Handbuch zur Grammatik der klassischen tibetischen Schriftsprache [1 ed.]
 9783882800760, 3882800763

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Schwieger • Handbuch zur Grammatik der klassischen tibetischen Schriftsprache

BEITRAGE ZUR ZENTRALASIENFORSCHUNG begründet von R. O. Meisezahl f und Dieter Schuh herausgegeben von Peter Schwieger Band 11

Peter Schwieger

Handbuch zur Grammatik der klassischen tibetischen Schriftsprache

2006 IITBS International Institute for Tibetan and Buddhist Studies GmbH

ISBN 3-88280-076-3 Alle Rechte vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es nicht gestattet, das Buch oder Teile daraus fotomechanisch oder auf andere Weise zu vervielfältigen. © (IITBS) International Institute for Tibetan and Buddhist Studies GmbH, Halle (Saale)

VORWORT Nach tibetischer Tradition entstanden in Tibet vor 1300 Jahren zwei Werke zur Grammatik der tibetischen Schriftsprache, nämlich das Sum cu pa und das rTags kyi 'jugpa, deren Autorenschaft einem tibetischen Minister des berühmten Königs Srong-btsan sgam-po zugeschrieben wird. Betrachtet man von diesen beiden sehr kurzen Schriften das Sum cu pa, so fällt einem die erstaunliche Modernität auf. Das Sum cu pa beginnt mit einer Behandlung der tibetischen Schrift, wobei eine überraschende Kenntnis der phonetischen Grundlagen schon bei der Anordnung der Schriftzeichen nach Artikulationsstellen augenfällig ist. Der zweite Teil behandelt die Morphologie, wobei grob zwischen Morphemen {phrad), die in Abhängigkeit zum Auslaut der vorhergehenden Wortes stehen {rjes-'jug la ltos-pa'i phrad rnam-dbyed dang bcas-pä) und freien Morphemen {phrad rang-dbang-caii) unterschieden wird. Vorbild für die tibetischen Beschreibungen der eigenen Schriftsprache war das früh hoch entwickelte sprachwissenschaftliche Wissen der Inder, und so orientiert sich bis in die Neuzeit die einheimische tibetische Grammatik insbesondere bei der Beschreibung des Kasussystems an den in Tibet bekannten Grammatiken der Sanskrit-Sprache, wobei dieses Modell letztendlich für eine Beschreibung einer agglutinierenden Sprache wie des Schrifttibetischen schwerlich eine adäquate Grundlage bilden kann. Die ersten europäischen Lehrbücher bzw. Grammatiken des 19. und 20. Jahrhunderts (Csoma de Körös, Jäschke) bis hin zum Lehrbuch von Michael Hahn orientierten sich mehr an dem Modell der lateinischen Grammatik. Eine Änderung der Beschreibung der tibetischen Sprachen zeichnete sich erst seit den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts mit den Untersuchungen verschiedener tibetischer Dialekte ab, die unter Orientierung an den Methoden des klassischen Strukturalismus deskriptiv vorgehen. Hierzu gehört letztendlich auch die Einordnung der tibetischen Sprachen in die Gruppe der Ergativsprachen mit allen Folgen für die Beschreibung der Strukturen.

6

Vorwort

Eine erste wichtige Wende in der Beschreibung der tibetischen Schriftsprache wurde durch Stephan C. Beyer 1992 vollzogen. Diese Neuorientierung wird nun fortgesetzt durch das vorliegende Handbuch zur Grammatik der klassischen tibetischen Schriftsprache von Peter Schwieger, welches sich mit seiner außerordentlich benutzerfreundlichen Strukturierung sowohl an Studenten des klassischen Tibetischen als auch an den sprachwissenschaftlich interessierten Spezialisten wendet. Von besonderer Bedeutung ist die Tatsache, dass die zahlreichen Sprach- und Satzbeispiele mit Übersetzung aus quellenmäßig belegten klassischen Literaturwerken stammen. Damit wird für die nun mit Sicherheit einsetzende, weiterführende Diskussion der Besonderheiten der tibetischen Schriftsprache ein fundierter Maßstab gesetzt. Nachdem in der Tibetologie aus nahe liegenden Gründen bisher die inhaltliche Analyse der tibetischen Literatur im Vordergrund stand, gehe ich nun davon aus, dass mit diesem Handbuch die bisher stark vernachlässigte Diskussion und Analyse sprachlicher Besonderheiten stärker in den Vordergrund rücken wird. Dies wird umso mehr der Fall sein, als eine immer größer werdende Zahl tibetischer Literaturwerke inzwischen digitalisiert vorliegt, womit sprachwissenschaftliche Detailuntersuchungen sehr erleichtert werden. Dieter Schuh

INHALT Vorwort Inhalt

5 7

1. Einleitung

11

2. Die tibetische Schrift und ihre Transliteration

19

3. Anordnungsprinzipien der Wörterbücher 4. Silben und Wörter

33 35

5. Morphologie

37

5.1 Nomen

37

5.1.1 Derivation

37

5.1.2 Komposition

38

5.1.3 Numerus 5.1.4 Verbalnomen

41 43

5.1.5 Substantiv und Adj ektiv

43

5.1.6 Personennamen

44

5.2 Pronomen

45

5.2.1 Personalpronomen 5.2.2 Possessivpronomen

45 46

5.2.3 Demonstrativpronomen

46

5.2.4 Interrogativpronomen

48

5.2.5 Indefinitpronomen

49

5.2.6 Reflexivpronomen 5.2.7 Relativpronomen

51 51

5.3 Numerale

52

5.3.1 bestimmte Numeralia 5.3.1.1 Kardinalzahlen 5.3.1.2 Brüche

52 52 57

5.3.1.3 Kollektivzahlen

58

5.3.1.4 Ordinalzahlen

60

5.3.1.5 Datums- und Altersangaben

61

8

Inhalt 5.3.1.6 Distributivzahlen

62

5.3.1.7 Vervielfältigungszahlen

62

5.3.1.8 Wiederholungszahlen 5.3.2 unbestimmte Numeralia 5.4 Postposition

63 63 63

5.5 Graduierung

65

5.6 Verb 5.6.1 Verbklassen 5.6.1.1 Kopulaverben und Seinsverben

70 70 70

5.6.1.2 Transitivität und Kontrollierbarkeit 5.6.1.3 Modalitätsverben

74 85

5.6.1.4 Funktionsverben

88

5.6.2 Verbalkomposita und Kollokationen

89

5.6.3 Aspekt, Modus und Tempus 5.6.3.1 Stammflexion

90 90

5.6.3.2 Analytische Verbformen 5.6.4 Handlungsformen (Genus verbi) 5.6.5 Negation 5.7 Konverb 5.8 Adverb 5.9 Interjektion 5.10 Honorificum 6. Syntax

97 139 140 141 142 146 147 151

6.1 Wortstellung

151

6.2 Satzglieder

154

6.3 Topikalisierung

163

6.4 Satzarten 6.5 Komplexer Satz

165 171

6.5.1 Bildung durch Substantivphrasen

172

6.5.2 Bildung durch Verbalnomina 6.5.3 Bildung durch Konverben

174 183

Inhalt 6.5.4 Vergleichssätze 6.5.5 Direkte und indirekte Rede

189 193

6.5.6 Kleine und große Ungetüme 6.5.7 Konventionalisierter Gebrauch von Verben im

202

komplexen Satz

215

7. Anhänge 7.1 Klassifikation der Grammeme 7.2 Affixe

223 223 228

7.2.1 Präfixe

228

7.2.2 Suffixe

232

7.2.3 Suffix-Sandhi 7.2.4 Auslassung von Suffixen 7.3 Postpositionen

325 329

7.4 Abkürzungen

332

7.5 Textbeispiele 7.5.1 Märchen 7.5.2 Geschichtsschreibung

332

7.5.3 Biographie 7.5.4 Archivalische Quellen

353 360

7.5.5 Ritualvorschrift

367

7.5.6 Theoretische Schriften des Buddhismus 7.6 Die acht Fälle der einheimischen tibetischen Grammatik

373 384

7.7 Hinweise zur Aussprache 7.8 Literaturhinweise

385 392

7.8.1 Grammatiken und Lehrbücher 7.8.2 Wörterbücher und Hilfsmittel 7.9 Textquellen

322

333 343

392 393 395

11

1. EINLEITUNG Das vorliegende Handbuch behandelt die Grammatik der „klassischen tibetischen Schriftsprache". Mit diesem Begriff wird hier Bezug genommen auf die Sprache, in der etwa seit dem 11. Jahrhundert n. Chr. das tibetische Schrifttum niedergelegt wurde. Diese Sprache hat sich über einen Zeitraum von etwa tausend Jahren kaum verändert. Ihr wird nicht nur bis heute von den meisten Tibetern eine große Wertschätzung entgegengebracht, sie wird auch heute noch von klassisch gebildeten Tibetern verstanden. Texte zu traditionellen Themen werden sogar immer noch in dieser Sprache verfasst. Und selbst das moderne Schrifttibetisch orientiert sich in Orthographie und Grammatik zu großen Teilen an der klassischen Schriftsprache, obwohl die gesprochene Sprache der verschiedenen tibetischen Dialekte andere Wege eingeschlagen hat. Wenn auch die klassische Schriftsprache weitgehend homogen ist, so können dennoch je nach Zeit, Herkunft und Textsorte Lexik und grammatische Ausdrucksmittel variieren. Dabei weisen vor allem narrative Texte bisweilen eine größere Nähe zur gesprochenen Sprache auf. Auch wenn die klassische tibetische Schriftsprache in Teilen der tibetischen Gesellschaft bis heute Verwendung findet, so nimmt sie doch eine Stellung ein, die derjenigen unserer Fachsprachen ähnelt. Vor allem bedingt durch die politischen Umwälzungen hat sich seit den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts daneben ein „modernes" Schrifttibetisch entwickelt. Es ist - wenn man eine gewisse Binnendifferenzierung in Rechnung stellt - das Tibetisch der tibetischsprachigen Presse, offiziellen Verlautbarungen, Schulbücher, zeitgenössischen Literatur und Gebrauchstexte. Es weist gegenüber dem klassischen Tibetisch neben einer Vielzahl neuer Wortprägungen einen größeren Einfluss der gesprochenen Sprache im Bereich der Lexik und der grammatischen Ausdrucksmittel auf. Darüber hinaus ist das moderne Schrifttibetisch i. d. R. weniger komprimiert und semantisch weniger kontextabhängig. Diese moderne Form der tibetischen Schriftsprache ist nicht Gegenstand des vorliegenden Handbuchs.

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Einleitung

Die klassische tibetische Schriftsprache ist mithin keine Sprache alltäglicher Unterhaltung. Als Sprache der Gelehrsamkeit ist sie primär eine Buchsprache, welche allenfalls situationsgebunden von Gelehrten, i. d. R. tibetischen Geistlichen, gesprochen wird. Die Aussprache folgt weitgehend der heute gesprochenen Sprache und variiert dementsprechend in Abhängigkeit von der regionalen Herkunft des Sprechers. Hinweise zur Aussprache, die in Werken zur tibetischen Sprache gegeben werden, orientieren sich im Allgemeinen am Dialekt von Lhasa, der vor allem in Zentraltibet eine dominante Stellung unter den verschiedenen Dialekten einnimmt. Dabei ist jedoch zu beachten, dass das Lhasa-Tibetische eine Tonsprache ist, in der die Töne die Konsonantenanhäufungen des Schrifttibetischen als distinktives Merkmal ersetzen. Komplizierte Ausspracheregeln für das Schrifttibetische sind daher die Folge. Es sei angemerkt, dass keinesfalls alle tibetischen Dialekte auf Konsonantenanhäufungen als distinktives Merkmal verzichten bzw. die Entwicklung hin zu einer Tonsprache vollzogen haben. Dialekte, welche in diesem Sinne eine größere Ähnlichkeit zur klassischen tibetischen Schriftsprache aufweisen, finden sich heute an der Peripherie des tibetischen Sprachraumes. Im Unterschied zum Deutschen gehört das Tibetische zu den agglutinierenden Sprachen. Typologisch rückt es daher in die Nähe von Sprachen wie Türkisch, Mongolisch, Japanisch und Baskisch. Der Unterschied zum Deutschen betrifft sowohl den Wort-, als auch den Satzbau. Die unterschiedliche typologische Klassifikation soll allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass es durchaus auch formale Überschneidungen zwischen beiden Sprachen gibt: Agglutination ist dem Deutschen nicht völlig fremd. Die kleinsten bedeutungstragenden Einheiten einer Grammatik sind die Morpheme. Man unterscheidet freie und gebundene Morpheme. Freie Morpheme sind selbständige Wörter. Gebundene Morpheme dagegen kommen nur in Abhängigkeit von freien Morphemen vor.

Einleitung

13

Im Deutschen setzt sieh z. B. das Wort Kindergarten aus zwei freien und einem gebundenen Morphem zusammen: Kind und garten sind freie Morpheme; -er ist dagegen ein gebundenes Morphem zur Kennzeichnung des Plurals. Das Beispiel zeigt auch, dass Morpheme im Deutschen nicht dasselbe sind wie Silben; Wörter wie Garten, heute, Gabel usw. bestehen aus jeweils zwei Silben, sind jedoch jeweils nur ein Morphem, weil sie sich nicht in kleinere bedeutungstragende Einheiten zerlegen lassen. Außerdem gibt es im Deutschen Wörter, in denen die Morphemgrenzen nicht mit den Silbengrenzen übereinstimmen. Das Pluralwort Lasten besteht aus dem freien Morphem Last und dem gebundenen Pluralmorphem en. Trennt man dagegen die Silben, so erhält man die beiden Silben Las und ten. Ebenso z. B. das Wort reiner, Komparativ von rein: Es enthält die beiden Silben rei und ner, die Morpheme sind jedoch das freie Morphem rein und das gebundene Morphem -er. Dies ist jedoch im Tibetischen anders. Im Tibetischen bestehen die freien Morpheme immer aus einer einzigen Silbe. Diese Silbe fungiert dann als Stamm, von dem entweder weitere Wörter abgeleitet werden können oder an den Morpheme zur Kennzeichnung morphologischer (Genus, Numerus etc.) und syntaktischer Funktionen (Subjekt, Objekt etc.) angebunden werden können. Freie Morpheme haben im Tibetischen immer eine lexikalische Bedeutung. Im Tibetischen gibt es im Gegensatz zum Deutschen (das, ein, zu) keine freien grammatischen Morpheme. Grammatische Morpheme sind im Tibetischen immer gebundene Morpheme, d. h. sie benötigen stets ein freies Morphem als Basis, wobei das freie Morphem durchaus bereits um ein gebundenes Morphem erweitert sein kann. Die gebundenen Morpheme kann man als Affixe charakterisieren. Affix ist eine Sammelbezeichnung für alle einem Stamm entweder vorangestellten, ihm nachgestellten oder aber ihm eingefügten Morpheme, m. a. W. für Präfixe, Suffixe und Infixe. Im Tibetischen haben wir es mit ganz wenigen Ausnahmen mit Suffixen zu tun. Im Tibetischen bestehen die gebundenen Morpheme zumeist aus einer Silbeneinheit. Es gibt jedoch im klassischen Tibetisch auch gebundene Morpheme, die lediglich aus einem einzigen Konsonanten bestehen {nga-s, kho-§, nga-r,

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Einleitung

kho-i). Außerdem gibt es im Tibetischen die Möglichkeit einer grammatischen Bestimmung, die überhaupt nicht morphologisch gekennzeichnet ist. In diesem Fall sprechen wir dann aus systematischen Gründen von einem Nullmorphem oder Nullsuffix. Die Suffixe des klassischen Tibetisch haben klar erkennbare Formen und grenzen sich deutlich von ihrer jeweiligen Ableitungsbasis ab. Einige von ihnen haben jeweils nur eine einzige grammatische Bedeutung, andere dagegen können verschiedene grammatische Funktionen erfüllen. Manche dieser grammatische Funktionen erfüllenden Suffixe verraten noch ihre Herkunft von freien lexikalischen Morphemen. Einige dieser Suffixe existieren sogar weiterhin parallel als lexikalische Morpheme. Sie sind jedoch dann in ihrer Bedeutung von ihren grammatikalisierten Funktionen zu unterscheiden. Das Verfahren des Anbindens von Affixen an eine Ableitungsbasis nennt man Agglutination. Agglutination kommt vom Lateinischen agglutinare, was so viel heißt wie „aneinanderkleben, aneinanderleimen". Das Verfahren des „Anleimens" kennt auch das Deutsche, z. B. bei Wortbildungen wie „ver-ein-heitlich-en". Die Ableitungsbasis, der semantische Kern, ist das Zahlwort ein bzw. eins. Mit Hilfe des Suffixes heit oder keit bilden wir daraus ein Substantiv aus der Klasse der Abstrakta. Durch Anfügen des Suffixes lieh erhält man ein Adjektiv. Durch Anfügen des Präfixes ver sowie des Suffixes en wird dann schließlich aus diesem Adjektiv ein Vorgangsverb gebildet. Manche Ableitungen (Derivationen) können wir im Deutschen fast analog zum Tibetischen vornehmen. Analysieren wir z. B. das Wort ma rig pa. Die Basis des Wortes ist das Verb rig „wissen" dem zur Verneinung das Präfix ma angefügt wird: ma rig. Das Suffix, das aus dem Verb ein Nomen macht, sei es nun ein Substantiv oder ein Adjektiv, ist pa: ma rig pa „Nicht-Wissen, Unwissenheit" bzw. „unwissend". Ähnlich ist es im Deutschen: Die Wurzel ist „wissen". Die Silbe -heitodQv keit dient hier der Nominalisierung und konnotiert darüber hinaus, dass wir es mit einem Abstraktum zu tun haben: „Wissenheit" - das Wort gibt es leider

Einleitung

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nicht, aber in Verbindung mit der Negation ausdrückenden Silbe Un- kennen wir das Wort durchaus: Un-wissen-heit Sprachen, die sich bei morphologischen und syntaktischen Operationen überwiegend dieses Verfahrens bedienen, nennt man agglutinierende Sprachen. Zu diesem Sprachtyp zählt man auch das Tibetische. Texte der klassischen tibetischen Schriftsprache zu verstehen und zu übersetzen, fällt Angehörigen unserer Sprachgemeinschaft zumeist nicht leicht. Vier Gründe lassen sich hierfür anführen. Da ist zunächst die immer noch lückenhafte Erschließung des Wortschatzes, ganz zu schweigen von einer erschöpfenden Dokumentation des Gebrauchs der Wörter in der Sprache. Erschwerend kommen die in einigen Textsorten häufig anzutreffenden orthographischen Abweichungen von der Norm der Wörterbücher hinzu. Bemerkenswert ist ferner der weitgehende Verzicht auf Redundanz des Tibetischen und der damit verbundene Hang zur Ellipse, dem oft ganze Satzglieder zum Opfer fallen. Solche Ellipsen verlangen vom Leser ein hohes Maß an Aufmerksamkeit für die sprachliche Verflechtung über die Satzgrenzen hinweg. Weitaus mehr als im Deutschen üblich gibt in der klassischen tibetischen Schriftsprache der einzelne Satz seine Information vielfach nur vor dem kontextuellen Hintergrund preis. Im Gegensatz zu der sprachlichen Verflechtung geht die thematisch-inhaltliche häufig weit über die Grenzen des Textes hinaus und verweist auf einen Diskurs, der uns nur bruchstückhaft bekannt ist. Es handelt sich dabei in der Regel um einen Diskurs, der auf einen Kreis von Experten beschränkt war. Viele der in solche Diskurse einzuordnenden Texte wurden lediglich als Gedächtnisstützen oder Grundlagen für mündliche Unterweisungen verfasst oder nehmen Bezug auf andere Texte. Zu nennen sind schließlich die für die klassische tibetische Schriftsprache charakteristischen Satzungetüme oder Bandwurmsätze. Verantwortlich hierfür ist zum einen die in unseren Augen weitgehende Überladung der Sätze mit

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Einleitung

nominalen Wortgruppen, welche in der wörtlichen Übersetzung lange Partizipialkonstruktionen oder Ketten von Attributsätzen zur Folge haben, die oft nur schwer zu bändigen sind. Zum anderen bedienen sich die Autoren ausgiebig des reichhaltigen grammatischen Inventars, um vollständige Sätze auf unterschiedliche Weise in einen Trägersatz zu integrieren. Häufig wird dann der Trägersatz seinerseits wiederum als Teilsatz in einen übergeordneten Trägersatz eingebettet. Dabei können Subjekt und Prädikat des übergeordneten Satzes sehr weit auseinander rücken - ein Umstand, der uns im Allgemeinen großes Unbehagen bereitet, fühlen wir uns im Deutschen doch erst dann wohl, wenn wir im Hauptsatz Subjekt und Prädikat nahe beieinander wissen. Auf diese Weise ergibt sich eine Hierarchie der Teilsätze, deren Komplexität nicht immer leicht zu durchschauen ist. Die Suche nach dem jeweils zum Subjekt gehörenden Prädikat ist daher eine der Hauptbeschäftigungen beim Übersetzen tibetischer Texte. Schmerzlich vermisst man dann das Fehlen einer eindeutigen Zeichensetzung. Das hier vorgelegte Handbuch wendet v. a. zwei neue Konzepte auf die Grammatik der klassischen tibetischen Schriftsprache an: das Konzept der Konverben und das der kontrollierbaren Verben. Das Erste ist aus der Mandschuristik und der Mongolistik bekannt. Auf die Unterscheidung von kontrollierbaren (control verbs) und nicht-kontrollierbaren Verben (non-control verbs) als der primären Klassifikationsebene der Verben im Tibetischen hat mich Prof. Roland Bielmeier bereits vor längerer Zeit aufmerksam gemacht und Dr. Felix Haller hat Kontrollierbarkeit beispielsweise in seiner Grammatik des ShigatseDialektes {Dialekt und Erzählungen von Shigatse, Bonn 2000) als das entscheidende Kriterium für das Vorliegen des Ergativs benannt, dem gegenüber der Unterschied von Transitivität und Intransitivität zurücktritt. In vorliegendem Handbuch kann nun mit Hilfe beider Kriterien, Kontrollierbarkeit und Transitivität, zum ersten Mal klar und verständlich aufgezeigt werden, wann in der klassischen tibetischen Schriftsprache das Subjekt im Ergativ steht und durch das entsprechende Suffix markiert wird.

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Dieses Buch ist keine pädagogische Grammatik. Der Verzicht auf die Progression eines Lehrwerkes erlaubte es, die Grammatik an Hand authentischer Beispiele aus der tibetischen Literatur zu erläutern. Das Buch soll in erster Linie ein leicht nutzbares, praktisches Hilfsmittel bei der Arbeit mit Texten der klassischen tibetischen Schriftsprache sein. Es wurde daher als Nachschlagwerk konzipiert, in dem die grammatischen Muster der klassischen tibetischen Schriftsprache kurz, aber dennoch umfassend beschrieben werden. Um die Benutzerfreundlichkeit zu erhöhen, wurden die grammatischen Informationen nicht kodiert. Der Ansatz ist ein offener und deskriptiver. Das heißt: Es soll das beschrieben werden, was in unterschiedlichen Texten der klassischen tibetischen Schriftsprache vorgefunden wurde, und nicht das, was von einem Kreis buddhistischer Gelehrter in bestimmten Textsorten zur Norm erhoben wurde. Ein Anspruch auf Vollständigkeit kann dabei nicht gestellt werden. Jeder, der mit tibetischen Texten arbeitet, weiß, dass man bei der Lektüre tibetischer Texte immer wieder auch auf neue grammatische Phänomene stößt. Es wurde besonderer Wert darauf gelegt, die morphologischen und syntaktischen Charakteristika des Tibetischen als einer agglutinierenden Sprache aufzuzeigen. Die Suffixe - und nicht als Wortart zu klassifizierende Partikeln sind das hervorstechende Mittel sowohl bei der Wortbildung als auch bei der Kennzeichnung syntaktischer Funktionen. Ein großer Teil der Suffixe kann jeweils mehrere Funktionen übernehmen. Um einen schnellen Zugriff auf ihre jeweilige Funktionsbeschreibung zu ermöglichen, wurden im Anhang die Suffixe und ihre Funktionen unabhängig von jeder Systematik lediglich entsprechend der Anordnung der tibetischen Grundbuchstaben aufgelistet und an Hand weniger Beispiele illustriert. Querverweise erleichtern das Auffinden weiterführender Erläuterungen im systematischen Teil. Die Suffixliste lässt sich daher auch als Referenzliste bzw. als kurz gefasstes Repetitorium bei der Lektüre tibetischer Texte zur Hand nehmen. Eine im Anhang angefügte Übersicht gibt im Zweifelsfall rasch Auskunft über die Klassifikation der Grammeme des Tibetischen.

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2. DIE TIBETISCHE TRANSLITERATION

SCHRIFT

UND

IHRE

Die tibetische Schrift ist rechtsläufig. Sie gehört zu den phonographischen Schriften, d. h. sie orientiert sich an der Lautstruktur der Sprache. Bei dieser Sprache handelt es sich nicht um das heute gesprochene Tibetisch. Die Schriftzeichen des Tibetischen nennen wir trotz einer silbischen Schreibweise Buchstaben; wir bezeichnen sie nicht als so genannte Syllabogramme. Die tibetische Schrift gehört mithin zu den alphabetischen Schriftsystemen. In einer alphabetischen Schrift oder Buchstabenschrift ist idealer Weise jedem gesprochenen Laut ein Schriftzeichen, ein Graphem, zugeordnet. In einer Silbenschrift repräsentieren die Schriftzeichen dagegen gesprochene Silben, i. a. eine Konsonant-Vokal-Verbindung. Die Schrift orientiert sich also an der Silbe und nicht am einzelnen Laut. Dabei wird dann jeder einzelnen Konsonant-VokalVerbindung je ein eigenes Graphem zugeordnet. So werden beispielsweise jeweils die Lautverbindungen ka, ke, ko, ku durch ein eigenes Schriftzeichen im Syllabar, dem Inventar der Schriftzeichen, voneinander unterschieden. Bekanntestes Beispiel für eine Silbenschrift ist die japanische Katakana-Schrift. Die tibetische Schrift hat nur deshalb einen gewissen silbischen Charakter, weil der häufigste Vokal der Sprache, das a, in den meisten Fällen nicht geschrieben wird, sondern im Konsonantenzeichen impliziert ist. Die übrigen KonsonantVokal-Verbindungen werden im Unterschied zu einer Silbenschrift im Inventar nicht durch ein eigenes Schriftzeichen, sondern durch Kombination des Konsonantenzeichens mit einem zusätzlichen Vokalzeichen repräsentiert. Ein weiteres Indiz dafür, dass wir es nicht mit einer Silbenschrift zu tun haben, findet sich in der Verschriftung der Konsonantencluster, d. h. der Anhäufung von Konsonanten im Silbenanlaut und im Silbenauslaut. Hier folgen Konsonanten unmittelbar, d. h. ohne Vokal, aufeinander, und entsprechend repräsentieren hier die Schriftzeichen nichts weiter als die Konsonanten selbst und nicht etwa Silben wie ka, ta, pa etc.

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Die tibetische Schrift und ihre Transliteration

Die tibetische Schrift gehört zum indischen Schriftenkreis, d. h. zu den Schriften, die sich sukzessive aus der frühen indischen Brahmi-Schrift entwickelt haben. Das Inventar der tibetischen Schrift umfasst dreißig Grundbuchstaben und vier Vokalzeichen. Zu den dreißig Grundbuchstaben gehören nicht nur Grapheme, die Konsonanten wiedergeben, sondern auch solche, die Halbvokale und Vokale repräsentieren. Die Notwendigkeit für solche Grapheme ergibt sich daraus, dass es im Tibetischen auch Silben gibt, die mit einem Halbvokal oder einem Vokal anlauten. Bedingt durch unterschiedliche Zwecke wurden in Tibet verschiedene Schriftarten entwickelt, die alle der Verschriftung ein und desselben Inventars aus dreißig Grund- und vier Vokalzeichen dienen. Die gebräuchlichste Schriftart ist die so genannte dBu-can-Schrift, „diejenige mit Kopf. Sie ist die Schriftart, in der die traditionellen tibetischen Blockdrucke niedergelegt wurden. Bei der Schreibung der Grundbuchstaben des tibetischen Alphabets gibt es verschiedene Konventionen zur Strichfolge. In der Regel schreibt man die einzelnen Striche der Grundbuchstaben jedoch von oben nach unten und von links nach rechts. In der wissenschaftlichen Literatur werden zur Edition tibetischer Texte unterschiedliche Transliterationssysteme verwendet. Das vorliegende Handbuch folgt dem 1959 von Turrell V. Wylie vorgestellten System.1 Im Gegensatz etwa zum lateinischen Alphabet folgt die traditionelle Anordnung des tibetischen Alphabets - in Anlehnung an indische Alphabete - weitgehend einem gewissen Ordnungsschema. Die Anordnung der Grundbuchstaben orientiert sich am Artikulationsort des jeweiligen Lautes, der durch den Grundbuchstaben repräsentiert wird. Die ersten fünf Reihen des tibetischen Alphabets fassen jeweils die Verschlusslaute einschließlich der Klassennasale sowie die 1

Turrell V. Wylie, "A Standard System of Tibetan transcription". Harvard Journal of Asiatic

Studies 22 (1959), S. 261-267.

Die tibetische Schrift und ihre Transliteration

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Anreibelaute, die Affrikaten, zusammen, die den Artikulationsort gemeinsam haben. Aus der Reihe fällt lediglich wa, der letzte Grundbuchstabe in der 5. Reihe: ^H ka

p3 kha *T| ga

5 ca

S cha EL ja

fi ta

9 tha

£J pa

SJ pha ^ ba

3 tsa

36 tsha £ dza 2J wa

^ da

^ nga (velare Verschlusslaute + Klassennasal)

^ nya (alveolarpalatale Affrikaten + Klassennasal)

^ na

(dentale Verschlusslaute + Klassennasal)

&J ma (bilabiale Verschlusslaute + Klassennasal)

(dentale Affrikaten + bilabialer Halbvokal)

Die linke Säule fasst die unaspirierten Verschlusslaute bzw. Affrikaten zusammen. Es folgt die Säule mit den aspirierten Entsprechungen, anschließend die Säule mit den stimmhaften Entsprechungen und zuletzt - mit Ausnahme der fünften Reihe - die Säule mit den Klassennasalen. Was die dritte Säule angeht, so ist die Aussprache dieser Grundbuchstaben - so wie sie heute in den zentraltibetischen Dialekten üblich ist - komplizierter, als es das Ordnungsschema des Buchstabeninventars vermuten lässt. Vereinfacht kann man sagen, dass die Grundbuchstaben der dritten Säule heute in der Aussprache denen der zweiten Säule entsprechen mit dem Unterschied, dass der Vokal tieftonig ausgesprochen wird. Stimmhaft werden diese Grundbuchstaben erst dann realisiert, wenn sie entweder als Basisbuchstaben mit anderen Grundbuchstaben zu einer Konsonantengruppe verbunden werden oder im Anlaut der zweiten Silbe eines Wortes stehen.

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Die tibetische Schrift und ihre Transliteration

Den ersten fünf Reihen folgen drei weitere Reihen, in denen die Anordnung der Grundbuchstaben weitaus weniger einem rationalen Ordnungsschema entspricht. Diese drei Reihen enthalten die Grundbuchstaben für die übrigen Halbvokale, für diejenigen Vokale, die als Grundbuchstaben niedergeschrieben werden können, und für die Zischlaute, die Sibilanten:

(^ zha

3 za

^ 'a

fy&W „Sonnenscheibe"

Bei der überwiegenden Mehrzahl der Komposita steht das Grundwort im zweiten Glied und wird vom ersten Glied näher bestimmt (Determinativkompositum): 'P^' „Götter-Haus" => „Tempel" " „Feuer-Pfeil" => „Gewehr" 'aw^ „Stern-Pfeil" => „Sternschnuppe, Komet"

5.1 Nomen

39

S^W]' „Feuer-Tiger" =3 „Funke" ^"^1" „Feuer-Spitze" => „Blume" ^ ' ^ 1 ' „Baum-Spitze" => „Frucht" £ F ^ ' „Norden-Ebene" => „nördliche Ebene"

*Sfc' „hoch" +

^ ' „Abteilung, Bereich" =>

^S ^ ^ | ^ ^ ' „die weiße Seite",

d. i. l) die tugendhafte Seite, 2) die erste Monatshälfte Seltener finden sich Zusammensetzungen aus zwei semantisch gleichberechtigten Wörtern (Kopulativkompositum); 3' „Vater" 4- «" „Mutter" => «T*T „Eltern" ?"»" „Sonne" + jp* „Mond" => ^ ' f "Sonne und Mond" ^ ' „sich ausbreiten" + § ^ ' „ausgedehnt/ entfaltet sein" „entfaltet, verbreitet" In nur wenigen Zusammensetzungen steht das Grundwort im ersten Glied und wird durch das zweite Glied näher bestimmt. Hierbei handelt es sich jedoch durchweg um Kurzwörter: ^sjC'tr „Sinnesorgan" +

J ^ ' „scharf => ^^ ^ V „scharfe Sinnes-

organe" (SBM)

|«rg; „Person" + wpJ ' „groß" :

„große Person/ Persönlichkeit"

Für häufig verwendete mehrsilbige Wörter sowie feste nominale Wortverbindungen bzw. nominalisierte Verbalphrasen sind Verkürzungen gebräuchlich. Solche Kurzwörter sind zu unterscheiden von Abkürzungen (vgl. 7.4).

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Morphologie

Viersilbige Wörter, i. d. R. Eigennamen oder Übersetzungen von Sanskrittermini, werden durch Fortlassen der zweiten und vierten Silbe verkürzt: i" „Mahayana" "3B^' „Mahä ati" ^' „Bodhisattva"

Längere Phrasen werden verkürzt, indem jeweils die zweite Silbe der einzelnen Wörter sowie die Suffixe fortgelassen werden. Gelegentlich können in einer solchen Phrase auch ganze Lexeme wegfallen. | ' ^ | j ^ 2 f => l'g^' „Herrscher und Minister" ^ • q g ^ I ^ ^ q ] q ^ ^ » - => ^ g ^ q - q ^ r „die drei (Klöster) Sera, Drepung und Ganden" q' _> ^ g o r „bedingtes Entstehen" ^

„Das Sich-in-den-Schutz-Begeben" => ^^'^'

„Zuflucht-

nahme" ' „das, was vorangeht" => fj^3f „Vorbereitungen" ^ - q ' „das (etwas) falsch Ansehen" =^> ^ ^

„falsche Ansicht"

P* „gebeugt Gehen" => ^f^sf „Gebeugtgeher" => „Tier" ^ ÜJ-^OJ* „Befreiung durch Hören" !

„der Ort, aus dem sich etwas ergibt" => ^ | ^ ^ ' „Quelle,

Ursprung" ( ^ » ^ ^ » ^ • ^ • ^ • ^ • ^ • ' Ä i q | ^ a j « l |

«!W§?r^^3j'«j-

^ ' ^ | „Die Quelle des Nutzens und des Glücks aller Lebewesen ist die Lehre des Buddha", MTP 84f) q^q|-q^q|*r „abgesperrter/ verbotener Wald" => ^ ^ q | ^ l ' „Waldschutzgebiet" (Wald, in dem das Schlagen von Holz verboten ist) (GRMa 18r,7)

5.1 Nomen

41

Einige wenige zweisilbige Wörter werden bei der Bildung von Kurzwörtern auch zu einer anderslautenden Silbe zusammengezogen. * ^ ' § ^ ^ % „Ritualvorschrift, Ritual zur Darreichung von Opferkuchen" => ^ V a % „Opferkuchenritual" S ^ ' 5 ' „Geschriebenes-Teil" => $**]'&' „Schriftstück" > V W „Tigerjunges"

5.1.3 NUMERUS Der Plural wird durch Anfügung folgender Suffixe gebildet: 5^", ^3]'? S^\

*'.

Die Suffixe werden jeweils an ein Nomen oder an das Ende einer Nominalphrase gefügt. äjSW' bezeichnet primär eine Vielzahl zählbarer Einheiten. W]' wird nur Personalpronomina angefügt, & darüber hinaus auch Bezeichnungen für Lebewesen. " d i e Lebewesen, die in jenem (Weltensystem) geboren werden" (SBRG 3r) ^ § ^ ' ^ ^ ' ^ 1 ' » D i e a c h t Gebirge und die sieben Ozeane" (SBRG 4r) Q*\q\'*n\ „wir" (MBc 149, 421) ^•ä£\jene" (SBM) Rechts von einem Pluralsuffix können als Teil der Nominalphrase allenfalls noch Indefinitpronomina zur Bezeichnung einer unbestimmten Mehrzahl platziert werden. «^ „alle jene Erscheinungen" (SBM) P ' „alle Mantras" (SBM)

42

Morphologie

Eine Aufzählung unterschiedlicher Entitäten, von denen jeweils nur eine vorhanden ist, kann am Ende durch ein Pluralsuffix abgeschlossen werden.

£' ... „Als (er) zum König ernannt worden war, wurde (er) als Pu-de-gung-rgyal bekannt. (Er) errichtete das Schloss 'Phying-nga rTag-rtse. Als Minister fungierte (sein) jüngerer Bruder Ru-la-skyes. Zur Zeit dieses Königs und dieses Ministers ..." (Die Übersetzung lautet also hier nicht: „zur Zeit dieser Könige und Minister") (DDG 15vf) ^$r

mmm

„indem ich dir die autorisierte Verfügung zu

(deiner) besonderen Preisung, das Siegel und den Titel Panchen Erdeni verleihe, ..." (Zum Kontext s. 7.5.4.) Begriffe, die bereits eine Mehrzahl bezeichnen, werden zuweilen zusätzlich mit einem Pluralsuffix versehen. - „Änanda und das zahlreiche Gefolge" (MBc 59) ^ ^ ^ ] ' i5Das Gefolge der königlichen Gemahlinnen" (das aus königlichen Gemahlinnen bestehende Gefolge), aber auch: „das Gefolge der Königin" (SBM) Jäschke zufolge wird der Begriff ^ [ ^ ' jedoch auch im Sinne von „Diener, Begleiter" gebraucht und kann dann auch Einzelpersonen bezeichnen: ^pW^S!]" „ein Begleiter". Weist bereits der Kontext auf eine pluralische Bedeutung hin, kann die Markierung durch ein entsprechendes Suffix entfallen.

5.1 Nomen

43

Zur Anwendung der Pluralsuffixe vgl. auch die entsprechenden Einträge unter 7.2.2.

5.1.4 VERBALNOMEN Als produktive deverbale Nominalsuffixe fiungieren 3J[^', ^ ' , 5T, £ , *J'/ Q\ ^ ' , ^ ' und *T Das Suffix ^# (Allomorph ^*) ist das am häufigsten verwendete deverbale Nominalsuffix (vgl. 5.1.1). Zur spezifischen Bedeutung der Nominalsuffixe siehe die jeweilige Erläuterung unter 7.2.2.

5.1.5 SUBSTANTIV UND ADJEKTIV Ein Nomen fungiert dann als Adjektiv, wenn es ein Substantiv näher charakterisiert. Als Adjektiv wird es entweder seinem Bezugs wort attributiv zugeordnet oder es steht prädikativ vor dem Kopulaverb. Es gibt im Tibetischen nur wenige Nomina, die ausschließlich als Adjektiv und nicht als Substantiv fungieren können. Da es sich bei vielen Adjektiven um deverbale Ableitungen handelt, können sie durch ein vorangestelltes Adverb gesteigert werden (vgl. auch Abschnitt 6.1). ^

»sehr weiß" (dfo?/\,weiß sein")

Es sei jedoch angemerkt, dass tibetische Autoren in Ausnahmefällen mit Hilfe von Adverbien auch Neologismen als Termini technici geprägt haben, die nicht auf einer deverbalen Ableitung basieren. ^

„äußerst weiblicher (Buchstabe)" (RKJP) „Eisenhut" („äußerstes Gift")

44

Morphologie

5.1.6 PERSONENNAMEN Tibeter tragen i. d. R. keine Familiennamen. Nach der Geburt erhalten sie von den Eltern einen Namen. Die einfachste Möglichkeit besteht darin, das Kind nach dem Wochentag oder Kalendertag zu benennen, an dem es geboren wurde: VfW „Sonntag", g'^" „Montag", ä & ' ^ ' „Vierter Kalendertag". Dieser Name wird dann i. d. R. mit einem weiteren Namen kombiniert. Häufig bitten die Eltern einen von ihnen geschätzten Geistlichen, einen Namen für das Kind auszuwählen. Die Namen sind entweder besonders verheißungsvoll „Glück", ^ " ^ ' „langes Leben") oder nehmen Bezug auf die Religion „Anhänger der Lehre", e&^'^W „Ausbreitung des Dharma"). Zumeist besteht ein Personenname aus der Verbindung zweier oder mehrerer solcher Namen. Aus verschiedenen Gründen können Tibeter ihre Namen im Laufe des Lebens ändern, etwa bei der Ordination oder auf Anraten eines Geistlichen bei schwerer Krankheit. Personennamen bestehen zumeist aus einer geraden Anzahl von Silben, seltener aus einer ungeraden. Üblich sind Verkürzungen von vier auf zwei Silben: _> c ^ q ^ ' „Wortgewaltiger" > 3^'fjRJ' „vollkommen Siegreicher" Die Personennamen können durch vorangestellte

Herkunftsbezeichnungen

(Pho-lha-nas bSod-nams-stobs-rgyal), Klannamen (gNubs Sangs-rgyas-yeshes), Namen von Adelshäusern (lHa-klu Tshe-dbang-rdo-rje), Titel {sde-srid Sangs-rgyas-rgya-mtsho) und Epitheta {thams-cad mkhyen-pa „Allwissender", thams-cad mkhyen-pa rDo-rje-gzi-brjid-rtsal) erweitert werden. Es gibt Namen, die nur weiblichen Personen gegeben werden (tj^'^' „Tärä", *QW „Göttin"), solche, die nur männliche Personen erhalten (AE^'&J^' „Furchtloser", ^ ' ^ ' „Edelstein"), und solche, die für beide verwendet werden können (äfcA* „langes Leben", Jjj^^a^ „gutes Geschick").

5.2 Pronomen

45

5.2 PRONOMEN 5.2.1 PERSONALPRONOMEN

Personalpronomina der 1. Person sind: ^', ^ ' , ^*T, ^ f (elegante Form), p'^' (Maskulinum), f**'5' (Femininum), 9^ (bescheidene Form), ^ W (bescheidene Form), Personalpronomina der 2. Person sind: \§F\\ ßF\ (Honorativ), ^ ' (elegante Form, Verkürzung für ^ ' ^ ' ) . Personalpronomina der 3. Person sind: p' (Maskulinum), f*K" (Honorativ, Maskulinum & Femininum), ^' (Femininum). Den Personalpronomina kann das Pronomen x^\ "selbst", beigefügt werden: ^' ^ ' „ich selbst", ^ ^

„du selbst", ft*K „er selbst".

In gleicher Bedeutung wie die Beifügung ^

kann den Personalpronomina

auch das Suffix ^ ' angefügt werden: ^ T "^^ selbst". Gelegentlich kommt das Pronomen ^^' auch stellvertretend für alle drei Personalpronomina vor. Es stellt dann eine Verkürzung von ^ ' ^ ' („ich selbst"), (|^" ^ ' („du selbst") oder (fe&V tf*K („er/ sie selbst") dar. Für ^ ' ^ ' wird in gleicher Bedeutung auch *^'9T verwendet. Die Pluralformen werden durch Anfügen der Suffixe &*\\ & oder S^^' gebildet, seltener mit Hilfe von ^ ' . Für die 1. Person sind darüber hinaus im Plural statt

46

Morphologie • auch $Wf sowie die Formen ^ | p , ^ f T ^ T , ^ | f T 3 % *KW\ und belegt.

Für Personalpronomina, die um die Apposition ^

erweitert wurden, wird i. d.

R. das Pluralsuffix ^' verwendet: pT*A"^* „sie selbst".

5.2.2 POSSESSIVPRONOMEN Die Possessivpronomina werden aus den Personalpronomina durch Anfiigung des Genitivsuffixes 5J-* und seiner Allomorphe abgeleitet: ^*, ^*J|"^|' etc.

5.2.3 DEMONSTRATIVPRONOMEN Als Demonstrativpronomina fungieren ^ ' „diese(r, s)" und ^* „jene(r, s)". Da das Tibetische keinen bestimmten Artikel kennt, übernimmt das Demonstrativpronomen in Verbindung mit einem Substantiv bisweilen auch die Funktion, etwas als bereits bekannt hervorzuheben. In solchen Fällen genügt dann im Deutschen die Wiedergabe mittels des bestimmten Artikels. Zur Verstärkung der hinweisenden Bedeutung können den Demonstrativpronomina die Suffixe 1\'/ % ^f und f ^* angefügt werden. Werden Demonstrativpronomina mit einem bestimmten oder einem unbestimmten Numerale verbunden, so steht das Numerale hinter dem Demonstrativpronomen. Zwischen Demonstrativpronomen und unbestimmtem Numerale kann ein Pluralsuffix eingefügt werden. „diese beiden" ' „alle jene Menschen"

5.2 Pronomen

47

„alle jene Lebewesen"

Demonstrativpronomina werden i. d. R. ihrem Bezugswort nachgestellt. Lediglich bei Zeitangaben werden sie ihrem Bezugswort - mit oder ohne Genitivsuffix - vorangestellt. „zu jener Zeit" * „bei dieser Gelegenheit" i'^' „an diesem Tag" (RBKB 56) I. d. R. werden rechts vom Bezugswort stehende Attribute zwischen Bezugswort und Demonstrativpronomen platziert. " jener schwarze Stüpa" (RS 20) ^ „( Er )

gab

j e n e n Hunden, die sich über

die Knochen uneins waren, jeweils einen Knochen." (RS 20) Im letzten Beispiel wurde ein vollständiger Satz (lH'^J^W&T^&T) durch Nominalisierung des Prädikats in einen Trägersatz eingebettet. Das Subjekt des eingebetteten Satzes fungiert jetzt als ein indirektes Objekt, das um einen Attributsatz erweitert ist. Ein Pluralsuffix ist aufgrund der Eindeutigkeit des Kontextes nicht erforderlich. Das Demonstrativpronomen nimmt seinen Platz am rechten Rand der so gebildeten Nominalphrase ein. Dies ist jedoch nicht immer der Fall. r „Jene Tür passte bis auf einen Pferdezahn (Breite)." - q ^ W J ^ „(Sie) schloss jene Tür, die bis auf einen Pferdezahn (Breite) passte. " (RS 9)

48

Morphologie

5.2.4 INTERROGATIVPRONOMEN Die Interrogativpronomina des Tibetischen sind: ^

„wer?, was?, welche(r,

s)?", $* „was?, welche(r, s)?, wie?, warum?", £* (Nebenform zu ^*), ^" „wer?". Weitere Fragewörter werden entweder durch die Verbindung mit Postpositionen **%*, *$F,

W

8 ! T . * q ' s T „warum?, weshalb?"

oder durch Anfügung von Suffixen ^ ^

^

"F^ ^

T^ ^

*F -wo?, wohin?"

„wie könnte?, wie kann?" (^* a J^* „wie könnte es sein?")

q^spr „woher?" %'&T „wie viel?"

%'^\ m$ft „wie?" oder durch Zusammensetzungen aus einem Fragewort und einem Adjektiv gebildet. l

h

t

„wie?, was &r ein?"

%\° wird bei diesen Bildungen als Variante von ^ * gebraucht. Das Fragewort ^ ^*, das im modernen Tibetisch die Bedeutung „was?" besitzt, kommt gelegentlich in älteren Texten des klassischen Tibetisch in der Bedeutung „wo ist?" vor.

„'Wo ist dein Mönchslehrer? Wohin sind die Schüler gegangen? Wo sind die Freunde und Vinaya-Gefährten?', so fragten (sie) im Einzelnen." (BS, vgl. Ja, TM)

5.2 Pronomen

49

Unbestimmte Fragewörter („wer alles?, wo überall?, was alles?, was für?") werden durch Wiederholung des Fragewortes gebildet. ^ „Was kennst du alles für religiöse Lehren?" (DTS 305)

5.2.5 INDEFINITPRONOMEN Die Interrogativpronomina ^ * , ® und ^* können als Indefinitpronomina fungieren. I. d. R. aber werden Indefinitpronomina entweder durch Anfügung des Indefinitsuffixes 33|* bzw. seines Allomorphs @^' an die Interrogativpronomina gebildet "@F\ „irgendein(e, er, es)/ irgendwas" 5'^Jj* „irgendwas" 5J'^ZJ]' „irgendwer"

oder durch Anfügung des Suffixes 5F* bzw. seine Allomorphe ^ ' oder auch immer, was auch immer" /? ^ " „was auch immer" ' „wer auch immer" Suffixe, die die semantische Rolle des Nomens kennzeichnen, treten zwischen Interrogativpronomen und 2F*.

50

Morphologie

In älteren Texten begegnet statt * J | ^ ^ #

auch

zij*;ujc;? möglicherweise verkürzt

für *R In Verbindung mit einer Negation haben die o. g. Indefinitpronomina Bedeutungen wie „überhaupt nichts", „nirgendwo", „überhaupt niemand, gar keiner" u. ä. - „Es ist überhaupt niemand da." (KR 73)

Als Indefinitpronomina fungieren ebenfalls folgende Phrasen: q-) „irgendein^/ er/ es), irgendwelche^/ s), beliebige(r/ s), jede(r/ s)" qjc;uj^ nianchmal auch verkürzt zu ^ " , "(alles) das, was vorhanden ist/ was es gibt; allerlei, alle(s, r) erdenkliche" Die wichtigsten Indefinitpronomina, die eine unbestimmte Menge bezeichnen (unbestimmte Numeralia), sind: ' ^ ' , »'GJ«W, aS^'»" „alle, sämtliche" VTpv^«M'? p'W|\ oj'or „einige, ein paar, manche" ^ ' 5,"^'» ^^^, „viele, zahlreiche" i"^' „zahllose" ", ^

„jeder, jeder einzelne"

'^' „einzelne" Im Unterschied zu den Suffixen sind Indefinitpronomina vollständige Wörter, die nicht nur Substantive begleiten, sondern auch vertreten können.

5.2 Pronomen

51

Im Prinzip macht die Verwendung eines solchen Indefinitpronomens die Erweiterung eines vorangestellten Nomens durch ein Pluralsuffix überflüssig. Nichtsdestotrotz findet man gelegentlich auch eine Kombination von Pluralsuffix und Indefinitpronomen, insbesondere S&WS2^' oder ^ ' . In einem solchen Fall steht das Indefinitpronomen i. d. R. rechts vom Pluralsuffix: « ^ „all jene" (SBM) - "alle Taten" (SBM)

5.2.6 REFLEXIVPRONOMEN Das Tibetische kennt keine Reflexivpronomina vergleichbar dem Deutschen (mich, dich, sich). Selbstverständlich können eine Reihe tibetischer Verben ins Deutsche als Reflexivverben (Verben, die ein Reflexivpronomen mit sich führen) übersetzt werden. Bisweilen werden in einschlägigen Grammatiken das Pronomen *^' oder Abteien tungen mittels des Suffixes 9/F\ (s. 5.2.1) als Reflexivpronomina bezeichnet. Durch das Suffix 9/F\ bzw. das appositioneil gebrauchte Pronomen *£' wird jedoch lediglich auf ein vorangehendes Substantiv oder Pronomen Bezug genommen, um anzuzeigen, dass ausschließlich das mit dem Bezugswort genannte Lebewesen oder Ding in Rede steht. (Diese Funktion des Suffixes Qf) ist nicht zu verwechseln mit seiner Funktion als Ableitungssuffix zur Bildung von Abstrakta.)

5.2.7 RELATIVPRONOMEN Im Tibetischen werden zur Einleitung eines Relativsatzes i. d. R. keine Relativpronomina verwendet. Gelegentlich fungiert jedoch ein Interrogativpronomen, beispielsweise ^ * , ^£", £*^* oder £**^*, als Relativpronomen.

52

Morphologie

£T|^d&^'W^aj'^' ,jene Bedeutung, welche (man) erklärt" (BS) | „Bring jenes Mädchen, bei welchem diese Vorzüge vorhanden sind/ welches diese Vorzüge besitzt, hierher!" (BS) In gleicher Bedeutung: ^ a r t t j a j ^ ^ q ] ^ ^ ^ ^

"«| (BS)

53 NUMERALE 5.3.1 BESTIMMTE NUMERALIA 5.3.1.1 KARDINALZAHLEN

Im Folgenden sind die Kardinalzahlen von eins bis zehn jeweils den tibetischen Ziffern zugeordnet: 9

^TS^TT

V'

ßj*

^

qia^j*

\$

zrzjr

(S ^0

Den Zahlwörtern für die vollen Zehner wird - bis einschließlich 100 - häufig das Wort 3&J'£T „voll, vollständig" hinzugefügt. Die Zahlwörter von elf bis neunzehn sind Komposita, die umgekehrt als im Deutschen üblich zusammengesetzt werden. Die Zehn (^§) ist das erste Glied und der jeweilige Einer das zweite Glied. 99

5.3 Numerale

53

7S6

Man beachte die Vokalassimilation bei der Bildung der Zahlwörter für 15 und 18. Für die vollen Zehner von zwanzig bis neunzig werden die Zahlwörter aus den Einern als erstem Glied und der Zehn (q§*) als zweitem Glied zusammengesetzt. ^§" verliert nach silbenauslautendem Konsonanten i. d. R. das Präskript ^. Man trifft jedoch nicht selten auf Abweichungen von dieser Regel. Für zwanzig und dreißig ist die Bildung unregelmäßig: ^HJ bzw. ^£*T§\ Die Wörter für die Zahlen zwischen den Zehnern werden auch von zwanzig bis hundert umgekehrt als im Deutschen üblich zusammengesetzt. Zusätzlich wird den Zehnern das Suffix IT angefügt. Ab dreißig wird an Stelle des Suffixes 5" auch die Kurzform des jeweiligen Zehners verwendet. Darüber hinaus finden sich Kurzwörter, die lediglich aus der Kurzform des Zehners und dem Einer zusammengesetzt sind.

ro

54

Morphologie

vo V? 40 L7

po

Die Zehnerpotenzen von 100 bis 10.000 lauten: 700 7OOO 70000 700000 7000000 70000000

q'q*

700000000

S^'S2^'

Zahlwörter für noch höhere Zehnerpotenzen finden sich kaum in tibetischen Texten. Sie sind jedoch in der Mahävyutpatti, dem sanskrit-tibetischen Wörterbuch aus dem 9. Jahrhundert, belegt (Kap. CCXLIX).1 Die Vielfachen der Zehnerpotenzen werden analog zu den Vielfachen der Zehner gebildet, wobei für *J|5*J]' die Form ^ ] " , für ^\^' die Formen ^ ' und $' und für ^ ^ ' die Form ^ * verwendet wird. 700

1

Sasaki Ryozaburö (Hrsg.), (ßon-Zo Kan- Wa shiyaku taiko) Honyaku myogishu. Mahävyiitpatti] 2 Bde., Kyoto 1916. Alexander Csoma De Koros, Sanskrit-Tibetan-English Vocabulary: Being an Edition and Translation ofthe Mahävyutpatti, Buddhica, no. 8. Delhi 1982.

5.3 Numerale

55

300

roo \5OO

7000 3000 \6OOO

70000

(9',

30000 700000 300000

Zur Veranschaulichung, wie von 100 aufwärts die Wörter für die Zahlen zwischen den vollen Zehnerpotenzen gebildet werden, folgen einige Beispiele. Mit einer Ausnahme stammen sie aus dem Shes bya kun khyab mdzod (SBM). 707

77?

7*0

7LV

WO

56

Morphologie

70^

7^00

7(3400 4^000

(DTS 33) Die Anfügung eines Suffixes an das Zahlwort der ersten Ziffer ist dann zwingend, wenn der ersten Ziffer eine Null folgt. Ansonsten ist die Verwendung eines Suffixes optional. Zumeist wird das Suffix ^

gebraucht. Bei den

Hundertern kann die Null statt durch ^ * auch durch das Suffix W vertreten werden. ^ " und IT können jeweils nur einmal in einem Zahlwort vorkommen. Eine Alternative, die Vielfachen der Zehnerpotenzen zu bilden, bietet die Verwendung des Suffixes SFf, mit dessen Hilfe Kollektivzahlen gebildet werden (s. 5.3.1.3). Bei dieser alternativen Bildeweise wird die hier vorgestellte Regel zum Gebrauch der Suffixe ^ * und IT nicht angewendet.

5.3 Numerale

57

5.3.1.2 BRÜCHE Das Lexem *" „Teil" wird verwendet, um Brüche auszudrücken. '& „ein Hundertstel" [ ^ • q ^ § 5 ^ S * „sechs und ein Achtzehntel" (SBRG 6r) Zumeist wird jedoch das Genitivsuffix weggelassen. ' „ein Drittel" - „vier Fünftel" ' s ' „ein Achtel"

In modernen Texten wird statt cB* auch f^* verwendet. Gelegentlich begegnet man auch Kurzformen, z. B. *5£OT|^' „zwei Drittel". Lediglich der Kontext entscheidet in solchen Fällen, ob man es mit einer Kurzform für „zwei Drittel" oder für ^ ^ T 5 ^ ^ ! * „drei und zwei" zu tun hat. Das Lexem S i T «Hälfte" (Kurzform §^") kann verwendet werden, um „ein halb" auszudrücken. ST „sechseinhalb"

In der Regel wird jedoch „ein halb" wie folgt ausgedrückt: ^

„dreieinhalb" (wörtlich: „mit einem Halben vier") t ^ q ^ 6003,5 (SBRG 4v)

58

Morphologie

5.3.1.3 KOLLEKTIVZAHLEN Kollektivzahlen dienen dazu, eine bestimmte Anzahl von Gegenstände oder Lebewesen als zusammengehörig zu kennzeichnen. Kollektivzahlen werden dureh Anfügen der Suffixe ^* (fakultative Varianten ^', Q[)9 *f, ^ * und ^ gebildet. Mit dem Suffix 1\ werden Kollektivzahlen mit hinweisender Funktion gebildet. Das Suffix findet sieh vor allem bei kleineren Zahlen. Im Shes bya kun khyab mdzod (SBM) ist es bis „zwölf belegt. »Jene/ die vier Tantraklassen" (SBM) „jene/ die acht Gruppen" (SBM) ' „Körper, Rede und Geist, diese drei" (SBM) ^ ' „Grund, Weg und Frucht, die drei" (SBM)

Ähnlich wie ^\ wird auch das Suffix ^' zur Bildung von Kollektivzahlen gebraucht. q

^ -die vier Dämonen" (SBM) "Hf „die fünf Methoden zu schützen" (SBM)

Die kollektive Bedeutung kann durch unbestimmte Numeralia verstärkt werden. ^ - „alle drei Bereiche" (SBM) Die bereits konnotierte hinweisende Funktion kann durch ein Demonstrativpronomen verstärkt werden. ' ^ ' „ j e n e zwölf Kontinente" (SBM)

5.3 Numerale

59

„die Charakteristik^ jener Sechs" (SBM)

Besonders häufig zur Bildung von Kollektivzahlen wird das Suffix 9*T gebraucht. -gq|- „die zehn Bereiche des Wissens" (SBM) gqj'^-si- „viele Hunderttausend" (SBM) Folgt dem Suffix 5P]' eine weitere Zahl, so ist die erste Zahl als Multiplikant und die zweite als Multiplikator aufzufassen. In dieser Funktion wird £F|' häufig zur Bildung vor allem großer Zahlwörter verwendet. Als Beispiele folgen hier einige Zahlwörter aus dem Shes bya rab gsal (SBRG): ; (IOO.OOO 1.120.000 (3r) qq^-gqp^sr^] i

X

11) + (1000 x 20) = ^ ü ' (100.000 jt 12) +

(1000x3) + 450 = 1.203.450 (3r) (i .000.000 x 3) + 610.350 = 3.610.350 (3r) "

. 5

gru (l.ooo.ooo ?i

3) +

602.625 = 3.602.625 (3r) In jüngerer Literatur wird auch das Suffix * zur Bildung vor allem großer Kollektivzahlen gebraucht. Kollektive Bedeutung hat auch H^" „beide, Paar".

60

Morphologie

5.3.1.4 ORDINALZAHLEN Mit Ausnahme der Ordinalzahl zu **|W]" „eins" werden die Ordinalzahlen durch Anfügen des Suffixes ^' gebildet. TO* „der/ die/ das zweite" ^ „der/ die/ das dritte" '^' „der/ die/ das vierte" ^

„der/ die/ das zwölfte"

Man beachte, dass je nach Kontext diese um das Suffix ^' erweiterten Kardinalzahlen auch die Bedeutung „zwei habend", „drei habend" usw. besitzen können. i ' ^ ' ^ ' S ^ " „der sechsarmige mGon-po"

„der/ die/ das erste" lautet im Tibetischen ^ ' ^ ' . Dagegen bedeutet *J|-5*J]**T „der/ die-/ dasselbe", z. B. ^ f s ^ ' „ein und derselbe Geschmack". Zur Bildung der adverbialen Zahlen „erstens", „zweitens", „drittens" usw. wird zusätzlich das Suffix -^, Allomorph zu ^", angefügt. Vgl. hierzu 5.8.

5.3 Numerale

61

5.3.1.5 DATUMS- UND ALTERSANGABEN In Datumsangaben werden für die Kalendertage nicht die Ordinalzahlen, sondern die Kardinalzahlen verwendet. Sie sind jedoch in der Übersetzung als Ordinalzahlen wiederzugeben. ' „am achten Kalendertag des Schaf-Monats des Erde-Pferd(-Jahres)" (wörtlich: „am Kalendertag acht ...") (VOHD 13 1599) ^ " ^ l ^ ^ " ^ ^ ' ^ ' „am ersten Kalendertag des Pferd-Monats des HundJahres" (VOHD 11 1096) ^•q|q-|-qq'^-q^q^q-^

??der A b e n d d e s 1 5

Kalendertages des Sa-ga-

Monats" (TST 42) Die für Altersangaben verwendeten Kardinalzahlen sind i. d. R. ebenfalls als Ordinalzahlen zu übersetzen. Dazu muss man wissen, dass in der traditionellen tibetischen Kultur jemand bereits in seinem Geburtsjahr als einjährig bezeichnet wurde. War das nächste Neujahr vorüber, galt er als zweijährig. Ein individueller Geburtstag wurde nicht gefeiert. ^ A j s 'lch

dann

das vierte

(Lebenswahr erreicht

hatte, ..."(MJ30) (ii es: |3Q J ^ ^ ' § ^ f ; & r q § * | „am zehnten Kalendertag der weißen (d. h. ersten) Hälfte des sNron-Monats ( = 5 . Monat) des mDzes-byed genannten weiblichen Wasser-Hase-Jahres des vierzehnten Sechzigerzyklus, mit dem (er) sein vierundzwanzigstes (Lebenswahr erreicht hatte" (VOHD 12 1394)

62

Morphologie

5.3.1.6 DISTRIBUTIVZAHLEN

In gleiche Teilmengen eingeteilte Mengen werden durch Wiederholung des Zahlwortes ausgedrückt. r „je/jeweils zwei" (SBM) 'qg",je/jeweils fünfzig" (SBRG 4v) ,je/ jeweils fünfhundert" (SBRG 7v) Bei zusammengesetzten Zahlen, deren Zahlwort aus mehr als zwei Silben besteht, werden lediglich die Zehner und Einer wiederholt. ,je/jeweils zweihundertfünfzig" (SBRG 7v) ",je/jeweils zweitausend" (SBRG 4v,l) r,je/jeweils dreitausend" (SBM)

5.3.1.7 VERVIELFÄLTIGUNGSZAHLEN

Die Wörter für die Vervielfältigungs- oder Multiplikativzahlen sind Komposita, deren letztes Glied aus ^ ^ ' ^ ' , dem Verbalnomen zu a^'

„sich verändern,

werden (zu)", besteht. Bei der Bildung der Komposita fällt hinter dem ersten Glied das Adverbialsuffix §' bzw. sein jeweiliges Allomorph und hinter dem zweiten Glied das deverbale Nominalsuffix ^7 *' fort. Statt ^ * T und werden die Kurzformen ^ ' und ^ " verwendet. „zweifach" (SBM, SBRG 8v) „dreifach" (SBRG 3r, 7r) ' „vierundzwanzigfach" (SBM)

5.4 Postposition

63

„hundertfach" (MBc 40) »tausendfach" (MBc 40)

5.3.1.8 WIEDERHOLUNGSZAHLEN Wiederholungs- oder Iterativzahlen werden unter Verwendung des Nomens „Mal" ausgedrückt. Für ^ ^ | ' wird dabei auch die Kurzform ^ ] " verwendet. ^

„einmal" (SBRG 6v) - „einmal" (SBM) „zweimal" (SBM) „siebenmal" (SBM, SBRG 4v)

Im modernen Tibetisch werden in gleicher Funktion S^*T (vorangestellt) und ^ ' (nachgestellt) gebraucht.

5.3.2 UNBESTIMMTE NUMERALIA

Siehe Abschnitt 5.2.5: Indefinitpronomen.

5.4 POSTPOSITION Das Tibetische kennt keine Präpositionen, sondern Postpositionen. Da es sich bei ihnen um Strukturnomina handelt, werden sie mittels des Genitivsuffixes 2T bzw. eines seiner Allomorphe an ein vorangehendes Nomen angeschlossen. Das Suffix kann jedoch samt einem vorangehenden Nominalsuffix ausfallen.

64

Morphologie § F „Rücken" => fp"0*', §F'§' „im Rücken (von)", d. i. „(räumlich) hinter, (zeitlich) nach" ^ • | p ' a r „hinter dem Berg"

Hinter einem Verbalnomen können Postpositionen auch dazu dienen, Teilsätze zu subordinieren. %3TO'&- ... „Als der König ('Gott') die Königsherrschaft bekam, ..."(BM94) IP'§^'3^'§ 3 ^'£^™' ... „Nachdem etwa ein halber Monat vergangen war, ..."(RS 105) pSg^^^^-gw^W

... „Als er an der Schwelle des Palastes

ankam, ..."(RS 105) ^W^"^^W^^

„Die Götter setzten

sich in den zehn Himmelsrichtungen nieder, um den Bodhisattva zu beschützen." (BS) ^•q^^ai-^q-^^^-q^-qfqq^l^

„Während er sich dort auf-

hielt, sorgte der Lehrmeister Ye-rgyal-ba auch für (seinen) Lebensunterhalt." (GL15) „Einige Jugendliche aus Kong-po waren - während (sie) betrunken waren vom Bier - dabei, mit Pfeil (und Bogen) zu spielen,... " (KGBP 45v) Zu einer Aufstellung der häufigsten Postpositionen siehe Anhang 7.3. Neben den Postpositionen gibt es auch eine Reihe von Suffixen, deren Bedeutung im Deutschen i. d. R. durch Präpositionen wiedergegeben wird.

5.5 Graduierung

65

5.5 GRADUIERUNG Zur Graduierung werden die denominalen Suffixe ^ ' , f*^', ^ ' , fj^' und ^]'^\ verwendet. Ihnen entsprechen im Deutschen die Grad- oder Fokuspartikel „nur, ausschließlich" (f%, *W", ^|'f^) und „ungefähr, etwa" ( j ^ ' , ffr, ^ ' ) - Die Bedeutung von f5^* kann durch Anfligen von ^'

noch verstärkt werden: p*^"

W . Weitere Gradsuffixe sind 3J£ (1), „auch, selbst, sogar", und 9T (2), „eben". Die Gradsuffixe sind im Tibetischen keine Adverbien - zum einen weil sie nicht als freie Morpheme auftreten, zum anderen weil sie Nominalsuffixe sind, an die ihrerseits syntaktische Funktionen tragende Suffixe angefügt werden können. Beispiele zur Verwendung der einzelnen Suffixe finden sich unter 7.2.2. Ebenfalls zur Graduierung werden Adverbien verwendet: ^ ' ^ ' „überall" (häufig Bestandteil eines aus dem Sanskrit übersetzten Lexems mit den Vorsilben äoder sani) ^ * ^ r „von allen Seiten, ganz und gar" (häufig Bestandteil eines aus dem Sanskrit übersetzten Lexems mit den Vorsilben ä oder sani) i%^' ü^

„selten"

2

^ „besonders, im Besonderen"

h'ST „wirklich, tatsächlich" ' W „offensichtlich, deutlich, sichtbar" (häufig Bestandteil eines aus dem Sanskrit übersetzten Lexems mit der Vorsilbe abhi) äjsj^&r^ „offensichtlich, sichtbar, offen zu Tage liegend" *3^' - gelegentlich verkürzt zu ^ * - „ein bisschen, ein wenig" ^*? $*!' „sehr, in hohem Maße"

66

Morphologie

^'CJ3^ ^ ' „nahe" (vielfach intensiviert es lediglich die verbale Bedeutung: 9 ^'&ipr „dringend benötigt werden"; häufig Bestandteil eines aus dem Sanskrit übersetzten Lexems mit der Vorsilbe upä) ä^I'W „im besonderen Maße; gänzlich" (häufig Bestandteil eines aus dem Sanskrit übersetzten Lexems mit der Vorsilbe vi) W^ „allgemein, im Allgemeinen" SWS*; „meistens, gewöhnlich; wahrscheinlich" „ v o n d er Wurzel her, von Grund auf, überhaupt" ' „von Grund auf, von Anfang an, ganz und gar" i ^ p * ^ „wieder und wieder, oft" r „völlig, vollkommen, ganz und gar" ' „sehr, überaus"

'3^' „sehr, äußerst". Zur Steigerung der Bedeutung eines Nomens wird ^ ' verwendet. Es wird in dieser Funktion zum ersten Glied eines zusammengesetzten Wortes:

"^'f'

„äußerste Spitze", ^ W T „Urgroßvater", ^ " ^ ^ „wiederholt verborgenes Schatzwerk", ^ W „äußerst tiefgründig", « ^ « W „äußerst klar". Ein weiteres Mittel der Graduierung ist die Iteration sowie die Aneinanderreihung von homonymen oder semantisch nah beieinander liegenden Begriffen.

' „Obwohl (ich) unermesslich, unzählbar und unwägbar (viele) Lebewesen (durch das Opfer meines Körpers) zufrieden gestellt habe, habe ich auch nicht einen einzigen Augenblick Reue

5.5 Graduierung

67

empfunden." (wörtlich: „... hat mein Geist auch nicht einen einzigen Augenblick Reue empfunden.6') (SRBB 363) „(ich) habe intensiv nachgedacht." (MJ 59) wp-q:wq^W^f|

„Als (der Ochse) auf

dem Feld hin und her ging, gab (der Brahmane) nicht gut (auf ihn) acht. Deshalb ging (der Ochse) verloren." (MBi 357) ^ ^ • ^ • ^ ' ^ ^ • q ^ - ^ - q - a j ^ j ^ a l s ( e r ) v o n Sorgen niedergedrückt dasaß, ..."(MBc 358)

^ ' ^ ' ^ 1 % ^ ' | | ^ ' | t ^ ^ ^ ^ ^ % ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ „ein sehr angenehmer Ort, der überall zwischen den Bäumen Quellen und Badeteiche besaß" (MBc 421)

^ l ^ ' ^ V g ' ^ ' l ^ l ^ ^ 1 ' 8 ? ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ 3 f „Warum sollte (ich) diesem Jäger ein Geschenk geben? Wenn (ich ihm eins) gebe, bin ich auch nicht anders als (dieser) Totschläger." (MBc 418) Q ^ ' q ^ S j W I ' l ^ l ' l ^ i ^ ^ f „(Du) hast die ganze Zeit über gesagt 'Der Geistliche hat es gestohlen. Lauf (ihm) nach!'." (BKT 58) Ein Vergleich wird mit Hilfe des Suffixes ^^\ häufiger jedoch mit Hilfe des Suffixes *W (Allomorph ^ " ) angezeigt. Das Suffix steht hinter dem Bezugswort, von dem aus gesehen der Vergleich vorgenommen wird. Das Nominalsuffix des Adjektivs wird dabei durch das Suffix W (Allomorph ^') ersetzt: ra' „schnell" => »gJflfW „schneller"

Einige wenige Adjektive besitzen eine unregelmäßige Ableitung: ,'er „groß" => XV „größer"

68

Morphologie i

^

»In Bezug auf das Erschei-

nen der Lehre war mNga'-ris früher als dBus und gTsang.", „Das Erscheinen der (buddhistischen) Lehre war in mNga'-ris früher als in dBus und gTsang." (DDG 42v) (Zur Verbform ^ ' ^ * vgl. 5.6.3.2.5.)

„Was Mi-la-ras-pa angeht, so ist (er) einer, der in einem Leben und in einem Körper Vorzüge erlangt hat, die nicht schlechter sind als die obigen (d. h. die zuvor genannten)." (MJ 24) (Da aufgrund der elliptischen Ausdrucksweise des Tibetischen das Vergleichsobjekt beim zweiten Mal nicht unbedingt noch einmal genannt bzw. durch ein Demonstrativpronomen aufgegriffen werden muss, ist es auch zulässig zu übersetzen: „Vorzüge, die nicht schlechter sind als die___der obigen (Personen)". Zur Verbform ^ ' ^

vgl. 5.6.3.2.5.)

„Weil (ich) morgen die Biographie des Mi-la-ras-pa, etwas, das sogar noch ausgezeichneter ist als die zuvor erzählten (Biographien), erzähle, kommt, um zu hören!" (MJ 24) ( t ^ l P ' ^ ^ l ^ l „Du bist nicht besser als der König.", „Du übertriffst nicht den König." (TS 65) ^•^^•aj^-q^q^-q^^q]^-q|

^2;-2f£W^q^&-q%i% ... „Damals

lebte bei dem Lama ein Mönch, der einen schnelleren Lauf hatte als ein Pferd und eine größere Kraft als ein Elefant ..." (MJ 40)

(lies: äf)

^ ^ ^ ^ ' f j ; ^ ^ „die Biographien von Tilopa, Näropa und Mar-pa, diesen

drei, die sogar noch ausführlicher und wunderbarer waren als zuvor durch den ehrwürdigen Herrn erzählt" (MJ 24) I ^ T ^ q ^ ' & ' q ' q ^ q p ^ „(Sie) setzten einen größeren (Glücksspiel)einsatz als zuvor." (MJ 28)

5.5 Graduierung

69

Zu weiteren Beispielen siehe in der Suffixliste (7.2.2) unter „Wer ist der Bittsteller?" (MJ 25) In bestimmten Fällen kann ^

auch mit „haben" übersetzt werden.

„Bei den beiden Leuten gab es eine Tochter." => „Die beiden Leute hatten eine Tochter." (PKT 309)

5.6 Verb

73

j^q]-ai-5-«)^ „Bei einem sehr reichen, großen Minister war kein Sohn vorhanden." => „Ein sehr reicher, großer Minister hatte keinen Sohn." (MBc 43) „ j e n e r König hatte drei Söhne." (MBc 26) 5 j)er

Tathägata, (er) hat so viele

Vorzüge!" (MBc 25) Ebenfalls als Seinsverb wird ^ T bzw. seine elegante Form ^ß' sJOJ'5'3

gebraucht.

q

'^qT^qTf" „Damals gab es in jenem

Land einen Brahmanen namens dByig-pa-can." (MBc 360) ^j'

*¥]'{

„Am Ende (des Textes) stand so

etwas wie 4 Legs-ldan-rje hat es verfasst.'" (VOHD 10 117) Äußerst selten werden °^[ sowie die zusammengesetzte Form ^"(^7 auch als Kopulaverb gebraucht. ®^\ drückt dann - ähnlich wie im heutigen Lhasa-Tibetischen - die persönliche Überzeugung oder Erfahrung des Sprechers aus. Zur besonderen Konnotation von ^ ' ( ^ 7 ^ ^ ) ^ ^ ] vgl. 5.6.3.2.5. „Jener Lama ist wirklich rDo-rje-'chang." (TS 27) ^-q^

M*Ist

(Wasser)kochen

nicht schwierig?', sagte (er). 'Ist es nicht.', erwiderte (ich)." (TS 30f) Gelegentlich wird auch das Verb *|^* „(er)scheinen" in der Bedeutung von „sein, vorhanden sein" gebraucht (vgl. Ja). i

^

^

!

„Die Nachfahren des Sohnes Zla-ba-

bzang-po gibt es auch heute (noch)." (RR 92v)

74

Morphologie

Die tibetischen Seinsverben bilden für die verschiedenen Tempora ebenfalls keine unterschiedlichen Tempusstämme. V. a. in der Erzählliteratur wird daher bisweilen für die Zeitstufe der Vergangenheit der Perfektstamm des Verbs ^S^* „sich ergeben, geschehen, eintreten" verwendet.

^ * | „Früher, in der Vergangenheit, gab es hier in Jambudvipa in dem Land Väränasi einen König namens Tshangs-pas-byin." (SRBB 214) Kopula- und Seinsverben können auch Bestandteile analytischer Verbformen sein (vgl. 5.6.3.2).

5.6.1.2 TRANSITIVITÄT UND KONTROLLffiRBARKEIT

Im tibetischen Satz finden wir zwei unterschiedlich markierte Arten von Subjekten. Die einen Subjekte haben ein Nullsuffix und die anderen werden mit dem Suffix 2F* bzw. seinen Allomorphen markiert. Die Frage, ob ein Subjekt mit 5 F markiert wird oder nicht, hängt in erster Linie vom Verb ab. Die einheimische tibetische Grammatik unterscheidet hinsichtlich der Verben zwischen S'^'^'^'lfo]'

und

^ i ^ x i l ' g * ! ^ ' . Auf der Basis dieser Unterschei-

dung wurden dann in dem zum ersten Mal 1985 in Peking publizierten Wörterbuch Bod rgya tshig mdzod chen mo (TM) sämtliche Verben klassifiziert. Im Allgemeinen wird der Begriff 8'^'*T in dem Sinne erklärt, dass es sich hier um Verben handelt, bei denen ein Agens sichtbar wird.1 Häufig wird die Unter1

dNgul-chu Dharmabhadra (1772 - 1851) schreibt in seinem 1806 verfassten Werk Si tu'izhal

lung. l^'^Hl^'^S^^^]

&%St**!WWm^^

„Wenn

man fragt; 'Was ist jenes keinen Täter habende (Verb), bei dem Handlung und Täter nicht verschieden sind?', so ist es ein (Verb), bei dem zur Zeit der Ausführung einer Tat realiter kein

5.6 Verb

75

Scheidung von 3'^'W*§;äkr|* u n d TO'^xjqxj;i>qy pauschal mit der Unterscheidung von transitiven und intransitiven Verben gleichgesetzt. Diese Gleichsetzung trifft zwar in vielen Fällen zu, ist pauschal aber unzulässig. Es findet sich nämlich eine Reihe von Verben, die zwar als S'^"*T klassifiziert werden, i. d. R. aber die Suffigierung ihres Objekts mit la oder tu bzw. seinen Allomorphen fordern, beispielsweise **&$[ „steigen (auf)", ^l^* „streben (nach), sich bemühen (um)" und ^f\

„schaden". Und umgekehrt gibt es auch eine Anzahl

von Verben, die als ^ Ü ' ^ x r klassifiziert werden, aber dennoch ein direktes, mit dem Nullsuffix markiertes Objekt bei sich haben können. Die tibetische Klassifizierung von ^ ^ g ' E ^ und S'lr^'W'g'lfr]' stimmt jedoch weitgehend mit derjenigen von kontrollierbaren und nicht-kontrollierbaren Verben überein - „weitgehend" bedeutet, dass im Wörterbuch Bod rgya tshig mdzod chen mo unter die Klasse der 3'5j'^'W§,afo|' auch die Verben des Bleibens und des Sich-Bewegens subsumiert wurden, da sie sich hinsichtlich der Suffigierung des Subjekts i. d. R. ähnlich verhalten wie der größte Teil der nichtkontrollierbaren Verben (s. u.). Im Unterschied zu den nicht-kontrollierbaren Verben kann jedoch mit den Verben des Bleibens und Sich-Bewegens wie mit den übrigen kontrollierbaren Verben auch ein Imperativ gebildet werden, separater (wörtlich: anderer) Täter erscheint." Dharmabhadra spricht ebenda auch von „Handlung-und-Täter-Verrichtungen, die realiter nicht mit einem separaten (wörtlich: anderen) Täter verbunden sind" ( 1 ^ ' % ^ ^

(SRR 52) Der Begriff 5 t *

ist

q

eine Kontraktion aus 5* " „Handlung" und 1 ^ „Täter". Im TM wird der der Begriff S t V * ' ^ ' wie folgt erläutert:

^ t ^ ^ ¥ ^

„dem Sinn des (Werkes) rTags kyi 'jugpa entsprechend die tatsächliche Ausführung irgendeiner Handlung in Bezug auf irgendeine Sache durch einen separaten (wörtlich: anderen) Ausfuhrenden". Der Begriff 9 l ^ * ^ x r wird ebenda folgendermaßen erläutert: 5 ^ W * # ^ V ^ ^ % w * n ^

V

„dem Sinn des (Werkes) rTags kyi >jug

pa entsprechend das sich spontane Vollziehen irgendeiner Handlung in Bezug auf irgendeine Sache, ohne dass es realiter einen separaten (wörtlich: anderen) Täter gäbe". Wesentlich für die Differenzierung s * ^ q und 9 5 I ^ e i ist mithin nicht das Vorhandensein oder Fehlen eines Objekts, sondern das Vorhandensein oder Fehlen des Agens.

76

Morphologie

weshalb sie auch über ein entsprechend ausdifferenziertes Paradigma der Stammformen verfügen können (s. 5.6.3.1.). Kontrollierbare Verben sind Verben, die ein vom Subjekt kontrollierbares Geschehen bezeichnen. Sowohl unter den kontrollierbaren als auch unter den nicht-kontrollierbaren Verben gibt es transitive und intransitive Verben. Allgemein gilt: Mit Ausnahme der Verben des Bleibens und Sich-Bewegens fordern kontrollierbare Verben sowie nicht-kontrollierbare transitive Verben die Suffigierung des Subjekts mit 5^" bzw. seinen Allomorphen. Nicht-kontrollierbare intransitive Verben und i. d. R. auch die kontrollierbaren Verben des Bleibens und SichBewegens kennzeichnen das Subjekt mit dem Nullsuffix. a) kontrollierbare transitive Verben: - „Ein Hausbesitzer baute einen Stüpa." (MBc216) $

3

f

„Der Jäger schoss einen Giftpfeil ab." (MBc 410) ^ i j c hh a b e b e i d e n e n a u s K l u k e i n B i e r

getrunken." (TS 21) ^•^•^•^^^

„Dann rief König

'Od-ldan mittels eines Boten den geschickten Elefantenbändiger herbei." (SRBB 339) In höflicher Redeweise kann zur Markierung des Subjekts das Suffix ^*T gewählt werden. g

^

'

„dBang-chen-chos-skyong

Aufforderung." (VOHD 13 1581)

machte

die

5.6 Verb

77

Man beachte, dass es sich in diesem Beipsielsatz bei dem Morphem *T nicht um ein Präfix zur Negation des Verbs handelt, sondern um ein deverbales Nominalsuffix: Qf^W

„Aufforderung".

b) kontrollierbare intransitive Verben: | ^ ^ ^ |

„Dann schaute Ananda in die vier Rich-

tungen." (BS) ^aj^^5^^a4'^^||

?Y/er

schadet jenem? Wem wird Schaden zuge-

fügt?" (SBM) ^«ra^f:^•^•^^^•^•|*^'|aj'^

„Dann verwandelte sich der

König der Dämonen in den Körper des Buddha." (MBc 410) Wird das Verb t P nicht reflexiv in der Bedeutung „sich verwandeln (in)" gebraucht, sondern in der Bedeutung „Manifestationen hervorbringen/ erscheinen lassen", kann es auch ein direktes Objekt haben. c) kontrollierbare Verben des Bleibens und Sich-Bewegens: Eine Besonderheit stellen die kontrollierbaren Verben dar, die ein Bleiben oder ein Sich-Bewegen ausdrücken, vor allem ^

und q^J]*T „bleiben, sich aufhal-

ten, sich befinden", §)^' „ankommen", ^5T „gehen", ^(§*W „ziellos umherstreifen", SfiV „aufbrechen, abreisen", ^ 9 ^ ' „fliehen", ^ ' „kommen; werden", ^g,^* „kommen, gelangen, gehen", W ^ ' „gehen; kommen", ^ ^ '

„gehen;

kommen", ^Wf „zurück-/ umkehren", ^^' „sich erheben, aufstehen", ^|^* (Perfektstamm ^Jp*) „eintreten, sich aufmachen; anfangen". Sie werden i. d. R. nicht mit dem Suffix 3J£T markiert, auch wenn sie zweifelsohne ein vom Subjekt kontrollierbares Geschehen bezeichnen. Wie viele Beispiele belegen, kann das Agens dieser Verben jedoch durchaus mit S^' suffigiert werden. Auf

78

Morphologie

diese Weise wird es dann als Agens der Handlung besonders hervorgehoben. Möglicherweise ist bei diesen Verben der Ausfall des Suffixes eine spätere Erscheinung der tibetischen Sprachentwicklung. Es läge dann eine ähnliche Entwicklung vor, wie sie im modernen Tibetisch für die Verben des Essens und des Trinkens zu beobachten ist. Bei diesen Verben fällt heute die Ergativmarkierang des Subjekts i. d. R. aus; sie kann ausfallen, da sie zum Verständnis der semantischen Rollen, also was im Satz Agens und was Patiens ist, nicht zwingend erforderlich ist. ohne Agensmarkierung: „Der Buddha

namens

rNam-par-gzigs kam in die Welt." (MBc 421) | - q ' ä % ^ ^ £ J | ^' „Ein Experte ist nötig." (BS) «H „(Er) sprach: 'Großer Magier, es ist Zeit für die Arbeit am Turm.'" (MJ 65)

5.6.1.4 FUNKTIONSVERBEN Das Tibetische kennt eine Reihe von Verben, deren lexikalische Bedeutung entweder weitgehend verblasst ist oder die häufig weitgehend losgelöst von ihrer lexikalischen Bedeutung verwendet werden. Zusammen mit einem Nomen bilden sie ein Funktionsverbgefüge. Die Motiviertheit der so gebildeten semantischen Einheit ist nicht immer auf den ersten Blick ersichtlich. |*V bzw. si^y (h) „machen": ^ ' ^ " l ^ „Eifer an den Tag legen", §5V „König sein, als König fungieren", gfJy^u^'&J^' „Diener sein, als Diener fungieren" (h) (RR 103v)

^ % „ein Kloster gründen", ^ ^ ' | j ^ ^ ^ ^ ' „ein Feldlager aufschlagen" (RR 93r), ^ g ^ ' ^ q ^ ' „einen Palast errichten" (RR 94r)

5.6 Verb §q'> „werfen": « ^ » p f e ü " + S^f => ^

89 q

l % »Pfeil schießen"; | f

„Tür" + fjF => lf§F, „die Tür schließen" ', „schicken; geben; frei-/ loslassen": W*I'lf „Denken" + * ^ ' => | ^ ' , „denken"; 9£ „Boot" + ^ ' => 5 ^ 1 ^ ' , „ein Boot steuern" , „befestigen, anbinden, anbringen": | ^ ' „Fehler" + ^ ^ \ „beschuldigen"; ^ ' „Namen" + ^ f T

=> | ^ '

=

Namen geben, nennen" ^',

„ziehen, führen": ^ ] ^ ' „Sitzkissen" 4-

„einladen"; ^*W|' „Heer, Annee" + ^ ' =^> ^ ^ 5 ^ ' , „(gegen jem.) zu Felde ziehen"

„zukünftige Schüler" (MJ 26) |P* ist der Perfektstamm des Verbs W. In Verbindung mit dem Suffix ^

zeigt

| p * hier die temporale Subordination der Verbalhandlung an. Am Satzende weist | p * dagegen das gesamte Geschehen als ein Ereignis der Vergangenheit aus. ^ " fungiert - neben §^" - als Perfektstamm des Verbs ^5f. In Verbindung mit dem Suffix ff (Allomorph zu ^j) zeigt W^" hier ebenfalls die temporale Subordination der Verbalhandlung an. Zum Gebrauch der Suffixe ^ * und ^ vgl. die Abschnitte 5.7 und 6.5.3 sowie die entsprechenden Einträge in Abschnitt 7.2.2. q^f^^^

„Weil

(sie)

ein Wunschgebet um vollkommene Freiwerdung gebetet hatte, traf diese mit mir zusammen und wurde zu einem Arhat." (MBc 161) Dieser Satz weist ebenfalls drei Perfektstämme auf. I F s der Perfektstamm zu ^IFs charakterisiert am Ende des Satzes das gesamte Geschehen als vergangen. ^ß\

Perfektsstamm zu ^ W , zeigt in Verbindung mit den Suffixen ^*

und -^* (Allomorph zu §^") eine kausale Subordination an. 5J^", Perfektstamm zu ^ S ^ , drückt dagegen in Verbindung mit dem Suffix *) (Allomorph zu ^j) eine temporale Subordination aus. Zur kausalen Subordination vgl. unter 6.5.2.

Morphologie

94

Das aus vier verschiedenen Stammformen bestehende Paradigma weisen nicht alle Verben der tibetischen Schriftsprache auf. Neben Verben mit nur einer einzigen unveränderlichen Stammform gibt es solche mit zwei, drei und eben vier unterschiedlichen Stammformen. Generell kann man sagen, dass nicht-kontrollierbare Verben i. d. R. nicht mehr als zwei unterschiedliche Stammformen aufweisen. Nicht-kontrollierbare Verben mit mehr als einer Stammform bilden den Perfektstamm nicht mit Hilfe des Präskriptes ^-. Lässt sich zu den nicht-kontrollierbaren Verben ein Optativ bilden, so wird zumeist der Perfektstamm verwendet. Kontrollierbare Verben besitzen zwei, drei oder vier verschiedene Stammformen. Einem Vokal a und häufig auch einem Vokal e des Präsensstammes steht ein o im Imperativstamm gegenüber. Die Honorifica unter den kontrollierbaren Verben besitzen i. d. R. nur eine einzige Stammform, beispielsweise ^^fp*, Honorificum zu sf^" „bleiben, sich aufhalten, sich befinden", Qffi, Honorificum zu f^* „geben", *W*T , Honorificum zu ^5]' „gehen" und ^ * „kommen", ^^)\ Honorificum zu 5^* „machen". Über die hier gegebenen Anhaltspunkte hinaus lässt sich kein Paradigma aufzeigen, dem sich die Konjugation der tibetischen Verben ohne Zulassung allzu vieler Ausnahmen unterordnet. Zur Veranschaulichung folgen hier zwei Tabellen mit Beispielen aus der Gruppe der nicht-kontrollierbaren und der Gruppe der kontrollierbaren Verben. 1) nicht-kontrollierbare Verben: Perfekt

Futur geboren werden sich drehen; sich umdrehen voll sein (mit), voll werden (mit)

!K

sich verändern, werden (zu)

5.6 Verb erkennen, begreifen, verstehen

(herunterfallen

läkr

akustisch wahrnehmen, hören

mk:

wahrnehmen, sehen sich ausbreiten, gedeihen sich versammeln übertragen werden, versetzt werden herabsteigen, herabfallen ein-/ versinken sich öffnen getrennt/ frei sein (von) träumen zur Neige gehen, schwinden

2) kontrollierbare Verben: Perfekt

Futur Imperativ lesen (aus)graben

fr

umgeben, umwandeln, drehen hervorbringen, erzeugen füllen

qmx;

verändern, übersetzen hineinstecken eintreten erklären

95

Morphologie

96

(willentlich) sehen, schauen (nach)

qoj*T

5W

SF

ziehen, führen

qS'

sammeln, subsumieren

q^^

bleiben, sich aufhalten, sich befinden aufgeben, meiden v*

•v^

go,-

IT

q^sj*

1

9'

•v^

(etwas) verändern, versetzen trennen machen

qq'

herunterfallen lassen

1"

öffnen kommen; zum Vorschein kommen sich erheben, aufstehen

Im Folgenden seien einander noch einmal aus beiden Tabellen diejenigen nichtkontrollierbaren und kontrollierbaren Entsprechungen gegenübergestellt, welche offensichtlich eine gemeinsame Wurzel besitzen: nicht-kontrollierbar

kontrollierbar

Vq§5,:

^5ä^

'5

', f, |^' (iqq^ qq-? qqq-

5.6 Verb

97

\\ I",*t, IN'

5.6.3.2 ANALYTISCHE VERBFORMEN

Die unterschiedlichen Stammformen des Verbs bezeichnen das Grundinventar der Aspekte und Modi, wie es mehr oder weniger in allen Texten der klassischen tibetischen Schriftsprache verwendet wurde.1 Darüber hinaus finden sich jedoch noch weitere Teilkategorien oder grammatische Ausdrucksmittel. Vorwiegend begegnet man ihnen in historiographischen und erzählenden Texten. Die Autoren haben in sehr unterschiedlichem Maße von ihnen Gebrauch gemacht. Diese Teilkategorien werden analytisch ausgedrückt, indem mittels Suffixen und Hilfsverben mehrgliedrige Formen gebildet werden. Manche der analytischen Verbformen gibt es auch in heutigen tibetischen Dialekten. Sie haben jedoch dort nicht immer die gleiche Funktion. Welche Bedeutung diese Verbformen auch für die klassische tibetische Schriftsprache besitzen, wird durch die Vielzahl der im Folgenden dokumentierten Beispiele bezeugt. Zu den analytischen Verbformen werden hier nicht die Verbindungen mit einem Modalitätverb gerechnet. Zur Abgrenzung vgl. 5.6.1.3.

1

Denwood (245) weist darauf hin, dass in Milarepas Biographie von ein oder zwei Ausnahmen

(v. a. 3, Futurstamm des Verbs «n „machen") abgesehen auch bei Verben, die in den Wörterbüchern mit einem eigenen Futurstamm aufgeführt werden, kein Futurstamm verwendet wird. Wenn auch nicht sehr viele, so lassen sich doch noch einige reine Futurstämme in dem Text nachweisen. Neben 3 kommt relativ oft q ^ vor, Futurstamm zu ^ „sehen". Darüber hinaus finden sich q ^ (MJ 168), Futurstamm von ^ „eintauschen", q ^ (MJ 175), Futurstamm von ^ „mischen", q § (MJ 189), Futurstamm von § „aufopfern, widmen".

98

Morphologie

5.6.3.2.1 Perfektstamm + «T (Allomorph: *?) + %

(Honorativ:

Perfektiv. Diese Verbform bezeichnet einen erfolgreich abgeschlossenen Vorgang. I. d. R. handelt es sich um ein resultatives Perfekt, das Auswirkungen auf die Gegenwart des Sprechers bzw. Erzählers hat. Es kann sich jedoch kontextabhängig auch auf eine andere Zeitstufe beziehen. Vgl. auch 5.6.3.2.3.

(er das Land) bis hin nach Ru-thog und zu den Goldminen unter seine Macht gebracht hatte, ist Ladakh aufgeblüht und gediehen." (LD 41) jfa^^W^^^ „sDe-pa-gzhung hat Mi-'pham-dbang-po drei Ländereien übergeben." (LD 43)

„Weil auch zuvor die Buddhas der Vergangenheit zum Wohle der Lebewesen die unvorstellbare Beschreibung ihrer zwölf Taten etc. erzählt hatten, hat sich die Lehre des Buddha in der Welt ausgebreitet." (MJ 26) f ^ ^ - p ^ - q ^ q | - 2 } n i - | ^ ^ | „Kurz bevor er starb, hat (er) den Besitz dem Eigentümer übergeben." (MJ 34) WI-»I^'q^"»j§-gq-^qg2;^-q'ajq|^j „Mutter hat mich geschickt, um Magie zu studieren." (MJ 40) flf&'^xjej^q^

„(Der

Text) ist dem mKhos-chung Padma-drag-po-rtsal tatsächlich von einer blauen Frau ausgehändigt worden." (VOHD 10 121) ^ a j - 2 f ^ q ' ^ ' | ^ - q q ^ ' q ^ ^ q ^ - q - ^ - ... qpi'q-ojqj^j

)?Das

Königspaar

ist zusammen mit (seinen) Ministern, Untergebenen und dem Gefolge ... gestorben." (RS 109) j ^ - 2 r ^ ^ ^ ' W - q ^ ^ W ^ ^ I - q ^ l - q ^ | ,j s t der weise Minister von mir ernannt worden oder von dir ernannt worden?" (DB 2r, 6)

5.6 Verb

99

j ) i e Schrift gibt es von da an in Tibet." (DB 2v, 3) ^oj-|j-|^^^-^^-^-^%^-q^^-q^-Sf|^-q^^

„Weil (wir) mit

den Landsleuten und Nachbarn in Harmonie lebten, sind (wir) bis heute glücklich gewesen." (RS 104) ^ q j ^ ^ ^ ^ ^ t ^ ^ w q ^ ^ l

„(Er) hat (es) in dem Kloster

Chos-rdzong von dem gelben Papier abgeschrieben." (VOHD 13: 1599) ^ • q ^ q j ^ q s j f * r o - $ a p „Weil dieses hier benötigt wird, habe (ich es) geschrieben." (VOHD 13: 1599) * r ^ | „Abgesehen von der Mönchsordination wurde der andere (Teil des) Dharma sehr verbreitet. Dadurch wurde Tibet zu einem weißen (d. h. tugendhaften) Bereich gemacht." (DTS 65f) ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ' ^ ^ ^ ^ S ^ ' ^ * 1 ' ^ ^ ! »Indem in jenem Jahr auch 'Dus-srong-mang-rje starb, hatte (dieser) sechsundzwanzig Jahre als König fungiert." (DTS 76) ^•^^•^•qgaj'^q^M-q-aj^- M j e n e s habe ich selbst unmittelbar verfasst." (DTS 305) W ^ k j ^ • ^ • ^ ^ ^ • q - 5 j ^ ^ | j c h habe mich nicht geirrt. Sie selbst haben sich geirrt!" (TS 75) (Die Erweiterung ^^|" zeigt an, dass der Sprecher hier seiner Überzeugung Ausdruck gibt.) ^ ^ • ^ • ^ • q ^ ' q ^ - ^ t ^ ^ ^ I ' l ^ q - ^ i „Weil die Leute mich nicht bleiben ließen, musste (ich) dieses tun." (TS 127f) ^F^^

(verkürzt für ^ ' ^ ' „oben; nach oben" |tö' „Fluss, Strom, Kontinuum" => ä^"^' „fortwährend, kontinuierlich, regelmäßig" (Adverb) Bei einigen lexikaÜsierten Adverbien ist die Ableitungsbasis nicht mehr als freies Morphem nachweisbar oder erscheinen die Bildungen als unmotiviert, z. B. W\^

„aufwärts, empor", s)%x^\ häufig verkürzt zu ^*^* oder gar zu ^*,

„jetzt", i 3 ^ ' „extra, separat" (1^" „Ecke, Kante"), g3^" „zurück; wiederum; heraus, hinaus, nach draußen", ^ 7 ^ ^

„allgemein, im Allgemeinen", ^ * | "

„sehr, äußerst", U3^*/ 3 ^ 7 ü^*^^" „wieder, wiederum, abermals, noch einmal; später".

5.8 Adverb

143

Adverbien können auch von ganzen Phrasen als Basis abgeleitet werden. Beispielsweise wird der Ausdruck $4'®^'^ „ohne dass etwas übrig blieb" bzw. ^ j W I ^ W ^ I ' ^ ^ ' „ohne dass auch nur eins übrig blieb" in der Bedeutung „restlos" gebraucht. ^ l ^ l „(Er) verstand restlos die religiösen Unterweisungen des Vaters." (DTD 38r) äq|"q*g3TO"^'^3&'^

„(Er)

verstand restlos die Worte der religiösen Lehren aller Fahrzeuge." (DTS 167) Einige Adverbien wurden ohne das Suffix §' bzw. eines seiner Allomorphe lexikalisiert, beispielsweise ^*3^* „sehr, äußerst", ^ ' ^ 7 ^"5^ „noch" und " ^ „wiederum, abermals, auch". Bei dem Adverb " ^ ist das zugehörige Suffix nur noch in den Verbindungen ^JC^*^I^* 9 aj^*nw«£ „wieder und wieder" belegt. Man beachte, dass ° ^ ' nicht nur als Adverb verwendet wird, sondern auch als erstes Glied in zusammengesetzten Wörtern auftaucht (vgl. 5.5). Das unveränderliche Adverb ^ " ist nicht zu verwechseln mit dem Suffix ^ * , Allomorph des Suffixes 3F\ Adverbien wurden darüber hinaus auch mit Hilfe anderer Suffixe oder mit Hilfe von Postpositionen gebildet. Bei ihnen handelt es sich vielfach um lexikalisierte Ausdrücke. Durch die Verbindung von Demonstrativpronomina mit den Suffixen ^*, ^ und 3 ^ ' oder mit Postpositionen wurden im Tibetischen Adverbien mit temporaler und lokaler Bedeutung gebildet. Häufig gebrauchte temporale und lokale Adverbien sind ^ * T / ^ t ^ V ^ t * W „dann, danach", | p „Leben". Zweisilbige Lexeme, die durch Derivation gebildet wurden, verlieren bei der Zusammenfügung mit einem Honorificum die zweite Silbe: f^p!5]^" für „Gast", ^ ' für q3f „Hut, Mütze", g ^ " für ^}'5" „Buch". Wird das Honorificum durch Verbindung eines basalen Honorificums mit einem Kompositum gebildet, so ersetzt das basale Honorificum in den meisten Fällen die erste Silbe des neutralen Lexems: §*^'t' für f^'t' „Mitleid", | ^ ' (gor für «tewfgor „Sorge", ^ ' f j ^ ' für sräfljaf „Kopfschmuck, Krone", ^ ^ ' ^ ' für ^ ' ^ ' „Aufenthaltsort, Residenz". Ist das basale Honorificum nicht synonym zum ersten Glied des Kompositums, so kann auch die zweite Silbe des neutralen Lexems wegfallen: 5 ^ ' | J ^ ' für ^ ' „Wunschgebet". Dies gilt jedoch nicht allgemein: ST*^' für ffä „Geschwister; Verwandte". Liegen für beide Glieder des Kompositums basale Honorifica vor, so können auch beide Glieder ersetzt werden: | R ^ für 3^'äj* „Träne". Darüber hinaus gibt es zusammengesetzte Honorifica, bei denen das zugehörige neutrale Lexem nicht Bestandteil des Honorificums ist: ^ a j ' § ^ ' (wörtlich: „Mund-/ Gesichtsschmuck") für pJ'||* „Bart".

S.lOHonorifieum

149

Selten begegnet man in Texten der klassischen tibetischen Schriftsprache den aus dem Lhasa-Tibetischen bekannten höflichen Verbformen, die durch Verbindung eines Verbs oder eines nominalisierten Verbs mit dem Verb *J|^' „geben, gewähren" gebildet werden. sjSawxAq^Nc

etwa zwanzig Jahre blieb (er)

in Klausur." (KR 92) ... „Als (er) nach Zentralnepal ging, ..." (KGBP 56r) Neben den Honorifica kennt das Tibetische einige wenige „elegante und gewählte Ausdrücke, von ehrerbietigen oder höflichen dadurch unterschieden dass sie sich nicht auf die Person des zu Ehrenden beziehen" (Jäschke, S. I): %W) für 1^' „machen", « i ' für *äf „gehen" und ... „Als (er) das Leiden überschritten hatte (d. h. ins Nirvana eingegangen war), ..." (MPDS 198)

2%'%|^Ita|f^^

„Dass (der

König) nicht aus seinem Palast herauskommt, ist die Furcht vor einer feindlichen Armee." (MPDS 204f)

„Dort befindet sich eine aus dem Herzstück des Sandelholzbaumes geschaffene,

von selbst entstandene, wunderbare sPyan-ras-gzigs(-

Statue)." (MPDS 196) ^ ^ f ^ 2 S ^ ^ a } ^ ^ ^ « - q ^ ^ l »Dann ritt der König 'Od-ldan auf jenem edlen Elefanten." (SRBB 339) ^ a j ' ^ - ^ ^ - ^ f - ^ q ^ - ^ - ... „Der König hielt sich beständig in der Nähe der persönlichen Schutzgottheit auf." (MPDS 204) ^ " ^ f : ^ ^

„ In einem Zelt

aus weißer Seide befand sich auf einem Thron aus Kostbarkeiten und einem Brokatkissen (die Statue des) jo-bo Säkya(muni)." (MPDS 210)

160

Syntax

S5b (*', §'): „Danach gelangte König dGa'-ston auf den Thron." (MPDS 181) fi!Wq|^Sfe- „Wohin sind (deine) Eltern gegangen?" (MPDS 186) ^•Bf^aj-^^^n

q ^ - m ^ u j ' ^ - q ^ - q ^ - q ^ q ^ | | ... „Obwohl (er)

zahlreiche kluge Minister nach Indien geschickt hatte, wurde der Wunsch nach einer Schrift nicht erfüllt..." (MPDS 178) % ^ % ^ ' $ ^ ' | r 5 ' § j | ^ u Anfang wurde Tibet in fünf (so genannte) große Hörner aufgeteilt." (MPDS 185) |jarcfo'^|j^

„Weil

der König den Mönchen Blumen streute, wurden (die Blumen) am Himmel über seinem Haupt zu einem Palast." (MPDS 197)

verneigte sich mit Hingabe/ unter Hingabe/ hingebungsvoll und überreichte das Gold." (MPDS 178) ^ • ^ • ^ • 2 f ^ ^ - 5 f ^ q ^ - q | i j ^ - „Der König wies durch seine Befehle im Einzelnen die Minister an." (MPDS 185) ^q^-q^-aj-q^q'|^äB'q^g]^| „Deshalb ist (er) in Tibet als sehr gütig/ als sehr Gütiger bekannt." (MPDS 171)

„Dann rief der König 'Od-ldan mittels eines Boten den geschickten Elefantenbändiger zu sich und sprach (zu ihm) folgendermaßen." (SRBB 339)

6.2 Satzglieder

»Aus

161

c h i n a erhielt

(man)

die

Divina-

tionskunde und die Arznei- und Heilkunde." (MPDS 171)

I ^ ' l ' ^ ^ f ^ ' ^ ^ ^ ' ^ ^ ' l ^ n „(Es) stammt aus den als Notizen niedergelegten Worten des Herrn selbst." (GL 6)

^•^^^^'|^-^I-3y^5j-q^a^3il'^r| „(Er) speiste gemeinsam mit (seiner) Frau zur Unzeit." (MBc 31f) ^^^•^•^•^t^^'^^^^'^^^'^i

»Auch der Buddha 'Od-

srungs kam mit (seinem) Gefolge hierher." (MBc 423) §^%l^"q^

»(Sie) erle-

digten die Aufgaben der die Regierung ausübenden Minister in Übereinstimmung mit den Absichten des Herrschers." (RR 95r)

„(Er) sah, dass für Tibet eine eigene Schrift erforderlich war." (MPDS 178)

^ f ' S ' ^ 2 ^ ^ ^ ! ^ ' ^ ' ^ ^ ^ ^ ^ ' ^ ^ ^ * 5 ' „Nachdem (er) sechzehn scharfsinnigen Ministern Tibets Gold ausgehändigt hatte, schickte er sie nach Indien, um die Schrift zu lernen ..." (MPDS 178) Mehrere Adverbialbestimmungen können - hierarchisch eingebettet - aneinander gereiht werden.

162

Syntax | ^ ' § q ^ | ^

„Erzähle bitte aus-

führlich, ohne in der Trägheit von Körper, Rede und Geist zu verharren!" (MJ 26f) A: ^'qgq-q^^

„ein Stüpa,

der «der mit Lotosrädern Versehene» genannt wird (und) der von dem Buddha 'Od-srung geweiht wurde" (MPDS 196) | f q y l r q % ^ j | 5 W „das Gesetz, nicht zu töten" (wörtlich: „das Gesetz, nicht das Leben abzuschneiden") (MPDS 192) Anrede: >q-rz^•2f|aj-l^oj-|q| ?Hef Elefantenbändiger!

Zähme, zähme die Kraft des Elefanten!" (SRBB 340)

qp

„Oti! Herrscher der Menschen! Bedenke!"

(GNZM 8) Interjektion: ^

„Nun! Ich bin

einer, den der Lama gYung-ston Khro-rgyal hergeschickt hat." (MJ 52) „He! Begreife!" (GNZM 21)

Zur Kennzeichnung der Satzglieder durch Suffixe vgl. auch 7.2.4 (Auslassung von Suffixen).

6.3 Topikalisierang

163

6.3 TOPKALISffiRUNG Im Tibetischen gibt es zwei Möglichkeiten, Satzglieder oder Satzgliedteile hervorzuheben: zum einen durch Positionierung eines Satzgliedes im Vorfeld des Satzes und zum anderen durch Anfügen von Suffixen. Beide Möglichkeiten werden häufig kombiniert. Wird das i. d. R. ohnehin im Vorfeld des Satzes stehende Subjekt des Satzes topikalisiert, so verliert das Subjekt eines kontrollierbaren Verbs sein Suffix. r^l-g- „Diese Tigerin, was frisst (sie) als Nahrung?" (MBc 26)

Zumeist wird jedoch auch in der Satzanfangsstellung das hervorgehobene Satzglied zusätzlich durch das hervorhebende Suffix ^' gekennzeichnet.

„Was diese Gelübde betrifft, (so) sind (sie) etwas, das (man) mittels Körper, Rede und Geist, (allen) dreien, hüten soll; es ist nicht erlaubt, (sie) zu brechen („zu übertreten")." (RZ II 411) ^ • ^ q ^ ^ ^ ^ a j - q a ^ ^ ^ - ^ ^ ' q ^ l ^ - „Was den Schreiber angeht, so hat es dge-slong sKal-bzang-blo-gros rasch niedergeschrieben." (VOHD 13 2134) Dem topikalisierten Satzglied kann ein lokales, temporales oder kausales Adverb vorausgehen. ^ ' s f i ... „Was dann die Mantras betrifft, so sind es diese beiden: ..." (VOHD 13 1973)

164

Syntax es,

Das Suffix *\ kann zur Hervorhebung eines Satzgliedes auch einem syntaktische Funktion tragenden Suffix angefügt werden. j „Durch Zucht erlangt (man) eine glückliche Wiedergeburt." (SBM) ^•oj^^-q^-cfq^-qqq^i

i9Aus

jenem (See) ergießen sich die vier

großen Flüsse." (SBRG 4v) §2S^qy^-«£^xw^

„Nachdem

jene Flüsse den See Ma-dros-pa jeweils siebenmal rechts herum umkreist haben, fließen sie (weiter)." (SBRG 4v) ^•3^'^^qq|"^-q|^

U' q '^'|

qq'x^x^arqj^^^^ q|^^^^'aj^^^pq-aj'|-q^-^^-^^-ar|

HAm

äV^'^'^p'^'

Himmel, der sich von

hier aus 40.000 yojana nach oben erhebt, stützen sich auf einer sich rechts herum drehenden Windscheibe, die rein und frei von Bedeckungen und äußerst fest ist, Sonne, Mond, Mondhäuser usw. und auf ihnen wohnen die am Himmel wandelnden Götter." (SBRG 6r) Das durch das Suffix ^' hervorgehobene Satzglied kann auch im Mittelfeld des Satzes stehen. ? D a s i s tg u t / e t w a s

Gutes." (mit der Betonung auf „gut")

(DTS 192) ^^^•q^ai-^^^^|^q^'ü^^ j

e n e

Blinde hatte keine Söhne, aber

(sie) hatte sieben Töchter." (MBc 358) Eine topikalisierende Funktion können auch die Suffixe 2F', ¥j und °f übernehmen. Siehe hierzu die Beispiele unter 7.2.2: 3 F (1), ^* (1), ^* (4).

6.4 Satzarten

165

6.4 SATZARTEN Ein Aussagesatz wird am Ende durch das Suffix -^' bzw. seine Allomorphe markiert. ^ ' ^ - ^ ^ - | ^ - ^ | „Die Minister sprachen folgendermaßen." (MBc 342) ^ ^ " l ^ ^ ' ^ ' ^ ' ^ ' 5 ^ ' ^ ! „Aber jenen Jüngling verlangte es nach jenem Mädchen." (cW|*J' ist ein nicht-kontrollierbares Verb.) (MBc 354) In vielen Texten werden jedoch Aussagesätze am Ende nicht markiert, sondern schließen unmittelbar mit dem bloßen Verbalstamm. Das Suffix -°? wird in solchen Texten nur zur Markierung tieferer semantischer Einschnitte verwendet. „(Er) ging ins Obertal." (RS 7) „(Er) nahm ein Bier." (RS 107)

g ^

|

-

|

„Dann ging (er) in das

Gebiet von Kong-po. (Er) traf mit dem allwissenden Karma-pa zusammen. (Er) erbat (von ihm die Unterweisungen) Zab wo nang don und rLimg sems dbyermedkyikhrid"

(BPKL 9f)

Die Entscheidungsfrage wird am Ende durch das Suffix -\ und I f ^ ' f ' , häufig verkürzt zu %^\

Beide

werden in der Bedeutung „nicht zu reden von, ganz zu schweigen von, abgesehen von, braucht man gar nicht erst zu reden von" gebraucht.

6.5 Komplexer Satz |

^

219 „Ganz

zu

schweigen von

der Erlösung - es liegt noch nicht einmal die Grundbedingung für das Erlangen bloß eines Körpers der höheren Existenzformen vor." (SBM) „Heutzutage scheinen die Verrichtungen für die Weiheübertragung ausgeführt zu werden, ohne auch nur bezüglich der Rezitation und der Anordnung der Ritualhandlungen Sicherheit zu besitzen, ganz zu schweigen von Studium und Meditation." (VOHD 13 1566) „Solange die (buddhistische) Lehre für die Hör nicht erschienen war, gab es - nicht zu reden von ganz Tibet - noch nicht einmal einen König, der über ganz dBus und gTsang herrschte." (DDG 96r) [•aj-||'^^*q^aj^'uj^'g^q3;-q^^ j | ^ o r W ' S ' ^ 5 ^ W ^ ^ T |ij-yq^q-q^-c^r;*q^q^*af

??Wenn

(ich) es bereits

akzeptieren würde, wenn der große König mir eine Hündin (zur Frau) gäbe, braucht man darüber, dass (mir) die leibliche Tochter des Königs gegeben wird, erst gar nicht mehr zu reden. Gerne will (ich sie) der Weisung (des Königs) gemäß (zur Frau) nehmen." (MBc 50) Die Redewendung ^#§^*, *!]#q'§^r oder ifär wird in der Bedeutung „beginnend mit, unter Obenanstellung, angeführt von" gebraucht. Dem vorangehenden nominalen Ausdruck wird das Suffix 3^* bzw. eines seiner Allomorphe angefügt. „die Dorfbewohner und Nachbarn, angefangen mit Onkel und Tante" (MJ 37) j

^

^

^

^

l

„Sie überreichten dem König

ein Schreiben mit Beigabe, z. B. Gold und Silber, wobei eine

220

Syntax Elefantenlast und ein Rhinozerus mit weißem Kopf die Hauptsache waren." (RS 111) ^ • | W ^ ^

„die Minister, angeführt

von den Rin-spungs-pa und den 'Phyong-rgyas-pa, den beiden" (RR 87r) I^^'^^'tK15^*1! ^g^^^«"^'^^'«J'^'W^^'^'^"

„Begin-

nend mit den beiden Buddhastatuen (im Jo-khang und im Ra-mo-che) besuchte (er) ausführlich z. B. Sera, Drepung und Ganden, die drei." (ES 69) Der Ausdruck ^T^^j^* bedeutet „nicht inbegriffen in, nicht gehören zu, abgesehen von, außer". ^ • | W ^ - ^ ^ ^

„Abgesehen von der

Mönchsordination wurde der andere (Teil des) Dharma sehr verbreitet." (DTS 65f) ^ ^ ' [ ^ • « • ^ ^

„Vom

(Kloster)

rGyal-lha-khang abgesehen habe (ich) keine Texte über die Äbterfolge der drei anderen (Klöster) gefunden." (DTS 117) sjj^'Sj'sjc^jj „Abgesehen davon, dass Ar einen Sommer auf dem (Abt)sitz saß, war danach vom männlichen Holz-Maus(-Jahr) bis zum WasserAffe(-Jahr) der (Abt)sitz leer." (DTS U8f) ^ • ^ • a ^ ^ ^ ^ ' ^ q - a j q ^ q ^ q ^ ^ i „Außer wenn (der Lehrer) sagte 'Jetzt geh!', hatte (ich) noch nicht einmal die Freiheit, hinter die Tür zu gehen." (KR 75) Das Konverb q ü ^ f , abgeleitet von dem Perfektstamm des Verbs °£$\ „festhalten, ergreifen", wird in der Bedeutung „von da an, seit, seitdem, beginnend mit" verwendet. Das Konverbsuffix fällt gelegentlich aus.

6.5 Komplexer Satz ^

^

221 |

„Von

da an

schwanden die Verdienste Tibets gleich der Butterlampe, der das Öl ausgegangen ist." (DDG 31r)

„Seit (ihm) wiederum von oben der (chinesische) Kaiser zahlreiche Boten geschickt und das Kristallsiegel und eine größere Menge verschiedener Kostbarkeiten gewährt hatte, ließ (man) den Ruhm des Grags-pa-rgyal-mtshan herabfließen wie einen Fluss im Sommer." (DDG 79r-v, DDG B 77) ^^%^^^'q^'^'^^sr^^^r^

„Was Thang-tha'i-

dzung angeht, so fungierte (er) beginnend mit dem männlichen FeuerHund^ Jahr) dreiundzwanzig Jahre als König." (DTD 9r, Dung 17) „Seitdem (er) auf den Thron gelangt war, gab es auf der ganzen Welt keine Hungersnöte und Seuchen." (RR 83v) ^ ^

^ s e i t ^er Zeit von)

Ta'i Si-tu, dem Höchsten, (und) solange die Hierarchie der oberen und der unteren (sozialen Klassen) Tibets nicht in Stücke gefallen war, waren diejenigen, die politisch deutlich hoch standen, zumeist dem (Phag-mogru-pa-)Regenten, dem Höchsten, verpflichtet." (RR 105v) In den obigen Beispielen fordert das Verb °^\ stets die Suffigierung des Objekts mit ^ " . Dies gilt jedoch nicht generell. Man vergleiche die beiden folgenden Beispiele: ^

„Leute, die die (buddhistische) Lehre befolgen/ die

Lehre festhalten" (BS)

222

Syntax | „Der großherzige Lama ergriff meine Hand/ ergriff mich bei der Hand." (TS 110)

Im letzten Satz ist die zugrunde liegende Vorstellung die, dass der Lama mich von meiner Hand her ergreift. Wird das Verb ( w\' - wie im letzten Beispiel - statt mit einer temporalen mit einer räumlichen Konzeption verbunden, so taucht gelegentlich in gleicher Konstellation statt ^

auch das Suffix GW auf. Im Lalitavistarasütra findet sich

folgendes Beispiel (Lal): ^ j

„Indem (sie) die rechte

Hand ausstreckte, ergriff (sie) den Zweig des Feigenbaumes." Ungewöhnlich ist in gleicher Konstellation die Verwendung von ^ statt ^ - „(Sie) ergriff mit der rechten Hand den Zweig jenes (Baumes).",

„(Sie) fasste mit der rechten Hand an den

Zweig jenes (Baumes)." (TST 20)

223

7. ANHÄNGE 7.1 KLASSIFIKATION DER GRAMMEME In dem folgenden Register werden die im Handbuch behandelten Grammeme aufgeführt. Bei den Postpositionen (PP) und den Hilfsverben (HV) handelt es sich um freie Grammeme. Präfixe (PF) und Suffixe (SF) dagegen sind gebundene Grammeme. Zu den Hilfsverben zählen hier nicht die Modalitätsverben, sondern lediglich die Verben, die zur Bildung analytischer Verbformen verwendet werden. Die Postpositionen sind aufgelistet in Abschnitt 7.3, die Präfixe in Abschnitt 7.2.1 und die Suffixe in Abschnitt 7.2.2. Die als Hilfsverben fungierenden Seins- und Zustandsverben werden in Abschnitt 5.6.3.2 nicht im Einzelnen aufgeführt. Stattdessen wurden i. d. R. pauschal die Begriffe Seins- und Zustandsverben verwendet. In der folgenden Liste sind sie jedoch einzeln aufgeführt. Aufgenommen wurden außerdem einige wenige Modalitätsverben (MV), bei denen auf Besonderheiten hinsichtlich ihres Verhaltens hingewiesen wurde, sowie eine Reihe von Verben - einschließlich negierter Verben -, deren Gebrauch grammatikalisiert wurde (GV). 0-SF

pp

T-SF

•f-SF 3F - SF

tl'-SF f^'-SF

Spj-sj1 - pp l^-oj- pp

§*J' - SF

f^-SF

äF^-pp F - PP

I W _ pp - pp

224

Anhänge

- SF - PP - _ pp -_ pP - - PP 1[-SF

pp

- SF

^*J' - SF - SF pp

(5.6.3.2.3-5/7-8/12/22/ 24/28-29) - SF ' - SF

§ F - SF

«^-SF

^ ' - H V (5.6.3.2.17-18)

SF - SF

t^' - SF &' - SF

2JW9 qjq* _ gp

S'-SF

^•-SF

%*\ - SF

^ ' - M V (5.6.1.3)

SJf-SF

^ ' - H V (5.6.3.2.25/27)

S«r - SF

^ ' - H V (5.6.3.2.15-16)

5^' - SF

f-SF S'_SF

7.1 Klassifikation der Grammeme - SF

225

- GV (S. 345) pp

- M V (5.6.1.3) «ll«r - HV (5.6.3.2.3-5/7-8/12/22/ 24/28-29)

SF SF

*-PF (5.6.3.2.25) J-SJ- _P p

ffr-SF ^

- SF

5*r - SF - HV (5.6.3.2.3-5/7-8/12/22/ 24/28-29)

if-SF - HV (5.6.3.2.3-5/7-8/12/22/ ' - GV (6.5.7)

( f ^ ) - G V (6.5.7)

24/28-29) HV (5.6.3.2.6) (5.6.3.2.7-8/10)

(f) - GV (6.5.7)

- SF ' _ SF SF ' - HV (5.6.3.2.26)

' - SF - SF

226

Anhänge

y - SF

| ^ ' - H V (5.6.3.2.13/22)

>J"-SF

I ^ ' - H V (5.6.3.2.25/27) E^q^-qjsj^ ^qc,-oi*!- _ pp

«$ - SF ^'-SF

*!" - PF, SF

- _ GV (6.5.7)

3f-SF ^»«r - SF

5j-$^- _ GV (6.5.7)

er-SF q«r _ SF

«"3^ - GV (6.5.7)

«waf - SF

«' - PF, SF

tf-SF

»b^'-GV (6.5.7)

s»r - SF

^«r-SF är-SF

| ^ - - PP

«S" - SF

I^'-HV (5.6.3.2.19)

PP f ^ - H V (5.6.3.2.21) #, #*;• -

SF

r - SF pp "-SF T - SF

- GV (6.5.7) :

'^'S*I' - GV (6.5.7) ' - GV (6.5.7)

'''-SF

a^'-SF

227

7. l Klassifikation der Grammeme " - SF

(5.6.3.2.26)

- - SF

SF «l' - pp -PP

' - SF, HV (5.6.3.2.1-2/6/22/30) _ SF

*\ - PP F

' - H V (5.6.3.2.20) - HV (5.6.3.2.3-5/7-8/12/22/24/

SF - HV (5.6.3.2.25/27)

28-29) ^ - a j - _ pp

- _ pp

ffi;, f \ t F $ - PP

SF -^ - SF

SF

^ ' - M V (5.6.1.3) »»• - SF

" - SF (6.5.7)

q^q|«I- _ HV (5.6.3.2.7-8/10) (5.6.3.2.1/22/30)

% - H V (5.6.3.2.26) q ^ ( f ) - GV (6.5.7)

r - SF

-OK - SF

.q*j- _ SF

ajq|«r - SF, HV (5.6.3.2.1-2/30)

-*' - SF

-5' - SF -^ - SF ar

-

pp

(5.6.3.2.20)

af-SF

228

Anhänge -«J'-SF

TW - SF

»IS]' _ SF - SF SF (5.6.3.2.14)

•^'-SF

% - S F , HV (5.6.3.2.27)

3f*T - SF

- - SF

W-PF

>• - S F

7.2 AFFIXE 7.2.1 PRÄFIXE

1) intensiviert unmittelbar vor Verben, die ein Zu- oder Abnehmen ausdrücken (z. B. ( ^ a j ' „zunehmen", ^5F' „abnehmen", s ^ ' „sich ausbreiten"), den beständig zunehmenden Grad einer Sache.

„Dadurch, dass man das große Mitleid nicht nur einmal hervorbringt, sondern sich daran gewöhnt, es immer weiter zu vermehren, ..." (TL 293) 2) bezeichnet unmittelbar vor einem Adjektiv und in Verbindung mit Verben wie „derjenige, der den Dharma erklärt" (MJ 25) r „(etwas) falsch sehen, falsche Ansicht hegen" => ', verkürzt zu ä«|"apj(^' „jemand, der falsche Ansichten hegt" (MJ 25) 2) bezeichnet als denominales Ableitungssuffix jemanden, der Können oder Erfahrung in Bezug auf die im Stamm bezeichnete Sache besitzt. 1' „Wegkundiger" (SBM g" „Ton", „Lehm" => irsip^- „Töpfer" (SBM) az

' T, Kurzform von °fä|" „Buchstabe; Schreiben, Text" =>

o)q|-«ip^ „Schriftkundiger" (TS 99)

1) ist als nicht mehr produktives Nominalsuffix in einer Vielzahl lexikalisierter Ableitungen enthalten.

250

Anhänge iy „Thangka" (religiöses Rollbild) iy „Zweig"

2) dient der Bildung von Kollektivzahlen. Nebenform zu ^' 2. 3) ist Nebenform zu ^]* 3.

Allomorph zu -°^'

Allomorph zu §'

Allomorph zu §^'

Allomorph zu §^"

Allomorph zu - $

Allomorph zu -^"

Allomorph zu §*

Allomorph zu 3^"

Allomorph zu §^"

7.2 Affixe: Suffixe

251

wird einem Verbalstamm angefügt, um Zweifel oder Unsicherheit zum Ausdruck zu bringen.

^ b Herrscher, Minister und Untertanen des (Königreichs) bKod-legs-'od-snang wohl die Gelegenheit erhalten werden, frei von Missgeschick glücklich zu leben?" (GNZM 24) „Könnte es nicht vielleicht sein, dass (du) eine Kunde gehört hast, welche dir missfällt?" (SRBB 433)

5F*

deverbales Nominalsuffix, das in Verbindung mit dem Verb §^* „machen" die Bedeutung „Vorbereitungen treffen zu" und in Verbindung mit einem Seinsverb die Bedeutung „im Begriff sein zu" hat. Vgl. 5.6.3.2.29-30. jjq* ' ^ -

„(Ich) traf Vorbereitungen zu kommen." (MJ 70.5)

rmr

^•q^gjq^'l^-l^-q^'q-aji „Meine Freunde wa-

^#

ren alle dabei, Vorbereitungen für die Rückkehr zu treffen." (MJ 39. 10)

i^

(MJ 65. H

& ... „Als (ich) im Begriff war, (es) zu tun, ..."

t S „(Sie) waren im Begriff zu töten." (Ja)

kennzeichnet als deverbales Nominalsuffix eine Menge bzw. Gesamtheit des im nominalisierten Ausdruck ausgesagten Sachverhaltes.

Anhänge

252

„alles, was (man) wünscht" (SBM)

Dem Suffix kann zur Verstärkung der Bedeutung ein Indefinitpronomen folgen. •aai«r5*y „all das, was (man) wünscht" (SBM)

Dem Suffix kann zur Verstärkung der Bedeutung das Suffix angefügt werden. P^'Sqy „alles, was (man) weiß" (SBM) '^'OTj' „alles, was gesagt wurde/ wird" (TM)

Als freies Morphem ist ^ J das Zahlwort für „neun".

bezeichnet als deverbales Ableitungssuffix ein Gerundivum („ein zu Verrichtendes"). Vgl. 5.6.3.2.22-24. sJS^'^awg'il' „das zu Überantwortende" (MJ 31, zum Kontext vgl. unter 7.5.3.) ^ ' ^ ^ ' ^ ' ^ S T I l ^ ' „Wenn (ihr mich) nicht (gehen) lasst, werde/ muss (ich) heimlich gehen.", „... bin i ch ein heimlich zu Gehender." (RS 104) ^•afe^*q^^'gj£'g;gj'3^|| „Selbst wenn Gott Brahma käme, hätte (er) nichts (mehr) zu tun." (BSGR 45) Die Silbe |x besitzt als freies Morphem entweder die Bedeutung „Ursache" oder „Material, Stoff, Substanz".

7.2 Affixe: Suffixe

253

ist als deverbales Nominalsuffix Bestandteil lexikalisierter Ausdrücke, ff folgt auf den Präsensstamm des Verbs. §f (h) „Tätigkeiten, Angelegenheiten, Aufgaben, Verhalten"

^§fff „Ausgaben" 3"ff „Bestechung" 'ff „Idee, Vorstellung" Als freies Morphem hat ff die Bedeutung „Tür; Mittel, Methode". Es kommt in diesen Bedeutungen auch als zweites Glied von Komposita und Kurzwörtern vor (%'%' „Nasenloch, Nüstern", 9£!^!"f|* „Mittel, Verfahren, Methode", Kontraktion von

Allomorph zu - ^ *

Allomorph zu -SJ'

Allomorph zu -^*

wird Personalpronomina zur Pluralbildung angefügt. q|- „Wir" (SBM) V*\ „wir" (SBM) &\ „ihr" (BS)

254

Anhänge „ihr" (TS 160)

1) leitet aus Substantiven Adjektive und Substantive ab, die den Besitz der im Stamm bezeichneten Sache anzeigen. ^ « r „Stärke" => ^W"« ^' „Stärke besitzend", „stark" ^ * „Tugend" => ^ '&\ „Tugend besitzend", „tugendhaft" g ^ & i a j u ^ q ^ „eine, die die Gestalt einer Frau besaß, nackt war und einen Vogelschnabel hatte" (KGBP 45r) 3^* kommt in einer Reihe lexikalisierter Ableitungen mit substantivischer Bedeutung vor. '' „Geist" => ^I»J«i^' „Geist besitzend", „Lebewesen" ' „Schnee" => ^ ^ ' ^ ' „Schnee besitzend", „Tibet"

wird Zahlwörtern angefügt und hat die Bedeutung „zusammen; zugleich". ' „zugleich" ^^ „alle fünf zusammen" ^^^ai-qq-^'^q^ajj

3 e i d e zusammen, die reli-

giöse und die weltliche Herrschaft, wurden in die Hände des rgyal-ba (Dalai Lama) gelegt." (Zum Kontext vgl. 7.5.2.)

7.2 Affixe: Suffixe

255

Das freie Morphem 3^* hat die Bedeutung „immer, fortwährend". ^ * wird auch verkürzt für S 2 ^* „Regen" verwendet. Außerdem kann es sieh um das Lexem 5' „Teil" handeln, das um das Suffix -^ erweitert wurde.

(Allomorphe: 1) Indefmitsuffix, wird i. d. R. als unbestimmter Artikel übersetzt. ' * ? % „eine Alte" (BS) iJ^qy „ein großer tibetischer Gelehrter" (BS)

Hinter pluralischen Bezugsgrößen weist das Suffix darauf hin, dass die auf diese Weise zusammengefasste Entität als eine vergleichsweise geschlossene Einheit aufzufassen ist. Diese Bedeutung lässt sich in der Übersetzung nicht immer wiedergeben.

... „Weil jener arme Mann dem Buddha und der Gemeinde zu jener Zeit zwei Goldmünzen überreicht hatte, ..." (MBi 57) ^ i f ^ ^ ^ ^ ^ „Als eine Alte dabei war, (den Stüpa) zu restaurieren, kamen zehn Besucher." (MBi 401) ^ J

„Was die Verfasser von Texten über sädhana,

Mandala-Ritual, besondere Unterweisung etc. betrifft, so gab es anscheinend eine sehr (große) Viel(zahl)." (SBM) 2) Satz abschließendes Suffix des Befehlssatzes. Vgl. 6.4.

256

Anhänge §q|- „Mache (für mich) Zuflucht und Geleit!" Das Suffix kann hinter Imperativstämmen wegfallen. „Den König machst du!", „Du wirst

(Allomorphe: i^", 1) bildet Konverben zur kopulativen, temporalen oder modalen Verbindung von Prädikaten oder Teilsätzen („und", „nachdem", „indem", Partizipialkonstruktion). Vgl. 6.5.3.

„Auf einer sich rechts herum drehenden Windscheibe stützen sich Sonne, Mond, Mondhäuser (Sternbilder) usw. und auf ihnen wohnen die am Himmel wandelnden Götter."(SBRG 6r) a ^ ^ E ^ ^ x i ^ ^ ^ q i - q ^ ^ - a ^ ^ - f i ? ] "(Er) lebte dort viele Jahre und erfuhr unermessliches Leid." (MBc 421) ^ • l ^ q ^ q ^ - ^ - q ^ j ?Weil ( sie ) gebeugt gehen, sind sie dud 'gro («Gebeugtgeher», d. s. Tiere)." (SBRG 9r) 2) zeigt als Verbindung zwischen einem Verb und einem Seinsoder Zustandsverb den Progressiv an. Vgl. 5.6.3.2.8.

5^J'WJ] „Als (er) traurig war, fragte (ihn) das Raubtier: 'Warum bist du so traurig?'" (MBc 111)

7.2 Affixe: Suffixe

^

257

i ies: jjf) o r q § w ^ i | „Der Lama,

der gerade speiste, wurde zornig und erhob sich." (MJ 57) • o j ^ ^ ^ ^ H f | ^ - l ^ ^ | „Unterwegs, als die Mutter (uns zum Abschied noch) ein langes Stück begleitete, und dort, wo (wir) unser Abschiedsbier tranken, gab die Mutter meinen Freunden beständig zahlreiche Ratschläge (mit auf den Weg)." (MJ 38, Ausgaben B, D) ^ • ^ ^ • ^ • ^ ^ ^ ^ ^ • q - o j ^ j mmm 9?Als eine Alte dabei war, (den Stüpa) zu restaurieren, ..." (MBi 401)

(Allomorphe: ^*, *Pf) kennzeichnet das Ende einer wörtlichen Rede. Im Unterschied zu 3^* wird es nicht in Verbindung mit einem nachfolgenden Verb verwendet. Belegt ist es nur mit der zusätzlichen Suffigierung durch das Satz abschließende Suffix -**" oder das Konditionalsuffix ^\ Die Suffixverbindung ^

schließt in den meisten Fällen

einen Fragesatz ab. Im Deutschen wird es adäquat wiedergegeben durch „man sagt", „es heißt" bzw. nach einem Fragesatz „man fragt". Gelegentlich genügt im deutschen Text auch die Wiedergabe durch Anführungszeichen. Vor dem Ausdruck ^ * fällt die Prädikatskopula ^ ' häufig aus.

^ ^ ^ l „Es ist so, wie es im (Sütra) 'Phags pa dad pa'j stobs bskyed pa verkündet wurde: 'Was diesbezüglich diejenigen von großem Mitleid

258

Anhänge angeht, so gibt es überhaupt kein leidvolles Leben, das (sie) nicht für das Bewirken der vollkommenen Reifung aller Lebewesen akzeptieren würden, gibt es überhaupt kein glückliches Le-ben, das sie (deswegen) nicht aufgeben würden.'" (TL 294)

„Wenn (man) fragt 'Welche sind die fünf?', so wurde verkündet: '(Es) sind (die Weisheit der) vollkommen reinen Dharmasphäre, die spiegelgleiche Weisheit, die Weisheit der Gleichheit, die Weisheit individueller Unterscheidung und die Weisheit der Vollendung der Taten.'" (BS)

„Wenn man fragt 'Was ist die edle Wahrheit vom Leiden?', so ist es so, wie zuvor (gesagt), das Leiden der Geburt etc." (BS) kann in der Kommentarliteratur auch die Erläuterung eines Zitats aus dem kommentierten Grundwerk abschließen. Zu einem Beispiel s. 6.5.5.

Siehe unter &.

Siehe unter

(Allomorph:

7.2 Affixe: Suffixe

259

kennzeichnet das Ende einer wörtlichen Rede. Die durch S*T markierte Phrase fungiert im Trägersatz als Adverbial und nicht als Objektsatz. Vgl. 6.5.5. „..., so sprach (er)." r

^ j „ . . . so dachte (er)."

Wird an 3^J* das Nominalsuffix ^' angefügt, so kann die so markierte Phrase jedoch auch die Rolle anderer Satzglieder übernehmen. *! .(Er) ermahnte (ihn) beispielsweise mit den Worten '.. .'" (BS)

|l...„Der

Dharma ist wie folgt: ..." (BS)

Man beachte, dass im letzten Beispiel die Prädikatskopula vor dem Suffix ff ausgefallen ist. Die Suffixverbindung W^T kann auch einen vorstehenden Eigennamen kennzeichnen.

f 1 „Im Norden wird ein Mönch namens Tsho-byed, ein Anhänger des Mahäyäna, erscheinen." (BS) Ähnlich wird auch die Verbindung von 5*r und dem aus dem Futurstamm von g.^* („machen", „sagen") abgeleiteten Verbalnomen §,*^# verwendet. In der Übersetzung lässt sich der Ausdruck S*r§,'*r mit „zu Nennende(r, s), Genannte(r, s), namens" wieder-

260

Anhänge geben, doch genügt häufig die Identifikation des vorstehenden Ausdrucks als Eigenname. q ' ^ d ^ w g ' q ' ^der König namens Mya-ngan-med", „der König Mya-ngan-med" (BS) Gelegentlich wird nach dem Suffix 3^T ein Verb mit der Bedeutung „sagen" ausgelassen. In einem solchen Fall kann an ^^* auch unmittelbar das Satz abschließende Suffix -^* gefugt werden: 3*T$fj „... so heißt es."

wird an das Satz abschließende Suffix -^" (bzw. eines seiner Allomorphe) gefugt und und kann ähnlich wie das Suffix ^7 ^" vollständige Sätze als Satzglieder in übergeordnete Sätze einbinden. Zugleich wird mit dieser Silbe eine Menge bzw. Gesamtheit des im nominalisierten Ausdruck ausgesagten Sachverhaltes bezeichnet. W|' „alle Buddhasphären, die es gibt", „sämtliche Buddhasphären" (SBM) ^ « • ^ ' ä ^ ^ ^ ^ ^ f ^ l " „alle, Mönche, die es auf der Welt gibt" (BS) Das Suffix W|" kann auch zur Verstärkung dem deverbalen Nominalsuffix ^ ^ angefügt werden. Vgl. ebenda!

ist als nicht mehr produktives Nominalsuffix in lexikalisierten Ableitungen enthalten.

7.2 Affixe: Suffixe

261

„(tibetisches) Buch" „Schmuck" „Musikinstrumente" S' „Waffen"

Als freies Morphem hat ** v. a. die Bedeutung „Teil". In dieser Bedeutung findet sich ** auch als zweites Glied von Komposita: 'S' „oberer Teil", %ft&' „unterer Teil", ^§"5* „Hundertstel".

Siehe unter ^ .

1) dient zur denominalen Ableitung von Abstrakta. Solche Ableitungen finden sich v. a. unter den aus dem Sanskrit übersetzten termini technici der buddhistischen Philosophie. ^ ' „leer", „Leere" => 1p ^'9^\ verkürzt: 1jj^"9^' „Leerheit" «' „Dharma" =

2) wird als Gradsuffix Personal- und Demonstrativpronomina, seltener beliebigen Substantiven, angefügt, um diese entweder besonders hervorzuheben oder um anzuzeigen, dass keine andere als die genannte Person oder Sache in Frage kommt.

262

Anhänge Die mit yF\ abgeleiteten Personalpronomina werden besonders in eleganter Redeweise benutzt. %f\ allein wird auch als elegante Form für (S^ „du" verwendet. Es handelt sich hier um eine Verkürzung von IST9T- ^on

dieser

Ausnahme abgesehen wird ^jF\ im Gegensatz zu ^

(„selbst,

eigen"), das ebenfalls Nomina verstärkend hinzugefügt werden kann, nicht als freies Morphem verwendet.

fj^'

Gradsuffix, das als Ableitungssuffix hinter Zahlwörtern und Mengen- oder Größenangaben in der Bedeutung „ungefähr, etwa, wie" (Vergleich) verwendet wird. Vgl. &f 1. „ungefähr tausend" „wie viel ... so viel"

Suffix zur Bildung einer analytischen Verbform, die irreale Sätze abschließt. Der mit ^ * beschlossene Satz beschreibt eine Folge, die mit Sicherheit eintritt, wenn die im vorangehenden Satz genannte Bedingung nicht erfüllt wird. Das Suffix ist anscheinend nur nach ®&^ bzw. 3 ^ ' belegt. Laut Jäschke richtet sich dieses Suffix im Anlaut nach dem Auslaut der vorangehenden Silbe. Aufgrund des ausgefallenen ^ ' 5 ^ nimmt es nach ^IF" die Form ^ " an. Es liegen allerdings keine Textbelege für Allomorphe vor. Die Formen ^iF^*^* und iF^* 2 ^ scheinen synonym zu sein und sich beide auf ein zukünftiges Geschehen zu beziehen.

7.2 Affixe: Suffixe

263

„Sage zum Tathägata nicht

'Leben

Besitzender'

(äyusmat)! Sonst wirst (du) bestimmt für lange Zeit unglücklich." (BS)

^ ^ |

„Verletzte nicht

das Siegel der Zucht! Sonst würden (für dich) gewiss der gute Geschmack der fünferlei Begierden von Göttern und Menschen, die Makellosigkeit, die 37 Faktoren der Erleuchtung, das Glück des Nirväna und der unermessliche kostbare Dharma leer werden." (MBc 143)

Allomorph zu -*W

(Allomorphe: $, $, -*, *J") 1) kennzeichnet adverbiale Bestimmungen (Lokal-, Temporal-, Direktional-, Benefaktiv-, Modal- und Resultativbestimmungen). Vgl. 6.2. ^ I l t ^ «(Er) trug in der rechten Hand einen Ritualdolch" (RS 107) i^W^ "^ r ^ übersetzte ins Tibetische." ^"' „Sie wurden zu Gläubigen." => „Sie wurden gläubig." (MJ 142) " ... „von wo nach wo (sie) auch geboren wurde, ..."(MBc 161)

264

Anhänge " a w „der sehr tiefgründige Dharma" (3q'*r ist nominalisiertes Verb.) ^ a j - ^ ^ ä j q p j - q ^ q ^ i ^r hütete die Zucht auf gute Weise." (SBM)

^ T O ^ ' W ^ I ^ W ^ ' f * ^ „Padma-'byung-gnas aus O-rgyan verwandelte sich in einen alten Bettler." (BKT 101) Hierzu gehören auch die im Deutschen mit Hilfe des Funktionswortes „als" wiedergegebenen Artangaben bzw. Artergänzungen. ' „Die Tochter wurde als Braut geschickt." (MB 157) ^ q § ^ . " ^ ' ^ q ^ ' ^ ^ ' ^ ^ q ^ ^ ^ ^ »Die acht Gebirge und die sieben Ozeane existieren als Viereck." (SBRG) ^ - § ^ ^

„(Er) wurde

in lHo-brag Gru-shul als Sohn des reichen Vaters mDo-sdedar und der Mutter Sri-thar-sman, der beiden, am 15. Kalendertag des ersten Herbstmonats (= 7. Monat) geboren." (BJCB 464) ^ • 2 f ^ o j ^ - a j ' ^ - a | ^ ^ q g j ^ - „(Er) erbat beim König gSal-rgyal jene Tochter als Frau." (MBc 399) ^ l | ^ ^ ' S q p i - j ^ c j ^ q a q ^ 8 „(Es) wurde im (Kloster) dGa'-ldan-phun-tshogs-gling als Druck ausgeführt." (BKT 113)

7.2 Affixe: Suffixe

265

An das deverbale Nominalsuffix ^7 *T angefügt kann §' ebenso wie das Suffix W (2) ein temporales Verhältnis zwischen zwei Verbalhandlungen ausdrücken.

"S^^faFW] „Als die

Alte gesagt hatte

'Bettler! Wohin gehst (du)?', sagte (er): 'Alte Mutter! Ich gehe jenem im Obertal lebenden Mädchen Worte entlocken.'" (RS 7) 2) kennzeichnet als Verbergänzungskonstruktionen fungierende Teilsätze, die einen Verbkopf adverbial näher bestimmen (Adverbialsätze): Viele solcher Konstruktionen werden im Deutschen als Gliedsätze wiedergegeben: Subjekt-, Objekt- oder Adverbialsätze (und zwar Final-, Konsekutiv- oder Modalsätze). In manchen Fällen bietet sich auch der Nominalstil an. Vgl. 6.2. -qq-^-Hf „der Minister, der geschickt wurde, um. die. J ^

(RS 111) sah, (VOHD

10 336) Üj^-qpk-afq^q^q^oj* " ( E r )

wurde

aufgefordert, da.s_Rad

der_Lehre zu.drehen." (BS) -ojayq^q' «( Er ) betete ein Wunschgebet, jc^

"(Er) betete ein

Wunschgebet um Ausbreitung des Abhidharma." (BS)

266

Anhänge | ... „Nachdem (sie) hineingegangen waren haben, ..." (RS 109) s^"«wq*;5«rwr ... „Weil gewiss ist, das^.(man)__schnell stirbt, ..."(SBM)

f i ^ ' ^ ' bekannt."

=>

q

^ 5 ! ^ '

„Bekanntlich

gab

,aas.s_....._es_._zuin es

in

Indien

ist zum

Bodhicaryävatära in Indien hundert Kommentare." (BS) „Nach einiger Zeit starb dann der König jenes Königshofes, ._dnen^

(SRBB 348)

Das Suffix ^' und seine AUomorphe wird von Modalitätsverben gefordert sowie zur Bildung einiger analytischen Verbformen benötigt. Vgl. dazu 5.6.1.3 und 5.6.3.2. „ein Verstand, der imstande ist zu erkennen" (BS) 3*" „(Er) wird im Bereich der 'Od gsal-Götter geboren werden." (SBM) "(Er) ließ (es) schriftlich niederlegen." (SBM) Man beachte, dass es sich bei den in der Übersetzung auftauchenden Vollverben im Tibetischen um nominalisierte Verben handelt, auch wenn gelegentlich das Nominalsuffix wegfällt:

7.2 Affixe: Suffixe ^ ^ |

267

„(Er) beherrschte Lesen und

Schreiben ohne Schwierigkeiten." (BC 464) ^ ^ ' ^ " ^ I F ... „Weil es nichts zu zerstören gibt, ..." (SBRG 2v) j ' ^ - s ^Sie)

gehen?

^

G l ü c k m suc hen."

(PKT 630)

Es können sogar beide Suffixe - sowohl ^7 ^', als auch -^ wegfallen. ^

„Jener König war auf dem

goldenen Thron gestorben." (RS 106) 3) kann bei Verben, die den Komitativ fordern, das Suffix ^ ' ersetzen. )'*J" „liebevoll" ( ^ g ' ^ l ^ ' ) 1^1 „(Er) besaß Mitleid." (MB) •^•^•q^^I'^l „gemeinsam mit der Königin und den Söhnen" (MB)

(Allomorphe: f, ^) 1) hebt eine Reihung vorangestellter Nomina hervor, die durch den nachfolgenden Begriff zusammengefasst werden.

' ... „Tilopa, Näropa, Marpa etc. - die früheren geistlichen Lehrer und Siddhas haben ebenfalls ihre jeweilige Lebensbeschreibung erzählt ...", „Die früheren geistlichen

268

Anhänge Lehrer und Siddhas, nämlich Tilopa, Naropa, Marpa etc., haben ebenfalls ihre jeweilige Lebensbeschreibung erzählt ..." (MJ26) q|-|qj-q|^-q|^-| „( Er ) gewährte Dreien, nämlich dem Lehrmeister bSod-nams-bkras-pa (Abkürzung für bSod-nams-bkra-shis-pa), dem dge-bshes bSam-she-dang und einem Mönch, die Anleitung zu den 'Sechs Gliedern des Yoga'." (GL 71) %\ ^ ^ § ^ 1 " D i e sechs Zweige der Sthavira(-Schule), die acht Mahäsahghika(-Zweige) und die vier Vibhajyavädin(Zweige), das sind achtzehn (Schulzweige)."(DTS 51) Die Topikalisierang schließt nicht aus, dass die vorangestellten Nomina zusätzlich durch syntaktische Funktion tragende Suffixe erweitert werden.

^aj-afi

??Für

jeden

Stüpa des

ßhagavan

und auch für (die Stüpas der) Hörer, für sie (alle) gab (der König) jeweils den Goldschmuck." (DTS 45) 2) leitet eine nachstehende Begründung, Erläuterung, Beschreibung, Definition, Identifikation oder Schlussfolgerung ein. Wie vor den Satz abschließenden Suffixen des Aussage- und Fragesatzes kann auch vor ^* die Prädikatskopula wegfallen. Auch ein Seinsverb fällt gelegentlich aus.

7.2 Affixe: Suffixe

„Buddha -

269

(das) ist derjenige, der vom Schlaf der

Unwissenheit erwacht ist und (dessen) Verstand in Bezug auf das zu Wissende voll entfaltet ist." (TM)

§^ „Das Allerfeinste («das, was an das Ende des sehr Feinen gelangt ist») jener Elemente sind die äußerst feinen Partikel: Weil es (bei ihnen) nichts (mehr) zu zerstören gibt, sind (sie) eben das, was (in sich) keine Teile hat." (SBRG 2v)

„ich bin der Großkönig. Wenn (ich) über die vier Kontinente herrsche, warum gehorcht (dann) dein törichter König nicht (meinen) Befehlen?" (MBc 212)

„Hinsichtlich des über die Welt hinausführenden Weges (gibt) es ebenfalls zwei Arten: das Fahrzeug der philosophischen Analyse und das Vajra-Fahrzeug." (RZ I 293)

„Damit eben jener große geistliche Lehrer und seine Dharma-Tradition geachtet werde, habe (ich), Yol sTag-tshalkham-bu-pa dge-bsnyen rDo-rje-dbang-phyug, die Vorzüge des heiligen geistlichen Lehrers, von denen (ich) auch über andere wieder und wieder gehört habe, schriftlich niedergelegt: Mögen ich und alle Lebewesen durch dieses Verdienst schnell die allwissende Weisheit erlangen!" (RZ 1 28f)

270

Anhänge

•SS"

^ | „Als dann etwa zwei Monate vergangen waren, starb Lama Dvags-chung: Es war (sein) 49. (Lebensjahr)." (DTS 171) 3) bildet Konverben. Das Verhältnis zwischen den Teilsätzen ist temporal („nachdem, und") oder modal („indem", Partizipialkonstruktion). Bisweilen kann auch eine adversative oder kausale Bedeutung mitschwingen. Vgl. 6.5.3. „Am Himmel fliegend bewegt (er) sich fort." (MBc 356) jp§J^xrar^^"3f|

^Auf

einem

schnellen Pferd reitend

floh (er).", „Ein schnelles Pferd besteigend floh (er)." (MBc 308)

Oh

König! Ich habe diesen (Elefanten)

sogar sehr gebändigt, doch als (er) den Geruch der Elefantenkuh des Waldes wahrnahm, konnte (er einfach) nicht gehorchen." (SRBB 340) Enthält die durch das Suffix 7 abgeschlossene Teilsatz-Phrase ein Fragepronomen, so wird zuerst der Fragesatz ins Deutsche übersetzt, auf den man dann einen Konsekutivsatz folgen lässt:

(er) gesehen hatte, dass jener Mensch gefangen genommen wurde, fragte (er) die Diener: 'Was hat (jener) verbrochen,

7.2 Affixe: Suffixe

271

dass (er) ergriffen wurde?'" (wörtlich: „... Was verbrochen habend wurde er ergriffen?") (MBc 47) 4) ist Bestandteil analytischer Verbformen. Vgl. dazu 5.6.3.2.

Allomorph zu -^*

denominales Nominalsuffix, das einen Vergleich anzeigt: „gleich, wie, gleichend". Je nach Kontext wird es im Deutschen als Adjektiv oder Verb wiedergegeben. Wird es einem Verbalnomen angefügt, so ist häufig auch eine Wiedergabe als Präposition („wie, als ob") angemessen. q ^ J - q * „einer wie ich" (SBM) ^ U ' ^ ' „derartige(r, s), wie diese(r, s)" ^ \ a f r ^ q q ^ s r "spiegelgleiche Weisheit" (BS) ä & ' ^ - q ^ ' ^ ^

„Wenn (man) den

Dharma hört, muss (man) sein wie ein Reh, das einen Laut hört." (STSG 12) fc'W^^V^^^'^m'^^spw „diese Lebewesen, die Blinden gleichen, die in der Mitte einer Ebene zurückgelassen wurden" (STSG 7) ^|1 „die drei (so genannten) Fehler des Gefäßes: Nicht-Zuhören (ist) der Fehler, als ob (man das Gefäß) auf den Kopf stellt. NichtBehalten (ist) der Fehler, als ob der Boden (des Gefäßes) leck

272

Anhänge ist. Vermischung mit geistigen Befleckungen (ist) der Fehler, als ob (das Gefäß) mit Gift versehen wäre.46 (STSG 11) Zur Bildung irrealer Vergleichssätze mit ^"^* siehe 6.5.4.

besitzt hinter einem Nomen die Bedeutung „wie, gemäß, entsprechend" u. ä. Das Suffix macht aus dem Nomen ein Adverb. |or^

wWie S t a u b "

( SBM)

q^q'ojs; ^ den Worten/ der Weisung gemäß", „weisungsgemäß" (SBM) q^'^'^^3^

^^"^| „Diese Erklärun-

gen habe (ich) nach dem, was dbon Bi-ci geschrieben hat, niedergelegt." (DTS 94) Häufig wird es den Demonstrativpronomina angefügt. '^^' „diesem gemäß", „so, auf diese Weise"

Zur Bildung irrealer Vergleichssätze mit ^ ' siehe 6.5.4.

deverbales Nominalsuffix mit der Bedeutung „Art und Weise". ' „die Art und Weise zu sehen" (SBM, MJ 73) - „die Art und Weise zu weilen" (SBM)

dient der Bildung kausaler Konverben („weil").

7.2 Affixe: Suffixe

273

„Weil das von uns übersandte Schreiben sowohl auf Tibetisch als auch auf Persisch war, habt Ihr (es) verstanden." (DL-B) Als freies Morphem hat ^jjW die Bedeutung „Art und Weise". In dieser Bedeutung bildet es häufig auch das zweite Glied eines Kompositums, dessen erstes Glied aus einem Verb besteht.

Allomorph zu ^

Suffix zur Bildung pluralischer Wortformen. qj' „jene Lebewesen" (SBM) w g | | „(Man) soll sich beständig an gelehrte Lehrer halten!" (SBM) 'q^g' i9Weil (es) so gesagt wurde, soll (man es) gegenüber Sravakas und Pratyekabuddhas und selbst gegenüber den Anhängern des Mähäyana, die nicht solche sind, die ein sehr (gutes) Geschick besitzen, geheim halten!" (SBM) Einem eventuellen Indefinitpronomen geht das Suffix voran. ' -Jene alle", „all jene"

ist als freies Morphem der Perfektstamm des Verbs „gereinigt werden von".

274

Anhänge 1) kennzeichnet die Begleitung einer Person oder Sache (Komitativ). Vgl 6.2. ging

mit

Änanda

zum Almosenbetteln." (MBc 24) - „Auch der Buddha der Vergangenheit, gTsug-tor-can, zeigte, nachdem (er) mit der Gemeinde der Mönche hierher gekommen war, dem Gefolge (den Wurm)." (MBc 423) 2) trennt die nominalen Glieder einer Aufzählung.

„Auch Könige, Minister und große Kaufleute haben Bücher hergestellt." (SBM) „Auch der König schickte in grenzenlosem Umfang jene (Dinge) und (darüber hinaus) Kostbarkeiten, Brokat usw." (MPDS 209) Das Suffix ^ ' kann nach dem zweiten Glied einer Aufzählung wegfallen.

»^ffi^

„Die

in La-stod (Westtibet), Bod (Zentraltibet), Khams (Osttibet) und mDo-smad (Nordosttibet) erschienenen Nachfahren" (Guru 686, vgl. 7.5.2)

7.2 Affixe: Suffixe

275

„Später wurden die Regenten sa-skyong Thrin-las-rgya-mtsho, Blo-bzang-sbyin-pa und Blo-bzangmthu-stobs ernannt." (Guru 687, vgl. 7.5.2) 3) kennzeichnet hinter einem Verbalnomen eine begleitende Handlung (je nach Stammform des Verbs entweder die Gleichzeitigkeit oder die Vorzeitigkeit der links vom Suffix stehenden Verbalhandlung mit der rechts vom Suffix stehenden aus). Vgl. 6.5.2. '... "Sobald die Sonne aufgegangen war,..." (RS 107)

!

fi^W-^or^f^«^1011

„Nachdem

(sie) hineingegangen waren, schworen die Zauberer einen Eid, ihm nichts Schlechtes anzutun." (RS 109)

T^l' q '^'^'^^^-'a^^^l^fW^^l „Als dann etwa zwei Monate vergangen waren, starb Lama Dvagschung." (DTS 171) 4) schließt einen Befehlssatz ab. Vgl. 6.4. „'Bringe mir die Technik hierfür bei!', sagte (er)." (PKT 171) „Höre gut zu und behalte es im Gedächtnis! Ich will (dir) den früheren Grund (für das Schicksal) dieses Wurms erklären." (MBc421)

276

Anhänge ^ ^

„Schau

zum Himmel! Die Königin der Welt mit hundert Köpfen und tausend Armen ist gekommen." (KR 78) 5) wird von einer Reihe von Verben gefordert, um Satzglieder als oblique Objekte (S4) an sich zu binden (vgl. 6.2). Zu beachten ist, dass ^ ' auch durch das Suffix §' und seine Allomorphe er-setzt werden kann. In der Übersetzung werden diese Satzglieder als Präpositionalobj ekte wiedergegeben. '9' „nahe sein an" '^5 „ähnlich sein mit, gleich sein wie" „frei/ getrennt sein von" ' „sich zusammentun mit, begleitet werden von" „zusammentreffen mit"

Solche Verbindungen sind i. d. R. in den Wörterbüchern verzeichnet.

Allomorph zu -*W

Allomorph zu h'

Allomorph zu Als freies Morphem fungiert die Silbe ^" als Demonstrativpronomen: „jene(r, s)".

7.2 Affixe: Suffixe

277

Allomorph zu -^'

1) markiert Orts- und Zeitangabe. Vgl. 6.2. ) „in der Mitte jener Stadt" (MJ 24) l'W&r „die in jenem Land lebenden Menschen" (MBi 322) *3\ „zur Zeit des Sterbens", „wenn man stirbt" (BS)

2) markiert nach einem Verbalnomen ein temporales Verhältnis zwischen zwei Verbalhandlungen. Vgl. 6.5.2. ^' kann im Prinzip auf jedes Nomen folgen, so etwa auch auf ein nominalisiertes Verb. ^' hat in diesen Fällen jedoch so gut wie nie eine lokativische Bedeutung, sondern eine temporale. Folgt ^' auf den nominalisierten Präsensstamm des Verbs, liegt Gleichzeitigkeit zu der nachfolgenden Verbalhandlung vor, folgt das Suffix auf den nominalisierten Perfektstamm, so liegt ein Verhältnis der Nachzeitigkeit vor.

(er) sich der Reihe nach (vor den versammelten Mönchen) niederwarf, war (überall) dort, wo (seine) beiden Hände den Boden berührten, jeweils eine Goldmünze." (MBi 56) ^ ^ ^ • ^ • ^ • q ' ^ f c q ' | - ^ ^ - ^ - q | ^ | „Als dann eine Weile vergangen war, kamen die Gefährten des Kaufmann an jenem Ort an." (RS 110)

278

Anhänge

„Sobald man im Norden jenes Felsens zwanzig yojana überschritten hat, gibt es den König der Säla-Bäume ..." (SBRG) Seltener liegt ein konditionales Verhältnis vor. „Wenn man eben jenes vollkommen erklärt, ..." (Man beachte jedoch, dass dieses Beispiel in Versform mit einer vorgegebenen Zahl von neun Silben vorliegt und die Silbe ^ daher hier auch zur Auffüllung dient.) (SBM)

3) bildet Konverben zur temporalen, konditionalen oder konsekutiven Verbindung zweier Verbalhandlungen. Vgl. 6.5.3. ^

|

^

|

„Wenn es jene Ursache gibt, dann

gibt es (auch) jenes Resultat." (SBM) ^ V ^ s j W W j ^ ' ... „Wenn (man) eben das genau erklärt, ..."(SBM)

„Wenn (man) eben jenen (Begriff myang las 'das pä) allgemein erklärt, so gibt es dreierlei: rang bzhin myang 'das, 'gog pa V myang 'das und mi gnas myang 'das." (SBM) Der konditionale Charakter des Satzes kann durch Satz einleitendes ^ a j '% ^^'5J^' oder 3'^J' explizit gemacht werden. ' ... „Falls (man es) nicht findet, ..." (SBM)

7.2 Affixe: Suffixe ^

279

... „Wenn (man) die höchsten Voll-

kommenheiten verlangt, ..." (SBM) Enthält die durch das Suffix ^ abgeschlossene Teilsatz-Phrase ein Fragepronomen oder folgt dieser Phrase ein Fragesatz, so wird stets zuerst der Fragesatz ins Deutsche übersetzt, auf den man dann einen Konsekutiv-, einen Konditional- oder einen Infinitivsatz folgen lässt:

'q^

„Was

hat die Nonne dKar-mo (früher) für verdienstvolle Taten begangen, dass sie im Haus eines Hausbesitzers geboren wurde, (bei ihrer Geburt) am Körper Baumwollkleidung trug und schon bald nach ihrer Ordination zum Arhat wurde?" (MBc 158) ^ ' ^ ' ^ ' 9 ^ $ ^ ^ 1 "Was wäre nicht in Ordnung daran, wenn (man) dem Glück begegnen würde?" (Wäre es nicht schön, dem Glück zu begegnen?) (SBM) *JW§*!"^'5"^«1| „Was ist falsch daran, wenn (man) zur Buddhaschaft erwacht?" (BS) Hahn (1996), S. 138, macht darüber hinaus auf eine introduktive Funktion des Suffixes 3\ aufmerksam. „Ich habe in einer Rede gehört: Die Taube ist die Lebenskraft des Sohnes.", „Nach dem, was ich gehört habe, ist die Taube die Lebenskraft des Sohnes." (MBc 28)

280

Anhänge Ein weiteres Beispiel für diesen Gebrauch liegt nicht vor. Allenfalls kann man den Phraseologismus WJ om^ '^'^' „Anfänger"

7.2 Affixe: Suffixe

287

„Madhyamaka(-Philosophie)" => ^J'*™' „Anhänger der Madhyamaka(-Philosophie)" 2) wandelt Kardinalzahlen in Ordinalzahlen um. Vgl. 5.3.1.4. „zwei" => *J|$*W „der/ das/ die zweite"

Folglich kann der unter 1) angeführte Ausdruck ^ ^ ^ " ^ ' auch „der zweite Fuß" bedeuten. Ausnahme: Die Ordinalzahl zu ^ \

„eins" ist ^ ' ^

t

bedeutet „identisch", „gleich", „der-/ die-/ dasselbe". 3) (Allomorph: «T) kennzeichnet bei Adjektiven den Komparativ. Vgl. 5.5. „gut" => ^ 3 W „besser"

4) (Allomorph: ^') nominalisiert Verben. ^ ' „Machen", „der, der macht", „das, was gemacht wird" ^" „das, was gemacht wurde", „der, der machte" ' „das, was zu machen ist", „die Aufgabe" (auch: „die Tat")

Allein der Kontext entscheidet, ob das Nomen als Verbalsubstantiv oder Verbaladjektiv (Partizip) aufzufassen ist. , was verkündet wurde", „das Verkündete"

288

Anhänge 'C!'

?9der

Dharma, der verkündet wurde", „der ver-

kündete Dharma" Wenn dieses Suffix auch in hohem Maße produktiv ist, so sind einige Ableitungen lexikalisiert:

^ " c j ' „Anhänger/ Praktizierender

der Bon(-Religion)" ^ ^ " „weiß sein" =^> ^ i\*W "weiß; der/ das Weiße" ^ 3 ^ ' „gut sein" =^> ^ 3 :^ ' „gut; der/ das Gute"

Unregelmäßig ist die Ableitung von dem Verb „groß sein":

Folgen auf ^* endende Adjektive einem Substantiv, so ist bisweilen eine Mehrdeutigkeit zu beobachten. Zum einen kann das Substantiv Träger der Eigenschaft sein: f p ' f S ^ x r

„großes

Mitleid". Zum anderen kann aber auch eine Person oder Sache bezeichnet werden, die diese Eigenschaft in Bezug auf den durch das Substantiv bezeichneten Sachverhalt besitzt: ^^*t ^^ ^ „der,

7.2 Affixe: Suffixe

291

der groß ist in Bezug auf das Mitleid", „jemand von großem Mitleid". §*jp*g:*$^*£J*? die höfliche Form des Wortes, ist daher zugleich einer der Beinamen des Bodhisattva Avalokitesvara. Vgl. auch das erste Beispiel unter &. Auch wenn das Suffix ^' vermutlich ursprünglich auf den Genusindikator ^* zurückgeht, so hat es seine genusindizierende Funktion doch weitgehend eingebüßt. 2) kennzeichnet hinter einem mit Hilfe des Suffixes ^7 ^* abgeleiteten Verbalnomen explizit den Träger der bezeichneten Handlung (Nomen Agentis). „Beschützer"

3 ^ ' „Beschützen'

sj^Ffer „Machen; Verfassen" ==> &J^'W „Macher; Verfasser" (DTS 842) ' „derjenige, der (es) schriftlich niederlegt" (GRMg 33v) 3) wandelt Kardinalzahlen in Kollektivzahlen um. 'W „die Drei, alle drei" $%' „die Vier, alle vier"

zeigt bei Lebewesen explizit das männliche Geschlecht an. $ „Vogel" => §,"*!' „männlicher Vogel, Hahn" 5' „Pferd" =>%% „Hengst"

292

Anhänge ' „Kind; Sohn" => $% „Sohn" (MBc 358)

^' kommt als freies Morphem mit der Bedeutung „Mann" vor, weshalb auch eine Erkärung der oben stehenden Lexeme als Komposita möglich ist.

wird ausschließlich Zahlwörtern zur Bildung von Kollektivbegriffen angefügt. Vgl. 5.3.1.3. .'9qT „Hunderter" '^T „Siebenergruppe; Woche"

Folgt auf SJ^' ein Zahlwort, so fungiert es als Multiplikator. ' „drei Hunderter, dreihundert"

Allomorph zu ^ 3-5

Allomorph zu - % $ $ „Beil" [ „Vogel" => ! § ' , 1^' „Vögelchen" P ' „Kiste, Kasten" => f&'3' „Kästchen"

306

Anhänge %W% „rund; kugelig" => ^ " f j „Pille" 5[^V „Kind; Junges (bei Tieren)" ^ ' ^ ' „klein; jemand, der klein ist" => §^' ^ „klein" 3 ] ^ ' ^ ' „jung; jemand, der jung ist" => ^^ ' ^ ' „Jugendlicher, Jüngling" In einigen Lexemen hat das Suffix durch Assimilation die Ableitungsbasis verändert. ' „Schaf

„Lamm", „Schäfchen"

Beachte: Nicht in allen Lexemen zeigt die Silbe 3" eine Verkleinerung an (z. B. § P 3 „Person, Mensch").

-A*

(bzw. eines seiner Allomorphe; s. 7.2.3) Satz abschließendes Suffix des Aussagesatzes (vgl 6.4) C] „(Er) trug jenes Messer." (RS 105)

-^ kann unter Auslassung einer Prädikatskopula auch unmittelbar an ein Nomen gefügt werden. - q ^ ' ^ „Dieser ... Dharma ist die edle Wahrheit vom Leiden." (BS) ^ ' 5 3 ^ ' ^ ' ^ ^ ^ ] „Dessen Sohn ist Sum-ston Nyi-ma." (DTS 170.3-4) ^ ^ „lHa-ldan ist Lhasa." (DTS 71)

7.2 Affixe: Suffixe

307

Es können auch Vollverben ausfallen, wenn aufgrund des Kontextes der Sinn erschließbar ist. Bedingt durch den Ausfall des Prädikats kann das Suffix -^" dann auch unmittelbar an ein anderes Suffix angefügt werden.

^-aiqj

9?Beim

ersten (Mal) opferte (er) den

Erhabenen durch (die Darbringung von) umfangreichen Almosen, Bannern etc., beim zweiten (Mal) den Schülern." (DTD 46) ^•qq^ftesrcw-Sfi

„Das so Lautende

hat Mi-pham-pa

(vcrfasst)." (RZ T 367)

Allomorph zu 3J£'

denominales und deverbales Nominalsuffix mit der Bedeutung „ohne, frei von, über etwas hinausgehend, -los". Das Suffix wird nur an den Futurstamm eines Verbs angefügt. *J3