiteres jede dispositive Bestimmung eines solchen Privilegs mit der schöpferischen Absicht des Fürsten, der das Privileg erteilt hat, gleichsetzt“.371 Die bedeutende methodische Konsequenz formulierte Rörig 1937 am Beispiel der zweiten „Gründung“ Lübecks. Es erschien ihm nicht „als der Höhepunkt wissenschaftlicher Auffassung“, aus dem Mangel der Überlieferung auf die tatsächlichen Verhältnisse zu schließen. „Schöpferische, disziplinierte historische Kombination führt unter diesen Umständen immerhin weiter als die Verwechselung der mageren Quellen mit dem tatsächlichen Leben der Zeit“.372 Dass diese „schöpferische, disziplinierte historische Kombination“ eine Vereinnahmung der Hanse bedeuten konnte, nahm Rörig damit mindestens billigend in Kauf. Für die rechtlichen Zusammenhänge bedeutete dies zweierlei: zunächst erlaubte sie die völkische Deutung der hansischen Verfassung wie bereits oben erläutert373. Wurde die Genossenschaftstheorie O.  v.  Gierkes im Nationalsozialismus allgemein ausgehöhlt und für eigene Zwecke gebraucht, so gilt dies im selben Maße für die hansische Forschung. Für die Rechtshistorie der Hanse bedeuteten die Postulate Rörigs aber zudem, sich zu fragen, unter welchen rechtlichen Rahmenbedingungen die nun identifizierten Akteure arbeiteten. Daher konnte das Kaufmannsrecht in das Blickfeld treten. Dieses blieb zwar weitgehend unbestimmt, vollzog aber rechtshistorisch die Abkehr von der rein nationalstaatlichen Deutung der Hanse nach. Hier dürften Rörigs Übernahme der Volksgeschichte und die damit verbundenen methodischen Änderungen mitursächlich gewesen sein. b) Raum: Land und Meer – Rörigs Kontakt zu C. Schmitt Räume suggerieren Einheitlichkeit. Mit Raum ist dabei eine Fläche gemeint, deren Grenzen entweder durch den Menschen geschaffen oder durch natürliche Determinanten festgelegt sind. Der Raumparameter hatte zu dieser Zeit Konjunktur.374 Die Bedeutung der Hanse wurde vor allem in der Ostsiedlung gesehen, die 371

Rörig, Löwe, 1937, S. 412 f. Rörig, Löwe, 1937, S. 430 Fn. 3. 373 Siehe oben E.II.2. 374 Siehe die Bezugnahme auf den Ostseeraum in der Rezension von Rörig, bei E.III.2.a) Fn. 366. Zur Geopolitik in der Rechtswissenschaft, der sogenannten Geojurisprudenz, siehe die Nachweise bei Lück, Strukturen, 2009, S. 183 f. Siehe auch die bei Lück verzeichnete Dissertation von Reichard, Die deutschen Stadtrechte des Mittelalters in ihrer geographischen, politischen und wirtschaftlichen Begründung, 1930. Die politische Dimension dieser rechtsgeschichtlichen Untersuchungen zeigt sich S. 4: „Erst wenn wir das Gewordene in seinem geschichtlichen Werdegange geographisch erforscht haben, werden wir fähig sein, das Gegenwärtige und Zukünftige nach dieser Richtung hin zu verstehen und die Zwangsläufig­keiten vorauszusehen, die dadurch notwendigerweise gegeben sind“. Die beschworenen überzeit 372

III. Methoden und Prämissen

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(travezentrisch gedeutet) den Ostseeraum erschlossen habe. Diese Raumdeutungen verlangten aber nach sinnvoll geschlossenen Gebieten. In diesem Zusammenhang erlaubte die motivationale Deutung der Hansekaufleute, wie sie vor allem zuerst bei Rörig zu finden ist, die Betonung der Räume des Lübischen Rechts. Die Stadtgründungen nach Lübischem Recht erweisen sich damit als Ausfluss eines weitschauenden, kaufmännischen Programms. Es wird hier die These vertreten, dass diese Raumdeutungen, die beispielsweise in der Rechtsgeschichte durch die Rechtsgeographie unterstützt wurden, die Annahmen von geschlossenen Rechtsmaterien begünstigten. Die Thesen von den prägenden Merkmalen des Lübischen Rechts, des Hamburger Rechts, des Magdeburger Rechts und mit Abstrichen des hansischen Rechts, unterfüttern die Annahme von Räumen. Mögen Ansätze wie die Volksgeschichte methodisch innovativ sein und damit neue Fragestellungen erlauben, so können sie aber auch Prämissen erzeugen (einheitliche Rechtsmaterien), die häufig unbewiesen blieben.375 Der Raum als geschichtlicher Parameter war dabei keine Exklusivität der hansischen Forschung. Die Rechtswissenschaft sah beispielsweise in der Person von Carl Schmitt eine Hinwendung zu völkerrechtlichen Großräumen.376 Dabei wandte sich der 1936 in Ungnade gefallene „Kronjurist des Dritten Reiches“ C. Schmitt377 lichen Notwendigkeiten und die deterministische Grundeinstellung prägen dann die geschichtliche Darstellung der verschiedenen Stadtrechte. Daher konnte der Autor von einem „Rechtsgeist“ (S.  5), einer „zwangsläufig[en Entwicklung]“ (S.  7) und einer „einheitlichen deutschen Rechtsüberzeugung“ (S. 56) schreiben. Stadtrechtsübertragungen, deren Darstellung sich kaum mit dem Inhalt dieser Übertragung auseinandersetzt, werden zuweilen zurückgewiesen, weil sie aufgrund der „völlig anders gelagerten Verhältnisse“ (S.  55) nicht denkbar seien, Dänemarks „maritim[e Interessen]“ hätten die Übernahme des Lübischen Rechts gefordert (S. 58). Letztlich kulminiert diese Forschung in dem Satz, S. 63 f.: „Das Lübische Recht ist aber ein auf die Bedürfnisse der deutschen Ostseestaten (sic!) zugeschnittenes Recht, das nie und nimmer in eine Stadt | des Binnenlandes gepaßt hätte“. Die eigene Vor­ annahme von überzeitlichen, weil geographisch bedingten Konstanten wird nicht bewiesen, sondern vielmehr zur Grundlage der Erklärung. 375 Siehe zur normativen Disparität einzelner Rechtsfamilien exemplarisch die Ergebnisse zur Soester Stadtrechtsfamilie von Dusil, Stadtrechtsfamilie, 2007, S. 245–247. Auch S. 316: „Das Merkmal der identischen Privilegien und des Statutentransfers eignet sich daher nicht zur Charakterisierung der Soester Stadtrechtsfamilie“. Für Städte Lübischen Rechts wird hingegen ein Selbstverständnis der Bürger, nach diesem Recht zu leben, angenommen, S. 324. 376 C. Schmitt, Völkerrechtliche Großraumordnung mit Interventionsverbot für raumfremde Mächte, 4. Aufl., 1941 (1 Aufl. basiert auf einem Kieler Vortrag aus dem Frühjahr 1939). Siehe dazu Schmoeckel, Die Großraumtheorie, 1993, S. 13 f., 20–151. Demnächst wird zum Kontakt Rörig/C. Schmitt ein Aufsatz von mir und Philipp Höhn erscheinen, in dem die hier genannten Aspekte ausgebaut werden. 377 C. Schmitt (1888–1985) biederte sich dem Regime nicht nur durch die Rechtfertigung der Mordaktionen im sogenannten „Röhm-Putsch“ 1934 an („Der Führer schützt das Recht“), sondern veranstalte auch die widerliche antisemitische Tagung „Das Judentum in der Rechtswissenschaft“ 1936, die allerdings seinen Ämterverlust 1936 nach Angriffen im SS-Propagandaorgan „Das Schwarze Korps“ nicht verhindern konnte. Aus der mittlerweile unübersehbaren Sekundärliteratur zu C. Schmitt seien exemplarisch genannt: Mehring, Carl Schmitt, 2009, dort zur Zeit im Nationalsozialismus S.  304–436 (zur Publizistik über den „Röhm-

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E. Hansisches Recht im Nationalsozialismus: Der Kaufmann  

gegen ein universalistisches Völkerrecht, das seiner Ansicht nach imperialistische Expansionen rechtfertigen konnte,378 und wollte stattdessen völkerrechtliche Großräume zur Grundlage des Völkerrechts machen. Diese Großräume sollten von Reichen getragen sein, die er von den Staaten abgrenzte, und die er als „die führenden und tragenden Mächte, deren politische Idee in einen bestimmten Großraum ausstrahlt“, ansah.379 Dabei muss aber die implizit vorhandene aggressive Tendenz dieser Theorie betont werden. Indem die Großräume über das Staatsgebiet hinausreichen konnten, waren Aggressionen der Reiche legitimiert. Die bloß kurso­ rische Darstellung der Gedankengänge C. Schmitts soll überleiten zu einer möglichen Verbindung zu den Vorträgen Rörigs. Dabei ist einleitend klarzustellen, dass C. Schmitt, soweit ersichtlich, nur einmal von Rörig ausdrücklich erwähnt wurde,380 was nicht weiter verwundert, da C. Schmitts auf das aktuelle Staats- und Verfassungsrecht ausgelegte Arbeiten zwar gelegentlich geschichtliche Bezüge aufweisen, indes, soweit ersichtlich, nur das Werk Land und Meer die Hanse erwähnt381 und die Werke meistens bloß bis in das 16. Jahrhundert zurückreichen. Rörig war aber mit C. Schmitt bekannt. Beide lehrten an der Friedrich-WilhelmUniversität in Berlin. Sie nahmen an der politisch bedeutsamen Tagung der Aktion Ritterbusch in Nürnberg im Februar 1941 teil und publizierten ihre Vorträge im Sammelband „Das Reich und Europa“.382 Dies könnten bloß formelle Aspekte sein, die keinen weiteren Aussagewert hätten. Beide waren aber zudem Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Gesellschaft für europäische Wirtschaftsplanung und Großraumwirtschaft e. V.383 Zudem lassen sich im Nachlass C. Schmitts

Putsch“ S. 350–355, zur genannten Tagung S. 372–378, zu den Angriffen und seinem Sturz S. 378–380); diese Zeit behandelte ebenfalls Rüthers, Carl Schmitt im Dritten Reich, 2. Aufl., 1990; Auseinandersetzungen mit dem Werk beispielsweise bei Schmoeckel, Großraum­theorie, 1993; Blindow, Reichsordnung, 1999; Hofmann, Legitimität gegen Legalität, 5. Aufl., 2010. 378 C. Schmitt, Großraumordnung, 1941, S. 23–30. 379 C. Schmitt, Großraumordnung, 1941, S. 36. 380 Rörig, Hanse, Ostseeraum und Skandinavien, in: Egmont Zechlin (Hrsg.): Völker und Meere, 1944, S. 134 (138). 381 C. Schmitt, Land und Meer, 1981, S. 62: es habe im Mittelalter eine „jahrhundertelange Raumverdunkelung und Verlandung Europas“ gegeben (zuvor S. 61), dann folgt auf der nächsten Seite: „Im Norden eröffnete die Ausbreitung der Deutschen Hanse und der Deutsche Ritterorden einen neuen Horizont; hier entstand ein Verkehrs- und Handelssystem, das die ‚Weltwirtschaft des Mittelalters‘ genannt worden ist“. Das Werk wurde zuerst 1942 und in zweiter Auflage 1954 veröffentlicht. In der ersten Auflage finden sich die obigen Ausführungen wortgleich auf S. 42 f. Der in Anführungszeichen verwandte Ausdruck dürfte auf Rörig, Mittel­ alterliche Weltwirtschaft, 1933 abzielen; Rörig verwandte den Ausdruck in der von C. Schmitt verwandten Form auf S. 36. 382 Hartung et al., Das Reich und Europa, 2. Aufl., 1943, Rörigs Aufsatz: „Mittelalterliches Kaisertum und die Wende der europäischen Ordnung (1197)“, C. Schmitts Aufsatz: „Staatliche Souveränität und freies Meer“. 383 Zur GeWG und zu Rörigs Verbindungen dahin siehe oben E. I.2.a), Text bei Fn.  128. C. Schmitts Mitgliedschaft im wissenschaftlichen Beirat ergibt sich aus Heister/Kühl, Nationale Wirtschaftsordnung und Großraumwirtschaft, 1942, S. 9 f., wiederabgedruckt in Opitz, Europastrategien des deutschen Kapitals 1900–1945, 1977, S. 931–933.

III. Methoden und Prämissen

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Briefe von Rörig nachweisen.384 Im Nachlass Rörigs fand diese Korrespondenz ebenfalls ihren Niederschlag. Aus dem Nachlass geht hervor, dass sich beide wohl erst auf der Tagung in Nürnberg kennen und zeitweilig385 schätzen lernten.386 Die Korrespondenz ist insoweit aufschlussreich, da C. Schmitt seine völkerrechtliche Großraumordnung an Rörig übersandte,387 die Rörig nach eigenen Angaben bereits vor der Zusendung für seinen Vortrag in Nürnberg benutzt habe,388 Rörig (wohl) seine kleine Aufsatzsammlung „Vom Werden und Wesen der Hanse“ und seine Reichssymbolik an C. Schmitt schickte389 und endlich C. Schmitt – womöglich als Reaktion auf seinen Kontakt mit Rörig – (wohl) auf „Land und Meer“ ver-

384 Laak/Villinger, Nachlass Carl Schmitt, 1993, S. 134: 5 Briefe aus den Jahren 1­ 941–1943. Dabei ist aber zu beachten, dass Laak eine Unvollständigkeit der Korrespondenz bis 1945 ausmacht, S.  8. Im Nachlass C.  Schmitts finden sich zwei handgeschriebene Briefe Rörigs, die nicht im Nachlass Rörigs aufgefunden werden können. Der letzte Brief stammt vom 14.09.1943. Die drei anderen Briefe sind als Durchschlag im Nachlass Rörigs vorhanden. 385 Die Korrespondenz beginnt im Nachlass Rörigs mit einem Brief C.  Schmitts vom 19.02.1941 und endet mit einer Postkarte C. Schmitts vom 09.09.1943. Im Nachlass C. Schmitts finden sich wie erwähnt zwei weitere, spätere Briefe Rörigs, der letzte vom 14.09.1943. Warum der Kontakt abbrach, kann anhand des Materials nicht nachvollzogen werden; auch die weiteren Briefe aus dem Nachlass C. Schmitts sind insoweit unergiebig. 386 Brief Rörigs vom 23.02.1941, AHL, NL Rörig, Nr.  58, Konvolut Schmitt: „Als Sie in Nürnberg von der Insel sprachen, die ‚ein Schiff wird‘, und von einer ‚Entscheidung ohne den Staat und gegen den Staat‘ (Gotland ist ja schwedisch!‘ [sic! Wohl schließende Klammer vergessen]; und endlich von der ‚Ausdehnung der society, nicht des Staates‘, da habe ich geradezu aufgeregt hingehört“. Rörig habe sich C. Schmitt als „‚Historiker des Meeres‘“ vorgestellt. Rörig griff dann Fragen aus einem Brief von C. Schmitt auf, wollte sich mit ihm treffen und bemerkte: „Ich könnte manches von Ihnen lernen“. 387 Brief Rörigs vom 06.03.1941, AHL, NL Rörig, Nr. 58, Konvolut Schmitt. 388 Brief Rörigs vom 06.03.1941, AHL, NL Rörig, Nr. 58, Konvolut Schmitt. Rörig bezog die Verwendung von C. Schmitts völkerrechtlicher Großraumordnung zwar explizit nur auf den Konflikt zwischen Heinrich VI. und Richard Löwenherz, sie klang aber auch an anderen Stellen an, beispielsweise Rörig, Kaisertum, 1943, S. 33 f.: „So wird deutlich, was es mit dem staufischen Reichsbegriff Friedrichs I. als politischer Realität auf sich hat: er bedeutet eine von päpstlichem Einfluß unabhängige politische Herrschaft in Mitteleuropa, der|art, daß eine Fülle sich gegenseitig stützender politischer Beziehungen, Bindungen und Einrichtungen sich über das ganze aus Deutschland, Reichsitalien und Burgund bestehende Reichsgebiet erstreckt, ein Reichsgebiet, in dem Deutschland nach wie vor das Schwergewicht bildet. In diesem Reichsgebiet wird mit den verschiedensten Mitteln auf Verdichtung der königlichen Gewalt hingearbeitet“. 389 Für „Vom Werden und Wesen der Hanse“: Brief Rörigs vom 06.03.1941, AHL, NL Rörig, Nr. 58, Konvolut Schmitt. Die Übersendung des Buches „Vom Werden und Wesen“ der Hanse kann nicht interpretationsfrei belegt werden. Rörig übersandte C. Schmitt ein Buch ohne Nennung des Titels als Reaktion auf die Zusendung der völkerrechtlichen Großraumordnung. Rörig schrieb dazu: „Fast zwangsläufig folgt auf Ihre Buchsendung eine von mir. Nicht wegen eines äußerlichen do ut des, sondern aus dem Zusammenhang des ersten der 4 Aufsätze mit dem Thema Großraumwirtschaft.“ Rörig, Vom Werden und Wesen der Hanse, 1940 enthält vier Aufsätze, der erste Aufsatz lautet: „Die Gestaltung des Ostseeraumes durch das deutsche Bürgertum“. Zu diesem Aufsatz oben E.III.2.a), Fn. 365. Für die Reichssymbolik: Brief C. Schmitts vom 19.02.1941, AHL, NL Rörig, Nr. 58, Konvolut Schmitt.

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E. Hansisches Recht im Nationalsozialismus: Der Kaufmann  

wies390. Schließlich besaß C. Schmitt einige Arbeiten von Rörig, darunter den Vortrag „Volk, Raum und politische Ordnung der deutschen Hanse“ von 1944.391 Es wird hier die These vertreten, dass diese Befunde auf ein Interesse C. Schmitts an der Person Rörigs hindeuten und C. Schmitt die Hanse für seine „weltgeschichtliche Betrachtung“ gebrauchen konnte. C.  Schmitts Bibliothek enthielt, soweit das rekonstruierbar ist, keine Hansemonographien und keine Werke von anderen Hanseforschern. Der erwähnte Vortrag von Rörig enthält keine Fußnoten, sodass eine inhaltliche Verbindung zu Postulaten C. Schmitts notwendig hypothetisch bleiben muss. Zudem hatte Rörig bereits vor C. Schmitts Vortrag über die völkerrechtliche Großraumordnung den Raum als wissenschaftlichen Parameter erkannt.392 Weiterhin lag Rörig jede staats- oder völkerrechtliche Deutung der Hanse fern. Gleichwohl ähneln sich die Gedanken, wenn beispielsweise bei Rörig das „[wirtschaftliche] Planen“ der Deutschen im Mittelalter „dem Ostseeraum als Ganzen galt“393 und bei C. Schmitt der Großraum auch das Element „menschlicher Planung“ enthält394. Diese Planung war bei Rörig nicht ausschließlich wirtschaftlich gedacht; er behauptete eine „raumgestaltend[e]“ Wirkung, die „nur als das Ergebnis politischen Handelns denkbar [ist]“.395 C. Schmitt postulierte vorher die notwendige Verbindung von Raum und politischer Idee für den Großraum.396 Ferner benutzte Rörig den Ausdruck „Großraum“, zwar in wirtschaftlicher Hinsicht als „Großraumwirtschaft“ aber wiederum unter Bezug auf die politische Leitung.397 Schließlich griff Rörig den Dualismus von Volk und Staat auf, indem er „Volk allein, ohne eine pfleghafte Behandlung seiner politisch-staatlichen Ordnung“ als „schutzlos“ ansah, indes dem „Staat allein, mit einer Wachstumstendenz, die wiederum nur im staatlichen, in der Staatsraison, begründet ist“ die „Legitimität“ absprach.398 C. Schmitt wiederum, der das Begriffspaar Legalität und

390 Brief C. Schmitts vom 28.11.1942, AHL, NL Rörig, Nr. 58, Konvolut Schmitt. C. Schmitt bedankte sich für die Zusendung von Rörig, Wandlungen, 1942 und verwies auf eine „kleine Schrift“, in der Rörig doch „wenigstens“ S. 58/59 wegen ihres Bezuges zur Hanse lesen sollte. C. Schmitts Land und Meer erschien zuerst 1942. In der Originalausgabe wird die Hanse (unter anderem) auf S. 59 angesprochen; ihr Ende wird in einen Zusammenhang mit der „lutherische[n] Zeit“ gestellt; das Luthertum „ging eher mit einer Tendenz zum Territorialismus und zu einer allgemeinen Verlandung zusammen“. Wortgleich in C. Schmitt, Meer, 1981, S. 84. 391 Rörig, Volk, Raum und politische Ordnung in der deutschen Hanse, 1944, die Publi­ kation über C. Schmitts Nachlass weist dieses Werk zwar nicht aus, war aber auf dem Stand von 1993. Eine aktuelle Fassung der rekonstruierten Bibliothek C. Schmitts ist verfügbar unter: http://www.carl-schmitt.de/download/biblio-cs.pdf, Stand: 14.05.2014, zuletzt abgerufen am 7. Mai 2015. 392 Rörig, Raum und Volk, Völkische Kultur (1935), hier zitiert nach einem unpaginierten Sonderdruck aus der Völkischen Kultur, März 1935. 393 Rörig, Volk, 1944, S. 10. 394 C. Schmitt, Großraumordnung, 1941, S. 7. 395 Rörig, Volk, 1944, S. 13. 396 C. Schmitt, Großraumordnung, 1941, S. 19. 397 Rörig, Volk, 1944, S. 15. 398 Rörig, Volk, 1944, S. 24.

III. Methoden und Prämissen

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Legitimität prägte,399 beschäftigte sich in seinem Vortrag mit einem Völkerrecht, das vom Begriff des Volkes ausgehe, und wollte die „[echte] Ordnungsleistung“, die dem Staatsbegriff innewohne, beibehalten. „Ein zum Staat auch in diesem nur organisatorischen Sinne unfähiges Volk kann gar nicht Völkerrechtssubjekt sein“.400 Nach dem Krieg hielt Rörig einen Vortrag, der C. Schmitts Betonung des Meeres für die Geschichte bemerkenswert aufgriff.401 Abschließend sei nochmals betont, dass C. Schmitt mit seinem Vortrag völkerrechtlich die aggressiven Expansionen des nationalsozialistischen Deutschlands vorbereitete und insofern einen unterschiedlichen Ausgangspunkt und ein anderes Ziel verfolgte als Rörigs Vortrag – ganz abgesehen von der unterschiedlichen Fachrichtung. Allerdings zeigten sich persönliche Verbindungen der beiden und in der Sache Korrelationen. Es soll auch deutlich gemacht werden, dass hansische Arbeiten, die völkerrechtliche Bezüge aufbauten, keine Verbindungen, weder in Form von Nachweisen noch in der Sache, zu C. Schmitt aufwiesen.402 Räume, in diesem Fall Großräume, waren in dieser Zeit als Forschungs­ gegenstand populär und erlaubten die Ausschaltung oder Umgehung der zu dieser Zeit desavouierten staatlichen Deutungen. Stattdessen gerieten die raumschaffenden Kräfte in den Blick. Raumvorstellungen evozieren indes Behauptungen von Einheitlichkeit. Hier konnten die Kaufleute und ihre vermeintlich einheitlichen Grundlagen (Volkstum) oder Schöpfungen (Hanse als Großraum; kaufmännisches Recht) miteinbezogen werden. Weder äußerten sich C.  Schmitt noch Rörig zu einem weiträumigen kaufmännischen Gewohnheitsrecht, doch die theoretischen Grundlegungen über Großräume dürften der Annahme eines solchen Rechts im Hanseraum den Boden bereitet haben.

399

C. Schmitt, Legalität und Legitimität, 1932. C. Schmitt, Großraumordnung, 1941, S. 45. 401 Der Vortrag wurde als Aufsatz publiziert und enthält keinerlei Fußnoten, da Rörig sein Werk bloß als Skizze verstand, die später ausgearbeitet werden sollte. Rörig, Das Meer und das europäische Mittelalter, Zeitschrift des Vereins für Hamburgische Geschichte, Bd.  41 (1951), S. 1 (10): „Auch diese Städte [am Südufer der Ostsee] wurden, genau so wie die der ersten Gruppe, vom Meere aus ins Land gegründet oder ausgebaut, nicht in der Richtung vom Lande zum Meere hin: Hier drückt sich am eindrucksvollsten der Einfluß des Meeres auf die Entwicklung der Randländer der Ostsee aus“. Bereits sehr ähnlich, ders., Skandinavien, 1944, S. 138. C. Schmitts Betonung des Meeres bereits im zitierten Werk „Land und Meer“, E.III.2.b) Fn. 381. 402 Gemeint sind: Brandt, Die Hansestädte und die Freiheit der Meere, in: Ahasver von Brandt/Wilhelm Koppe (Hrsg.): Städtewesen und Bürgertum als geschichtliche Kräfte, 1953, S.  179–193; Reibstein, Das Völkerrecht der deutschen Hanse, Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Bd. 17 (1956/57), S. 38–92. Wenngleich bei Brandt eine anti-englische und anti-französische Haltung auszumachen ist, die sich vor allem gegen die bloße Machtpolitik der Engländer und gegen das behauptete französische divide et impera gegenüber dem Reich richtete, Brandt, Meere, 1953, S. 179–183, 188, 191–193; Einstellungen, die C. Schmitt nicht fremd gewesen wären. Die Hanse und Lübeck erscheinen für die frühere hansische Zeit hingegen als leuchtende Vorbilder, Brandt, Meere, 1953, S. 186 f. 400

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E. Hansisches Recht im Nationalsozialismus: Der Kaufmann  

Aus der von Rörig neu fokussierten Entstehungsgeschichte, die Lübecks Anteil betonte, folgte das weiterhin ungebrochene und verstärkte Interesse an den Stadtrechten. Möglicherweise sekundierte hier von rechtsgeschichtlicher Seite Planitz’ Stadtrechtstheorie. 3. Planitz’ Stadtrechtstheorie im Hintergrund Eine beachtenswerte rechtshistorische Brücke zwischen dem Lübischen Recht und der Hanse könnte Planitz’ Stadtrechtstheorie darstellen. In drei umfangreichen Aufsätzen beschäftigte sich Planitz mit der Entstehung der Stadt.403 Im Einzelnen soll auf diese Aufsätze nicht eingegangen werden. Wichtig ist, dass Planitz darin die These vertrat, das Stadtrecht sei lediglich fortentwickeltes Kaufmannsrecht gewesen.404 Es wurde somit eine rechtliche Beeinflussung der Städte durch die Kaufleute angenommen. Planitz sah sich insoweit in einer Linie mit Sohm.405 Das unausgesprochene Postulat dieser Theorie ist die Geltung eines einheitlichen Kaufmannsrechts, dessen einzelne Rechtssätze aber nicht weiter erörtert wurden. Eine Verbindung zur hansischen Wissenschaft ergibt sich nicht nur aus der Person Planitz’,406 sondern kann weiter damit wahrscheinlich gemacht werden, dass Rörig einen der Aufsätze Planitz’ in den Hansischen Geschichtsblättern besprach.407 Für das Jahr 1944 kann zudem ein Brief Rörigs an Planitz nach­gewiesen werden, indem sich jener mit dem Aufsatz Planitz’ aus dem Jahre 1943 teilweise kritisch beschäftigte.408 Rörig wiederum deutete, wie gezeigt, die Hanse von den Kaufleuten her und ließ die hansische Geschichte dementsprechend mit der Gründung Lübecks durch das von ihm unterstellte Unternehmerkonsortium beginnen. Wird dann bedacht, dass Rörig zunächst bloß ganz allgemein von der Übernahme des Städtewesens im Deutschen Osten sprach und erst später explizit das Stadtrecht erwähnte409, so kann darin eine weitere Verbindung zu Planitz gesehen werden.

403

Planitz, Kaufmannsgilde u. städtische Eidgenossenschaft in niederfränkischen Städten im 11. und 12. Jahrhundert, ZRG GA, Bd. 60 (1940), S. 1–116; ders., Frühgeschichte der deutschen Stadt, ZRG GA, Bd. 63 (1943), S. 1–91; ders., Die deutsche Stadtgemeinde, ZRG GA, Bd. 64 (1944), S. 1–85. 404 Planitz, Frühgeschichte, 1943, S. 3; ders., Stadtgemeinde, 1944, S. 17. 405 Planitz, Frühgeschichte, 1943, S.  3 Fn.  5 zitiert Sohm, Die Entstehung des deutschen Städtewesens, 1890, S. 68. 406 Es sei daran erinnert, dass Planitz, Handelsrecht, 1926 auf einem Vortrag vor dem Hansischen Geschichtsverein aus dem Jahre 1925 basiert. 407 Rörig, [Rezension zu] Hans Planitz, Kaufmannsgilde und städtische Eidgenossenschaft in niederfränkischen Städten im 11. und 12. Jahrhundert, HGbll., Bd. 65/66 (1940), S. ­222–226. 408 Brief Rörigs an Planitz vom 24.08.1944, AHL, NL Rörig, Nr. 53, Konvolut Planitz. Beispielsweise äußerte Rörig Bedenken „[g]egen die Bindung der ‚Kaufmannsgilde‘ grundsätzlich an eine Stadt“; die Kaufleute, die nach Gotland fahren, bewiesen für das 12./13. Jh., „daß diese Bindung keineswegs notwendig ist“. 409 Rörig, Lübeck, 1942/43, S. 28.

III. Methoden und Prämissen

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Zwei Thesen bringen hier eine dritte These hervor: die behauptete stadtrechtliche Genesis aus einem unterstellten Kaufmannsrecht und die behauptete hansische Genesis aus den altdeutschen Gründern Lübecks, die dann die deutschen Städte des Ostseeraums geschaffen hätten, verbinden sich zur These, das Lübische Recht, gerade in Gestalt von kaufmännischem Handels- und Seerecht, sei gemeinhansisches Recht gewesen. War das Lübische Recht vorher ein städtisches Moment insoweit, als dass es die Verbindung der Städte Lübischen Rechts und darauf aufbauend die Hanse schuf, so wurde es hier vorrangig auf die handelnden Personen, die Kaufleute, gegründet. Die Kaufleute brachten das Stadtrecht hervor (Planitz) und (hauptsächlich) die Kaufleute brachten Lübeck hervor (Rörig). Lübeck war für Rörig zumindest für die Anfangszeit der Hanse mit letzterer synonym. Werden diese Thesen verbunden, so ergibt sich die typische Darstellung, wie sie beispielsweise bei Pagel erfolgte, wenngleich dieser nur den ersten der Aufsätze Planitz’ gekannt haben kann: von Rörig wird die travezentrische und auf die Kaufleute gegründete Hansesicht übernommen, in der Lübeck und Hanse (für die Anfangszeit letzterer) austauschbare Ausdrücke sind.410 Die kaufmännische Ausrichtung des Lübischen Rechts und dabei mitschwingend die kaufmännische Genesis (insoweit Planitz) findet sich ebenfalls bei Pagel.411 Dabei ist indes zu bedenken, dass Pagel ein Außenseiter in der Hanseforschung war und kein Werk mit wissenschaftlichem Anspruch schrieb. Es wurde hier aber häufiger in den Blick genommen, da W. Ebel, dieser Vorgriff sei erlaubt, ebenfalls seine Gedanken zum hansischen Recht auf Lübeck und den Kaufleuten aufbaute. Bemerkenswert an dieser Darstellung ist, dass sie, obgleich vorher nicht nachweisbar, doch im Kern nicht innovativ ist. Wie gezeigt, berief sich Planitz auf ein Werk Sohms, das dieser 1890 veröffentlichte. Zudem wurde die Hanse im 19. Jahrhundert, wie gezeigt, nicht als ein vom Kaufmann isoliertes, rein städtisches Phäno­men gedeutet. Die Kaufleute spielten mindestens mit ihren Auslandsvereinigungen eine wichtige Rolle für die hansische Wissenschaft. Es handelte sich also nicht um eine rechtshistorische Revolution, sondern um eine, wenngleich sehr entscheidende, Evolution. Grundlegend wirkte dabei die von Rörig geänderte hansische Genesis. Blieb die Entstehung vorher zwar nicht ausschließlich auf die Städte ausgerichtet, aber doch auf diese fokussiert, rückte Rörig die Kaufleute in den Blickpunkt. Freilich erkannte Rörig eine spätere Städtehanse an,412 aber sein Hauptinteresse galt der Anfangszeit und dabei besonders den Kaufleuten. Erst diese Justierung und seine Betonung von Lübeck eröffneten den Weg zur Betonung 410

Pagel, Hanse, 1943, S. 47, noch stärker als bei Rörig: „Die Gründung Lübecks bedeutet in der Geschichte der Hanse etwa das, was für das Römische Reich die Gründung Roms bedeutet hat“. Die Bedeutung der Kaufleute beispielsweise Pagel, Hanse, 1943, S. 78. 411 Pagel, Hanse, 1943, S. 133, Lübisches Recht sei „ein wichtiges Bindeglied“ für die Städte im 13. Jahrhundert gewesen. Der Fokus auf die Kaufleute dann wenig später: „Um so leichter kam es zur Angleichung der städtischen Rechtsverhältnisse, vor allem auf den Gebieten, die von Wichtigkeit für den Kaufmann waren“. Betonung des Kaufmanns für die rechtliche Entwicklung der Städte und der Hanse auch ders., Hanse, 1943, S. 26, 198, 200 f. 412 Rörig, Volk, 1944, S. 16.

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E. Hansisches Recht im Nationalsozialismus: Der Kaufmann  

des Lübischen Rechts als hansisches Recht. Auch dies stellte keine vollkommene Neuerung dar, es sei beispielsweise an Höhlbaums Betonung des Lübischen Rechts im Hansischen Urkundenbuch erinnert. Doch geriet das Lübische Recht jetzt verstärkt in das Blickfeld der Forschung. Nicht zuletzt, weil es sich für die Ostforschung benutzen ließ (W.  Ebel, Markmann). Die Anknüpfung des Stadtrechts an die Kaufleute dürfte alleine schon deswegen für die damaligen Forscher von Interesse gewesen sein, weil Personen Motive haben, und damit beispielsweise aus völkischem Bewusstsein handeln könnten. So verbinden sich in den Forschungen Planitz’ einerseits die Forschungen zu den Städten und andererseits die Annahme eines kaufmännischen Gewohnheitsrecht. Beide Aspekte prägen die Diskussion über das hansische Recht. 4. Konsequenz: Die Dekonstruktion der hansischen Verfassung Der hier zu besprechende Punkt mag zunächst widersprüchlich erscheinen, ist oben doch vertreten worden, dass die Wissenschaft weiterhin von einer übergeordneten Hanse ausging. Wie sonst hätte das populäre Geschichtswerk von Pagel zu der Bewertung eines „einheitlichen Rechtskörper[s]“ gelangen können?413 Gleichwohl zeichnete sich immer deutlicher ein altes Spannungsfeld ab. Die Diskussion um die hansische Verfassung war seit ihren Anfängen von den Klagen der Autoren über ihre Schwäche gekennzeichnet. Selbst Pagel bildet da keine Ausnahme.414 Zwar konnte gezeigt werden, dass die Rechtsgeschichte noch tradierten Bildern eines „Hansabundes“ nachhing, doch sollten diese Befunde vernachlässigt werden. Die Hanse war für die Rechtsgeschichte uninteressant, was sich bereits an den Literaturangaben in den Lehrbüchern zeigt. Im Übrigen dürfte die zeitliche Beschränkung der deutschen Rechtsgeschichte, die mit dem 14.  Jahrhundert endete,415 unterstützend gewirkt haben. Wurde die Hanse in den vorangegangen Zeiten aus einer nationalstaatlichen und politischen Sichtweise betrachtet, die die Hanse als Ausdruck eines schwachen Reiches und ihre Verfassung somit selbst als schwach deutete, so führte die von Rörig neu etablierte Hansekonzeption zu anderen Bewertungen. Die Einführung der Volksgeschichte mit ihrem Fokus auf die deutschen Kaufleute und die Überbetonung Lübecks stellten, womöglich unbeabsichtigt, einen Angriff auf die hansische Verfassung als solche dar. Wie bemerkt, ging Rörig weiterhin von einer späteren Städtehanse aus,416 deren Verfassung „unserer Anschauungswelt am nächsten“

413

Pagel, Hanse, 1943, S. 198. Pagel, Hanse, 1943, S. 186–194. 415 F. L. Schäfer, Nationalsozialismus, 2015, S. 390. 416 Rörig, Lübeck, 1942/43, S. 42; ders., Volk, 1944, S. 16. 414

III. Methoden und Prämissen

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sei,417 und dennoch leitete seine Konzeption den Niedergang der ursprünglichen Verfassungsdiskussion ein. Seine Hinwendung zur Wirtschafts- und Sozial­ geschichte ließ die Frage nach der hansischen Verfassung als Aspekt der Rechtsgeschichte weniger wichtig erscheinen. Die Kaufleute als solche und unter den Städten vor allem Lübeck traten an die Stelle, die in vorherigen Darstellungen Kaufmannsvereine und Städtebünde einnahmen. Damit ist nicht gesagt, dass die hansische Genesis gänzlich aufgegeben wurde. Kaufmannsvereine und Städtebünde spielten weiterhin eine große Rolle – bloß an die Stelle abstrakter Entitäten traten die einzelnen Akteure, nämlich die Kaufleute und die Städte. Im Rahmen der Hansegeschichte handelte es sich um eine Innovation, da die Hanse nun nicht mehr zwingend unter nationalstaatlichen und politischen Gesichtspunkten verstanden werden musste. Allerdings schien das Konzept einer weiterhin vorausgesetzten übergeordneten Hanse nun derart widersprüchlich, dass es kaum noch behandelt wurde. Der Blick auf die hansische Verfassung oder Organisation blieb weiterhin die Suche nach einer übergeordneten Struktur.418 Diese Suche scheiterte erwartungsgemäß und bot daher die Möglichkeit, die Bedeutung der Kaufleute oder einzelner Städte herauszuheben. Lediglich Keutgen sprach sich deutlich von vornherein gegen jede bundesähnliche Struktur aus und meinte, dass selbst zur Zeit der sogenannten Städtehanse eine solche nie existiert habe.419 Das erkannte Vakuum für die Zeit vor 1350/56 füllten die Kaufleute und vor allem Lübeck aus. Dieses Vakuum konnte nur entstehen, weil die Autoren von vornherein eine übergeordnete Struktur suchten. Rörig fand sie zunächst in der Got­ländischen Genossenschaft420 und schließlich in der Übernahme der Strukturen durch Lübeck421. Rörig ging sogar von einer „größere[n] Geschlossenheit“ vor 1350 aus, da danach die Einzelinteressen der Städte stärker hervorgetreten seien.422 Darin zeigt sich seine Betonung der behaupteten reichsvertretenen kaufmännischen Leistung gegenüber den späteren Strukturen.

417

Rörig, Volk, 1944, S. 16. H. Aubin, Hanse, 1932, S. 343: erst später kann die Existenz des Bundes nachgewiesen werden; Fink, Hanse, 1939, S.  28: Zweckverband ohne rechtliche Fixierung lediglich auf Zusammengehörigkeit und Blut beruhend; Muchow, Hanse, 1939, S.  3, 8: Hanse zwar ein Bund von Städten, aber ohne feste Organisation und damit insbesondere kein Staat, sondern eine „Renaissance nordisch-germanischen Genossenschaftswesens“; Reincke, Hanse, 1940, S.  25: erst ab 1356 „Bundesleben“, trotzdem „alles ungemein locker“, „[e]s fehlt eine Verfassung, es fehlen eigentliche Willensorgane, es fehlt eine selbständige Exekutive, es fehlen automatische Beistandspflichten“; Pagel, Hanse, 1943, S. 192: Vergleich der Hansetage mit einer „Bundesregierung“; Lübeck besaß eine „zentralistische Auffassung der hansischen Organisation“. 419 Keutgen, Hanse, 1935, S. 83. 420 Bereits zitiert Rörig, Reichssymbolik, 1940, S.  26 f.: „Am Anfang der Geschichte der Deutschen in der Ostsee, insbesondere der späteren Hanse, steht aber eine die Ge|samtheit umschließende Einheit: die universitas der deutschen Kaufleute, die Gotland besuchen“. 421 Rörig, Lübeck, 1942/43, S. 37. 422 Rörig, Lübeck, 1942/43, S. 42. 418

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E. Hansisches Recht im Nationalsozialismus: Der Kaufmann  

Die kulturmorphologischen Gesichtspunkte dieses Ansatzes lassen eine Hinwendung zu der „Blüte“ der Hanse erkennen, die nun vor 1350 gesehen wurde. Damit korrespondierte das fehlende Interesse an der späteren Verfassung der Hanse. Muchows Arbeiten mögen ideologische Ausrisse dargestellt haben, aber die Vorstellung einer „Renaissance nordisch-germanischen Genossenschaftswesens“423 schwang bei vielen anderen Autoren mit. Zudem korrespondierte dieser neuen, entstaatlichen Hansedeutung das Desinteresse der Nationalsozialisten an staatlichen Einrichtungen. „Volk, Bewegung und Partei“ galten mehr als der Staat mit seiner immer machtbeschränkenden Funktion. Rechtsgeschichtlich führte dies zunächst zu einem widersprüchlichen Befund: Zwar wurde das Postulat einer übergeordneten Hanse nicht aufgegeben, aber es vertrug sich nicht mit erörterten Vorstellungen. Das Recht wurde – allerdings zunächst vornehmlich von Historikern – aus seiner juristisch-dogmatischen Isolation befreit und in die Kulturgeschichte eingebettet. Da der Fokus von der Hanse als solcher auf die Kaufleute und Lübeck gerichtet wurde, traten die Rechte der Kaufleute (Kaufmannsrecht) und einzelner Städte (Lübisches Recht) an die Stelle des hansischen Rechts. Die Rechtssetzungen des Hansetages wurden zwar nicht ausgeblendet, aber waren doch weniger interessant. Es war zwar nicht ausgeschlossen, vereinzelt hansisches Recht zu behandeln, doch stand diese Frage nicht im Vordergrund oder wurde mit Verweisen auf Kaufmanns- oder Stadtrecht beantwortet. Somit war die Frage nach einer hansischen Verfassung aus rechtsgeschichtlicher Sicht nicht mehr bedeutsam.

IV. Zusammenfassung Die rechtliche Betrachtung der Hanse im Nationalsozialismus stand unter ideo­ logischen Vorzeichen. Dieser Befund ist weder überraschend noch neu. Er diskreditiert auch nicht die methodischen Innovationen als solche. Gleichwohl sollte immer hinterfragt werden, ob die neuen Methoden nicht zugleich bereits gewisse Ergebnisse voraussetzten und die Historie damit zu einer Legitimations­geschichte wurde. Als wichtiger Aspekt erscheint insoweit die Annahme geschlossener Rechtsräume. Zwar war die Beschäftigung mit Stadtrechtsfamilien keine Innovation der Forschung ab 1933. Doch ließ sich die Forschung insoweit vereinnahmen, als damit vermeintlich „deutsche“ Kulturräume angenommen werden konnten. Der enge Bezug zur Hanse ergab sich aus der postulierten Vorrangstellung des Lübischen Rechts in der Hanse. Dies mag eine These sein, die bis heute – trotz Angriffen auf die travezentrische Sicht der Hanse – ihre Gültigkeit behalten hat. Gleichwohl sollten die ideologischen Unterfütterungen dieser Annahme bekannt sein. „Das“ Lübische Recht sei „maritim bedingt“ und „deutsch“ gewesen. Es sei „maritim bedingt“ wegen Lübecks Blick auf die Ostsee gewesen. Diese blumigen 423

Muchow, Hanse, 1939, S. 8.

IV. Zusammenfassung

187

Umschreibungen tragen methodisch viel von Rörigs metaphysischer Hansekonzeption aus einer Idee, einem vorausschauenden Programm in sich. Es sei darüber hinaus „deutsch“ gewesen, weil es sich lange urwüchsig erhalten habe und die vermeintlich „fremden“ Rechte nicht oder kaum in sich aufnahm. Hier spielt die völkische Ausrichtung der Forschung, auch und insbesondere der hansischen Forschung eine Rolle. Angesichts der forschenden Personen und ihren institutionellen Verbindungen kann dieses Ergebnis nicht überraschen. Bis heute ist anerkannt, dass die Hanse zwar ein europäisches Phänomen wegen ihrer Ausbreitung war, gleichwohl handelte es sich wegen ihrer Mitglieder um ein niederdeutsches. Die Forschung im Nationalsozialismus benutzte insbesondere die Motivation der Akteure. Sie hätten sich gerade bewusst auf diese völkische Grundlage gestellt. Diese Beilegung von Motivationen war folgenschwer und ist methodisch einer Projektion eigener Vorstellungen nahestehend. Ob die Hanse nationalstaatlich oder völkisch vereinnahmt wird, ist keine Frage der Methode, sondern der eigenen Grundüberzeugungen. Wurde dieses Bewusstsein mit eigenen Vorstellungen von „Lebensräumen im Osten“ aufgeladen, lag es sehr nahe, dass die damaligen Akteure absichtlich übergreifende Rechtsräume geschaffen hätten. Interessanterweise seien diese Räume aber nicht, jedenfalls nicht vorrangig, von der Hanse als solcher ausgegangen. Vielmehr hätten die Kaufleute oder die Städte diese Räume erschaffen. Die Verknüpfung von Kaufmann und Stadt zeigt sich in Planitz’ Stadtrechtstheorie und übrigens schon in seinem Vortrag aus dem Jahre 1925. Ob und inwieweit seine Ansichten die hansische Forschung tatsächlich beeinflussten, kann zwar wegen der raren Nachweise nicht mit Sicherheit nachvollzogen werden, ist aber möglich. In diesem Abschnitt ist viel Raum auf die Person Rörigs und seine Theorien verwendet worden, obwohl er sich rechtsgeschichtlichen Erörterungen weitgehend entzog. Die Rechtfertigung liegt nach Überzeugung des Verfassers in Rörigs Einfluss auf die hansische Forschung und der motivationalen Überhöhung, die Rörigs Werk durchzieht. Ob die Deutungen seiner Person durch Noodt treffend sind oder ob sie zu scharf und polemisch sind, spielt nach Ansicht des Verfassers nur eine untergeordnete Rolle. Sein Einfluss auf den Hansischen Geschichtsverein, der im Übrigen in die nationalsozialistischen Institutionen eingegliedert wurde, und auf die hansische Forschung dürfte unbestritten sein. Rörigs methodische Wende betonte die Motivation der Akteure und dieser Aspekt wird hier als zentral für die Erkenntnis von „hansischen“ Rechtsräumen angesehen. Seine Verbindung zu C. Schmitt sollte ebenfalls beachtet werden. Für beide waren Räume ein wichtiger Parameter in ihrem Theoriegebäude. Es ist, so soll hier vertreten werden, aber gerade eine Vorstellung von bewusst geschaffenen oder deterministisch gegebenen Räumen, die die Erkenntnis leitet, wenn Quellen versagen und ein hansisches Recht angenommen werden soll. Wenn im folgenden Abschnitt W. Ebel in seiner Abhandlung zum hansischen Recht daher die europäische Dimension desselben betonte, so erfolgten diese

188

E. Hansisches Recht im Nationalsozialismus: Der Kaufmann  

Äußerungen in ihrer Raumdeutung nicht ohne methodischen Vorlauf. W.  Ebel selbst konnte seine tiefgreifenden und bis heute zitierten Forschungen zum Lübischen Recht, das bei ihm ebenfalls einen hansischen Zug hatte, nur wegen der Einbindung in nationalsozialistische Institutionen vollbringen. Dies allein diskreditiert seine Forschungen nicht, es muss aber mitbedacht werden. Daher wurde diesem Aspekt ausreichend Platz gewidmet, obwohl W. Ebel im Nationalsozialismus kaum zur Hanse publizierte. Die Annahme von mittelalterlichen, raumübergreifenden Rechten gerät heute zunehmend ins Wanken.424 Es führt über den hier gesteckten Rahmen hinaus, aber es erscheint eine interessante Frage, zu untersuchen, inwieweit die Annahme von Rechtsräumen mit motivationalen Erwägungen der Akteure begründet wurde, die angeblich aus der „Natur der Sache“ oder, für die hier interessierenden Zusammenhänge, aus ihrem „völkischen Bewusstsein“ das Recht vereinheitlicht hätten. Die Diskussion über die hansische Verfassung wurde zwar wegen ihrer ideo­ logischen Überhöhungen dargestellt und weil sich Rörig gerade zur hansischen Genesis äußerte. Gleichwohl wurde eine Dekonstruktion der hansischen Verfassung konstatiert. Die Dekonstruktion dürfte aus dem veränderten Fokus, der nun bei den Akteuren lag, erfolgt sein. Die hansische Verfassung, wie sie noch im 19.  Jahrhundert gesucht wurde, betraf hauptsächlich ein städtisches und daher cum grano salis ein verlandetes Phänomen. Rörig fokussierte aber gerade die Eigenschaften der frühen fahrenden Kaufleute. Zwar behauptete er bei diesen eine ausgeprägte universitas, doch blieb die Beschreibung einer Verfassung derselben unterentwickelt. Sie war auch unnötig, weil die Motivation dieser Kaufleute übereinstimmend und die Kaufleute selbst eine homogene und reichsverbundene Gruppe gewesen seien. In Rahmen dieser Thesen und ihrer methodischen Ausgangspunkte war ein nordeuropäisches kaufmännisches Gewohnheitsrecht möglich. Es ist diese These, die nach Ansicht des Verfassers die breite Darstellung der hansischen Leitbilder von Rörig und anderen rechtfertigt. Im Rahmen dieser Gemengelage konnte das hansische Recht eine bemerkenswerte Wendung nehmen. Verfassungsgeschichtlich konnte es von der Hanse getrennt werden. Zwar behaupteten vorrangig Rechtshistoriker weiterhin eine Rechtsvereinheitlichung durch die Hanse, doch blieben die Äußerungen vage. Indem die hansische Verfassung sukzessive dekonstruiert wurde, traten andere Rechtsmaterien an die Stelle eines hansischen „Gesetzesrechts“. Insbesondere die Überhöhung Lübecks konnte zu einer herausragenden Stellung des Lübischen Rechts führen und die Fokussierung der Kaufleute erlaubte die Hinwendung zu einem kaufmännischen Gewohnheitsrecht. Letzteres glich einer Blackbox. Es lieferte 424 Für die Soester Stadtrechtsfamilie wurde hier gelegentlich Dusil, Stadtrechtsfamilie, 2007 zitiert. Zur Frage der Existenz einer lex mercatoria siehe Cordes, Auf der Suche nach der Rechtswirklichkeit der mittelalterlichen Lex mercatoria, ZRG GA, Bd. 118 (2001), S. 168– 184; ders., mercatoria, 2014. Beide Phänomene wurden gleichwohl nicht im Nationalsozialismus „entdeckt“. Zum Seerecht der Hanse siehe Frankot, See-Recht, 2013.

IV. Zusammenfassung

189

die nicht falsifizierbare Begründung für eine Rechtsvereinheitlichung bei angeblich gleichgelagerten Lebensumständen. Wenn in diese Blackbox die behauptete herausragende Tätigkeit der Kaufleute bei den Städtegründungen („Unternehmerkonsortium“) und die einheitliche Lebens- und Handelsgrundlage im Hanseraum hineingegeben wurde, ergab sich ein nicht beweisbedürftiges, einheitliches Rechtsleben, weil es für die Akteure existiert habe, selbst wenn es nicht verschriftlicht war. Das notwendige Axiom war dabei immer die Homogenität der Kaufleute.

F. Hansisches Recht in der BRD und der DDR: Von europäischen Bürgern und deutschen Städten Die hier zu behandelnde Zeit beschließt den Gang durch die Wissenschafts­ geschichte des hansischen Rechts. Als zeitlicher Endpunkt wird das Jahr 2001 gesetzt, danach erschienene Literatur wird nur gelegentlich gestreift. Der Einschnitt erfolgt mit einer Monographie von Pitz, die sich der Verfassung der Hanse verschreibt.1 Die dort niedergelegten Theorien und Methoden bedürfen einer eigenen Behandlung, sie lassen sich nicht ohne weiteres in die anderen Analyseaspekte einbauen. Die hansische Wissenschaft der DDR wird hier bloß kursorisch und in sachlich getrennten Unterpunkten behandelt, da sie sich nicht zu allen Aspekten des hansischen Rechts äußerte. Am Beginn des Zeitraums steht W.  Ebels Vortrag über das hansische Recht, welcher als eminent folgenreich angesehen werden muss. In ihm definierte er das erste Mal dezidiert das hansische Recht sachlich und methodisch.

I. Publikationen und Strukturen der Werke sowie ihre Autoren Die Forschung nach 1945 musste sich nach dem Zusammenbruch des nationalsozialistischen Regimes erst wieder aufrichten. Forscher wie W. Ebel hatten sich Entnazifizierungsverfahren zu stellen, der Hansische Geschichtsverein konnte aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Situation nur eingeschränkt tätig werden und hatte sodann mit der deutschen Spaltung umzugehen, die auch die Vereinstätigkeit betraf. Die Rechtsgeschichte hingegen unterlag nicht im selben Maße dieser Spaltung, was aber darauf zurückzuführen ist, dass es kaum eine nennenswerte rechtshistorische Forschung in der DDR gab. Mit der Wiedervereinigung und der damit zusammenhängenden Rückführung der Lübecker Archivbestände konnten neue Projekte in Angriff genommen werden. Schließlich setzte seit den 1990ern eine Reflektion über die hansische Forschung ein. Das weiter zurückgehende Interesse der Rechtsgeschichte an der Hanse lässt sich exemplarisch am Mitgliederbestand des Hansischen Geschichtsvereins aufzeigen. Das öffentlich zugängliche Mitgliederverzeichnis von 1973, welches Personen und Institute erfasst, weist insgesamt 424 Einträge auf, davon 65 Personen,

1

Pitz, Bürgereinung, 2001.

I. Publikationen und Strukturen der Werke sowie ihre Autoren 

191

die als Professoren ausgewiesen sind und unter diesen fünf Juristen.2 Konnte also die gesamte Anzahl und die Anzahl an Professoren im Vergleich zu 18703 gesteigert werden, ging die Zahl der juristischen Professoren jedoch von sechs auf fünf zurück. 1. Rechtswissenschaft Die rechtshistorische Forschung zur Hanse ist für die BRD eng mit der Person W. Ebels verknüpft, dessen Entnazifizierungsverfahren im nachfolgenden Punkt dargestellt werden soll. Seine Arbeiten kreisen zwar schwerpunktmäßig um das Lübische Recht und kulminieren in seiner unvollendet gebliebenen Monographie über dasselbe4, bauen dabei aber gelegentlich Bezüge zur Hanse auf. Die wichtigsten Arbeiten für die hansische Rechtsgeschichte stellen die zwei Veröffentlichungen seines Vortrages über das hansische Recht dar.5 Die zweite Fassung seines Vortrages erschien fast 30 Jahre später und enthält im Hinblick auf das Verhältnis von hansischem Recht zu Stadtrecht eine bedeutende Wendung, indem er nun die notwendige Transformation des hansischen Rechts in Stadtrecht an­erkannte. Diese Wendung lässt sich erst ab 1971 bei W. Ebel nachweisen.6 a) W. Ebels Rückkehr nach Göttingen W. Ebel konnte seine Lehrtätigkeit an der Göttinger Universität nicht ohne Unterbrechung fortführen, da er bis August 1947 interniert war. Die Akten geben Aufschluss über sein Verhalten vor und während des Entnazifizierungsverfahrens. Ein Schuldeingeständnis ergibt sich aus den Akten nicht. Im Anhang zu seinem „Fragebogen für die politische Überprüfung“ vom 27. Juli 1948 nahm er zu seiner Angehörigkeit in der Waffen-SS – und nur zu dieser – Stellung und berief sich darauf, zu Unrecht interniert worden zu sein, da er bloß einfacher Soldat gewesen sei.7 Er verschwieg dabei jegliche Tätigkeit für das RuSHA und meinte, „[s]oweit aber meine gutgläubige Mitwirkung passiver und aktiver Art eine Sühne unter heutigen Gesichtspunkten erfordern sollte, glaube ich mit meiner 2  ½  jährigen 2 Hansischer Geschichtsverein, Verzeichnis der Mitglieder des Hansischen Geschichtsvereins, HGbll., Bd. 91 (1973), S. 153 (155–161), Professoren der Rechtswissenschaft: Hans Thieme, Wilhelm Ebel, Hermann Schultze-von Lasaulx, Bernhard Diestelkamp, Götz Landwehr. 3 Siehe oben D. I.2. bei Fn. 71. 4 W. Ebel, Lübisches Recht, Bd. 1, 1971. 5 W. Ebel, Begriff I, 1949; ders., Hansisches Recht (1978), in: Wilhelm Ebel: Probleme der deutschen Rechtsgeschichte, 1978, S. 35–46. Als Kurzbeleg wird für den ersten Vortrag „Begriff I“, für den zweiten Vortrag „Begriff II“ gewählt. 6 Dazu unten F.II.4.c). 7 NLA, Nds. 171 Hild. Nr. 16813, H-VE/Gö-St Nr. 11490 Bl. 4.

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F. Hansisches Recht in der BRD und der DDR 

grundlosen Internierung – die durchgemacht zu haben für einen Angehörigen der Waffen-SS etwas bedeutet – alles gesühnt zu haben“.8 Tatsächlich war das ursprüngliche Spruchgerichtsverfahren9 gegen W.  Ebel zunächst eingestellt worden, weil es sich zuerst so darstellte, als habe er nur seinen Wehrdienst bei der Waffen-SS geleistet. Als aber seine freiwillige Meldung zur Waffen-SS bekannt wurde, wurde das Verfahren wiederaufgenommen. Das Verfahren vor dem Spruchgericht endete letztlich im November 1948 mit einer Einstellung wegen Geringfügigkeit (§ 153 Abs. 3 StPO).10 Das Entnazifizierungsverfahren vor dem Öffentlichen Kläger in Göttingen wollte W. Ebel danach schnell erledigt wissen. Er erschien am 25. November 1948 bei jenem und wollte eine Einstufung in Kategorie V erreichen.11 Diesen Ausführungen folgte der Öffentliche Kläger nicht und beantragte im Januar 1949 einerseits „festzustellen, dass der Betroffene den Nationalsozia­lismus wesentlich gefördert hat,“ und andererseits „festzustellen, dass der Betroffene seine Beförderungen vorwiegend seiner Verbindung zum Nationalsozialismus verdankt, deshalb keinen Anspruch auf Zubilligung eines Uebergangsgeldes oder Unterhaltsbeitrages hat“.12 W. Ebel wandte sich erbost gegen die Anklageschrift und trug dem niedersächsischen Minister für die Entnazifizierung seine Beschwerde vor.13 Er monierte den „gehässig[en Ton]“ und überlegte, ob hier wegen Fehldarstellung der Akten-

8

NLA, Nds. 171 Hild. Nr. 16813, H-VE/Gö-St Nr. 11490 Bl. 5. Es ist zwischen dem Spruchgerichtsverfahren und einem anschließenden Entnazifizierungsverfahren zu trennen. Vor dem Spruchgericht konnten Angehörige verbrecherischer Organisationen wie der Waffen-SS zu persönlichen Strafen verurteilt werden. Das Entnazifizierungsverfahren betraf dann eine mögliche Sanktionierung im Hinblick auf die weitere Tätigkeit des Betroffenen. Die Spruchgerichte, im ersten Rechtszug Spruchkammern genannt, wurden durch die Verordnung Nr. 69 der Britischen Militärregierung über den „Prozeß gegen Angehörige verbrecherischer Organisationen“ errichtet, abgedruckt im Amtsblatt der Militärregierung Deutschland, Britisches Kontrollgebiet, 1947, Nr. 16, S. 405–407. Das Verfahren bestimmte sich nach der Verfahrensordnung für die deutschen Spruchgerichte zur Aburteilung von Mitgliedern verbrecherischer Organisationen vom 17.02.1947, Verordnungsblatt für die Britische Zone, 1947, Nr. 5, S. 57–62. Die Anwendung der StPO, soweit die Verordnung nichts anderes bestimmt, ergibt sich aus § 48 der Verfahrensordnung. 10 NLA, Nds. 171 Hild. Nr. 16813, H-VE/Gö-St Nr. 11490 Bl. 75. Die Norm des § 153 StPO wich zum damaligen Zeitpunkt von der heutigen Fassung ab. Der Absatz 3 bestimmte: „Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft das Verfahren einstellen; der Beschluß kann nicht angefochten werden.“ Die Norm knüpfte an den damaligen Absatz 2 an, sodass es sich um ein Vergehen handeln musste, bei dem die „Schuld des Täters gering [ist] und […] die Folgen der Tat unbedeutend [sind]“. Die Texte sind abgedruckt bei Strafprozessordnung und Strafgerichtsverfassungsgesetz, 1949, S. 47 f. 11 NLA, Nds. 171 Hild. Nr. 16813, H-VE/Gö-St Nr. 11490 Bl. 76. 12 NLA, Nds. 171 Hild. Nr. 16813, H-VE/Gö-St Nr. 11490 Bl. 79. 13 NLA, Nds. 171 Hild. Nr. 16813, H-VE/Gö-St Nr. 11490 Bl. 111–114. 9

I. Publikationen und Strukturen der Werke sowie ihre Autoren 

193

lage der Straftatbestand der Verfolgung Unschuldiger (§ 344  StGB) erfüllt sei.14 Am Ende seiner Beschwerde fragte W. Ebel an, ob es „gerechtfertigt“ sei, wenn er wegen der durch die Anklageschrift hervorgerufenen Fehldarstellung seiner Person die Mitwirkung an der mündlichen Verhandlung verweigere. Alternativ bat er um die Verweisung der Sache an den Landesausschuss.15 Der Oberste Kläger beim Landesausschuss für die Entnazifizierung, dem W. Ebels Beschwerde vom Minister vorgelegt wurde, verweigerte die Verweisung der Sache und erinnerte W. Ebel daran, dass auch in seiner Abwesenheit entschieden werden könne.16 Schließlich sagte W. Ebel am 17. Februar 1949 zu, an der Verhandlung teilzunehmen, bat aber darum, die Anklageschrift nicht vollständig zu verlesen, was ihm auch zugesagt wurde.17 Die Akten enthalten zwei Schriftstücke hansischer Forscher, die W. Ebels Wirken auf dem Gebiete des Lübischen und hansischen Rechts lobend herausstellen. Zum einen ein Brief von Gustav Korlén,18 der die Wichtigkeit von W. Ebels Abschriften des Lübischen Rechts für die schwedische Forschung betonte und zum anderen ein Gutachten Ahasver von Brandts, der ebenfalls den wissenschaftlichen Wert von W.  Ebels Arbeiten bestätigte19. Beide Schriftstücke wurden in der mündlichen Verhandlung verlesen.20 Am 1. März 1949 konnte dann die mündliche Verhandlung vor dem Entnazifi­ zierungs-Hauptausschuss eröffnet werden, an der als Zeugen die Professoren Smend, Drexler und Welzel teilnahmen.21 Am Ende der Verhandlung beantragte der Öffentliche Kläger W.  Ebel in Kategorie  IV einzustufen und die Wählbarkeit für einige Zeit zu beschränken.22 Der Entnazifizierungsausschuss folgte im Wesentlichen dem Antrag des Öffentlichen Klägers und stufte W. Ebel in Kate­ gorie IV ein. Als entlastende Punkte wurden neben W. Ebels jugendlichem Alter, der 2 ½-jährigen Internierung und der langen Verfahrensdauer auch W. Ebels bedeutende wissenschaftliche Tätigkeiten angeführt, wobei die beiden Schreiben von Korlén und Brandt ausdrücklich erwähnt wurden.23 W. Ebel legte gegen die Entscheidung keine Rechtsmittel ein24 und fühlte sich durch die mündliche Verhandlung, die in einer „sachlichen und objektiven Weise

14 NLA, Nds.  171 Hild. Nr.  16813, H-VE/Gö-St Nr.  11490 Bl.  111 f. Der Wortlaut des § 344 StGB war 1949 ein anderer. 15 NLA, Nds. 171 Hild. Nr. 16813, H-VE/Gö-St Nr. 11490 Bl. 114. 16 NLA, Nds. 171 Hild. Nr. 16813, H-VE/Gö-St Nr. 11490 Bl. 115. 17 NLA, Nds. 171 Hild. Nr. 16813, H-VE/Gö-St Nr. 11490 Bl. 130. 18 NLA, Nds. 171 Hild. Nr. 16813, H-VE/Gö-St Nr. 11490 Bl. 133. 19 NLA, Nds. 171 Hild. Nr. 16813, H-VE/Gö-St Nr. 11490 Bl. 134. 20 Sitzungsprotokoll NLA, Nds. 171 Hild. Nr. 16813, H-VE/Gö-St Nr. 11490 Bl. 136. 21 Sitzungsprotokoll NLA, Nds. 171 Hild. Nr. 16813, H-VE/Gö-St Nr. 11490 Bl. 135–140. 22 Sitzungsprotokoll NLA, Nds. 171 Hild. Nr. 16813, H-VE/Gö-St Nr. 11490 Bl. 139. 23 NLA, Nds. 171 Hild. Nr. 16813, H-VE/Gö-St Nr. 11490 Bl. 142 f. 24 NLA, Nds. 171 Hild. Nr. 16813, H-VE/Gö-St Nr. 11490 Bl. 144.

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F. Hansisches Recht in der BRD und der DDR 

alle mich betreffenden Angelegenheiten behandelt[e]“, zu einer Rücknahme seiner Beschwerde gegen den Öffentlichen Kläger wegen der Anklageschrift motiviert.25 Wie bedeutend Beweisschwierigkeiten und die Wichtigkeit von W. Ebels Forschungen für den Ausschuss waren, ergibt sich aus einem Vermerk zu den Entscheidungsgründen, der anscheinend nicht öffentlich wurde. Die Beweismittel hätten nicht ausgereicht, W. Ebels „wirkliche Einstellung […] zum Nationalsozialismus“ zu klären, seine Verteidigung sei „sehr gewandt“ gewesen und die als Zeugen gehörten Professoren hätten sich zurückgehalten. „Immerhin machte seine ausweichende und verschleiernde Art der Verteidigung einen recht ungünstigen Eindruck auch auf den Ausschuss. Wenn lediglich gefühlsmässige Momente den Ausschlag gegeben hätten, wäre er in Kat. III einzustufen gewesen. Jetzt war das für die Entscheidung wegen der Beweislastfrage nicht möglich. […] Eingliederung in Kategorie IV ist auch beantragt worden, weil nach Kat. III in § 9 | Abs. 2,a der VO vom 3.7.4826 als obligatorische Massnahme Untersagung der schriftstellerischen Tätigkeit anzuordnen gewesen wäre. Die besondere wissenschaftliche Qualität von E. steht aber ausser Frage; bemerkenswert sind seine Beziehungen insbesondere zu schwedischen Wissenschaftlern in denen der Hansischen Geschichtsforschung. Es würde nicht im Interesse der deutschen Beziehungen zu den entsprechenden Kreisen in Skandinavien liegen, wenn diese schätzenswerten Verbindungen unterbrochen werden müssten. Nachdem das meiste archivalische Material durch Kriegseinwirkung zu Grunde gegangen ist, ist E. in Fragen der mittelalterlich-hansischen Geschichtsforschung und ihrer Beziehung zu den Nordländern ein nicht zu ersetzender Spezialist.“27

Mögen somit Beweisschwierigkeiten einen Ausschlag für die Entscheidung des Ausschusses gegeben haben, so kann doch die politische Motivation der Entscheidung nicht unterschätzt werden. W. Ebel profitierte nicht nur während des Nationalsozialismus von seinen Verbindungen innerhalb des nationalsozialistischen Regimes, sondern erlangte durch die sowjetische Entwendung der Lübecker Archivalien eine Stellung als „nicht zu ersetzender Spezialist“, die ihn zusätzlich vor einer Einstufung in Kategorie III schützte. Weiterhin hätte er bei einer Einstufung 25

NLA, Nds. 171 Hild. Nr. 16813, H-VE/Gö-St Nr. 11490 Bl. 156. Verordnung über Rechtsgrundsätze der Entnazifizierung im Lande Niedersachsen vom 3.7.1948, Nds. Gesetz- und Verordnungsblatt, 2. Jg., 1948, Nr. 19, S. 68 f. Für die in Frage stehende Kategorie III musste nach § 5 lit. d VO festgestellt werden, „ob er den Nationalsozialismus wesentlich gefördert hat, oder ob er Nutznießer gewesen ist“. § 9 Abs.  1  VO definierte: „Wesentlich gefördert hat den Nationalsozialismus, wer durch seine Stellung, Tätigkeit oder durch Zuwendungen zur Begründung, Festigung oder Erhaltung des Nationalsozialismus erheblich beigetragen hat.“ § 9 Abs. 2 lit. a VO ordnete an: „Gegen diese Personen sind folgende Maßnahmen vorgesehen: a) es ist untersagt, als Lehrer, Jugendpfleger, Journalist, Schriftsteller, Redakteur, Rundfunkkommentator, Intendant, Dramaturg, Anwalt, Wirtschaftsprüfer oder Treuhänder tätig zu sein“. Die Einstufung als Nutznießer setzte nach § 10 Abs. 1 VO vor allem wirtschaftliche Vorteile voraus. 27 NLA, Nds. 171 Hild. Nr. 16813, H-VE/Gö-St Nr. 11490 Bl. 173 und folgende, nicht nummerierte Seite. Auch wiedergegeben bei E. Schumann, Fakultät, 2008, S. 117 Fn. 197. 26

I. Publikationen und Strukturen der Werke sowie ihre Autoren 

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in Kategorie III nicht mehr publizieren können, was ebenfalls ein Argument für eine abgeschwächte Einstufung darstellte. 1952 konnte W. Ebel an die Göttinger Fakultät zurückkehren und blieb bis zu seiner Emeritierung 1965. Während dieser Zeit veröffentlichte W. Ebel zuweilen in der Publikationsreihe des Göttinger Arbeitskreises,28 dessen revisionistische Absichten29 ihm nicht unbekannt geblieben sein dürften. Der Zweck der Reihe wurde jeder Publikation vorangestellt30 und W. Ebel nahm ihn zuweilen auf31. W.  Ebels herausragende Stellung in der lübischen und hansischen Rechtsgeschichte beruhte somit, neben seiner wissenschaftlichen Reputation,32 auch auf Fortwirkungen des Krieges, die ihm die Deutungshoheit in diesen Fragen ­sicherten. b) Die Situation W. Ebels bei seinem Vortrag über hansisches Recht W. Ebel hielt den Vortrag über hansisches Recht am 9. Juni 1949 in Celle. Folglich lagen zwischen dem Abschluss des Entnazifizierungsverfahrens und dem Vortrag lediglich drei Monate. Indes muss er bereits vorher diesen Vortrag ins Auge gefasst haben, da sich Brandt und Rörig im November 1948 über das Vortragsprogramm in Celle austauschten. Beachtlich ist Rörigs Kommentar zu dem Vortrag. „Das Thema: Hansisches Recht könnte etwas bedeuten, wenn ich auch von dem Redner nicht so besonders viel erwarte. Ist der Redner denn wieder aktiver Dozent? M. W. war gerade er erheblich belastet.“33 Die vermutete Belastung hinderte W.  Ebels Vortrag bekanntlich nicht, obgleich beispielsweise eine Publikation eines „Brunners“ in den Hansischen Geschichtsblättern 1950 we­gen 28

Folgende Arbeiten seien herausgegriffen: W. Ebel, Das Revaler Ratsurteilsbuch (Register van affsproken) 1515–1554, 1952; ders., Lübisches Kaufmannsrecht, 1952; ders., Deutsches Recht im Osten, 1952. Für die in derselben Reihe erschienene Hanseabhandlung von Friedland verfasste W. Ebel das Vorwort, Friedland, Die Hanse, 1954. 29 Siehe dazu Salzborn, Göttinger Arbeitskreis, in: Ingo Haar/Michael Fahlbusch/Matthias Berg (Hrsg.): Handbuch der völkischen Wissenschaften, 2008, S. 198–203. 30 Hier zitiert aus einem Werk mit dem vielsagenden Titel „Deutsches Recht im Osten“, W. Ebel, Osten, 1952: „Die ‚Schriftenreihe‘ will [nachfolgend alles kursiv] die vertriebenen Menschen des deutschen Ostens in der Verbundenheit mit der verlorenen Heimat und im Bewußtsein ihrer Werte stärken, den Organisationen der Vertriebenen ein vielseitiges Hilfsmittel für ihre Heimatarbeit bieten, [Absatz] alle interessierten Deutschen rasch und zuverlässig über die wesentlichen Fragen des deutschen Ostens unterrichten, [Absatz] als ergänzendes Lehr- und Lernmittel den westdeutschen Schulen helfen, der jungen Generation das Bild des g a n z e n Landes und Volkes zu erhalten“. 31 Über das Magdeburger Recht in Polen findet sich der mit einer Finalkonstruktion formulierte Satz, W. Ebel, Osten, 1952, S. 20: „Der deutsche Bürger kam, um Wirtschaft und Kultur des Landes auf einen Stand zu heben, der dem Lande bisher unbekannt war“. 32 Beispielhaft Bolland, Zur städtischen „Bursprake“ im hansischen Raum, ZVLGA, Bd. 36 (1956), S. 96 (97): W. Ebel, der „[verdiente] Erforscher der lübisch-hansischen Rechtsgeschichte“. 33 Brief Rörigs an Brandt vom 27.11.1948, AHL, NL Rörig, Nr. 67, Konvolut Brandt. In dem Schreiben werden auch die anderen Vorträge kurz erörtert.

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dessen Belastung als nicht tragbar gesehen wurde.34 Möglicherweise half die zwischenzeitliche Entnazifizierung die Bedenken zu überwinden. W.  Ebel genoss bei den Verantwortlichen des Hansischen Geschichtsvereins aber in diesem Zeitraum offenbar kein großes Vertrauen. Als im Mai 1950 zwischen Rörig und Brandt überlegt wurde, welcher Rechtshistoriker in den Vorstand aufgenommen werden könne, nachdem zwischenzeitlich Löning und Wohlhaupter verstorben waren, wurde W. Ebel in der Korrespondenz nicht erwähnt. Stattdessen wurden H. Mitteis und sogar K. A. Eckhardt erwogen. H. Mitteis stünde indes dem Hansischen Geschichts­verein wohl zu fern und im Falle K. A. Eckhardts müsse gewartet werden, bis dieser „wieder politisch tragbar erscheine“. Der Vorschlag K. A. Eckhardts kam bezeichnenderweise von Reincke.35 Trotz der zwischenzeitlichen Bedenken gegenüber W. Ebel und seinem Vortrag muss er einen Eindruck auf Rörig gemacht haben. Am 9. Juli 1949 bat Rörig um Übersendung des Manuskriptes, um dieses für die Hansischen Geschichtsblätter 1950 zu verwenden.36 Allerdings erreichte die Nachricht W. Ebel zu spät. Bereits am 23. Juni sei der Vortrag in den Druck gegangen, so W. Ebel in seiner Antwort. „Ich musste dies tun, einmal wegen meines comeback, vor allem aber um meine Subsistenz- u. Arbeitsmöglichkeiten für das darin entwickelte Programm bei den zuständigen Stellen (Notgemeinschaft, Ministerium) lose zu machen. Erfolg ist wahrscheinlich.“37 Zwar hätte der Vortrag besser in die Hansischen Geschichtsblätter gepasst, allerdings hätte „dies noch mindestens ein Jahr [gedauert]“ und daher habe er eine Sonderveröffentlichung vorgezogen.38 Der Vortrag in Celle entstand also auch, um das „comeback“ des W. Ebel zu ermöglichen. Möglicherweise, dies bleibt aber notwendig spekulativ, bot sich ein rein lübisches Thema nicht an, weil es nicht genügend Kraft für seine Anträge auf finanzielle Zuwendungen bot. Diese Umstände diskreditieren den Vortrag nicht, sie können aber möglicherweise erklären, warum ein Rechtshistoriker des Lübischen Rechts zu einer kühnen Theorie über das hansische Recht gelangte. c) Weitere juristische Arbeiten Die übrige rechtshistorische Forschung nahm die Hanse nur selten in den Blick. Der Planitz-Schüler Conrad behandelte die Hanse zwar in seiner, den Traditionen der Deutschen Rechtsgeschichte nachhängenden Monographie39, ging dabei aber nicht intensiv auf die Hanse ein. 34 Brief Brandts an Rörig vom 27.06.1950, AHL, NL Rörig, Nr. 67, Konvolut Brandt. Der Brief erwähnt nur eine Publikation von „Brunner“. Dabei handelt es sich wohl um einen niederländischen Forscher. 35 Brief Brandts an Rörig vom 03.05.1950, AHL, NL Rörig, Nr. 67, Konvolut Brandt. 36 Postkarte Rörigs an W. Ebel vom 09.07.1949, AHL, NL Rörig, Nr. 40, Konvolut Ebel. 37 Postkarte W. Ebels an Rörig vom 07.08.1949, AHL, NL Rörig, Nr. 40, Konvolut Ebel. 38 Postkarte W. Ebels an Rörig vom 07.08.1949, AHL, NL Rörig, Nr. 40, Konvolut Ebel. 39 Conrad, Deutsche Rechtsgeschichte, Bd. 1, 1962, S. 338–340.

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Im Verlauf der Bundesrepublik bestritt die Rechtsgeschichte insbesondere durch Arbeiten von Kroeschell und anderen Kontroversen über den Rechts­begriff des (Früh-)Mittelalters. Aufgrund des zeitlichen Schwerpunktes dieser Kontroversen stand die Hanse dabei nicht im Mittelpunkt, doch werden diese Untersuchungen später im Methodenabschnitt aufgegriffen, da die Ausgangspunkte der Disputanten für die Diskussionen über ein hansisches Recht aufschlussreich sein können. Die Arbeiten Dilchers rücken rechtliche Aspekte der Städte in den Mittelpunkt der Diskussion und besitzen damit für die Hanse eine hohe Relevanz, wenngleich die Hanse in seinen Werken nicht im Vordergrund steht.40 Der Schüler W.  Ebels, Landwehr, behandelte hauptsächlich rechtshistorische Fragen zum Seerecht und daher werden seine Arbeiten gerade für diesen Bereich herangezogen. Dabei ist beachtenswert, dass Landwehr im Jahre 2003 ausdrücklich die Ergebnisse Pitz’ über die hansische Verfassung übernahm und damit in den rechtshistorischen Diskurs überführte.41 Schließlich seien noch die Arbeiten von Cordes erwähnt, der sich in seiner Habilitationsschrift mit dem hansischen Gesellschaftshandel im Spätmittelalter42 beschäftigte und weitere rechtshistorische Arbeiten mit Bezug zur Hanse veröffentlichte. Er griff eine Prämisse des hansischen Rechts, das kaufmännische Gewohnheitsrecht, in materiell-rechtlicher Gestalt an und lenkte den Blick auf prozessuale Probleme. 2. Geschichtswissenschaft a) BRD Die historischen Arbeiten zur Hanse in der BRD bauten zunächst auf dem Konzept Rörigs auf. In einer wissenschaftsgeschichtlichen Abhandlung von MüllerMertens aus dem Jahr 2003 machte dieser mehrere Neuansätze der Nachkriegszeit aus.43 Darin stellte er zunächst die europäische Ausrichtung des Ansatzes Rörigs heraus, die indes weiterhin aus einer nationalen Perspektive erfolgt sei, und stellte demgegenüber den Neuansatz von Sproemberg vor, der die deutsche Hanse­ forschung in die europäische Gemeinschaft integrieren wollte und damit einen übernationalen Standpunkt eingenommen habe.44 40

Es sei hier auf zwei Arbeiten verwiesen. Einerseits sein programmatischer Aufsatz, Dilcher, „Hell, verständig, für die Gegenwart sorgend, die Zukunft bedenkend“, ZRG GA, Bd. 106 (1989), S. 12–45 und andererseits sein Beitrag in der mit Bader erarbeiteten Monographie zur Deutschen Rechtsgeschichte, Bader/Dilcher, Deutsche Rechtsgeschichte, 1999. 41 Landwehr, Hanse, 2003, S. 27–33. 42 Cordes, Gesellschaftshandel, 1998. 43 Müller-Mertens, Die Hanse in europäischer Sicht, in: Eckhard Müller-Mertens/Heidelore Böcker (Hrsg.): Konzeptionelle Ansätze der Hanse-Historiographie, 2003, S. 19–43. 44 Müller-Mertens, Neuansätzen, 2003, S. 34 f.

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Wie zu Recht festgestellt wurde, berief Rörig nicht erst 194745 eine europäische Perspektive. Seine Arbeiten hatten bereits in den Jahrzehnten zuvor einen euro­ päischen Einschlag46 doch ging dieser während des Krieges immer mehr dahin, eine deutsche Suprematie in Europa historisch zu legitimieren. Wie auch im Einzelnen der europäische Bezug ausgestaltet war, die Hanse und die mit ihr verbundenen Phänomene wurden in der Folgezeit in übernationale Zusammenhänge eingeordnet. Dies zeigt sich nicht zuletzt in der Betonung des Lübischen Rechts als europäischem Phänomen.47 Weiterhin sah Müller-Mertens einen Neuansatz durch Ahasver von Brandt, der die Frage nach der Definition der Hanse aufwarf und lediglich negativ beantworten wollte.48 Ahasver von Brandt (1909–1977)49, in Berlin-Charlottenburg geboren, entstammte einer preußischen Offiziersfamilie, der Vater fiel bereits im August 1914. Aufgrund dessen verbrachte er von 1921 bis 1924 mehrmonatige Auslandsaufenthalte in der Schweiz, Schweden und Österreich. Vor allem die Verbindung nach Schweden wurde von seinen Biographen herausgehoben, da er dort langanhaltende Kontakte knüpfte und die Landessprache lernte. Nachdem er 1929 in Kiel das Studium der Rechtswissenschaften begonnen hatte, wechselte er bald zur Geschichtswissenschaft und studierte im Nebenfach noch Deutsch und Philosophie. In Kiel traf er auch auf seinen Lehrer Rörig, bei dem er 1934 promovierte. Nach einer Redakteursstelle bei den „Kieler Neuesten Nachrichten“ und einer Assistentenstelle am Historischen Seminar wurde Brandt 1936 durch Vermittlung von Rörig wissenschaftlicher Hilfsarbeiter beim Lübecker Archiv. Die Vermittlung Rörigs war besonders wegen der eigentlich vorgeschriebenen, aber bei Brandt fehlenden Ausbildung für diese Tätigkeit notwendig. Brandt, seit 1937 Mitglied der NSDAP, wenngleich er dem Nationalsozialismus angeblich „nicht kritiklos gegenüberstand“50, leistete von August 1939 bis zum Kriegsende Wehrdienst als Reserveoffizier der Marineartillerie. In Lübeck besorgte er den zweimaligen Umzug des Archivs (1936, 1961) und bemühte sich nach dem Krieg, die in die spätere DDR ausgelagerten Bestände zurückzuführen. Dies gelang erst 1987. Seit 1946 leitete Brandt „faktisch“ das Archiv, wurde aber wegen seiner NSDAP-Mitgliedschaft erst 1958 zum Archivdirektor ernannt.51 Bedeutend war sein Engagement für den Verein für Lübeckische Geschichte und Altertumskunde, dem er 1936 beitrat, und den Hansischen Geschichtsverein, dem er seit 1935 angehörte. In jenem Verein war er von 1949 bis zu seinem Wechsel nach Heidelberg Vorsitzender, in diesem Verein seit 1948 Vorstandsmitglied und zeitweilig Schriftführer und Schatzmeister. 45

Publiziert in: Rörig, Aufgaben, 1950. Bereits Rörig, Bedeutung, 1921. 47 Siehe dazu unten F.II.3.a). 48 Müller-Mertens, Neuansätzen, 2003, S. 36: „Ahasver von Brandt führte die Negation des Bundescharakters der Hanse maßgeblich aus“. 49 Biographische Informationen bei Ahlers, Nachruf Ahasver von Brandt, ZVLGA, Bd. 57 (1977), S.  181–184; Graßmann, Brandt, Ahasver von, in: Schleswig-Holsteinische Landes­ bibliothek (Hrsg.): Biographisches Lexikon für Schleswig-Holstein und Lübeck, Bd. 12, 2006, S. 43–46. 50 Graßmann, Brandt, 2006, S. 44. 51 Graßmann, Brandt, 2006, S. 43 f. 46

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Seine universitäre Laufbahn begann mit einem Lehrauftrag in Hamburg 1951, wo er 1955 Honorarprofessor wurde. 1962 nahm er einen Ruf nach Heidelberg an und verblieb dort bis zu seiner Emeritierung 1974. Die Studentenunruhen ab Ende der 1960er Jahre setzten Brandt schwer zu, „obwohl er von diesen Ereignissen anscheinend nicht unmittelbar betroffen war“.52 Im Februar 1975 erlitt Brandt, „bei der Rückkehr von seiner Zeugenvernehmung wegen der Studentenunruhen“53 einen Gehirnschlag. Er fiel daraufhin ins Koma und erlangte das Bewusstsein nicht mehr. Er starb 1977 in einem Heidelberger Klinikum.

Hier sind vor allem zwei Arbeiten von Brandt relevant, die sich dem Problem der hansischen Rechtsnatur und Verfassung widmen.54 Aufgrund seiner heraus­ gehobenen Stellung in der hansischen Forschung und ihrer tatsächlichen Rezeption müssen diese Arbeiten als besonders wichtig gewertet werden. Ob im Sinne einer Kausalität oder nicht, eine rechtshistorische Verfassungsgeschichte der Hanse erschien lange nicht. Erst die Arbeiten von Pitz diskutierten intensiv die hansische Verfassungsfrage und kulminierten in seiner Monographie von 2001.55 Eine Vorstufe zu der negativen Verfassungsbeschreibung bei Brandt wird hier in den frühen Arbeiten von Friedland gesehen. Klaus Friedland (1920–2010)56, geboren in Erfurt, begann sein Studium der Geschichtswissenschaft während des zweiten Weltkrieges. Nachdem er dieses während des Krieges als Oberleutnant zur See unterbrechen musste, setzte er sein Studium nach Kriegsende wieder fort. 1952 promovierte er in Kiel bei Koppe und trat 1962 in den Archivdienst am Lübecker Archiv ein. Dort konnte er den bis heute letzten erschienenen Band der Hanserezesse bearbeiten und fand auf seinen Archivreisen einige Bände des Lübecker Niederstadtbuches an der Berliner Humboldt-Universität wieder. 1970 wurde er Direktor der Schleswig-Holsteinischen Landesbibliothek, 1971 Honorarprofessor an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Er engagierte sich im internationalen Forscherkontakt durch die Gründung der Association for the History of the Northern Seas und sein Engagement in der International Commission for Maritime History. Er war 27 Jahre im Vorstand des Han­ sischen Geschichtsvereins aktiv.

Er konstruierte die Hanse mit einem starken Fokus auf den Kaufleuten und griff insbesondere das Dogma eines Übergangs von einer Kaufleute- zu einer Städtehanse an.57 Brandt nahm diese Forschungen auf58 und führte, womöglich infolge 52

Ahlers, Brandt, 1977, S. 184. Ahlers, Brandt, 1977, S. 183. 54 Brandt, Die Hanse und die nordischen Mächte im Mittelalter, 1962; ders., Die Hanse als mittelalterliche Wirtschaftsorganisation, in: Ahasver von Brandt et al. (Hrsg.): Die deutsche Hanse als Mittler zwischen Ost und West, 1963, S. 9–37. 55 Pitz, Bürgereinung, 2001. Zu Pitz’ Biographie sogleich im Text, zu seinen Thesen siehe F.II.2.d), zur Methodik F.III.3. 56 Zu ihm North, Klaus Friedland (1920–2010), HGbll., Bd. 128 (2010), S. V–VII. 57 Friedland, Kaufleute und Städte als Glieder der Hanse, HGbll., Bd. 76 (1958), S. 21–41, in seiner Monographie, ders., Hanse, 1954, können diese Gedankengänge nicht aufgefunden werden. 58 Siehe die Antwort auf eine Frage des Rechtshistorikers Conrad in Brandt, Mächte, 1962, S. 40 f. 53

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dessen, die Negation des Bundescharakters der Hanse aus. Der starke Fokus auf den Kaufleuten, der bereits für frühere Zeiten ausgemacht wurde, wird hier als bedeutender Aspekt in der Diskussion über das hansische Recht betrachtet. Dies hängt mit dem noch näher darzustellenden zweiten Baustein der Definition von W. Ebel zusammen, die auf ein nordeuropäisches, materielles Kaufmannsrecht Bezug nimmt. Einer besonderen Erwähnung bedarf die Monographie von Dollinger, die hier in ihrer ersten Auflage59 und in der von Henn und Jörn überarbeiteten sechsten Auflage60 herangezogen wird. Brandt ging wenige Jahre vor dem Erscheinen dieser Monographie von einer Forschungssituation aus, die das Unternehmen einer hansischen Gesamtdarstellung als problematisch erscheinen ließ.61 Dollinger, der im Zuge der europäischen Ausrichtung des Hansischen Geschichtsvereins 1964 als korrespondierendes Mitglied in den Vorstand berufen wurde,62 nahm sich dieser Aufgabe trotz allem an und sein Werk wurde sehr positiv aufgenommen.63 Darin versuchte Dollinger auch eine Verfassungsbeschreibung, die nicht in dieselbe negative Linie wie bei Brandt eingeordnet werden kann. Philippe Dollinger (1904–1999)64 wurde in Straßburg geboren, wo er auch seinen wissenschaftlichen Lebensmittelpunkt fand. Der Sohn eines Arztes ging dort zur Schule und besuchte die Straßburger Universität. Dort konnte er an den Veranstaltungen von Febvre, Bloch und Perrin teilnehmen. 1932–1934 arbeitete er am Institut français in Berlin und in bayerischen Archiven. Seine Straßburger Dissertation schloss er 1947 ab, konnte aber bereits 1945 als Universitätslehrer in Straßburg arbeiten. Er verblieb dort bis zu seiner Emeritierung 1975. Von 1948 bis 1974 leitete er das Stadtarchiv und die Stadtbibliothek Straßburg. Im Nachruf auf seine Person wird die Bedeutung seiner Hansemonographie herausgehoben, die die „Hansehistorie aus dem germanozentrischen Blick hinausgeführt und in einem internationalen Kontext etabliert“ habe.65

Im Zuge der Auseinandersetzungen mit der ostdeutschen Hanseforschung trat insbesondere Henn als Kritiker der in der DDR vertretenen städtebündischen Hanseverfassung auf.66 Dieser Streit wird hier ebenfalls behandelt, da an ihm die unterschiedlichen Ausgangspunkte für die Hanseforschung deutlich werden und er zudem die Diskussion über ein hansisches Recht betraf. Schließlich wird ein eigener Abschnitt für die hansische Verfassungsbeschreibung von Pitz gewählt,67 da diese als wichtiger Einschnitt angesehen wird. Nicht 59

Dollinger, Hanse, 1966. Dollinger et al., Hanse, 2012. 61 Brandt, Pagel, 1954, S. 92. 62 Müller-Mertens, Neuansätzen, 2003, S. 23. 63 Schmidt, Über zwei Gesamtdarstellungen der Hansegeschichte, HGbll., Bd. 83 (1965), S. 109 (115–118). 64 Graßmann, Philippe Dollinger (1904–1999), HGbll., Bd. 119 (2001), S. 1–3. 65 Graßmann, Dollinger, 2001, S. 3. 66 Henn, Die Hanse: Interessengemeinschaft oder Städtebund, HGbll., Bd.  102 (1984), S. 119–126. 67 Pitz, Bürgereinung, 2001, dazu unten F.II.2.d) und F.III.3. 60

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zuletzt die Übernahme seiner Ergebnisse in die rechtshistorische Forschung bei Landwehr, aber auch in die hansische Geschichtsschreibung, beispielsweise in der Hansemonographie von Hammel-Kiesow,68 macht es notwendig, seine Thesen und Methoden gesondert darzustellen. Ernst Pitz (1928–2009)69 wurde in Hamburg geboren und studierte dort Geschichte, Alte Sprachen und Literaturwissenschaft. Er promovierte 1953 bei H. Aubin. Seine berufliche Laufbahn führte ihn zunächst in den Archivdienst des Landes Niedersachsen, dabei nach Wolfenbüttel und Hannover, aber auch für drei Jahre an das Deutsche Historische Institut in Rom. 1972 nahm er einen Ruf an die Technische Universität Berlin auf einen Lehrstuhl für mittelalterliche Geschichte an. Im Nachruf zu seiner Person wird er als „geistig unabhängig, unfähig zu Anpassungen, also: […] individuell und autonom“ beschrieben.70 Seit 1996 emeritiert, war er von 1975–2000 Mitglied im Vorstand des Hansischen Geschichtsvereins und danach Altmitglied.

b) DDR Die hansische Forschung der DDR wird hier nur im Hinblick auf den Streit um die Rechtsnatur und die Verfassung behandelt. Zudem erschien ein Aufsatz von Wernicke zum hansischen Recht.71 Eine umfassende Aufarbeitung der hansischen Forschung in der DDR fehlt, lediglich gelegentlich wird diese Zeit in den wissenschaftsgeschichtlichen Reflexionen gestreift. Am umfangreichsten ist eine Monographie von Müller-Mertens,72 der gleichwohl Teil der DDR-Forschung war. Eine Aufarbeitung dieser Zusammenhänge kann hier nicht geleistet werden, es soll nur kurz auf die wichtigsten Etappen dieser Zeit eingegangen werden. Die Hanse­ geschichte als Teil der mittelalterlichen Geschichte litt nicht im selben Ausmaß unter der politischen Vereinnahmung der Geschichtswissenschaft, war dafür aber personell unterrepräsentiert.73 Wissenschaftsgeschichtlich ist von hoher Relevanz, dass die 1955 gegründete Hansische Arbeitsgemeinschaft in der DDR bis zur endgültigen und erzwungenen Abspaltung vom Hansischen Geschichtsverein 1970 ein Teil  des letzteren blieb. Die Hansische Arbeitsgemeinschaft entstand „außerhalb der staatlichen und 68

Hammel-Kiesow, Hanse, 2008, S. 66–87. Schmidt, Ernst Pitz (1928–2009), HGbll., Bd. 127 (2009), S. V–VIII. 70 Schmidt, Pitz, 2009, S. VII. 71 Wernicke, „Na der hense rechte“, Jahrbuch für Geschichte des Feudalismus, Bd.  10 (1986), S. 121–155. 72 Müller-Mertens, Hansische Arbeitsgemeinschaft 1955 bis 1990, 2011. 73 Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur künftigen Struktur der Hochschullandschaft in den neuen Ländern und im Ostteil von Berlin, Bd. 4, 1992, S. 50. Siehe auch die Tabelle 19 bei Mertens, Priester der Klio oder Hofchronisten der Partei?, 2006, S. 67, 1961 verteilten sich die Professoren in der Geschichtswissenschaft wie folgt: Alte Geschichte: 2; Mittelalter: 4; Neuere und Neueste Geschichte: 11; Geschichte der UdSSR und der sozialistischen Staaten: 5; Wirtschaftsgeschichte: 2. 69

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massen­organisatorischen Strukturen“ und blieb damit singulär.74 1958 etablierte sich die Historiker-Gesellschaft der DDR, in welcher Schildhauer Teil des Präsidiums war.75 Es entstanden Spannungen zwischen den beiden Organisationen, da die Historiker-Gesellschaft die ostdeutschen Historiker repräsentieren sollte und wollte und Schildhauer als ausgewiesener Hansehistoriker auch in diesen Bereich hinübergreifen konnte.76 Welche Auswirkungen diese Spannungen zunächst zeitigten, illustriert eine Episode auf der gesamtdeutschen Pfingsttagung des Hansischen Geschichtsvereins 1958 in Rostock, die Müller-Mertens schilderte. Ein geplanter Vortrag von Olechnowitz sollte durch einen Vortrag von Schildhauer ersetzt werden, ersterer sollte wegen Erkrankung absagen, weigerte sich jedoch. „So heißt es dann im Jahresbericht 1958/59, ‚da Herr Olechnowitz im letzten Augenblick verhindert war, seinen Vortrag zu halten.‘“77 Die Einflussnahme auf die Hansische Arbeitsgemeinschaft geschah auch von staatlichen Stellen, wie Schilderungen Müller-Mertens’ aus den 1960ern auf­ zeigen. 1962 wurde „eine marxistische Konzeption der Hanse und deren Propagierung durch die HAG ohne politische Rücksichtnahmen [verlangt]“78, 1967 gab es eine Ankündigung über „Veränderungen in der ‚politischen Linie‘ […], welche die HAG einschneidend betreffen würden“.79 1970 kam es dann wegen einer – aus heutiger Sicht – Petitesse in der Vorbereitung der Jubiläumstagung in Stralsund zum offenen und von staatlicher Stelle verordneten Bruch zwischen der Hansischen Arbeitsgemeinschaft in der DDR und dem Hansischen Geschichtsverein. Die Einzelheiten sollen hier nicht dar­gelegt werden.80 In der Folge dieser Ereignisse wurde die Hansische Arbeitsgemeinschaft der Historiker-Gesellschaft angegliedert, was sich auch in der Satzung niederschlug.81 74

Müller-Mertens, Arbeitsgemeinschaft, 2011, S. 9. Müller-Mertens, Arbeitsgemeinschaft, 2011, S. 11. Zu Schildhauer sogleich im Text. 76 Müller-Mertens, Arbeitsgemeinschaft, 2011, S. 11. 77 Müller-Mertens, Arbeitsgemeinschaft, 2011, S. 11. 78 Müller-Mertens, Arbeitsgemeinschaft, 2011, S. 15. 79 Müller-Mertens, Arbeitsgemeinschaft, 2011, S. 21. 80 Schilderung bei Müller-Mertens, Arbeitsgemeinschaft, 2011, S. 32–39. Zeitgenössische Dokumentation des Hansischen Geschichtsvereins: Hansischer Geschichtsverein, Dokumentation zur Entwicklung des Verhältnisses zwischen der ehemaligen Arbeitsgemeinschaft des HGV in der DDR und dem Gesamtverein, Mai 1969  – Juni 1971, HGbll., Bd.  89 (1971), S. 266–273. 81 Dazu Müller-Mertens, Arbeitsgemeinschaft, 2011, S.  47 f.: „Die HAG fördert (§ 1) die Erarbeitung eines marxistisch-leninistischen Bildes der hansischen und hanseatischen Geschichte; (§ 2) die Zusammenarbeit mit fortschrittlichen Hansehistorikern und Vertretern der Sozial-, Handels-, Seefahrts- und Stadtgeschichte anderer Länder.“ Was die Arbeitsgemeinschaft unter „Erarbeitung eines marxistisch-leninistischen Bildes der hansischen und hanseatischen Geschichte“ verstand, führte die Satzung in extenso aus: „Sie beschäftigt sich insbesondere mit der Rolle und Bedeutung der Hanse im Feudalsystem und in den Klassenauseinandersetzungen der Zeit des Feudalismus und der Übergangsperiode vom Feudalismus zum Kapitalismus, mit den stadt-, wirtschafts-, sozial- und kulturgeschichtlichen Problemen, 75

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Die Darstellung des ostdeutschen Hansebildes geschieht vor allem durch die Benutzung von Werken Schildhauers und Wernickes. Letzterer publizierte seine Promotion B über die Städtehanse,82 deren Anfänge er bereits Ende des 13. Jahrhunderts sah. Damit löste er lebhaften Widerspruch, vor allem von Henn aus.83 Schildhauer hingegen publizierte bereits 1963 die „Grundzüge der Geschichte der deutschen Hanse“, welche nach der hier vertretenen Ansicht die Grundlage für die weitere hansische Forschung der DDR bildeten. Johannes Schildhauer (1918–1995)84 wurde in eine Dessauer Beamtenfamilie geboren. 1937 machte er sein Abitur, trat in die NSDAP ein (Mitgliedsnummer: 5 506 539) und begann sein Studium an einer Hochschule für Lehrerausbildung in Leipzig. 1938 nahm er dann ebenfalls in Leipzig das Studium der Geschichte, Germanistik und Altphilologie (Latein) auf. Von 1939 bis 1944 leistete er Kriegsdienst und kehrte dienstuntauglich aus dem Kriege zurück. 1945 war er Neulehrer in Dessau. Von 1946 bis 1948 schloss er dann sein Studium der Geschichte und Germanistik in Greifswald ab. In dieser Zeit trat er in die SED ein. 1949 promovierte er bei Hofmeister in Greifswald. Von 1950 bis 1952 Dozent in Greifswald, wurde ihm von 1952 bis 1957 ein Auftrag für eine Dozentur erteilt. Nachdem er 1957 habilitierte, wurde er 1958 zum Professor in Greifswald berufen. Er verblieb dort bis zu seiner Emeritierung 1984. Schildhauer war von 1957 bis 1977 Direktor des Historischen Instituts an der Universität Greifswald. 1968 wurde ihm der Vaterländische Verdienstorden in Bronze, 1978 in Silber verliehen.85 1984 wurde er als verdienter Hochschullehrer der DDR ausgezeichnet,86 seit 1982 war er Ehrenmitglied der Historiker Gesellschaft der DDR.

In den zeitgenössischen Nachrufen werden die Schwierigkeiten, die er in der DDR erlebte, herausgestellt. „Er suchte dem nicht nur die Historikerzunft schädigenden, vordergründigen und grob politisierenden Stil möglichst zu entgehen und sektiererisch-dogmatische Vereinseitigungen und Verengungen, denen er mehrfach selbst ausgesetzt war, zu vermeiden.“87 Ebenso hätten die Thesen in den er-

den Klassenkämpfen, den Beziehungen innerhalb des hansischen Wirtschaftssystems und seinen Verbindungen, mit Fragen der hanseatischen Geschichte der Neuzeit und vergleichenden Betrachtung. Sie behandelt die hansischen und hanseatischen historischen Probleme in enger Verbindung mit der Geschichte des deutschen Volkes und als Bestandteil der all­ gemeinen Sozial-, Handels-, Seefahrts- und Stadtgeschichte“. 82 Wernicke, Die Städtehanse, 1983. 83 Henn, Städtebund, 1984. 84 Biographische Angaben nach Menger, Johannes Schildhauer zum 75.  Geburtstag, in: Horst Wernicke/Ralf-Gunnar Werlich/Detlef Kattinger (Hrsg.): Communitas et dominium, 1994, S. 7–12; Stark, Johannes Schildhauer, HGbll., Bd. 113 (1995), S. 1–5; Mertens, Schildhauer, Johannes, in: Lothar Mertens (Hrsg.): Lexikon der DDR-Historiker, 2006, S. 530. 85 Die Auszeichnung mit dem Vaterländischen Verdienstorden existierte seit 1954. Die Auszeichnung in Bronze wurde 100, die silberne 90 und die goldene 45 Mal vergeben, Mertens, Priester, 2006, S. 80. 86 Die Auszeichnung existierte seit 1975 und wurde elfmal vergeben, Mertens, Priester, 2006, S. 83. 87 Menger, Schildhauer, 1994, S. 8.

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wähnten Grundzügen zur Hansegeschichte versucht, die Hanse „frei von idealisierenden Verzeichnungen oder nationalistischem Mißbrauch, neu zu bewerten“.88 Die Frage nach dem in Schildhauers Arbeiten anzutreffendem politischen Stil soll hier nicht ausführlich dargelegt werden.89 Beachtenswert ist, dass die hier gelegentlich zitierten Fritze90 und Wernicke91 Schüler Schildhauers waren.

II. Themen 1. Die Rechtsnatur der Hanse: Der Bundesbegriff als Kernfrage a) BRD Die Frage der Rechtsnatur der Hanse war lange geprägt von der Teilung der hansischen Geschichte in eine Kaufmanns- und Städtehanse.92 Zudem wirkte in der westdeutschen Forschung einerseits methodisch der Paradigmenwechsel Rörigs nach, der die Rechtsgeschichte de facto aus den interessierenden Aspekten ausschloss93 und andererseits herrschte eine Ablehnung einer positiven Definition der Hanse vor.

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Menger, Schildhauer, 1994, S. 10. Siehe aber die folgenden Auszüge: „Es fehlt daher eine allseitig beratene und wissenschaftlich fundierte Gesamtkonzeption der Hansegeschichte. Selbstverständlich bedarf es hierzu sehr vieler gründlicher und bis in die Details gehender Vorarbeiten. Aber es dürfte doch jetzt der Zeitpunkt gekommen sein, an dem sich aus der bisherigen Arbeit der Plan des künftigen Ganzen wenigstens in den Umrissen abzuzeichnen beginnt. Allein auf diese Weise wird die Hanseforschung das erforderliche wissenschaftliche Niveau und die dringend notwendige Planmäßigkeit und Stetigkeit erreichen können. Und nur dadurch wird der Hansehistoriker der DDR die ihm aus der Kenntnis der internationalen Beziehungen der Hanse und in Übernahme bester hansischer Tradition erwachsene Aufgabe erfüllen, nicht Macht auf dem Meere im Sinne einer von der westdeutschen Regierung betriebenen NATO-Ostsee-Konzeption zu dokumentieren, sondern Verständigung und Verbindungen über die Meere hinweg, insbesondere zu den Völkern des Ostseegebietes schaffen zu helfen“, Schildhauer/ Fritze, Stand und Aufgaben der Hansegeschichtsforschung in der DDR, WZ Greifswald/ Ges. u. Spr.wiss. Reihe, Bd. 9 (1959/1960), S. 167 (178); „Die marxistische Hanseforschung wendet sich aber ebenso gegen den Mißbrauch der Hansegeschichte für den Gedanken einer ‚euro­päischen Integration‘, der bei der Formierung des Imperialismus in Westdeutschland immer stärkere Verbreitung findet“, Schildhauer, Grundzüge der Geschichte der deutschen Hanse, ZfG, Bd. 11 (1963), S. 729 (730). 90 Mertens, Fritze, Konrad, in: Lothar Mertens (Hrsg.): Lexikon der DDR-Historiker, 2006, S. 225–226. 91 Mertens, Wernicke, Horst, in: Lothar Mertens (Hrsg.): Lexikon der DDR-Historiker, 2006, S. 635–636. 92 Siehe die Struktur bei Johansen, Umrisse und Aufgaben der hansischen Siedlungsgeschichte und Kartographie, HGbll., Bd.  73 (1955), S.  1–105: A. Die  Kaufmannshanse und B. Die Städtehanse. 93 Siehe oben E.II.1., E.II.2. und E.III.2. sowie E.III.4. 89

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aa) Brandts Interessengemeinschaft Eine Schlüsselrolle kam dabei den Arbeiten Brandts zu. Doch verdeutlichen seine Arbeiten nur eine Forschungsmeinung, die bereits vorher angelegt war. War für W. Ebel die Hanse eine „Kaufmanns- und Städteeinung“94 und somit mit der Einung eine „deutschrechtliche“ Organisationsform für die Hanse gefunden, die W. Ebel gleichwohl später mehr in stadtrechtlichen als in hansischen Zusammenhängen untersuchte,95 führte Brandt die rechtsgeschichtsfreie Linie seines Lehrers Rörig fort. Seine in der hansischen Forschung berühmt gewordene Formulierung von der Hanse als Interessengemeinschaft findet sich bereits in frühen Werken.96 Die Forschung ging davon aus, dass die Einordnung der Hanse als Städtebund unzutreffend sei.97 Dabei wurde insoweit rechtlich argumentiert, als es bei der Hanse an einem Gründungsakt oder einer festgeschriebenen Verfassung gefehlt habe. Die Frage, die dabei übergangen wurde und insoweit die Flanke für Angriffe aus der DDR öffnete, war, ob es darauf überhaupt ankomme. Letztlich ging die Diskussion immer mehr dazu über, die Frage an die Verfassung der Hanse zu knüpfen und damit die Trennung dieser Fragen, die zeitweilig in der Forschung zu beobachten war, aufzuheben. Als Beleg mag die einflussreiche Untersuchung von Friedland über „Kaufleute und Städte als Glieder der Hanse“ von 1958 gelten, in der er untersuchte, inwieweit tatsächlich ein Übergang von einer Kaufleute- zu einer Städtehanse stattgefunden habe.98 Brandt griff diese Untersuchung auf, um seine These von der Interessengemeinschaft zu belegen.99 Brandts Ansicht wird bis heute zitiert und kulminiert in der Feststellung: „Damit ist gesagt, daß die Interessengemeinschaft naturnotwendig lose ist und lose sein muß, daß ‚die Hanse‘ bei näherer Betrachtung etwas nahezu Molluskenhaftes hat, bald sich ausdehnend, bald sich auf einen kleinen Kern zusammenziehend, bald kräftig zupackend, bald in Duldung fast zerfließend.“100

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W. Ebel, Begriff I, 1949, S. 1. Insbesondere: W. Ebel, Die Willkür, 1953; ders., Der Bürgereid als Geltungsgrund und Gestaltungsprinzip des deutschen mittelalterlichen Stadtrechts, 1958; ders., Über die rechtsschöpferische Leistung des mittelalterlichen deutschen Bürgertums, in: Untersuchungen zur gesellschaftlichen Struktur der mittelalterlichen Städte in Europa, 1966, S.  241–258; ders., Bursprake, Echteding, Eddach in den niederdeutschen Stadtrechten (zuerst 1953), in: Wilhelm Ebel: Rechtsgeschichtliches aus Niederdeutschland, 1978, S. 175–194. 96 Brandt, Meere, 1953, S. 183: „Sie [Hanse] war zudem – worüber der gängige Gebrauch des Sammelbegriffs ‚Hanse‘ allzu leicht hinwegtäuscht – ja keineswegs je ein geschlossenes Ganzes, ein Corpus politicum, sondern eine lose Interessengemeinschaft von im einzelnen nur begrenzt leistungsfähigen Kommunen“. 97 W.  Ebel, Osten, 1952, S.  15; Johansen, Umrisse, 1955, S.  71; Brandt, Mächte, 1962, S. 40 f.; ders., Wirtschaftsorganisation, 1963, S. 11, 26–29; ders., Die Stadt des späten Mittelalters im hansischen Raum, HGbll., Bd. 96 (1978), S. 1 (3, 5); Henn, Städtebund, 1984, S. 126. 98 Friedland, Glieder, 1958. 99 Brandt, Raum, 1978, S. 3. 100 Brandt, Wirtschaftsorganisation, 1963, S. 29. 95

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Doch sind es die vorhergehenden Ausführungen, die ein größeres Interesse wecken, weil sie die dahinterstehende Argumentation aufdecken. Brandt meinte, die Hanse sei „mit den geläufigen vereins-, körperschafts- oder staatsrechtlichen Begriffen schlechterdings nicht faßbar“. Sie sei „kein Bundesstaat, nicht einmal Staatenbund“ gewesen, möglicherweise seien diese Begriffe gar nicht für das Mittelalter anwendbar, jedenfalls habe es an der Souveränität der Glieder gefehlt. Ein Bund habe die Hanse nicht sein können, da „alle vereins- oder staatsrechtlichen Merkmale – Verfassung, Bundesorgane, Exekutive“ gefehlt hätten. Dies sei auch durch den Abschluss von zeitweiligen Bündnissen innerhalb der Hanse zu belegen.101 Diese Argumentation ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert: Erstens knüpfte er mit seinen Ausführungen über die unpassenden staatsrechtlichen Begriffe weiterhin bei D.  Schäfer an. Zweitens warf Brandt den Anhängern der städtebündischen Auffassung vor, unpassende weil anachronistische Begriffe zu verwenden und postulierte dann in der Folge einen eigenen, ebenfalls quellenfremden Begriff (Interessengemeinschaft). Dieses Vorgehen deckt sich, wie noch zu zeigen sein wird, mit Pitz’ Methodik. Drittens verwandte Brandt einen nicht weiter ausgeführten Bundesbegriff, der augenscheinlich von modernen Rechtsvorstellungen geprägt war (Verfassung, Bundesorgane, Exekutive)  – die Frage der Adäquanz dieser Begriffsbildung wurde nicht gestellt. Viertens und schließlich scheinen die Begriffe insoweit fließend, als er doch im einzelnen Bünde oder Bündnisse annahm, die gleichwohl nur vorübergehend eingegangen worden seien. Ob Brandt bei diesen Bünden oder Bündnissen nun tatsächlich eine Verfassung, Bundesorgane oder Exekutive sah, bleibt indes dunkel. Brandt führte in der Folge die Verweigerung, die Hanse auf einen Begriff zu bringen, zur herrschenden Meinung.102 bb) Abweichende Ansichten Zwar setzte sich Brandts Diktum von der Interessengemeinschaft durch, doch erhoben sich Gegenstimmen, gleichwohl nicht immer in direkter Opposition. Für Reibstein, der das „Völkerrecht der deutschen Hanse“ untersuchte, war die Hanse eine „Kaufmannsgilde“, aus der im 13. Jahrhundert eine „Gesamtheit der Heimatstädte“ geworden sei, die sich „zu einem Bunde eigener Art zusammen 101

Alle Zitate: Brandt, Wirtschaftsorganisation, 1963, S. 27 f. Kellenbenz, Hanse (Handelsgenossenschaft), in: HRG, Bd.  1, 1971, Sp.  1992 (1992, 1995): bereits interessant, dass der Historiker Kellenbenz den Artikel verfasste, W.  Ebels Aufsatz zum Hansischen Recht fehlte, zur Organisation der Hanse (bald „Städtevereinigung“, bald „Bund“) nur wenig und dann als „locker“ dargestellt; Henn, Städtebund, 1984, S. 126; ders., Hanse, 1999; Puhle, Organisationsmerkmale, 1999; Müller-Mertens, Neuansätzen, 2003, S. 35–37; letztlich fortwirkend bei Hammel-Kiesow, Hanse, in: HRG, Bd. 2, 2. Aufl., 2012, Sp. 764 (764); Jahnke, Hanse, 2014, S. 7–11, 220. 102

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schloß“.103 Er sah bei der Hanse einen „genossenschaftlichen, staatenbündischen Charakter“.104 Der Rechtshistoriker Conrad, ein Schüler Planitz’, vertrat in seinem Lehrbuch zur Deutschen Rechtsgeschichte: „Der mächtigste und erfolgreichste deutsche Städtebund war die Deutsche Hanse, ein Bund handeltreibender Städte, der vornehmlich wirtschaftspolitische Ziele ver|folgte“105. Er knüpfte damit an die herrschende Meinung in der Rechtsgeschichte an, die die Hanse als Städtebund deutete. Er schied die Geschichte der Hanse in die Phasen einer Kaufmanns- und Städtehanse und ging davon aus, die Hanse sei nach dem Stralsunder Frieden 1370 ein „festgefügter Bund handeltreibender Städte“ geworden.106 Bemerkenswert ist seine Wortmeldung zu einem Vortrag von Brandt, in dem dieser seine These von der Interessengemeinschaft vertrat. In der Diskussion meinte Conrad, Brandt hebe „zu stark auf das rein Faktische der Hanse“ ab; „[m]an wird diese Erscheinungen nicht mit unseren modernen Rechtsbegriffen erfassen können. Aber mir scheint doch, daß man die Rechtsform der Hanse gegenüber dem nur Faktischen etwas stärker herausstellen muß“.107 Welche Rechtsform Conrad bei dieser Wortmeldung vorschwebte, lässt sich nur schwer ermitteln. Eine Genossenschaft eigener Art hätte näher beschrieben werden müssen, auch seine Einordnung als loser Bund umging diese Frage. Brandt erwiderte, es gehöre „[z]u den schwierigsten Fragen […], inwieweit […] die Hanse Genossenschaft, und inwieweit […] sie als Rechtseinheit irgendwie zu fassen [war].“ Da sich zu diesem Thema viel sagen ließe, wolle er sich nicht weiter dazu äußern und verwies stattdessen auf einen Artikel von Friedland108. „[A]ls politisch handelnde Körperschaft“ habe es die Hanse nicht gegeben.109 An dieser Diskussion wird deutlich, dass Conrad und Brandt die Hanse unterschiedlich definierten. Gleichwohl erfolgte dies nicht aus einem unterschiedlichen juristischen Verständnis der Hanse, sondern vielmehr aus ihrer Sichtweise. Brandt wollte gegen die aus seiner Sicht vorherrschende Diktion in der Geschichtswissen 103 Reibstein, Völkerrecht, 1956/57, S. 40. Reibstein war kein Hanseforscher und publizierte, soweit ersichtlich, nur einmal zur Hanse. 104 Reibstein, Völkerrecht, 1956/57, S. 71. 105 Conrad, Rechtsgeschichte, Bd. 1, 1962, S. 338 f., Hervorhebung im Original. 106 Conrad, Rechtsgeschichte, Bd. 1, 1962, S. 339. 107 Brandt, Mächte, 1962, S. 39. Weitere Ausführungen von Conrad: „Die Hanse als eine mittelalterliche Genossenschaft eigener Art hatte sicherlich keine feste Organisation, so daß man schwerlich von Mitgliedschaftsrechten und -pflichten sprechen kann. Das Ganze war fließend. Das Seitenstück dazu bildet die schweizerische Eidgenossenschaft. Auch dort traten die Orte zu einem losen Bunde zusammen, ohne daß sich allgemein bestimmte Rechte und Pflichten festlegen ließen. In diesem Zusammenhang tritt die Frage auf, wieweit die Hanse die Handels-Privilegien der alten Kaufleutegenossenschaften übernommen hat, die in Städten wie Bergen, Novgorod, Wisby usw. bestanden haben. Sie erwähnten, daß diese Privilegien von der Hanse bewahrt worden sind. Zweifellos ist dieser Übergang von den Kaufleutegenossenschaften zur Hanse ein eigenartiger Vorgang“. 108 Gemeint ist Friedland, Glieder, 1958. 109 Alle Zitate: Brandt, Mächte, 1962, S. 40 f.

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schaft vorgehen, die vorschnell von „der Hanse“ spreche, obwohl die Quellen (der Frühzeit) dies nicht hergäben, vielmehr seien Privilegien häufig Lübeck oder dem gemeinen Kaufmann erteilt worden.110 Indem Brandt auf die Privilegien abstellte, deutete er die Hanse vornehmlich von außen. Conrad hingegen fragte nach der Binnenorganisation und wollte daraus die Rechtsnatur bestimmen.111 Die erste Auflage von Dollingers Hansemonographie112 kann hingegen als Fortführung der früheren Linie eingeordnet werden, die die Frage der Rechtsnatur von der der Verfassung trennte. So überschrieb er seinen ersten Teil „Von der Kaufmannshanse zur Städtehanse“ und sah die Hanse als einen Zusammenschluss von Kaufleuten, der sodann in eine Städtegemeinschaft oder einen Städtebund „umgewandelt“ worden sei.113 Dennoch beschrieb er die Verfassung als unbeständig und sah strukturelle Schwächen.114 W. Ebels Monographie zum Lübischen Recht nimmt die Hanse kaum in den Blick, sieht aber für die Zeit um 1350 eine „im Hansetag, [organisierte] Städtehanse“.115 Ähnliche Einordnungen finden sich auch in weiteren Werken.116 Einer besonderen Erwähnung bedarf der Aufsatz des ostdeutschen Rechtshistorikers Lieberwirth, in dem er nach der Wiedervereinigung behauptete, die Städtebünde des Mittelalters hätten im allgemeinen einer societas des römischen Rechts entsprochen, allerdings stellte er für die Hanse fest: „Demgegenüber verstand sich die Hanse als kaufmännisch-genossenschaftliche Verbindung, die nicht die Rechtsnatur einer societas erreichte“.117 Zur Bestimmung der Hanse fuhr er fort: „Die Hanse [Verweis auf den Hanseartikel von Kellenbenz in der ersten Auflage des HRG118] war ursprünglich eine Genossenschaft von Fernhändlern, seit 110 Brandt, Mächte, 1962, S.  41. Siehe auch Brandts Kritik an der zweiten Auflage von­ Pagels Monographie, in der er sich für einen gegenwärtigen Verzicht einer Gesamtdarstellung aussprach, weil die hansische Forschung grundlegende Umwälzungen gesehen habe, ders., Pagel, 1954, S. 92. 111 Als Beleg soll Brandts Antwort dienen, Brandt, Mächte, 1962, S.  40 f.: Nachdem er Friedlands Werk erwähnte, führte er aus: „Die Fragen der Mitgliedschaft einzelner Städte, einzelner Bürger und einzelner Kaufleute in der Hanse sind sehr kompliziert.“ Zu den Privilegien, die die Städte der deutschen Hanse erwähnen: „Eine immer wiederkehrende Frage aller ausländischen Vertragspartner an Lübeck war: Wer sind denn diese Hansestädte, habt ihr eine Liste? Sie haben nie eine Liste bekommen, weil Lübeck unfähig gewesen wäre, diese Liste auszustellen. Sie hätten es auch nicht getan, wenn sie es gekonnt hätten, aber sie waren dazu zweifellos unfähig“. 112 Dollinger, Hanse, 1966. 113 Dollinger, Hanse, 1966, S. 9. 114 Dollinger, Hanse, 1966, S. 9, 142, näheres zur Verfassung unten F.II.2. 115 W. Ebel, Lübisches Recht, Bd. 1, 1971, S. 98. 116 Schmidt-Wiegand, Hanse und Gilde, HGbll., Bd. 100 (1982), S. 21 (40): erst Kaufleutegenossenschaft, dann Städtebund; Goetze, Der Anteil Lübecks an der Entwicklung des Seerechts, ZVLGA, Bd. 63 (1983), S. 129 (132): Mitte des 14. Jahrhunderts treten die städtischen Räte an die Stelle der Kaufleute und es entstehen „festere Formen“. 117 Lieberwirth, Stadtrecht, 1995, S. 684, Hervorhebung im Original. 118 Kellenbenz, Hanse (Handelsgenossenschaft), 1971.

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1358 eine Städtevereinigung in Form einer | Handelsgenossenschaft, also eine besondere Form eines Städtebundes mit einer denkbar lockeren Organisation, um nicht unter das Verbot der Goldenen Bulle zu fallen. Die Städte übernahmen die Aufgaben der Kaufmannsgilde“.119 Zum Ende der Ausführungen steigerte er seinen Befund: „Aus allem wird deutlich, daß die Hanse fast ein souveräner Staat mit Kriegs- und Bündnisrecht, Flotte, Bundesfestungen und Bundessteuern ge­ wesen war“.120 Somit bleibt auch für den Rechtshistoriker Lieberwirth festzustellen, dass er der in der Rechtsgeschichte vorherrschenden Meinung von der Hanse als Städtebund folgte. Die Trennung zwischen den Disziplinen, Geschichtswissenschaft und Rechtsgeschichte, dürfte nach der hier vertretenen These vor allem auf unterschiedliche Blickwinkel zurückzuführen sein. Nach der Hinwendung der hansischen Geschichte zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, die vornehmlich von Rörig initiiert wurde, spielte die Frage nach der Rechtsnatur der Hanse keine bedeutende Rolle. Pitz machte dies als Desiderat aus und wollte daher die hansische Geschichtsschreibung wieder in die Verfassungsgeschichte führen.121 Die Rechtsgeschichte hingegen, jedenfalls soweit sie der älteren Fachdefinition folgte, wollte die Hanse in ihre Kategorien einordnen und charakterisierte die Hanse als Städtebund. Die Begriffsbildung erfolgte dabei nicht einheitlich. Wie gesehen, wollte auch der Rechtshistoriker Conrad, der die Hanse in seinem Lehrbuch als Städtebund charakterisierte, keine modernen Rechtsvorstellungen damit verbinden. Der Streit um die Rechtsnatur der Hanse wurde daher durch unterschiedliche, aber nicht weiter ausgebreitete Begriffe vom Städtebund bestimmt. In neuerer Zeit ging beispielsweise Dilcher in der Rechtsgeschichte dazu über, die Hanse als „lockere Interessengemeinschaft unter der Führung Lübecks“ zu definieren.122 Die dreibändige Rechtsgeschichte von Kroeschell gibt keine ausdrückliche Einordnung, neigt aber zum Verständnis der Hanse als Städtebund.123 b) DDR Die Frage der Rechtsnatur der Hanse wurde in der DDR mehrheitlich anders beantwortet als in der BRD. Zwar ordnete Sproemberg die Hanse noch nicht als 119

Lieberwirth, Stadtrecht, 1995, S. 684 f. Lieberwirth, Stadtrecht, 1995, S. 685. 121 Pitz, Bürgereinung, 2001, S. 234–236, 336. 122 Bader/Dilcher, Rechtsgeschichte, 1999, S. 744. 123 Kroeschell et al., Deutsche Rechtsgeschichte, Bd. 2, 9. Aufl., 2008, S. 92, 105, vor allem letztere Seite: „Es stand hierzu in deutlichem Gegensatz, dass die Aufstände der Handwerker in den Städten der Hanse meist erfolglos blieben. Vor allem in Lübeck als dem Haupt des großen Städtebundes […]“. Siehe aber S. 93, wo in den Literaturhinweisen auf ein Werk (Distler, Städtebünde, 2006) verwiesen wird, das die Hanse gerade nicht als Städtebund einordnet. 120

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Städtebund ein,124 doch konnte sich diese Ansicht in der Frühphase der hansischen Forschung in der DDR nicht durchsetzen. Als zentrales Werk, zwar nicht wegen des Umfanges aber wegen seines in Erfüllung gegangenen Anspruchs, die Forschung der DDR zu beeinflussen, werden hier die „Grundzüge der Geschichte der deutschen Hanse“ von Schildhauer und unter Mitwirkung von Fritze, Lange, Spading und Stark angesehen.125 Das methodische Selbstverständnis der Autoren und ihres Werkes soll hier nicht im Vordergrund stehen,126 es ist aber bereits hier festzustellen, dass Schildhauer mit diesem Werk die Hanse „[f]ür die Erarbeitung eines nationalen Geschichtsbildes“ benutzen wollte.127 Da dieses Geschichtsbild vom Marxismus-Leninismus geprägt war, mussten die Topoi „Klassenkampf“ und „Feudalismus“ darin auftauchen. Daher nimmt es nicht Wunder, wenn Schildhauer postulierte: „Ist doch die Hanse wie das Bürgertum ihrer Städte Ausdruck einer neuen gesellschaftlichen Kraft, die sich im Schoße des Feudalismus entwickelte und zusammen mit dem Königtum große Potenzen zur Herausbildung eines deutschen Nationalstaates in sich trug“.128 Die zentrale Argumentationslinie, mit der die Annahme eines Städtebundes vorgezeichnet und wohl angesichts des Forschungsklimas in der DDR festgesetzt war, folgte wenig später. Das Reich sei politisch zersplittert gewesen und die Zentralgewalt sei fortschreitend zerfallen, sodass das Städtebürgertum und hier insbesondere das niederdeutsche notwendigerweise „ein eigenes Machtinstrument zur Durchsetzung seiner Interessen inner- und außerhalb der Reichsgrenzen“ habe schaffen müssen. Nur ein starker Städtebund habe die fehlende Zentralgewalt ausgleichen können.129 Die Hanse war somit ein Machtinstrument des Bürgertums und für ein schlagkräftiges Machtinstrument lag eine schlagkräftige Verfassung oder wenigstens eine dahingehende Bezeichnung nahe. Folglich war die Hanse ein Städtebund.130 Eine rechtshistorische Sichtweise spielte dabei keine Rolle. Mag es auch abweichende Ansichten, wie beispielsweise von Olechnowitz, gegeben haben, der die Hanse vom Kaufmann her deutete und daher die Städte nicht in den Vordergrund rückte,131 so blieb er doch vereinzelt. Die herrschende Meinung in der DDR deutete 124 Sproemberg, Die Hanse in europäischer Sicht, in: Wybe Jappe Alberts/Coenraad Dirk Jan Brandt/Frederik W. N. Hugenholtz (Hrsg.): Dancwerc, 1959, S. 127 (139). 125 Schildhauer, Grundzüge, 1963. 126 Dazu unten: F.III.2.b). 127 Schildhauer, Grundzüge, 1963, S. 729. 128 Schildhauer, Grundzüge, 1963, S. 729 und sodann S. 730: „Von besonderer Bedeutung ist es, daß die Hanseforschung der DDR über die Rolle der Volksmassen und ihren Klassenkampf in der mittelalterlichen Stadt Aufschluß gibt“. 129 Schildhauer, Grundzüge, 1963, S. 735. 130 Ebenfalls Schildhauer, Grundzüge, 1963, S. 736: „Die Entwicklung der Hansestädte und des gesamten Städtebundes trug direkt und indirekt in dieser Periode zur Intensivierung des Klassenkampfes gegen die herrschende Feudalklasse bei“. 131 Olechnowitz, Handel und Seeschiffahrt der späten Hanse, 1965, S. 3, 5.

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die Hanse als Städtebund132 und verzichtete dabei auf eine juristische Analyse133. Lediglich bei Wernicke findet sich eine Begriffsbestimmung: „Unter Beachtung dieser Einschränkung [nur für die Binnengliederung] möchte ich unter einem Städtebund den Zusammenschluß von mittelalterlichen Kommunen, d. h. autonomisierter Gemeinden, verstehen, der eine beabsichtigte bzw. tatsächliche Dauer aufwies und mit ständigen Organen ausgestattet war. Das Zusammengehen wurde durch gemeinsame Interessen und Ziele erzwungen, gefördert und bestimmt.“134 Es ging der hansischen Forschung in der DDR nicht darum, mit der Einordnung der Hanse als Städtebund eine starke und hierarchisch gegliederte Verfassung vorwegzunehmen. Vielmehr ergab sich die Differenz zu den Ansichten in der BRD aus einem anderen Verständnis des Bundesbegriffs. Brandt verstand den Begriff des Städtebundes juristisch und zwar in einem modernen Sinne. Gerade diese Betrachtungsweise lehnte die DDR-Forschung aufgrund des ihr vorgegebenen marxistisch-leninistischen Geschichtsbildes ab. Daher könnte auch nicht behauptet werden, es habe Überschneidungen zwischen der westdeutschen Rechtsgeschichte und der ostdeutschen Hansegeschichte gegeben. Die Sichtweise und die Funktion des Begriffes des Städtebundes waren grundverschieden. Dienten sie der westdeutschen Rechtsgeschichte zur Einordnung der Hanse in ihr Lehrgebäude, welches mit einer losen Interessengemeinschaft nichts anzufangen wusste, wie der Wortbeitrag von Conrad zu Brandts Vortrag zeigte, so diente dieselbe Ein­ordnung der DDR-Geschichtswissenschaft zur Auffindung von Klassenkämpfen und feudalen Strukturen. Daher konnte auch erst ein Werk wie die Deutsche Rechtsgeschichte von Bader und Dilcher, welches mit der überkommenen sachlichen und zeitlichen Kategorisierung bricht, die Hanse als lose Interessengemeinschaft anerkennen. Es soll daher hier die These vertreten werden, dass ein Verständnis der Diskussion um die Rechtsnatur der Hanse nur dann möglich ist, wenn der Begriff des Städtebundes in den Mittelpunkt gerückt wird. Eine explizite Begriffsdiskussion gab es nicht. Weitergehend wird vertreten, die Geschichtswissenschaft, sowohl in der BRD wie in der DDR, hat deswegen solange ohne Ergebnis über den Bundesbegriff streiten können, weil sie dabei zwar einerseits keine eigenen rechtsgeschichtlichen Untersuchungen anstellte, andererseits diesen Begriff aber gelegentlich mit verschiedenen recht(sgeschicht)lichen Merkmalen auflud. Dabei zeigt sich, dass die westdeutsche Forschung moderne juristische Merkmale mit diesem 132

Fritze, Am Wendepunkt der Hanse, 1967, S. 11 f.; Engel, Städtebünde im Reich von 1226 bis 1314 – eine vergleichende Betrachtung, in: Konrad Fritze/Eckhard Müller-Mertens/Johannes Schildhauer (Hrsg.): Bürgertum, Handelskapital, Städtebünde, 1975, S. 177 (177); Schildhauer, Charakter und Funktion der Städtebünde in der Feudalgesellschaft – vornehmlich auf dem Gebiete des Reiches, in: Konrad Fritze/Eckhard Müller-Mertens/Johannes Schildhauer (Hrsg.): Bürgertum, Handelskapital, Städtebünde, 1975, S. 149 (150, 163); Wernicke, Städtehanse, 1983, S. 21. 133 Engel, Städtebünde, 1975, S. 178; Schildhauer, Charakter, 1975, S. 167. 134 Wernicke, Städtehanse, 1983, S. 22.

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Begriff verband, die ostdeutsche Forschung diese hingegen ausscheiden wollte. Die Forschung zur Rechtsgeschichte in Westdeutschland hatte dabei lange kein eigenständiges Interesse an der Hanse als solcher, sondern ordnete sie häufig in ihre Fachtradition ein. 2. Die Verfassung der Hanse Die Verfassungsbeschreibung der Hanse entwickelte sich von der Annahme einer starken, weil bundesstaatlich geprägten Verfassung, zu einer immer schwächer werdenden Beschreibung. Seit dem Paradigmenwechsel Rörigs spielte die Verfassung gleichwohl eine immer weniger wichtige Rolle. Rörigs Beschreibung der hansischen Frühzeit, die stark auf Lübeck und der Gotländischen Genossenschaft aufbaute, bildete weiterhin einen Anker in der Wissenschaft. Dennoch unterlagen seine Annahmen, je später, desto mehr der Kritik der Forschung. a) Die Gotländische Genossenschaft: Urform der Hanse und Kritik Seit den Forschungen Rörigs galt die Prägung der hansischen Frühzeit durch die Gotländische Genossenschaft als gesichert. Zuerst auf Gotland hätten sich vornehmlich die deutschen Kaufleute vereinigt und damit den Grundstein für die Hanse gebildet. Diese Sichtweise setzte notwendig eine homogene Kaufmannschaft und darüber hinaus eine Betonung der nationalen oder zuweilen völkischen Motive voraus. Nach dem Ende des Nationalsozialismus fiel die Grundlage für die völkische Perspektive zwar weg, doch blieb die Gotländische Genossenschaft weiterhin wichtig für die Forschung. Reincke untersuchte zu Beginn der 1950er „Kölner, Soester, Lübecker und Hamburger Recht in ihren gegenseitigen Beziehungen“.135 Er bewegte sich in dieser Untersuchung noch ganz auf den bekannten Linien. Für ihn „war es so“, dass Jordan von Boizenburg im Hamburger Stadtrecht „das, was in der Luft lag, nun in kristallklaren Regeln und Gesetzen einfing. In der Praxis erarbeitet war dieses Handelsrecht gewiß schon vorher, vornehmlich im rheinisch-westfälischen Bereich. Nur hatte sich bis dahin niemand gefunden, der es zu Papier gebracht hätte!“136 Die Kaufleute bildeten damit für ihn eine homogene Gruppe und ein Gelehrter wie Jordan musste daher nur die allen gemeinen Regeln fixieren. Eine Stütze für seine Argumentation ist dabei die Gotländische Genossenschaft, denn diese habe eine „gemeinschaftsbildende Kraft“ gehabt. Dort hätten sich die Fernhändler aller Städte getroffen und hätten daher unter anderem über die „[rechtliche] Lebensordnung“ diskutieren können. „Alles dies zusammengenommen mußte sich im Sinn 135 Reincke, Kölner, Soester, Lübecker und Hamburger Recht in ihren gegenseitigen Beziehungen, HGbll., Bd. 69 (1950), S. 14–45. 136 Reincke, Beziehungen, 1950, S. 26.

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einer gegenseitigen Angleichung des Rechtslebens auswirken“.137 So war es nur natürlich, dass die Gotländische Genossenschaft eine herausragende Stellung in der hansischen Genesis einnehmen musste. Sie bildete einen Grundpfeiler für die gemeinsamen Rechtsüberzeugungen, denn dort sollen sich die Kaufleute der Städte getroffen und ausgetauscht haben. Rörig reflektierte in einem seiner letzten Artikel über die hansische Wissenschaft und hielt an seiner vorher ausgearbeiteten Genesis fest. Die Gotländische Genossenschaft sei „die frühhansische Zentralorganisation schlechthin“, nicht bloß den anderen Auslandsorganisationen gleichrangig. Nachdem die Kaufleute in ihren Heimatstädten seßhaft geworden seien, sei „die alte Zentralorganisation auf Gotland durch die glänzend geleitete Politik der führenden Stadt, Lübeck, überwunden und ersetzt [worden] durch den Bund der Städte unter Lübecks Führung.“138 Brandt führte die Konzeption seines Lehrers fort und sah Lübeck als erste von vier Etappen im Werden der Hanse, Gotland als zweite Etappe.139 Nach ihm stünden alle mercatores imperii „in einem mehr oder minder bewußten und gewollten organisatorischen Zusammenhang“. Die Gotländische Genossenschaft sei „das Führungsgremium dieser kontinentalen Ostseekaufleute“ gewesen.140 Diese Meinung blieb im Verlauf der Bundesrepublik und vor allem im wiedervereinigten Deutschland nicht unwidersprochen. Ein Beleg für diesen Wandel bilden die verschiedenen Auflagen von Dollingers Hansemonographie, deren sechste und bisher letzte Auflage von Henn und Jörn neubearbeitet wurde. Dollinger meinte in der ersten Auflage: „Nach der Gründung Lübecks schlossen sie [deutsche Kaufleute, die nach Gotland fahren] sich wohl zu einer Schwurgemeinschaft zusammen, auf Veranlassung Heinrichs des Löwen“.141 Es folgt wenig später der Teil, an dem die Veränderung der Sichtweise deutlich wird. In der ersten Auflage kann gelesen werden: „So war die Genossenschaft der Gotland besuchenden Deutschen gegründet (universi mercatores Imperii Romani Gotlandiam frequentantes); das bedeutete gewissermaßen die | Geburtsstunde der Hanse.“142 In der sechsten Auflage fehlt der letzte Halbsatz, die Gotländische Genossenschaft war nun nicht mehr die Geburtsstunde der Hanse.143 In der Zeit zwischen den beiden Auflagen beschäftigte sich namentlich Kattinger mit der Bedeutung der Gotländischen Genossenschaft. Er sah keine Beweise für eine über Gotland hinausreichende Zentralorganisation der hansischen 137

Reincke, Beziehungen, 1950, S. 32. Rörig, Aufgaben, 1950, S. 9, Hervorhebung im Original. Die Ausführungen ähneln stark ders., Reichssymbolik, 1940, S. 63 Fn. 3, 64. 139 Brandt, Wirtschaftsorganisation, 1963, S. 16 f. 140 Brandt, Wirtschaftsorganisation, 1963, S. 17. 141 Dollinger, Hanse, 1966, S. 41. 142 Dollinger, Hanse, 1966, S. 41 f. 143 Dollinger et al., Hanse, 2012, S. 28. 138

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Frühzeit.144 Jahnke kritisierte in jüngster Zeit ebenfalls die früheren Darstellungen zur Gotländischen Genossenschaft und sah Belege für diese erst ab der Mitte des 13. Jahrhunderts.145 Die Behandlung dieser prima facie rein geschichtswissenschaftlichen Dis­ kussion geschieht nicht grundlos. Wie am Aufsatz von Reincke erkennbar, konnte die These von einer die deutschen Kaufleute vereinigenden Gotländischen Genossenschaft genutzt werden, um ein hansisches Zusammengehörigkeitsgefühl zu beweisen. Dieses Zusammengehörigkeitsgefühl diente ihm sodann als Beleg für die angeblichen übereinstimmenden Rechte, die Jordan von Boizenburg nur aus der „Luft“ in das Papier übertragen musste. Dieser Aspekt besaß darüber hinaus eine Bedeutung für die Verfassung der Hanse, denn diese wurde in Folge dieser Genesis ebenfalls aus dem gotländischen Zusammengehörigkeitsgefühl konstruiert. In Folge dieser Annahmen konnte daher eine einheitliche Rechtssphäre der Hanse gut begründet werden. Fällt nun dieser Bereich der hansischen Genesis weg und bewegt sie sich immer mehr in die Richtung einer von Partikularinteressen geprägten Interessengemeinschaft, fällt es erheblich schwerer eine gemeinsame Rechtssphäre, sei sie nun vom Hansetag gesetzt oder aus einem kaufmännischen Gewohnheitsrecht postuliert, anzunehmen. Es soll daher die These vertreten werden, dass mit der geänderten Sicht auf die hansische Genesis eine tragende Säule der Argumentation für ein hansisches Recht zerbrach. b) BRD: Lose Interessengemeinschaft und Verfassungsdiskussion Bereits für die vorangegangene Epoche konnte festgestellt werden, dass die hansische Verfassung stärker von den Kaufleuten als von den Städten her beschrieben wurde. Es kann daher nicht verwundern, wenn die westdeutsche Forschung an diese Forschungsrichtung anknüpfte. Dabei zeigt sich eine Hinwendung zu den Kaufleuten und zugleich eine Betonung der partikularen Interessen in den Städten. Rörig ging in seiner wissenschaftlichen Reflexion weiterhin von einer Trennung in eine Kaufmanns- und Städtehanse aus. Erstere habe „dem alten königlichen Personenverbandsstaat“, letztere dem „Kurfürstenreich“ angehört.146 Doch sollte es nicht lange dauern, bis die Frage nach der Mitgliedschaft in der Hanse und damit ihrer Struktur weitergehend bearbeitet wurde. Friedland ging in seiner Untersuchung von einer ursprünglich personalen Gemeinschaft von Kaufleuten aus.147 144 Kattinger, Zum Charakter der sog. „Gotländischen Genossenschaft“, ZVLGA, Bd.  79 (1999), S. 9 (11, 23), das Werk ist ein Autorreferat zu seiner Dissertation, ders., Die Gotländische Genossenschaft, 1999. 145 Zusammenfassung: Jahnke, Fremdbezeichnungen, 2011, S. 47. 146 Rörig, Aufgaben, 1950, S. 9. 147 Friedland, Glieder, 1958, S. 22 f.

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Nur über die zur Hanse gehörenden Kaufleute seien die Städte zu einer Stellung in der Hanse gelangt. Erst ab der Mitte des 14. Jahrhunderts sah Friedland Versuche, die Hanse von den Städten her zu strukturieren.148 Doch konstatierte er, derartige Versuche seien bis zum Ende des 14. Jahrhunderts gescheitert und die Hanse sei weiterhin vom Kaufmann her strukturiert gewesen.149 Erst beginnend mit den 1390er Jahren meinte er einen derartigen Übergang nachweisen zu können. Folglich „bedeutet das einen merkwürdigen Versuch, die überkommene Hansezugehörigkeit einzelner Personen der neuen Auffassung anzupassen, daß die Städte die Mitglieder der Hanse seien. Eine Hansestadt ist von nun an als Kommune Trägerin der hansischen Eigenschaft, deren Ausübung sie mit dem Kaufmannsrecht einzelnen ihrer Bürger zukommen lassen kann“.150 In seiner Monographie aus dem Jahre 1991 konstruierte Friedland die hansische Verfassung mit einem noch stärkeren Fokus auf den Kaufleuten. Zwar hätten die Städte auf ihren Hansetagen „allgemeines Recht, hansisches Recht [setzen können]“, doch habe „der hansische Kaufmann […] in der Rechtshierarchie über dem Recht einer einzelnen Stadt oder einer Gruppe von ihnen [gestanden]“.151 Dabei sei „[d]er Kaufmann“152 eine vom 12. bis ins 16. Jahrhundert „im wesentlichen gleich[bleibende Gemeinschaft]“ gewesen.153 Obwohl diese Beschreibung im Abschnitt über die Kontore zu lesen ist, verstand Friedland dies weiter154 und ging damit von einer alle hansischen Kaufleute umspannenden Gemeinschaft aus. Brandt, der wie gezeigt die ersten Ergebnisse von Friedland verwertete, konstruierte die Hanse ebenfalls mit einem starken Fokus auf den Kaufleuten. Wehrte er sich auch gegen eine städtebündische Konstruktion der Hanse, so meinte er doch, „[i]n der Kaufmannsgenossenschaft sind daher die Ursprünge auch ‚der‘ Hanse zu suchen“.155 Die tragenden Argumente entstammen dabei aus zwei Vermutungen. Erstens die Vermutung, die verschiedenen Auslandsgenossenschaften der Kaufleute hätten untereinander und mit den Kaufmannsgilden in den Heimatstädten „in lockeren Beziehungen zueinander“ gestanden.156 Zweitens die Vermutung, dass diese Beziehungen in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts „eine gewisse, sichtbare und bewußte Interessengemeinschaft innerhalb dieser großen, fast ständig in Bewegung befindlichen Schicht der nordwesteuropäischen Kaufleute begründen mußten.“157 Aus diesen Vermutungen erschließt sich zudem, warum Brandt eine gewollte Organisation der deutschen Kaufleute in der Gotländischen Genossenschaft sah. 148

Friedland, Glieder, 1958, S. 29–31. Friedland, Glieder, 1958, S. 33. 150 Friedland, Glieder, 1958, S. 37. 151 Friedland, Die Hanse, 1991, S. 158. 152 Diesen Ausdruck setzte Friedland in Anführungszeichen. 153 Friedland, Hanse, 1991, S. 147. 154 Friedland, Hanse, 1991, S. 150. 155 Brandt, Wirtschaftsorganisation, 1963, S. 11. 156 Brandt, Wirtschaftsorganisation, 1963, S. 12. 157 Brandt, Wirtschaftsorganisation, 1963, S. 13. 149

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Er schloß sich ausdrücklich den Ergebnissen Friedlands an und sah zum Ende des 14. Jahrhunderts eine „Gewichtsverschiebung in Richtung auf die Städte“.158 Diese Ausführungen sind es aber auch, die ihn zu der Annahme von „konstitutionellen Schwächen“ der Hanse leiteten.159 Denn es habe keine Gründung der Städtehanse gegeben, sie sei vielmehr „eine Folgeerscheinung handels- und verkehrsrechtlicher Gruppenprivilegierungen [gewesen]“.160 Schließlich erklärt sich aus diesen Annahmen, worin Brandt diese Schwächen sah. Der Beschluss des Hansetages habe „das Einzelglied nur [binden können], soweit es an ihm teilgenommen und soweit es ihn ratifiziert hat“.161 Die Verfassung der Hanse, so die nun gängige Meinung, baute auf dem per­ sonalen Verband von Kaufleuten auf, der sich ab dem 12. Jahrhundert etablierte. Erst gegen Ende des 14. Jahrhundert habe es Bemühungen seitens der Städte gegeben, die Hanse unter ihren Einfluss zu bringen. Da die Grundlagen der Hanse aber weiterhin von der Frühzeit geprägt seien, haben starke exekutive Aspekte in diese Verfassung nicht einfließen können. Dollinger sah ebenfalls „[strukturelle] Schwächen“, die er auf den einleitenden Seiten beschrieb. Sie sei ein „wandelbarer Organismus“ gewesen, keine juristische Person. Der Hansetag als einzige Institution sei nur „recht selten und unregel­ mäßig“ zusammengetreten „und [war] obendrein niemals vollzählig“.162 Doch betonte Dollinger stärker das städtische Element. Erstens fokussierte er das Engagement der Städte, die Gotländische Genossenschaft aus ihrer von ihm angenommenen Rolle zu entfernen.163 Zweitens stellte er auf die Rolle von regionalen Städtebündnissen ab und „deshalb ist es sicher, daß die regionalen Bünde ihren Beitrag zur Entstehung der Städtehanse leisteten“.164 Drittens behauptete er

158 Brandt, Wirtschaftsorganisation, 1963, S.  24. Auch S.  25: „Gleichwohl bleibt dieser ‚kopman‘ noch bis in die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts das genossenschaftliche Fundament in der wirtschaftlichen und rechtlichen Gesamtstruktur des Systems. Hansekaufmann ist nicht, wer Bürger einer Hansestadt ist, sondern Hansestadt ist, wessen Bürger am Auslandhandel beteiligt sind und unwidersprochen an den Privilegien teilhaben. Die ‚dudesche hense‘ ist noch nicht in den Städten verkörpert“, Hervorhebung im Original. 159 Brandt, Wirtschaftsorganisation, 1963, S. 26. 160 Brandt, Wirtschaftsorganisation, 1963, S. 26. 161 Brandt, Wirtschaftsorganisation, 1963, S. 27. 162 Dollinger, Hanse, 1966, S. 9. 163 Dollinger, Hanse, 1966, S. 67. 164 Dollinger, Hanse, 1966, S. 70, wenngleich mit der Einschränkung: „Man muß sich aber davor hüten, diese als Ergebnis des Zusammenschlusses oder der Vereinigung regionalen Bünde zu betrachten. Denn die Städtehanse unterschied sich von ihnen durch ihre Struktur und durch ihre Ziele: sie entstand aus der Interessengemeinschaft von Städten, die dazu bereit waren, gemeinsam ihre Kaufleute zu schützen, die ihrerseits zunächst in der Gotländischen Genossenschaft vereinigt waren“. In der sechsten Auflage sind diese Ausführungen erheblich abgeschwächt, Dollinger et al., Hanse, 2012, S. 56.

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für die Zeit ab der Mitte des 14. Jahrhunderts, der Zusammenschluss von Hansestädten sei der Gemeinschaft der Kaufleute „übergeordnet“ gewesen.165 Hieraus erklärt sich, warum er die Versammlung 1356 „als den ersten allgemeinen Hansetag“ bezeichnen wollte.166 Somit ergab sich für ihn eine „Unterordnung“ des Brügger Kontors unter die Gewalt der Städte und damit hätten die Städte „de jure ihre Gewalt über ihre Kaufleute im Ausland“ errichtet.167 Diese Beschreibungen trugen zu einer stärkeren Betonung des Hansetages bei.168 Auf den Hansetagen sei mit Stimmenmehrheit entschieden worden.169 Trotz dieser stärkeren Akzentuierung des Hansetages konnte Dollinger die allgemein bekannten Probleme der Hanse und ihrer Hansetage nicht umgehen. Dies zeigt sich insbesondere bei den Ausführungen zu den Rezessen und ihrer Umsetzung. Die Rezesse hätten zwar auch die gesetzgebenden Akten enthalten und hätten daher Wirkung erlangen sollen. „Aber zwischen der Theorie und der Praxis bestand ein großer Unterschied.“170 Schließlich vermochte er lediglich Verwunderung auszudrücken über den „Gegensatz zwischen der Weite ihrer Betätigung und der Un­ beständigkeit ihrer inneren Struktur“.171 Diese Verwunderung hielt in der westdeutschen Forschung in den folgenden Jahrzehnten an. Henn äußerte sich mehrfach zur Frage nach dem Wesen und der Verfassung der Hanse. Über die Nachweise in den Quellen stellte er wegen ihrer Mehrdeutigkeit fest: „Vor allem die oft merkwürdigen Kombinationen verschiedener Begriffe zeigen, daß es zwecklos wäre, sie in einer rechtssystematischen Weise interpretieren zu wollen. Im Grunde geht es nur darum, Zusammengehörigkeit auszudrücken.“172 Er wendete sich ebenfalls gegen die städtebündische Auffassung, da „alle wesentlichen bündnisrechtlichen Elemente fehlten“.173 Zudem betrachtete er die Auswirkungen über die Aufnahme in oder den Ausschluss aus der Hanse und meinte, damit sei nicht auf einen Städtebund Bezug genommen, vielmehr ginge es um „die Zulassung zum Deutschen Recht, sprich: zu den

165

Dollinger et al., Hanse, 2012, S. 89. Dollinger, Hanse, 1966, S. 90. 167 Dollinger, Hanse, 1966, S. 91. 168 Dollinger, Hanse, 1966, S. 125 f.: „Der Hansetag war die oberste Instanz der Gemeinschaft. Er entschied im Grundsatz ohne Berufungsmöglichkeit über alle sie betreffenden wichtigen Angelegenheiten: über die | Ratifizierung von Verträgen oder über Handelsprivilegien, über Verhandlungen mit ausländischen Städten oder Herrschern, über die Absendung von Gesandten, über Frieden, Krieg und Blockade, über finanzielle und militärische Maßnahmen, über wirtschaftliche Vorschriften aller Art, über den Ausschluß oder die Zulassung von Mitgliedern, die Schlichtung von Konflikten zwischen den Hansestädten usw.“ 169 Dollinger, Hanse, 1966, S. 128. 170 Dollinger, Hanse, 1966, S. 128. 171 Dollinger, Hanse, 1966, S. 142. 172 Henn, Hanse, 1999, S. 16. Dieser Aufsatz erschien bereits 1989 in der ersten Auflage des hier zitierten Textbandes. 173 Henn, Hanse, 1999, S. 16. 166

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Privilegien, bzw. die Verweigerung des Deutschen Rechts“.174 Er sah den häufig postulierten Einschnitt in der hansischen Geschichte Mitte des 14. Jahrhunderts kritisch, da die Hanse weiterhin eine „Gemeinschaft der Kaufleute“ gewesen sei.175 Der Hansetag war für ihn zwar „das höchste Leitungs- und Beschlußgremium“, der „alle Fragen [verhandelte], welche das Verhältnis der Kaufleute und Städte untereinander oder die Beziehungen zu den Handelspartnern im Ausland betrafen“.176 Sodann sah er aber auch, dass der Hansetag keine den Städten „übergeordnete Zwangsgewalt“ gehabt habe und „die Städte im Zweifelsfall die eigenen lokalen oder regionalen Interessen den gemeinhansischen voranstellten“.177 So musste er die selbst gestellte Frage dahingehend beantworten, dass sich die Hanse „als ein historisches Phänomen dar[stellt], das sich kategorialem Denken weitestgehend entzieht. Was die Hanse gewesen ist, läßt sich mit modernen staatsrechtlichen Begriffen nicht erfassen[.] […] Gleichwohl ist die Hanse lebenskräftige Wirklichkeit gewesen.“178 Bemerkenswert an dieser Ansicht ist der hier explizit gemachte Widerspruch zwischen der „Wirklichkeit“ der Hanse und ihrer nicht feststellbaren Form und Verfassung. Dabei zeigt sich indes, dass die Frage zwischen handelndem Subjekt und rechtlichem Zurechnungsobjekt nicht immer streng geschieden wurde. Es dürfte sich auch nicht um eine anachronistische Frage handeln, da die hansischen Gutachter in ihren Auseinandersetzungen mit England sehr wohl zwischen diesen Bereichen unterscheiden konnten. Wenn Henn daher den Einschnitt Mitte des 14. Jahrhunderts deswegen angriff, weil „sie [die Kaufleute] […] die Träger des Handels und die Nutznießer der Privilegien [sind]“,179 wird die Frage nach der rechtlichen Ausgestaltung der Hanse bloß ausgeklammert anstatt beantwortet. Unstreitig fuhren Menschen in das Ausland, um Handel zu treiben und von den Privilegien zu profitieren. Gleichwohl erhebt sich die Frage, für wen diese Privilegien ausgestellt wurden und aufgrund welcher rechtlichen Begründung die handelnden Menschen daran teilnehmen konnten. Diese Frage kann nicht als anachronistisch angesehen werden, weil sie den Anlass für den Konflikt mit England gab. Möglicherweise ist es daher bezeichnend, dass Pitz gerade anhand dieser Frage seine Verfassungstheorie zur Hanse entwickelte. Solange aber die hansische Verfassung nach der Ansicht der Forschung irgendwann zu einer städtischen Ausgestaltung überging, blieb es weiterhin möglich, von einer hansischen Rechtssphäre zu sprechen. Zwar mag es weiterhin Probleme 174

Henn, Hanse, 1999, S. 19. Henn, Hanse, 1999, S. 20. Ebenfalls kritisch zum Übergang von einer Kaufmanns- zur Städtehanse und damit anknüpfend an eigene frühere Untersuchungen: Friedland, Hanse, 1991, S. 96. 176 Henn, Hanse, 1999, S. 21. 177 Henn, Hanse, 1999, S. 21. 178 Henn, Hanse, 1999, S. 22. 179 Henn, Hanse, 1999, S. 20. 175

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in der Umsetzung der Beschlüsse gegeben haben, doch verblieb in einer solchen Theorie immer noch die Möglichkeit, für gewisse Bereiche, gerade wenn die postulierten gemeinsamen Interessen berührt waren, übereinstimmende Rechts­ regelungen getroffen zu haben. Das postulierte Zusammengehörigkeitsgefühl der Kaufleute konnte so die diagnostizierten Schwächen der hansischen Verfassung und den fehlenden Nachweis von frühen hansischen Normen überwinden. c) DDR: Die hansische Verfassung in städtebündischer Ausprägung Die städtebündische Natur der Hanse in der Forschung der DDR schlug sich auch in der Verfassungsbeschreibung nieder. Da Schildhauer in seinem grundlegenden Aufsatz eine „Glorifizierung des Kaufmanns als der allein ‚geschichts­ tragenden‘ Persönlichkeit ab[lehnte] und […] die Bedeutung der Produzenten der materiellen Güter heraus[arbeiten]“ wollte180, verschob sich der Fokus der Darstellung. Die Kaufmannshanse wurde auf die Mitte des 12.  bis zum Ausgang des 13.  Jahrhunderts datiert.181 Nachdem sich die Städtehanse gegen Ende des 13. Jahrhunderts etabliert habe, „trug [die Hanse] somit zu einer gewissen ökonomischen Vereinheitlichung des Landes bei und half damit, Voraussetzungen für die Bildung der deutschen Nation zu schaffen“.182 Der Verfassung als solcher widmete er dabei nur einen kleinen Raum. Schildhauer beschrieb die „verhältnis­ mäßig losen […] Organisationsformen“ vor allem mit Bezug auf den Hansetag und sah die Hanse in vier Quartiere gegliedert.183 Zugleich sah er die Aufgabe der Hanse auch in einem konservativen Aspekt, nämlich der Hanse als „Hüter der in den Städten bestehenden sozialen und politischen Ordnung“.184 Trotz dieser wenigen Ausführungen ergibt sich für den Leser das Bild eines stärker hierarchisch gegliederten Städtebundes, der einerseits die Bildung der deutschen Nation durch ökonomische Einheit und andererseits die Erhaltung der Ratsordnung durchsetzen konnte. Eine rechtsgeschichtliche Sicht, auf welche Art und Weise dies erreicht wurde, ist damit nicht verbunden. In späteren Werken konkretisierte Schildhauer diese Ausführungen dahin­ gehend, dass eine ausgeprägte Verfassung in der Hanse nicht vorgefunden werden kann – trotzdem wollte er die „Struktur und innere Organisation der Hanse“ näher betrachten.185 Der Hansetag sei das „oberste Organ der Städtehanse“ gewesen; „[s]ie [die Versammlung der Ratssendeboten] war im gewissen Sinne das legislative und rechtsprechende Organ der städtischen Gemeinschaft; gegen ihre Beschlüsse gab es keine Berufungsmöglichkeit, diese überall durchzusetzen, aber 180

Schildhauer, Grundzüge, 1963, S. 730. Schildhauer, Grundzüge, 1963, S. 733. 182 Schildhauer, Grundzüge, 1963, S. 736. 183 Schildhauer, Grundzüge, 1963, S. 737. 184 Schildhauer, Grundzüge, 1963, S. 737. 185 Schildhauer, Charakter, 1975, S. 159. 181

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auch kaum ausreichende Voraussetzungen.“186 Mögen diese Ausführungen noch als Ausweis für eine stärkere Verfassung gesehen werden, orientieren sich die nachfolgenden Ausführungen stark an Dollingers Hansemonographie.187 Denselben Verweis auf die bei der Rezessumsetzung von der Theorie abweichende Praxis findet sich auch bei Schildhauer.188 Die insoweit positive Aufnahme von­ Dollingers Werk kann nicht verwundern, da Dollingers Ausführungen städtebündischen Annahmen nahe stehen. Ein besonders kontroverses Werk, welches in der BRD kritisch von Henn rezensiert wurde,189 stellt Wernickes Werk über die Städtehanse190 dar. Darin verlegte er die Entstehung der Städtehanse auf das Ende des 13. Jahrhunderts und folgte insoweit Schildhauer. Wernicke erkannte ebenso die Leitlinie der hansischen DDR-Forschung an, indem er die Gründung für den Bundesbegriff als nicht notwendig ansah.191 Der Hansetag diente nach Wernicke dem „Interessenausgleich […], der die Koordination des städtischen Vorgehens und die relative Vereinheitlichung in Wirtschaft, Recht und Politik ermöglichte“.192 Die Beschlüsse seien nach „germanischem Recht“ erfolgt, bei fehlenden Gegenstimmen sei die Einstimmigkeit gegeben gewesen.193 Weiterhin nahm er an, dem Hansetag seien durch die Kommunen Rechte abgetreten worden, welche insbesondere die Rechtssetzung betroffen hätten.194 Weitergehend habe der Hansetag „die Funktion eines Gerichtshofes in Bundesangelegenheiten und darüber hinaus als Bundesappellationshof“ gehabt.195 Mit diesen Zuschreibungen, die sich einer modernen Terminologie bedienen, erscheint die Städtehanse als erheblich fester organisiert als sie die herrschende Meinung in der BRD darstellte. Gleichwohl unterstellte Wernicke nicht die unmittelbare Durchsetzung der Hansetagsbeschlüsse in den Städten. Die Kritik Henns entzündete sich einerseits am methodischen Aspekt, da er Wernicke vorwarf, das Ergebnis (Städtebund) vorweggenommen und nicht bewiesen zu haben,196 und andererseits an der Behauptung der Überordnung des Hansetages im Verhältnis zu den Städten, denn dann „hätte den Beschlüssen der Hansetage ein höheres Maß an Verbindlichkeit zukommen müssen“.197

186

Schildhauer, Charakter, 1975, S. 159. Insbesondere die Ausführungen auf S. 160. Verweis auf Dollinger: Schildhauer, Charakter, 1975, S. 160 Fn. 34. 188 Schildhauer, Charakter, 1975, S. 160. 189 Henn, Städtebund, 1984. 190 Wernicke, Städtehanse, 1983. 191 Wernicke, Städtehanse, 1983, S. 10. 192 Wernicke, Städtehanse, 1983, S. 26. 193 Wernicke, Städtehanse, 1983, S. 33 f. 194 Wernicke, Städtehanse, 1983, S. 34. 195 Wernicke, Städtehanse, 1983, S. 38. 196 Henn, Städtebund, 1984, S. 121. 197 Henn, Städtebund, 1984, S. 123. 187

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Wernicke revidierte in der Folgezeit seine Ansichten nicht. Er ging weiterhin von einer Angleichung des Rechts durch die Hanse aus,198 wenngleich er nun interessante Ausführungen über das Verhältnis zum städtischen Recht vornahm,199 die später näher zu erläutern sind.200 Die Hanse sei am Ende des 13. Jahrhunderts zum Territorialprinzip übergegangen,201 sie sei „Gesetzgeber und Gerichtsinstanz“ gewesen,202 wodurch in der Gesamtschau die Annahme eines schlagkräftigen Städtebundes aufrechterhalten wird. Wenngleich er seine Ansichten insoweit relativierte, als er meinte, „[d]as Recht, für die Mitglieder bindende Beschlüsse zu vereinbaren, hatte der Hansetag zwar nicht, jedoch gewannen diese durch der Umstände Gewalt lebensnotwendige Bedeutung“.203 Im wiedervereinigten Deutschland rückte er ebenfalls nicht von seinen grundlegenden Thesen ab. Zwar konstatierte er eine „gewisse Konturlosigkeit“ der Hanse,204 doch unterscheidet sich dies nicht von den Ausführungen in seiner Monographie.205 Er meinte weiterhin, die Hanse „stellte ein Konglomerat von Über- und Unterordnungen selbständiger, autonomer und abhängiger politisch-rechtlicher Einheiten dar, die mit vielfachen Fäden aneinander und untereinander verbunden waren“.206 Mag es daher auch abweichende Ansichten in der DDR zur Verfassung der Hanse gegeben haben, bleibt doch festzuhalten, dass die städtebündische Charakterisierung der hansischen Verfassung herrschende Meinung war. Die städtebündische Verfassung, deren „Konturenlosigkeit“ zwar ebenfalls konstatiert wurde, machte es möglich, eine, wenn auch „beschränkte“, legislative Tätigkeit der Hanse anzunehmen. Es kann daher nicht verwundern, dass gerade Wernicke am Ende der DDR zur Frage nach dem hansischen Recht Stellung nahm. Es soll hier die These vertreten werden, dass eine stärker bündisch angenommene Verfassung, insbesondere mit Elementen der Subordination, die Begründung 198 Wernicke, Die Stadt in der Städtehanse, in: Konrad Fritze/Eckhard Müller-Mertens/Walter Stark (Hrsg.): Autonomie, Wirtschaft und Kultur der Hansestädte, 1984, S. 35 (42 f.). 199 Wernicke, Stadt, 1984, S. 42. 200 Siehe unten F.II.4.a)bb). 201 Wernicke, Recht, 1986, S. 122. 202 Wernicke, Recht, 1986, S. 125. 203 Wernicke, Recht, 1986, S. 137. 204 Wernicke, Hanse und Reich im 15.  Jahrhundert  – ihre Beziehungen im Vergleich, in: Horst Wernicke/Nils Jörn (Hrsg.): Beiträge zur hansischen Kultur-, Verfassungs- und Schiffahrtsgeschichte, 1998, S. 215 (220). 205 Wernicke, Städtehanse, 1983, S. 21: „Tatsächlich läßt sich aber die Städtehanse in ihrer organisatorischen, rechtlichen und politischen Struktur wenig direkt fassen“. 206 Wernicke, Beziehungen, 1998, S. 220. Ebenfalls sehr deutlich: „Die Hanse war am Ende des 13. Jh.s ein Zusammenschluß von Städten, die in den heimischen Territorien, untereinander wie in den hansischen Gastländern Rechte, Freiheiten und Privilegien besaßen, die in der Art und Weise ihrer Zusammenarbeit wie auch in ihrer Wirkung ein Netzwerk von bündischer Konsistenz knüpften“, ders., Von Rechten, Freiheiten und Privilegien, in: Horst Wernicke/ Nils Jörn (Hrsg.): Beiträge zur hansischen Kultur-, Verfassungs- und Schiffahrtsgeschichte, 1998, S. 283 (297).

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von hansischem Recht  – unabhängig von der Qualität desselben  – erleichtert. Eine Forschungsrichtung, wie sie sich in Westdeutschland durchsetzte, die eine rechtliche Analyse der Hanse nicht durchführte, musste dieser Aspekt erhebliche Schwierigkeiten bereiten, wenngleich die grundlegende Möglichkeit nicht bezweifelt wurde. Als Ausgleich diente dann ein diffuses Zusammengehörigkeitsgefühl der Kaufleute. d) Pitz’ hansische Verfassungsgeschichte: Identitätsthese und Einung Pitz stellte sich im Jahr 2001 die Aufgabe, die Verfassung der Hanse zu beschreiben und damit die bisher schwebenden und bloß beschriebenen Probleme zu lösen. Der Kernaspekt seines Werkes ist die Identitätstheorie.207 Mit dieser Iden­ tität wollte er den Gegensatz im Rechtsdenken des hansischen Bereichs zu den übrigen Teilen der mittelalterlichen Welt beschreiben, die vom gelehrten römischen Recht geprägt gewesen seien. Die Identitätsthese wird auf den einleitenden Seiten seiner Monographie beschrieben. Er nahm einen grundlegenden Unterschied zwischen der Identität und der Repräsentation an. Erstere habe dazu geführt, dass der Verband als identisch mit seinen Sprechern gegolten habe, diese hätten den Verbandswillen artikuliert und nicht nur ausgeführt. „Identität [bezeichnet] das Einssein der An- und Abwesenden derart, daß man die jeweiligen Personen und ihre Willen weder unterscheiden konnte noch unterscheiden wollte. So wenige Mitglieder eines Verbandes auch immer anwesend sein mochten, man setzte sie rechtlich gleich mit allen, auch den abwesenden Genossen.“208 Diese Identitätsthese führte Pitz sowohl für die einzelnen Städte als auch für die Hanse durch. Indem er das Verhältnis in den Städten mithilfe seiner Theorie beschrieb, wandte er sich gegen vorherige Auffassungen, die den Rat der Stadt als Obrigkeit darstellten.209 Vielmehr sei von vornherein und mit Berufung auf das „niederdeutsch-hansische Stadtrecht“ die Macht des Rates beschränkt gewesen: für bestimmte Amtsgeschäfte habe der Rat immer der Zustimmung der Bürgerschaft bedurft. Aus diesem Grund seien die Vollmachten der Ratssendeboten auf den Hansetagen notwendig beschränkt und eine formal unbeschränkte Vollmacht ausgeschlossen gewesen.210 Die Hanse erklärte er nun ebenfalls aus dieser Identitätstheorie. Indem die Ratssendeboten auf den Hansetagen oder vorher die Kaufleute in den Auslandsnieder­ lassungen mit den Bürgerschaften der Städte identisch gewesen seien, sei die

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Pitz, Bürgereinung, 2001, S. 59. Pitz, Bürgereinung, 2001, S. 29. 209 Pitz, Bürgereinung, 2001, S. 59, 68 f., 223. 210 Pitz, Bürgereinung, 2001, S. 59, 211, 229. 208

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Hanse von selbst und ohne Gründungsakt konstituiert gewesen.211 Aufgrund dieser Erklärung war es für ihn offenbar, dass die Vollmachten der Ratssendeboten nicht über die Befugnisse des heimischen Rates hinausgehen konnten.212 Die bereits vorher beschriebenen Probleme der Hanse gründete er auf seine Identitätsthese. Die Bürger seien ihrer Stadt und nicht der Hanse verpflichtet gewesen, es habe keinen Hanseeid gegeben.213 Die Ratssendeboten hätten den Ladungsungehorsam nicht wirksam durchsetzen können, da die einzelnen Gesandten der Stadt sich immer auf das vorgehende Stadtrecht hätten berufen können.214 Gerade letzterer Aspekt ist für die Diskussion über das hansische Recht wichtig. Die hansischen Tagfahrten konnten nach Pitz nichts beschließen, was das Stadtrecht gebrochen hätte: „An den niederdeutschen Stadtrechten fand der Wille der gemeinen Städte seine Grenze“.215 Auf den Hansetagen habe nicht das Prinzip der Stimmenmehrheit gegolten, vielmehr habe es „unwidersprochene[r] Eintracht“ bedurft.216 Dabei habe es aber eine Folgepflicht der Minderheit gegeben, sofern sich eine Mehrheit herausgebildet habe.217 Die Identitätstheorie benutzte Pitz auch, um den Übergang von der Kaufmannszur Städtehanse zu erklären. Nach ihm gab es diesen Übergang nicht. Es habe lediglich einen Versuch der wendischen Städte gegeben, das „Einungsrecht so fortzubilden, daß es auch der aus Personen und Partikularverbänden zusammengesetzten, polykephalen hansischen Megalopolis gestattete, einen Gemeinwillen zu bilden und in politische Führung umzusetzen.“218

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Pitz, Bürgereinung, 2001, S. 251, 294 f. (Punkt 4.), 295 f., 313 f., 323. Entscheidende Passagen, S. 313 f.: „Aus all dem ergibt sich, daß die Identität der Willen und Willküren des gemeinen Kaufmanns mit denen der Sonderhansen, der Sonderhansen mit denen ihrer jeweiligen Stadtgemeinden, einer jeden Stadt mit denen der ge|meinen Städte und somit wiederum des gemeinen Kaufmanns eine ursprüngliche Rechtstatsache war, die nicht ihrerseits erst durch Willküren oder Verträge hätte geschaffen werden müssen.“ S. 323: „Der polypolitische Verband des gemeinen Kaufmanns erforderte als Schutzherrn (anstatt des Königs) ebenfalls einen polypolitischen Verband, d. h. einen Verband aller Städte, die sich zur deutschen Hanse rechneten und ihrerseits verpflichtet waren, den eigenen Kaufmann auch im Auslande zu beschirmen. Mit der Einung der aus einer Vielzahl von Städten in den Kontoren zusammen­ strömenden Kaufleute war die Einung dieser Städte von selbst gegeben, aus der Schutzpflicht der Einzelstädte folgte diejenige der gemeinen Städte“. 212 Pitz, Bürgereinung, 2001, S. 376 f., 383. 213 Pitz, Bürgereinung, 2001, S. 333. 214 Pitz, Bürgereinung, 2001, S. 367, 376. 215 Pitz, Bürgereinung, 2001, S. 383. 216 Pitz, Bürgereinung, 2001, S. 402. 217 Pitz, Bürgereinung, 2001, S. 405. Über das Zustandekommen der Beschlüsse siehe auch ders., Einstimmigkeit oder Mehrheitsbeschluß?, in: Wilfried Ehbrecht (Hrsg.): Verwaltung und Politik in Städten Mitteleuropas, 1994, S. 115–146. 218 Pitz, Bürgereinung, 2001, S. 367.

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Pitz’ Verfassungsbeschreibung ist einerseits wissenschaftsgeschichtlich relevant, weil beispielsweise die Hansemonographie von Hammel-Kiesow die Ergebnisse übernahm.219 Andererseits ist sie im Hinblick auf das hansische Recht von hoher Relevanz, weil sie mit ihren Ausführungen über das Verhältnis von Städten zur Hanse eine Linie fortführte, die sich bereits in der vorherigen Forschung andeutete.220 Sie sieht sich jedoch Bedenken ausgesetzt, die vor allem die Methodik und den Umgang mit den Erkenntnissen der Rechtsgeschichte betreffen.221 Beachtenswert ist, dass Pitz seine Identitätstheorie erst verhältnismäßig spät entwickelte. Ein Aufsatz von 1994, auf den er später in Teilen zurückgriff,222 enthält weder die starke Dichotomie von mittelalterlich germanischem und römischem Recht noch die Identitätsthese als solche.223 Pitz’ Werk stellt für die Verfassungsgeschichtsschreibung der Hanse den Vollzug der bereits vorher angedeuteten Umkehr dar. Griffen Friedland und später Henn die gängige These von einer Umwandlung der Kaufmanns- in eine Städtehanse in Teilen an, so verwarf Pitz diesen Übergang vollständig. Indem er darüber hinaus die Ratsverfassung der Städte neu deutete, löste sich die Hanse auch rechtlich in eine Versammlung von Kaufleuten auf. Damit ist nicht gesagt, dass Pitz die Städte in rechtlicher Hinsicht ausklammerte, denn sie blieben bei ihm als Beschützer der Kaufleute weiterhin vorhanden, doch waren nach ihm die Entscheidungsträger der Städte und damit der Hanse in allen rechtlich relevanten Entscheidungen an die Bürgerschaft gebunden. Unter diesen Umständen blieb bereits aus Gründen der hansischen Verfassung kaum Raum für ein hansisches Recht. Zwar meinte Pitz, in Gebieten, die eine einheitliche Rechtsordnung erfordert hätten, habe auch ein übereinstimmender Wille zur Durchsetzung dieses Rechts bestanden,224 doch zeigt die Forschungsgeschichte zur Gotländischen Genossenschaft, unter welchen Druck Postulate von interessengeleiteten Gemeinschaften gerieten.

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Hammel-Kiesow, Hanse, 2008, S. 66–87. Siehe unten: F.II.4.c). 221 Siehe unten: F.III.3. 222 Pitz, Bürgereinung, 2001, S. 363, Fn. 784. Dort führte er aus, dass er an dem Vergleich der hansischen Verfassung mit Königreichen, in denen die Könige „im Einvernehmen mit einer Lehnskurie und den vor die Schranken des Lehnshofes geladenen Vertretern der Gemeinden regierten“ (S. 362), festhalte und diesen Vergleich weiterhin „aus dem Problem der Vollmacht und des Ladungsungehorsams“ begründet sehe, allerdings müsse er „manches andere damals Ausgeführte heute verwerfen“. 223 Pitz, Einstimmigkeit, 1994, S.  119: hier zwar Trennung von germanischem und römischem Recht, aber S. 128 zeigt dann auf, dass Pitz die Bemühungen Lübecks um die Anwerbung von im römischen Recht geschulten Juristen im 13. Jahrhundert kannte und im Hanseraum die Unterscheidung von General- und Spezialvollmacht bekannt sein musste. Näheres bei F.III.3., Text ab Fn. 534. 224 Pitz, Bürgereinung, 2001, S. 415. 220

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Es soll daher hier die These vertreten werden, dass eine Forschungsrichtung, die die Verfassung der Hanse von den Kaufleuten her deutet, kaum Raum für eine verfassungsgeschichtliche Begründung von hansischem Recht im engeren Sinne bietet oder sich auf Übereinstimmungen aus gemeinsamen Interessen zurück­ziehen muss. 3. Die Bedeutung der Stadtrechte: Lübeck und Europa Die Stadtrechtsforschung nahm eine immer größer werdende Bedeutung der Stadtrechte und insbesondere des Lübischen Rechts und Magdeburger Stadtrechts an. Dabei kann eine Verschränkung zwischen Lübischem und hansischem Recht ausgemacht werden. Die Raumkonzepte, die sich nach einigen Jahrzehnten im 20. Jahrhundert zeigten, beeinflussten dabei die Darstellung der Stadtrechte. In der Frühzeit der BRD wurde weiterhin von einer Zweiteilung der Stadtrechtsräume ausgegangen, wobei Magdeburg eine binnenländische Bedeutung und­ Lübeck eine Bedeutung für die Küstenstädte zugeschrieben wurde, die vor allem W. Ebel vertrat.225 Die Verbindung der Stadtrechte mit einem Raumkonzept zeigt sich exemplarisch an W. Ebels Diktum von der Ostsee, welche „rechtshistorisch ein mare Lubicense“ gewesen sei.226 Die besondere Bedeutung der Stadtrechte sah namentlich Brandt in ihrer Rationalität und Homogenität, wobei er den Hansestädten „eine gewisse maßvolle und kühle Nüchternheit“ zuschrieb.227 Bei diesen Attributen konnte ein Bezug zur rechtlichen Situation der Hanse nicht ausbleiben. a) Das Lübische Recht und seine europäische Bedeutung Eine vermeintliche Kleinigkeit in der Bewertung des Lübischen Rechts soll hier angemerkt werden. Wie in den vorherigen Abschnitten ersichtlich, wurde namentlich das Lübische Recht in immer größere Zusammenhänge eingeordnet. Zunächst ein eigenständiges Phänomen, wurde ihm einerseits hansische und andererseits deutsche Bedeutung zugeschrieben. In der BRD lassen sich nun vereinzelt Nachweise geben, bei denen die Autoren eine europäische Bedeutung des Lübischen Rechts sahen. So wollte beispielsweise Schubart-Fikentscher von einer „europäischen Bedeutung“ des Lübischen Rechts sprechen, weil es „über ein räumlich weit ausgedehntes Gebiet herrschte, in sich fest geschlossen war und dauerhaft 225 W. Ebel, Osten, 1952, S. 12; ders., Lübeck, 1962, S. 40; ders., Lübisches Recht im Ostseeraum, 1967, S. 23; ders., Lübisches Recht, Bd. 1, 1971, S. 24; Dollinger, Hanse, 1966, S. 50; Lieberwirth, Stadtrecht, 1995, S. 681 (Andeutung für Lübisches Recht). 226 W. Ebel, Ostseeraum, 1967, S. 23 (beachte den Titel der Publikation). 227 Brandt, Raum, 1978, S. 8, 12.

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gegenüber fremdem Recht“.228 Ihre Äußerung ist dabei einerseits wissenschaftsgeschichtlich interessant, weil sie diese in ihrer Rezension zu kleineren Arbeiten von W. Ebel veröffentlichte, andererseits weil sie mit den drei genannten Aspekten wichtige Anhaltspunkte für die damalige Forschungsmeinung gab. Das Lübische Recht habe nach ihrer Meinung über ein weit ausgedehntes Gebiet geherrscht – dies mag als sprachliche Ungenauigkeit abgetan werden, da Schubart-Fikentscher die Geltung der Stadtrechte aufgrund ihrer Forschung bekannt war. Indem sie aber auf die gängigen Raumkonzepte Bezug nahm, erschien das Lübische Recht nicht allein als das Recht von Städten, sondern als gebietsweise geltendes Recht. Die von ihr aufgegriffene Geschlossenheit des Lübischen Rechts sah sie selbst vorher differenzierter. Bereits vorher war bekannt, dass das Lübische Recht den einzelnen Tochterstädten gewisse Abweichungen gestattete und die Ratsurteile nicht unmittelbar galten. Schließlich war die behauptete Abgeschlossenheit gegenüber dem fremden Recht ein gern benutztes Postulat, welches wohl nur durch die damalige Sicht auf die eigene Geschichte erklärt werden kann. Die europäische Sichtweise229 mit deutschem Akzent setzte wohl voraus, das Lübische Recht als eine geschlossene Rechtsmaterie zu werten. Inhaltlich ent­ sprechende Wertungen finden sich ebenfalls bei W. Ebel und Brandt.230 b) Das travezentrische Hansebild und das Lübische Recht Das in der Geschichtswissenschaft vorherrschende travezentrische Hansebild wurde rechtsgeschichtlich von einer starken Verschränkung zwischen Lübischem und hansischem Recht unterstützt. Namentlich W. Ebel nahm, mit gewissen Einschränkungen, an: „Lübisches Recht war nicht immer und schlechthin, aber gelegentlich, je nach dem Ort, auch hansisches Recht.“231 Dabei ging er nicht von einer vollständigen Identität aus. Als er für einen der ersten Bände der Hansischen Geschichtsblätter der Nachkriegszeit einen Aufsatz beisteuern sollte, sprach er sich gegen Aufsätze über die „rein juristischen Lubecensien“ aus, „da sie dem gesamthansischen Charakter der HGBl. nicht voll entsprechen“; sie seien „lübisch und nicht hansisch“.232 228

Schubart-Fikentscher, [Rezension zu] Wilhelm Ebel, Hansisches Recht, Forschungen zur Geschichte des lübischen Rechts und Lübisches Kaufmannsrecht, ZRG GA, Bd. 69 (1952), S. 467 (475). 229 Dazu kurz unten F.III.2.a). 230 Siehe W. Ebel, Osten, 1952, S. 3: Stadtrecht als „Phänomen von europäischem Ausmaß [Worte sind gesperrt] und Rang“. Brandt, Meere, 1953, S. 186 f.: Lübecker Rat habe bei Völker-/Seerechtssachen in „unserem nordeuropäischen Raum Grundsätze erfolgreich vertreten“ und damit zeige sich eine „kulturfördernde Wirkung des lübischen Rechts“. Ähnlich wie W. Ebel Brandt, Das Allgemeine im Besonderen, ZVLGA, Bd. 51 (1971), S. 15 (24). 231 W. Ebel, Begriff I, 1949, S. 12. 232 Brief W. Ebels vom 27.10.1949, AHL, NL Rörig, Nr. 40, Konvolut Ebel. Es wurde schließlich veröffentlicht: W. Ebel, Hansisches Seerecht um 1700, HGbll., Bd. 70 (1951), S. 84–102.

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W.  Ebel vertrat diese Verschränkungsthese fortwährend.233 Die Hauptquelle, um die Behauptung für die hansische Frühzeit zu stützen, war für die Autoren ein angeblicher Hanserezess von 1260/64 (HR I, 1, n. 7).234 An diesem Aspekt zeigt sich wie unter einem Brennglas die Verbindung der Editionsgrundsätze Koppmanns, die Verschränkung von Lübischem Stadtrecht mit hansischen Recht und die Annahme von hansischem Recht als solchem. Aus der überragenden Bedeutung von Lübeck für die hansische Geschichte wurde eine hohe Bedeutung gerade dieses Rezesses gefolgert. Da die wendischen Städte den Rezess beschlossen und sie dabei Vereinbarungen mit Bezug auf das Lübische Recht getroffen hätten, sei die Bedeutung des Lübischen Rechts für die Hanse und das hansische Recht von selbst gefolgt. W. Ebels Publikationen sind dabei nicht von einer einheitlichen Linie getragen. Fragte er sich zwar, in welchem Kausalitätsverhältnis die wirtschaftliche und politische Potenz Lübecks zum Lübischen Stadtrechtskreis gestanden habe,235 so nahm er wenig später an, Lübeck sei der „[Prototyp] der Hansestadt schlechthin“ gewesen und daher könne er von hansischem Rechtsleben sprechen.236 Die meisten anderen Autoren teilten diese Sicht. Für Johansen wurden die Städte auch durch das Stadtrecht zusammengehalten.237 Die im genannten Rezess erwähnten Lübischen Kaufleute hätten an den Gründungen der Ostseestädte entscheidend mitgewirkt und somit lübische Tochterstädte geschaffen.238 Reibstein sah ebenfalls eine enge Verbindung zwischen Lübischem und hansischem Recht.239 Brandts Betonung von Lübeck für die Geschichte der Hanse wirkte sich zusätzlich im rechtlichen Bereich aus. Lübeck war für ihn die erste Etappe im Werden der Hanse, die Städte hätten gerade im rechtlichen Bereich Besonderheiten gezeigt und dabei habe das hamburgisch-lübische Recht eine herausgehobene 233 W. Ebel, Forschungen, 1950, S. 14; ders., Osten, 1952, S. 15; ders., Bürgerliches Rechtsleben zur Hansezeit in Lübecker Ratsurteilen, 1954, S. 1; ders., Lübeck, 1962, S. 43; ders., Der Rechtszug nach Lübeck, HGbll., Bd. 85 (1967), S. 1 (11); ders., Lübisches Recht, Bd. 1, 1971, S. 7, 28, 92. 234 W. Ebel, Begriff I, 1949, S. 10 f.; ders., Forschungen, Bd. 14, 1950, S. 14; Johansen, Umrisse, 1955, S. 82; Reibstein, Völkerrecht, 1956/57, S. 66; W. Ebel, Lübeck, 1962, S. 43; Dollinger, Hanse, 1966, S. 69; W. Ebel, Rechtszug, 1967, S. 11; ders., Lübisches Recht, Bd. 1, 1971, S. 92; Friedland, Hanse, 1991, S. 134 f., 156 f. 235 W.  Ebel, Forschungen, 1950, S.  9: „Auch hier erhebt sich die Frage, ob die Bildung eines so gewaltigen Stadtrechtskreises durch den überragenden wirtschaftlichen und politischen Rang Lübecks bedingt gewesen ist oder ob nicht eher umgekehrt der Umstand, daß Lübeck als Mutterrechtsstadt und deshalb als Oberhof (Appellationsgericht) so zahlreicher Städte eine führende Stellung einnahm, seinen Einfluß auch in sonstiger Hinsicht stärkte und erhöhte“. 236 W. Ebel, Rechtsleben, 1954, S. 1. 237 Johansen, Umrisse, 1955, S. 72. 238 Johansen, Umrisse, 1955, S. 82. 239 Reibstein, Völkerrecht, 1956/57, S. 66, mit Bezugnahme auf HR I, 1, n. 3, 7: „Das hansische Seerecht wird in Vorwegnahme des Erfolges, den Lübeck erst 1293 über Wisby davontragen sollte, lübisches Recht genannt“.

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Rolle gespielt.240 Dollingers Hansegeschichte nimmt diese Linie ebenfalls auf. Lübecks Gründung habe den Anfang der Hanse markiert, das Stadtrecht sei für die Stadtentwicklung sehr wichtig gewesen, dabei habe Lübeck einen „hervor­ ragenden Anteil“ an den Stadtgründungen im Osten gehabt und aus dem erwähnten Rezess ergebe sich, dass Lübeck mithilfe seines Recht politische Vorteile habe erzielen wollen, was aber gescheitert sei.241 Den letzten Aspekt, die Nutzbarmachung des Lübischen Rechts für politische Zwecke, hob Dollinger hervor: „Eine interessante Besonderheit ist es, daß alle Entscheidungen des Bundes auch auf die Städte lübischen Rechts anwendbar waren, deren es an der Ostsee so viele gab.“242 Es sei an dieser Stelle auf die oben gemachten Ausführungen zu den ähnlichen Bemerkungen von Fink erinnert, nach denen sich die Erstreckung des Rezesses auf alle Städte Lübischen Rechts der Quelle nicht entnehmen lässt.243 Widerstand gegen die Ableitungen aus dem erwähnten Hanserezess lässt sich für die Anfangszeit der BRD nur vereinzelt nachweisen. Namentlich Schultzevon Lasaulx äußerte sich kritisch zu W. Ebels Annahmen hinsichtlich des hansischen Rechts. Er wollte sich „davor hüten, lübisches Recht für hansisches Recht auszugeben“.244 Seine Begründung fußt maßgeblich auf einer Trennung der Vorgänge des Lübischen Rechts von denen eines hansischen Rechts. Die Anwendung von lübischen Normen oder die Anrufung Lübecks aus einer nichtlübischen Stadt habe nur die Reichweite des Lübischen Rechts betroffen und sage nicht zwingend etwas über das hansische Recht.245 Soweit ersichtlich, verhallten seine Mahnungen ungehört.246 Als W. Ebel im Rahmen einer Diskussion die Frage beantworten sollte, warum sich Lübeck ohne Gegenleistung zum Oberhof machen ließ, stellte er darauf ab, die Städte seien einerseits von Lübecker Bürgern gegründet worden, andererseits habe es im Lübecker Interesse gelegen, in einem einheitlichen Handelsgebiet ein einheitliches Recht zu haben und Lübeck habe so zudem an politischer Stoßkraft gewinnen können.247 Vordergründig betraf diese Diskussion einen Aspekt der lübischen Rechtsgeschichte, doch wird aus dem Vortrag weiterhin

240 Brandt, Wirtschaftsorganisation, 1963, S. 16, 13. Zum letzten Aspekt siehe S. 29: „Da ist zunächst die im Grundsatz überall gleiche rechtliche und soziale Situation im Innern der Städte: die Bindung an ein Stadtrecht, das die Stadt vom Lande schied, das sie aber mit zahlreichen anderen Städten gleichen oder ähnlichen Rechts verknüpfte – besonders deutlich ausgeprägt im Bereich des lübisch-hamburgischen Rechts, […] als Kaufmannsrecht und Seerecht auch außerhalb der Stadtmauern wirksam“. 241 Dollinger, Hanse, 1966, S. 10, 31, 51, 69. 242 Dollinger, Hanse, 1966, S. 69. 243 Siehe oben: E.II.4.a)bb), Text nach Fn. 274. 244 Schultze-von Lasaulx, [Rezension zu] Ebel, Hansisches Recht, Zeitschrift des Vereins für Hamburgische Geschichte, Bd. 42 (1953), S. 225 (228). 245 Schultze-von Lasaulx, Rezension W. Ebel Recht, 1953, S. 228. 246 Siehe zu W.  Ebels Selbsteinschätzung, es habe keine Kritik gegeben, unten F.II.4.a) aa) Fn. 331. 247 W. Ebel, Ostseeraum, 1967, S. 40 f.

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W. Ebels Verknüpfung der lübischen Rechtsgeschichte mit der hansischen Rechtsgeschichte deutlich.248 Zu beachten ist indes, dass der Ausdruck „Recht“ zuweilen nicht im Sinne einer objektiven Rechtsordnung, sondern als subjektives Bürgerrecht verstanden wurde, wodurch Missverständnisse entstehen konnten. Die bereits angesprochenen Arbeiten von W. Ebel zielen, soweit ersichtlich, auf eine Gleichsetzung der objektiven Normen ab. In Friedlands Hansemonographie, die sich gegen eine Trennung von Kaufmanns- und Städtehanse wendet, bezieht sich Lübecks gescheiterter Versuch, „sich zur entscheidenden ordnungspolitischen Macht im Ostseeraum zu machen“, freilich auf die Schaffung eines „[hansischen] Obergericht[s]“249 und eines „[hansischen] Bürgerrechts des Kaufmanns in einem hansischen Städtebund“.250 Ein weiterer Aspekt der Verschränkung zwischen Lübischem und hansischem Recht ist die Analyse der Rechtsverhältnisse in den Kontoren. Nach W. Ebel habe in den Kontoren Lübisches Recht gegolten,251 wenngleich er in einigen Werken Einschränkungen bezüglich einiger Kontore machte.252 Als Beleg für die Fortwirkung der Ansichten W. Ebels dient wieder Lieberwirths Aufsatz, in dem er keine Einschränkungen für einzelne Kontore vornahm.253 In jüngster Zeit griff Henn diesen Aspekt an. Für ihn zeige sich ein „ambivalentes Bild: Mit Sicherheit wird man nicht sagen können, dass in den Hansekontoren generell lübisches Recht gegolten habe“.254 Wie gezeigt, vertrat W. Ebel nicht in jedem Werk, dass in den Kontoren generell Lübisches Recht gegolten habe. Ähnlich wie im Falle Rörigs mag W. Ebels Neigung zu Vorträgen und markigen Zusammenfassungen diesen Eindruck hervorgerufen haben. Da er sich aber nur einmal255 und zudem bloß in Vortragsform ausdrücklich zum hansischen Recht äußerte und seine monographische Darstellung des Lübischen Rechts unvollendet blieb, konnte ein derartiger Eindruck entstehen. Die These, Lübeck habe seine Vorstellungen in das hansische Recht einbringen oder gar durchsetzen können, lässt sich dennoch vereinzelt nachweisen,256 wenngleich gelegentlich mit dem bereits von Dollinger bekannten Zusatz, Lübeck sei schließlich damit gescheitert.257 248

W. Ebel, Ostseeraum, 1967, S. 23, 26 f. Diesen Ausdruck setzte Friedland in Anführungszeichen. 250 Friedland, Hanse, 1991, S. 156. 251 W. Ebel, Osten, 1952, S. 15; ders., Lübisches Recht, Bd. 1, 1971, S. 7. 252 W. Ebel, Rechtszug, 1967, S. 11: „Außer den Städten lübischen Rechts appellierten auch, wie bekannt, einige hansische Kontore nach Lübeck“. Beachtenswert auch eine Passage in ders., Lübisches Recht, Bd. 1, 1971, S. 28; anders als auf S. 7 wird Brügge nicht mehr erwähnt. 253 Lieberwirth, Stadtrecht, 1995, S. 681. 254 Henn, Auslandsniederlassungen, 2009, S. 65. 255 Wenngleich er eine in einem zentralen Punkt überarbeitete Fassung seines Vortrags veröffentlichte, dazu sogleich F.II.4.c). 256 Goetze, Seerecht, 1983, S. 133, 135, 140; Lieberwirth, Stadtrecht, 1995, S. 685. 257 Friedland, Hanse, 1991, S. 135, 140. 249

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Erwähnt seien abschließend zwei weitere Aspekte: Die Frage nach dem angewandten Recht bei Schlichtungen auf Tagfahrten und die Frage der städtischen, besonders der Lübecker Rechtssetzung. Wernicke untersuchte die Vorgehensweise bei Schlichtungen und Appellationen vor dem Hansetag. Dabei ging er davon aus, die auf den Hansetagen versammelten Ratssendeboten hätten nicht von vornherein nach einem städtischen Recht entscheiden können, sondern hätten vielmehr ein irgendwie geartetes gemeines Recht zugrunde legen müssen.258 Weiterhin meinte Wernicke – und hier wird die Verschränkung zum Lübischen Recht deutlich –, dass sich der Hansetag häufig auf das Lübische Recht als Grundlage geeinigt habe und somit Lübeck auch in diesen Angelegenheiten zu einem Appellationshof geworden sei.259 Es handelt sich hierbei um eine weitere Nuancierung des Diktums W. Ebels von der teilweisen Identität des Lübischen mit dem hansischen Recht. Wie Lübeck für die allgemeine Genesis der Hanse von überragender Bedeutung war, so war auch das Lübische Recht für die Autoren Ansatz- oder gar Zentralpunkt der hansischen Rechtsgeschichte. Die enge Verbindung zu den Kaufleuten folgte nicht zuletzt aus dem letzten hier darzustellenden Aspekt: Der (modern gesprochen) Rechtssetzung des Lübecker Rates. Seit W. Ebels Untersuchungen war es allgemeine Ansicht, dass der Lübecker Rat das Lübecker und damit das Lübische Recht hervorgebracht habe.260 Zwar sei eine bürgerliche Beteiligung zuweilen nachweisbar,261 doch sei es aus der Sicht des Rates weiterhin dieser, der das Recht gesetzt habe.262 Den Rat besetzten aber vor allem die Kaufleute. Mit dieser Sichtweise wird die Argumentation der Forschung nachvollziehbar: Der Lübecker Rat, bestehend vor allem aus Kaufleuten, musste sich zwar zuweilen der Mitwirkung der Bürgerschaft versichern, brachte aber in letzter Konsequenz das Lübische Recht hervor. Er war es, der durch seine kaufmännische Führung weiterhin über die Einheitlichkeit der Regelungen wachte – 258 Wernicke, Hansetag, Recht und städtischer Alltag, in: Silke Urbanski/Christian Lamschus/Jürgen Ellenberger (Hrsg.): Recht und Alltag im Hanseraum, 1993, S. 429 (432 f.): „Ein wesentlicher Unterschied zwischen beiden [Ratsleuteversammlung in der Hanse und städtischem Rat] bestand aber darin, daß der einzelstädtische Rat seine Sprüche allein auf das jeweilige Stadtrecht und den sich darauf aufbauenden eigenen Willküren gründete. Den hansischen Ratssendeboten aus | einer Anzahl von Hansestädten mit unterschiedlichen Rechtslagen bleibt der Rückzug auf eine Einigung ‚na der hense rechte‘ [Verweis] bzw. in den ‚kopman rechte‘“. 259 Wernicke, Hansetag, 1993, S. 433. 260 W. Ebel, Lübisches Recht, Bd. 1, 1971, S. 168: „Das lübische Recht, das auf dem eben beschriebenen Rechtsboden erwuchs und zu reicher Blüte gelangte, war eine bewußte Schöpfung des Rates von Lübeck, sei es, daß er überkommene oder später entstandene Rechts­ gewohnheiten richterlich bestätigte, hervorgebrachtes (mitgebrachtes) Recht abänderte (‚besserte‘) oder neuen Rechtsbedürfnissen im Wege der statutarischen Willkürgesetzgebung (decreta, arbitria, kore, wilkor) Rechnung trug“. 261 W. Ebel, Lübisches Recht, Bd. 1, 1971, S. 174. 262 W. Ebel, Lübisches Recht, Bd. 1, 1971, S. 177.

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sei es in Lübeck selbst oder durch die Appellationen an den Lübecker Rat. Da­ Lübeck und damit die Lübecker Ratssendeboten eine überragende Stellung in der Hanse genossen, zeigt sich wiederum die enge Verschränkung von Lübischem und hansischem Recht. Indes griff gerade Pitz die uneingeschränkte Rechtssetzung durch den Rat an. Seine bereits angesprochene Monographie ist mindestens so sehr den innerstädtischen Verhältnissen wie den hansischen gewidmet. Im Bereiche des Verfassungsrechts sah er eine Beschränkung der Macht des Lübecker Rates, die er wiederum aus seiner Identitätsthese erklärte.263 Entwickelte sich der Rat aber nicht zu einer Obrigkeit, hatte er seine Macht nicht usurpiert, sondern war immer aufgrund der behaupteten Identität gebunden, zerfällt die Verschränkung von Lübischem und hansischem Recht. Diese Annahmen traf Pitz zwar ausdrücklich nur zum Ver­ fassungsrecht – weite Teile des (modern gesprochen) materiellen Rechts nahm er mit Hinweis auf gemeinsame Interessen aus – doch berühren seine Thesen in konsequenter Anwendung ebenfalls das übrige Lübische Recht. Wenn weder der Lübecker Rat eine eigene Machtvollkommenheit besessen habe, noch auf den Hanse­ tagen eine solche Macht vorhanden gewesen sei, bleibt für die Annahme eines fest geschlossenen, einheitlichen Lübischen Rechts nur eine Grundlage, wenn auf gemeinsame Überzeugungen und Interessen abgestellt wird.264 Wie bereits zu Pitz’ Verfassungsbeschreibung festgestellt, zeigt sich an dieser Stelle, wie stark die Annahme von Überschneidungen zwischen Lübischem und hansischem Recht von Postulaten abhängt. c) Die Angriffe auf die travezentrische Sicht Die herrschende travezentrische Sicht und ihre Auswirkungen im rechts­ geschichtlichen Bereich blieben gleichwohl nicht unbestritten. Insbesondere seit den 1980ern lässt sich eine kritische Sicht auf die Lübeckfixierung feststellen. Weitzel setzte sich kritisch mit W. Ebels Annahmen einer der Rezeption des römischen Rechts vorgreifenden Fortschrittlichkeit des lübisch-rechtlichen Verfah 263

Pitz, Bürgereinung, 2001, S. 141: W. Ebel habe das Lübische Recht auf den „Willen des Rates“ zurückgeführt und alles andere ausgeschlossen. Dies sei für bestimmte Bereiche zutreffend (für „das bürgerliche, das Handels- und Seerecht, das Straf- und Prozeßrecht“), aber nicht für das Verfassungsrecht, da hier die „Mitwirkung der Bürgerschaft“ notwendig ge­ wesen sei. 264 Pitz, Bürgereinung, 2001, S.  415, zu den Durchsetzungschancen hansischer Rezesse: „Sehr wesentlich freilich hingen diese Chancen auch vom Inhalt eines Rezesses ab. Was die Ratssendeboten in Fragen des Handels- und Gewerberechts, des Schiff- und Seerechts, des Gesellschafts- und ehelichen Güterrechts, des Erb- und Testamentsrechts für Recht erkannten, das alles hatte auf Grund des praktischen Bedürfnisses der hansischen Megalopolis an einem einheitlichen Privatrecht die größte Chance, im Laufe der Zeit allgemeine Anerkennung zu finden, genauso, wie auf diesen Gebieten die Verdienste des Rates von Lübeck als Hauptes der Hanse, als Oberhofs der Ostseestädte und Schöpfer des lübischen Rechts am klarsten hervortreten“.

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rens265, insbesondere der Annahme einer Appellation im Lübischen Recht266 sowie des Verhältnisses von Recht und Willkür267 auseinander und auch im geschichtlichen Bereich nahm der Widerstand zu. Teilweise geschahen diese Neujustierungen ohne ausdrücklichen Bezug zum Stadtrecht,268 teilweise geriet das Lübische Recht – wie beispielsweise in einem Aufsatz von Hammel-Kiesow – in den Blick.269 Dieser kritisierte die in der Forschung behauptete Vorbildrolle Lübecks, da dabei die anzulegenden Kriterien nicht weiter dargestellt worden seien.270 Die Ausbreitung des Lübischen Rechts wollte er lieber mit pragmatischen Kriterien wie der Eignung oder der Erfahrung erklärt wissen, zudem müsse immer genau untersucht werden, welche Teile des Lübischen Rechts übernommen worden seien und inwieweit nach Lübeck appelliert werden konnte.271 Wenn zudem wie bei Henn, der die Geltung des Lübischen Rechts in den hansischen Kontoren kritisch beurteilte,272 die Hanse aus ihren Teilräumen her gedeutet wird, bleibt für einheitliche Gebiete und rechtliche Geltungsräume kein Platz.273 Dilcher beschrieb in seiner Rechtsgeschichte zum Stadtrecht auch den L ­ übischen Rechtskreis und nahm dabei häufig Bezug auf W. Ebels Forschungen. Eine Verbindung zwischen Lübischem und hansischem Recht sah auch Dilcher, wenngleich die beiden nicht „formell“ übereingestimmt hätten, da das hansische Recht erst habe transformiert werden müssen. „Inhaltlich dagegen bestehen naheliegende Beziehungen.“274 Es bleibt bis heute ein disparates Bild, wenn die Verschränkung von Lübischem und hansischem Recht betrachtet wird. Einerseits geht die Forschung nicht mehr schematisch und kriterienlos von einer überragenden Bedeutung des Lübischen Rechts in der Hanse aus, andererseits bleibt die Annahme einer engen Ver­bindung der beiden Rechtsgebiete weiterhin bestehen. Mag die Darstellung rationalisiert worden sein, wird sie doch weiterhin von außerhalb der Quellen liegenden Motiven getragen: die Einheitlichkeit „des“ Lübischen Rechts, gerade in den Bereichen, die heute dem Handelsrecht zugeordnet werden, liege in den gemeinen Interessen 265

Weitzel, Über Oberhöfe, Recht und Rechtszug, 1981, S. 135–147. Weitzel, Oberhöfe, 1981, S. 18. 267 Weitzel, Oberhöfe, 1981, S.  46–50, dabei geht es indes nur um die Datierung der An­ näherung von Recht und Willkür. 268 Ellmers, Entstehung, 1985, S. 7, 20, 32; Stoob, Lübeck als ‚Caput omnium‘ in der Hanse, Blätter für deutsche Landesgeschichte, Bd. 12 (1985), S. 157 (157–159). 269 Hammel-Kiesow, Lübeck als Vorbild zahlreicher Städtegründungen im Ostseeraum?, in: Erich Hoffmann/Frank Lubowitz (Hrsg.): Die Stadt im westlichen Ostseeraum, 1995, S. 236 (299 ff.). 270 Hammel-Kiesow, Städtegründungen, 1995, S. 277. 271 Hammel-Kiesow, Städtegründungen, 1995, S. 301. 272 Henn, Auslandsniederlassungen, 2009, S. 65. 273 Henn, Kommunikative Beziehungen und binnenhansisches Raumgefüge, in: Rolf Hammel-Kiesow (Hrsg.): Vergleichende Ansätze in der hansischen Geschichtsforschung, 2002, S. 33 (36). 274 Bader/Dilcher, Rechtsgeschichte, 1999, S. 634. 266

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„der“ Kaufleute begründet. Aus rechtsgeschichtlicher Sicht bleibt festzuhalten, dass eine andere Begründung bei den heute vorherrschenden Ansichten zur Hanse nicht möglich ist. Wenn die Hanse keine eigene Macht zur Durchsetzung des Rechts besaß und auch Lübecks Macht beschränkt blieb, konnte eine einheitliche Rechtsmaterie nur aus gemeinsamen Überzeugungen oder indirekten Zwängen (Verhansung) entstehen. d) Lübisches Recht und Rezeption Für das Verhältnis von Lübischem Recht zur Rezeption lassen sich nur wenige Nachweise aus der Forschung geben. Dieser Aspekt verdient nur deswegen Be­ achtung, weil er eine tragende Säule für die Begründung eines „deutschen“ gegenüber dem fremden Recht abgeschotteten Lübischen Rechts war und insbesondere von W. Ebel vertreten wurde. In Bezug auf die romanistische Forschung ab dem 16. Jahrhundert sprach er vom „weltfremden Treiben der Romanisten“275, meinte, dass das „[bürgerliche] Rechtsdenken der Rezeption des Fremdrechts nicht nur in die Hand gearbeitet [hat]; auch Widerstand ist zu verzeichnen“276 und das Lübische Recht vor der Stadtrechtsrechtreformation 1586 sei ein „unverfälschtes, reines und wesentlich einheitliches“277 Recht gewesen. Wie gezeigt, trat auch eine Rechtshistorikerin wie Schubart-Fikentscher für diese Thesen ein.278 Bis in die jüngere Zeit wurde vertreten, die „Hansestädte [sind] länger als anderswo deutschrechtlich geblieben“279. Letzteres sollte auch dadurch belegt sein, dass der Lübecker Rat die Anwendung des Kaiserlichen Rechts gegenüber dem Reichskammergericht noch 1555 zurückgewiesen habe.280 In jüngster Zeit zeichnete Cordes hingegen ein anderes Bild. Das bemühte Beispiel von 1555 erscheint insoweit in neuem Licht, als eingestellt werden müsse, dass das Reichskammergericht die Statutentheorie und damit den Vorrang des Partikularrechtes akzeptiert habe.281 Zudem verwies Oestmann auf die teilweise Rezeption von römischen Rechtssätzen in Lübeck.282 275

W. Ebel, Forschungen, 1950, S. 20; ders., Lübeck, 1962, S. 44 (wortgleich). W. Ebel, Leistung, 1966, S. 255. 277 W. Ebel, Lübisches Recht, Bd. 1, 1971, S. 12. 278 Schubart-Fikentscher, Rezension W. Ebel, 1952, S. 475: Lübisches Recht sei „dauerhaft gegenüber fremdem Recht“ gewesen. 279 Andermann, Das lübische und das gelehrte Recht im Ostseeraum, in: Nils Jörn/Bernhard Diestelkamp/Kjell Åke Modéer (Hrsg.): Integration durch Recht, 2003, S. 97 (109). Ähnliche Bemerkung bei Wernicke, Recht, 1986, S. 141: „Für die hansischen Bürger war die Anwendung des römischen Rechts im Interesse der katholischen Kirche jedoch nicht akzeptabel“. 280 Andermann, Ostseeraum, 2003, S. 116. 281 Cordes, Acceptance and Rejection of ‚Foreign‘ Legal Doctrine by the Council of Lubeck Around 1500, in: Serge Dauchy/W. Hamilton Bryson/Matthew C. Mirow (Hrsg.): Ratio decidendi, 2010, S. 17 (32). 282 Oestmann, Geistliche und weltliche Gerichte im Alten Reich, 2012, S. 348. 276

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Nach Ansicht der jüngsten Forschung kann also nicht mehr vertreten werden, das Lübische Recht sei immer oder für bestimmte Zeiten „rein“ von „fremden“ Einflüssen geblieben. Diese Behauptung evoziert eine Trennung, die den hansischen Zeitgenossen nicht zugänglich war. Wird hinzugenommen, dass Lübeck Mitte des 13. Jahrhunderts nach gelehrten Juristen in Italien suchte,283 so bleibt von der absoluten These eines „reinen“ Lübischen Rechts nicht viel übrig. In­ wieweit diese differenzierten Annahmen die Thesen von Pitz, die stark auf einer Trennung von deutschem und römischem Recht aufbauen, erschüttern, wird unten näher behandelt.284 Es soll hier die These vertreten werden, die Annahme eines „reinen“ Lübischen Rechts hinge Vorstellungen nach, die im Zusammenhang mit der Unterstellung einer „deutschen“ Hanse stehen. Zwar war bereits bekannt, dass die Mitglieder der Hanse nicht ausschließlich in diesen Kategorien dachten, doch konnte eine „deutsche“ Hanse mit „deutschem“ Recht für eine (Rechts-)Geschichte benutzt werden, die zu Beginn der BRD die europäische Dimension Deutschlands beleuchtete. e) Besonderheit bei W. Ebel: Kontinuitätsthese – vom Lübischen Recht zum BGB W. Ebel nahm eine große Bedeutung des Lübischen Rechts nicht nur für den Lübischen Stadtrechtskreis und die Hanse, sondern für die gesamte deutsche Rechtsgeschichte an. Er vertrat eine Fortwirkung von einigen Instituten des Lübischen Rechts bis in das BGB. Andeutungen dieser These lassen sich bereits 1950 nachweisen und ziehen sich durch sein gesamtes Werk. Gerade im Bereich des Handelsrechts suchte er die Güte durch diese These zu erweisen. „Galt es [das­ Lübische Recht] doch gerade im Handel so weit als vorbildlich, daß unser heutiges Handelsrecht ganz wesentlich an das anknüpft, was der Lübecker Rat und später das Oberappellationsgericht zu Lübeck an Rechtssätzen dazu entwickelt hatte.“285 Die ausführlichste Behauptung dieser These nahm W. Ebel 1962 in den Schleswig-Holsteinischen Anzeigen vor, die eine Sondernummer zur Einweihung des neuen Lübecker Gerichtshauses erhielt. Der Hintergrund dieses Aufsatzes ist aufschlussreich für den Hintergrund seiner These. Möglicherweise war W. Ebel weiterhin auf eine immer noch praktische Verortung Lübecks aus der Rechts­ geschichte bedacht. Gleichwohl muss bedacht werden, dass er diese These sowohl vorher als auch nachher vertrat. Zugleich diente die These ihm zur Demonstration der praktischen Bedeutung des Lübischen Rechts, welches nicht schwerfällig gewesen sei und daher sei die

283

Kroeschell, Deutsche Rechtsgeschichte, Bd. 1, 13. Aufl., 2008, S. 285 f. Text 71. Siehe unten F.III.3. 285 W. Ebel, Forschungen, 1950, S. 18. 284

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Rezeption nicht damit erklärbar.286 Später bescheinigte W. Ebel dem Lübischen Recht eine progressive Leistung insoweit, als es der Rezeption vorgearbeitet habe.287 Der letzte Aspekt wurde oben angesprochen und von Weitzel kritisch beleuchtet.288 Es soll vertreten werden, die Argumentationslinien bei W. Ebel waren von der Vorstellung und dem Programm getragen, das Lübische Recht als besonders fortschrittlich und damit herausragend zu bewerten. W.  Ebel behauptete, dass der Entwurf zum Allgemeinen Preußischen Landrecht „aber ganz überwiegend auf dem sog. Gemeinen deutschen Handelsrecht [beruhte], wie es in den preußischen (z. T. lübischen!) Städten üblich war und in des erwähnten Lübecker Bürgermeisters Johann Marquardt Traktat seine immer noch maßgebliche Darstellung gefunden hatte“.289 Dieser Entwurf sei vom preußischen Justizminister von Carmer an Johann Georg Büsch in Hamburg geschickt worden, der als „erste Autorität auf dem Gebiete der Handelswissenschaft und des Handelsrechts“ ein Gutachten verfassen sollte.290 Büsch habe daraufhin drei Männer hinzugezogen, darunter einen Lübecker Kaufmann, welcher besonders das Seerecht überarbeitet habe. Dieser Entwurf sei Gesetz geworden und in den Vorlesungen von Georg Arnold Heise gerade hinsichtlich des Handelsrechts gelobt worden. Heise sei der Grund gewesen, warum „das lübisch-hansische Handelsrecht in das deutsche Reichshandelsrecht des 19. Jahrhunderts ein[gemündet ist]“.291 Es sei aber nicht Heise selbst gewesen, sondern vielmehr Johann Heinrich Thöl, welcher sein für die Schaffung des ADHGB einflussreiches Werk zum Handels- und Wechselrecht aus den Akten des Oberappellationsgerichts der Vier Freien Städte in Lübeck schöpfen konnte. Diese Akten seien Thöl durch Heise zugänglich gemacht worden. Am OAG wirkten neben Heise unter anderem Carl Wilhelm Pauli und Johann Friedrich Hach. „Es war aber auch natürlich, daß die Rechtsprechung dieses so stark mit handelsrechtlichen Streitfragen befaßten Gerichts an die Vorstellungen anknüpfte, die im Bereich des hansischen, zumal lübischen Kaufmanns seit alters her gewachsen waren. Die Judikatur des Oberappellationsgerichts gründete auf hansisch-lübisches Recht und Usance. Aus diesen Akten schöpfte Thöl – und das ging dann in das ADHGB über.“292 Später vertrat W. Ebel dann, diese Einsichten seien ebenfalls in das HGB293 und zum Teil in das BGB (insbesondere bei der Grundschuld)294 übergegangen. Die Grundlage seiner These bestand, wie gesehen, in der Behauptung, am OAG sei nach „hansisch-[lübischem] Recht und Usance“ geurteilt worden. 286

W. Ebel, Lübeck, 1962, S. 45. W. Ebel, Leistung, 1966, S. 242, 255, 258. 288 Oben F.II.3.c), kurze Nachweise zu den Thesen Weitzels bei den Fn. 265–267. 289 W. Ebel, Lübeck, 1962, S. 46. 290 W. Ebel, Lübeck, 1962, S. 46. 291 W. Ebel, Lübeck, 1962, S. 46. 292 W. Ebel, Lübeck, 1962, S. 47. 293 W. Ebel, Ostseeraum, 1967, S. 22. 294 W. Ebel, Lübisches Recht, Bd. 1, 1971, S. 7. 287

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Landwehr, W. Ebels Schüler, griff dieses Junktim an. Am OAG wurden „in erheblich größerem Umfang, als man allgemein annimmt, handelsrechtliche Fragen nach römischrechtlichen Grundsätzen entschieden“.295 Die von W.  Ebel angenommene Verwendung des hansisch-lübischen Rechts spielte „im Verhältnis zum Römischen Recht eine wesentlich unbedeutendere Rolle“.296 Das Lübische Recht kann nach Ansicht der heutigen Forschung somit nicht mehr in eine wie bei W. Ebel herausgehobene Kontinuitätslinie gestellt werden. Die Relevanz dieses Punktes für die hansische Forschung ergibt sich aus dem Hintergrund der Annahmen W. Ebels. Er suchte mit diesem Beispiel zu erweisen, das Lübische Recht sei als solches und ohne der Rezeption zu bedürfen eine einheitliche und wegweisende Errungenschaft der deutschen Rechtsgeschichte gewesen. Diese Behauptung betrifft zugleich das Verhältnis zum hansischen Recht. Obgleich Landwehrs Angriffe nicht darauf zielten, die Bedeutung der Rechte im hansischen Raum als solche zu bestreiten, beeinträchtigten sie W. Ebels Argumentation. Mit einem Verweis auf die Rechtsprechung des OAG kann nicht behauptet werden, das Lübische Recht habe in Handelssachen bis in das 19. Jahrhundert seine praktische Nutzbarkeit bewährt. W. Ebel benutzte die Argumentation wie gezeigt, um zu beweisen, dass die Rezeption des römischen Rechts nicht wegen der Lebensfremdheit des Lübischen Rechts eingesetzt habe. Diese auf Motiven der handelnden Personen fußende Argumentation kann aber nicht mehr aufrechterhalten werden. Es bedarf daher anderer Ansätze, um aufzuzeigen, inwieweit von einem einheitlichen Lübischen Recht – auch in Handelssachen – gesprochen werden kann und inwieweit es einen Einfluss auf die gesamtdeutsche Rechtsgeschichte hatte. 4. Hansisches Recht: W. Ebels wirkmächtiger Vortrag Für den vorangegangen Abschnitt wurde festgestellt, dass das hansische Recht als solches nur eine untergeordnete Rolle spielte. Es gab indes Andeutungen eines hansischen Rechts im Bereich des Handels- und Seerechts und die Annahme einer übereinstimmenden kaufmännischen Rechtssphäre. Zu expliziten begrifflichen Überlegungen kam es aber nicht. Schon aus diesem Grund ist W. Ebels Vortrag im Jahre 1949 über das hansische Recht bemerkenswert. Wie in den bereits dargestellten thematischen Abrissen deutlich wurde, baut W. Ebels Konzeption eines hansischen Rechts auf einem travezentrischen Hansebild auf und betont die herausragende Betonung des „reinen“ Lübischen Rechts, welches scheinbar bis in das BGB fortgewirkt habe. Diese Hintergrundinformationen sind wichtig, um seinen Ansatz nachzuvollziehen und sollten bekannt sein, wenn heutige Forscher seine Argumente aufgreifen. 295

Landwehr, Rechtspraxis, 1980, S. 58. Landwehr, Rechtspraxis, 1980, S.  58. Im Kern weiterhin vertreten bei ders., Hanse, 2003, S. 147. 296

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a) Begriff des hansischen Rechts aa) W. Ebel und die ihm folgende westdeutsche Forschung W.  Ebel definierte den Begriff des hansischen Rechts zu Beginn seines Vor­ trages: „Unter hansischem Recht verstehen wir also die materiellen Rechtssätze, die neben, zwischen oder über den einzelnen Stadtrechten hansischer Städte eine einheitliche und gemeinsame Ordnung des hansischen Wirtschaftsverkehrs schaffen konnten und schufen“.297 Zwei Aspekte der Definition sind für das Verständnis des hansischen Rechts nach W. Ebel wesentlich: Einerseits die Behauptung, dieses Recht müsse „neben, zwischen oder über den einzelnen Stadtrechten hansischer Städte“ gestanden haben und andererseits die materielle Verortung dieses Rechts im Bereich des „Wirtschaftsverkehrs“. Der erste Aspekt zielt auf das Verhältnis des hansischen Rechts zum Stadtrecht. Dieses betrifft zum einen die Geltung des hansischen Rechts und zum anderen die Herkunft der Normen. „Eine Gleichsetzung des Rechts der einzelnen Hansestädte mit hansischem Recht schlechthin trifft das Problem nicht“.298 Das entscheidende Wort im letzten Zitat ist das unscheinbare „schlechthin“. W. Ebel wies zwar die schematische Gleichsetzung von städtischem mit hansischem Recht schroff zurück,299 seine eigene Begründung näherte sich dieser Betrachtung aber wieder an. Bloß subsidiär solle städtisches Recht herangezogen werden, wenn sich gemeinhansische Normen nicht erweisen lassen.300 Für W.  Ebel war dabei klar, „[d]aß es ein solches hansisches Recht im eigentlichen Sinn auf gewissen Rechtsgebieten gegeben hat“.301 Er dachte dabei vornehmlich an das hansische Seerecht, welches vor allem durch die „hansische Gesetzgebung im engeren Sinne“ ab dem 15. Jahrhundert geschaffen worden sei.302 Damit ist bereits der zweite Aspekt angesprochen, nämlich die materielle Reichweite seiner Definition. W.  Ebel fasste ausschließlich Normen in das Blickfeld, welche den hansischen Wirtschaftsverkehr betreffen sollten. Somit ging es ihm vor allem um Handels- und Seerecht, allerdings nicht um die „staats- oder völkerrechtlichen Sätze des politischen Lebens“ und damit die „Verfassung“ und zudem wollte er hansisches Recht nicht „im Sinne subjektiver Berechtigungen“ ver­ standen wissen.303 Der Ausschluss der Verfassungsnormen ist in jüngster Zeit 297

W. Ebel, Begriff I, 1949, S. 3. W. Ebel, Begriff I, 1949, S. 2. 299 W. Ebel, Begriff I, 1949, S. 2: Einzelne Sätze aus den Stadtrechten herauszuziehen und zu einem Gesamtbilde zu verwerten genüge „wohl einfacher historischer Phantasie […], [hält] juristischer Kritik aber nicht [stand]“. 300 W. Ebel, Begriff I, 1949, S. 3. 301 W. Ebel, Begriff I, 1949, S. 3 302 W. Ebel, Begriff I, 1949, S. 3 f. 303 W. Ebel, Begriff I, 1949, S. 1. 298

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angegriffen worden304 und konnte von W. Ebel schlechterdings auch nicht ausgeblendet werden. Indem W. Ebel einerseits ein bestimmtes Verständnis der Hanse voraussetzte305 und andererseits Ausführungen zur „Gesetzgebung“ der Hanse und dem Rangverhältnis von Normen machte306, war ein bestimmtes Hansebild automatisch berufen. Dieses Hansebild ist geprägt von der weltgeschichtlichen Bedeutung der Hanse,307 der Teilung in eine Kaufmanns- und Städtehanse308 unter Berücksichtigung der Grundannahmen Koppmanns309, der herausragenden Bedeutung des Lübischen Rechts für die hansischen Zusammenhänge,310 der unterstellten Geltung eines weitreichenden Kaufmannsrechts311, aufbauend im hansischen Bereich auf der universitas zu Gotland312 und einer grundsätzlichen Subordination der Städte unter die Hanse313 – auch im rechtlichen Bereich. 304

Cordes, Begriff, 2008, S. 211. W. Ebel, Begriff I, 1949, S. 1: „Dabei setzen wir den Bereich, den Lebensraum der als Hanse zum weltgeschichtlichen Begriff gewordenen Kaufmanns- und Städteeinung als bekannt voraus“. 306 W. Ebel, Begriff I, 1949, S. 3–12. 307 W. Ebel, Begriff I, 1949, S. 1: Hanse als „[weltgeschichtlicher] Begriff“. 308 W. Ebel, Begriff I, 1949, S. 1: Hanse als „Kaufmanns- und Städteeinung“. 309 W. Ebel, Begriff I, 1949, S. 10: „Die ältesten hansischen Rezesse, um das Jahr 1260 etwa“. 310 W. Ebel, Begriff I, 1949, S. 12: „Lübisches Recht war nicht immer und schlechthin, aber gelegentlich, je nach dem Ort, auch hansisches Recht“. 311 W. Ebel, Begriff I, 1949, S. 22 f.: Behandlung eines „allgemeinen Kaufmannsrecht des Mittelalters“. „Es war ein im nördlichen Europa schlechthin, mithin auch im hansischen Bereich geltendes Gewohnheitsrecht, das weder Stadt- noch Stammes- oder Reichsgrenzen kannte“. 312 W. Ebel, Begriff I, 1949, S. 17 Fn. 16: „Wo sich eine merkliche Zahl von Kaufgesellen zusammenfand, war ‚die universitas‘ gegenwärtig.“ In einem kurzen Briefwechsel, der eine Publikation W. Ebels in den ersten HGbll. der Nachkriegszeit erfolgreich (ders., Seerecht, 1951) auslotete, griff Rörig diese Fußnote an. Es kann vermutet werden, dass Rörig sich am ersten Satz der Fußnote störte: „Das bedeutet nicht, daß Gotland überhaupt das einzige und Hauptzentrum der unvisertas [sic!] mercatorum imperii war.“ Sie sei zudem „nicht in dem (modernen) Sinne als organisiert vorzustellen“. Rörig fragte W. Ebel, ob diesem Rörigs Reichssymbolik bekannt sei; über die Organisation der universitas bestehe „kein Zweifel“. Zuletzt merkte er an, W. Ebel habe die „zeitliche Differenzierung“ bei den mercatores nicht hinreichend beachtet (Brief Rörigs vom 20.10.1949, AHL, NL Rörig, Nr. 40, Konvolut Ebel). W. Ebel antwortete, es sei ihm nur darum gegangen, die den Juristen „eingefleischte Vorstellung zu zerstören, als müsse jede ‚juristische Person‘ (universitas) einen festen Sitz und Organe haben“ (Brief W. Ebels vom 27.10.1949, AHL, NL Rörig, Nr. 40, Konvolut Ebel). Rörig antwortete lapidar, die universitas sei dafür „kein geeignetes Objekt“ (Brief Rörigs vom 12.11.1949, AHL, NL Rörig, Nr. 40, Konvolut Ebel). W. Ebel war Rörigs Reichssymbolik bekannt, er schrieb Rörig im Oktober 1940, er habe ein Exemplar dankbar erhalten (Brief W. Ebels vom 04.10.1940, AHL, NL Rörig, Nr. 40, Konvolut Ebel). Bis Dezember 1940 hatte er diesen Aufsatz „mehrfach gelesen“ (Postkarte W. Ebels vom 26.12.1940, AHL, NL Rörig, Nr. 40, Konvolut Ebel). 313 W. Ebel, Begriff I, 1949, S. 7: zwar „keine Rangordnung der Gesetze in unserm heutigen Sinne“, aber S. 7 f. zur Gesetzgebung der Hanse: „Die Verbindlichkeit der rechtsetzenden Beschlüsse erfaßte also zunächst die Stadt als Körperschaft. In der Praxis bedeutete aber das | neue, v o n den Städten ebensobald auch ein i n ihnen zu beachtendes Recht.“ Zudem S. 8: Lübecker Rat habe auch hansische Rezesse herangezogen und: „Daß die ganze Linie auf eine Vorgeltung des hansischen Satzungsrechts hinauslief, läßt die spätere Entwicklung des lübischen Rechts seit dem Revidierten Stadtrecht von 1586 erkennen“. 305

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Diese Annahmen zur Hanse und den rechtlichen Zuständen des Mittelalters sind untrennbar mit W. Ebels Definition des hansischen Rechts verbunden. Zwar kann eine andere Beschreibung der hansischen Verfassung gewählt werden – geht diese aber nicht mehr von der grundsätzlichen Subordination der Städte aus, zerfällt die Möglichkeit eines hansischen Rechts im Sinne W. Ebels. Wenn beispielsweise die Verfassungsbeschreibung von Pitz zugrunde gelegt wird, nach der die hansischen Beschlüsse erst in das Stadtrecht transformiert werden mussten, führt die von W. Ebel aufgeworfene Methode, das geltende Recht (und dabei ist ebenfalls ein mögliches hansisches Recht in den Blick genommen) aus den Urteilen zu rekonstruieren, ins Leere. Es ist daher nicht verwunderlich, dass W. Ebels Ausführungen über das in den Urteilen zugrunde gelegte Recht nicht in seinem überarbeiteten Aufsatz von 1978 übernommen wurden, da er zu diesem Zeitpunkt die Transformation des hansischen Rechts in das Stadtrecht anerkannte.314 Die Zweiteilung seines Begriffes gab er indes nicht auf. Hansisches Recht war für W. Ebel „eine vertragliche Vereinbarung über das von den Städten für richtig gehaltene und daher zu beachtende Recht“.315 Gerade im Seerecht habe es „das bewußte Streben nach Rechtseinheit in einem größeren, ja großen Bereich“ gegeben.316 Aus der bereits mehrfach erwähnten Quelle (HR I, 1, n. 7) folgerte er das „frühe Übergewicht der lübischen Städte und des lübischen Rechts“.317 Allerdings wollte sich W. Ebel nach diesem Ausflug in die Bedeutung Lübecks wieder „dem spezifisch hansischen Recht zu[wenden]“318. Seine Behauptungen sind insoweit missverständlich. Wie gezeigt, nahm er eine teilweise Identität von Lübischem und hansischem Recht an, gleichwohl erkannte er, dass sein Begriff des hansischen Rechts das Lübische Recht als solches nicht erfasste. Sein zentraler Anknüpfungspunkt – neben dem Satzungsrecht des Hansetags – für ein hansisches Recht war ein gewohnheitsmäßig geltendes allgemeines Kaufmannsrecht.319 Die dahinterstehende Methodik soll erst später interessieren, hier geht es vor allem um den Inhalt eines solchen Rechts und in dieser Hinsicht war W. Ebel zurückhaltend: „Allerorts finden wir es erwähnt, selten etwas über seinen Inhalt berichtet“.320 Beachtenswert ist die von W. Ebel behauptete Geltung dieses Kaufmannsrechts: „Dieses allgemeine nordeuropäische Handelsrecht ist nicht von deutschen Kaufleuten allein entwickelt worden. Es gehört dem gesamten Handelsraum von der Normandie bis nach Schottland, von Skandinavien bis zur Donau an.“321 Um nach dieser erstaun-

314

Siehe unten F.II.4.c), Text bei Fn. 377. W. Ebel, Begriff I, 1949, S. 7. 316 W. Ebel, Begriff I, 1949, S. 10. 317 W. Ebel, Begriff I, 1949, S. 11. 318 W. Ebel, Begriff I, 1949, S. 12. 319 W. Ebel, Begriff I, 1949, S. 12 f., 22 f. 320 W. Ebel, Begriff I, 1949, S. 17. 321 W. Ebel, Begriff I, 1949, S. 18. 315

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lichen Aussage wieder zum hansischen Bereich zurückzukehren,322 bemühte er die Behauptung, „[d]as hansische Gebiet war jedenfalls seit dem Hochmittelalter sein Kerngebiet, und insoweit können wir von einem hansischen Recht | sprechen“.323 Hansisches Recht war für W. Ebel einerseits vom Hansetag gesetztes Recht, vor allem im Seerecht, und andererseits ein diffuses, inhaltlich kaum zu beschreibendes Kaufmannsrecht, dessen Geltung er zwar nicht auf den hansischen Raum beschränkte, dort aber sein „Kerngebiet“ sah. Obgleich es sich bloß um einen Vortrag handelt, lassen sich mehrere Rezen­ sionen nachweisen. Schubart-Fikentscher äußerte in ihrer sehr kurzen Rezension keinerlei Kritik an W. Ebels Thesen.324 Kritik kam einerseits von Reincke und andererseits von Schultze-von  Lasaulx. Die Kritiken zielen dabei in unterschiedliche Richtungen. Reincke wehrte sich gegen das von W.  Ebel angenommene nordeuropäische Kaufmannsrecht und wollte stärker auf die Eigenheiten eines atlantischen und baltischen Kaufmannsrechts abstellen.325 Folgte man Reinckes Argumentation, wäre W. Ebels Umweg über ein „Kerngebiet“ des nordeuropäischen Kaufmannsrechts unnötig gewesen – es hätte doch ein spezifisch hansisches Kaufmannsrecht­ gegeben. Schultze-von Lasaulx hingegen unterzog W. Ebels Ansatz einer grundlegenden Kritik. Er fragte sich zuerst, ob W. Ebel die Frage richtig gestellt habe.326 Er wies jede Überordnung eines Kaufmannsrechts zurück und ging davon aus, „dies ius mercatorum [ist] das in der Stadt anerkannte Kaufmannsrecht, mag es auch inhaltlich mit dem Kaufmannsrecht anderer Handelsplätze übereingestimmt haben“.327 Zugleich verband er seine Kritik mit der Annahme, dieses Kaufmannsrecht habe in der Zeit seiner Geltung keine eigenständige Rolle gespielt, sondern könne nur rückblickend rekonstruiert werden.328 Hansisches Recht könne nur dann in diesem Bereich angenommen werden, wenn es gerade spezifische hansische Abweichungen gegeben habe.329 Er erkannte hingegen das Seerecht als hansisches Recht an, 322 W. Ebel, Begriff I, 1949, S. 22: W. Ebel stellte selber fest, „daß es kein spezifisch han­ sisches Recht gewesen ist“. 323 W. Ebel, Begriff I, 1949, S. 22 f. 324 Schubart-Fikentscher, Rezension W. Ebel, 1952, S. 467. 325 Reincke, [Rezension zu] Ebel, Wilhelm, Hansisches Recht, HGbll., Bd. 70 (1951), S. 125 (126): „Man wird doch stärker, als der Verfasser es tut, hervorheben müssen, daß, ebenso wie das mittelmeerische Handelsrecht im Wesentlichen aus italienisch-römischen Wurzeln erwach­sen ist, so das nordeuropäische seine Eigenart vornehmlich durch die Hansen empfangen hat, als durch diejenigen, die den nordeuropäischen Handelsraum des Spätmittelalters geschaffen und organisiert haben. In diesem Sinne ist das nordeuropäische Handelsrecht eben doch ‚hansisches‘ Recht“. 326 Schultze-von Lasaulx, Rezension W. Ebel Recht, 1953, S. 225. 327 Schultze-von Lasaulx, Rezension W. Ebel Recht, 1953, S. 226. 328 Schultze-von Lasaulx, Rezension W. Ebel Recht, 1953, S. 226 f. 329 Schultze-von Lasaulx, Rezension W. Ebel Recht, 1953, S. 227.

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schloß indes mit der Bemerkung, „daß es ratsam wäre, mit dem Begriff ‚Hansisches Recht‘ noch vorsichtiger umzugehen, als es der Verfasser tut“.330 W. Ebel reagierte, soweit ersichtlich, nicht auf diese Kritik und nahm von keiner seiner Thesen oder Grundannahmen Abstand.331 In seiner überarbeiteten Fassung dieses Vortrags aus dem Jahre 1978 nahm er zwar die Transformation des han­ sischen Rechts in Stadtrecht auf, allerdings revidierte er nicht die Thesen über das nordeuropäische Kaufmannsrecht. In der hansischen Forschung genoss W. Ebel einen guten Ruf und so setzten sich seine Thesen zum hansischen Recht durch, obwohl die Grundannahmen sukzessive angegriffen wurden.332

330

Schultze-von Lasaulx, Rezension W. Ebel Recht, 1953, S. 228. W.  Ebel meinte 1978 in den einleitenden Worten zum Neuabdruck von verschiedenen Werken, darunter auch seinem Vortrag über hansisches Recht, es habe keine „kritische Stellungnahmen oder abweichende Ansichten“ gegeben, daher brauche zwischenzeitlich erschienene Literatur nicht berücksichtigt werden, W. Ebel, Probleme der deutschen Rechtsge­ übeck, schichte, 1978, Vorbemerkung. Die Beibehaltung seiner Thesen zeigt sich in: ders., L 1962, S. 43: Annahme eines „[zwischenstädtischen], [gesamthansischen] Handels- und Verkehrsrecht[s], teils aus Herkommen und Gewohnheit bestehend, teils in den Hanserezessen niedergelegt“; Seerecht der Hanse seit dem 15.  Jahrhundert, „das den seerechtlichen Bestimmungen der einzelnen Stadtrechte zur Seite trat und neben der damals weitverbreiteten Sammlung seerechtlicher Gewohnheiten, dem sogen. Waterrecht oder Seerecht von Wisby Geltung ver- und erlangte“; „dieses formell [gesamthansische Recht]“ habe unter maß­ geblichem Einfluss Lübecks gestanden; Bezug auf „[d]ie ältesten hansischen Rezesse, aus der Mitte des 13. Jahrhunderts“ und ihrer Verbindung zu den Kaufleuten Lübischen Rechts. Andeutungen bei ders., Lübisches Recht, in: HRG, Bd. 3, 1984, Sp. 77 (Sp. 82 f.): überterritoriales Kaufmannsrecht und starker Lübecker Einfluss auf das hansische Seerecht. 332 Goetze, Seerecht, 1983, S. 132: Seit der Mitte des 14. Jahrhunderts gab es „festere Formen, die alle Glieder der Hanse durch einheitliche Rechtsetzung zusammenfaßten“. S. 132 f.: „[K]urz darauf [wurden] die ersten allge|meinverbindlichen, auch schiffs- und seerechtliche Detailfragen regelnden hansischen Ordinancien erlassen“. Henn, Hansische Tagfahrten in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, in: Volker Henn (Hrsg.): Die hansischen Tagfahrten zwischen Anspruch und Wirklichkeit, 2001, S. 1 (1): „In der hansegeschichtlichen Forschung besteht Einigkeit darüber, daß sich die allgemeine Tagfahrt, der Hansetag, seit der Mitte des 14. Jahrhunderts zu dem maßgeblichen Leitungsorgan der Hanse entwickelte, das allein befugt war, im Namen und zum Nutzen aller Entscheidungen in allen wirtschaftlich, rechtlich und politisch relevanten Fragen zu treffen, welche die Außenbeziehungen der Gemeinschaft, aber auch das Verhältnis der Kaufleute und Städte untereinander betrafen und die so hansisches Recht schufen“. Die Monographien zur Hanse enthalten nur gelegentlich Werke von W. Ebel. Verweise auf andere Arbeiten W. Ebels nach 1945 sind insoweit relevant, als W. Ebel dort ebenfalls seine tragenden Argumente verwandte. Friedland, Hanse, 1991, S. 183 Fn. 13 zitiert W. Ebel, Staatsrechtsliteratur, 1940 (insoweit irrelevant), auf S. 195 Fn. 4 dann ders., Rechtszug, 1967 und S. 197 Fn. 21 schließlich ders., Seerecht, 1951 in einer wiederveröffentlichten Fassung von 1978. Bei Dollinger et al., Hanse, 2012, S. 607 sind W. Ebel, Ostseeraum, 1967; ders., Lübisches Recht, Bd. 1, 1971 angeführt. Letzteres verwendet ebenfalls Pitz, Bürgereinung, 2001. Bei Schildhauer, Die Hanse, 1984, S. 215–217 werden unter anderem W. Ebel, Ostseeraum, 1967; ders., Forschungen, Bd. 14, 1950; ders., Begriff I, 1949 angeführt. Kein Verweis auf W. Ebel bei Hammel-Kiesow, Hanse, 2008; Jahnke, Hanse, 2014. 331

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In der DDR fielen W. Ebels Thesen offenbar auf fruchtbaren Boden. Schildhauer nahm W.  Ebels Vortrag ausdrücklich in sein populär aufgemachtes Hansebuch auf und zitierte die tragenden Gedanken sogar.333 Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass der im Nationalsozialismus exponierte W.  Ebel im antifaschistischen Ostdeutschland Fürsprecher fand. Indes kann dies nicht verwundern, da W. Ebels Konzeption einer quasistaatlichen Hanse334 bedurfte, welcher die DDR-Forschung nahe stand. Lediglich wenn einzelne Aspekte des hansischen Rechts herausgegriffen wurden, waren die Autoren erheblich zurückhaltender. Jenks untersuchte beispielsweise das hansische Gästerecht. Zwar lässt sich seiner Trennung von „[den] vom Hansetag verabschiedeten und für den gesamten hansischen Raum Geltung beanspruchenden Vorschriften von den nur für eine Hansestadt geltenden Willküren und Burspraken“ entnehmen, dass er von einer Eigenständigkeit der hansischen Normen ausging.335 Insoweit sind seine Ausführungen an einem eigenständigen hansischen Recht orientiert. Gleichwohl konnte er in materieller Hinsicht keine Einheitlichkeit nachweisen.336 Eine eigenständige Erörterung des hansischen Rechts fand in jüngster Zeit in einem Sammelwerk statt,337 in welchem die meisten Aufsätze nur einzelne Aspekte herausgreifen – im abschließenden Aufsatz behandelte Cordes hingegen noch einmal W. Ebels Ansatz als solchen338. Dabei stand Cordes der Annahme eines in weiten Gebieten gültigen Kaufmannsrechts skeptisch gegenüber.339 Er wollte zwar weiterhin materielle Aspekte des hansischen Rechts in die Suche miteinbeziehen (Seerecht, Testaments- und Erbgüterrecht, aber auch Wirtschaftsverwaltungsrecht),340 betonte aber auch die prozessuale Dimension des hansischen Rechts341.

333 Schildhauer, Hanse Geschichte, 1984, S. 217 mit ausdrücklichem Zitat aus W. Ebel, Begriff I, 1949, S. 3. 334 Dies erklärt auch, warum das Lübische Recht „manche politische Aktion [förderte]“, ein „echt hansisches Gesetzesrecht im Seeverkehrsrecht“ gesehen wird und das Lübische und hansische Recht (ein „in weite Wirtschaftsräume ausgreifende[s] Verkehrs- und Seerecht“) als „eine noch Jahrhunderte nachwirkende Leistung auf dem Gebiet des Rechtswesen“ gewürdigt wird, Schildhauer, Hanse Geschichte, 1984, S. 216 f. 335 Jenks, Zum hansischen Gästerecht, HGbll., Bd. 114 (1996), S. 3 (8 f.). 336 Jenks, Gästerecht, 1996, S. 59. 337 Cordes, Recht, 2008. 338 Cordes, Begriff, 2008. 339 Cordes, Begriff, 2008, S.  208–211, siehe auch ders., Rechtswirklichkeit, 2001; ders., mercatoria, 2014. 340 Cordes, Begriff, 2008, S. 209, 211 f. 341 Cordes, Begriff, 2008, S. 212.

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bb) Wernickes Ansatz Bereits in den 1980ern beschäftigte sich Wernicke mit dem hansischen Recht. Dies kann angesichts seiner Annahmen über die Städtehanse nicht weiter verwundern, ist aber wegen des Mangels an eigenständigen Werken zum hansischen Recht beachtenswert. Am Ende seines Aufsatzes stellte er die Bereiche zusammen, die für ihn hansisches Recht ausmachten: „1. Kontorstatuten und -privilegien, mit denen potentiell jeder Bürger einer Hansestadt in Berührung kommen konnte, [Absatz] 2. Hansestatuten und statutarische Bestimmungen der Rezesse, die auf alle Städte und Bürger in der Hanse anzuwenden waren, [Absatz] 3.  Urteilssprüche der hansischen Tagfahrten und Schiedskommissionen, die materiell Grundsatzcharakter besaßen, oftmals Statuten oder Privilegien anwandten, jedoch ebenso oft darüber hinausgingen.“ Normen „des ehemaligen Kaufmannsrechts“ sollten nur bei hansischen Modifikationen oder Anwendung „durch hansische Organe“ aufgenommen werden.342 Nähme man diese Definition alleine in den Blick, könnte man versucht sein, von einem unmittelbar geltenden hansischen Recht (siehe den zweiten Punkt bei Wernicke) auszugehen und das gewohnheitsrechtliche Kaufmannsrecht nur dann in den Blick zu nehmen, wenn es hansische Spezifika aufweise. Gerade die Umsetzung der hansischen Beschlüsse problematisierte Wernicke aber in beachtenswerter Weise. Wernicke sah zwei Wege, um überregionale Normen im hansischen Bereich zu etablieren: einerseits den Privilegienerwerb der Städte gegenüber den Fürsten und andererseits ein Zusammengehen der Städte. Letzteres unterschied er in die „[gegenseitige] Anerkennung bzw. Angleichung oder Übertragung von Rechts­ normen und […] [die bündische] Zusammenarbeit der Städte“.343 Der zweite Aspekt, die Zusammenarbeit der Städte, stand für ihn im Vordergrund, denn aus den verschiedenen Formen der Zusammenarbeit entstanden „Rechtsnormen, die die Inhalte des Stadtrechts und die den Kommunen gewährten Privilegien übertrafen, diese andererseits in der Folge auch mitbestimmten“.344 Die Rechtshilfe zwischen den Städten sei nicht durch die Stadtrechtsfamilien, sondern durch die „interstädtischen Rechtshilfeabkommen [Verweis] bzw. -bestim­mungen in den allgemeinen Bündnisverträgen“ ausgebaut worden.345 Stellte er so einerseits auf zwischenstädtische Abkommen ab, sah er doch andererseits eine Erweiterung der „Gleichstellung im Recht“ durch „auf den Hansetagen

342

Wernicke, Recht, 1986, S. 154. Wernicke, Recht, 1986, S. 123 f. 344 Wernicke, Recht, 1986, S. 124. 345 Wernicke, Recht, 1986, S. 136. 343

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[beschlossene,] übergreifende Rechtsnormen“.346 Diese Rechtsnormen habe aber der Hansetag nicht zwingend festgesetzt, stattdessen hätten die hansischen Normen in den Burspraken der einzelnen Städte verkündet werden müssen. „Dies setzte sie [die hansischen Beschlüsse] in den Augen des Städtebürgers im Rechtscharakter [mit städtischen Beschlüssen] gleich. Hansetagsbeschlüsse wurden auf diesem Weg zu besonderem städtischen Recht“.347 Zwar habe es auf den Hanse­ tagen des 15. Jahrhunderts kaum Beschlüsse zu zivilrechtlichen Normen gegeben, dies sei aber auch unnötig gewesen, denn die Verhältnisse seien in diesem Bereich sowieso ähnlich gewesen.348 „Dies ist das Resultat der gleichartigen sozialökonomischen Grundlage, sodann eine Folge der Rechtsbewidmungen und des interstädtischen Verkehrs und erst zuletzt und wohl im geringsten Maße der Einflußnahme der Städtehanse zu verdanken.“349 Hieran ist beachtenswert, dass Wernicke zwar die zwischenzeitlich explizit gemachte, vorherig notwendige Transformation des hansischen Rechts in Stadtrecht aufnahm, gleichwohl nicht am Begriff des hansischen Rechts zweifelte. Insoweit folgte er dem überarbeiteten Vortrag W. Ebels zum hansischen Recht.350 Gleichzeitig sah er auch eine hohe Bedeutung Lübecks für die hansische Rechtssphäre. Der Hansetag sei zwar „in allen Rechtsfragen“ eine „Appellationsinstanz“ gewesen, doch „[i]n enger Spruchgemeinschaft mit dem Lübecker Rat wurden Appellationen von Kontorgerichten und Regionaltagfahrten sowie eingesetzten Schiedsgerichten behandelt“.351 Zwar war er der Meinung, „[d]ie Stadtrechtsverflechtungen […] haben nur beschränkten Einfluß auf jenen Prozeß gehabt, in dem das hansische Recht entstanden ist.“352 Dies habe einerseits an den „einseitigen Mutter-Tochter-Abhängigkeiten“ und andererseits an der „eigene[n] Willkürtätigkeit der Stadträte“ gelegen.353 Doch habe es eine „einheitliche wirtschaftlichesoziale Basis“ gegeben, in deren Rahmen sich das Lübische Recht „für die Belange der hansischen Kaufleute und ihre[r] Organisationsformen als sehr fruchtbar [erwies]“.354 Er stimmte daher ausdrücklich W. Ebels teilweiser Gleichsetzung von Lübischem und hansischem Recht zu. Weiterhin lag ein Schwerpunkt von Wernickes Darstellung in (modern gesprochen) Vollstreckungsregelungen. Alle Stadtrechte hätten vorgesehen, Schuldfälle „nach bürgerlich-städtischem Recht“ zu richten. „Die übergreifende Funktion der Städtehanse bestand darin, die Wirksamkeit von Rechtssprüchen der städtischen und Kontorgerichte in dieser Frage zu erhöhen.“ Der Hansetag habe sich bei 346

Wernicke, Recht, 1986, S. 137. Wernicke, Recht, 1986, S. 137, 152. Bereits ders., Stadt, 1984, S. 42. 348 Wernicke, Recht, 1986, S. 153. 349 Wernicke, Recht, 1986, S. 153. 350 Siehe dazu unten F.II.4.c), Text ab Fn. 376. 351 Wernicke, Recht, 1986, S. 134. 352 Wernicke, Recht, 1986, S. 135. 353 Wernicke, Recht, 1986, S. 135. 354 Wernicke, Recht, 1986, S. 135. 347

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ausbleibender Vollstreckung eingeschaltet.355 Dabei stellte er vor allem auf die Verhansung als Zwangsmittel ab. Führt man seine Ausführungen zusammen, ergibt sich ein teilweise widersprüchliches aber auch eigenständiges Bild vom hansischen Recht. Gerade den Bereich der eigenen hansischen Rechtssetzung problematisierte Wernicke. Nach seiner Ansicht konnte es ein solches Recht formal betrachtet nicht geben, weil die Städte die letzte Entscheidung über die Umsetzung dieses Rechts hatten. Sie konnten lediglich durch die Androhung der Verhansung gezwungen werden. Sein Bild einer nach dem Territorialprinzip gegliederten,356 rechtlich selbständigen357 Hanse erfährt dadurch einen widersprüchlichen Zug. Mochte Wernicke auch auf die sozialökonomischen Zwänge abstellen und die „bürgerliche“ Forschung wegen ihrer Fixierung auf das Recht als solches kritisieren,358 bleibt doch ein Widerspruch bestehen, wenn er eine Hanse mit „Organen“ und „Gesetzgebung“ annahm, die aber die eigenen Regelungen nicht in letzter Konsequenz durchsetzen konnte. Eine, soweit ersichtlich, kaum beachtete Wendung in seiner Auffassung vom hansischen Recht verdient aber besondere Aufmerksamkeit. Die rechtliche Leistung der Hanse verortete er auch in der Möglichkeit, die städtischen Urteile in anderen Städten durchzusetzen. Hier schließt sich auch der Kreis vom bloßen Zwangsmittel der Verhansung. Wirkt es auf den Leser befremdlich, materiell-hansi­sches Recht anzunehmen, wenn dieses doch gar nicht unmittelbar in den Städten und damit gegen die Bürger gewirkt habe, ergibt der Hinweis auf die Verhansung im Bereich der Vollstreckung eine andere Einsicht. Mit einer derartigen Auffassung verschiebt sich der rechtliche Bereich von einem legislativen zu einem judikativen und exekutiven Verständnis. Ein solches Verständnis ändert die Frage nach dem hansischen Recht. Ging W. Ebel in einem materiellen Verständnis des hansischen Rechts zu der Suche nach einem nordeuropäischen Kaufmannsrecht über – eine Suche, der Wernicke mit der Annahme von einer durch die sozialökonomischen Umstände erzeugten Einheitlichkeit nicht fern stand – so ist die Frage nach einer Durchsetzung städtischer Urteile etwas qualitativ anderes, weil eine formelle oder prozessrechtliche Perspektive eingenommen wird. Es soll daher hier die These vertreten werden, dass eine Beschränkung des hansischen Rechts auf materielle Normen einerseits aus Gründen, die in der neueren hansischen Verfassungsgeschichte liegen, problematisch ist, andererseits aber wegen des Ausschlusses der prozessualen Dimension des Rechts nicht mehr aufrechterhalten wird. Nicht zuletzt sieht sich eine Herleitung aus einem kaufmännischen Gewohnheitsrecht, sei es im Einzelnen auch unterschiedlich ausgestaltet, schwerwiegenden methodischen Bedenken ausgesetzt.

355

Wernicke, Recht, 1986, S. 146. Wernicke, Recht, 1986, S. 122. 357 Wernicke, Recht, 1986, S. 154. 358 Wernicke, Recht, 1986, S. 121 f. 356

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b) Rang des hansischen Rechts Wenn hansisches Recht von den Autoren angenommen wurde, ist interessant, wie sie das Rangverhältnis zum übrigen Recht beurteilten. Daraus kann auf die Qualität des hansischen Rechts zurückgeschlossen werden. Ausgangspunkt sind wieder die Thesen von W.  Ebel. Er ging von einer Vor­ geltung des hansischen Rechts aus359, bei Analysen von Revaler Urteilen von der Mitte des 17. bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts meinte er häufiger eine Außerachtlassung des schriftlich niedergelegten hansischen Seerechts ausmachen zu können,360 das Seerecht der Hanse ab dem 15.  Jahrhundert sei „den seerechtlichen Bestimmungen der einzelnen Stadtrechte zur Seite [getreten]“361. Die in dieser Hinsicht wichtigsten Ausführungen finden sich in einem späteren Aufsatz W.  Ebels: „Zwischen den Sätzen des gemeinhansischen und des lübischen Seerechts bestanden in manchen Einzelheiten (z. B. hinsichtlich des Bergelohns) gewisse Differenzen; doch wurden die Abweichungen des hansischen Rechts in den lübischen Städten wohl selten beachtet, und Lübeck war ja dann immer noch letzte Instanz.“362 W.  Ebel ging somit von einem eigenen, höheren Rang des hansischen (See-) Rechtes aus; musste aber häufig Abweichungen durch die Städte beobachten. Eine derogierende Kraft schrieb er dem hansischen Recht dabei nicht zu. In diese Richtung gingen auch weitere Autoren. Wenn angenommen wurde, der Lübecker Rat sei mit „Weisungen auf der Grundlage der von den Hansestädten gemeinsam beschlossenen Rechtssätze“ über das Lübische Recht hinausgegangen,363 so läuft dies ebenfalls auf einen höheren Rang des hansischen Rechts hinaus. Auch über eine Ordnung von 1530 wurde hinsichtlich der fehlenden Regelungen aus­ geführt: „hier galten nach wie vor die bereits vorhandenen hansischen Rechtssätze oder substitutiv die einzelnen stadtrechtlichen Bestimmungen“.364 Das Wort „substitutiv“ gibt Grund zu der Annahme, dass der Autor dem hansischen Recht einen höheren Rang einräumte und die einzelnen Stadtrechte nur dann abweichen konnten, wenn keine hansische Regelung vorhanden war. Wenn an anderer Stelle über ein Urteil des Lübecker Rates eine Unklarheit bezüglich des angewendeten Rechts, Lübisches Recht oder Recht der Hanserezesse, ausgemacht wird,365 so ist damit implizit mindestens ein Nebeneinander der beiden Rechtsmaterien vorausgesetzt. Ebenso kann die zitierte Arbeit von Jenks zum 359

W. Ebel, Begriff I, 1949, S. 8. W. Ebel, Seerecht, 1951, S. 86, 89, 93. 361 W. Ebel, Lübeck, 1962, S. 43. 362 W. Ebel, Ostseeraum, 1967, S. 27. 363 Goetze, Seerecht, 1983, S. 130. 364 Goetze, Seerecht, 1983, S. 143. 365 Schaal, Schiffbruch in der Rechtsprechung des Lübecker Rats im Spätmittelalter, ZVLGA, Bd. 70 (1990), S. 71 (87). 360

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hansischen Gästerecht im Sinne eines höheren Rangs des hansischen Rechts gedeutet werden.366 Landwehr hingegen nahm für das 15. Jahrhundert an, „das Hanserecht [wollte] die örtlichen und allgemeinen Seegewohnheiten nicht verdrängen“,367 womit ein höherer Rang prima facie ausgeschlossen ist. So seien 1418 die seerechtlichen Normen des Hanserezesses in das Lübische Recht des 15. und 16. Jahrhunderts übernommen worden.368 Er stellte dann für Hamburg und Lübeck im 17. Jahrhundert unterschiedliche Rangverhältnisse fest. In Lübeck habe das hansische Seerecht von 1614 neben dem Stadtrecht Anwendung gefunden,369 in Hamburg hin­ gegen sei das hansische Seerecht bloß nachrangig herangezogen worden370. Dabei ist aber zu beachten, dass die Fragen dem Ausgang der hansischen Zeit angehören. Es dürfte daher für das hansische Recht wichtig sein, zwischen verschiedenen Epochen zu unterscheiden. Ein Konsens über den Rang des hansischen Rechts gibt es bisher nicht. Wird Pitz’ Verfassungsbeschreibung zugrunde gelegt, die indes vornehmlich auf Dokumenten des 15. Jahrhunderts beruht, dürfte sich die Frage des Ranges nicht stellen, da es kein eigenständiges, unmittelbar anwendbares hansisches Recht gab. Wenn aber Landwehrs Behauptung über eine parallele oder wenigstens subsidiäre Anwendung des hansischen Seerechts von 1614 zutreffend ist, so muss eine Änderung im Rechtsverständnis eingetreten sein, obwohl er Pitz’ Ergebnisse ausdrücklich auch für das hansische Seerecht von 1614 übernahm371. Ein wichtiger Schlüssel zur Definition des hansischen Rechts könnte daher in einem nach zeitlichen Epochen unterteilten Verständnis liegen. c) Transformation in Stadtrecht anstatt unmittelbarer Geltung der Rezesse Für die vorangegangenen Abschnitte konnte keine genaue Einordnung der Forschung zur Frage nach der Transformation von hansischem Recht in Stadtrecht erreicht werden. Dies änderte sich ab 1945. 366 Jenks, Gästerecht, 1996, S. 9: „Will man das hansische Gästerecht angemessen betrachten, so muß man gleich zu Beginn drei Grundsätze aufstellen. Erstens ist es wichtig, die vom Hansetag verabschiedeten und für den gesamten hansischen Raum Geltung beanspruchenden Vorschriften von den nur für eine Hansestadt geltenden Willküren und Burspraken [Verweis: Da sich dieser Aufsatz mit dem h a n s i s c h e n Gästerecht befaßt, werden die örtlichen Bestimmungen in der Regel nur in den Anmerkungen angeführt.] zu unterscheiden“. 367 Landwehr, Hanse, 2003, S. 40. 368 Landwehr, Hanse, 2003, S. 31. 369 Landwehr, Hanse, 2003, S. 76 f. 370 Landwehr, Hanse, 2003, S. 77. 371 Landwehr, Hanse, 2003, S. 27–33, 72, siehe aber die möglicherweise klärenden Bemerkungen unten F.II.4.d). bei Fn. 411.

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Die erste Andeutung dieses jetzt explizit gemachten Verständnisses kann bereits in W. Ebels unbearbeiteten Vortrag über das hansische Recht nachgewiesen werden: „Die Verbindlichkeit der rechtsetzenden Beschlüsse erfaßte also zunächst die Stadt als Körperschaft. In der Praxis bedeutete aber das | neue, v o n den Städten ebensobald auch ein i n ihnen zu beachtendes Recht“.372 Allerdings äußerte er sich nicht weiter zu dem hier entscheidenden Wort „ebensobald“. Wenn er allerdings darauf abstellte, „zunächst“ sei nur die Stadt an die hansischen Beschlüsse gebunden gewesen, so entspricht dies der Annahme einer bloß mittelbaren Wirkung der Rezesse. Allerdings wollte er für das 15. Jahrhundert die Rechtssprüche des Lübecker Rats untersuchen und meinte feststellen zu können, „daß die hansischen Rezesse als das zu beachtende Recht sowohl von den Parteien angezogen wie vom Rat in der Regel berücksichtigt worden sind“.373 Diese Annahme spricht wiederum für eine unmittelbare Geltung der Rezesse. Seine Ausführungen zum kaufmännischen Gewohnheitsrecht werden hier nicht weiter behandelt, da es sich dabei per definitionem nicht um ein gesetztes Recht handelt. Weitere Arbeiten W. Ebels vor 1971 sind ebenfalls nicht erhellend. Wenn er über das Seerecht der Hanse ausführte, es sei „ein im ganzen hansischen Bereich geltendes vertragsmäßiges Seerecht [gewesen], das, wie in Hamburg, auch in Lübeck in das Stadtrecht überging“,374 so kann daraus nicht zwingend auf eine vorherige, notwendige Transformation geschlossen werden. Vielmehr wirkt die Passage wie eine bloße Auswirkung, ein gelegentlich auftauchender Nebeneffekt, aber nicht wie eine zwingende Voraussetzung. Noch 1967 äußerte er über das Seerecht, so „schufen Lübeck und die Ostseehansestädte ein hansisch-lübisches Seerecht, das nicht nur in den Handschriften des lübischen Rechts (und im Revidierten Lübecker Stadtrecht von 1586) erscheint, sondern seit dem 15. Jahrhundert auch in umfangreichen Hanserezessen kodifiziert wurde“.375 Eine Kodifizierung ist aber nur sinnvoll, wenn davon unmittelbare Rechtswirkungen ausgehen. Die erste eindeutige Arbeit, in der W. Ebel eine vorherige Transformation des hansischen Rechts in das Stadtrecht annahm, ist seine Monographie über das Lübische Recht. „Was die Sendeboten der Städte vereinbarten und als hansisches Recht willkürten, galt, soweit es den einzelnen Bürger betraf, in der einzelnen Stadt erst nach der Transformation zu Stadtrecht. Der Rat mußte die Beschlüsse erst ratifizieren und auf dem üblichen Wege den Bürgern verkünden.“376 Damit nahm er eine vorherige, notwendige Transformation spätestens 1971 an. Im Jahre 1978 erschien in einem Sammelwerk mit Arbeiten von W. Ebel eine überarbeitete Fassung seines Vortrages von 1949. Zwar blieben einige Abschnitte identisch, eine grundlegende Überarbeitung erfuhr indes die Frage nach der 372

W. Ebel, Begriff I, 1949, S. 7 f. W. Ebel, Begriff I, 1949, S. 8. 374 W. Ebel, Forschungen, 1950, S. 14. 375 W. Ebel, Ostseeraum, 1967, S. 27. 376 W. Ebel, Lübisches Recht, Bd. 1, 1971, S. 178, ebenfalls S. 183. 373

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Geltung des hansisches Rechts in den Städten. Nun erwähnte er explizit, die Beschlüsse des Hansetags hätten in Stadtrecht transformiert werden müssen.377 Daraus kann eine Änderung seiner Auffassung geschlossen werden, wenngleich er in den Abschnitten, die nicht geändert wurden, weiterhin von einem „Gesetzesrecht“ der Hanse schrieb.378 Der Befund bei anderen Autoren ist für die Anfangszeit der hansischen Forschung in der BRD nicht eindeutig. Über die Handelssperre der Hanse gegen Flandern stellte Reibstein fest, „daß sie nur das materielle Recht aufstellt, die Anwendung aber unter der Verantwortung der Städte zu erfolgen hat“.379 Dies könnte auf eine vorherige Transformation der Hanserezesse hindeuten, ist doch aber aufgrund des Zusammenhangs (Handelssperre) und des allgemeinen Themas eher unwahrscheinlich. Dollinger hingegen kann eher in die Richtung einer vorherigen Transformation gedeutet werden. Die Rezesse, „gewissermaßen die Sammlung der gesetzgebenden und diplomatischen Akten der Hanse“, „sollten grundsätzlich von allen angenommen und durchgeführt werden“.380 Wenn er dann, wie bereits angesprochen, einen Widerspruch zwischen Theorie und Praxis ausmachte, so könnte dies auf Probleme bei der Transformation hindeuten. Gleichwohl ist der Ausdruck „durchgeführt“ insoweit vage, als damit auch bloß die tatsächliche Anwendung, beispielsweise vor Gericht, gemeint sein könnte, aber nicht die Transformation. Möglicherweise ging der wichtigste Impuls für die explizit gemachte Transformation von Brandt aus. Oben wurde bereits seine Beschreibung der hansischen Interessengemeinschaft zitiert,381 hier soll nun ein Satz davon herausgegriffen werden: „Aber der Beschluß bindet das Einzelglied nur, soweit es an ihm teilgenommen und soweit es ihn ratifiziert hat.“382 Zwar lässt auch diese Formulierung verschiedene Auslegungen zu, doch bedeutet die Betonung der Ratifikation, die hier von der Teilnahme am Beschluss getrennt wird, einen weiteren Schritt. Dieser entscheidende Schritt liegt in der Umsetzung in das städtische Recht. Es ist dennoch bemerkenswert, dass W. Ebel diesen Aspekt erst 1971 ausdrücklich aufnahm. Nach W. Ebel hingegen gehörte die Transformation der Hanserezesse zum Allgemeingut der hansischen Forschung. Zwar lassen sich anderslautende Aussagen nachweisen,383 doch kritisierte Henn die Monographie von Wernicke gerade mit dem Hinweis, eine „den Städten übergeordnete Bündnisgewalt […] hat es nicht ge 377

W. Ebel, Begriff II, 1978, S. 37. W. Ebel, Begriff II, 1978, S. 37. 379 Reibstein, Völkerrecht, 1956/57, S. 71. 380 Dollinger, Hanse, 1966, S. 128. 381 Siehe oben F.II.2.b), Text bei Fn. 161. 382 Brandt, Wirtschaftsorganisation, 1963, S. 27. 383 Schulz, Die Entstehung des Seerechts des Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuches unter besonderer Berücksichtigung der Bestimmungen über die Reederei, den Schiffer und die Schiffsmannschaft, 1987, S.  17: „Auf den Bundestagen der Hanse beschlossen die ver­ einigten Städte sog. Recesse, in denen sie das Seerecht für ihr Hoheitsgebiet verbindlich regelten“. Eine Regelung „in“ den Rezessen macht nur bei unmittelbarer Geltung Sinn. 378

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geben […] [;] [i]n diesem Fall hätte den Beschlüssen der Hansetage ein höheres Maß an Verbindlichkeit zukommen müssen“.384 Diese Ansicht behielt er bei385 und lässt sich ebenfalls in Arbeiten anderer Autoren nachweisen.386 Die Transformation in Stadtrecht differenzierte sich dabei im Verlaufe der Zeit weiter aus. Für das hansische Seerecht von 1614 stellte Landwehr fest, dass es zunächst die Städte gebunden habe und von diesen habe die Durchsetzung überwacht werden sollen.387 Das Seerecht habe sodann auf den auslaufenden Schiffen mitgeführt werden sollen und die Besatzung hätte sich dem Seerecht eidlich zu unterwerfen. Dies sei aber nur dann nötig gewesen, wenn es sich dabei nicht um Bürger einer Hansestadt gehandelt habe, da diese bereits durch ihren Bürgereid dem Seerecht unterworfen gewesen seien.388 Zu beachten ist weiterhin, dass die Frage nach der Existenz des hansischen Rechts zunächst losgelöst von der Frage der Transformation behandelt wurde. Konsequent weitergedacht ist hansisches Recht im engeren Sinne, also die Fest­ setzung von direkt anwendbaren Normen, bei einer vorherigen, notwendigen Transformation in Stadtrecht nicht mehr denkbar. Trotz aller Gefahren, die ein Vergleich mit modernen Rechtserscheinungen birgt, kann insoweit auf die Richtlinien der Europäischen Union verwiesen werden.389 Bei diesen kann zwar gesagt werden, es handele sich um europäisches Recht, dennoch müssen diese in nationales Recht der Mitgliedsstaaten überführt werden. Formell betrachtet handelt es sich dann aber um Recht der Mitgliedsstaaten – es beruht lediglich auf bald mehr, bald minder strengen Vorgaben der EU. W. Ebel konnte seinen Begriff des hansischen Rechts teilweise aufrechterhalten, da er neben den hansischen Statuten auch ein kaufmännisches Gewohnheitsrecht in die Definition mitaufnahm. Wenn heute aber auf seinen Begriff Bezug genommen wird, sollten drei Aspekte mitbedacht werden: Erstens ging seine Definition ursprünglich in einem Bereich von unmittelbar geltendem Recht aus – dies wird wie gezeigt mittlerweile anders gesehen – und zweitens nahm er ein kaufmännisches Gewohnheitsrecht in den Blick, welches sich methodischen Bedenken gegenüber sieht. Drittens und schließlich ist zu bedenken, dass W. Ebel zwar selbst einen grundlegenden Wandel bei der Umsetzung des hansisches Rechts in seinen Begriff aufnahm. Dabei stieß er indes nicht zu einer grundlegenden Revision seines Begriffes vor, sondern ergänzte den Aspekt der Transformation in Stadtrecht bloß. Hier soll vertreten werden, dass 384

Henn, Städtebund, 1984, S. 123. Henn, Tagfahrten, 2001, S. 9: „Die letzte Entscheidung über die Umsetzung von Tagfahrtsbeschlüssen lag bei den Städten“. 386 Wernicke, Recht, 1986, S.  137, 154; ders., Hansetag, 1993, S.  438; Friedland, Hanse, 1991, S.  135: „Wie weit die Rezesse arbitria waren und blieben, das Recht einer einzelnen Stadt erweiternde und verbindende Willküren, wird uns noch beschäftigen […]. Im all­ gemeinen waren sie es nicht“. 387 Landwehr, Die Hanseatischen Seerechte des 16. und 17. Jahrhunderts, 1984, S. 81. 388 Landwehr, Seerechte, 1984, S. 82. 389 Cordes, Begriff, 2008, S. 205. 385

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dadurch ein widersprüchliches Bild entsteht, weil er zum einen am Ausdruck des „Gesetzesrechts“ festhielt, zum anderen aber anerkannte, die Hanse habe selbst kein unmittelbar geltendes Recht setzen können. Dabei wird nicht das weite Verständnis W. Ebels des Ausdruckes „Gesetz“ für das Mittelalter verkannt.390 Indes ergibt sich kein widerspruchsfreies Bild, wenn unter Gesetz auch die Willkür verstanden wird, da selbst bei dieser Begriffsbestimmung die Spannung zwischen dem Ausdruck „Gesetz“ und bloß nach Transformation geltender Willkür bleibt. d) See-, Handels- und Gesellschaftsrecht Das Seerecht und zuweilen das Handelsrecht galten als die Kernbestände des hansischen Rechts. Ersteres sei, so W.  Ebel in seinem Vortrag zum hansischen Recht, „Gesetzes|recht“ gewesen, „das den seerechtlichen Bestimmungen der einzelnen Stadtrechte, zumal den Schiffsrechten Hamburgs und Lübecks zur Seite trat und überdies neben der damals weitverbreiteten Sammlung seerechtlicher Gewohnheiten, dem sog. Waterrecht oder Seerecht von Wisby, Geltung verlangte“.391 In diesem Bereich sei nach Rechtseinheit gestrebt worden.392 Dabei sei es sehr stark mit dem Lübischen Recht verflochten gewesen.393 Lübeck und die Ostseestädte hätten ein „hansisch-lübisches Seerecht“ geschaffen, welches einerseits in den Lübischen Rechtsaufzeichnungen aber auch ab dem 15.  Jahrhundert in den Rezessen der Hanse niedergelegt worden sei.394 W. Ebels Rezensent Schultze-von Lasaulx sah ebenfalls im Seerecht der Hanse „ein echtes Hanserecht“.395 Auch für andere Autoren stand das Seerecht gelegentlich im Mittelpunkt der Darstellungen. Brandt betrachtete das Seerecht unter völkerrechtlichen Gesichtspunkten und nahm dabei auch die „großen Kodifikationen des hansischen, namentlich des hamburgisch-lübeckischen Seerechts“ in den Blick.396 Der Inhalt des Aufsatzes soll hier nicht weiter interessieren, beachtenswert ist lediglich, wie die Begriffe des hansischen und des städtischen Rechts ineinander übergehen. Der völkerrechtliche Aspekt des Seerechts interessierte ebenso Reibstein und er ging 390 W.  Ebel, Geschichte der Gesetzgebung in Deutschland, 2.  Aufl., 1958, insbesondere S. 20–25. Offenbar ging er zu diesem Zeitpunkt noch von einer unmittelbaren Geltung der hansischen Beschlüsse aus, da er „[städtische] Eidsatzungen“ und „Seefriedensverträge der Hanse“ nebeneinander stellte, S.  48: „Die gleiche ‚Friedloserklärung‘ des nichtgeschworenen Friedensbrechers kennen auch die nichtköniglichen Landfrieden der Fürsten und Städte, die Städtebünde und die städtischen Eidsatzungen, die Seefriedensverträge der Hanse usw.“ Frieden und Fehde beschäftigten W.  Ebel immer mal wieder. Bereits ders., Die Rostocker Urfehden, 1938 aber auch in seinem ideologisch gefärbten Aufsatz, ders., Rasse, 1944. Zu letzterem oben E. I.1.a) Fn. 16 und 17. 391 W. Ebel, Begriff I, 1949, S. 3 f. 392 W. Ebel, Begriff I, 1949, S. 10. 393 W. Ebel, Forschungen, 1950, S. 14. 394 W. Ebel, Ostseeraum, 1967, S. 26 f. 395 Schultze-von Lasaulx, Rezension W. Ebel Recht, 1953, S. 228. 396 Brandt, Meere, 1953, S. 181.

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ebenfalls von einer „Durchsetzung einheitlicher Rechtsgrundsätze“ aus, die er vor allem mit dem Schlagwort „Freiheit der Meere“ umschrieb.397 Auffällig ist, dass die Einheitlichkeit des hansischen Seerechts häufig hervorgehoben wurde.398 Den Aspekt der Einheitlichkeit des Seerechts zeichnete Dollinger zurückhaltender. Da er – insoweit nicht von den anderen Autoren abweichend – von mehreren Quellen des hansischen Seerechts ausging (Stadtrechte, Rôles d’Oléron, Entscheidungen der Hansetage), sei ihm deswegen keine Einheitlichkeit zugekommen.399 Landwehr untersuchte in mehreren Arbeiten seerechtlichen Bestimmungen mit Bezug zum Hanseraum.400 Zu beachten ist dabei indes, dass ein Teil der Arbeiten die Seerechte erst ab dem 16. Jahrhundert erfasst.401 Dabei steht die Frage nach der Herkunft der Normen im Vordergrund sowie eine dogmatische Einordnung der einzelnen Bestimmungen402. Aufgrund der Verschränkungen von hansischem und hanseatischem Seerecht nahm er an, die Frage nach dem Rangverhältnis der einzelnen Quellen sei erst durch die „[verwissenschaftlichte] Gerichtspraxis des ausgehenden 17.  und des 18.  Jahrhunderts“ entstanden.403 Beachtenswert sind die Untersuchungen zum Lübischen Stadtrecht von 1586, welches im Vergleich zu anderen Rechtsquellen der Zeit einen verhältnismäßig kleinen Teil  an seerechtlichen Normen enthält. Landwehr führte dies auf die Entstehungsgeschichte des Stadtrechtes zurück und auf die Erwartung des hansischen Seerechts, welches die übergangenen Fragen regeln sollte.404 Für das 18. Jahrhundert und damit für einen Zeitraum außerhalb der hier interessierenden Zusammenhänge könne nicht von „einem einheitlichen europäischen Seerecht“ gesprochen werden, da die Partikularrechte in gewissen Einzelfragen abgewichen seien – allerdings habe das Lübische Recht ob seiner Lückenhaftigkeit in dieser Zeit keine „besondere Eigenständigkeit“ entwickeln können.405 Lübeck habe am hansischen Seerecht einen „maßgeblichen Anteil“ gehabt und zudem durch seine Oberhoftätigkeit 397 Reibstein, Völkerrecht, 1956/57, S. 63, 65 (letzteres Zitat im Original gesperrt). Das erste Zitat bezog er auf das Seerecht von Visby. 398 Siehe neben den bereits ausdrücklich Zitierten: Brandt, Wirtschaftsorganisation, 1963, S. 29; Wolter, Die Schiffrechte der Hansestädte Lübeck und Hamburg und die Entwicklung des Hansischen Seerechts, 1975, S. 19; Schulz, Seerecht, 1987, S. 17; Lieberwirth, Stadtrecht, 1995, S. 684 f. 399 Dollinger, Hanse, 1966, S. 195 f. 400 Landwehr, Seerechte, 1984; ders., Die Haverei in den mittelalterlichen deutschen Seerechtsquellen, 1985; ders., Die Bedeutung des Lübischen Seerechts während des 18. Jahrhunderts, in: Helge bei der Wieden (Hrsg.): Schiffe und Seefahrt in der südlichen Ostsee, 1986, S. 129–173; ders., Hanse, 2003; ders., Seerecht im Hanseraum im 15. Jh. Die Hanserezesse, die Vonnesse von Damme und die Ordinancie der Zuidersee im Flandrischen Copiar Nr. 9, in: Carsten Jahnke/Antjekathrin Graßmann (Hrsg.): Seerecht im Hanseraum des 15. Jahrhunderts, 2003, S. 95–117. 401 Landwehr, Seerechte, 1984; ders., Bedeutung, 1986. 402 Landwehr, Seerechte, 1984, S. 92–121. 403 Landwehr, Seerechte, 1984, S. 91. 404 Landwehr, Bedeutung, 1986, S. 141–148, insbesondere S. 147. 405 Landwehr, Bedeutung, 1986, S. 170.

II. Themen

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„richtungsweisende Urteile in Seerechtssachen“ gefällt.406 Dabei müsse aber bedacht werden, dass die hansischen Seerechtsnormen, die in den Rezessen von 1378 bis 1470 gefunden werden können, „aus bestimmten Anlässen erlassene, in der Regel nicht zusammenhängend beschlossene Einzelanordnungen“ gewesen seien.407 Erst ab dem Ende des 15. Jahrhunderts könne in den Rezessen ein bewusstes Regeln von zusammenhängenden Rechtsfragen gesehen werden.408 Im Jahre 2003 legte Landwehr eine umfangreiche Arbeit über das Seerecht der Hanse vor, in der er die Ausführungen von Pitz zur Verfassung der Hanse an­ erkannte.409 Er ging davon aus, auch das hansische Seerecht von 1614 habe in dem bei Pitz beschriebenen Modus zuerst die Städte und erst über den Bürgereid die Bürger gebunden.410 Folglich ging er von einem identischen Rechtssetzungsmodus der Hanse ab dem 15. Jahrhundert (Pitz’ Quellenschwerpunkt) bis zum hansischen Seerecht 1614 aus. Gleichwohl zeigte sich in den einzelnen Hansestädten ein disparates Bild, wenn die Geltung des hansischen Seerechts von 1614 betrachtet wird.411 Dieses Bild könnte durch die unterschiedliche Übernahme der Normen erklärt werden, wenngleich Landwehr diesen Erklärungsansatz nicht wählte. Wenn unterstellt wird, dass das hansische Seerecht von 1614 von den Städten erst in Stadtrecht transformiert werden musste, könnte sich das Rangverhältnis klären. In Lübeck wurde 1586 das Seerecht absichtlich412 nicht umfassend geregelt und teilweise wurden einzelne Titel413 aus dem Stadtrecht in das hansische Recht 1614 übernommen. Letztere Artikel können als bestätigt angesehen werden414. Die Artikel, die das hansische Seerecht anders regelte, änderten dann durch die Transformation das Lübecker Stadtrecht und wo Lücken bestanden, konnte das Stadtrecht weiterhin eingreifen. Dann hätte es sich nicht um eine Rangordnung im eigentlichen Sinne gehandelt, sondern vielmehr um unterschiedliche Textquellen des Stadtrechtes. Auch die bloß subsidiäre Geltung des hansischen Seerechts in Hamburg löst sich vor diesem Hintergrund auf. Sofern die Transformation in Stadtrecht notwendig war, so kann diese für die hansische Schifferordnung von 1591 nicht als Ausdruck einer subsidiären Geltung gedeutet werden,415 sondern stellte das Seerecht mit dem Stadtrecht gleich. Ohne diese Transformation hätte die Schifferordnung gar nicht, also auch nicht subsidiär für Hamburger Bürger gelten dürfen. 406

Landwehr, Hanseraum, 2003, S. 95. Landwehr, Hanseraum, 2003, S. 98. 408 Siehe die kurze Zusammenfassung von hansischen Satzungen bei Landwehr, Hanseraum, 2003, S. 115–117. 409 Landwehr, Hanse, 2003, S. 27–33. 410 Landwehr, Hanse, 2003, S. 72–74. Siehe die inhaltlich übereinstimmenden Ausführungen bei ders., Seerechte, 1984, S. 81 f. 411 Landwehr, Hanse, 2003, S. 78. 412 Landwehr, Hanse, 2003, S. 75 f. 413 Landwehr, Hanse, 2003, S. 76 und Tabelle 2 auf S. 155. 414 Siehe auch die von Landwehr zitierte Rangordnung von Caroc aus dem 18. Jahrhundert, Landwehr, Hanse, 2003, S. 77. 415 Landwehr, Hanse, 2003, S. 77. 407

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Wenn dann das Hamburger Stadtrecht von 1603 einzelne Bestimmungen der Schifferordnung aufnahm, so hätte dies nach Pitz’ Verfassungsbeschreibung nicht den Rang der Normen, sondern bloß ihren Regelungsort geändert. Dieser Vorgang könnte lediglich als Erneuerung der Willkür gedeutet werden,416 aber nicht als Rangänderung. Da festgestellt werden kann, dass einige Normen des hansischen Seerechts von 1614 weder in der Schifferordnung von 1591 noch im Hamburger Stadtrecht von 1603 aufgefunden werden können417, müsste das hansische Seerecht von 1614, falls die Verfassungsbeschreibung von Pitz zutrifft und falls es in Hamburg transformiert wurde, insoweit primäre Rechtsquelle gewesen sein. Sollte sich hingegen bei Urteilen aus dieser Zeit zeigen, dass bei Fragen, die zwar nicht im Text des Stadtrechtes, aber im hansischen Seerecht geregelt wurden, auf andere Normen dem Inhalte nach zurückgegriffen wurde, so wären die Annahmen von Pitz erschüttert oder wären jedenfalls nicht von den Zeitgenossen strikt beachtet worden. In jüngster Zeit griff die Forschung die Frage des hansischen Seerechts weitergehend auf. So wurde die Einheitlichkeit und Geltung in Frage gestellt, vielmehr habe das hansische Seerecht die universell geltenden Rôles d’Oléron ergänzt.418 Die Geltung des hansischen Seerechts sei dabei nicht eindeutig rekonstruierbar, da die Gerichte zuweilen Stadtrecht, hansische Bestimmungen, die Rôles ­d’Oléron oder andere Bestimmungen angewendet hätten.419 Von anderer Seite wurde die Universalität der Rôles d’Oléron angegriffen und bemerkt, dass stattdessen die städtischen Gerichte immer auf ihre Stadtrechte zurückgegriffen hätten.420 Die Hanse habe darüber hinaus kein unmittelbar geltendes Seerecht setzen können.421 Letztere These ergibt sich unmittelbar aus der Verfassungsbeschreibung bei Pitz. Ob sie aber für die gesamte hansische Zeit Gültigkeit hatte, bedarf näherer Untersuchung. Dieses Problem ist eng mit dem Rangverhältnis der Normen verknüpft, welches sich nach der Anerkennung der notwendigen Transformation des han­ sischen Rechts in Stadtrecht nicht mehr stellen dürfte. Im Bereich des Seerechts bleibt somit ein zurückhaltendes Ergebnis in der Forschung. Für W. Ebel war die Situation noch klar: Die Hanse habe ein Seerecht in Gesetzesform geschaffen, einheitlich und mit eigener Geltung, wenngleich seine Befunde nicht immer eindeutig waren und spätestens seit seiner Monographie zum Lübischen Recht relativiert wurden. Die Forschung agierte mit zunehmender Zeit und weitergehenden Untersuchungen immer zurückhaltender bis schließlich in jüngster Zeit kein Anwendungsbereich für ein einheitliches hansisches Seerecht mit eigener Geltung übrigblieb. 416

Landwehr, Hanse, 2003, S. 31 f. So die Titel 8 und 9 des hansischen Seerechts von 1614, die auf das Lübecker Stadtrecht von 1586 zurückgingen, siehe die Tabelle 2 bei Landwehr, Hanse, 2003, S. 155. 418 Jahnke, Seerecht, 2008, S. 58–60. 419 Jahnke, Seerecht, 2008, S. 65. 420 Frankot, See-Recht, 2013, S. 113. 421 Frankot, See-Recht, 2013, S. 118. 417

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Dem Gesellschaftsrecht oder nach seiner Diktion dem Gesellschaftshandel im Spätmittelalter widmete sich Cordes in seiner Habilitationsschrift.422 Darin werden die einzelnen Erscheinungsformen der Gesellschaften im hansischen Raum untersucht und die Prämisse der vorherigen Forschung angegriffen, die Vertragstypen des heutigen Gesellschaftsrechts ließen sich bis in die frühe Hansezeit zurückverfolgen.423 Die Ergebnisse sollen hier im Einzelnen nicht näher dargestellt werden. Drei Aspekte sind aber im Rahmen der Diskussion über ein hansisches Recht zu beachten. Erstens handelte es sich bei diesem Gegenstand um ein „internes Recht“424 der Kaufleute. Die Gesellschaften wurden zwischen hansischen Kaufleuten abgeschlossen. Diese Beschränkung lässt es möglich erscheinen, einen Einfluss von anderen Rechtsgedanken nur dann in Betracht zu ziehen, wenn die Kaufleute diese selbst, ob bewusst oder unbewusst, aufnahmen. Zweitens zog Cordes verschiedene Quellengattungen heran von statutarischen Quellen, also Stadtrechten, Zollrollen aber auch Kontorstatuten und Hanserezessen, über das societas-Register im Lübecker Niederstadtbuch, Gesellschaftsverträge, Testamente, kaufmännische Dokumente wie Handlungsbücher und Briefe bis hin zu Ratsurteilen. Schließlich ist drittens die zeitliche Dimension zu beachten, die sich hauptsächlich auf die Jahre 1250–1500 beschränkte. Der erste Aspekt lässt es möglich erscheinen, von einem hansischen Recht zu sprechen. Zugleich ist aber die sachliche und zeitliche Beschränkung zu beachten, die zur Vorsicht mahnt, die Ergebnisse auf andere Bereiche zu übertragen. Zeitlich ist es wegen des Mangels an Quellen schwierig, Aussagen über die rechtlichen Verhältnisse vor 1250 zu treffen.425 Aussagen über die Zeit nach 1500 müssen dann die jedenfalls qualitativ höhere Durchdringung mit gelehrten Juristen beachten.426 Sachlich ist zu beachten, dass Rechtsbereiche, die sich nicht auf die Binnenorganisation der Kaufleute bezogen, möglicherweise verschiedenen Einflüssen ausgesetzt waren.427 Wenn der Begriff des hansischen Rechts materiell verstanden wird, dann muss nachgewiesen werden, inwieweit hansische Spezifika im Recht gefunden werden können. Diese drei Aspekte lassen sich in den übrigen Arbeiten in dieser Form nicht finden, obgleich sie den Autoren nicht unbekannt waren. Die zeitliche Dimension 422 Cordes, Gesellschaftshandel, 1998. Zur Terminologie ders., Gesellschaftshandel, 1998, S. 4 f. 423 Cordes, Einheimische und gemeinrechtliche Elemente im hansischen Gesellschaftsrecht des 15.–17.  Jahrhunderts, in: Walter Stark et al. (Hrsg.): „Kopet uns werk by tyden“, 1999, S. 67 (67); ders., Gesellschaftshandel, 1998, S. 10–50, 325 f. 424 Cordes, Gesellschaftshandel, 1998, S. 2. 425 Cordes, Gesellschaftshandel, 1998, S. 8: derartige „Ausführungen über den Gesellschafts­ handel in der Zeit vor 1250 tragen ausgesprochen spekulativen Charakter“. 426 Cordes, Elemente, 1999, S. 71. 427 Cordes, Elemente, 1999, S. 69, wo im Zusammenhang mit der Scheidung von einheimischen oder gemeinrechtlichen Elementen im Handelsrecht auf mögliche Einflüsse von „skandinavischem, englischem, niederländischem, süddeutschem und vor allem norditalienischem Recht“ aufmerksam gemacht wird.

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wurde in den Arbeiten zum Seerecht zwar insoweit gewahrt, als auf bestimmte Hanserezesse oder Stadtrechte eingegangen wurde. Gleichwohl muss dann der Schwerpunkt auf den Quellen ab dem 15. Jahrhundert bedacht werden. Eine dezidierte Unterscheidung im Hinblick auf die Geltung oder die rationelle Durchdringung des Rechts wurde weiterhin nicht angestellt. Schließlich ist zu beachten, dass das Seerecht kein Binnenrecht der Kaufleute darstellte und insoweit eher offen für außerhansische Einflüsse gewesen sein könnte. Als entscheidender Aspekt erweist sich die Perspektive der Untersuchungen. Obwohl die Transformation des hansischen Rechts in Stadtrecht anerkannt wurde, untersuchten viele Autoren das Seerecht der Hanse als solches. Aus dieser Perspektive konnte dann der Eindruck entstehen, das Seerecht habe nicht gleichförmig in den Hansestädten gegolten. Allerdings scheint die damit verbundene Frage unzutreffend gestellt. Wenn das Recht erst in das Stadtrecht überführt werden musste und dort auf unterschiedliche Vorregelungen traf, muss die Frage nach der Geltung aus der Perspektive der einzelnen Städte und nicht aus der Sicht der Hanse gestellt werden. e) Kontore Die Behandlung der rechtlichen Situation in den Kontoren spielte für die Autoren nach 1945 eine größere Rolle als zuvor. Insbesondere die Darstellungen zu Novgorod sind wissenschaftsgeschichtlich interessant, da hier zuvor eine starke Beeinflussung durch Lübeck angenommen wurde. Die geteilte Oberhofstellung, die die Annahme eines zeitlich und sachlich un­ beschränkten Lübecker Einflusses erschüttert, war seit den ersten Werken nach 1945 anerkannt.428 Die Frage nach dem in den Kontoren geltenden Recht wurde wiederum für Novgorod intensiv behandelt. W. Ebel widmete diesem Aspekt in seiner Monographie zum Lübischen Recht einen eigenen Abschnitt, in dem er die Entwicklung der einzelnen Skraen nachzeichnete. Obwohl er sah, dass seit der Mitte des 14. Jahrhunderts die Skraen kein Lübisches Recht mehr aufnahmen, ging er davon aus, es sei weiterhin angewendet worden.429 An den Ausführungen zum Novgoroder Kontor in der Forschung fällt die Konzentration auf niedergeschriebene Normen auf. So wurde die Entwicklung der geschriebenen Normen referiert und das lange Lübecker Ringen um die Oberhof 428 Johansen, Novgorod und die Hanse, in: Ahasver von Brandt/Wilhelm Koppe (Hrsg.): Städtewesen und Bürgertum als geschichtliche Kräfte, 1953, S. 121 (135); Dollinger, Hanse, 1966, S.  134; W.  Ebel, Rechtszug, 1967, S.  12 f.; ders., Ostseeraum, 1967, S.  23; ders.,­ Lübisches Recht, Bd. 1, 1971, S. 91, 95 f.; Henn, Die Hansekontore und ihre Ordnungen, in: Albrecht Cordes (Hrsg.): Hansisches und hansestädtisches Recht, 2008, S. 15 (28). 429 W. Ebel, Lübisches Recht, Bd. 1, 1971, S. 96.

II. Themen

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stellung beschrieben, doch musste dann der fehlende Nachweis einer Appellation nach Lübeck konstatiert werden.430 Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass die auf W.  Ebel zurückgehende Feststellung, Lübisches Recht habe auch nach dem Streichen der entsprechenden Sätze aus der Skra weitergegolten, weiterhin vertreten wurde.431 Dabei bearbeitete die Forschung, soweit ersichtlich, nie die damit implizit verbundene Problematik von Setzung und Geltung. Einerseits ging die Forschung davon aus, was gesetzt wurde, habe gegolten, belegte dies aber hauptsächlich mit der gesetzten Norm selbst.432 Auch die Frage nach der Appellation nach Lübeck wurde schwerpunktmäßig mit den Normen der Skra und zuweilen mit Verweisen auf die Hanserezesse begründet. Trotz der späteren Streichung des Lübischen Rechts soll es weiterhin gegolten haben. Die Vormachtstellung ­Lübecks im Novgoroder Kontor wurde damit zum einen mit einer zwar fixierten aber tatsächlich nicht nachweisbaren Appellation begründet und zum anderen wurde die Weitergeltung des Lübischen Rechts trotz seiner Streichung behauptet. Lübeck mag zwar nach der Streichung des Lübischen Rechts als alleiniger Oberhof anerkannt worden sein, doch konnte auch dann keine Appellation nach­ gewiesen werden. Die Darstellung der rechtlichen Situation in Bergen sieht sich ähnlichen Pro­ blemen ausgesetzt, kann aber auf weitere Quellen zurückgreifen. Zwar entstammt die älteste überlieferte Kontorordnung aus der zweiten Hälfte des 16.  Jahrhunderts, wenngleich in ihr Willküren aus dem Ende des 15. Jahrhunderts inkor­poriert wurden.433 Doch die Geltung von Lübischem Recht kann hier erstens durch die Tatsache wahrscheinlich gemacht werden, dass fast ausschließlich Lübecker Bürger Olderleute in Bergen waren, und zweitens durch die nachgewiesenen Appellationen vom Bergener Kontor an den Lübecker Rat.434 In jüngerer Zeit gab es weitere Untersuchungen zu den rechtlichen Verhältnissen in den Kontoren.435 Die Kontore interessieren dabei vor allem, weil in ihnen einerseits eine Einbindung in die Umwelt der Gastländer erfolgte und andererseits, da die Kaufleute ihr Zusammenleben regeln mussten.436 Dabei wurde das Problem erkannt, dass zwar ein frühes Zusammenleben im Ausland nachgewiesen werden kann, aber die Kontorordnungen erst für eine spätere Zeit überliefert sind. So waren deutsche Kaufleute in London bereits im frühen 11. Jahrhundert an­wesend, 430

Henn, Ordnungen, 2008, S. 28. Henn, Ordnungen, 2008, S. 28. 432 Für die dritte Skra: Henn, Ordnungen, 2008, S. 23. 433 Henn, Ordnungen, 2008, S. 36 Fn. 121. 434 Henn, Ordnungen, 2008, S. 38. 435 Jörn, Die Herausbildung der Kontorordnungen in Novgorod, Bergen, London und Brügge im Vergleich – 12.–17. Jahrhundert, in: Doris Ruhe/Karl-Heinz Spieß (Hrsg.): Prozesse der Normbildung und Normveränderung im mittelalterlichen Europa, 2000, S. 217–235; Burkhardt, Die Ordnungen der vier Hansekontore Bergen, Brügge, London und Nowgorod, in: Antjekathrin Graßmann (Hrsg.): Das Hansische Kontor zu Bergen und die Lübecker Bergenfahrer, 2005, S. 58–77; Henn, Ordnungen, 2008; ders., Auslandsniederlassungen, 2009. 436 Jörn, Kontorordnungen, 2000, S. 217. 431

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doch stammt das früheste Statut des Stahlhofes erst von 1375, die früheste Kontorordnung gar von 1460.437 Damit ist wieder die zeitliche Dimension im Begriff des hansischen Rechts berufen. Zwar können Aussagen über die frühe Zeit mittels anderer Quellen wahrscheinlich gemacht werden, so beispielweise wenn im Jahre 1251 ein Ältermann der Gemeinschaft der deutschen Kaufleute nachgewiesen ist und damit auf eine Binnenstruktur geschlossen werden kann.438 Doch müssen diese Aussagen notwendig beschränkt bleiben und können bloß Vermutungen stützen. Für die rechtliche Struktur der Hanse ist es besonders interessant, wenn das Verhältnis des Hansetages zu den Kontoren geschildert wurde. So seien bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts „mehr als 85 %“ der Statuten von den Kontorversammlungen selbst beschlossen worden, doch habe sich der Hansetag ab 1470 gegen eine eigene regelnde Tätigkeit der Kontore gewendet.439 „Probleme sollten fortan dem Hansetag gemeldet werden, der über eine adäquate Lösung beraten und sie den Kontoren mitteilen wollte.“440 Seit 1356 seien die Kontore „schrittweise der Aufsicht durch die gesamthansische Tagfahrt unterstellt [Verweis] und strenggenommen erst dadurch zu ‚hansischen‘ Kontoren [geworden].“441 Dieser Einschnitt sollte beachtet werden, wenn hansisches Recht in den Kontorstatuten gesucht wird. Formell betrachtet könnte ab diesem Zeitpunkt ein hansisches Recht bereits mit dem Hinweis auf die Setzung der Kontorordnungen durch den Hansetag begründet werden. Setzt man hingegen ein materielles Verständnis voraus, so müsste untersucht werden, was an den Kontorstatuten spezifisch hansisch war442 oder was möglicherweise bloß aufgrund externen Druckes in die Statuten aufgenommen wurde443. Es wurde zuweilen angenommen, dass die Kontorordnungen gerade im „Handelsrecht“ Übereinstimmungen zeigen, da dieses häufig auf Beschlüsse der Hansetage zurückgehe.444 Als Beispiele werden angeführt: „[Verbot] Handel mit Nichthansen zu betreiben oder deren Schiffe zu befrachten […] [Verbot des] Kauf[s] von schiffbrüchigem oder geraubtem Gut“.445 Die Beispiele offenbaren zugleich die Beschränkung auf binnenhansische Probleme. Zusammenfassend stellt sich die Forschungsmeinung zum hansischen Recht in den Kontoren als komplex dar. Mittlerweile findet keine Gleichsetzung von Lübischem Recht und in den Kontoren geltendem Recht statt. Diese schon früh an 437

Jörn, Kontorordnungen, 2000, S. 220–222. Jörn, Kontorordnungen, 2000, S. 221. 439 Jörn, Kontorordnungen, 2000, S. 230. 440 Jörn, Kontorordnungen, 2000, S. 230. 441 Henn, Ordnungen, 2008, S. 16. Die Londoner Kontorordnung aus der Mitte des 15. Jahrhunderts sei eine „Sammlung hansischer Tagfahrtsbeschlüsse“ gewesen, ders., Ordnungen, 2008, S. 32. Für Bergen: Burkhardt, Ordnungen, 2005, S. 63, allerdings ab dem 15. Jahrhundert allmähliche Lösung des Kontors vom Hansetag, S. 64. 442 Henn, Ordnungen, 2008, S. 17 f. 443 Zu diesem Bereich für London: Jörn, Kontorordnungen, 2000, S. 221–224. 444 Burkhardt, Ordnungen, 2005, S. 71. 445 Burkhardt, Ordnungen, 2005, S. 71. 438

III. Methoden und Prämissen

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gedeutete Meinung (Frensdorff, wenngleich sehr eingeschränkt) gelangte durch W. Ebel zu einer herrschenden Stellung, ist aber mittlerweile erschüttert. Es wird hier vertreten, dass es W. Ebel bei seinen Thesen weniger um die Kontore als um die Bedeutung des Lübischen Rechts ging. Es bleibt dann aber die Frage, ob und inwieweit von einem hansischen Recht in den Kontoren gesprochen werden kann. Dies hängt naturgemäß von seiner Definition ab. Sofern dabei vorrangig auf das formelle Argument einer Setzung oder Bestätigung durch den Hansetag abgestellt wird, ist die Annahme eines hansischen Rechts möglich. Bloß formell ist dieses Argument bereits deswegen, weil nichts darüber ausgesagt ist, ob die betreffenden Regelungen über das Kontor herausgriffen. Wenn hingegen mit dem hansischen Recht die Vorstellung eines über weite Gebiete („Hanseraum“) hinausgreifenden Rechts verbunden sein soll, müssen materielle Aspekte hinzugenommen werden, die beispielsweise untersuchen, inwieweit die Regelungen in den Kontoren übereinstimmten oder sogar noch weitere Anwendungsgebiete hatten. Hier ist kein Ergebnis ersichtlich. Ob dieses angesichts des langen hansischen Zeitraums, des großen potentiellen Gebietes und der politischen Heterogenität erzielbar ist, bleibt abzuwarten.

III. Methoden und Prämissen Die Methoden und Prämissen der hansischen Wissenschaft nach 1945 knüpften an die vorherige Zeit an. Allerdings betonte W. Ebel zwei wesentliche Aspekte: einerseits eine Rekonstruktion des Rechts aus den Urteilen und nicht zuerst aus den geschriebenen Normen und andererseits verstärkte er die Tendenz, ein kaufmännisches, materielles Gewohnheitsrecht als Quelle anzusehen. Um das Verständnis der Methoden und Prämissen zu erleichtern, soll versucht werden, diese mit Begriffspaaren zu erfassen. Dabei wird an Unterscheidungen angeknüpft, die aus dem Streit in der Rechtsgeschichte über den Rechtsbegriff des (Früh-)Mittelalters stammen.446 Erstens im Hinblick auf die Perspektive der Forschung: subjektiv und objektiv, zweitens im Hinblick auf die Forscher als solche: agnostisch und ex post,447 schließlich drittens im Hinblick auf die gefundenen oder aufzufindenden Normen: materiell und prozessual448. 446

Cordes, Rechtsgewohnheiten in lübischen Gesellschaftsverträgen, in: Albrecht Cordes/ Bernd Kannowski (Hrsg.): Rechtsbegriffe im Mittelalter, 2002, S. 29 (38 f.). 447 Cordes ordnete die Unterscheidung agnostisch/ex  post dem Begriffspaar objektiv/sub­ jektiv zu. Hier soll eine Trennung versucht werden. 448 Diese Trennung beruht nicht auf dem Aufsatz von Cordes, greift gleichwohl seine eigenen Forschungsschwerpunkte auf, siehe dazu Cordes, Die Erwartungen mittelalterlicher Kaufleute an Gerichtsverfahren: Hansische Privilegien als Indikator, in: Albrecht Cordes/Andreas Karg (Hrsg.): Eine Grenze in Bewegung, 2013, S. 39 (47 f.). Siehe zum Streit um den Rechtsbegriff des Frühmittelalters: Dilcher, Mittelalterliche Rechtsgewohnheiten als metho-

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Die Frage nach der Perspektive der Forschung berührt den Ausgangspunkt der Untersuchungen. Damit ist gemeint, ob nachträglich aus den Erscheinungen mithilfe von eigenen wissenschaftlichen Kategorien Schlüsse gezogen werden (objektiv) oder ob versucht wird, das Rechtsdenken der Zeit aus sich selbst heraus zu verstehen (subjektiv). Der Blick der Forscher meint hingegen mögliche Selbstbeschränkungen. Wird versucht, mit eigenen wissenschaftlichen Kategorien rechtliche Erscheinungen nachträglich zu erfassen, können insoweit auch prima facie nicht-rechtliche Erscheinungen (soziologische oder ethnologische Gesetzmäßigkeiten) in die Betrachtung miteinbezogen werden (ex post). Der gegenteilige Standpunkt behauptet, was die Zeitgenossen nicht selbst als rechtliche Erscheinungen ansprachen, kann nicht nachträglich als rechtliche Erscheinung qualifiziert werden, mag es auch – wenngleich für uns nicht als solche erkennbar – tatsächlich eine solche gewesen sein (agnostisch). Schließlich fragt die letzte Unterscheidung danach, ob die gesuchte Rechts­ ordnung primär die Entstehung von Rechten betreffen muss, also sachlicher Art ist (materiell) oder ob es hinreicht, wenn lediglich Regeln für die Prozessführung oder weitergefasst den Konfliktaustrag gefunden werden (prozessual). Diese Begriffspaare hängen zwar zusammen, können gleichwohl bis zu einem gewissen Grad beliebig kombiniert werden. Ein agnostischer Forscher wird zwar vornehmlich einer materiell-objektiven Rechtsordnung in der Hanse fernstehen, kann aber doch insoweit nach gewissen Regeln suchen, die die Zeitgenossen als Recht ansprachen.449 Wird hingegen eine ex post-Perspektive eingenommen, können gewisse Übereinstimmungen in den Regelungen leichter zu einer materiellobjektiven Rechtsordnung verdichtet werden. Eine rein subjektiv-prozessuale Rechtsordnung bleibt dabei aber weiterhin denkbar.

disch-theoretisches Problem, in: Gerhard Dilcher (Hrsg.): Gewohnheitsrecht und Rechtsgewohnheiten im Mittelalter, 1992, S.  21–65; Schulze, „Gewohnheitsrecht“ und „Rechtsgewohnheiten“ im Mittelalter  – Einführung, in: Gerhard Dilcher (Hrsg.): Gewohnheitsrecht und Rechtsgewohnheiten im Mittelalter, 1992, S. 9–20; Kannowski, Rechtsbegriffe im Mittelalter, in: ­Albrecht Cordes/Bernd Kannowski (Hrsg.): Rechtsbegriffe im Mittelalter, 2002, S. 1–27; Dilcher, Leges – Gentes – Regna, in: Gerhard Dilcher/Eva-Marie Distler (Hrsg.): Leges – gentes – regna, 2006, S. 15–42; ders., Zur Entstehungs- und Wirkungsgeschichte mittelalterlichen Rechtskultur, in: Gerhard Dilcher/Eva-Marie Distler (Hrsg.): Leges – gentes – regna, 2006, S. 603–637. 449 Werden die Bände der Hanserezesse, die zu einem großen Teil bereits digitalisiert sind, nach dem Ausdruck „Recht“ durchsucht, so lassen sich viele Treffer finden. Offen bleibt dabei natürlich, welchen Inhalts dieser Ausdruck war.

III. Methoden und Prämissen

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1. Methoden im Umfeld des hansischen Rechts a) Keine neuzeitlichen Begriffe Wie bereits für die vorherige Epoche festgestellt, operierte die Wissenschaft nicht mit einem bewusst anachronistischen Begriffssystem. Die Forschung kri­ tisierte seit langem die Verwendung von neuzeitlichen Begriffen für mittelalterliche Erscheinungen. Rörig griff diese von ihm bereits vorher geäußerte Kritik auf. Er verwahrte sich gegen eine „rückschreiten[de]“ Sicht auf das Mittelalter, welche von der Neuzeit ausginge.450 Die häufige Überlieferung von Streitereien in der hansischen Geschichte solle nicht dahin verstanden werden, „daß ewig Streit und Hader den hansischen Kaufmann im Ausland umbrandet hätten oder von ihm ausgegangen sei“.451 Vielmehr seien normale Vorgänge nicht aufgezeichnet worden. Dies korrespondiert mit W. Ebels Behauptung, die Stadtrechte hätten nur abweichende Regelungen fixieren müssen, weil die normalen Zustände allgemein bekannt gewesen seien. Aus dieser Sicht resultierte das Problem, wie die normalen Zustände zu ermitteln seien. Es soll hier die These vertreten werden, dass die Lücke der Überlieferung hauptsächlich mit gemeinsamen Vorstellungen und vor allem einem kaufmännischem Gewohnheitsrecht gefüllt wurde. Die Behauptung, eine Gruppe von Personen habe ihre normativen Bindungen nicht schriftlich festlegen müssen, weil sie allgemein bekannt waren, setzt notwendig eine irgendwie ge­artete Verbundenheit dieser Gruppe voraus. Weiterhin bildete diese Grundannahme den Ausgangspunkt für eine subjektive Sicht. Die Hanse und ihre rechtlichen Zusammenhänge sollten aus sich selbst heraus verstanden werden. Als W.  Ebel die Willkür untersuchte, verwahrte er sich ebenfalls gegen eine Projektion von heutigen Vorstellungen, vielmehr solle „das eigentliche Wesen, die ursprüngliche Denkform der Willkür“ charakterisiert werden.452 Dies geschehe „im Rahmen einer Rechtstheorie des älteren deutschen und germanischen Rechts“.453 Dass es sich bei dieser Vorstellung nicht bloß um eine Nebensächlichkeit handelte, sondern die Methodik massiv beeinflusste, zeigt sein Umgang mit verschiedenen Ausdrücken in den Quellen. Zwar stellte er vorrangig auf eine quellennahe Rekonstruktion ab454, aber „auch dort, wo die Quellen es überhaupt nicht verwenden und mehr oder weniger genau umschreiben oder durch ein anderes ersetzen[,]“455 sei nach der Willkür zu suchen. Damit nahm er aber eine ex  postPerspektive ein, da nicht ausschließlich die Quellen den Rückhalt für die eigene 450

Rörig, Aufgaben, 1950, S. 10. Rörig, Aufgaben, 1950, S. 11. 452 W. Ebel, Willkür, 1953, S. 8 f. 453 W. Ebel, Willkür, 1953, S. 9. 454 W. Ebel, Willkür, 1953, S. 10 f.: „Auch in diesem Zusammenhang gilt für die ältere deutsche, wie für die germanische Zeit, die Grunderkenntnis, daß ein gemeinsames Wort für Rechtstatsachen, die uns als ver|schiedene Dinge erscheinen, auch auf eine einheitliche Ursprungsvorstellung schließen läßt“. 455 W. Ebel, Willkür, 1953, S. 14. 451

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Begründung geben sollten, sondern auch durch einen vergleichenden Schluss nachträglich Erscheinungen als Willkür qualifiziert werden konnten. Schultze-von Lasaulx akzeptierte diese Methodik, wenngleich er sich nicht ausdrücklich mit W.  Ebels Werk zur Willkür auseinandersetzte, aber mit anderen Werken, die ebenfalls auf dieser Methodik fußten.456 Wie bereits seit den Werken von D.  Schäfer anerkannt, galt dieselbe metho­ dische Grundausrichtung für Arbeiten zur Hanse. Es wurde aufgezeigt, dass auch der Rechtshistoriker Conrad die bereits mehrfach angesprochene Verweigerung aufgriff, die Hanse mit modernen staatsrechtlichen oder vereinsrechtlichen Begriffen zu charakterisieren.457 So bildete sich eine Methodik für mittelalterliche Rechtszustände, die die rechtlichen Darstellungen zur Hanse ebenfalls betraf. Einerseits wurde eine rückschreitende Methodik, die die Hanse mit modernen Begriffen zu erfassen suchte, ab­ gelehnt, andererseits mussten die dann bemerkten Lücken geschlossen werden. Die Vorstellung eines mittelalterlichen deutschen oder germanischen Rechts schwingt dabei häufig mit. Wie problematisch derartige Annahmen sind, zeigte Kroeschell in verschiedenen Arbeiten auf.458 Ebenso wandte sich Cordes in seiner Habilita­ tionsschrift gegen die Verwendung von modernen juristischen Begriffen.459 Ansonsten könnten Fehlschlüsse naheliegen, die nicht das historisches Recht als solches in den Blick nähmen, sondern dieses als Zwischenstadium oder als Vorstufe des modernen Rechts bewerteten. Dabei ließ er gegenüber der Verwendung von universalen oder überpartikularen Rechtsordnungen Vorsicht walten.460 Die Frühzeit der bundesdeutschen Hanseforschung, hier insbesondere in den Forschungen W. Ebels, nahm damit eine subjektive ex post-Perspektive ein. Zwar sollte versucht werden, die hansischen Rechtszustände aus sich selbst heraus zu verstehen, doch konnten dabei außerhalb der Quellen liegende und außerrechtliche Nachweise benutzt werden. Daraus resultierte – so soll hier vertreten werden – zudem die Bereitschaft, die Hanse mit neuen Ausdrücken zu versehen, die ebenfalls nicht quellennah waren. Eine Beschreibung der Hanse als Interessengemeinschaft (Brandt) oder die Erfassung der hansischen Verfassung mit dem Begriff der Identität (Pitz) wurde gerade auch mit Hinweis auf frühere, unpassende, weil projizierende Begriffe gebildet.

456 Schultze-von Lasaulx, [Rezension zu] Ebel, Forschungen zur Geschichte des L ­ übischen Rechts und Lübisches Kaufmannsrecht, Zeitschrift des Vereins für Hamburgische ­Geschichte, Bd. 42 (1953), S. 220 (221). 457 Brandt, Mächte, 1962, S. 39. 458 Hier sei nur auf einen Aufsatz verwiesen: Kroeschell, Germanisches Recht als Forschungsproblem, in: Karl Kroeschell (Hrsg.): Festschrift für Hans Thieme, 1986, S. 3–19. 459 Cordes, Gesellschaftshandel, 1998, S. 4 f. 460 Cordes, Gesellschaftshandel, 1998, S. 6.

III. Methoden und Prämissen

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b) Die Rekonstruktion des Rechts aus Urteilen W.  Ebel suchte das Lübische aber auch das hansische Recht aus Urteilen zu rekonstruieren.461 Ausgangspunkt war dabei die Lückenhaftigkeit der Rechts­ aufzeichnungen und zudem erkannte er, dass aus der schriftlich fixierten Norm nicht auf ihre Geltung geschlossen werden könne. Ziel war die Rekonstruktion eines materiellen Rechts. Da es sich um historische Urteile handelte, wurde eine subjektive Perspektive eingenommen. Dabei baute W. Ebel vor allem auf Urteilen des Lübecker Rats auf, die er selbst in vier Bänden edierte462 und die ihm als Grundlage von vielerlei Arbeiten dienten. Zu beachten ist indes, dass die Urteile vor allem ab dem 15. Jahrhundert überliefert sind und er sogar zuweilen Urteile aus dem 17. oder 18. Jahrhundert heranzog, wenn es um „hansische“ Zusammenhänge ging463. Um zu hansischen Verhältnissen übertreten zu können, musste aber eine Verbindung zwischen dem Lübischen Recht und hansischen Rechtszuständen angenommen werden. Hier vermischten sich bei den Autoren die subjektive und objektive Perspektive. Als Ausdruck einer subjektiven Perspektive ist dabei die häufige Berufung auf den sogenannten ersten hansischen Rezess von 1260/64 (HR I, 1, n. 7) zu sehen.464 Die Begründung ging, wie bereits vor 1945, von einer Lübecker Vormachtstellung aus, die sich aus der Geltung für alle Kaufleute des Lübischen Rechts ergebe. Gleichwohl kann die Quelle als solche die Begründung nicht tragen, da weder die genaue Anzahl der Teilnehmer noch die genaue Reichweite des Rezesses bekannt war. Es bedurfte weiterer und zudem außerrechtlicher Merk 461

Beispielhaft: W. Ebel, Forschungen, 1950, S. 17. W. Ebel, Lübecker Ratsurteile, 1955–1967. 463 W. Ebel, Seerecht, 1951, S. 85. Dieser Aufsatz erschien unverändert 1978 in W. Ebels Aufsatzsammlung ders., Rechtsgeschichtliches aus Niederdeutschland, 1978, S.  305–323 unter dem Titel „Revaler Frachtgerichtsurteile im 17./18.  Jahrhundert“. Dies war der ab­ gewandelte Untertitel der Erstveröffentlichung („Aus den Akten des Frachtgerichts zu Reval“), der indes bei der Erstveröffentlichung in den HGBll. fehlte. Das Fehlen resultierte nach Angaben Rörigs auf dem Vergessen einer Zeile mit der Autorenangabe W. Ebels. Rörig entschuldigte sich bei W. Ebel für dieses „Malheur“. Die Änderung kam Rörig freilich nicht ungelegen, da dadurch die Verwendung des Ortsnamens Reval vermieden werde; es bestünden in der DDR „scharfe Bestimmungen über die Anwendung von deutschen Ortsnamen für das Gebiet jenseits der Oder-Neiße-Linie“, Brief Rörigs vom 08.04.1951, AHL, NL  Rörig, Nr. 40, Konvolut Ebel. Ob sich dieses „Malheur“ tatsächlich so zutrug oder provoziert wurde, kann nicht mehr nachvollzogen werden. W. Ebel antwortete auf diese „spassige Sache“ und stimmte Rörigs Vorschlag zu, Postkarte W. Ebels vom 10.04.1951, AHL, NL Rörig, Nr. 40, Konvolut Ebel. 464 W.  Ebel, Lübeck, 1962, S.  43: „An der Gestaltung dieses formell gesamthansischen Rechts aber war Lübeck, die unbestrittene Führerin und ‚Königin‘ der Hanse, maßgeblich beteiligt. Die ältesten hansischen Rezesse, aus der Mitte des 13. Jahrhunderts, werden geradezu ausdrücklich als für die Kaufleute gemacht bezeichnet, ‚die das lübische Recht gebrauchen‘.“ Ebenfalls bei W. Ebel, Begriff I, 1949, S. 11; ders., Forschungen, Bd. 14, 1950, S. 14; ders., Rechtszug, 1967, S. 11; ders., Lübisches Recht, Bd. 1, 1971, S. 183. 462

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male, um die Verbindung herzustellen. Dabei waren die beherrschende Stellung der Kaufleute im Lübecker Rat, die verwandtschaftlichen Beziehungen der Kaufleute untereinander und übereinstimmende Interessen die maßgeblichen Merkmale. Die ersten beiden Merkmale können mit Quellen be- oder widerlegt werden, das letzte Merkmal hingegen entzieht sich eines solchen Nachweises, da es die Motivation der handelnden Personen betrifft und insoweit Vorannahmen aufgestellt werden müssen. Den Ausgangspunkt bildet hier ein vermeintlich zweckrationales Handeln der Akteure, welches als objektiv-rational beschrieben werden kann. Die Forschung stellte nicht auf ein individuelles Interesse des einzelnen Kaufmanns ab, sondern auf eine – aus heutiger Sicht – Rationalität der gesamten kaufmännischen Ordnung.465 W. Ebels Methode, aus Urteilen das Recht zu rekonstruieren, wurde im Fortgang von anderen Autoren aufgegriffen.466 Wie diese Arbeiten zeigen, nimmt die Methode hauptsächlich ein materielles Recht in den Blick. Eine prozessuale Sicht, in der ein Verfahren als Mittel des Konfliktaustrages gedeutet wird, war nicht herrschend.467 Zudem konnte diese Methode aufgrund ihrer Offenheit für Prämissen zu divergierenden Ansichten führen. So nutzte Jahnke die Analyse von Urteilen aus dem Hanseraum für seine These von den universell geltenden Rôles d’Oléron468, Frankot hingegen kam zu dem gegenteiligen Schluss, bloß die einzelnen Stadtrechte seien vor den Gerichten maßgeblich gewesen469. Die Offenheit der Methode für unterschiedliche Ergebnisse beruht  – so soll hier vertreten werden  – auf dem Einfallstor der Motivation der Akteure. Zwar setzt die Methode das geschriebene Recht nicht mit dem geltenden Recht gleich, denn dies war gerade der Ausgangspunkt für diese Art der Rekonstruktion. Treten aber Überlieferungslücken oder vermeintlich widersprüchliche Entscheidungen auf, müssen diese Funde erklärt werden. Die Erklärung kann dann auf überpartikulare und damit häufig zusammenhängend zweckrationale Erscheinungen ge­gründet werden. Die Frage aber, was rational ist, kann zu verschiedenen Zeiten unterschiedlich beantwortet worden sein. Zu beachten ist bei dieser Methode, dass sie notwendig nicht auf Urteile der frühhansischen Zeit zurückgreifen kann, da diese nicht überliefert sind. Muss der Ansatz bei überlieferten Urteilen bloß zu einem Teil  auf außerrechtliche Maßstäbe wie die Zweckrationalität des Rechts zurückgreifen, vergrößert sich die Be­deutung dieses Aspekts, wenn kaum Urteile überliefert sind. Dabei kamen insbesondere drei Überlegungen zum Tragen: die Verbindung von Lübischem und hansischem Recht, der komparatistische Schluss bei Verhältnissen der Städte 465

W. Ebel, Leistung, 1966, S. 246; Brandt, Raum, 1978, S. 8. Goetze, Seerecht, 1983, S.  129; Schaal, Schiffbruch, 1990, S.  71; Jahnke, Seerecht, 2008, S. 53, 64–66. 467 Siehe aber jetzt: Frankot, See-Recht, 2013, S. 122 f., und die Arbeiten von Cordes. 468 Jahnke, Seerecht, 2008, S. 65. 469 Frankot, See-Recht, 2013, S. 118, 122, 126. 466

III. Methoden und Prämissen

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Lübischen Rechts und in herausgehobener Weise die Annahme eines materiellen kaufmännischen Gewohnheitsrechtes. Die Begründung für die frühe Verbindung des Lübischen und hansischen Rechts wurde wie in den Zeiten zuvor in dem seit Koppmann anerkannten „hansischen“ Rezess von 1260/64 gesehen.470 Nach Durchsicht der Werke ist die Quelle als Fixpunkt für diese Schlüsse zu betrachten. Bereits seit den Quellenpublikationen des 19. Jahrhunderts wurde immer wieder auf diese Quelle Bezug genommen und für eine Lübecker Vormachtstellung im rechtlichen Bereich der Hanse benutzt. Wie bereits angesprochen, trägt die Quelle als solche diese Schlüsse nicht. c) Komparatistische Methode Eine komparatistische Methode, bei der nach Gemeinsamkeiten in den Rechtsordnungen gesucht wird, um ein gemeines Recht zu begründen, wurde von den Autoren abgelehnt. Als W.  Ebel sich zur Herkunftsfrage des Lübischen Rechts äußerte und somit den Streit behandelte, ob das Lübische Recht ursprünglich auf Soester Recht aufbaute, wies er einen Vergleich der Aufzeichnungen zurück: „Mit Sicherheit ergeben die lübischen Rechtshandschriften nur, was in ­Lübeck anders war als in Soest, eben als spezifisch lübisches Recht“.471 Damit war einem Vergleich die Grundlage entzogen. Gleichwohl stehen weitere Überlegungen in diesem Zusammenhang einer vergleichenden Methode nicht fern. Mittels eines „Gegenschluss[es] aus lübischen Neuordnungen“, die „ersichtlich auf Lübecker Willkürgesetzgebung zurück[gehen]“ vermutete er, dass ursprünglich Soester Recht gegolten haben könnte.472 Der ursprüngliche Zustand war damit nicht bewiesen, sondern benötigte weiterhin seine Prämisse, nur Besonderes sei aufgezeichnet worden. Aber selbst wenn dies zugestanden wird, kann aus einer Neuordnung schlechterdings nicht auf die Inhalte der ursprünglichen Ordnung geschlossen werden. Bereits vorher untersuchte W. Ebel die Lübische Rechtsfindung. Dort findet sich ebenfalls eine Methodik, die von der grundlegenden Prämisse ausgeht, nur Besonderes sei aufgezeichnet worden.473 Dieser Ausgangspunkt wurde nicht nur verwendet, um von Lübecker Rechtszuständen auf die Zustände in anderen Städten zu schließen, sondern auch in umgekehrter Richtung. Da er für die Rechtsfindung in 470

Für die Bundesrepublik siehe die Nachweise bei F.II.3.b) Fn. 234; Verweis auf weitere Autoren bei D.II.3.a) Fn. 176. 471 W. Ebel, Lübisches Recht, Bd. 1, 1971, S. 131. 472 W. Ebel, Lübisches Recht, Bd. 1, 1971, S. 132 f. 473 W. Ebel, Die lübische Rechtsfindung, in: Ahasver von Brandt/Wilhelm Koppe (Hrsg.): Städtewesen und Bürgertum als geschichtliche Kräfte, 1953, S. 297 (297): „Soweit allerdings ausdrückliche Zeugnisse über Abweichungen fehlen, werden wir davon ausgehen dürfen, daß die Verfassung Lübecks, wie sie in den Rechtshandschriften erscheint, auch in den anderen lübischen Städten der Frühzeit gegolten hat“.

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Lübeck keine Zeugnisse vor 1532 auffinden konnte, wollte er die Rechtszustände der übrigen Städte Lübischen Rechts heranziehen.474 Problematisch an diesem Vorgehen erscheint, dass es sich einem Zirkelschluss gefährlich annähert. Die Einheitlichkeit des Lübischen Rechts bildet die Grundlage der Methodik. Weil es im Grundsatz einheitlich gewesen sei, könne für die Ausfüllung von Lücken in der Überlieferung auf die Rechtszustände anderer Städte Lübischen Rechts zurückgegriffen werden. Dies erweise dann wiederum die Einheitlichkeit des Lübischen Rechts. Ob das Lübische Recht tatsächlich überall, wo keine Abweichungen nachgewiesen sind, einheitlich gehandhabt wurde, könnte nur eine intensive Analyse der Urteile der übrigen Städte ergeben. Denn W. Ebel ging selbst davon aus, dass die Handschriften nicht immer das tatsächlich angewandte Recht enthielten, sondern zuweilen veraltet seien. Letzteres war sein Ausgangspunkt, um die Bedeutung der Lübischen Ratsurteile zu unterstreichen. Dass Induktionsschluss und Analogie nicht nur in der Rechtsgeschichte, sondern allgemein in der Geschichtswissenschaft anerkannt sind,475 wird nicht verkannt. Da das Lübische Recht aber nach Ansicht der Forschung einen wichtigen Beitrag für das hansische Recht geleistet habe, muss der Beweis seiner Einheitlichkeit und Geltung – wie W. Ebel selbst forderte – aus den Urteilen und übrigen Fällen seiner Anwendung folgen. Die von W. Ebel gewählte Methode kann diesen Beweis nicht mit letzter Sicherheit erbringen. d) Kaufmännisches und hansisches Recht: Das Recht aus Gewohnheiten Wo weder Urteile, noch Gegenschlüsse das Recht offenbaren konnten, blieb Raum, das historische Recht vor allem der hansischen Frühzeit auf der Grundlage einer gemeinsamen Überzeugung der Handelnden zu suchen. Die grundlegenden Prämissen waren dabei nicht neu – es sei daran erinnert, dass sich Planitz bei seiner Stadtrechtstheorie unter anderem auf Sohm berief – sie wurden aber neben anderen von W. Ebel verstärkt. W.  Ebels Begriff des hansischen Rechts erfasst auch ein in Nordeuropa geltendes kaufmännisches Gewohnheitsrecht. Dabei hätten „[d]ie zwingenden Erfordernisse des meerweiten Handels“ eine gemeinsame Rechtsüberzeugung begünstigt.476 Zudem nahm er, wie Planitz, einen Einfluss der Kaufleute auf die Städtegründungen an.477 Zwar konnte er für das 12. Jahrhundert keine quellenmäßi­

474

W. Ebel, Rechtsfindung, 1953, S. 300. Brandt, Erkenntniswert, 1971, S. 19. 476 W. Ebel, Begriff I, 1949, S. 10, das Zitat bezieht sich indes zunächst auf das Seerecht, welches nicht gewohnheitsmäßig galt. 477 W. Ebel, Begriff I, 1949, S. 17. Aufrechterhalten in ders., Begriff II, 1978, S. 42. 475

III. Methoden und Prämissen

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gen Nachweise geben, da es an Aufzeichnungen zum Handelsrecht mangele,478 doch habe es aufgrund von Entwicklungen, insbesondere der „Einführung des Schriftverkehrs und des kaufmännischen Buchwesens“, eine Entwicklung „zu einem hoch- und spätmittelalterlichen gemeinen Handelsrecht, dessen Institute und Rechtssätze allenthalben die gleichen waren“ gegeben.479 Ausgangspunkt waren somit für ihn die externen Einflüsse, die ein homogenes Handelsrecht hervorbringen mussten. Gegenstand dieses Kaufmannsrechts waren ausschließlich materiell-rechtliche Regelungen. Methodisch füllte er die Lücken mit einem bloß angenommenen, aber nicht bewiesenen, materiellen Kaufmannsrecht – konstruiert aus einer ex post-Perspektive – dessen Einheitlichkeit wegen der Rationalität und den Interessen der Handelnden gegeben sein sollte. Die unausgesprochene aber notwendige, ethnosoziologische Prämisse geht dahin, einem vermeintlich einheitlichen Personenkreis (Kaufleute)  übereinstimmende Interessen beizulegen, die sich dann in einem einheitlichen aber nicht fixierten Recht niederschlugen. Methodisch ist kein Unterschied zu erkennen zwischen der Annahme eines ursprünglichen germanischen Rechts, dem W.  Ebel seit dem Nationalsozialismus nicht fernstand, und der Annahme eines einheitlichen Kaufmannsrechts. Beide Phänomene benötigen homogene Gruppen mit spezifischen Charaktereigenschaften, die sich dann im jeweiligen Recht auswirken. Die zuvor herrschenden Raumvorstellungen erleichterten die Annahme eines geschlossenen Rechtskreises und konnten damit das Problem der Geltung lösen. Für Reincke war dieses vorher in der Praxis geltende Recht ebenfalls die Grundlage, die zur Niederschrift des Hamburger Rechts geführt habe.480 Die Stadtrechte seien nach ihm „[a]us den Ordnungen kaufmännischen Lebens“ hervorgegangen,481 womit wieder die große Bedeutung der Kaufmannschaft für das Stadtrecht belegt sein sollte. In seiner Rezension zu W.  Ebels Vortrag über das hansische Recht fußte Reinckes Kritik, wie bereits angesprochen, auf der Betonung eines eigenständig baltischen und somit hansischen Kaufmannsrechts.482 Die Berufung auf Planitz’ Theorien zur Stadtrechtsgenesis war zu dieser Zeit verbreitet. W. Ebel zitierte Planitz’ Aufsätze zur Rechtsgeschichte der Stadt ausdrücklich für die Feststellung, „daß die Grundlage des Stadtrechts aus dem privilegialen Königsrecht und dem jus mercatorum, dem ursprünglich persönlichen Gewohnheitsrecht der Kaufleute kam“.483 Zu beachten ist indes W. Ebels Kritik an den damit verbundenen Aussagen über den Rang der Willkür und einer delegierten Gesetzgebungsgewalt durch den Stadtherrn. Soweit ersichtlich, kritisierte er allerdings nicht den grundsätzlichen Zusammenhang von Stadtrecht und kaufmännischem Gewohnheitsrecht. Ebenso zog Rörig ausdrücklich Planitz für 478

W. Ebel, Begriff I, 1949, S. 19 f. W. Ebel, Begriff I, 1949, S. 20. 480 Reincke, Beziehungen, 1950, S. 26. 481 Reincke, Beziehungen, 1950, S. 45. 482 Reincke, Rezension W. Ebel, 1951, S. 126. 483 W. Ebel, Willkür, 1953, S. 47. 479

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die „rechtsgeschichtlichen Folgerungen [über die Rechtsstellung der Kaufleute]“ heran.484 Planitz selbst legte nach dem Weltkriege seine Monographie über die deutsche Stadt im Mittelalter vor. Er wies zwar eine monokausale Theorie über die Entstehung des Stadtrechtes zurück,485 verwandte dann aber doch schwerpunktmäßig die Entstehung der Marktorte und des Kaufmannsrechtes486. Die Rezensionen loben zwar das Werk, sehen freilich zuweilen eine monokausale Begründung bei Planitz.487 Die Verbindung der Städtegründungen mit einem Kaufmannsrecht verschaffte letzterem seine Verankerung im Stadtrecht, womit wiederum seine Güte bewiesen sein sollte. Selbst wenn eine Übernahme von Kaufmannsrecht kritisch gesehen wurde, sollte die „parallele Rechtsentwicklung“ der Städte „durch die gleiche soziale und wirtschaftliche Struktur, die gleichen Bedürfnisse und die Gleichartigkeit der Interessenkonflikte“ bedingt sein.488 Hier werden die Faktoren einer ex postBetrachtung sichtbar. In dieselbe Richtung gehen Vorwürfe, die einen „methodische[n] Fehler“ ausmachen, wenn „dem Geschriebenen und Gedruckten [ein absoluter] Vorrang vor den historisch gestaltenden Ideen und Kräften der Rechtsbildung [eingeräumt wird]“.489 Im Allgemeinen muss die Verbindung von Stadtrecht und Kaufmannsrecht als herrschende Meinung der Forschung nach 1945 angesehen werden490, trotz einzelner Differenzen beispielsweise über den Geltungsgrund des Stadtrechts. Zwar gab es zuweilen kritische Bemerkungen über die Beteiligung der Kaufleute an den Stadtgründungen,491 doch entwickelte sich daraus keine grundlegende Kritik. W. Ebel sah noch 1971 in seiner Monographie über das Lübische Recht verschiedene Charaktereigenschaften im Recht walten; besonderes Augenmerk richtete er auf die Kaufleute. So sei das Lübische Recht, welches „seinem Wesen nach 484

Rörig, Aufgaben, 1950, S. 9. Planitz, Stadt, 1954, S. XV. 486 Planitz, Stadt, 1954, S. 162 f., 335. Das Werk weist nur gelegentlich hansische Bezüge auf. Interessant ist insbesondere S. 162 f.: „Diese neuen rund 500 Städte weisen fast durchgängig einen anderen Charakter auf als die älteren. Nur wenige von ihnen gehen noch auf Kaufmannssiedlungen alten Stils zurück. Ein berühmtes Beispiel bieten freilich noch die Stadtgründungen an der Ostsee. Hier hatte der deutsche Kaufmann, vom Westen her kommend, sich schon im 9. Jh. an der Schlei, dann im Beginn des 12. Jh. an der Trave Etappenstationen für seinen Handel nach Skandinavien und Rußland geschaffen und von dort, besonders von Lübeck aus, im 12. und 13. Jh. die ganze Ostsee|küste entlang Kaufmannswiken angelegt“. 487 Steinbach, [Rezension zu] Planitz, Die deutsche Stadt im Mittelalter, ZRG GA, Bd. 72 (1955), S. 294 (294–296). 488 Schultze-von Lasaulx, Rezension W. Ebel Recht, 1953, S. 227. 489 Reibstein, Völkerrecht, 1956/57, S. 65. 490 W. Ebel, Osten, 1952, S. 10 f.; Johansen, Umrisse, 1955, S. 32; W. Ebel, Leistung, 1966, S. 242; Friedland, Hanse, 1991, S. 34 f. (in den Anmerkungen wird häufig Planitz’ Monographie zitiert), auch S. 94; Lieberwirth, Stadtrecht, 1995, S. 677–679, 685. 491 Brandt, Mächte, 1962, S. 44: Rörig sei missverstanden worden, wenn man annehme, alleine die Kaufleute hätten die Städte gegründet – auch die Fürsten hätten dabei mitgewirkt. 485

III. Methoden und Prämissen

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das Recht einer Seehandelsstadt war“, auch durch die Handelsrouten der Kaufleute weitergetragen worden,492 und das überarbeitete Stadtrecht von Visby zeige „ein gewisses gemeinnordisches Rechtserbe“493. Da die Ratsverfassung in Lübeck ebenfalls vom Kaufmann bestimmt sein sollte,494 lag die Verbindung zwischen den Kaufleuten und dem Stadtrecht offen zu Tage. Das angenommene, einheitliche Kaufmannsrecht konnte somit durch die die Stadt regierenden Kaufleute einfach durchgesetzt werden. Mit diesen Annahmen – Städtegründungen auch unter Mithilfe der Kaufleute, Ursprung des Stadtrechts im Kaufmannsrecht, Vorrangstellung der Kaufleute im Rat, Prägung des Rechts von Lübecks Wesen als Seehandelsstadt  – konnte die Überlieferungslücke aus den Anfängen der Stadt mit einem gewohnheitsmäßig geltenden Kaufmannsrecht ausgefüllt werden. Dieses Recht habe nach den Annahmen der Forschung auch gar nicht aufgezeichnet werden müssen, weil es sich gleichmäßig aus den übereinstimmenden Interessen und ökonomischen Zwängen in einem weiten Raum entwickelt habe. Da die Hanse den Interessen der Kaufleute gedient habe, lag es nahe, dieses kaufmännische Gewohnheitsrecht in eine Verbindung zur Hanse zu bringen. In diesem kaufmännischen Gewohnheitsrecht wird methodisch eine Kontinuität zu den Annahmen der Forschung vor 1945 sichtbar. Weite Räume und homogene Gruppen entspringen nicht einer Entdeckung der Nachkriegszeit. Die hansische Forschung hatte schon zuvor diese Postulate aufgegriffen; W. Ebel übertrug sie nur in einer verallgemeinerten Form des kaufmännischen Gewohnheitsrechts. Dieses kann aber nicht bewiesen, es muss vorausgesetzt werden. In jüngster Zeit beschäftigte sich vor allem Cordes mit rechtshistorischen Frage­ komplexen, die einen Bezug zu Kaufleuten haben. Er formulierte es als sein Fernziel, „eine Untersuchung vorzulegen, in der das mittelalterliche Handelsrecht [Verweis] aus der Sicht der Justiznutzer dargestellt wird“.495 Eine solche Perspektive konzentriert sich nicht – jedenfalls nicht primär – auf ein materielles Kaufmannsrecht, welchem Cordes in Form eines überpartikularem, einheitlichem Recht kritisch gegenüber stand,496 sondern auf die Frage, wann und warum die Justiznutzer eine bestimmte Form der Konfliktlösung in Anspruch nahmen. Die Behauptung einer kaufmännischen Rationalität, die dann ein einheitliches Recht geschaffen habe, mag es nun im Wortsinne universell oder auf einen bestimmten Raum bezogen sein, besitzt eine lange Tradition und wird gerade in Bezug auf eine angebliche lex mercatoria oder ein law merchant vermehrt angegriffen. Bloße Rekurse auf eine kaufmännische Rationalität ersetzen keine 492

W. Ebel, Lübisches Recht, Bd. 1, 1971, S. 27. W. Ebel, Lübisches Recht, Bd. 1, 1971, S. 92. 494 Brandt, Raum, 1978, S. 9. 495 Cordes, Erwartungen, 2013, S. 47. 496 Cordes, Erwartungen, 2013, S. 49 f., 55–57. 493

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Nachweise.497 Sie können vielmehr einer Projektion eigener Rationalitätsvorstellungen oder politischer Programme Vorschub leisten. Der Ausgangspunkt einer prozessualen Untersuchung ist somit ein anderer. Es geht nicht darum, eine materielle Rechtsordnung aufzufinden zu der jegliche Quellen fehlen und die daher offen ist für Prämissen jeglicher Art. Damit wäre im Übrigen eine objektive Perspektive eingenommen, die lediglich nach dem geltenden Recht fragt. Stattdessen wird eine subjektive, kaufmännische Perspektive eingenommen, die zunächst losgelöst von materiellen Rechtsordnungen operieren kann. Wenngleich die Annahmen eines „relativ wenig vom gelehrten Recht berührt[en Kaufmannsrechts]“ und eines „[ökonomisch-gewinnorientierten] und in diesem Sinn [rationalen] Verhaltens [der Kaufleute]“ weiterhin als Hypothesen verwendet werden.498 Eine solche primär prozessuale Perspektive ist dabei nicht ohne Vorgänger. Wie aufgezeigt, suchte auch Wernicke die rechtsgeschichtliche Bedeutung der Hanse in gewissen prozessualen Bereichen.499 Gleichwohl waren der Ausgangspunkt und die Fragestellung verschieden. Für Wernicke war es nur ein Bereich, dem er zudem materielle Vereinheitlichungen durch die Hanse beiseite stellte. Nicht zuletzt war seine Vorgehensweise durch das marxistisch-leninistische Hansebild geprägt, das bereits aus der Betonung des Städtebundcharakters weiterreichende Schlüsse ziehen konnte. Schließlich war eine hansische Perspektive vorherrschend, die nicht die Kaufleute als solche, sondern immer aus dem Blick der Hanse fokussierte. Zusammengenommen erwies sich die Prämisse eines materiellen kaufmännischen Gewohnheitsrechts als wirkmächtiger Baustein in der Definition des han­ sischen Rechts. Im Laufe der Zeit setzte sich die Annahme durch, dass dieses Recht nicht zu erweisen ist, doch tritt es allenthalben wieder auf, wie die Kontroverse um das Seerecht der Hanse zwischen Jahnke und Frankot zeigt. Wenn daher heute W. Ebels Definition des hansischen Rechts aufgegriffen wird, sollte beachtet werden, dass der erste Teil, ein hansisches Gesetzesrecht vor allem im Seerecht, einerseits zeitlich genau verortet werden muss und andererseits durch die Annahme einer vorher notwendigen Transformation in Stadtrecht erschüttert ist. Der zweite Teil der Definition, ein kaufmännisches Gewohnheitsrechts, konnte bis heute nicht erwiesen werden und baut methodisch auf einer Projektion von vereinheitlichenden Momenten auf, wie beispielsweise der Zweckrationalität der Kaufleute.

497 Siehe aus der jüngeren amerikanischen Diskussion: Sachs, From St. Ives to Cyberspace, American University International Law Review, Bd.  21 (2006), S.  685–812; Kadens, The Myth of the Customary Law Merchant, Texas Law Review, Bd. 90 (2012), S. 1153–1206; Michaels, Response, Texas Law Review, Bd. 90 (2012), S. 259–268. Zudem: Cordes, Rechtswirklichkeit, 2001; ders., Erwartungen, 2013; ders., mercatoria, 2014. 498 Cordes, Erwartungen, 2013, S. 47 Fn. 15. 499 Wernicke, Recht, 1986, S. 146 und oben ausführlicher bei F.II.4.a)bb).

III. Methoden und Prämissen

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2. Die Sicht auf die Hanse: Europa vs. Nation Die nachfolgenden Ausführungen sollen bloß kursorisch aufzeigen, wie die Hanse und damit auch ihr Recht innerhalb von zeitgebundenen Leitbildern in der Forschung nach 1945 standen. a) Die europäische Sichtweise Beachtenswert ist eine zuweilen nachweisbare Tendenz in der BRD, die hansische Geschichte nicht mehr in einem rein deutschen, sondern vielmehr europäischen Zusammenhang zu deuten. Diese Sichtweise gab es zwar bereits zuvor, doch steigerte sie sich weiter. Bereits W. Ebels Vortrag zum hansischen Recht stellt auf ein nordeuropäisches, kaufmännisches Gewohnheitsrecht ab.500 Nach Rörig sei es das große Verdienst der Hanse gewesen, „Europa zu einer, wenn auch wirtschaftlich differenzierten Einheit zusammengeführt zu haben“.501 Auch Rörigs Schüler Brandt wollte lieber von einer europäischen Ostkolonisation sprechen, da nicht nur Deutsche an dieser beteiligt gewesen seien.502 Die bereits erwähnte Würdigung des Lübischen Rechts von Schubart-Fikentscher, welche diesem eine „[europäische] Bedeutung“ beilegte503, verweist ebenfalls in diese Richtung. Neuerdings wurde W. Ebels Annahme eines nordeuropäischen Handelsraums damit begründet, W. Ebel habe nach 1945 zeigen wollen, wie „harmonisch sich Deutschland in die europäische Geschichte einfügt“.504 Die oben gegebenen Nachweise offenbaren zudem, dass diese Annahmen nicht exklusiv für eine kurze Zeit nach dem Zusammenbruch des Nationalsozialismus vertreten wurden.505 Sie sind im Übrigen auch nicht immer exklusiv für die bundesdeutsche Forschung, wenngleich sich ähnliche Tendenzen in der DDR506 nicht durchsetzen konnten. Woher genau diese Sichtweise rührte, kann hier nicht weiterverfolgt werden. Ob sie zunächst tatsächlich dem Zeitgeist nach dem totalen Zusammenbruch 1945 geschuldet war oder nicht, sie war jedenfalls mit den gängigen Methoden und Prä-

500

W. Ebel, Begriff I, 1949, S. 18. Rörig, Aufgaben, 1950, S. 11. Inwieweit hier noch Gedanken einer europäischen Großraumwirtschaft zum Ausdruck kamen, liegt außerhalb des gewählten Themas. 502 Brandt, Wirtschaftsorganisation, 1963, S. 13, 14. 503 Schubart-Fikentscher, Rezension W. Ebel, 1952, S. 475. 504 Cordes, Begriff, 2008, S. 211. 505 Verwiesen sei in allgemein hansischen Dingen zudem auf die Würdigung Dollingers durch Graßmann, oben D. I.2.a. bei Fn. 65 und Untersuchungen, die „[s]trukturelle Ähnlichkeiten zwischen Hanse und EU“ betrachten, Hammel-Kiesow, Europäische Union, Globali­ sierung und Hanse, HGbll., Bd. 125 (2007), S. 1 (36). 506 Sproemberg, Sicht, 1959. 501

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F. Hansisches Recht in der BRD und der DDR 

missen möglich. Da es nach den Annahmen der Forschung keine schlagen­den Beweise für aber auch nicht gegen ein einheitliches, weil durch gleichartige Interessen oder verwandtschaftliche Beziehungen begründetes Recht geben konnte, ließ sich dieser Freiraum mit den eigenen Vorannahmen aufladen. Wie zurecht festgestellt,507 können derartige Vorannahmen keinen Beweis gegen die Geltung eines einheitlichen Rechts erbringen. Wird aber eingestellt, dass einerseits das Lübische Recht immer umfassender gedeutet wurde – zunächst auf Lübeck und die Städte Lübischen Rechts beschränkt, dann deutscher und hansischer Faktor, schließlich europäische Bedeutung – andererseits das hansische Recht in vergleichbare Dimensionen gesetzt wurde – als Ausweis einer Reichsvertretung, als Vorlage für das spätere deutsche Recht, als Teil oder Grundlage eines nordeuropäischen Gemeinrechtes – so sollte entsprechenden Annahmen mit Skepsis begegnet werden. Dass die hansischen Zusammenhänge auch in die andere Richtung, nämlich wieder in eine nationale Sicht, eingebracht werden konnten, zeigen die Vorannahmen der DDR-Forschung. b) Das marxistisch-leninistische Hansebild Wie bereits untersucht, ging die hansische Forschung in der DDR von einem hansischen Städtebund aus. Die Grundlage für die Deutungen der ostdeutschen Hanseforschung findet sich aber im Geschichtsbild des Marxismus-Leninismus. Schildhauer wollte die Hanse für ein nationales Geschichtsbild gebrauchen,508 um aufzuzeigen wie sich auch in der Geschichte der Hanse Klassen und Klassenkämpfe gezeigt hätten509. Zuerst habe die Hanse als Ausdruck der bürgerlichen Bewegung den Adel bekämpft,510 später habe sich dann das städtische Patriziat in einem Klassenkampf gegen die eigenen Bürger befunden511. Dabei standen, wie Schildhauer und andere in der ostdeutschen Hansemonographie schrieben, nicht die „wagenden Fernhändler“ im Vordergrund, sondern die „werktätigen Menschen, die mit ihrer Arbeit in vergangenen Jahrhunderten bis heute gültige Werte schufen, die zum unvergänglichen Kulturbesitz unseres Volkes zählen“.512 Eine solche Hansedeutung, wie sie auch Wernicke anerkannte,513 musste zu einer stärkeren Deutung der hansischen Verfassung führen, da ansonsten die These, die 507

Cordes, Begriff, 2008, S. 211. Schildhauer, Grundzüge, 1963, S. 729. 509 Schildhauer et al., Die Hanse, 1974, S. 9: „Die in der Geschichte der Hanse wirkenden Triebkräfte sind zudem nur richtig zu fassen, wenn auch dieser Teil des historischen Gesamtprozesses als eine Geschichte von Klassenkämpfen aufgefaßt wird. Das bedeutet, daß wir auch bei einer historischen Erscheinung wie der Hanse nicht schlechthin nach ihrem Wesen, sondern genauer nach ihrem Klassencharakter zu fragen haben werden“. 510 Schildhauer, Grundzüge, 1963, S. 729, 733, 736. 511 Schildhauer, Grundzüge, 1963, S. 732, 737, 739. 512 Schildhauer et al., Hanse, 1974, S. 9. 513 Wernicke, Städtehanse, 1983, S. 21. 508

III. Methoden und Prämissen

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Hanse sei ein „[wichtiges] Instrument im Klassenkampf gegen den Feudaladel“ gewesen,514 zusammengebrochen wäre. Dieses Geschichtsbild war mindestens herrschende Meinung,515 womöglich war Widerstand aufgrund politischen Druckes sogar ausgeschlossen. Zwar wird zuweilen auf andere Hansekonzeptionen in der DDR verwiesen,516 es ist aber an die Verdrängung Olechnowitz’ von der Pfingsttagung 1958 zu erinnern.517 Wenn zudem eingestellt wird, dass 1962 von der Hansischen Arbeitsgemeinschaft eine „marxistische Konzeption der Hanse […] ohne politische Rücksichtnahmen“ gefordert wurde,518 ruft die Behauptung einer verhältnismäßig freien Hansediskussion in der DDR Zweifel hervor. Wie das Wissenschaftsklima in der ostdeutschen Hanseforschung auch im Einzelnen gewichtet werden mag, die Deutung der Hanse als Städtebund und als Mittel des Klassenkampfes war weit verbreitet. Diese Deutung war dabei erheblich nationaler ausgerichtet als die bundesdeutsche Forschung und vermochte eine einfachere Begründung für hansische Rechtserscheinungen – sei es in der hansischen Verfassung oder im hansischen Recht im engeren Sinne – zu geben. Wenn Wernicke daher in seinem Aufsatz zum hansischen Recht annahm, „Rechtsverhältnisse sind immer der förmliche Ausdruck von Klassenverhältnissen und diese werden unmittelbar durch ökonomische Beziehungen und Erscheinungen bestimmt“,519 und zudem das Territorialprinzip in der Hanse seit dem Ende des 13.  Jahrhunderts sukzessive verwirklicht sah,520 so ist dies als unmittelbare Folge des Geschichtsbildes des Marxismus-Leninismus zu werten. Wernicke erkannte sein Hansebild als Ausdruck einer bewusst stärker gedeuteten Hanse. So habe sich W. Ebel „[d]er in der bürgerlichen Hansehistoriographie vorherrschenden Meinung von der wirtschaftlichen Interessengemeinschaft durch Privile­ gierung im Ausland [angeschlossen] […], jedoch weisen seine Untersuchungsergebnisse zuweilen darüber hinaus […]. Er erkannte die Bedeutung der Hanse als Gesetzgeber und Gerichtsinstanz durchaus an.“521 Dabei ist doch aber festzustellen, dass W. Ebel zwar 1949 die Hanse als Gesetzgeber ansprach, dabei aber vor allem das Seerecht im Blick hatte und im Übrigen das Lübische Recht oder ein 514

Schildhauer, Grundzüge, 1963, S. 733. Fritze, Wendepunkt, 1967, S. 11 f.; Schildhauer, Charakter, 1975, S. 152. 516 Wernicke, Freiheiten, 1998, S. 285, über eine Behauptung Dollingers: „Offen bliebe dann die Beleuchtung des zweiten Teiles Dollinger’scher Feststellung, daß die unterschiedliche Charakterisierung der Hanse ein Produkt dieser staatlichen Teilung [Deutschlands] gewesen sei. Ein Blick in die Hansegeschichtsschreibung läßt zumindest für beide Auffassungen Traditionen erkennen, auch ist die apostrophierte monolithische Einheit ohnehin weder in Ost noch in West ungebrochen gewesen“. 517 Oben F. I.2.b), Text bei Fn. 77. 518 Müller-Mertens, Arbeitsgemeinschaft, 2011, S. 15. 519 Wernicke, Recht, 1986, S. 122. 520 Wernicke, Recht, 1986, S. 122. 521 Wernicke, Recht, 1986, S. 125. 515

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kaufmännisches Gewohnheitsrecht behandelte. 1971 hingegen zeigte W. Ebel die vorherige Transformation des hansischen Rechts in Stadtrecht auf, sodass eine gleichbleibende Auffassung W.  Ebels nicht festgestellt werden kann. Zwar akzeptierte auch Wernicke die Transformation hansischen Rechts in Stadtrecht,522 doch passte er seinen Begriff des hansischen Rechts daran nicht an523. Zumal eine „Rechtsprechung im Bundesmaßstab [durch den Hansetag]“524 von W. Ebel, soweit ersichtlich, nie behauptet wurde und nur vor dem Hintergrund einer starken Hanse in bündischer Ordnung erklärbar ist. Abschließend ist festzustellen, dass die Hanse und damit ihre Verfassung sowie ihre Rechtserzeugnisse hinreichend offen gedeutet wurden, um sowohl transpersonale und transnationale als auch eher nationalstaatliche Interpretationen zu ermöglichen. Zwar ist darin kein Mangel zu sehen, gleichwohl mahnen diese Befunde zur Vorsicht, wenn Forschungen dieser Zeit heute übernommen werden. Ob eine Trennung der Ergebnisse von ihren Leitbildern überhaupt möglich ist oder nicht, ohne eine Aufarbeitung dieser Leitbilder läuft eine unkritische Forschung Gefahr, sie zu inkorporieren. 3. Die Methodik bei Pitz Zuletzt sei das methodische Vorgehen Pitz’ in seiner Monographie zur hansischen Verfassung untersucht. Pitz wendete sich gegen frühere Untersuchungen zur Verfassungsgeschichte der Hanse vor allem mit dem Argument, es dürften keine Begriffe des römischen Rechts auf die Hanse übertragen werden, vielmehr sei diese nur durch Begriffe des mittelalterlichen deutschen oder germanischen Rechts erfassbar.525 Bemerkenswert ist daran zweierlei. Einerseits äußerte er sich nicht dazu, ob seine Annahmen durch die vielseitigen Kontroversen in der Rechtsgeschichte erschüttert seien, die die These eines einheitlichen germanischen Rechts zurückwiesen.526 Andererseits konstruierte er mit seiner Identitätsthese einen eigenen, 522

Wernicke, Recht, 1986, S. 137. Wernicke, Recht, 1986, S. 154. 524 Wernicke, Recht, 1986, S. 149. 525 Pitz, Bürgereinung, 2001, S. 2 f., 6, 23 Fn. 50, 27 f., 31 f., 52, 145, 231. 526 Es sollte beachtet werden, dass die Rechtsgeschichte deutsches und germanisches Recht unterscheidet. Pitz’ Werk ist in dieser Hinsicht indifferent. Siehe beispielsweise Pitz, Bürgereinung, 2001, S. 32: Behauptung einer „germanisch- oder deutschrechtliche[n] Identität“. Für die Frage nach einem ursprünglichen germanischen Recht: Kroeschell, Forschungsproblem, 1986. Zu unterschiedlichen Begriffen des Deutschen Rechts: Cordes, Deutsches Recht, 2008. Weitere Nachweise zu den Kontroversen um den Rechtsbegriff im Frühmittelalter: Dilcher, Gewohnheitsrecht und Rechtsgewohnheiten im Mittelalter, 1992; Kroeschell, Funktion und Form, Bd. 18, 1996; Cordes/Kannowski, Rechtsbegriffe im Mittelalter, Bd. 262, 2002. Siehe zum Sammelband von Dilcher auch die Rezension von Kroeschell, [Rezension zu] Dilcher, 523

III. Methoden und Prämissen

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nicht quellennahen Begriff. Dieses Vorgehen als solches soll hier nicht bewertet werden. Es soll aber darauf aufmerksam gemacht werden, dass seine Identitätsthese als Grundlage ein einheitliches deutsches oder germanisches Recht benötigt. Dieses Recht musste dann derart unterschiedlich von den angeblich römischrechtlich geprägten Vorstellungen der Engländer gewesen sein, dass daraus ein Missverständnis und schließlich ein Konflikt resultieren konnte. Denn nur wenn allen hansischen Teilnehmern bewusst war, dass sie sowohl ihre Städte als auch die Hanse nach diesem Identitätsgedanken aufgebaut hatten, kann das Schweigen der frühen Quellen (dazu sogleich) mittels einer einheitlichen Grundüberzeugung überwunden werden. Dabei baute seine Dichotomie offenbar stark auf den Ausführungen O. v. Gierkes auf, den er zwar in einer einleitenden Fußnote neben anderen Autoren zitierte, aber nicht für einzelne Nachweise verwendete.527 Er behauptete die „typisch [römische] Dichotomie von öffentlichem und privatem Recht“, die dabei aber keine Rechtsfähigkeit der „im Staate enthaltenen Verbandseinheiten“ entwickeln konnte.528 In einer Darstellung von O.  v.  Gierkes Auffassung des kanonischen Rechts wird gerade dieser Aspekt als nicht quellengestützt und widersprüchlich zurückgewiesen, da O. v. Gierke zwar für den Aspekt der Rechtsfähigkeit von Verbänden die Trennung von privatem und öffentlichem Recht im römischen Recht behauptete, die im Übrigen aber doch wiederum bei den Römern gefehlt habe.529 Weiterhin benutzte Pitz eine mittlerweile nicht mehr vertretene Spielart der Fiktionstheorie, indem er annahm, das gelehrte Recht habe für die Zurechnung von Rechten an eine Personenvielheit eine juristische Person fingiert.530 Gerade diese Art der Fiktionstheorie, die bei O. v. Gierke das kanonische Recht betraf, wird heute angegriffen. Es habe im kanonischen Recht gerade keine Etablierung einer transpersonalen Einheit gegeben, sondern bloß „einen juristischen Bezugspunkt für die Zuschreibung von Rechten an die Gesamtheit der Mitglieder“.531 Abschließend wird nach Darstellung der heutigen Erkenntnisse der Kanonistik angenommen, dass keine entscheidenden Unterschiede zur Genossenschaft nach O. v. Gierkes Darstellung gegeben werden können.532 Dabei handelt es sich nicht bloß um rechtshistorische Details, sondern um Aspekte, die geeignet sind, die These eines genuin deutschen oder germanischen Rechtsverständnisses der Genossenschaft

Gewohnheitsrecht und Rechtsgewohnheiten, Quaderni Fiorentini, Bd. 23 (1994), S. 428–434, die auf S. 428–431 die Entwicklung zum Rechtsbegriff im Frühmittelalter prägnant zusammenfasst. 527 Pitz, Bürgereinung, 2001, S. 24 Fn. 54. 528 Pitz, Bürgereinung, 2001, S. 25. 529 Landau, Otto von Gierke und das kanonische Recht, in: Joachim Rückert/Dietmar Willoweit (Hrsg.): Die deutsche Rechtsgeschichte in der NS-Zeit, 1995, S. 77 (84). 530 Pitz, Bürgereinung, 2001, S. 25–27, sehr deutlich S. 32: „Anerkennung [der Gemeinden] als fiktive juristische Person“. 531 Landau, Gierke, 1995, S. 92. 532 Landau, Gierke, 1995, S. 93.

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zu erschüttern.533 Damit fiele dann aber auch Pitz’ Erklärung für die behaupteten Missverständnisse zwischen Engländern und Hansen. Dieser methodisch grundlegende Aspekt ist in einer früheren Arbeit von Pitz noch nicht erkennbar.534 Darin ging er vielmehr davon aus, dass die Städte zuweilen in Kontakt mit dem gelehrten Recht getreten seien und daher die Unterscheidung von General- und Spezialvollmacht gekannt hätten.535 Die Begründung, warum die Majoritätsentscheidung nicht durchgesetzt werden konnte, sah er in politischen und rechtlichen Gründen. Zwar habe sich das Königtum aus Norddeutschland zurückgezogen, sodass Lübeck in diese „Königsrolle“ habe einrücken können,536 doch sei diese Rolle unvollkommen geblieben, weil weder Ladungszwang noch eine unbeschränkte Generalvollmacht durchsetzbar gewesen seien537. Ein weiterer Grund habe im Fehlen eines Hanseeides gelegen, da die Hanse als solche keine Eidgenossenschaft gewesen sei, vielmehr die Bürger nur einen Eid gegenüber ihren Städten geleistet hätten und daher habe bloß eine mittelbare Gewalt der Hanse bestanden.538 Eine hansische Organisation, die sich vom Reichsuntertanenverband hergeleitet habe, habe es nicht geben können, da die meisten Städte keine Reichsstädte, sondern landständische Städte gewesen seien.539 In den sieben Jahren, die zwischen diesen beiden Publikationen lagen, entwickelte Pitz somit die rechtstheoretische Begründung für seine Beobachtungen. Diese Begründung fußt hauptsächlich auf einem eigenen, genuin deutschen Verständnis der Vollmachten und der Genossenschaft, obwohl seine frühere Arbeit einem derartigen Verständnis fernsteht. Die Verbindung der beiden Ansätze liegt in der schwindenden Macht des deutschen Königtums in Norddeutschland. Unterschiedlich sind aber die Auswirkungen. Stellte er vorher ausschließlich faktisch darauf ab, dass ein Hanseeid nicht habe ausgeformt werden können und dass dies auch an der Landständigkeit der Städte gelegen habe, so nahm die neue Begründung an, wegen des Fehlens einer königlichen Macht habe sich das Rechtsverständnis für unbeschränkte Vollmachten im römisch-rechtlichen Sinne nicht bilden können540. Dabei müssen aus der Sicht der neueren rechtsgeschichtlichen Forschung zwei Aspekte bedacht werden. Zwar wird eine Epoche angenommen, die „von Einflüssen des gelehrten Rechts jedenfalls soweit unbeeinflußt war, daß eine ungelehrte, auf Mündlichkeit basierende Rechtskultur dominierte“.541 Doch sei diese

533

Landau, Gierke, 1995, S. 93 f. Kurz angedeutet oben F.II.3.d) Text ab Fn. 222. 535 Pitz, Einstimmigkeit, 1994, S. 127 f. 536 Pitz, Einstimmigkeit, 1994, S. 133. 537 Pitz, Einstimmigkeit, 1994, S. 134. 538 Pitz, Einstimmigkeit, 1994, S. 135. 539 Pitz, Einstimmigkeit, 1994, S. 138 f. 540 Pitz, Bürgereinung, 2001, S. 31. 541 Kannowski, Rechtsbegriffe, 2002, S. 1. 534

III. Methoden und Prämissen

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Epoche nicht gänzlich unbeeinflusst vom römischen Recht gewesen542 und zudem habe sie im Hochmittelalter geendet. Die Ausführungen bei Pitz betreffen hingegen schwerpunktmäßig die Mitte des 15.  Jahrhunderts, in dem ein Einfluss des gelehrten Rechts nicht bestritten wird. Zweitens resultiert aus dem zeitlichen Schwergewicht bei Pitz das Problem, auf frühere oder spätere Zeiten zu schließen. Unterstellt, seine Ausführungen zum Identitätsgedanken träfen für die Mitte des 15.  Jahrhundert zu, so kann nicht ohne weiteres auf Zustände des 12.  oder des 17. Jahrhunderts geschlossen werden.543 Ein solcher Schluss wäre nur auf der Grundlage eines einheitlichen und statischen deutschen Rechts möglich, das als widerlegt gelten muss. Die bei Pitz vorgefundene Trennung von deutschem und römischem Recht betrifft nicht einen Nebenaspekt seiner Darstellung. Indem er einen eigenen, „deutsch-rechtlichen“ Grundbegriff, die Identität, annahm, musste jede Beeinflussung dieses deutschen Rechts durch das gelehrte Recht ausgeschlossen sein. Daraus erklären sich dann Pitz gelegentliche Vorwürfe an die frühere Forschung, die mit Begriffen wie Repräsentation fehlerhafte, weil nicht-deutsche Vorstellungen evoziert habe.544 Wenn hingegen angenommen wird, dass gewisse gelehrte Rechtsvorstellungen oder sogar Institute den Ratssendeboten bekannt waren, fällt seine Erklärung des hansisch-englischen Konflikts zusammen. Damit ist noch nicht gesagt, dass seine Identitätsthese ebenfalls im Kern angegriffen ist. Es ließe sich denken, dass es trotzdem dieses Institut gegeben habe. Indes bliebe dann un­ begründet, wie sich diese einheitliche Vorstellung herausgebildet habe. An mehreren Stellen seiner Monographie wird deutlich, dass Pitz von einem einheitlichen Einungswesen und einer einheitlich gehandhabten Gesamthands­ theorie ausging.545 Diese Einheitlichkeit sei tief im „germanisch-mittelalterlichen Staatsgedanken“546 verwurzelt gewesen. Wie bereits festgestellt, erheben sich heute schwerwiegende methodische Bedenken gegen diese Vorannahme. Inwieweit es überdies einen Selbstwiderspruch darstellt, wenn für eine wissenschaftslose Zeit eine wissenschaftliche Rekonstruktion der vermeintlich einheitlichen Rechtsgedanken vorgenommen wird,547 soll hier nicht weiterverfolgt werden. Einen Hauptgrund für die hansische Organisation machte Pitz in der Schwäche des deutschen Königtums aus.548 Zwar wies er eine Aktivlegitimation der Hanse für ein reichsvertretendes Handeln zurück,549 doch näherte er sich diesem Verständnis wieder an, wenn er den in der Hanse angeblich vorherrschenden Einungs­ 542

Kannowski, Rechtsbegriffe, 2002, S. 2. Dieser Aspekt auch bei: Behrmann, Über die Willensbildung in der „Megalopolis“, HGbll., Bd. 120 (2002), S. 205 (211). 544 Pitz, Bürgereinung, 2001, S. 231, 244 f. 545 Pitz, Bürgereinung, 2001, S. 321 f., 388, 419, 424 f., 434 f., 438. 546 Pitz, Bürgereinung, 2001, S. 435. 547 Pitz, Bürgereinung, 2001, S. 59. 548 Pitz, Bürgereinung, 2001, S. 251, 292 f., 313 f., 336. 549 Pitz, Bürgereinung, 2001, S. 364 f. 543

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F. Hansisches Recht in der BRD und der DDR 

gedanken als deutschen Staatsgedanken des Mittelalters ansprechen wollte.550 Gleichwohl bezog er diese Ausführungen nicht darauf, dass die Hanse tatsächlich eine staatsbildende Rolle gespielt habe, sondern lediglich darauf, dass sich in ihren Quellen dieser Gedanke ablesen lasse. Pitz erkannte, dass der von ihm postulierte Identitätsgedanke nicht unmittelbar den Quellen entnommen werden kann, er bemühte daher andere Annahmen.551 Unter anderem rekurrierte er auf gewisse Ausdrücke und „[grammatische] Form[en]“ in den Quellen552 sowie auf die zuweilen aufzufindende Synonymik in den Quellen553. Letzteres meint, dass die Worte „Ratssendeboten“ und „(gemeine) Städte“ in den Quellen „durchgehend synonym verwendet werden“.554 Ob der Sprach­ gebrauch der Quellen seine Schlüsse trägt, soll nicht abschließend beurteilt werden. Zu beachten ist aber, dass eine Quellenangabe wie „… und die Städte wurden gefragt …, so daß nach vielen und langen Aus- und Einreden die vorbeschriebenen Ratssendeboten eins wurden“555 ebenfalls vom Standpunkte einer Repräsentation denkbar ist. Pitz’ Werk fand zwar Eingang in die hansische Verfassungsgeschichtsschreibung, sah sich zugleich aber einigen kritischen Rezensionen ausgesetzt. Die Beschränkung der Quellen wurde dabei ebenso herausgegriffen,556 wie sein problematisches Verständnis des germanisch-mittelalterlichen Staates557 und die Einführung eines eigenen Begriffes, obgleich er die anachronistische Begriffsbildung der früheren Forscher kritisierte558. Insgesamt betrachtet verwundert die breite Aufnahme des Werkes von Pitz trotz der von Rezensionen geäußerten, vor allem methodischen Bedenken. Der unmittelbare Erfolg erklärt sich wohl aus der jahrzehntelangen Abstinenz einer hansischen Verfassungsgeschichte, sodass ein in sich geschlossenes Werk eine große Wirkung entfalten konnte. Angesichts der methodischen Bedenken kann dieses Desiderat indes nicht als geschlossen gelten. So schloss Oestmanns Rezension mit den Worten: „Die stark veralteten Denkmodelle vom mittelalterlichen Staat und vom deutschen Staatsgedanken sowie die mythisch-irrationale Auffassung vom germanischen Recht werfen aber gravierende Fragen auf und verlangen nach

550

Pitz, Bürgereinung, 2001, S. 438. Pitz, Bürgereinung, 2001, S. 48, 61 f., 298. 412, 435. 552 Pitz, Bürgereinung, 2001, S. 45 f. 553 Pitz, Bürgereinung, 2001, S. 62–64. 554 Pitz, Bürgereinung, 2001, S. 63. 555 Pitz, Bürgereinung, 2001, S. 63. 556 Oestmann, [Rezension zu] Pitz, Bürgereinung und Städteeinung, ZVLGA, Bd. 82 (2002), S. 372 (376); Behrmann, Willensbildung, 2002, S. 211. 557 Oestmann, Rezension Pitz, 2002, S. 375 f.; Behrmann, Willensbildung, 2002, S. 209 f.; Schulte, [Rezension von] Pitz, Bürgereinung und Städteeinung, ZHF, Bd. 31 (2004), S. 270 (271). 558 Schulte, Rezension Pitz, 2004, S. 271. 551

III. Methoden und Prämissen

279

einer Neubewertung der Quellen und einer Einordnung in andere Großkategorien. Wenn Pitz’ Untersuchung diese weiterführenden Arbeiten anregt, kann sich sein problematisches Alterswerk jedoch als quicklebendiger Markstein der Mediävistik entpuppen.“559

559

Oestmann, Rezension Pitz, 2002, S. 376.

G. Zusammenfassung und Ausblick Als das hansische Recht eine eigene Definition erhielt, trafen darin ethnosoziologische, rechtshistorische und politische Vorannahmen zur Hanse mit Raumvorstellungen zusammen. Oder um mit Rörig zu sprechen: Volk, Raum und politische Ordnung in der deutschen Hanse. Dass gerade W. Ebel diese Definition aufstellte, ein germanistischer Rechtshistoriker mit kaum einschlägigen Forschungen zur Hanse, überrascht dabei nur auf den ersten Blick. Seinen ethnosoziologischen, holistischen und raumüberspannenden Blick konnte Himmlers Rechtshistoriker während seiner Tätigkeit für das „Ahnenerbe“ an den lübischen Rechtsquellen über und unter Tage schärfen. Er verleugnete und verlor ihn nie. Die impliziten und notwendigen rechtshistorischen wie politischen Prämissen zur Hanse tradierte die Rechtsgeschichte bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts. Überraschen könnte höchstens die positive und letztlich bis heute fortdauernde Rezeption der Konzeption W. Ebels in der Hanseforschung, sei es nun in der Bundesrepublik oder der DDR. Doch sollte dabei die Situation der Hanseforschung mitbedacht werden. Versammelte der Hansische Geschichtsverein im langen 19.  Jahrhundert noch einige herausragende Rechtshistoriker, nahm dieser Einfluss immer weiter ab. Rörigs Aufstieg und seine vermeintlich entpolitisierte Hansegeschichte begünstigte dabei eine Situation, in der rechtshistorische Fragestellungen effektiv nur in W. Ebels Hand konzentriert blieben. Freilich war die Hansegeschichte nicht entpolitisiert; aber die Hanseforschung verabschiedete sich von der diplomatischen sowie politischen Hansegeschichte und die Rechtsgeschichte konnte sich in den neuen Forschungen nicht im selben Maße wiederfinden. Die Affinität der DDR-Forschung zu W. Ebels Thesen sollte nicht dazu verleiten, letztere für politisch indifferent und universell anwendbar zu halten. In der DDR herrschte ein nationalstaatliches Hansebild, welches W. Ebel zwingend für seine Konstruktion eines hansischen Gesetzesrechts benötigte. Die Hansekonzeption in der DDR war zwar nicht identisch mit den Ansichten der westdeutschen Rechtsgeschichte, indes konnte ein hansisches Recht auf beiden Seiten der Grenze seinen Platz finden. Dabei bleibt die kuriose Randnotiz, dass ein im Nationalsozialismus exponierter Rechtshistoriker, dem wegen seiner Vergangenheit massive Schwierigkeiten bei der Rückkehr an die Göttinger Universität widerfuhren, in der DDR positiv rezipiert werden konnte.

I. W. Ebels Definition des hansischen Rechts

281

I. W. Ebels Definition des hansischen Rechts W. Ebels Vortrag von 1949 behandelt das hansische Recht dezidiert und bleibt dabei aufgrund der Vortragssituation notwendig beschränkt. Seine Definition des hansischen Rechts verbindet zwei disparate Aspekte [oben F.II.4.a)aa)]. Einerseits stellte er insbesondere im Seerecht auf eine gesetzgebende Kraft der Hanse ab, rief damit beim Zuhörer/Leser die Vorstellung einer schlagkräftigen Hanse hervor und nahm damit die hier als rechtsgeschichtlich angesehene Deutung der Hanse auf. Andererseits verwies er auf ein diffuses kaufmännisches Gewohnheitsrecht, das aufgrund seines hansischen Kerngebiets Teil  des hansischen Rechts sein sollte. Beide Aspekte können für sich gesehen nicht als genuine Neuschöpfungen bewertet werden.

1. Gesetzesrecht versus Transformation Die Heraushebung des hansischen Seerechts, wenngleich damit eher die zusammenfassenden Rezesse des ausgehenden 16.  und beginnenden 17.  Jahrhunderts gemeint sind, besitzt eine lange Tradition [oben  D.II.4.b)  und E.II.4.]. W.  Ebels Leistung, so wird hier vertreten, liegt, selbst unter Berücksichtigung des Veröffentlichungsdatums, weniger in diesem ersten Vortrag begründet, sondern in der Etablierung der Transformation der hansischen Beschlüsse in Stadtrecht [oben F.II.4.c)]. Damit trat eine grundstürzende Innovation ein, die W. Ebel womöglich nicht selbst erkannte oder nicht erkennen wollte. Die überarbeitete Ausgabe seines Vortrags über hansisches Recht, die er 1978 veröffentlichte, also bereits einige Jahren nach seiner Emeritierung aus Gesundheitsgründen und nur zwei Jahre vor seinem Tode, nimmt die Transformation auf. Wann er genau diese Entdeckung machte und ob sie tatsächlich von ihm stammt, kann nicht mit Bestimmtheit festgestellt werden. Sie lässt sich zuerst in seiner Monographie zum Lübischen Recht von 1971 nachweisen. Beachtlich ist nun, dass er die Transformation zwar in die überarbeitete Fassung seines Vortrages einpflegte, gleichzeitig aber nicht die naheliegenden Konsequenzen zog. Wenn jeder hansische Beschluss, gleich welcher Zeit der hansischen Geschichte er angehört, zunächst in Stadtrecht transformiert werden musste, so fiele damit der erste Teil seiner Definition des hansischen Rechts, die auf ein Gesetzesrecht abstellt, in sich zusammen. Die Erkenntnis einer Transformation der hansischen Beschlüsse zerstört letztlich die quasistaatliche Hanse. Diesen Schluss zog W.  Ebel nicht. Eine größere Wirkungskraft entfaltet dieser Aspekt erst in Pitz’ hansischer Verfassungsbeschreibung, die indes problematische Prämissen setzt. Die Frage nach einem hansischen Gesetzesrecht ist somit mit der Diskussion über eine hansische Verfassung verknüpft. Das von W.  Ebel behauptete Gesetzesrecht enthält zudem eine starke Verschränkung mit dem Lübischen Recht, dem eigentlichen Hauptgegenstand seiner Forschungen. Es sei gerade Lübeck gewesen, das sein Seerecht mittels der Hanse

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G. Zusammenfassung und Ausblick 

durchgesetzt habe. Ohne Kenntnis von W.  Ebels Engagement für das Lübische Recht und seine damit verbundenen Annahmen, kann daher dieser Teil seiner Definition nicht verstanden werden. Obwohl dieser Teil quellengestützt scheint, liegt eine Beeinflussung durch ein komplexes Geflecht von Vorannahmen mit breiter Vorgeschichte nahe [dazu sogleich G.IV.]. 2. Kaufmannsgewohnheitsrecht: Nachwirkung Rörigs und Planitz’ Der zweite Teil von W. Ebels Definition des hansischen Rechts, ein spezifisch hansisches Kaufmannsgewohnheitsrecht, sieht sich aus heutiger Sicht der Problematik der Rekonstruktion eines solchen ausgesetzt [oben F.III.1.d)]. Axiome eines solchen Kaufmannsgewohnheitsrechts bleiben immer die unterstellte und gleichförmige Rationalität der Handelnden und auf einer abstrakteren Ebene die Homogenität der Handelnden. Diese Axiome folgen nicht aus Quellen, sondern, so wird hier vertreten, aus verschiedenen Grundvorstellungen, die die Motivation der Akteure in den Blick nehmen und dabei eine Verbindung zu Rörig zeigen. Rörigs Raumparameter, der ab 1941 durch Kontakt mit C. Schmitt weiter ausgebaut wurde [oben E.III.2.b)], wirkt auch im nordeuropäisch kaufmännischen Recht bei W. Ebel. Weiterhin besaß die Verknüpfung des mittelalterlichen (Stadt-)Rechts mit einem vagen Kaufmannsrecht zu dieser Zeit gerade durch die Tätigkeit Planitz’ Konjunktur [oben E.III.3.]. Inhalt des von W.  Ebel unterstellten Kaufmannsrechts sind vor allem materielle Rechtssätze. Gerade diese Frage könnte nach den Ergebnissen der jüngeren Forschung als untauglich gelten. In welchen Gebieten des Mittelalters auch immer nach einem zusammenhängenden, materiellen Corpus von kaufmännischen Rechtssätzen gesucht wurde, verlief die Suche negativ oder musste auf Prämissen zurückgreifen. In der Sache ziehen sich Berufungen auf unbeweisbare und unwiderlegbare Prämissen durch die hansische Forschung und zeigen sich in verschiedenen thematischen Bereichen. Rörigs Lübeck- und Hansekonzeption rekurriert häufig auf Ideen oder Programme der handelnden Kaufleute. Die omnipräsente Urkunde HR I, 1, n. 7 [siehe die Verweise oben D.II.3.a) bei Fn. 176], die nach ihrem Wortlaut zunächst nur von Vertretern einiger Städte Lübischen Rechts aufgesetzt wurde, ist fortlaufend unter diesen Aspekten interpretiert worden. Bereits seit dem 19. Jahrhundert aber auch weit darüber hinaus galt sie als Ausweis der zusammenschließenden Kraft des einheitlichen Lübischen Rechts. Inwieweit dieses Bild adäquat ist, kann nicht Gegenstand dieser Untersuchung sein; beachtlich ist aber, dass weitere Interpretationen kaum vorgenommen wurden.

II. Ideologische Nachwirkungen

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II. Ideologische Nachwirkungen Weiterhin war der Bezug auf einen irgendwie übereinstimmenden kaufmännischen Geist ein beliebter Topos, wenngleich wiederum in verschiedenen Zusammenhängen. Die hier untersuchten Publikationen im Nationalsozialismus sind nicht frei von ideologischen Vereinnahmungen [oben E. I. und E.III.1. und 2.], gerade auch im Hinblick auf die Vorstellungwelt der Kaufleute. Obwohl einzelne Forscher wie W. Ebel in dieser Zeit kaum publizierten und somit ein Beleg für die obige These nur bedingt mittels Publikationen zu erbringen ist, so zeigen die Akten in diesem Bereich doch deutlich die Verstrickungen in den Nationalsozialismus. Andere hier verwendete Publikationen, wie die des Magdeburger Oberbürgermeisters Markmann, stammen nicht im engeren Sinne aus der Wissenschaft, sind aber wegen ihres ideologischen Inhalts interessant, der sich unter anderem in der Deutung des „maritimen“ Lübischen Rechts im Sinne der Geopolitik zeigt. In diesem Forschungsklima war das Lübische Recht für die Ostsee zuständig und das Magdeburger Recht für das Land. Naturgemäß stand das Meer im Vordergrund der Hanseforschung und galt als Vehikel der Fortschrittlichkeit. Diese Sichtweise beeinflusste auch die Behandlung des Lübischen Rechts. Im Hinblick auf die Publikationen der damaligen Zentralgestalt der hansischen Forschung, Rörig, kann die Übernahme von nationalsozialistischen Ideologemen sowohl durch die persönlichen Verbindungen zu nationalsozialistischen Institutionen (NOFG, GeWG), den Einfluss dieser Institutionen auf den Hansischen Geschichtsverein, als auch durch die Schriften selbst glaubhaft gemacht werden. Rörigs Hansekonzeption und damit sowohl die Verfassungsbeschreibung als auch die Behandlung der Stadtrechte ist hinreichend offen, um verschiedene metaphysische Konzepte zu inkorporieren. Einfallstor ist die Motivation der Akteure, die er durch die postulierte hansische Genesis aus einer Idee, unmittelbar mit der hansischen Geschichte verknüpfte [oben E.III.2.]. Als Ausweis dieser Vereinnahmung sollten nicht ausschließlich die plakativen Propagandabände angeführt werden, bei denen mit Reincke ein weiteres wichtiges Mitglied des Hansischen Geschichtsvereins mitwirkte, sondern auch Details wie die Übernahme des von Rörig in seiner Reichssymbolik vorgestellten Adlers der Lübecker Gotlandschale durch die von Daitz geleitete GeWG [oben E. I.2.a) und b)]. W. Ebels Verstrickungen in die nationalsozialistische Diktatur sind ausgiebig dargestellt worden. Sein aufrichtiges Interesse an seinem zentralen Forschungsgegenstand, dem Lübischen Recht, soll nicht bestritten werden. Es muss aber eine weitere Verbindung dahin beachtet werden, die durch seinen Lebenslauf mitbestimmt war. W.  Ebel arbeitete während des Krieges an ideologisch motivierten Forschungen zum Lübischen Recht und hatte dabei bevorrechtigten Zugang zu lübischen Archivalien [oben E. I.1.a)]. Von diesen fertigte er Abschriften an, die ihm erlaubten, während der Verschleppung dieser Archivalien in sowjetisch kontrollierte Staaten nach 1945 weiterhin zum Lübischen Recht zu forschen und zu publizieren. Diese Abschriften dürften wiederum ein nicht unerheblicher Grund

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G. Zusammenfassung und Ausblick 

für seine Einstufung als Mitläufer im Entnazifizierungsverfahren gewesen sein [oben  F. I.1.a)]. Unter anderem trat Brandt mit einem Brief für W.  Ebel im Ent­ nazifizierungsverfahren ein, in dem jener die herausragende Bedeutung W. Ebels für die weitere Forschung zum Lübischen Recht betont. Womöglich war es auch diese besondere Beziehung zum Lübischen Recht, die W. Ebel zu weitreichenden Annahmen motivierte, indem er Fortwirkungen bis ins BGB annahm oder es mit dem hansischen Recht zuweilen gleichsetzte [oben F.II.3.b) und e)]. Damit führte W. Ebel indes eine Forschungsrichtung fort, die sich bereits zuvor herausgebildet hatte [oben D.II.3.a) und E.II.3.b)]. Die ideologisch aufgeladene Forschung konnte 1945 nicht schlicht abgestreift werden. Dies konnte bereits deswegen nicht gelingen, weil es sich bei den betreffenden Forschungen zur Hanse nicht bloß um Weiterentwicklungen vorheriger Ansätze mit nationalsozialistischem Ornament handelte. Vielmehr waren die Ansätze hinreichend offen, um beispielsweise im Falle Rörigs zunächst eher liberale Positionen innerhalb der Hanse zu verorten („Weltwirtschaft“) und dann im Nationalsozialismus zu einer völkischen Deutung zu gelangen. Mag die juristische Germanistik wegen ihrer Verbindungen zum Regime nach 1945 in eine Krise geraten sein, so ging der nachfolgende Neubau nicht daran, alte Fundamente abzureißen. Die von W.  Ebel gern vertretene europäische Bedeutung des Lübischen Rechts und damit des hansischen Rechts trägt in ihren Prämissen viel von blutsverwandten Kaufleuten mit einem ausgeprägten Sendungsbewusstsein und Programm. Nur war dieses Programm nicht mehr auf eine Hegemonie des deutschen Blutes ausgerichtet, sondern auf eine irgendwie geartete europäische Verbundenheit. Worte lassen sich leicht austauschen, Denkstrukturen aber nur sehr mühselig. Mutatis mutandis gilt dies auch für die Publikationen in der ostdeutschen Diktatur. Die Forschung der DDR wurde hier nur kursorisch gestreift [oben F. I.2.b), F.II.1.b), F.II.2.c) und F.III.2.b)]. Einerseits lag die Rechtsgeschichte in der DDR brach, andererseits bezog sich der hauptsächlich relevante Aspekt für diese Arbeit auf die Frage nach der Rechtsnatur und Verfassung der Hanse. Die städtebündische Ausrichtung der hansischen DDR-Forschung dürfte vorrangig vom vorgegebenen Geschichtsverständnis motiviert worden sein. Hier zeigt sich ebenfalls die Wirkmächtigkeit eines subjektiven Ansatzes. Die Behauptung, die Hanse sei ein schlagkräftiges Instrument des Bürgertums im Klassenkampf gegen den Adel ewesen, bedurfte genauso sehr einer Rekonstruktion der vermeintlichen hansischen Motive. Die Schaffung eines hansischen Rechts durch dieses schlagkräftige Instrument lag nahe und so konnten W. Ebels Thesen in der DDR aufgenommen werden. Die Forschung zur Hanse in der DDR konzentrierte sich auf einen kleinen Zirkel von Forschern, was indes Ausweis der Geringachtung der Mediävistik in der DDR sein dürfte. Am interessantesten waren die Arbeiten von Wernicke, da sich dieser nicht nur mit der hansischen Verfassung, sondern auch mit dem hansischen Recht als solchem beschäftigte [oben F.II.4.a)bb)]. Dabei sei herausgestellt, dass

III. Hansische Verfassung

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er zwar die Transformation der hansischen Beschlüsse in Stadtrecht kannte, aber wiederum wie W.  Ebel keine durchgreifenden Schlüsse daraus zog. Auch nach Wernicke habe die Hanse in gewissen Teilen Recht geschaffen. Interessant war weiterhin eine angedeutete prozessuale Deutung des hansischen Rechtskreises. Eine solche Sichtweise umgeht die problematischen Bereiche eines behaupteten materiellen hansischen Rechts.

III. Hansische Verfassung 1. Reichsperspektive und Verfassungsmäßigkeit Zwar hatten Rechtsfragen zur Hanse bereits länger die Forschung interessiert, doch erfolgte dies beispielsweise im Alten Reich aus einer reinen Außenperspektive und so gut wie ausschließlich im Hinblick auf die Verfassung der Hanse oder ihr rechtliches Verhältnis zum Reich. Die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der Hanse kann vornehmlich nur von außen und dabei häufig nur aus Sicht des Reiches erfolgen. Wohl blieb diese Frage bis in die jüngste Zeit aktuell, doch mehrten sich Zweifel, ob die Perspektive und damit die Frage als solche adäquat waren [oben B.II.1., insbesondere B.II.1.b) sowie B.III.1.]. Die damit verbundene Frage nach der Rechtsnatur der Hanse entwickelte sich im Verlauf der Forschungsgeschichte zu einer eigenständigen Frage und beschäftigte die Forschung durchgehend. Dabei fällt auf, wie diese primär rechtliche Frage von rechtlichen Begriffen entkleidet und bis heute zumeist negativ beantwortet worden ist. Eine Kommunikation zwischen Geschichts- und Rechtswissenschaft kann dabei nicht ausgemacht werden. War es für die historisch arbeitende Staatsrechtswissenschaft des Alten Reiches noch eine wichtige Frage, ob die Hanse im Hinblick auf die behaupteten Reichsgesetze legal war, verlor diese Perspektive mit dem Zusammenbruch des Alten Reiches 1806 ihr Fundament. Die Rechtsgeschichte interessierte sich danach kaum noch für diese Frage, sondern ging vielmehr zu einer eher privatrechtlichen Perspektive über. Die Geschichtswissenschaft riss die Verfassungsmäßigkeit der Hanse zwar noch gelegentlich an, war an einer juristischen Beantwortung dieser Frage aber nicht mehr interessiert. 2. Verfassungsdiskussion zwischen Rechtsgeschichte und Geschichtswissenschaft Die Lehrbücher zur Deutschen Rechtsgeschichte charakterisieren die Hanse häufig ohne Auseinandersetzung mit den Forschungen der Geschichtswissenschaft als Bund, womit immer auch Implikationen für die Verfassung mitinbegrif­ fen sind. Die hansische Verfassungsgeschichtsschreibung ist aus der Sicht der Wissenschaftsgeschichte interessant, weil sie starken Wandlungen unterworfen geblieben

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G. Zusammenfassung und Ausblick 

ist. Bereits das historische Werk von Sartorius widmet diesem Aspekt 150 Seiten und bleibt in seiner Bewertung doch ambivalent [oben C.III.]. Diese fehlende Eindeutigkeit könnte der Auslöser für die verschiedenen Deutungen sein, ein hinreichender Grund ist sie aber nicht. Im 19. Jahrhundert begann die Geschichtswissenschaft die Frage nach der hansischen Verfassung eher zurückhaltend und negativ zu beantworten [oben  D.II.2.b)], mit Rörigs Forschungen gelangte die entrechtlichte Sichtweise zu einem Durchbruch [oben  E.II.2.], die durch seinen Schüler Brandt schließlich zur herrschenden Meinung der BRD wurde [oben F.II.1.a)aa) und F.II.2.a) und b)]. Ausgehend von der Feststellung, die Hanse sei kein Bund gewesen, wobei das Verständnis des Bundes nach hiesiger Ansicht ein modernes war, zog sich die Forschung immer weiter aus der Bestimmung der hansischen Verfassung zurück. Dabei scheint eine Wechselwirkung vorgelegen zu haben. Weil die Hanse kein Bund gewesen sei, sei die Verfassung locker gewesen; weil die Verfassung locker gewesen sei, habe sie eher einem Zweckverband (Vogel) oder einer Interessengemeinschaft (Brandt) geähnelt. Trotz der attestierten rechtlichen Lockerheit war beispielsweise Rörig nicht verlegen, der Hanse eine große und bleibende Bedeutung für das Reich beizulegen. Aufgrund seiner Verbindungen zu hoch ideologisierten Institutionen, die wiederum auch Zugriff auf den Hansischen Geschichtsverein nahmen [oben E. I.2. und E.III.2.], müssen seine Forschungsergebnisse als – zurückhaltend formuliert – prämissenbelastet gelten. Diese der hansischen Verfassungsfrage immanenten Spannungen sind es, die die Beleuchtung dieses zunächst rein geschichtswissenschaftlichen Themas rechtfertigen. Sie werden hier als thematische Erklärung für die spätere Suche nach einem hansischen Recht betrachtet. Obwohl das hansische Recht nicht oder jedenfalls nicht eigenständig behandelt wurde [oben D.II.4. und E.II.4.], legte die Forschung der Hanse, die sie seit dem 19. Jahrhundert fortwährend als lockere Gemeinschaft von Kaufleuten und Städten verstand, bereits früher eine über die einzelnen Städte hinausgreifende rechtsschöpferische Kraft bei. Erst nach der Überhöhung der Hanse und ihrer Akteure griff W. Ebel dieses Thema, wenngleich nur in einem Vortrag, dezidiert auf. Zwar können nur wenige direkte Verweise auf diesen Vortrag in der hansischen Literatur aufgefunden werden, doch verarbeitete W. Ebel wesentliche Thesen seines Hansebildes [dazu oben  F.II.4.a)aa)] in weiteren, häufiger zitierten Publikationen. Wer W. Ebels Definition des hansischen Rechts aufnimmt, inkorporiert zwangsläufig sein Hansebild. Selbst wenn die Werke eine quasistaatliche Deutung der Hanse ablehnen, gelangt sie durch ein „Gesetzesrecht“ der Hanse wieder in die Werke hinein. Zwar betrifft das nicht das ebenfalls miterfasste Kaufmannsgewohnheitsrecht, doch bleibt dieses notwendig eine unbeweisbare Chimäre. Die Verfassungsgeschichte der Hanse war zwischen Rechtswissenschaft und Geschichtswissenschaft gespalten [deutlich im 19. Jahrhundert, oben D.II.2.]. Die Juristen beschrieben die Verfassung, wohl ausgehend von ihrem Lehrgebäude der deutschen Rechtsgeschichte, als Bundesverfassung und legten der Hanse verstärkende Eigenschaften bei [oben D.II.2.a)]. Gleichwohl blieben die Bezüge zum

III. Hansische Verfassung

287

hansischen Recht bloße Andeutungen [insbesondere die häufigen Zuschreibungen im Rahmen des Handels- und Seerechts, oben D.II.4.b)]. Die Geschichts­ wissenschaft hingegen ging von einer erheblich schwächeren Verfassung aus [oben D.II.2.b)], zog dabei hingegen Schlüsse für ein hansisches Recht, das indes eher im Bereich der Stadtrechte, vornehmlich des Lübischen Rechts, gesehen wurde. Dabei dürften auch die persönlich eng verbundenen Editoren und ihre Prämissen prägend gewesen sein [oben D. I.3. und das Schaubild im Anhang]. Diese Zusammenhänge sind es, die eine Auseinandersetzung mit der stadtrechtlichen Forschung erforderten. Anstatt auf ein überstädtisches hansisches Recht abzustellen, neigte die historische Forschung zu einer bald mehr, bald weniger ausgeprägten Identität des Lübischen und des hansischen Rechts. An diese Diskussion konnte W. Ebel anknüpfen und daher dürften seine Thesen in diesem Bereich auf Zustimmung gestoßen sein. Abschließend sei ein kurzer Blick auf die hier als zeitlichen Endpunkt gewählte Monographie von Pitz aus dem Jahr 2001 geworfen [oben F.II.2.d) und F.III.3.]. Er stellte sich die Aufgabe, die hansische Verfassung nach dem von ihm so genannten Prinzip der Identität darzustellen. Die Kreation dieses Prinzips soll als solche nicht bewertet werden. Entscheidend ist, dass seine Ansichten auf fruchtbaren, weil vorher kaum bestellten Boden fielen. Seit Brandt die Frage nach der hansischen Verfassung effektiv abschließend verneinte und die städtebündische Sicht der DDR-Forschung keine westdeutschen Anhänger fand, ergab sich ein Desiderat im Hinblick auf die hansische Verfassung. Neben den bei Pitz kritisch zu betrachtenden Prämissen, die neuere Erkenntnisse der Rechtsgeschichte weitgehend ausblenden, ist vor allem die konsequent durchgeführte Stufung der Einungen beachtenswert. Dabei handelt es sich um eine weitere Facette der Transformation der hansischen Beschlüsse in Stadtrecht. Da es keinen Hanseeid gegeben habe, seien die Beschlüsse, um Gültigkeit für und gegen die Bürger zu erlangen, in den Städten umzusetzen gewesen. Wie gezeigt, kann diese Sichtweise nicht als Pitz’ Innovation angesprochen werden, da W. Ebel sie vorher vertrat. Die Leistung Pitz’ besteht aber in der konsequenten Anwendung dieser Konzepte auf die hansische Verfassung. Ob seine Ergebnisse indes wegen der bereits von seinen Rezensenten geäußerten Bedenken Bestand haben können, kann nur die zukünftige Forschung erweisen. Sollten seine Ergebnisse Bestand haben, ist einem hansischen „Gesetzesrecht“ die Grundlage entzogen. Pitz’ Beschreibung der hansischen Verfassung und W. Ebels hansisches „Gesetzesrecht“ sind unvereinbar. Zwar ist ein verkleinerter Anwendungsbereich, beispielsweise im Rahmen der hansischen Kontore denkbar, die nach Ansicht der Forschung nach 1356 dem Hansetag unterstellt worden seien [oben F.II.4.e)], allerdings zeigt die Forschung auch für diesen Bereich mehr Disparitäten als Gemeinsamkeiten auf. Jedenfalls behauptet kein Autor eine Identität zwischen Lübischem Recht und hansischem Recht in den Kontoren. Diese bei W. Ebel gelegentlich anzutreffende These dürfte er selbst in dieser Allgemeingültigkeit nicht geteilt haben und kann in den meisten Fällen mit der verkürzenden Vortragsform erklärt werden.

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G. Zusammenfassung und Ausblick 

IV. Stadtrecht: Lübeck im Fokus Die exponierte Behandlung der Forschungen zum Lübischen Recht erfolgte nicht, um eine travezentrische Sichtweise zu perpetuieren oder wiederzubeleben. Lübeck spielt in der hansischen Geschichtsschreibung eine herausgehobene Rolle und dasselbe gilt für das Lübische Recht. Beachtlich ist die stetige Steigerung der Bedeutung des Lübischen Rechts. Dies kann nicht allein mit neuen Quellenfunden oder -editionen erklärt werden.

1. Isolation Im Alten Reich waren die Stadtrechte und die Hanse isolierte Phänomene. Lübeck galt zwar bereits zu dieser Zeit als das Haupt der Hanse, doch eine rechtliche Verknüpfung fand nicht statt. Dies mag seine Erklärung in unterschiedlichen Perspektiven finden. Die Hanse war als Phänomen vor allem für das Staatsrecht und damit in ihrem Verhältnis zum Reich interessant. Die Stadtrechte hatten ihre Bedeutung hingegen in der Darstellung der Verfassung der Städte. Daher war das Lübische Recht für Fragen zum geltenden Recht interessant. Die Forschung zum Lübischen Recht untersuchte daher, welche Rechtssätze noch in Geltung standen. Eine verallgemeinernde Betrachtung, sei es im Hinblick auf die Hanse oder gar auf ein einheimisches Recht war damit nicht verbunden.

2. Öffnung War Sartorius zunächst kaum auf die Stadtrechte eingegangen, trat doch ab der zweiten Auflage seines Werkes eine Wandlung ein. Spätestens mit den hansischen Quelleneditionen war das Lübische Recht als hansischer Faktor etabliert. Paradigmatisch sind die Ausführungen Höhlbaums [oben D.II.3.a)]. Kaum eine Gesamtdarstellung zur Hanse konnte in der Folgezeit an der Bedeutung des Lübischen Rechts vorübergehen. In dieser Zeit dürften mehrere Faktoren zusammengespielt und einen neuen Blick eröffnet haben. Die Quellenpublikationen, ab 1843 das Urkundenbuch der Stadt Lübeck, ab 1870 die Hanserezesse und ab 1876 das Hansische Urkundenbuch verschafften der These einen quellengesicherten, positiven Unterbau. Allerdings bedurften diese Quellen einer Auswahl und für die zwei letztgenannten Editionen war Waitz die Zentralgestalt. Er war juristisch geschult und daher an rechtlichen Zusammenhängen interessiert. Zudem war er als Mitglied der Paulskirche für die deutsche Einheit eingetreten, musste aber resigniert das Scheitern feststellen. Mag er auch eine auf die Gegenwart ausgerichtete Geschichtsschreibung abgelehnt haben, erstarkte die Nationalgeschichtsschreibung doch zu dieser Zeit. Dies dürfte nicht ohne Einfluss auf seine Schüler, unter anderem D. Schäfer,

IV. Stadtrecht: Lübeck im Fokus

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(wohl) Koppmann, Ropp und Frensdorff geblieben sein. Dabei ist auch der Anlass der Gründung des Hansischen Geschichtsvereins – die 500-Jahr-Feier des Stralsunder Friedens – zu bedenken. Die juristische Germanistik wiederum suchte zu dieser Zeit das deutsche Recht historisch herzuleiten. In dieser Gemengelage entstanden Editionen und die sie tragenden Thesen. Selbst ein eher zurückhaltender Forscher wie Frensdorff schloss sich der These von den ersten hansischen Rezessen für das Jahr 1260/64 an, obwohl die entsprechenden Dokumente nur von wohl drei Städten verfasst wurden. Durch diese These war das Lübische Recht mit der Hanse verknüpft. Wie im Einzelnen auch die Faktoren zusammenwirkten, zu Beginn des 20. Jahrhunderts galt es als unbestreitbar gesichert, dass das Lübische Recht ein wichtiger Pfeiler der Hanse war. Inwieweit das Lübische Recht dabei tatsächlich auf andere Städte übertragen wurde und ob die Unterschiede als gewichtig zu gelten haben, stand dabei nicht im Vordergrund. Zwar divergierten im Einzelnen die Bewertungen für die Bedeutung des Lübischen Rechts in der Hanse [oben D.II.3.], doch eine Opposition zu dieser These war nicht feststellbar. Eine nationalistische oder politisch motivierte Stadtrechtsforschung lässt sich für diese Zeit kaum nachweisen [oben D.II.3.c)], allerdings schwingt in den Darstellungen häufig die Vorstellung mit, erst Lübeck und damit die Hanse hätten den slawischen Gebieten eine höherwertige Stadtkultur vermittelt. Bereits hier deutet sich eine europäische Bedeutung dieses Rechts, wenngleich unter deutschen Vorzeichen an. Bemerkenswert ist der Verfall der rechtsgeschichtlichen Fragestellungen mit dem Aufstieg des vielleicht schillerndsten Hanseforschers des 20. Jahrhunderts, Rörig. Seine Abwendung von der „Privilegiengläubigkeit“ und sein Interesse an Motivationen der Akteure schlossen nähere stadtrechtliche Untersuchungen zum großen Teil aus. Die Stadtrechtsforschung baute zwar weiterhin Bezüge zur Hanse auf, doch geriet sie spätestens ab 1933 sukzessive in gefährliches, weil ideologisches Fahrwasser. Für die hansischen Zusammenhänge wurden insbesondere die lübischen Forschungen W. Ebels für das „Ahnenerbe“ und die Forschungen zum Magdeburger Stadtrecht von Markmann und anderen untersucht [oben E. I.1.a) und b)]. W. Ebel publizierte in dieser Zeit keine einschlägigen Texte, allerdings konnte er nach dem Krieg auf seine Vorarbeiten zurückgreifen und in kurzer Zeit einige Aufsätze veröffentlichen sowie seinen Vortrag zum hansischen Recht halten. Daher war die ausgiebige Darstellung seiner Tätigkeit im Nationalsozialismus gerechtfertigt. 3. Europäische Bedeutung Zwar sah bereits die Forschung des 19. Jahrhunderts eine hohe Bedeutung des Lübischen Rechts, doch steigerte sie sich aber nochmals mit der europäischen Dimension der westdeutschen Forschung nach 1945 [oben  F.II.3.a)  und F.III.2.a)]. Der europäische Blick ist dabei keine Neuerung ab 1945, doch die Vorzeichen

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G. Zusammenfassung und Ausblick 

wandelten sich. Wird eingestellt in welchen ideologischen Bahnen die Stadtrechte im Nationalsozialismus untersucht wurden, so war die Forschung bereits länger europäisch ausgerichtet. Indes war der ideologische Sinn dieser Forschungen, eine aggressive deutsche Expansion historisch zu legitimieren und unterschied sich daher nicht von den allgemeinen Vereinnahmungen der Hanse. Dieser Sinn war zwar nach 1945 entfallen, die Perspektive blieb aber bestehen. Erst dieser raumübergreifende Blick ermöglichte W. Ebel, das Lübische und das hansische Recht in Teilen gleichzusetzen. Freilich bestand in der Geschichtswissenschaft bereits vorher die Verknüpfung von Lübischem Recht mit der Hanse, doch W. Ebel intensivierte diese Thesen und verband sie mit der allgemein deutschen und sogar europäischen Bedeutung des „deutschen“ Lübischen Rechts. Wird dann eingestellt, dass er nach 1945 seine Thesen auch in revisionistischen Gesellschaften wie dem Göttinger Arbeitskreis vortragen konnte, so erhält seine europäische Perspektive eine bedenkliche Note. Nach 1945 bildete sich daher auch für einen quellengesicherten Bereich wie die Forschung zum Lübischen Recht eine verhängnisvolle Situation. Aufgrund der Verschleppung der Lübecker Archivalien war W. Ebel effektiv der einzige Forscher mit Kenntnissen zu diesem Bereich. Inwieweit seine Forschungsergebnisse von Leitbildern getragen waren, die ihn bei seiner archivalischen Tätigkeit leiteten, ist daher ein schwerwiegendes Forschungsdesiderat. Nicht zuletzt, weil seine Monographie zum Lübischen Recht und seine Edition der Lübecker Ratsurteile bis heute als Standardwerke gelten. Erst in jüngerer Zeit wurde in Frage gestellt, inwieweit das Lübische Recht tatsächlich eine einheitliche Rechtsmaterie war [dazu oben  F.II.3.c)]. Diese Frage muss als imminent wichtig für hansische Zusammenhänge gewichtet werden. Wenn in Frage steht, welche Bereiche des Lübischen Rechts tatsächlich in den einzelnen Städten galten, kann nicht ohne nähere Überprüfung eine teilweise Identität zwischen Lübischem und hansischem Recht angenommen werden. Nicht zuletzt ist dabei auf Forschungsergebnisse zu verweisen, die – ebenfalls lange bekannt – die fehlende Kongruenz von hansischem Raum und der Ausbreitung des Lübischen Rechts herausarbeiteten. Hier liegt eine weitere Forschungsaufgabe.

V. Ausblick Die prozessuale Perspektive des hansischen Rechts erlebt in jüngster Zeit einen Aufschwung und umgeht die Probleme, die ein materielles Kaufmannsrecht ver­ ursacht. Ziel dieser Perspektive ist nicht mehr ein Corpus von materiell-rechtlichen Vorschriften, sondern eine Untersuchung über das Verfahren bei Konfliktlösungen. Sie wurde hier nur angedeutet [oben F.III.1.d)], da die Diskussion darüber noch nicht abgeschlossen ist. Gleichwohl entfernt sich diese Perspektive von der von W. Ebel aufgeworfenen Frage nach einem hansischen Recht. Inwieweit im Rahmen dieser Diskussion Prämissen wie die Rationalität und Homogenität der Kaufleute eine tragende Rolle spielen, wird die weitere Forschung erweisen.

V. Ausblick

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Die Wissenschaftsgeschichte zur Hanseforschung bietet noch viele weitere interessante Aspekte. Gerade im Bereich der Quelleneditionen erscheint eine nähere Untersuchung der Editoren und ihres Mentors, Waitz, geboten. Das im Anhang gegebene Schaubild kann möglicherweise zu weiteren Forschungen anregen. Ohne eine positive Bestimmung der Hanse ist jede Definition des hansischen Rechts auf Sand gebaut. Um ein Wort C. Schmitts abzuwandeln: Die Epoche der Staatlichkeit der Hanse ist jetzt zu Ende. Wird aber nach dem hansischen Recht derart gefragt, wie W. Ebel es tat, erlebt die Staatlichkeit der Hanse eine Renaissance. Dies kann nicht das Ziel sein. Lübisches Recht als hansisches Recht auszugeben, verschleiert das Problem nur. Es wird dann eine Gleichförmigkeit und Quasistaatlichkeit behauptet, wo kein Staat sein soll. Ein Paradoxon. Begriffe gestalten unsere Wirklichkeit. Bereits eine bestimmte Fragestellung nach dem hansischen Recht kann dieses historische Phänomen formen. So kann auf die Frage nach dem hansischen Recht nur mit den Worten eines Rezensenten W. Ebels, Schultzevon Lasaulx, geantwortet werden: „Gewiß ein höchst reizvolles Problem. Doch ist die Frage hier richtig gestellt?“1

1

Schultze-von Lasaulx, Rezension W. Ebel Recht, 1953, S. 225.

Anhang

Schaubild: Verbindungen von Waitz zu den Editoren der hansischen Urkunden

Erläuterungen und Nachweise zum Schaubild Das vorstehende Schaubild und die Erläuterungen sollen nur als Anregung verstanden werden, die Leitbilder der Editoren nicht nur mittels einer Textanalyse zu erschließen, sondern mögliche persönliche Verbindungen miteinzubeziehen. Nach Anlage des hier gewählten Themas kann keine eingehende Netzwerkanalyse geleistet werden. Waitz1 war seit 1849 Professor in Göttingen und verblieb dort bis er 1875 die Leitung der MGH übernahm. Zuvor war er Professor in Kiel. Er ist als Subscribent des LUB verzeichnet, er schrieb die Vorrede zu HR I, 12 , war im HGV aktiv und engagierte sich in der Historischen Commission von Maximilian II.,3 vor welcher Lappenberg die Herausgabe der Hanserezesse anregte.4 Die Editoren der Hanserezesse und des Hansischen Urkundenbuches ergeben sich regel­ mäßig aus den Titelblättern derselben. Bei den ersten Bänden der Hanserezesse zeigt sich Koppmanns Engagement in der Vorrede von Waitz in HR I, 1. In der Vorrede wird auch deutlich, dass Waitz zunächst für Junghans (Studium und Promotion bei Waitz)5, dann für Frensdorff (Schüler Waitz’)6 und schließlich für Koppmann optierte.7 Aus dem Vorwort von HR II, 1 offenbart sich Waitz’ Eintreten für Ropp.8 Die Editoren des Urkundenbuches der Stadt Lübeck sind aus diesem nicht namentlich ersichtlich, waren aber bis Band 10 Wehrmann und dann Hasse,9 Techen erstellte das Register. Bei Waitz promovierten 1871 Ropp,10 D. Schäfer11 und Höhlbaum12. Koppmann promovierte 1866 in Göttingen.13 Aus der Veröffentlichung der Promotion ergibt sich der Betreuer nicht. Auf eine Aktenrecherche wurde verzichtet. Angesichts von Waitz’ Eintreten für Koppmann und Koppmanns Wertschätzung für Waitz liegt eine Promotion bei Waitz nahe. 1

Frensdorff, Waitz, 1896. HR I, 1, 1870, S. V–VIII. 3 Frensdorff, Waitz, 1896, S. 616. 4 Lappenberg, Antrag, 1859. 5 Waitz, Junghans, Karl August Wilhelm J., in: ADB, Bd. 14, 1881, S. 711–712. Die Dissertation widmete er Waitz: Junghans, Kritische Untersuchungen zur Geschichte der fränkischen Könige Childerich und Chlodovech, 1856. 6 Bader, Frensdorff, 1961. 7 HR I, 1, 1870, S. VII f. 8 HR II, 1, 1876, S. V f. 9 Hoffmann, Staatsarchivar Dr. Paul Hasse, ZVLGA, Bd. 9 (1908), S. 369 (371). 10 Weber, Biographisches Lexikon zur Geschichtswissenschaft in Deutschland, Österreich und der Schweiz, 2. Aufl., 1987, S. 486 f. 11 Weber, Geschichtswissenschaft, 1987, S. 498–500. 12 Vogt, Höhlbaum, Johann Matthias Konstantin, in: Anton Bettelheim (Hrsg.): Biographisches Jahrbuch und deutscher Nekrolog, Bd. 10, 1907, S. 351 (352). 13 Postel, Koppmann, 1980. 2

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Erläuterungen und Nachweise zum Schaubild

Hasse war Schüler von Waitz und promovierte 1872 wohl bei ihm.14 Kunze promovierte 1886 bei Weiland in Göttingen.15 Weiland, ein Schüler Waitz’, arbeitete mit Lappenberg zusammen.16 Techen (neben dem Register des LUB auch tätig im Wismarer Archiv und Bearbeiter von HR III, 8 und 9) promovierte in Göttingen 1886, indes naturgemäß nicht bei Waitz.17 Bippen (Bremisches Urkundenbuch) war ebenfalls ein Schüler Waitz’.18

14

Hoffmann, Hasse, 1908, S. 369. Lülfing, Kunze, Karl, in: NDB, Bd. 13, 1982, S. 309–310. 16 Schwalm, Weiland, Ludwig, in: ADB, Bd. 41, 1896, S. 490 (490 f.). 17 Leesch, Archivare, Bd. 2, 1992, S. 612. 18 Entholt, Bippen, Wilhelm von, in: NDB, Bd. 2, 1955, S. 251. 15

Quellen- und Literaturverzeichnis Die Jahrgänge der Hansischen Geschichtsblätter waren nicht von Beginn an durchgängig nummeriert. Hier wird der Nummerierung der Jahrgänge gefolgt, wie sie der Hansische Geschichtsverein auf seiner Internetseite vornimmt. Dies führt indes zur doppelten Verwendung des 45. Jahrganges, 1918 und 1919.

Quellenverzeichnis Archiv der Hansestadt Lübeck: − Nachlass Rörig (zitiert als: AHL, NL Rörig): − Nr. 40 (Konvolut W. Ebel) − Nr. 46 (Konvolut E. R. Huber) − Nr. 53 (Konvolut Planitz) − Nr. 58 (Konvolut C. Schmitt) − Nr. 67 (Konvolut A. v. Brandt) − Nr. 96 (Entwurf einer Hansemonographie) Bundesarchiv Berlin: − RS (ehem. BDC), Sig. B0073, ab 1015 (zu W. Ebel) − PK (ehem. BDC), Sig. B0425, ab 1577 (zu W. Ebel) − DS (ehem. BDC), Sig. G0116, ab 0019 (zu W. Ebel) − SS-Führerpersonalakten (SSO) (ehem. BDC), Sig. 167, ab 974 (zu W. Ebel) Landesarchiv Nordrhein-Westfalen, Duisburg: − Abteilung Rheinland, RW 0265 Nr. 11705–11709 (Nachlass C. Schmitt) Niedersächsisches Landesarchiv Hannover, Außenstelle Pattensen: − Nds. 171 Hildesheim Nr. 16813, darin Akte H-VE/Gö-St Nr. 11490 (Entnazifizierungsakte W. Ebel)

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Quellen- und Literaturverzeichnis

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Ludewig, Ioannes Petrus von/Heuss, Ioannes Philippus: Dissertatione Inavgvrali De Civitatvm Dispari Nexv Cvm S. R. Imperio Von Reichs und freyen Reichs-Städten, Halle (Saale) 1710, Kurzbeleg: Reichs-Städten. Marquard, Johannes: Tractatus politico-juridicus de iure mercatorum et commerciorum singulari, Francofurtis 1662, Kurzbeleg: Tractatus. Mevius, David: Commentarii In Jus Lubecense, Leipzig 1642–1643, Kurzbeleg: Commentarii. Moser, Johann Jacob: Teutsches Staatsrecht. Neun und Dreißigster Theil: Darinn von ReichsGrafen-Tägen, auch noch anderen Reichs-Gräflichen Collegial-Sachen, von der ReichsGrafen und Herrn Gerechtsamen in Ansehung des Kaysers, des Röm. Reichs und dessen Stände, der Reichs-Gerichte und der fremden Staaten, so dann von der Reichs-Stätte Ursprung, verschiedenen Sorten, Anzahl, Religion, und endlich von einer jeden Reichs-Statt insbesondere, gehandelt wird, Bd. 39, Leipzig/Ebersdorf 1749, Kurzbeleg: Staatsrecht. – Johann Jacob Mosers Teutsches Staats-Recht. Drey und Vierzigster Theil: Darinn von der Reichs-Stätte Gerechtsamen und Pflichten … gehandelt wird, Bd. 43, Frankfurt a. M./Leipzig 1751, Kurzbeleg: Staatsrecht. Oberländer, Samuel: Lexicon iuridicum Romano-Teutonicum. Das ist: vollständiges Lateinisch-Teutsches juristisches Hand-Lexicon, darinnen die meisten in jure civili, canonico, feudali, camerali, et Saxonico tam electorali quam communi … vorkommende Wörter … verständlich gemachet werden …, Nürnberg 1736 (zuerst 1721), Kurzbeleg: Lexicon. Pütter, Johannes Stephanus: Institutiones Juris Publici Germanici, 3. Aufl., Göttingen 1782, Kurzbeleg: Institutiones. Rulant, Rutger: Tractatus De Commissariis, Et Commissionibus Camerae Imperialis, Bd.  2, 2. Aufl., Frankfurt a. M. 1724 (zuerst: 1597), Kurzbeleg: Tractatus. Selchow, Johann Henrich Christian von: Geschichte der in Teutschland geltenden fremden und einheimischen Rechte. Zum Behuf academischer Vorlesungen, Göttingen 1767, Kurz­beleg: Geschichte. Stein, Joachim Lucas: Gründliche Abhandlung des Lübschen Rechts, Bd.  1, Leipzig 1738, Kurzbeleg: Abhandlung. – Gründliche Abhandlung des Lübschen Rechts, Bd. 3, Leipzig 1745, Kurzbeleg: ­Abhandlung. – Abhandlung des Lübschen See-Rechts, Bd. 5, Rostock 1746, Kurzbeleg: Abhandlung. Werdenhagen, Johannes Angelius von: De Rebuspublicis Hanseaticis Tractatus, Frankfurt a. M. 1641, Kurzbeleg: Tractatus. Weyhe, Eberhard von: Meditamenta Pro Foederibvs [foederibus]. Ex Prvdentvm Monvmentis discursim congesta. In quibus variae & difficiles attinguntur Politicae quaestiones. Cum Rerum & Verborum Indice copioso, Frankfurt a. M. 1601, Kurzbeleg: Foederibus. Willebrandt, Johann Peter: Hansische Chronick. Aus beglaubten Nachrichten zusammen getragen, Lübeck 1748, Kurzbeleg: Chronick.

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Quellen- und Literaturverzeichnis II. 1800–1869

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Personenverzeichnis Kursiv gedruckte Ziffern verweisen auf biographische Ausführungen. Fußnoten wurden nur aufgenommen, wenn sie über rein bibliographische Angaben hinausgehen. Adolf von Holstein-Gottorp  26 Amira 81 Arumäus  27, 34 Fn. 54 Aubin, H.  131, 148, 156, 157, 159, 161, 201 Augustin, A.  129 Fn. 45 Bader 211 Bar  72 Fn. 71 Barthold  36, 71, 90 Fn. 194, 96 Bartholomeyczik  128 Fn. 37 Berg  82 Fn. 159 Berger  130 Fn. 54 Beseler 102 Besold  26 Fn. 2, 27 Beyerle, K. 140 Bippen 294 Bloch 200 Böckenförde  111 Fn. 356 Bode, W.  79, 146 Böttcher  66 Fn. 18 Brackmann  134, 138 Brandt  137, 138, 143, 193, 195, 196, ­198–199, 199, 200, 205–206, 207–208, 211, 213, 215–216, 225, 226, 227, 249, 251, 262, 271, 284, 286, 287 Brunner, O.  171, 172 Bunge  72 Fn. 71 Büsch  29, 51, 235 Carmer 235 Caroc  45 Fn. 125 Chyträus 41 Conrad  196, 207–208, 209, 211, 262 Conring  28, 41 Cordes  19, 40, 197, 233, 242, 255–256, 259 Fn. 447, 259 Fn. 448, 262, 269 Daenell  36, 85, 107

Daitz  139, 153, 153 Fn. 236, 283 Diestelkamp  191 Fn. 2 Dilcher  197, 209, 211, 232 Distler  80 Fn. 140 Dollinger 37, 200, 208, 213, 216–217, 220, 228, 229, 241 Fn. 332, 249, 252 Domann  33, 34 Fn. 54, 40, 50, 51 Dove  72 Fn. 71 Drexler 193 Dreyer  50 Fn. 143 Dusil  98, 116 Ebel, W.  17, 18, 19, 21, 23, 25, 25 Fn. 1, 29, 30, 31, 33 Fn. 51, 35, 38, 39, 41, 42, 43, 49, 60 Fn. 57, 67 Fn. 24, 69, 87, 101 Fn. 285, 119, 121, 123, ­124–132, 125 Fn. 16, 125 Fn. 17, 127 Fn. 32, 128 Fn. 37, 128 Fn. 40, 129 Fn. 45, 130 Fn. 54, 132, 134, 144 Fn. 184, 159, 170, 183, 184, 187, 188, 190, 191 Fn. 2, ­191–197, 197, 200, 205, 208, 225, 226, 227, 228, 229, 230, 231, 232, 233, ­234–235, 236–242, 238 Fn. 312, 241 Fn. 332, 242, 244, 245, 246, 248, 249, 250, 251, 254, 256, 257, 259, 261, 262, 263–264, 263 Fn. 463, 265–266, 267, 268, 269, 270, 271, 273, 274, 280, 281, 282, 283, 284, 285, 286, 287, 289, 290, 291 Ebeling  136 Fn. 105 Eckhardt, K. A.  68 Fn. 41, 87 Fn. 186, 131, 196 Eichhorn  64, 65 Fn. 9, 71, 103, 105, 108, 115 Engelbrecht  46 Fn. 132 Falck  65 Fn. 9 Falke  82 Fn. 159, 90 Fn. 194

330

Personenverzeichnis

Febvre 200 Fehr  123, 147, 154, 164, 165, 175 Fn. 370 Fink  40 Fn. 90, 129, 134, 146, 149, 150, 159, 160, 228 Frankot  264, 270 Frensdorff  36, 66, 67, 68 Fn. 41, 68–69, 69 Fn. 44, 72 Fn. 71, 74, 86 Fn. 179, 91, 92, 94, 100, 101, 105, 106, 109, 115, 117, 121, 140, 160, 164, 259, 289, 292, 293 Friedland  199, 205, 207, 214, 215, 216, 224, 229, 241 Fn. 332 Friedrich I. 32 Friedrich III.  34 Fn. 54 Fritze  204, 210 Georg IV. 54 Germann  66 Fn. 18 Gierke, J. v.  64 Fn. 4, 67, 67 Fn. 24, 77, 78 Gierke, O. v.  65, 67, 73, 77, 80, 81, 83, 90 Fn. 195, 103, 104, 111 Fn. 356, 112, 115, 150, 152, 176, 275 Goerlitz 132 Goetze  241 Fn. 332 Goldschmidt  36, 64 Fn. 4, 65, 72 Fn. 71, 80, 90 Fn. 195, 96, 102 Grimm, J. 71 Häberlin 27 Hach  65, 65 Fn. 16, 66 Fn. 18, 84, 92, 96, 235 Hagemeier  41, 51 Hammel-Kiesow  201, 224, 232, 241 Fn. 332 Hasse  292, 293, 294 Heinrich III. 51 Heinrich der Löwe  152, 154 Heise 235 Henn  101 Fn. 285, 200, 203, 213, 217–218, 220, 224, 229, 232, 241 Fn. 332, 249 Hering  134, 135 Heß, R.  132 Himmler  128, 128 Fn. 40, 280 Hoffmann  94, 107 Hofmann  130 Fn. 54 Hofmeister 203 Höhlbaum 72, 74–75, 74 Fn. 91, 76, 85, 87, 91, 97, 98, 110, 113, 160, 174, 184, 288, 292, 293 Huber, E. R.  154 Fn. 242 Hunke 136, 136 Fn. 106, 150, 151

Jahnke  109 Fn. 349, 214, 241 Fn. 332, 264, 270 Jenks  242, 246 Johansen 227 Jordan von Boizenburg  212, 214 Jörn  40, 200, 213, 241 Fn. 332 Junghans  292, 293 Karl IV.  30, 31 Fn. 38, 32, 34 Fn. 54, 36, 37 Kattinger 213 Kellenbenz  206 Fn. 102, 208 Keutgen  146, 147, 185 Kiesselbach, G. A.  119 Kiesselbach, T.  78 Fn. 123, 119 Klefeker 28, 29, 33 Fn. 52, 35, 41, 42, 50 Fn. 143 Kleikamp  127 Fn. 32 Knichen 27 Koppe  163, 199 Koppmann 72, 74, 74 Fn. 88, 75, 79, 90 Fn. 198, 91, 107, 109 Fn. 349, 110, 113, 146, 152, 160, 227, 238, 265, 289, 292, 293 Korlén 193 Kötzschke  131, 138 Krantz  34 Fn. 54 Kreffting  40 Fn. 90, 41 Fn. 98 Kroeschell  197, 209, 262 Künßberg  66, 67, 81 Kunze  75, 292, 294 Kuricke  46 Fn. 132 Kypta  49 Fn. 140 Laband  111 Fn. 356, 112 Landwehr  45 Fn. 125, 191 Fn. 2, 197, 201, 236, 247, 250, 252, 253–254 Lange 210 Lappenberg  63, 70, 71, 73, 76, 99, 100, 101, 102, 104, 105, 109, 112, 116, 147, 148, 292, 293, 294 Laubinger  64 Fn. 4, 69, 98, 104 Lieberwirth  208–209, 229 Limnäus  25 Fn. 2, 26 Fn. 3, 27, 31 Fn. 35, 34 Fn. 54, 51 Fn. 144 Lindner 83 Löning 196 Ludewig  25 Fn. 2 Ludwig I. (Bayern)  54

Personenverzeichnis

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Mantels 72 Markmann  129, 131, 132, 132–134, 159, 160, 161, 162, 164, 165, 168, 175, 184, 283, 289 Marquard  46 Fn. 132 Maximilian II.  34 Fn. 54 Maximilian II. Joseph (Bayern)  293 Mevius  45, 85 Meyer  68 Fn. 41, 69 Fn. 44 Michaelis 53 Michelsen 117 Mitteis, H.  69, 196 Mittermaier  65 Fn. 9 Moraw 36 Moser  25 Fn. 2, 26, 27, 35, 43 Fn. 113, 46 Muchow  136, 136 Fn. 105, 150, 153, 186 Müller-Mertens  197, 198, 201, 202

Reichsführer-SS (siehe auch Himmler) Reincke 71, 136–137, 138, 143, 150, 151, 162, 163, 164, 165, 167, 175, 196, 212, 214, 240, 267, 283 Reinkingk  26 Ropp  72, 289, 292, 293 Rörig  5, 24, 69, 77, 87 Fn. 186, 92, 93, 98, 123, 131, 134, 137, 138, 139, 140, 140–145, 142 Fn. 154, 142 Fn. 162, 144 Fn. 184, 147–155, 154 Fn. 242, 158–163, 165, 166, 169, 170, 171, 172, 173–176, 176–182, 183, 184, 185, 187, 188, 195, 196, 197, 198, 204, 205, 209, 212, 213, 214, 229, 238 Fn. 312, 261, 263 Fn. 463, 267, 271, 280, 282, 283, 284, 286, 289 Rudolph II.  51 Fn. 144 Rulant  25 Fn. 2, 26, 26 Fn. 5, 43, 44

Nietzsche 172 Noodt  140, 142, 142 Fn. 154, 187

Sartorius  28, 28 Fn. 20, 28 Fn. 22, 29, 35, 36, 44, 50 Fn. 143, 51 Fn. 147, 52, ­53–54, 53–62, 63, 64, 65, 70, 71, 73, 76, 78, 79, 82, 85 Fn. 173, 88, 89, 90 Fn. 194, 96, 99, 100, 101, 102, 104, 105, 109, 112, 116, 147, 286, 288 Savigny 71 Schäfer, D. 72, 72–73, 74, 82, 83, 93, 94, 95, 98, 100, 106, 112, 113, 117, 145, 146, 148, 150, 151, 173, 174, 206, 262, 288, 292, 293 Schäfer, F. L.  117 Fn. 395 Schildhauer 202, 203, 204, 210, 219, 220, 241 Fn. 332, 242, 272 Schlüter 101 Schmid, H. F.  156 Schmitt, C.  5, 154 Fn. 242, 171, 176–182, 177 Fn. 377, 187, 282, 291 Schröder  66, 66 Fn. 19, 81, 82, 104, 106 Schubart-Fikentscher  123–124, 132, 157, 164, 225, 226, 233, 240, 271 Schultze-von Lasaulx  191 Fn. 2, 228, 240, 251, 262, 291 Schumann  102 Fn. 286 Schwerin  123, 147, 154, 165, 167, 175 Fn. 370 Seeliger 140 Selchow 46 Sievers, W.  128 Fn. 40, 129, 129 Fn. 45 Smend 193

Oberländer 42 Oestmann  69, 233, 278 Oexle  49 Fn. 140, 111 Fn. 356, 112, 112 Fn. 359, 171, 172 Olechnowitz  202, 210, 273 Pagel  36, 134, 135, 153, 156, 157, 162, 163, 164, 165, 166, 168, 169, 183, 184 Pardessus  71, 102 Partsch 140 Pauli  72, 235 Perrin 200 Pitz  22, 73, 190, 197, 199, 200, 201, 206, 209, 218, 222–225, 223, 224, 231, 234, 239, 241 Fn. 332, 247, 253, 254, 262, 274–279, 281, 287 Planitz  86, 87, 87 Fn. 186, 106, 114, 115, 118, 119, 120, 121, 123, 131, 144, 147, 154, 168, 169, 175 Fn. 370, 182–184, 187, 196, 266, 267, 268, 282 Puhle  36 Fn. 74 Ranke  112 Fn. 359 Rauschnick  71, 79, 80, 90 Fn. 194, 96, 102 Rehme  81, 82, 104, 106, 114, 115, 168 Reibstein  206, 207 Fn. 103, 227, 249, 251 Reich  23 Fn. 15

332

Personenverzeichnis

Sohm  182, 183, 266 Spading 210 Sproemberg  197, 209 Stark 210 Stein, J. L.  43 Fn. 113, 45–46, 45 Fn. 126 Stein, W.  75, 78, 78 Fn. 123, 105, 107, 119, 120, 146 Stephani  26, 26 Fn. 7 Stoob  31 Fn. 38 Stubbe da Luz  142 Fn. 162 Techen  292, 293, 294 Thieme  126, 131, 191 Fn. 2 Thöl  68, 72 Fn. 71, 235 Thomasius  56 Fn. 21 Vehse 131, 161, 161 Fn. 285 Vogel  83, 103, 106, 107, 140, 145, 146, 150, 151, 168, 169, 286 Waitz  68, 72, 74, 108, 109, 288, 291, 292, 293, 294 Wehrmann  292, 293

Weiland  292, 294 Weitzel  60 Fn. 57, 231, 235 Welzel  67 Fn. 24, 193 Werdenhagen 27–28, 28, 28 Fn. 20, 41, 46, 50 Fn. 143, 51 Wernicke  201, 203, 204, 211, 220–221, 230, 243–245, 249, 270, 272–274, 284, 285 Weyhe  25 Fn. 2, 26, 31, 31 Fn. 35 Wilhelm II. 67 Wilhelm von Gennep  32 Willebrandt  28, 28 Fn. 22, 43 Fn. 113, 46, 47, 50 Fn. 143, 59 Wilmowski  66 Fn. 18 Witte  97, 173 Wohlhaupter  131, 154, 154 Fn. 242, 163, 164, 165, 167, 168, 170, 171, 196 Wurm  82 Fn. 159, 90 Fn. 194 Zelter  66 Fn. 18 Zeumer  32, 32 Fn. 48 Zöpfl  117 Fn. 395 Zycha 124

Sachverzeichnis Ahnenerbe  124–132, 143, 161 Fn. 285, 208, 289 Aktion Ritterbusch (siehe auch Kriegseinsatz der Geisteswissenschaften) Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch  235 Allgemeines Preußisches Landrecht  235 Appellation  91, 99–102, 166, 230, 232, 244, 256–257 Artlenburger Privileg  152–153 Begriff, Adäquanz  17, 19, 30, 40, 47, 69, 77, 95, 108–112, 112 Fn. 359, 170–172, 206, 261–263, 278 Bergen  61, 107 Fn. 333, 257, 258 Fn. 441 Bernburg  129, 130 Bigamie  68, 91–92 Blut  93 Fn. 217, 143, 144 Fn. 184, ­147–151, 174 Fn. 365, 284 Boden  150, 156–158 Bremen  22 Fn. 11, 26, 34 Fn. 54, 53, 117 Fn. 395 Brügge  61, 217, 229 Fn. 229 Bund (siehe auch Hanse, Rechtsnatur: Bund) Bürgerliches Gesetzbuch  235, 283 Bursprake  106, 242, 244 civitates mixtae  34–35, 44 (siehe auch Hanse, Rechtsnatur: staatsrechtliche ­ Begriffe) Dänemark  48, 60, 83, 141 Dreißigjähriger Krieg  26 Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg  136 Fn. 105 England  34 Fn. 54, 55, 102, 144 Fn. 184, 218, 275 Entnazifizierung  133 Fn. 84, 191–196, 284

Europa  22, 144 Fn. 184, 145, 149 Fn. 208, 153 Fn. 236, 156, 161 Fn. 283, 197, 200, 204 Fn. 89, 225, 239, 252, 271–272, 282, 284, 289–290 Europäische Union  250 Fachführer 127 Flandern  83, 93 Fn. 227, 107 Fn. 333, 113, 119 Fn. 45, 129, 144 Fn. 184, 146, 167, 249 Gästerecht  61, 242 Geist und Zusammengehörigkeitsgefühl  56, 61, 77, 119, 141, 147–151, 211, 212– 214, 215, 217, 224, 225, 231 Fn. 264, 244, 261, 264, 266–270, 281–282 Genossenschaft (siehe auch Hanse, Rechtsnatur: Genossenschaft) Germanische Leitstelle  129 Fn. 45 Gesellschaft für Europäische Wirtschafts­ planung und Großraumwirtschaft e. V.  139–140, 153, 178, 283 (siehe auch Raum: Großraum) Gewohnheitsrecht  20, 102–105, 176, ­181–183, 188, 214, 238–240, 243, 245, 248, 250, 259, 260, 261, 266–270, 271, 274, 275, 281–282 Goldene Bulle  30–38, 44, 49, 209 Gotland  139, 143, 151–155, 163, 179 Fn. 386, 182 Fn. 408, 185, 212–214, 216, 238, 238 Fn. 312, 283 Göttingen  23 Fn. 15, 53, 68, 71, 72 Fn. 70, 72 Fn. 71, 74, 124, 128 Fn. 37, 129 Fn. 44, 140, 191–195, 293, 294 Göttinger Arbeitskreis  195, 290 Greifswald  26, 66, 66 Fn. 19, 87 Fn. 186, 203 Hamburg  22 Fn. 11, 26, 27, 29, 42, 48 Fn. 137, 51 Fn. 147, 53, 59, 71, 75, 86 Fn. 179, 117 Fn. 395, 119–120, 136, 137,

334

Sachverzeichnis

161 Fn. 285, 163, 164, 167, 177, 199, 201, 212, 227, 228 Fn. 240, 235, 247, 248, 251, 253, 254, 267 Handelsgesetzbuch 235 Handelsrecht  64–65, 66 Fn. 19, 67, 69, 102–105, 162, 165, 167–169, 212, 234, 235, 237, 251–256 Hanse, Entstehung 30, 40, 42, 50, 70, 79, 85, 88–90, 93, 94 Fn. 234, 99, 109–110, 146, 151–155, 212, 216, 219, 220, 223, 227 Hanse, Flotte  66 Fn. 19, 78, 81, 209 Hanse, Rechtsnatur  20, 39–44, 54–56, ­76–79, 145–147, 204–212 –– Bund  41, 43, 66 Fn. 19, 69, 79, 80, 81, 110–116, 146, 286 –– collegium  20, 39, 41, 43 –– confoederatio  40, 41 –– conventus 41 –– corpus  20, 39, 146 –– Einung  20, 77, 205, 222–225, 277 –– foedus  20, 41–42, 43–44 –– Genossenschaft  20, 77, 79, 150, 207, 208 –– Handelsverein (J.v. Gierke)  67, 77–78 –– Identität  222–225, 231, 274–279, 287 –– Interessengemeinschaft  66 Fn. 19, ­205–206, 209, 286 –– Kaufmannsgilde  206, 209 –– Körperschaft  44, 67, 78, 79, 207 –– league 40 –– Rechtsgemeinschaft in ihren Privilegien  78 –– societas  20, 39–41, 208 –– staatsrechtliche Begriffe  78, 80, 83, ­145–146, 206, 218 –– Städtebund  20, 48, 50, 54–55, 75–76, 77–78, 80–81, 83, 87 Fn. 186, 147, 155, 205, 207, 208, 209–211, 284–285 –– universitas 39 –– Zweckverband  79, 83, 145–146 Hanse, Verfassung  20, 56–58, 79–84, ­110–115, 147–155, 212–225, 274–279, 285–287 –– Dekonstruktion 184–186 Hanserezesse  46, 50–51, 58–59, 68, ­73–76, 81, 85–87, 91–92, 103, 105–107, ­159–160, 166, 199, 217, 227, 239, 243, 247–251, 263, 281, 287

Hansetag  56–58, 60, 64, 66 Fn. 19, 81, 82, 83, 99, 103, 216, 217–219, 222, ­230–231, 237, 241 Fn. 332, 242, 243, 248 Hansische Arbeitsgemeinschaft in der DDR  201–202 (siehe auch Klassenkampf; Marxismus) Hansische Geschichtsblätter  74, 137, 139, 195–196, 226, 238 Fn. 312 Hansischer Geschichtsverein  67, 71–72, 73, 74, 75, 88, 94, 129, 134, 137–139, 190–191, 195–196, 198, 199, 201, 293 –– Juristenquote  72 Fn. 71, 190 Hansisches Recht  46–47, 60–62, 99–106, 166–169, 236–259, 261–270, 281–282 (siehe auch Handelsrecht; Hanse, Rechtsnatur: Identität; Seerecht; Transformation; Vollmacht) –– bei W. Ebel  195–196, 237–242, 281–282 –– bei Wernicke 243–247 –– Geltung  47, 58–59, 66 Fn. 19, 75, 99, 105–107, 166–169, 220, 247–251, ­258–259 –– Grundsätze 107 –– materielles Verständnis  228, 237, ­258–259, 263–265, 267 –– prozessuales Verständnis  242, 245, ­269–270 –– Rekonstruktion aus Urteilen  263–265 –– und Lübisches Recht  44–46, 65–66, 72, 84–87, 99–102, 101 Fn. 285, 155, 157, 163–166, 226–231, 258 –– Verhältnis zum Stadtrecht  46, 61, 65 Fn. 9, 65 Fn. 16, 68, 84–87, 99–102, 105–107, 116–120, 167, 237, 247–251 Historische Commission bei der Königlich Bayerischen Akademie der Wissen­ schaften  71, 293 Idealismus 108 Interessengemeinschaft (siehe auch Hanse, Rechtsnatur: Interessengemeinschaft) Jomsburg  133, 143 Juden  130 Fn. 54, 136

Sachverzeichnis Kanonisches Recht  165, 274–276 Kaufmann, Kaufleute  20, 39, 43, 78, 89, 113, 140–145, 146, 161, 174–176, ­181–182, 199–200, 210, 212–214, ­214–219, 255–256, 266–270 Klassenkampf  210, 272 Köln  26, 32, 33 Fn. 50, 34 Fn. 54, 43, 66 Fn. 19, 75, 80, 82, 83 Fn. 160, 87 Fn. 186, 212 Kontinuitätsthese  46–47, 69, 104–105, ­150–151, 165, 174 Fn. 365, 234–236 Kontor  46, 59, 61, 91, 99–102, 144 Fn. 184, 151–155, 166, 217, 229, 243, 256–259 Kriegseinsatz der Geisteswissenschaften  131, 144, 178 Kulturträgertheorie 95–96 Landfrieden 31 London  61, 102, 151 Fn. 221, 154, ­257–258, 259 Fn. 441 Lübeck  20, 21, 22 Fn. 11, 26, 27, 28, 36, 37, 42, 43, 44, 51 Fn. 147, 53, 59, 60, 68, 80, 83, 84–88, 91, 95–98, 101 Fn. 285, 110, 116–120, 123, 124, 129, 136, 140–145, 154, 155, 158, 163–166, 174 Fn. 365, 176, 182–184, 184, 193, 199, 208, 209, 213, 225–236, 244, 246, 251, 252, 253, 256–257, 263–265, 265–266, 276 (siehe auch travezentrisch) Magdeburg  21, 28, 86 Fn. 177, 113, 129, 131, 132–134, 144, 156, 157 Fn. 262, 159 Fn. 272, 160, 161, 161 Fn. 283, 162, 163, 164, 177, 195 Fn. 31, 225, 283, 289 Magdeburger Institut  132–134 Markt  182–184, 267 Marxismus  202, 204 Fn. 89, 209–211, ­219–222, 272–274 Meer  94, 113, 176–182, 181 Fn. 401, 204 Fn. 89, 266, 269 Mehrheitsprinzip  45, 57, 67, 77, 79–82, 83, 99, 217, 223, 276 Nord- und Ostdeutsche Forschungsgemeinschaft  134, 137–139 Novgorod  59, 91, 99–102, 101 Fn. 285, 107 Fn. 333, 118, 166, 256–257

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Oberappellationsgericht der Vier Freien Städte  235, 236 Oberhof  99–102, 101 Fn. 285, 129, 164, 228, 252, 256–257 Ostkolonisation  91 Fn. 200, 95–98, 113, 135, 141, 150, 155–163, 175 Fn. 366, 271 Positivismus 108 Primärquellen  27, 50–51, 53, 70, 73–76, 82, 85–87, 90–92, 105, 109–110, 129, 140–145, 159–160, 176, 194, 198, 199, 227–229, 239, 263 Rasse- und Siedlungshauptamt  126, 130, 191 Rat, städtischer  164, 174 Fn. 365, 222, ­230–231, 230 Fn. 260, 264 Raum  86 Fn. 177, 176–182, 225, 240, 242 Fn. 334, 264, 267, 269 (siehe auch Europa; Gesellschaft für Europäische Wirtschaftsplanung e. V.; Meer) –– Geopolitik  133, 160–162 –– Großraum  139, 144 Fn. 184, 153 Fn. 236, 176–182 –– Osten  123–124, 133, 138–139 –– Ostsee  75, 93, 95–98, 110, 124, 136, 144 Fn. 184, 152–153, 154, 157, 161, 174 Fn. 365, 176–182, 180, 225 Reich  23, 31, 37, 47–48, 113, 149, 150, 152–153, 158, 163, 174–175, 175 Fn. 366, 179 Fn. 388, 210, 277–279 Reichskammergericht  37, 233 Reval  128 Fn. 40, 163, 246, 263 Fn. 463 Rôles d’Oléron  103, 252, 254, 264 Römisches Recht  56, 125, 131, 165, 222, 231, 233, 274–276 Rostock  26, 27 Fn. 9, 28, 74, 124, 135, 159, 202 Seerecht  34 Fn. 54, 45, 59, 64–65, 66 Fn. 19, 69, 85, 102–105, 119–120, 162, 165, 167–169, 235, 237, 239, 240, 246, 247, 248, 250, 251–256 Skandinavien  113, 153, 194, 198, 239 Skra  59, 99–102, 101 Fn. 285, 118, ­256–257 Sonderführer 127 Spruchgerichtsverfahren  192, 192 Fn. 9 SS-Junkerschule (Bad Tölz)  125, 125 Fn. 17, 144

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Sachverzeichnis

SS-Leitheft  130 Fn. 54 Städtebund (siehe auch Hanse, Rechtsnatur: Städtebund) Stadtrechtsfamilie  116, 156–158 Stralsund  48, 63, 202, 207, 289 Transformation  45, 84, 232, 244, 247–251, 253–254 travezentrisch  69, 87, 88, 110, 120, 158, 162, 183, 226–233 Unternehmerkonsortium 141 Urgermanentheorie 95–96 Visby  59, 90, 91, 99, 100, 101, 103, 105, 163, 165, 166, 167, 168, 251, 252 Fn. 397, 256–257, 269

völkisch  73, 95–96, 97, 138–139, 142, 153 Volksboden 141 Volksgeschichte  98, 140–145, 173–176 Volkstum  97, 124, 136, 141, 149, 171, ­173–176, 181 Vollmacht  222, 276 Waffen-SS  126, 191 wendische Städte  75, 88, 89, 90, 109–110, 159–160, 223, 227 (siehe auch Lübeck; Rostock; Stralsund) Westfälischer Frieden  26 Willkür  162, 230 Fn. 260, 232, 242, 244, 248, 251, 254, 261 Zwangsmittel  56–58, 245