Handbuch Wissenschaftliche Weiterbildung [1. Aufl. 2020] 978-3-658-17642-6, 978-3-658-17643-3

Das Handbuch systematisiert erstmals umfassend das Feld der Wissenschaftlichen Weiterbildung. Beiträge ausgewiesener Fac

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Handbuch Wissenschaftliche Weiterbildung [1. Aufl. 2020]
 978-3-658-17642-6, 978-3-658-17643-3

Table of contents :
Front Matter ....Pages I-XI
Front Matter ....Pages 1-1
Einleitung und Vorwort zum Handbuch Wissenschaftliche Weiterbildung (Wolfgang Jütte, Matthias Rohs)....Pages 3-10
Front Matter ....Pages 11-11
Geschichte der wissenschaftlichen Weiterbildung – Von der Universitätsausdehnung zur Offenen Hochschule (Andrä Wolter, Erich Schäfer)....Pages 13-40
Differenzierung, Systembezug und Dynamik der wissenschaftlichen Weiterbildung (Karl Weber)....Pages 41-59
Disziplinäre Blickwinkel auf die Wissenschaftliche Weiterbildung (Rolf Arnold)....Pages 61-77
Ziele und Aufgaben wissenschaftlicher Weiterbildung (Burkhard Lehmann)....Pages 79-98
Organisation und Organisationsformen wissenschaftlicher Weiterbildung (Karin Dollhausen, Susanne Lattke)....Pages 99-121
„Wissenschaftlichkeit“ in der wissenschaftlichen Weiterbildung (Peter Tremp)....Pages 123-136
Nutzen und Erträge wissenschaftlicher Weiterbildung (Dieter Timmermann, Stefan Hummelsheim)....Pages 137-151
Professionalisierung in der wissenschaftlichen Weiterbildung (Markus Walber, Kirsten Meyer)....Pages 153-171
Front Matter ....Pages 173-173
Das Paradigma Durchlässigkeit und die wissenschaftliche Weiterbildung (Walburga Katharina Freitag)....Pages 175-193
Wissenschaftliche Weiterbildung und Region (Matthias Rohs, Bastian Steinmüller)....Pages 195-213
Eine praxistheoretische Fundierung der Governance wissenschaftlicher Weiterbildung (Christian J. Schmid, Uwe Wilkesmann)....Pages 215-233
Monitoring wissenschaftlicher Weiterbildung: Status quo und Perspektiven (Sarah Widany, Andrä Wolter, Karin Dollhausen)....Pages 235-260
Front Matter ....Pages 261-261
Angebotsformen und Formate wissenschaftlicher Weiterbildung (Bernhard Christmann)....Pages 263-278
Angebotsentwicklung und Programmplanung in der wissenschaftlichen Weiterbildung (Jutta Reich-Claassen)....Pages 279-297
Angebotsformen des Fernstudiums mit digitalen Medien in der wissenschaftlichen Weiterbildung (Olaf Zawacki-Richter, Joachim Stöter)....Pages 299-314
Bedarfserfassung und Nachfrageorientierung in der wissenschaftlichen Weiterbildung (Wolfgang Seitter)....Pages 315-328
Front Matter ....Pages 329-329
Zielgruppen wissenschaftlicher Weiterbildung (Anita Schwikal, Jessica Neureuther)....Pages 331-351
Teilnehmer- und Adressatenforschung in der wissenschaftlichen Weiterbildung (Claudia Lobe)....Pages 353-368
Wissenschaftliche Weiterbildung für Ältere (Bernhard Schmidt-Hertha)....Pages 369-384
Öffnung wissenschaftlicher Weiterbildung (Stefan Pohlmann, Gabriele Vierzigmann)....Pages 385-401
Front Matter ....Pages 403-403
Didaktik der wissenschaftlichen Weiterbildung (Mandy Schiefner-Rohs)....Pages 405-419
Anerkennung und Anrechnung außerhochschulisch erworbener Kompetenzen in der wissenschaftlichen Weiterbildung (Nico Sturm)....Pages 421-440
Beratung in der wissenschaftlichen Weiterbildung (Carola Iller)....Pages 441-453
Digitale Medien in der wissenschaftlichen Weiterbildung (Matthias Rohs, Christian Weber)....Pages 455-478
Front Matter ....Pages 479-479
Rechtliche Grundlagen wissenschaftlicher Weiterbildung (Ursula Bade-Becker)....Pages 481-494
Geschäftsmodelle und Finanzierung wissenschaftlicher Weiterbildung (Markus Lermen, Helmut Vogt)....Pages 495-521
Management und Qualität in der wissenschaftlichen Weiterbildung (Annika Maschwitz, Andrea Broens)....Pages 523-535
Kooperationen in der wissenschaftlichen Weiterbildung (Franziska Sweers)....Pages 537-552
Akteure der Hochschulweiterbildung (Maria Kondratjuk)....Pages 553-567
Front Matter ....Pages 569-569
Internationale Perspektiven auf wissenschaftliche Weiterbildung (Wolfgang Jütte)....Pages 571-587
Wissenschaftliche Weiterbildung in Österreich (Elke Gornik)....Pages 589-608
Wissenschaftliche Weiterbildung in der Schweiz (Therese E. Zimmermann)....Pages 609-627

Citation preview

Wolfgang Jütte Matthias Rohs  Hrsg.

Handbuch Wissenschaftliche Weiterbildung

Handbuch Wissenschaftliche Weiterbildung

Wolfgang Jütte • Matthias Rohs Hrsg.

Handbuch Wissenschaftliche Weiterbildung mit 42 Abbildungen und 6 Tabellen

Hrsg. Wolfgang Jütte Universität Bielefeld Bielefeld, Deutschland

Matthias Rohs Technische Universität Kaiserslautern Kaiserslautern, Deutschland

ISBN 978-3-658-17642-6 ISBN 978-3-658-17643-3 (eBook) ISBN 978-3-658-28639-2 (print and electronic bundle) https://doi.org/10.1007/978-3-658-17643-3 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer VS © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Springer VS ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany

Inhaltsverzeichnis

Teil I Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

Einleitung und Vorwort zum Handbuch Wissenschaftliche Weiterbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Jütte und Matthias Rohs

3

Teil II

Geschichte, Formen und Strukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

11

Geschichte der wissenschaftlichen Weiterbildung – Von der Universitätsausdehnung zur Offenen Hochschule . . . . . . . . . . . . . . . . . Andrä Wolter und Erich Schäfer

13

Differenzierung, Systembezug und Dynamik der wissenschaftlichen Weiterbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karl Weber

41

Disziplinäre Blickwinkel auf die Wissenschaftliche Weiterbildung . . . . Rolf Arnold

61

.............

79

Organisation und Organisationsformen wissenschaftlicher Weiterbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karin Dollhausen und Susanne Lattke

99

„Wissenschaftlichkeit“ in der wissenschaftlichen Weiterbildung . . . . . . Peter Tremp

123

Nutzen und Erträge wissenschaftlicher Weiterbildung . . . . . . . . . . . . . Dieter Timmermann und Stefan Hummelsheim

137

Professionalisierung in der wissenschaftlichen Weiterbildung . . . . . . . . Markus Walber und Kirsten Meyer

153

Ziele und Aufgaben wissenschaftlicher Weiterbildung Burkhard Lehmann

V

VI

Teil III

Inhaltsverzeichnis

Bildungspolitik und Hochschulentwicklung . . . . . . . . . . . .

173

Das Paradigma Durchlässigkeit und die wissenschaftliche Weiterbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Walburga Katharina Freitag

175

....................

195

Eine praxistheoretische Fundierung der Governance wissenschaftlicher Weiterbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christian J. Schmid und Uwe Wilkesmann

215

Monitoring wissenschaftlicher Weiterbildung: Status quo und Perspektiven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sarah Widany, Andrä Wolter und Karin Dollhausen

235

Teil IV

261

Wissenschaftliche Weiterbildung und Region Matthias Rohs und Bastian Steinmüller

Angebote und Bedarfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Angebotsformen und Formate wissenschaftlicher Weiterbildung . . . . . Bernhard Christmann

263

Angebotsentwicklung und Programmplanung in der wissenschaftlichen Weiterbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jutta Reich-Claassen

279

Angebotsformen des Fernstudiums mit digitalen Medien in der wissenschaftlichen Weiterbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Olaf Zawacki-Richter und Joachim Stöter

299

Bedarfserfassung und Nachfrageorientierung in der wissenschaftlichen Weiterbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Seitter

315

Teil V

329

Zielgruppen und Teilnehmende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ...................

331

Teilnehmer- und Adressatenforschung in der wissenschaftlichen Weiterbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Claudia Lobe

353

Zielgruppen wissenschaftlicher Weiterbildung Anita Schwikal und Jessica Neureuther

Wissenschaftliche Weiterbildung für Ältere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bernhard Schmidt-Hertha

369

Öffnung wissenschaftlicher Weiterbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stefan Pohlmann und Gabriele Vierzigmann

385

Inhaltsverzeichnis

Teil VI

VII

Lehren und Lernen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Didaktik der wissenschaftlichen Weiterbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mandy Schiefner-Rohs

403 405

Anerkennung und Anrechnung außerhochschulisch erworbener Kompetenzen in der wissenschaftlichen Weiterbildung . . . . . . . . . . . . . Nico Sturm

421

................

441

Digitale Medien in der wissenschaftlichen Weiterbildung . . . . . . . . . . . Matthias Rohs und Christian Weber

455

Teil VII

479

Beratung in der wissenschaftlichen Weiterbildung Carola Iller

Management und Personalentwicklung . . . . . . . . . . . . . . .

Rechtliche Grundlagen wissenschaftlicher Weiterbildung . . . . . . . . . . . Ursula Bade-Becker

481

Geschäftsmodelle und Finanzierung wissenschaftlicher Weiterbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Markus Lermen und Helmut Vogt

495

Management und Qualität in der wissenschaftlichen Weiterbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Annika Maschwitz und Andrea Broens

523

Kooperationen in der wissenschaftlichen Weiterbildung . . . . . . . . . . . . Franziska Sweers

537

Akteure der Hochschulweiterbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Maria Kondratjuk

553

Teil VIII

569

Internationale Entwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Internationale Perspektiven auf wissenschaftliche Weiterbildung . . . . . Wolfgang Jütte

571

Wissenschaftliche Weiterbildung in Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elke Gornik

589

Wissenschaftliche Weiterbildung in der Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . Therese E. Zimmermann

609

Autorenverzeichnis

Rolf Arnold Fachbereich Sozialwissenschaften, TU Kaiserslautern, Kaiserslautern, Deutschland Ursula Bade-Becker Universität Bielefeld, Bielefeld, Deutschland Andrea Broens Fakultät für Bildungs- und Sozialwissenschaften, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Oldenburg, Deutschland Bernhard Christmann Ruhr-Universität Bochum, Bochum, Deutschland Karin Dollhausen Abteilung Organisation und Management, Deutsches Institut für Erwachsenenbildung - Leibniz-Zentrum für Lebenslanges Lernen e.V., Bonn, Deutschland Walburga Katharina Freitag DZHW, Hannover, Deutschland Elke Gornik Higher Education Research and Development, University of Applied Sciences Upper Austria, Linz, Österreich Stefan Hummelsheim Stefan Hummelsheim Consulting, Swisttal-Heimerzheim, Deutschland Carola Iller Stiftung Universität Hildesheim, Hildesheim, Deutschland Wolfgang Jütte Universität Bielefeld, Bielefeld, Deutschland Maria Kondratjuk Erwachsenenbildung/berufliche Weiterbildung, Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle, Deutschland

Martin-

Susanne Lattke Deutsches Institut für Erwachsenenbildung- Leibniz-Zentrum für Lebenslanges Lernen e.V., Bonn, Deutschland Burkhard Lehmann Zentrum für Fernstudien und Universitäre Weiterbildung, Universität Koblenz Landau, Koblenz, Deutschland Markus Lermen Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e.V., Bonn, Deutschland

IX

X

Autorenverzeichnis

Claudia Lobe Fakultät für Erziehungswissenschaft, Universität Bielefeld, Bielefeld, Deutschland Annika Maschwitz Fakultät für Bildungs- und Sozialwissenschaften, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Oldenburg, Deutschland Kirsten Meyer Fakultät für Erziehungswissenschaft, Universität Bielefeld, Bielefeld, Deutschland Jessica Neureuther Fachbereich Sozialwissenschaften, Technische Universität Kaiserslautern, Kaiserslautern, Deutschland Stefan Pohlmann Hochschule für angewandte Wissenschaften München, München, Deutschland Jutta Reich-Claassen Katholische Stiftungsfachhochschule München, München, Deutschland Matthias Rohs Fachbereich Sozialwissenschaften, Technische Universtität Kaiserslautern, Kaiserslautern, Deutschland Erich Schäfer Fachbereich Sozialwesen, Ernst-Abbe-Hochschule Jena, Jena, Deutschland Mandy Schiefner-Rohs Fachbereich Sozialwissenschaften, Technische Universtität Kaiserslautern, Kaiserslautern, Deutschland Christian J. Schmid Zentrum für HochschulBildung, Technische Universität Dortmund, Dortmund, Deutschland Bernhard Schmidt-Hertha Institut für Erziehungswissenschaft, Universität Tübingen, Tübingen, Deutschland Anita Schwikal Fachbereich Sozialwissenschaften, Technische Universität Kaiserslautern, Kaiserslautern, Deutschland Wolfgang Seitter Fb 21, Erziehungswissenschaften, Philipps-Universität Marburg, Marburg, Deutschland Bastian Steinmüller Fachbereich Sozialwissenschaften, Technische Universität Kaiserslautern, Kaiserslautern, Deutschland Joachim Stöter Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Oldenburg, Deutschland Nico Sturm Fachbereich Erziehungswissenschaften, Philipps-Universität Marburg, Marburg, Deutschland Franziska Sweers Zentrum für wissenschaftliche Weiterbildung, Philipps-Universität Marburg, Marburg, Deutschland Dieter Timmermann Universität Bielefeld, Bielefeld, Deutschland

Autorenverzeichnis

XI

Peter Tremp Zentrum für Hochschuldidaktik, Pädagogische Hochschule Luzern, Luzern, Schweiz Gabriele Vierzigmann Hochschule für angewandte Wissenschaften München, München, Deutschland Helmut Vogt Hamburg, Deutschland Markus Walber Fakultät für Erziehungswissenschaft, Universität Bielefeld, Bielefeld, Deutschland Christian Weber Volkshochschule, Neustadt/ Weinstraße, Deutschland Karl Weber Universität Bern, Zürich, Schweiz Sarah Widany Abteilung System und Politik, Deutsches Institut für Erwachsenenbildung, Bonn, Deutschland Uwe Wilkesmann Zentrum für HochschulBildung, Technische Universität Dortmund, Dortmund, Deutschland Andrä Wolter Institut für Erziehungswissenschaften, Humboldt-Universität zu Berlin, Berlin, Deutschland Olaf Zawacki-Richter Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Oldenburg, Deutschland Therese E. Zimmermann Zentrum für universitäre Weiterbildung, Universität Bern, Bern, Schweiz

Teil I Einleitung

Einleitung und Vorwort zum Handbuch Wissenschaftliche Weiterbildung Wolfgang Jütte und Matthias Rohs

Inhalt 1 Wissenschaftliche Weiterbildung als Handlungsfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Entwicklung einer Diskursgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Zur Konzeption des Handbuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

4 6 7 9

Zusammenfassung

Wissenschaftliche Weiterbildung gewinnt als Handlungs- und Forschungsfeld an Bedeutung. Der einleitende Beitrag skizziert ihren wachsenden programmatischen Stellenwert ungeachtet aller Umsetzungsprobleme durch rechtliche, finanzielle und organisatorische Rahmenbedingungen. Dabei werden die Diskursgemeinschaften, die involvierten Akteure und ihre Forschungsanstrengungen in den Blick genommen. Zugleich wird die Entwicklung und Konzeption des Handbuchs nachgezeichnet, das beansprucht sowohl eine grundlegende Einführung in ein wachsendes Handlungsfeld als auch eine Gegenwartsbeschreibung der Wissenschaftlichen Weiterbildung vornehmlich an Hochschulen zu sein. Schlüsselwörter

Wissenschaftliche Weiterbildung · Einführung · Vorwort · Hochschulen · Hochschulforschung

W. Jütte (*) Universität Bielefeld, Bielefeld, Deutschland E-Mail: [email protected] M. Rohs Fachbereich Sozialwissenschaften, Technische Universtität Kaiserslautern, Kaiserslautern, Deutschland E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 W. Jütte, M. Rohs (Hrsg.), Handbuch Wissenschaftliche Weiterbildung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-17643-3_37

3

4

1

W. Jütte und M. Rohs

Wissenschaftliche Weiterbildung als Handlungsfeld

Das Feld der wissenschaftlichen Weiterbildung ist in Bewegung. Das Hochschulsystem hat seit den Bildungsreformanstrengungen in den 1970er-Jahren eine bedeutende Expansion erfahren. Mit der Tertiarisierung der Gesellschaft und der Programmatik des Lebenslangen Lernens erfuhr die wissenschaftliche Weiterbildung einen Bedeutungszuwachs. Der wachsenden Nachfrage nach wissenschaftlichen Weiterbildungsangeboten steht ein expandierender Weiterbildungsmarkt gegenüber. Die Hochschulen sind dabei längst nicht alleiniger Anbieter. Neben den Universitäten als klassische Bildungsträger haben sich weitere Anbieter etabliert wie Fachhochschulen, private Business Schools, Corporate Universities, Kammern, Berufsverbände und Akademien. Hinzu kommen auch internationale Angebote aus der ganzen Welt, die durch die Verbreitung und Akzeptanz von Distance Learning auch in den nationalen Märkten an Relevanz gewinnen. Ungeachtet der Konkurrenz steigt der Bedarf an Kooperation und strategischen Allianzen. So führen Hochschulen Studiengänge und wissenschaftliche Veranstaltungen gemeinsam mit externen Partnern durch, aber auch Wirtschaftsunternehmen, wie z. B. Verlage, suchen den Schulterschluss mit akademischen Einrichtungen, um Weiterbildung auf wissenschaftlichem Niveau anzubieten oder die Anrechenbarkeit auf Hochschulabschlüsse zu ermöglichen. Der programmatische Bedeutungszuwachs der Weiterbildung an den Hochschulen in den deutschsprachigen Ländern darf nicht über ihr Nischendasein im Weiterbildungsmarkt hinwegtäuschen. Es gab kontinuierlich Bemühungen, zu einer Klärung und Systematisierung des Aufgabenfeldes der Wissenschaftlichen Weiterbildung beizutragen. Dies wird dadurch erschwert, dass sie eine hybride Position einnimmt (Seitter 2017), welche sich auch im Definitionsversuch der Kultusministerkonferenz niederschlägt: „Wissenschaftliche Weiterbildung ist die Fortsetzung oder Wiederaufnahme organisierten Lernen nach Abschluss einer ersten Bildungsphase und in der Regel nach Aufnahme einer Erwerbs- oder Familientätigkeit, wobei das wahrgenommene Weiterbildungsangebot dem fachlichen und didaktischen Niveau der Hochschule entspricht“ (KMK 2001). Mit dieser Definition werden Voraussetzungen und Niveau der Weiterbildung beschrieben, nicht jedoch der Ort bzw. Träger der Weiterbildung, weshalb nicht nur Hochschulen als Anbieter wissenschaftlicher Weiterbildung auftreten können. Andere Bezeichnungen wie „hochschulische“, „universitäre“ „akademische“ oder „postgraduale“ Weiterbildung fokussieren jeweils auf singuläre Kriterien und umfassenden dabei jeweils mehr als das, was im Zentrum der Betrachtung in diesem Handbuch steht: die Schnittmenge einer (mehrheitlich) postgradualen wissenschaftlichen Weiterbildung an Hochschulen (Rohs et al. 2019). Wissenschaftliche Weiterbildung als Aufgabe der Hochschulen hat in den letzten Jahrzehnten einen programmatischen Bedeutungsgewinn erfahren. Der Wandel im Weiterbildungsverhalten und bildungspolitisch induzierte Veränderungen der Hochschulstrukturen führen zu einem steigenden Stellenwert. Entsprechend vielfältig sind ihre organisatorischen Erscheinungsformen. Vor diesem

Einleitung und Vorwort zum Handbuch Wissenschaftliche Weiterbildung

5

Hintergrund weisen die strategischen Ausrichtungen der einzelnen Hochschulen und die jeweilige organisatorische Einbettung der wissenschaftlichen Weiterbildung bedeutende Unterschiede auf. Dabei stieß ihre Entwicklung immer auch auf wenig förderliche rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen. So kann konstatiert werden: „Wissenschaftliche Weiterbildung in Trägerschaft der Hochschulen konnte sich in der Bundesrepublik Deutschland neben dem Erststudium nicht in dem Maße entwickeln, wie es von den Protagonisten in den 1970er-Jahren erwartet wurde“ (Wittpoth 2005, S. 24). Auch heute noch sind die unklaren rechtlichen Regelungen in diesem Weiterbildungssegment ein Hindernis für die Entwicklung und Positionierung der Einrichtungen. Zahlreiche bildungspolitische Dokumente und Positionspapiere der letzten Jahrzehnte zeugen vom Versuch, die Weiterbildung an Hochschulen zu stärken. So haben u. a. die Hochschulrektorenkonferenz, die Kultusministerkonferenz und der Wissenschaftsrat zahlreiche Empfehlungen und Handreichungen zur wissenschaftlichen Weiterbildung verfasst. Die gewandelte Bedeutung wissenschaftlicher Weiterbildung fand auch ihren gesetzlichen Niederschlag, insofern sie im Hochschulrahmengesetz und in einzelnen Landeshochschulgesetzen neben Forschung und Lehre als eine der Kernaufgaben der Hochschulen festgeschrieben wurde. Gegenwärtig scheint in dieses hochschulpolitische Feld neue Bewegung zu kommen. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund des demografischen Wandels setzte der Wissenschaftsrat (2019) die Forderung nach dem „Ausbau der hochschulischen Weiterbildung“ auf die bildungspolitische Agenda und im Rahmen des Bund-Länder-Wettbewerbs „Aufstieg durch Bildung: Offene Hochschulen“ wurde der Aufbau institutioneller Strukturen und eines breiteren Angebots wissenschaftlicher Weiterbildung in den letzten Jahren umfangreich gefördert. Hochschulen haben sich verstärkt die Frage zu stellen, ob sie über eine angemessene Konzeption zur Weiterbildung verfügen und wie diese in die Hochschulentwicklungsplanung eingebettet ist. Bei diesen strategischen Überlegungen geht es nicht allein um organisatorische und finanzielle Rahmenbedingungen. Vielmehr geht es um eine Neuorientierung ihres Selbstverständnisses und ihre Bereitschaft, durch Ressourcenverlagerungen lebenslange wissenschaftliche Lernprozesse zu fördern. Wissenschaftliche Weiterbildung kann – so die Positionen ihrer zentralen Akteure – zur Hochschulerneuerung beitragen. Zugleich entwickelt sich die wissenschaftliche Weiterbildung als Berufsfeld. Ihre Expansion lebt stark vom Engagement der involvierten Akteure. Sie leiten zentrale Einrichtungen an Hochschulen oder in Unternehmungen, sie lehren in der Weiterbildung, sie beraten in Fragen der Anerkennung, entscheiden über die strategische Ausrichtung und entwickeln Projekte. Dies verlangt neben der programmatischen Profilierung zunehmend auch eine theoretische Grundlegung und eine wissenschaftliche Fundierung. Es entsteht ein vermehrter Informationsbedarf, sich mit den Spezifika des Aufgabenfelds wie ihrer Organisation, ihren Teilnehmenden, ihren Entwicklungstrends, ihren didaktischen Lehr-Lernarrangements u. a. vertraut zu machen. Zugleich entsteht ein zunehmender Bedarf nach einer stärken Selbstreflexion der eigenen pädagogischen Arbeit im Third Space der Hochschulen.

6

2

W. Jütte und M. Rohs

Entwicklung einer Diskursgemeinschaft

Die Etablierung wissenschaftlicher Weiterbildung als Forschungsfeld setzt die Formierung fachlicher Communities voraus. Mit ihrem bildungspolitischen und gesellschaftlichen Bedeutungszuwachs intensiviert sich auch die wissenschaftliche Kommunikation im Feld. Eine zentrale Bedeutung kommt der Deutschen Gesellschaft für wissenschaftliche Weiterbildung und Fernstudium (DGWF) mit ihren jährlichen Konferenzen, thematischen Netzwerken und ihren Veröffentlichungen zu. Seit der Gründung des Arbeitskreises Universitäre Erwachsenenbildung (AUE) – 2003 unbenannt in DGWF – bestanden, vor allem in den 1970er-Jahren, enge Kontakte zur Sektion Erwachsenenbildung innerhalb der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft (Dikau 2014). Dies wurde durch den Umstand gefördert, dass einige Professoren (sic) in der Erwachsenenbildung auch vorherige Erfahrungen in der Wissenschaftlichen Weiterbildung erworben hatten. Wie auch in anderen bildungspolitischen Initiativen der 1970er-Jahre vollzog sich im letzten Jahrzehnt ein bedeutender Generationenwechsel. Dies spiegelt sich in den systematisierenden Beiträgen zur Fachgesellschaft wider (Dikau et al. 1996; Cordes et al. 2002; Hörr und Jütte 2017). Mittlerweile bildet sich im Feld ein wissenschaftlicher Nachwuchs heraus, der zu Fragestellungen wissenschaftlicher Weiterbildung forscht und sich qualifiziert. Zugleich wurden in den letzten Jahren Professuren ausgeschrieben, die in ihrer Denomination explizit das Feld der „Wissenschaftlichen Weiterbildung“ berücksichtigen. Neue Netzwerke zu Themen wissenschaftlicher Weiterbildung haben sich etabliert. Das allgemeine Publikationsaufkommen in diesem Bereich hat deutlich zugenommen. Impulse für die Forschung im Feld der wissenschaftlichen Weiterbildung sind auch projektinduziert. Dies betrifft die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Internationale Vergleichsstudie zur Struktur und Organisation der Weiterbildung (Hanft und Knust 2007) ebenso wie im BundLänder-Wettbewerb „Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen“ zahlreiche Ergebnisse publiziert worden – sowohl durch die wissenschaftlichen Begleitung (für die erste Förderungsphase vgl. Cendon et al. 2016; Hanft et al. 2016; Wolter et al. 2016) als auch in den einzelnen Projekten, die sich auch in den vorliegenden Handbuch-Beiträgen widerspiegeln. Darüber hinaus entstehen gestaltungsorientierte Übersichten (vgl. Klenk 2018). Als Folge differenzieren sich die Publikationssorten aus: eigene Buchreihen zur Hochschulweiterbildung entstehen und einschlägige Fachzeitschriften öffnen sich diesem Problem- und Aufgabenfeld. Insbesondere die von der DGWF herausgegebene Zeitschrift Hochschule und Weiterbildung (ZHWB) hat sich in den letzten Jahren der Aufgabe verschrieben, den fachwissenschaftlichen Austausch zu fördern und zu profilieren. Handbüchern im Feld der Erziehungswissenschaft, die das aktuelle Wissenschaftswissen dokumentieren, kann eine bedeutende Systematisierungsleistung zugeschrieben werden. Dies zeigen bisherige Standardwerke, wie das Handbuch zur Erwachsenenbildung/Weiterbildung (Tippelt und von Hippel 2018), zur Berufsbildung

Einleitung und Vorwort zum Handbuch Wissenschaftliche Weiterbildung

7

(Arnold et al. 2019) oder das Handbuch Qualitative Erwachsenen- und Weiterbildungsforschung (Schäffer und Dörner 2012). Dies gilt auch für neu entstehende Diskursfelder wie das Feld des informellen Lernens (Rohs 2015; Harring et al. 2016) oder der Organisationspädagogik (Göhlich et al. 2017).

3

Zur Konzeption des Handbuchs

Es hat immer wieder Versuche gegeben, Forschungsbedarfe in der wissenschaftlichen Weiterbildung zu identifizieren (Jütte 2005; Jütte et al. 2019). Es liegt in der Natur der Sache, dass es sich hierbei immer nur um Zwischenschritte handeln kann. Das vorliegende Handbuch ist bisher das einzige seiner Art, das versucht, eine systematische Darstellung des Feldes der wissenschaftlichen Weiterbildung zu entwickeln. Damit werden die durch Forschung gewonnenen „inselartigen“ Kenntnisstände systematisiert. Die Beiträge nennen und ordnen vorhandenes Forschungswissen und identifizieren Desiderate. Zugleich weist das Handbuch in seiner Konzeption einen einführenden Charakter auf. Es richtet sich auch an Personen, die sich über professionelles Handeln in einem wachsenden Feld informieren möchten. Die versammelten Beiträge spiegeln den „state of the art“, zeigen aktuelle Entwicklungsverläufe auf und geben Hinweise für die qualitative Gestaltung eines wachsendes Handlungsfeldes. Das vorliegende Handbuch ist Teil der oben skizzierten Diskursgemeinschaft, insofern die Autorinnen und Autoren mit ihrer Expertise in diesem Forschungsfeld verankert sind. Dabei wird vorrangig eine erziehungswissenschaftliche Perspektive eingenommen, die auch auf Erkenntnisse und Fragen der Weiterbildungs- und Hochschulforschung zurückgreift. Die Auswahl der Inhalte und ihre Anordnung erfolgt in sieben Themenfelder. Im ersten Teil Geschichte, Formen und Strukturen werden grundsätzliche Entwicklungslinien präsentiert. Dies beginnt mit der Vergewisserung der geschichtlichen Entwicklung bis zur Gegenwart (Andrä Wolter, Erich Schäfer). Aufgrund des pfadabhängigen Verlaufs unterscheiden sich dabei der Grad der Institutionalisierung und der Ausdifferenzierung in verschiedenen Ländern (Karl Weber). Neben den unterschiedlichen Systembezügen spielen für die Konstitution der wissenschaftlichen Weiterbildung auch verschiedene disziplinäre Bezüge eine Rolle (Rolf Arnold). Diese Heterogenität setzt sich auch auf der Ebene der konkreten Ausgestaltung fort. Dies betrifft sowohl die Ziele und Aufgaben (Burkhard Lehmann) als auch die Organisationsformen an Hochschulen (Karin Dollhausen, Susanne Lattke). Als gemeinsamer Anspruch aus konzeptionell-programmatischer Perspektive gilt dabei die „Wissenschaftlichkeit“ (Peter Tremp). Abgerundet wird diese Rubrik durch eine bildungsökonomische Betrachtung der positiven Wirkungen im Sinne von Nutzen und Erträge (Dieter Timmermann, Stefan Hummelsheim) und einer Betrachtung zum Status der Professionalisierung der wissenschaftlichen Weiterbildung (Markus Walber, Kirsten Meyer). Im zweiten Teil wird das Themenfeld der Bildungspolitik und Hochschulentwicklung ausgeleuchtet. Dazu werden zunächst Fragen der strukturellen Durchlässigkeit

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W. Jütte und M. Rohs

diskutiert (Walburga Katharina Freitag). Danach erfolgt eine Auseinandersetzung zum Verhältnis von wissenschaftlicher Weiterbildung und Region (Matthias Rohs, Bastian Steinmüller). Mit der Bedeutungszunahme werden auch Fragen der Governance zentral (Christian J. Schmid, Uwe Wilkesmann), die einen Bedarf an Daten zum Status und zur Entwicklung dieses Feldes nach sich ziehen (Sarah Widany, Andrä Wolter, Karin Dollhausen). Im dritten Teil rücken Angebote und Bedarfe (Bernhard Christmann) in den Mittelpunkt, die weitgehend nur eine geringe Standardisierung aufweisen. Zugleich gehören die Angebotsentwicklung und Programmplanung (Jutta ReichClaassen) zu den zentralen Aufgaben der in der Weiterbildung Tätigen. Das Fernstudium stellt dabei ein von der Zielgruppe oft präferiertes Format dar (Olaf Zawacki-Richter, Joachim Stöter), welches sich durch digitale Medien in den Möglichkeiten ständig erweitert. Dabei sind grundsätzlich die Bedarfe der Adressatinnen und Adressaten zu klären und in entsprechende Angebote zu übersetzen (Wolfgang Seitter). Im vierten Teil wird die Vielfalt der Zielgruppen und Teilnehmenden in Blick genommen. Neben einem Überblick über die verschiedenen Zielgruppen (Anita Schwikal, Jessica Neureuther) geht es auch um Fragen der Forschung zu Teilnehmenden und Adressaten (Claudia Lobe). Bei der Frage nach Zielgruppen geht es nicht allein um ihre Gewinnung, sondern Fragen der institutionellen Öffnung (Stefan Pohlmann, Gabriele Vierzigmann) werden tangiert. Im fünften Teil Lehren und Lernen erfolgt eine Auseinandersetzung mit der Didaktik der wissenschaftlichen Weiterbildung (Mandy Schiefner-Rohs), ebenso wie mit Fragen der Anerkennung und Anrechnung außerhochschulisch erworbener Kompetenzen (Nico Sturm) und der Beratung (Carola Iller). Digitale Medien (Matthias Rohs, Christian Weber) haben dabei nicht nur Einfluss auf die unmittelbaren Lehr-/Lernprozesse, sondern auch auf das Bildungsmanagement und die Administration. Im sechsten Teil Management und Personalentwicklung geht es zunächst um die rechtlichen Grundlagen (Ursula Bade-Becker). Sie bilden einen Rahmen für die Finanzierung und die unterschiedlichen Geschäftsmodelle (Markus Lermen, Helmut Vogt). Heterogene Qualitätsanforderungen verlangen dabei ein professionelles Managementhandeln (Annika Maschwitz, Andrea Broens). Kooperationen sind zentrale Charakteristika der wissenschaftlichen Weiterbildung (Franziska Sweers). Ebenso werden die vielfältigen Akteursgruppen mit ihren unterschiedlichen Tätigkeiten in den Blick genommen (Maria Kondratjuk). Im abschließenden siebten Teil Internationale Entwicklungen erfolgt zunächst eine Auseinandersetzung mit grenzüberschreitenden Bewegungen und des internationalen Wissenstransfers (Wolfgang Jütte). Ausländische Wirklichkeiten werden anhand von Entwicklungen in Österreich (Elke Gornik) und in der Schweiz (Therese E. Zimmermann) dargestellt. Wenngleich versucht wird, die zentralen Wissensbestände aus Sicht der Wissenschaft und der Weiterbildungspraxis zu berücksichtigen, konnten keinesfalls alle Phänomene in einem vielgestaltigen Aufgabenfeld abgedeckt werden und insofern gibt es zwangsläufig thematische Lücken. Aber da der kumulative Aufbau von

Einleitung und Vorwort zum Handbuch Wissenschaftliche Weiterbildung

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Wissen im Feld weiter voranschreitet und sich weiter ausdifferenziert, wird eine spätere Aktualisierung diese Veränderungen fortschreiben können. Wir danken den Autorinnen und Autoren, die ihre Expertise eingebracht haben und sich auf die Herausforderung eines grundlegenden Überblicks über das Forschungs- und Praxisfeld der wissenschaftlichen Weiterbildung eingelassen haben.

Literatur Arnold, R., Lipsmeier, A., & Rohs, M. (Hrsg.). (2019). Handbuch Berufsbildung. Wiesbaden: Springer VS. https://doi.org/10.1007/978-3-658-19372-0. Cendon, E., Mörth, A., & Pellert, A. (Hrsg.). (2016). Theorie und Praxis verzahnen. Lebenslanges Lernen an Hochschulen Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung des Bund-Länder-Wettbewerbs Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen (Bd. 3). Münster: Waxmann. Cordes, M., Dikau, J., & Schäfer, E. (Hrsg.). (2002). Hochschule als Raum lebensumspannender Bildung: Auf dem Weg zu einer neuen Lernkultur. Festschrift für Ernst Prokop. Regensburg: AUE Hochschule und Weiterbildung. Dikau, J. (2014). Erinnerungen an die ersten Jahre in der Entwicklung der DGfE-Sektion Erwachsenenbildung aus der persönlichen Sicht eines damals aktiven „Zeitzeugen“. In S. SchmidtLauff (Hrsg.), Vergangenheit als Gegenwart: zum 40-jährigen Bestehen der Sektion Erwachsenenbildung der DGfE (S. 127–135). Opladen/Berlin: Budrich. Dikau, B., Nerlich, P., & Schäfer, E. (Hrsg.). (1996). Der AUE an der Schnittstelle zwischen tertiärem und quartärem Bildungsbereich: Bilanz und Perspektive. Bielefeld: AUE. Göhlich, M., Schröer, A., & Weber, S. M. (Hrsg.). (2017). Handbuch Organisationspädagogik. Wiesbaden: Springer VS. https://doi.org/10.1007/978-3-658-07746-4. Hanft, A., & Knust, M. (2007). Internationale Vergleichsstudie zur Struktur und Organisation der Weiterbildung an Hochschulen. Oldenburg: Carl von Ossietzky Universität. Hanft, A., Brinkmann, K., Kretschmer, S., Maschwitz, A., & Stöter, J. (2016). Organisation und Management von Weiterbildung und Lebenslangem Lernen an Hochschulen Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung des Bund-Länder-Wettbewerbs Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen (Bd. 2). Münster: Waxmann. Harring, M., Witte, M. D., & Burger, T. (Hrsg.). (2016). Handbuch informelles Lernen: Interdisziplinäre und internationale Perspektiven. Weinheim/Basel: Beltz Juventa. Hörr, B., & Jütte, W. (Hrsg.). (2017). Weiterbildung an Hochschulen. Der Beitrag der DGWF zur Förderung wissenschaftlicher Weiterbildung. Bielefeld: W. Bertelsmann. Jütte, W. (Hrsg.). (2005). Forschungsbedarf in der wissenschaftlichen Weiterbildung. Krems: Donau-Universität. Jütte, W., Kondratjuk, M., & Schulze, M. (Hrsg.). (2019). Hochschulweiterbildung als Forschungsfeld Kritische Bestandsaufnahmen und Perspektiven. Bielefeld: wbv Media. Klenk, J. (Hrsg.). (2018). Weiterbildung an Hochschulen gestalten: Fallstudien aus Baden-Württemberg. Bielefeld: wbv Media. KMK (Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland). (2001). Vierte Empfehlung der Kultusministerkonferenz zur Weiterbildung. Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 01.02.2001, Bonn 2001. https://www.kmk.org/ fileadmin/Dateien/veroeffentlichungen_beschluesse/2001/2001_02_01-4-Empfehlung-Weiter bildung.pdf. Zugegriffen am 06.08.2019. Rohs, M. (Hrsg.). (2015). Handbuch Informelles Lernen. Wiesbaden: Springer VS. https://doi.org/ 10.1007/978-3-658-06174-6. Rohs, M., Steinmüller, B., & Bender, J. (2019). Weiterbildung an Hochschulen. Eine Fallstudie am Beispiel der Technischen Universität Kaiserslautern. Beiträge zur Erwachsenenbildung, 8. Technische Universität Kaiserslautern.

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W. Jütte und M. Rohs

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Teil II Geschichte, Formen und Strukturen

Geschichte der wissenschaftlichen Weiterbildung – Von der Universitätsausdehnung zur Offenen Hochschule Andrä Wolter und Erich Schäfer

Inhalt 1 2 3 4

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Begriffsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Historische Entwicklungslinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wissenschaftliche Weiterbildung als hybride Konstruktion: Eine theoretische Deutung ihrer historischen und aktuellen Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Fazit und Perspektiven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Zusammenfassung

Der Beitrag beschäftigt sich mit der von den deutschen Hochschulen verantworteten wissenschaftlichen Weiterbildung in einer historischen Perspektive von den Anfängen in der Universitätsausdehnungsbewegung bis hin zu den aktuellen Diskussionen zur Öffnung der Hochschulen. Schlüsselwörter

Historische Entwicklung · Universitätsausdehnung · Universitäre Erwachsenenbildung · Wissenschaftliche Weiterbildung · Offene Hochschule

A. Wolter (*) Institut für Erziehungswissenschaften, Humboldt-Universität zu Berlin, Berlin, Deutschland E-Mail: [email protected] E. Schäfer Fachbereich Sozialwesen, Ernst-Abbe-Hochschule Jena, Jena, Deutschland E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 W. Jütte, M. Rohs (Hrsg.), Handbuch Wissenschaftliche Weiterbildung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-17643-3_1

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A. Wolter und E. Schäfer

Einleitung

Wissenschaftliche Weiterbildung ist seit dem Aufkommen ihrer historischen Vorläufer am Ausgang des 19. Jahrhunderts – unter Bezeichnungen wie Universitätsausdehnung, extramurale oder volkstümliche Hochschulkurse – über lange historische Phasen hinweg im Hochschulsystem randständig. Etwa seit der Jahrtausendwende rückt sie verstärkt in das Zentrum des hochschulpolitischen Diskurses; sie ist nicht mehr so umstritten, wie dies noch bis etwa 1990 der Fall war. Dass sich die wissenschaftliche Weiterbildung im Aufwind befindet, zeigt sich an zahlreichen hochschulpolitischen Empfehlungen aus den letzten Jahren und der wachsenden Zahl an Publikationen zum Thema, vor allem aber an zum Teil großdimensionierten Förderprogrammen. Exemplarisch erwähnt seien hier jene Empfehlung des Wissenschaftsrates, die das Thema der wissenschaftlichen Weiterbildung explizit erstmalig in den 1980er-Jahren aufgegriffen hat (Wissenschaftsrat 1983), ebenso wie jene Positionspapiere, in denen das Thema im Kontext anderer Bezüge angesprochen wird (zuletzt z. B. Wissenschaftsrat 2006a, b, 2010, 2017).1 Auch die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) (2008) hat ein Positionspapier zur wissenschaftlichen Weiterbildung verabschiedet und in zwei weiteren Stellungnahmen zusammen mit der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHT) (BDA 2003) sowie mit der BDA und dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) (BDA 2007) die Bedeutung der Weiterbildung durch Hochschulen und die Notwendigkeit der Förderung dieser Aktivitäten nachdrücklich betont. Das wachsende Interesse an Forschung zur wissenschaftlichen Weiterbildung ist in den letzten Jahren unter anderem auf das umfangreiche Förderprogramm im Rahmen des Bund-Länder-Wettbewerbs „Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen“ zurückzuführen. Insbesondere auf den Jahres- und Fachtagungen sowie in den Publikationen der Deutschen Gesellschaft für wissenschaftliche Weiterbildung und Fernstudium (DGWF) lassen sich in den letzten Jahren eindrucksvoll sowohl das breite Spektrum der Weiterbildungsinitiativen der Hochschulen als auch die positiven Fördereffekte der „Offenen Hochschule“ beobachten. Auch wenn die wissenschaftliche Weiterbildung seit ihrer Verankerung bei der Novellierung des Hochschulrahmengesetzes im Jahr 1998 als Kernaufgabe der Hochschule neben Forschung, Studium und Lehre einen unübersehbaren Aufschwung genommen hat, so ist sie doch bis heute noch nicht im Zentrum der Hochschulen angekommen. Nach wie vor besteht zwischen den unterschiedlichen Aufgaben der Hochschulen ein deutliches Reputations- und Relevanzgefälle, wie sich nicht zuletzt an den bislang zwei ‚Runden‘ der Exzellenzinitiativen (2006/7 und 2011/12) und ihrer Fortsetzung in der Exzellenzstrategie (seit 2017) ablesen lässt.

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Zurzeit (2018) bereitet der Wissenschaftsrat eine neue Stellungnahme zur wissenschaftlichen Weiterbildung vor. Diese wird sich mit dem Auf- und Ausbau sowie der Fortentwicklung hochschulischer Weiterbildungsangebote für berufserfahrene Studierende mit und ohne akademische Vorbildung befassen.

Geschichte der wissenschaftlichen Weiterbildung – Von der Universitätsausdehnung . . .

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An der Spitze steht die Forschung, danach folgt die Qualifizierung des wissenschaftlichen Nachwuchses, dann die Lehre in der Erstausbildung, erst mit weitem Abstand folgt die Weiterbildung. Die Relevanzhierarchie der Hochschulaufgaben manifestiert sich ebenso in den Berufungskriterien wie in den Leistungsindikatoren (etwa bei der Mittelverteilung), auch bei der Zuweisung und Anerkennung von Lehrdeputaten. An letzter Stelle steht regelmäßig die Weiterbildung. In der Praxis führt die an Hochschulen etablierte wissenschaftliche Weiterbildung in Deutschland noch immer ein Schatten- oder Nischendasein, wie auch internationale Vergleiche mehrfach gezeigt haben (Hanft und Knust 2007; Schaeper et al. 2006, 2007; Graeßner et al. 2009; Slowey und Schuetze 2012). Einerseits wurden in den letzten Jahren deutliche Fortschritte in der Institutionalisierung und Implementation von wissenschaftlicher Weiterbildung erreicht; andererseits spielt die wissenschaftliche Weiterbildung an Hochschulen im Konzert der Schlüsselaufgaben und -prozesse neben Forschung und Lehre in der Erstausbildung immer noch eine untergeordnete Rolle. Die Weiterbildung ist eher das fünfte Rad als die dritte (oder je nach Zählweise vierte) Säule unseres Hochschulsystems. Zwar haben sich die Widerstände, Schwierigkeiten, Barrieren und Hindernisse, mit denen die wissenschaftliche Weiterbildung konfrontiert wird, im Laufe der Zeit verändert und verringert. Aber noch heute trifft Hans-Dietrich Raapkes Diktum (1978, S. 72), eines der ‚Väter‘ der universitären Erwachsenenbildung in Deutschland, zu: „Die Geschichte der universitären Erwachsenenbildung ist zugleich eine Geschichte der geduldigen und mühsamen Versuche, diese Barrieren abzubauen.“ Damals wie heute geht es darum, bei den Hochschulen Einsicht in die Notwendigkeit zu wecken, durch die Übernahme von Weiterbildungsaufgaben einen produktiven Beitrag zur Vernetzung von Hochschule und Gesellschaft und zum Transfer wissenschaftlichen Wissens und wissenschaftlicher Kompetenzen in die Gesellschaft hinein, insbesondere auf dem Arbeitsmarkt und im Beschäftigungssystem, aber auch in der nichtberuflichen Weiterbildung, zu leisten. Für diese Funktion von Hochschulen sind unterschiedliche begriffliche Konstrukte kreiert worden: Die zunehmende Vergesellschaftung von Hochschule und Wissenschaft ist Teil eines Transformationsprozesses, den Helmuth Plessner (1924/ 1974) bereits vor mehr als 90 Jahren als wissenschaftliche Rationalisierung des sozialen Lebens einerseits sowie als Industrialisierung und Spezialisierung der Wissenschaft andererseits bezeichnet hat. Sie kann in Anlehnung an Burton R. Clark (1998) als eine Komponente einer ‚Entrepreneurial University‘ oder als eine Folge einer veränderten, u. a. stärker anwendungsorientiert und transdisziplinär ausgerichteten Wissensproduktion verstanden werden, die unter dem Begriff ‚Mode 2‘ von Gibbons und seinen Mitautoren (Gibbons et al. 1994; Nowotny et al. 2004) bekannt geworden ist. In den letzten Jahren hat sich das – an sich schon ältere – Konzept einer ‚Third Mission‘ (Henke et al. 2015, 2016; Roessler et al. 2015) verbreitet. Das Third-Mission-Konzept wird inzwischen, nicht zuletzt im europäischen Rahmen, häufig zur Legitimation der Weiterbildungsaufgaben von Hochschulen herangezogen. Unter diesem Begriff werden die Aktivitäten und Leistungen der Hochschulen, die unmittelbar in die Gesellschaft und Wirtschaft hineinwirken,

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A. Wolter und E. Schäfer

zusammengefasst. Nach Henke et al. (2016, S. 21) sind Third-Mission-Aktivitäten dadurch gekennzeichnet, dass sie (1) zwar mindestens eine lose Kopplung an Forschung und Lehre aufweisen, aber in ihren Leistungen darüber hinausgehen, (2) Adressaten außerhalb des Wissenschaftssystems ansprechen, (3) gesellschaftliche Entwicklungsinteressen bedienen, die mit den herkömmlichen Leistungen aus Forschung und Lehre allein nicht zu bedienen sind, (4) dabei aber auch Ressourcen aus Forschung und Lehre nutzen. Die wissenschaftliche Weiterbildung ist dann geradezu ein Feld par excellence für die Third Mission. Ob allerdings ihre Einordnung als ‚Third Mission‘ tatsächlich die wissenschaftliche Weiterbildung fördert oder erneut ihre Nachrangigkeit gegenüber der ‚First-‘ und ‚Second Mission‘ (Forschung und Lehre) hervorhebt, muss sich erst noch erweisen.

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Begriffsgeschichte

Vor der Darstellung ihrer historischen Entwicklungslinien gilt es zunächst begriffstheoretisch zu klären, was genau unter ‚wissenschaftlicher Weiterbildung‘ zu verstehen ist. Damit sind mehrere Probleme verbunden. So verändern sich Sprachgebrauch und Bezeichnung historisch erheblich, wie im nächsten Abschnitt noch ausführlich dargestellt wird. Während in einer frühen Phase die Begriffe der Universitätsausdehnung bzw. der volkstümlichen Hochschulkurse prägend sind, wird später von extramuralen Angeboten und insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg von Seminarkursen gesprochen. Von den 1960er bis in die achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts hinein ist von universitärer Erwachsenenbildung und auch von Kontaktstudien die Rede. In den 1970er-Jahren kommt der Begriff der wissenschaftlichen Weiterbildung auf und setzt sich danach weitgehend durch. Diese Bezeichnung dokumentiert sich auch in der Namensgebung der Deutschen Gesellschaft für wissenschaftliche Weiterbildung und Fernstudium e.V. (DGWF), die im Jahre 1970 als Arbeitskreis Universitäre Erwachsenenbildung (AUE) gegründet wird. Mit der Etablierung der Fachhochschulen als dem zweiten Standbein des deutschen Hochschulsystems in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts tritt ein zusätzlicher Akteur im tertiären Sektor auf, der sich intensiv auf dem Feld der von den Hochschulen getragenen Weiterbildung engagiert. In der Folgezeit erweitert sich der institutionelle Kontext wissenschaftlicher Weiterbildung über die Universitäten und Fachhochschulen hinaus; nun treten auch nicht-hochschulförmige Einrichtungen als Anbieter wissenschaftlicher Weiterbildung auf. So ist es nur konsequent, fortan von wissenschaftlicher Weiterbildung zu sprechen (Faulstich 2010, S. 30). Aber auch der „Ausdruck ‚wissenschaftliche Weiterbildung‘ wird unklar und vieldeutig verwendet“ (Jütte et al. 2005, S. 13) und gilt heute für manche Exponent/inn/en, die eher den Begriff des berufsbegleitenden Studiums, des lebenslangen Lernens oder noch andere Begriffe präferieren, schon wieder als verstaubt. In Deutschland wird häufig die Definition der Kultusministerkonferenz (KMK) zitiert. In Anlehnung an die Weiterbildungsdefinition des Deutschen Bildungsrates aus dem Jahr 1970 versteht die KMK wissenschaftliche Weiterbildung als „Fortsetzung oder Wiederaufnahme organisierten Lernens nach Abschluss einer ersten Bildungsphase

Geschichte der wissenschaftlichen Weiterbildung – Von der Universitätsausdehnung . . .

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und in der Regel nach Aufnahme einer Erwerbs- oder Familientätigkeit, wobei das wahrgenommene Weiterbildungsangebot dem fachlichen und didaktischen Niveau der Hochschule entspricht“ (Kultusministerkonferenz 2001, S. 2 f.). Diesem Begriffsverständnis haben sich auch BDA, HRK und DIHT (2003, S. 6) in ihrer gemeinsamen programmatischen Erklärung „Weiterbildung durch Hochschulen“ aus dem Jahre 2003 angeschlossen, in der sie wissenschaftliche Weiterbildung als Oberbegriff für Hochschulangebote verstehen, welche die „Fortsetzung oder Wiederaufnahme organisierten Lernens zusammenfassen“. Eine Frage, die durch diese Definition aufgeworfen wird, besteht darin, ob wissenschaftliche Weiterbildung sich vorrangig auf postgraduale Angebote zur Fortbildung von Personen, die erwerbstätig sind und bereits über einen ersten Hochschulabschluss verfügen, bezieht oder die gesamte Vielfalt an Studienangeboten einschließt, die in einer biografischen Perspektive als Weiterbildung einzuordnen wären (z. B. beruflich qualifizierte Studierende im akademischen Erststudium oder nachberufliche Programme). Auch wenn seitens des Hochschulsystems versucht wird, zwischen grundständiger akademischer Erstausbildung und weiterbildenden Studienangeboten zu unterscheiden, so lässt sich nur vor dem Hintergrund der individuellen Bildungs- und Berufsbiografie entscheiden, ob es sich um Weiterbildung handelt oder eine andere Bildungs- oder Lernaktivität. Das ist genau die Perspektive, die das Konzept des lebenslangen Lernens einbringt. Im Kontext des internationalen Diskurses über lebenslanges Lernen wäre daher eher von einem solchen erweiterten, lebenslauftheoretisch fundierten Begriffsverständnis auszugehen (Slowey und Schuetze 2012; Schuetze 2014; Wolter und Banscherus 2016). Ein Grund für die Unklarheiten im Begriff der wissenschaftlichen Weiterbildung ist auch die mehrdeutige, unscharfe Semantik des Attributs „wissenschaftlich“. Im internationalen Sprachgebrauch dominieren die beiden Begriffe „university continuing education“ oder „continuing higher education“, die gegenüber dem Begriff der wissenschaftlichen Weiterbildung klarer sind, weil sie eher auf die Institution als Anbieter und weniger auf einen Geltungsanspruch wie „wissenschaftlich“ abheben (Osborne und Thomas 2003). Wissenschaftliche Weiterbildung ist aber abzugrenzen von anderen Weiterbildungsangeboten von Hochschulen, die eher Teil der Personal- und Organisationsentwicklung sind. Selbstverständlich findet sich an allen Hochschulen ein umfangreiches Spektrum an internen Weiterbildungsangeboten für das eigene Personal, das jedoch ganz überwiegend nicht unter den Begriff der wissenschaftlichen Weiterbildung fällt, auch wenn es an manchen Hochschulen von den für wissenschaftliche Weiterbildung zuständigen Einrichtungen mit organisiert wird. Dabei gibt es durchaus Grenzfälle, zum Beispiel Angebote zur hochschuldidaktischen Qualifizierung des Lehrkörpers, zum Projektmanagement oder zu erfolgreichen Strategien der Drittmitteleinwerbung. Solche Angebote sind sowohl Teil der Personal- und Organisationsentwicklung als auch Teil wissenschaftlicher Weiterbildung. Die überwiegenden Anstrengungen wissenschaftlicher Weiterbildung richten sich jedoch auf externe Zielgruppen, die nicht zum Hochschulpersonal zählen. Vor diesem Hintergrund lässt sich wissenschaftliche Weiterbildung grundsätzlich über folgende vier Kriterien eingrenzen:

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A. Wolter und E. Schäfer

• über die Adressat/inn/en, nämlich Hochschulabsolvent/inn/en als primäre Zielgruppe, auch wenn andere Zielgruppen, z. B. Erwerbstätige ohne Hochschulabschluss, mehr und mehr im Horizont wissenschaftlicher Weiterbildung liegen; gerade das Konzept der Offenen Hochschule betont ja dieses erweiterte Verständnis, • über die Institution, nämlich wissenschaftliche Einrichtungen als Anbieter, • über das Anspruchsniveau der Angebote, d. h. einen wissenschaftlichen Anspruch, der durch entsprechende Anforderungen an die Inhalte und didaktische Vermittlung zu sichern ist, und • über die wissenschaftliche Qualifikation der Lehrenden. Wissenschaftliche Weiterbildung kann nach diesen Kriterien auch von anderen Einrichtungen als Hochschulen angeboten werden. So engagieren sich inzwischen andere wissenschaftliche Einrichtungen (z. B. die Fraunhofer-Gesellschaft) stärker in der Weiterbildung. Grundsätzlich können auch Unternehmen wissenschaftliche Weiterbildung anbieten. Es ist bekannt, dass das individuelle Engagement von Hochschullehrenden in der Weiterbildung weit über das institutionelle Engagement der Hochschulen hinausgeht, wenn sie im Auftrag externer Institutionen, meist auf privatrechtlicher Grundlage, Weiterbildung außerhalb der Hochschule durchführen. Die wissenschaftliche Weiterbildung der Hochschulen umfasst heute ein breites Spektrum von Veranstaltungsformen und -formaten, das von Einzelveranstaltungen über systematisierte Programme bis hin zu mehrsemestrigen weiterbildenden Studiengängen reicht und auf ganz unterschiedliche Zielgruppen ausgerichtet ist (siehe dazu Abschn. 3.4).

3

Historische Entwicklungslinien

Erst die Kenntnis der Geschichte der wissenschaftlichen Weiterbildung ermöglicht es, aktuelle Problemstellungen und Herausforderungen in ihren historischen und institutionspolitischen Kontext einzuordnen und besser zu verstehen. Deshalb sollen im Folgenden die historischen Entwicklungsstadien der wissenschaftlichen Weiterbildung überblicksartig in fünf Phasen skizziert werden, die sich an die institutionellen Veränderungen, die strategischen Orientierungen der Hochschulen und ihrer Angehörigen gegenüber der wissenschaftlichen Weiterbildung und die daraus resultierenden Handlungspraxen anlehnen (Krüger 1982a; Faulstich 1982; Swoboda 1983; Schäfer 1988). Diese fünf Phasen sind keineswegs strikt voneinander abzugrenzen; vielmehr gibt es zwischen ihnen fließende Übergänge. In gewisser Weise lässt sich die langfristige historische Entwicklung der wissenschaftlichen Weiterbildung als ein langsamer, aber kontinuierlicher Institutionalisierungsprozess kennzeichnen, der von einer beträchtlichen Expansion der Akteure und Angebote begleitet wird, allerdings bis heute noch nicht abgeschlossen ist. Die Motive und Konzepte für den Ausbau, die institutionellen Ansätze und Realisierungsformen von wissenschaftlicher Weiterbildung verändern sich im Zeitverlauf erheblich. Bis heute ist trotz eines anhaltenden Bedeutungszuwachses eine kaum übersehbare Diskrepanz zwischen programmatischer Rhetorik und einer zum

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Teil dahinter weit zurückbleibenden Realität charakteristisch. Von ihren Anfängen an ist die Entwicklung der wissenschaftlichen Weiterbildung in ein politisches und ökonomisches Spannungsfeld unterschiedlicher Akteurskonstellationen, von Hochschulen, ihren Angehörigen, insbesondere dem wissenschaftlichen Mittelbau (der ein wichtiger Träger von Weiterbildungsaktivitäten ist) und den Professor/inn/ en, Weiterbildungseinrichtungen, Staat und gesellschaftlichen Organisationen eingebunden, die sich lange Zeit auf ihre Entwicklung eher bremsend ausgewirkt haben. Zugleich wirkten immer wieder Kräfte und Faktoren auf die wissenschaftliche Weiterbildung ein, die ihre Entwicklung eher vorantrieben. Handelt es sich dabei früher eher um Bildungsbestrebungen, die um die Idee einer „öffentlichen Wissenschaft“ (Faulstich 2006) kreisen, so heute eher um Motive der Fachkräftequalifizierung und des Innovations- und Wissenstransfers.

3.1

Die vorinstitutionelle Phase

Wenngleich es schon in früheren Epochen vereinzelte Versuche der Hochschulen gegeben hat, ihre Angebote über den engen Kreis der akademischen Lehre in der Erstausbildung hinaus zu erweitern, so ist der Beginn der Weiterbildungsaktivitäten von Hochschulen mit der englischen University-Extension-Bewegung verbunden, die aus dem Bemühen um eine Reform der traditionellen Universitäten von Oxford und Cambridge hervorgeht. Die dahinterstehende Grundidee ist daran zu erkennen, dass diese Bewegung auch als „extra-mural“ bezeichnet wird, als – modern gesprochen – eine Bewegung zur Öffnung der Universität. Sie speist sich vorrangig aus humanistisch-aufklärerischen Ideen und Motiven zur Popularisierung wissenschaftlichen Wissens in breitere Bevölkerungskreise hinein, nicht zuletzt die Arbeiterklasse. Genau dieses Motiv kollidiert jedoch mit dem Interesse der Hochschulen an sozialer Distinktion und dem Erhalt ihres Kompetenzmonopols, so dass bereits das erste Stadium des Weiterbildungsengagements der Hochschulen von Widerstand und Ablehnung geprägt ist. Weil dieses Engagement wenig institutionellen Rückhalt und – zumindest in Deutschland – langfristig keinen Widerhall in den Hochschulen findet, kann es als vorinstitutionell bezeichnet werden. Als infolge der University-Extension-Bewegung in England gegen Ende des 19. Jahrhunderts auch in Österreich (vorranging an der Universität Wien als der ersten deutschsprachigen Universität, die sich in der Weiterbildung engagierte) und Deutschland Hochschulangehörige den Versuch starten, sogenannte volkstümliche Hochschulkurse einzurichten, ist dies ebenfalls nur gegen den erbitterten Widerstand einflussreicher Hochschulrepräsentanten möglich. So stellen im Jahre 1897 an der Berliner Universität namhafte Gelehrte den Antrag „Zur Einrichtung und Leitung volkstümlicher Hochschulkurse“. Der akademische Senat weist die Eingabe jedoch unter Hinweis auf § 1 der Universitätssatzung ab. Danach habe die Universität dem Zweck zu dienen, „die allgemeine und besondere wissenschaftliche Bildung gehörig vorbereiteter Jünglinge durch Vorlesungen und andere akademische Übungen fortzusetzen und sie zum Eintritt in die verschiedenen Zweige des höheren Staats- und Kirchendienstes tüchtig zu machen“ (zit. nach Keilhacker 1929, S. 64). Vor allem die

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A. Wolter und E. Schäfer

Befürchtung einer Verflachung und unangemessenen Vereinfachung von Wissenschaft hält (gelegentlich auch heute noch) Wissenschaftler/innen davon ab, sich in der Weiterbildung zu engagieren (Olbrich 2001, S. 97). Mit der Universitätsausdehnungsbewegung verbindet sich die Idee einer öffentlichen Dissemination wissenschaftlichen Wissens. Durch das „volkstümliche Vortragswesen“ bzw. die „volkstümlichen Hochschulkurse“ soll primär ein bildungsbeflissenes Publikum außerhalb der Universität angesprochen werden. Im Jahre 1899 konstituiert sich in Berlin der „Verband für volkstümliche Kurse von Hochschullehrern des Deutschen Reiches“. Anlässlich der Generalversammlung des Verbandes im Jahre 1903 kommt man überein, eine regelmäßige Konferenz einzuberufen, die dem Erfahrungsaustausch sämtlicher deutscher und österreichischer in der Universitätsausdehnungsbewegung tätigen Vereinigungen dienen soll. Diese „Volkshochschultage“ werden in den Jahren von 1904 bis 1912 im zweijährigen Rhythmus abgehalten. Ist den Anhänger/inne/n einer vom Geist der Aufklärung getragenen Popularisierung des Wissens der Gedanke einer auch der Utilität verpflichteten Verbreitung wissenschaftlicher Erkenntnisse durchaus geläufig, so bringt die organisatorische, methodische und didaktische Praxis der Ausdehnungsbewegung den Bedürfnissen und Interessen ihrer Zielgruppen wenig Aufmerksamkeit entgegen. Nicht zuletzt deshalb und aufgrund der hochschulinternen Widerstände bleibt der Universitätsausdehnungsbewegung in Deutschland eine breite Anerkennung versagt; sie muss sich überwiegend vereinsförmig außerhalb der Universität organisieren (Olbrich 2001, S. 101). Ein entscheidender Grund für ihren Zusammenbruch ist in der Tatsache zu sehen, dass sie über keine wirkungsvolle Organisationsstruktur verfügt. In ihrem Bemühen, innerhalb der Hochschulen das Bewusstsein für die Übernahme von Volksbildungsaufgaben zu schaffen, kommt den Protagonist/inn/en der Ausdehnungsbewegung allerdings eine wichtige Vorreiterfunktion für die spätere Verankerung von Weiterbildung an den Hochschulen zu. In der Weimarer Republik bildet sich als Teil der funktionalen Ausdifferenzierung des Bildungs- und Hochschulwesens das Volksbildungswesen mit der Volkshochschule als eigenständiger, von der Hochschule unabhängiger Institution (Olbrich 2001). Damit entsteht eine tendenzielle Konkurrenzsituation zwischen Universität und Erwachsenenbildung, so dass Bemühungen um eine Verbindung, wie sie von der Universitätsausdehnungsbewegung ausgehen, auch wegen mangelnden Rückhalts in der Erwachsenenbildung zum Erliegen kommen. Sämtliche Versuche, die in den 1920er-Jahren darauf abzielen, das Verhältnis zwischen Hochschule und Volkshochschule zu intensivieren, sind neben der ablehnenden Haltung der Universitäten tendenziell dem Missverständnis ausgesetzt, das Streben der Volkshochschule nach Eigenständigkeit rückgängig machen zu wollen. So bleibt auch der Versuch, mit den „Beratungsstellen für Volkshochschulfragen“ eine Brücke zwischen Universität und Volksbildung zu errichten, ein Fehlschlag. Es kommt hinzu, dass in dieser Zeit deutlich antirationale, antiintellektuelle und wissenschaftskritische Strömungen einen starken Einfluss auf die deutsche Erwachsenenbildung ausüben (Strzelewicz 1985, erstmals 1959), so dass sich die ‚neue Richtung‘ der Volksbildungsbewegung „nicht nur in Abgrenzung von der Universitätsausdehnung, sondern geradezu im Gegensatz zu ihr“ konstituiert (Gierke und Loeber-Pautsch 1991, S. 335).

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Nach dem Scheitern sowohl der Universitätsausdehnungsbewegung als auch der Initiativen zur institutionellen Verankerung des Volkshochschulgedankens an den Universitäten in der Weimarer Republik bricht der Kontakt zwischen Hochschule und Volkshochschule zunächst ab. Zwischen 1933 und 1945 trifft ein völliger Stillstand ein. Interessant ist aber, dass vor 1933 bereits der Zusammenhang zwischen Universitätsreform und Weiterbildung erkannt wird. Insbesondere Max Scheler (1921/1982) stellt die Frage der Universitätsausdehnung und die republikanische Forderung nach einer neuen Volksbildung explizit in den Zusammenhang einer Reform der deutschen Universitäten und plädiert dafür, die verschiedenen Aufgaben der Universität auf „eine Mehrheit von höheren Bildungsinstituten zu verteilen“ (ebenda S. 144), wobei sich die Universität dabei stärker als bisher der Aufgabe der Berufs- und Fachschulung widmen solle. Eine solche – modern gesprochen – stärkere Differenzierung zwischen akademischen Einrichtungen würde Raum schaffen für ein „sinnvolles Zusammenwirken von Volkshochschule und Universität“, wofür Scheler ein detailliertes Programm entwirft. Das Verhältnis von Hochschule und Weiterbildung ist grundsätzlich auf die Tagesordnung gekommen; hieran kann später angeknüpft werden.

3.2

Die Pionierphase der universitären Erwachsenenbildung

Bleibt die Forderung nach wechselseitiger Durchdringung von Hochschule und Weiterbildung in den vorausgegangenen historischen Epochen weitgehend ein uneingelöstes Postulat, erwachsen in Westdeutschland nach 1945 aus dem Bemühen um eine gesellschaftliche Demokratisierung neue Impulse für die damalige universitäre Erwachsenenbildung. Nun beginnt die zweite Entwicklungsphase, die Pionierphase der Institutionalisierung universitärer Erwachsenenbildung; hier setzt die eigentliche Entwicklungsgeschichte der Hochschulweiterbildung im heutigen Verständnis ein. Das vom Studienausschuss für Hochschulreform im Jahre 1948 vorgelegte und (nicht zufällig) von britischer Seite angestoßene sogenannte ‚Blaue Gutachten‘ fordert u. a. eine Öffnung der Hochschulen und widmet sich ausführlich dem Verhältnis von Erwachsenenbildung und Universität. Ausgehend von der Frage nach dem gesellschaftlichen Auftrag der Hochschule wird in dem Gutachten betont, dass sich die Hochschule nicht darauf beschränken dürfe, junge Menschen für leitende Tätigkeiten fachlich zu qualifizieren und menschlich zu bilden. Vielmehr gelte es auch zur „Ausstrahlung wissenschaftlichen Geistes über die Hochschulgrenzen hinaus“ (Studienausschuss für Hochschulreform 1948, S. 9) beizutragen. Dies sei zum einen durch wissenschaftliche Fortbildung der Altakademiker/innen und zum anderen durch Zusammenarbeit mit den Kräften der Erwachsenenbildung möglich. Die Hoffnungen auf eine umfassende Hochschulreform, wie sie im ‚Blauen Gutachten‘ gefordert wird, erfüllen sich aber so wenig wie die auf eine Kooperation von Erwachsenenbildung und Hochschule. Unter dem Einfluss der Besatzungsmächte, insbesondere in der britischen Zone, sowie der Berichte der aus dem Exil zurückgekehrten Erwachsenenbildner über die

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Arbeit der Extra-Mural-Departements wird versucht, an das angelsächsische (und skandinavische) Vorbild anzuknüpfen. So ist es kein Zufall, dass die Entwicklung der universitären Erwachsenenbildung seit den 1950er-Jahren zunächst von Exilanten wie Helmuth Plessner und Willy Strzelewicz in Göttingen und Fritz Borinski in Berlin vorangetrieben wird. Ein wegweisender Schritt ist hier die maßgeblich von dem Sozialphilosophen Helmuth Plessner initiierte Einrichtung eines Sekretariats für Seminarkurse an der Universität Göttingen im Jahr 1955,2 das sich zunächst noch in der Trägerschaft des Niedersächsischen Bundes für freie Erwachsenenbildung befand, 1965 dann formell in die Universität Göttingen eingegliedert wurde.3 Zum ersten Leiter dieser Einrichtung wird Willy Strzelewicz bestellt, sein Nachfolger ist Hans-Dietrich Raapke, einer der Dozenten ist Wolfgang Schulenberg – alle drei sind später Mitgründer des Arbeitskreises Universitäre Erwachsenenbildung. Schulenberg et al. (1982, S. 173) haben die Göttinger Seminarkurse als die „Urform der späteren Kontaktstellen bzw. der Zentralen Einrichtungen für Wissenschaftliche Weiterbildung“ bezeichnet. „Hier gelingt es erstmals in Deutschland, eine dauerhafte Brücke zwischen Universität und Erwachsenenbildung zu schlagen“ (Krüger 1982b, S. 39). Wenig später folgt die Gründung einer ähnlichen Einrichtung an der Freien Universität Berlin. Die besonderen Kennzeichen der Seminarkurse (vgl. Strzelewicz 1985, erstmals 1959; Raapke und Skowronek 1962) sind eine seminarähnliche, stärker teilnehmerorientierte Arbeitsform, die längere Dauer der Kurse, die wissenschaftliche Tätigkeit der Dozent/inn/en sowie das Ziel der Einführung der Teilnehmer/innen in eine wissenschaftliche Denkweise. Mit der Hinwendung zu solchen teilnehmerorientierten Konzepten wird die Konsequenz aus den Erfahrungen gezogen, die vor 1933 eher zum Scheitern der frühen Aktivitäten beigetragen haben. Die Seminarkurse finden jedoch in der Regel nicht an der Hochschule, sondern in einer Einrichtung der Erwachsenenbildung statt. Dies ist z. T. konzeptionell motiviert, reflektiert aber auch den Widerstand innerhalb der Universitäten gegen diese Form der Popularisierung von Wissenschaft. Die Mitwirkung der Universitäten in der Weiterbildung nimmt seit den 1960erJahren sowohl programmatisch als auch in den Realisierungsformen mehr und mehr Gestalt an, ohne dass die in dieser Phase noch bestehenden Widerstände – vor allem an den Hochschulen – verschwinden. Begünstigt durch die allgemeinen gesellschaftlichen Reformbemühungen in den 1960er- und 1970er-Jahren findet die universitäre Erwachsenenbildung breitere Akzeptanz und schließlich auch eine aktive Beförderung, die zumeist den Initiativen einzelner Persönlichkeiten zu verdanken ist, wie überhaupt bis in die Gegenwart das Engagement einzelner Personen für die Institutionalisierung wissenschaftlicher Weiterbildung ein wichtiger Motor bleibt. Die neuen Bemühungen um die Institutionalisierung der Weiterbildung an den Hochschulen finden ihren Ausdruck in der 1968/1970 erfolgten Gründung des Arbeits-

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Carola Dietze hat in ihrer Plessner-Biographie (2006, S. 400 ff.) auch die Gründung des Göttingen Sekretariats für Seminarkurse nachgezeichnet. 3 Seit den 1990er-Jahren hat sich die Universität Göttingen ganz aus der wissenschaftlichen Weiterbildung zurückgezogen.

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kreises Universitäre Erwachsenenbildung (AUE), überwiegend durch Professor/inn/ en des damals an deutschen Hochschulen neuen Faches bzw. Studiengangs Erwachsenenbildung, aus dem dann im Jahr 2003 die jetzige Deutsche Gesellschaft für wissenschaftliche Weiterbildung und Fernstudium (DGWF) hervorgeht (Dikau et al. 1996; DGWF 2010b; Hörr 2017). Die universitäre Erwachsenenbildung formt in Deutschland bis Anfang der 1970er-Jahre ihre institutionellen Vorbilder und Konturen aus, an die nach 1973 viele der neugegründeten Kontakt- und Zentralstellen für Weiterbildung anknüpfen können. Deren Ausbreitung wird von verschiedenen Faktoren gefördert: der relativ ausgeprägten Reformbereitschaft, die an vielen Hochschulen zu dieser Zeit vorhanden ist, der Welle der Hochschulneugründungen, von denen sich einige als Hochschulen mit einem spezifischen regionalen oder gesellschaftspolitischen Auftrag verstehen, der auch die Weiterbildung einschließt, und schließlich von gezielten Förderprogrammen, welche in den 1970er-Jahren die Errichtung von Einrichtungen für wissenschaftliche Weiterbildung an den Hochschulen als Modellversuche unterstützen, so etwa seitens der damaligen Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK). Seit der zweiten Hälfte der 1960er-Jahre wird intensiver als je zuvor der Zusammenhang zwischen Hochschul- und Studienreform und wissenschaftlicher Weiterbildung thematisiert. Vor allem dem Wissenschaftsrat (1966, 1983, 1998, 2006a, 2006b, 2010) gebührt das Verdienst, seit dem Jahr 1966 in mehreren Empfehlungen immer wieder auf diesen Zusammenhang hingewiesen zu haben, wenn auch nicht selten in technokratischer Engführung. Zwei Motive spielen dabei eine Rolle: die Idee, durch Verlagerung von Studienanteilen in die Weiterbildung die Studienzeiten zu verkürzen, und die Erkenntnis, dass gerade die aufgrund der Dynamik der Wissensentwicklung ausgeprägte Obsoleszenz wissenschaftlichen Wissens einen besonderen Bedarf an Weiterbildung bei Erwerbstätigen mit Hochschulabschluss begründet. Exemplarisch sei hier auf die Empfehlungen des Wissenschaftsrates zur Neuordnung des Studiums an wissenschaftlichen Hochschulen (1966) hingewiesen, in der die Idee eines Kontaktstudiums als Angebot für im Beruf stehende Absolvent/ inn/en der Hochschulen vorgeschlagen wird. Hierin drückt sich ein neues, erweitertes Verständnis aus. Weiterbildung gilt jetzt nicht mehr nur im älteren Sinne als eine externe Dienstleistung der Universität für die Erwachsenenbildung, sondern als Teil des eigenen institutionellen Lehr- und Ausbildungsauftrages mit dem Ziel der Weiterqualifizierung von Hochschulabsolvent/inn/en. Die damals gängigen Begriffe des Kontaktstudiums oder des weiterbildenden Studiums haben hier ihren Ursprung. Auch in der DDR gewinnt die Qualifizierung von Hochschulkadern in postgradualen Studien eine zunehmende Bedeutung. Weiterbildung findet hier an Hochschulen eine weitaus größere Verankerung als in Westdeutschland, wie überhaupt Fern- und Abendstudienangebote weit verbreitet sind. An die Tradition der volkstümlichen Bildung in der Urania vor dem Ersten Weltkrieg anknüpfend wird in der DDR eine von den Hochschulen unabhängige ‚Gesellschaft zur Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse‘ gegründet, die dann 1966 in Urania umbenannt wird (Siebert 2010). Sie ist die wichtigste Einrichtung extra-muraler akademischer Bildung in der DDR. Mit der sogenannten Dritten Hochschulreform, die 1968/69 begann

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(Baske 1998), wird auch die Weiterbildung an den Universitäten und Hochschulen neu gestaltet. Die volkswirtschaftlichen Arbeitskräftebedarfspläne für die Universitäten enthalten neben der Erstausbildung genaue Vorgaben für die Weiterbildung. Die organisatorischen Voraussetzungen, um die vorgegebenen Ziele zu erfüllen, werden mit der Errichtung von Direktoraten für Weiterbildung geschaffen. Diese werden in der Hierarchie der Hochschulen der Ebene der Hochschulleitungen zugeordnet und sind einem Prorektor unterstellt (Keil 2014). Im Zuge der politischen Umgestaltung nach 1989 und der institutionellen Anpassung an das westdeutsche ‚Modell‘ wird diese Infrastruktur für wissenschaftliche Weiterbildung nahezu vollständig abgewickelt (Bose et al. 1993).

3.3

Von der universitären Erwachsenenbildung zur wissenschaftlichen Weiterbildung

Im Jahr 1976 wird der Weiterbildungsauftrag der Hochschulen erstmalig im Hochschulrahmengesetz (HRG) verankert, was in den folgenden Jahren von den Landeshochschulgesetzen aufgegriffen wird. Das HRG spezifiziert den Weiterbildungsauftrag mit drei Komponenten: dem bisher dominierenden Verständnis der Mitwirkung an Veranstaltungen der Erwachsenenbildung, der neuen Aufgabe des weiterbildenden Studiums sowie der Förderung der Weiterbildung des eigenen Personals. In gewisser Weise markiert das HRG den Beginn der dritten Entwicklungsphase, den beginnenden Übergang von der universitären Erwachsenenbildung zur wissenschaftlichen Weiterbildung. Sie erstreckt sich in etwa über die zweite Hälfte der 1970er- und die 1980erJahre. Sieht die universitäre Erwachsenenbildung des älteren Typs, deren Prototyp die Seminarkurse sind, ihre Zielgruppe noch primär in einer bildungsinteressierten Öffentlichkeit außerhalb der Mauern der Universität, so treten jetzt die Hochschulabsolvent/ inn/en selbst als zentrale Adressat/inn/en ins Blickfeld. Das didaktische Konzept verschiebt sich mehr und mehr von einer wissenschaftsorientierten allgemeinbildenden Perspektive zur wissenschaftsbasierten beruflichen Fortbildung. Hierfür setzt sich mehr und mehr der Begriff der wissenschaftlichen Weiterbildung durch. Damit verändern sich Auftrag und Funktion der für Weiterbildung an den Hochschulen zuständigen Stellen. Sie treten seitdem weniger als Vermittlungsagenturen zwischen Universität und Erwachsenenbildung auf, sondern als eigenständiger Anbieter, als Mitbewerber auf dem Weiterbildungsmarkt, indem sie – zum Teil in Kooperation mit den fachlich zuständigen Einrichtungen – eigene Programme bis hin zu weiterbildenden Studiengängen entwickeln und durchführen. Das Spektrum variiert zwischen beruflicher Fortbildung von Erwerbstätigen mit Hochschulabschluss, Fortbildungsangeboten für Personen, die noch über keinen Studienabschluss verfügen, bis hin zu arbeitslosen Absolvent/inn/en. Auch kommt jetzt neben den traditionellen Einrichtungen der Erwachsenenbildung die Vielzahl anderer Träger von berufsbezogener Weiterbildung in den Blick, z. T. als Konkurrenten, z. T. als Kooperationspartner. Damit einher geht eine stärkere Bedarfs- und Nachfrageorientierung der Hochschulweiterbildung, wodurch die Weiterbildung zu einem frühen Vorreiter einer

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stärkeren Markt- und Wettbewerbsorientierung im Hochschulsystem wird. Auch entwickeln sich neue Kooperationsformen zwischen den Einrichtungen der Hochschulweiterbildung und außerhochschulischen Anbietern oder Abnehmern. Die dritte Phase wird geprägt durch teilweise sehr kontroverse Diskussionen um die Ausgestaltung der Weiterbildungsaufgabe der Hochschulen sowie die adäquaten Institutionalisierungsformen und Implementationsstrategien. So gibt es in den 1970er- und frühen 1980er-Jahren noch eine Reihe grundsätzlicher wettbewerbsund hochschulrechtlicher Kontroversen, ob die Hochschule als öffentliche Einrichtung überhaupt auf dem Weiterbildungsmarkt aktiv werden dürfe (Mestmäcker und Veelken 1990). Die Praxis der wissenschaftlichen Weiterbildung erhält jedoch einen Schub durch Modellversuche, die es ermöglichen, dass sich eine eigene Infrastruktur der Weiterbildung an den Hochschulen in Deutschland ausformen kann. So werden in diesem Zeitraum relativ viele Kontakt-, Zentralstellen oder andere zuständige Einrichtungen für Weiterbildung an den Hochschulen gegründet. Seit den 1980er-Jahren wird wissenschaftliche Weiterbildung immer häufiger im Kontext mit den Aktivitäten der Hochschulen auf dem Feld des Wissens- und Technologietransfers gesehen. Dazu trägt bei, dass die zu Beginn der 1970er-Jahre eingeführten Fachhochschulen als zweiter, wirtschaftsnaher Sektor des deutschen Hochschulsystems mit ihren explizit praxisorientierten Studienangeboten und anwendungsbezogenen Forschungs- und Entwicklungsaufgaben eine größere Affinität zur wissenschaftlichen Weiterbildung aufweisen als die Universitäten. Und in der Tat entwickeln sich die Fachhochschulen zu einem besonders regen Anbieter. Dennoch zeigen sich insgesamt in der zweiten Hälfte der 1980er-Jahre gewisse Stagnations- und Ermüdungserscheinungen in der akademischen Weiterbildung, auch wenn die Zahl der Hochschulen, die für Weiterbildung zuständige Stellen – in welcher Form auch immer – einrichten, ganz langsam wächst. Die von vielen Mitte der 1980er-Jahre für die Zeit nach dem ‚Studierendenberg‘ gehegte Erwartung, die Entlastung der Hochschulen vom demografischen Druck würde – gleichsam zur Kompensation rückläufiger Auslastung in der Erstausbildung – endlich zu dem lange erhofften Aufschwung der Weiterbildung führen, wird angesichts der weiterhin expansiven Studiennachfrage und der Kapazitätsengpässe der Hochschulen eher enttäuscht. Wichtige Diskussionen und Anstöße für die wissenschaftliche Weiterbildung gehen von Ende der 1980er bis Anfang der 1990er-Jahre von der Konzertierten Aktion Weiterbildung (KAW 1990) aus. Sie konstituierte sich in unterschiedlichen Arbeitskreisen, von denen sich einer mit der wissenschaftlichen Weiterbildung befasste. Bis zum Jahr 1992 verabschiedete dieser Arbeitskreis zahlreiche Empfehlungen und Stellungnahmen, u. a. zur wissenschaftlichen Weiterbildung durch Hochschulen in der Region, zur Förderung der Weiterbildungsforschung, zur wissenschaftlichen Weiterbildung älterer Menschen, zur Erhebung von Entgelten und Gebühren, zu zusätzlichen Lehrvergütungen für das in der Hochschulweiterbildung tätige Personal, zur Didaktik und Methodik sowie zur wissenschaftlichen Weiterbildung an den Hochschulen der neuen Bundesländern. Eine Wirkungsstudie (Berning et al. 1997), die den Bekanntheitsgrad, die Akzeptanz sowie die Auswirkungen der KAW-Empfehlungen untersuchte, kommt allerdings zu einem ernüchternden Ergeb-

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nis: Die Empfehlungen zur wissenschaftlichen Weiterbildung haben die in den Hochschulen für Weiterbildung Verantwortlichen nur selten erreicht. Ursache hierfür seien Kommunikations- und Verteilungsprobleme sowie eine geringe Wertschätzung der KAW-Empfehlungen, aber auch der wissenschaftlichen Weiterbildung generell. Leider sei es nicht gelungen, die Empfehlungen zu nutzen, um in den Hochschulen eine breite Diskussion über wissenschaftliche Weiterbildungsaktivitäten auszulösen. Trotz der zahlreichen Stellungnahmen, Forderungen und Empfehlungen an die Hochschulen, sich ihrer Weiterbildungsaufgabe anzunehmen, erwähnt seien hier exemplarisch neben den KAW-Empfehlungen die der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK 1990, 1993) sowie der Hochschulrektorenkonferenz (HRK 1993), bleibt die tatsächliche Entwicklung weit hinter den optimistischen Erwartungen und Hoffnungen zurück. So dominiert bis weit in die 1990er-Jahre im wissenschaftlichen Weiterbildungsdiskurs das Thema „Hemmnisse und Desiderata“ (Arbeitskreis Universitäre Erwachsenenbildung 1990). Tatsächlich kommt die Weiterbildung aus ihrer „Aschenputtel-Existenz“ (Teichler 1990, S. 10) kaum heraus. Die Beobachtung, dass Weiterbildung auch weiterhin eher ganz am Rande der Aufgaben und Aktivitäten von Hochschulen angesiedelt bleibt, hat zur Folge, dass sich ein großer Teil der Weiterbildungsforschung lange Zeit vorrangig auf die vielfältigen Barrieren und Schwierigkeiten konzentriert, die bislang ein größeres Engagement der Hochschulen in der Weiterbildung verhindern. Hierzu zählen neben der schon erwähnten Nachfrageüberlast die immer wieder beklagten, inzwischen jedoch zunehmend flexibilisierten haushalts-, personal- und hochschulrechtlichen Restriktionen sowie die geringe Verankerung der Weiterbildung im primär forschungsbasierten akademischen Reputationssystem. Noch bis heute wird das Selbstbild der wissenschaftlichen Weiterbildung in Deutschland erkennbar von einem Unterlegenheitsbewusstsein geprägt, innerhalb des Hochschulsystems und der Hierarchie der Hochschulaufgaben nur eine periphere Bedeutung zu haben.

3.4

Diversifizierung und Funktionswandel der wissenschaftlichen Weiterbildung

Mit der Anerkennung der Weiterbildung als Kernaufgabe neben Forschung, Lehre und Studium bei der Novellierung des Hochschulrahmengesetzes von 1998 beginnt eine vierte Phase, die der Diversifizierung dieses Handlungsfeldes, die mit einer langsamen Expansion und einem deutlichen Funktionswandel einhergeht. Ablesbar ist dies zunächst an der Zahl der Hochschulen, die verantwortliche Stellen für Weiterbildung einrichten, oder an der Zahl der weiterbildenden Studiengänge oder anderer Angebote (Faulstich et al. 2007). Drei Reformprozesse kommen hier zusammen: erstens die Studienreform, für die solche Stichworte wie Bologna-Prozess, gestuftes Studiensystem, Leistungspunktesystem (ECTS) und lebenslanges Lernen stehen; zweitens die Einführung der neuen Hochschulsteuerung (Wolter 2012), für die solche teilweise aus der Betriebswirtschaft entlehnten Begriffe wie New Public Management, Hochschulverträge und Zielvereinbarungen, indikatorbasierte Hoch-

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schulfinanzierung, Globalhaushalte, kaufmännische Haushaltsführung oder professionelles Hochschulmanagement stehen; sowie drittens die Schnittstelle zwischen Studienreform und Hochschulsteuerung mit solchen Handlungsfeldern wie Lehrevaluation, Qualitätssicherung und Akkreditierung. Diese hochschulpolitischen Neuansätze und Reformprozesse markieren nicht nur die Eckpunkte eines grundlegenden Funktionswandels akademischer Bildung (Schäfer 2012). Damit verändert sich auch die hochschulpolitische Semantik wissenschaftlicher Weiterbildung. Weiterbildung wird heute mehr im Kontext von Bildungsmanagement, Organisationsentwicklung, strategischer Hochschulentwicklung und neuer Hochschulsteuerung gesehen und weniger als Teil eines bildungstheoretisch und gesellschaftspolitisch legitimierten Bildungsauftrags der Hochschule nach innen oder außen. Peter Faulstich (2010) hat die drei zentralen Tendenzen der Hochschulentwicklung, welche die Entwicklung der wissenschaftlichen Weiterbildung in dieser Phase nachhaltig prägen, als „Vermarktlichung“, „Managementisierung“ und „Bolognalisierung“ bezeichnet. Steht lange Zeit der humanistische Anspruch auf Persönlichkeitsbildung oder die Idee einer öffentlichen Wissenschaft mit dem Leitmotiv Aufklärung durch Wissenschaft im Vordergrund, so rückt nun verstärkt die arbeitsmarktpolitische Perspektive der Erschließung und Ausschöpfung von Humankapital in das Zentrum des Interesses. Die frühen Aktivitäten in der akademischen Weiterbildung sind noch stark von Strategien zur gesellschaftlichen, demokratischen Öffnung der Universität – in einem mehrfachen Sinne – bestimmt: eine intellektuelle, wissenschaftliche Öffnung, die auf einem Bildungs- bzw. Wissenschaftsverständnis basiert, welches die Unterscheidung zwischen Experten und Laien zu überwinden versucht, und eine soziale Öffnung, wonach die Hochschule neue Zielgruppen erschließen soll, insbesondere solche, die bislang de facto von akademischer Bildung ausgeschlossen sind. Seit den 1990er-Jahren schiebt sich dagegen eine Perspektive in den Vordergrund, die Weiterbildung vorrangig als Teil einer neuen Marktorientierung öffentlicher Dienstleistungen sieht. Der Ausbau der Weiterbildung gilt als ein Teil des Qualifikationsstrukturwandels, der mit anhaltender Höher- und kontinuierlicher Weiterqualifizierung des volkswirtschaftlich verfügbaren Fachkräftepotenzials auch die Hochschulen vor neue Herausforderungen stellt. Auch wenn die deutsche Hochschulverfassung als Ganzes noch weit ab vom Modell einer unternehmerischen Hochschule ist, so ist die Weiterbildung eines derjenigen akademischen Subsysteme, die zum Vorreiter dieser Entwicklung werden. Die neuen Steuerungskonzepte geben dabei der – oftmals enttäuschten – Erwartung Auftrieb, im Zeichen einer von allen Seiten beklagten Unterfinanzierung öffentlicher Hochschulbildung mithilfe der Weiterbildung ein neues Geschäftsfeld und damit neue finanzielle Ressourcen erschließen zu können. Damit ist die Frage verbunden, ob Weiterbildung an Hochschulen primär einem öffentlichen Bildungsauftrag oder einem wirtschaftlichen Interesse dient (vgl. Abschn. 3.5). Insgesamt wird die Weiterbildung dadurch zu einem ‚Experimentierfeld‘ für die sektorale Implementation neuer Steuerungs- und Managementkonzepte. Das wird durch den Generationenwechsel beim Personal der für die Weiterbildung zuständigen Stellen an den Hochschulen unterstützt, durch den an die Stelle der älteren Generation der Akteure, die noch von den Studienreformideen der 1970er-Jahre geprägt sind, eine neue Generation tritt, die Weiter-

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bildung primär als Teil von wettbewerblichen Marktstrategien, von Bildungsmanagement und Organisationsentwicklung begreift. Die Diversifizierung der wissenschaftlichen Weiterbildung, die sich verstärkt etwa seit den 1990er-Jahren vollzieht, wird in verschiedenen Tendenzen greifbar: den Zielgruppen, den Angebotsformaten sowie den Anbietern und Institutionen. So haben sich erstens die Zielgruppen weiter ausdifferenziert (Wolter et al. 2016; Seitter 2017b). Neben den Erwerbstätigen, die bereits über einen Hochschulabschluss verfügen und für ihre berufliche Fortbildung an die Hochschule zurückkommen, stehen diejenigen Erwerbstätigen, die noch keinen Studienabschluss haben, aber einen weiterbildenden oder berufsbegleitenden Studiengang belegen. Die Gruppe der Erwerbstätigen ließe sich weiter differenzieren nach ihrem Abschlussinteresse (z. B. an einem Bachelor, weiterbildenden Master oder einem anderen Zertifikat). Auch gibt es Zielgruppen mit Fortbildungs-, aber ohne Abschlussinteresse (z. B. Teilnehmer/innen an kurzfristigen Angeboten wie Tages- oder Wochenendseminaren). Daneben stehen diejenigen Interessent/inn/en bzw. Teilnehmer/innen, die unabhängig von einer Erwerbstätigkeit in erster Linie mit einem allgemeinbildenden Interesse weiterbildende Angebote belegen; hierzu gehören z. B. Teilnehmer/innen an Angeboten zur Studienvorbereitung, an nachberuflichen Angeboten, sogenannte Seniorenstudierende, traditionelle Seminarkursbesucher/innen sowie Interessent/ inn/en an offenen Angeboten, die unter verschiedenen Bezeichnungen wie Studium generale oder Bürgeruniversitäten geführt werden. Diese Ausweitung der Zielgruppen steht zweitens in engem Zusammenhang mit der weiteren Diversifizierung der Angebotsformate, die sich etwa seit Mitte der 1990er-Jahre beobachten lässt. An den Hochschulen wird inzwischen unter der Kategorie ‚wissenschaftliche Weiterbildung‘ eine bunte Vielfalt verschiedener Formate angeboten (DGWF 2010a): abschlussorientierte Studiengänge (in der Regel Master, jetzt oft auch Bachelor), Zertifikatsprogramme, Weiterbildungsmodule, Weiterbildungsseminare und andere kurzfristigere Angebote (Workshops, Abend-/ Wochenendkurse), allgemeinbildende Angebote, gelegentlich als PUSH-Programme bezeichnet (public understanding of sciences and humanities), traditionelle Formen extra-muraler Angebote (Seminarkurse), kooperative Angebote, z. B. von Unternehmen und Hochschulen, Franchise-Modelle (Auslagerung in nicht-tertiäre Einrichtungen) und anderes mehr. Generell lässt sich in den letzten 20 Jahren eine zunehmende Bedeutung flexibler, oft internetbasierter Lernformate feststellen: des berufsbegleitenden Studiums, des Fernstudiums, von Blended-Learning-Modellen, überhaupt digitaler Modelle wie die in den letzten Jahren aufgekommene, aber inzwischen schon wieder abflauende Welle der MOOCs (massive open online courses) (McClure 2015). Eine dritte Linie der Diversifizierung vollzieht sich in den Organisationsformen, Zuständigkeiten und Trägerstrukturen. Innerhalb der Hochschulen kann die Zuständigkeit für wissenschaftliche Weiterbildung ganz unterschiedlich organisiert sein: als zentrale wissenschaftliche Einrichtung, zentrale Betriebseinheit, Teil der zentralen Verwaltung, Stabsstelle der Hochschulleitung, An-Institut, auf Fakultäts- bzw. Fachbereichsebene, außerhochschulische Einrichtung (in verschiedenen Rechtsformen) oder in noch anderer Form. Auch die Anbieter bzw. die Träger weiterbildender Angebote sind inzwischen deutlich vielfältiger geworden: neben den öffentlichen

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Hochschulen und ihren Ausgründungen sind hier insbesondere die zahlreichen in den letzten Jahren erfolgten Neugründungen von privaten Hochschulen4 sehr aktiv, daneben außeruniversitäre Forschungseinrichtungen (z. B. die Fraunhofer-Gesellschaft), Unternehmen (z. B. mit Corporate Universities) (Schäfer 2005) oder andere private Einrichtungen. Eine Zeit lang kommt es an vielen Hochschulen zur Auslagerung der Weiterbildung in Einrichtungen mit eigener, meist privater Rechtsform. Diese Outsourcingstrategie macht mit einer Reihe gescheiterter Initiativen allerdings auch schnell die Grenzen und Schwierigkeiten dieses Trends deutlich. Vielfach scheinen bei den Akteuren an den Hochschulen Unklarheiten über die strategischen Erwartungen und Ziele, die mit wissenschaftlicher Weiterbildung verbunden werden, zu bestehen – und darüber, ob die Weiterbildung die ihr zugeschriebenen Erwartungen überhaupt erfüllen kann. Diese Unsicherheiten erklären, warum einige Hochschulen die Weiterbildung massiv ausbauen, andere sich schon wieder zurückziehen, wiederum andere die Weiterbildung aus der Hochschule ausgliedern oder sie im Gegenteil zum integralen Handlungsfeld des akademischen Hochschulauftrags machen (wollen).

3.5

Übergang zur offenen Hochschule

Kann man für die vierte Phase noch von einer eher stillen Expansion sprechen, so ist die Weiterbildung in den letzten Jahren öffentlich wahrnehmbar stärker in den Blickpunkt hochschulpolitischer Aktivitäten gerückt, wozu verschiedene Förderprogramme, die dem Ziel dienen, an den Hochschulen in stärkerem Umfang Strukturen lebenslangen Lernens zu etablieren, wesentlich beigetragen haben. Diese Förderprogramme stehen nicht nur unter dem Einfluss des Bologna-Prozesses und dessen Ziel einer Verankerung lebenslangen Lernens an Hochschulen. Neben dem BolognaProzess, der die für Deutschland charakteristische Fokussierung auf postgraduale Weiterbildung unter den zentralen Aktionsfeldern allerdings gar nicht kennt, beeinflusst die weltweite hochschulpolitische und wissenschaftliche Debatte über Hochschulen als Institutionen des lebenslangen Lernens stark diese jüngste Phase in der Entwicklung wissenschaftlicher Weiterbildung (Wolter und Banscherus 2016). Ein charakteristisches Merkmal dieser Phase besteht darin, einem durchaus schon länger zu verfolgenden Trend endgültig zum Durchbruch verholfen zu haben: nämlich der Erosion traditioneller Grenzziehungen zwischen wissenschaftlicher Weiterbildung und akademischer Erstausbildung. Ein bedeutsamer Impuls geht hierzu seit 2011 von dem Bund-Länder-Wettbewerb „Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen“ (Wolter und Banscherus 2015; Wolter 2017) aus, der mit mehr als 70 geförderten Projekten und mehr als 100 beteiligten Hochschulen schon vom Volumen her gesehen das umfangreichste Förder4

Zwischen 1995 und 2015 sind in Deutschland ca. 90 private Hochschulen gegründet worden (Buschle und Haider 2016), darunter einige, die sich explizit als Weiterbildungshochschulen begreifen.

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programm in diesem Handlungsfeld ist. Zu den Vorläufern des Wettbewerbs sind sowohl landesspezifische Programme – z. B. die Offene Hochschule Niedersachsen (Hanft und Brinkmann 2013) – als auch die unter dem Akronym ANKOM (Anrechnung beruflicher Kompetenzen auf Hochschulstudiengänge) durchgeführten Projekte zu rechnen, die im Kontext der angestrebten größeren Durchlässigkeit zwischen beruflicher Bildung und Hochschulstudium stehen (Stamm-Riemer et al. 2011). Nach einem Beschluss der Kultusministerkonferenz (2002, 2008) können nachgewiesene gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten, die außerhalb des Hochschulbereichs erworben werden, bis zur Hälfte der für einen Studiengang vorgesehenen Anforderungen bzw. Leistungspunkte angerechnet werden. Mit dem Wettbewerb „Offene Hochschule“ gewinnt dieses Thema für die wissenschaftliche Weiterbildung eine hohe Relevanz (Lenz und Schmitt 2016; Hanft et al. 2014). Die von der Kultusministerkonferenz (2009) beschlossene Öffnung des Hochschulzugangs für beruflich qualifizierte Bewerber/innen ohne schulische Hochschulzugangsberechtigung – heute oft als nichttraditionelle Studierende bezeichnet (Wolter 2015; Isensee und Wolter 2017) – gehört ebenfalls in die Vorgeschichte dieses Wettbewerbs. Dieser ist im Übrigen ein gutes Beispiel für die erodierenden Grenzziehungen zwischen akademischer Erstausbildung und Weiterbildung in der Perspektive lebenslangen Lernens. Gegenüber dem traditionellen Verständnis wissenschaftlicher Weiterbildung, wie es bis in die 1990er-Jahre dominiert, vollzieht der Wettbewerb einige wesentliche Erweiterungen, die durch den hochschulpolitischen und bildungswissenschaftlichen Weiterbildungsdiskurs in den letzten Jahren angestoßen wurden. Neben postgradualen weiterbildenden Angeboten, also solchen nach einem ersten Studienabschluss, die aber meist für Teilnehmer/innen ohne ersten Abschluss offen sind, wenn auch oft ohne Möglichkeit eines formellen Abschlusses, liegt jetzt ein Angebotsschwerpunkt im grundständigen Bereich, der früher nicht als weiterbildend galt. Die Grenzen zwischen Erststudium und weiterbildendem Studium werden fließend, indem Weiterbildung jetzt nicht mehr von der Studiengangsystematik, sondern von der vorangegangenen Bildungs- und Berufsbiografie her definiert wird. Eine Folge davon ist, dass es nunmehr nicht nur weiterbildende Master-, sondern auch Bachelorstudiengänge gibt, die nach den KMK-Vorgaben zur Studiengangstruktur gar nicht vorgesehen sind, darüber hinaus Zertifikats- und Modulprogramme. Berufsbegleitende Angebote werden bislang eher als ein Format postgradualer Studienangebote (oder des Fernstudiums, hier seit langem auch schon im grundständigen Bereich) gesehen. Mit der „Offenen Hochschule“ werden berufsbegleitende Angebote jetzt auch zu einem Format grundständiger Studienangebote. Insgesamt führt die „Offenen Hochschule“ dazu, dass sich sowohl im Bereich grundständiger wie postgradualer Angebote eine deutliche Flexibilisierung abzeichnet, z. B. durch Teilzeitstudium, Hybridformate wie Blended-Learning oder online-basiertem Studium. Alle diese Ansätze sind keine Neuerfindungen des Wettbewerbs „Offene Hochschule“, sondern fügen Anregungen, Empfehlungen oder Modelle zu einem in sich relativ konsistenten Programm im Sinne eines integrierten Konzepts des lebenslangen Lernens an Hochschulen zusammen, die von den Akteuren der Weiterbildung an Hochschulen schon vorher mit initiiert und befördert wurden. Alle

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diese Maßnahmen tragen ohne Zweifel zur Öffnung der Hochschule bei. Gleichwohl ist das Verständnis von Öffnung deutlich enger gefasst, als es dem ursprünglichen weiten gesellschaftlichen Verständnis einer offenen Hochschule als einem öffentlichen und offenen Ort des gesellschaftlichen Diskurses entspricht. Das zeigt sich nicht zuletzt in der Gebührenpflicht, der die im Rahmen der „Offenen Hochschule“ entwickelten und implementierten Angebote unterliegen. In den letzten Jahren hat sich ein schon seit langem virulenter Konflikt zugespitzt, der die Einordnung dieses Handlungsfeldes in das Aufgabenspektrum der Hochschulen betrifft – mit gravierenden Folgen insbesondere für die Finanzierung der Hochschulweiterbildung. Schon seit langem wird hochschul- und wettbewerbsrechtlich – unter den Stichworten Vollkosten- und Trennungsrechnung – kontovers diskutiert, ob Weiterbildung primär eine öffentliche, nicht-wirtschaftliche oder eine wesentlich marktfähige wirtschaftliche Leistung von Hochschulen auf einem kompetitiven Weiterbildungsmarkt sei. Hochschulrechtlich ist die Teilnahme an Weiterbildungsangeboten der Hochschulen in Deutschland grundsätzlich kostendeckend gebührenpflichtig. Die damit verbundene Frage betrifft vorrangig die Spielräume und Komponenten der Kostenkalkulation und -berechnung (Bade-Becker 2017). Das europäische Beihilferecht zwingt die Hochschulen nun seit ein paar Jahren, in ihrer Haushaltsplanung zwischen zwei Finanzierungskreisen für ihre wirtschaftlichen und ihren nicht-wirtschaftlichen Tätigkeiten zu trennen mit der Folge, dass wissenschaftliche Weiterbildung häufig nicht mehr als Teil des öffentlichen Bildungsauftrags von Hochschulen, sondern als marktfähige wirtschaftliche Tätigkeit gesehen wird, was zu deutlich höheren Gebührensätzen führt. So gehen Öffnung und erneute Schließung Hand in Hand.

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Wissenschaftliche Weiterbildung als hybride Konstruktion: Eine theoretische Deutung ihrer historischen und aktuellen Entwicklung

Die wissenschaftliche Weiterbildung und die für sie zuständigen Struktureinheiten weisen einen intermediären Charakter zwischen dem tertiären und quartären Bildungssektor auf. Diese „hypride Positionierung“ (Seitter 2017a, S. 147) gilt sowohl für die Angebote als auch das in der Weiterbildung tätige Hochschulpersonal und andere Merkmale. Als wissenschaftliche Weiterbildung ist sie bestimmten fachlichen, inhaltlichen und methodologischen Standards, Kriterien und Anforderungen unterworfen, die sie als eine wissenschaftliche Aktivität ausweisen und von anderen Angeboten und Aktivitäten unterscheiden. Als Weiterbildung ist sie dagegen den marktförmigen Anforderungen von Nachfrage und Bedarf unterworfen. Fachliche Angebots- und marktförmige Bedarfs- und Nachfrageorientierung verweisen aber auf unterschiedliche Logiken, zwischen denen nicht zwingend, aber oft Diskrepanzen bestehen. Ein Erklärungsmuster für die Organisationskultur der wissenschaftlichen Weiterbildung offeriert Wilkesmann (2010), der vier Dilemmata der wissenschaftlichen Weiterbildung identifiziert. Die Probleme der wissenschaftlichen Weiterbildung sind das Resultat eines Oszillierens des „Organisationstyps Universität und seines Teil-

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bereichs wissenschaftliche Weiterbildung zwischen den beiden Polen Verein und Unternehmen“. Während im Unternehmen die Entscheidungen idealtypisch top-down gefällt werden, ist dies im Verein umgekehrt, also bottom-up. Aus dieser Unbestimmtheit der Organisationsform resultieren für die wissenschaftliche Weiterbildung „jeweils zwei Dilemmata aus dem organisationalem und motivationalen Bereich“ (Wilkesmann 2010, S. 31). Diese (im Folgenden aufgezeigten) Dilemmata sind sowohl für ein theoriebasiertes Verständnis der historischen Entwicklung als auch für ein Verständnis der aktuellen Trends und Herausforderungen weiterführend. Sie kulminieren in einer für die wissenschaftliche Weiterbildung charakteristischen Paradoxie: Der Bedeutungsgewinn, den wissenschaftliche Weiterbildung im hochschulpolitischen Diskurs erfahren hat, steht im Kontrast zum Stellenwert jener intermediären Organisationseinheiten, die für das Management von Weiterbildung an Hochschulen zuständig und von zahlreichen Reorganisationsprozessen betroffen sind (Bredl et al. 2006; Dollhausen et al. 2013). Die für die wissenschaftliche Weiterbildung zuständigen institutionellen Organisationsformen sind äußerst heterogen. Entweder ist die wissenschaftliche Weiterbildung als eine Grenzstelle Teil der Hochschule (zentral oder dezentral), oder sie ist gänzlich außerhalb der Hochschule angesiedelt. Das erste Dilemma „Grenzstelle versus Außenstelle“ besteht darin, dass die wissenschaftliche Weiterbildung gemäß dem hochschulpolitischen Verständnis und den entsprechenden normativen Vorgaben „die dritte Säule neben Forschung und Lehre sein soll, sie diese Funktion durch ihren Organisationsstatus aber (noch) nicht übernehmen kann“ (Wilkesmann 2010, S. 31). Als Außenstelle ist ihr dies gänzlich unmöglich, und als Grenzstelle muss sie die Aufgabe übernehmen, die Organisation mit der Umwelt zu verbinden und auf deren Veränderungen zu reagieren. Trotz des Bedeutungszuwachses von Weiterbildung wird diese aber von den Hochschulleitungen nicht ohne Friktionen akzeptiert, weshalb Weiterbildung an Hochschulen nur über eine eingeschränkte Handlungsfähigkeit verfügt. Mit ihrem Agieren auf dem Weiterbildungsmarkt waren die für wissenschaftliche Weiterbildung zuständigen Struktureinheiten schon zu einem Zeitpunkt mit den Erfordernissen des Steuerungsmodells der managerial governance konfrontiert, als die Hochschule insgesamt noch dem Modell der staatlich kontrollierten akademischen Selbstregulierung folgte. Die Weiterbildung ist deshalb ein Vorreiter der Reorganisation der deutschen Hochschulen (Dollhausen et al. 2013). Das zweite Dilemma „Vorreiter von managerial governance versus öffentlichem Auftrag“ besteht darin, „dass sie auf der einen Seite als privates Gut einer scheinbar leichteren Steuerung unterliegt, gleichzeitig aber auch die Sachzwänge der Ökonomisierung tragen muss. Auf der anderen Seite ist wissenschaftliche Weiterbildung als öffentliches Gut schwer zu steuern, besitzt dann aber mehr akademische Freiheiten“ (Wilkesmann 2010, S. 31). Wissenschaftliche Weiterbildung hat schon frühzeitig den Kommerzialisierungsdruck unternehmensorientierter Steuerungsmodelle gespürt, und ist gleichzeitig auf die starken Vorbehalte und Widerstände innerhalb der Professor/inn/enschaft gegenüber einer Ökonomisierung von Wissenschaft gestoßen. Die hochschulpolitischen Akteure sind in der Vergangenheit nicht müde geworden, auf die fehlenden Anreize für die Hochschulen und das wissenschaftliche

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Personal, sich in der Weiterbildung zu engagieren, hinzuweisen. Das dritte Dilemma „extrinsische Motivation versus intrinsische Motivation“ besteht darin, „dass eine vorhandene intrinsische Motivation durch extrinsische Anreize verdrängt werden kann“ (Wilkesmann 2010, S. 31). Damit sich unterschiedliche Motivationsarten nicht wechselseitig verringern, wäre es für das System Hochschule wichtig, an die dort gültigen Wertorientierungen anzuknüpfen. Ein Weg ist – beispielhaft – der Hinweis der Hochschulrektorenkonferenz, dass „aus einer Verbindung von Forschung und wissenschaftlicher Weiterbildung intrinsische Motivation generiert werden“ kann (HRK 2008, S. 6). Das korrespondiert mit der empirischen Beobachtung, dass Weiterbildungsangebote von Hochschulen sich auf dem Weiterbildungsmarkt durch ihre Forschungsnähe auszeichnen, außerhochschulische Angebote dagegen vor allem durch ihren Praxisbezug (Wolter et al. 2003). Während grundständige Studienangebote traditionell angebotsorientiert einer disziplinären Wissenschaftslogik folgen, sind Angebote der wissenschaftlichen Weiterbildung stärker nachfrageorientiert an den Bedürfnissen der Praxis orientiert. Das vierte Dilemma „Praxisorientierung versus Wissenschaftsorientierung“ besteht daher „in einem crowding-out Effekt der Praxisorientierung, die eventuell eine Wissenschaftsorientierung verdrängen kann“ (Wilkesmann 2010, S. 31 f.). Diese strukturelle, hybride Stellung von Hochschulen auf dem Weiterbildungsmarkt prägt auch ihre tatsächliche Position, wie sie sich in den geringen statistischen Anteilen am Weiterbildungsvolumen zeigt. Wie bereits dargestellt, wird auf dem Weiterbildungsmarkt das Angebot an wissenschaftlicher Weiterbildung durch ein breites Spektrum von Anbietern und Trägern abgedeckt. Diese Vielfalt ist mit darauf zurückzuführen, dass Weiterbildung für Hochschulabsolvent/inn/en ein ausgesprochener Wachstumsmarkt ist, der lukrative Geschäftsperspektiven aufweist, und die Angebote in der Regel nach berufsfachlichen Strukturen (für Ärzte, Ingenieure, Lehrer, Juristen usw.) differenziert organisiert sind. Hochschulabsolvent/inn/en sind eine stark umworbene Zielgruppe, unter anderem weil sie unter den verschiedenen Qualifikationsgruppen die höchste Teilnahmequote aufweisen (Bilger und Strauß 2015; Kamm et al. 2016). Der tatsächliche Anteil der Hochschulen am Weiterbildungsmarkt ist bislang nur näherungsweise bekannt. Die Hochschulen spielen in Deutschland nur eine marginale Rolle auf dem Markt der wissenschaftlichen Weiterbildung. Nach den Resultaten des Adult Education Survey (AES) 2012 rangieren die Hochschulen als Anbieter von Weiterbildung, gemessen an der Zahl der Weiterbildungsfälle, hinter Arbeitgebern, Weiterbildungseinrichtungen, anderen Firmen und Kammern/Berufs- und Fachverbänden, die zusammen 85 % der Angebote abdecken, mit drei Prozent deutlich nachrangig an fünfter Stelle der Anbieter (Gnahs und Bilger 2013, S. 117 f.; Kamm et al. 2016, S. 147). Bezogen nur auf die Gruppe der Personen mit Hochschulabschluss, steigt der Anteil der Hochschulen nach den AES-Daten auf 5,5 %; nach Daten des Absolventenpanels des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) auf 7,1 % (Kamm et al. 2016; vgl. auch Widany 2014). In allen Fachrichtungen haben außerhochschulische Anbieter eine deutliche Dominanz gegenüber den Hochschulen. Außerhochschulische Weiterbildungen werden von Hochschulabsolvent/inn/en

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mit etwa 70 % deutlich häufiger genutzt als hochschulische Angebote (Grotheer et al. 2012). Internationale Vergleichsstudien, die auf Beteiligungsdaten basieren (Schaeper et al. 2006, 2007; Wolter 2007), zeigen, dass die Unterschiede in der Beteiligung an Hochschulweiterbildung zwischen den verschiedenen Ländern ihre Erklärung keineswegs im individuellen Weiterbildungsengagement finden, sondern in organisationalen Strukturen, in der institutionellen Verfassung des gesamten Weiterbildungsmarkts und im Engagement der Hochschulen. Die generelle Beteiligung an beruflicher Weiterbildung streut bei Hochschulabsolvent/inn/en weitaus weniger zwischen den Ländern als die Teilnahme an universitären Angeboten. So kommt die Bundesrepublik Deutschland sogar auf den höchsten Wert in der Teilnahme an kürzeren Weiterbildungsmaßnahmen, wenn sie von außerhochschulischen Trägern angeboten werden, aber nur auf einen geringen Wert für die Teilnahme an Hochschulangeboten. Diese Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass die ausgeprägten Disparitäten in der Teilnahme an Hochschulweiterbildung primär auf die strukturell schwächere Position der deutschen Hochschulen auf dem Weiterbildungsmarkt zurückzuführen sind.

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Fazit und Perspektiven

Wie der Blick auf die verschiedenen historischen Phasen der wissenschaftlichen Weiterbildung zeigt, wandelt sich die Einstellung gegenüber den in der institutionellen Verantwortung von Hochschulen offerierten Weiterbildungsangeboten von der Ablehnung über die Duldung, die Akzeptanz bis hin zur Unterstützung und Förderung. Bereits zu Beginn der 1980er-Jahre hat Wolfgang Schulenberg auf die drei Bewusstseinsschichten der Hochschule „Priorität, Exklusivität und gesellschaftliche Verantwortung“ hingewiesen (Schulenberg 1981, S. 76 ff.). Gerade die letztere Bewusstseinsschicht, die sich erst mit der Einbindung der Hochschule in eine demokratische Kultur entwickeln konnte, gilt es unter Einschluss der Weiterbildung in den Kernaufgaben und -prozessen der Hochschule zu verwirklichen. Nachdem die Hochschulen historisch lange Zeit fast ausschließlich den Prinzipien der Priorität und Exklusivität verpflichtet waren, basierend auf einem Omnipotenzgefühl und Distinktionsstreben, wandelt sich die Aufgabe der Hochschule in der (Post-) Moderne in eine gegenüber der Gesellschaft, ihren Einrichtungen und Mitgliedern dienende Funktion, die einher geht mit einem kritisch-aufklärerischen Verständnis der Hochschule als einem öffentlichen Ort des Diskurses und der (Weiter-) Bildung. Wie der internationale Vergleich zeigt, lässt sich schon seit den 1980er-Jahren in vielen Ländern beobachten: „adult education . . . is moving from the margin into the centre of the universities‘ mission“ (OECD 1987, S. 9). Weiterbildung wird in vielen anderen Ländern „als Teil des Bildungsauftrages bzw. der Dienstleistungsaufgaben der Hochschulen für die Gesellschaft definiert“ (Schaeper et al. 2006, S. 4). Die wissenschaftliche Weiterbildung befindet sich an der Schnittstelle zwischen Bildung-, Beschäftigungs- und Wissenschaftssystem; deshalb bildet sie eine Art Brücke zwischen den verschiedenen gesellschaftlichen Subsystemen. Diese Dynamik hat ohne Zweifel die deutschen Hochschulen erst mit einiger Verspätung

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erreicht. Und der intermediäre Charakter von Weiterbildung, jeweils an den Rändern verschiedener Systeme zu agieren und damit eine Art Hybridcharakter aufzuweisen, ist – wie gezeigt – mit verschiedenen Dilemmata und Paradoxien verbunden, welche die Entwicklung der Weiterbildung als nicht nur nominelle, sondern faktisch gleichwertige Hochschulaufgabe erschwert haben. Die deutschen Hochschulen haben ihre gesellschaftliche Relevanz und Anerkennung bislang auf ihr Monopol zur Vergabe akademischer Abschlüsse gegründet. In dem Maße jedoch, in dem die Bedeutung eines Erstabschlusses durch die Notwendigkeit lebenslanger Lernprozesse relativiert wird und den öffentlichen Hochschulen überdies in Gestalt privater Institutionen gerade in der Weiterbildung eine mächtige Konkurrenz erwächst, steht die (öffentliche) Hochschule in der Gefahr, als gesellschaftliches Kompetenzzentrum an Bedeutung zu verlieren. Wenn die Hochschule „die wichtigste Institution“ bleiben will, „die für die Vermittlung wissenschaftlicher Resultate und Denkweisen als kompetent“ gilt (Plessner und Strzelewicz 1961/1985, S. 58), dann wird sie diesen Anspruch in Zukunft auch in der Weiterbildung und durch ihre Öffnung einlösen müssen. Schließlich gehört lebenslanges Lernen (Schäfer 2017) zu den zentralen Rollenanforderungen akademischer Berufe. Die Hochschule ist aber nicht nur gleichsam reaktiv einem Zwang zur Öffnung ausgesetzt, sondern trotz aller Widersprüche, Dilemmata und Paradoxien ergibt sich für die wissenschaftliche Weiterbildung auch eine Chance, einen aktiven Beitrag zur Öffnung der Hochschule zu leisten – und zwar im Sinne eines weiten Öffnungsverständnisses, das sich nicht allein auf ökonomisch motivierte Maßnahmen konzentriert. Öffnung muss auf verschiedenen Ebenen stattfinden: als Erschließung neuer Zielgruppen, auch unter dem Aspekt des Abbaus sozialer Disparitäten, als Ausrichtung auf gesellschaftliche Bedarfe bei gleichzeitiger Verteidigung der institutionellen Unabhängigkeit, als ein offener, öffentlicher Ort des gesellschaftlichen Diskurses sowie als intellektuelle Öffnung gegenüber den Anliegen der Gesellschaft und den Problemen ihrer Umwelt. Es geht um einen Paradigmenwechsel, eine „Demokratisierung der Wissenschaft“, wie sie bereits Dieter Simon (2000), der ehemalige Präsident der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, gefordert hat. In diesem Kontext kann die wissenschaftliche Weiterbildung auch einen didaktisch-methodischen Beitrag zur Implementierung neuer Rollenmodelle von Hochschullehrenden im Rahmen ermöglichungsdidaktischer Lehr-Lernkulturen leisten (Schäfer 2002). Eine offene Wissenschaft muss es lernen, der Gesellschaft wirklich zuzuhören, sich einzulassen auf ihre Fragen und Anliegen. Insofern ist die wissenschaftliche Weiterbildung tatsächlich ein Feld par excellence für die Third Mission. Sie ist dafür auch deshalb prädestiniert, weil sie nicht nur in einem Diskurs mit gesellschaftlichen Akteuren steht, sondern in einem Dialog mit zu einer Relationierung unterschiedlicher Wissensformen, des praktischen Handlungswissens und des reflexiven und analytischen Wissenschaftswissens (Dewe 2005; Schäffter 2017), beitragen kann. Dabei erweist sich die Wissenschaftlichkeit der wissenschaftlichen Weiterbildung gerade darin, dass sie einen Rahmen schafft oder bereitstellt für die Möglichkeit einer lernförmig angelegten Wissensproduktion im Dialog zwischen den Anforderungen des Wissenschaftssystems und gesellschaftlichen Herausforderungen. Auf diese Weise kann sie einen wichtigen Beitrag zur Öffnung der Hochschulen leisten.

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Differenzierung, Systembezug und Dynamik der wissenschaftlichen Weiterbildung Karl Weber

Inhalt 1 2 3 4 5

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entkoppelung der Weiterbildung an den Hochschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Typen der Handlungskoordination in der WWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Systembezug zur Welt der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Institutionalisierung der wissenschaftlichen Weiterbildung in ihrem soziostrukturellen Kontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Innovation und Zukunftsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Zusammenfassung

National und international befindet sich die Weiterbildung an den Hochschulen in einem Prozess des Wachstums und der Differenzierung. Die Form dieses Prozesses unterscheidet sich von Land zu Land genauso wie die Vorstellungen, was unter wissenschaftlicher Weiterbildung zu verstehen ist. In diesem Beitrag wird zunächst gezeigt, wie sich in der Schweiz die wissenschaftliche Weiterbildung ausdifferenziert und institutionalisiert hat. Das in der Schweiz entstandene Profil in der wissenschaftlichen Weiterbildung wird mit dem Profil in ausgewählten anderen europäischen Ländern verglichen. Besonders wird herausgearbeitet, dass Profilunterschiede vermutlich auf spezifische organisationale Unterschiede nationaler Bildungssysteme und auf besondere politökonomische Rahmenbedingungen zurückgeführt werden können. Solche jeweils gegebene institutionelle Rahmenbedingungen führten dazu, dass schließlich die Entwicklung der wissenschaftlichen Weiterbildung pfadabhängig verlief und vermutlich weniger innovativ war, als man sich das gemeinhin vorstellt.

K. Weber (*) Universität Bern, Zürich, Schweiz E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 W. Jütte, M. Rohs (Hrsg.), Handbuch Wissenschaftliche Weiterbildung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-17643-3_2

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Schlüsselwörter

Weiterbildungsstrukturen · Institutionalisierung · Akteure · Leitbilder · Internationale Perspektive

1

Einleitung

In allen modernen Gesellschaften befindet sich die wissenschaftliche Weiterbildung in einem Wachstums- und Differenzierungsprozess. Die Angebote und Praktiken in diesem Feld werden vielfältiger. Im breiten und bunten Angebot spiegeln sich unterschiedliche Vorstellungen über wissenschaftliche Weiterbildung der relevanten Akteure in den verschiedenen Ländern (Jütte und Weber 2005, S. 10–11; Hanft und Teichler 2007, S. 30–35) wie auch spezifische bildungstrukturelle Gegebenheiten. So hat sich bspw. der Begriff der wissenschaftlichen Weiterbildung besonders in den deutschsprachigen Ländern durchgesetzt. Im angelsächsischen Raum wird er bestenfalls punktuell verwendet. Bis heute zeichnen sich in der wissenschaftlichen Weiterbildung nachhaltige, länderübergreifende Standardisierungen bestenfalls punktuell und in einzelnen Segmenten wie etwa der Betriebswirtschaftslehre und dem der Humanmedizin ab. Unter programmatischen Gesichtspunkten weisen zudem die Angebotsprofile der wissenschaftlichen Weiterbildung teilweise unterschiedliche Systembezüge auf, die kontextuell geformt sind und sich historisch wandeln. In diesem Beitrag werden zunächst am Beispiel der Schweiz Bedingungen und Praktiken diskutiert, die die Dynamik in der wissenschaftlichen Weiterbildung ermöglichen. Die Handlungsspielräume der Akteure werden dargestellt. Dann wird gezeigt, wie diese in ihren Praktiken den oft widersprüchlichen Vorgaben und Erwartungen der Hochschulen und der Berufswelt Rechnung tragen. Die am Beispiel der Schweiz gewonnenen Einsichten über relevante Merkmale der wissenschaftlichen Weiterbildung werden in einem weiteren Schritt zusammengefasst und der wissenschaftlichen Weiterbildung in andern Ländern gegenübergestellt. Dieser punktuelle Vergleich bildet die Basis, um die unterschiedlichen Dynamiken der wissenschaftlichen Weiterbildung aus einer strukturbezogenen theoretischen und konzeptionellen Perspektive zu beschreiben. Abgeschlossen wird der Beitrag mit Überlegungen zur Innovation und Zukunftsfähigkeit der wissenschaftlichen Weiterbildung. Unter theoretischen Gesichtspunkten hat dieser Beitrag einen explorativen Charakter. Dabei wird der national wie international großen Vielfalt der wissenschaftlichen Weiterbildung Rechnung getragen. Die Analyse stützt sich auf einschlägige wissenschaftliche Publikationen, die Auswertung verfügbarer statistischer Daten, eigene empirische Untersuchungen (u. a. Weber 2005, 2012, 2014; Weber et al. 2010) und auch auf langjährige Beobachtungen des nationalen und internationalen Feldes der wissenschaftlichen Weiterbildung.

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Entkoppelung der Weiterbildung an den Hochschulen

Im Folgenden wird gezeigt, wie sich in der Schweiz die wissenschaftliche Weiterbildung auf ihre Träger, die Hochschulen, bezieht, wie sie strukturell an den Hochschulen positioniert ist und wie sie diese Stellung über die Verleihung von Titeln stabilisiert.

2.1

Relative Autonomie und Normbildung

Zwar wird die organisationale Institutionalisierung der wissenschaftlichen Weiterbildung an den einzelnen Hochschulen bestimmt durch lokale Traditionen, besondere Aufgabenprofile der jeweiligen Hochschule, spezifische Managementkulturen, durchsetzungsfähige weiterbildungsrelevante Interessen, personelle Konstellationen und den Trägerkontext. Trotz gewisser Unterschiede verfügt jedoch die wissenschaftliche Weiterbildung an allen Hochschulen über eine relativ große Autonomie, die wesentlich durch die Besonderheiten dieses Bildungsbereichs konstituiert und legitimiert wird. Dadurch werden die grundständigen Studiengänge und die Weiterbildung weitgehend entkoppelt. Allerdings variiert der Grad der Entkoppelung zwischen den Hochschultypen (Universitäten, Fachhochschulen und Pädagogische Hochschulen) und von Programm zu Programm. Die wissenschaftliche Fundierung der Programme in der wissenschaftlichen Weiterbildung ist im Vergleich mit den grundständigen Angeboten schwächer, weil die zahlungsfähige und -bereite Nachfrage für die inhaltliche, didaktische und zeitliche Gestaltung der Angebote eine wichtige Referenz darstellt. Der Zugang zu den Weiterbildungsprogrammen ist insgesamt relativ offen. Inzwischen hat sich zudem eine pluralistische Praxis der Zulassung Sur Dossier entwickelt (Zimmermann 2012, S. 35–52). Die Abschlüsse unterscheiden sich klar von denjenigen in regulären Studiengängen. Leistungen in der Weiterbildung werden nur punktuell an einzelnen Fachhochschulen als Teil regulärer Studiengänge angerechnet. Ein Blick in die Weiterbildungsprogramme zeigt überdies, dass der Anteil der Dozierenden mit außerhochschulischen Berufserfahrungen größer ist als in den grundständigen Studiengängen und die Wissenskulturen an den Hochschulen verändert: An den Universitären werden sie heterogener, an den Fachhochschulen und den Pädagogische Hochschulen wird das bereits vorhandene Wissen über die außerhochschulische Praxis weiter gestärkt. Die Steuerung der Studienangebote und -gänge erfolgt durch spezialisierte wissenschaftliche Mitarbeitende und nicht notwendigerweise durch eine Professur oder einen Lehrstuhl. Weiter ist die Arbeit in der Hochschulweiterbildung auf der organisationalen Ebene anspruchsvoll, weil sie in einem Spannungsfeld von administrativen, marktbezogenen und akademischen Erfordernissen situiert ist (Hanft et al. 2016, S. 30–32). Dabei identifizieren sich die Professionellen mit ihrer Hochschule und gleichzeitig beanspruchen sie aufgrund ihrer besonderen Aufgaben Autonomie. Schließlich wird die wissenschaftliche Weiterbildung der

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Schweiz wesentlich durch die Teilnehmenden finanziert, selbstverständlich mit Unterschieden nach Angeboten, Hochschulen und Berufsgruppen. Aus diesem Grund ist sie vergleichsweise wenig in die innerhochschulischen Kämpfe um die Verteilung knapper Mittel involviert (Weber 2014, S. 34). Insgesamt erfolgte somit die Institutionalisierung der wissenschaftlichen Weiterbildung an den einzelnen Hochschulen weitgehend systemkonform. Die hier skizzierten Merkmale spiegeln zudem wesentlich die kognitiven Überzeugungen der wichtigen Akteure auf Bundesebene zur wissenschaftlichen Weiterbildung (Wissenschaftsrat, Expertenkommissionen und Hochschulkonferenz) zwischen 1960 und 1990 wider. In dieser Periode wurde die Dringlichkeit ihres Aufbaus an den Hochschulen konkret diskutiert (Weber 2010). Vermutlich hat gerade die Entkoppelung der Weiterbildung von der grundständigen Lehre eine gewisse Normbildung und Standardisierung erst ermöglicht. Dank der Bundesinitiative ist ein Feld von hochschulischen Weiterbildungsanbietern entstanden, die sich wechselseitig beobachten, erfolgreiche Praktiken anderer Anbietenden wahrnehmen, einschätzen und gegebenenfalls situationsgerecht imitieren (DiMaggio und Powell 1991). Ein Copyright in der Weiterbildung gibt es nicht. Besonders in ihren kompetitiven Segmenten dürften solche Prozesse von großer Bedeutung sein. Sie haben zu einer bemerkenswerten Angleichung der Praktiken im Marketing und in der Werbung, aber auch zu einer spezifischen curricularen und didaktischen Praxis in den Weiterbildungsprogrammen selber geführt. Zu erinnern ist etwa an die Ähnlichkeit von Internetauftritten und von Programmausschreibungen auf den Homepages der Weiterbildungsanbietenden wie auch an die Diffusion von studierendenzentrierten Lehr- und Lernformen. In traditioneller Gremienarbeit wäre über die Aushandlung von Vorgaben eine solche Standardisierung im komplex organisierten schweizerischen Bildungsföderalismus kaum zu erreichen gewesen. Dafür sind offensichtlich weniger politische Vorgaben von Gremien und Aushandlungen zwischen diesen verantwortlich als Selbstadaptionen im System der wissenschaftlichen Weiterbildung. Entsprechende Prozesse können mehr oder weniger systematisch organisiert sein.

2.2

Diplome und Profile

Die jüngste Diskussion über das schweizerische Weiterbildungsgesetz hat gezeigt, dass politische Akteure das Feld der Weiterbildung als Markt verstehen und erwarten, dass dieser entsprechend funktioniert. Im Spiel von Angebot und Nachfrage sollen sich dank Qualität und Preis bestimmte Angebote durchsetzen, andere würden verschwinden. In diesem Prozess haben Diplome idealiter zwei Funktionen: Erstens ermöglichen sie Interessierten, sich ein Bild über die Anforderungen zu machen, die mit dem Erwerb eines bestimmten Diploms verbunden sind. Im günstigen Fall können sie sich dabei zwischen mehreren Anbietenden entscheiden. Zweitens stellt das Diplom auf dem Arbeitsmarkt ein Signal dar. Öffentliche und private Unternehmungen, die Personal rekrutieren, wissen über welches Kompetenzprofil die Bewerbenden verfügen. Dieser zweite Aspekt wird an dieser Stelle nicht weiter diskutiert.

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Alle schweizerischen Hochschulen geben in der Hochschulweiterbildung identische, gestufte Abschlüsse ab: Certificate of Advanced Studies (mindestens 10 ECTS-Punkte) (CAS), Diploma of Advanced Studies (mindestens 30 ECTS-Punkte) (DAS) und Master of Advanced Studies (mindestens 60 ECTS-Punkte) (MAS) mit je einem Supplementum. Diese Diplome besetzen auch im Nationalen Qualifikationsrahmen identische Positionen in der vertikalen Struktur der Bildungsabschlüsse (NQF.CHHS 2009). Ein Hochschulabschluss bildet in der Regel eine notwendige Voraussetzung für die Aufnahme eines Weiterbildungsstudiums. Die Anbietenden können somit von dieser Regel abweichen. Gemäß Vorstellungen der politischen Akteure sollen die identischen Titel der drei Hochschultypen schließlich die Gleichwertigkeit der Leistungsprofile, auch in der Weiterbildung spiegeln. Die klare und für alle Hochschulen verbindliche Ordnung der Abschlüsse stellt das Ergebnis eines langen, ziemlich komplexen Prozesses dar, der bis heute nur teilweise rekonstruiert wurde (Zimmermann 2012; Fischer 2017). Unbestritten ist, dass die Universitäten bei der Normbildung aus verschiedenen Gründen eine Vorreiterrolle spielten: Die Fachhochschulen und Pädagogische Hochschulen wurden erst ab Mitte der 1995er-Jahre gegründet und auch der Bologna Prozess wurde von den Universitäten zeitlich zuerst rezipiert und umgesetzt (Müller 2012). Mit der Errichtung der Pädagogische Hochschulen und Fachhochschulen wurde der Hochschulraum transformiert. Seit dem 01.01.2015 gelten aus Sicht der politischen Akteure alle drei Hochschultypen als gleichwertig. Damit sind die Universitäten für Pädagogische Hochschulen und Fachhochschulen Vorbilder auch in der Titelfrage geworden. Mit der Implementierung der Bundesinitiative zur Weiterbildung an den Universitäten organisierten sich 1990 die Weiterbildungsstellen der Universitäten als Arbeitsgruppe. Nach mehreren Vorstudien führten sie 1998 in Absprache mit der damaligen Universitätsrektorenkonferenz eine Bestandsaufnahme der Weiterbildungsabschlüsse an den Universitäten durch. Dabei zeigte sich ein höchst vielfältiges Bild: Titelbezeichnungen und erforderlicher Stundenaufwand für die verschiedenen damals schon gestuften Abschlüsse variierten erheblich. Der Bedarf nach Harmonisierung war in dieser Situation unbestritten. Gestützt auf die erwähnten Analysen und konkrete Harmonisierungsvorschläge kam es zu Diskussionen und Aushandlungen mit der Universitätsrektorenkonferenz und andern hochschulpolitischen Gremien, die sich über mehrere Jahre erstreckten. Schließlich wurden 2004 von den zuständigen Gremien die heute verbindlichen Abschlüsse in der wissenschaftlichen Weiterbildung als kompatibel mit dem Bologna-Prozess beurteilt und als Empfehlungen in Kraft gesetzt. Schweizweit vergaben nun die Universitäten in der wissenschaftlichen Weiterbildung identische Abschlüsse. Diese Abschlüsse wurden nach kurzer Zeit von den Fachhochschulen übernommen: Die Bundesbehörden haben sie 2005 teilweise in der „Verordnung über Studiengänge, Nachdiplomstudien und Titel an Fachhochschulen“ aufgeführt. Die damalige Konferenz der Fachhochschulen nahm ein Jahr später Konkretisierungen der Abschlussstruktur vor (Konferenz der Fachhochschulen 2006). Mangels Zugänglichkeit einschlägiger Dokumente kann nur vermutet werden, dass die Pädagogische Hochschulen kurze Zeit später die Abschlüsse ebenfalls übernommen haben.

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Typen der Handlungskoordination in der WWB

Wachstum, Dynamik und Institutionalisierung der wissenschaftlichen Weiterbildung sind im förderalistisch organisierten Hochschulbereich in eine hoch komplexe Struktur eingebettet. In horizontaler Hinsicht wird diese durch eine Vielzahl von Akteuren gebildet wie die Hochschulen, die Fächer, Lehrstühle, Institute und ihre Lehrenden sowie durch Akteure wie Berufsverbände, Unternehmungen, Branchen und politische Akteure. In vertikaler Hinsicht ist an die unterschiedlichen hierarchischen Ebenen zu denken wie Bund, Hochschultypen und die einzelnen Hochschulen selber. Seit Ende der 1980er-Jahren hat sich zudem bei den verantwortlichen politischen Akteuren in der Schweiz die Vorstellung ausgebreitet und durchgesetzt, dass die Weiterbildung, auch die der Hochschulen, nach den Regeln des Marktes funktionieren soll. Der Markt soll in diesem Bereich Ordnung stiften. Gerade deswegen wurde der wissenschaftlichen Weiterbildung die Nachfragefinanzierung als Finanzierungsmodus verordnet. Analysen wie auch die obigen Beispiele der Institutionalierung der wissenschaftlichen Weiterbildung zeigen jedoch, dass in diesem Feld die Macht des Marktes begrenzt ist (Weber 2014, S. 36 ff.). Er stellt lediglich einen Modus der Handlungskoordinierung von Akteuren dar. Versteht man unter diesem Begriff „. . . alle Formen und Mechanismen der Koordinierung zwischen mehr oder weniger autonomen Akteuren, deren Handlungen interdependent sind, sich also wechselseitig beeinträchtigen oder unterstützen können.“ (Benz et al. 2007, S. 9), dann müssen zusätzlich mindestens zwei weitere Formen der Koordinierung in den Blick genommen werden: Beobachtung (und in der Folge Anpassung) sowie Hierarchie (und extern definierte Vorgaben). Die wissenschaftliche Weiterbildung wird durch einen Mix dieser drei Koordinierungsmechanismen reguliert. Allerdings prägt sich dieser Mix von Hochschultyp zu Hochschultyp unterschiedlich aus. Beispielsweise erhalten die Pädagogische Hochschulen von ihren Trägern Vorgaben und finanzielle Ressourcen für die Gestaltung der Weiterbildungsangebote für Lehrpersonen. Dadurch wird der Spielraum der Angebotsgestaltung der Pädagogische Hochschulen begrenzt. Außerdem verfügen einzelne Universitäten über Monopole für Angebote im Bereich Public Health. Eine Konkurrenz zwischen Universitäten und Fachhochschulen kann besonders in der betriebswirtschaftlichen Weiterbildung beobachtet werden. Unbestritten ist schließlich, dass angesichts der komplexen strukturellen Rahmenbedingungen im Hochschulbereich Beobachtungen und selbstadaptiven Prozessen eine zentrale Bedeutung bei der Herstellung von Ordnung in der wissenschaftlichen Weiterbildung zukommen. Anpassungs- bzw. Nachahmungsprozesse lösen in der wissenschaftlichen Weiterbildung besonders erfolgreiche Hochschulen aus, die nicht selten idealisiert werden. Unbestritten ist, dass der Modus der Beobachtung der Vielfalt in der wissenschaftlichen Weiterbildung gewisse Grenzen setzt. Seine Wirkungsmacht wird durch die relative Automie der wissenschaftlichen Weiterbildung an den Hochschulen begünstigt.

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4

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Systembezug zur Welt der Arbeit

Mit ihren Angeboten wollen die Akteure der wissenschaftlichen Weiterbildung Absolventen und Absolventinnen weiterqualifizieren, die in der Regel über einen tertiären Bildungsabschluss verfügen. Die Verantwortlichen verstehen Weiterbildung als Ressource, um den wirtschaftlichen, technischen und kulturellen Wandel zu verstehen und kreativ, innovativ und reflektiert mitzugestalten. Daher interessiert, an welchem Leitbild sich das Profil der Angebote in der Hochschulweiterbildung orientiert und wie dieses konkretisiert wird.

4.1

Beruflichkeit als Leitbild

Seit Anfang der 1990er-Jahre wurden im komplex und föderalistisch organisierten nachobligatorischen Bildungsbereich in hohem Tempo die Abschlüsse vertikal differenziert. In der Beruflichen Grundausbildung gibt es nun drei Abschlussmöglichkeiten: das Eidgenössische Berufsbildungsattest, den Eidgenössischen Fähigkeitsausweis sowie die Berufsmaturität; auf der Allgemeinbildenden Sekundarstufe II wurde die Fachmaturität eingeführt, und mit der Bolognareform wurden die Studienangebote an den Hochschulen umgestaltet. Alle in diese Bildungsreformen involvierten Akteure orientierten ihr Handeln an einer gemeinsamen, mehr oder weniger expliziten Leitvorstellung, nämlich an der Berufsförmigkeit der Qualifikationen. Berufe sind „institutionalisierte Strukturen, die das Gesamtarbeitsvermögen inhaltlich bestimmen, differenzieren und gliedern“ (Brater 2010, S. 805). In den Berufen werden normiertes, standardisiertes, auf Dauer angelegtes Wissen und Können gebündelt und profiliert. Berufe tendieren zu fortschreitender Arbeitsteilung. In dieser Logik bildet Fachlichkeit das Kriterium der horizontalen Differenzierung. Der Abschluss bestimmt den Statusanspruch der Ausgebildeten in der vertikalen Struktur der Gesellschaft. Schließlich koppeln Berufe Bildung und Beschäftigung strukturell, fachlich und positional (Kurtz 2005).

4.2

Angebote und die Bilder der Beruflichkeit

Auch die wissenschaftliche Weiterbildung wurde von der Dynamik der Verberuflichung erfasst. Mehr noch: Der Berufs- und Praxisbezug ihrer Angebote ist zu einem wichtigen Argument bei der Rekrutierung von Teilnehmenden geworden. Im Folgenden interessiert, wie die anbietenden Hochschulen in ihren abschlussbezogenen Programmen den Berufsbezug definieren, welche Zugangsvoraussetzungen die Teilnehmenden erfüllen müssen und welche Wissensbestände das Angebot strukturieren. Um diese Frage in einem ersten Zugriff zu klären, wurden in einer explorativen Internetrecherche die deutschschweizerischen Angebote in der wissenschaftlichen Weiterbildung analysiert.

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Angebote in der wissenschaftlichen Weiterbildung und ihre Profile können grundsätzlich innerhalb eines Dreiecks platziert werden, das durch drei Pole gebildet wird: Professionsorientierung, Tätigkeitsfeldorientierung und Funktionsorientierung. Die professionsorientierten Angebote sprechen Zielgruppen an, die über ein gemeinsames Wissen und Können verfügen. Mit der Weiterbildung, die in der Regel spezialisierend ist, erhalten sie einen privilegierten, oft staatlich geschützten Zugang zu bestimmten Arbeitsfeldern. Der Zugang zu solchen Programmen ist in der Regel fachlich restriktiv definiert. Als tätigkeitsfeldorientiert werden Angebote bezeichnet, die sich auf ein umschriebenes, inhaltlich mehr oder weniger breites, nicht professionalisiertes Arbeitsfeld beziehen. Dort nehmen die Teilnehmenden oft unterschiedliche Funktionen wahr. Funktionsorientierte Angebote richten sich schließlich an Personen mit unterschiedlichen Ausbildungen, die an ihrem Arbeitsplatz bestimmte Aufgaben zu erfüllen haben und sich entsprechend weiterbilden wollen. Sie nehmen z. B. Führungsaufgaben wahr oder müssen immer wieder öffentlich kommunizieren. Selbstverständlich können Programme ihren Platz im Dreieck ändern. Um diesen analytischen Zugang zu plausibilisieren, werden nun abschlussbezogene Weiterbildungsangebote der Hochschulen im erwähnten Dreieck beispielhaft platziert (Abb. 1). Weiterbildung am Pol Professionsorientierung Eindeutig am Pol Professionsorientierung können folgende Angebote platziert werden: MAS „Seelsorge im Straf- und Massnahmenvollzug“ der Universität Bern, MAS Programme in der „Psychotherapie“ der Universitäten Bern und Zürich, MAS Programm „Schulpsychologie“ der Universität Zürich, MAS Programme in Dentalmedizin verschiedener Universitäten, MAS Programme in Architektur der ETHZH, verschiedene MAS Programme für Juristen und Juristinnen der Universitäten usw. Ebenfalls diesem Pol zuzuordnen sind MAS Programme verschiedener Pädagogische Hochschulen, die zur Übernahme von Leitungsfunktionen in Schulen oder Bildungseinrichtungen befähigen. Gemeinsam ist diesem Angebotstyp: Der Zugang ist fachlich eng definiert, die Curricula sind spezialisierend und knüpfen an das Wissen und Können der Teilnehmenden an. Grundständige Ausbildung und Weiterbildung sind relativ eng gekoppelt. Die Lehrenden rekrutieren sich vor allem aus den Hochschulen. Absolventen und Absolventinnen dieser Weiterbildung haben einen privilegierten, oft monopolistischen Zugang zu bestimmten Tätigkeitsfeldern. Diese Chance eröffnet sich auch Lehrpersonen, die sich bspw. mittels eines MAS für die Aufgaben als Schulleiter und Schulleiterin qualifizieren.1 Andere MAS der Pädagogische Hochschulen der FHNW wie z. B. die MAS „Teaching and Education – Kooperation und Intervention in der Schule“ oder „Integrative Begabungs- und Begabtenförderung“ stärken zwar die Profession und erleichtern bzw. rechtfertigen 1

Anzumerken ist an dieser Stelle, dass an den Pädagogische Hochschulen und bei anderen Bildungsanbietenden Angebote für Schulleitende in unterschiedlichen Formaten bereitgestellt werden. Dass der Zugang zur Position der Schulleitung bis heute je nach Kanton mit unterschiedlichen Abschlüssen möglich ist, illustriert die Überzeugung der verantwortlichen Akteure, dass die Aufgaben einer Schulleitung mit unterschiedlichen Kompetenzprofilen bewältigt werden können.

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Professionalisierung

Tätigkeitsfeldorientierung

Funktionsorientierung

1. MAS Psychotherapie MAS Dentalmedizin

3. EMBA General Management CAS Pädagogische IT Support

2. MAS Gemeinde- und Regionalentwicklung MAS Kunst & Design

4. MAS, DAS, CAS Schulleitende 5. MAS Evaluation

Abb. 1 Weiterbildungsprofile nach Professionsorientierung, Tätigkeitsfeldorientierung und Funktionsorientierung (eigene Darstellung)

die Übernahme von zeitlich meist begrenzten Entwicklungsaufgaben an Schulen. Solche Karrieren sind jedoch begrenzt, weil sich bis heute in diesem Feld kaum dauerhafte Positionen für Spezialisten und Spezialistinnen ausdifferenziert haben. Zudem haben in diesen Programmen die Teilnehmenden eine Wahlfreiheit, welche einzelnen CAS sie für ihren(persönlichen) MAS kombinieren wollen. Dies zeigt, dass aus Sicht der Anbietenden die Vermittlung und Weiterentwicklung eines kollektiven, professionsbezogenen Wissens und Könnens nicht im Vordergrund steht. Somit sind diese Angebote zwischen den Polen Professions- und Tätigkeitsfeldorientierung zu platzieren. Weiterbildung am Pol Tätigkeitsfeldorientierung In der Recherche ist der Eindruck entstanden, dass Programme, die diesem Pol zugeordnet werden können, insgesamt dominieren. Beispielhaft zu erwähnen sind: MAS „Management im Gesundheitswesen“, „Executive Master of Public Administration“ und „Evaluation“ an der Universität Bern, MAS „Kulturmanagement“ der Hochschule Luzern (HSLU) und der Universitäten Basel und Zürich, MAS „Gemeinde- und Regionalentwicklung“ der HSLU, die MAS „Soziale Gerontologie“ oder „Kinder und Jugendhilfe“ des Departementes Soziale Arbeit der ZHAW, zahlreiche MAS in den Bereichen Kunst und Design usw.

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Gemeinsam ist diesem Angebotstyp: Der Zugang ist fachlich breit bis sehr breit (bspw. im MAS Kulturmanagement und Design). Die Teilnehmenden verfügen über ein heterogenes Wissen und Können. Im Studiengang erschließen sie neue Wissensfelder, die sich mit der Vorbildung nur bedingt verknüpfen lassen. Das Profil des Curriculums hat einen fachübergreifenden Charakter und das vermittelte Wissen ist insgesamt relativ wenig konsolidiert. Die Koppelung mit den grundständigen Studiengängen der Anbietenden ist schwach oder gar nicht erkennbar. Hoch bis sehr hoch ist der Anteil der Dozierenden aus der Praxis, an Fachhochschulen allgemein höher als an Universitäten. Der Zugang zu den Arbeitsfeldern ist kompetitiv. Einige Programme etwa in der Sozialen Arbeit lassen den Eindruck entstehen, sie würden zur Deprofessionalisierung von Arbeitsfeldern beitragen, weil sie für Fachleute mit ganz unterschiedlichen Abschlüssen zugänglich sind und damit Berufswissen anderen Berufsgruppen zugänglich gemacht wird. Mit diesem Angebotstyp sollen in erster Linie das individuelle Portfolio und die Position der Absolventen und Absolventinnen auf wettbewerbsregulierten Segmenten des Arbeitsmarktes gestärkt werden. Der oben erwähnte MAS „Evaluation“ zeigt überdies beispielhaft, dass sich die Position eines Angebots im Dreieck verändern kann. Er begann mit einem funktionsorientierten Profil, hat sich dank einer inhaltlichen Erweiterung zum tätigkeitsfeldorientierten Pol bewegt und sich inzwischen mehr dem professionsorientierten Pol angenähert. Dies nicht zuletzt, weil sich die Evaluationsfachleute als Verband organisierten und Standards guter Evaluation definierten. Insgesamt illustriert dieser Angebotstyp, wie stark sich die wissenschaftliche Weiterbildung an der Welt der Arbeit orientiert. Angebote, die sich an ihrer Hochschulen nur auf eine schwache Forschungsbasis stützen können, sind von einem akademischen Profil relativ weit entfernt. Weiterbildung am Pol Funktionsorientierung Diesem Pol können naturgemäss die meisten CAS, weitere Kurzformate sowie zahlreiche DAS und auch einige MAS zugeordnet werden. Beispiele für den Programmtyp sind: CAS „Familienrecht“ der Universität Zürich, CAS „Digitales Bauen – Methoden und Technologien“ und „Unternehmensführung“ der Hochschule für Technik der FHNW, DAS „Managementkompetenz“, EMBA „General Management“ und CAS „Still- und Laktose-Beratung“ der Fachhochschule Bern. Weiter sind der CAS „Pädagogischer ICT Support“ der Pädagogischen Hochschule Zürich oder die an verschiedenen Schweizer Hochschulen angebotenen CAS Hochschuldidaktik erwähnen. Diesem Angebotstyp werden zudem Managementprogramme zugeordnet, die keinen inhaltlichen Bezug zum Gegenstand des Managements haben. Die CAS-Angebote können zugleich Bausteine der beiden oben diskutierten Programmtypen sein. Auch hier ist der Zugang zu den Programmen in der Regel offen und demzufolge das Wissen und Können der Teilnehmenden heterogen. Die zu erwerbende Kompetenz bezieht sich auf eine Funktion und ist fachlich relativ schmal. Dozierende werden in einem erheblichen Maße in der Praxis rekrutiert. Bei diesen Angeboten steht ebenfalls die Profilierung des individuellen Portfolios im Vordergrund.

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Insgesamt ist zu vermuten, dass sich die Universitäten stärker im Feld der professionsorientierten Weiterbildung bewegen als die Fachhochschulen. Diese sind demgegenüber engagierter in der tätigkeitsfeld- und funktionsorientierten Weiterbildung. Einiges spricht dafür, dass dies erstens mit den Statusinteressen von etablierten Professionen zusammenhängt. Gerade die klassischen Professionen setzen auf Ausund Weiterbildung an statushohen Bildungseinrichtungen. Zweitens kann sich die Hochschulweiterbildung an den Universitäten auf eine vertieftere wissenschaftliche Wissensbasis stützen als jene an den Fachhochschulen, weil die Universitäten forschungsaktiver sind. Demgegenüber ist drittens die Kultur der fachübergreifenden Zusammenarbeit an den lehreorientierten Fachhochschulen stärker verankert als an Universitäten, was die Bereitstellung tätigkeitsfeldorientierter Programme erleichtert. Zwischen den Universitäten und Fachhochschulen sind die Pädagogische Hochschulen zu platzieren. Die Zielgruppen ihrer Weiterbildung sind klar, oft kantonal definiert. Das Wissen und Können der Teilnehmenden in der Hochschulweiterbildung ist relativ homogen. Allerdings sind die Gestaltungsspielräume der Anbieter in diesem Feld vergleichsweise enger, weil die Weiterbildung stark über Leistungsvereinbarungen mit den jeweiligen kantonalen Bildungsdirektionen und Empfehlungen der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) gesteuert wird. Schließlich spiegeln die hierarchisch gestuften Abschlüsse oft reale oder beabsichtigte Arbeitsteilungen innerhalb eines Berufes. Wissenschaftliche Weiterbildung wird als Instrument für eine aktive, berufsspezifische Arbeitsmarktpolitik genutzt.

5

Institutionalisierung der wissenschaftlichen Weiterbildung in ihrem soziostrukturellen Kontext

In neueren empirischen Studien wird auf die schier unüberwindbaren Probleme einer systematischen, vertiefenden international vergleichenden Forschung der wissenschaftlichen Weiterbildung hingewiesen. Diese sind wesentlich durch unterschiedliche Vorstellungen von politischen Akteuren und Forschenden von Weiterbildung oder von nicht traditionell Studierenden in den verschiedenen Ländern bestimmt (Hanft und Teichler 2007; Isensee und Wolter 2017, S. 19). Isensee und Wolter führen diese Schwierigkeiten auf die spezifische Struktur der nationalen Bildungssysteme zurückführen, auf die sich die Akteure jeweils beziehen (Isensee und Wolter 2017, S. 19). Dazu gehört auch die organisationale Binnenstruktur des Hochschulbereichs und des Bildungssystems allgemein. Entsprechend basieren die vorhandenen empirischen Studien meist auf unterschiedlichen begrifflichen Konzepten, die eine systematische, vergleichende Analyse erschweren. Trotz dieser grundsätzlichen Probleme internationaler Vergleiche wird im Folgenden die wissenschaftliche Weiterbildung in der der Schweiz mit derjenigen in andern Ländern verglichen. Es interessiert, worauf die Differenzen der Profile allenfalls zurückgeführt werden können. Dabei wird nicht nur an die Binnenorganisation nationaler Bildungssysteme, sondern auch an politökonomische, institutionelle Bedingungen auf einer Makroebene gedacht. Die Analyse hat einen hypothe-

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senbildenden, explorativen Charakter. Sie stützt sich wesentlich auf publizierte Länderstudien (Isensee und Wolter 2017; Faulstich et al. 2007; Zawacki-Richter und Reith 2007; Geldermann und Schade 2007; Dunkel und Le Moillour 2007; Pellert und Cendon 2007)2. Vielfalt der Profile in der wissenschaftlichen Weiterbildung Die Profile in der abschlussbezogenen wissenschaftlichen Weiterbildung in den ausgewählten Ländern werden mit Blick auf vier Dimensionen miteinander verglichen, wobei die einzelnen Dimensionen als Kontinuum mit zwei extremen Polen vorstellbar sind. Der Status der wissenschaftlichen Weiterbildung in den einzelnen Ländern kann somit auf einem Kontinuum der vier Dimensionen positioniert werden (Abb. 2). • Zugang: Offen versus geschlossen. Der Zugang kann an ganz bestimmte, relativ eng definierte Voraussetzungen geknüpft und selektiv oder offen, durch unterschiedliche Voraussetzungen gestaltet sein. Dazu gehört bspw. auch die Anerkennung nicht formell erworbener Kompetenzen als Zugangsvoraussetzung. • Angebotsformat: BA- bzw. MA-orientiert versus Angebote, die einen bereits erworbenen Hochschulabschluss ergänzen und spezialisieren.Mit den Angebotsformaten kann somit versucht werden, durch einen erweiterten Zugang zu grundständigen BA- oder MA-Studiengängen das Humankapital zu vergrössern (Erhöhung der Quote der Hochschulabsolventen- und -absolventinnen). Sie können aber auch darauf zielen, in erster Linie Hochschulabsolventen- und -absolventinnen gezielt zu spezialisieren. • Organisation: An den Hochschulen kann die wissenschaftliche Weiterbildung als mehr oder weniger eigenständiger Bereich institutionalisiert und damit zugleich segregiert sein oder in die Bolognastruktur integriert sein. Bspw. können Masterstudiengänge berufsbegleitend oder vollzeitig angeboten werden. • Abschlüsse: Diese können landesweit standardisiert oder nicht standardisiert sein. Blickt man auf die Synopse, welche vereinfacht und stark reduziert die Strukturen in der wissenschaftlichen Weiterbildung in sechs europäischen Ländern vergleichend darstellt, fällt Folgendes auf: Eine Expansion der Hochschulen und der wissenschaftlichen Weiterbildung ist in allen hier dokumentierten Ländern beobachtbar. Allerdings variiert die Form der Expansion von Land zu Land zum Teil erheblich. Den Zugang zu den Hochschulen haben UK, FI und F sehr erweitert, während die Hochschulen in der CH sich am andern Ende des Kontinuums nur wenig geöffnet haben. Zwischen diesen Ländern können D und A mit einer mittleren Öffnung positioniert werden. Mit einer starken

2

Der Autor ist sich bewusst, dass sich die in den Länderstudien dokumentierten Befunde seit dem Publikationszeitpunkt inzwischen teilweise verändert haben können. Viele Argumente sprechen jedoch dafür, dass die strukturelle Dynamik der wissenschaftlichen Weiterbildung vermutlich gleich geblieben ist.

Geringe Offenheit Alternative Zulassungsverfahren Geringe Offenheit Alternative Zulassungsverfahren

Große Offenheit

Sehr große Offenheit

Sehr große Offenheit

Deutschland (D)

Frankreich (F)

Finnland (FI)

Großbritannien (UK)

Grundständige diplomierende Angebote Ergänzt Hochschulabschluss BA- und MA Weitere Formate Keine Trennung zwischen grundständigen Angeboten und wissenschaftlicher Weiterbildung Vielfalt an Formaten

Ergänzt Hochschulabschluss BA- und MA-Angebote Ergänzt Hochschulabschluss BA- und MA-Angebote

Ergänzt Hochschulabschluss

Angebotsformate

Abb. 2 Strukturen der wissenschaftlichen Weiterbildung – Synopse (eigene Darstellung)

Österreich (A)

Eng reglementiert und selektiv

Schweiz (CH)

Zugang

Integrierte und Nicht integrierte Angebote Integrierte Angebote

Relativ stark integriert

Teilweise integriert und teilweise segregiert Relativ stark segregiert

Segregiert von grundständigem Angebot Feld „eigener Art“

Organisation

Standardisierte Abschlüsse der integrierten Angebote Teilweise standardisiert, teilweise nicht standardisiert

Gestufte, spezialisierende Weiterbildungsabschlüsse eigener Art Standardisiert Weiterbildungsabschlüsse nicht standardisiert Weiterbildungsabschlüsse Universitätslehrgänge nicht standardisiert Teilweise standardisiert, Teilweise nicht standardisiert

Abschlüsse

Differenzierung, Systembezug und Dynamik der wissenschaftlichen . . . 53

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Öffnung des Zugangs zu den Hochschulen wurde in allen Ländern, allerdings in unterschiedlichem Masse und mit Ausnahme der CH die BA- und MA Studiengänge für neue Zielgruppen zugänglich gemacht. Während ferner in den meisten Ländern die Grenzen zwischen Weiterbildung und grundständiger Lehre unklarer werden und zum Teil ganz verschwinden, hat sich in der CH die wissenschaftlichen Weiterbildung als Feld eigener Art etabliert. Die Durchlässigkeit zwischen der wissenschaftlichen Weiterbildung und den grundständigen Studiengängen ist hier extrem gering. Weiter wurden in der schweizerischen wissenschaftlichen Weiterbildung eigene gestufte Abschlüsse eingeführt, wodurch die Abschottung der wissenschaftlichen Weiterbildung von der grundständigen Lehre weiter stabilisiert wurde. Insgesamt legt die hier vorgelegte die Synopse den Schluss nahe, dass alle hier vorgestellten Länder einiges unternommen haben, um ihren Stock an Humankapital zu vergrößern. Um dieses Ziel zu erreichen haben sie unterschiedliche Wege eingeschlagen: UK, FI und F haben hauptsächlich darauf gesetzt, neuen Zielgruppen den BA und den MA zugänglich zu machen (Stichwort Erhöhung der Quote der Hochschulabsolvent und -innen). In der CH dagegen schien es verheißungsvoller, bereits diplomierte und arbeitserfahrene Hochschulabgänger und -gängerinnen durch wissenschaftliche Weiterbildung zusätzlich zu spezialisieren. Einiges spricht dafür, dass die hier grob skizzierte Dynamik der wissenschaftlichen Weiterbildung durch organisationale Bedingungen des Bildungssystems und bzw. politökonomischen Gegebenheiten beeinflusst wird. Ende der 1980er-Jahre haben Müller und Shavit (1998) herausgearbeitet wie sich die Organisation des Bildungswesens auf das Zusammenspiel von Bildung und Beschäftigung auswirken. Sie unterscheiden zwei Typen von Übergangsregimes: Von einem qualifikationsbestimmten Übergangsregimes sprechen sie dann, wenn Berufsqualifikationen im Bildungssystem selber vermittelt werden und die Erstplatzierung der Ausgebildeten im Beschäftigungssystem bestimmen. Entsprechende Systeme sind meistens hoch selektiv und weisen eine relativ große Standardisierung (landesweit ähnliche Anforderungen) auf. Als organisationsbestimmt gelten Bildungssysteme, die stärker allgemein qualifizieren. Die berufliche Qualifizierung findet dann arbeitsplatznah statt. Diese organisationsbestimmten Systeme weisen eine hohe Allgemeinbildungsquote auf Sekundarstufe 2 auf. Dieser typologische Blick kann helfen die Vielfalt der wissenschaftlichen Weiterbildung etwas zu ordnen und die wissenschaftliche Weiterbildung in den organisationalen Zusammenhang des Bildungssystems zu stellen: Der Cluster mit der CH, D und A (Cluster 1) ist mit ihrer dualen Berufsbildung sicher weiterhin nahe beim Pol „qualifikationsbestimmt“ zu positionieren, dies obwohl sich die Quote der Ausgebildeten mit einem allgemeinbildenden Abschluss Sekundarstufe 2 in allen drei Ländern in den letzten Jahren erhöht hat und die jener, die keinen Sekundarstufe 2 – Abschluss erwerben konnten, gleichzeitig abgenommen hat. Am nächsten bei diesem Pol dürfte die CH zu platzieren sein. Anders als in der CH oder in A wurden zudem in D in letzter Zeit die Bemühungen verstärkt, nicht traditionell Studierenden den Hochschulzugang zu ermöglichen. Diese politische Absicht zielt auf die Erhöhung der Quote der Hochschulabsolventen und -innen. A vor allem aber D haben sich in den letzten Jahren stärker als die CH zum Pol organisationsbestimmt bewegt.

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Demgegenüber ist der Cluster mit UK, FI und F (Cluster 2) sicher näher beim Pol „organisationsbestimmt“ zu positionieren. Dies illustrieren die hohen Quoten jener, die in diesen Ländern einen allgemeinbildenden Abschluss Sekundarstufe 2 oder einen Hochschulabschluss erworben haben. Die hier skizzierten Übergangsregimes spiegeln sich nun in der wissenschaftlichen Weiterbildung der einzelnen Länder: Die Schweiz setzt auf berufsspezialisiernde Weiterbildung. Im hoch selektiven Bildungssystem ist der Zugang zur wissenschaftlichen Weiterbildung relativ stark reglementiert. In der Stufung und Standardisierung der Abschlüsse spiegeln sich auch Vorstellungen über die Arbeitsteilung in einzelnen Berufen oder Tätigkeitsfeldern. Wer einen MAS erwirbt, kann anspruchsvollere Arbeiten bewältigen als jene, die sich mit einem CAS zufrieden geben. Insofern soll mit der wissenschaftlichen Weiterbildung auch ein privilegierter Zugang zu bestimmten Positionen in der Arbeitswelt legitimiert werden. In der CH ist die wissenschaftliche Weiterbildung somit stark „verberuflicht“. In FI, F und UK wird demgegenüber eher davon ausgegangen, dass der Hochschulabschluss generalistisch auszurichten ist und sich die Ausgebildeten dem Kampf um knappe Positionen in der Arbeitswelt zu stellen haben. Anders als in qualifikationsbestimmten Systemen geht es hier nicht um die Sicherung kollektiver Interessen einer Berufsgruppe, wichtiger ist die Wettbewerbsfähigkeit des Einzelnen. Die Dynamik der wissenschaftlichen Weiterbildung kann auch aus einer politökonomischen, institutionellen Makroperspektive betrachtet werden. Dabei lässt sich an neuere Arbeiten in der Hochschulforschung anknüpfen. In einer international vergleichenden, empirischen Studie untersucht Hölscher (2016, 2017) den Zusammenhang zwischen den Formen des Kapitalismus und Aspekten der Hochschulentwicklung. Die Prämissen seiner Studie situiert er im politökonomischen Theoriediskurs über die „Varieties of capitalism“, der durch Arbeiten von Hall und Soskice geprägt wurde. Er geht davon aus, dass das Verhalten, die Handlungsspielräume und die Strategien von ökonomischen Akteuren wie Unternehmungen, Zulieferern, Gewerkschaften etc. stark durch jeweils vorgegebene institutionelle Gegebenheiten (Regeln, eingespielte Praktiken usw.) in den einzelnen Ländern bestimmt werden (Hölscher 2017, S. 46). Diese Gegebenheiten strukturieren in hohem Maße die Formen, wie sich Akteure aufeinander beziehen. Es ist demnach die Dimension „Koordinationsform“, welche in diesem Ansatz den Typus des Kapitalismus konstituiert. Gemäß diesen Prämissen können nun zwei Typen von Kapitalismus unterschieden werden: In den liberalen Marktwirtschaften (LME), stellt „der Markt mit einem Primat von Wettbewerb und Preis“ (Hölscher 2016, S. 97) den wichtigsten Koordinationsmechanismus dar. Dieser Modus ist in Großbritannien, Australien, Irland, Kanada dominant. In Deutschland, Österreich, der Schweiz und den Niederlanden hat sich demgegenüber eher das Modell des koordinierten Marktes (CME) entwickelt. Neben dem Markt haben sich auch andere Formen der Koordination ausgebreitet: Kommunikation und Kooperation, Absprachen, Netzwerke, Verhandlungen usw. (Hölscher 2016, S. 97). Hölscher kann zeigen, dass in Ländern mit einer LME der Hochschulzugang offener ist und die Studierenden- und Absolventenquoten höher sind als in Ländern mit einer CME (Hölscher 2017, S. 110 ff.). Außerdem setzen Länder mit einer CME

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stärker auf die Vermittlung von spezifischer Kompetenzen, während in Ländern mit einer LME die Vermittlung generalistischer Kompetenzen als prioritär gilt (Hölscher 2017, S. 167 ff.). Diese Befunde liegen auf der Linie der bisherigen Analysen und weisen auf einen engen Zusammenhang zwischen grundständiger Lehre und den Bedingungen und dem Profil in wissenschaftlichen Weiterbildung hin. Auf einen ersten Blick erscheint die Landschaft der wissenschaftlichen Weiterbildung höchst vielfältig, wenig geordnet und stark durch Bedingtheiten in den einzelnen Ländern bestimmt. Wenn diese Vielfalt jedoch im Kontext der Organisation und Struktur der nationalen Bildungssysteme und dem politökonomischen Gegebenheiten betrachtet und analysiert wird, lassen sich vermutlich Typen oder auch Cluster von nationalen konstruieren, eine gewisse Logik der Entwicklung würde sichtbar.

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Innovation und Zukunftsfähigkeit

Reformpolitisch interessiert nun, ob die Weiterbildung im Hochschulbereich bis heute innovative Wege eingeschlagen und entsprechende Produkte hervorbracht hat. Für eine erste Beantwortung dieser Frage knüpfe ich an die theoretischen Überlegungen zur Innovation von Schumpeter an. Er betrachtet die wirtschaftliche Entwicklung als Prozess der „schöpferischen Zerstörung“. Dabei wird die wirtschaftliche Struktur von innen heraus, durch Unternehmende dauernd revolutionert, alte Strukturen werden zerstört und neue geschaffen (Schumpeter 1912). Für Schumpeter haben Innovationen somit einen Doppelcharakter: Sie verändern Strukturen bzw. Prozesse und Produkte und schaffen dadurch etwas Neues, das zugleich schöpferisch und zerstörend ist. Allerdings gibt es das Neue an sich nicht, es ist immer in einen Kontext eingebunden. Was beispielsweise in der Organisation A als Innovation gilt, muss dies nicht auch in der Organisation B sein. Die Frage, ob die wissenschaftliche Weiterbildung Neues geschaffen und Altes zerstört hat, muss für die beiden Cluster teilweise unterschiedlich beantwortet werden. Weil erstens im Cluster 1 die wissenschaftliche Weiterbildung vom grundständigen Studium teilweise entkoppelt war und ist, gelang es zwar, neue Verfahren der Planung zu entwickeln, Angebote schnell bereitzustellen und spezielle Abschlüsse einzuführen. Durch dieses Neue wurde an den Hochschulen selber aber nichts zerstört. Die organisationalen Verfahren der jeweiligen Hochschulen und die etablierten Praktiken in der grundständigen Lehre wurden davon kaum berührt, auch das Diplomwesen nicht. Vielmehr hat sich die Weiterbildung weitgehend komplementär zu bestehenden Strukturen an den Hochschulen institutionalisiert. Anders die Situation in Cluster 2: Die Stufung der Abschlüsse in der grundständigen Lehre wurde auch für die wissenschaftliche Weiterbildung genutzt. Um neuen Zielgruppen den Zugang zu den Hochschulen zu erleichtern, wurden Bedingungen und Verfahren der Zulassung verändert und ergänzende Supportstrukturen geschaffen. Solche Innovationen wurden auch an deutschen Hochschulen durchgeführt, die in der obigen Typologie dem Cluster 1 zugeordnet werden (vgl. dazu Beiträge in Wolter et al. 2016). Zweitens hat die wissenschaftliche Weiterbildung in beiden Clustern die jeweils geltenden Leitideen für die Angebotsgestaltung in der nachobligatorischen

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Bildung weitgehend übernommen. In Cluster 1 wird weiterhin stark auf die Berufsförmigkeit der Qualifikationsprofile gesetzt, auch in der wissenschaftlichen Weiterbildung. Für die Hochschulen in Cluster 2 dagegen stehen Allgemeinbildung und generalistische Kompetenzprofile in der wissenschaftlichen Weiterbildung im Vordergrund. Damit folgen die Hochschulen dem traditionellen, vorherrschenden Pfad der Bildungsentwicklung in den Ländern des entsprechenden Clusters. Insgesamt entsteht somit das Bild, dass die wissenschaftliche Weiterbildung an den Hochschulen nur sehr begrenzt Innovationen ausgelöst hat. Die wissenschaftliche Weiterbildung hat sich an den etablierten Leitideen der Hochschullehre orientiert. Entstanden ist jedoch an den Hochschulen eine sogenannte Sekundärstruktur, um die mit der wissenschaftlichen Weiterbildung entstandenen neuen Probleme bearbeiten zu können. Diese unterstützende organisationale Innovation hat die Grundstruktur der Hochschulen ergänzt, aber nicht konkurrenziert. Die wissenschaftliche Weiterbildung hat sich im Kontext von Hochschule und Arbeitswelt dynamisch entwickelt und ausdifferenziert. Wichtige Treiber dieses Wachstums sind die Tertiarisierung der Arbeit, die Akademisierung bisher nichtakdemischer Berufe und damit das sich verändernde Statusgefüge im Bereich der höheren Berufe. Zusätzlich mag da und dort auch die Nachfragefinanzierung das Wachstum gefördert haben. Für die weitere Entwicklung der wissenschaftlichen Weiterbildung kann bedeutsam sein, dass sich bis heute kein Ende des Wachstums der wissenschaftlichen Weiterbildung abzeichnet: Die kollektive Überzeugung der verantwortlichen Akteure, dass Bildung und Wissenschaft für die Gestaltung des wirtschaftlichen, technischen und kulturellen Wandels unverzichtbar sind, ist relativ stabil. Dies dokumentieren die seit Jahren wachsenden finanziellen Mittel, die in fast allen Ländern für Bildung und Forschung aufgebracht werden. Ferner ist der Verberuflichung von Tätigkeiten und damit dem Berufssystem eine fortschreitende Arbeitsteilung mit entsprechenden Weiterbildungsbedarfen inhärent und der Druck auf Bildungseinrichtungen, spezialisierte Kompetenzprofile zu vermitteln, dürfte weiter zunehmen.Durch wissenschaftliche Weiterbildung und ihre entsprechenden Profile kann der Kampf um knappe Positionen in der Arbeitswelt begrenzt und die Besetzung der Stellen legitimiert werden. Offen ist schließlich, wie stark in der wissenschaftlichen Weiterbildung öffentlich finanzierte Hochschulen künftig vermehrt in Konkurrenz zu privaten Anbietern stehen werden und wie die fortschreitende Digitalisierung der Angebote und die Internationalisierung der Anbieter und der Programme die Strukturen der wissenschaftlichen Weiterbildung verändern.

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Disziplinäre Blickwinkel auf die Wissenschaftliche Weiterbildung Rolf Arnold

Inhalt 1 Einleitung: allmähliche Ablösung von der Mutterdisziplin Erwachsenenpädagogik . . . . . . . 2 Die thematische Perspektive des Beginns: Zwischen Erfahrungsbezug, Emanzipation und Professionalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Technologiegetriebene Entgrenzungen: Zu den Möglichkeiten und Grenzen des selbstorganisierten – lebenslangen – Lernens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Wissenschaftliches Lernen und das Ende der Normalbiografie: Professionalität als „Personal Mastery“ im Umgang mit fachlich Neuartigem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Wissenschaftliche Weiterbildung: die hochschulstrategische Zukunftsvision . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Zusammenfassung

Während sich die akademische Erwachsenenpädagogik lange Zeit als Mutterdisziplin der Wissenschaftlichen Weiterbildung profilierte, wenden sich ihr inzwischen auch andere akademische Disziplinen zu – zugleich droht der Verlust einer Outcome-Orientierung. Dahingehend werden im Beitrag Möglichkeiten und Grenzen selbstorganisierten, lebenslangen Lernens sowie ein stärkerer Fokus auf Kompetenzreifung, Persönlichkeitsentwicklung und Lebensweltbezug diskutiert. Schlüsselwörter

Lernkulturwandel · Selbstlernkompetenz · Kompetenzreifung · Persönlichkeitsbildung · Weiterbildung

R. Arnold (*) Fachbereich Sozialwissenschaften, TU Kaiserslautern, Kaiserslautern, Deutschland E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 W. Jütte, M. Rohs (Hrsg.), Handbuch Wissenschaftliche Weiterbildung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-17643-3_3

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Einleitung: allmähliche Ablösung von der Mutterdisziplin Erwachsenenpädagogik

Als „Wissenschaftliche Weiterbildung“ wird die Gesamtheit der Weiterbildungsangebote von Hochschulen und Universitäten bezeichnet (vgl. Vogt 2010). Diese richteten sich in der Vergangenheit an die nichtakademische Klientel, um diese mit wissenschaftlichem Denken und den fortgeschrittenen Erkenntnissen der Forschung in Verbindung zu bringen, aber auch, um einem emanzipatorisch begründeten Aufklärungsmotiv Rechnung zu tragen und einer elitären Abschottung des wissenschaftlichen Denkens entgegenzuwirken. Nimmt man die Erziehungswissenschaften in den Blick, so fand dieses Motiv u. a. seinen Ausdruck in wissenschaftlichen Weiterbildungsangeboten für Ausbilderinnen und Ausbilder oder Erziehungspersonen, die in der Regel nicht über eine abgeschlossenen akademische Ausbildung verfügen, sich aber gleichwohl in ihrem professionellen Alltag mit Sachverhalten und Fragestellungen konfrontiert sehen, für deren Bewältigung man sich und ihnen von einer Bereitstellung wissenschaftlicher Forschungsergebnisse und evidenzbasierter Problemsichten einen Professionalisierungsschub versprach. Dabei wirkte sich auch aus, dass sich – zumindest im deutschsprachigen Kontext – die akademische Erwachsenenpädagogik lange Zeit als eine Art Mutterdisziplin der Wissenschaftlichen Weiterbildung profilierte, die sich schon früh und grundlegend in Forschung, Theorie und Praxis mit den didaktischen Fragen einer Durchformung und Transformation berufspraktischer Handlungskompetenzen durch die Auseinandersetzung mit wissenschaftlichem Denken befasste. Die Mutterdisziplin Erwachsenenpädagogik war jedoch nicht allein Treiber der Versuche einer wissenschaftlichen Durchdringung, Erforschung und Professionalisierung der wissenschaftlichen Weiterbildung, man konnte vielmehr auch den umgekehrten Effekt verzeichnen: Zahlreiche erwachsenenpädagogische Lehrstühle entwickelten selbst wissenschaftliche Weiterbildungsprogramme – auch in der Absicht dadurch gewissermaßen ein eigenes Praxisfeld organisierter Weiterbildung im eigenen Haus zu haben, welches in vielfältiger Weise für die Entwicklung und Erprobung eigener didaktischer Konzepte sowie für Forschungen und Theoriebildung der Erwachsenenpädagogik genutzt werden konnte. Spätestens seit den 1990er-Jahren lässt sich im historischen Rückblick eine Aufweichung der beschriebenen „Mutterbindung“ der Wissenschaftlichen Weiterbildung in Deutschland beobachten. Das wissenschaftliche Lernen Erwachsener hatte sich spätestens zu diesem Zeitpunkt bereits deutlich aus dem engen „Zuständigkeitsbereich“ der akademischen Erwachsenenpädagogik gelöst und als Anliegen des Human Ressource Managements, der betrieblichen Personalentwicklung und Kompetenzsicherung eine erweiterte – auch betriebswirtschaftliche sowie organisationstheoretische – Aufmerksamkeit erfahren. Deren meist stärker funktionalistische Ausrichtung wurde von den Vertretern der akademischen Erwachsenenbildung bisweilen abschätzig beobachtet, wenn nicht sogar heftig als bloßer Ausdruck eines leicht durchschaubaren betrieblichen Interesses an der Verzweckung des Erwachsenenlernens kritisiert und in einen deutlichen Gegensatz zu den stärker am Subjekt orientierten – emanzipatorischen – Interessen einer freien Erwachsenenbildung

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gerückt. Erste behutsame Selbstzweifel sowie tastende Versuche, auf eine Konvergenz betrieblicher und wirtschaftlicher Interessen in der beschleunigten Moderne hinzuweisen, wurden zwar in der Erwachsenenpädagogik selbst – in der Berufs- und Betriebspädagogik sowieso – artikuliert (vgl. Arnold 1995), aber erst in jüngster Zeit einer ernsthaften Prüfung und Erörterung unterzogen. In dieser Zurückhaltung weiter Kreise der akademischen Erwachsenenpädagogik gegenüber dem beruflichen und betrieblichen Erwachsenenlernen kann m.E. eine wesentliche Ursache für die seit den 1990er-Jahren nachlassende Mutterbindung der Wissenschaftlichen Weiterbildung gesehen werden. Die disziplinäre Auffächerung und Erweiterung der an der Wissenschaftlichen Weiterbildung interessierten Wissenschaftsdisziplinen blieb gleichwohl überschaubar. Zwar kann man in den letzten beiden Jahrzehnten ein stärkeres Engagement auch nicht-erwachsenenpädagogischer Wissenschaftler am Feld des wissenschaftlichen Erwachsenenlernens beobachten, doch geht dieses gleichzeitig mit einem Verlust des intensiven Einblicks in das Geschehen einer wissenschaftsgetragenen Transformation subjektiver Deutungs- und Emotions- sowie Kompetenzmuster einher. Die Angebote der wissenschaftlichen Weiterbildung werden heute oft stärker lediglich als Produkte, die sie – auch (!) – sind, fokussiert, während erwachsenendidaktische Begründungen eher marginalisiert werden. Demgegenüber wendet man sich bevorzugt Fragen nach dem Zielgruppenbezug sowie dem zuverlässigen Management, der Zugänglichkeit oder den neuen – bildungstechnologischen – Frames wissenschaftlichen Lernens zu. Bedauerlich ist der Trend vom Subjekt zum Produkt, der durch die allmähliche Loslösung von der Mutterdisziplin Erwachsenenpädagogik gestärkt wurde, wodurch die Wissenschaftliche Weiterbildung auch ihren nüchternen Blick auf das subjektive Transformationsgeschehen und dessen – vielfach überraschenden und ungesicherten – Outcome verlor und zu den Produktversprechungen überlebter didaktischer InputKonzepte zurückkehrte. Zu begrüßen ist demgegenüber die breitere Zuwendung unterschiedlicher akademischer Disziplinen zur Wissenschaftlichen Weiterbildung, da mit ihr auch die Erwartung einer Vergrößerung der akademischen Verankerung der Idee des wissenschaftlichen Erwachsenenlernens verbunden werden kann – eine nicht unberechtigte Erwartung, die sich allerdings bislang nur ansatzweise erfüllte. Nach wie vor verstehen sich die Hochschulen und Universitäten in Deutschland vorwiegend als wissenschaftliche Ausbildungsinstitutionen, deren Frames zudem zunehmend unzeitgemäß zu werden drohen und die die hochschulstrategische Bedeutung des Konzeptes einer „Lifelong Learning University“ noch nicht wirklich aufgegriffen haben.

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Die thematische Perspektive des Beginns: Zwischen Erfahrungsbezug, Emanzipation und Professionalisierung

Die frühen Konzepte der „Universitätsausdehnungsbewegung“ am Ende des 19. Jahrhunderts (vgl. Schäfer 1988) sind noch weitgehend dem Popularisierungsgedanken der Aufklärung verbunden, dessen Kernanliegen eine gewisse Demokrati-

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sierung des Zugangs zu wissenschaftlichem Wissen war. Es ging den Protagonisten dieser Zeit um die Durchbrechung der Abschottung des „rechten Vernunftgebrauchs“ hinter den Mauern der akademischen Institutionen – ein Anliegen, welches auch noch für das von Willy Strzelewicz (1905–1986) in den 1950er-Jahren an der Universität Göttingen aufgebaute „Sekretariat für extramurale Erwachsenenbildung“ (vgl. Olbrich 2001, S. 445) grundlegend gewesen ist. In den 1970er-Jahren folgten Bestrebungen, sich detaillierter mit der inneren Seite einer Verbreiterung wissenschaftlichen Denkens auseinanderzusetzen und dessen möglichen Beitrag zu einer „lebenspraktischen Bildung“ (Siebert 1979, S. 115) genauer auszuloten. In diesem Sinne plädierte Horst Siebert in seinem 1979 vorgelegten Werk „Wissenschaft und Erfahrungswissen“ vor dem Hintergrund seiner Erfahrungen mit einem „Kontaktstudium Erwachsenenbildung“ für eine „Didaktik wissenschaftlicher Weiterbildung“, die weniger die bloße Popularisierung eines bis dato exklusiven Umgangs mit Wissen zum Ziel hat, sondern nach den didaktischen Formen einer wissenschaftlichen Weiterbildung fragt, die „(. . .) das Verständnis von Welt und die Lösung von Lebensproblemen erleichtert und fördert“ (Siebert 1979, S. 112).

Mit dieser didaktischen Justierung wurde bereits früh die weitgehend ungeklärte Beziehung zwischen Wissenschaft und Erfahrungs- bzw. Alltagswissen in den Fokus der Debatte gerückt – eine bis zum heutigen Tage immer wieder aufbrechende Debatte, welche letztlich um die Frage kreist, ob und inwieweit evidenzbasierte Einschätzungen erfahrungsgeprägte Deutungsmuster tatsächlich so nachhaltig zu transformieren vermögen, dass daraus auch eine Veränderung der eigenen Lebenspraxis resultiert. Anfängliche Einschätzungen, dass eine solche kompetenzbildende Wirkung der Verschränkung von „wissenschaftliche(r) Rationalität und berufspraktischer Erfahrung“ (Wittpoth 1987) durch die begleitete Fokussierung auf wissenschaftliche Zugänge, Vorgehensweisen und Einsichten gelingen könne, wichen in den in den 1990er-Jahren zunehmend einer nüchterneren Betrachtung: „Es gilt dabei, die im Bildungsdiskurs zwischen Dozent und Lernenden enthaltenen differenten Rationalitätsvorstellungen zu identifizieren als eine Bedingung der Möglichkeit, lebenspraktische Orientierungsmuster intern bezüglich ihrer ‚Verarbeitungskapazität‘ von sozialer Realität zu differenzieren, sie mithin aufzuklären, ohne sie in ihrer identitätssichernden und handlungssinngebenden Funktion zu destabilisieren bzw. zu entstrukturieren. Lebenspraktische Handlungsentscheidungen, deren häufig nur latente Begründungsstrukturen Erwachsenenbildung helfen kann zu differenzieren, können dann als ‚angemessen‘ gelten, wenn sie sowohl – vom wissenschaftlichen Standpunkt aus betrachtet – sachlich richtig sind als auch emotional erträglich sind. Eine an der Explikation von Sinn- und Begründungsstrukturen lebenspraktischen Handelns orientierte Erwachsenenbildung hätte dem Rechnung zu tragen“ (Dewe 1999, S. 173).

In der wissenschaftlichen Weiterbildung fielen solche, auch um „Angemessenheit“ ihres Wissens bemühte Konzepte Wissenschaftlicher Weiterbildung zunächst nicht auf fruchtbaren Boden, zu stark waren die erwachsenendidaktischen Ansätze

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noch dem Aufklärungsgedanken im Sinne einer Popularisierung von den an anderer Stelle (durch Forschung) entwickelten Modellen der Welterklärung und professionellen Handlungsempfehlung orientiert. Der Gedanke, dass auch in der wissenschaftlichen Bildung letztlich keine dauerhaften Professionalisierungseffekte zu erwarten seien, wenn es nicht gelänge, das wissenschaftliche Wissen aus den erfahrungsgeprägten Einstellungen sowie Deutungs- und Emotionsmustern der Lernenden selbst heraus zu entwickeln, wurde lange Zeit übertönt von einem Glauben an eine Art Per-se-Professionalisierungswirkung jeglicher Art von Wissenschaft. Man folgte einem szientistisch verkürzten Professionalisierungskonzept und nahm an, dass es einer evidenzbasierten Sicht auf das Lernen letztlich auch gelingen könnte, die für professionell erfolgreiche Formen des Denkens, Fühlens und Handelns notwendigen Kompetenzen zu entwickeln und das eigene Handeln entsprechend zu transformieren – eine Erwartung, die sich nicht vollständig bewahrheitet hat. Zwar fiel den verantwortlichen Akteuren durchaus auf, dass auch die Teilnahme an der Wissenschaftlichen Weiterbildung oftmals einen kaum messbaren Einfluss auf die erwartete Professionalisierung hat – ein Sachverhalt, der das wohl zentrale Begründungsmuster der Wissenschaftliche Weiterbildung im Kern traf – doch verstanden sich deren Angebote – in Ermangelung einer realitätsangemesseneren Erklärung – auch weiterhin in erster Linie als Beiträge zur Professionalisierung und Professionalität der gesellschaftlichen Handlungsbereiche, in denen es bislang noch nicht wirklich gelungen war, den gekonnten Umgang mit komplexen und neuartigen Problemen durch andere, als Erfahrungsmuster anzuregen und weiterzuentwickeln, ohne wirklich evidenzbasiert belegen zu können, was sie sich bemühten glaubhaft zu vertreten. Hans Tietgens, langjähriger Leiter der Pädagogischen Arbeitsstelle (heute DIE) stemmte sich bereits 1987 gegen allzu leichtfüßig daherkommende Transferkonzepte und wies auf diese Leerstelle der unterschwelligen Theorien und Konzepte der Wissenschaftlichen Weiterbildung hin: „Der Weg von der Popularisierung zum Wissenschaftstransfer führt an den Problemen vorbei, um die es bei dem Verhältnis von Erwachsenenbildungswissenschaft und Erwachsenenbildungspraxis geht. Mit dem geschickten Abtropfen-Lassen von geheimem oder geweihtem Wissen ist es ja nicht getan. Die Frage nach dem, was bedeutsam daran ist, wird kritisch wählerisch gestellt. Den Anwendungsbezug im Handhabbaren zu sehen, greift deshalb zu kurz. Er zielt vielmehr auf einen Bearbeitungszusammenhang ab. Dann aber stößt Mehrwissen nicht in eine Lücke, sondern auf anders geartetes Vorwissen. Das Auskommen beider miteinander, wobei es keine einseitigen Transformationsprozesse geben kann, ist das Thema und der Kern der Vermittlungsschwierigkeiten“ (Tietgens 1987, S. 193).

Dieser Hinweis war geeignet, auch die Erwachsenendidaktik der Wissenschaftlichen Weiterbildung in anderer Weise als in der eines linearen Geschehens zu konzipieren – eine Wechselseitigkeit der Bewegung in den Blick rückend, die zunächst dem exklusiven Selbstverständnis der Wissenschaften sowie der Hochschulen und Universitäten entgegenzulaufen scheint. Diese verstehen sich letztlich häufig noch als die Gralshüter eines an Gütekriterien orientierten Bemühens, „objektive“ Erkenntnisse zu erarbeiten, was ihnen einen privilegierten Status in der

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Lehr-Lern-Beziehung zuzuweisen scheint. Anders jedoch stellt sich diese Beziehung dar, wenn wir stärker die Lern- und Wirkungsebene in den Blick rücken und uns – so der heutige Mainstream der Debatte – um die tatsächlichen und nicht um die wohlmeinend und durchaus berechtigten Intentionen bemühen, welche aus sich heraus allerdings nicht die Wirkungen gewährleisten können, um die es ihnen geht. Dabei entfaltet sich ein erwachsendidaktisches Konzept, welches bei Tietgens erst angedacht, in den ermöglichungsdidaktischen Konzepten seit der Jahrhundertwende aber mehr und mehr ausgearbeitet wurde. Diese halfen, den belehrenden Gestus der Bildung mehr und mehr in Frage zu stellen (vgl. Arnold 2013, 2016b) und die Einsicht zu stärken, dass es denkerisch nicht länger durchhaltbar ist, die Autonomie des Subjektes im Kontext seiner „Autopoiesis des Bewusstseins“ (Luhmann 2005) weiterhin nahezu vollständig zu übersehen. Das Bild des Teilnehmenden an Lehr-Lernprozessen änderte sich dabei grundlegend und wich der Vorstellung einer nur losen – strukturellen – Koppelung von Lehren und Lernen (vgl. Arnold 2017). Die Kompetenzreifung des Subjektes schien in erster Linie internen Maßgaben zu folgen und sich – auch ohne, angesichts oder trotz aufgedrängte(r) didaktischer Interventionen – zu ereignen. Mehr und mehr traten dabei die Selbststeuerungskompetenzen der Lernenden in ihrer konstitutiven Bedeutung für die Lernbewegung sowie die Kompetenzprofilierung in den Blick. Und man begann zu verstehen, dass diese Bewegungen durch das prinzipiell offene, aber gleichwohl vielfältige und aneignungsförderliche Arrangement von Kontexten gefördert und auch initiiert, aber nicht gewährleistet werden können. In diesem Sinne präzisiert fast 30 Jahre nach dem Tietgensschen Hinweis Gerald Hüther in seinem Buch „Mit Freude lernen – ein Leben lang“ von der menschlichen Fähigkeit, „(. . .) durch Veränderungen in ihrer Außenwelt ausgelöste Störungen ihrer inneren Ordnung durch die Aktivierung bestimmter in ihrem Inneren angelegter Reaktionsmuster wieder auszugleichen. Dabei handelt es sich um eine eigene, von dem jeweiligen Lebewesen selbst erbrachte Leistung“ (Hüther 2016, S. 28).

Hüther grenzt sich damit nicht bloß von den vorherrschenden Modellen eines regulierten Lernens ab, sondern folgt zugleich den Spuren einer subjektorientierten Lerntheorie (vgl. Holzkamp 1991), ohne allerdings selbst zu wissen, um welch ausgetretene Spuren es sich dabei handelt. Sein Fazit „Gelernt werden kann nur das, was für ein Lebewesen bedeutsam ist“ (Hüther 2016, S. 41)

repliziert, was Klaus Holzkamp in den 1990er-Jahren fokussierte, dass nämlich ein tiefes Verständnis der Lernbewegung eines Subjektes nicht möglich sei, wenn man nicht „nach dessen in seinem Lebensinteressen fundierten Handlungsbegründungen frage“ (Holzkamp 1991, S. 27). Damit löste er den Blick auf das Lernen aus seiner verdinglichenden Außensicht und öffnete auch den didaktischen Diskurs über die inneren Ausdrucksformen und Mechanismen einer gelingenden Kompetenzreifung. Diese nüchternen Hinweise auf die Nachhaltigkeit des Lernens konfrontiert auch die Didaktik der Wissenschaftlichen Weiterbildung mit der Aufgabe, ihre Konzepte

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nochmals kritisch im Hinblick auf die latent in diesen fortschlummernden Belehrungs- oder Professionalitätsannahmen zu überprüfen. Insbesondere wäre kritisch zu rekonstruieren, wie die Wissenschaftliche Weiterbildung „bevorzugt ihre Professionalität (‚denkt‘)“ (Arnold 2012, S. 105). Bezogen auf die zahlreichen Angebote zur Professionalisierung von Mitarbeitenden in der Erwachsenenbildung ließe sich dieser Gedanke konstruktiv wenden, indem man sich von dem einseitigen Blick auf die Bezugswissenschaften löst und sich auch in der Wissenschaftlichen Weiterbildung verstärkt um die „biografischen Einbettung des Professionellen“ (Arnold 2012, S. 110) bemüht. Nach wie vor ist die Erwachsenenpädagogik die zentrale Wissenschaft, wenn es darum geht, schlichten Transfer- oder Popularisierungskonzepten anderer Disziplinen zu begegnen, um zu vermeiden, dass die Wissenschaftliche Weiterbildung in längst überwundene Belehrungs- und Professionalisierungskonzepte zurückfällt, welche die Erwachsenenbildungsforschung ebenso wie die Lern- und Hirnforschung schon längst hinter sich gelassen haben. Als „Lebenslauf und Veränderungswissenschaft“ (Arnold 2016b) lotet die Erwachsenenbildung die Möglichkeiten und Formen eines selbstorganisierten Erwachsenenlernens aus, das von vielfältigen Lernkontexten sowie gestärkten Selbstlernkompetenzen der Teilnehmenden getragen wird und nach Wegen sucht, deren biografische Einbettung als Bedingungsvariable erfolgreicher Kompetenzentwicklung systematisch aufzugreifen.

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Technologiegetriebene Entgrenzungen: Zu den Möglichkeiten und Grenzen des selbstorganisierten – lebenslangen – Lernens

Diese nüchterne Einschätzung der Aufklärungs- und auch Professionalisierungswirkungen wissenschaftlicher Rationalität ging in der Erwachsenenpädagogik auch mit der allmählichen Lösung der vormundschaftlichen Aufklärungsansätze der Emanzipatorischen Erwachsenenbildung einher. Die in deren „Protestsystem“ zum Ausdruck kommende emanzipatorische Aufladung der wissenschaftlichen Beobachtungen erwiesen sich nämlich oft als unterkomplex und bloß begrenzt lernfähig. Der im Protestsystem gepflegte Diskursstil neigte zudem zur Grundsätzlichkeit, Entschiedenheit des Arguments und auch zur Ausgrenzung zurückhaltenderer Sichtweisen und Einschätzungen, meinte man doch, sicher zu wissen, „was sich vor dem Hintergrund der historisch erreichten Formen eines öffentlichen Moral- und Vernunftgebrauchs gehört und was nicht“ (Arnold 2014, S. 193). Ein solcher Diskursstil lädt letztlich zu einem „Kampf um die Wirklichkeit“ (Simon 2006) ein, der nicht entschieden werden kann. Erst in den letzten Jahren begannen sich die Diskurse der auch für die wissenschaftliche Weiterbildung wichtigen Sozialwissenschaften, um eine selbstreflexive Beobachtung ihrer – überlieferten – Beobachtungsformen und -begriffe zu bemühen und dabei auch die Denk- und Wahrnehmungsfallen aufzudecken, welche auch die Forschung und Theoriebildung zu einer letztlich bloß selektiven Wahrnehmung verkommen lassen. Insbesondere ist das Verhältnis von Theorie, Moral und Interesse

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bis zum heutigen Tag noch immer nicht befriedigend geklärt – eine Wunde, in welche Jochen Kade bereits 1999 in einem viel zu wenig beachteten Beitrag seinen Finger legte. Nüchtern konfrontierte er dabei die Erwachsenenpädagogik mit der „Destruktion des normativen Verständnisses von Erwachsenenbildung“ (Kade 1999, S. 533) und fordert sie auf, ihre Selbstbeschreibung im „Protestsystem“ zu überwinden, um sich im – lernfähigeren – „Wissenschaftssystem“ überzeugender zu verwurzeln: Vor dem Hintergrund der Erschöpfung dieser Protestargumentationen öffneten sich auch die didaktischen Konzepte einer Wissenschaftlichen Weiterbildung mehr und mehr gegenüber den Bildungstechnologien und den durch sie geschaffenen Möglichkeiten zur Inszenierung und Offerte berufsbegleitender Formen eines selbstorganisierten wissenschaftlichen Weiterlernens, welches seinen Ausgangspunkt und seine Rückbindung bei den lernenden Subjekten selbst und ihrer biografischen Einbettung findet. Dabei entstand keine neue „Online-Pädagogik“, vielmehr wurden die oben erwähnten Einblicke in die Bedingungen und Möglichkeiten eines nachhaltigen Lernens aufgegriffen, indem man sich nüchtern die Frage zu stellen begann: Welche digitalen Vernetzungsmöglichkeiten und Services unterstützen das selbstorganisierte Erwachsenenlernen und welche nicht? Letztlich entstanden daraus auf der Grundlage nüchterner Analysen und Prüfung Multimode-Konzepte, in denen auch die klassische Form der Begegnung ihren Stellenwert stets in den thematischen Kontexten behielt, in denen es um Anverwandlung, Vergleich und Austausch untereinander sowie mit Lehrenden und Lernbegleitern ging (siehe Beitrag Rohs und Weber in diesem Band). Zwar ist jedes Lernen im Kern eine Selbstbewegung, doch gibt es Lernbewegungen, in denen Lernende von der Begleitung (weniger allein von dem Wissensvorsprung) eines Lernbegleiters profitieren können. Dieser unterstützt sie zu ihren eigenen Bedingungen in ihrer Suchbewegung und übernimmt eine Art Lotsenfunktion in Anbetracht der Vielfalt der möglichen Lernwege. Die Rede ist in diesem Zusammenhang von einer Personalisierung der Bildung – eine Zielrichtung, die man früher als Differenzierung (i. S. differenzierter Bezugnahme auf unterschiedliche Vorstrukturen und Bedürfnislagen der Lernenden) bezeichnet hat. Im Zusammenhang mit der „Digitalen Bildungsrevolution“ (Dräger und Müller-Eiselt 2015) ergeben sich neue Möglichkeiten für eine solche Differenzierung. „Die heutige Einheitsbildung ist nicht die richtige Antwort auf die Vielfalt der Lernenden; dazu sind die Bedürfnisse des Einzelnen zu verschieden. Die Homogenität, auf die unsere Schulen traditionell ausgerichtet sind, ist längst zur Illusion geworden. (. . .) Durch Digitalisierung ist Bildung für alle und personalisiertes Lernen für den Einzelnen erreichbar – und bezahlbar“ (Dräger und Müller-Eiselt 2015, S. 37, 40).

Die Autoren kratzen an dem Selbstverständnis der Hochschulen und Universitäten und stellen deren Monopol für den Zugang zu akademischer Bildung und Abschlüssen in Frage. Ihre Prognose ist, dass im Zuge der Digitalisierung der Bildung „kein Stein auf dem anderen (bleibt)“ (Dräger und Müller-Eiselt 2015, S. 155 ff.), da sich der Trend in Richtung Potenzialerschließung, Talentförderung

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Die 10 D einer digitalen Lernorganisation im Vergleich mit der analogen Bildung Lernorganisation

analog

Digital

Distribuierung

Häufig nach dem Anwesenheits- und Versammlungsmodell nur Teilnehmenden zugängliche Lerninhalte Anforderungsniveau sowie Lerngeschwindigkeit richtet sich nach den mittleren Lernenden

Schnelle und prinzipiell weltweite Bereitstellung der relevanten Inhalte (bis hin zu einer Open-ContentRegelung) Es sind differenzierte bzw. personalisierte Angebote möglich, die an bisheriger Lerngeschichte und jeweiligen Lernerfahrungen anschließen Gerade für bildungsfernere Zielgruppen eröffnen sich neue Wege einer höheren (z. B. berufsbegleitenden und vorhanden Kompetenzen anerkennenden) Bildung Die im Bildungssystem wirksamen Selektionsmechanismen können umgangen oder kompensiert werden, indem Wege eines selbstgesteuerten Lernens genutzt werden (können) Auch die Sozialen Medien eröffnen Möglichkeiten der Vernetzung (z. B. Peer-to-Peer-Groups, Lerngruppen), in denen auch ein Feedback zur eigenen Form des Verhaltens im Umgang mit anderen gewährleistet werden kann Diese Souveränität im Umgang mit überlieferten Deutungen und Konzepten ist nicht auf die Zusammenkunft aller Lernenden angewiesen, sie kann auch im Umgang mit Internettexten bzw. auf Lernplattformen gelernt werden Begriffssicherheit und Begriffstiefe werden durch Surfen im Internet eher übersprungen, sie können aber durch eine gezielte Auseinandersetzung in Lernprogrammen oder Chats geschärft werden Die Fähigkeit zur Selbstdistanzierung und Hinterfragung kann auch im Selbststudium oder durch virtuell angeleitete und begleitete Selbstreflexionen gestärkt werden Auch die Social Media eröffnen Möglichkeiten eines gehaltvollen Dialogs Kompetenzen können auch digital (z. B. durch Peerto-Peer-Evaluation) beurteilt und zertifiziert werden

Differenzierung Durchlässigkeit

Demokratisierung

Development

Dekonstruktion

Definitionssicherheit

Distanzierung

Dialog Degree

Vielfach eingeschränkt durch Milieuzugehörigkeit, erworbene bzw. versäumte Bildungsabschlüsse sowie Einkommen- und Lebenssituation Eine nach wie vor wirksame soziale Selektion bei Zugang zu und Aufstieg durch Bildung widerspricht dem grundlegenden Gebot der Gleichheit der Bildungschancen Die Entwicklung der Persönlichkeit setzt Selbstreflexion und die Auseinandersetzung mit anderen voraus – beides findet üblicherweise in den Face-to-face-Kontexten eines sozialen Lernens statt Professionalisierung setzt die Fähigkeit zum Umgang mit Wissen, dessen Nutzung und Weiterentwicklung/ Aktualisierung voraus

Gelingende Bildung und Kompetenzentwicklung setzen Begriffssicherheit und Begriffstiefe voraus. Diese werden im Face-to-Face-Kontakt sowie in der anspruchsvollen Lektüre eingeübt Die Fähigkeit zur Selbstdistanzierung und kontinuierlicher Hinterfragung liebgewonnener Vorstellungen werden in seminaristischen Kontexten eingeübt Wirkliche Dialoge setzen die Präsenz an gemeinsamen Lernorten voraus Öffentlich verantwortete Bildung setzt ein staatliches bzw. gesellschaftlich verantwortetes Zertifizierungsmonopol voraus

Abb. 1 Von der analogen zur digitalen Weiterbildung (Arnold 2017, S. 79)

und Personalisierung von Bildung unaufhaltsam weltweit durchsetzt. Dabei erweist sich die digitale Lernorganisation unterm Strich häufig als leistungsfähiger im Hinblick auf die Umsetzung wichtiger Maßgaben eines flexiblen Lebenslangen Lernens und gleichzeitig auch einer aufsuchenden Wissenschaftlichen Weiterbildung, wie folgender Abgleich der „10 D einer digitalen Lernorganisation“ nahelegt (vgl. Abb. 1). Dieser Abgleich zeigt zugleich: Bildung ist niemals digital. Sie ist und bleibt ein subjektiver Transformationsprozess, dessen Gelingen von zahlreichen Prädispositionen des Einzelnen sowie auch – aber in dieser Reihenfolge der Gewichtung – vom didaktischen Arrangement des Kontextes abhängig ist. Es ist diese Kontextgestaltung, bei der die Digitalisierung neue Zugänge zu Lerninhalten ermöglichen und auch neuartige Formen der Vernetzung mit anderen ermöglichen kann. Damit diese vielfach komfortabler zugänglichen, aufsuchenden sowie differenzierteren Formen des Umgangs mit Wissen sich tatsächlich kompetenzwirksam entfalten können, benötigt aber auch die digitalisierte Weiterbildung eine erwachsenendidaktische

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Konzeption, wie sie – wie oben dargestellt – seit den Anfängen der Wissenschaftlichen Weiterbildung entwickelt, diskutiert und gestaltet wurde – im Zuge des Trends von der Bildung zum Produkt jedoch mehr und mehr in Vergessenheit zu geraten drohten. Dabei vollzogen weite Teile der Wissenschaftlichen Weiterbildung eine im doppelten Sinne „technologische“ Wende: zum einen, indem sie verstärkt digitale oder virtuelle Lernplattformen zu nutzen begannen, zum andern aber auch, indem sie sich die erziehungswissenschaftlich sowie erwachsenendidaktisch überwundenen Formen einer Instruktionspädagogik der 1970er-Jahre wieder aufleben ließen. Dadurch verblieben diese dem Dunstkreis des Inputdenkens verhaftet, den zu verlassen sich die kompetenzdidaktischen Outcome-Ansätze seit einigen Jahren bemühen. Diese Rückwärtsgewandtheit im didaktischen Konzept lähmt viele Aufbrüche, die sich im Kern darauf beschränken, „Inhalte online zu stellen“. Worauf bei der Gestaltung von Selbstlernangeboten zu achten und wie die Selbstlernkompetenz der Nutzer gleichzeitig zu stärken ist, wird in vielen der glamourös daherkommenden Konzepte schlichtweg ausgeklammert. Die Nutzung digitaler Frames in der Wissenschaftlichen Weiterbildung entfaltet nicht nur für die Popularisierung wissenschaftlichen Wissens eine neue Dynamik, sie ermöglicht auch wirksamere Formen für eine Individualisierung und Flexibilisierung der Angebote. Im Trend zur Singularität (vgl. Kurzweil 2014) wirken die erwachsenendidaktischen Notwendigkeiten und die bildungstechnologische Möglichkeiten synergetisch zusammen. Es entstehen Formen einer „Singularitätsdidaktik“ (Arnold 2017, S. 79), welche „in ihrem Kern eine Selbstlerndidaktik (ist) – gewissermaßen eine Ermöglichungsdidaktik plus“ (Arnold 2017, S. 79). Diese folgt lerntheoretischen sowie erwachsenendidaktischen Einsichten zur notwendigen Teilnehmerorientierung eines wirksamen Lernens – eine Rückwendung zu den frühen erwachsenenpädagogischen Ansätzen der Wissenschaftlichen Weiterbildung, die erst in Ansätzen von den Protagonisten dieses Bereichs wiederentdeckt wurden. Viele irren weiterhin auf dem Holzweg des Trends von der Bildung zum Produkt orientierungslos umher und verlieren sich in insgesamt eher uninformierten und unergiebigen Konzepten.

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Wissenschaftliches Lernen und das Ende der Normalbiografie: Professionalität als „Personal Mastery“ im Umgang mit fachlich Neuartigem

Der Wandel der Normalbiografie sowie die rasant zunehmende Obsolenzquote in der Entwicklung der Wissenschaften bringen wesentliche Grundannahmen des Bildungssystems ins Wanken. Dazu zählen u. a. • die über lange Zeit nachvollziehbare Zweiteilung der akademischen Lernbewegung in eine längere Phase der wissenschaftlichen Ausbildung (Erststudium) und die nach einer gewissen Berufszeit anschließende Weiterbildung, welche oft auch als Spezialisierung nachgefragt wird (die Fortsetzungskonzeption),

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• die Vorstellung, dass es einer Wissenschaftlichen Weiterbildung im Kern lediglich um das En-Jour-Halten der Expertise (Fachkompetenz) zu gehen haben (die Aktualisierungskonzeption), und • die Vorstellung, dass mit einer vertieften Beschäftigung mit wissenschaftlichen Studien, Argumentationsformen oder Ergebnissen quasi automatisch eine Persönlichkeitsentwicklungs-Wirkung verbunden sei, für deren Erreichung keine weiteren Vorkehrungen erforderlich seien (die Bildungskonzeption). Diese Konzeptionen tragen bis zum heutigen Tag auch die Begründungen zahlreicher Konzepte und Angebote der Wissenschaftlichen Weiterbildung. Selten finden sich Argumentationen, welche das Lernen im Lebenslauf in einer Weise aufgreifen, die dieses nicht länger auf die formellen Lernprozesse eingrenzt, sondern sich auch – wie selbstverständlich – als reflexive Suchbewegung erwachsener Lernender innerhalb und außerhalb formalisierter Lernsettings zu begründen beginnt. Wissenschaftliche Weiterbildung könnte dabei neu in Erscheinung treten als Teil eines flexiblen und nachfrageorientierten Lernarrangements, in dessen Rahmen Menschen unterschiedlicher Lebensphasen Kompetenzen selbstorganisiert entfalten und in unterstützten Lernbewegungen weiterentwickeln können. Es geht bei einer solchen stärker altersphasen-unspezifischen Form des akademischen Lernens auch nicht mehr bloß um „Aktualisierung“ im Sinne einer nachbereitenden Anpassung an einen Wandel, der sich mittlerweile mehr oder weniger unbemerkt von den Unternehmen in der Forschung oder Technologieentwicklung vollzogen hat. Bereits heute sind zahlreiche Spitzenforschungen aus den Universitäten in die Forschungsabteilungen der Unternehmen abgewandert, woraus sich zumindest folgern lässt, dass die Hochschule und Universitäten längst nicht mehr die einzigen Gralshüter einer Aktualisierungskonzeption Wissenschaftlicher Weiterbildung angesehen werden sind (und vielleicht schon länger nicht mehr gewesen sind). Auch die Bildungskonzeption Wissenschaftlicher Weiterbildung sieht sich heute vor die Frage gestellt, ob fachwissenschaftliche Angebote allein wirklich die Kompetenzen zu stiften in der Lage sind, auf die es heute zunehmend bei der professionellen Gestaltung von Neuerungen ankommt. Diese Kompetenzen im Führungsalltag vieler Absolventen von Hochschulen und Universitäten sind u. a. • die Fähigkeit, selbstorganisiert Zugänge zu neuen Erkenntnissen und Ergebnissen im Bereich der eigenen Expertise zu nutzen, • die Fähigkeit, sich selbst gegenüber Neuem zu öffnen, vertraute Sichtweisen und Routinen aufzugeben und sich beständig um neue bzw. anschlussfähigere Formen der Interpretation ungewohnter Lagen zu bemühen, • die Fähigkeit mit anderen in einer Form zu kooperieren, dass diese Wertschätzung erleben, sich selbst etwas zuzutrauen lernen, aber auch akzeptieren können, dass es Absprachen, Standards sowie Erwartungen gibt, welche durch den Kontext, für den gearbeitet wird bzw. die Erwartungen der Gesellschaft, konstituiert sind, und • die Fähigkeit, sich selbst beständig neu zu erfinden – nicht komplett, aber doch in einer Form, welche die Anschlussfähigkeit gegenüber der Eigenbewegung bzw. dem Eigensinn der anderen Menschen, mit denen man es zu tun hat, erhöht.

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Persönlichkeitsbildung verändert uns nicht nur selbst, sondern führt auch zu einer Neubewertung unserer Rollen in unseren sozialen Beziehungen (vgl. Arnold 2016a). Wir erkennen dann nicht nur, welche Verwechselung wir selbst an den anderen vornehmen, sondern auch, welchen Verwechselungen wir selbst beständig ausgesetzt sind, und wir erfahren, wie wir solchen Indienstnahmen elegant ausweichen oder uns auch von ihnen abgrenzen können. Der Hintergrund für die hier skizzierten Überlegungen ist der einer systemisch-konstruktivistischen Bildungstheorie. Diese geht davon aus, dass Bildung bzw. Persönlichkeitsbildung letztlich eine Kompetenzreifung beschreiben, die mehr umfasst als ein Sich-Auskennen in Themen, Fachgebieten und Kulturbestandteilen. Bildung wird in ihrem Kern als Persönlichkeitsbildung gedacht, zumal man viel wissen kann, ohne dadurch in seiner Persönlichkeit zu wahrer Selbsterkenntnis, sozialer Resonanzfähigkeit und konstruktiver Gestaltungskraft vorangeschritten zu sein. Eine solche Persönlichkeitsbildung beschreibt den Zustand gestärkter, gezügelter und bezogener Ich-Kräfte: Wer diese Kräfte aus sich heraus entwickeln konnte, weiß, was in ihm steckt (= Stärkung), ist gleichwohl den Selbsterwartungen und den Erwartungen der Anderen nicht einfach nur ausgesetzt (= Zügelung), sondern ist insbesondere in der Lage, seine Bezogenheit auf andere sowohl „mit“ als auch „gegen“ diese so zu balancieren, dass Ichbildung und Identitätsbewusstsein gelingen können (= Bezogenheit) (vgl. Stierlin 2014, S. 57). In diesem Prozess der Persönlichkeitsbildung bewegt sich das Individuum zwischen Anpassung und Widerstand, zwischen Aneignung und Gestaltung – mit jeweils spezifischen Ausdrucksformen, die sich kaum prognostizieren und nur schwer verändern lassen. Diese Ausdruckformen bilden eine Art Basispersönlichkeit, mit der wir für andere, aber auch für uns selbst berechenbar bleiben. Der Mensch ist somit kein unvoreingenommen auf seine Umwelt blickendes Wesen; er beobachtet, schlussfolgert und reagiert vielmehr auf der Basis seiner biografisch erworbenen „Annahmen“. In dem, was in ihm ein Erkennen, eine Resonanz, eine Interpretation oder gar einen Handlungsimpuls auszulösen vermag, ist der Mensch vornehmlich von dem bestimmt, was er an Erfahrungsmustern bereits in sich trägt. Er ist ein „Erfahrungstier“, wie dies Michele Foucault auszudrücken wusste (Foucault 1996). Als solches handelt er „strukturdeterminiert“; sein Denken, Fühlen und Handeln folgen der Struktur der eigenen Deutungs- und Emotionsmuster: Er ist „lernfähig, aber unbelehrbar“ (Siebert 2015). Der Mensch ist zwar prinzipiell in der Lage, seine bisherigen Formen des Denkens, Fühlens und Handelns aufzugeben, wenn diese ihm kein weiterführendes Handeln mehr ermöglichen – auch, wenn er meist darum bemüht bleibt, seine bewährten Annahmen, Sichtweisen und Gewohnheiten lediglich zu modifizieren und an ihnen so lange, wie nur möglich festzuhalten. Doch ist er nicht nur ein Gewohnheits- und Erfahrungs-, sondern auch ein Reflexionstier! Dabei ist es jedoch keineswegs so, dass die überzeugende Kraft des besseren Argumentes bereits aufklärend zu wirken vermag – eine ärgerliche Tatsache, mit der sich alle Formen einer professionellen Erwachsenenbildung nur sehr mühsam zu arrangieren vermochten. Die Wissenschaftliche Weiterbildung steht heute vor der Aufgabe, die wesentlichen Einsichten zur Persönlichkeitsbildung aufzugreifen – Einsichten aus der

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Bildungsforschung, aber auch aus der Denk- und Wahrnehmungsforschung sowie aus dem Bereich des Emotionalen Konstruktivismus (vgl. Arnold 2012). Dabei geht es nicht um die nüchterne Erörterung der inneren Mechanismen, mit denen die Menschen sich ihre inneren Bilder, ihre Beurteilungs- und Handlungsmuster aneignen und diese zu einer authentischen Gewissheit verdichten. Ziel einer akademischen Persönlichkeitsbildung muss es vielmehr sein, die dabei zutage tretenden Einsichten pragmatisch zu wenden und zu konkreten Formen der Übung und Selbstveränderung vorzustoßen, damit Persönlichkeitsbildung als das wirksam werden kann, was sie in ihrem Kern ist: eine persönliche Weiterentwicklung zu vielfältigeren und Perspektiven eröffnenden Formen des Denkens, Fühlens und Handelns – allein und in der Beziehung zu anderen.

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Wissenschaftliche Weiterbildung: die hochschulstrategische Zukunftsvision

Zunehmende Bedeutung gewannen in den letzten beiden Jahrzehnten postgraduale Angebote zur – beständigen – Weiterbildung der Absolventinnen und Absolventen zu den jüngsten Entwicklungen in der eigenen Fachrichtung oder zur berufsbegleitenden Weiterbildung in die Frage eines angestrebten oder tatsächlichen Tätigkeitsfeldes. Dabei musste u. a. die vertraute Unterscheidung zwischen Ausbildung und Weiterbildung bzw. zwischen grundständigem Studium und weiterbildendem Studium aufgegeben werden, denn diese entstammt einem linearen Biografiemodell, welches den riskanten Biografiemustern moderner Gesellschaften immer weniger zu entsprechen scheint. Anregend ist in diesem Zusammenhang der Hinweis von Ortfried Schäffter, dass sich die Muster und Lernkulturen der modernen Bildungssysteme in gesellschaftlichen Transformationsprozessen grundlegend wandeln (Abb. 2). So entsprechen z. B. die vertrauten „linearen Transformationsmuster“ (Motto: „Qualifizierung für eine bekannte Zukunft“) in vielen Bereichen schon länger nicht mehr der Realität, obgleich sie die mentalen Modelle von Bildungspolitikern und Lehrenden nach wie vor prägen. Demgegenüber haben sich in den modernisierten Gesellschaften der Welt mehr und mehr Transformationsmuster herausgebildet, die Schäffter als „reflexiv“ beschreibt. Kennzeichnend für diese Transformationsmuster ist dabei ein Ausgangslage Kompetenzziele Lernmodell

Lernkultur

bekannt

bekannt

lineare Transformation

unbekannt

bekannt

bekannt

unbekannt

unbekannt

unbekannt

A Curriculares Modell („Qualifizierung für spätere Verwendungssituationen“) B Aufklärungsmodell („Initiierung in Überlieferung bzw. erreichte Fachlichkeit“) C Suchbewegungsmodell („Unterstützung von Professionalisierung“) D Kompetenzreifung („Persönlichkeitsbildung zur Gestaltung von Unsicherheit“)

Abb. 2 Wandel der Lernkulturen (nach Schäffter 2001, S. 29)

reflexive Transformation

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Verständnis von den Aufgaben und Möglichkeiten nachhaltiger Kompetenzentwicklung, „(. . .) das nicht mehr unmittelbar Verantwortung übernehmen kann für die Lernziele und -inhalte der Teilnehmer, sondern sich als Förderung von Selbstlernprozessen und als ‚entwicklungsbegleitendes Lernen‘ versteht. Statt Lernorganisation ausschließlich nach der ‚Instruktionslogik‘ (‚Wie kommt man effizient von A nach B?‘) zu arrangieren, geht es zunehmend mehr um ein Initiieren-Aufbauen-Ausgestalten und Unterstützen von Entwicklungsverläufen (. . .)“ (Schäffter 2001, S. 30).

Diese Argumentation wirft auch für die Gestaltung der Hochschulbildung im Kontext gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Transformationsprozesse grundlegende Fragen auf. Wir können nicht so weiter machen wie bisher, sondern sind kontinuierlich mit der Frage konfrontiert, die der MIT-Organisationsforscher Peter Senge in die Worte fast: „Do we protect the ways of the past or join in creating a different future?“ (vgl. Senge et al. 2008, S. 8). Sicherlich: Es gibt auch hier kein lineares Fortschreiten von A nach D. Was man aber mit einiger Sicherheit beobachten kann, ist die Tatsache, dass A- und B-Modelle in der Wissenschaftlichen Weiterbildung als Monomodelle kaum mehr in Gebrauch sind, während seit den 1990er-Jahren in nahezu allen Bereichen die Cund D-Modelle auf dem Vormarsch sind. Für die Hochschulen könnten sich aus diesen Verschiebungen auch eine Neupositionierung des weiterbildenden Studiums im Kontext der Bologna-Unterscheidung zwischen Bachelor- und Masterausbildung ergeben, wie ich diese kürzlich als „Hochschulentwicklungsstrategie der Zukunft“ vorgeschlagen habe (vgl. Arnold 2016b). Der Kerngedanke eines solchen Y-Modells ist, dass die Hochschulen und Universitäten, die sich sowohl mit dem Konzept der Berufsorientierung, als auch mit dem der Kompetenzorientierung schwer tun, „(. . .) die prinzipiell gleichwertigen Möglichkeiten eines postgradualen Masters verstärkt ausbauen (sollten). Diese Perspektive würde es vielen Bachelorabsolveten – zunächst ermöglichen, ihre Kompetenzen in einer ersten Berufsphase zu vertiefen, um später in einem von ihrer Hochschule vorgehaltenen weiterbildenden Studium den gewünschten Masterabschluss abzulegen. – Der Hochschule wiederum würde eine solche Option die Möglichkeit geben, sich in der (grundständigen; R.A.) Masterphase verstärkt auf die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses in einer überschaubaren Kohorte zu konzentrieren. Sie wäre aber gehalten, beide Masterprogramme gleichermaßen verantwortlich zu betreuen“ (Arnold 2016b, S. 37).

Weiterführend scheint mir an einem solchen Vorschlag zu sein, dass er der Neujustierung der – sich auflösenden – Unterscheidung zwischen Aus- und Weiterbildung durch eine curriculare Integration Rechnung zu tragen versucht: Liegt die Zukunft der wissenschaftlichen Weiterbildung nicht möglicherweise wirklich in ihrer Auflösung in einem durchdachten Konzept des – gleichermaßen berufsorientiert, wie akademischen – Lebenslangen Lernens?

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Das Missverhältnis zwischen Allgemein- und Berufsbildung, welches sich auch in den Abwehrbewegungen der Hochschulbildung gegenüber beruflicher Bildung rekonstelliert, basiert allerdings auf der Ideologie von der notwendigen Zweckfreiheit jeglicher wirklichen Persönlichkeitsbildung, die unbewiesen, aber folgenreich in ihrer bis zum heutigen Tage exkludierenden Wirkung ist. Allen, die auch heute noch in dieses Horn stoßen, seien die Texte der berufspädagogischen Klassiker (Kerschensteiner, Spranger, Litt) an Herz gelegt, aber auch eine Befassung mit den berufspädagogischen Kompetenzforschungen seit den 1980er-Jahren könnte hier so manche Verblendung aufklären. Letztlich geht es nämlich um die strategischdidaktische Frage, durch welche Such- und Denkbewegungen die Fähigkeiten zur selbstorganisierten Gestaltung neuartiger Probleme gefördert werden kann, aber auch, welche sie eher behindern. Angezeigt ist der nüchterne Blick auf die Kompetenz – auch jenseits der bescheinigten Bildungsniveaus, da Menschen oftmals etwas können, was sie offiziell gar nicht können dürften. Auch die persönlichkeitsbildende Kraft beruflicher Erfahrung und Bewährung – ein erwachsenen- und berufspädagogischer Gemeinplatz! – berechtigt uns zur Öffnung der Hochschule und zur Zertifizierung vorhandener Kompetenzen, statt der Bescheinigung erfolgreich absolvierter Beschulungszeiten. Wie heißt es im Europäischen Qualifikationsrahmen in nahezu revolutionärer Zuspitzung? Notwendig sei eine „Abkehr vom traditionellen Ansatz, bei dem Lerninputs wie Dauer einer Lernerfahrung oder Art der Einrichtung im Mittelpunkt stehen“ (EQR 2008).

Zudem legen uns die neueren Lern- und Hirnforschungen die Beschäftigung mit dem Sachverhalt nahe, dass, wenn es stimmt, dass Wissen und Kompetenzen nicht vermittelt, sondern von jedem Lernenden bloß selbstständig angeeignet und entwickelt werden können, wir auch die Frames der Wissenschaftlichen Weiterbildung dringend auf den Prüfstand stellen müssen. Auch in den Hochschulen und Universitäten können wir deshalb nicht so weiter machen, wie bisher. Dringend muss auch in der Hochschuldidaktik der Lernende in das Zentrum der akademischen Kompetenzentwicklung gerückt werden, wo ihn die Erwachsenenpädagogik und mit ihr zahlreiche Ansätze der wissenschaftlichen Weiterbildung seit jeher verordnet haben. Seit den 1980er-Jahren folgt die Erwachsenendidaktik dieser Linie, indem sie das Lernen „im Modus der Auslegung“, als „Suchbewegung“ auf dem Weg zur „Identität und Kompetenz“ und als „Transformation von Alltagswissen“ sowie eine Expansion bzw. Stärkung von Ich-Kräften“ systematisch erforscht, begleitet und theoriebildend beschreibt und dabei einer intransitiven Pädagogik folgt, wie sie von den allermeisten Hochschullehrenden allerdings noch nicht im Ansatz verstanden worden ist. Ein Defizit der besonderen Art kann darin gesehen werden, dass die Hochschulen sich zwar notgedrungen den Tendenzen einer outcome-orientierten Kompetenzentwicklung mehr und mehr stellen, diese Anpassungsbewegung allerdings bei gleichzeitigem Festhalten an den Standards der Input-Welt (curriculare Standards, Modulhandbücher etc.) bewerkstelligen zu können glauben – ein Spagat, der sie immobil und gespreizt erscheinen lässt. Nur sehr vereinzelt lassen sich Ansätze oder gar Bewegungen identifizieren, mit denen mutig Neuland beschritten wird, indem

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R. Arnold

– weiterbildende Studiengänge sich nachvollziehbar an Kompetenzprofilen orientieren, – man durch Profilpass- oder Portfolioansätze die Eigenaktivität der Lernenden bei ihrer Annäherung an geforderte Standards unterstützt und begleitet, – den Defizitblick auf die Lernenden überwindet und ihre informell erworbenen Kompetenzen identifiziert und zertifiziert und – Prozesse der selbstgesteuerten Aneignung in Oncampus- und OffcampusArrangements unterstützt werden und die strategischen Aspekte des Selbststudiums, der Entgrenzung, der neuen Prüfungsformate und der Virtualisierung stärker in den Fokus der Entwicklung von Hochschulen und Universitäten rücken. Die Frage nach möglicherweise speziellen strukturellen Lösungen und Organisationsformen für die wissenschaftliche Weiterbildung tritt dabei mehr und mehr zurück hinter die Frage, ob Hochschulen und Universitäten sich diesen vier strategischen Themen der akademischen Lernkulturentwicklung widmen oder weitermachen, wie bisher – die Rituale einer wissenschaftlichen Wissensvermittlung zelebrierend, deren didaktische Tiefenwirkung nur behauptet, nicht jedoch belegt ist.

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Disziplinäre Blickwinkel auf die Wissenschaftliche Weiterbildung

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Ziele und Aufgaben wissenschaftlicher Weiterbildung Burkhard Lehmann

Inhalt 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Zum Grundverständnis wissenschaftlicher Weiterbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Arbeitsmarkt- und Berufsorientierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Weiterbildung als Geschäftsfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Demokratie und Mündigkeit als Ziel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Sozialpolitische Vorstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Weiterbildung als Partizipation und Inklusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Inkubator der Studienreform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Das erweiterte Verständnis wissenschaftlicher Weiterbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Zusammenfassung

Die Vorstellungen darüber, welchen Zielen die wissenschaftliche Weiterbildung folgt und welche Aufgaben sie erfüllen soll, gehen weit auseinander. Sie schließen an Positionen des Humankapitalansatzes ebenso an, wie an Auffassungen, die sich den Ideen der Aufklärung und Emanzipation verpflichtet fühlen. Welche Vorstellung den entscheidenden Akzent davonträgt, steht unmittelbar mit dem jeweiligen Grundverständnis wissenschaftlicher Weiterbildung im Zusammenhang. Dieses Grundverständnis hat in den zurückliegenden Jahren eine substanzielle Erweiterung erfahren. Mit der bildungspolitisch initiierten Hochschulöffnung gegenüber beruflich Qualifizierten hat eine neue Akzentsetzung Einzug in den Diskurs um die Weiterbildung an Hochschulen gehalten. Ziel der wissenschaftlichen Weiterbildung

B. Lehmann (*) Zentrum für Fernstudien und Universitäre Weiterbildung, Universität Koblenz Landau, Koblenz, Deutschland E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 W. Jütte, M. Rohs (Hrsg.), Handbuch Wissenschaftliche Weiterbildung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-17643-3_4

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soll es nunmehr auch sein, Bildung zum Zweck der Teilhabe und Inklusion fruchtbar zu machen. Schlüsselwörter

Humankapital · Verfallsraten des Wissens · Aufklärung durch Wissenschaft · Offene Hochschule · Wissensökonomie

1

Einleitung

Die wissenschaftliche Weiterbildung hat trotz „unlösbarer Dilemmata“, die ihr attestiert wurden (Wilkesmann 2010), in den zurückliegenden Jahren und Jahrzenten einen enormen Bedeutungszuwachs für das Hochschulsystem erfahren, der kaum zu unterschätzen ist. Sie ist Inkubator für die Entwicklung neuer Studienformate, Wegbereiter der Erschließung neuer Zielgruppen, Motor der Digitalisierung und Brücke zwischen den beruflichen und akademischen Ausbildungssystemen und Instrument zur Einlösung von mehr Chancengerechtigkeit. Der Eindruck, dass Forschung und Lehre die legitimen Geschwister im Hochschulsystem sind, währenddessen die Weiterbildung einem ungeliebten Stiefkind entspricht, ist insofern stark korrekturbedürftig. Vor allem mehren sich die Anzeichen dafür, dass die von den Hochschulen verantwortete Weiterbildung erheblich an Dynamik gewinnt, sie ein gestärktes Selbstbewusstsein an den Tag legt und eine Phase des Aufschwungs und des Aufbruchs erlebt. Ablesen lässt sich das an der gewachsenen Zahl von weiterbildenden Einrichtungen in der Hochschullandschaft ebenso, wie an den immer umfangreicher werdenden Programmangeboten, die fast alle an den Hochschulen angebotenen Fächer abdecken. Auch die Sichtbarkeit der wissenschaftlichen Weiterbildung hat deutlich zugenommen, was nicht heißt, dass ihr Steigerungspotenzial damit auch schon ausgeschöpft wäre. Einen Mangel an Vorstellungen darüber, welchen Zielen die wissenschaftliche Weiterbildung folgt und welche Aufgaben sie bearbeiten soll, gibt es nicht. Das liegt schon allein daran, dass jede einzelne Weiterbildungsorganisation über einen eigenen Organisationsmythos verfügt, der erklärt, welches Ziel die Organisation verfolgt und zu welchem Zweck und welchen Aufgaben sie ersonnen wurde. Zugleich liegen eine Vielzahl von Verlautbarungen und Empfehlungen zur wissenschaftlichen Weiterbildung vor, die Vorstellungen und Ideen unterschiedlicher Anspruchsgruppen zu Zielen und Aufgaben zum Ausdruck bringen. Die wichtigsten Positionspapiere, die in den letzten Jahren und Jahrzehnten entstanden sind, stammen aus der Feder der Kultusministerkonferenz (KMK 2001), der Hochschulrektorenkonferenz (HRK 2008) und dem Wissenschaftsrat (1983, 1997). Ergänzt werden sie durch Einlassungen parteinaher Organisationen (Borgwardt 2016), der Unternehmerverbände (BDA 2003, 2007, 2013) und der Gewerkschaften (Faulstich und Oswald 2010), DGB (2012). Das verbindende Element der herausgegebenen Stellungnahmen ist, dass ihnen ein weithin geteiltes Grundverständnis von wissenschaftlicher Weiterbildung zugrunde liegt, das in den Diskurs um die Weiterbildung an Hochschulen eingegangen

Ziele und Aufgaben wissenschaftlicher Weiterbildung

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ist und eine Art von Arbeitsgrundlage für die Weiterbildungsorganisationen darstellt, auf die man sich legitimatorisch beziehen kann.

2

Zum Grundverständnis wissenschaftlicher Weiterbildung

Der Begriff „wissenschaftliche Weiterbildung“, der vielfach definiert worden ist (vgl. u. a. Wolter 2005, 2011; Faulstich et al. 2007; Weber 2006) geht von der Voraussetzung aus, dass ein Bildungssegment identifiziert und beschrieben werden kann, das sich trennscharf von allen anderen Segmenten des Bildungsbereiches unterscheidet und daher einen Anspruch darauf hat, separat bearbeitet zu werden.1 Es wird unterstellt, dass die besondere Art der Bildung ein Proprium von wissenschaftlichen Institutionen, d. h. vor allem von Universitäten und Hochschulen ist.2 Diese sind Teil des Erziehungssystems und betreiben Bildung und Ausbildung im Medium der Wissenschaft. Insofern gilt rein formal betrachtet, dass die von diesen Einrichtungen angebotene Weiterbildung dem Kriterium der Wissenschaftlichkeit genügt. Das schließt allerdings nicht aus, dass auch außerhalb der Hochschulen Bildungsmaßnahmen angeboten werden, die wissenschaftlich sind und innerhalb der Hochschule Veranstaltungen stattfinden, die dem Standard der Wissenschaftlichkeit nicht gerecht werden. Die Verknüpfung von Hochschule und Wissenschaftlichkeit ist daher nicht exklusiv, zumal es auch hochschulnahe und hochschulförmige Institutionen gibt, die ebenfalls Weiterbildungsangebote mit wissenschaftlichem Charakter unterbreiten.3 Ein Charakteristikum der Bildungsorganisation Hochschule ist, dass die von ihr vergebenen Bildungsabschlüsse einer gestuften Logik folgen. Das gilt spätestens seit der Umsetzung des Bologna-Prozesses, der die Stufenlogik zum Ordnungsprinzip der Studienangebote macht. Den Ausgangspunkt bildet bekanntlich der Bachelorgrad als eine Art von Basisqualifikation, an die alle weiteren akademischen Grade, die erworben werden können, anschließen. In dieser Logik aufeinander aufbauender Bildungsabschlüsse wird Weiterbildung gewissermaßen an der „End of Pipe“ verortet, da sie in aller Regel einen ersten berufsqualifizierenden Hochschulabschluss voraussetzt. Kuper, Kaufmann und Widany behaupten dagegen: „Trotz (. . .) eines gegenwärtigen nationalen und internationalen Bedeutungszuwachses gibt es kein einheitliches Verständnis von ‚wissenschaftlicher Weiterbildung‘, weder mit Blick auf inhaltliche noch auf organisatorische bzw. institutionelle Kriterien“ (Kuper et al. 2016, S. 22). Sie sind auch der Meinung, dass wissenschaftliche Weiterbildung keine eigenständige Kategorie darstellt und unter die Unterscheidung zwischen formaler und non-formaler Bildung zu subsumieren ist. „Innerhalb dieser beiden Kategorien ist „wissenschaftlich“ ein ergänzendes Attribut“ (Kuper et al. 2016, S. 80). 2 Gelegentlich werden Hochschulen nicht zu den wissenschaftlichen Einrichtungen gezählt, da ihnen (bislang noch) das Promotionsrecht fehlt. Diese Statusdifferenz soll hier unberücksichtigt bleiben. 3 Der Wissenschaftsrat hat im Zusammenhang mit der Diskussion um Franchise-Modelle Ausführungen zur „Hochschulförmigkeit“ (Wissenschaftsrat 2017) gemacht. 1

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Das Grundverständnis der wissenschaftlichen Weiterbildung schließt mit dieser Einordnung in die Systematik der akademischen Abschlussarten an Traditionsbestände, namentlich die Vorstellungen des „Deutschen Bildungsrates“ an. Der hatte bereits 1970 mit programmatischen Anspruch formuliert: Weiterbildung ist die „Fortsetzung oder Wiederaufnahme organisierten Lernens nach Abschluss einer unterschiedlich ausgedehnten Ausbildungsphase (. . .). Das Ende der ersten Bildungsphase und damit der Beginn möglicher Weiterbildung ist in der Regel durch den Eintritt in die volle Erwerbstätigkeit gekennzeichnet (. . .). Das kurzfristige Anlernen oder Einarbeiten am Arbeitsplatz gehört nicht in den Rahmen der Weiterbildung“ (Deutscher Bildungsrat 1970, S. 197). Im Sachstands-und Problembericht zur wissenschaftlichen Weiterbildung der „Kultusministerkonferenz“ (KMK) von 2001 heißt es mit direktem Bezug zur Weiterbildung an Hochschulen: Sie „ist die Fortsetzung oder Wiederaufnahme organisierten Lernens nach Abschluss einer ersten Bildungsphase und in der Regel nach Aufnahme einer Erwerbs- oder Familientätigkeit, wobei das wahrgenommene Weiterbildungsangebot dem fachlichen und didaktischen Niveau der Hochschule entspricht“ (KMK 2001, S. 2). Zugleich wird darauf verwiesen, dass das Angebot der wissenschaftlichen Weiterbildung „neben Forschung und Lehre zu den Kernaufgaben der Hochschulen (gehört). Die Hochschulen erfüllen diese gesetzliche Verpflichtung im Rahmen ihres Auftrags durch eigene hochschultypische, qualitativ hochstehende Angebote der wissenschaftlichen Weiterbildung. Sie können sich ebenso an Maßnahmen anderer Träger (z. B. private Hochschulen oder sonstige Bildungseinrichtungen) beteiligen“ (KMK 2001, S. 3). Wissenschaftliche Weiterbildung ist damit in erster Linie als eine Form von postgradualer Bildung definiert.4 Von ihr wird erwartet, dass sie „in der Regel an berufliche Erfahrungen“ anknüpft (KMK 2001, S. 3). Diese allgemeine Beschreibung von wissenschaftlicher Weiterbildung, liefert einen ersten Hinweis auf die ihr zugeschriebenen Ziele und Aufgaben. Ziel der wissenschaftlichen Weiterbildung soll es offenbar sein, primär der Weiterqualifizierung von Akademikern zu dienen, also denen, die bereits einen ersten Hochschulabschluss erworben haben. Zugespitzt formuliert, zielt die wissenschaftliche Weiterbildung auf die Weiterbildung von Akademikern durch Akademiker ab. Die außerdem ins Spiel gebrachte „Berufsorientierung“ bringt zum Ausdruck, dass eine Verbindung zwischen akademischem Wissen und Berufserfahrungen, d. h. also zwischen Theorie und Praxis hergestellt werden soll. Daraus ergibt sich die von den Bildungsorganisationen einzulösende Aufgabe, Programme und didaktische Konzepte zu entwickeln, die die im Anschluss an die Hochschulbildung erworbene Berufserfahrung aufgreifen, reflektieren oder in anderer geeigneter Weise zum Thema machen.5

4

Die Anknüpfung an einen ersten berufsqualifizierenden Hochschulabschluss wird indessen nicht als Ausschlussregel gesehen, sondern eingeräumt, dass es auch eine wissenschaftliche Weiterbildung gibt, die keinen vorgängigen Hochschulabschluss zwingend zur Voraussetzung hat. 5 Ein solches Konzept besteht beispielsweise im Rückgriff auf Schön (1983) und den reflektierten Praktiker.

Ziele und Aufgaben wissenschaftlicher Weiterbildung

3

83

Arbeitsmarkt- und Berufsorientierung

Die der wissenschaftlichen Weiterbildung zugedachte Aufgabe, die beruflichen Erfahrungen ihrer Teilnehmenden aufzugreifen und in die Bildungsmaßnahmen einzubinden, weist sie als eine Form der Bildung aus, die sich an den Erfordernissen der Berufswelt und dem Arbeitsmarkt orientiert. Die Verbindung zwischen der akademischen Sphäre und der Berufswelt wird über das Konstrukt „Wissen“ hergestellt.

3.1

Wissen als Rohstoff und Vermögen

In den postindustriellen Gesellschaften gilt Wissen als der Rohstoff des 21. Jahrhunderts (vgl. u. a. Lane 1962; Bell 1973; Stehr 1994; Kreibich 1986; Maasen 2006). Es soll primärer Produktionsfaktor des Wirtschaftssystems sein und an die Stelle der (Ware) Arbeitskraft treten, die einstmals das Industriezeitalter bestimmte. In der postindustriellen Wissensökonomie wird Arbeit zur Wissensarbeit. Die Produktion und Distribution von Wissen nimmt den zentralen Stellenwert ein und verschafft Bildung damit eine Schlüsselposition. Für die wissenschaftliche Weiterbildung bedeutet dies, dass ihr die Aufgabe zufällt, an der Bestanderhaltung und Erneuerung des Wissens mitzuwirken, damit das Wissen seine Funktion als Produktivkraft einlösen und bewahren kann. Dieser Aufgabenzuschreibung liegt die These zugrunde, dass die Gültigkeit des Wissens immer nur von beschränkter Dauer ist und wir es mit einer „Halbwertzeit oder Erosion des Wissens“ zu tun haben. Dieses Grundphänomen betrifft vorgeblich jede Art von Wissen. Das heißt: Auch das akademische Wissen soll einem beständigen Veralterungsprozess unterliegen. Diese Obsoletierung, so lautet das zentrale Argument, ist das Ergebnis eines permanenten Erkenntnisfortschritts, der in der jüngeren Wissenschaftsentwicklung erheblich an Dynamik zugenommen haben soll. In der Konsequenz führt der Prozess dazu, dass das Wissen stetig erweitert und erneuert werden muss. Es ist diese unaufhaltsam fortschreitende „Verjüngung des Wissens“, die es erforderlich macht, die einmal erworbenen Wissensbestände in periodischen Abständen an den aktuellen Stand der Erkenntnisse anzupassen. Das „Wissen veraltet immer schneller – und deswegen verlieren bereits absolvierte Ausbildungen auch immer rascher an Wert. Dies gilt für den Computerkurs genauso wie für ein Universitätsstudium. Der wissenschaftliche Fortschritt, aber auch der steigende Bedarf an fächerübergreifenden Qualifikationen stellen Akademiker vor Herausforderungen, bei deren Bewältigung das einfache Studium nicht mehr ausreicht. Zwischen den beruflichen Anforderungen und dem veraltenden Wissen aus dem Studium klafft mit der Zeit eine immer größere Lücke“.

3.1.1 Juvenilisierung des Wissens Die Verfallsmetapher des Wissens bedeutet, dass es das Ziel der Organisatoren von wissenschaftlicher Weiterbildung sein muss, Kompensationsleistungen anzubieten, die die über die Zeit entstandene Wissensdefizite ausgleichen und das veraltete Wissen an den aktuellen Stand anpassen. „Durch lebenslanges Lernen, so sieht es

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u. a. die KMK, kann die notwendige Aktualisierung des Wissensstandes gesichert werden“ (KMK 2001 S. 2). Der wissenschaftlichen Weiterbildung wird damit die Aufgabe zu Teil, eine Art von „Jungbrunnen“ des akademischen Wissens zu sein und als Instrument des Anpassungslernens zu dienen. Die postgraduale Bildung zielt auf die Reparatur und ggfs. den Austausch des Wissens ab, das in seinem Gebrauch nutz- und wertlos geworden ist. Aus einer Logik des Verfalls kommt es darauf an, den vom Verlust des Gebrauchswertes ihres Wissens betroffenen oder bedrohten Akademikern eine intellektuelle „Frischzellenkur“ anzubieten. Davon profitiert auch die Wissensökonomie (Moldaschl und Stehr 2010; Kajetzke und Engelhardt 2010). Für sie ist wissenschaftliche Weiterbildung ein Instrument der Runderneuerung, das das Wissen als zentrales Betriebsmittel des Wirtschaftens permanent „on jour“ und damit gebrauchsfähig hält. Eine häufig vernehmbare Forderung in diesem Zusammenhang ist, dass wissenschaftliche Weiterbildung dazu beitragen soll, dem prognostizierten Fachkräftemangel (Schultze 2017) entgegenzuwirken. Es ist durchaus nicht klar, welche Berufsgruppen von dem Mangel tatsächlich betroffen sind und ob Akademiker überhaupt auf der Liste der künftig fehlenden Mitarbeitenden stehen, die vergeblich gesucht werden. Der Weiterbildung wird jedenfalls das Potenzial zugetraut, an der Bereitstellung von hochqualifizierten Arbeitskräften für den Wirtschaftsstandort durch geeignete Schulungsmaßnahmen und Bildungskonzepte mitzuwirken. In eine ähnliche Richtung zielen Verlautbarungen, nach denen die wissenschaftliche Weiterbildung sich in die Bearbeitung der Probleme einbringen soll, die durch den demografischen Wandel hervorgerufen werden. Die rückläufige Geburtenrate und der immer größer werdende Anteil der älteren Bevölkerung lassen es nicht nur geboten scheinen, die Lebensarbeitszeit zu verlängern, sondern auch Bildungsprogramme aufzulegen, die vor allem älteren Mitarbeitenden von Unternehmen helfen, mit den aktuellen und gestiegenen beruflichen Anforderungen Schritt zu halten. Wenn in der Vergangenheit die Strategie zur Verjüngung des Wissens darin bestanden hat, die ältere durch eine jüngere Belegschaft auszutauschen – Wolter und Geffers (2013, S. 6) sprechen hier von einem „deutschen Modell der Personalentwicklung“, muss heute die Personalentwicklung von Unternehmen in der Weiterbildung des älteren Personals und nicht in dessen Substitution bestehen. Es ist die Aufgabe der wissenschaftlichen Weiterbildung, an diesem neuen Modell der Personalentwicklung mitzuwirken.

3.1.2 Wider die Logik des Verfalls Die These von der „Halbwertszeit“ bzw. der „Erosion des Wissens“ hat als Begründungsfigur für ein ständiges Neu- und Weiterlernen eine breite Resonanz und Akzeptanz gefunden (Döring 1991; Aschoff 1995; Rosenstiel und Comelli 2003; Mudra 2004; Vaupel 2008) und bis heute nichts von ihrer Überzeugungskraft und Attraktivität eingebüßt, wie jüngere Veröffentlichungen zur wissenschaftlichen Weiterbildung verdeutlichen (Arnold 2017), obwohl durchaus auch substanzielle Zweifel an der These von der Logik des Verfalls angebracht sind. Der aus der Kernphysik entlehnte Begriff der „Halbwertzeit“, der dort „die Zeitspanne, in der die Menge und damit auch die Aktivität eines gegebenen Radionuklids

Ziele und Aufgaben wissenschaftlicher Weiterbildung

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durch den Zerfall auf die Hälfte gesunken ist“ (Wikipedia) beschreibt, ist eine unglücklich gewählte, man kann auch sagen, missratene Metapher. Tatsache ist, dass das Wissen keinem Zerfallsprozess unterliegt und sich nicht in irgendeiner Zeitspanne halbiert. Das Wissen darum, dass die Erde eine Scheibe ist, wissen wir noch heute und dieses Wissen wird auch nicht „abnehmen“ gleich wieviel Zeit vergeht. Und auch die Vorstellung von einer Veralterung des Wissens ist irreführend. Es gibt tradierte und neu hervorgebrachte Wissensbestände. Dass es „altes“ Wissen gibt, bedeutet nicht, dass dieses unbrauchbar oder überholt ist, nur weil es alt ist (Mudra 2004, S. 422) spricht präziser davon, dass das Wissen seinen „Gebrauchswert“ einbüßen kann, weil es seine Gültigkeit verloren hat. Dafür lassen sich in der älteren und jüngeren Wissenschaftsgeschichte in der Tat unzählige Beispiele finden (vgl. u. a. Kuhn 1996; Serres 1998). Der Rekurs auf das Wissen und seine vorgeblichen Verfallsraten Bedarf einer weitergehenden Ergänzung und Relativierung. Man muss davon ausgehen, dass es nicht in allen Fachdisziplinen einen rasanten Erkenntnisfortschritt gibt. Die Innovationsgeschwindigkeit in den Wissenschaften ist sehr unterschiedlich ausgeprägt. Es gibt einige überaus forschungsintensive und besonders innovationsfreudige Bereiche, während sich in anderen Wissenschaftsdisziplinen der Erkenntnisfortschritt überaus gemächlich vollzieht. Die Konzentration der Aufmerksamkeit auf ständige Neuerungen und den rasanten Einbußen der Gültigkeit des Wissens vernachlässigt, dass ein ungeheurer Teil dessen, was wir wissen, überhaupt nicht in seinem „Bestand bedroht“ ist. Es wäre auch kaum vorstellbar, dass eine auf Wissen gegründete Ökonomie sich eines Rohstoffes bedient, der quasi wie Sand fortwährend zwischen den Fingern der WissensarbeiterInnen zerrinnt. Aus Sicht von Mittelstraß wäre es gut, sich gelegentlich des Bleibenden zu erinnern. „Davon gibt es in der Wissenschaft und an anderen Orten des Wissens, gottlob, genug“. An der Vergänglichkeit hätten wir ohnehin schwer genug zu tragen (Mittestraß 2002, S. 6). An dem Veralterungsdiskurs irritiert außerdem, dass er von Vertretern geführt wird, die sich von einer Orientierung am Wissen und seiner Vermittlung verabschiedet haben und stattdessen, gestützt auf die vorgebliche Erkenntnis, dass „Wissen keine Kompetenz“ ist, lieber von Kompetenzentwicklung oder „Kompetenzreifung“ sprechen (Arnold und Erpenbeck 2015). Erklären lässt sich das vermutlich nur dadurch, dass eine Veralterung von Kompetenzen dann nicht überzeugen kann, wenn Kompetenz zu einem emphatischen Begriff aufgeladen wird, der die universale Selbstorganisationsfähigkeit beschreiben soll, in undeterminierten Situationen handlungsfähig zu bleiben (Erpenbeck und Heise 2007). Wissen kann seine Gültigkeit verlieren, der Selbstorganisationfähigkeit fehlt indessen das Kainsmal des Verfalls.

3.2

Wissenschaftliche Weiterbildung im Dienste des Humankapitals und der Wertschöpfung

In modernen Gesellschaften, in denen die Ökonomie auf Wissen aufgebaut ist, trägt wissenschaftliche Weiterbildung zur Wertschöpfung und dem Erhalt der Arbeitskraft

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B. Lehmann

in akademischen Berufen bei, für die die Verfügung über aktuelle Kenntnisse und gültigem Wissen essentiell ist. Sie hat wissensökonomisch betrachtet, darin ihre primäre Aufgabe und ihr vorrangiges Ziel. Das Bildungsverständnis, das hier zum Ausdruck gelangt, besteht in einer instrumentellen Auffassung von Bildung. Sie hat ihren Niederschlag in der sogenannten „Humankapitalthese“ gefunden, die u. a. von Schultz (1961), Mincer (1962) und Becker (1964) entwickelt und ausgearbeitet wurde. Unter dem Begriff Humankapital wird allgemein „der Bestand an Wissen und Fertigkeiten eines Individuums verstanden (...), dessen Zunahme die Produktivität des oder der Betreffenden erhöht“ (Franz 2013, S. 77). Die Produktivität und der Wert eines Arbeitsnehmers für den Arbeitsmarkt werden durch sein Wissen und seine Fähigkeiten bestimmt. Dieser Wert muss unter Aufbringung von Kosten, das bedeutet unter Einsatz von Geld, Zeit und geistiger Anstrengung hergestellt werden. Bildung ist insofern ein Gut, in das man in der Erwartung einer Verbesserung der Verwertungschancen investieren kann. Ebenso lassen sich Abschreibungen vornehmen, da die „Leute vergessen und/oder verlernen“ (Franz 2013, S. 77). Zwischen dem Human- und dem Sachkapital bestehen also durchaus weitreichende Analogien, allerdings mit der Einschränkung, dass Menschen selbstverständlich nicht wie Sachkapital auf Märkten gehandelt werden können. Der Humankapitalansatz, in den sich die wissenschaftliche Weiterbildung einfügt, ist nicht unwidersprochen geblieben und hat eine Vielzahl von Kritiken auf sich gezogen, die ihn u. a. eines fragwürdigen Neoliberalismus verdächtigen. Für den Ansatz und seine Tragfähigkeit spricht allerdings, dass er auf empirische Daten verweisen kann, die deutlich machen, dass Bildungsinvestitionen zu nachweisbaren Erträgen führen. Die möglichen Renditen von Bildungsinvestition stellen sich u. a. auf individueller, unternehmerischer oder staatlicher Seite ein. Bildungsökonomische Daten verweisen darauf, dass Investitionen in das Humankapital sich langfristig rechnen und zu einem höheren Lebenseinkommen führen (Abraham und Hinz 2008). Dieser Zusammenhang lässt sich in nahezu allen Ländern nachweisen, insbesondere aber denen der OECD. „Für den Hochschulbereich zeigen einfache Mittelwertvergleiche der OECD, dass ein höherer Bildungsstand in allen Ländern im Durchschnitt mit einem höheren Einkommen einhergeht. Im OECD-Durchschnitt verdienen Personen mit Hochschulabschluss etwa 30 % mehr als Personen mit einem Abschluss im Sekundarbereich II oder einer Berufsausbildung. Bei theoretisch ausgerichteten Studiengängen und weiterführenden, forschungsorientierten Studiengängen ergeben sich Einkommensunterschiede von bis zu 70 %, in Deutschland sogar bis zu 86 %“ (Auer et al. 2017, S. 11). Ein weiterer positiver Zusammenhang ist zwischen Bildungsniveau und dem Arbeitsmarkterfolg nachweisbar. „Während im Jahr 2012 in Deutschland fast jeder fünfte Geringqualifizierte arbeitslos war, lag die Arbeitslosenquote bei Hochschulabsolventinnen und -absolventen nur bei 2,5 %“ (Auer et al. 2017, S. 11). Dazu kommen eine ganze Reihe von nicht-monetären Effekten, die mit dem Bildungsstatus und der Investition in Bildung als Humankapital korrelieren. Dazu gehören die Arbeitszufriedenheit, die Ausübung von sportlichen Aktivitäten oder die Teilnahme an kulturellen Veranstaltungen (Anger et al. 2010, S. 7).

Ziele und Aufgaben wissenschaftlicher Weiterbildung

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Die unternehmerische Rendite von Investitionen in das Humankapital Bildung besteht darin, dass gut ausgebildete Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für die Produktion von intelligenten Waren und Dienstleistungen sorgen und durch ihr Wissen und ihre Fähigkeiten zur Steigerung der Wirtschaftsleistung der Unternehmen und deren Wettbewerbsfähigkeit beitragen. Sie wirken an der Produktivitätssteigerung mit, erzielen in der Regel höhere Einkommen und sind eher selten von Arbeitslosigkeit betroffen. Der Effekt davon ist, dass die Sozialsysteme durch sie mitfinanziert und nicht belastet werden und Steuern und Abgaben den Staatskassen zufließen. Wer mehr verdient und von Arbeitslosigkeit kaum bedroht ist, gehört tendenziell auch zur Gruppe zahlungskräftiger Konsumenten (Weiß 2011, S. 367 ff.), die zum volkswirtschaftlichen Erfolg beitragen. Es wäre allerdings zu kurz gegriffen, wenn die wissenschaftliche Weiterbildung nur aus der Perspektive einer Anpassungsqualifizierung wahrgenommen würde, die auf die Reparatur oder den Erhalt des Wissens abzielt. Wissenschaftliche Weiterbildung, die an der beruflichen Verwertbarkeit orientiert ist, ist mehr. Ihr Aufgabenspektrum umfasst auch die Requalifizierung, die Neuorientierung, Umorientierung oder Erweiterung erworbener Qualifikationen. Dem Ziel einer Qualifikationserweiterung dienen vor allem funktionsorientierte Bildungsangebote, die beispielsweise Themen des „Managements“ zum Gegenstand haben.

3.3

Die Erzeugung und Dissemination von Bildungspatenten

Es ist nicht ausreichend, wissenschaftliche Weiterbildung nur unter dem Gesichtspunkt des Wissens- oder Kompetenzerwerbs wahrzunehmen. Wissenschaftliche Weiterbildung zielt auch darauf ab, den Erwerb von staatlich garantierten Bildungspatenten zu ermöglichen. Solche Titel haben vor allem einen Tauschwert. In einem auf dem Berechtigungswesen aufgebauten Verteilsystem dienen Titel dazu, diese am Arbeitsmarkt gegen Einkommens- und Beschäftigungschancen einzutauschen. Bildungspatente sind die Eintrittskarten in eine berufliche Karriere oder Laufbahn (Bourdieu et al. 1981). Die Titel können losgelöst von den Befähigungen oder Qualifikationen betrachtet werden. „Der Titel verbürgt (..) von Rechts wegen eine Qualifikation – gleichgültig, ob dem eine tatsächliche Qualifikation entspricht; das ist der Rechtscharakter, der dem schulisch vergebenen Titel innewohnt. (. . .) Das Veralten der Befähigungen, praktisch das Äquivalent zum Verschleiß der Maschinen, wird durch die Zeitlosigkeit des Titels verschleiert, wenn nicht gar negiert“ (Bourdieu et al. 1981, S. 94). Die Vergabe von Abschlüssen ist insofern ein wichtiges Ziel, das mit wissenschaftlicher Weiterbildung verbunden ist. Es genügt ebenfalls nicht, nur dem Verlust der Gültigkeit des Wissens entgegenzuwirken oder neue Fähigkeiten zu vermitteln. Aufgabe der wissenschaftlichen Weiterbildung muss es selbstverständlich auch sein, den durch Weiterbildung optimierten oder erweiterten Kenntnisstand zu beglaubigen und zu zertifizieren. Die Ausstellung und Ausgabe von Bildungspatenten und deren Regulation ist eine der Kernaufgaben der Weiterbildung an Hochschulen und darüber hinaus ein überaus begehrtes Privileg, das den Einrichtungen einen geldwerten Vorteil verschafft.

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4

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Weiterbildung als Geschäftsfeld

Nach einem instrumentellen Verständnis ist wissenschaftliche Weiterbildung eine Investition in das Humankapital von ausgebildeten Akademikern mit dem Ziel, deren Arbeitsmarkt- und Beschäftigungsfähigkeit zu erhalten und die Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit einer auf Wissen aufgebauten Ökonomie zu bewahren und zu steigern. Wissenschaftliche Weiterbildung in diesem Sinne trägt zur Wertschöpfung und dem allgemeinen gesellschaftlichen Wohlstand bei. Dem Ziel der wissenschaftlichen Weiterbildung, als Instrument der Beschäftigungs- und Wirtschafspolitik zu dienen, korrespondiert die von haushälterischen Motiven inspirierte Idee, die Weiterbildung zu einem Geschäftsfeld der Hochschulen auszubauen. Häufig wird mit Zahlenmaterial operiert, das die beachtliche Größe des Weiterbildungsmarktes belegen soll und die Menge des Geldes, das dort umgesetzt wird. So soll etwa nach Berechnung des „Institutes der Deutschen Wirtschaft Köln“ das Investitionsvolumen allein von Unternehmen in die Weiterbildung 33,5 Milliarden Euro im Jahr 2013 betragen haben (IW 2014). Es wird erklärt, dass es den Hochschulen bisher nicht oder nicht im ausreichenden Masse gelungen ist, einen nennenswerten Anteil an dem verfügbaren Marktvolumen zu erschließen. Für die Attraktivität des wissenschaftlichen Weiterbildungsmarktes spricht besonders, dass der Anteil ausgebildeter Akademiker aufgrund der anhaltenden Welle der Akademisierung von Berufen und der ungebremsten Bildungsaspiration kontinuierlich wächst6 und damit ein eigener (Bildungs-) Teilmarkt von nennenswertem Umfang entstanden ist. Beobachtungen dieser Art wirken als Anreiz, Weiterbildung nicht als öffentliches Gut, sondern als Geschäft zu betreiben. In den Worten des Wissenschaftsrates ausgedrückt heißt das: „Mit dem Ausbau der Weiterbildung erschließen sich die Universitäten neue Einnahmequellen“ (Wissenschaftsrat 2006, S. 76). Aus dem Blickwinkel der Hochschulfinanzierung betrachtet, steht damit das Ziel und die Aufgabe der hochschulischen Weiterbildung fest: Sie soll zur Kofinanzierung der Hochschulhaushalte beitragen. Zum breit gefächerten Spektrum von Zielen der wissenschaftlichen Weiterbildung tritt die Absicht hinzu, durch ein Engagement in der Weiterbildung neue Adressatengruppen zu erschließen. Das Interesse daran kann beispielsweise von so genannten „kleinen Fächern“ ausgehen, die die Erwartung hegen, ihre mangelnde Resonanz durch die Umwandlung des Faches in ein Weiterbildungsangebot auszugleichen, das eine neue Klientel anlockt. Das Interesse an neuen Zielgruppen kann allerdings auch durch reine Imagegründe gespeist sein. Das ist dort zu beobachten, wo kleine Hochschulen sichtlich bestrebt sind, ihre an den Studierendenzahlen gemessene Größe durch Weiterbildungsstudierende aufzubessern, auch wenn diese

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Bei dieser Betrachtung ist allerdings in Rechnung zu stellen, dass es potente Fachgesellschaften gibt, die ihren Mitgliedern attraktive Weiterbildungsangebote unterbreiten. Das gilt für Ingenieure, Mediziner, Anwälte und andere Berufsgruppen. Sie sind nicht zwingend auf das Angebot der Hochschulen angewiesen.

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bei der leistungsbezogenen Mittelvergabe keine Rolle spielen und zur Finanzierung der Hochschule nichts beitragen. Die Erschließung neuer Zielgruppen kann aber auch eine Frage von vitalem Interesse sein. Der wissenschaftlichen Weiterbildung wird die Aufgabe zugetraut, durch die Erschließung von neuen Zielgruppen an der Bestandserhaltung der Hochschule mitzuwirken. Das ist überall dort von Bedeutung, wo auf Grund von geografischen Lagen, mittel- oder langfristig die Zahl der Studierenden abnehmen und sich der demografische Faktor besonders stark auswirken wird. Das Ziel der wissenschaftlichen Weiterbildung ist hier die Standortsicherung und Bestandserhaltung von Hochschulen.

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Demokratie und Mündigkeit als Ziel

Die Ausrichtung an den Erfordernissen des Arbeitsmarktes, der Erhaltung oder Steigerung der Berufsfähigkeit und den Wirtschaftsinteressen unterschiedlicher Stakeholder beschreibt nicht die einzigen Zielperspektiven, denen sich wissenschaftliche Weiterbildung verbunden weiß. Darauf hat beispielsweise auch der Wissenschaftsrat aufmerksam gemacht, der schreibt: „Allgemein lassen sich die Aufgaben der Weiterbildung mit Erneuerung, Erhaltung und Erweiterung der individuellen Qualifikation umschreiben. Sie kann sich auf die berufliche Karriere ebenso beziehen wie auf berufsunabhängige Bildungswünsche oder den Erwerb einer Kompetenz für besondere Zwecke. Deshalb wäre es unzweckmäßig, Weiterbildung an den Hochschulen einer einzigen Zielsetzung unterzuordnen“ (Wissenschaftsrat 1983, S. 3). In eben diesem Sinne lassen sich denn auch eine Reihe weiterer Ziele ausmachen, denen die wissenschaftliche Weiterbildung jenseits ihres instrumentellen Verständnisses genügen soll. An erster Stelle bei den alternativen, nicht am Beruf und den ökonomischen Interessen ausgerichteten Zielen steht die Vorstellung, durch wissenschaftliche Weiterbildung die Demokratisierung der Gesellschaft voranzutreiben. Diese Grundidee bildet den Zündfunken, der zur Ausdifferenzierung der wissenschaftlichen Weiterbildung als eigenem Bildungssegment geführt hat. Den Beginn der Entwicklung zu der heutigen Form der Weiterbildung an Hochschulen (Wolter 2011), markiert das Konzept der „universitären Erwachsenenbildung“. Wie bereits der Begriff deutlich macht, war anfangs weder von Wissenschaftlichkeit noch von Weiterbildung die Rede. Es ging vornehmlich um die Bildung Erwachsener, also im Kern um eine Variante der Volksbildung und der von ihr begründeten Tradition.7 Einer der maß-

„Der Begriff ‚Volksbildung‘ (. . .) gewinnt (..) ab Mitte des 19. Jahrhunderts den speziellen Sinn der Bildung Erwachsener. Dabei lassen sich in der zweiten Hälfte des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts unterschiedliche Strömungen von politischer Volksbildung unterscheiden.“ (Pongratz 2010, S. 19). Die Arbeiterbildung, die „Gesellschaft für die Verbreitung der Volksbildung“ des liberalen Bürgertums und das Bestreben durch Volksbildung zu Integration, im Sinne der Bildung von einem Volk beizutragen.

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geblichen Wegbereiter der „Pionierphase“ (Wolter 2011) war Strzelewicz (1959), der die „Göttinger Universitätskurse“ ins Leben rief, d. h. eine Form des Wissenstransfers, der dazu dienen sollte, die im Wissenschaftssystem erzeugten Forschungsergebnisse und Erkenntnisse einem breiten, bildungswilligen Publikum zugänglich zu machen. Diese Kurse, die nach dem Vorbild der „Extra-muralen Aktivitäten“ englischer Universitäten (Wörmann 1985) nachempfunden waren, beschreibt, Strzelewicz selbst als „Urform“ (Strzelewicz 1959) der Beteiligung der Universität an der Weiterbildung. Mit diesen Kursen „hielten neue Formen und Möglichkeiten des Lehrens und Lernens Einzug in die Erwachsenenbildung. Hier wurde ‚interessierten Erwachsenen die Gelegenheit gegeben, sich außerhalb der Universität unter Anleitung von Universitäts-Lehrkräften in kleineren Gruppen über längere Zeit gründlich und systematisch mit eigenem Studium in einem Sachgebiet fortzubilden und die neueren Entwicklungen der Forschung kennenzulernen‘. (. . .) Für die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen der Universitäten – zumal für die jüngeren, die am Anfang ihrer Karriere standen – war es eine ungewohnte Erfahrung, außerhalb der Universität ihre wissenschaftliche Arbeit vorzustellen und auf die Fragen und Anforderungen der Teilnehmer wissenschaftlich zu antworten“ (Raapke 1998, S. 571). Mit dem Seminarkurskonzept öffnete die Universität gewissermaßen ihre Pforten, trat aus dem Elfenbeinturm heraus und wandte sich dem öffentlichen Raum zu. Die angebotenen „Extra-muralen Kurse“ ermöglichten breiten Schichten der Bevölkerung eine Teilhabe an wissenschaftlichem Wissen. Dies alles erfolgte mit dem erklärten Ziel, an dem unabgeschlossenen Projekt der Aufklärung mitzuwirken und Aufklärung durch Wissenschaft zu betreiben. Diese Zielorientierung, „in der sich die große Hoffnung der Moderne“ ausspricht (Faulstich 2011), ist inzwischen in den Hintergrund getreten und mit ihr die bildungspolitische motivierte Idee der Promotoren der Seminarkurse, mit dem Zugang zum wissenschaftlichen Wissen, die demokratische Verpflichtung der Hochschulen gegenüber der Gesellschaft einzulösen (vgl. auch Wolter 2001, S. 36). Daran haben auch prominente Wiederbelebungsversuche des Topos unter dem Titel „Öffentliche Wissenschaft“ (Faulstich 2006) nichts ändern können.

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Sozialpolitische Vorstellungen

Der Monetarisierungsidee von Bildung entgegengesetzt sind schließlich sozialpolitisch motivierte Zielvorstellungen, die es für geboten halten, wissenschaftliche Weiterbildung gerade in den Fächern oder Fachgebieten anzubieten, die sich üblicherweise weniger gut für eine Vermarktung eignen. Popagiert wird die Idee, dass die wissenschaftliche Weiterbildung „Fächer anbieten soll, für die es keine wirtschaftliche Verwertung gibt. Insbesondere in Bereichen, die von privaten Hochschulen und außerhochschulischen Anbietern nicht abgedeckt werden und Fragen der Bildungsgerechtigkeit berühren, haben staatliche Hochschulen eine wichtige gesellschaftliche Funktion und öffentliche Verantwortung. Das betrifft vor allem Angebote in nicht marktgängigen Fächergruppen (z. B. Sozial- oder Geisteswissenschaften), in einzelnen Formaten (z. B. allgemeinbildender Bereich, reguläre Studienabschlüsse) oder für bestimmte Zielgruppen (z. B. Sozial-

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und Gesundheitsberufe, kleinere Betriebe)“ (Borgwardt 2016, S. 7). Das hier artikulierte Ziel bildet den Gegensatz zu der Idee, mit Weiterbildung an Hochschulen Geld zu verdienen. Weiterbildung an Hochschulen folgt hier dem Subsidiaritätsprinzip. Sie tritt dort in Aktion, wo sich der privat organisierte Bildungsmarkt wegen fehlender Renditen in Zurückhaltung übt.

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Weiterbildung als Partizipation und Inklusion

Die wissenschaftliche Weiterbildung hat maßgeblichen Anteil an der so genannten „Öffnung der Hochschulen“. Mit dem Begriff „Öffnung“ verbinden sich mehrere Entwicklungen, die voneinander unterschieden werden müssen: Einerseits meint Öffnung die Transformation der Hochschulen von Elite- zu Masseneinrichtungen.8 Unter Öffnung ist auch die 1977 von Bund und Ländern getroffene Vereinbarung zu verstehen, die damals enorme Nachfrage nach einem akademischen Studium, durch keine Zulassungsbeschränkungen abzuwehren, obwohl die Aufnahmekapazitäten erschöpft waren. Wissenschaftliche Weiterbildung im Dienst der Öffnung der Hochschulen meint etwas anderes: Es geht hierbei um die Teilhabe an akademischer Bildung für nicht traditionale Zielgruppen. Im Prinzip lassen sich zwei größere Bewegungen dieser Art identifizieren. Die erste Öffnungswelle fällt mit dem „Seniorenstudium“ (vgl. u. a. Sagebiel 2006) zusammen, das sich um 1980 zu etablieren begann und heute an einer Vielzahl von Weiterbildungseinrichtungen eine bedeutende Rolle spielt. Es hat sich geradezu zu einem klassischen Format der wissenschaftlichen Weiterbildung entwickelt. Mit dem Seniorenstudium bzw. „Studium im dritten Lebensabschnitt“, wie es wahlweise genannt wird, verbinden sich ein ganzes Bündel von Zielen wie etwa die Realisierung von mehr Bildungsgerechtigkeit, das Nachholen verpasster Bildungschancen, der Erhalt des geistigen Vermögens oder die Sinnstiftung vor allem für jene Menschen, deren Identifikation mit dem Beruf, durch das Ausscheiden aus dem aktiven Berufsleben den zentralen Ankerpunkt verloren hat und die sich mit dem Wunsch tragen, das gelebte Leben im Spiegel wissenschaftlicher Reflexionen zu betrachten. Wissenschaftliche Weiterbildung in Form des Seniorenstudiums verfolgt letztlich das Ziel, Bildung jenseits beruflicher

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Akademische Bildung ist längst kein Privileg mehr, das einer kleinen Schicht der Bevölkerung vorbehalten ist. Im Gegenteil: Waren im Jahr 1950 ungefähr 220 Tausend Studierende an deutschen Hochschulen eingeschrieben (vgl. u. a. Wolter 2014), so sind es mittlerweile annähernd zwei Millionen (Statista 2017), die einem Studium nachgehen. Die Studienanfängerquote ist auf inzwischen 55 % angestiegen. Das akademische Studium ist damit zu einem Massenphänomen geworden, das nicht nur Befürworter auf seiner Seite weiß, sondern auch skeptische Stimmen provoziert, wie der Zwischenruf „Akademikerwahn“ von Nida-Rümelin (2014) verdeutlicht. Der steile Anstieg der Zahlen ist einerseits das Ergebnis einer gezielt geförderten Entwicklung; zum anderen das Resultat einer ungesteuerten, quasi naturwüchsig eingetretenen Bildungsexpansion, die von der Idee eines Aufstiegs durch Bildung getrieben wird.

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oder ökonomischer Verwertungsinteressen als Form einer Selbstbildung zu ermöglichen.9 Die zweite große Öffnungswelle geht mit der Zulassung von beruflich Qualifizierten zu einem Hochschulstudium einher. Zu den Auslösern dieser jüngeren Entwicklung findet man das Argument: „Durch den demografischen Wandel, den steigenden Bedarf an hochqualifizierten Fachkräften, die Schaffung eines gemeinsamen europäischen Wirtschafts- und Wissenschaftsraums rückt die Durchlässigkeit des Bildungssystems immer mehr in den Vordergrund von bildungspolitischen Diskussionen“ (Mucke und Stamm-Riemer 2008). Mit Durchlässigkeit ist gemeint, dass auch diejenigen eine Zulassungen zum Hochschulstudium erhalten, die über keine reguläre Zugangsbedingung wie z. B. die Hochschulreife in Form des Abiturs verfügen, dafür aber über eine Berufsausbildung bzw. berufliche Aufstiegsfortbildung vorweisen können. Der Zulassung von Bewerbern und Bewerberinnen mit beruflicher Qualifikation zum Studium liegt die Annahme zu Grunde, dass es sich bei der beruflichen und akademischen Ausbildung zwar um verschiedenartige Ausbildungen handelt, diese aber als gleichwertig anzusehen sind. Auf den ersten Blick leuchtet nicht unmittelbar ein, dass die Zulassung von Bewerberinnen und Bewerbern ohne Abitur zu einem akademischen Studium zur Domäne der wissenschaftlichen Weiterbildung gehört. Die offene Hochschule ist eine Hochschule mit erweitertem Hochschulzugang und dieser wirkt sich üblicherweise in der akademischen Erstausbildung, also im Eingangsbereich aus. Ein Studium ohne Abitur und eine verbesserte Durchlässigkeit setzt allerdings voraus, dass es auch Bildungsangebote gibt, die von beruflich qualifizierten Interessenten wahrgenommen werden können. Man kann nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass eine durch den Beruf erworbene Studienberechtigung dazu führt, dass Berufstätige ihren Beruf aufgeben, um für einige Jahre in die Rolle eines Studierenden zu schlüpfen. Erforderlich sind Bildungsangebote, die eine Vereinbarkeit von Studium und Beruf erlauben. Genau hier kommt die wissenschaftliche Weiterbildung ins Spiel. Sie beherrscht den Umgang mit den unterschiedlichen Zeitregimen der nicht-traditionalen Klientel und sorgt dafür, dass Angebote entstehen, die den Bildungsinteressen der beruflich Qualifizierten gerecht werden. Das Ziel und die Aufgabe der wissenschaftlichen Weiterbildung aus dieser Perspektive betrachtet ist es, an der Durchlässigkeit des Bildungssystems mitzuwirken, einen Brückenschlag zwischen den Systemen herzustellen, für einen Aufstieg durch Bildung zu sorgen und schließlich einen substanziellen Beitrag für mehr Bildungsgerechtigkeit zu leisten.

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Man kann davon ausgehen, dass die Teilnehmenden an dieser Art von Studienangebot nicht zwingend über eine akademische Vorbildung verfügen. Unter dieser Voraussetzungen wird es schwierig, dass normative Verständnis von wissenschaftlicher Weiterbildung aufrechtzuerhalten, das unterstellt, dass die Teilnehmenden an entsprechenden Veranstaltungen einen akademischen Hintergrund mitbringen müssen: „Wissenschaftliche Weiterbildung setzt einen akademischen Status der Teilnehmenden voraus. Dieser Status kann der einer/eines Studierenden sein oder der einer/ eines bereits akademisch Qualifizierten“ (Kuper et al. 2016, S. 80).

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Inkubator der Studienreform

Wissenschaftliche Weiterbildung wirkt auch an der Studienreform mit. Dezidiert vertritt Teichler die Auffassung, dass die Weiterbildung als „Packesel der Studienreform“ genutzt werden sollte (Teichler 1992, S. 165). Diese Meinung wird durch den Wissenschaftsrat sekundiert, der schreibt: „In dem Maße, in dem die Hochschulen entsprechende Masterstudiengänge einrichten und Erwerbstätigen die Rückkehr an die Hochschule ermöglicht wird, wird auch für den Einzelnen die Aufnahme einer frühen Berufstätigkeit nach dem Bachelor nicht gleichbedeutend mit dem Verzicht auf eine wissenschaftliche Weiterqualifizierung sein. Die Bereitschaft der Studierenden, mit dem Bachelor ins Berufsleben einzutreten, wird also nicht nur von ihrer Akzeptanz auf dem Arbeitsmarkt abhängig sein, sondern auch von den Weiterbildungsgelegenheiten, die das Hochschulwesen bereitstellt, und den Zugangsmöglichkeiten für Erwerbstätige in Masterprogramme. Die Erweiterung der wissenschaftlichen Weiterbildung an den Universitäten kann somit maßgeblich zum Gelingen der Studienreform beitragen“ (Wissenschaftsrat 2006, S. 66). Die Einrichtung und das Angebot von weiterbildenden Masterstudiengängen halten die Option einer weiterführenden Qualifikation nach Abschluss des Bachelors grundsätzlich offen. Dennoch zieht nur ein geringer Prozentsatz der Studierenden diese Möglichkeit ins Kalkül. Die ermittelte Übergangsquote zwischen einem Bachelor- und einem Masterstudium liegt bei 85 % (Berthold et al. 2013, S. 32).

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Das erweiterte Verständnis wissenschaftlicher Weiterbildung

Der Begriff der wissenschaftlichen Weiterbildung ist inzwischen zu einer „Chiffre“ geworden, die nur noch notdürftig die Veränderungen zusammenbindet, die mit der Etablierung des Konzeptes des lebensbegleitenden oder lebenslangen Lernens eingetreten sind. „Lebenslanges Lernen ist (1) lebens-lang, (2) es beinhaltet Lernen in mannigfaltigen Formen und an vielen Lernorten, nicht nur Schulen und anderen (Aus-)Bildungsinstitutionen, und (3) es stellt auf Lernen und Lehrende und nicht auf Erziehung und Schule ab“, stellt Schutze (2005, S. 230) fest. Die Weiterbildung an Hochschulen und damit auch ihre Ziele und Aufgaben müssen vor dem Hintergrund dieses Bildungsverständnisses neu gedacht werden. Es reicht nicht mehr aus, sie im Bereich am Ende der Skala der gestuften Struktur zu verorten. Mit der Einführung von weiterbildenden Bachelor-Studiengängen, in Anlehnung an angelsächsische Muster (Hanft und Knust 2010, S. 47), beginnt die Weiterbildung bereits dort, wo üblicherweise die Erstausbildung startet. Das bedeutet: Die Grenzen zwischen Erstausbildung und Weiterbildung werden zunehmend undeutlich und verschwimmen. An Stelle der alten, studiengangsbezogenen Definition von Weiterbildung tritt zunehmend eine „biographie- und teilnehmerbezogenen Auslegung“ (Wolter 2016, S. 17; Tippelt 2015). Das bedeutet, dass letztlich die Teilnehmenden selbst darüber entscheiden, welches Angebot den Charakter einer Weiterbildung erhält und welches nicht. Damit tritt auch eine Änderung der Ziel- und Aufgabenstellungen ein. Das

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moderne Verständnis von wissenschaftlicher Weiterbildung erschöpft sich nicht länger darin, Wissensreparaturwerkstatt für ausgebildete Akademiker zu sein oder ökonomischen Interessen unterschiedlicher Art zu dienen. Die wissenschaftliche Weiterbildung als Teil des Gesamtkonzeptes des lebensbegleitenden Lernens zielt darauf ab, Menschen in ihren ganz unterschiedlichen Bildungsbiografien und Lebensabschnitten durch passende Angebote zu unterstützen.10 Sie organisiert und ermöglicht die Teilhabe an einer auf wissenschaftlicher Rationalität gegründeten Erfahrungswelt. Wissenschaftliche Weiterbildung des neuen Typs ist praktizierte Inklusion.

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Fazit

Die Ziele, denen die wissenschaftliche Weiterbildung dient oder dienen soll, bilden kein widerspruchsfreies Gesamtsystem. Sie bestehen zum Teil nebeneinander, sind inkonsistent oder gegensinnig und nicht selten sind sie Ausdruck partikularer Interessen. Die an den Hochschulen entstandenen Weiterbildungseinrichtungen sind oft das Ergebnis eines „Lone Ranger Ansatzes“ und gehen auf die Initiative und das Engagement von Einzelpersonen und deren Interessen zurück. Es sind meistens einzelne Hochschullehrende, die ihr Interesse an der Weiterbildung entdecken und sich für sie einsetzen. Bei einigen Akteuren korreliert das Engagement mit professionsbedingten Haltungen. Das lässt sich bei Hochschullehrenden beobachten, die im Umfeld der Erwachsenbildung tätig sind und in der Weiterbildung ein praktisches Betätigungsfeld neben ihrer Forschung und Lehre sehen. Es kommt aber auch vor, dass Lehrende aus dem Feld der Betriebswirtschafts- oder Managementlehre die Weiterbildung an Hochschulen als ein Betätigungsfeld für sich entdecken. Die auf Einzelakteure zugeschnittene Weiterbildung an Hochschulen besagt, dass sie im wesentlichen Partikularinteressen dient. Ein wiederkehrendes Motiv, das man in diesem Zusammenhang beobachten kann, besteht schlicht darin, durch die Beteiligung an Ausschreibungsprogrammen zur Förderung und Entwicklung der wissenschaftlichen Weiterbildung Drittmittel einzuwerben.11 Bekanntermaßen evozieren derartige Motivlagen Versteigungsprobleme. Bleibt die in Anspruch genommene Förderung und damit der Geldstrom aus den öffentlichen Kassen aus, da der Zuwendungszeitraum ausgelaufen ist und existieren keine Konzepte zur Kontinuierung der Projekte trotz abgegebener Zusagen, sich um eine Verstetigung zu bemühen, bleibt die Weiterbildungsinitiative mittel- oder

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Zu den Zielgruppen wissenschaftlicher Weiterbildung vgl. u. a. Wolter und Geffers 2013; Seitter 2017. 11 In der Vergangenheit hat es eine Reihe von derartigen Ausschreibungsprogrammen gegeben. Dazu gehören beispielsweise der Förderschwerpunkt „Fernstudium“ bei der Bund-Länder-Kommission Anfang der 90er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts, die diversen Ausschreibungsrunden zum Thema „Neue Medien in der Hochschullehre“ in den Jahren nach 2000 oder das umfangreiche Förderprogramm zum Thema „Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen“. Abgesehen von den Förderinitiativen einzelner Bundesländern.

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langfristig auf der Strecke. Die wissenschaftliche Weiterbildung ist hier nur Instrument der Geldbeschaffung. Sie verfolgt kein darüberhinausgehendes Ziel. Die Verfolgung partikularer Interessen, so problematisch das auch im sein mag, kann paradoxe Wirkungen entfalten und zur Entstehung und Etablierung von funktionsfähigen Weiterbildungseinrichtungen beitragen. Trotz allem: Gelangt die wissenschaftliche Weiterbildung nicht über das (Anfangs-)Stadium hinaus, ausschließlich den partikularen Interessen einer Einzelperson zu dienen, ist sie nicht zukunftsfähig. Mit dem Ausscheiden des einsamen Entrepreneurs aus der Organisation verschwinden auch dessen Engagement und die von ihm verfolgten Visionen, wahrgenommenen Aufgaben und Ziele.

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Organisation und Organisationsformen wissenschaftlicher Weiterbildung Karin Dollhausen und Susanne Lattke

Inhalt 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Hochschulen als institutionelle Ermöglichungskontexte wissenschaftlicher Weiterbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Organisation wissenschaftlicher Weiterbildung im Kontext der Hochschulentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Entscheidungshinsichten zur Organisation wissenschaftlicher Weiterbildung an Hochschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Strategische Ausrichtung und Organisationsentwicklung im Spannungsfeld unterschiedlicher Systemlogiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Zusammenfassung

In diesem Beitrag wird der Organisation und der Ausprägung von Organisationsformen wissenschaftlicher Weiterbildung an Hochschulen nachgegangen. Hierzu wird die Organisation wissenschaftlicher Weiterbildung in Abhängigkeit von einem sich wandelnden Aufgabenverständnis im Kontext der Hochschulentwicklung beleuchtet. Zweitens wird die Varietät von Organisationsformen als Resultat des Umgangs mit Strukturierungsalternativen an Hochschulen vorgestellt. Drittens werden strategische Optionen für die weitere Organisationsentwicklung vorgestellt, die sich aus der intermediären Stellung wissenschaftlicher Weiterbildung heraus ergeben.

K. Dollhausen (*) Abteilung Organisation und Management, Deutsches Institut für Erwachsenenbildung Leibniz-Zentrum für Lebenslanges Lernen e.V., Bonn, Deutschland E-Mail: [email protected] S. Lattke Deutsches Institut für Erwachsenenbildung- Leibniz-Zentrum für Lebenslanges Lernen e.V., Bonn, Deutschland E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 W. Jütte, M. Rohs (Hrsg.), Handbuch Wissenschaftliche Weiterbildung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-17643-3_5

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K. Dollhausen und S. Lattke

Schlüsselwörter

Wissenschaftliche Weiterbildung · Hochschulentwicklung · Organisationsentwicklung · Weiterbildungsmanagement · Pädagogische Organisationsforschung

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Einleitung

Die wissenschaftliche Weiterbildung wird in den politischen, professionellen und wissenschaftlichen Hochschulreform- und Weiterbildungsdiskursen, wie sie unter den Stichworten „Lebenslanges Lernen“, „Bologna-Prozess“ und „Neues Steuerungsmodell“ bzw. „Educational Governance“ geführt werden, als ein wichtiger werdender Bildungsbereich im Schnittfeld von beruflicher Bildung, Hochschulstudium und Erwachsenenbildung vorgestellt. Das Leistungspotenzial der wissenschaftlichen Weiterbildung wird in verschiedenen Hinsichten identifiziert, so für • die erweiterte Inklusion von Individuen insbesondere aus traditionell unterrepräsentierten Gruppen in hochschulische Bildungsprozesse, darunter insbesondere beruflich Qualifizierte ohne formale Hochschulzugangsberechtigung, • die Schaffung von „durchlässigen“ Bildungsstrukturen zur Weiter- bzw. Höherqualifizierung für Erwerbstätige mit einem Hochschulabschluss sowie für beruflich Qualifizierte ohne Studienabschluss, • die Entwicklung von flexiblen und innovativen Angebotsformaten sowie didaktischen Konzepten zur verbesserten Verzahnung von wissenschaftlicher Wissensproduktion und den Qualifizierungs- und Kompetenzentwicklungsbedarfen der Praxis, • die Entwicklung der wissenschaftlichen Weiterbildung zu einem unternehmerisch geführten Geschäftsfeld, mit dem sich Hochschulen als Weiterbildungsanbieter auf dem umkämpften Bildungsmarkt positionieren können. Angesichts dieser weitreichenden Erwartungen signalisieren sowohl die in der wissenschaftlichen Weiterbildung Tätigen, Hochschulleitungen als auch relevante Stakeholder (Philips 2003) aus dem politischen, wirtschaftlichen sowie zivilgesellschaftlichen Umfeld das Erfordernis zur Entwicklung von Organisationsformen für die wissenschaftliche Weiterbildung, die eine effiziente Leistungserbringung unterstützen können, indem sie einen angemessenen Handlungs- und Entscheidungsrahmen für die bedarfsorientierte und anpassungsfähige Planung und Umsetzung von Angeboten in einer je wünschenswerten Qualität und Effektivität schaffen. Zugleich bestätigt etwa die Deutsche Gesellschaft für wissenschaftliche Weiterbildung und Fernstudium (DGWF)1 eine Steigerung der hochschulischen Aktivitäten zur Bündelung und/oder Reorganisation von Aufgaben und Funktionen wissenschaftlicher

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Mehr Informationen zur DGWF sind abrufbar unter: https://dgwf.net/ (Zugegriffen am 10.06.2018).

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Weiterbildung sowie zur Neu- und Ausgründung von Weiterbildungseinrichtungen (DGWF 2015, S. 1), was sich auch an der gestiegenen Zahl von Mitgliedseinrichtungen der DGWF zeigt (Hörr 2017, S. 19 f.). Ebenso werden vermehrt Kooperationsverbünde zwischen Hochschulen und außerhochschulischen Einrichtungen (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2016, S. 123; Dollhausen et al. 2018, S. 55; Maschwitz 2015; Sweers 2018) sowie das Aufkommen von „hybriden“ Organisationsformen verzeichnet, die auf dem Anbietermarkt unter anderem als Corporate Universities oder Business Schools oder auch Graduate Schools firmieren (Zastrow 2012). Der vorliegende Beitrag knüpft an diese Ausgangslage an, wobei in Rechnung gestellt wird, dass in den vergangenen zehn Jahren eine gestiegene wissenschaftliche Produktivität zur Frage der Situation und Entwicklung der wissenschaftlichen Weiterbildung zu verzeichnen ist. Dazu beigetragen hat in Deutschland der im Jahr 2008 aufgelegte Bund-Länder-Wettbewerb „Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen“.2 In der wissenschaftlichen Begleitung des Förderprogramms sowie in einzelnen Projekten, so etwa im Verbundprojekt „wm3 – Weiterbildung Mittelhessen“ (http://www.wmhoch3.de/), richtet sich ein besonderes Interesses auf die Organisationsdimension (Hanft et al. 2016; Seitter et al. 2018a, b). Unser Anliegen ist es, den heute erreichten Stand der Erkenntnis und Forschung zur Organisationsdimension der wissenschaftlichen Weiterbildung darzustellen und weiterführende Diskussionsund Forschungsbedarfe anzusprechen. Dazu eine kurze Vorbemerkung zu unserem zugrunde gelegten Organisationsverständnis: Die Begriffe „organisieren“ und „Organisation“ werden häufig verwendet, um Tätigkeiten zu bezeichnen, die darauf gerichtet sind, verschiedene Handlungen in eine zweckgerichtete, sinnvolle Abfolge zu bringen. In diesem Sinn ist von der Organisation bzw. vom Organisieren in der wissenschaftlichen Weiterbildung die Rede, wenn es etwa darum geht, die Ablaufstruktur von hochschulischen Weiterbildungsangeboten, insbesondere weiterbildenden Studiengängen so zu planen und zu realisieren, dass sie bestmöglich auf die zumeist knappen Zeitressourcen und/oder eingeschränkte Mobilität der Zielgruppe abgestimmt sind. Das tätigkeitsorientierte Organisationsverständnis ist jedoch wenig geeignet, um der Organisation wissenschaftlicher Weiterbildung als einem spezifischen Leistungs- und Geschäftsbereich nachzugehen. Aus diesem Grund legen wir ein engeres Verständnis an, wonach die Organisation in einem Doppelsinn als eine spezifische Aktivität der sozialen Ordnungsbildung und als deren Ergebnis zu begreifen ist. In der Organisationswissenschaft ist hier von „reflexiver Strukturation“ (Ortmann et al. 2000, S. 322) die Rede, was besagt, dass Organisationen „durch das Handeln kompetenter Akteure, die sich in ihren Handlungen unter anderem auf die organisationalen Strukturen beziehen“ (Zimmer 2001, S. 354), erzeugt und entwickelt werden. Dabei verweist „Organisation“ im Unterschied zu anderen Systemtypen (z. B. Gemeinschaften oder Familien)

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Weitere Informationen zum Wettbewerb und zur wissenschaftlichen Begleitung sind abrufbar unter: https://www.wettbewerb-offene-hochschulen-bmbf.de/ und https://de.offene-hochschulen. de/ (Zugegriffen am 11.02.2018).

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auf die zweckbezogene Ausdifferenzierung und legitime formale Absicherung von Autonomiespielräumen zur internen Gestaltung und Regulation von hierarchisch angeordneten, arbeitsteilig verfassten Strukturen und Prozessen der Leistungsproduktion sowie deren konsistente Darstellung und verantwortliche Vertretung nach außen (Kühl und Muster 2016). Bei der folgenden Darstellung legen wir zudem eine eigene Selektivität an, die es erlaubt, die Konstitution und Entwicklung von Organisationsformen der wissenschaftlichen Weiterbildung in unterschiedlichen Hinsichten zu beleuchten. Zunächst stellen wir in institutioneller Hinsicht staatliche und staatlich anerkannte Hochschulen als institutionelle Ermöglichungs- und mithin Organisationskontexte wissenschaftlicher Weiterbildung vor. Sodann betrachten wir in historischer Hinsicht die Hochschulentwicklung als relevante „Hintergrundfolie“ für heute an Hochschulen anzutreffende Organisationsvarianten wissenschaftlicher Weiterbildung. Daran anschließend geht es in struktureller Hinsicht um die Vorstellung von grundlegenden Entscheidungshinsichten, die bei der Organisierung der wissenschaftlichen Weiterbildung relevant werden. Zugleich werden typische Spannungsfelder benannt, die im Zusammenhang mit Entscheidungen über das „Wie“ der Organisation wissenschaftlicher Weiterbildung zutage treten können. In strategischer Hinsicht richten wir das Augenmerk schließlich auf die „intermediäre“ Verfasstheit der wissenschaftlichen Weiterbildung und damit verbundene Anforderungen an die Organisationsentwicklung im Spannungsfeld der unterschiedlichen (Funktions-)Systemlogiken von Bildung, Wissenschaft und Wirtschaft.

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Hochschulen als institutionelle Ermöglichungskontexte wissenschaftlicher Weiterbildung

In dem von uns angelegten Verständnis ist die Organisation wissenschaftlicher Weiterbildung auf die Erzeugung einer Handlungseinheit gerichtet. Dies geschieht keineswegs beliebig. Insbesondere der organisationssoziologische Neoinstitutionalismus (Koch und Schemmann 2009) hat deutlich gemacht, dass Organisationen in Abhängigkeit von und Orientierung an institutionalisierten Regelungs- und Erwartungsstrukturen zu begreifen sind. Im weiterbildungswissenschaftlichen Diskurs ist in diesem Zusammenhang von „institutionellen Reproduktionskontexten“ (Schrader 2010) die Rede, die die Entwicklung von Weiterbildungsorganisationen durch je kontextspezifische ausgeprägte Regelungen und Verfahren der Legitimations- und Ressourcensicherung wie aber auch (Wert-)Grundlagen, normative Vorgaben und Handlungskonventionen (Diaz-Bone 2011) prägen und mitsteuern. Übertragen auf den Bereich der wissenschaftlichen Weiterbildung ist vor allem von der prägenden und mitsteuernden Bedeutung der Hochschule als vornehmlich relevantem institutionellen Kontext auszugehen. Eine weitgehend konsensfähige Definition wissenschaftlicher Weiterbildung ist die weit gefasste Definition der Kultusministerkonferenz (KMK). Demnach geht es um „die Fortsetzung oder Wiederaufnahme organisierten Lernens nach Abschluss einer ersten Bildungsphase und in der Regel nach Aufnahme einer Erwerbs- oder Familientätigkeit, wobei das wahrgenommene Weiterbildungsangebot dem fachlichen und didaktischen

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Niveau der Hochschule entspricht. (. . .) Wissenschaftliche Weiterbildung knüpft in der Regel an berufliche Erfahrungen an, setzt aber nicht notwendigerweise einen Hochschulabschluss voraus “ (KMK 2001, S. 2).

Zwar taucht in der Definition der Hinweis auf die Hochschule auf, dies jedoch nicht im Sinne einer Direktive zur institutionellen Verortung der wissenschaftlichen Weiterbildung. Gemäß der KMK-Definition ist die wissenschaftliche Weiterbildung also nicht grundsätzlich und ausschließlich an ihre Verwirklichung in Hochschulen gebunden. So können, und in der empirischen Wirklichkeit ist dies auch der Fall, auch nichthochschulische Bildungsträger, wie etwa Träger der beruflichen Weiterbildung, Kammern und Akademien, außerhochschulische wissenschaftliche Einrichtungen, An-Institute, hochschulische Ausgründungen und nicht zuletzt Unternehmen der Privatwirtschaft wissenschaftliche Weiterbildung anbieten (Bade-Becker 2005, S. 5). Dabei zeigt sich jedoch, dass nichthochschulische Bildungsträger ihr Angebot an wissenschaftlicher Weiterbildung zumeist „weitgehend komplementär und nicht alternativ“ (Graeßner et al. 2009, S. 551) zu den Hochschulen realisieren, so etwa im Rahmen von kooperativen Geschäftsmodellen. Dies entspricht auch der Definition des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft (im Folgenden: Stifterverband) und der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), in der betont wird, dass Angebote der wissenschaftlichen Weiterbildung „von Hochschulen konzipiert und in der Regel auch durchgeführt werden“ (Stifterverband und BDA 2013, S. 6). In die gleiche Richtung weisen auch die Positionen in der 2017 vom Wissenschaftsrat veröffentlichten Bestandsaufnahme zu studiengangsbezogenen Kooperationen, Franchise-, Validierungs- und Anrechnungsmodellen. Dezidiert abgelehnt werden solche Geschäftsmodelle, die eine Auslagerung des akademischen Lehrbetriebs an nichthochschulische Bildungsträger implizieren. Die Begründung des Wissenschaftsrates dazu wird wie folgt wiedergegeben: „Beispielsweise könnten nichthochschulische (. . .) Bildungsträger, die eine Als-ob-Hochschulsituation bereitstellen, per se keinen akademischen Kern aus hauptberuflichen Professorinnen und Professoren vorhalten. Aus diesem strukturellen Mangel folge (. . .) ein Konflikt mit der Maßgabe des Wissenschaftsrates, der zufolge die Lehre in Studiengängen nicht staatlicher Hochschulen zu mehr als 50 % von hauptberuflichem professoralem Personal erbracht werden müsse. Schließlich nähmen nichthochschulische Bildungsträger weit überwiegend keinen institutionellen Auftrag zu wissenschaftlicher Forschung und Transfer wissenschaftlicher Forschungsergebnisse wahr, so dass ihnen ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal des tertiären Bildungssektors fehle“ (Wissenschaftsrat 2017, S. 103).

Bis heute gelten somit staatliche und staatlich anerkannte Hochschulen, d. h. Universitäten, Fachhochschulen sowie andere Hochschulformen (z. B. kirchliche Hochschulen, Kunst-/Musikhochschulen, Fernhochschulen), als die vornehmlichen institutionellen Ermöglichungskontexte wissenschaftlicher Weiterbildung. Für die Hochschulen selbst ist dabei die Frage, ob sie die wissenschaftliche Weiterbildung institutionell beheimaten, durch entsprechende gesetzliche und regulative Vorgaben bereits weitgehend geklärt. So weist das Hochschulrahmengesetz (HRG) die wissenschaftliche Weiterbildung seit 1976 als Aufgabe der Hochschulen und seit der Novellierung von 1998 sogar dezidiert als eine gleichberechtigte Aufgabe der Hochschulen neben Forschung und Lehre (im Erststudium) aus (§ 2, Abs. 1 HRG). Daran anknüpfend bestätigen dies auch die

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im Zuge der Föderalismusreform 2006 geltend gemachten Hochschulgesetze der Länder, wobei das jeweils angelegte Verständnis von wissenschaftlicher Weiterbildung durchaus unterschiedlich akzentuiert wird (Faulstich et al. 2007, S. 90 f.; Bade-Becker 2005, S. 156). Die herausgehobene Bedeutung der Hochschulen erklärt sich nicht zuletzt aus den zum Teil rechtlich geregelten, zum Teil politisch-normativ zugewiesenen Anerkennungs-, Prüfungs- und Zertifizierungsberechtigungen und -verpflichtungen, die Hochschulen im Vergleich zu anderen Bildungsträgern haben (Freitag 2011). So etwa obliegt es den Hochschulen, zu prüfen, inwieweit außerhochschulisch erworbene Kompetenzen, berufliche Aus- und Weiterbildungen und eben auch Angebote der wissenschaftlichen Weiterbildung etwa nach dem European Credit Transfer and Accumulation System (ECTS) auf ein Hochschulstudium angerechnet werden können. Zudem sind nur staatliche und staatlich anerkannte Hochschulen zur Vergabe anerkannter akademischer Grade berechtigt, so auch im Fall von postgradualen und weiterbildenden Studiengängen. Diese exklusive Berechtigung der Hochschulen wiederum begründet die Tatsache, dass Hochschulzertifikate und an anerkannten Hochschulen erworbene akademische Grade im Vergleich mit den Zertifizierungen von Weiterbildungsleistungen anderer Träger (Graeßner et al. 2009, S. 546) eine deutlich stärkere gesellschaftliche Legitimationskraft und – hierdurch vermittelt – eine, in beruflicher, erwerbsbiografischer Hinsicht, wichtige zugangserschließende Bedeutung haben. Hierdurch gewinnen die Hochschulen auch und insbesondere als institutionelle Ermöglichungskontexte wissenschaftlicher Weiterbildung eine besondere gesellschafts- und wirtschaftspolitische Bedeutung und Brisanz. Vor allem im bildungswissenschaftlichen Kontext wird diese insoweit aufgegriffen, als die Rolle der Hochschulen als entscheidende Selektions- wie auch Inklusionsinstanzen bei der Förderung der akademischen Weiter- bzw. Höherqualifizierung sowie – im Weiteren – bei der Erweiterung und Erschließung von individuell-biografisch relevanten Zugangschancen zu Stellen, Berufskarrieren und neuen Beschäftigungschancen in der fortschreitenden wissensbasierten Wirtschaft und Gesellschaft empirisch untersucht und zur Diskussion gestellt wird (Wolter et al. 2016). Vor dem skizzierten Hintergrund fokussieren wir im Folgenden unseren Blick auf die Organisation wissenschaftlicher Weiterbildung in bzw. an Hochschulen. Damit wird zugleich nahe gelegt, die organisierte wissenschaftliche Weiterbildung im Kontext der historischen und aktuellen Entwicklung der Hochschule als Institutionalform des Wissenschafts- und Bildungssystems begreifbar zu machen.

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Organisation wissenschaftlicher Weiterbildung im Kontext der Hochschulentwicklung

Die empirisch nachvollziehbare Vielfalt der Organisationsvarianten wissenschaftlicher Weiterbildung an Hochschulen kann auch darauf zurückgeführt werden, dass die Hochschulgesetze der Länder „die organisatorisch-institutionelle Verortung der wissenschaftlichen Weiterbildung weitgehend offen“ lassen (Bade-Becker 2017,

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S. 171). Faulstich et al. (2007, S. 104) weisen zudem auf sich verändernde Rahmenbedingungen der Hochschulen sowie auf eine wirkende Entscheidungsrationalität in den Hochschulen hin, d. h. auf „den aktuellen Reformprozess der Hochschullandschaft (. . .), Umstrukturierungen des Arbeitsmarktes und die Entwicklung neuer Qualifikations- und Kompetenzstrukturen. Auf diese Einflüsse reagieren Hochschulen, wenn sie den Standort der wissenschaftlichen Weiterbildung innerhalb des Hochschulbetriebes austarieren und das Profil der Weiterbildung mit dem Profil der Hochschule in Einklang bringen (. . .).“

Dies trifft zweifellos auf Hochschulen zu, die sich als Bildungsorganisationen verstehen, welche gehalten sind, ihre interne Wissensproduktion und -dissemination auf veränderte externe Erwartungen abzustimmen sowie eine hochschuleigene strategische Profilbildung zu betreiben. Allerdings ist ein solches Selbstverständnis im Hochschulbereich keineswegs durchgehend anzutreffen. In organisationssoziologischen Hochschulstudien (Wilkesmann und Schmid 2012) weist man vor allem auf die Schwierigkeiten der „Organisationswerdung“ speziell von Universitäten (Huber 2012, S. 245) hin. Gemeint ist die, vor allem auch durch die Implementation neuer Steuerungsformen (Maassen 2003) forcierte, Transformation von Hochschulen hin zu autonom und strategisch entscheidenden organisationalen Akteuren (Brunsson und Sahlin-Andersson 2000; Meier und Krücken 2006). In organisationssoziologischer Sicht wird hier kritisch auf die resistente institutionelle Verfasstheit von Hochschulen „mit einem staatlich definierten Regelsystem und dem Habitus und den Normen akademischer Gepflogenheiten und Rituale“ (Kehm 2012, S. 17) hingewiesen, wobei hier mit Stichweh (2004, S. 35) auch das Wirken einer gewissen „antiorganisatorischen Präferenz“ vermutet werden kann. Dies würde teilweise auch die Beobachtung einer gewissen „doppelbödigen“ Organisationswerdung der Universität erklären: „Typisch ist vielfach die oberflächliche Anpassung [der Universitäten, d. Verf.] an das erwartete Organisationsverhalten, während auf der Mikroebene weiterhin die traditionellen Normen und Werte Bestand haben, und das Handeln der Akteure bestimmen (. . .)“ (Kehm 2012, S. 23).

Aus einer historischen Perspektive ist dieser Kritik allerdings entgegenzuhalten, dass der spezifische Organisationstyp „Universität“ immer schon Elemente aus unterschiedlichen historischen Entwicklungsprozessen einbindet – dies im Sinne der Aufschichtung von „Ablagerungen unterschiedlicher Reformen, die die Universität im Laufe der Zeit geprägt haben“ (Huber 2012, S. 239 f.). Das heißt „(. . .) universities exist with layer upon layer of quite divergent legacies, yet somehow they have also succeeded in preserving a strong element of continuity amidst all the change” (Wittrock 1993, S. 305).

Folgt man dieser Betrachtungsweise, dann müssten sich auch in der Entwicklung von Organisationsvarianten der wissenschaftlichen Weiterbildung an Hochschulen

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Elemente aus unterschiedlichen Phasen der Hochschulentwicklung widerspiegeln. Sie wird, etwa von Stichweh (2006), grob in drei großen Reformschritten rekonstruiert: • die Herausbildung der modernen Humboldtschen Universität (Paletschek 2002) im 19. Jahrhundert mit ihrer Abkehr von einer ständisch konzipierten Rangordnung professionellen Wissens, der Pluralisierung von (Fach-)Wissenssystemen sowie ihrem akademischen Erziehungsauftrag, • die Einführung der Forschungsuniversität nach amerikanischem Vorbild im 20. Jahrhundert sowie weitreichende Öffnungsprozesse der Universitäten „für immer neue Studentenpopulationen und für immer neue Sachthemen und Wissenssysteme“ (Stichweh 2006, S. 39), • die Entwicklung hin zur „unternehmerisch“ geprägten Universität (Clark 1998; Etzkowitz 2006) in der Wissensgesellschaft des 21. Jahrhunderts, die ihrerseits durch eine „Multiplikation der Orte der Wissensproduktion und je verschiedene Kopplungen der Funktionssysteme mit Wissenschaft und Universität“ (Stichweh 2006, S. 42) charakterisiert ist. Orientiert an dieser groben Einteilung zeigt sich, allerdings eher bruchstückhaft, auch der Einfluss der Hochschulentwicklung auf die Ausprägung von verschiedenen Entwicklungslinien der Etablierung und Organisation wissenschaftlicher Weiterbildung an Hochschulen (ausführlich: Wolter 2018). Popularisierung von Wissenschaft: Die Entwicklung der modernen Universität im 19. Jahrhundert vollzog sich flankiert von einer gesellschaftlichen „Wissenschaftseuphorie“ (Hammerstein 1996, S. 501) und einem gestiegenen Bedarf, der breiten Bevölkerung das an Universitäten „produzierte“ (Fortschritts-)Wissen nahezubringen. So wurden bereits im 19. Jahrhundert und zu Beginn des 20. Jahrhundert an Hochschulen öffentliche Vorlesungen bzw. „volkstümliche Hochschulkurse“ für die interessierte Bevölkerung eingerichtet (Schäfer 2000, S. 14). Nach 1945 richtete zunächst die Universität Göttingen, gefolgt von weiteren Universitäten, sogenannte „auswärtige Seminarkurse“ ein, die sich unabhängig von Zugangsvoraussetzungen an alle interessierten Bürgerinnen und Bürger richteten (Beyersdorf 2002). Bis heute hat sich das Spektrum der hochschulischen Weiterbildungsangebote, die für eine breite Öffentlichkeit konzipiert und organisiert werden, deutlich erweitert. Sogenannte PUSH-(Public Understanding of Science and Humanities) und PUR-(Public Understanding of Research) Programme werden dabei jedoch zumeist nicht mehr aus einem reinen wissenschaftlichen Disseminations- oder akademischen Vermittlungsinteresse heraus konzipiert, sondern sind Teil des Hochschulmarketings sowie von Strategien zur Steigerung des Bekanntheitsgrades und der besseren Verankerung der Hochschulen in der Region (HRK 2008, S. 8). Universitäre Weiterbildung: Das enorme Wachstum der Universitäten sowohl in wissenschaftlich-produktiver Hinsicht als auch mit Blick auf die Studierendenpopulation im 20. Jahrhundert ist sicher auch die Folge des wissenschaftlich-technologisch vorangetriebenen Wandels in der industriellen Produktion, in der Verwaltung sowie im Dienstleistungssektor. Dass dieser Wandel Rückwirkungen auf die Universitäten hatte, so in Form eines gestiegenen Kooperationsbedarfs der Wirtschaft

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mit Universitäten sowie eines gestiegenen Bedarfs der Weiterbildung vor allem von akademisch ausgebildeten Fachkräften und Professionellen, ist anzunehmen. Seit Beginn der 1970er-Jahre wurden den Hochschulen auch von politischer Seite regionalbezogene (Bildungs-)Aufgaben zugewiesen (BLK 1973, S. 53, 60 f.), auf die Universitäten etwa mit der Einrichtung von sogenannten „Kontakt-“ oder „Zentralstellen“ reagierten. Gleichzeitig wurde in diesen Organisationseinheiten die Entwicklung und Implementierung von eigenen Weiterbildungsangeboten sowie weiterbildenden (Zertifikats-)Programmen und weiterbildenden Studien vorangetrieben (Bade-Becker 2005, S. 5). Bis heute bilden diese Organisationseinheiten oftmals den Ausgangspunkt für weitergehende Entwicklungsprozesse hin zur Etablierung von eigenständigen, strategisch und marktorientiert arbeitenden Weiterbildungseinrichtungen mit einem differenzierten Angebotsprofil (exemplarisch: Otto und Wolter 2013). Zu beobachten sind dabei eine „deutliche Akzentverlagerung von der traditionell ausgeprägten Angebotsorientierung, einen universitären Bildungs- und Wissenschaftsauftrag nach außen zu vermitteln, zugunsten einer stärkeren Markt- und Bedarfsorientierung“ gepaart mit „Expansions- und Geschäftserwartungen, die den Hochschulen angesichts stagnierender Budgets neue Einnahmequellen versprechen (. . .)“ (Wolter 2005, S. 56). Verwertbarkeit von Lehre und Forschung: In den Hochschulen der Wissensgesellschaft des 21. Jahrhunderts gewinnen die Beziehungen zu zunehmend diversifizierten Stakeholdern, einschließlich Kooperationspartnern an Bedeutung. Zugleich rückt der Aspekt der berufsbiografischen wie auch ökonomischen „Verwertbarkeit“ von Forschung und Lehre in den Fokus (Huber 2012, S. 239). So wird die wissenschaftliche Weiterbildung heute von Unternehmen der unterschiedlichsten Branchen verstärkt mit Blick auf ihren funktionalen Beitrag zur Personalentwicklung und Weiterqualifizierung von beruflich ausgebildeten Fachkräften (mit und ohne Abitur/Studienabschluss) sowie zur Unterstützung von Innovationsstrategien, die eine engere Kopplung der Unternehmen an aktuelle Forschungsbefunde und Technologieentwicklungen erfordern, in Betracht gezogen. Konvergierend dazu gerät die wissenschaftliche Weiterbildung etwa im Zusammenhang mit dem, unter dem Stichwort der „Third Mission“ (Henke et al. 2017) angeregten, Prozess der Vergesellschaftung der Universität als eine Art universitäre Agentur des Wissenschafts- bzw. Forschungs- und Technologietransfers in den Blick, die auf einen gestiegenen gesellschaftlichen Bedarf der Evidenzbasierung von Entscheidungsprozessen sowie auf den Bedarf der Wirtschaft auf einen schnelleren Zugang zu wissenschaftlichtechnologischen Innovationen Bezug nimmt (Wolter 2018). So stimmen heute bereits vor allem private Hochschulen ihr berufsbegleitendes weiterbildendes Studienangebot auf die Bedarfe der Wirtschaft bzw. Arbeitgeber ab (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2018, S. 154). Zugleich wächst so der Druck auf die Hochschulen, neben bzw. verzahnt mit ihrem Forschungs- und regulären Studienbetrieb „intermediär“ ausgerichtete Handlungs- und Vermittlungskontexte an den Umweltschnittstellen auszuprägen. Diesen, aus Hochschulsicht betrachtet, peripheren Kontexten (Wilkesmann 2007) wird eine größere Flexibilität und Anpassungsfähigkeit an sich wandelnde Bedarfslagen zugesprochen, weil sie – idealerweise – mit der erforderlichen Autonomie und den notwendigen Entscheidungskompetenzen

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ausgestattet werden und so einen „unternehmerischen Aktivitätsmodus“ (Kosmützky und Borggräfe 2012, S. 75) befördern können. Dies wiederum ermöglicht Angebotsentwicklungen, die im Ausnahmefall sogar akademische, reputative wie auch finanzielle Risiken implizieren und die so im „Kern“ der Hochschule nicht realisierbar wären. Zugleich können Management- und Verwaltungsstrukturen implementiert werden, in und mit denen eine zunehmende Diversifizierung von Finanzquellen effizienter verarbeitet werden kann. Die hier unter den Stichworten der „Popularisierung von Wissenschaft“, „universitäre Weiterbildung“ und „Verwertbarkeit von Lehre und Forschung“ angesprochenen Entwicklungslinien verdeutlichen die Etablierung und Einbettung von Organisationsformen in einen übergreifenden Prozess der Hochschulentwicklung. Die bisherigen Ausführungen lassen jedoch noch die Frage unbeantwortet, wie auf der Ebene der Hochschulen Entscheidungen über die Organisation wissenschaftlicher Weiterbildung getroffen werden können. Im Folgenden wollen wir dem Stand der Diskussion und Forschung zu dieser Frage weiter nachgehen.

4

Entscheidungshinsichten zur Organisation wissenschaftlicher Weiterbildung an Hochschulen

Über das „Wie“ der Organisation wissenschaftlicher Weiterbildung entscheiden letztlich die Hochschulen bzw. die Hochschulleitungen. Jedoch können von wissenschaftlicher Seite eine Mehrzahl von Entscheidungshinsichten offen gelegt werden, die den Möglichkeitsspielraum für die Organisation und die Gestaltung von Organisationsformen der wissenschaftlichen Weiterbildung an Hochschulen markieren. Zugleich kann mit Blick auf solche Entscheidungshinsichten verdeutlicht werden, dass die jeweils getroffenen Entscheidungen über die Organisation keineswegs beliebig sind, sondern die Verwirklichung und Entwicklung wissenschaftlicher Weiterbildung in je spezifischer Art und Weise fördern wie auch einschränken. Im Folgenden stellen wir drei Entscheidungshinsichten vor, die in der laufenden themenbezogen bildungswissenschaftlichen und organisationssoziologischen Diskussion und Forschung als bedeutsam hervorgehoben werden.

4.1

Zentrale vs. dezentrale Organisation

Die Unterscheidung zwischen der zentralen und dezentralen Organisation wissenschaftlicher Weiterbildung wird im themenbezogenen wissenschaftlichen Diskussions- und Forschungszusammenhang verwendet, um die strukturelle Verankerung und Positionierung der wissenschaftlichen Weiterbildung im Verhältnis zur Hochschulleitung zu kennzeichnen (Hanft et al. 2016, S. 32 f.). Dann wird von „zentraler“ Organisation gesprochen, wenn die für die wissenschaftliche Weiterbildung zuständigen Organisationseinheiten in einem linearen Weisungs- und Kontrollverhältnis zur Hochschulleitung stehen. Hierzu zählen, im engeren Sinn, beim Präsidium bzw. Vizepräsidium oder bei der Kanzlerin bzw. beim Kanzler angesiedelte Stabstellen,

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Abteilungen sowie der Hochschulleitung direkt untergeordnete Einrichtungen oder Betriebseinheiten.3 Von „dezentraler“ Organisation ist die Rede, wenn die wissenschaftliche Weiterbildung auf der Ebene von Fakultäten bzw. Fachbereichen (im Folgenden: Fakultäten), resp. einzelnen Hochschulinstituten, verantwortet und realisiert wird (Bade-Becker 2017, S. 171). Dabei wird auch die wissenschaftlichakademische Selbstorganisation und mithin hierarchisch nicht lineare Stellung der Fakultäten zueinander und zur Hochschulleitung, berücksichtigt. Ebenfalls werden auch alle organisatorisch weitgehend eigenständig arbeitenden „zentralen wissenschaftlichen Einrichtungen“ für wissenschaftliche Weiterbildung bis hin zu rechtlich eigenständigen außerhochschulischen Einrichtungen und An-Instituten, die im Einflussbereich der Hochschulen liegen, der dezentralen bzw., je nach Ausprägung, der „hochschulnahen“ Organisation zugerechnet (Faulstich et al. 2007, S. 109). Irritierend mag in diesen Fällen sein, dass insbesondere die dezentral und hochschulnah organisierten größeren Einrichtungen sich oftmals selbst in einer zentralen Rolle und Position sehen – und auch so beschrieben werden. Diese Zuordnung basiert dann allerdings auf einer funktionalen Sicht, die die Tatsache der Bündelung von Weiterbildungsaufgaben, einschließlich von pädagogischen Serviceleistungen in dafür zuständigen Einrichtungen hervorhebt. Die Unterscheidung von zentraler und dezentraler Organisation wissenschaftlicher Weiterbildung an Hochschulen bezieht sich somit lediglich auf die Formalstruktur von Hochschulen als Organisationen und ist daher kein verlässlicher Indikator etwa für den konkreten Aufgaben- und Leistungsumfang, die strategische Ausrichtung oder die Wertigkeit der wissenschaftlichen Weiterbildung im Hochschulkontext. Ein vergleichender Blick auf vorliegende empirische Falluntersuchungen kann dies leicht offenlegen (Brüsemeister und Schemmann 2013; Dollhausen und Zink 2013; Ludwig 2013; Jütte und Walber 2013; Otto und Wolter 2013). Fraglich ist vor dem skizzierten Hintergrund, welche Aussagekraft die Unterscheidung von zentraler und dezentraler Organisation für die Einschätzung der Entwicklungsmöglichkeiten wissenschaftlicher Weiterbildung hat. Bestimmend scheint eher zu sein, welche Organisationsgrößen, mithin welcher interne Strukturaufbau und welcher Leistungsumfang mit den je gewählten Organisationshinsichten und -formen erreicht werden können. So werden in der laufenden themenbezogenen Diskussion und Forschung heute vor allem solche Organisationsformen als richtungsweisend angesehen, die als eigenständige Einrichtungen wissenschaftliche Weiterbildung betreiben. Besondere Vorteile werden in den erweiterten Möglichkeiten zur Entwicklung von hochschulweiten Standards für Weiterbildungsangebote, -programme sowie für weiterbildende Studiengänge, zur Realisierung einer effizienteren Organisation von Querschnittaufgaben und Entwicklung von Finanzierungsmodellen, die über einzelne Angebote hinausgehen, sowie zur Sicherung der Professionalität gesehen (Hanft et al. 2016, S. 36). Zudem verdeutlichen solche

3

Zu berücksichtigen ist dabei, dass bei einer solchen zentralen Organisation die inhaltliche und fachwissenschaftliche Verantwortung in aller Regel aus rechtlichen Gründen dezentral zugewiesen werden muss und somit verteilt bei den Fakultäten bzw. Fachbereichen liegt.

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Organisationsformen „den Initial- und Servicecharakter, den die wissenschaftliche Weiterbildung innehat“ und erleichtern so „den Adressatinnen und Adressaten wissenschaftlicher Weiterbildung außerhalb der Hochschulen, Angebote und weiterführende Informationen zu finden“ (Graeßner et al. 2009, S. 550; Faulstich et al. 2007, S. 111). Allerdings ist die praktische Nutzung der genannten Vorteile voraussetzungsvoll. Hanft et al. (2016, S. 37) weisen auf strukturelle Gestaltungserfordernisse hin, so etwa, dass die entgeltpflichtige Weiterbildung ausschließlich über die betreffenden Organisationseinheiten geregelt wird, dass die Einheiten ein (institutionalisiertes) professionelles Bildungsmanagement aufweisen, mit den fachwissenschaftlich verantwortlichen Fakultäten bzw. Fachbereichen verzahnt arbeiten und in die Gremienstruktur sowie in zentrale hochschulische Steuerungsprozesse eingebunden sind. Es ist zu vermuten, dass entsprechende Umsetzungen vor allem in Hochschulen mit einem akademisch-professionell geprägten institutionellen Selbstverständnis und einer eher kritischen Haltung gegenüber der Vorstellung der Hochschule als einer „gemanagten Organisation“ (Kehm 2012, S. 19 f.; Meier und Krücken 2006; Rhoades 2006) jedenfalls nicht selbstverständlich auf die nötige, erfolgsunterstützende Zustimmung stoßen. Die vorangegangenen Ausführungen zeigen, dass die Frage der zentralen oder dezentralen Organisation wissenschaftlicher Weiterbildung kaum im Sinne eines „Entweder/Oder“ entschieden werden kann. Vielmehr ist mit der Unterscheidung eine Spannbreite möglicher Organisationsformen angezeigt, die zugleich die Aufforderung einer Balancierung von zentral und dezentral verantworteten Aufgaben unter Beachtung von je bestehenden Regelungen und der Situation der jeweiligen Hochschulen birgt.

4.2

Verwaltungsnahe vs. wissenschaftsorientierte Organisation wissenschaftlicher Weiterbildung

Die hier behandelte Entscheidungshinsicht bezieht sich auf die Frage der formalen Zuordnung der für Weiterbildung zuständigen Organisationseinheiten entweder zum wissenschaftlich-akademischen Bereich oder zur Hochschulverwaltung, resp. hochschulinterner Dienstleistungen. Insofern ist diese Entscheidungshinsicht zunächst von der Frage der zentralen/dezentralen Organisation zu trennen. Dennoch stehen beide Entscheidungshinsichten zumindest insoweit in einem Bedingungsverhältnis, dass verwaltungsnahe Organisationsformen die dezentrale Organisation wissenschaftlicher Weiterbildung auf der Ebene der Fakultäten/Fachbereiche ausschließen. Die Tatsache, dass in der empirischen Wirklichkeit sowohl verwaltungsnahe als auch wissenschaftsorientierte Formen der Organisation vertreten sind, unterstützt den Befund, dass eine allgemeine und verbindliche Definition wissenschaftlicher Weiterbildung, die auch die formale Stellung der wissenschaftlichen Weiterbildung im Hochschulkontext zu klären vermag, bislang fehlt (Dollhausen et al. 2018). So scheint die je hochschulspezifisch gewählte Zuordnung vornehmlich durch eingelebte Konventionen der hochschulinternen Verantwortungsteilung, bisweilen sogar durch die subjektiven Bedeutungs- und Funktionszuschreibungen der Hochschullei-

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tungen nahe gelegt zu werden. Die darin liegende Brisanz wird deutlich, wenn berücksichtigt wird, dass mit der je gewählten Zuordnung auch eine je dominante Steuerungslogik für die Organisation und Entwicklung der wissenschaftlichen Weiterbildung verbunden ist. Hanft et al. (2016, S. 30) fassen diese Steuerungslogiken wie folgt zusammen: „Während Entscheidungs- und Verantwortungsstrukturen in der Verwaltung hierarchisch organisiert sind, sind diese in der Wissenschaft demokratisch, über gewählte Vertreterinnen und Vertreter, legitimiert. (. . .) Die Koordination der Arbeit folgt im wissenschaftlichen Bereich wesentlich über das Kollegialitätsprinzip der wissenschaftlichen Gemeinschaft, während sie in der Verwaltung auf Regeln und Weisungen basiert. Sowohl Wissenschaft als auch Verwaltung weisen einen hohen Grad an formalisiertem Verhalten auf, das in der Verwaltung bürokratischen Regeln folgt und in der Wissenschaft durch einen fachdisziplinär und fachkulturell geprägten Verhaltenskodex geprägt ist.“

Die skizzierten Steuerungslogiken beleuchten die signifikanten Unterschiede in Bezug auf die Einschränkung und Ermöglichung von Handlungsspielräumen, wobei zu berücksichtigen ist, dass sie in der Praxis kaum in „Reinform“ anzutreffen sind. Der Grund liegt darin, dass die wissenschaftliche Weiterbildung ein Handlungsfeld darstellt, das im Hochschulkontext weder vollständig in der Verwaltung bzw. im Dienstleistungsbereich, noch ausschließlich im wissenschaftlich-akademischen Bereich verwirklicht werden kann. Es ergeben sich somit stets – und häufig spannungsreiche – Überschneidungsbereiche (Hanft et al. 2016, S. 37 ff.; Franz und Feld 2014). Entsprechend ist hier und in der weiteren themenbezogenen Literatur zumeist von „verwaltungsnahen“ und „wissenschaftsorientierten“ Organisationsvarianten die Rede (Wanken et al. 2011). Darüber hinaus geraten verwaltungsnahe und wissenschaftsorientierte Organisationsvarianten gleichermaßen in den Fokus kritischer Beobachtung, wenn es um die Fragen geht, wie eine flexible Anpassung des wissenschaftlichen Weiterbildungsangebots und der dazu erforderlichen organisatorischen Voraussetzungen an veränderte Bedarfslagen und wie die Stärkung des strategischen Marktbezugs wissenschaftlicher Weiterbildungsangebote möglich ist. Während verwaltungsnahe Organisationsvarianten hier als strukturkonservativ und als fokussiert „auf die gesetzlich verankerten Aufgaben“ (Hanft 2012, S. 22 f.) auffallen, erscheinen wissenschaftsorientierte Organisationsvarianten oftmals wenig kompatibel mit den Anforderungen externer Partner, insbesondere aus dem Bereich privatwirtschaftlicher Unternehmen. Dies betrifft etwa die Steuerung von Entwicklungs- und Umsetzungsprozessen von Weiterbildungsangeboten, die eher an hochschulischen und weniger an unternehmenstypischen Zeittakten orientiert ist, oder etwa die Gestaltung von Vermittlungszusammenhängen, die oftmals vor allem die Einhaltung von fachwissenschaftlich-internen Kommunikationsstandards und weniger die pädagogisch-didaktische flexible Lernanregung als ausschlaggebendes Qualitäts- und Professionalitätsmerkmal berücksichtigt (Maschwitz 2015). Sowohl verwaltungsnahe als auch wissenschaftsorientierte Organisationsvarianten bergen somit das Risiko, dass wichtige Reformund Entwicklungsvorhaben im Bereich wissenschaftlicher Weiterbildung tendenziell „gebremst“ werden.

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Es wäre zur genaueren Bestimmung des Möglichkeitsspielraums für die Organisation wissenschaftlicher Weiterbildung durchaus lohnenswert, die hier nur angesprochenen Sachlagen systematischer als bislang geschehen und weiterführend empirisch zu erforschen.

4.3

Hochschulisch „gebundener“ Akteursstatus vs. „unternehmerische“ Selbstbestimmung

In vielen Hochschulen wächst heute der Druck, die wissenschaftliche Weiterbildung dahingehend zu organisieren, dass sie wirtschaftlich erfolgreich oder zumindest tragfähig operieren und eine stärker mitgestaltende Rolle auf dem Weiterbildungsmarkt einnehmen kann. Vielfach wird dabei die „Angliederung“ oder Ausgründung von Einrichtungen für wissenschaftliche Weiterbildung in Betracht gezogen. Sie fungieren als „Grenzstellen“ (Wilkesmann 2007, S. 12 ff.) zur relevanten Umwelt, d. h. zum Markt und zu wichtigen Stakeholdern, einschließlich von Kooperationspartnern aus dem wirtschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Bereich. In empirischer Hinsicht lassen sich vielfältige Hinweise auf diese Entwicklung, die bereits zu Beginn der 1990er-Jahre mit der HRK-Empfehlung zur Ausgründung von Weiterbildungseinrichtungen in privater Trägerschaft (HRK 1993, S. 15) einen wichtigen Anstoß erhielt, finden. So betonen etwa auch Faulstich et al. (2007, S. 108), dass von Hochschulen – auch angesichts von strukturell bedingt „entwicklungshemmenden“ Bedingungen im Hochschulkontext – etwa seit Beginn der 2000er-Jahre „verstärkt nach institutionellen Lösungen außerhalb der Hochschulen auf privatrechtlicher Basis gesucht“ worden ist bzw. wird. Zu verzeichnen sei eine erhöhte Aktivität hinsichtlich der „Gründung von Vereinen, GmbH, An-Instituten, Akademien und Aktiengesellschaften (. . .)“ (Faulstich et al. 2007, S. 108). Zudem gewinnen in neuerer Zeit zunehmend auch kooperative und konsortiale Formen, wie z. B. Hochschulverbünde, Netzwerke und strategische Allianzen sowie Franchisingmodelle an Bedeutung (Wissenschaftsrat 2017). Vor dem Hintergrund dieser Dynamik dürfte in Hochschulen die Frage virulent werden, inwieweit speziell an der hochschulischen Außengrenze angesiedelte Einrichtungen für wissenschaftliche Weiterbildung „sachlich eng mit der Hochschule verzahnt (. . .) und von ihr kontrolliert werden“ (Faulstich et al. 2007, S. 108) bzw. kontrolliert werden können oder aber den Status eines unternehmerisch handelnden „organisationalen Akteurs“ (Meier 2009) innehaben sollen, der von Seiten der Hochschule die formale Anerkennung ihrer „verantwortlichen Handlungsträgerschaft“ (Faulstich et al. 2007, S. 242), einschließlich eigener Zielformulierungen, Strukturentscheidungen, Strategieentwicklungen sowie Erfolgskriterien erfordert. Während, vom Standpunkt der heute geforderten Markt- und Geschäftsorientierung aus betrachtet, der Akteursstatus der Einrichtungen zweifellos anpassungsfähiger, flexibler und mithin attraktiver erscheint, kann ein allzu eigenständiges unternehmerisches Agieren der Einrichtungen aus der Perspektive der Hochschulen leicht in die Kritik geraten, weil es Funktionsverluste impliziert und in Legitimationsprobleme münden kann. So wurde bereits 2001 im Rückblick auf die Entwicklungen in den 1990er-Jahren von Seiten der KMK moniert:

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„Vielfach wurden rechtlich selbstständig organisierte Weiterbildungseinrichtungen gegründet (z. B. Vereine oder Akademien), die außerhalb der Hochschule tätig werden. [. . .] Auslassungsklammern sind sonst rund Hierbei kann sich die Gefahr ergeben, dass die inhaltliche Verantwortung für die Weiterbildung den Hochschulen verloren geht und dadurch auch die notwendige inhaltliche Verknüpfung von Erstausbildung und wissenschaftlicher Weiterbildung nicht leistbar ist“ (KMK 2001, S. 3)

Noch deutlicher wird der Wissenschaftsrat in seiner im Jahr 2017 vorgelegten „Bestandsaufnahme und Empfehlungen zu studiengangsbezogenen Kooperationen: Franchise-, Validierungs- und Anrechnungsmodelle“, soweit er auf die, vor allem in „unternehmerisch“ arbeitenden Einrichtungen nahe gelegte, legitimationsmindernde Tendenz zur Auslagerung der wissenschaftlichen Weiterbildung aus dem Hochschulkontext aufmerksam macht. Kritisch wird hier festgestellt, dass „die Auslagerung des akademischen Lehrbetriebs an nichthochschulische Einrichtungen (. . .) bestimmte, gemäß Leitfäden der Konzeptprüfung und der Institutionellen Akkreditierung konstitutive Voraussetzungen der Hochschulförmigkeit unterlaufen“ (Wissenschaftsrat 2017, S. 103).

Die spezifische Herausforderung liegt somit darin, bei der Entscheidung über die Organisation wissenschaftlicher Weiterbildung einerseits deren Bindung an die Hochschule und ihre Anforderungen an die Verwirklichung wissenschaftlicher Weiterbildung zu gewährleisten, andererseits aber auch notwendige Autonomiespielräume für ein markt- und/oder netzwerkbezogenes Handeln frei zu halten. In empirischer Hinsicht wäre daran anknüpfend genauer zu ermitteln, welche aussichtsreichen Formen sich dabei in der Praxis entwickeln.

4.4

Spezialisierung vs. Zentrumsbildung

Nicht zuletzt gewinnen in Hochschulen im Zusammenhang der Frage der Organisation wissenschaftlicher Weiterbildung auch grundlegende Fragen danach an Gewicht, welche Aufgaben und Funktionen unter dem Label „Weiterbildung“ zu subsumieren sind und welche Organisationsformen damit nahe gelegt werden. Angesichts des Fehlens einer verbindlichen Konzeption von wissenschaftlicher Weiterbildung (Dollhausen et al. 2018, S. 52 f.) kann und muss die Definition und Aufgabenattribution bislang auf der Hochschulebene vorgenommen werden. Nach Wolter (2012, S. 271 f.) lässt sich dabei ein Spektrum von einem äußerst eng gefassten bis hin zu einem sehr weiten Verständnis von wissenschaftlicher Weiterbildung vorstellen. Eng gefasst wird die wissenschaftliche Weiterbildung entlang der Unterscheidung von akademischer Erstausbildung und Weiterbildung vornehmlich als postgraduale Weiterbildung definiert. Als Adressaten kommen dann nur Personen mit einem vorgängigen Studienabschluss infrage. In einem weiten Verständnis wird die wissenschaftliche Weiterbildung von einem lebenslaufbezogenen und bildungsbiografischen Standpunkt aus gedacht. Im Mittelpunkt steht somit das hochschulische Weiterbildungsangebot als Option für erwachsene Lernende mit ihren jeweils erreichten und zukünftig anvisierten Berufs-, Beschäftigungs- und Bildungs-

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positionen. Zugleich werden so die Vielfalt, die Möglichkeiten zur flexiblen Nutzung des hochschulischen Angebots sowie die Beratung und Begleitung von Lernenden zu bestimmenden Kriterien für die Entwicklung von Angeboten und weiteren pädagogischen Dienstleistungen. Mit dem jeweils angelegten Verständnis von wissenschaftlicher Weiterbildung werden unterschiedliche Hochschulstrategien und Organisationsformen wissenschaftlicher Weiterbildung nahe gelegt. Beispielsweise kann für Hochschulen ein enges Verständnis und eine ausgewiesene „akademische“ Organisationsform (z. B. Institut, Akademie) wichtig sein, wenn die wissenschaftliche Weiterbildung eine reputationssteigernde profilstärkende Funktion haben soll bzw. wenn die Weiterbildung mit der Forschung und der grundständigen Lehre enger gekoppelt und die Bindung von Studierenden über den ersten akademischen Abschuss hinaus an die Hochschule gestärkt werden soll. Allerdings besteht hier ein erhöhtes Risiko, dass durch den engen Zielgruppenbezug und die Ausrichtung am Forschungs- und Lehrprofil der Hochschule das Matching (Seitter und Kahl 2018, S. 45 ff.) des wissenschaftlichen Weiterbildungsangebots mit dem Markt bzw. der Nachfrage zum Problem werden kann. Für andere Hochschulen, die ihre Rolle im Kontext des lebenslangen Lernens betonen, sind ein weites Verständnis von wissenschaftlicher Weiterbildung sowie Organisationsformen nahe liegend, die eine Bündelung der verschiedenen zielgruppenspezifischen Angebotsformate, gewissermaßen von der „Kinderuni“ über berufsbegleitende Präsenz- und e-learning-Formate bis hin zum Seniorenstudium sowie abgestimmte Dienstleistungen, von der Beratung bis hin zur Anerkennung und Anrechnung von außerhochschulisch erworbenen Kompetenzen m.E., ermöglichen. Bislang sind solche Organisationsformen, die als „Zentren für Lebenslanges Lernen“ an Hochschulen ausgebaut werden, jedoch eher selten anzutreffen. Den Grund dafür sieht etwa Hanft (2012, S. 25) darin, dass Hochschulen bislang zu wenig und wenn doch, dann oftmals ohne die relevanten Akteure der wissenschaftlichen Weiterbildung, in Strategiebildungs- und Planungsprozesse unter dem Gesichtspunkt des Lebenslangen Lernens investieren. Die in den vorangegangenen Abschnitten vorgestellten Entscheidungshinsichten betreffen die institutionelle und formal-strukturelle Ebene der Organisierung wissenschaftlicher Weiterbildung. Offen ist die Frage, wie insbesondere ausdifferenzierte Einrichtungen für wissenschaftliche Weiterbildung ihre strategische Ausrichtung bestimmen und ihre internen Strukturen und Prozesse daraufhin ausrichten können. Unter diesem Blickwinkel richten wir im Folgenden das Augenmerk auf den Stand der wissenschaftlichen Reflexion und Forschung.

5

Strategische Ausrichtung und Organisationsentwicklung im Spannungsfeld unterschiedlicher Systemlogiken

Die Frage nach der strategischen Ausrichtung und Organisationsentwicklung betrifft vor allem ausdifferenzierte Einrichtungen für wissenschaftliche Weiterbildung an Hochschulen, hier insbesondere deren Management im Hinblick darauf, dass „ein profiliertes, quantitativ und qualitativ nennenswertes und von seinen Adressaten

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akzeptiertes Angebot“ ermöglicht und kontinuierlich weiterentwickelt wird (Graeßner et al. 2009, S. 552). Dabei gehen wir davon aus, dass Entscheidungen über die strategische Ausrichtung und Organisationsentwicklung in den Einrichtungen durch die je eigene Geschichte im Rahmen der Hochschulentwicklung und – darin eingeschlossen – durch bereits getroffene Entscheidungen über die formal-strukturelle Verankerung und die je ausgeprägte Organisationsform bedingt ist. Es geht somit genauer formuliert um die Frage, wie und woraufhin in Einrichtungen für wissenschaftliche Weiterbildung aus einer je erreichten Organisationssituation (Kieser und Ebers 2006, S. 215 ff.) heraus weiterbildende Angebote und (Studien-)Programme sowie die dazu erforderlichen organisatorischen Voraussetzungen strategisch geplant werden können. Dabei ist zuzugestehen, dass die strategische Dimension in vielen Einrichtungen bis weit in die erste Dekade der 2000er-Jahre hinein offenbar eine untergeordnete Rolle gespielt hat. Darauf lässt jedenfalls das Resümee von Hanft und Knust (2007, S. 69) schließen, das, weiter gefasst, auf die Implementierung des Lebenslangen Lernens an Hochschulen bezogen ist. Sie stellen im Rekurs auf die von Faulstich et al. (2007) vorgelegte empirische „Länderstudie Deutschland“ fest, dass „die überwiegende Mehrzahl der Hochschulen noch keine aufeinander abgestimmte, wissenschaftlich fundierte, marktorientierte und bedarfsorientierte Strategie des Lebenslangen Lernens entwickelt hat, in der die eigenen Programme aufeinander aufbauen und eine Durchlässigkeit zwischen grundständiger Lehre und Weiterbildung einerseits und zwischen Hochschulen und anderen Bildungsträgern andererseits erzielt wird.“

Die in diesem Zitat lediglich implizit angesprochene strategische Herausforderung wird deutlicher, wenn sie vom systemtheoretischen Standpunkt der funktionalen Differenzierung aus betrachtet (Tacke 2001) wird. Die Einrichtungen für wissenschaftliche Weiterbildung an Hochschulen erscheinen dann an kein eindeutiges funktionales Primat rückgebunden. Dies ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass die Hochschule (als Trägerinstitution wissenschaftlicher Weiterbildung) selbst, systemtheoretisch betrachtet „sowohl dem Funktionsbereich der Wissenschaft als auch jenem der Erziehung gleichwertig zugeordnet ist“ (Huber 2012, S. 240). Speziell auf der Ebene der Einrichtungen für wissenschaftliche Weiterbildung geraten folgende funktionalen Bezüge in den Blick: So sind die Einrichtungen offensichtlich als Organisationen des Erziehungs- bzw. Bildungssystems anzusehen, die auf die Bestimmung von Zielen und Aufgaben gerichtet sind, die ihrerseits ein fortgesetztes oder wieder aufgenommenes berufliches, politisches und allgemeines Lernen auf dem fachlichen und didaktischen Niveau der Hochschule ermöglichen (Dollhausen 2008, S. 20; DGWF 2010). Zugleich sind die Einrichtungen im Wissenschaftssystem von Bedeutung. Dies ergibt sich etwa aus der Tatsache, dass sich theorie- und forschungsbasiert gewonnenes wissenschaftliches Wissen nicht nur in der Wissenschaft selbst, sondern – als Entwicklung von gesellschaftlich relevanten Erkenntnissen und Problemlösungen bzw. wissenschaftlichen Leistungen – in den verschiedenen Funktionssystemen der Gesellschaft bewähren muss (Böschen und Schulz-Schäffer 2003). Im Wissenschaftssystem spielen somit die

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externe Wissenschaftskommunikation sowie der Forschungs- und Technologietransfer – dies auch und insbesondere mithilfe der wissenschaftlichen Weiterbildung – eine entscheidende, legitimations- und reproduktionssichernde Rolle (Dernbach et al. 2012). Zudem geraten Einrichtungen der wissenschaftlichen Weiterbildung heute unter bestimmten Voraussetzungen auch als Akteure des Wirtschaftssystems in den Blick. Zum einen erweisen sich die Einrichtungen selbst als Wirtschaftsakteure, soweit sie sich als Anbieter auf einem vergleichsweise exklusiven, hochpreisigen privaten Weiterbildungsmarkt bewegen (müssen). Zum anderen treten die Einrichtungen zunehmend, etwa in Form von strategischen Partnern, durch Inhouse- und e-learning-Formate, Ko-Finanzierungsmodelle usw. im Bereich der betrieblichen Weiterbildung auf, die ihrerseits von wirtschaftlichen Erwartungs- und Deutungsstrukturen dominiert wird (Pechar 2006, S. 132 f.; Bardachzi 2010, S. 27 f.; Zastrow 2012). Denn vor dem Hintergrund eines steigenden Bedarfs an hoch qualifizierten Fachkräften und eines zugleich deutlicher werdenden Fachkräftemangels im Zuge demografischer Veränderungen kommen Wirtschaftsunternehmen kaum mehr umhin, ihre Möglichkeiten zur Aus- und Weiterbildung um das Angebot der akademischen Weiter- und Höherqualifizierung auszubauen (Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft und BDA 2013). Diese Positionierung der Einrichtungen für wissenschaftliche Weiterbildung im Schnittfeld der unterschiedlichen funktionssystemspezifischen Reproduktionslogiken von Bildung, Wissenschaft und Wirtschaft macht die Einrichtungen nicht nur als Adressaten der verschiedensten Gestaltungs- und Reformansprüche interessant. Sie bildet für die Einrichtungen zugleich eine, funktions- und wertbezogen „unscharfe“ (von Groddeck 2011, S. 169 ff.) Hintergrundfolie, die zu (entscheidungsbasierten) „Schärfungen“ des Selbst- und Aufgabenverständnisses, der je verfolgten Organisationsziele und deren Operationalisierung in Vorgaben für die Angebots- und Organisationentwicklung herausfordern dürfte. Wie sich dies empirisch darstellen kann, zeigt etwa Jutta Zastrow (2012) mit dem Fokus auf weiterbildende MBA-Studiengänge. Sie konzipiert die wissenschaftliche Weiterbildung an der Schnittstelle von Wissenschaft, Wirtschaft und Pädagogik, die auf der Organisationsebene der wissenschaftlichen Weiterbildung ein Spannungsfeld konkurrierender (System-)Logiken bzw. Rationalitäten konstituiert (Zastrow 2012, S. 346). Die Konkurrenz von Systemlogiken und mithin Handlungsrationalitäten wird von Zastrow an spezifischen organisierten Kontexten wissenschaftlicher Weiterbildung (Corporate University, Business School, Graduate School) nachvollzogen. Empirisch wird analysiert, wie in den ausgewählten Organisationskontexten bei der Entwicklung von Bildungsprogrammen die verschiedenen Logiken zum Tragen kommen und dass sich heute offenbar vor allem wirtschaftlich anschlussfähige Vorstellungen des praktischen Nutzens durchsetzen – dies allerdings ohne, dass es auf der Organisationsebene zu „grundsätzlichen Strategie- und Strukturveränderungen kommt“ (Zastrow 2012, S. 357). Es wäre lohnenswert, empirisch zu prüfen, ob und inwiefern sich bei einer Ausweitung des Feldzugangs und der berücksichtigten Fälle unterschiedliche (Hybrid-)Typen von Einrichtungen (z. B. schwerpunktmäßig profiliert nach den Vorbildern der Bildungs-, Wissenschafts- oder Dienstleistungsorganisation) feststel-

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len lassen und welche Implikationen damit für die Angebotsprofilierung und Organisationsentwicklung verbunden sind. Schließlich wäre es wichtig, in einer solchen Forschung auch Aussagen darüber zu ermöglichen, welche Typen von Einrichtungen der wissenschaftlichen Weiterbildung auf die heute bestehenden Leistungs- und Wirkungserwartungen, wie sie einführend angesprochen wurden, in welchem Umfang und in welcher Weise antworten können.

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Organisation und Organisationsformen wissenschaftlicher Weiterbildung

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„Wissenschaftlichkeit“ in der wissenschaftlichen Weiterbildung Peter Tremp

Inhalt 1 Wissenschaft und Hochschule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Wie ist Wissenschaftlichkeit realisierbar und erfahrbar? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Wissenschaftlichkeit und Beruflichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Schluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Zusammenfassung

Wissenschaftlichkeit ist ein Anspruch. Dieser richtet sich an Personen, Institutionen und Vorhaben, die sich als „wissenschaftlich“ verstehen und deklarieren. „Wissenschaftliche Weiterbildung“ hat damit die Frage zu klären, wie sie mit diesem Anspruch umgeht. Denn „Wissenschaftlichkeit“ ist gleichzeitig ein Versprechen für eine methodisch-gesicherte und nachprüfbare Vernunft. Der Beitrag argumentiert in drei Schritten und aus einer konzeptionellprogrammatischen Perspektive: In Abschn. 1 wird die Hochschule als wissenschaftliche Einrichtung zum Thema. Abschn. 2 fragt nach Realisierungsformen des „Wissenschaftlichen“ resp. der wissenschaftlichen Lehre in der Weiterbildung, wobei hier hauptsächlich die grundständigen Studiengänge zum Vergleich herangezogen werden. Abschn. 3 diskutiert die Relationierung von Wissenschaftlichkeit und Berufsbezug, welcher in vielen Angeboten der Weiterbildung eine zentrale Rolle spielt. Schlüsselwörter

Wissenschaftlichkeit · Forschungsorientierung · Studienstufen · Hochschule · Beruflichkeit P. Tremp (*) Zentrum für Hochschuldidaktik, Pädagogische Hochschule Luzern, Luzern, Schweiz E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 W. Jütte, M. Rohs (Hrsg.), Handbuch Wissenschaftliche Weiterbildung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-17643-3_6

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P. Tremp

Mit „wissenschaftlicher Weiterbildung“ werden hauptsächlich Weiterbildungen bezeichnet, welche an Hochschulen angeboten werden. „Wissenschaftlich“ bezieht sich damit in erster Linie auf den Ort resp. die Institution. Entsprechend ist „wissenschaftlich“ hier hauptsächlich eine Herkunftsbezeichnung wie sich etwa die „Kinderuni“ der Herkunftsbezeichnung „Universität“ bedient: Was das „Wissenschaftliche“ oder – beim Beispiel der Kinderuni – das „Universitäre“ sei, bleibt vorerst dahingestellt. Gleichwohl ist damit ein Versprechen und ein Anspruch verbunden: „Wissenschaftliche Weiterbildung“ soll tatsächlich „wissenschaftlich“ sein. Nur: Worin zeigt sich dies, wie ist „Wissenschaftlichkeit“ erfahrbar? Und welche Bedeutung kommt ihr zu bezogen auf sehr wohl unterschiedliche Zielsetzungen der und Erwartungen an die Weiterbildung?

1

Wissenschaft und Hochschule

Die moderne Hochschule der letzten 200 Jahre ist eine Bildungs- und Forschungseinrichtung. Vor allem aber ist sie beides gleichzeitig. Diese „Verknüpfung von Forschung und Lehre“ – so die universitäre Leitformel – unterlegt ein Bildungskonzept, das sich traditionell mit „Bildung durch Wissenschaft“ zusammenfassen lässt.

1.1

Verknüpfung von Forschung und Lehre – Bildung durch Wissenschaft

„Bildung durch Wissenschaft“ geht davon aus, dass die Auseinandersetzung mit Wissenschaft und das eigene wissenschaftliche Tun (persönlichkeits-)bildend sei. Diese Konzeption von Hochschule und Hochschulbildung, welche im Wesentlichen bereits vor gut 200 Jahren dargelegt und mit Plänen zur Neuorganisation von Universitäten verbunden wurde (vgl. beispielweise bei Schleiermacher oder Humboldt), beanspruchte zudem gleichzeitig hohe Funktionalität für die berufliche Praxis (Huber 1983, S. 119; Groppe 2012, S. 172) Damit verbindet „Bildung durch Wissenschaft“ die drei Pole „Wissenschaft“, „Praxis“ und „Person“ und gibt vor, diese in eine stimmige Balance zu bringen. Ludwig Huber (Huber 1983, S. 128) hat nicht nur darauf hingewiesen, dass die damalige Balance – sofern sie denn je bestanden hat – heute nicht mehr funktioniere, er hat insbesondere darauf aufmerksam gemacht, dass die Überbetonung einer dieser Bezüge problematische Folgen hat: Es komme • „zum akademischen Zunftswesen oder zur scholastischen Wissenschaft, abgehoben von der Praxis und verkrustet gegenüber den Personen; • zur funktionalistischen Berufsausbildung, immunisiert gegenüber theoretischer Reflexion und Kritik, die Personen instrumentalisierend;

„Wissenschaftlichkeit“ in der wissenschaftlichen Weiterbildung

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• zum Salon oder zum therapeutischen Zirkel, spielerisch mit der Wissenschaft umgehend und resignierend oder passiv gegenüber der Praxis.“ (Huber 1983, S. 128) „Bildung durch Wissenschaft“ hat sich als Leitidee, Deutungsmuster und identitätsstiftendes Selbstverständnis erhalten können (Groppe 2012). Verstehen wir wissenschaftliche Weiterbildung als Weiterbildung, welche die Besonderheit der Institution Hochschule, ihre Geschichte und ihr Selbstverständnis berücksichtigt, dann ist zu prüfen, wie die Balance von Wissenschaft, Praxis und Person in der Weiterbildung gelingt. „Weiterbildung durch Wissenschaft“ würde in diesem Sinne bedeuten, wissenschaftliche Weiterbildung in der Tradition der „Verknüpfung von Forschung und Lehre“ zu sehen, womit Hochschulen gleichzeitig als unterschiedlichen Teilsystemen angehörig beschrieben sind. Sie sind ebenso Teil des Bildungssystems wie sie auch Teil des Wissenschaftssystems sind, das als Produktions- und Prüfstätte von Wissen fungiert. Wissenschaft ist dabei als eine besondere Form der Wissensbildung zu verstehen, die in ihren Methoden und Theorien den besonderen Rationalitätskriterien der Reproduzierbarkeit, Nachprüfbarkeit, Begründung und sprachlichen Klarheit genügen muss. Vor allem aber ist Wissenschaft „als Prozess offener, nie abgeschlossener Wahrheitssuche“ (Huber 1983, S. 118) verstanden – oder wie bereits Humboldt festhielt: „Es ist ferner eine Eigenthümlichkeit der höheren wissenschaftlichen Anstalten, dass sie die Wissenschaft immer als ein noch nicht ganz aufgelöstes Problem behandeln und daher immer im Forschen bleiben.“ (Humboldt 1810, S. 256). In dieser Tradition beharrt die Wissenschaft auf ihrem Eigensinn und ihrer Eigenständigkeit – mit mitunter auch problematischen Implikationen: „Der Fokus auf Forschung erzeugt aufgrund der Logik des heutigen Forschungssystems automatisch eine Selbstreferentialität. Diese entfernt Hochschulen zwangsläufig eher von ihrem gesellschaftlichen Umfeld als dass sie es ihm näher bringt.“ (Schneidewind 2016, S. 15) Die gesellschaftliche Funktionalität wird in dieser Forschungslogik hauptsächlich darin gesehen, dass sich Wissenschaft als Instanz versteht, welche in gewissem Sinne „ausserhalb“ steht (vgl. das Bild des Elfenbeinturms) und letztlich mit dieser Fokussierung auf die wissenschaftliche Logik und die Leitdifferenz von „richtig vs. falsch“ der Gesellschaft am besten dient.

1.2

Weiterbildung als eigenständige Studienstufe

Weiterbildung ist ein vergleichsweise junger Leistungsbereich von Hochschulen – und weiterhin eher randständig. Zwar ist wissenschaftliche Weiterbildung in den letzten Jahrzehnten zu einer Kernaufgabe der Hochschulen proklamiert worden, aber beispielsweise die Diskussion um die Third Mission von Hochschulen (vgl. beispielsweise Henke et al. 2016) – zu der bisweilen auch Weiterbildungsangebote gerechnet werden – macht deutlich, dass Weiterbildung weiterhin nicht mit Forschung oder den grundständigen Studiengängen gleichberechtigt ist.

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Immerhin hat nicht zuletzt die mit der Bologna-Reform flächendeckend eingeführte Stufung der Studiengänge, die Europäisierung der Abschlüsse und Konzepte lebenslaufumspannender Hochschulbildung der wissenschaftlichen Weiterbildung neuen Schub gegeben: Weiterbildung ist hier gleichwie als eine weitere Stufe integriert, wenn auch ergänzende Logiken dazu kommen. Deutlich sichtbar wird dies beispielsweise bei den mit der Bologna-Reform inetwa gleichzeitig etablierten und mit der Tradition der Berufsausbildung eng verbundenen Schweizer Fachhochschulen, welche mit einem gesetzlich verankerten sogenannten „vierfachen Leistungsauftrag“ (Ausbildung, Weiterbildung, Forschung, Dienstleistung) gestartet sind und „Weiterbildung“ also als eigenen Leistungsbereich ausweisen. Gerade die deutlich berufsorientierten Fachhochschulen können auf Konzepte verweisen, welche die Entwicklung von berufsrelevanten Kompetenzen nicht bloss bis zum Ende des grundständigen Studiums beschreiben, sondern die berufliche Weiterbildung bereits bei der Gestaltung der Bachelor- und Masterangebote konzeptionell berücksichtigen. Gleichwohl bleiben auch hier Fragen nach dem Verhältnis der verschiedenen Studienstufen zueinander sowie beispielsweise nach der grundsätzlichen Logik der Graduierung, welche diese Stufen miteinander verbindet. Und es stellen sich Fragen nach der Ausrichtung der Masterstufe, welche ebenso als grundständige Studienstufe wie auch als Weiterbildungsstufe angesehen werden kann für diejenigen Studierenden, welche nach dem Bachelorabschluss die Hochschule für einige Jahre Berufspraxis verlassen haben und nun zurückkehren (vgl. dazu beispielsweise Wittpoth 2005, S. 22–23) und also beispielsweise nach dem Verhältnis von Disziplinarität, Interdisziplinarität und Problembezug. Damit verbinden sich nicht zuletzt auch Fragen der Finanzierung der wissenschaftlichen Weiterbildung. Das weitgehend etablierte Modell, wonach die Teilnehmerinnen und Teilnehmer vollumfänglich für die Kosten aufkommen müssen und diese deshalb auch zentral bestimmen, welche Angebote denn zustande kommen, unterscheidet sich sehr deutlich von den grundständigen Studienangeboten. Und für unseren Zusammenhang bedeutsam: „Spannungen mit traditionellen Universitätsund Wissenschaftsvorstellungen, die mehr auf Reputation und intrinsische Motivation setzen, sind in dieser Situation nicht zu vermeiden.“ (Weber 2006, S. 216).

2

Wie ist Wissenschaftlichkeit realisierbar und erfahrbar?

Wissenschaftlichkeit ist ein Anspruch, zum Beispiel an forschungsmethodischer Systematik. Vor allem aber ist Wissenschaftlichkeit ein Anspruch an Kommunikation. Wissenschaft ist ohne Kommunikation nicht denkbar. Als gemeinsames Unternehmen ist Wissenschaft auf Mitteilung angewiesen, wissenschaftliches Wissen muss diskutiert und geprüft werden. Wissenschaftlichkeit realisiert sich also in erster Linie über Kommunikationsformate. Hier haben sich Publikationen (Zeitschriften, Bücher etc.) und Veranstaltungen (Tagungen, Hearings etc.) als bedeutsame Formate etabliert, welche weitgehend über die Hochschulen als den organisatorischen Kern von Wissenschaft initiiert werden.

„Wissenschaftlichkeit“ in der wissenschaftlichen Weiterbildung

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Insofern können Tagungen und Zeitschriften als traditionelle wissenschaftliche Weiterbildungsangebote bezeichnet werden, welche sich in ihrer wissenschaftlichen und also vor allem Forschungs-Orientierung hauptsächlich an das Hochschulpersonal richten: Austausch in der Scientific Community als weitgehend non-formale Weiterbildung. Mit „Kommunikation“ kann denn auch die zentrale Verwandtschaft zwischen Wissenschaft und Bildung resp. Lehre bezeichnet werden, was ja bereits in der genannten Formel der „Verknüpfung von Forschung und Lehre“ zum Ausdruck kommt und dort konzeptionell integriert ist. Gleichwohl: Nicht jede Kommunikation ist wissenschaftliche Kommunikation, nicht jede Kommunikation verfolgt didaktische Absichten. Wie nun also wird Wissenschaftlichkeit sichtbar, wie wird Wissenschaftlichkeit in der (formalen) wissenschaftlichen Weiterbildung erfahrbar? Im Folgenden werden einige (didaktische) Aspekte unterschieden und auf Wissenschaftlichkeit hin geprüft.

2.1

Wissenschaftlichkeit als personale Qualität und Haltung?

Wissenschaftlichkeit als Anspruch richtet sich an Personen: Sie stehen und bürgen für wissenschaftliches Wissen, wissenschaftliche Qualität und Redlichkeit und damit also für eine wissenschaftliche Grundhaltung. In der wissenschaftlichen Weiterbildung sind weitestgehend Hochschulangehörige tätig, ihre dortige Tätigkeit wird implizit als genügender Beleg dieser personalen Voraussetzungen verstanden. Selbstverständlich: Damit ist nicht bereits eine versierte didaktische Kompetenz belegt. Insgesamt entsteht der Eindruck, dass die Aura der Hochschule – ähnlich wie bei der Kinderuni – beeindruckend genug sein soll. Dem entspricht, dass sich bisher auch kaum ein ausgeprägter Diskurs über eine „Didaktik der wissenschaftlichen Weiterbildung“ etabliert hat. „Wissenschaftlichkeit“ in der wissenschaftlichen Weiterbildung müsste sich nicht zuletzt auch darauf beziehen, dass die Vermittlungsaufgabe wissenschaftlich informiert und fundiert erfolgt. Allerdings muss gleichzeitig darauf verwiesen werden, dass nicht zuletzt die Rahmen- und Anstellungsbedingungen an Hochschulen die Beteiligung des Hochschulpersonals an der wissenschaftlichen Weiterbildung erschweren können, beispielsweise wenn Lehre in der Weiterbildung nicht als Lehrdeputat angerechnet werden kann (Vogt 2017, S. 15–16). Umgekehrt stellt sich die Frage, wer denn überhaupt berechtigt ist zur Teilnahme an wissenschaftlicher Weiterbildung: Lediglich Personen mit vorgelegten akademischen Abschlüssen? Damit wären zwar prinzipiell immer mehr Personen angesprochen, doch wird damit dem Konzept „offener Hochschulen“ nicht entsprochen und die Gruppe der traditionell kaum hochschulnahen Kreise nicht berücksichtigt (vgl. beispielsweise die Typologie in Jütte und Bade-Becker 2016, S. 7–8). Entsprechend uneinheitlich sind die Regelungen an den verschiedenen Hochschulen. Der kommunikative Austausch zwischen Dozentinnen und Teilnehmerinnen an Weiterbildungsangeboten stellt einige grundsätzliche Fragen nach der Beteiligung an Wissenschaft und nach der Unterscheidung von wissenschaftlichen Laien, Novi-

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zen resp. Fortgeschrittenen und Experten: Während wissenschaftliche Expertinnen und Experten ein versiertes Wissen mitbringen, welches üblicherweise auch Kenntnisse seiner Generierung und Grenzen einschliesst, ist der Laie in einer konkreten Situation an Ausschnitten dieses Wissens interessiert. Gefragt sind Informationen, um eine bestimmte Entscheidung oder ein gestelltes Problem (besser) lösen zu können. Wissenschaftliche Weiterbildung nun allerdings unterstellt ihren Teilnehmerinnen und Teilnehmern nicht Laien-, sondern Novizen resp. FortgeschrittenenStatus: Dieser ist durch sein Interesse an wissenschaftlicher Bildung und fachlicher Entwicklung charakterisiert. Die Kommunikationsform lässt sich als „Explizierung der Komplexität der Sache“ beschreiben, wohingegen die Experten-Laien-Kommunikation, ähnlich einer Primarschuldidaktik, Bilder und Beispiele verwendet und insgesamt versucht, die Komplexität der Sache dadurch zu reduzieren und auf die wesentliche Information hin auszurichten. Die Unterscheidung in Laien und Novizen resp. Fortgeschrittenen macht damit deutlich, dass sich der Umgang mit Wissenschaft als „Stoff“ der Kommunikation unterscheidet.

2.2

Gibt es „wissenschaftliche Inhalte“?

Prinzipiell sind alle Inhalte „wissenschaftsfähig“ und können also mit wissenschaftlichen Zugängen und im Modus der Forschung bearbeitet werden. Ob der Gegenstand nun „Pflanzenwelt der Alpen“, „Geschichte der Häresie“ oder „Alltagspraktiken in Single-Haushalten“ ist: Forschung prüft und verwirft Annahmen und Vorstellungen, Forschung zeigt Entwicklungen und Abhängigkeiten, und Forschung verhilft so zu einem differenzierten Bild – und zu einem differenzierteren Blick (Tremp 2009). Forschendes Tun ist allerdings nicht bereits wissenschaftliches Wissen. Dieses zeichnet sich dadurch aus, dass es innerhalb der Scientific Community kommuniziert und validiert wird. Dabei ist Wissenschaft als Prozess ein dialektisches Wechselspiel zwischen Verfestigung und Hinterfragung von Wissensbeständen zu verstehen. Hochschullehre hat es deshalb immer mit beidem zu tun, womit sich hier die enge Verzahnung von Forschung und Lehre zeigt (Eugster und Tremp 2018). Wissenschaftlichkeit in der wissenschaftlichen Weiterbildung wird sich hier also darin zeigen, dass die Inhalte auch tatsächlich Forschungsgegenstände sind und dass dieses Wechselspiel zwischen Inhaltskanon und seiner forschungsgemässen Weiterentwicklung Teil der inhaltlichen Auseinandersetzung ist – oder wie Humboldt programmatisch festgehalten hat: „Wissenschaft . . . als ein noch nicht ganz aufgelöstes Problem behandeln“. Zum Thema wird, wie sich wissenschaftliches Wissen von anderen Wissensformen – insbesondere dem Erfahrungswissen – unterscheidet und wie sich der Code wahr/falsch vom Code nützlich/nicht nützlich unterscheidet. Dabei geht es nicht um eine Wertigkeit dieser beiden Wissensformen, lediglich um die Andersartigkeit – und um die Bedeutung des wissenschaftlichen Wissens in Hochschulen und für die Institution Hochschule.

„Wissenschaftlichkeit“ in der wissenschaftlichen Weiterbildung

2.3

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Formate und didaktische Zugänge zur Wissenschaft?

Die Hochschulen haben einige traditionelle Lehr-/Lernformate ausgebildet. Von der Vorlesung als Form der Vermittlung von systematischem Grundlagen- und Orientierungswissen über das Seminar als Form des wissenschaftlichen Austauschs bis zum Labor als Form der (naturwissenschaftlichen) Untersuchung. Diese Formen – und ihre entsprechenden Orte Hörsaal, Seminarraum, Labor – orientieren sich an Arbeitsschritten im Forschungsprozess und seiner diskursiven Erörterung. Selbstverständlich: Damit sind traditionelle Veranstaltungsformate bezeichnet, die sich inzwischen – und insbesondere dank veränderten technischen Möglichkeiten – stark entwickelt haben. Prinzipiell lässt sich festhalten, dass sich „wissenschaftliche Formate“ am Austausch über Wissenschaft und ihre Teilprozesse orientieren und damit eine sehr breite Palette an Möglichkeiten offenlassen. Insofern lässt sich „Wissenschaftliche Weiterbildung“ – auf dieser Oberfläche betrachtet – wohl kaum durch Veranstaltungsformate von anderen Weiterbildungen unterscheiden. Etwas feinkörniger betrachtet lassen sich beispielsweise auch Leistungsnachweise als Formate des institutionalisierten Lehrens und Lernens beschreiben. Welche Formen haben sich in der wissenschaftlichen Weiterbildung etabliert? Auch hier zeigt sich eine breite Palette. In einer Studie haben Lermen, Rübel und SchiefnerRohs kürzlich festgestellt, dass „Wissenschaftlichkeit“ hier sehr wohl ein Problemfeld darstellt, indem sich die Vorstellungen über eine gelungene Arbeit deutlich unterscheiden können. In ihrer Untersuchung zu Abschlussarbeiten in einem wissenschaftlichen Weiterbildungsstudiengang kommen sie zum Schluss: „Überspitzt formuliert widmen sich die Studierenden in der Ausgestaltung der Arbeiten häufig einem Thema aus der bzw. für die Praxis. Die Bemerkungen der Gutachtenden zu den bewerteten Masterarbeiten beziehen sich überwiegend auf Aspekte des wissenschaftlichen Arbeitens.“ (Lermen et al. 2016, S. 64). Dies ist insbesondere deshalb bedeutsam, weil sich die wissenschaftliche Weiterbildung gerade auch durch ihre Abschlüsse und Diplome von anderen Weiterbildungen unterscheidet, was nicht zuletzt mit weitergehenden Berechtigungen und arbeitsmarktrelevanten Vorteilen verbunden ist. Mit den sich an Hochschulen etablierten „Diploma Supplements“ wird zudem die hochschulische Verortung betreffend Wissenschaftlichkeit, Problemkomplexität etc. unterstrichen (vgl. Qualifikationsrahmen Weiterbildung von swissuniversities). Als besonders ausgeprägte Form des wissenschafts- und forschungsbezogenen Zugangs hat sich im deutschen Sprachraum das Forschende Lernen etabliert. Darunter wird – in der weit verbreiteten Definition von Ludwig Huber – verstanden, „. . . dass die Lernenden den Prozess des Forschungsvorhabens, das auf die Gewinnung von auch für Dritte interessanten Erkenntnissen gerichtet ist, in seinen wesentlichen Phasen . . . (mit)gestalten, erfahren und reflektieren.“ (Huber 2013, S. 23) Dahinter verbirgt sich nicht bloss der Anspruch der Wissenschaftssozialisation, sondern auch die Konzeption einer Hochschule, welche die Verknüpfung von Forschung und Lehre ebenso ernst nimmt wie sie den Gestaltungsraum von Studierenden als (künftige) Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler berücksichtigt.

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Wissenschaftliche Kriterien und Qualitätsansprüche sind zentrale Elemente des Forschenden Lernens. Die inzwischen stark gewachsene Literatur über Forschendes Lernen bezieht sich allerdings kaum auf Weiterbildungsangebote. Dabei wären Weiterbildungen – gerade auch in Verbindung zum Anspruch „Beruflichkeit“ – sehr affin für solche methodischen Zugänge, da diese das Verhältnis von Nähe und Distanz in geeigneter Form modellieren: Der forschende Zugang erlaubt, gleichzeitig nahe und distanziert sein, also genau hinzuschauen und sorgfältig zu prüfen. Wäre ich zu nahe, würde die Weiterbildung selber zur Praxis und leistete nicht mehr, was es leisten soll, bin ich aber zu weit weg, dann drohen die (berufs-) praktischen Probleme aus dem Blick zu geraten (zur Beruflichkeit der wissenschaftlichen Weiterbildung vgl. Abschn. 3). So wäre also etwa zu prüfen, ob nicht bloss bei einzelnen Weiterbildungsveranstaltungen oder Modulen, sondern auch bei der Konzeption und Planung von Weiterbildungsstudiengängen curriculare Konzepte der Forschungsorientierung und des Forschenden Lernens gewinnbringend herangezogen werden könnten. Tatsächlich gibt es Weiterbildungsangebote, welche im Wesentlichen darauf abzielen, eine konkrete praktische Fragestellung aufzugreifen und diese im Modus der Forschung zu bearbeiten. So beschreiben beispielsweise Jankowski et al. das Format „Training-on-theProject“, welches Forschungsorientierung mit ökonomischem Nutzen für die KMU-geprägte Umgebung verbinden will: „Die Teilnehmenden bringen eine aktuelle Fragestellung aus ihrem Unternehmen ein und bearbeiten diese – verbunden mit flankierenden Weiterbildungsmassnahmen – während der Präsenzphasen gemeinsam mit Forscherinnen und Forschern in einer thematisch passenden wissenschaftlichen Arbeitsgruppe.“ (Jankowski et al. 2016, S. 77) „Das Alleinstellungsmerkmal des Ansatzes ist die konsequent nachfrageorientierte Herangehensweise.“ (Jankowski et al. 2016, S. 77). Dieses Format, so heisst es im Fazit, „ist durch seine inhaltliche und zeitliche Flexibilität wie auch die hohe Praxisnähe ein mögliches Instrument, um unternehmerische Ideen aufzugreifen, diese kombiniert mit wissenschaftlicher Expertise weiter voranzutreiben, Weiterbildung auf hohem wissenschaftliche Niveau zu ermöglichen und zugleich Innovationen zu fördern.“ (Jankowski et al. 2016, S. 81) Forschungsorientierung steht auch im Zentrum eines Vorschlags aus der Weiterbildung für Lehrpersonen: Das Weiterbildungsangebot richtet sich an bildungshistorisch interessierte Personen, welche – oftmals aus gegebenem Anlass (Jubiläum der Schulgemeinde, des Schulhauses, der schulischen Ferienkolonie etc.) – ihre lokalen Materialien aufarbeiten und also einen ortsgeschichtlichen Beitrag verfassen wollen. Diese Lehrpersonen sind eingeladen, im Rahmen eines Weiterbildungsangebots ihre Materialien in Kontakt und Auseinandersetzung mit Kollegen und bildungshistorischen Expertinnen zu sichten, zu strukturieren und zu gewichten, um – produktorientiert – einen Beitrag zu verfassen, welche sich in erster Linie an die lokale Umgebung richtet, aber gleichzeitig als Konkretisierung bildungshistorischer Systematik und Ordnungen gelesen werden kann. Das Angebot organisiert sich weitgehend als Workshop, bei dem sich Inputs, Austausch, wissenschaftliche Beratung und individuelle Arbeitsphasen abwechseln. Umfang und Anspruch an das

„Wissenschaftlichkeit“ in der wissenschaftlichen Weiterbildung

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„Produkt“ sind weitgehend individuell festgelegt und also durch die Teilnehmenden bestimmt – bei allen Unwägbarkeiten und Möglichkeiten des Scheiterns. Und die wissenschaftlichen Qualitätsansprüche implizieren beispielsweise, dass die entstehenden Produkte – wie bei wissenschaftlichen Arbeiten üblich – den anderen vorund damit zur Diskussion gestellt und schliesslich über die Bibliothek verfügbar gemacht werden.

2.4

Irritation durch Wissenschaft!

Stefan Jansen hat die Idee der Gründung von Universitäten vor ca. 800 Jahren mit ihrer besonderen Funktion beschrieben: „Der Gesellschaft das zu geben, was sie nicht bestellt hat und nicht bestellen konnte.“ (Jansen 2014, S. 179) Damit wird nicht zuletzt die Eigenständigkeit dieser Institution unterstrichen, welche sich eben nicht in einer oberflächlichen gesellschaftlichen Nutzlogik und reinem Dienstleistungscharakter beschreiben lässt. Wissenschaft kann damit auch zu überraschenden Einsichten führen – und in diesem Sinne auch irritieren (Weber 2006, S. 222). Dies gerade auch im Zusammenhang mit praktischen (Berufs-)Problemen, wenn das genaue Hinsehen und sorgfältige Prüfen eben dazu führt, dass neue Horizonte sichtbar werden. In ihrem Bezug auf „Wissenschaftlichkeit“ wird dieses Hinsehen und Prüfen gleichzeitig immer wieder auf einen tragfähigen Boden gestellt – selbst Luftschlösser erhalten ein Fundament.

3

Wissenschaftlichkeit und Beruflichkeit

Seitter hat wissenschaftliche Weiterbildung als „Hybrid- und Überschneidungsbereich“ beschrieben, „der nicht nur auf Wissenschaft hin orientiert ist (Wissenschaftsfundierung), sondern gleichermassen auf (Erwachsenen-) Bildung (Vermittlung wissenschaftlichen Wissens) und marktförmige Leistungsbeziehungen (nachfrageorientierte Anwendung)“ (Seitter 2017, S. 144–145). Gerade hinter dem dritten Aspekt verbirgt sich eine oftmals dominante Vorstellung, welche wissenschaftliche Weiterbildung als Form eines Wissenschaftstransfers rasch zugunsten beruflicher Problemlösung und Qualifizierung fruchtbar machen will. Ausdruck davon ist dann auch die in der Weiterbildung im Vergleich zu den grundständigen Studiengängen veränderte Finanzierungsmodalität, wonach die Teilnehmerinnen und Teilnehmer weitestgehend für die Kosten aufkommen müssen – gerechtfertigt bloss in einer Überbetonung des privaten Nutzens. Damit zusammen hängt dann auch eine andere Planung des Angebots: Während die grundständigen Studiengänge enger mit der wissenschaftlichen Entwicklung verbunden sind, stehen bei Weiterbildungsstudiengängen oftmals extern definierte Probleme im Zentrum, welche dann auch eine genügende Nachfrage sichern (Weber 2006, S. 223). Nachfrageorientierung und Dienstleistungscharakter sind allerdings (bisher) kaum im universitären Selbstverständnis verankert, vielmehr gerät Weiter-

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P. Tremp

bildung in ein Spannungsverhältnis zur Angebotslogik der Hochschulen (Heufers und Al-Mafaalani 2011, S. 62). Damit sind auch Fragen nach den traditionellen akademischen Freiheiten verbunden. (Wissenschaftliche) Unabhängigkeit, die sich aus der akademischen Freiheit ergibt, könnte zwar als Stärke der Weiterbildungen an Hochschulen gelten, wird aber in der Absicht, ein „Produkt“ zu verkaufen, gleichzeitig eingeschränkt. Damit stellt sich das Problem der Relationierung von Wissenschaftsorientierung und Berufsbezug hier in verstärkter Form, das Konzept einer Bildung als Entfaltung und Kultivierung eines Möglichkeitssinns (Faulstich, zitiert nach Seitter 2017, S. 149) gerät gerade gegenüber eher technizistischen Konzepten oftmals ins Hintertreffen. Die Relationierung von Wissenschaftlichkeit und Berufsbezug ist allerdings nicht bloss eine Notwendigkeit der Weiterbildung, sondern auch der grundständigen Studiengänge. Hier hat sich in der Bologna-Debatte eine Diskussion um den Begriff der Employability entfaltet, welche sowohl gesellschaftliche Ansprüche als auch studentische Erwartungen an ein Studium aufgreift. Die Typologie von Studiengängen, welche Martin Griepentrog (unveröffentlichtes Manuskript) vorgeschlagen hat, dürfte in ihrer Verbindung zu Berufsbezügen auch für die Weiterbildungsdiskussion anregend sein, indem sie eben zeigt, dass die verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen je eine spezifische Nähe zu beruflichen Arbeitsfeldern kennen. Insgesamt zeigt die Frage des Berufsbezugs, dass nicht nur eine Annäherung zwischen den Hochschultypen (Universitäten, Fachhochschulen, Pädagogische Hochschulen) stattfindet, sondern auch eine Annäherung zwischen den grundständigen Studiengängen mit ihren „Employability-Konzepten“ und der wissenschaftlichen Weiterbildung mit ihren oftmals engen Berufsbezügen. Damit rücken – bei allen weiterhin bestehenden Differenzen – auch didaktische Fragen von grundständigen Studiengängen und wissenschaftlicher Weiterbildung näher zusammen.

3.1

Wissenschaftliches Wissen und Berufliches Können

Wissenschaftliches Wissen ist zentrale Referenzgrösse verschiedener Berufsfelder. Und bisweilen verändern sich mit neuen Erkenntnissen auch berufliche Praxen, auch wenn dies weder linearer Prozess noch Automatismus ist. Haberzeth unterscheidet in diesem Zusammenhang drei Formen des Wissens mit je spezifischen Funktionen, Strukturen und Bezugskriterien: Das Alltagswissen, das Professionswissen und das Wissenschaftliche Wissen (Haberzeth 2018). Diese drei Wissensformen haben je unterschiedliche Bedeutung für berufliche Bewährungssituationen. Denn tatsächlich gibt es auch eine Praxis, die von wissenschaftlichem Wissen kaum berührt scheint: Hier gibt es ein Tun ohne wissenschaftliches Verstehen und eine Könnerschaft ohne differenzierte Reflexion – und dies ist auch ausreichend. Routinen stützen hier das tägliche Handeln, und machen dieses mitunter höchst erfolgreich. Oder, um dies mit einem Bonmot zu illustrieren: Vögel brauchen zum Fliegen keine ornithologischen Kenntnisse, und Fische müssen ebenso wenig Ichthyologen sein. Und gleichzeitig lässt sich auch das Umgekehrte festhalten: Ornithologen müssen nicht fliegen

„Wissenschaftlichkeit“ in der wissenschaftlichen Weiterbildung

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können, Ichthyologen nicht schwimmen. Nicht jeder, der etwas weiss und versteht, ist gleichzeitig ein Könner im Tun – und er muss es auch nicht sein. Damit ist auch die Herausforderung beruflich-wissenschaftlicher Weiterbildung beschrieben: Wissenschaft kann zu einer Verbesserung der je individuellen beruflichen Praxis beitragen, es besteht aber keine Gewähr. Wissenschaft fokussiert mit ihrem Code auf die analytische Unterscheidung zwischen wahr und falsch und damit auf ein bestimmtes explizites, systematisches Wissen, wohingegen in der Berufswelt oftmals der Code nützlich/nicht nützlich resp. angemessen/nicht angemessen im Zentrum steht. Professionalisierungskonzepte machen aber darauf aufmerksam, dass Professionalität ohne wissenschaftliche Fundierung nicht zu haben ist, ja Professionalisierung kann geradezu als Praxis-Rückkoppelung von wissenschaftlichem Wissen gesehen werden muss (Gieseke 2015). Ähnlich argumentieren auch Walber & Jütte mit ihrem Konzept der „Interaktiven Professionalisierung“, welcher sich als reflexiver Austausch zwischen wissenschaftlicher Disziplin und praktischer Profession versteht, zu dem Weiterbildung die notwendigen Vorstrukturen bereit stellt (Walber und Jütte 2015). Wissenschaftlichkeit kommt hierbei die Bedeutung zu, eine spezifische Wissensform zur Verfügung zu stellen, welche in diesem Interaktionsraum der Bearbeitung von authentischen oder realen praktischen Handlungsanforderungen eine notwendige Ressource ist und hier auf praktisches Handlungswissen trifft.

3.2

Formen der Zusammenarbeit

Hochschulen „erfüllen ihren Bildungsauftrag in erster Linie in Anbindung an die Organisationsstrukturen von Wissenschaft und Forschung“ (Baumhauer 2017, S. 2) Und die berufliche Sozialisation von (universitären) Hochschullehrerinnen und Hochschullehrern führt dazu, dass sie berufliche Problemstellungen oftmals nur aus einer analytisch-distanzierten Perspektive kennen – ein Grund, warum berufspraktische Problemstellungen aus den grundständigen Studiengängen traditionell in die Referendariatszeit ausgelagert wurden resp. als Praktika und damit gesonderte Ausbildungselemente gehandhabt werden (vgl. Medizin oder Lehrberufe). Um zwischen Wissenschaft und Berufswelt zu vermitteln, werden wissenschaftliche Weiterbildungen oftmals in personaler Kombination von Hochschulpersonal und Berufspersonen durchgeführt (Weber 2006 , S. 215), wobei von Berufspersonen neben ihrer wissenschaftlichen Grundbildung bisweilen eine spezifische zusätzliche Qualifikation erwartet wird. Diese Entwicklung zeigt sich eine Ähnlichkeit zu Forschungsvorhaben, welche in einer engen Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Berufswelt neue Formen der Übergänge zwischen wissenschaftlichem Wissen und Anwendung resp. Praxis sucht: Wissenstransfer wird hier bereits durch die Art der Wissensproduktion vorstrukturiert, Wissensproduktion wird gleichzeitig zur Weiterbildung. Diese Vermittlung von Wissenschaft und Berufswelt zeigt sich auch als didaktisch-methodische Herausforderung. Dabei kann vergleichend beispielsweise auf die verschiedenen professionsbezogenen Studiengänge verwiesen werden, wel-

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P. Tremp

che je ihre eigenen Traditionen entwickelt haben, um Berufsbezüge in ihre Lehre zu integrieren. Dazu gehören etwa Lehre am Krankenbett in der Medizin oder Fallbesprechungen in der Rechtswissenschaft. In diesen Studiengängen zeigt sich eine enge Verbindung von Disziplin und Profession und also eine spezifische Relationierung von Forschungsorientierung und Berufsbezug (Tremp 2015, S. 28–29). Und es kann erneut auf die Fachhochschulstudiengänge verwiesen werden, welche in ihrer Wissenschafts- und gleichzeitigen Berufsorientierung diese Relationierung in ihr Programm geschrieben haben und entsprechend eine andere Qualifikation ihrer Professorinnen und Professoren verlangen. In Fachhochschulen zeigt sich, dass oftmals nicht die Forschungslogik die Grundstruktur der Institution bestimmt, sondern der Vermittlungszusammenhang und damit die Zielsetzungen der Bildungsangebote – ohne aber einer Nachfrageorientierung zu huldigen. Vielmehr findet sich hier „eine Auflösung der traditionellen Grenzziehung zwischen akademischer und beruflicher Bildung.“ (Wolter 2016, S. 30) Dies belegt gleichzeitig: Forschungsstarke Hochschulen haben nicht bereits die besseren Voraussetzungen für wissenschaftliche Weiterbildungen, eine zu starke Forschungsorientierung dürfte die Weiterbildungsaktivitäten eher einschränken. Berufspraktikerinnen und Berufspraktiker bringen ein berufspraktisches Wissen mit, das in beruflichen Erfahrungszusammenhängen gewonnen wurde und das nun in die wissenschaftliche Weiterbildung eingebracht wird. Dieses Erfahrungswissen kann in der Konfrontation mit dem wissenschaftlichen Wissen zur „Berufspraktischen Validierung des wissenschaftlichen Wissens“ genutzt werden! Um dies an einem Beispiel aus der Weiterbildung von Lehrpersonen zu konkretisieren: Forschungsergebnisse zu Hausaufgaben zeigen immer wieder ihre sehr beschränkte, bisweilen sogar kontraproduktive Wirkung. Dies nun allerdings steht in deutlichem Kontrast zur individuellen Erfahrung von Lehrerinnen und Lehrern. Berufspraktische Validierung heisst zu prüfen, wie wissenschaftliche Ergebnisse mit den alltäglichen Erfahrungen und Alltagstheorien übereinstimmen, wie sich die allfälligen Unterschiede interpretativ erklären lassen und welche weiteren Fragen sich daran anschliessen. Dabei geht es nicht um eine forschungsmethodische Validierung, sondern um einen inhaltlichen Abgleich, der bisweilen zu einer „Irritation durch Wissenschaft“ führen kann.

4

Schluss

Mit der Relationierung von Wissenschaftlichkeit und Berufsbezug ist zwar eine zentrale Frage der wissenschaftlichen Weiterbildung angesprochen. Gleichwohl muss betont werden, dass Beruflichkeit – ähnlich den grundständigen Studiengängen – nicht in allen Weiterbildungsangeboten zentraler Referenzpunkt ist. Bildung – und immerhin bezieht sich auch der Begriff der Weiterbildung auf diesen Terminus – meint ja in der traditionellen Formulierung bei Humboldt „soviel Welt als möglich zu ergreifen, und so eng, als er nur kann, mit sich zu verbinden“ (Humboldt 2010, S. 235) – als persönliche Entfaltung durch (wissenschaftliche) Vertiefung in der Sache.

„Wissenschaftlichkeit“ in der wissenschaftlichen Weiterbildung

135

Peer Pasternack hat in einem anderen Zusammenhang von internen Spannungen (Bildung und Ausbildung; Tradition und Innovation; Gewissheit und Ungewissheit; . . .) geschrieben, welche Hochschulen prägen und dabei festgehalten. „Die spezifische Qualität der Hochschule wird nicht aus einzelnen Polen dieser Spannungsverhältnisse produziert, sondern dadurch, wie die Überbrückung zwischen den Polen gelingt. Dabei sind Paradoxien zu entfalten.“ (Pasternack 2017, S. 42–43) Dies gilt wohl auch für einige Fragen, die sich der wissenschaftlichen Weiterbildung stellen. Der Pol „Wissenschaftlichkeit“ alleine wird dem Unternehmen „wissenschaftliche Weiterbildung“ nicht gerecht. Oder wie Seitter bemerkt: „Möglicherweise erweist sich die Wissenschaftlichkeit der wissenschaftlichen Weiterbildung gerade darin, dass sie einseitige Positionierungen vermeidet und die spannungsreiche Vielfalt ihrer wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Indienstnahme immer wieder (neu) produktiv bearbeitet.“ (Seitter 2017, S. 149) Insofern könnte die wissenschaftliche Weiterbildung auch als Laboratorium verstanden werden, welches vielfältige Anregungen auch für grundständigen Studiengänge bereithält – und für die Hochschule als Bildungsinstitution!

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Nutzen und Erträge wissenschaftlicher Weiterbildung Dieter Timmermann und Stefan Hummelsheim

Inhalt 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Konzeptionelle Ausgangsüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Dimensionen erwartbarer Wirkungen als Analysemodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Evidenzen erwartbarer Wirkungen nach Ebenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

138 138 140 143 149 150

Zusammenfassung

Der Beitrag beschreibt aus bildungsökonomischer Perspektive die positiven Wirkungen, d. h. Nutzen und Erträge von wissenschaftlicher Weiterbildung. Dazu werden zentrale Begriffe geklärt, die Dimensionen der erwarteten Wirkungen analytisch unterschieden und ausgewählte empirische Evidenzen auf individueller, institutioneller, staatlicher und gesellschaftlicher Ebene vorgestellt. Deutlich wird wie vielschichtig die verschiedenen Wirkungen nach Dimensionen und Ebenen auftreten können. Gleichzeitig ist das große empirische Defizit auffällig, welches valide Aussagen beschränkt und im Widerspruch zu der zunehmenden gesamtgesellschaftlichen Bedeutung von wissenschaftlicher Weiterbildung steht. Schlüsselwörter

Gerechtigkeit · Nutzen · Erträge · Inzidenz · Wirkungen

D. Timmermann (*) Universität Bielefeld, Bielefeld, Deutschland E-Mail: [email protected] S. Hummelsheim Stefan Hummelsheim Consulting, Swisttal-Heimerzheim, Deutschland E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 W. Jütte, M. Rohs (Hrsg.), Handbuch Wissenschaftliche Weiterbildung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-17643-3_7

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1

D. Timmermann und S. Hummelsheim

Einleitung

Der vorliegende Beitrag befasst sich aus bildungsökonomischer Perspektive mit den positiven Wirkungen wissenschaftlicher Weiterbildung im Folgenden wissenschaftliche Weiterbildung, die üblicherweise mit den Begriffen „Nutzen“ und „Erträge“ beschrieben werden. Dabei geht es um vier Wirkungsadressaten: 1. Die sich wissenschaftlich weiterbildenden Individuen (Mikroebene), 2. die Institutionen (Organisationen), in denen die sich weiterbildenden Individuen tätig sind (Mesoebene), 3. der Staat, der seinerseits aus den Erträgen der Individuen und Organisationen eigene Erträge ziehen kann (Mezzoebene), und 4. die Gesellschaft als Ganzes (Makroebene). Zunächst werden grundlegende bildungsökonomische Ziele und zentrale Begriffsbestimmungen als konzeptionelle Ausgangsüberlegungen vorgestellt. Hierbei ist insbesondere die Einführung des Begriffes „positive Wirkungen“ für den Fortgang der Argumentation des Beitrages relevant. Im Anschluss daran werden die verschiedenen Dimensionen erwartbarer Wirkungen als Analysemodell beschrieben, da die erwartbaren Wirkungen sowohl während der Weiterbildungsaktivität als auch im Anschluss daran auftreten. Diese Unterscheidung ist u. a. deshalb relevant, weil Bildungsentscheidungen insbesondere vor dem Hintergrund der erhofften positiven Wirkungen nach der Bildungsaktivität getroffen werden. Daran schließt sich die Diskussion der empirischen Befunde zu den positiven Wirkungen der wissenschaftlichen Weiterbildung an. Angesichts der überraschenden Forschungsarmut an empirischen Wirkungsevidenzen befasst sich der Beitrag notgedrungen mit konzeptionellen Überlegungen zu den möglichen bzw. vermuteten und plausiblen positiven Wirkungen sowie mit den wenigen Studien, die zu den positiven Wirkungen von wissenschaftlicher Weiterbildung vorliegen. Dabei werden die positiven Wirkungen referiert, die entlang der individuellen, institutionellen, staatlichen und gesamtgesellschaftlichen Ebene auftreten (können). Dabei ist das große empirische Defizit auffällig, welches valide Aussagen beschränkt und im Widerspruch zu der zunehmenden gesamtgesellschaftlichen Bedeutung von wissenschaftliche Weiterbildung steht. Der Beitrag schließt mit einem kurzen Fazit.

2

Konzeptionelle Ausgangsüberlegungen

2.1

Grundlegende bildungsökonomische Ziele

In der bildungsökonomischen Literatur wird üblicherweise zwischen den beiden normativen Basiszielen Effizienz und Gerechtigkeit unterschieden (Hummelsheim und Timmermann 2018; Woodhall 1987). Effizienz postuliert die Optimierung des Verhältnisses von Bildungserfolg (bzw. Output) und des Wertes der für diesen Erfolg ge- und verbrauchten Ressourcen. Diesem Postulat zufolge ist die Finanzierung von wissenschaftlicher Weiterbildung derart auszugestalten, dass die verfügbaren Ressourcen so gut wie möglich ausgeschöpft werden und Verschwendung von Ressourcen vermieden wird, und zwar sowohl im Hinblick auf das Handeln der einzelnen in der wissenschaftlichen Weiterbildung engagierten Personen und Organisationen

Nutzen und Erträge wissenschaftlicher Weiterbildung

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(interne Effizienz), wie auch hinsichtlich des Umgangs mit den für die wissenschaftliche Weiterbildung bereit gestellten Ressourcen in der gesamten Volkswirtschaft (externe Effizienz). Schwierig ist es, das Effizienzziel im Kontext von wissenschaftlicher Weiterbildung zu operationalisieren und zu messen, da die Wirkungen bzw. Nutzen und Erträge von wissenschaftlicher Weiterbildung nicht zweifelsfrei zuzurechnen und in der Folge zu messen sind. Die Operationalisierungs- und Messprobleme beschränken die Möglichkeit von validen Aussagen und öffnen den Raum für weitgehende Effizienzvermutungen ohne nachweisbare empirische Evidenz. Das Gerechtigkeitsziel führt unmittelbar zur Maxime von Gleichheit und Chancengleichheit. Während die Gleichheitsidee die Verteilung der Finanzierungslast und der Erträge sowie des Nutzens von wissenschaftlicher Weiterbildung zwischen Individuen und gesellschaftlichen Gruppen thematisiert, geht es bei der Frage der Chancengleichheit um die gleichen Chancen des Zugangs zu und der Partizipation an wissenschaftlicher Weiterbildung für die einzelnen Menschen und gesellschaftlichen Gruppen. Zugangs- und Partizipationschancen sollen danach unabhängig von der sozialen Herkunft (das heißt von dem Beruf, dem Status, der Schulbildung, der Berufsbildung, dem Einkommen und Vermögen des/der Lernenden oder des Partners/der Partnerin), unabhängig vom Geschlecht, der Rasse, der ethnischen sowie der regionalen Herkunft der Lernenden und deren sozialen, religiösen, weltanschaulichen und sexuellen Orientierungen, sondern allein durch die Leistungsfähigkeit und Anstrengungsbereitschaft des Individuums bestimmt sein. Der Gleichheitsaspekt und das Chancengleichheitspostulat sind nicht identisch, aber es besteht ein inhaltlicher Zusammenhang, da die Idee der Gleichheit der Finanzierungslast und des Bildungsnutzens bzw. -ertrages die Gleichheit der Zugangs- und Partizipationschancen voraussetzt. Hervorzuheben ist, dass sich die beiden normativen Basiszielen Effizienz und Gerechtigkeit in einem Spannungsverhältnis bewegen (Hummelsheim 2010).

2.2

Zentrale Begriffsbestimmungen

Die Bildungsökonomie verwendet den Begriff der Bildungsproduktionsfunktion, um die funktionalen (lerntheoretischen) Zusammenhänge entlang der Vorschule, Schule, Berufsbildung, Hochschule und Weiterbildung zu modellieren. Dabei suggeriert die Bildungsproduktionsfunktion idealtypisch einen linearen Prozess der Transformation des Gelehrten in Gelerntes. Eine Besonderheit besteht allerdings in der weitgehenden Unbestimmtheit (Kontingenz) der funktionalen Zusammenhänge, wobei in Anlehnung an Luhmann systemtheoretisch mit dem Technologiedefizit der Erziehung (Schorr und Luhmann 1988) argumentiert wird, welches neben der familiären Erziehung auch die Lernprozesse in Bildungseinrichtungen einschließt. Die Unbestimmtheit insbesondere auch des Lernoutputs gilt auch für Einrichtungen und Prozesse wissenschaftlicher Weiterbildung, in denen die Teilnehmenden oftmals nur kurze Lernzeiten verbringen. Dahinter steht nicht nur die begrenzte Prognostizierbarkeit der Lernergebnisse, sondern auch die Rolle der Lernenden als Co-Produzent(inn)en, die gewissermaßen autonom entscheiden, ob sie und was sie wann und

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D. Timmermann und S. Hummelsheim

wie lernen wollen. Hinzu kommt, dass Kompetenzentwicklung immer auch von außerschulischen Einflüssen (Familie, Peers, Medien) beeinflusst wird. Daneben soll auf den Begriff der Nutzen- und Ertragsinzidenz (Musgrave et al. 1994) hingewiesen werden, der ein Konzept der Finanzwissenschaft in die Bildungsdiskussion einführt. Danach wird versucht, theoretisch plausible Aussagen darüber zu treffen, welche Wirtschaftssubjekte nach Beendigung aller Refinanzierungsvorgänge die Kostenlast wahrscheinlich tragen müssen (Kosteninzidenz) bzw. die Nutzen- und Erträge am Ende möglicherweise genießen dürfen (Nutzen- und Ertragsinzidenz). Weiterhin ist auf den Begriff der Wirkungen hinzuweisen, der in der Bildungsökonomie unlängst vorgeschlagen worden ist (Timmermann 1998; Hummelsheim und Timmermann 2018), um die verschiedenen Nutzen- und Ertragsdimensionen gemeinsam abzubilden. Dies ist deshalb geboten, weil die Begriffe Weiterbildungsnutzen und Weiterbildungserträge oftmals synonym verwendet werden, jedoch jeweils eigene Konzepte mit spezifischer Bedeutung darstellen. So ist der Nutzenbegriff der Haushalts- und Konsumtheorie entlehnt und stellt eine allein subjektive, unterschiedlich empfundene, nicht beobachtbare Wirkung (Bedürfnisbefriedigung) des Konsums von (Bildungs-)Gütern und (Bildungs-)Dienstleistungen dar. Im Unterschied dazu entstammt der Ertragsbegriff der Theorie der Unternehmung und beschreibt den außersubjektiven, bewerteten institutionellen Ressourcenzuwachs. Mit dem Begriff der positiven Wirkungen (alternativ: Vorteile) wird ein Konzept vorgeschlagen, welches sowohl den Nutzen als auch die Erträge von Akteuren in Bildungsmaßnahmen umfasst, so dass eine konsistente Analyse der monetären und nicht monetären, direkten und indirekten, individuellen und institutionellen sowie Brutto- oder Nettoeffekte von Bildungsaktivitäten grundsätzlich möglich wird.

3

Dimensionen erwartbarer Wirkungen als Analysemodell

3.1

Erwartbare Wirkungen während der Weiterbildungsaktivität

Während einer wissenschaftlichen Weiterbildung lassen sich folgende erwartbare positive Wirkungen für folgende Akteure behaupten: • Die Weiterlernenden genießen Nutzenwirkungen insofern, als ihr Bedürfnis und die Freude zu lernen zu einem bestimmten Grad befriedigt werden. Neue soziale Kontakte bereichern u. U. ihr Arbeits- oder Privatleben, neue Kommunikationen in Lerngruppen intensivieren die Lerneffekte, u. U. erfahren sie neue Anregungen für eine befriedigendere Freizeitgestaltung und entwickeln eine dynamische intrinsische Motivation zum lebenslangen Lernen. In Anlehnung an Kollmanns Kategorisierung der Wirkungserwartungen der Teilnahme an wissenschaftlicher Weiterbildung könnte man hier von Bildungs- bzw. persönlichen Bereicherungserwartungen sprechen (Kollmann 2017). • Externer Nutzen entsteht, wenn Arbeitskollegen sich motivieren lassen und am Gelernten teilhaben wollen. Andere Dritte wie z. B. die Familien, Partner/innen,

Nutzen und Erträge wissenschaftlicher Weiterbildung

• • • •



141

Freunde wollen z. T. ebenfalls teilhaben, wodurch ihr Zufriedenheitsgrad in der Maßnahmezeit (denkbar sind allerdings auch entgegen gesetzte Wirkungen) steigt. Die Anbieterorganisationen von Weiterbildungsmaßnahmen erzielen monetäre Erträge in Form ihrer Einnahmen, ggf. nicht-monetäre Erträge in Gestalt steigender Reputation. Die Beschäftigten in den Anbieterorganisationen erzielen Einkommen und können ihre Konsumwünsche (z. T.) erfüllen. Die Arbeitgeber der Lernenden entwickeln u. U. Reputation als Arbeitnehmer freundliche und unterstützende Organisationen. Der Staat erzielt Erträge in Form von direkten und indirekten Steuern aus den Einkommen der in den Anbieterorganisationen Beschäftigten, er muss allerdings zugleich die steuerlichen Absetzbarmöglichkeiten der Lernenden und ggf. ihrer Arbeitgeber in Kauf nehmen (erst diese Gegenüberstellung führt zu dem letztlich bedeutsamen Nettoeffekt). Die Gesellschaft erzielt die aus den verschiedenen genannten Ertrags- und Nutzenwirkungen hervorgehenden Wohlfahrtseffekte.

3.2

Erwartbare Wirkungen nach der Weiterbildungsaktivität

Im Anschluss an eine erfolgreich abgeschlossene Weiterbildung werden weithin folgende positive Wirkungen für die Akteure vermutet: • Die erfolgreichen Lerner entwickeln größere Arbeitsfreude, genießen stabile neue lebensbereichernde Sozialkontakte in- und außerhalb des Arbeitsplatzes, ggf. sind sie befördert, erleben ein angenehmeres Arbeitsklima, bessere Arbeitsbedingungen und Arbeitsinhalte (direkte Nutzeneffekte) mit weiteren Nutzeneffekten für ein erfüllteres Freizeitverhalten und Familienklima. Sie verfügen über eine höhere Arbeitsproduktivität und erhalten ggf. ein höheres Einkommen im Falle der Beförderung mit Langfristwirkungen auf Sparfähigkeit und Rentenhöhe, die Beförderung lässt den sozialen Status und die soziale Position (Anerkennung) steigen, Beschäftigungssicherheit und eine den Kompetenzen adäquate Beschäftigung werden wahrscheinlicher, damit auch die Chancen für weiteres Lernen und Beförderungen. In Anlehnung an Kollmann kann von individuellen Wirkungserwartungen gesprochen werden, die sich als Professionalisierungserwartung, Veränderungserwartung, Bildungserwartung, Aufstiegserwartung, Erwartung persönlichen Wissenswachstums und Neuorientierungserwartung äußern. • Positive Wirkungen für Dritte werden erwartet im Hinblick auf die externen Lerneffekte der Arbeitskollegen und das Arbeitsklima, verändertes Konsumund Gesundheitsverhalten in der Familie, verändertes Erziehungsverhalten gegenüber den eigenen Kindern mit dem Ziel, deren Bildungs- und Lebenschancen zu verbessern. • Die Institution (Organisation) bzw. der Arbeitgeber des Lerners internalisiert einen Teil der höheren Produktivität und spart Kosten ein, die entstanden wären,

142

D. Timmermann und S. Hummelsheim

wenn statt der Weiterbildung des Beschäftigten ein externer Rekrutierungsprozess in Gang gesetzt worden wäre. Die Kosten, die vermieden werden können, sind die Kosten für Ausschreibung, Anhörungen und Einarbeitungszeiten, ggf. für Lohnkostensteigerungen als Folge der externen Rekrutierung (sog. Opportunitätserträge). • Trittbrettfahrer können dadurch Personalkosten vermeiden (d. h. ebenfalls Opportunitätserträge erzielen), wenn sie ihren Konkurrenten wissenschaftlich weiter gebildete Beschäftigte abwerben, zwar die Abwerbekosten tragen müssen, dafür aber die Weiterbildungskosten vermeiden und einen Anteil des Produktivitätszuwachses des Abgeworbenen internalisieren (sog. Poaching). • Der Staat zieht im Falle gesteigerter Produktivität der wissenschaftlich Weitergebildeten und entsprechend höherer Einkommen sowohl höhere Lohn- und Einkommensteuer, höhere indirekte Steuern (Umsatz- und Verbrauchsteuern) als auch höhere Unternehmenssteuern ein, allerdings kommt es (wieder) auf den Nettoeffekt an, d. h. die steuerliche Absetzbarkeit sowohl der Ausgaben für wissenschaftliche Weiterbildung auf Seiten der Lernenden wie auf Seiten der Arbeitgeber bzw. Betriebe ist mit den Erträgen aufzurechnen. Im Ergebnis geht es um die Höhe der fiskalischen Rendite, die wissenschaftliche Weiterbildungsmaßnahmen abwerfen. • Die Zusammenstellung der gesellschaftlichen Ertragsvermutungen (sog. externe gesellschaftlichen Erträge) der Weiterbildung ist beeindruckend lang (Timmermann 1983) und gilt prinzipiell auch für die wissenschaftliche Weiterbildung. Dabei bedeuten die Ertragsvermutungen nicht, dass jede Weiterbildungsmaßnahme bzw. dass jede Form der wissenschaftlichen Weiterbildung all diese vielen Effekte hat, sondern dass einerseits bestimmte Weiterbildungsmaßnahmen bestimmte Wirkungen auslösen und dass andererseits die Summe der Weiterbildungsaktivitäten die gesellschaftlich wünschenswerten Wirkungen erzeugen bzw. mit erzeugen. Letztlich ist auch die genaue Quantifizierung des spezifischen Beitrages der wissenschaftlichen Weiterbildung messtechnisch schwierig. (1) Wissenschaftliche Weiterbildung fördert die Qualität des gesellschaftlichen Lebens, steigert die Qualität des Konsum- und Freizeitverhaltens und die Qualität gesellschaftlicher Kommunikation. (2) Wissenschaftliche Weiterbildung trägt bei zu sozialem Frieden und sozialer Solidarität, zur Toleranz gegenüber abweichenden Werten und Meinungen. (3) Wissenschaftliche Weiterbildung fördert und stabilisiert die demokratische Lebensform. (4) Wissenschaftliche Weiterbildung fördert die politische und soziale Partizipation im gesellschaftlichen Leben. (5) Wissenschaftliche Weiterbildung fördert das Interesse für andere Menschen und deren Probleme. (6) Wissenschaftliche Weiterbildung fördert die Kreativität und den Erfindergeist. (7) Wissenschaftliche Weiterbildung fördert den „guten“ Staatsbürger.

Nutzen und Erträge wissenschaftlicher Weiterbildung

143

(8) Wissenschaftliche Weiterbildung fördert Kinder, weil sie durch (weiter-) gebildete Eltern besser unterstützt werden (intergenerativer externer Effekt). (9) Wissenschaftliche Weiterbildung fördert und stärkt den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft. (10) Wissenschaftliche Weiterbildung fördert die Festigung eines gemeinsamen Wertesystems, ohne das eine Gesellschaft auf Dauer nicht existieren kann. (11) Wissenschaftliche Weiterbildung formt die individuellen Präferenzen derart, dass die vorstehend genannten Attitüden Wertschätzung erfahren. (12) Wissenschaftliche Weiterbildung fördert sozial und politisch bewusste Führungskräfte, ohne die ein Gemeinwesen auf Dauer nicht bestehen kann. (13) Wissenschaftliche Weiterbildung fördert durch qualifizierte Führungskräfte und Mitarbeiter/innen am Arbeitsplatz das Arbeitsklima und die Produktivität der „untergeordneten Mitarbeiter/innen“. (14) Wissenschaftliche Weiterbildung erhöht die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit an neue Bedingungen im Arbeitsmarkt, entlastet die Arbeitslosenversicherung und den Staatshaushalt. (15) Wissenschaftliche Weiterbildung fördert die Erwerbsbereitschaft von Frauen. (16) Wissenschaftliche Weiterbildung senkt die Kriminalität in der Gesellschaft. (17) Wissenschaftliche Weiterbildung beeinflusst die Einstellung zur Gesundheit und das Gesundheitsverhalten. (18) Wissenschaftliche Weiterbildung fördert die Autonomie des Einzelnen. (19) Wissenschaftliche Weiterbildung erhöht die Informationsverarbeitungskapazität der Individuen und trägt zu rationaleren Entscheidungen bei. (20) Wissenschaftliche Weiterbildung erhöht den Versorgungsgrad der Gesellschaft mit Gütern und Dienstleistungen und somit die gesellschaftliche Wohlfahrt. (21) Wissenschaftliche Weiterbildung vermittelt Orientierungen und Handlungskompetenzen, welche die Individuen zur Entwicklung, Bewahrung oder Veränderung von Identität, zur Wahrnehmung von Interessen und zur Bewältigung der verschiedenen Rollenanforderungen in einem immer komplexer werdenden Lebenszusammenhang befähigen. (22) Wissenschaftliche Weiterbildung trägt zum Abbau der Ungleichheit von Bildungs- und Lebenschancen, von Status und Einkommen bei und fördert dadurch den sozialen Frieden sowie die gesellschaftliche Stabilität.

4

Evidenzen erwartbarer Wirkungen nach Ebenen

4.1

Herausforderungen bei dem Nachweis der empirischen Evidenz

Die Frage, welche Wirkungen wissenschaftliche Weiterbildung haben kann, während sie geschieht, ist bisher nicht empirisch untersucht worden. Insofern muss man sich zurzeit mit Hypothesen begnügen, die einen mehr oder weniger großen Plausi-

144

D. Timmermann und S. Hummelsheim

bilitätsgrad haben. Gleiches gilt für die Wirkungen im Anschluss an wissenschaftliche Weiterbildungsmaßnahmen (McMahon 1998). In beiden Fällen ist davon auszugehen, dass die Wirkungen unterschiedlich sind, je nachdem, um welchen Typus bzw. welches Format von wissenschaftliche Weiterbildung es sich handelt und je nachdem, wie lange die Weiterbildungsmaßnahmen dauern. Der Nutzen wird nach der geläufigen Definition ausschließlich von Individuen empfunden und subjektiv gemessen, ohne dass ein Vergleich von Nutzenniveaus zwischen Personen möglich wäre. Insofern sind die Nutzenwirkungen der wissenschaftlichen Weiterbildung nur bei den Lernenden und bei ihren indirekten Mitnutzern bzw. externen Nutznießern zu erheben und nicht aus Statistiken ablesbar. Erträge sind durch beobachtbare Merkmale definiert, so z. B. bei der lernenden Person sozio-ökonomisch durch Einkommensänderungen (Monats-, Jahres- oder Lebenseinkommen) oder durch aus der wissenschaftlichen Weiterbildung ableitbare Renditen, durch Veränderungen der ausgeübten Tätigkeit, ihres Professionalitätsgrades, des sozialen Status oder der Position in der Organisationshierarchie. Erträge können aber auch bei den Arbeitgebern der lernenden Personen in Form höherer Arbeitsproduktivität entstehen, die auf dem Wissens- bzw. Kompetenzzuwachs beruht und sich in höheren Umsatz und Gewinnen niederschlagen kann. Eine weitere Gruppe von Ertragsempfängern können Trittbrettfahrer, d. h. abwerbende (poachende) Konkurrenten des Arbeitgebers sein, welche die durch wissenschaftliche Weiterbildung produktiver und innovativer gewordenen Personen abwerben und sich zumindest einen Teil ihrer gestiegenen Produktivität aneignen. Weiterhin kann auch der Staat Erträge in Form einer fiskalischen Rendite aus der wissenschaftlichen Weiterbildung generieren, wenn die aus den ökonomischen Effekten der wissenschaftlichen Weiterbildung bei den Lernern, ihren alten oder neuen Arbeitgebern und bei den Trittbrettfahrern resultierenden monetären Wirkungen in Form höherer Einnahmen höher sind als die durch wissenschaftliche Weiterbildung bedingten steuerlichen Entlastungen für die Lernenden und ggf. ihre Arbeitgeber. Gesellschaftliche Wohlfahrtseffekte beschreiben die dritte Wirkungskategorie von wissenschaftlichen Weiterbildungsaktivitäten. Dies können ökonomische Erträge in Form höheren Wirtschaftswachstums, höherer gesamtwirtschaftlicher Produktivität, geringerer gesellschaftlicher Arbeitslosigkeit, eines besseren Matchings von Kompetenzbedarfen und Kompetenzangeboten im Arbeitsmarkt sein oder z. B. auch durch auf wissenschaftliche Weiterbildung zurückführbare geringere Kriminalitätsraten, bewussteres Gesundheitsverhalten, stärkeren sozialen Zusammenhalt u. a. m. bewirkte Senkung gesellschaftlicher Kosten beruhen (sog. Opportunitätserträge in Form eingesparter bzw. vermiedener Kosten). Zu diesen Wohlfahrtseffekten gehören schließlich Verteilungswirkungen, die in der möglichen Änderung der Verteilung der Einkommen und der Vermögen unter den Mitgliedern einer Gesellschaft zum Ausdruck kommen und beispielsweise durch den sog. Gini-Koeffizienten gemessen werden können. Der Koeffizient misst, inwieweit sich die faktische Verteilung der Einkommen bzw. der Vermögen einer Bevölkerung von der Gleichverteilung entfernt hat und ob z. B. wissenschaftliche Weiterbildung diese Verteilung verändern kann. Es ist darauf hinzuweisen, dass die Versuche, diese vielfältigen Wirkungen zu erfassen und zu messen, anspruchsvolle Schätzmethoden verlangen, die es erlauben, die beschriebenen und

Nutzen und Erträge wissenschaftlicher Weiterbildung

145

empirisch beobachtbaren Ertragsveränderungen als Wirkungen der wissenschaftlichen Weiterbildung zu identifizieren. Wirkungsunterschiede lassen sich grundsätzlich auf jeder Beobachtungsebene (Individuum, Institution (Organisation), Staat, Gesellschaft) feststellen (Caliendo und Kopeinig 2008). Es ist bedeutsam darauf hinzuweisen, dass der Bruttoeffekt einer wissenschaftliche Weiterbildungsmaßnahmen durch einen „Vorher – Nachher – Vergleich“, der Nettoeffekt einer wissenschaftlichen Weiterbildung Maßnahme allerdings nur durch einen „Vorher – Nachher – Vergleich“ der „weitergebildeten Gruppe“ (Treatmentgruppe) mit einer strukturgleichen „nicht-weitergebildeten Gruppe“ (Kontrollgruppe) möglich ist, da dieses Verfahren (sog. Kontra-Faktisches Design) am ehesten die allein auf die wissenschaftliche Weiterbildung zurückgehenden (Netto-) Wirkungen misst.

4.2

Wirkungsevidenzen auf individueller Ebene

Der empirische Forschungsstand hinsichtlich der Wirkungen der wissenschaftlichen Weiterbildung ist beklagenswert unzureichend, er bezieht sich zudem nur auf die Ebene der Teilnehmenden und deren „Erinnerungen“. Hier werden drei neuere empirische Studien referiert, welche die Wirkungen der wissenschaftlichen Weiterbildung in den Blick genommen haben. Leuze und Strauß (2011) untersuchen anhand des HIS-Absolventenpanels von 1997 aus der Perspektive der Humankapitaltheorie den Einfluss der Quantität und der Qualität von Weiterbildung auf die Einkommen des Absolventenjahrgangs in einem Zeitraum von 5 Jahren nach Abschluss des Studiums. Dabei messen sie die Quantität über die Häufigkeit der Teilnahme und durch die durchschnittliche Dauer der Maßnahmen. Die Schätzergebnisse, die auf der Berücksichtigung einer größeren Anzahl von Kontrollvariablen beruhen, erlauben folgende Aussagen: • Das Einkommen steigt mit der Häufigkeit von Weiterbildungsteilnahmen nur bei den männlichen Hochschulabsolventen. • Für Hochschulabsolventinnen ist kein signifikanter Einkommenseffekt beobachtet worden. • Für beide Geschlechter wird ein schwacher Effekt sinkender Grenzerträge identifiziert, er ist aber nur für die männlichen Absolventen signifikant. • Der sinkende positive Grenzertrag der Absolventen schlägt bei etwa 30 Maßnahmen (in 5 Jahren) in negative Grenzerträge um, bei den Absolventinnen bereits bei ca. 16 Maßnahmen. • Längerfristige Weiterbildungsmaßnahmen haben für beide Geschlechter nur einen schwachen positiven Effekt, der für beide Gruppen nicht signifikant ist. • Maßnahmen der allgemeinen Weiterbildung, vor allem solche, die der Persönlichkeitsentwicklung dienen, zeigen einen starken signifikanten Effekt für die männlichen Hochschulabsolventen, bei den Absolventinnen ist er schwach und nicht signifikant.

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• Die durch die Teilnehmenden selber finanzierte Weiterbildung wie auch die durch Arbeitgeber und Teilnehmer/in gemeinsame geteilte Finanzierung hat ebenso wie die fremd- bzw. drittfinanzierte Weiterbildung keinen Einkommenseffekt, allein die durch den Arbeitgeber finanzierte Weiterbildung hat einen signifikant positiven Effekt für beide Geschlechter. Briedis und Rehn (2011) fragen mit derselben empirischen Datenbasis wie Leuze und Strauß nach dem „Einfluss von Weiterbildung auf den beruflichen Aufstieg von Hochschulabsolventen“. Aus der Fülle möglicher Wirkungen wählen sie den beruflichen Aufstieg als zu untersuchenden individuellen Ertrags- bzw. Nutzeneffekt. Die Schätzergebnisse, die mittels einer binär logistischen Regression und einer größeren Anzahl von Kontrollvariablen getrennt für die Geschlechter erarbeitet wurden, führten zu folgenden Aussagen: • Berufliche Weiterbildung trägt in den ersten fünf Jahren nach Abschluss nicht zum Aufstieg in Führungspositionen bei. (Ergänzend könnte argumentiert werden, dass die Erstausbildung in Form des Studiums für die Tätigkeiten in den ersten fünf Jahren ausreicht, d. V.) • In den zweiten fünf Jahren sind deutlich mehr Personen, die in den ersten fünf Jahren an Weiterbildung teilgenommen haben (21 %), aufgestiegen als Personen, die sich nicht fortgebildet haben (11 %). Allerdings ist dieses Ergebnis nur für die männlichen Absolventen signifikant, nicht für die weiblichen Absolventinnen. • Bei Absolventinnen zeigt sich der Aufstiegseffekt erst auf der Ebene der Promotion. • Die signaltheoretischen und humankapitaltheoretischen Annahmen sowie die Annahmen der Theorie der Arbeitskraftschlangen können damit als bestätigt gelten. • Universitätsabsolventen haben eine höhere Aufstiegswahrscheinlichkeit als Absolventen der Fachhochschulen, das gilt für beide Geschlechter. • Bei den männlichen Absolventen erhöht die Teilnahme an betrieblich initiierten langen Weiterbildungsmaßnahmen signifikant die Aufstiegschancen, bei Absolventinnen zeigt sich kein vergleichbarer Effekt. • Bei kurzfristigen Weiterbildungsmaßnahmen korreliert bei den männlichen Absolventen die Eigeninitiative mit stärkeren Aufstiegschancen als die betriebliche bzw. Arbeitgeberinitiative. • Promotionen erhöhen durch ihre signaltheoretischen Effekte die Aufstiegschancen für beide Geschlechter, nicht aber für Fachhochschulabsolvent(inn)en, was zu einem guten Teil auf den beschränkten Zugang zurück geführt wird. • Für die männlichen Absolventen kommen weitere signifikante Effekte hinzu durch – die Studienfächerwahl, – ein „Mehr“ an Berufserfahrung, – überdurchschnittlich hohe Arbeitsstunden (Überstunden) pro Woche, – arbeitsbezogene Auslandserfahrungen. • In Teilzeit tätige Akademikerinnen haben signifikant geringere Aufstiegschancen.

Nutzen und Erträge wissenschaftlicher Weiterbildung

147

• In öffentlichen Einrichtungen beschäftigte Akademiker/innen haben im Vergleich zu den in der Privatwirtschaft arbeitenden Akademiker/innen wegen der Beförderungsregeln und -praktiken im öffentlichen Dienst deutlich weniger Aufstiegschancen. Kollmann (2017) verfolgt in ihrem Aufsatz einen einerseits weiteren, andererseits engeren und zugleich im Hinblick auf die wissenschaftliche Weiterbildung klareren Ansatz. Sie operationalisiert ihren Begriff von wissenschaftlicher Weiterbildung in transparenter Weise in Gestalt von Zertifikatskursen, sie verwendet einen sog. „mixed-method Ansatz“, indem sie ihre retrospektive, quantitativ ausgewertete Online-Befragung von 793 Personen durch 4 problemzentrierte Interviews ergänzt und an den dort gegebenen vertieften Antworten spiegelt, und sie beschränkt sich nicht auf einen individuellen Ertrags- bzw. Nutzenindikator sondern auf eine größere Anzahl von Indikatoren. Die bedeutendste Erkenntnis ist die besondere Relevanz der Professionalisierung als übergeordnetes Ziel bzw. Nutzen von wissenschaftlicher Weiterbildung, welche unabhängig von Geschlecht, Alter, Berufsabschluss, Erwerbsstatus oder Tätigkeitsfeld als herausragendes Merkmal angenommen werden kann. Gleichzeitig lassen die niedrigeren Bewertungen (der Nutzenkomponente „Verbesserung der beruflichen Situation“, d. V.) darauf schließen, dass wissenschaftliche Weiterbildung für die untersuchten Branchen eher selten ausdrücklich mit Karriere- und Aufstiegsaspirationen assoziiert ist. Außerdem scheinen die externen Faktoren auf den subjektiv bewerteten Nutzen deutlich einflussreicher zu wirken als die untersuchten soziodemografischen Faktoren. Darüber hinaus stellt sich die berufliche Einbindung als weiterer Bedingungsfaktor für die erfolgreiche Realisierung von Nutzenaspekten zur Verbesserung der beruflichen Situation dar. Überdies zeigt sich, dass die Partizipation an wissenschaftlicher Weiterbildung überwiegend mit einem beruflichen Verwertungsinteresse verbunden ist, wobei der subjektiv bewertete Nutzen zugleich deutlich darüber hinausgeht. Verwunderlich ist dies aus bildungsökonomischer Sicht nicht, da die Zertifikatskurse zumeist (82 %) eigeninitiiert waren, die Kosten in Teilen selbst getragen wurden (55 %) und die Kurse über eine längere Zeit hinweg i. d. R. in der Freizeit der Teilnehmenden stattfanden. Ein solches Bedingungsgeflecht setzt eine hohe intrinsische Motivation voraus, die oftmals dann aufgebracht wird, wenn eine berufliche Verwertbarkeit mit einem hohen Interesse am Thema zusammenkommt (S. 25 f.).

4.3

Wirkungsevidenzen auf institutioneller Ebene

Für die Betriebe bzw. Arbeitgeber steht die ökonomische Wertschöpfung durch wissenschaftliche Weiterbildung in Form monetärer Erträge im Vordergrund. Treiber der Ertragssteigerung ist die durch Weiterbildung steigende Produktivität der Beschäftigten. Eine sehr frühe Betriebsbefragung durch das Bundesinstitut für Berufsbildung aus dem Jahr 1990 nach Kosten und Nutzen der betrieblichen Weiterbildung entfaltet die Wahrnehmung der Betriebsvertreter im Hinblick auf die Bewirkung der Wertschöpfung durch (betriebliche) Weiterbildung wie folgt.

148

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Eine Reihe von Aspekten werden als Wirkungen genannt, die in ihrem Zusammenwirken Produktivität und Wertschöpfung der Betriebe erhöhen: • • • • • • • • • • •

Vertiefung des fachlichen Wissens bessere Bewältigung technischer Neuerungen Verbesserung der Arbeitsqualität Erhöhung der Leistungsbereitschaft Vertiefung des Führungswissens Verbesserung der Aufstiegsvoraussetzungen Verbesserung der Führungstechniken Verbesserung der Kooperation und Kommunikation Verbesserung des Verständnisses anderer Abteilungen Verbesserung der Zusammenarbeit mit der Unternehmensleitung Verbesserung des Betriebsklimas

Es kann nur vermutet werden, dass die Wirkungserwartungen in Betrieben, Unternehmen und Organisationen an die wissenschaftliche Weiterbildung ihrer Beschäftigten ähnlich ausfallen wie bei der beruflichen Weiterbildung. Empirische Forschungsbefunde liegen bislang dazu nicht vor.

4.4

Wirkungsevidenzen auf staatlicher Ebene

Was den Staat als Nutznießer von wissenschaftlicher Weiterbildung angeht, so wird davon ausgegangen, dass er einerseits einen Teil der wissenschaftlichen Weiterbildungskosten dadurch trägt, dass sowohl die Organisationen bzw. Arbeitgeber als auch die Lernenden selbst einen Teil ihrer wissenschaftlichen Weiterbildungskosten über Steuererleichterungen (z. B. durch Anerkennung als Betriebs- oder Werbungskosten), also durch Steuerausfälle auf den Staatshaushalt abwälzen. Andererseits nimmt der Staat infolge der mit Einkommens- und Umsatz- sowie Gewinnwachstum einhergehenden weiterbildungsbedingten Innovations- und Produktivitätseffekte höhere Umsatz-, Gewinn- und Einkommensteuern ein, so dass im längeren Zeitverlauf von einer fiskalischen Rendite gesprochen werden kann. Diese Argumentation ist plausibel, lässt sich aber bisher durch keinerlei empirische Evidenz verlässlich stützen.

4.5

Wirkungsevidenzen auf gesellschaftlicher Ebene

Es hat sich im Laufe der Forschungsarbeit zu den positiven Wirkungen gezeigt, dass manche Behauptung zu den individuellen wie gesellschaftlichen Wirkungen nach Abschluss einer Maßnahme aus Korrelationsstudien hervorgegangen ist, welche die Weiterbildungsteilnahme nicht direkt in Beziehung zu vermuteten Wirkungen gesetzt haben, sondern die Bildungsabschlussniveaus mit Variablen wie Kriminalitätsraten, Gesundheitsverhalten oder bürgerschaftliches Engagement korreliert haben. Aus den

Nutzen und Erträge wissenschaftlicher Weiterbildung

149

Befunden wurde dann geschlossen, dass auch die Weiterbildungsteilnahme vergleichbare Wirkungen haben müsste. Empirisches Wissen über die vermuteten Wirkungen der wissenschaftlichen Weiterbildung liegt daher zurzeit in nur bescheidenem Maße und nur für die Ebene der Lernenden vor. Über die gesamtwirtschaftlichen und gesellschaftlichen bzw. Wohlfahrtswirkungen der Teilnahme an wissenschaftlicher Weiterbildung („wider social benefits“) gibt es bisher keinerlei Evidenzen. Die von der OECD, dem Institute of Education der University of London und seitens des finnischen Erziehungswissenschaftlers Manninen (2010) vorgelegten Befunde beziehen sich ausnahmslos auf die allgemeine Weiterbildung. Alle drei Publikationen berichten über empirische Zusammenhänge zwischen Bildungsniveau und Gesundheitsbewusstsein (Rauch- und Trinkverhalten), Kriminalität, politischem und bürgerschaftlichem Engagement. Dabei stellen insbesondere Manninen und die Autoren aus dem Londoner Institute of Education deutliche (gewünschte) Wirkungszusammenhänge zwischen der Teilnahme an Aktivitäten der Erwachsenenbildung einerseits und Gesundheitsbewusstsein, Elternverhalten, Kriminalität und bürgerschaftlichem Engagement andererseits fest. Die Frage nach der Zahl der Nutznießer in den verschiedenen Gruppen verlangt empirisches Wissen und ist insbesondere im Hinblick auf die sog. Dritten (das sind diejenigen Personen, die selber nicht an Lernaktivitäten teilnehmen, aber trotzdem indirekt begünstigt sind) sehr schwer zu beantworten. Generell kann lediglich festgestellt werden, dass die Anzahl der direkt oder indirekt profitierenden Personen und Organisationen umso größer sein wird, je mehr Personen an organisierten Aktivitäten wissenschaftlicher Weiterbildung partizipieren. Die Teilnahme hängt ihrerseits davon ab, welche wissenschaftlichen Weiterbildungsangebote zu welchen Preisen realisierbar sind. Der Umfang der positiven Wirkungen, die den verschiedenen individuellen Teilnehmer(inne)n und Gruppen von wissenschaftlichen Weiterbildungsaktivitäten zufließen, ist empirisch außerordentlich schwer zu bestimmen. Während einerseits die Überzeugung weit verbreitet ist, dass Lernen Nutzen und Erträge erzeugt, hat es sich als nahezu unmöglich erwiesen, die Größe der Vorteile für die Nutznießer zu identifizieren. Die einzige Ausnahme bilden die Teilnehmer/innen selber insofern, als sie in aller Regel in der Lage sind zu bestimmen, welche direkten und indirekten, monetären oder nicht monetären Erträge ihnen ihrer Wahrnehmung nach zuzurechnen sind (Cohn und Geske 1990). Dabei können insbesondere die monetären Erträge annäherungsweise durch Einkommenszuwächse gemessen werden.

5

Fazit

Der Beitrag hat im Hinblick auf die positiven Wirkungen von wissenschaftlicher Weiterbildung eine Reihe von Erkenntnissen hervorgebracht: So hat sich bei den konzeptionellen Ausgangsüberlegungen gezeigt, dass auch für die wissenschaftliche Weiterbildung die beiden normativen Basisziele Effizienz und Gerechtigkeit als grundlegende bildungsökonomische Ziele herangezogen werden können. Dabei ist

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D. Timmermann und S. Hummelsheim

zu beachten, dass sich diese Basisziele in einem Spannungsverhältnis bewegen. Außerdem ist deutlich geworden, dass Begriffe wie Bildungsproduktionsfunktion, Nutzen- und Ertragsinzidenz und Wirkungen für die bildungsökonomische Beschreibung der Nutzen und Erträge von wissenschaftlicher Weiterbildung fruchtbar gemacht werden können. Besonders der Begriff der positiven Wirkungen ist bedeutsam, weil er geeignet ist, den subjektiven Nutzenbegriff und außersubjektiven Ertragsbegriff in einem gemeinsamen Konzept zusammenzuführen. Darüber hinaus hat sich gezeigt, dass es zweckmäßig ist, zwischen erwartbaren Wirkungen sowohl während als auch nach der Weiterbildungsaktivität zu unterscheiden. Hierbei wird erkennbar, dass es wichtig ist, den Zeitpunkt der Beobachtung und Messung von positiven Wirkungen zu beachten. Jedoch ist es naheliegend, dass (Weiter-) Bildungsentscheidungen besonders vor dem Hintergrund der erhofften positiven Wirkungen nach der (Weiter-)Bildungsaktivität getroffen werden. Dazu kommt, dass es eine beeindruckend lange Zusammenstellung der gesellschaftlichen Ertragsvermutungen der Weiterbildung gibt, die einerseits plausibel theoretisch abgeleitet werden können, aber andererseits nur sehr schwer gemessen werden können. Weiterhin hat die Diskussion der Evidenzen erwartbarer positiven Wirkungen von wissenschaftlicher Weiterbildung hervorgebracht, dass die verfügbare empirische Evidenz in diesem zunehmend wichtiger werdenden Bildungssegment außerordentlich gering ist, was valide Aussage zur Effizienz und Gerechtigkeit von wissenschaftlicher Weiterbildung derzeit ausnehmend schwierig bis unmöglich macht. Vor dem Hintergrund dieser Forschungsdesiderata haben sich u. a. nachstehende drei bildungsökonomische Handlungsbedarfe gezeigt: 1. Die Studien zu den positiven Wirkungen sollten anspruchsvollen methodischen Designs folgen, da erst auf diesem Wege der tatsächliche Effekt (Nettoeffekt) einer wissenschaftliche Weiterbildung Maßnahme identifizierbar wird. 2. Die Forschung über das empirische Wissen bezüglich der erwartbaren Wirkungen nach der Weiterbildungsaktivität sollte weiter intensiviert werden. 3. Die Forschungsanstrengungen zu den Wirkungsevidenzen insbesondere auf staatlicher und gesellschaftlicher Ebene sollten weiter verstärkt werden, um die positiven Wirkungen für den Staat und die Gesellschaft besser identifizieren und quantifizieren zu können, was nicht zuletzt deshalb wichtig ist, weil diese gesellschaftlichen Ertragsvermutungen der Weiterbildung dazu genutzt werden (können), die öffentliche Förderung von Weiterbildung zu begründen.

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Nutzen und Erträge wissenschaftlicher Weiterbildung

151

Hummelsheim, S., & Timmermann, D. (2018). Bildungsökonomie. In R. Tippelt & B. Schmidt (Hrsg.), Handbuch Bildungsforschung (4. Aufl., S. 93–134). Wiesbaden: Springer. Kollmann, U. (2017). Lernanlässe und Nutzenaspekte von wissenschaftlicher Weiterbildung. Eine explorative Analyse. Zeitschrift für Hochschule und Weiterbildung (ZHWB), 2, 18–27. Leuze, K., & Strauß, S. (2011). Einkommenseffekte der Weiterbildung von Hochschulabsolventen – der Einfluss von Weiterbildungsquantität und -qualität. Beiträge zur Hochschulforschung, 33(4), 36–56. Manninen, J. (2010). Wider benefits of liberal adult education. Joensuu: Manuscript. McMahon, W. (1998). Conceptual framework for the analysis of the social benefits of life-long learning. Education Economics, 6(3), 309–346. Musgrave, R. A., Musgrave, P. B., & Kullmer, L. (1994). Die öffentlichen Finanzen in Theorie und Praxis. Tübingen: J.C.B. Mohr. OECD. (2010). Improving health and social cohesion. Paris: OECD. Schorr, K. E., & Luhmann, N. (1988). Reflexionsprobleme im Erziehungssystem. Berlin: Suhrkamp Verlag. Timmermann, D. (1983). Organisierte Weiterbildung – gesellschaftlicher Nutzen und öffentliche Finanzierung. Hessische Blätter für Volksbildung, 2, 104–112. Timmermann, D. (1998). Nutzen aus der Sicht der Wissenschaft. In Bundesinstitut für Berufsbildung (Hrsg.), Nutzen der Beruflichen Bildung. BIBB Fachkongress in Berlin 1997 (S. 75–92). Bielefeld: W. Bertelsmann. Woodhall, M. (1987). Economics of Education: A review. In G. Psacharopolous (Hrsg.), Economics of Education. Research and studies. Advances in education (S. 1–8). Oxford: Pergamon Press.

Professionalisierung in der wissenschaftlichen Weiterbildung Markus Walber und Kirsten Meyer

Inhalt 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Grundbegriffe: Profession, Professionalität und Professionalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Verschränkung der Wissensarten als zentrale Professionalisierungsfunktion wissenschaftlicher Weiterbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Professionalisierungsprozesse auf unterschiedlichen Systemebenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 (System-)Interaktion zwischen Wissenschaft und Praxis als Professionalisierungsprinzip der wissenschaftlichen Weiterbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Zusammenfassung

Wissenschaftliche Weiterbildung konnte in den letzten Jahrzehnten an Bedeutung gewinnen und sich ausdifferenzieren. Damit sind auch Fragen der Professionalisierung in den Fokus gerückt, die sich sowohl auf die besondere Qualität und Funktion wissenschaftlicher Weiterbildung, als auch auf Strukturbildungen beziehen. Im Gegensatz zu klassischen Professionen ist wissenschaftliche Weiterbildung nicht in einer Disziplin verhaftet, sondern die Tätigkeitsbereiche sind durch multidisziplinäre Anforderungen gekennzeichnet. Wissenschaftliche Weiterbildung steht somit als ein hybrides Konzept zwischen den Subsystemen der (Berufs-)Praxis und Wissenschaft und ermöglicht dadurch eine besondere Qualität, die in der Verbindung der beiden Systemanforderungen liegt: Der Gesellschaft wissenschaftliches Wissen in Form von wissenschaftlichen Weiterbildungsangeboten zur Verfügung zu stellen. Zur Realisierung dieser Aufgabe hat sich das Feld auf verschiedenen Systemebenen professionalisiert. Auf Ebene der Fachgesellschaft lassen sich neben der Erweiterung der Systemgrenzen nach außen auch Strukturbildungen nach M. Walber (*) · K. Meyer Fakultät für Erziehungswissenschaft, Universität Bielefeld, Bielefeld, Deutschland E-Mail: [email protected]; [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 W. Jütte, M. Rohs (Hrsg.), Handbuch Wissenschaftliche Weiterbildung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-17643-3_8

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M. Walber und K. Meyer

innen verzeichnen. Für die Organisation wissenschaftlicher Weiterbildung haben sich heterogene Formen innerhalb und außerhalb von Hochschulen etabliert. Auf personaler Ebene zeigt sich ein ausdifferenziertes Tätigkeitsfeld der in der wissenschaftlichen Weiterbildung tätigen Akteure. Darüber hinaus wird wissenschaftliche Weiterbildung in den letzten Jahren stärker Gegenstand von Forschung, so lassen sich zunehmend Forschungsansätze finden, die das Verhältnis von Wissenschaft und Praxis aus einer didaktischen Perspektive in den Blick nehmen. Diese (Selbst-)Beobachtungsprozesse werden hier als dynamisierender Bestandteil der Professionalisierungsprozesse in der wissenschaftlichen Weiterbildung verstanden. Schlüsselwörter

Professionalisierung · Wissenschaftliche Weiterbildung · Professionalität · Professionswissen · Systeminteraktion

1

Einleitung

Mit der Aufnahme der Weiterbildung als Aufgabe von Hochschulen (HRG 1976) gewinnt wissenschaftliche Weiterbildung zunehmend an Bedeutung (Jütte und Bade-Becker 2018), sodass in den letzten Jahrzehnten eine Ausdifferenzierung wissenschaftlicher Weiterbildungsangebote verzeichnet werden konnte (Wolter 2011). In diesem Zusammenhang werden Fragen der Professionalisierung wissenschaftlicher Weiterbildung zentral (siehe u. a. Klingovsky 2012). Diese umfassen zum einen die besondere Qualität und Funktion wissenschaftlicher Weiterbildung im Kontext lebenslangen Lernens; zum anderen die Strukturbildung in der wissenschaftlichen Weiterbildung auf den verschiedenen Systemebenen: der Ebene des Organisationsgrades innerhalb einer Fachgesellschaft des Handlungsfeldes, der Ebene der Institutionalisierung und der Ebene der in der wissenschaftlichen Weiterbildung tätigen Personen. Diesem Themenspektrum widmet sich der vorliegende Beitrag, indem zunächst auf die grundlegenden Begriffe der Profession, Professionalität und Professionalisierung sowie die damit verbundenen professionstheoretischen Ansätze eingegangen, die wissenschaftliche Weiterbildung in diesen Kontext eingeordnet und die Verschränkung von Wissenschaft und (beruflicher) Praxis als zentrale Professionalisierungsfunktion in den Blick genommen wird. Davon ausgehend werden Professionalisierungsprozesse auf den verschiedenen Systemebenen näher betrachtet und dargestellt. Hier wird gezeigt, welche Strukturen sich jeweils auf den Ebenen des fachgesellschaftlichen Organisationsgrades des Handlungsfeldes, der Institutionen und des Personals bilden konnten. Abschließend wird die (System-)Interaktion zwischen Wissenschaft und Praxis als zentrales Professionalisierungsprinzip der wissenschaftlichen Weiterbildung vorgeschlagen und herausgearbeitet.

Professionalisierung in der wissenschaftlichen Weiterbildung

2

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Grundbegriffe: Profession, Professionalität und Professionalisierung

Im Diskurs über die Entwicklung und Qualitätssicherung unterschiedlicher Berufsund Tätigkeitsfelder haben sich auch die Beschreibungen begrifflich ausdifferenziert. Dabei stehen die Begriffe Profession, Professionalität und Professionalisierung im Vordergrund. Obwohl es in diesem Beitrag vorrangig um die Professionalisierung der wissenschaftlichen Weiterbildung gehen soll, werden nachfolgend alle drei Begriffe in ihrer Bedeutung spezifiziert.

2.1

Profession

Eine sozialwissenschaftliche Auseinandersetzung mit Professionen als Berufe, die sich durch besondere Merkmale auszeichnen, ist in der anglo-amerikanischen Berufs- und Professionssoziologie bereits im frühen 20. Jahrhundert zu verzeichnen (Carr-Saunders und Wilson 1933; Parsons 1939). Eine gemeinsame Vorstellung davon, was Professionen auszeichnet und wie sich diese von anderen Berufsgruppen unterscheiden, konnte sich bisher allerdings nicht etablieren. Vielmehr lassen sich im anglo-amerikanischen Professionsdiskurs wie auch in der deutschsprachigen Professionssoziologie unterschiedliche Perspektiven zur Annäherung an das Konzept der Professionen differenzieren. Versuche, den Gegenstand der Professionen anhand spezifischer Kriterien zu definieren, sind in verschiedenen Ansätzen zu finden (siehe u. a. Goode 1957). Bezugnehmend auf zentrale professionssoziologische Forschungsarbeiten hebt Mieg (2016) folgende ausgewählte Merkmale von Professionen hervor: • Professionen gelten als selbstbestimmte Berufe, die über Autonomie verfügen, da sie ein Zuständigkeitsmonopol für einen bestimmten gesellschaftlichen Handlungsbereich innehaben; • Sie verfügen über ein spezifisches akademisches Wissen und können somit als wissens- bzw. wissenschaftsbasierte Berufe bezeichnet werden; • Ihre Tätigkeit ist an dem gesellschaftlichen Gemeinwohl bzw. an zentralen Werten orientiert; • Professionen weisen gegenüber anderen Berufsgruppen eine Autorität auf, da der Zugang zur Ausbildung sowie zum Tätigkeitsfeld beschränkt ist; • Darüber hinaus werden sie durch eine berufsständische Vertretung organisiert. Insbesondere Medizin und Rechtswissenschaften gelten in diesem Sinne als klassische Professionen (Mieg 2016, S. 27–29). Neben einer solchen kriterienzentrierten Perspektive lassen sich Professionen auch unter weiteren Aspekten betrachten: So nimmt der strukturfunktionalistische Ansatz (Parsons 1968) die gesellschaftliche Stellung und Funktion von Professionen

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M. Walber und K. Meyer

in den Blick, welche darin besteht, dass Professionen die Zuständigkeit für zentrale gesellschaftliche Aufgaben und Werte übernehmen. Hughes (1984) führt aus Perspektive des symbolischen Interaktionismus die Begriffe Lizenz und Mandat in den Professions-Diskurs ein. Eine kritische Auseinandersetzung mit klassischen Professionsmodellen findet sich im Rahmen machttheoretischer Ansätze (Larson 1977; Freidson 1979; siehe hierzu auch Pfadenhauer und Sander 2010). Im Kontext deutschsprachiger Professionssoziologie sind nach Combe und Helsper (1996) insbesondere der systemtheoretische Ansatz (Stichweh 1992, 1996; siehe auch Kurtz 2014), der strukturtheoretische Ansatz (Oevermann 1996) und der interaktionistische Ansatz (Schütze 1996) zu unterscheiden. Aus systemtheoretischer Perspektive beschreibt Stichweh (1996) „Professionen [als] ein Phänomen des Übergangs von der ständischen Gesellschaft des alten Europas zur funktional differenzierten Gesellschaft der Moderne“ (S. 50, hervorh. i. O.). Sie nehmen in spezifischen Funktionssystemen – Gesundheits-, Rechts-, und Erziehungssystem – Leistungsrollen ein und verwalten in diesen die jeweiligen Wissensbestände (Stichweh 1996). Der strukturtheoretische Ansatz Oevermanns (1996) setzt sich hingegen mit den Strukturen professionellen Handelns und der professionellen Beziehung zwischen Profession und Klient_in – insbesondere im therapeutischen Kontext – auseinander. Paradoxien professionellen Handelns und Reflexivität stehen im Fokus des interaktionistischen Ansatzes Schützes (1996). Eine wissenstheoretische Perspektive nimmt darüber hinaus der Ansatz von Dewe et al. (1992) ein, indem sich dieser mit der Wissensbasis professionellen Handelns – dem Professionswissen – vornehmlich in pädagogischen Berufsfeldern auseinandersetzt (siehe auch Dewe 1996). In Abgrenzung zu den aufgeführten Perspektiven nimmt Pfadenhauer (2003) aus einer inszenierungstheoretischen Sicht Professionen und deren Kompetenzen in den Blick. Neben professionstheoretischen Diskursen im Kontext klassischer Professionen – bspw. Medizin und Rechtswissenschaft – weisen auch andere Disziplinen und Berufsgruppen – wie die Erwachsenen- und Weiterbildung – professionstheoretische Debatten auf (Nittel 2000; Peters 2004). Dabei ist festzustellen, dass bspw. im Kontext der Erwachsenenbildung das Erreichen des Professions-Status heute nicht mehr als primäres Ziel erachtet wird (Nolda 2015, S. 115–116) und andere Konzepte wie das der Professionalität in den Fokus gerückt sind (siehe auch Dobischat et al. 2018). Es ist nicht verwunderlich, dass ähnliches auch in der wissenschaftlichen Weiterbildung beobachtet werden kann, da diese sich aus der universitären Erwachsenenbildung (AUE) heraus entwickelt hat (siehe Abschn. 4.1).

2.2

Professionalität

Begriff und Konzept der Professionalität sind in den 1980er-Jahren von Tietgens in den Diskurs der Erwachsenen- und Weiterbildung eingeführt worden (Tietgens 1988). Professionalität zeigt sich im beruflichen bzw. professionellen Handeln und ist nicht an die Existenz einer Profession im professionssoziologischen Verständnis gebunden (Nittel 2000; Peters 2004). Nittel (2000) beschreibt Professionalität „als

Professionalisierung in der wissenschaftlichen Weiterbildung

157

einen spezifischen Modus im Vollzug des Berufshandelns [. . .], der Rückschlüsse sowohl auf die Qualität der personenbezogenen Dienstleistung als auch auf die Kompetenz des beruflichen Rollenträgers erlaubt“ (S. 71). Dabei wird Professionalität nicht als ein zu erreichender Zustand verstanden, sondern als „eine flüchtige, jedes Mal aufs Neue situativ herzustellende berufliche Leistung“ (S. 85). Nach Gieseke (2018) zeigt sich Professionalität „im differenzierten Umgang mit Forschungsbefunden aus der Disziplin, mit interdisziplinärem Wissen zur Deutung von Handlungssituationen mit Handlungsanspruch in einem bestimmten Praxisfeld. Professionalität umfasst damit die kompetente flexible Anwendung von Wissen im Feld, sowie diagnostisches und flexibel vernetztes Handeln“ (S. 1056). Professionalität kann folglich als eine spezifische Qualität im beruflichen bzw. professionellen Handeln beschrieben werden. Für die Erwachsenenbildung konkretisieren dies u. a. Peters (2004), die Professionalität als didaktisches Handeln definiert, und Gieseke (2018), die Professionalität als eine „Fähigkeit [beschreibt], unter einer Leitaufgabe auf hohem wissenschaftlichen und theoretischen Niveau komplexe Lehr-/Lernanforderungen und Strukturbildungsanforderungen in diesem Feld zu erforschen, zu konzipieren, zu begleiten, die eingebrachten Konzepte zu evaluieren und dabei den lernenden Menschen und seine Bedarfe und Bedürfnisse im Mittelpunkt zu sehen“ (S. 1054). Aktuell konvergieren einige Ansätze darin, dass sich Professionalität bzw. professionelles Handeln in einem Verhältnis aus Wissenschaft und Praxis konstituiert (Peters 2010; Jütte und Walber 2012; Egetenmeyer und Schüssler 2014; Gieseke 2018).

2.3

Professionalisierung

Der Begriff Professionalisierung verweist sowohl auf strukturelle als auch auf individuelle berufsbezogene Entwicklungsprozesse, die die Entwicklung von Professionen sowie auch Professionalität im Blick haben. In einem strukturellen Verständnis wird Professionalisierung verstanden als „die Entwicklung eines Berufs zu einer Profession und einer beruflichen Tätigkeit zu einer professionellen Tätigkeit“ (Peters 2004, S. 90). Gieseke (2018) beschreibt – bezugnehmend auf Rueschemeyer (1986) – Professionalisierung als „eine Form gesellschaftlicher Institutionalisierung von Wissensnutzung in komplexen Situationen“ (S. 1053). Akademisches Wissen als Grundlage für Professionalisierungsprozesse gilt in vielen Ansätzen als zentral (Egetenmeyer und Schüßler 2012, S. 9). Nach Peters (2004, S. 91) können einerseits Professionalisierungsstrategien unterschieden werden, die darauf zielen, den Status einer Berufsgruppe zu erhöhen sowie deren Position und Einfluss auszuweiten; andererseits Ansätze, die die Qualitätsentwicklung der beruflichen Leistung fokussieren. Hinsichtlich der Initiierung von Professionalisierungsprozessen kann auf zwei Perspektiven verwiesen werden: Insbesondere in der anglo-amerikanischen Professionssoziologie sind Professionalisierungsinitiativen zu verzeichnen, die aus den Berufsgruppen bzw. den Akteuren selbst entstanden sind; gleichwohl sich derartige Initiativen auch in deutschsprachi-

158

M. Walber und K. Meyer

gen Professions-Diskursen finden, sind in Deutschland wichtige Berufsgruppen sowie deren Ausbildungszugänge staatlich reguliert worden (Pfadenhauer und Sander 2010, S. 372). Den in der Erwachsenenbildung seit den 1960er-Jahren geführten Professionalisierungs-Diskurs zeichnet Gieseke (2015) nach, indem sie die Entwicklung in die Phasen Konstruktion, Dekonstruktion, Marktentwicklung unter neuen Effizienzgesichtspunkten und Reorganisation gliedert. In Abgrenzung zu strukturellen Professionalisierungs-Prozessen steht nach Nittel und Seltrecht (2008) der Begriff der individuellen Professionalisierung für „einen an das konkrete Individuum gebundenen Ausbildungs- und Reifeprozess, der nicht zwingend an eine wissenschaftliche Ausbildung gebunden sein muss, aber dennoch zu einem Statuserwerb und zu einer pädagogisch professionellen Praxis sowie zu einem diesbezüglichen Selbstbild führt“ (S. 124). Individuelle Professionalisierung bezieht sich dementsprechend auf die berufsbezogene Entwicklung eines Individuums, unabhängig von professionssoziologischen Kriterien. Professionalisierung beschreibt somit sowohl kollektive als auch individuelle berufsbezogene Entwicklungsprozesse über die Zeit hinweg. Seitter (2009) greift dies im Kontext der Erwachsenenbildung unter dem Begriff Professionalitätsentwicklung auf, der sich einerseits auf „feldbezogene Erweiterungen des erwachsenenpädagogischen Tätigkeitsfeldes [. . .], andererseits berufsbiografische Kompetenzentwicklung [bzw. Kompetenzaufschichtung]“ (S. 12) bezieht. Ergänzend führt Dick (2016) den Begriff der Professionsentwicklung an, der einen „bewusst intendierte[n] Prozess [beschreibt], der von konkreten Personen ausgeht, die ihre Leistungsfähigkeit und die ihres Berufsstandes insgesamt erhalten und weiterentwickeln“ (S. 17). Anschließend an den explizierten Professionalisierungs-Diskurs wird im Folgenden das Feld der wissenschaftlichen Weiterbildung in diesen Kontext eingeordnet.

2.4

Wissenschaftliche Weiterbildung im Kontext des Professionalisierungs-Diskurses

Die wissenschaftliche Weiterbildung ist, im Gegensatz zu klassischen Professionen, nicht (mehr) eindeutig in einer Disziplin verhaftet. Vielmehr ist das berufliche Handlungsfeld durch multidisziplinäre Anforderungen gekennzeichnet. Leicht lassen sich unabhängig von den Lehrgegenständen funktionale Bezüge zur Erziehungswissenschaft, zur Wirtschaftswissenschaft, zur Rechtswissenschaft etc. herstellen. Wissenschaftliche Weiterbildung ist unter den in der Professionssoziologie angelegten Kriterien folglich nicht als eigenständige Profession zu beschreiben. Vielmehr scheint sie eine Funktion zu erfüllen, die Zugriffe auf Leistungen verschiedener Professionen erfordert. Damit ist die wissenschaftliche Weiterbildung nicht allein; durch die voranschreitende funktionale Ausdifferenzierung der Gesellschaft sind multiprofessionelle Funktionssysteme immer häufiger zu beobachten. Funktionssysteme, in denen nur eine Profession signifikant relevant ist, werden seltener (Stichweh 2006, S. 8–9). Hieraus lässt sich eine Reduktion der Bedeutung von Professionen ableiten. Folgt man Stichwehs Zweifel daran, ob klassische Professionen ein rele-

Professionalisierung in der wissenschaftlichen Weiterbildung

159

vantes Strukturierungsmerkmal in der modernen Gesellschaft sind, stellt sich die Frage, welche anderen Strukturierungsmöglichkeiten sich für gesellschaftliche Handlungsfelder anbieten (Stichweh 2006, S. 2). Hier könnte die Annahme formuliert werden, es gehe im Wesentlichen darum, spezifischen gesellschaftlichen Handlungsanforderungen und -problemen (Funktionen) mit einer spezifischen Qualität (Professionalität) zu begegnen, diese zu entwickeln und zu prozessieren (Professionalisierung). Die zentralen Fragen wären dann, welche spezifische Funktion erfüllt wissenschaftliche Weiterbildung und welche Strukturbildungen zur Erfüllung dieser Funktion sind zu beobachten?

3

Verschränkung der Wissensarten als zentrale Professionalisierungsfunktion wissenschaftlicher Weiterbildung

Auf der Suche nach der besonderen Funktion wissenschaftlicher Weiterbildung ist zunächst festzustellen, dass die beiden hier verknüpften Begriffe, Wissenschaft und Weiterbildung, auf unterschiedliche Referenzsysteme rekurrieren, auf die im Folgenden eingegangen wird. Wissenschaftliches Wissen Mit dem Begriff „wissenschaftlich“ wird eine besondere Qualität, die das Wissenschaftssystem als gesellschaftliches Teilsystem produzieren soll, markiert. Diese Qualität liegt in einer besonderen Wissensart, die sich substanziell von anderen Wissensarten unterscheidet – dem wissenschaftlichen Wissen. In einem systemtheoretischen Verständnis orientiert sich das Wissenschaftssystem, und somit auch die Strukturlogik dieser Wissensart, an dem Kriterium der Wahrheit und zielt auf Erkenntnisgewinn (Baraldi et al. 1997, S. 211–112; Luhmann 2009, S. 194). Anschließend an wissenstheoretischen Analysen von Dewe et al. (1992, S. 72) lässt sich wissenschaftliches Wissen zusammenfassend als generalisierendes, hypothetisches, der Zeit und Situation enthobenes Wissen beschreiben, dessen Strukturlogik nicht die unmittelbare Anwendung in der Praxis fokussiert oder versucht Aussagen über die Angemessenheit des praktischen Handelns zu treffen. Vielmehr besteht dessen Funktion darin, Sachverhalte aus einer Distanz heraus – im Sinne einer Beobachtung zweiter Ordnung – zu beschreiben, zu erklären sowie reflexiv in den Blick zu nehmen (Dewe et al. 1992, S. 82; siehe auch Dewe 1996 sowie Dewe und Feistel 2010). (Berufs-)Praktisches Wissen Der Begriff „(Weiter-)Bildung“ beschreibt ein Konzept, das in der Tradition bildungstheoretischer Perspektiven als lebensbegleitende Möglichkeit zur Unterstützung von Subjekten im Hinblick auf deren Potenzialentfaltung zur Anwendung in der Gesellschaft gilt. Die hier zentrale Wissensart zielt folglich auf gesellschaftliche Handlungskompetenzen, die in gewisser Weise einen praktischen Nutzen für gesellschaftliche Teilsysteme haben. Unter dem Gesichtspunkt der Professionalisierung

160

M. Walber und K. Meyer

werden dabei vornehmlich berufliche Teilsysteme und somit das (berufs-)praktische Wissen fokussiert. Die Strukturlogik dieser Wissensart basiert auf beruflichen Erfahrungsstrukturen und orientiert sich an dem Kriterium der Angemessenheit (Dewe et al. 1992, S. 81). In beruflichen Handlungskontexten steht diese Wissensart folglich unter dem Entscheidungsdruck, der Situation angemessenes Handeln zu ermöglichen. (Berufs-)Praktisches Wissen lässt sich nach Dewe als situativ, also an den beruflichen Handlungskontext und die Zeit gebunden, beschreiben. Da diese Wissensart auf beruflichen Handlungserfahrungen basiert, ist die Strukturlogik schwer in Form wissenschaftlicher Aussagen zu erfassen (Dewe 1996, S. 718–719). Professionswissen Professionswissen konstituiert sich nach Dewe et al. (1992, S. 82) aus den komplementären Strukturlogiken des wissenschaftlichen und (berufs-)praktischen Wissens. Das impliziert, sowohl der Situation angemessen zu entscheiden und zu handeln, als auch aus einer wissenschaftlichen Distanz heraus Situationen und Handlungen zu beobachten und zu reflektieren. Wie in Abb. 1 verdeutlicht, kann Professionswissen – abgeleitet aus den Strukturlogiken wissenschaftlichen und (berufs-)praktischen Wissens – als kontextorientiert sowie situations- und zeitbezogenes Wissen beschrieben werden, welches sich in einem überdachten Handeln und einer reflektierten Beruflichkeit zeigt (Walber et al. 2017, S. 7–8; siehe auch Dewe 1996, S. 742). Professionswissen steht in diesem Verständnis als gleichwertige Wissensart zwischen wissenschaftlichem und (berufs-)praktischem Wissen. Es besteht nicht in einer Einheit, Addition oder Vermischung von Wissenschaft und Praxis, vielmehr setzt die Entstehung professionellen Wissens, im Sinne von Professionalisierung, die wechselseitige Beobachtung, Kontrastierung und Relationierung wissenschaftlicher und (berufs-)praktischer Systemlogiken voraus (Dewe et al. 1992, S. 88).

wissenschaftliches Wissen

Professionswissen

(Er)kennen kontextübergreifend

(berufs-)praktisches Wissen Können

kontextorientiert

abstrakt

kontextgebunden konkret

Denkmuster

reflektierte Beruflichkeit

Berufsroutine

Denken

überdachtes Handeln

Handeln

zeitenthoben

zeitbezogen

zeitgebunden

Distanz situationsübergreifend

Nähe situationsbezogen

unanwendbar ….

situationsgebunden anwendbar

….

….

Abb. 1 Strukturlogik des Professionswissens in Abgrenzung zum wissenschaftlichen und (berufs-) praktischen Wissen (Walber et al. 2017, S. 8)

Professionalisierung in der wissenschaftlichen Weiterbildung

161

Funktion wissenschaftlicher Weiterbildung Es stellt sich nun die Frage, ob wissenschaftliche Weiterbildung als hybrides Konzept, das zwischen Subsystemen der (beruflichen) Praxis und Subsystemen der Wissenschaft oszilliert, in der Lage ist, die Entstehung dieser besonderen Qualität (Professionswissen) zu ermöglichen? Die zentrale Funktion wissenschaftlicher Weiterbildung kann vor diesem Hintergrund folglich in der Vermittlung wissenschaftlichen Wissens unter der Perspektive einer prozessierten Verschränkung der unterschiedlichen Systemlogiken – Wissenschaft und Praxis – gesehen werden (Walber und Jütte 2015). Mit anderen Worten geht es wissenschaftlicher Weiterbildung darum, das Wissenschaftssystem zu öffnen und Koppelungsangebote für Mitglieder gesellschaftlicher Teilsysteme zu entwickeln (Walber und Jütte 2012, S. 15–16). In dieses Bild passt auch die besondere Aufmerksamkeit, die das Programm „Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen“ im Feld der wissenschaftlichen Weiterbildung erfährt. Wie sich Professionalisierungsprozesse auf unterschiedlichen Systemebenen in der wissenschaftlichen Weiterbildung abbilden, wird im Folgenden dargestellt.

4

Professionalisierungsprozesse auf unterschiedlichen Systemebenen

Wie in Abschn. 2 verdeutlicht wurde, haben Professionalisierungsprozesse das Ziel, eine besondere Qualität zum Umgang mit spezifischen gesellschaftlichen Handlungsanforderungen zu entwickeln und diese Qualität aufrechtzuerhalten. Diese Funktion übernimmt Hochschullehre allgemein. In Abgrenzung zur grundständigen Lehre liegt der Fokus der wissenschaftlichen Weiterbildung stärker in der Kontinuierung der Qualität, also einer Art „Lifelong Professionalisation“, indem der Gesellschaft wissenschaftliches Wissen in Form von wissenschaftlichen Weiterbildungsangeboten zur Verfügung gestellt wird. Zur Realisierung dieser Aufgabe hat sich das Feld der wissenschaftlichen Weiterbildung in den letzten Jahrzehnten auf unterschiedlichen Ebenen entwickelt und etabliert. Die Professionalisierungsbestrebungen und -merkmale, die sich auf den Ebenen der Gesellschaft (Fachverbände/Disziplinen), Organisation (Institutionalisierung) und des Handelns (Akteure/Rollen) herausgebildet haben, werden nachfolgend in den Blick genommen.

4.1

Gesellschaftliche Entwicklung eines Fachverbandes

Nicht selten wird als ein Merkmal von Professionalität der fachgesellschaftliche Organisationsgrad eines Handlungsfeldes – hier wissenschaftliche Weiterbildung – genannt, weshalb nachfolgend der aktuelle Organisationsstatus vor dem Hintergrund der historischen Entwicklungslinien herausgearbeitet wird. Nach Wolter (2016) lässt sich die historische Entwicklung der wissenschaftlichen Weiterbildung in drei

162

M. Walber und K. Meyer

Phasen beschreiben: „(1) der Universitätsausdehnungsbewegung (z. B. durch volkstümliche Hochschulkurse), etwa seit dem Ausgang des 19. Jahrhunderts, (2) der universitären Erwachsenenbildung, etwa seit der zweiten Hälfte der 1950er-Jahre, und (3) der wissenschaftlichen Weiterbildung (seit Mitte der 1970er-Jahre)“ (S. 23; siehe ausführlich auch Wolter 2011). Nachdem Weiterbildung an Universitäten zunächst ein sehr stark individualisiertes Unterfangen darstellte, wird im Rahmen der Hochschulexpansion in den 1970erJahren auch Weiterbildung zu einer institutionellen Aufgabe erklärt (Faulstich 2010, S. 30–31). Zu dieser Zeit wird das Thema hochschulübergreifend durch den Arbeitskreis Universitäre Erwachsenenbildung (AUE) bespielt, weshalb der disziplinäre Ausgangspunkt in der Erwachsenenbildung gesehen werden kann (Hörr 2017, S. 15). In der Folge finden immer wieder Öffnungsprozesse statt, die sich zum einen terminologisch in der Verwendung des Begriffes wissenschaftliche Weiterbildung anstelle von universitärer Weiterbildung zeigen, zum anderen in der Transformation des Arbeitskreises Universitärer Erwachsenenbildung in die Deutsche Gesellschaft für wissenschaftliche Weiterbildung und Fernstudium (DGWF) im Jahr 2001. Damit weitet sich die wissenschaftliche Weiterbildung auf alle Hochschultypen aus und gewinnt gesellschaftlich an Bedeutung (Hörr 2017, S. 19). Dies zeigt sich auch an der kontinuierlich steigenden Mitgliederzahl. Im August 2018 verfügt die Fachgesellschaft über insgesamt 330 Mitglieder und ist damit in den letzten zehn Jahren um etwa ein Drittel gewachsen (siehe Abb. 2). Auffällig ist der enorme Zuwachs an institutionellen Mitgliedern, also in der Regel der operativ agierenden Organisationen. Waren im Jahr 2007 noch etwas mehr

Anzahl der Mitglieder jeweils zum 1. Januar des Jahres 350 300 250 200 150 100 50 0 2007

2008

2009

2010

Persönliche Mitglieder

2011

2012

2013

2014

Institutionelle Mitglieder

2015

2016

2017

2018

Gesammitglieder

Abb. 2 Entwicklung der Mitgliederanzahl der DGWF (eigene Darstellung anhand der durch die DGWF Geschäftsstelle zur Verfügung gestellten Daten, Stand: August 2018)

Professionalisierung in der wissenschaftlichen Weiterbildung

163

persönliche als institutionelle Mitgliedschaften zu verzeichnen, so sind letztere heute fast doppelt so häufig vertreten. Hierin zeigt sich ein institutionelles Interesse an einer Fachgesellschaft für wissenschaftliche Weiterbildung, das über personenspezifische Affinitäten hinausgeht. Neben der Erweiterung der Systemgrenzen nach außen haben auch Strukturbildungen nach innen stattgefunden. So hat sich die DGWF inhaltlich in vier Arbeitsgruppen und organisational in acht Landesgruppen ausdifferenziert. Funktional stellt die DGWF das Bindeglied zwischen (Bildungs-)Politik und Weiterbildungsakteuren an den Hochschulen dar (Hörr 2017, S. 16–23). Darüber hinaus bringt die Fachgesellschaft im Rahmen ihrer regelmäßigen Tagungen die Akteure des Feldes mit ihren unterschiedlichen Handlungsressourcen (siehe auch Abschn. 4.3) in Interaktion und erfüllt wesentliche Aufgaben auf der Ebene der fachgesellschaftlichen Professionalisierung wissenschaftlicher Weiterbildung. Die Einrichtung der Arbeitsgruppe Forschung in der DGWF zielt zudem darauf, „den Erfahrungsaustausch und die Verständigung über Forschung in und über die Hochschulweiterbildung zu stärken“ (Jütte et al. 2017a, S. 85). Dazu trägt auch die „Zeitschrift Hochschule und Weiterbildung (ZHWB)“, die seit 2017 als peer-reviewte Zeitschrift zwei Mal im Jahr erscheint, bei (Jütte et al. 2017b). Es wird ersichtlich, dass im Kontext der wissenschaftlichen Weiterbildung insbesondere strukturelle Professionalisierungs-Initiativen „von unten“, ausgehend von einzelnen Personen- bzw. Arbeitsgruppengruppen innerhalb der DGWF, die sich mittlerweile strukturell niedergeschlagen haben, zu beobachten sind (siehe Abschn. 2.3). Auf der anderen Seite gibt es auch Impulse „von oben“, die sich zum Beispiel durch spezifische Förderprogramme zur Entwicklung des Feldes bemerkbar machen. Aktuell wird beispielsweise über eine systematische Integration des Aspekts der „offenen Hochschule“ diskutiert. Dieser Diskurs ist durch den Bund-Länder-Wettbewerb „Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen“ des BMBF (siehe https://www.wettbewerb-offene-hochschulen-bmbf.de) dynamisiert worden. Daran anschließend betont Wolter (2016): „Seit ungefähr zehn Jahren befinden wir uns in einer Übergangsphase, die ich als Entwicklung von der wissenschaftlichen Weiterbildung zur ‚offenen Hochschule‘ beschreiben würde“ (S. 23; siehe auch Salland und Siegmund 2018). Das zeigt, wie gesellschaftliche Diskurse im Fachverband strukturell Niederschlag finden können. Welche konkreten Strukturbildungen daraus entstehen, bleibt allerdings abzuwarten.

4.2

Institutionalisierung der wissenschaftlichen Weiterbildung

Auch auf der Ebene der Institutionen lassen sich im Zeitverlauf Professionalisierungsprozesse beobachten. Spätestens seit der Aufnahme der Weiterbildung als eine Aufgabe von Hochschulen im Hochschulrahmengesetz (1976) wird diese „Teil des eigenen institutionellen Lehr- und Ausbildungsauftrages mit dem Ziel der Weiterqualifizierung von Hochschulabsolventen und -absolventinnen“ (Wolter 2011, S. 13). Bis Mitte der 1980er-Jahre ist infolgedessen an Hochschulen eine Expansion von zentralen Einrichtungen für wissenschaftliche Weiterbildung zu verzeichnen.

164

M. Walber und K. Meyer

Diese haben sich nunmehr als eigenständige Anbieter etabliert, anstatt als reine „Vermittlungsagenturen zwischen Universität und Erwachsenenbildung“ (Wolter 2011, S. 13) zu fungieren. Im Jahr 1981 verfügen bereits 17 Universitäten über eine zentrale Einrichtung für wissenschaftliche Weiterbildung (Kuhlenkamp 2006, S. 84). Während die Erwachsenenbildung an Universitäten anfangs dem gesellschaftspolitischen Bildungsauftrag nach außen entgegengekommen ist, wird seit den 1990er-Jahren die Tendenz ersichtlich, wissenschaftliche Weiterbildung als ein neues Geschäftsfeld zu erschließen und vermehrt abschlussbezogene Angebote zu initiieren (Wolter 2011, S. 14–15). Banscherus (2015) beschreibt diesen konzeptionellen Wandel des Gegenstandes wissenschaftlicher Weiterbildung als einen Wandel „von der gesellschaftlichen zur individuellen Verantwortung“ (S. 1). Aktuell beschäftigt sich auch der Wissenschaftsrat in dem vierten Teil der Empfehlungen zur Qualifizierung von Fachkräften vor dem Hintergrund des demografischen Wandels mit der Weiterbildung an Hochschulen als Teil lebenslangen Lernens und spricht sich dafür aus, dass sich Hochschulen „der Normalität von berufsbegleitenden Studierenden, Weiterbildung und lebenslangem Lernen stärker [. . .] öffnen [sollen]“ (Wissenschaftsrat 2019, S. 14). Zu den Angebotsformaten wissenschaftlicher Weiterbildung zählen heute u. a. abschlussorientierte (Master-)Studiengänge, Zertifikatsprogramme, Weiterbildungsmodule, Workshops, Wochenendkurse, allgemeinbildende Angebote, traditionelle Formen extramuraler Angebote, kooperative Angebote (Wolter 2016, S. 25; siehe auch Christmann 2012). Eine eindeutige Klärung ist jedoch nicht möglich, denn es gibt je nach Hochschule und Gesetzgebung der Bundesländer unterschiedliche Regelungen (Faulstich et al. 2007, S. 89; Christmann 2012, S. 126). Eine Ausnahme bilden weiterbildende Masterstudiengänge, die der Weiterbildung an Hochschulen ermöglichen, Studienabschlüsse zu vergeben (Vogt 2012, S. 167). Für die Organisation wissenschaftlicher Weiterbildung haben sich heterogene Formen innerhalb und außerhalb von Hochschulen etabliert, da die Landeshochschulgesetze diesbezüglich keine spezifischen Richtlinien vorgeben (Bade-Becker 2017, S. 171). In einer Empfehlung der DGWF (2015) werden – bezugnehmend auf Faulstich et al. (2007) – untenstehende Organisationsformen wissenschaftlicher Weiterbildung differenziert: • • • • • • • •

„wissenschaftliche Einrichtung/wissenschaftliches Zentrum, Zentrale Betriebseinheit, Abteilung/Arbeitsbereich in zentraler Verwaltung, An-Institut, außeruniversitäre Einrichtung, Stabsstelle/Stabsabteilung der Hochschulleitung, Teil einer Fakultät/eines Fachbereichs, (Sonstiges)“ (S. 2).

Sofern nicht die Hochschule selbst Träger der Weiterbildung ist, kommen unterschiedliche Rechtsformen für die Trägerschaft in Frage wie Vereine, Stiftungen oder GmbH(s) (Bade-Becker 2017, S. 172).

Professionalisierung in der wissenschaftlichen Weiterbildung

165

Nach Faulstich et al. (2007, S. 109) wird die Organisation in einer zentralen wissenschaftlichen Einrichtung von vielen Hochschulen präferiert. Träger außerhalb der Hochschule, die nicht über eine Bindung zu einer Hochschule verfügen, spielen hingegen eine geringere Rolle. Die Organisation wissenschaftlicher Weiterbildung in einer zentralen wissenschaftlichen Einrichtung, die u. a. Aufgaben des Bildungsmanagements übernimmt und eine gute Anbindung an die Hochschulleitung sowie an verschiedene Fakultäten aufweist, wird auch von der DGWF empfohlen (DGWF 2015, S. 8; Wolter 2016, S. 26). Aufgrund eingeschränkter rechtlicher und finanzieller Rahmenbedingungen von Hochschulen, sind auch Gründungen außerhochschulischer Einrichtungen auf einer privatrechtlichen Basis zu verzeichnen, die die Organisation der wissenschaftlichen Weitebildungsangebote übernehmen (BadeBecker 2017, S. 172). Nach Jütte und Bade-Becker (2018) kann „generalisierend [. . .] konstatiert werden, dass [mittlerweile] ein profiliertes, quantitativ nennenswertes Angebot an Weiterbildung an solchen Hochschulen nachzuweisen ist, die über zentral agierende Einrichtungen verfügen“ (S. 824). Welche Rollen die in den Hochschulen Handelenden ausfüllen und welche spezifischen Handlungsfelder sich herausgebildet haben, wird im nachfolgenden Kapitel verdeutlicht.

4.3

Professionelle Rollen und professionelles Handeln in der wissenschaftlichen Weiterbildung

Professionalisierungs-Prozesse können auch auf der Ebene der Personen beobachtet werden. Anhand einer Untersuchung im Rahmen der Jahrestagungen der DGWF wird beispielsweise ersichtlich, wie ausdifferenziert die Tätigkeiten des Akteursfeldes sind (Lobe et al. 2019, S. 9–10). Im Rahmen dieser Untersuchung wurden die Tätigkeiten erfasst, mit denen die Befragten im Bereich der wissenschaftlichen Weiterbildung befasst sind. Abb. 3 gibt Aufschluss über den Umfang der Tätigkeiten in den Bereichen Administration/Operatives Management, Wissenschaft/Forschung, Beratung, Leitung/Strategisches Management, Lehre sowie Politik. Für die sechs Tätigkeitsfelder wird jeweils der Mittelwert angegeben. Insgesamt sind die Tätigkeitsprofile der Teilnehmenden im Zeitverlauf weitgehend konstant. Die Tätigkeiten umfassen mehrere Systemebenen. Auf der Makroebene geht es um die strategische Gesamtentwicklung der wissenschaftlichen Weiterbildung in der eigenen Organisation, im Verband und im Bildungssystem. Die Mesoebene umfasst die Tätigkeiten, die sich mit der Programmplanung und -entwicklung beschäftigen, während es auf der Mikroebene stärker um die spezifische Durchführung und Umsetzung der Angebote geht. Von Einrichtungen wissenschaftlicher Weiterbildung werden in Bezug auf die Weiterbildungsangebote insbesondere Aufgaben der Entwicklung, Planung und Auswertung übernommen. Dies umfasst u. a. „Bedarfsanalysen, Programmplanung, didaktische Beratung, Methodenberatung, Medienbereitstellung, Qualitätssicherung, Dozent/innen-Vermittlung, Kursentwicklung, Kontaktherstellung, Lernberatung, Personalberatung, Finanzierungsberatung [und] Forschungsrecherchen“ (DGWF 2015, S. 7).

166

M. Walber und K. Meyer Umfang der Tätigkeit 6

5

Administration/Operatives Management Beratung

4 Leitung/Strategisches Management

Mittelwert Ø

Wissenschaft/Forschung 3 Lehre Politik

2

gar nicht 1 2015

2016

2017

2018

Abb. 3 Umfang der Tätigkeiten, Mittelwerte der einzelnen Tätigkeitsbereiche im Vergleich (Skalierung von 1 = gar nicht bis 6 = sehr) im Zeitverlauf (2015–2018) Aufgrund einer im Jahr 2015 vorgenommenen methodischen Adaption bei der Erfassung der Tätigkeitsbereiche ist ein mittelbarer Vergleich zu den Daten von 2014 an dieser Stelle nicht möglich) (Lobe et al. 2019)

Die Differenzierung der Tätigkeiten zeigt sich allerdings nicht so deutlich auf der personalen Ebene. Vielmehr übernehmen die einzelnen Akteure jeweils mehrere Aufgaben oder Funktionen gleichzeitig in Personalunion. Dies verdeutlichen auch die Ergebnisse der von Faulstich et al. (2007) durchgeführten Länderstudie. Einrichtungen wissenschaftlicher Weiterbildung an Hochschulen werden nicht allein von Geschäftsführer_innen in hauptamtlicher Tätigkeit geleitet, sondern ebenso von wissenschaftlichen Leiter_innen, Geschäftsführer_innen mit weiteren Aufgabenbereichen an der Hochschule oder sonstigen Leitungen (Faulstich et al. 2007, S. 110). Rundnagel (2018) verweist zudem auf die Gruppe der Studiengangkoordinierenden, die im Rahmen weiterbildender Studiengänge eine zentrale Schnittstelle für verschiedene Anspruchsgruppen bilden und vielfältige Aufgaben sowohl im operativen als auch im akademischen Bereich übernehmen. Die Lehre wird in der Hochschulweiterbildung insbesondere von Professor_innen und wissenschaftliche Mitarbeitenden der eigenen Hochschule übernommen, die auch noch weitere Funktionen bekleiden. Darüber hinaus kommen auch Lehrende anderer Hochschulen sowie qualifizierte Dozent_innen und Trainer_innen aus der Praxis in wissenschaftlichen Weiterbildungsangeboten zum Einsatz (Faulstich et al. 2007, S. 112–113). Klenk (2018, S. 12–13) macht auf ein bestehendes Professionalisierungsdefizit hinsichtlich einer Verberuflichung auf personaler Ebene aufmerksam, gleichwohl

Professionalisierung in der wissenschaftlichen Weiterbildung

167

sich die wissenschaftliche Weiterbildung auf der institutionellen Ebene mithilfe verschiedener Förderlinien, wie in den vorherigen Kapiteln aufgegriffen, weiterentwickeln konnte. Denn wie Kondratjuk (2017, S. 197–198) anführt, sind die in der Hochschulweiterbildung tätigen Akteure in Bezug auf ihre Disziplinzugehörigkeit heterogen und spezifische Ausbildungsgänge für eine Tätigkeit in der wissenschaftlichen Weiterbildung werden bisher nicht angeboten. Insgesamt zeigt sich Multiperspektivität des Personals im Hinblick auf disziplinäre und Handlungsebenen übergreifende Anforderungen. Die nicht selten zu beobachtende Kumulation von Aufgaben und Funktionen auf einzelne Personen hat zum einen gelegentlich operative Vorteile, bringt aber zum anderen zum Ausdruck, dass die zur Verfügung stehenden Personalressourcen häufig sehr begrenzt sind. Darin zeigt sich, dass auf der personalen Ebene Professionalisierungsbedarf besteht.

5

(System-)Interaktion zwischen Wissenschaft und Praxis als Professionalisierungsprinzip der wissenschaftlichen Weiterbildung

Insgesamt lässt sich festhalten, dass sich das Feld der wissenschaftlichen Weiterbildung in den letzten Jahrzehnten sukzessive auf allen Systemebenen professionalisiert hat. Dies zeigt sich insbesondere an dem hier theoretisch zu Grunde gelegten Professionalisierungsmerkmal, dem funktionalen Differenzierungsgrad (siehe Abschn. 2.4). Diese Ausdifferenzierung prozessiert sich auf allen Systemebenen und erweitert Beobachtungs- und Handlungsoptionen. Konkret drückt sich diese Qualität beispielsweise in der Erhöhung didaktischer Vielfalt, der Adressierung verschiedener Zielgruppen, der stetigen Erschließung neuer inhaltlicher Gegenstände und Themen sowie der Integration neuer Arbeitseinheiten auf Verbandsebene aus. Auf der personalen Ebene hat sich auf der Anforderungsseite ein differenziertes Tätigkeitsspektrum herausgebildet, dem allerdings die Beschäftigungsverhältnisse nicht immer entsprechen. Dies führt nicht selten zu Personalunionen und einer hohen Fluktuation der „Professionals“. Zusätzlich sind Tätigkeiten in der wissenschaftlichen Weiterbildung häufig sehr operational. Die längerfristige wissenschaftliche Perspektive geht nicht selten im Tagesgeschäft unter. Vor dem Hintergrund des Modells der interaktionalen Professionalisierung, welches davon ausgeht, dass erst die Relationierung von berufspraktischem und wissenschaftlichem Wissen zu Professionalität führt (Jütte und Walber 2012), stellt sich daher die Frage, wie die wissenschaftliche Perspektive auf das Handeln in der wissenschaftlichen Weiterbildung stärker ausgebaut werden kann. Begreift man die (System-)Interaktion zwischen Wissenschaft und Praxis als Leitprinzip in der wissenschaftlichen Weiterbildung (Walber und Jütte 2012), so rückt die Beziehung beider Systeme zueinander in den Blick. Im Kontext des Professionalisierungs-Diskurses wissenschaftlicher Weiterbildung lassen sich zunehmend Forschungsansätze finden, die das Verhältnis von Wissenschaft und Praxis aus einer didaktischen Perspektive in den Blick nehmen. Anschließend an

168

M. Walber und K. Meyer

die theoretischen Annahmen des Modells der interaktionalen Professionalisierung setzen sich Walber et al. (2017) in einer qualitativen Untersuchung damit auseinander, wie Teilnehmende weiterbildender Masterstudiengänge das Verhältnis von wissenschaftlichem und (berufs-)praktischem Wissen wahrnehmen und welche Möglichkeiten wissenschaftliche Weiterbildungsangebote zur Begegnung beider Wissensarten bieten. Aus einer berufspädagogischen Perspektive geht Baumhauer (2017) der Forschungsfrage nach, wie im Kontext der Hochschulweiterbildung „die Verzahnung von Berufsbezug und Wissenschaftsorientierung [. . .] didaktisch fundiert realisiert werden kann“ (S. 3). Viele Fragen bleiben jedoch noch offen Wie zeigt sich Professionalität im Sinne einer Einheit der Differenz von wissenschaftlichem und praktischem Wissen? Welche institutionellen Verortungsspiele (intern/extern) werden hinsichtlich der Ansiedlung wissenschaftlicher Weiterbildung in Hochschulen betrieben und was sind die organisationalen Veränderungsmotive? Wie bildet sich das Personal in der wissenschaftlichen Weiterbildung aktuell weiter, also welche Arten von (Selbst-)Professionalisierung sind hier zu beobachten? Zur Herausarbeitung dieser Professionalisierungsprozesse eignet sich das Instrumentarium, das Wissenschaft selbst zur Verfügung stellt, die Forschung. Eine stärkere wissenschaftliche Perspektive auf die wissenschaftliche Weiterbildung schafft vielfältige (Selbst-)Beobachtungsräume und kann somit einen wesentlichen Beitrag zur Professionalisierung des Feldes leisten (Kade und Seitter 2004, S. 335–340). Gegebenenfalls könnte durch eine wissenschaftliche Selbstthematisierung die wissenschaftliche Weiterbildung auch innerhalb des Hochschulsystems auf die „Währungen“ des Wissenschaftssystems (Forschung, Theoriebildung und Wissensproduktion) einzahlen und dadurch ihre Bedeutung in der Hochschullandschaft erhöhen (Schäffter 2017, S. 235–236).

Literatur Bade-Becker, U. (2017). Rechtliche und organisatorische Herausforderungen bei der Implementierung der wissenschaftlichen Weiterbildung. In B. Hörr & W. Jütte (Hrsg.), Weiterbildung an Hochschulen (S. 171–179). Bielefeld: wbv. Banscherus, U. (2015). Von der gesellschaftlichen zur individuellen Verantwortung. Konzeptionelle Perspektiven auf Hochschulweiterbildung im Wandel der Zeit. Hochschule und Weiterbildung, 2, 15–19. Baraldi, C., Corsi, G., & Esposito, E. (1997). GLU. Glossar zu Niklas Luhmanns Theorie sozialer Systeme. Frankfurt a. M.: Suhrkamp. Baumhauer, M. (2017). Berufsbezug und Wissenschaftsorientierung. Grundzüge einer Didaktik wissenschaftlich reflektierter (Berufs-)Praxis im Kontext der Hochschulweiterbildung. Detmold: Eusl. Carr-Saunders, A. M., & Wilson, P. A. (1933/1964). The professions. Oxford: Clarendon Press. Christmann, B. (2012). Formate wissenschaftlicher Weiterbildung im Wandel. Hessische Blätter für Volksbildung, 2, 125–134. Combe, A., & Helsper, W. (Hrsg.). (1996). Pädagogische Professionalität. Untersuchungen zum Typus pädagogischen Handelns. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.

Professionalisierung in der wissenschaftlichen Weiterbildung

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Teil III Bildungspolitik und Hochschulentwicklung

Das Paradigma Durchlässigkeit und die wissenschaftliche Weiterbildung Walburga Katharina Freitag

Inhalt 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Durchlässigkeit in die Hochschule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Die wissenschaftliche Weiterbildung – ein Bereich im Wandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

176 177 182 190 191

Zusammenfassung

Drei Durchlässigkeitsdiskurse lassen sich identifizieren, die für das Paradigma der strukturellen Durchlässigkeit in die wissenschaftliche Weiterbildung konstitutiv sind: Durchlässigkeit ist Gegenstand der Forschung über Bildungsungleichheit, sie ist in Deutschland seit den 1980er-Jahren berufsbildungspolitisches Reformvorhaben und seit zwei Dekaden Zielsetzung bei der Schaffung eines europäischen Raumes des Lebenslangen Lernens. Auf Grundlage dieser Diskurse und der Einordnung der wissenschaftlichen Weiterbildung als ein sich im institutionellen Wandel befindliches Feld, werden neue Fragen der Durchlässigkeit aufgeworfen. Diese werden am Beispiel der verschiedenen und teilweise neuen Formate wissenschaftlicher Weiterbildung erläutert. Durch die Schaffung neuer Rahmenbedingungen und die Entwicklung von Instrumenten soll die Durchlässigkeit in die wissenschaftliche Weiterbildung verbessert werden. Die Umsetzung stellt für die Hochschulen eine große Herausforderung dar. Zu erwarten ist eine Differenz zwischen konzeptueller Reife der Instrumente einerseits und ihrer Implementation und Anwendung andererseits. Fehlende empirische Daten lassen eine Bewertung der strukturellen Durchlässigkeit in wissenschaftliche Weiterbildung gegenwärtig nicht zu. W. K. Freitag (*) DZHW, Hannover, Deutschland E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 W. Jütte, M. Rohs (Hrsg.), Handbuch Wissenschaftliche Weiterbildung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-17643-3_11

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W. K. Freitag

Schlüsselwörter

Durchlässigkeit in die Hochschule · Selektion · Bildungsungleichheit · Hochschulentwicklung · Europäische Bildungspolitik

1

Einleitung

Hochschule1 als institutionalisiertes und organisationales Feld sowie die von ihr verantwortete hochschulische Bildung sind seit mehr als zwei Dekaden Adressatinnen bildungspolitischer Zielsetzungen, die als ‚Durchlässigkeit in die Hochschule‘, einem ‚Lebenslangen Lernen im Rahmen hochschulischer Bildung‘ sowie einer ‚Öffnung der Hochschule‘ gefasst werden können. Nachdem dabei bis vor zehn Jahren die hochschulische Bildung allgemein, d. h. wenig differenziert das gesamte Studienangebot, im Mittelpunkt der damit verbundenen Reformbestrebungen stand, ist in der letzten Dekade eine verstärkte Adressierung der wissenschaftlichen Weiterbildung als Teilbereich hochschulischer Bildung zu beobachten. Sie soll zur Lösung der mit den drei komplexen Paradigmen verbundenen gesellschaftlichen Herausforderungen2 beitragen und sich dabei gleichzeitig institutionell weiterentwickeln. Der durch nationale und europäische Reformprozesse ausgelöste institutionelle Wandel der wissenschaftlichen Weiterbildung3 erzeugt neue und bislang nur punktuell untersuchte Forschungsfragen zur Durchlässigkeit. Die drei Paradigmen Durchlässigkeit, Lebenslanges Lernen und Öffnung der Hochschule, haben sich genealogisch auf dem Hintergrund unterschiedlicher gesellschaftlicher Ziele, Problemlagen und theoretischer Horizonte entwickelt, besitzen aber diskursiv und bezüglich der in diesem Beitrag im Mittelpunkt stehenden Fragestellungen gewisse Schnittmengen. Die dem Beitrag zugrunde liegenden Dokumenten- und Diskursanalysen fokussierten auf den Topos Durchlässigkeit in die Hochschule und ihre bildungspolitische Thematisierung. Sie wurden im Rahmen verschiedener Studien durchgeführt und für diesen Beitrag zusammengeführt. Im zweiten Kapitel steht zunächst eine Einordnung des Paradigmas Durchlässigkeit im Mittelpunkt. Ein Paradigma kennzeichnet sich durch eine innerhalb einer historischen Epoche und eines institutionellen Feldes bzw. einer wissenschaftlichen Disziplin geteilte Grundauffassung seiner Funktion(en). Zu unterscheiden sind drei

1

Der Begriff Hochschule wird als Oberbegriff verwendet für Universitäten, Fachhochschulen, Musikhochschulen, Pädagogische und Theologische Hochschulen. 2 Diskursiv verknüpft wird eine zunehmende Relevanz wissenschaftlicher Weiterbildung einerseits mit den Folgen des demografischen Wandels, einem steigenden Fachkräftebedarf und der Entwicklung der Gesellschaft zu einer sogenannten Wissensgesellschaft andererseits (vgl. Freitag 2018). 3 Weiterbildung kann verstanden werden als „Fortsetzung oder Wiederaufnahme von formellem und/oder informellem Lernen allgemeiner oder beruflicher Inhalte nach Abschluss einer ersten berufsqualifizierenden Ausbildung“ (Expertenkommission Finanzierung Lebenslangen Lernens 2002, S. 56). Bei wissenschaftlicher Weiterbildung wird i. d. R. sowohl auf die Zuständigkeit der Hochschulen als auch auf das Niveau hochschulischer Bildung rekurriert. Wissenschaftliche Weiterbildung ordne ich als schwach institutionalisiert ein.

Das Paradigma Durchlässigkeit und die wissenschaftliche Weiterbildung

177

Diskursstränge, die das Paradigma der strukturellen Durchlässigkeit fundieren; der erste basiert auf Ergebnissen der Ungleichheitsforschung, der zweite auf den Reformbestrebungen der beruflichen Bildung, während der dritte Diskursstrang auf Initiativen der Europäischen Bildungspolitik fußt und Instrumente in den Mittelpunkt rückt, die die transnationale Durchlässigkeit der Bildungsabschlüsse erhöhen sollen. Das dritte Kapitel widmet sich zunächst der Frage des institutionellen Wandels der wissenschaftlichen Weiterbildung und der Durchlässigkeit in verschiedene Angebotsformate wissenschaftlicher Weiterbildung. Die zu schaffenden Rahmenbedingungen für eine verbesserte Durchlässigkeit schließen das Kapitel ab. Im vierten Kapitel wird ein Fazit gezogen und auf Desiderate hingewiesen.

2

Durchlässigkeit in die Hochschule

Drei Diskursstränge der Durchlässigkeit des Bildungssystems lassen sich bei einer Analyse der Publikationen herausarbeiten: Durchlässigkeit zur Reduzierung von Ungleichheit, Durchlässigkeit in die hochschulische Bildung als Reformvorhaben der beruflichen Bildung sowie die transnationale Durchlässigkeit der Bildungssysteme der Länder im Rahmen der bildungspolitischen Konvergenzbemühungen der Europäischen Union (vgl. Freitag 2009; Bernhard 2017).

2.1

Durchlässigkeit als Gegenstand der Ungleichheitsforschung

Nach Kreckel (1992) ist soziale Ungleichheit Ausdruck strukturell angelegter Unterschiede in den Möglichkeiten von Akteuren, Zugang zu erstrebenswerten Gütern und sozialen Positionen zu erhalten. Der Zugang zu hochschulischer Bildung und die damit verbundenen akademischen Karrieren gelten als solche erstrebenswerten Güter (Freitag 2017). Denn für Wissensgesellschaften gilt, selbst unter Anerkennung verschiedener Weisen, Wissen zu produzieren (Knorr 1981), dass Hochschulen „die entscheidenden Quellen für die Entwicklung von kulturellen Orientierungen, ökonomisch verwertbarem Wissen und hoch qualifizierten Arbeitskräften“ sind (Mayer 2003, S. 581). Nicht von ungefähr bezieht das Menschenrecht auf Bildung, welches das Recht auf Zugang zu Bildung, auf hochwertige Bildung und auf Achtung innerhalb des Lernumfeldes umfasst, die hochschulische Bildung mit ein (Powell und Pfahl 2018, S. 160). Unter dem Aspekt der Reduzierung von Ungleichheit, der Herstellung von Gleichheit und damit verbundener individueller Entwicklungsmöglichkeiten sollen Bildungsangebote durchlässig sein, sie sollen aufeinander aufbauen und kombiniert werden können. Zudem sollen Entscheidungen über Bildungswege revidierbar sein. Dieser Begriff von Durchlässigkeit, den ich als strukturelle Durchlässigkeit fasse (vgl. Freitag 2008, S. 112 f.), verweist auf die Möglichkeit der Realisierung von Übergängen in verschiedene Teilbereiche institutioneller Bildung in unterschiedlichen Phasen des Lebenslaufs.

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W. K. Freitag

Das an diese Form von Durchlässigkeit geknüpfte „Offenhalten von Bildungswegen und Bildungsoptionen“ wird als Merkmal gesellschaftlicher Modernisierung eingeordnet (Köller 2003, S. 479). Es zählt zu den Paradigmen institutioneller Bildung. Das Nachholen von Schulabschlüssen (der sog. zweite Bildungsweg) oder die Aufnahme eines Studiums auf Grundlage der beruflichen Qualifikation (sog. dritter Bildungsweg) können hier eingeordnet werden. In der Regel handelt es sich bei einer solchen Form der strukturellen Durchlässigkeit um vertikale Durchlässigkeit, d. h. es erfolgt ein Übergang in ein niveauhöheres Bildungsangebot als das zuletzt abgeschlossene. Von horizontaler Durchlässigkeit wird gesprochen, wenn sich abgeschlossenes und angestrebtes Bildungsangebot auf dem gleichen Niveau befinden. Das Bundesinstitut für Berufsbildung (vgl. BIBB 2017, S. 34) verwendet den Begriff der reziproken Durchlässigkeit, damit ist die wechselseitige Durchlässigkeit der hochschulischen und beruflichen Bildung gemeint. Die berufliche Bildung4 kann u. U. auch für Absolvent(inn)en der hochschulischen Bildung von Interesse sein. Die strukturelle Durchlässigkeit institutioneller Bildung bildet somit nicht nur die Rahmenbedingung für die Herstellung von Gleichheit, sondern auch die Grundlage für die Realisierung des Konzepts des Lebenslangen Lernens im Rahmen institutioneller Bildung. Mit dieser Charakterisierung ist das Paradigma der strukturellen Durchlässigkeit vom wissenschaftlichen Konzept der sozialen Durchlässigkeit klar zu unterscheiden. Soziale Durchlässigkeit wird in bildungssoziologischen Diskursen als soziale Bildungsmobilität von Angehörigen bestimmter Schichten und Milieus gefasst. Strukturelle und soziale Durchlässigkeit stehen aber in einem Zusammenhang. Nahezu unhinterfragt wird eine positive Beziehung zwischen struktureller und sozialer Durchlässigkeit vorausgesetzt. Der Zusammenhang ist jedoch ungeklärt, und empirische Befunde der Ungleichheitsforschung stimmen nachdenklich. So zeigt eine Studie zur sozialen Selektivität bei nachgeholten Bildungsabschlüssen eine kontinuierliche Zunahme sozialer Ungleichheit im Zeitverlauf (Hillmert und Jacob 2005, S. 173). Erklärt wird dies durch eine sozial unterschiedliche Wahrnehmung der zweiten Chance, die dazu führt, dass sich die sozialen Unterschiede vergrößern. Um das Paradigma der strukturellen Durchlässigkeit institutioneller Bildung für den Kontext dieses Beitrags politisch und machttheoretisch einordnen zu können, sind zwei Aspekte zu berücksichtigen. Erstens kann es nicht ohne das gleichzeitig praktizierte Paradigma der Selektionsfunktion des Bildungswesens verstanden werden, zweitens spielt das durch die angestrebte Durchlässigkeit entstehende Verhältnis von Kosten und erwartbaren Erträgen eine Rolle, deren Bedeutung aus verschiedenen Gründen mit zunehmendem Alter der Bildungssubjekte anwächst.

4

Berufliche Bildung wird hier als Begriff für Aus- und Weiterbildungen verwendet, die nach dem Berufsbildungsgesetz oder der Handwerksordnung geregelt werden, sowie für landesrechtlich geregelte Aus- und Weiterbildungen an (Berufs-)Fachschulen und an Fachschulen des Gesundheitswesens.

Das Paradigma Durchlässigkeit und die wissenschaftliche Weiterbildung

179

Zunächst zum ersten Punkt, der Selektionsfunktion des Bildungswesens: Unter Selektion wird ganz allgemein die systematische Einschränkung von Möglichkeitsspielräumen verstanden, die für die Bildungsforschung in doppelter Hinsicht bedeutsam ist: Über das Bildungssystem wird durch die Selektion von Personen für unterschiedliche Bildungslaufbahnen und daraus resultierende berufliche Positionen im Beschäftigungssystem ein Berechtigungssystem gesteuert (Titze 1989, S. 1367 ff.), das den sozialen Rahmen jeder Biografie stark beeinflusst. Baethge (2006) bezeichnet die strukturellen Auswirkungen der mit den unterschiedlichen Bildungsaufträgen einhergehenden beruflichen und allgemeinbildenden Bildungswege als Spaltung und bringt diese mit dem einprägsamen Begriff des Bildungsschisma auf den Punkt. Unter sozialer Selektivität des Bildungssystems wird das Phänomen verstanden, dass die Ergebnisse der Selektion mit der sozialen Herkunft der Lernenden, also z. B. der Frage, wer in welche der weiterführenden Schulformen kommt, korrespondieren. Die Wahrscheinlichkeit der Studienaufnahme der Kinder von Eltern, die keinen akademischen Abschluss besitzen, liegt auch im Jahr 2017 weit unter der von Kindern von Eltern mit einem akademischen Abschluss. Dieser in der Bildungsforschung seit langem diskutierte sozial selektive Charakter des deutschen Bildungswesens wird vor allem durch Ergebnisse internationaler Schulleistungsstudien in die Öffentlichkeit gebracht. Soziale Selektivität ist auch ein Thema der Weiterbildungsforschung. Eine wichtige qualitative Studie zum Zusammenhang von sozialen Milieus, Habitus und Bildungsprozessen am Beispiel der Weiterbildung legte Bremer vor (2007), dem daran gelegen ist, auf Grundlage des Habituskonzeptes zu erklären, wie die sozial selektiven Effekte hergestellt werden. Die empirische Bildungsforschung hingegen gibt Hinweise auf das quantitative Ausmaß der Ungleichheiten im Zugang zu Weiterbildung. Erwachsene, die maximal über einen Hauptschulabschluss verfügten, nahmen im Jahr 2014 zu 36 %, diejenigen mit einer Hochschulreife hingegen zu 62 % an Weiterbildung teil (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2016, S. 145). Auch die Hochschulforschung untersucht seit längerer Zeit die Bedeutung von beruflicher Weiterbildung für Hochschulabsolventinnen und Hochschulabsolventen und weist in Übereinstimmung mit den zuvor zitierten Daten auf eine hohe Weiterbildungspartizipation dieser Gruppe bei gleichzeitig vorhandenen Geschlechterunterschieden zu Ungunsten von Frauen hin (vgl. Leuze und Strauß 2011, S. 36 f.). Zum zweiten Punkt: Entscheidungen für Bildung tragen Kosten und Erträge unterschiedlicher Höhe und Art nach sich (direkte und indirekte Kosten, monetäre und nicht-monetäre Erträge etc.). Das Nachholen von Schulabschlüssen, Mehrfachausbildungen und Weiterbildungen erzeugt individuelle und gesellschaftliche Kosten und Erträge. In der bildungssoziologischen Ungleichheitsforschung gilt die Möglichkeit, „getroffene Bildungsentscheidungen ohne unzumutbare persönliche oder gesellschaftliche Kosten korrigieren zu können“ als Merkmal von Durchlässigkeit und Offenheit im Bildungssystem (vgl. Köller 2003, S. 479; Köller et al. 2004). Dieser Indikator, der mit dem Ziel der Verteilungsgerechtigkeit begründet wird, ist für die Durchlässigkeit des Schulsystems jedoch einfacher zu operationalisieren als für die Durchlässigkeit von der beruflichen in die hochschulische Bildung bzw. in die wissenschaftliche

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W. K. Freitag

Weiterbildung. Gleichwohl könnten z. B. die bildungspolitischen Bestrebungen, berufsbegleitend studierbare Studiengänge in das Portfolio der hochschulischen Bildung aufzunehmen, als Beitrag zu einer Verbesserung der Zumutbarkeit und – trotz erhobener Gebühren oder Entgelte – der Reduzierung persönlicher Kosten betrachtet werden.

2.2

Durchlässigkeit in die Hochschule als berufsbildungspolitisches Reformvorhaben

Die Durchlässigkeit zwischen der beruflichen und hochschulischen Bildung wird durch die berufliche Bildung seit Beginn der 1980er-Jahre thematisiert und bildungspolitisch eingefordert. Dabei spielt der Begründungszusammenhang der Gleichwertigkeit von beruflicher und allgemeiner Bildung in allen Phasen eine wichtige Rolle. Für den Zeitraum von 1980 bis heute können drei Phasen unterschieden werden, die unterschiedliche Bedeutungen für die wissenschaftliche Weiterbildung besitzen. Die erste Phase mündete 1984 in eine Empfehlung zur „Gleichwertigkeit beruflicher und allgemeiner Bildung“ des Hauptausschusses des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB 1984), die im Nachgang durch Expertisen und Stellungnahmen flankiert wurde (vgl. z. B. Hegelheimer 1986). Gefordert wird in dieser Phase eine Gleichstellungsregelung, die den Absolventinnen und Absolventen beruflicher Fortbildungsprüfungen nach Berufsbildungsgesetz und Handwerksordnung (z. B. Handwerks-, Industriemeister und entsprechende kaufmännische Abschlüsse) den Zugang zur Fachhochschule eröffnet (BIBB 1984, S. 1). Zur Begründung der Gleichwertigkeit beruflicher Fortbildung und allgemeiner Bildung (d. h. der Fachhochschulreife) wird auf das gestiegene Qualifikationsniveau beruflicher Bildungsgänge, auf den im Rahmen der beruflichen Tätigkeit steigenden Grad an Selbstständigkeit sowie auf die qualifizierende Wirkung von Berufs- und Lebenserfahrung verwiesen. Die zweite Phase, die Anfang der 2000er-Jahre mit Rückenwind durch Instrumente des Kopenhagen- und Bologna-Prozesses begann, ist gekennzeichnet durch die Entwicklung sogenannter „hochschulkompatibler Leistungspunkte“ im Rahmen ausgewählter Weiterbildungssysteme; zu nennen ist vor allem das Weiterbildungssystem im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie (Mucke und Grunwald 2005). Grundstein für die Anrechnung außerhochschulisch erworbener Kompetenzen ist der Beschluss der Kultusministerkonferenz des Jahres 2002, der vorsieht, dass außerhalb des Hochschulwesens erworbene Kompetenzen 50 % eines Hochschulstudiums ersetzen können, sofern sie nach Inhalt und Niveau dem Teil des Studiums gleichwertig sind, der ersetzt werden soll (KMK 2002). Mit diesem Beschluss geht es im Kern um die Frage der Gleichwertigkeit beruflicher und hochschulischer Bildung. Die dritte Phase wird repräsentiert durch die letzte Empfehlung des Hauptausschusses des Bundesinstituts für Berufsbildung zur Förderung der „Durchlässigkeit zwischen beruflicher und hochschulischer Bildung“ aus dem Jahr 2010 sowie durch die Einordnung der Abschlüsse der beruflichen und hochschulischen Bildung in den

Das Paradigma Durchlässigkeit und die wissenschaftliche Weiterbildung

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Deutschen Qualifikationsrahmen. Der Hauptausschuss, so heißt es im Dokument des BIBB, „ist der Auffassung, dass beruflich Qualifizierte mit erfolgreich abgeschlossener beruflicher Aufstiegsfortbildung verstärkt die Möglichkeit erhalten sollten, auch ohne ersten akademischen Abschluss ein Master-Studium aufzunehmen“ (Hauptausschuss 2010, S. 5). Mit dieser Forderung geht es im Kern um die Frage der Gleichwertigkeit beruflicher Fortbildung und hochschulischer Bildung des Bachelorniveaus. Flankiert wird diese Forderung durch den Deutschen Qualifikationsrahmen für Lebenslanges Lernen (DQR LLL), er wurde im Frühjahr 2009 in einer Entwurfsfassung vorgelegt und Ende 2011 verabschiedet. Bereits im Jahr 2012 wurden alle landesrechtlich geregelten Weiterbildungsabschlüsse der Fachschulen, die der Rahmenvereinbarung über Fachschulen vom 07.11.2002 entsprechen, auf das Niveau 6 eingeordnet, auf dem sich auch die Bachelorabschlüsse der Hochschulen befinden (z. B. der Abschluss der Fachschule für Sozialpädagogik, der zur Tätigkeit als Erzieherin oder Erzieher führt) (DQR 2013). Die Liste der zugeordneten Qualifikationen enthält mittlerweile die das deutsche Bildungssystem kennzeichnenden Ausund Fortbildungsberufe sowie eine Einordnung der Beamtenlaufbahnen (DQR-Büro 2017). Fortbildungsabschlüsse der beruflichen Bildung wurden auf die Niveaus 5, 6 und 7 eingeordnet und damit teilweise dem Bachelor- und Masterabschluss gleichgestellt. Hochschulische Weiterbildungsabschlüsse spielen im Deutschen Qualifikationsrahmen gegenwärtig noch keine Rolle. Zu betonen ist, dass die Einordnung der Abschlüsse in den DQR mit keiner Berechtigung einhergeht. Festgestellt wird im Rahmen der Einordnung eine Gleichwertigkeit der Abschlüsse, daraus folgt aber keine Gleichberechtigung.

2.3

Durchlässigkeit und die Architektur des europäischen Raums des Lebenslangen Lernens

In den letzten zwei Dekaden wird sowohl die hochschulische als auch die berufliche Bildung durch europäische und nationale Reformprozesse beeinflusst. Im Vordergrund stehen hierbei insbesondere Instrumente, die durch die Verbesserung der Durchlässigkeit von Bildungswegen das lebenslange Lernen sowie die transnationale geografische Mobilität befördern sollen. Dazu zählen z. B. der Europäische Qualifikationsrahmen, das dreistufige Studiengangsystem mit Bachelor- und Masterabschlüssen sowie der Promotion, die Formulierung von Lernergebnissen, die Bestimmung der Niveaus von Lernergebnisbündeln, die Anrechnung von vorgängig und an verschiedenen Lernorten (informell und non-formal) erworbenen Kompetenzen, die Anerkennung von formalen Abschlüssen und weitere „Transparenzinstrumente“ wie das sogenannte „Diploma Supplement“, die zweisprachige Zeugnisergänzung (vgl. Europäische Kommission 2000, 2001, 2003). Als Begründung für die Schaffung eines europäischen Raums des Lebenslangen Lernens wird das Recht auf Freizügigkeit in der EU angeführt. Hiermit ist das „Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern“ (Europäische Union 2004) gemeint, das u. a. regelt, dass Unionsbürgerinnen und -bürger „gemeinschafts-

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rechtlich freizügigkeitsberechtigt“ (Europäische Union 2004) sind. Das heißt, sie haben das Recht, sich zur Berufsausbildung, als Arbeitnehmer(innen) und zur Arbeitssuche in allen Mitgliedsländern der EU aufzuhalten. Daher stehen bei allen, den Bereich Bildung betreffenden, Vorschlägen der Europäischen Kommission die genannten Instrumente im Mittelpunkt. Die Zielsetzungen werden mithilfe von Programmen umgesetzt, der LissabonStrategie, die als Wirtschaftsprogramm einzuordnen ist, dem Kopenhagen-Prozess für die berufliche Bildung und dem Bologna-Prozess für die hochschulische Bildung (European Commission 1999). Außerhalb des Einflussbereichs der EU nimmt die Lissabon-Konvention (2007) Einfluss auf die Durchlässigkeit in die und innerhalb der hochschulischen Bildung (vgl. Freitag 2009). Die Umsetzung der Bestrebungen der EU-Bildungspolitik wird noch mehrere Dekaden benötigen, um Wirkung zu entfalten. Aber es gibt bereits zahlreiche Hinweise darauf, dass sich die europäischen Durchlässigkeitsdiskurse und der nationale hochschul- und berufsbildungspolitische Diskurs beeinflussen. Die politische Bedeutung der Einordnung der Fortbildungsabschlüsse auf die Niveaus von Bachelor- und Masterabschlüssen ist hier hervorzuheben. Zu nennen sind weiterhin die gemeinsame Nutzung von Instrumenten wie der Europass sowie die bildungsplanerisch gebahnten Möglichkeiten der flexiblen Kombination von Bildungswegen der beruflichen und hochschulischen Bildung (vgl. hierzu z. B. Henschel et al. 2017).

3

Die wissenschaftliche Weiterbildung – ein Bereich im Wandel

Wissenschaftliche Weiterbildung5 galt in den 1980er-Jahren als durchlässig und wenig selektiv. So geht Schäfer (1988) für die Phase vor dem Bologna-Prozess davon aus, dass sich die wissenschaftliche Weiterbildung als Reformstrategie beschreiben lasse, die zuvor nicht vorhandene Übergänge zwischen Hochschule und Gesellschaft schaffe (Schäfer 1988, S. 20). Untersuchungen hierzu oder belastbare Daten liegen nicht vor, und der Optimismus könnte mit der Programmatik der neu gegründeten Reformuniversitäten, den bis dahin eher kleineren Studienformaten (z. B. Seminare, Kontaktstudien, Studienangebote für Gasthörende) oder einer fehlenden Korrektur durch ungleichheitssensible Forschung in der wissenschaftlichen Weiterbildung geschuldet sein. In der letzten Dekade wurde ein weitreichender institutioneller Wandel wissenschaftlicher Weiterbildung ausgelöst. Zwei Entwicklungen können als Treiber des Wandels ausgemacht werden; neben den nationalen und europäischen Reformprozessen mit den Möglichkeiten der Einführung neuer Studienformate sind es politi-

Die aktuellen Landeshochschulgesetze subsumieren terminologisch sowohl „weiterbildende Studien“ als auch „weiterbildende Studiengänge“ unter wissenschaftliche Weiterbildung, eine Definition halten sie aber nicht vor.

5

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sche Förderprogramme, die wiederum als Effekte der Reformprozesse eingeordnet werden können. Zwei Effekte der Entwicklungen sind zu erkennen, die ineinander greifen. Nachdem bis vor wenigen Jahren die Hochschule als Organisation und Institution und die von ihr verantwortete hochschulische Bildung allgemein als Adressatinnen bildungspolitischer Zielsetzungen zur Verbesserung der Durchlässigkeit auszumachen sind, erfolgt eine immer stärkere Adressierung wissenschaftlicher Weiterbildung. Gleichzeitig verändert sich die organisationale und institutionelle Verfasstheit wissenschaftlicher Weiterbildung durch die Anwendung und Implementation der Instrumente und Prinzipien, die im Rahmen europäischer und nationaler Reformprozesse entwickelt wurden. Dieser Wandel ist gegenwärtig erst in Ansätzen sichtbar und führt zu einer Reihe neuer und bislang nur punktuell untersuchter Forschungsfragen zur Durchlässigkeit. Zu stellen ist die im Rahmen des Durchlässigkeitsdiskurses wichtige Frage, ob es neue Schließungsmechanismen und Gatekeepingprozesse gibt. In diesen Komplex gehört auch die Frage, welche monetären und nicht-monetären Kosten durch das Studieren der neuen Studienformate entstehen, welche monetären und nicht-monetären Erträge zu erwarten sind (vgl. Timmermann in diesem Band) und ob die Kosten zumutbar sind.

3.1

Durchlässigkeit in weiterbildende Studienangebote

3.1.1 Weiterbildende Masterstudiengänge Das Feld der wissenschaftlichen Weiterbildung wurde mit dem im Rahmen des Bologna-Prozesses eingeführten gestuften Studiensystems (Bachelor, Master und Promotion) durch die Möglichkeit der Einführung des Angebots weiterbildender Masterstudiengänge um ein strukturell wichtiges Format reicher (Bredl et al. 2006, S. 25 ff.; Vogt 2012). Die Zahl der an der Entwicklung und Durchführung dieses Studienformats beteiligten Akteure ist größer, die erforderliche Zusammenarbeit zwischen Fakultäten und zentralen Einheiten der wissenschaftlichen Weiterbildung ist komplexer und die Regelungen sind heterogener als bei den zuvor durch die wissenschaftliche Weiterbildung verantworteten Formaten. Von Bedeutung für den Gegenstand dieses Beitrags ist, dass wissenschaftliche Weiterbildung in Form von Studiengängen in den Akkreditierungsvorgaben auf das Masterniveau beschränkt wird: „Bei der Einrichtung eines Masterstudiengangs ist festzulegen, ob es sich um einen konsekutiven oder weiterbildenden Studiengang handelt“ (KMK 2010, S. 6). Für weiterbildende Master werden Kriterien festgelegt, die die Bildungssubjekte einerseits und die Hochschule andererseits erfüllen müssen: Bei den Studierenden wird eine „qualifizierte berufspraktische Erfahrung von i. d. R. nicht unter einem Jahr“ vorausgesetzt. Die Inhalte des weiterbildenden Masterstudiengangs sollen die beruflichen Erfahrungen der Studierenden berücksichtigen und an diese anknüpfen. Das Qualifikationsniveau weiterbildender Master und die damit erworbenen Berechtigungen (z. B. zu promovieren) entsprechen den konsekutiven Masterstudiengängen (KMK 2010, S. 6).

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Weiterbildendes Studieren im Verständnis der Akkreditierungsvorgaben richtet sich vorwiegend an Hochschulabsolventinnen und -absolventen. So heißt es: „Zugangsvoraussetzung für einen Masterstudiengang ist in der Regel ein berufsqualifizierender Hochschulabschluss. Die Landeshochschulgesetze können vorsehen, dass in definierten Ausnahmefällen für weiterbildende und künstlerische Masterstudiengänge an die Stelle des berufsqualifizierenden Hochschulabschlusses eine Eingangsprüfung treten kann“ (KMK 2010, S. 5). Von dieser Möglichkeit haben einige Länder Gebrauch6 gemacht, allerdings praktizieren dies nur wenige Hochschulen, es sind überwiegend Zentren wissenschaftlicher Weiterbildung von Universitäten und Fachhochschulen in Rheinland-Pfalz. Absolvent(inn)en der beruflichen Bildung, die keinen akademischen Grad besitzen, können somit außerhalb von Studiengängen, die an Hochschulen in Rheinland-Pfalz angesiedelt sind, in der Regel keinen Zugang zu weiterbildenden Masterstudiengängen erhalten, dieser Weg ist für sie mit sehr wenigen Ausnahmen nicht durchlässig.

3.1.2 Berufsbegleitende Bachelorstudiengänge Die Landeshochschulgesetze Baden-Württembergs, Bayerns, Niedersachsens und Thüringens regeln die Einrichtung berufsbegleitender Bachelorstudiengänge, obschon die Ländergemeinsamen Strukturvorgaben dies nicht vorsehen (KMK 2010).7 In diesen Ländern wird die Möglichkeit für Absolvent(innen) der beruflichen Bildung geschaffen, bei der Studienwahl berufsbegleitende Studienangebote in Betracht zu ziehen. Als Anforderung an den Typus berufsbegleitende Bachelorstudiengänge schreibt das Bayrische Hochschulgesetz: „Sie sind von der Hochschule so zu gestalten, dass sie neben einer Berufstätigkeit absolviert werden können. Dies setzt besondere organisatorische Vorkehrungen voraus, insbesondere eine Konzentration der Präsenzveranstaltungen auf die Abendstunden, auf Wochenenden und auf Blockkurse, sowie Anteile virtueller Lehre“ (Art. 56). Das Landeshochschulgesetz von Baden-Württemberg regelt, dass ein weiterbildender Bachelorstudiengang sich an „Personen richtet, die bereits über eine im sekundären Bildungsbereich erworbene Berufsausbildung verfügen“ (§ 31). Mit der rechtlichen Regulation dieses Studiengangtypus wurde auch die Möglichkeit geschaffen, Studiengebühren oder Entgelte zu erheben, die über das in Vollzeitstudiengängen übliche Maß hinausgeht. So heißt es z. B. im Landeshochschulgesetz Niedersachsen: „Für die Inanspruchnahme von berufsbegleitenden Studiengängen kann die Hochschule kostendeckende Gebühren erheben“ (§ 13). Für den im Mittelpunkt dieses Beitrags stehenden Gegenstand ist wichtig festzuhalten, dass es in den meisten Bundesländern für Absolvent(inn)en der beruflichen Bildung unabhängig von der Frage der Hochschulzugangsberechtigung an staatlichen 6

Berlin, Brandenburg, Bremen und Hamburg, Hessen, Mecklenburg Vorpommern, RheinlandPfalz, Schleswig-Holstein und Thüringen erlauben in Einzelfällen die Zulassung zu einem weiterbildenden Masterstudiengang. 7 Akkreditierungen ab Januar 2018 erfolgen auf Grundlage von Studienakkreditierungsverordnungen der Länder.

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Hochschulen kein weiterbildendes Master- oder berufsbegleitendes Bachelorstudienangebot gibt.8 Sie sind nach wie vor i. d. R. auf das grundständige Studienangebot, d. h. einen Bachelor, der in Vollzeit angeboten wird, angewiesen.

3.1.3

Das baden-württembergische Modell hochschulischer Weiterbildung Hochschulen in Baden-Württemberg bieten wissenschaftliche Weiterbildungen nach einem modifizierten Format der Schweizer Abschlusssystematik an, werben gegenwärtig um eine bundeseinheitliche Vorgehensweise und weisen dabei auf die Modellvorteile hin: „Dieses Modell vereinheitlicht die Leistungen in der Wissenschaftlichen Weiterbildung bezüglich der zu erwerbenden ECTS und des Abschlusses. Somit wird mehr Transparenz geschaffen und eine Anerkennung der Leistungen an anderen Universitäten erleichtert“.9 Allerdings wurde das System an die Strukturvorgaben in Deutschland angepasst. Bei den Zertifikaten wird zwischen ‚Certificate of Basic Studies‘ (CBS) und ‚Certificate of Advanced Studies‘ (CAS) sowie ‚Diploma of Basic Studies‘ (DBS) und ‚Diploma of Advanced Studies‘ (DAS) unterschieden, alle Formate liegen unterhalb des Bachelorniveaus. Der ‚Master of Advanced Studies‘ (MAS) hingegen wird nicht angeboten, da er nicht zu den Berechtigungen eines Masterabschlusses einer deutschen Hochschule führt (Klenk et al. 2017, S. 52). Auch wenn die zu erwerbenden ECTS sowie die Niveaus der Studienangebote angegeben werden und dadurch Transparenz hergestellt wird, sind zahlreiche Fragen an diese Adaptation des Schweizer Abschlusssystems zu stellen, bevor eine Durchlässigkeit eingeschätzt werden kann. Unklar sind vor allem die Zulassungsregelungen und Akkumulationsmöglichkeiten. Welche Studienangebote stehen Studierenden ohne schulische Hochschulzugangsberechtigung offen? In welche können Aus- und Weiterbildungsabsolvent(inn)en einmünden? Es ist davon auszugehen, dass Absolvent(inn)en der beruflichen Bildung Zugang zu den Zertifikatsangeboten auf Bachelorniveau bekommen, ob sie Zugang zu den Zertifikatsangeboten auf Masterniveau erhalten, ist unklar. 3.1.4

Durchlässigkeit im Kontext von Zertifikatsprogrammen und Modulen Die Anerkennung der im Rahmen von Zertifikatsprogrammen erworbenen Leistungen auf Studiengänge wird zukünftig eine bedeutsame Frage werden. Die Architektur für die Akkumulation der Zertifikatsprogramme wird gegenwärtig entworfen. So wurden für im Rahmen des Bund-Länder-Wettbewerbs ‚Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen‘ entwickelte berufsbegleitende Studienangebote die Möglichkeit geschaffen, einzelne Zertifikate eines Studiengangs zu belegen, oder Studiengänge wurden so entwickelt, dass einzelne Module als Zertifikatsprogramm studiert werden 8

Dies ist nach wie vor ein wichtiges Terrain der privaten Hochschulen in Deutschland. Vgl. https://www.uni-tuebingen.de/zielgruppen/weiterbildung/abschluesse.html. Zugegriffen am 18.01.2018.

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können und akkumulierte Module zum Master führen können (vgl. z. B. Schumacher und Gröger 2016, S. 205 ff.). Bisher gilt, dass es keine rechtlichen Regelungen für Zertifikatsangebote gibt (vgl. z. B. Haar et al. 2016) und Teilnehmende an Zertifikatsangeboten unterschiedliche Mitgliedsstatus haben; in einigen Fällen sind sie Gasthörende, in anderen Fällen immatrikulierte Studierende. Um die Durchlässigkeit innerhalb der wissenschaftlichen Weiterbildung abzusichern, sind Orientierungen an den Bologna-Zielen und entsprechende qualitätssichernde Maßnahmen erforderlich. Zu klären ist zudem, wie und auf was Module oder Zertifikate des Bachelorniveaus angerechnet werden können, wenn es keine berufsbegleitenden Bachelorstudiengänge gibt, dessen Teil sie sind. In den meisten Bundesländern gibt es dieses Format zudem gar nicht. Der Systematisierungsvorschlag aus Baden-Württemberg (Klenk et al. 2017, S. 52) kann als wichtiger Impuls für Verhandlungen über Formate der wissenschaftlichen Weiterbildung und als Beitrag zur Institutionalisierung eingeordnet werden.

3.1.5 MOOCs und Open Digital Badges Abschließend soll noch auf zwei Entwicklungen hingewiesen werden, die die Durchlässigkeitsthematik berühren und exemplarisch für zunehmende Anforderungen von Gesellschaften an Hochschulen stehen, sich zu öffnen. Schon seit einigen Jahren stehen ‚Massive Open Online Courses‘ (MOOCs) auf der Agenda vor allem international agierender Hochschulen. Ein neuer Trend sind ‚Open Digital Badges‘. MOOCs werden in den Kontext einer „Open Education-Idee“ gestellt. So hat die Europäische Kommission ‚OpenupEd‘ gefördert, eine Initiative, an der zahlreiche europäische Länder beteiligt sind und die damit wirbt, im Bereich der hochschulischen Bildung einer der größten MOOCs Anbieter der Welt zu sein.10 Im Feld der wissenschaftlichen Weiterbildung zeigen sich Entwicklungen, MOOCs für verschiedene Ziele zu nutzen, sowohl zur Flexibilisierung von Curricula (Kahrs 2016) als auch zur Verortung in den Bereich stärker beruflichen Bereich in Form von sogenannten professional MOOCS und dem Ziel der Durchlässigkeit.11 Unter ‚Open Digital Badges‘ wird ein System digitaler Lernabzeichen oder Zertifikate verstanden, das gemeinsam von der Mozilla Foundation und der MacArthur Foundation entwickelt wurde. Die Zielsetzung ist, erworbene Kompetenzen, unabhängig vom Ort des Erwerbs, durch diese ‚Open Digital Badges‘ zu dokumentieren und alle erforderlichen Informationen mit dem Open Badge zu verknüpfen (Muilenburg and Berge 2016). Vermutlich werden Open Badges im Rahmen der Anrechnung und Anerkennung von Kompetenzen an Bedeutung für die wissenschaftliche Weiterbildung gewinnen.

10

Vgl. http://www.openuped.eu/. Zugegriffen am 18.01.2018. https://de.offene-hochschulen.de/oh_projects/pmoocs?

11

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3.2

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Rahmenbedingungen für Durchlässigkeit in wissenschaftliche Weiterbildung

Fasst man die externen Anforderungen und Erwartungen an die wissenschaftliche Weiterbildung hinsichtlich der Verbesserung der strukturellen Durchlässigkeit zusammen, so lassen sie sich zu sechs Rahmenbedingungen und Faktoren bündeln: Übergangsgestaltung und Beratung (1), Zugang und Zulassung zu Studienangeboten für nicht-traditionelle Zielgruppen (2), Anrechnung und Anerkennung außerhochschulisch bzw. an anderen Hochschulen erworbener Kompetenzen (3), eine zeitlich und räumliche Flexibilisierung des Studierens in weiterbildenden Studienformaten (4) sowie eine Orientierung an den Interessen der Studieninteressierten und Studierenden mit der Priorisierung einer Nachfrage- statt der klassischen Angebotsorientierung (5). Schließlich stellen Fragen der Kosten und Finanzierung einen wichtigen Faktor für die Durchlässigkeit dar. Um die ersten fünf genannten Rahmenbedingungen für Durchlässigkeit zu entwickeln und zu implementieren, werden die jeweiligen Instrumente seit mehr als 15 Jahren durch entsprechende EU-Prozesse und Förderlinien bildungspolitisch flankiert (vgl. Abschn. 2.3). Über Disziplingrenzen hinweg gibt es Konsens darüber, dass Durchlässigkeit eine „mehrdimensionale Aufgabe“ darstellt (Banscherus et al. 2016, S. 1).

3.2.1 Übergangsgestaltung Klassischer Weise verbindet die Übergangsforschung Fragen der sozialen Regulierung von Übergängen mit der subjektiven Bewältigung eben dieser Prozesse12 (Kutscha 1991, S. 128). Für die Übergänge in die Hochschule sind einerseits Fragen der Information und Beratung, von Selbsteinschätzungen der Studierfähigkeit, Ressourcen- und Vereinbarkeitsfragen im Spannungsfeld von Beruf, Studium und Familie bzw. privaten Verpflichtungen von Bedeutung, andererseits sind auch Fragen der Selbst- und Fremdselektion oder des Gatekeeping hier anzusiedeln. Festzustellen ist eine wachsende Bedeutung von Beratung für lebenslanges Lernen im Allgemeinen und für Übergänge aus der Berufstätigkeit in die Hochschule im Besonderen. Konsens ist, dass nicht-traditionelle Studierende einen größeren Informations- und Beratungsbedarf haben als traditionelle Studierende, die ihr Studium nach dem Erwerb der Hochschulreife beginnen (vgl. Freitag et al. 2015, S. 13 ff.). Es sind mehr und komplexere Fragen zu beantworten (z. B. zum Hochschulzugang ohne Abitur oder der Finanzierung eines kostenpflichtigen Masterstudiengangs), die Fragen sind komplexer als bei „normalen Übergangsprozessen“ und die Entscheidungen von größerer Tragweite, sie betreffen zudem in größerem Maße Personen im biografischen Umfeld der Studieninteressierten.

12

Die Übergangsforschung unterscheidet sich damit sowohl durch ihre theoretischen Bezüge als auch durch ihre Terminologie und zugrunde liegende Annahmen von der Durchlässigkeitsforschung.

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3.2.2 Zugang & Zulassung Zugang und Zulassung zum Hochschulstudium sind zwei voneinander zu unterscheidende Prozesse. In Deutschland erwerben all diejenigen Schulabsolvent(inn)en eine Zugangsberechtigung zu einem Hochschulstudium, die eine allgemeine Hochschulreife oder das Fachabitur erwerben. Seit dem Beschluss der KMK zum Hochschulzugang von in der beruflichen Bildung qualifizierten Personen (KMK 2009) können auch diese unter den im Beschluss angegebenen Bedingungen den Zugang zu einem Hochschulstudium, i. d. R. einem Bachelorstudium, erhalten. Zulassungsfragen betreffen die Prozesse, die bei Vorhandensein der Zugangsberechtigung zu einer Studienaufnahme führen. Durch die landesuneinheitliche Umsetzung der Möglichkeit, weiterbildende Masterstudienangebote für Studieninteressierte ohne ersten akademischen Grad durch eine Eignungsfeststellung zu öffnen, ist eine hochschulspezifische und landesspezifische Komponente in die Frage der strukturellen Durchlässigkeit in die wissenschaftliche Weiterbildung gelangt. Die landesspezifische Komponente entsteht durch die Entscheidung der Länder, von den Möglichkeiten der Ländergemeinsamen Strukturvorgaben keinen Gebrauch zu machen, die hochschulspezifische Komponente entsteht hingegen durch die Entscheidung von Hochschulen, von landesrechtlichen Regelungen keinen Gebrauch zu machen. 3.2.3 Anrechnung & Anerkennung Als wichtige Rahmenbedingung für die Durchlässigkeit in Hochschulstudiengänge wird die Anrechnung von Kompetenzen betrachtet, die außerhalb der Hochschule, vor allem im Rahmen von Aus-, Fort- und Weiterbildungen der beruflichen Bildung und durch (Berufs-)Erfahrung erworben wurden (Freitag 2014). Bislang gibt es wenig empirische Forschung zu der Frage, welchen Stellenwert die Anrechnung von Kompetenzen im Rahmen der verschiedenen Formate der wissenschaftlichen Weiterbildung hat. Zu erwarten sind Ergebnisse aus einem Teilprojekt im Verbundprojekt ‚Weiterbildungscampus Magdeburg‘ der Universität Magdeburg (Dörner 2016). (Siehe Hanak und Sturm 2015 und Beitrag von Hanak und Sturm in diesem Band). Neben der Anrechnung gewinnt für die wissenschaftliche Weiterbildung die Anerkennung an Bedeutung. Unter Anerkennung wird ein Prozess verstanden, innerhalb dessen die durch Studien- und Prüfungsleistungen an Hochschulen des In- und Auslands erworbenen Credits anerkannt werden. Auch Studienabschlüsse sind anzuerkennen. Studieninteressierte wissenschaftlicher Weiterbildungsformate haben u. U. bereits Hochschulzertifikate erworben und ein Diplom- oder Masterstudium abgeschlossen, sie können auch promoviert oder habilitiert sein. 3.2.4

Berufsbegleitend studierbare sowie zeitlich- und räumlich flexible Studienangebote Je größer die Formate der wissenschaftlichen Weiterbildung werden, desto bedeutsamer wird die Frage der Vereinbarkeit eines Studiums mit beruflichen und familiären Verpflichtungen. Die Zielsetzung, die Studienangebote an der Lebenswelt der berufserfahrenen Zielgruppen zu orientieren, stärkte die Relevanz berufsbegleiten-

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der Studienformate; die Rede ist von berufsbegleitend studierbaren Bachelorstudiengängen und berufsbegleitend studierbaren Masterstudiengängen, aber auch von berufsbegleitend studierbaren Zertifikatskursen oder Modulangeboten. Angesprochen wird damit die in der bildungssoziologischen Ungleichheitsforschung hervorgehobene Notwendigkeit, dass Durchlässigkeit und Offenheit im Bildungssystem mit der Frage zumutbarer persönlicher und gesellschaftlicher Kosten einhergeht (Köller 2003, S. 479; Köller et al. 2004) und somit von der individuellen und gesellschaftlichen Bewertung der Kosten und Erträge abhängt.

3.2.5 Zielgruppen- und Nachfrageorientierung Anders als die hochschulische Bildung im grundständigen Bereich und bei konsekutiven Masterstudienangeboten, die von ihrer Grundstruktur her als angebotsorientiert einzuordnen sind, wird von der wissenschaftlichen Weiterbildung eine Nachfrageorientierung erwartet. Sie steht vor der Aufgabe, gesellschaftliche, unternehmerische und individuelle Weiterbildungsbedarfe zu erheben und bei der Konzeption die Heterogenität der Zielgruppen zu berücksichtigen. Für Seitter (2014) stellt die Nachfrageorientierung einen neuen Steuerungsmodus innerhalb von Hochschulen dar. Weber (2000) formuliert die Hypothese, dass es die Finanzierung oder Teilfinanzierung der wissenschaftlichen Weiterbildung durch die Nachfragenden ist, die zu einer Schwächung der Definitionsmacht der Universität in der Weiterbildung führt (Weber 2000, S. 59). Durch die mit der Mitfinanzierung einhergehende Nachfrageorientierung und Orientierung an den beruflichen Erfahrungen der Studierenden entstehen neue Weisen der Entwicklung von wissenschaftlichem und wissenschaftsbasiertem Wissen. Hingewiesen wird zudem darauf, dass in die Konzeption der weiterbildenden Studienangebote möglicherweise Betriebe und Unternehmen involviert sind. Ein „doppelter Adressatenbezug“ wird konstatiert (Seitter et al. 2015, S. 16), der neben einer berufsbegleitenden Studienorganisation bei gleichzeitig großer Heterogenität dieser neuen Studierendengruppe große Herausforderungen an die hochschulische Lehre und die Hochschulen insgesamt stellt. In diese Rahmenbedingungen für die Durchlässigkeit fließen Fragestellungen ein, die mit dem Begriff der „sozialen Öffnung“ der Hochschule Gegenstand der Habitusforschung sind (vgl. Bremer 2007; Ahrens 2012) oder als Diskrepanz zwischen Institution und Biografie markiert werden (Alheit 2005). 3.2.6 Kosten und Finanzierung wissenschaftlicher Weiterbildung An verschiedenen Stellen wurde darauf verwiesen, dass persönliche oder gesellschaftliche Kosten Bedeutung für die Durchlässigkeit haben und erst dann von Durchlässigkeit gesprochen werden kann, wenn die Kosten zumutbar sind bzw. wenn getroffene Bildungsentscheidungen ohne unzumutbare Kosten korrigiert werden können. Für weiterbildende Studienangebote dürfen Studiengebühren und Entgelte erhoben werden, und nicht selten kostet ein kompletter weiterbildender Masterstudiengang zwischen 15.000 und 25.000 €. Ob dies zumutbar ist und wie sich diese Gebühren auf die Entwicklung und Nachfrage weiterbildender Studienformate auswirkt, ist nicht klar. Entscheidend wird die Frage sein, ob wissenschaftliche Weiterbildung als

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wirtschaftlicher und nichtwirtschaftlicher Tätigkeit eingeordnet wird. Die Kultusministerkonferenz hat kürzlich einen Leitfaden dazu herausgegeben (vgl. KMK 2017).

4

Fazit

Der bildungspolitische Stellenwert wissenschaftlicher Weiterbildung hat sich im letzten Jahrzehnt deutlich erhöht. Im Zuge dieser Entwicklungen gewinnen Fragen der Durchlässigkeit in die wissenschaftliche Weiterbildung und innerhalb der wissenschaftlichen Weiterbildung an Bedeutung. Aufgrund der Entwicklungsdynamiken von wissenschaftlicher Weiterbildung sowohl in ihrer institutionellen und organisationalen Verfasstheit als auch als Teil des Hochschul- und Wissenschaftssystems, sind neue Fragen an das Paradigma Durchlässigkeit zu stellen. Es sind neue Studienformate mit länderrechtlich unterschiedlichen Regelungen entstanden, die zu länder- und hochschulrechtlichen Unterschieden von Studienmöglichkeiten führen. Es sind neue Akteure ins Spiel gekommen, wie z. B. die Akkreditierungsagenturen, entstanden sind heterogene Formen der Mitgliedschaft zur Hochschule, und auch die Grenzen des Feldes haben sich verändert. An die wissenschaftliche Weiterbildung, so kann resümiert werden, werden hohe Anforderungen gestellt. Durchlässigkeit ist zu einer komplexen Gestaltungsaufgabe geworden ist, die hochschulseitig nicht nur die wissenschaftliche Weiterbildung herausfordert. Das Paradigma Durchlässigkeit unterliegt im Feld Wissenschaftlicher Weiterbildung somit selbst einem starkem institutionellen Wandel; deutlich ist zu erkennen, dass es sowohl durch den europäischen als auch durch den nationalen bildungspolitischen Diskurs konstituiert wird. Beobachtbar sind Bedeutungsverschiebungen und eine Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen, die zur Durchlässigkeit beitragen sollen. Festzustellen ist ein Wandel der gesetzlichen Regelungen sowie ein Wandel der zugrunde liegenden Diskurse und damit verknüpften Forderungen bzw. Zielsetzungen. Wissenschaftliche Weiterbildung wird in diesem Prozess neu konstituiert. Bislang stehen keine Daten zur Verfügung, um die Entwicklungen der Durchlässigkeit insgesamt und die Bedeutung einzelner Rahmenbedingungen oder Faktoren für die Durchlässigkeit in die jeweiligen Studienformate zu bewerten. Die Instrumente und Konzepte sind entwickelt, die damit verbundenen Zielsetzungen jedoch sowohl bei Akteuren der beruflichen als auch der hochschulischen Bildung umstritten. Als Desiderat ist die Durchlässigkeit der im Ausland erworbenen Abschlüsse festzustellen. Durch den EU-Diskurs wird dieser Option Vorschub geleistet, innerhalb des nationalen Diskurses ist davon aber zu selten die Rede. Die Berücksichtigung informell und non-formal erworbener Kompetenzen steckt noch in den Kinderschuhen, zudem fehlen Bedarfsstudien für die Anrechnung informell und non-formal erworbener Kompetenzen im Rahmen der verschiedenen Formate wissenschaftlicher Weiterbildung. Auch geschlechtsspezifische Aspekte werden noch nicht ausreichend reflektiert, so gibt es z. B. in weiblich dominierten Gesundheitsberufen nicht immer Fortbildungen, die zum Hochschulzugang berechtigen.

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Vor dem Hintergrund der in der vergangenen Dekade gewonnenen Erfahrungen und der Ergebnisse der Ungleichheitsforschung ist schließlich die Hypothese zu formulieren, dass das Paradigma der strukturellen Durchlässigkeit durch die im Rahmen des Paradigmas der sozialen Öffnung der Hochschule entwickelten Instrumente zu flankieren ist, um eine Reduzierung der Bildungsungleichheit zu erreichen.

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W. K. Freitag

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Das Paradigma Durchlässigkeit und die wissenschaftliche Weiterbildung

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Wissenschaftliche Weiterbildung und Region Matthias Rohs und Bastian Steinmüller

Inhalt 1 Disziplinäre Zugänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Hochschulregionen und wissenschaftliche Weiterbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Wissenschaftliche Weiterbildung und Region . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Fazit und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

196 201 207 210 210

Zusammenfassung

Das Verhältnis von wissenschaftlicher Weiterbildung und Region wurde in der Forschung bisher nur marginal behandelt. Dabei zeigen sich gerade in ihrer Wechselwirkung vielfältige Potenziale. Im Beitrag werden auf theoretischer und empirischer Basis Merkmale zur Beschreibung einer Hochschulregion herausgearbeitet und mit der wissenschaftlichen Weiterbildung in Verbindung gebracht. Dazu wird sowohl die Rolle der Weiterbildung an Hochschulen für die Regionalentwicklung, als auch die Chancen der Adressierung regionaler Zielgruppen für die wissenschaftliche Weiterbildung thematisiert. Schlüsselwörter

Region · Weiterbildung · Raum · Hochschule · Regionalentwicklung

Der Artikel basiert auf dem Beitrag Rohs, M. & Steinmüller, B. (im Druck). Die Potenziale wissenschaftlicher Weiterbildung für die Region, In: R. Arnold, M. Rohs & M. Lermen (Hrsg.). Wissenschaftliche Weiterbildung als Zukunftsstrategie. Baltmannsweiler: Schneider Verlag. M. Rohs (*) · B. Steinmüller Fachbereich Sozialwissenschaften, Technische Universität Kaiserslautern, Kaiserslautern, Deutschland E-Mail: [email protected]; [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 W. Jütte, M. Rohs (Hrsg.), Handbuch Wissenschaftliche Weiterbildung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-17643-3_36

195

196

M. Rohs und B. Steinmüller

1

Disziplinäre Zugänge

1.1

Zum Begriff der Region

Für die Auseinandersetzung mit Region im Kontext wissenschaftlicher Weiterbildung sind vor allem zwei Forschungsfelder von Relevanz: zum einen die Hochschulforschung und zum anderen die erwachsenenpädagogische Raumforschung. Beide Felder behandeln das Thema variantenreich. Zum Kontext der Hochschule zählen einerseits Beiträge im Bereich der Hochschularchitektur (Forschungs- und Lernräume) sowie der Gestaltung virtueller Lernräume und -umgebungen (z. B. Arnold et al. 2016; Rummler 2014; Škerlak et al. 2014). Eine intensive Debatte existiert darüber hinaus zum Verhältnis von Hochschule und Stadt- und Regionalentwicklung (Fritsch 2009; Fritsch et al. 2015; Pasternack und Zierold 2014). Nicht immer trennscharf von Fachdiskursen anderer Disziplinen zu unterscheiden, treten in dieser Debatte auch Bezüge zur Raum- und Regionalforschung zutage. Entsprechend der Vielzahl an Forschungsansätze existieren auch unterschiedliche Ansätze zur Beschreibung von Region. „Allgemein versteht man unter einer Region einen aufgrund bestimmter Merkmale abgrenzbaren, zusammenhängenden Teilraum mittlerer Größenordnung in einem Gesamtraum“ (Sinz 2005, S. 919). Diese relative Regionsdefinition gründet auf der Bestimmung des Gesamtraums, welcher territorial betrachtet in der gesamten Welt, aber auch in Kontinenten oder Nationalstaaten bestehen kann. Entsprechend variiert die Größe einer Region (in diesem Gesamtraum) stark. Zur Erfassung von Regionen werden grundsätzlich vier unterschiedliche Perspektiven unterschieden (Bernhard 2014; Dobischat et al. 2006). Danach kann sich eine Region definieren über: a) ihre Homogenität/Ähnlichkeit, wie z. B. Vegetation, Geologie, Klima oder Strukturmerkmale, etwa wirtschaftliche Indikatoren oder die Bevölkerungszusammensetzung nach demografischen, sozioökonomischen oder ethisch-kulturellen Merkmalen. b) funktionale Verflechtungen, wie z. B. Pendlerströme oder Einzugsgebiete um einen Kern herum. c) ihre administrative Zugehörigkeit, wie z. B. Bundesländer, Regierungsbezirke, Landkreise. d) soziokulturelle Faktoren, wie z. B. Geschichte, Sprache oder Wertvorstellungen. Für die Regionsbestimmung ist es notwendig, der konstituierenden Forschungsfrage entsprechend eine der genannten Perspektiven argumentativ mit den naturräumlichen Grundeinheiten, den politischen, gesellschaftlichen bzw. wirtschaftlichen Bezügen zu verknüpfen. Nötig wird demnach ein rauminhaltliches Moment, wie es etwa Bildung für die Hochschulregion ist. Selbige stellt fortan die Grundlage dar, auf der die naturräumlichen Grundeinheiten, die politischen, gesellschaftlichen bzw. wirtschaftlichen Bezüge, oder eben mit Bildung verbundenen Attribute argumentativ verknüpft werden. Das zu wählende räumliche Moment, das die Bildung der analytischen Region konstituiert, muss

Wissenschaftliche Weiterbildung und Region

197

dabei trennscharf festlegen, ob eine räumliche Einheit zu dieser zählt oder von ihr abgetrennt wird (Marks 2015).

1.2

Region und Weiterbildung

Die Erwachsenenbildung gebraucht den Regionsbegriff in vielfältigen Zusammenhängen: z. B. im Rahmen von „Lernende Regionen“ (Emminghaus und Tippelt 2009; Erler 2016; Tippelt et al. 2009) oder „Regionale Bildungsnetze“ (Nuissl et al. 2006). Konjunktur- und Forschungsprogramme, wie „Lernende Regionen – Förderung von Netzwerken“1 (Europäischer Sozialfonds; Laufzeit 2001–2008) oder „Lernen vor Ort – Kommunale Bildungslandschaften“2 (Bundesministerium für Bildung und Forschung; Laufzeit 2009–2014) leisteten der Beschäftigung mit Fragen der Region weiter Vorschub. Die Bedeutung von Regionen wird aber auch in der Umsetzung der Strategie Lebenslangen Lernens deutlich (Eckert und Tippelt 2017). Der politische Wille der Förderung Lebenslangen Lernens wirkt gerade dort als Katalysator regionaler Besonderheiten, wo letztere aufgrund der geforderten – möglichst passgenauen – Implementierung in Planungen einbezogen werden müssen (z. B. der Altersschnitt der Bevölkerung oder die Erreichbarkeit von Bildungszentren). „Für den Bereich der Weiterbildung leitet sich daraus die Notwendigkeit ab, eine Vielzahl von Akteuren aus verschiedenen Kontexten auf unterschiedlichen Handlungsebenen so zu koordinieren, dass ein personenzentriertes, dem Bedarf verschiedener Bildungsphasen angepasstes, gut zugängliches Weiterbildungsangebot bereitgestellt werden kann“ (Martin et al. 2016, S. 57). Dementsprechende Potentiale werden dann zugänglich, wenn in den Grenzen der Steuerungsmöglichkeiten regionale Kontexte Beachtung finden, also für regionale Bedarfe sensibilisiert gesteuert wird. Einerseits besteht aufgrund regional gemeinsamer Geschichte und geteilter Wertvorstellungen eine hohe Identifikation mit der Region. Andererseits erleichtern politisch-administrative Rahmungen sowie bestehende Vernetzungen der Akteure die Entwicklung gemeinsamer Zielvorstellungen. Regionale Netzwerke werden dabei als wesentliches Konstrukt für die Konstitution partizipativer Steuerungsstrukturen im Rahmen einer regional governance (Fürst 2001, 2004) gesehen. Die Bedeutung der regionalen Bildungssteuerung bzw. educational governance ergibt sich vor allem in Hinblick auf die Regionalentwicklung (Bosch 1993; Nuissl 1995). So wird davon ausgegangen, „dass Weiterbildung zwar keine herausragende, wohl aber eine nachweisbare (potenzielle) Bedeutung für den Verlauf regionaler Entwicklungen hat und damit zugleich auch eine Ressource darstellt, auf die im

1

https://www.esf.de/portal/DE/Ueber-den-ESF/Geschichte-des-ESF/Foerderperiode-2007-2013/ ESF-Programme/programme/bmbf_lernende_regionen_foerderung_netzwerke.html. Zugegriffen am 11.10.2018. 2 https://www.lernen-vor-ort.info/. Zugegriffen am 11.10.2018.

198

M. Rohs und B. Steinmüller

Rahmen (der Bestrebungen) einer politisch-planerischen Einflussnahme auf räumliche Entwicklungen zurückgegriffen werden kann“ (Nuissl 2000, S. 468).

1.3

Das Verhältnis zwischen Hochschule und Region

Hochschulen kommt eine besondere Rolle für das regionale Umfeld ihres Standortes zu. Dies gilt in speziellem Maße für Regionen, die stark unter demografischen Entwicklungen leiden (Geburtenrückgang, Abwanderung, Alterung bzw. überproportionaler Anteil Älterer an der Gesamtbevölkerung) oder strukturellen Herausforderungen gegenüberstehen (Raumaspekte peripherer Lagen, wie z. B. eine schlechte infrastrukturelle Anbindung, mehrheitlich niedrigqualifizierte Arbeitsplätze im Zuge der vertikalen Arbeitsteilung, schlechte wirtschaftliche Entwicklungsmöglichkeiten) und/oder ihrer peripheren Lage mit besonderen Entwicklungsherausforderungen konfrontiert sind. Zwar sind Hochschulen nicht vor derartigen Umfeldbedingungen geschützt, durch öffentliche Förderung und überregionale Vernetzung sind sie aber weniger von ihnen abhängig als die regionale Wirtschaft. Denn letztere stellt sich oft als durch kleinere und mittlere Unternehmen geprägt dar, deren eher lokal bzw. regional begrenzter Wirkungsraum die Herausbildung überregionaler Netzwerke erschwert. Analog wurden „(. . .) Universitäten auch mit dem erklärten Nebenziel gegründet, in strukturschwachen Räumen als regionaler ‚Motor‘ zu fungieren“ (Landfried et al. 1983). Ihr Entwicklungspotenzial gründet darauf, ihr Umfeld neu zu strukturieren: In ihrem Wirkungskreis siedeln sich häufiger forschungsintensive Industrien an, sie üben in hohem Maße Anziehung auf gut gebildete Menschen aus und ihre Präsenz hilft, die örtliche Ausstrahlung als Wissens- und Forschungsstandort zu erhöhen (Florida 2006; Gabe et al. 2012; Steinmüller 2015). Eine Analyse der Forschungsarbeiten zum Verhältnis von Hochschule und Region macht deutlich, dass sich der Fokus mehrfach verschoben hat. In den 1960er- und 1970er-Jahren bestimmten vor allem Fragen zu ökonomischen und kulturellen Wirkungen sowie regionalen Bildungsbeteiligung die Agenda, die durch die Ansiedlung von Hochschulen verbessert werden sollten. In den folgenden Jahren rückten verstärkt Forschungsarbeiten zu den Verläufen und Folgen regionaler Hochschulgründungen in den Fokus. Ab den 1990er-Jahren gewann die Diskussion durch strategische Fragen im Umgang mit den Hochschulen im Gebiet der neuen Bundesländer und den dortigen demografischen Herausforderungen neue Impulse (Pasternack 2010, 2013b). Gleichzeitig wurden regionale Vernetzungen von Hochschulen relevant, um sich durch die Bildung von Clustern im nationalen und internationalen Wettbewerb besser positionieren zu können (Burs 2010). Aktuell wird die Bedeutung der Hochschulen für die Region primär in der engen Kopplung von Innovation und Regionalität beschrieben (Fritsch et al. 2008). In diesem Zusammenhang wird auch ein „Wiederaufstieg der Regionen“ (von Wissel 2009, S. 16) postuliert und mit dem Paradigma des Neuen Regionalismus in Verbindung gebracht (Panke 2017). Damit kann eine die letzten Jahrzehnte überdauernde Auseinandersetzung mit dem Verhältnis von Hochschule und Region hervorgehoben werden, welche eine Vielzahl von Akteure involvierte und zu einer dementsprechend großen Diversität

Wissenschaftliche Weiterbildung und Region

199

unterschiedlicher Schwerpunktsetzungen führte. Der Einbezug übergeordneter Veränderungsprozesse, wie sie etwa im Zusammenhang mit der Globalisierung auftreten, führten dort zu einer Neujustierung, wo sie regionale Rahmenbedingungen veränderten. Die Region tritt in diesem Zusammenhang jedoch nicht als Antagonist der Internationalisierung auf, sondern bildet möglicherweise sogar die Grundlage der Entwicklungs- und Wettbewerbsfähigkeit. So verbindet die Globalisierung Städte und Regionen zunehmend in einem arbeitsteiligen Netzwerk miteinander. Gerade lokale Ressourcen, zuvorderst Wissen als entscheidende Faktor für Dienstleistung und Produktion,3 könnte daher dazu genutzt werden, sich jenseits harter Standortfaktoren und lokaler Grenzen in einem internationalen Wettbewerb weiterzuentwickeln (Florida 2006; van Winden 2009; Gabe et al. 2012; Steinmüller 2015).

1.4

Die Wirkung der Hochschule auf die Regionalentwicklung

Wie bereits angedeutet, sind mit der Gründung von Hochschulen immer auch Ziele und Erwartungen verbunden. Diese haben sich seit den 1960er-Jahren kontinuierlich verschoben und erweitert. Hierbei als zentrale Entwicklung besonders hervorzuheben ist nach Pasternack and Zierold (2014, S. 16) der Übergang von einem passiven zu einem aktiven Hochschulregionalismus. Im Rahmen des alten bzw. passiven Hochschulregionalismus herrschten vor allem Erwartungen vor, denen zufolge allein von der Anwesenheit der Hochschulen Entwicklungsimpulse für die Region ausgingen: vor allem zugunsten der regionalen Versorgung mit Bildungsangeboten und der Stimulation der regionalen Wirtschaft (Hechler 2013, S. 61–70). Gleichermaßen inbegriffen sind direkte Effekte, wie z. B. Einkommenseffekte durch die Gehälter der Hochschulbeschäftigten, Umsatzeffekte durch Bau-, Sachund Investitionsausgaben und Entwicklungsimpulse im Zuge der Anwesenheit von Studierenden und Hochschulgästen. Darüber hinaus ergeben sich indirekte Einkommens- und Beschäftigungseffekte auf den angrenzenden Wirtschaftsstufen (Stoetzer und Krähmer 2007, S. 19). Dieses Verständnis ist eng gekoppelt an den Ausbau der Hochschulen in den 1960er- und 1970er-Jahren, der vor allem mit bildungspolitischen Zielsetzungen verbunden war, wie die Erschließung von „Bildungsreserven“ und der Herstellung von Chancengleichheit (Hechler 2013, S. 61). Hochschulen sehen sich im Rahmen ihrer Third Mission (für eine Übersicht siehe Henke et al. 2016) neuen Anforderungen gegenüber. Diese prägen den Übergang zum aktiven Hochschulregionalismus und umfassen: a) „die Sicherung des Fachkräftenachwuchses für die Region, b) Impulse zur Entwicklung regionaler Innovationsstrukturen und

3

Demgegenüber sind kritische Stimmen zu erwähnen, die betonen, Wissen sei schon immer der wichtigste Produktionsfaktor gewesen (z. B. Moldaschl 2012) bzw. die konzeptuelle Verallgemeinerung der ‚Wissensgesellschaft‘ infrage stellen (z. B. Srubar 2006).

200

M. Rohs und B. Steinmüller

Abb. 1 The regional innovation system as a local circulation between globally-connected regional innovators (Arbo und Benneworth 2007, S. 35)

c) Beiträge zur Bewältigung nichtökonomischer regionaler Herausforderungen“ (Pasternack 2013a, S. 92). Ferner tragen Hochschulen zur sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklung bei, indem sie durch ihre Forschung weltweit verfügbares Wissen identifizieren, verarbeiten und als innovationsrelevante Inputs in der Region zur Verfügung stellen (Schäfer 1988, S. 115). Abb. 1 verdeutlicht, dass sich dadurch eine enge Kopplung zwischen Hochschulen und der regionalen Wirtschaft ergibt. Letztere tritt als Nachfrager dieses Wissens auf, setzt es in Produktentwicklungen um und sorgt bei wirtschaftlichem Erfolg für Investitionen in die Region. Diese Funktion bleibt nicht auf den technologischen Bereich beschränkt. Sie greift ebenso im Dienstleistungssektor, der gleichermaßen die regionale Wirtschaftskraft stärkt und einen Betrag zur Attraktivität der Region leistet. Der Hochschule als Bildungseinrichtung kommt darüber hinaus eine wichtige Funktion für die Regionalentwicklung zu. Sie bietet nicht nur einen wohnortnahen und niedrigschwelligen Zugang zu Hochschulbildung, sie zieht außerdem Studierende an und kann so zur Verjüngung der Bevölkerung, Anhebung des Bildungsniveaus und Ausgleich von Abwanderungen beitragen. Ihre Studierenden stellen zudem einen regionalen Wirtschaftsfaktor dar. Im Rahmen der Ausbildung entstehen über Praktika und Service-Learning Synergieeffekte mit Unternehmen, Verwaltungseinrichtungen oder sozialen Organisationen im Umfeld der Hochschule. Eine enge Verzahnung zwischen diesen Akteuren, in erster Linie durch bewährte Kommunikationskanäle und regional gut vernetzte Praktikumsbüros, wirkt dabei beschleunigend. Über solche Maßnahmen können auch Bindungen der Studierenden

Wissenschaftliche Weiterbildung und Region

201

mit der Region entstehen, die von Unternehmen gezielt genutzt werden, um ihren Fachkräftebedarf zu decken. Hochschulen unterstützen diese Kontakte z. B. im Rahmen von Firmenkontaktmessen. Als dritte Funktion der Hochschule für die Regionalentwicklung ist neben Forschung und Bildung die sozialräumliche Funktion hervorzuheben. Unter diese fallen u. a. Bauvorhaben für Studierende (Wohnheime), Forschungseinrichtungen und insgesamt die Campusgestaltung sowie die damit verbundene Sogwirkung, z. B. für die Ansiedlung von Unternehmen und außerhochschulischen Forschungseinrichtungen. Zudem beeinflussen Hochschulen die Zusammensetzung der Bevölkerung, stärken die Kultur- und Sportangebote u. a. Pasternack and Zierold (2014, S. 6 f.) haben insgesamt zehn Handlungsfelder identifiziert, in denen Hochschulen (insbesondere in demografisch herausgeforderten) Regionen eigenständige Beiträge leisten: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.

Familienfreundlichkeit Lebensqualitätssteigerung für Senioren Stärkung regionaler Haltefaktoren Förderung der Zuwanderung Öffentliche Haushalte Innovations- und Produktivitätssteigerung Regionale Fachkräfteversorgung Öffentliche Daseinsvorsorge und Infrastruktur Erhöhung von Bildungschancen Stärkung der Zivilgesellschaft

Das Zusammenspiel zwischen Hochschule und Regionalentwicklung variiert dabei je nach Hochschultyp und den konkreten regionalen Strukturen. Die Rolle der wissenschaftlichen Weiterbildung ist in diesem Zusammenhang bisher kaum beleuchtet, was z. B. auf fehlende oder noch wenig ausgebildete Strukturen in diesem Bereich, geringe Studierendenzahlen, eingeschränkte Studienangebote oder eine Fokussierung auf das Fernstudium zurückgeführt werden könnte. Dabei zeigen sich auch hier Potenziale für die Region, etwa wenn es um die Aktualisierung fachlicher Kompetenzen geht, was angesichts der Entwicklungsdynamiken in der Wirtschaft aber auch im Rahmen von Strukturveränderungen (z. B. das Verschwinden von Wirtschaftsbereichen) eine besondere Bedeutung erlangen kann. In Ergänzung der übrigen Weiterbildungsanbieter können Hochschulen darüber hinaus einen generellen Beitrag zur Steigerung des Bildungsniveaus leisten.

2

Hochschulregionen und wissenschaftliche Weiterbildung

Nachdem die Fragen nach der Bedeutung der Hochschule für die Regionalentwicklung und der Region für die Hochschulentwicklung kurz skizziert wurden, soll die Diskussion nun im speziellen Bereich der wissenschaftlichen Weiterbildung vertiefend ausgeführt werden. Dabei stellt sich zunächst die Frage, wie sich Region aus

202

M. Rohs und B. Steinmüller

Perspektive der wissenschaftlichen Weiterbildung hinsichtlich der angesprochenen grundlegenden Kriterien territorialer Strukturen und Vernetzung konstituiert. Beispielhaft dafür wird im Sinne einer deduktiven Herangehensweise zunächst der allgemeinere Begriff der Hochschulregion eingeführt. Funktionelle Verflechtungen und soziokulturelle Faktoren können in einem nächsten Schritt zur Präzisierung dienen. Ihre empirische Erfassung gestaltet sich jedoch ungleich schwerer.

2.1

Hochschulregionen

Hochschulregionen verstehen sich auch als Netzwerke. In der territorialen Ausdehnung dieser Netzwerke sowie der Zusammensetzung der involvierten Akteure kann ein Verständnis von Region sichtbar werden. An Beispielen wie Tübingen-Hohenheim,4 Stuttgart,5 Dresden,6 Ruhr,7 Heilbronn-Franken8 oder der Lausitz9 lassen sich die üblicherweise beteiligten Netzwerkpartner der Hochschulen erkennen: Forschungseinrichtungen, Unternehmen sowie Kultureinrichtungen. Dabei werden die Regionen einerseits über die Standorte der Hochschulen beschrieben (z. B. Hochschulregion Tübingen-Hohenheim, Heilbronn-Franken), Andererseits sind sie aber auch an den Raumordnungsregionen orientiert (z. B. Hochschulregion Stuttgart oder Lausitz). Nationalstaatliche Grenzen stellen nicht notwendigerweise eine Hürde für Hochschulregionen dar, wie beispielsweise die Universität der Großregion10 im Grenzgebiet Deutschlands, Frankreichs, Luxemburgs und Belgiens veranschaulicht. Die Verbindung von Hochschulen in einer Region kann stark variieren und reicht von festen Verbünden, z. B. über Vereinsstrukturen, bis hin zu temporären Verbindungen durch gemeinsame Projekte. Dass diese Hochschulregionen eine Relevanz für die wissenschaftliche Weiterbildung haben, wird in der Programmatik einzelner Verbünde dokumentiert (z. B. Hochschulregion Tübingen-Hohenheim, Stuttgart). Auch im Förderprogramm „Aufstieg durch Bildung: Offene Hochschulen“,11 wurden wissenschaftliche Weiterbildungsangebote mit Bezug auf einzelne Hochschulregionen entwickelt (z. B. Mittelhessen,12 Oberfranken13 oder Niederrhein14). 4

http://www.hochschulregion.de. Zugegriffen am 15.08.2018. http://campus.region-stuttgart.de. Zugegriffen am 15.08.2018. 6 http://www.dresden-concept.de. Zugegriffen am 15.08.2018. 7 http://www.uamr.de. Zugegriffen am 15.08.2018. 8 http://www.hochschulenhoch3.de. Zugegriffen am 15.08.2018. 9 https://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/5257-16.pdf. Zugegriffen am 15.08.2018. 10 http://www.uni-gr.eu. Zugegriffen am 15.08.2018. 11 https://www.wettbewerb-offene-hochschulen-bmbf.de. Zugegriffen am 15.08.2018. 12 https://de.offene-hochschulen.de/oh_projects/wm3. Zugegriffen am 15.08.2018. 13 https://de.offene-hochschulen.de/oh_projects/quoro. Zugegriffen am 15.08.2018. 14 https://de.offene-hochschulen.de/oh_projects/wissenschaftliche-weiterbildung-und-wissenstrans fer. Zugegriffen am 15.08.2018. 5

Wissenschaftliche Weiterbildung und Region

203

Aus der Betrachtung des Status Quo wird folglich deutlich, dass für die Existenz einer Hochschulregion vor allem regionale Netzwerke von Hochschulen grundlegend sind, die zudem mit anderen regionalen Institutionen im Bereich von Forschung, Lehre und Administration kooperieren. Die wissenschaftliche Weiterbildung ist dabei teilweise expliziter Bestandteil der Kooperationen.

2.2

Einzugsgebiete von Hochschulen

Eine Hochschulregion kann in einem weiteren Schritt als territoriales Umfeld einer (oder mehrerer) Hochschulen beschrieben werden. Dieses definiert sich über die Beteiligung bzw. das potenzielle Einzugsgebiet von Studierenden. Eine Reihe von Untersuchungen (z. B. Durrer und Heine 1993, 1996; Geissler 1965; Kühn 2011; Walker 2005) belegt die „Bildungssesshaftigkeit“ (Nutz 1991) von Studierenden. Zur Beschreibung einer Hochschulregion auf Basis des Einzugsgebietes stehen unterschiedliche Methoden zur Verfügung. Nutz (1991) differenziert hier zwischen vier verschiedenen Ausdehnungen, die sich gestaffelt um den Hochschulstandort herum erstrecken und über die Ausschöpfungsquote der in den jeweiligen Landkreisen beheimateten Studienanfänger*innen jener Hochschule konstituieren15 (Nutz 1991, S. 47–49): • • • •

Kern der Hochschulregion (Ausschöpfung > 50 %) Hochschulregion (Ausschöpfung > 30 %) Einzugsbereich (Ausschöpfung > 10 %) Herkunftsgebiet (Ausschöpfung > 2,5)

Entsprechende Darstellungen der Einzugsgebiete auf Basis der Herkunftsdaten finden sich beispielsweise im CHE-Datenatlas für das deutsche Hochschulsystem (Langer et al. 2009), der die Unterschiedlichkeit der Einzugsgebiete einzelner Hochschulen sehr anschaulich illustriert. Am Beispiel der TU Kaiserslautern erstreckt sich die Hochschulregion vor allem im nördlichen Umfeld von Kaiserslautern bis in die Eifel sowie in weite Teile des Saarlandes. Stärkste Kreise sind dabei Kaiserslautern (14,2 %), Ludwigshafen am Rhein (4,0 %) sowie Pirmasens (3,4 %). Darüber hinaus zeigt sich insgesamt ein Fokus im südwestlichen Bereich Deutschlands (Rheinland-Pfalz, Saarbrücken, Hessen, Baden-Württemberg) (vgl. Abb. 2). In der Darstellung von Nutz (2002, S. 71), die nur Ausschöpfungsquoten von mehr als 25 % beinhaltet, umfasst die Hochschulregion der TU Kaiserslautern lediglich die Stadt und den Landkreis Kaiserslautern, während die Südwestpfalz zur Universität des Saarlandes zugehörig ist und der Donnersbergkreis zum 15

Einschränkungen dieser Betrachtung ergeben sich zum einen aus der Annahme, der Wohnsitz der Studierenden sei auch der Wohnsitz der Eltern und zugleich der Abiturort. Zum anderen wird die Freiwilligkeit der Studienortwahl betont, was z. B. durch die ZVS-Verteilung nicht gegeben ist (vgl. Nutz 2002, S. 70).

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M. Rohs und B. Steinmüller

Info-Box Anzahl der StudienanfängerInnen im Studienjahr 2006 an der Techn. Universität Kaiserslautern insgesamt (Bildungsinländer): 1455 Stärkste Kreise 1. Kaiserslautern: 14,2 % (207) 2. Ludwigshafen am Rhein: 4,0 % (58) 3. Pirmasens: 3,4 % (49) 4. Mainz: 2,8 % (41) 5. Kusel: 2,5 % (37) Stärkste Länder 1. Rheinland-Pfalz: 60,9 % (886) 2. Saarland: 10,93 % (159) 3. Baden-Württemberg: 9,7 % (141) 4. Nordrhein-Westfalen: 4,8 % (70)

Abb. 2 Einzugsgebiet der Studienanfänger*innen (ohne DISC) der TU Kaiserslautern nach Herkunft (Langer et al. 2009, S. 79)

Einzugsgebiet der Universität Mainz zählt. In den anderen Landkreisen der Westpfalz war im Jahr 1998/1999 keine entsprechende Ausschöpfung durch eine Hochschule zu verzeichnen. Marks (2015) verbindet in ihrer Darstellung der Hochschulregion Kaiserslautern die politisch-administrative Ebene mit der Perspektive des studentischen Einzugsgebiets und der Erreichbarkeit (vgl. Abb. 3). Da die Grenzen der Region so gewählt wurden, dass eine Erreichbarkeit des Hochschulstandorts mit einer maximalen Fahrzeit von 60 min16 gewährleistet ist, wurde neben der tatsächlichen Ausschöpfung auch ein mögliches Ausschöpfungspotenzial berücksichtigt (vgl. Abb. 4). Das Ergebnis ist eine stark konzentrische Ausdehnung um Kaiserslautern mit einer Betonung der West-Ost-Achse, welche auf die schnelle und stark frequentierte Bahnverbindung Mannheim-Saarbrücken zurückzuführen ist. An dieser Stelle muss die Frage aufgeworfen werden, ob die Grenzen einer Region der wissenschaftlichen Weiterbildung anhand der üblichen Kriterien einer Hochschulregion festgelegt werden können. Denn gegenüber wirtschaftlichen Verflechtungen ist es zumindest fraglich, ob die Bedeutung des regionalen Einzugsgebietes durch den fortschreitenden Einzug von Fernlernmodi und der damit

16

Auf die Entfernung von 60 min bezieht sich auch Prenzel (2014, S. 2) bei der Beschreibung von Regionen für Wissenschaftsverbünde.

Wissenschaftliche Weiterbildung und Region

205

Abb. 3 Einzugsbereiche ausgewählter Hochschulen (Ausschnitt) (Nutz 2002, S. 71)

Abb. 4 Hochschulregion Kaiserslautern (Marks 2015, S. 14)

einhergehenden größeren Unabhängigkeit von Wohn- und Studienort nicht ausgehöhlt wird. Antworten gibt eine Analyse der Herkunft (Wohnorte) der Fernstudierenden des DISC (vgl. Abb. 5). Sie liefert Hinweise auf eine ähnliche Verteilungsstruktur wie bei den Präsenzstudierenden: Es zeichnet sich ein klarer regionaler Fokus ab, der sich horizontal vom Saarland bis an die Landesgrenze zu Baden-Württemberg zieht

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M. Rohs und B. Steinmüller

Abb. 5 Verteilung der Wohnorte aller am DISC eingeschriebenen Studierenden (Jeder genannte Wohnort wurde auf der Karte abgetragen. Mehrfachnennungen sind nicht extra gekennzeichnet) (Zeitpunkt WS 2016/17) (eigene Darstellung)

(Ludwigshafen/Mannheim). Darüber hinaus, und hier wird ggf. ein Unterschied deutlich, ist keine den Präsenzstudierenden ähnliche Ausdehnung der Region in Richtung Eifel (vgl. Langer et al. 2009) zu verzeichnen, sondern vielmehr in Richtung Mainz/Frankfurt a. M. Zudem auffallend sind regionale Fokusse in den Ballungsräumen (z. B. Stuttgart, München, Metropolregion Rhein-Ruhr).

Wissenschaftliche Weiterbildung und Region

207

Damit zeigt sich, dass sich trotz der Ortsunabhängigkeit des weiterbildenden Fernstudiums an der TU Kaiserslautern ein regionales Einzugsgebiet beschreiben lässt, aus dem ein großer Anteil der Studierenden kommt.17 Diese Hochschulregion der TU Kaiserslautern kann folglich in einer weiten Auslegung als Dreieck zwischen Saarbrücken und den Metropolregionen Ludwigshafen/Mannheim bzw. Mainz/Frankfurt beschrieben werden. In einer engen Perspektive wäre sie entlang der Achse zwischen Saarbrücken und Mannheim zu definieren.

3

Wissenschaftliche Weiterbildung und Region

3.1

Die Bedeutung der Region für die wissenschaftliche Weiterbildung

Die zuvor dargestellten Einzugsgebiete machen es deutlich: das regionale Umfeld ist für die wissenschaftliche Weiterbildung von Bedeutung. Gleichzeitig wächst auch die Relevanz der wissenschaftlichen Weiterbildung: Das Beispiel der TU Kaiserslautern zeigt, dass der Zuwachs an Studierenden ganz wesentlich auch von dem Anstieg der Studierenden der wissenschaftlichen Weiterbildung getragen werden kann, die ca. ein Viertel der Studierenden der Universität ausmachen (WS 17/18). Der Blick auf die weltweiten Eliteuniversitäten zeigt, dass dort der Anteil der Weiterbildungsstudierenden teilweise sogar gleich groß und größer ist, als der Anteil der grundständig Studierenden (Hanft und Knapp 2015, S. 12). Ferner kann angenommen werden, dass die wissenschaftliche Weiterbildung auch über die Ausschöpfung der regionalen Studieninteressierten einen wichtigen Beitrag für stabile Studierendenzahlen und damit auch die Finanzierung der Universität leisten kann. Gerade der regionale Bezugsrahmen birgt dabei besondere Vorteile für die Entwicklung, Etablierung und Durchführung von Angeboten wissenschaftlicher Weiterbildung, wie z. B.: a) Kenntnisse der regionalen Bedarfssituation Hochschulen verfügen aufgrund ihrer regionalen Verflechtung über einen potenziell leichteren Zugang zu den Bedarfen der ansässigen Unternehmen wie auch der Bevölkerung. So können bedarfsorientierte wissenschaftliche Weiterbildungsangebote gestaltet werden, etwa indem das Angebot bezüglich seines Formates (z. B. zeitliche Gestaltung, zu erreichender Abschluss, Anteil Blended Learning, etc.) sowie inhaltlich (Themenschwerpunkte, Kompetenzprofil, Unterstützungsangebote, etc.) an der Zielgruppe orientiert wird. b) Lokale Vernetzung Hochschulen sind regional vernetzt, was sich vorteilhaft auf den Zugang zu Studieninteressierten und die kooperative Gestaltung von Angeboten auswirkt. 17

Zur Übertragbarkeit dieser Befunde auf andere Hochschulen liegen keine Vergleichsdaten vor.

208

M. Rohs und B. Steinmüller

Gleiches gilt in zunehmendem Maße für die Alumni-Arbeit, der in der Drittmittelakquise ein immer höherer Stellenwert beigemessen wird. c) Vertrautheit Regionale Hochschulen genießen Bekanntheit innerhalb der Bevölkerung, was die Ausschöpfung regionaler Studieninteressierter vereinfacht. Die lokale Bevölkerung kann über Marketing und Informationsveranstaltungen auch leichter erreicht werden. d) Nähe Auch wenn berufsbegleitende Angebote in der Regel zeitliche und örtliche Flexibilität bieten, sind regionale Hochschulen schneller zu erreichen, was Reisezeit spart. e) Flexiblere Formate Bedingt durch die Nähe können für regionale Zielgruppen bei Bedarf (z. B. Nutzung von Laboren) auch Studienformate mit höheren Präsenzanteilen angeboten werden. Wissen über die Region birgt den operativen Vorteil, die bedarfs- und nachfrageorientierte Gestaltung von Angeboten der wissenschaftlichen Weiterbildung zu ermöglichen (Schwikal et al. 2017; Seitter et al. 2014). Es ist daher in erster Linie die Akquise neuer Studierender, inklusive des Erreichens neuer Zielgruppen, worin die Bedeutung der Region für die wissenschaftliche Weiterbildung am deutlichsten zum Tragen kommt. Dabei sind jedoch Einschränkungen zu beachten. So ist einerseits nicht gesichert, dass das Fächerspektrum der Universität die regionalen Bedarfe auch wirklich bedienen kann, bzw. das auch nicht notwendigerweise von den Hochschulen angestrebt wird. Vielmehr dürfte das dafür notwendige strategische Bewusstsein innerhalb der Hochschulen nur in bestimmten Organisationseinheiten vorhanden sein. Das Überschreiten der kritischen Zielgruppengröße muss andererseits ebenfalls hinterfragt werden, da ansonsten die gewinnbringende Finanzierung etwaiger Angebote nicht gesichert wäre. Die Lösung ist vor diesem Hintergrund in einer Verbindung regionaler und überregionaler Angebote zu suchen.

3.2

Die Bedeutung wissenschaftlicher Weiterbildung für die Region

Neben der Bedeutung der Region für die wissenschaftliche Weiterbildung können ebenso Potenziale der wissenschaftlichen Weiterbildung für die Region benannt werden. Diese liegen, wie bereits in Abschn. 2.2 angedeutet, zum einen in der Sicherstellung des regionalen Fachkräftebedarfs und zum anderen in der grundsätzlichen Erweiterung der regionalen Weiterbildungsmöglichkeiten im wissenschaftlichen Bereich. Schäfer (1988) leitet fünf weitere Funktionen wissenschaftlicher Weiterbildung ab, die gerade im regionalen Kontext Wirkung entfalten: Sie reichen vom „Wissenschaftstransfer aus der Forschung in Verwendung und Anwendung“ (Schäfer 1988, S. 116) über die Kompensation von beruflichen Defiziten in der Qualifizierung und wissenschaftliche Politikberatung bis hin zur „Aufklärung und Meinungsbildung als politisch-demokratische Aufgabe“ (Schäfer 1988, S. 117).

Wissenschaftliche Weiterbildung und Region

209

Das Interesse der regionalen Wirtschaft liegt – neben der Forschung – vor allem bei den Hochschulabsolvent*innen. Auch hier gilt, dass nicht nur Universitäten, insbesondere in weniger attraktiven Regionen, mit einer sich erschwerenden Studierendenakquise konfrontiert werden, sondern auch Unternehmen größere Anstrengungen aufbringen müssen, um neue Mitarbeitende anzuwerben. Absolventen*innen der regionalen Hochschulen sind daher von besonderer Bedeutung für sie, wohingegen Studierende in der wissenschaftlichen Weiterbildung in der Regel bereits berufstätig und somit nicht unmittelbar auf Arbeitssuche sind. Sie können daher nicht ohne Weiteres dem regionalen Pool an zusätzlichen Arbeitnehmer*innen zugerechnet werden. Dennoch könnte auch hier die Möglichkeit bestehen, über Kooperationen mit regionalen Unternehmen und anderen Arbeitgebern einen Wissensaustausch anzuregen. Denn der Erfahrungsaustausch mit bzw. zwischen Berufstätigen kann auch wichtige Erkenntnisse erbringen und Innovationen anregen. Das Hauptpotenzial wissenschaftlicher Weiterbildung besteht für Unternehmen jedoch darin, dass sie eine Chance der Höher- und Weiterqualifizierung der Mitarbeitenden darstellt. Regionale Angebote zeichnen sich durch kurze Anfahrtswege und den direkten Kontakt zu Unternehmen und Zielgruppen aus, was eine bedarfs- und angebotsorientierte Gestaltung ermöglicht, die letztlich allen beteiligten Akteuren zum Vorteil gereicht. Trotz dieser Potenziale werden im Zusammenspiel zwischen Unternehmen und der wissenschaftlichen Weiterbildung auch Schwierigkeiten gesehen, bedarfsorientierte Angebote gemeinsam zu entwickeln. Als mögliche Gründe werden eine unzureichende Bedarfsorientierung der Hochschulen, Schwierigkeiten einer Bedarfsartikulation der Unternehmen und auch schlicht die Unkenntnis der Unternehmen über Angebote der wissenschaftlichen Weiterbildung vermutet (Denninger et al. 2018). Die Entwicklungspotenziale wissenschaftlicher Weiterbildung bleiben nicht auf Unternehmen beschränkt. Auch der regionalen Bevölkerung bieten derartige Bildungsangebote Chancen, sich Karrieremöglichkeiten zu erschließen bzw. eigenen Interessen nachzugehen. Wissenschaftliche Weiterbildung muss keinem Verwertungsinteresse folgen, sondern kann Freude und Lust an der Erkenntnis sein und damit ein Beitrag zur Lebenszufriedenheit leisten. Sie trägt in diesem Verständnis auch dazu bei, durch ihre Angebote die Attraktivität einer Region zu steigern. So werden nicht nur Bindungen an eine Region gestärkt, sondern auch ein Beitrag für die regionale Anziehungskraft geleistet. Wissenschaftliche Weiterbildung bringt darüber hinaus – wie die Hochschule allgemein – Menschen in die Region, die durch ihre Anwesenheit nicht nur einen ökonomischen Effekt haben, sondern auch die Region kennenlernen und damit eine Verbundenheit entwickeln können. In der Folge wird es aufgrund von Gewöhnungsund Reproduktionseffekten potenziell wahrscheinlicher, dass deren Kinder ebenfalls an der Hochschule studieren. Positive Auswirkungen sind zudem für den regionalen Tourismus zu erwarten. Alle diese Effekte mögen für sich genommen nur von geringer oder punktueller Wirkung sein und hängen stark von der Größe der Einrichtung und anderen Rahmenbedingungen ab. In der Summe bilden sich allerdings ein wichtiges Puzzleteil in der Bildungslandschaft, welches, richtig genutzt, an den entscheidenden Stellen für das Gelingen regionaler Entwicklungsprozesse ausschlaggebend sein kann.

210

4

M. Rohs und B. Steinmüller

Fazit und Ausblick

Die Bedeutung, die Hochschulen für ihr regionales Umfeld besitzen, ist weitreichend, vielschichtig und in zahlreichen Studien untersucht. Die wissenschaftliche Weiterbildung im Speziellen wurde aber bisher kaum in den Blick genommen. Gezeigt wurde, dass zahlreiche Verknüpfungen zwischen der wissenschaftlichen Weiterbildung und der Region bestehen und sich wechselseitig Vorteile ergeben. Die Potenziale scheinen aber bei Weitem nicht ausgeschöpft, sodass dieser Bereich sowohl für die wissenschaftliche Reflexion als auch die praktische Umsetzung noch ein breites Betätigungsfeld bietet. Es bedarf einer klareren Positionierung der Einrichtungen wissenschaftlicher Weiterbildung, um ihre Rolle als regionaler Weiterbildungsakteur zu schärfen. Wie die Hochschule insgesamt müssen sie dabei den Spagat schaffen, regionale Bedarfe zu erkennen und zu nutzen, sich gleichzeitig aber auch überregional und international zu Studierende anzuziehen. Für die Profilierung der Einrichtungen werden insofern regionale und institutionelle Voraussetzungen eine wichtige Rolle spielen, da die Stärken der Hochschulen und die Stärken der Region wechselseitig miteinander verbunden sind. Hier erscheinen gerade die überregionalen und internationalen Vernetzungen der Hochschule besonders vielversprechend. Über sie können Innovationen und Ideen in die Region gelangen, welche dort in Kooperation mit regionalen Akteuren ertragreich genutzt werden könnten. Der regionale Rahmen ist wiederum Voraussetzung für die Entwicklungsfähigkeit der Hochschule. Denn ohne ein gesundes wirtschaftliches und kulturelles Umfeld, das für Studierende und Mitarbeitende gleichermaßen attraktiv erscheint, kann auch die Hochschule nicht prosperieren.

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Eine praxistheoretische Fundierung der Governance wissenschaftlicher Weiterbildung Christian J. Schmid und Uwe Wilkesmann

Inhalt 1 Einleitung: Zum bisherigen Erkenntnisstand zur Governance wissenschaftlicher Weiterbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Ein praxistheoretischer Organisationsentwurf der wissenschaftlichen Weiterbildung . . . . . 3 Konklusion: Für ein relationales Verständnis der Governance wissenschaftlicher Weiterbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Zusammenfassung

Im vorliegenden Beitrag wird ein praxistheoretisch fundiertes und interaktionstheoretisch angereichertes Rahmenmodell zur Governance wissenschaftlicher Weiterbildung entwickelt. Mit diesem wird eine relationale Mehrebenen-Mehrfelder-Analyse vorhandener Empirie zu Strukturen, Strategien und Akteurkonfigurationen in der wissenschaftlichen Weiterbildung vorgenommen. Gleichzeitig werden dabei aber auch Erkenntnisdefizite zur Organisiertheit und Organisierbarkeit von Weiterbildung in Hochschul-Trägerschaft identifiziert. Schlüsselwörter

Wissenschaftliche Weiterbildung · Governance · Organisation · Rahmenmodell · Praxistheorie

C. J. Schmid (*) · U. Wilkesmann Zentrum für HochschulBildung, Technische Universität Dortmund, Dortmund, Deutschland E-Mail: [email protected]; [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 W. Jütte, M. Rohs (Hrsg.), Handbuch Wissenschaftliche Weiterbildung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-17643-3_10

215

216

1

C. J. Schmid und U. Wilkesmann

Einleitung: Zum bisherigen Erkenntnisstand zur Governance wissenschaftlicher Weiterbildung

Die Governance der wissenschaftlichen Weiterbildung wird im bisherigen Kanon sozialwissenschaftlicher Literatur zur Hochschul- bzw. Hochschulorganisationsforschung wenn überhaupt, dann eher nebensächlich thematisiert (siehe z. B. Hanft et al. 2011; Heinrichs 2010; Hüther und Krücken 2016; Teichler 2005). Unter Governance verstehen wir ganz allgemein „Interdependenzen zwischen Akteuren und die verschiedenen Formen der Interdependenzbewältigung im Kontext von Institutionen und gesellschaftlichen Teilsystemen“ (Benz et al. 2007, S. 15–16) bzw. Organisationen und sozialen Feldern.1 Die weitgehende Nichtbeachtung der Governance wissenschaftlicher Weiterbildung ist vermutlich darin begründet, dass dem Weiterbildungsauftrag der Hochschulen traditionell eine sehr geringe Bedeutung zugeschrieben wird. Alle verfügbaren Daten zur näherungsweisen Quantifizierung des tatsächlichen Angebots sowie der Nachfrage von Weiterbildung an deutschen Hochschulen stützen diese Behauptung auch numerisch eindrücklich (Wolter 2011, S. 16–23). Eine erneute Konjunktur der hochschulpolitischen Forderungen und Förderung einer umfassenderen Institutionalisierung wissenschaftlicher Weiterbildung an deutschen Hochschulen (Wolter 2011, S. 23–26) lässt jedoch zukünftig eine intensivere organisationswissenschaftliche Auseinandersetzung mit deren Governance vermuten.2 In den bisher vorhandenen empirischen Studien zur Organisation wissenschaftlicher Weiterbildung findet man eher sporadische als systematisch ausgearbeitete Bezugnahmen zu (sozialwissenschaftlichen) Organisationstheorien. Vielmals rekurrieren die AutorInnen in ihren (Einzel-)Fallstudien auf (betriebswirtschaftliche) „Management-Theorien“ (vgl. Abraham und Büschges 2004, S. 98; Kieser 1999, S. 65–99). Sie identifizieren organisationale Problemlagen und/oder rekonstruieren gute oder bewährte Praxis, um daraus ‚Management-Leitfäden‘ für HochschulPraktiker abzuleiten (vgl. z. B. Borgwardt 2016, S. 37–74). Die Ergebnisse solcher Studien zum Weiterbildungsmanagement sind nicht nur in ihrem Geltungs- bzw. Aussagebereich eingeschränkt, sie implizieren auch eine oftmals problematische Wertgeladenheit. Es geht darum, aufzuzeigen, wie man durch gezielte (Re-)Organisationsprozesse möglichst effektiv einen Ist-Zustand in Richtung eines gewünschten Soll-Zustandes überführen kann oder soll. Die methodologische Gefahr dieser perspektivisch eng geführten Fall-Studien besteht dann darin, dass man in den untersuchten Ausschnitten soziale Mechanismen sucht und auch findet, die eigentlich in Zusammenhängen außerhalb von ihnen bzw. auf einer übergeordneten Ebene

1

Ein anderes Rahmenkonzept zur Governance wissenschaftlicher Weiterbildung wurde bereits von Schrader (2008) entwickelt. 2 Zuletzt wurde in der noch relativ jungen Beforschung des Bund-Länder-Wettbewerbs „Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen“ die Organisierbarkeit bzw. das Management wissenschaftlicher Weiterbildung sehr explizit zum Thema gemacht (Dollhausen et al. 2013; Hanft et al. 2016; Vierzigmann und Pohlmann 2017).

Eine praxistheoretische Fundierung der Governance wissenschaftlicher . . .

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begründet liegen (Schrader 2008). Letztere werden vielleicht sogar erkannt und erwähnt, nicht aber stringent organisationstheoretisch integriert. Wir hingegen sind an einer sozialtheoretisch informierten Analyse der Governance wissenschaftlicher Weiterbildung interessiert. Diese soll gerade nicht daran gemessen werden, inwiefern daraus – in der Lesart einer instrumentellen Verwertungslogik – ein möglichst konkretes und funktionierendes Management-Know-how abgeleitet werden kann. Dennoch oder vielleicht gerade auch darum dient der in diesem Beitrag skizzierte Entwurf als ein Erkenntnisraster dafür, die Governance wissenschaftlicher Weiterbildung in ihrer gegebenen Multi-Komplexität, ihren vielfachen Interdependenzen sowie ihrer ‚faktischen‘ Tatsächlichkeit gegenstandsadäquat(er) zu erfassen.

2

Ein praxistheoretischer Organisationsentwurf der wissenschaftlichen Weiterbildung

Unser organisationssoziologischer Vorschlag beruht auf der bourdieuschen Praxistheorie3 bzw. Habitus-Kapital-Feld-Theorie. Ihr entscheidender Mehrwert besteht in mindestens drei Aspekten. Erstens können damit Handlungsstrategien von Akteurgruppen intra-, inter- bzw. transorganisational kontextualisiert werden (vgl. Dederichs und Florian 2004). Zweitens erlaubt ein praxistheoretischer Zugang die Analyse von Organisationshandeln, welches (auch) jenseits eines bewussten KostenEigennutzen-Kalküls gemäß rein ökonomisch-utilitaristischen Verwertungsmotiven stattfindet (Bourdieu 1998, S. 137–156). Drittens emanzipiert sich die Praxistheorie von einer naiven „Antinomie von Sozialphysik und Sozialphänomenologie“ (Bourdieu und Wacquant 2013, S. 24–34). Organisationsstrukturen determinieren nicht einfach so Handlungsstrategien der darin agierenden Akteurgruppen. Letztere handeln aber auch nicht unabhängig von strukturellen Vorgaben bzw. erst in ihrem Handeln werden strukturelle Vorgaben verhandelt, (re-)produziert oder auch konterkariert. Dieser rekursiv dialogische Verweisungszusammenhang sollte auch forscherisch als solcher erfasst und in organisationalen Gestaltungsprozessen berücksichtigt werden. Zur praxistheoretischen Analyse der Governance der wissenschaftlichen Weiterbildung orientieren wir uns im Speziellen an einem Organisationsmodell von Dederichs und Florian (2004). Diesem zufolge bedarf es einer Kombination folgender Theorieelemente: Strukturen, Strategien und Akteurkonfigurationen.

3

Diese wurde bereits für die empirische Analyse der managerialen Governance der grundständigen Lehre an deutschen Hochschulen exemplarisch ausgearbeitet (Schmid 2016).

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2.1

Strukturen: Die wissenschaftliche Weiterbildung im Feld der Wissenschaft

Das Feld-Konzept bildet den analytischen Kern der bourdieuschen Sozialtheorie (Emirbayer und Johnson 2008; Müller 2014, S. 72–91). Auch Bourdieu beschreibt eine Gesellschaft, die im Laufe ihrer Entwicklung funktional ausdifferenzierte Felder hervorgebracht hat: z. B. die Wissenschaft, die Wirtschaft, die Politik. Jedes dieser Felder weist in Abgrenzung zu den anderen besondere Autonomieansprüche, Grundgesetzlichkeiten und Verteilungsstrukturen auf, welche die Handlungsmotive (Interessen) und Handlungspraxen (Erledigungsweisen) der darin agierenden Akteurgruppen typischerweise (vor-)strukturieren (Schmid 2016, S. 58–65). Diese Felder erheben also gewisse Geltungsansprüche, „(. . .) die vom Bewusstsein und Willen der Handelnden unabhängig und in der Lage dazu sind, deren Praktiken oder Vorstellungen zu leiten und zu begrenzen“ (Bourdieu 1992, S. 135). Daher müssen wir in erster Annäherung die Beschaffenheit und die Wirkungsweisen desjenigen Feldes analysieren, in welchem die wissenschaftliche Weiterbildung bzw. Hochschul-Weiterbildung4 primär verortet ist: das Feld der Wissenschaft (siehe hierzu Barlösius 2012; Fröhlich 2003). Zunächst sind Organisationen bzw. (korporative) Akteure in einem sozialen Raum (Feld) ungleich positioniert. Entsprechendes gilt auch für Hochschulen als organisationale Akteure im Feld der Wissenschaft (vgl. hierzu Baier und Schmitz 2012). Nach Bourdieu gilt es, diesen Raum immer zuerst in seiner objektiven Struktur statistisch abzubilden (zur genauen Methodologie vgl. Blasius und Schmitz 2013). Ein sozialer Raum konstituiert sich überhaupt erst über (korporative) Akteure und deren relative Stellung zueinander gemäß ungleicher Verfügungsmacht über Struktur und Volumen feldspezifischen Kapitals (Bourdieu 1983; vgl. Swartz 2012). Kapital umfasst alles, „(. . .) was in einem bestimmten Feld zugleich als Waffe und als umkämpftes Objekt wirksam ist, das, was es seinem Besitzer erlaubt, Macht oder Einfluss auszuüben, also in einem bestimmten Feld zu existieren“ (Bourdieu und Wacquant 2013, S. 128). Deutsche Hochschulen stehen in einem (Quasi-)Wettbewerb zueinander, wobei es in diesem primär um deren Performance in der Forschung geht (Schmid und Lauer 2016, S. 110–111). Diese wird nach Maßgabe verschiedener Rankings und Ratings quantifizierend abgebildet (Münch 2015, S. 36) und/oder durch Peer-Review-Gutachten qualitativ bewertet. Die Forschungsleistung ist diejenige feldspezifische Kapitalform der Wissenschaft (Barlösius 2012, S. 127–129), welche den Hochschulen relevante Reputation einbringt und damit deren relative Machtposition im Feld bestimmt. Sie verschafft WissenschaftlerInnen und deren Hochschulen signifikant unterschiedliche Einflusspotenziale auf das „Kräfte- und Kampffeld“ (Bourdieu 2001, S. 49) der Wissenschaft. Die über Forschungsaktivitäten generierte wissenschaftliche Autorität kann ihrerseits als „symbolisches Kapital“ (Bourdieu 1989,

4

Wenn wir in unserem Beitrag von wissenschaftlicher Weiterbildung sprechen, dann meinen wir immer Weiterbildungsangebote von Hochschulen in staatlicher Trägerschaft.

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S. 23) dazu verwendet werden, die Konkurrenzbedingungen und damit letztendlich auch den ‚ökonomischen‘ Wettbewerb um knappe Personal- und Sachmittelressourcen zu eigenen Gunsten mitzubestimmen. Auch wenn sie für das Globalbudget der Hochschulen anteilig sehr relevant sein mag, spielt die grundständige Lehre in diesen Verteilungs- und Definitionskämpfen eine – wenn überhaupt – sekundäre Rolle. Im Unterschied zur Forschung gibt es für deutsche Hochschulen (noch) keine etablierten Indikatoren und/oder Rankings zur Evaluation der Hochschul-Lehre (Schmidt 2009), die als allgemein anerkannte Bewertungs- bzw. Vergleichsgrundlage im Wettbewerb der Hochschulen untereinander dienen könnten.5 Die wissenschaftliche Weiterbildungs-Lehre an Hochschulen hingegen kommt in den öffentlichen und trägerübergreifenden Hochschulstatistiken (z. B. Destatis) sowie Rankings und Ratings überhaupt erst gar nicht vor (Wolter 2011, S. 17). Das allein sagt schon alles über deren bisherige konstitutive Irrelevanz im Feld der Wissenschaft als Raum von „objektiven Relationen zwischen Positionen“ (Bourdieu und Wacquant 2013, S. 127). Nur wenn die wissenschaftliche Weiterbildung – relational zur Forschung und grundständigen Lehre – in als relevant erachteten Anerkennungs- und Ressourcenverteilungsmechanismen transparent, standardisiert und flächendeckend berücksichtigt wird, kann sie in den wissenschaftlichen Verteilungs- und Definitionskämpfen auch eine gewichtigere Rolle spielen. Erst dann wird sie als Kapital(-Form) kategorisch sichtbar, vergleichbar, verwertbar und verhandelbar. An dieser Stelle soll noch erwähnt werden, dass auch die Wissenschaft als in „Unterfelder“ (Barlösius 2006, S. 95) zergliedert gedacht werden kann, in welchen andere Kapitalstrukturen und -gewichtungen vorherrschen. Das meint z. B. Hochschultypen, Bundesländer, Regionen, Fächer oder Einrichtungen, wo die wissenschaftliche Weiterbildung jetzt schon eine gewichtige(re) Rolle spielen könnte (vgl. Faulstich et al. 2008). Um ein ‚Unterfeld der wissenschaftlichen Weiterbildung‘ behaupten zu können, muss jedoch der empirisch überzeugende Nachweis geführt werden, inwiefern und inwieweit dieses Feld wiederum seine relative Autonomie gegenüber dem ‚hierarchisch‘ übergeordneten Feld der Wissenschaft behaupten kann. Es gilt dazu z. B. nachzuweisen, dass es in der wissenschaftlichen Weiterbildung allgemein anerkannte und etablierte Karrierepfade gibt; sowohl für deren Management als auch im Hinblick auf Wissenschaftskarrieren. Zuletzt gilt es hervorzuheben, dass die wissenschaftliche Weiterbildung weitgehend nicht nur nicht in der als selbstverständlich vorausgesetzten Logik bzw. „doxa“ (Bourdieu 2009, S. 318–334) des Feldes der Wissenschaft eingeschrieben ist, sondern dieser in zentralen Aspekten sogar widerspricht. Die wissenschaftliche Weiterbildung konfrontiert die Wissenschaft bzw. Hochschulen mit der fremdreferenziellen ökonomischen Wettbewerbs- bzw. Verwertungslogik des Feldes der Wirtschaft (Seitter 2014).

5

Hinweis: Kritische Einwände zur Machbarkeit bzw. methodischen Güte solcher Evaluationsinstrumente können hier ausgeklammert werden. Es geht uns allein um den Aspekt, als wie verbindlich ‚handlungsorientierend‘ diese dennoch gelten. Trotz aller bekannten Kritiken an Rankings (vgl. Osterloh 2012) beanspruchen diese dennoch ihre Gültigkeit im Feld der Wissenschaft.

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Wissenschaftliche Weiterbildung muss betriebswirtschaftlich gemanagt werden; und zwar mindestens kostendeckend, besser noch gewinnbringend. Das wiederum setzt voraus, dass sie nachfrage- und serviceorientiert den Erwartungen und Bedürfnissen zahlender ‚Kunden‘ am Weiterbildungsmarkt gerecht werden und ihre Wissenschaftlichkeit gegen Forderungen nach einer Praxisorientierung didaktisch abgleichen muss (siehe Wilkesmann 2010, 2016).6 Jedes Feld, so auch das wissenschaftliche Feld, erzeugt auch einen feldspezifischen „Habitus“ (Bourdieu 2009, S. 139–202, 2014, S. 97–121): „Was im wissenschaftlichen Feld die Menschen umtreibt und konkurrieren läßt, ist nicht dasselbe, was sie im ökonomischen Feld umtreibt und konkurrieren läßt“ (Bourdieu 1998, S. 149). Ein feldspezifischer Habitus präformiert also typische Interessen sowie Wahrnehmungs-, Bewertungs-, Denk- und Handlungsstrategien. Das geschieht im Modus einer „stillen Pädagogik“ (Bourdieu 2014, S. 128) der Einverleibung von Strukturen durch Sozialisation und Erziehung, durch Mitmachen und Nachmachen; durch eine subtile Konditionierung und Disziplinierung (Müller 2014, S. 39). Man verinnerlicht und vergisst die Entstehungsbedingungen des eigenen Habitus, was den Feld-Einfluss umso wirkmächtiger macht. WissenschaftlerInnen forschen und lehren, ohne die genauen (Ursprungs-)Motive ihres Tuns kennen bzw. sich dieser immer vollkommen bewusst sein zu müssen: Sie agieren utilitaristisch „interessefrei“ und doch nicht frei von Interessen (Bourdieu 1998, S. 139–156; Schmid 2016, S. 20–28). Um das allgemein gelebte (Des-)Interesse an einem Engagement in der wissenschaftlichen Weiterbildung analytisch zu rekonstruieren, müsste die Habitus-Formierung der damit befassten oder adressierten Akteurgruppen auch dahin gehend methodisch re-konstruiert werden (siehe Burger et al. 2016). Obwohl wir hierzu noch keine verallgemeinerbare Empirie haben, können wir dennoch annehmen, dass man in der Wissenschaft typischerweise (noch) nicht derart enkulturiert wird, um für die Lehre in der wissenschaftlichen Weiterbildung besonders motiviert und/oder spezifisch didaktisch geschult zu sein. Sie ist kein Interessenobjekt von allgemein anerkanntem Wert zur Teilnahme am Spiel der Wissenschaft. Bezeichnenderweise wird z. B. in der äußerst umfassenden empirischen Studie von Bloch und KollegInnen (2014) zu Strukturen, Akteuren und Motivationen akademischer Lehre an deutschen Hochschulen die wissenschaftliche Weiterbildung nicht differenziert ausgewiesen. Auch für den Habitus aller relevanten Leitungsorgane in der Wissenschaft, welche sich aus dem Korpus der WissenschaftlerInnen einer Hochschule rekrutieren, können wir Analoges vermuten. Auch sie haben in ihrer Wissenschaftssozialisation bzw. Habitus-Formierung nicht verinnerlicht, dass ein Engagement in bzw. für die wissenschaftliche Weiterbildung besonders anerkennens- oder erstrebenswert wäre.

6

In der wissenschaftlichen Weiterbildung wird die Korrumpierung der teilsystemischen Leistungsproduktion in der Wissenschaft durch deren Ökonomisierung und Verbetriebswirtschaftlichung am virulentesten (vgl. hierzu Schimank und Volkmann 2008, S. 383–386). Kostenbewusstsein ist hier nicht nur eine wünschenswerte Soll-Erwartung, sondern eine verbindliche Muss-Erwartung.

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Wir müssen also insgesamt feststellen, dass das ‚Feld‘ der wissenschaftlichen Weiterbildung zumindest nach Maßgabe objektiver Strukturkategorien quasi inexistent bzw. (noch) weitgehend irrelevant ist. Es gibt keine aktualisierten, leicht zugänglichen Daten zu deren Quantifikation und erst recht keine Vergleichsmetriken zur ‚Performance‘ von Hochschulen in der wissenschaftlichen Weiterbildung. Für die Gesamtpopulation deutscher Hochschulen ist hierzu fast nichts z. B. über die finanziellen Einnahmen durch wissenschaftliche Weiterbildung, das dazu eingesetzte Lehrpersonal und -deputat, die insgesamt angebotenen sowie tatsächlich erreichten Abschlüsse und Zertifikate oder die TeilnehmerInnen-Anzahl (trennscharf) in Erfahrung zu bringen. Und das alles in einem Zeitalter der ansonsten weit fortgeschrittenen Hochschul-‚Governance by numbers‘ und der dazu betriebenen „Metrifikation akademischer Arbeit“ (Münch 2015). Mit unserer Betrachtungsweise zum Status quo der wissenschaftlichen Weiterbildung in Deutschland befolgen wir dezidiert eine möglichst ‚ideologiefreie‘ und ‚diskursbereinigte‘ Rekonstruktionsarbeit. Das meint: Anstatt weiterhin nur den „talk“ über, zu oder innerhalb der wissenschaftlichen Weiterbildung abzubilden (siehe hierzu Forneck und Wrana 2005), geht es uns um eine möglichst pragmatistische Approximation der feststellbaren „action“ (Brunsson 1989, S. 26) in der wissenschaftlichen Weiterbildung durch prozessproduzierte Daten.

2.2

Strategien: Das Management der Governance wissenschaftlicher Weiterbildung

Eine Feld-Analyse der wissenschaftlichen Weiterbildung ist die Voraussetzung für eine darauf aufbauende Analyse von korporativen, kollektiven und/oder individuellen Akteur-Strategien, mittels derer die Kräfteverhältnisse eines Feldes entweder bewahrt oder verändert werden (Dederichs und Florian 2004, S. 85–88). Strategien sind die Schnittstelle zwischen sozialen Strukturen und Akteuren bzw. Agenten dieser Strukturen. Die bourdieusche Verwendung des Begriffs der Strategie (Schmid 2016, S. 43–60) impliziert dabei eine eher ‚strukturkonservierende‘ Neigung (Swartz 2002, S. 67). Strategien sind bei Bourdieu weitgehend unbewusste, präreflexive Handlungsentwürfe, wie sie sich selbstverständlich aus dem spezifischen Habitus der Akteurgruppen und deren (aktueller) Position im Feld ergeben. Soziale Akteure haben ‚Strategien‘, welche nur in Ausnahmefällen eine echte strategische Intention sind (Bourdieu 1998, S. 146). Für das Feld der Wissenschaft hieße das, dass alle Akteure – mehr oder weniger unreflektiert – dazu tendieren, die gegebene(n) Wettbewerbs-Logike(n) zu reproduzieren und Habitus-intuitiv versuchen, sich innerhalb dieser Wettbewerbsregeln strategisch zu verbessern. Gemäß unseren Feld-analytischen Betrachtungen von gerade tendieren Hochschulleitungen daher dazu, ihre ‚Wettbewerbsstrategie‘ eher forschungs- als lehrorientiert zu betreiben: und das relativ unabhängig davon, ob das jeweils wirklich sinnvoll oder erfolgversprechend ist. Nicht nur einzelne Akteure sind – ganz nach Bourdieu – nur beschränkt oder allenfalls unter besonderen Voraussetzungen wirklich ‚strategiefähig‘; gleiches gilt auch für Unternehmen (Dederichs und Florian 2004,

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C. J. Schmid und U. Wilkesmann

S. 85–86) und insbesondere für Hochschulen, welche ihre Profilbildung oft lediglich auf der „talk“-Ebene betreiben (Meier und Schimank 2002). In einer unserer Erhebungen deutscher Hochschulleitungen in staatlicher Trägerschaft (n = 100) aus dem Jahr 2011 konnten wir z. B. feststellen, dass über die Hochschultypen hinweg zukünftig mehrheitlich eine eher forschungsorientierte als eine lehrorientierte Profilbildung angestrebt wird (Schmid und Lauer 2016, S. 110). Sämtliche verfügbaren Daten zum Status quo der wissenschaftlichen Weiterbildung zeigen, dass Hochschulen als Weiterbildungsanbieter äußerst marginal in Erscheinung treten (Dobischat et al. 2010; Wolter 2011). Für die WissenschaftlerInnen gilt in einem Analogieschluss, dass sie sich ebenfalls in ihren Berufskarrieren eher über ihre Forschung als über ihre Lehre definieren (Bloch 2014, S. 156; Wosnitza et al. 2014) und daher erst recht nicht über wissenschaftliche Weiterbildung. Habitus-theoretisch sollte noch hinzugefügt werden, dass einmal formierte Dispositionen und Präferenzen tendenziell auf Dauer gestellt sind (Schmid 2016, S. 47–48). Das hat für die Strategiefähigkeit von Akteurgruppen die zusätzliche Konsequenz eines „Hysteresis-Effekts“ (Bourdieu 1987, S. 238–239). Das meint, dass auch unter neuen, andersartigen Existenzbedingungen die Strategie ‚(zunächst) weiter so wie immer‘ verfolgt wird („conservation strategy“; Emirbayer und Johnson 2008, S. 11). Dementsprechend wäre zu erwarten, dass ein wie auch immer gearteter Struktur-Wandel in Richtung einer größeren Bedeutung wissenschaftlicher Weiterbildung im Feld der Wissenschaft sich nicht unverzüglich in entsprechend modifizierte individuelle, kollektive oder auch korporative Akteurstrategien übersetzt. Die von uns bis hierher behaupteten Feld-Strukturen sowie die damit korrespondierenden Akteurstrategien erlauben es (noch) kaum, in naher Zukunft und auf breiterer Basis ein verstärktes Engagement in wissenschaftlicher Weiterbildung zu erwarten. Dennoch sind Felder auch immer Kräfte- und Kampffelder, in denen Agenten bzw. Agenturen des Wandels mit einer Strategie der Häresie („subversion strategy“; Emirbayer und Johnson 2008, S. 11) gegen die Orthodoxie der bestehenden Bedingungen anzukämpfen versuchen. Das sind entweder Feld-interne Agenten, welche sich im Hinblick auf ihr eigenes Tun „selbst-objektivierend“ (Bourdieu 1992, S. 219–223) und selbst-kritisch hinterfragen (können)7 oder Feld-externe Agenten und Agenturen, welche fremdreferenzielle Logiken ins Feld der Wissenschaft (mit-) einbringen wollen. Unser Modell der Governance der wissenschaftlichen Weiterbildung braucht daher noch eine Erweiterung um Akteurkonfigurationen bzw. -konstellationen.

2.3

Akteurkonfigurationen als Mehrfelder- und MehrebenenModell

In der bisherigen Argumentation wurde die bourdieusche Habitus-Feld-KapitalTheorie eher voraussetzungslos auf den individuellen und kollektiven Habitus von Akteure dieser Sorte wurden für den Fall der grundständigen Lehre bereits als „institutional teaching entrepreneurs“ identifiziert und charakterisiert (Schmid und Lauer 2016).

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Eine praxistheoretische Fundierung der Governance wissenschaftlicher . . .

223

Akteurgruppen (z. B. WissenschaftlerInnen, Hochschulleitungen) und/oder den korporativen Habitus von Organisationen (Hochschulen) übersetzt. Verortet man diese Sozialgebilde analytisch in ein Mehrebenen-Modell, dann ergeben sich je nach gewählter Problemstellung unterschiedliche Akteurkonfigurationen auf der Makro-, Meso- und Mikroebene sozialer Aggregation (Dederichs und Florian 2004, S. 88–91; Schrader 2008). Unter Akteurkonfigurationen verstehen Dederichs und Florian (2004, S. 90) „nicht nur die wechselseitigen Abhängigkeiten zwischen individuellen Einzelakteuren oder sozialen Kollektiven, sondern einen umfassenden sozialräumlichen Verflechtungszusammenhang zwischen unterschiedlichen Akteurkategorien, den individuelle, kollektive und korporative Akteure auf den verschiedenen Ebenen sozialer Aggregation bilden“. Organisationen, welche von außen betrachtet als ein ‚korporativer Akteur‘ in einem Feld erscheinen, sind selbst wiederum ein mehr oder minder (intern) umkämpftes Kräfte-Feld organisationsinterner Akteurkonfigurationen („organization-as-field“; Emirbayer und Johnson 2008, S. 22–26). Diese Mehrebenen-Sicht muss unserer Ansicht nach noch um eine Mehrfelder-Perspektive ergänzt werden, da Felder zwar relativ autonom voneinander sind, jedoch auch Feld-externe Einflussnahmen oder auch Übernahmen stattfinden können. Letztere werden mit einer zunehmenden Ökonomisierung und/oder Managerialisierung auch der Wissenschaft bzw. der Hochschulorganisation beschrieben (Schimank und Volkmann 2008, S. 383–386; Schmid und Wilkesmann 2015).

2.3.1

Der Makro-Meso-Link der Governance wissenschaftlicher Weiterbildung Betrachtet man die Governance wissenschaftlicher Weiterbildung im Feld der Wissenschaft auf der Makro-Ebene, so meint das zunächst Hochschulen als eine Organisationspopulation von ‚korporativen Akteuren‘. In diesem ersten analytischen Abstraktionsschritt interessieren deren innere soziale Beschaffenheit oder Dynamiken noch nicht. Forscherisch betrachtet man dann hochaggregierte Daten, welche Hochschulen als statistisch konstruierte Entitäten zu bestimmten Erhebungszeitpunkten charakterisieren. Wir haben bereits argumentiert, dass es kaum Daten gibt, um die Population deutscher Hochschulen im Hinblick auf deren Aktivitäten in der wissenschaftlichen Weiterbildung zu erfassen und zu vergleichen. Hochschulen können sich aber auch andersartig als Einheit nach außen hin darstellen (lassen). Wird von ‚Hochschulen‘ etwas gefordert, dann wird vor allem deren höchste Repräsentations- bzw. Verantwortungsinstanz adressiert: die Hochschulleitung. Üblicherweise sind es auch zunächst immer diese, welche sich dazu verpflichtet fühlen, sich gegenüber externen Entwicklungen und Erwartungen zu positionieren.8 Sie implizieren in ihren Stellungnahmen nolens volens die symbolische Repräsentation der Interessen all ihrer Mitglieder(-Gruppen) als primäre Kommunikatoren oder Kommunikationsadresse (Donges 2011, S. 218–219). Wie bereits 8

Darüber hinaus schließen sie sich auch zu Verbünden zusammen, um als kollektive Akteure aufzutreten (z. B. HRK).

224

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im Abschnitt zu Strategien erwähnt, wissen wir aufgrund verfügbarer Befragungsdaten, dass Hochschulleitungen in ihren Profilbildungsstrategien die Forschung gegenüber der Lehre bevorzugen (Schmid und Lauer 2016, S. 110). Gemäß dem Hochschulbarometer behaupten lediglich zwölf Prozent aller Hochschulleitungen einen Profilschwerpunkt ‚Weiterbildung‘, wobei in dieser Gruppe viele Privathochschulen zu finden sind, die MBAs oder berufs- und ausbildungsorientierte Studiengänge anbieten (Stifterverband 2011, S. 28). In der relativen „Wichtigkeit von zentralen Hochschulaufgaben“ werden der „berufsbegleitenden/akademischen Weiterbildung“ nur sieben von insgesamt 100 Punkten gegeben (Stifterverband 2011, S. 64). Diese Erkenntnisse zur Akteurgruppe der Hochschulleitungen deuten darauf hin, dass substanzielle Eingriffe anderer Akteure oder Agenturen notwendig sind, um einen Wandel in Richtung eines verstärkten Engagements in wissenschaftlicher Weiterbildung zu erwirken. Derartige Impulse sind bisher vor allem fremdreferenzieller Natur und kommen aus der (Hochschul-)Politik. In diesem Zusammenhang sind gesetzliche Feld-Interventionen zu nennen, welche die Verankerung wissenschaftlicher Weiterbildung als eine weitere Kernaufgabe deutscher Hochschulen neben Forschung und Lehre vorgeben (siehe Bade-Becker 2005, S. 10–19). Eine andere rechtsförmige Intervention dieser Art ist der „Unionsrahmen für staatliche Beihilfen zur Förderung von Forschung, Entwicklung und Innovation“ (Europäische Union 2014), welcher verbietet, dass Hochschulen wissenschaftliche Weiterbildung quersubventionieren. Im und außerhalb des Feldes der Wissenschaft gibt es aber auch andersartige Interessen-Agenturen, welche an der Abänderung der vorherrschenden Feld-Strukturen interessiert sind. Im Kontext der Weiterbildung sind bisher folgende kollektive Akteure in Erscheinung getreten: die Kultusministerkonferenz (KMK), die Hochschulrektorenkonferenz (HRK), der Wissenschaftsrat (WR), das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) oder Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretungen (hier insbesondere der Stifterverband für die Deutsche Wirtschaft) sowie vor allem auch die Deutsche Gesellschaft für wissenschaftliche Weiterbildung (DGWF).9 Diese versuchen mittels Positionspapieren, öffentlichen Stellungnahmen, Auftragsstudien und/oder Projektausschreibungen, die wissenschaftliche Weiterbildung stärker einzufordern. Im Bund-Länder-Wettbewerb „Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen“ werden gerade insgesamt 250 Millionen Euro dafür ausgegeben, um an über 100 deutschen Hochschulen „Konzepte für berufsbegleitendes Studieren und lebenslanges, wissenschaftliches Lernen besonders für Berufstätige, Personen mit Familienpflichten und Berufsrückkehrer/-innen zu fördern“ (BMBF 2017). Hier wird also auf nationaler Ebene versucht, über eine massive ‚Kapitalausschüttung‘ in programmatisch stark vordefinierten Drittmittel-Förderprojekten die gegebenen Strukturationsverhältnisse gezielt zu beeinflussen.

9

Auch hier gilt, dass diese Korporationen intern wiederum ein Kräfte- bzw. Kampffeld heterogener Interessen sind.

Eine praxistheoretische Fundierung der Governance wissenschaftlicher . . .

225

Für alle diese Appelle und Interventionen stellt sich jeweils aber die empirisch in Konkretion zu beantwortende Frage, ob, wie flächendeckend und nachhaltig sich diese in wirkmächtige „Feldeffekte“ (Bourdieu und Wacquant 2013, S. 131) für welche Akteurgruppen in den Hochschulen übersetzen. Dazu muss in einem nächsten Analyse-Schritt die Blackbox Hochschule geöffnet werden, um soziale (Re-) Konfigurationen auf der Meso- und Mikro-Ebene als direkte Konsequenz dieser Eingriffe zu untersuchen.

2.3.2

Der Meso-Mikro-Link der Governance wissenschaftlicher Weiterbildung In vielen sozialwissenschaftlichen Theorien wird die Meso-Ebene mit der ‚Organisations‘-Ebene gleichgesetzt, welche zwischen gesellschaftlichen (Teil-)Systemen und sozialem Handeln von Individuen vermittelt (Donges 2011, S. 217). Dies entspricht wiederum unserem zweifach relationalen Verständnis von Akteurkonfigurationen. Hochschulen sind als ‚Organisation‘, d. h. als korporativer Akteur, im sozialen Feld Wissenschaft verortet; zugleich sind sie aber auch „selbst ein soziales Feld, das Machtrelationen über die positionale Struktur der Verteilung der Kapitalsorten als Machtressourcen bestimmt“ (Dederichs und Florian 2004, S. 91). Die Meso-Ebene unserer Governance-Betrachtungen zur wissenschaftlichen Weiterbildung beginnt also da, wo wir unseren Blick auf organisationsinterne Konstellationen und Prozesse richten. Auch in den Hochschulen versuchen individuelle oder kollektive Akteure, ihre jeweiligen Eigen-, Professions- und Status-Interessen durchzusetzen. Analog zur Feld-Analyse gilt es auch für eine ‚Organisation als Feld‘-Analyse zu erforschen, wie die Hochschule selbst im Hinblick auf Machtrelationen strukturiert ist: Über welche Kapitalformen ist der hochschulinterne Wettbewerb um symbolische Anerkennung sowie knappe Ressourcen (Globalbudget, laufende Sach- und Personalmittel) geregelt? Wessen Interessen werden durch die gegebenen Strukturationsverhältnisse begünstigt oder vernachlässigt? Welche wissenschaftlichen und nichtwissenschaftlichen Akteurgruppen sind (warum) die definitionsmächtigeren im Hinblick auf die ‚(Mit-)Spiel-Regeln‘ an dieser Hochschule contra oder pro eines Engagements in der Weiterbildung? Wie befürwortend, kompetent und kooperationsbereit sind Akteure der Hochschuladministration in Angelegenheiten der wissenschaftlichen Weiterbildung? Was ist die Organisationsform der wissenschaftlichen Weiterbildung bzw. wie (de-)zentral ist sie innerhalb oder außerhalb der Hochschule organisational sowie funktional verankert? Um die Meso-Ebene sämtlicher Aus- bzw. Verhandlungen der Governance wissenschaftlicher Weiterbildung zu theoretisieren, nehmen wir zusätzliche Anleihen bei Strauss‘ Konzept zur Aushandlung(sbedürftigkeit) von sozialen Ordnungen (Strauss 1978, 2008, S. 248–262). Der Status quo einer ausgehandelten Ordnung (negotiated order) zu einem bestimmten Zeitpunkt bestimmt sich über „the sum total of the organization’s rules and policies, along with whatever agreements, understandings, pacts, contracts, and other working arrangements currently obtained. These include the agreements at every level of the organization, of every clique and coalition, and include covert as well as overt agreements“ (Strauss 2008, S. 249).

226

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Mit dem Ansatz der ausgehandelten Ordnung wird eine Organisation als eine dynamische, durch interessengeleitete Interaktionen fortlaufend (re-)produzierte Wirklichkeit sichtbar. Die internen Aushandlungen (negotiations) zwischen individuellen oder kollektiven Akteuren darüber, wie (un-)wichtig wissenschaftliche Weiterbildung an einer Hochschule ist bzw. wie diese konkret (um-)organisiert werden soll, sind zum einen durch übergreifende, zunächst immer latente strukturelle Constraints (structual context) gerahmt (Maines 1982, S. 270–271). Die vage gesetzliche Vorgabe der Makro-Ebene, dass Hochschulen wissenschaftliche Weiterbildung als drittes Organisationsziel zu verfolgen haben, kann dann von Akteuren als Anlass dazu genommen werden, um weiterführende Verhandlungsprozesse über den Stellenwert wissenschaftlicher Weiterbildung hochschulintern anzustoßen. Diese Verpflichtung kann aber genauso gut weitgehend ignoriert, von organisationsinternen Prozessen entkoppelt und lediglich auf der „Schauseite der Organisation“ (vgl. Kühl 2011, S. 136–157) widergespiegelt werden: z. B. in Zielvereinbarungen zwischen den Hochschulen und den Länderregierungen oder in Hochschulentwicklungsplänen. Die zuvor erwähnte EU-Verordnung ist ein sozialer Tatbestand mit ungleich wirkmächtigeren Konsequenzen für die Hochschulbinnenorganisation. Diese Gesetzesänderung führte zu Verwaltungsanweisungen mit Restriktionen für die kostendeckende Kalkulation von Kursen und Studiengängen in der wissenschaftlichen Weiterbildung (Seitter 2014, S. 142–143). Interessanterweise hat eine große privatwirtschaftliche Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hierzu Beratungsangebote für die Hochschulen in staatlicher Trägerschaft entwickelt, welche auch wahrgenommen werden. Mit dem EU-Beihilferecht erfolgte also ein harter struktureller Eingriff in die „Konditionalprogrammierung“ (Kühl 2011, S. 103–104) der Abläufe in den Hochschulen, welche eine Etablierung wissenschaftlicher Weiterbildung in diesem Fall aber eher erschwert bzw. verhindert. Dieser strukturelle Kontext-Faktor (structural context) beeinflusst damit den Aushandlungskontext (negotiation context)10 für Verhandlungen (negotiations), in denen die Position der Opponenten der wissenschaftlichen Weiterbildung an einer Hochschule tendenziell gestärkt und die der Proponenten geschwächt wird. Als mit asymmetrisch ungleich größerer Verfügungsmacht ausgestatteter Verhandlungsakteur könn(t)en sich Hochschulleitungen auch top down in Aushandlungsprozesse zur wissenschaftlichen Weiterbildung einschalten. Die relevante Frage ist dabei zum einen, wie machtvoll eine Hochschulleitung als Aushandlungspartner organisationsintern überhaupt zu intervenieren gewillt ist. Zum anderen gilt es, empirisch zu rekonstruieren, wie machtvoll sie überhaupt agieren kann bzw. wie sie ihre strategischen Vorhaben in der managerialen Governance der Hochschule ‚strukturell‘ manifestieren kann. Was also sind die konkreten Chancen einer Hoch-

10

Der Verhandlungskontext sollte aber auch noch im Hinblick auf andere Charakteristika analytisch spezifiziert werden: z. B. Anzahl und relative Erfahrung der VerhandlungspartnerInnen, Frequenz der Verhandlungen, Machtverhältnisse zwischen den VerhandlungsteilnehmerInnen, die verhandelten Interessen usw. (siehe Strauss 1978, S. 99–100).

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schulleitung, die mesosoziale Akteurkonfiguration so (um-)zugestalten, dass z. B. jene AushandlungsteilnehmerInnen begünstigt werden, welche sich für die Etablierung der wissenschaftlichen Weiterbildung einsetzen wollen? Im Gegensatz zu privaten Unternehmen gilt für Hochschulen, dass ihre relativen Einflusspotenziale auf die Handlungspraxen ihrer Mitglieder mehrfach gebrochen sind (Krücken und Hüther 2011; Stichweh 2005). WissenschaftlerInnen agieren immer noch als relativ autonome Agenten im Feld der Wissenschaft, für deren Tätigkeiten und Erfolg ihre Mitgliedschaft an Hochschulen oft nur eine untergeordnete Bedeutung hat. Die Personal- und Organisationsmacht der Rektorate ist zwar eingeschränkt (Hüther und Krücken 2012), dennoch können sie mittlerweile ganz entscheidende Änderungen in den Organisationsstrukturen, Entscheidungsprozessen oder in der Ressourcenallokation direktiv anordnen: z. B. die Anrechnung der Weiterbildung auf das grundständige Lehrdeputat, die Festlegung der Organisationsform der wissenschaftlichen Weiterbildung und/oder des Weiterbildungsbudgets. Die Hochschulleitungen können zudem die wissenschaftliche Weiterbildung mit signifikanter Gewichtung in der indikatorgestützten internen Mittelvergabe (LOM), bei internen Zielvereinbarungen (mit Budget-Relevanz) oder Berufungs- und Tenure-Entscheidungen stärken. Eine andere Governance-Strategie der Rektorate ist es, durch Akte der öffentlichkeitswirksamen symbolischen Wertschätzung die relative Verhandlungsposition jener Akteure zu stärken, welche bereits in wissenschaftlicher Weiterbildung aktiv sind (Schmid 2016, S. 74–84), um einen ‚Kultur-Wandel‘ zu initiieren.11 Bisherige Einzelfall-Evidenzen (siehe z. B. Brüsemeister und Schemmann 2013; Ludwig 2013, S. 34; Otto und Wolter 2013, S. 20) verweisen darauf, dass sich Hochschulleitungen in Sachen wissenschaftlicher Weiterbildung weitgehend abwartendpassiv verhalten und verbindlich-langfristige Investitionen (z. B. Personalstellen, technisches Equipment, Räumlichkeiten) scheuen. Eine erfolgreiche Umsetzung von Weiterbildungsangeboten basiert daher sehr stark auf der bottom up-Initiative, dem Engagement, der Expertise, Tatkräftigkeit, Ausdauer und Überzeugungskraft individueller Akteure vom Typ ‚institutionelle(r) UnternehmerIn‘ (Schmid und Lauer 2016). Diese akquirieren erfolgreich Drittmittel zur Realisierung ihrer Vorhaben, rekrutieren damit Personal (z. B. StudienkoordinatorInnen, ProjektmitarbeiterInnen) und leisten wichtige Organisationsentwicklungs(vor)arbeit; und zwar zunächst relativ losgelöst von der Unterstützung oder sogar wider Ressentiments und Widerstände ihrer Rektorate, der Hochschuladministration oder auch FachbereichsKollegInnen. Oft verfügen diese ‚Pioniere‘ über ein ExpertInnen-Wissen zur Weiterbildung, vor allem aber ein Management-Know-how und soziale Fertigkeiten, welche die Sozialisation einer ‚Schornsteinkarriere‘ in der Wissenschaft kaum vermittelt. Und darum ist es wenig erstaunlich, dass sich in der weitgehend immer noch ‚unprofessionalisierten‘ wissenschaftlichen Weiterbildung (Faulstich et al. 2008, S. 11, 15) unter den bisher (besonders) erfolgreichen Weiterbildungseinrichtungen an Hochschulen LeiterInnen oder GeschäftsführerInnen mit Berufserfahrun-

11

Für nähere Erläuterungen zu den konzeptuellen Zusammenhängen zwischen Aushandlungsordnungen (negotiated orders) und Organisationskultur (organizational culture) siehe Fine (1984).

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C. J. Schmid und U. Wilkesmann

gen im Feld der Wirtschaft wiederfinden.12 Akteure, die ununterbrochen eine reine Wissenschaftssozialisation durchlaufen haben, neigen dazu, die Handhabung eines Weiterbildungsstudiengangs als ‚Geschäftsmodell‘ zu vernachlässigen. Aufgrund ihrer fehlenden Management-(Vor-)Erfahrung scheitern sie qua ihrem rein ‚wissenschaftlichen‘ Habitus oft am dazu notwendigen Personal-Führungsverhalten, der Projektplanung und -koordination oder der Produkt- und Kommunikationspolitik (Hanft et al. 2016, S. 76–103; Meyer-Guckel et al. 2008, S. 70–111). Eine fremdreferenzielle, (betriebs-)wirtschaftliche Habitus-Prägung ist für diesen Fall der Aushandlung von managerialen Organisationsprozessen in der Wissenschaft also eher als vorteilhaft zu bewerten. Spätestens an dieser Stelle sollte eine zusätzliche Kapital-Form eingeführt werden, welche im Feld der Wissenschaft relevant ist: institutionelles wissenschaftliches Kapital (Barlösius 2012, S. 128; Fröhlich 2003, S. 118–121). Dieses „erhält und behält, wer Positionen innehat, mit denen sich andere Positionen und deren Inhaber beherrschen lassen“ (Bourdieu 1992, S. 149). Für den Fall der wissenschaftlichen Weiterbildung übersetzt bedeutet dies, dass in den Aushandlungsprozessen (negotiations) den institutionell gut verorteten und wertgeschätzten Akteuren (negotiation context) mehr soziale Autorität eingeräumt wird (vgl. hierzu auch „politisches Kapital“ bei Brüsemeister und Schemmann 2013, S. 25–26): z. B. der Leitung eines Weiterbildungsinstituts, welche zugleich Mitglied des Rektorats war oder ist oder welcher andersartige institutionelle Autorität innerhalb der Hochschule zuerkannt wird. Gerade da, wo das Feld der Wissenschaft wissenschaftliche Weiterbildung (noch) nicht anerkennt, kann es nur die Aufgabe von Akteuren in den Hochschulen sein, einen „mesostrukturellen“ (Maines 1982) Aushandlungsrahmen zu schaffen, der dies tut. Letztendlich relevant ist dann, wie sich diese Meso-Strukturen auf die Mikro-Ebene individueller Handlungsorientierung und Leistungserstellung auswirken (Schimank und Volkmann 2008, S. 388–392). Alle Anstrengungen der (Re-) Organisation wissenschaftlicher Weiterbildung sind kein reiner Selbstzweck, sondern müssen sich daran bemessen lassen, ob sie tatsächlich Wahrnehmungs-, Denkund Handlungsfolgen vonseiten der durch sie adressierten HochschullehrerInnen zeitigen. Umgekehrt sind ‚Struktur‘-Vorgaben bedeutungslos oder nur bloße Formalitätshüllen, wenn sie nicht durch entsprechende Handlungsweisen reproduziert werden (Maines 1982, S. 276). Um diese Mikro-Ebene empirisch abzubilden, müsste erfasst werden, wie umfangreich oder intensiv das Engagement des Lehrkörpers in der wissenschaftlichen Weiterbildung ist. Welches Lehr-Personal (z. B. Anstellungsverhältnis, Karrierestufe, Fachzugehörigkeit) interessiert sich warum genau mehr, weniger oder gar nicht für wissenschaftliche Weiterbildung?

Ein vergleichbarer Befund findet sich auch für das Zustandekommen von Kooperationsbeziehungen zum Innovationstransfer zwischen Hochschulen und Unternehmen, welche vor allem durch das persönliche Engagement von Akteurgruppen initiiert werden, welche bereits Berufserfahrung in der Privatwirtschaft haben (Fritsch et al. 2008, S. 20).

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Eine praxistheoretische Fundierung der Governance wissenschaftlicher . . .

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Um den Meso-Mikro-Link zu untersuchen, stellen sich u. a. folgende Fragen: Wie stark korreliert die Lehr-Motivation für wissenschaftliche Weiterbildung (Schmid und Wilkesmann 2018) mit unterschiedlichen managerialen Governance-Regimes? Welche organisationalen Sozialisationsprozesse, selektiven Anreize, Unterstützungsleistungen oder Regelungen befördern, verhindern oder kompromittieren wie stark ein Lehr-Engagement in der wissenschaftlichen Weiterbildung? Mit welchen Maßnahmen kann nicht nur die individuelle Motivation – überhaupt in wissenschaftlicher Weiterbildung zu lehren – präformiert werden, sondern auch die Art und Weise (Didaktik), wie gelehrt wird? Auch hier gibt es noch ausreichend empirischen Forschungsbedarf in der Lesart belastbarer und verallgemeinerbarer Zusammenhangsanalysen. Diese sind wichtig, um alle bisherigen Reformanstrengungen – über Einzelfälle hinweg – zu bilanzieren und zukünftige (nationale) Reformbemühungen evidenzbasierter und damit effizienter und effektiver zu gestalten.13

3

Konklusion: Für ein relationales Verständnis der Governance wissenschaftlicher Weiterbildung

Das hier entwickelte Verständnis der Governance wissenschaftlicher Weiterbildung beachtet Strukturen, Strategien und Akteurkonfigurationen als Relationen auf bzw. zwischen verschiedenen Aggregations-Ebenen der Organisation. Gemäß einer relationalen Soziologie der Organisation (Emirbayer 1997; Emirbayer und Johnson 2008) werden hier nicht singuläre Maßnahmen betrachtet, welche Auswirkungen auf beabsichtigte Wahrnehmungs- und Handlungsaktivitäten haben sollen (‚Management von linearen Regressionen‘). Vielmehr wird ein Beziehungssystem von interdependenten Ermöglichungsbedingungen (‚Management von Korrelationen‘) in den Blick genommen (Bourdieu und Wacquant 2013, S. 258–269). Unser Governance-Modell der wissenschaftlichen Weiterbildung ist nicht nur als theoretisch umfassende(re) Erkenntnis-Folie zum gegenstandsadäquaten Verständnis sowie der weiteren Erforschung der Governance wissenschaftlicher Weiterbildung aufzufassen; es beansprucht auch Praxis-Relevanz. Die (Re-)Organisierbarkeit des sozialen Feldes Wissenschaft bzw. der Hochschulen kann nur aufgrund eines gründlichen und umfassenden Verständnisses von deren relationaler Organisiertheit gelingen. Nur unter (1) der unbedingten Anerkennung der feldspezifischen Regelungen und (Vor-)Konditionierungen der managenden und zu managenden individuellen, kollektiven und korporativen Akteure, (2) deren inkorporierten (Habitus-) Strategien sowie (3) deren unterschiedlichen Positionen und Positionierungen zueinander kann die wissenschaftliche Weiterbildung adäquat konzeptualisiert werden. Alles Reale ist relational (Bourdieu 1998, S. 15–22). 13

Es werden gerade eine Reihe von (Befragungs-)Studien im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung sowie der Evaluation des Bund-Länder-Wettbewerbes „Aufstieg durch Bildung“ durchgeführt, sodass zukünftig eine wünschenswert umfassendere und repräsentativere Empirie zur Governance wissenschaftlicher Weiterbildung an deutschen Hochschulen zu erwarten ist.

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Monitoring wissenschaftlicher Weiterbildung: Status quo und Perspektiven Sarah Widany, Andrä Wolter und Karin Dollhausen

Inhalt 1 2 3 4 5

Einleitung: Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorhandene Datenquellen und -zugänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wissenschaftliche Weiterbildung im AES: Messung, Befunde, Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bausteine für ein Monitoring wissenschaftlicher Weiterbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Monitoring wissenschaftlicher Weiterbildung: Begriffliche und konzeptionelle Eingrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Schlussbemerkungen und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

236 238 246 250 252 256 257

Zusammenfassung

Als Teil eines umfassenden (Weiter-)Bildungsmonitorings sind auch Angebot und Nachfrage nach wissenschaftlicher Weiterbildung einzubeziehen und auszuweisen. Der Beitrag beschreibt die gegenwärtig vorhandenen Datenquellen, deren Informationsgehalt und Erkenntnisgewinn sowie deren Grenzen. Eine Schwierigkeit für die Entwicklung einer Statistik wissenschaftlicher Weiterbildung besteht bereits in der hybriden Verortung dieses Feldes zwischen beruflicher Bildung, Weiterbildung und Hochschulbildung. Hinzu kommt, dass es sich dabei auch innerhalb der Hochschulen um einen äußerst vielfältigen Bereich handelt. Abschließend wird ein Konzept zum schrittweisen Aufbau eines Monitorings S. Widany (*) Abteilung System und Politik, Deutsches Institut für Erwachsenenbildung, Bonn, Deutschland E-Mail: [email protected] A. Wolter Institut für Erziehungswissenschaften, Humboldt-Universität zu Berlin, Berlin, Deutschland E-Mail: [email protected] K. Dollhausen Abteilung Organisation und Management, Deutsches Institut für Erwachsenenbildung Leibniz-Zentrum für Lebenslanges Lernen e.V., Bonn, Deutschland E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 W. Jütte, M. Rohs (Hrsg.), Handbuch Wissenschaftliche Weiterbildung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-17643-3_35

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S. Widany et al.

wissenschaftlicher Weiterbildung skizziert, das sowohl auf den vorhandenen Datenbeständen wie auf einer zusätzlichen Eigenerhebung aufbaut. Schlüsselwörter

Wissenschaftliche Weiterbildung · Weiterbildungsstatistik · Weiterbildungsmonitoring · Anbieterstatistik · Lebenslanges Lernen an Hochschulen · Operationalisierung wissenschaftlicher Weiterbildung

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Einleitung: Ausgangslage

Seit Jahren wird sowohl von bildungspolitischer wie von wissenschaftlicher Seite immer wieder beklagt, dass die Entwicklung und der gegenwärtige Stand wissenschaftlicher Weiterbildung an deutschen Hochschulen statistisch nur unzureichend dokumentiert sind. Zwar gibt es verschiedene Anzeichen, dass sich seit einiger Zeit ein signifikanter Bedeutungszuwachs wissenschaftlicher Weiterbildung abzeichnet. Aber eine genaue statistische Abbildung ist aus verschiedenen Gründen nur mit großen Einschränkungen möglich. Eine datenbasierte systematische und regelmäßige Erfassung von Angebots- und Beteiligungsstrukturen der wissenschaftlichen Weiterbildung gibt es in Deutschland bisher nicht. Zum einen ist diese unbefriedigende Situation auf die hybride institutionelle Verortung wissenschaftlicher Weiterbildung zwischen beruflicher Bildung, Weiterbildung und Hochschulbildung zurückzuführen (Wilkesmann 2010). Zum anderen sind Angebote und Teilnehmer/ innen an wissenschaftlicher Weiterbildung weder innerhalb der Weiterbildungsnoch innerhalb der Hochschulstatistik eindeutig zu identifizieren. Die vorhandenen statistischen Angaben und Zugänge (siehe Abschn. 2) ergeben nur ein unvollständiges Gesamtbild (Kuper et al. 2016; Dollhausen et al. 2018; Widany 2011). Aktuell bieten weder die amtliche Statistik noch andere Datenquellen eine Grundlage für eine regelmäßige, systematische und umfassende Bestandsaufnahme wissenschaftlicher Weiterbildung an Hochschulen – und schon gar nicht außerhalb von Hochschulen. Die unter anderem aufgrund der Trägervielfalt ohnehin eher disparate Weiterbildungsstatistik grenzt wissenschaftliche Weiterbildung an Hochschulen weitgehend aus, soweit sie sich an Trägerstrukturen orientiert. Aber auch die Hochschulstatistik, in deren Erhebungsfeld Weiterbildung an Hochschulen ja primär fiele, erfasst weiterbildende Aktivitäten an Hochschulen nur ausschnittsweise und liefert kein Gesamtbild. In der Erhebungssystematik der amtlichen Hochschulstatistik gibt es überhaupt keinen Bereich wissenschaftliche Weiterbildung. Etwas günstiger stellt sich die Datenlage bei surveybasierten Erhebungen aus der Hochschuloder Weiterbildungsforschung dar, die jedoch – mit einer Ausnahme (dem AES, siehe Abschn. 3) – oft als Einzelerhebungen angelegt sind (etwa die Studie von Schaeper et al. 2006; Hanft und Knust 2007; Faulstich et al. 2007; Bredl et al. 2006) und weder ein Gesamtbild noch eine Zeitreihe ergeben. Eine Ursache dafür liegt darin, dass begrifflich bereits unklar ist, welche Angebote und Aktivitäten überhaupt als wissenschaftliche Weiterbildung gelten (siehe dazu Abschn. 5).

Monitoring wissenschaftlicher Weiterbildung: Status quo und Perspektiven

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Der empirische Zugang zum Feld der wissenschaftlichen Weiterbildung ist durch diesen Mangel an quantitativen, standardisierten Daten erheblich eingeschränkt. Für empirische Forschung zur wissenschaftlichen Weiterbildung bedarf es daher einer Weiterentwicklung der dazu notwendigen Datengrundlage, wie Jütte et al. bereits 2005 feststellten. Im Hochschulbereich fehlen Daten zum Umfang und zur Struktur wissenschaftlicher Weiterbildung, auf die in internen und externen Steuerungsprozessen Bezug genommen werden kann. Unter einem hochschulpolitischen Aspekt wird ein wesentlicher – wachsender? – Leistungsbereich von Hochschulen statistisch gar nicht abgebildet. Ähnlich gibt es innerhalb des Bildungsmonitorings – etwa der nationalen Bildungsberichterstattung – keinen Indikator bzw. keine Kennzahlen zur wissenschaftlichen Weiterbildung. Auf dieses Desiderat wird insbesondere in den nationalen Bildungsberichten 2010 und 2012 verwiesen (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2010, S. 150; 2012, S. 156). Für die interne und externe Hochschulsteuerung fällt dieser Bereich daher weitgehend aus, da es kaum Indikatoren gibt, die wissenschaftliche Weiterbildung umfassend in Kennzahlensysteme einbinden. Und den oft unter Legitimationsdruck stehenden Akteuren wissenschaftlicher Weiterbildung fällt es schwer, einen umfassenden Leistungs- und Erfolgsnachweis ihres Engagements und ihrer Aktivitäten zu liefern und sich innerhalb der Hochschule gegenüber Forschung und akademischer Erstausbildung zu behaupten. Dies gilt nicht nur für die einzelne Hochschule, sondern auch auf übergreifender bundes- und verbandspolitischer Ebene. Auch wenn wissenschaftliche Weiterbildung an den Hochschulen insgesamt noch eine eher randständige Bedeutung haben sollte, so kann doch davon ausgegangen werden, dass an Hochschulen weit mehr Weiterbildung stattfindet, als infolge der Selektivität der vorhandenen Kennzahlen und Statistiken erfasst und bekannt wird. Eine größere strategische Verankerung von wissenschaftlicher Weiterbildung an den Hochschulen setzt von daher neben einem hochschulpolitischen Willen zum Ausbau der Weiterbildung eine größere statistische Transparenz und damit auch eine deutlich verbesserte Sichtbarkeit voraus. Dieses Erfordernis verweist auf die Notwendigkeit solider quantitativer Befunde und kann durch die große Zahl qualitativer Untersuchungen zu Fragen wissenschaftlicher Weiterbildung nicht erfüllt werden. Dieser Forschungstyp führt zwar zu wertvollen vielfältigen Erkenntnissen in Tiefenstrukturen der Weiterbildungsteilnahme, liefert aber kein Gesamtbild dieses Leistungsbereichs an Hochschulen. Datenbasiertes, steuerungsrelevantes empirisches Wissen zu den verschiedenen Themenfeldern, Angebotsformaten und Beteiligungsstrukturen in der wissenschaftlichen Weiterbildung ist also auf der Grundlage der heute verfügbaren hochschul- und weiterbildungsspezifischen Datenquellen weder im erforderlichen Umfang noch in der notwendigen Datenqualität verfügbar. Vor diesem Hintergrund will der vorliegende Beitrag, (1) über die gegenwärtig vorhandenen statistischen Zugänge zu wissenschaftlicher Weiterbildung und deren Analysepotenziale berichten, (2) einen Überblick über die quantitativen Dimensionen dieses Leistungsbereichs geben, soweit das aufgrund der Datenlage möglich ist, und (3) eine Perspektive aufzeigen, wie zukünftig dieses Feld auf eine breitere Datenbasis gestellt werden könnte.

238

S. Widany et al.

Der Beitrag knüpft dabei an Ergebnisse und Überlegungen an, die in einer gemeinsamen Vorstudie des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung (DIE) und der Humboldt-Universität zu Berlin in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für wissenschaftliche Weiterbildung und Fernstudium (DGWF) gewonnen und veröffentlicht wurden (Dollhausen et al. 2018). Mittelfristiges Ziel wäre die Entwicklung und Realisierung eines Monitorings wissenschaftlicher Weiterbildung als Teil sowohl eines übergreifenden Weiterbildungsmonitorings wie auch einer Hochschulberichterstattung.

2

Vorhandene Datenquellen und -zugänge

Auch wenn gegenwärtig noch kein umfassendes Erhebungssystem für wissenschaftliche Weiterbildung an Hochschulen existiert, so gibt es doch verschiedene statistische Datenquellen, die (potenziell) Informationen zur wissenschaftlichen Weiterbildung an Hochschulen enthalten und in ein umfassendes Monitoring einbezogen werden sollten. Zu unterscheiden wäre hier zwischen personenbezogenen Erhebungen, die Informationen über die Teilnahme an wissenschaftlicher Weiterbildung bereitstellen, und solchen Erhebungen, die eher angebotsorientiert sind und weiterbildende Studienangebote (wie der Hochschulkompass (HK) der Hochschulrektorenkonferenz (HRK)) oder die Teilnahme an einzelnen Studienangeboten dokumentieren. Soweit es sich um bundesweite, nicht nur lokale oder regionale Erhebungen zu Teilnehmerinnen und Teilnehmern handelt, und soweit die Daten grundsätzlich öffentlich zugänglich sind, wären hier folgende Erhebungen zu nennen (teilweise in Anlehnung an Dollhausen et al. 2018): • Die Studentenstatistik der amtlichen Hochschulstatistik, die alle regulär immatrikulierten Studierenden nach gesetzlich festgelegten Merkmalen erhebt, darunter auch solche, welche die Studierenden nach weiterbildungsrelevanten Merkmalen ausweisen, u. a. nach Alter, Berufstätigkeit vor dem Studium, Hochschule, Studiengang und Art des Studiums sowie bisherige Abschlüsse. In der Folge der letzten Novellierung des Hochschulstatistikgesetzes (2016) sind einige Erhebungsmerkmale neu aufgenommen worden und werden jetzt sukzessive implementiert (Deutscher Bundestag 2016, 2018), so dass diese Daten gegenwärtig noch nicht vorliegen, aber zukünftig verfügbar sind. Erst dann kann ihre Qualität ebenso wie das Potenzial der Studienverlaufsstatistik für das Monitoring wissenschaftlicher Weiterbildung beurteilt werden, deren Daten ab 2020 erstmals zur Verfügung stehen sollen. • Die Gasthörerstatistik der amtlichen Hochschulstatistik, die eine wichtige Teilpopulation von Weiterbildungsstudierenden u. a. nach Merkmalen wie Alter, Hochschule oder Fachrichtung erfasst. Gasthörer/innen müssen keine formelle Studienberechtigung nachweisen, können aber an Hochschulen keine Abschlüsse erwerben. Sie können aus beruflichen Fortbildungsmotiven studieren, es überwiegen aber nicht-berufliche, allgemeinbildende Motive.

Monitoring wissenschaftlicher Weiterbildung: Status quo und Perspektiven

239

• Der Mikrozensus (MZ) bzw. der darin integrierte Labour-Force-Survey (auch Arbeitskräfteerhebung genannt), der jährlich durchgeführt wird und eine umfangreiche Stichprobe (ein Prozent aller Haushalte, ca. 800.000 Personen) umfasst, erhebt unter anderem auch die Teilnahme an Weiterbildung. Allerdings werden keine Informationen dazu erfragt, wer der Anbieter der Weiterbildung ist, so dass die Weiterbildung an Hochschulen nicht ausgewiesen werden kann. • Das Sozio-Ökonomisches Panel (SOEP), das durch Verknüpfung verschiedener Fragen bzw. Merkmale bei allen Panelbefragten auch ein als Weiterbildung einzuordnendes Hochschulstudium identifizierbar macht. Zur Teilnahme an beruflicher Weiterbildung gibt es in größeren zeitlichen Abständen Schwerpunkterhebungen (zuletzt in der Erhebung 2016). Die dort erhobenen Merkmale der Weiterbildungsteilnahme lassen jedoch keinen Rückschluss auf Hochschulen als Anbieter der Weiterbildung zu. • Der Adult Education Survey (AES), der eine eigenständige Erhebung zur Weiterbildungsteilnahme in Deutschland darstellt und u. a. auch die Hochschule als einen Ort der Weiterbildung berücksichtigt. Der in der Regel in dreijährigem Abstand durchgeführte AES ist seit Ende der 1970er-Jahre die umfassendste Erhebung zur Weiterbildungsbeteiligung, die in Deutschland vorliegt (siehe dazu Abschn. 3). • Das Nationale Bildungspanel (NEPS), das individuelle Bildungsprozesse und die Kompetenzentwicklung kohortenbezogen seit 2009/2010 längsschnittlich erfasst (Blossfeld et al. 2011a). In der Erwachsenenkohorte (Blossfeld et al. 2011b) der Geburtsjahrgänge 1965 bis 1986 wird die Teilnahme an formaler Bildung und Weiterbildung episodengestützt erfasst (FDZ-LIfBi 2013, 2017a). Allerdings wird bei den Teilnahmeinformationen nicht erhoben, ob der Weiterbildungsanbieter eine Hochschule ist (FDZ-LifBi 2017b). In der Studierendenkohorte (FDZ-LIfBi 2018a) werden Studierende ausgewählter Studiengänge erfasst, die im Jahr 2010/2011 erstmalig immatrikuliert waren. Fokus der Befragung liegt auf dem Studienverlauf und dem Übergang in den Arbeitsmarkt. Die Fragen zur Weiterbildungsteilnahme orientieren sich an dem Frageprogramm der Erwachsenenkohorte, hier gibt es außerdem Informationen zu Hochschulen als Anbieter von berichteten Weiterbildungsaktivitäten (FDZ-LIfBi 2018b). Eine neue Studierendenkohorte ist zurzeit nicht vorgesehen. • Die Absolventenstudien des Deutschen Zentrums für Wissenschafts- und Hochschulforschung (DZHW), die sich mit einem Kohorten-Panel-Design mit einem Zeitreihen- (alle vier Jahre eine neue Startkohorte) und einem Längsschnitteffekt (Befragungen ein Jahr, fünf und zehn Jahre nach Hochschulabschluss) auf Hochschulabsolvent/inn/en beziehen. Sie umfassen repräsentative Stichproben für alle (größeren) Studienfächer und erheben sehr differenzierte Beschäftigungsu. Karrieremerkmale unter Einschluss weiterbildender Aktivitäten, differenziert nach längeren und kürzeren Maßnahmen, sowie Themen, Motiven, Finanzierung und Bedarf. Das Frageprogramm zur Weiterbildung variiert zwischen erster, zweiter und dritter Befragung. • Die Fernunterrichtsstatistik, die seit der Revision 2016/2017 unter dem Namen „Strukturdaten Distance Learning/Distance Education“ jährlich vom Bundesinsti-

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S. Widany et al.

tut für Berufsbildung erhoben wird. Im Rahmen der Revision wurden Hochschulen in die Grundgesamtheit der Anbieter von Fernlernangeboten aufgenommen und ein hochschulspezifisches Instrument entwickelt, in dem Angaben zu den Hochschulen, dem Fernlernangebot und den Teilnehmenden erhoben werden (Fogolin 2017, 2018). Die hochschulische Teilstichprobe ist allerdings klein und nicht repräsentativ, auch sind die Daten öffentlich nicht zugänglich, weshalb die Erhebung hier nicht weiter berücksichtigt wird. Tab. 1 bietet einen systematischen Überblick über zentrale Merkmale der vorliegenden Erhebungen. Die Angaben beziehen sich jeweils auf die aktuellste Erhebung. Im Zeitverlauf weisen diese Erhebungen immer wieder Veränderungen im Fragenprogramm auf, die infolge mangelnder Vergleichbarkeit der Fragen längsschnittliche oder Trendanalysen beeinträchtigen, hier jedoch aus Platzgründen nicht thematisiert werden können. Diese Bestandsaufnahme ergibt eine stark fragmentierte Datenlage: So basieren die vorhandenen Datenquellen auf Erhebungen, die sich auf unterschiedliche Personengruppen beziehen. Zum Teil handelt es sich um breiter angelegte Bevölkerungsumfragen (AES, MZ, SOEP), zum Teil um Befragungen ausgewählter Kohorten (NEPS) oder Gruppen von aktuellen oder ehemaligen Hochschulangehörigen (Gasthörer/innen, Studierende und Absolvent/inn/en (bestimmter Fächergruppen)). Ebenso werden unterschiedliche Stichprobengrößen einbezogen bzw. bald Stichproben-, bald Vollerhebungen durchgeführt, und die Teilnahme ist teils verpflichtend, teils freiwillig. Verschiedene Erhebungen ziehen Altersgrenzen, so dass für Weiterbildung wichtige Gruppen nicht einbezogen werden (z. B. sogenannte Seniorenstudierende). Während die amtlichen Statistiken sich ausschließlich auf Hochschuldaten beziehen, erfassen die personenbezogenen Befragungen auch die (wissenschaftliche) Weiterbildung außerhalb der Hochschulen, oft aber in unsystematischer Operationalisierung (vgl. Tab. 2). Hierdurch ergeben sich verschiedene Datenqualitäten sowie eine insgesamt inkonsistente Datenlage. Somit besteht ein Bedarf an ergänzenden Erhebungen, die sowohl die Heterogenität der Teilnehmenden als auch die unterschiedlichen Beteiligungsmöglichkeiten an wissenschaftlicher Weiterbildung berücksichtigen. Diese Heterogenität kann bislang nur ansatzweise abgebildet werden – bedingt durch die insgesamt niedrigen Gesamtteilnahmequoten an wissenschaftlicher Weiterbildung und die dahinterliegenden geringen Fallzahlen in den jeweiligen Stichproben in den repräsentativen Befragungen (vgl. am Beispiel des AES Abschn. 2). Zudem besteht ein augenscheinlicher Bedarf an Erhebungen auf der Anbieter- bzw. Angebotsseite. Bislang liefert lediglich der Hochschulkompass angebotsbezogene Daten. Jedoch werden hier nur Studiengänge differenziert erfasst, darunter auch berufsbegleitende und weiterbildende Masterangebote – dies jedoch nur, wenn die Hochschulen diese auch melden. Allerdings sorgt schon das Eigeninteresse der Hochschulen dafür, dass mit dem Hochschulkompass der überwiegende Teil weiterbildender Studiengänge abgebildet wird. Ein wissenschaftlich solider Einblick in Struktur und Ausmaß weiterbildungsbezogenen Aktivitäten im hochschulischen Angebotsspektrum außerhalb der formalen weiterbildenden Masterangebote kann jedoch durch

Studentenstatistik

Nachfrage/ Angebot Meldung der Hochschulen auf gesetzlicher Grundlage, Verwaltungsdaten Querschnitt

halbjährlich für Sommer- und Wintersemester

Studierende an Hochschulen (ohne Gasthörer, Beurlaubte)

Vollerhebung unter 428 Hochschulen, 1.453.625 Studierende im WiSe 2017/2018

Hochschulkompass

Angebot

Freiwillige Meldung der Hochschulen

Querschnitt

fortlaufend

Grund- und weiterbildenden Studienangebote an deutschen Hochschulen

19.635 Studiengänge an 395 Hochschulen

Ebene

Erhebungstyp

Design

Periodizität

Grundgesamtheit

Stichprobe

Gasthörerstatistik

Mikrozensus/LFS

Wohnbevölkerung in Deutschland

Querschnitt (eingeschränkt Panel) jährlich

Personenbefragung auf gesetzlicher Grundlage

Nachfrage

Vollerhebung unter 1 % der Haushalte, 428 Hochschulen, Befragung aller 36.852 Gasthörer/ Haushaltsmitglieder innen im WiSe 2017/ 2018

Alle an Hochschulen als Gasthörer eingeschriebene Personen

jährlich

Nachfrage/ Angebot Meldung der Hochschulen auf gesetzlicher Grundlage, Verwaltungsdaten Querschnitt

SOEP

AES

Panel

Personenbefragung

Nachfrage

Bevölkerung in Privathaushalten in Deutschland

Bevölkerung in Privathaushalten in Deutschland (Jahrgänge 1944–1986) 9236 Personen

alle 2–3 Jahre jährlich

Querschnitt

Personenbefragung

Nachfrage

23.358 7750 Haushalte mit Personen 44.958 Personen

Bevölkerung in Privathaushalten in Deutschland

jährlich

Panel

Personenbefragung

Nachfrage

NEPS, Erwachsenenkohorte

(Fortsetzung)

Wechselnd

Ersterhebung alle 4 Jahre; Panel 1, 5 und 10 Jahre nach Abschluss Absolventen/ innenjahrgang

Panel

Personenbefragung

Nachfrage

Absolventenstudien DZHW

Tab. 1 Zentrale Merkmale von Datengrundlagen mit Informationen zur Teilnahme an wissenschaftlicher Weiterbildung. Die Angaben beziehen sich, soweit möglich, jeweils auf die aktuellste Erhebung. Im Zeitverlauf weisen Erhebungen teilweise Veränderungen im Frageprogramm auf

Monitoring wissenschaftlicher Weiterbildung: Status quo und Perspektiven 241

Studentenstatistik

Wintersemester 2017/2018

Soziodemografische Angaben, Bundesland, Merkmale des Studiums und der Hochschule

Statistisches Bundesamt 2017

Hochschulkompass

Stand: 17.08.2018

Studienform, Zulassungsmodus, Abschluss, Steckbrief Studiengang

Homepage

Referenzzeitraum/ Erhebung

Zentrale Merkmale

Quellen

Tab. 1 (Fortsetzung)

Gasthörerstatistik

Statistisches Bundesamt 2017

Soziodemografische Angaben, Bundesland, Merkmale des Studiums und der Hochschule

Wintersemester

Mikrozensus/LFS

Statistisches Bundesamt 2016

Wirtschaftliche und soziale Lage, Ausund Weiterbildung, Regionalisierung

Letzten 12 Monate/ letzten 4 Wochen, 2016

SOEP

Lebensverläufe (ökonomisch und soziologische Merkmale), (verhaltens-) psychologische Konstrukte Goebel et al. 2018; Britzke und Schupp 2017

Letzten 12 Monate, 2016

AES

Bilger und Kuper 2017

Soziodemografische Angaben, Bildungsbeteiligung Erwachsener

Letzten 12 Monate, 2016

FDZ-LIfBi 2017a, b, 2013

Letzten 12 Monate bzw. Episodenbezug, Erhebung 2015/ 2016, Kompetenzen, Bildungsbeteiligung und -prozesse über die Lebensspanne

NEPS, Erwachsenenkohorte

Zuletzt Briedis et al. 2016

Zeit seit Studienabschluss, Erhebungen seit 1989 Berufliche Verläufe und Lebensverläufe nach Studienabschluss

Absolventenstudien DZHW

242 S. Widany et al.

Studentenstatistik

Keine Differenzierung zwischen grundständigen und weiterbildenden Studiengängen möglich

über Altersangaben und Zweitstudium

Hochschulkompass

Studienformen: berufsbegleitend, berufsintegrierend, duales Studium, Fernstudium, Teilzeitstudium können differenziert werden

entfällt

(wissenschaftliche) Weiterbildung (WB)

Hochschulbesuch im Sinne eines weiterbildenden Studiums

entfällt

entfällt

Gasthörerstatistik

über soziodemografische, erwerbs- und bildungsbiografische Angaben

Teilnahme an WB in den letzten 4 Wochen/12 Monaten. Keine Informationen dazu, wer die WB angeboten hat

Mikrozensus/LFS

über soziodemografische, erwerbs- und bildungsbiografische Angaben

Teilnahme an WB in 2015 und zum Befragungszeitpunkt, keine Informationen dazu, wer die WB angeboten hat

SOEP

über soziodemografische, erwerbs- und bildungsbiografische Angaben und

Teilnahme an WB in den letzten 12 Monaten, Anbieter der WB: Hochschule und ähnliche Einrichtungen

AES

über soziodemografische, erwerbs- und bildungsbiografische Angaben

Teilnahme an WB seit der letzten Befragung bzw. episodengestützt, keine Informationen dazu, wer die WB angeboten hat

NEPS, Erwachsenenkohorte

(Fortsetzung)

Wechselnd: Teilnahme an beruflicher WB zum Befragungszeitpunkt/in den letzten 12 Monaten, an berufsqualifizierender WB seit Studienabschluss, Informationen dazu, wer die WB angeboten hat, WB-Bedarfe (an Hochschulen) über bildungsbiografische Angaben

Absolventenstudien DZHW

Tab. 2 Zentrale Merkmale von Datengrundlagen mit Informationen zur Teilnahme an wissenschaftlicher Weiterbildung. Die Angaben beziehen sich, soweit möglich, jeweils auf die aktuellste Erhebung. Im Zeitverlauf weisen Erhebungen teilweise Veränderungen im Frageprogramm auf

Monitoring wissenschaftlicher Weiterbildung: Status quo und Perspektiven 243

Studentenstatistik

Fächersystematik

Statistisches Bundesamt 2017

Hochschulkompass

Fächersystematik

Homepage

Systematiken

Quellen

Tab. 2 (Fortsetzung)

Statistisches Bundesamt 2017

Fächersystematik

Gasthörerstatistik

Statistisches Bundesamt 2016

ISCED, KldB 2010, ISCO-08, CLA

Mikrozensus/LFS

Goebel et al. 2018; Britzke und Schupp 2017

ISCED, KldB 2010, ISCO-08, CLA

SOEP

subjektive Zuordnung ISCED (-Fields), ISCO 2008, CLA Bilger und Kuper 2017

AES

FDZ-LIfBi 2017a, b, 2013

ISCED, ISCO 2008, CLA

NEPS, Erwachsenenkohorte

Zuletzt Briedis et al. 2016

Fächersystematik, ISCO-08, CLA

Absolventenstudien DZHW

244 S. Widany et al.

Monitoring wissenschaftlicher Weiterbildung: Status quo und Perspektiven

245

die aktuell vorhandenen Datenquellen nicht gewonnen werden. Hierzu sind zusätzliche und differenziertere Erhebungen erforderlich. Dieser Überblick über vorhandene Erhebungssysteme verdeutlicht drei Punkte: Erstens ergibt sich aus keiner dieser Erhebungen ein Gesamtbild der Teilnahmestrukturen wissenschaftlicher Weiterbildung an Hochschulen. Zweitens fehlen wesentliche Bereiche bzw. Informationen z. B. zum Angebot, zur Finanzierung oder zum Personal, die erst durch eine hochschulbezogene Befragung zu erheben sind. Drittens empfiehlt es sich dennoch, in einer breiter angelegten statistischen Erfassung und Dokumentation der wissenschaftlichen Weiterbildung an Hochschulen auch die vorhandenen Datenquellen systematisch miteinzubeziehen und gezielt auszuwerten. Sie stellen zumindest teilweise auch Informationen bereit, die eine hochschulbezogene Erfassung nicht liefern kann. So ermöglicht es die amtliche Statistik, alle an deutschen Hochschulen immatrikulierten Studierende nach ihrem Alter und verschiedenen Merkmalen (Geschlecht, Hochschule, Fach, Studienart usw.) differenziert abzubilden. Hier wäre es u. a. möglich, alle Studierenden, die bereits einen ersten Hochschulabschluss erworben haben, oder diejenigen oberhalb einer Altersgrenze (z. B. 50plus) auszuweisen. Eine präzise Erfassung, wer an der Hochschule für Weiterbildungszwecke studiert, ist jedoch mit dieser Datengrundlage nur begrenzt möglich. Die Grenzen der Studentenstatistik bestehen darin, dass sie keine direkte Erfassung weiterbildender Maßnahmen ermöglicht und keine Informationen über Studienmotive, -erfahrungen oder -erwartungen, auch nicht zu sozialstatistischen Merkmalen wie Bildungsherkunft, Migrationsstatus oder soziale Lage enthält. Möglich ist jedoch eine statistische Eingrenzung relevanter Zielgruppen. Die Aufschlüsselung der Studierenden nach ihrer Hochschulzugangsberechtigung ermöglicht die Erfassung beruflich qualifizierter Studierender mit oder ohne schulische Studienberechtigung und deren Auswertung nach den in der Statistik erfassten Merkmalen. Die Gasthörerstatistik ermöglicht eine differenzierte Erfassung aller registrierten Gasthörer/innen. Zurzeit handelt es sich um ca. 37.000 Personen, die als Gasthörer/innen immatrikuliert sind. Dagegen zeigen Absolventenstudien auf, an welchen Einrichtungen sich Hochschulabsolvent/innen/en weiterbilden. Die Potenziale von Absolventenstudien liegen u. a. darin, nicht nur Weiterbildung an Hochschulen, sondern den gesamten Weiterbildungsmarkt für Hochschulabsolvent/innen/en abzubilden, ein aufgrund der hochgradigen Segmentierung des Marktes für wissenschaftliche Weiterbildung wesentlicher Vorzug. Allerdings weisen Absolventenstudien gelegentlich ein unklares Verständnis von Weiterbildung und den Angeboten der Hochschulen auf und erfassen keine Teilnehmer/innen ohne Studienabschluss. Bevölkerungsumfragen (wie der AES) erfassen hingegen auch diejenigen, die keinen Hochschulabschluss haben, sich aber an Hochschulen weiterbilden. Darüber hinaus sind in ihnen auch ältere Absolventengenerationen vertreten. Solche Erhebungen ermöglichen eine genauere Einschätzung der relativen Bedeutung der Hochschulen als Weiterbildungsanbieter im Gesamtspektrum des nationalen Weiterbildungsmarktes. So etwa belegen Auswertungen des AES und von Absolventenstudien, dass nur etwa 2–3 % aller Weiterbildungsfälle an Hochschulen stattfinden und dass die Hochschulen mit ihrem Weiterbildungsangebot selbst in der Gruppe von Personen mit

246

S. Widany et al.

Hochschulabschluss nur etwa 6–7 % an sich binden können (Kamm et al. 2016, S. 144, 147). In der Schätzung dieses Anteils der Hochschulen am gesamten Weiterbildungsvolumen kommen die DZHW-Absolventenstudien und der AES trotz unterschiedlicher Operationalisierung zu fast identischen Werten (Kamm et al. 2016; Widany et al. 2017). In allen Fachrichtungen dominieren die außerhochschulischen Anbieter. Die wichtigsten Anbieter sind der eigene Arbeitgeber und private Weiterbildungseinrichtungen, daneben noch Berufs- und Fachverbände, Kammern und Akademien. Hochschulen weisen vor allem in forschungs- und wissenschaftsnahen Fächern und Themenfeldern einen höheren Anteil auf, während die außerhochschulischen Anbieter insbesondere bei praxisnahen Weiterbildungen dominieren (Herm et al. 2003; Wolter 2007). Diese eher bescheidene Position der Hochschulen auf dem Weiterbildungsmarkt zeigt deutlich, wie wichtig es ist, neben einer hochschulzentrierten Erhebung ein Monitoringsystem mithilfe einer Sekundäranalyse anderer Datenquellen so anzulegen, dass der gesamte Weiterbildungsmarkt erfasst und die relative Bedeutung der Hochschule als Anbieter wissenschaftlicher Weiterbildung im Wettbewerb der Träger aufgezeigt werden kann. Um bei einer Gesamtschau auf Grundlage einer fragmentierten Datenlage ein möglichst konsistentes Bild zu erhalten, ist die Vergleichbarkeit der in den Erhebungen verwendeten Systematiken des Gegenstandfeldes – wissenschaftliche Weiterbildung – und ihrer Operationalisierung zentral. Hierzu gibt Tab. 2 einen groben Überblick. Die Operationalisierung wissenschaftlicher Weiterbildung wird – sofern überhaupt möglich – unterschiedlich vorgenommen. Die wesentliche Information, ob der Anbieter einer Weiterbildung eine Hochschule bzw. wissenschaftliche Einrichtung ist, liefern auf der Nachfrageseite bei den Personenerhebungen lediglich der AES und einige Absolventenstudien. Mit Blick auf die Teilnahme an formaler Bildung im Sinne eines Hochschulstudiums gibt es über bildungs- und erwerbsbiografische Informationen in mehreren Erhebungen die Möglichkeit, zwischen einem Studium als Teil der Erstausbildung und einem Studium mit weiterbildendem Charakter, bspw. nach einer Phase der Erwerbstätigkeit, zu unterscheiden.

3

Wissenschaftliche Weiterbildung im AES: Messung, Befunde, Grenzen

Nach den konzeptuellen Erörterungen in Abschn. 2 wird im Folgenden am Beispiel des Adult Education Survey (AES) veranschaulicht, welche Möglichkeiten zur Erfassung wissenschaftlicher Weiterbildung eine Personenbefragung bieten kann, welche Befunde sich damit abbilden lassen und welche Herausforderungen dabei bestehen. Die Ausführungen bauen im Wesentlichen auf den Auswertungen im entsprechenden Kapitel (Widany et al. 2017) des Berichtsbandes zum AES auf (Bilger et al. 2017). Datengrundlage ist die AES-Erhebung 2016 auf Basis der Hauptstichprobe (N = 7102, Alter 18–64 Jahre) und der Stichprobenerweiterung der 65–69-Jährigen (N = 648) mit einer Gesamtstichprobe von 7750 Fällen. Die Daten sind mit einem Hochrechnungsfaktor gewichtet, so dass der Anspruch besteht, Ergebnisse für die 18–69-jährige Bevölkerung repräsentativ abbilden zu können.

Monitoring wissenschaftlicher Weiterbildung: Status quo und Perspektiven

247

Der AES orientiert sich an der Classification of Learning Acitivities (CLA, siehe dazu Abschn. 4) und erfragt die Teilnahme an formaler Bildung (FED), an verschiedenen non-formalen Formen der Weiterbildung (NFE, darunter Kurse, Vorträge, Schulungen am Arbeitsplatz und Privatunterricht) sowie informelle Lernaktivitäten (INF) in den letzten 12 Monaten. Da die informellen Lernaktivitäten keine Zuordnung zu institutioneller wissenschaftlicher Weiterbildung zulassen, werden sie nicht weiter berücksichtigt. Spezifische Merkmale der Teilnahme werden für die aktuelle Teilnahme bzw. die zuletzt besuchten formalen Angebote (FED) und differenziert für zwei (bei mehr als zwei Nennungen zufällig ausgewählte) non-formale Teilnahmen (NFE) erhoben. Die Merkmale sind teilweise identisch, so dass Vergleiche zwischen beiden Lernformen möglich sind. Insgesamt ermittelt der AES 2016 eine Teilnahmequote von 10 % bei formalen (Kuper et al. 2017) und 53 % bei non-formalen Lernaktivitäten (Kaufmann-Kuchta und Widany 2017). Wissenschaftliche Weiterbildung wird nicht direkt erfragt, kann aber über verschiedene Merkmale definiert und erfasst werden (Widany et al. 2017). Zur Teilnahme an formaler Bildung wird erfragt, ob die Bildungsaktivität Teil einer Erstausbildung oder einer zweiten Bildungsphase ist. 29 % der Teilnehmer/ innen an formaler Bildung in Form eines Hochschulstudiums (ohne Promotionsstudium) verorten ihre Teilnahme in einer zweiten Bildungsphase. Das entspricht einer Teilnahmequote an formaler wissenschaftlicher Weiterbildung von einem Prozent. Durch die Kombination mit weiteren Merkmalen kann die Plausibilität der subjektiv durch die Befragten vorgenommenen Zuordnung geprüft werden. In der Regel sind Befragte, die eine zweite Bildungsphase berichten, älter, bereits beruflich qualifiziert und erwerbserfahrener als Befragte in der ersten Bildungsphase. Ein Anteil deutlich jüngerer Teilnehmer/innen (siehe auch Kamm et al. 2016) ohne berufliche Qualifikationen (vgl. Tab. 3) und vorherige Erwerbtätigkeit vor der zweiten Bildungsphase mahnt jedoch dazu, die Validität dieser subjektiven Zuordnung weiter zu prüfen. Aufgrund der geringen Fallzahlen – hinter der Teilnahmequote von einem Prozent stehen 81 Fälle – ist die hierfür notwendige Kombination von mehreren Merkmalen stark eingeschränkt. Zur Teilnahme an non-formaler Bildung wird für maximal zwei genannte Aktivitäten erfragt, ob der Anbieter eine „eine Universität, Hochschule oder Fernuniversität bzw. ein an eine Hochschule angegliedertes Institut oder angegliederte Organisation oder eine andere wissenschaftliche Einrichtung“ ist. Diese Antwortoption erweitert den Anbieterkreis wissenschaftlicher Weiterbildung über Hochschulen hinaus und ist geeignet, die Pluralität der Institutionalisierung und Organisation des Weiterbildungsangebotes an Hochschulen (Dollhausen et al. 2013) einzufangen. Insgesamt 4 % aller non-formalen Weiterbildungsaktivitäten werden diesem Anbietertyp zugeordnet (221 Aktivitäten, darunter 32 Mehrfachteilnahmen), woraus sich eine Teilnahmequote an non-formaler wissenschaftlicher Weiterbildung von 2 % (198 Fälle) ergibt. Welche Teilnahme- und Angebotsstrukturen stehen hinter diesen Quoten? In Tab. 3 werden die beruflichen Qualifikationen der Teilnehmer/innen entlang der beiden Formen wissenschaftlicher Weiterbildung und anderer non-formaler Weiterbildung gegenübergestellt. Deutlich wird sowohl bei der formalen als auch der non-formalen wissenschaftlichen Weiterbildung der hohe Anteil von Personen ohne

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S. Widany et al.

Tab. 3 Beruflicher Abschluss der Teilnehmer/innen an formaler und non-formaler wissenschaftlicher Weiterbildung und anderer non-formaler Weiterbildung

Beruflicher Abschluss Basis ungewichtet keine Berufsausbildung Lehre/ Berufsfachschule Meister/Fachschule (Fach-) Hochschulabschluss Gesamt

formale wissenschaftliche WB (Personen, deren Teilnahme zum Zeitpunkt der Befragung noch andauerte) (%) n = 66 (25)

non-formale wissenschaftliche WB (%) n = 189 22

andere non-formale Weiterbildung (%) n = 3218 15

(38)

13

45

(16) (21)

6 58

15 25

100

100

100

Anmerkungen: Datengrundlage: AES 2016, gewichtet; Basis: Teilnehmende an Weiterbildung (ungewichtete Fallzahl, N = 3407), Abweichungen vom Gesamtergebnis durch Rundungseffekte. In Klammern ausgewiesene Ergebnissen basieren auf einer ungewichteten Fallzahl unter n = 80 und sind aufgrund des hohen Zufallsfehlers nicht belastbar

Berufsausbildung. Möglicherweise handelt es sich um Studierende, die subjektiv Teile ihres Studiums als Weiterbildung einordnen. Personen mit Hochschulabschluss sind zwar traditionelle Adressaten non-formaler wissenschaftlicher Weiterbildung, machen jedoch nur 58 % der Teilnehmer/innen aus. Während der Anteil der beruflich Qualifizierten (Lehre/Berufsfachschule und Meister/Fachschule) in der formalen wissenschaftlichen Weiterbildung bei 54 % liegt, sind es in der non-formalen wissenschaftlichen Weiterbildung lediglich knapp 20 %. Im Fragenprogramm des AES 2016 wurde erstmals auch die Frage gestellt, ob die non-formale Weiterbildungsaktivität Teil eines modularisierten Bildungsangebotes ist. Dies ist bei 35 % der non-formalen Teilnahmen an wissenschaftlicher Weiterbildung der Fall. Zusätzlich wurde gefragt, ob es eine Teilnahme an weiteren Modulen aus diesem Angebot gab, gibt oder ob sie geplant ist. Das ist lediglich bei 17 % der Teilnahmen an modularisierten Angeboten nicht der Fall. Dieser Befund verweist darauf, dass die Abgrenzung zwischen formaler und non-formaler (Weiter-)Bildung, wie sie durch die Abschlussorientierung der CLA abgebildet wird, fließend ist. Durch die Vergabe von ECTS-Punkten oder andere Formen der Anerkennung von informell bzw. non-formal erworbenen Kompetenzen können auch Lernaktivitäten außerhalb des formalen Bereichs durchaus mit der Absicht unternommen werden, (langfristig) durch Kumulation von Lernaktivitäten einen Abschluss zu erwerben. Auf der anderen Seite gibt es auch in der Stichprobe der 65–69-Jährigen Teilnahmen an formaler wissenschaftlicher Weiterbildung. In diesem Alter steht höchstwahrscheinlich nicht der (berufsorientierte) Erwerb eines Abschlusses hinter der Teilnahmeabsicht, sondern Motive der kulturellen Freizeitgestaltung und Persönlichkeitsentwicklung. In der Gegenüberstellung von Merkmalen der Teilnahmen an formaler und non-formaler wissenschaftlicher Weiterbildung (Tab. 4) werden Zugänge, Gründe der Teilnahme und die Teilnahmevoraussetzungen abgebildet. Hier zeigt sich, dass

Monitoring wissenschaftlicher Weiterbildung: Status quo und Perspektiven

249

Tab. 4 Teilnahmegründe und Teilnahmevoraussetzungen formaler und non-formaler wissenschaftlicher Weiterbildung

Gründe für die Teilnahme? Basis ungewichtet beruflich privat keine Angabe Gesamt Teilnahmevoraussetzungen (Mehrfachnennungen möglich) Basis ungewichtet bestimmter Bildungsnachweis Zugehörigkeit zu bestimmter Berufsgruppe Nachweis von Berufserfahrung Eingangstest/ Aufnahmeprüfung keine Voraussetzungen

formale wissenschaftliche WB (Personen, deren Teilnahme zum Zeitpunkt der Befragung noch andauerte) (%) n = 81 73 23 4 100

non-formale wissenschaftliche WB (%) n = 221 70 29 0 100

n = 81 88

n = 221 26

11

24

23

11

14

4

4

46

Anmerkungen: Datengrundlage: AES 2016, gewichtet; Basis: Teilnahmen an wissenschaftlicher Weiterbildung (ungewichtete Fallzahl, N = 302), Abweichungen vom Gesamtergebnis durch Rundungseffekte

ein Hochschulstudium in einer zweiten Bildungsphase immerhin für 23 % der Studierenden mit privaten Gründen verbunden ist. Auch bei der Teilnahme an non-formaler wissenschaftlicher Weiterbildung stehen für ein knappes Drittel (29 %) private Interessen im Vordergrund. Rund die Hälfte (46 %) der Teilnahmen im non-formalen Bereich sind nicht an formale Voraussetzungen gebunden. Allerdings wird durch die Häufigkeit der Nennungen ‚Zugehörigkeit zu einer bestimmten Berufsgruppe‘ und ‚Nachweis von Berufserfahrung‘ in beiden Angebotstypen deutlich, dass die zu einem großen Teil beruflich motivierten Teilnahmen auch auf eine nicht unbeträchtliche berufsfachliche Orientierung in den Angebotsstrukturen treffen. Berücksichtigt man die Teilnahme an formaler und non-formaler Weiterbildung nach der hier zugrunde gelegten empirischen Definition, ergibt sich eine Gesamtteilnahmequote von drei Prozent. Auch wenn der AES unter den aktuellen Personenerhebungen sicherlich das differenzierteste Fragenprogramm zur Erhebung wissenschaftlicher Weiterbildung aufweist, kann dieses Potenzial aufgrund der begrenzten Fallzahlen nicht ausgeschöpft werden. So kann auf dieser Basis zwar eine – relativ ernüchternde – Gesamtteilnahmequote von drei Prozent ermittelt werden. Diese Quote enthält aber durchaus eine wesentliche Information zur Position der Hoch-

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S. Widany et al.

schulen auf dem Weiterbildungsmarkt und kann als einer von vielen Bausteinen in ein Monitoring wissenschaftlicher Weiterbildung eingehen.

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Bausteine für ein Monitoring wissenschaftlicher Weiterbildung

Ein Monitoringsystem, das ein Gesamtbild wissenschaftlicher Weiterbildung in Deutschland zeichnen will, müsste nach den bisherigen Ausführungen folgende Bausteine umfassen: Es müsste – erstens – auf den vorhandenen Datenbeständen aufbauen und diese als eine Art sekundäranalytische Komponente systematisch einbeziehen. Und es müsste – zweitens – die vorhandenen Datenlücken und -defizite mit einem eigenen Erhebungsverfahren auszugleichen versuchen. Und drittens müssten die vorhandenen statistischen Informationen, die sich – wie dargestellt – durch eine hohe methodische, operationale Heterogenität auszeichnen, zusammen mit den selbst zu erhebenden Daten zu einem konsistenten – besser: so konsistent wie möglich – Indikatoren- und Messkonzept zusammengefügt werden. In einem ersten Schritt müsste dazu vereinbart werden, welche Fragestellungen mit einem solchen Monitoringsystem bearbeitet bzw. beantwortet werden sollen und wie diese messtheoretisch in Indikatoren „übersetzt“ und operational mit vorhandenen oder noch zu erhebenden Daten verknüpft werden können. Diese Frage, welche Indikatoren und Kennzahlen in einer statistischen Erhebung zu berücksichtigen wären, müsste gemeinsam mit den Vertreter/innen/n der Weiterbildungspraxis an den Hochschulen und der (Weiter-)Bildungsforschung eruiert werden, insbesondere in welcher „Tiefe“ bzw. mit welcher Differenzierung eine statistische Erhebung sinnvoll erfolgen kann. Damit soll sichergestellt werden, dass ein solches Monitoring sowohl den Bedarfen und Anforderungen der (Weiter-)Bildungsforschung wie den Bedarfen der Weiterbildungsakteure an den Hochschulen gerecht wird. Ohne an dieser Stelle ein detailliertes Indikatorenkonzept zu entwerfen, müsste sich ein Monitoring wissenschaftlicher Weiterbildung auf folgende Bereiche erstrecken: • Makroebene wissenschaftlicher Weiterbildung, u. a. – Weiterbildungsangebot/-markt für Hochschulabsolvent/inn/en – Weiterbildungsnachfrage/-beteiligung von Hochschulabsolvent/inn/en, Weiterbildungsbedarfe (Beschäftigungssystem, nachberufliche Bildung usw.) – Trägerstrukturen und Qualifizierungssegmente des Weiterbildungsmarktes – Finanzierungsstrukturen – Landesspezifische bzw. regionale Rahmenbedingungen, bspw. Hochschulgesetze – Quantitativer Anteil und Angebotsschwerpunkte der Hochschulen • Institutionelle Mesoebene der Hochschule, u. a. – Angebotsstrukturen: Studiengänge, Programme, kurzfristige Angebote und jeweilige Zielgruppen und Formate

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– Kooperationen mit anderen Organisationen (Weiterbildungseinrichtungen, Unternehmen usw.) – Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten für Weiterbildung in den Hochschulen (Governance wissenschaftlicher Weiterbildung) – Organisation, Personal, Finanzierung, Marketing • Mikroebene individueller Teilnahme und sozialer Beteiligungsstrukturen, u. a. – Teilnehmer/innen und ihre Zusammensetzung nach sozio-demographischen Merkmalen und Qualifikationen, bisherige Bildungs- und Berufswege – Teilnehmer/innenzusammensetzung nach Zielgruppen (u. a. Hochschulabsolvent/inn/en, nicht-traditionelle Studierende, Gasthörer/innen, Seniorenstudierende usw.) – Teilnahmemotive und Ertragserwartungen – Informations- und Rekrutierungswege, Beratungsbedarfe – Individuelle Finanzierung Es zeichnet sich – wie oben bereits angedeutet – ab, dass eine solche Weiterbildungsstatistik auf zwei Datenquellen aufbauen müsste (Dollhausen et al. 2018): Ein Teil dieser Daten ist sekundäranalytisch durch kontinuierliche und systematische Auswertung bestehender Erhebungen zu gewinnen. Ein Teil wird – angesichts der hierbei bleibenden Datenlücken und Erhebungsunschärfen – erst durch Entwicklung und Implementierung eines eigenen Erhebungsverfahrens gewonnen werden können. Von den vorhandenen Datenbeständen dürften insbesondere die amtliche Studentenstatistik (einschließlich der Gasthörerstatistik), Absolventenstudien und der AES relevante statistische Informationen zur Verfügung stellen, vor allem zur Makroebene wissenschaftlicher Weiterbildung. Dagegen dürften die Meso- und Mikroebene im Wesentlichen den Eigenerhebungsbedarf bilden, obgleich auch hier bestimmte Daten aus vorhandenen Erhebungen zu erschließen sind (z. B. zur Zusammensetzung).1 Die Integration heterogener Datenbestände aus unterschiedlichen Erhebungen wirft die Frage auf, wie solche Datenbestände aufeinander bezogen werden können. Bezüge zwischen verschiedenen Datengrundlagen lassen sich über den gemeinsamen Bezug auf Systematiken und Klassifikationen herstellen. Sie erleichtern den Vergleich von Verteilungen bestimmter Merkmale, indem sie nach etablierten Regeln empirische Ausprägungen erfassen und Klassen zuordnen. Von besonderer Bedeutung ist neben einer vergleichbaren intranationalen Erfassung auch der internationale Vergleich. Die International Standard Classification of Education (ISCED 2011; UNESCO 2013) ermöglicht den Vergleich zwischen unterschiedlichen nationalen Bildungssystemen hinsichtlich des abschlussbezogenen Qualifikationserwerbs in Bildungsprogrammen durch Zuordnung zu standardisierten Bildungsstufen (zur nicht unproblematischen Anwendung siehe Bohlinger 2012; Ortmanns und Schneider 2016). Für das Monitoring wissenschaftliche Weiterbildung sind für die Teilnahme an formaler Bildung vorrangig die Niveaustufen Bachelor (6), Master (7) und Promotion (8) relevant, wobei die ISCED selbst nicht zwischen grundständigen und

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Zur Realisierung eines solchen Vorhabens siehe den letzten Abschnitt des vorliegenden Beitrags.

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weiterbildenden Bildungsteilnahmen differenziert. Diese Zuordnung muss durch die in den Erhebungen weiter verfügbaren Informationen (siehe oben) vorgenommen werden. Mit den Fields of Education and Training (ISCED-F 2013; UNESCO 2015) bietet die ISCED auch eine Systematik zu Fachrichtungen. Diese ist kompatibel zur Fächersystematik der Studenten- und Gasthörerstatistik und lässt sich nicht nur auf Bildungsprogramme im formalen Bildungssystem, sondern auch auf Angebote im Weiterbildungsbereich bis hin zu Feldern des informellen Lernens anwenden. Neben der internationalen Vergleichbarkeit von Forschungsbefunden oder statistischen Kennzahlen des Bildungsmonitorings können somit auch unterschiedlich formalisierte Bildungsbereiche wie das Studienangebot an Hochschulen und die Weiterbildung zueinander in Bezug gesetzt werden. Der Grad der Formalisierung von Lernaktivitäten kann durch die Classification of Learning Activities (CLA, Eurostat 2016) beschrieben werden. Die CLA ist eine im europäischen Kontext entwickelte und mit der ISCED kompatible Systematik, die Lernaktivitäten der seit den 1990er-Jahren üblichen Differenzierung folgend (Dohmen 1996, 2001) in formal, non-formal und informell unterteilt. Kriterien für die Zuordnung sind zunächst der Erwerb eines anerkannten Abschlusses (formal education, FED), was allen weiterbildenden Studiengängen entspricht. Aber auch die Teilnahme an grundständigen Studienangeboten kann der wissenschaftlichen Weiterbildung zugerechnet werden, wenn bspw. das Studium nach einer Erstausbildung und Erwerbstätigkeit aufgenommen wird (vgl. Abschn. 4 und 5). Alle Lernaktivitäten, die nicht zu einem anerkannten Abschluss führen, aber in einem institutionellen Kontext organisiert sind, werden als non-formal bezeichnet (non-formal education, NFE). Hierunter fallen die nicht-abschlussbezogenen wissenschaftlichen Weiterbildungsaktivitäten an Hochschulen (und anderen Einrichtungen). Nicht-organisiertes Lernen (informal learning, INF) kann zwar einen wissenschaftlichen Charakter haben, fällt jedoch aus dem Fokus der vorrangig institutionell orientierten Definitionen wissenschaftlicher Weiterbildung heraus (vgl. Abschn. 5). Des Weiteren können mit Hilfe der CLA und der ISCED als gemeinsamem Referenzsystem Daten aus Personenbefragungen und Daten aus angebotsbezogenen Statistiken in Bezug gesetzt werden, indem bspw. für ein bestimmtes Fachgebiet die Teilnahme- und Angebotsstrukturen im formalen und non-formalen Bereich in Relation zueinander gesetzt werden. Mit der International Standard Classification of Occupations (ISCO-08, ILO 2012) und der mit Einschränkungen kompatiblen nationalen Klassifikation der Berufe (KldB 2010; Bundesagentur für Arbeit 2011) kann die Bildungsbeteiligung (akademischer) Berufsgruppen über verschiedene Erhebungen hinweg vergleichbar beschrieben und analysiert werden.

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Monitoring wissenschaftlicher Weiterbildung: Begriffliche und konzeptionelle Eingrenzung

Die erste, wichtigste und zugleich schwierigste Aufgabe, die ein solches Vorhaben zu bearbeiten hat, besteht darin, ein für statistische Zwecke geeignetes Verständnis wissenschaftlicher Weiterbildung, einen Begriffsrahmen zur einheitlichen Erfassung

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der verschiedenen unter diesen Begriff subsumierten Angebote oder Leistungen von Hochschulen zu entwerfen (zur Begriffsgeschichte Wolter und Schäfer 2018, i.d.B.). Dafür ist es erforderlich, eine Verständigung darüber zu erzielen, welche Aktivitäten als wissenschaftliche Weiterbildung gelten und potenziell in eine bereichsspezifische Statistik einbezogen werden sollen (bzw. können). Angesichts der Vieldeutigkeit des Konzeptes „wissenschaftliche Weiterbildung“ ist eine solche Begriffsbestimmung für die operativen Erhebungen eine zentrale Aufgabe. Sowohl in der bildungspolitischen als auch in der wissenschaftlichen Diskussion finden sich zahlreiche Definitionen, etwa die viel zitierte Definition der Kultusministerkonferenz (aus dem Jahr 2001), eng an den Weiterbildungsbegriff des Deutschen Bildungsrates angelehnt, oder die durchaus elaborierte Definition der Wirtschaftsverbände (ausführlich zitiert in Dollhausen et al. 2018, S. 48–49). Wissenschaftliche Weiterbildung wird hier als eine Art Oberbegriff für alle Hochschulangebote angesehen, welche eine „Fortsetzung oder Wiederaufnahme organisierten Lernens“ auf Hochschulniveau darstellen. Beide Definitionen lassen erkennen, dass das Verständnis wissenschaftlicher Weiterbildung zwar nicht exklusiv, aber doch vorrangig auf dem Modell postgradualer Studienangebote mit dem Ziel der beruflichen Fortbildung beruht. Fast alle Begriffsbestimmungen machen aber durch sprachliche Einschränkungen (zumeist: „in der Regel“) deutlich, daneben auch andere Formate als weiterbildend einzubeziehen. Von daher sind viele Definitionen durch zwei Schwächen gekennzeichnet: sie weisen bestimmte Engführungen auf oder sind zu unbestimmt, um statistisch operationalisiert zu werden. Im Unterschied zu den englischen Bezeichnungen „continuing higher education“ oder „university continuing education“ hebt der deutsche Begriff der wissenschaftlichen Weiterbildung nicht auf eine Institution, sondern auf einen fachlichen und methodischen Geltungsanspruch ab. Die mit dem Attribut „wissenschaftlich“ verbundene Akzentsetzung hat zur Folge, dass neben den Hochschulen auch andere Einrichtungen wissenschaftliche Weiterbildung anbieten können, so z. B. außeruniversitäre Forschungsinstitute (Max-Planck-, Leibniz- oder Fraunhofer-Institute), auch Unternehmen oder außeruniversitäre Bildungseinrichtungen. Das Angebot an wissenschaftlicher Weiterbildung wird auf dem Weiterbildungsmarkt durch ein breites Spektrum von Anbietern und Trägern abgedeckt. Diese Vielfalt ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass Weiterbildung für Hochschulabsolvent/inn/en ein attraktiver Wachstumsmarkt ist und die Angebote in der Regel nach berufsfachlichen Strukturen (für Ärzt/innen/e, Ingenieur/innen/e, Lehrer/innen, Jurist/innen/en usw.) segmentiert sind. Für die Zurechnung zur wissenschaftlichen Weiterbildung wären dann drei Kriterien ausschlaggebend, (1) das fachliche Niveau der Weiterbildung, das wissenschaftlichen Anforderungen genügen muss, (2) die (wissenschafts-)didaktische Gestaltung der Maßnahmen und (3) die wissenschaftliche Qualifikation der Lehrenden. Im Zentrum steht also ein bestimmter Wissenstyp, der durch seinen Forschungsbezug als wissenschaftlich ausgewiesen ist und dessen Vermittlung in wissenschaftsdidaktisch geeigneter Form erfolgt. Die Operationalisierung der ersten beiden Kriterien für die Messung in Organisations- und Personenbefragungen ist außerordentlich anspruchsvoll (Kuper et al. 2016, S. 80). Für die Entwicklung und den Aufbau eines Monitoringsystems empfiehlt es sich daher, sich in einem ersten

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Schritt institutionell auf Hochschulen zu konzentrieren und den Erhebungshorizont ggf. erst in einem zweiten Schritt um weitere Einrichtungen des Wissenschaftssystems, primär außerhochschulische Forschungseinrichtungen, zu erweitern (siehe Abschn. 6). Die Fokussierung auf „wissenschaftlich“ bedeutet aber zugleich, dass mit diesem Attribut nicht nur berufsbezogene Angebote, sondern ebenso nicht-berufliche, herkömmlich als „allgemeinbildend“ etikettierte Angebote einzubeziehen sind. Wissenschaftliche Weiterbildung wäre dann unter institutionellen Aspekten weiterhin abzugrenzen von anderen Weiterbildungsangeboten von Hochschulen, die eher Teil der Personal- und Organisationsentwicklung sind. An Hochschulen findet sich auch ein umfangreiches Spektrum an internen Weiterbildungsangeboten für das eigene Personal, das jedoch ganz überwiegend nicht unter den Begriff der wissenschaftlichen Weiterbildung fällt, auch wenn es an manchen Hochschulen von den für wissenschaftliche Weiterbildung zuständigen Einrichtungen mit organisiert wird. Dabei können sich Grenzfälle ergeben, zum Beispiel Angebote zur hochschuldidaktischen Qualifizierung des Lehrkörpers, zum Projektmanagement oder zu erfolgreichen Strategien der Drittmitteleinwerbung. Solche Angebote sind sowohl Teil der Personal- und Organisationsentwicklung als auch Teil wissenschaftlicher Weiterbildung (Kamm et al. 2016). Neben dieser eher institutions- und wissenstheoretischen Eingrenzung wäre die zweite Begriffskomponente, die der Weiterbildung, genauer zu klären. In der historischen Entwicklung wissenschaftlicher Weiterbildung dominierte eine Semantik, die als wissenschaftliche Weiterbildung primär solche Angebote bezeichnete, die sich an Berufstätige mit einem ersten beruflichen Abschluss, „in der Regel“ einem Hochschulabschluss, zum Zwecke ihrer beruflichen Weiterqualifizierung richtete. Solche Angebote waren aber trotz ihrer Fokussierung auf diese Zielgruppe zumeist offen für solche Teilnehmer/innen, die keinen Hochschulabschluss nachweisen konnten, aber von ihren individuellen Voraussetzungen her für eine Teilnahme qualifiziert waren. Insofern war für wissenschaftliche Weiterbildung schon immer ein Verständnis von Hochschule (bzw. Weiterbildung an Hochschulen) als offener Lernraum prägend. Mit dieser begrifflichen Öffnung geht eine substanzielle Bedeutungserweiterung einher, nämlich von einem eher eng gefassten, an der Studiengangs-(bzw. Angebots-) systematik orientierten zu einem breiten, lebenslauftheoretisch basierten Verständnis wissenschaftlicher Weiterbildung. Unter Gesichtspunkten der Studiengangsarchitektur gelten solche Studienangebote als weiterbildend, die auf einem ersten Studienabschluss aufbauen und „in der Regel“ berufliche Erfahrungen voraussetzen. Allerdings war schon in der Vergangenheit diese Ausrichtung auf die Zielgruppe der Hochschulabsolvent/inn/en nicht exklusiv, eine begrenzte Offenheit für andere Personen mit einschlägigen Voraussetzungen war meist gegeben. Eine Erstausbildung an der Hochschule galt traditionell jedoch nicht als ein weiterbildendes Angebot. In den letzten Jahren sind die Grenzen zwischen akademischem Erststudium und wissenschaftlicher Weiterbildung jedoch fließender geworden, indem Weiterbildung jetzt nicht mehr von der Studiengangssystematik, sondern von der bisherigen Bildungs- und Berufsbiografie her definiert wird. Danach durchläuft ein/e Berufstätige/r mit einem Ausbildungs-

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abschluss, der/die in einem fachlich affinen Studiengang studiert,2 an der Hochschule, biografisch gesehen, eine Weiterbildung. Vor diesem Hintergrund sollten für die statistische Erfassung wissenschaftlicher Weiterbildung an Hochschulen mehrere methodische Aspekte maßgeblich sein. Erstens sollte von einer weiten Definition von Weiterbildung ausgegangen werden, um ein möglichst breites Spektrum an Aktivitäten von Hochschulen zu erfassen. Das würde weiterbildende Studiengänge (degree programs) ebenso wie andere Formate einschließen, die nicht als Studiengänge (non-degree programs) organisiert sind. Zweitens wären sowohl Studienformate in der akademischen Erstausbildung wie solche im postgradualen Bereich und ihre – vielfältigen – Zielgruppen zu berücksichtigen. Drittens wären Studienangebote einzubeziehen, die sowohl beruflichen Fortbildungsmotiven als auch nicht-berufsbezogenen Motiven dienen. Viertens ist ein Wissenschaftsbezug erforderlich, so dass nicht wissenschaftsbezogene Angebote an Hochschulen nicht in das Erhebungsfeld fielen. Eine genaue Bestimmung der in ein Monitoring wissenschaftlicher Weiterbildung einzubeziehende Zielgruppen und Angebotsformate wäre im Rahmen des geplanten Entwicklungsvorhabens (siehe dazu den letzten Abschnitt) noch auszuarbeiten. In einer ersten Annäherung wäre an folgende Formate zu denken: • als weiterbildend ausgewiesene abschlussorientierte Studiengänge (Bachelor, Master), • berufsbegleitende Studiengänge, • Zertifikatsprogramme und Weiterbildungsmodule, • kurzfristige Angebote wie Abend- oder Wochenendveranstaltungen, • zielgruppenspezifische Programme wie nachberufliche Angebote (sog. Seniorenstudien), • allgemeinbildende Programme für eine außerhochschulische Öffentlichkeit (z. B. Bürgeruniversitäten), oft auch als PUSH-Programme bezeichnet (public understanding of sciences and humanities), • traditionelle Formen extra-muraler Angebote, die über die Hochschule vermittelt werden (z. B. in Kooperation mit Volkshochschulen oder der Bildungseinrichtung Arbeit und Leben), • Programme zur Studienvorbereitung nicht-traditioneller Studierender oder anderer Gruppen, • kooperative Angebote (z. B. sog. In-house Angebote für Unternehmen, die auf Vereinbarungen mit der Hochschule beruhen), • flexible Lernformate mit Weiterbildungsfunktion (Fernstudienangebote, MOOCs, andere digitale Angebote).

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Die Zurechnung zur wissenschaftlichen Weiterbildung gilt aber durchaus auch für beruflich qualifizierte Studierende, die nicht in einem beruflich affinen Studiengang studieren. Auch sie können beruflich erworbene Kompetenzen im Studium nutzen.

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Macht bereits diese Vielfalt die methodischen Schwierigkeiten einer genauen Erfassung weiterbildender Programme und ihrer Abgrenzung zu nicht-weiterbildenden Angeboten deutlich, so sind noch drei Grenzfälle zu berücksichtigen. Erstens gilt es das institutionelle Engagement von Hochschulen und das individuelle Engagement von Hochschulangehörigen in der Weiterbildung zu unterscheiden. Die hier genannten Formate beziehen sich auf weiterbildende Aktivitäten im institutionellen Raum der Hochschule (oder auf Vereinbarungen mit einer Hochschule beruhend). Daneben können sich Hochschullehrer/innen auch individuell, auf privatrechtlicher Grundlage in der Weiterbildung engagieren. Verschiedentlich ist die Hypothese geäußert worden, dieses individuelle Engagement sei vom Volumen her höher als das institutionelle. Dennoch sollte ein solches individuelles Engagement nicht Gegenstand eines Monitoring sein, da hier die Hochschule als Institution nicht beteiligt ist. Zweitens können Hochschulen ihr Weiterbildungsangebot institutionell ausgliedern – in welche(r) Rechtsform auch immer. Neben Ausgründungen mit einem Rechtsstatus als wissenschaftliche Einrichtung kann gegenwärtig häufiger beobachtet werden, dass Hochschulen sich sogenannter Franchiseverfahren bedienen, indem sie Studienangebote in private nicht-tertiäre Bildungseinrichtungen auslagern (Wissenschaftsrat 2017). Drittens treten überhaupt private Hochschulen als besonders rege Anbieter weiterbildender Studienangebote auf, insbesondere von berufsbegleitenden und Fernstudienangeboten. Private Hochschulen zeigen aber eine ausgeprägte Zurückhaltung bei umfragebasierten Erhebungen außerhalb des Geltungsbereichs des Hochschulstatistikgesetzes.

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Schlussbemerkungen und Ausblick

Aufgrund der gegenwärtig deutlich eingeschränkten Datenbasis für ein Monitoring wissenschaftlicher Weiterbildung und der verpassten Chance, bei der Reform der Hochschulstatistik weiterbildungsbezogene Angebote von Hochschulen zu berücksichtigen, bleibt als Lösung, eine Statistik in freiwilliger Selbstorganisation von Anbietern wissenschaftlicher Weiterbildung (an Hochschulen) aufzubauen. Zur Implementation eines solchen Vorhabens sollten die Verbandsstrukturen der Deutschen Gesellschaft für wissenschaftliche Weiterbildung und Fernstudium (DGWF) genutzt werden, in der nahezu alle weiterbildungsaktiven Hochschulen organisiert sind. Eine solche Erhebung könnte in drei Schritten aufgebaut werden: in einem ersten Schritt über die Mitgliedshochschulen der DGWF, die bereits die ganz große Mehrzahl der weiterbildungsaktiven Einrichtungen abbilden. In einem zweiten Schritt könnte der Kreis der einbezogenen Hochschulen um weitere Hochschulen erweitert werden. Und drittens könnten langfristig die relevanten nicht-hochschulischen wissenschaftlichen Einrichtungen und Organisationen (z. B. Max-Planck, Fraunhofer, Leibniz) einbezogen werden. Dabei wäre im Auge zu behalten, dass es sich für die Hochschulen und die nicht-hochschulischen Einrichtungen um Zusatzarbeit handelt, die sie im Interesse ihrer Mitwirkung nicht überfordern darf. Und es muss deutlich werden, welchen „Mehrwert“ die beteiligten Einrichtungen durch eine Rückmeldung der Ergebnisse aus einer solchen Statistik ziehen können.

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Gelingensbedingung eines solchen Vorhabens wäre also erstens, dass auf Einrichtungsebene Aufwand und Ertrag im Verhältnis stehen müssen und für die Hochschulen ein „Nutzen“ erkennbar ist, z. B. durch „Sichtbarmachen“ und Legitimation ihrer Leistungen in der Weiterbildung. Zweitens müssen die Analysepotenziale für die empirische Bildungsforschung mit Blick auf Bildungsmonitoring und datenbasierte Forschungsvorhaben zu Fragen der wissenschaftlichen Weiterbildung geklärt und kommuniziert werden. Von daher darf ein solches Vorhaben nicht nur – legitimen – Verbandsinteressen dienen, sondern muss relevante wissenschaftliche Erträge für die Hochschul- und Weiterbildungsforschung „abwerfen“. Denn es ist davon auszugehen, dass die wissenschaftliche Weiterbildung aufgrund der anhaltenden Bildungsexpansion – inzwischen halten sich unter den postschulischen Qualifizierungssektoren die Hochschule und die duale Berufsausbildung die Waage – einer der zukünftig „expansivsten“ Sektoren des Weiterbildungssystems in Deutschland wird, der damit auch in das Zentrum der Weiterbildungsforschung rückt.

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Monitoring wissenschaftlicher Weiterbildung: Status quo und Perspektiven

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Teil IV Angebote und Bedarfe

Angebotsformen und Formate wissenschaftlicher Weiterbildung Bernhard Christmann

Inhalt 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Angebotsformen und Formate: Begriffliche Klärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Formate im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Rahmenbedingungen für die Gestaltung von Formaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Formate im Wandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Fazit: Den Wandel gestalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Zusammenfassung

Angebotsformen und Formate wissenschaftlicher Weiterbildung sind traditionell nur in geringem Maße standardisiert, es mangelt hierzu an Regelungen in den Hochschulgesetzen. In dem Beitrag werden die Entwicklung und Vielfalt der Formate in ihrer Differenziertheit dargestellt und ihr jeweiliger Einsatz in der Praxis vor dem Hintergrund bildungspolitischer Debatten und gesellschaftlicher Inanspruchnahme erläutert. Mögliche Entwicklungspfade einer stärkeren Standardisierung der Formate bei gleichzeitig notwendig erscheinender Flexibilisierung der Studienstrukturen werden aufgezeigt. Schlüsselwörter

Angebotsformen · Formate · Modularisierung · Weiterbildendes Studium · Weiterbildender Masterstudiengang

B. Christmann (*) Ruhr-Universität Bochum, Bochum, Deutschland E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 W. Jütte, M. Rohs (Hrsg.), Handbuch Wissenschaftliche Weiterbildung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-17643-3_13

263

264

1

B. Christmann

Einleitung

Die Frage nach geeigneten Angebotsformen und Formaten begleitet die wissenschaftliche Weiterbildung seit Mitte der 1970er-Jahre durch alle Phasen der bildungspolitischen Debatte, der konzeptionellen Entwicklung und der praktischen Umsetzung in Angebote. Allerdings wurde sie in formaler Hinsicht gegenüber der Orientierung an den Zielgruppen und deren Weiterbildungsbedarfe sowie der darauf aufbauenden Gestaltung der Angebote eher nachrangig behandelt. Im Unterschied zu den grundständigen Studienangeboten sind die Angebotsformen der wissenschaftlichen Weiterbildung traditionell vielfältig und heterogen und nur in geringem Maße formalisiert. Eine Ursache für diese Ausrichtung liegt in der ungeklärten formalen Zuständigkeit für diese Angebote innerhalb der Hochschulen. Während es für das abschlussbezogene Studium „eine eindeutige Verortung gibt, fehlt diese für die nicht abschlussbezogene Weiterbildung fast durchgängig. BA-, konsekutive und weiterbildende MA-Studiengänge sind Sache der Fakultäten und Fachbereiche“ (Vogt 2012, S. 168). Die Zuständigkeit für Angebote wissenschaftlicher Weiterbildung liegt in den überwiegenden Fällen bei speziell hierfür gegründeten Einrichtungen. Diese haben keine Zuständigkeiten für die formal verbindliche Regelung der Formate. Das von der KMK formulierte Erfordernis, „wissenschaftliche Weiterbildung mit der Hochschulausbildung inhaltlich zu verzahnen“, (KMK 2001, S. 3) ist kaum realisiert. So kann Weiterbildung „als ein organisationskultureller Fremdkörper bezeichnet werden, der [. . .] nicht zur disziplinär abgeleiteten Angebotsorientierung staatlich finanzierter grundständiger Studiengänge passt“ (Schemmann und Seitter 2014, S. 163). Die Einrichtungen für Weiterbildung verfügen somit über einen weiten Spielraum, „der ihnen die Erprobung fortschrittlicher Formate und Inhalte sowie die Ansprache nichttraditioneller Zielgruppen ermöglichte“ (Vogt 2012, S. 168). Die gegenwärtige Situation der wissenschaftlichen Weiterbildung ist daher immer noch gekennzeichnet durch eine uneinheitliche Terminologie und eine „bunte Vielfalt verschiedener Formate“ (Wolter 2016, S. 125). Von einheitlichen Standards kann noch nicht gesprochen werden. Eine Ausnahme bildet hier lediglich der weiterbildende Masterstudiengang.

2

Angebotsformen und Formate: Begriffliche Klärung

Der Begriff Format bezeichnet allgemein eine Vorgabe an Form, Größe oder Struktur einer Sache. Es geht vorrangig um zählbare Merkmale, die der eindeutigen Beschreibung dienen. Bezogen auf Studienangebote sind dies z. B. Anforderungen hinsichtlich der Größe über den Studienumfang und die Studiendauer, gemessen in Stundenaufwand (Workload) und dafür vergebene Leistungspunkte. Der Begriff Angebotsform geht über diese messbaren Kriterien hinaus und umfasst Merkmale, die eher beschreibend als quantifizierend sind:

Angebotsformen und Formate wissenschaftlicher Weiterbildung

265

• hinsichtlich der Form über die Merkmale Vollzeit- oder Teilzeitstudium, Präsenz-, Fern- oder blended learning-Studium, • hinsichtlich der inneren Struktur, z. B. Lehrgangsstruktur oder modularer Studienaufbau, • hinsichtlich der äußeren Zusammenhänge wie die Stellung des Studienangebots in einem übergeordneten System und die Anschlussfähigkeit des Studiums, • hinsichtlich der Einordnung in das Berechtigungssystem als abschlussbezogen und nicht abschlussbezogen sowie • hinsichtlich der Zugangsbedingungen und der zu erwerbenden Abschlüsse einschließlich der hierfür erforderlichen Leistungsnachweise (Bade-Becker 2008, S. 1; Fischer 2006, S. 104; DGWF 2010). In der Praxis der wissenschaftlichen Weiterbildung werden die beiden Begrifflichkeiten trotz der möglichen Unterscheidung synonym verwendet, wobei der Begriff Format sich in jüngerer Zeit zunehmend durchsetzt, sowohl in wissenschaftlichen Veröffentlichungen als auch in der Bildungspraxis. Für die weiteren Ausführungen sind Angebotsformen oder Formate zu sehen als das jeweils anforderungsbezogene Bündel an Merkmalen, die • Vergleichbarkeit und Bewertung und damit auch Qualitätssicherung ermöglichen, • Orientierung geben und Anleitung bei der Entwicklung, Ausgestaltung und Durchführung eines Studienangebotes seitens der Anbieter und • Transparenz vermitteln bezüglich Anforderungen und Nutzen seitens der Abnehmer. Im Folgenden wird zur leichteren Lesbarkeit ausschließlich der Begriff Formate verwendet.

3

Formate im Einzelnen

3.1

Differenzierung und Einsatz der Formate

In der Praxis der wissenschaftlichen Weiterbildung zeigt sich ein geringer Grad an Standardisierung. Die Ursachen für diese Situation sind vielfältig. In den Hochschulgesetzten der 16 Bundesländer, die die Angebote wissenschaftlicher Weiterbildung regeln, werden die jeweils möglichen Weiterbildungsformate nicht einheitlich benannt. Es finden sich, in der Reihenfolge der Häufigkeit der Nennung, die folgenden Begriffe: • weiterbildendes Studium (sowie ähnliche Bezeichnungen; mit und ohne Zertifikat), • weiterbildender Masterstudiengang, • Postgraduale Studiengänge (Zusatz-, Ergänzungs- und Aufbaustudien), • Kontaktstudium (mit und ohne Zertifikat),

266

B. Christmann

• sonstige Weiterbildungsangebote, • weiterbildender Bachelor-Studiengang. In der Praxis kommen weitere Formate vor. Wolter nennt, ohne Anspruch auf Vollständigkeit die Formate Abschlussorientierte Studiengänge, Zertifikatsprogramme, Weiterbildungsmodule, Weiterbildungsseminare, kurzfristigere Angebote, Allgemeinbildende Angebote, Traditionelle Formen extra-muraler Angebote (Seminarkurse), Kooperative Angebote (in-house) sowie Franchise-Modelle. (Wolter 2016, S. 25). Der Zugang gemäß den Hochschulgesetzen steht Bewerberinnen und Bewerbern mit abgeschlossenem Hochschulstudium und solchen Personen offen, die die für eine Teilnahme erforderliche Eignung im Beruf oder auf andere Weise erworben haben. Mehrheitlich findet sich die Regelung, dass ein solches Studium mit der Vergabe eines Zertifikates abschließt, ohne dass die hierfür erforderlichen Leistungsnachweise definiert sind. Häufig wird in den Gesetzen ausgeführt, dass die Voraussetzungen des Zugangs und das Verfahren der Zulassung sowie des Abschlusses und der Abschlussbezeichnung zum weiterbildenden Studium von den Hochschulen zu regeln sind. Auch wenn dies in steigendem Maße auf Hochschulebene erfolgt, so bleibt es doch bei diesen separaten Lösungen. Versuche einer übergreifenden Systematisierung sind bisher auf der Empfehlungsebene verblieben. Die Deutsche Gesellschaft für wissenschaftliche Weiterbildung und Fernstudium (DGWF) empfiehlt, dass auf „dem Weg der Modularisierung und der Eingliederung vorhandener Angebote in das ECTS“ vorangeschritten werden sollte, mit der Konsequenz der „Entwicklung von Standards für die Vergabe von Zertifikaten“ (DGWF 2005, S. 10). Es bleibt festzuhalten, dass die Bezeichnungen der Formate unterhalb des weiterbildenden Masters uneinheitlich und nur vage geregelt sind. Es mangelt insgesamt an den wesentlichen, oben genannten Merkmalen einer Standardisierung, die ein Format ausmachen: zeitlicher Umfang, Dauer in Semestern, Monaten oder Studienjahren, innere Organisation, äußere Zusammenhänge, die Anschlussfähigkeit zu anderen Angeboten, die Regelung von Zugang und Abschluss des Studiums, der erforderlichen Leistungsnachweise sowie der zu erwerbenden Leistungspunkte. Der mit dem Bologna-Prozess neu eingeführte weiterbildende Masterstudiengang ist abschlussbezogen und in Deutschland formal den anderen Masterstudiengängen gleichgestellt. Erstmals verfügt die wissenschaftliche Weiterbildung damit über ein Format, das mit einem Hochschulgrad abschließt. Die Regelungen in den Hochschulgesetzen folgen dem Beschluss der Kultusministerkonferenz: „Weiterbildende Masterstudiengänge setzen qualifizierte berufspraktische Erfahrung von in der Regel nicht unter einem Jahr voraus. Die Inhalte [. . .] sollen die beruflichen Erfahrungen berücksichtigen und an diese anknüpfen. [. . .] Weiterbildende Masterstudiengänge entsprechen in den Anforderungen [. . .] den konsekutiven Masterstudiengängen und führen zu dem gleichen Qualifikationsniveau und zu denselben Berechtigungen. Die Gleichwertigkeit der Anforderungen ist in der Akkreditierung festzustellen“ (KMK 2010, S. 5).

Angebotsformen und Formate wissenschaftlicher Weiterbildung

267

Voraussetzung für die Zulassung ist i. d. R. ein erster berufsqualifizierender Hochschulabschluss. Darüber hinaus kann in sechs Bundesländern bei der Zulassung zum weiterbildenden Masterstudium der erste berufsqualifizierende Studienabschlusses ersetzt werden durch eine Eignungsprüfung (Basedahl und Graeßner 2011, S. 40). Grundlage hierfür ist die Regelung in den Ländergemeinsamen Strukturvorgaben, „das in definierten Ausnahmenfällen [. . .] an die Stelle des berufsqualifizierenden Hochschulabschlusses eine Eignungsprüfung treten kann“ (KMK 2010). Auch hier sind die Regelungen in den Länderhochschulgesetzen allgemein gehalten. Mit der Konsequenz, „dass es weitgehend den Hochschulen überlassen bleibt, wie sie den Zugang beruflich qualifizierter Personen zum Masterstudium genau gestalten wollen“ (Basedahl und Graeßner 2011, S. 41). Weiterbildende bzw. berufsbegleitende Bachelorstudiengänge „die im Rahmen individueller Bildungsentscheidungen zwar als Weiterbildung genutzt werden, jedoch bildungs- bzw. ordnungspolitisch nicht zum Bereich der wissenschaftlichen Weiterbildung zählen“ (Bade-Becker und Walber 2016, S. 99), stehen zunehmend im Blickpunkt. Mit ihnen sollen insbesondere qualifizierte Berufstätige für ein Hochschulstudium gewonnen werden. In zwei Ländergesetzen finden sich entsprechende Regelungen. Die HRK spricht sich gegen die Einführung weiterbildender Bachelorstudiengänge aus, da sie „die staatliche Verantwortlichkeit zu Lasten privater Finanzierung reduzieren“ würden (HRK 2008, S. 3). Postgraduale Studiengänge sind früher übliche Formen wie Aufbau-, Zusatzund Ergänzungsstudium. Diese Formate werden im Hochschulkompass der HRK nicht mehr geführt. Lediglich drei Hochschulgesetze der Länder führen diese Studienformen noch auf, die mit der Einführung des weiterbildenden Masterstudiengangs ihre vormalige Bedeutung verloren haben.

3.2

Empirische Daten zum Einsatz von Formaten

Auf die Frage, welche Formate in welcher Ausprägung und Häufigkeit bei den Angeboten der Hochschulen zur Anwendung kommen, geben drei empirische Studien Auskunft. Im Rahmen der vom BMBF beauftragten „Internationalen Vergleichsstudie zur Struktur und Organisation der Weiterbildung an Hochschulen“ (Hanft und Knust 2007) erfolgte im Jahr 2006 eine umfassende Analyse der wissenschaftlichen Weiterbildung in Deutschland (Faulstich et al. 2007). Bei der Veranstaltungsform dominieren die Präsenzveranstaltungen: Knapp 90 Prozent werden ausschließlich in dieser Form durchgeführt. „Dies gilt insbesondere für kurzfristige Veranstaltungen (40 Std.) zu klassifizieren sind“ (Faulstich et al. 2007, S. 131, Hervorhebung im Original). Laut der HIS-Studie sind 74 Prozent der Zertifikatsangebote auf einen Zeitraum von unter einem Jahr angelegt; sieben Prozent dauern ein bis zwei Jahre und lediglich zwei Prozent länger als zwei Jahre. Die Dauer, über die sich die Kurse erstrecken, reicht von weniger als einer Woche bis zu mehr als zwei Jahren (Minks et al. 2011, S. 47). Die Masterstudiengänge haben zu 63 Prozent eine Laufzeit bis 2 Jahren und zu 25 Prozent zwischen 2 und 3 Jahren (Minks et al. 2011, S. 39).

Angebotsformen und Formate wissenschaftlicher Weiterbildung

269

Bei insgesamt 7029 untersuchten Angeboten der Länderstudie ergaben sich bei 39 Prozent Angaben zum zu erwerbenden Abschluss: Studiengänge mit dem Abschluss der Graduierung werden mit 21 Prozent genannt, Zertifikate können bei 44 Prozent der Angebote erzielt werden und bei 26 Prozent sind es Teilnahmebescheinigungen (Faulstich et al. 2007, S. 143). Bei insgesamt 1126 Angeboten wurden Angaben zu den Kreditpunktesystemen gemacht (16 %). Bei diesen Angeboten werden 391-mal Kreditpunkte vergeben, dies sind knapp 35 Prozent. Bei 65 Prozent wird ausdrücklich angegeben, dass keine Kreditpunkte vergeben werden (Faulstich et al. 2007, S. 142). Bei insgesamt 2719 untersuchten Zertifikatsangeboten (ohne Fernuniversität Hagen) und 691 berufsbegleitenden Masterstudiengängen der HIS-Studie ergeben sich 80 Prozent Abschlüsse mit einem Zertifikat und 20 Prozent mit einem Master (Minks et al. 2011, S. 47). Bei aller Vorsicht bezüglich der Vergleichbarkeit der Studien aufgrund des unterschiedlichen Erhebungsdesigns ergeben sich bei den hier untersuchten Angebotstypen bezogen auf die Merkmale Dauer, Zeitraum bzw. Laufzeiten, Zugangsvoraussetzungen und erzielbare Abschlüsse ähnliche Ergebnisse. Bezogen auf die Angebote unterhalb einer Graduierung kann festgehalten werden: 1. Sie stellen im Gesamtangebot das mit weitem Abstand größte Kontingent. 2. Die Angaben zu den Zugangsvoraussetzungen sind vielfältig und wenig formalisiert, berücksichtigen die gesetzlichen Vorgaben und häufig auch die berufliche Vorerfahrung und bieten damit eine relative Öffnung gegenüber Interessenten ohne Hochschulabschluss. 3. Ein großer Anteil der Angebote richtet sich jedoch vorrangig oder gar ausschließlich an Hochschulabsolventinnen und -absolventen; mit längerer Laufzeit der Angebote steigt dieser Anteil an. 4. Der überwiegende Teil der Angebote wird in Präsenzform durchgeführt, wobei die angewendeten Zeitformate sich an den zeitlich engen Rahmenbedingungen der Teilnehmenden orientieren. Auffallend ist die vergleichsweise geringe Nutzung des onlinebasierten Lernens. 5. Die Verwendung der Begrifflichkeiten für Formate ist vielfältig und uneinheitlich und es fehlt häufig an Regelungen für Leistungsnachweise und die daran gekoppelte Vergabe von Abschlüssen. Kreditpunkte nach ECTS werden (zum Zeitpunkt der Erhebungen) nur in geringem Maße vergeben. 6. Die ermittelten Angaben über Umfang und Laufzeit dieser Angebote weisen eine große Spannweite auf und es fehlt daher auch an einem einheitlichen formalen Bezug zu den Formaten und Abschlüssen. Der weitaus größte Teil der Angebote wissenschaftlicher Weiterbildung an Hochschulen, nämlich die der kurz- bis mittelfristigen Seminarreihen, Kontaktstudien und Weiterbildenden Studien mit Teilnahmebescheinigung oder Zertifikat kommt bisher mit einem relativ geringen Grad an Standardisierung aus. Es ist daher zu fragen, welche Rahmenbedingungen und Intentionen zu dieser Entwicklung geführt haben und sie weiterhin beeinflussen, ob es Gründe und Bedarf aber auch die Möglichkeit

270

B. Christmann

gibt, an der bestehenden Situation etwas zu ändern und welche bildungspolitischen Intentionen hierfür leitend sein sollten.

4

Rahmenbedingungen für die Gestaltung von Formaten

Formate folgen der zu erfüllenden Funktion, sie werden ausgehend von den jeweils ermittelten Anforderungen entwickelt und eingesetzt. Wahl und Gestaltung von Formaten in ihrer konkreten Ausprägung und demzufolge ihr Zweck und Nutzen liegen im Spannungsfeld zwischen den endogenen Kräften, die auf die Definition und Ausgestaltung des Weiterbildungsauftrages der Hochschulen wirken, den Interessen und Strategien der Hochschulen bei der Wahrnehmung dieses Auftrages sowie den Interessen und Bedarfen der Adressaten, Zielgruppen und Teilnehmenden, die man mit diesen Angeboten ansprechen und dafür gewinnen möchte.

4.1

Endogene Kräfte und die Entwicklung der wissenschaftlichen Weiterbildung

Die Demokratisierungsbestrebungen der späten 1960er-Jahre sahen die Aktivitäten der Hochschulweiterbildung „stark von Öffnungsstrategien der Universität bestimmt [. . .]“ (Wolter 2011, S. 15). Dieses programmatische Verständnis, „das einen humanistischen Anspruch auf Persönlichkeitsbildung mit einem kritisch-aufklärerischen Impetus verband“ (Banscherus 2015, S. 16), konnte sich nicht durchsetzen. Es wurde seit den späten 1980er-Jahren überlagert mit „Aufgabenzuschreibungen, die eher arbeitsmarkt- und sozialpolitisch motiviert waren oder die Weiterbildung [. . .] eher aus einer ökonomischen Perspektive betrachteten“ (Banscherus 2015, S. 17). Der Wissenschaftsrat sieht Weiterbildung dagegen als notwendig an, „weil ein Erststudium eine als Vorrat für ein ganzes Leben ausreichende Ausbildung nicht vermitteln kann“ (Wissenschaftsrat 1983, S. 4). Dieses Ziel konnte nicht greifen, da es u. a. an einer dazu notwendigen Verknüpfung beider Sphären mangelte. Die Bestrebungen einer relativen Öffnung der wissenschaftlichen Weiterbildung für Personen ohne Hochschulabschluss, eine weitgehende Konzentration auf Angebote für Berufstätige und die Entwicklung von Formaten unterhalb von Studiengängen prägte das Profil der wissenschaftlichen Weiterbildung für einen langen Zeitraum. Erst der Bologna-Prozess brachte hier neue Impulse. Zuletzt hat die wissenschaftliche Weiterbildung programmatisch wieder einen Aufschwung erlebt, und zwar erneut „durch allgemeine gesellschaftliche und bildungspolitische Erwartungen, die Hochschulen für nicht-traditionelle Studierende zu öffnen [. . .]“ (Schemmann und Seitter 2014, S. 154). Hierzu hat das BMBFProgramm „Aufstieg durch Bildung: Offene Hochschulen“ beigetragen (BMBF 2008). Dieses lässt zumindest auf der programmatischen Ebene „wissenschaftliche Weiterbildung immer weniger als Sonderform erscheinen, sondern führt dazu, dass [. . .] wechselseitig verknüpfte Neuerungen in den Formaten und Programmgestaltungen der universitären Aus- und Weiterbildung entworfen werden“ (Molzberger 2017, S. 158).

Angebotsformen und Formate wissenschaftlicher Weiterbildung

271

Insgesamt sind die den Hochschulen zugeschriebenen Aufgaben jedoch von unterschiedlichen, teilweise sich widersprechenden Interessenslagen geprägt. „Sie reichen von einer generellen Öffnung der Hochschulen und Steigerung der Durchlässigkeit zwischen Bildungsbereichen über zielgruppenspezifische Angebotsstrategien in Kombination mit verstärkter Nachfrageorientierung bis zu regionalen und überregionalen Vernetzungen und Profilierungen (triale Bildungsstrukturen)“ (Molzberger 2015, S. 186).

4.2

Interessen und Strategien der Hochschulen

Das Engagement der Hochschulen in der Weiterbildung ist durch institutionelle, sehr unterschiedlich gelagerte Motive geprägt. So ist es „teilweise davon abhängig, ob Weiterbildung Teil der Organisationsentwicklung und der strategischen Hochschulentwicklung ist.“ Ebenso kann dieses Engagement einen personalen Faktor haben, wenn sich Personen aus der Hochschulleitung oder im Lehrbetrieb für die Weiterbildung engagieren (Wolter 2016, S. 26). Vielfach machen sich die Hochschulen aber auch gesellschaftliche Entwicklung als Begründungszusammenhang für ihr Engagement in der Weiterbildung zu Eigen. Das breite Gestaltungsfeld, das Weiterbildung an Hochschulen einerseits hat, „unterliegt andererseits aber auch in starkem Maß dem Wandel politischer und gesellschaftlicher Bewertungen dessen, was als aktuell wichtig, regelungsbedürftig, marktgängig oder förderungswürdig definiert wird“ (Jütte und Bade-Becker 2016, S. 3).

4.3

Zielgruppen wissenschaftlicher Weiterbildung

Trotz vielfältiger Anforderungen und Inanspruchnahmen der wissenschaftlichen Weiterbildung sind in der konzeptionellen Debatte als auch in der Praxis Zielgruppen die beständigste Bezugsgröße bei der Wahl und Gestaltung der Angebote. Auch wenn bei der Angebotsplanung die weiterbildungsrelevante Bedeutung gesellschaftspolitischer, wissenschaftlicher, technologischer oder ökonomischer Entwicklungen auslösende Funktion haben, bestimmen der daraus entstehende jeweilige Weiterbildungsbedarf sowie die besonderen Bedingungen berufstätiger oder durch andere Verpflichtungen zeitlich gebundener Personengruppen in wesentlichem Maße die Wahl und Ausgestaltung des jeweiligen Formates. Im Gegensatz zu der traditionellen Angebotsorientierung insbesondere der Universitäten geht es hierbei stärker um eine Nachfrageorientierung. „Die Zielgruppenorientierung profiliert die wissenschaftliche Weiterbildung“ (Jütte und Bade-Becker 2016, S. 6) und ist zugleich aufgrund der Heterogenität der Zielgruppen die größte Herausforderung an die Hochschulen. Begründet wurde dies durch das Hochschulrahmengesetz 1976: Die Veranstaltungen sollten die „berufspraktischen Erfahrungen für die Lehre fruchtbar machen“ und „die aus der beruflichen Praxis entstandenen Bedürfnisse der Teilnehmer berücksichtigen“ (HRG 1976, § 21). „Gedacht wurde dabei an interdisziplinär organisierte Studiengänge mittlerer Dauer, die sich auf Problemlagen einzelner

272

B. Christmann

Berufsfelder beziehen, von den Adressaten berufsbegleitend flexibel nutzbar sind und neben Hochschulabsolventen auch solchen Interessenten offenstehen, die entsprechende Voraussetzungen im Beruf oder auf anderer Weise erworben haben“ (Wittpoth 2001, S. 340). Das in jüngerer Zeit international diskutierte Konzept des lebenslangen Lernens reicht in seiner Zielsetzung noch weiter, indem es nun darum geht, die „Passfähigkeit der Institutionen, Angebote und Programme mit den individuellen Anforderungen, Bedürfnissen und den sozialen Lebenslagen der (potenziellen) Teilnehmer und Teilnehmerinnen über alle Phasen des Bildungs- und Lebensverlaufs hinweg zu erhöhen. [. . .] Wichtiger als der Studiengang ist die Biographie“ (Wolter 2011, S. 27). In Anlehnung an eine internationale Studie (Schuetze und Slowey 2012) unterscheidet Wolter mehrere Typen von „lifelong learners“ an Hochschulen. „Zielgruppen wissenschaftlicher Weiterbildung im herkömmlichen Sinne (als postgraduale Weiterbildung) sind in dieser Typologie vor allem die „recurrent learners“ und die „refreshers““ (Wolter 2011, S. 28, Hervorhebung im Original). Die „Recurrent Learners“ kehren mit dem Ziel eines weiteren und in der Regel höheren akademischen Abschlusses an die Hochschule zurück. Für die „Refreshers“ steht hingegen „eine Aktualisierung ihres Wissens oder eine weitergehende Spezialisierung im Vordergrund“ [. . .] „die vor allem durch kürzere Weiterbildungsangebote unterhalb eines Masterstudiums erreicht werden soll“ (Wolter und Geffers 2013, S. 33, Hervorhebung im Original). Neben diesen traditionell im Blickfeld stehenden individuellen Zielgruppen verweisen neuere Forschungsergebnisse darauf, dass Angebote aus einer „Handlungskoordination von vier verschiedenen Zielgruppen resultieren: den Teilnehmenden (individuelle Zielgruppe), den Organisationen des Profit- und Non-Profit-Bereiches (institutionelle Zielgruppe), den WissenschaftlerInnen (lehrbezogene Zielgruppe) und der Hochschulverwaltung (organisationale Zielgruppe)“ (Schemmann und Seitter 2014, S. 154). Als herausragendes Merkmal der externen Zielgruppen ist deren eingeschränkter zeitlicher Verfügungsrahmen zu nennen. „Die Integration eines weiteren Bereiches in das bereits bestehende, zum Teil fragile, Geflecht aus beruflichen, sozialen und/oder familiären Verpflichtungen stellt Weiterbildungsteilnehmende vor die Herausforderung, eine Neu- bzw. Umverteilung der zeitlichen Ressourcen zwischen den Lebensbereichen zu bewältigen“ (Präßler 2017, S. 24). Die besondere Herausforderung an die Planung und Gestaltung der Angebote liegt dann „in der angestrebten Gleichzeitigkeit von Flexibilität (zeitliche Spielräume für unvorhersehbare Ereignisse) und verlässlicher, langfristiger Planbarkeit und Planungssicherheit“ (Seitter 2017, S. 13).

5

Formate im Wandel

5.1

Zur Funktion von Formaten

Trotz der unterschiedlichen Benennung der Formate in den einzelnen Hochschulgesetzen sind die Zielsetzungen des Weiterbildenden Studiums und des Kontaktstudiums sehr ähnlich beschrieben. Diese Angebote sollen dazu beitragen, Fachkennt-

Angebotsformen und Formate wissenschaftlicher Weiterbildung

273

nisse dem neuesten wissenschaftlichen Entwicklungsstand anzupassen und den Überblick über Zusammenhänge des Fachgebietes zu erweitern. „Die Funktionen, die Zertifikatskurse für ihre Nutzer(innen) haben können, sind vielfältig; sie reichen von beruflich erforderlichen Qualifikationsnachweisen über Teilqualifikationen für ein beabsichtigtes Studium bis hin zu rein intrinsisch motiviertem Lernen, bei dem das erworbene Zertifikat für die/den Nutzer(in) möglicherweise nebensächlich oder völlig bedeutungslos ist“ (Minks et al. 2011, S. 42). Die Intentionen einer inhaltlichen Ausrichtung, einer erwachsenengerechten Didaktik sowie die dem Zeitbudget der Teilnehmenden angemessenen Formate sind gegenüber einer strengen Regelung von Zugang und Abschluss vorrangig, was ein Höchstmaß an Flexibilität insbesondere bezüglich der zeitlichen Rahmenbedingungen der Abnehmerseite ermöglicht. „Dies ist konsequent, da Weiterbildung [. . .] nicht vorrangig der Wissenschaftssystematik verpflichtet ist, sondern eher orientiert ist an gesellschaftlichen Problemlagen“ (Faulstich 2005, S. 204). Entscheidenden Einfluss auf die Gestaltung der Formate wissenschaftlicher Weiterbildung hatte der sogenannte Bologna-Prozess mit der Einführung gestufter Studiengänge und in diesem Zuge auch des weiterbildenden Masterstudiengangs, mit dem ein akademischer Abschluss erworben werden kann. Diese Entwicklung hat eine Veränderung im Selbstverständnis der wissenschaftlichen Weiterbildung angestoßen. Die Verwertbarkeit von Abschlüssen und Zertifikaten gewinnt insbesondere im beruflichen Kontext an Bedeutung. Zu beobachten ist eine Tendenz hin zur Modularisierung der Angebote und der Vergabe von Leistungspunkten, um deren Anschlussfähigkeit und formale Verwertbarkeit zu steigern. Auch der Wissenschaftsrat sieht diesen Zusammenhang und formuliert, dass „das Potenzial des Systems gestufter Studiengänge, neue Abfolgen von Ausbildung und Berufstätigkeit möglich zu machen, deutlicher akzentuiert werden“ muss. „Nicht der Bachelor alleine, sondern der Bachelor kombiniert mit einem vielfältigen Angebot der wissenschaftlichen Weiterbildung, soll künftig die typische Qualifikationsgrundlage hoch qualifizierter Arbeitskräfte sein“ (Wissenschaftsrat 2006, S. 80). Somit wird der Master „nicht das Maß aller Dinge für die weiterbildenden Studienangebote sein. Nachfrageorientierung, Vielfalt der Zielgruppen, berufliche Problemlagen, Forschungspotenzial der Hochschule sowie die für Berufstätige notwendige zeitliche und inhaltliche Flexibilität erfordern eine Pluralität von Programmen und können nicht auf einen Angebotstypus reduziert werden“ (Christmann 2012, S. 133). Dies führte zu der Frage nach dem Stellenwert der traditionellen Formate und zu deren Anschlussfähigkeit an das neue Format des Masters.

5.2

Flexible Studienorganisation: Modularisierung, Kombination und Verknüpfungen

Flexibilität wird verstanden „als ein Indikator dafür, in welchem Ausmaß Hochschulsysteme [. . .] den Zugang zur Hochschulbildung auch für Studierende abseits des ‚Normalstudenten‘ beziehungsweise der ‚Normalstudentin‘ ermöglichen, wel-

274

B. Christmann

ches Angebot an alternativen Wegen zum Hochschulabschluss es gibt und welche flexiblen Formen der Studienorganisation [. . .]. Ausgegangen wird dabei von den Bedürfnissen des Individuums“ (Spexard 2016, S. 270, Hervorhebungen im Original). Dabei kann der zeitlichen Dimension „eine übergeordnete Rolle zugesprochen werden, da diese den Ausgangspunkt zur Flexibilisierung bildet und sich andere Dimensionen anpassen können [. . .]“ (Brinkmann 2015, S. 53). Zu dieser strukturellen Flexibilisierung (Makrodidaktik) in Form von berufsbegleitendem Teilzeitstudium in einer Mischung aus Präsenzzeiten und individuell gestaltbaren Selbstlernphasen, die wiederum durch Blended Learning unterstützt werden können, kommt noch die Anforderung einer inhaltlichen Flexibilisierung (Mikrodidaktik) durch die Berücksichtigung der professionellen Kompetenzen der Teilnehmenden (Wonneberger et al. 2015, S. 76). Die Ambivalenz der Flexibilisierung zeigt sich in dem erhöhten Organisationsaufwand seitens der Anbieter, der sich auch finanziell niederschlägt. Ziel einer stärkeren Systematisierung und Standardisierung der Weiterbildungsformate und ihrer Abschlüsse ist es auch, maximale Übergangs- und Durchlässigkeitsmöglichkeiten zwischen einzelnen Angeboten zu schaffen, um Anerkennung, Anrechnung und Verbindlichkeit zu ermöglichen bzw. zu erhöhen. Die bisherigen Angebote müssen entsprechend den Anforderungen an Module und Leistungsnachweise mit Leistungspunkten nach dem ECTS gestaltet werden. Plädiert wird für „eine durchgängige Gliederung in einem Baukasten-Modell [. . .]. Module sind in diesem Konzept auf einen Arbeitszusammenhang bezogene Aus- und Weiterbildungsabschnitte mit einem bewerteten Abschluss in Form eines Zertifikates; sie können wie Bausteine zu einem Gesamtabschluss zusammengesetzt werden“ (Faulstich 2005, S. 212). In der Praxis der wissenschaftlichen Weiterbildung ist diese Entwicklung verstärkt zu beobachten. So haben etwa die Leibniz Universität Hannover und die Pädagogische Hochschule Karlsruhe ihre Angebote konsequent modularisiert und bieten sie in verschiedenen Formaten mit hoher Durchlässigkeit an. Dies ermöglicht „den Teilnehmenden, zunächst einzelne Module zu studieren, die sich in einem sinnvollen Zusammenhang schließlich bausteinartig zu größeren Einheiten [. . .] zusammensetzen lassen“ (Pädagogische Hochschule Karlsruhe 2015, S. 1). „Erworbene Leistungspunkte sind auf ein entsprechendes Studium anrechenbar“ (Leibniz Universität Hannover 2014, S. 4).

5.3

Nutzen und Nachteile einer Standardisierung der Formate

Der Nutzen einer Standardisierung besteht für Abnehmer darin, dass die Angebote transparenter und (formal) vergleichbarer werden. Außerdem entsteht die Möglichkeit, flexiblere Teilzeitformen zu realisieren, die bessere Zugangs- und Rückkehrmöglichkeiten eröffnen und somit individuelle Lernwege ermöglichen. Über die Vergabe von Leistungspunkten werden Abschlüsse auch zu Anschlüssen, die Durchlässigkeit wird erhöht. Die formale Verwertbarkeit der Abschlüsse tritt damit klarer hervor, was insbesondere für arbeitsmarktrelevante Angebote gilt (Bade-Becker 2008).

Angebotsformen und Formate wissenschaftlicher Weiterbildung

275

Für die Anbieter liegt der Nutzen eines modularen Aufbaus der Angebote insbesondere in den Möglichkeiten einer systematischen Verknüpfung zwischen den Studienangeboten und zwar innerhalb der weiterführenden als auch zu den grundständigen Angeboten, zwischen den Angeboten einzelner Hochschulen und zur beruflichen Weiterbildung. Hinzu kommt die Verdeutlichung der inhaltlichen und formalen Wertigkeit der Abschlüsse über Leistungspunkte und Abschlussbezeichnungen (DGWF 2010, S. 3). Hierin liegt für die Hochschulen die Chance einer Flexibilisierung und Diversifizierung ihrer Studienstruktur als Grundlage eines Konzeptes lebenslangen Lernens. Mit der verstärkten Standardisierung und Abschlussbezogenheit wächst jedoch für die wissenschaftliche Weiterbildung die Gefahr einer mehrfachen Eingrenzung ihrer Intentionen. Zu beobachten ist eine stärkere Verschulung der Studienprozesse, die Dominanz einer beruflichen Orientierung und der Verlust der inhaltlichen und didaktischen Besonderheiten bisheriger Formate. Inhaltlich entsteht ein Veränderungsdruck weg vom Problembezug hin zu einem Disziplinbezug (Faulstich 2005). Die Abschlussorientierung kann die Programme einerseits stabilisieren, andererseits führt dies zu einer Einschränkung des Spektrums der Formate. Insbesondere Fakultäten sehen in einem Studiengang das adäquate Format auch für die Weiterbildung. Aufgrund der praktizierten Zugangsregelungen bleibt die Personengruppe ohne ersten Hochschulabschluss trotz der rechtlich bestehenden Möglichkeiten bei diesen Angeboten weitgehend außen vor.

6

Fazit: Den Wandel gestalten

Die Nachfrage nach kürzeren Weiterbildungsformaten wird durch die zitierten empirischen Studien belegt. Auch angesichts eines steigenden Interesses an Weiterbildenden Masterstudiengängen gibt es keine Anzeichen für einen maßgeblich anderen Trend. Vielmehr sind vor dem Hintergrund einer zunehmenden Öffnung der Hochschulen für beruflich Qualifizierte flexible Formate auch weiterhin erforderlich. Der Wissenschaftsrat empfiehlt daher „den Aufbau eines breiten Angebots an Zertifikatskursen, [. . .] die zertifiziert werden, aber jeweils für sich zu keinem akademischen Abschluss führen.“[. . .] Diese sollten sich „gleichsam in einem „Baukastensystem“ – als Einzelmodule zu einem kompletten Bachelor- oder Masterstudiengang zusammensetzen lassen“ (Wissenschaftsrat 2014, S. 87, Hervorhebungen im Original). Erforderlich ist daher die Entwicklung von und die verbindliche Entscheidung „für eine kohärente, überinstitutionell anerkannte Systematik von Abschlusszertifikaten in der wissenschaftlichen Weiterbildung neben dem bisher gesetzlich vorgesehenen Mastergrad“ (Schanz 2015, S. 29). Vorbild hierfür ist die von den Schweizer Universitäten standardisierte Zertifikatssystematik (Fischer 2013). Für Deutschland sind die vorliegenden Empfehlungen der DGWF mit ihrer detaillierten Beschreibung der Merkmale und Ausprägungen der einzelnen Formate und ihrer möglichen Verknüpfung eine geeignete Grundlage (DGWF 2010). Notwendig im Sinne einer

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B. Christmann

Flexibilisierung der Studienangebote erscheint darüber hinaus der verstärkte Einsatz von Methoden und Formaten des onlinebasierten Lernens.

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Angebotsformen und Formate wissenschaftlicher Weiterbildung

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Angebotsentwicklung und Programmplanung in der wissenschaftlichen Weiterbildung Jutta Reich-Claassen

Inhalt 1 Einleitung: Wissenschaftliche Weiterbildung zwischen Hochschule und Erwachsenenbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Angebotsentwicklung – Bildungsmanagement – Programmplanung: Eine begriffliche Differenzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Angebotsentwicklung und Programmplanung aus (sub-)disziplinären Perspektiven: Erwachsenenbildung, Hochschulforschung, Wirtschaftswissenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Theoretische Modelle der Programmplanung und Angebotsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

280 281 283 288 294 295

Zusammenfassung

Der vorliegende Beitrag befasst sich mit theoretischen Modellen und empirischen Befunden zur Angebotsentwicklung und Programmplanung im Bereich der Weiterbildung. Da bislang keine spezifischen Modelle zur Planung von Angeboten in der wissenschaftlichen Weiterbildung vorliegen, wird versucht, die in der Erwachsenenpädagogik, aber auch dem Bildungsmanagement zu verortenden Diskussionsstränge zusammenzuführen und im Spiegel der besonderen Rahmenbedingungen und Strukturlogiken des Lernorts „Hochschule“ zu betrachten. Die Betrachtung von Programmplanung als Kernstück professionellen erwachsenenpädagogischen Handelns erweist sich nicht nur dann als fruchtbar, wenn wissenschaftliche Weiterbildung als eine Form von Erwachsenenbildung unter spezifischen institutionellen Bedingungen begriffen wird, sondern könnte auch dann wichtige Anknüpfungspunkte bieten, wenn es um die Planung und Gestaltung ganzer Studiengänge geht, die sich dezidiert an erwachsene Lerner richten.

J. Reich-Claassen (*) Katholische Stiftungsfachhochschule München, München, Deutschland E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 W. Jütte, M. Rohs (Hrsg.), Handbuch Wissenschaftliche Weiterbildung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-17643-3_14

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J. Reich-Claassen

Schlüsselwörter

Angebotsentwicklung · Programmplanung · Studiengangsentwicklung · Wissenschaftliche Weiterbildung · Hochschulweiterbildung

1

Einleitung: Wissenschaftliche Weiterbildung zwischen Hochschule und Erwachsenenbildung

Wissenschaftliche Weiterbildung, im Folgenden auch als „Hochschulweiterbildung“ bezeichnet, stellt einen Sammelbegriff für alle Lernangebote an Hochschulen dar, die einen weiterbildenden Charakter aufweisen. Sie richten sich an Erwachsene, die in der Regel über einen ersten beruflichen, nicht immer aber einen akademischen Bildungsabschluss verfügen (vgl. z. B. Banscherus 2013). Mit ihrem expliziten Bezug auf das Lernen im Erwachsenenalter ist die Hochschulweiterbildung also als eine Form von Erwachsenenbildung unter spezifischen institutionellen Bezügen zu verstehen. Hochschulische Weiterbildung bewegt sich traditionell an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft, Hochschule und Erwachsenenbildung und zeichnet sich damit durch eine doppelte Systembindung sowie einen mehrfachen Adressatenbezug aus. Zu den AdressatInnen zählen wie auch in der klassischen Erwachsenenbildung die aktuellen und potenziellen Teilnehmenden, aber auch Arbeitsmarkt, Gesellschaft, Unternehmen ebenso wie das System der Wissenschaft selbst. Der Strukturlogik sowie den inhaltlichen und v. a. methodischen Ansprüchen von Hochschule und Wissenschaft unterliegen in besonderem Maße Weiterbildungsangebote, die auf den Erwerb eines akademischen Abschlusses abzielen, wie z. B. berufsbegleitende und weiterbildende Studiengänge; ebenso könnten grundsätzlich – wie u. a. die Systematisierung der DGWF (2010) vorschlägt – grundständige Studiengänge, die von den Studierenden aus einer biografischen Perspektive heraus als individuelle Form der Weiterbildung im Lebenslauf verstanden werden, zur Hochschulweiterbildung gezählt werden. Im Hinblick auf die methodisch-didaktische Gestaltung der Lehre sind natürlich auch weiterbildende Studienangebote grundsätzlich an den Voraussetzungen und Spezifika des erwachsenen Lerners zu orientieren (vgl. Müller und Papenkort 2013). Eine noch deutlichere Nähe zur Erwachsenenbildung weisen allerdings die von der DGWF eher als „klassisch“ bezeichneten Angebote der Hochschulweiterbildung wie z. B. Einzelveranstaltungen, Zertifikatskurse, Ringvorlesungen und Seminare auf (vgl. DGWF 2010). Wenn es im Folgenden um Fragen der Angebotsentwicklung1 und Programmplanung im Kontext der Hochschulweiterbildung geht, so stehen zunächst weniger Fragen der Studiengangsentwicklung für spezifische Zielgruppen als vielmehr FraDer Begriff der „Angebotsentwicklung“ wird in diesem Beitrag der „Angebotsplanung“ vorgezogen. Zum einen ist unter dem Schlagwort „Angebotsplanung“ in den einschlägigen Datenbanken nur ein Bruchteil der Publikationen rund um die Entwicklung von Angeboten und Planung von Programmen verzeichnet. Zum anderen weist die Angebotsplanung m. E. starke Überschneidungen mit der „Programmplanung“ auf; ebenso verweist Angebotsentwicklung stärker auf die Verortung auf der Mikroebene didaktischen Handelns. 1

Angebotsentwicklung und Programmplanung in der wissenschaftlichen . . .

281

gen der Planung und Gestaltung der „klassischen Formate“ im Vordergrund. Dies liegt auch darin begründet, dass sich Studien zum „Bildungsangebot“ aus der Perspektive der Hochschulforschung nahezu ausschließlich mit Fragen der Entwicklung komplexer Studienangebote beschäftigen, die Erwachsenenpädagogik aber auf eine lange Tradition der Programmforschung und der Erforschung des Programmplanungshandelns zurückblicken kann (vgl. z. B. Tietgens 1982; Schlutz 1998; Gieseke 2000; Siebert 2012). Die Hochschulforschung setzt sich noch eher punktuell mit Prozessen der Programmplanung und der Angebotsentwicklung im Kontext wissenschaftlicher Weiterbildung auseinander – z. B. im Rahmen von Qualifikationsarbeiten (z. B. Bardachzi 2010; Seifert 2015) oder auch Praxisberichten aus dem Bund-Länder-Wettbewerb „Aufstieg durch Bildung: Offene Hochschulen“ (z. B.Wissenschaftliche Begleitung des Bund-Länder-Wettbewerbs „Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen“ 2013; Bachofner und Bartsch 2014). Der vorliegende Beitrag versucht, theoretische Modelle der Programmplanung sowie empirische Erkenntnisse zum Programmplanungshandeln sowie zur Angebotsentwicklung aus der Erwachsenenpädagogik zusammenzufassen und im Spiegel der besonderen Rahmenbedingungen und Strukturlogiken des Lernorts „Hochschule“ zu betrachten. Aus diesem Diskurs heraus sollen Anhaltspunkte für die Entwicklung von Angeboten und der Planung von Programmen in der „klassischen“ wissenschaftlichen Weiterbildung gewonnen und deren Fruchtbarkeit auch für komplexere Studienangebote diskutiert werden.

2

Angebotsentwicklung – Bildungsmanagement – Programmplanung: Eine begriffliche Differenzierung

Angebotsentwicklung und Programmplanung im Bildungskontext sind in der Erwachsenenbildung zu verorten und stehen für eine der Kernaufgaben professionell in Einrichtungen der Erwachsenenbildung Tätiger (vgl. Gieseke 2015; von Hippel 2012). Auch wenn die beiden Begriffe recht häufig synonym verwendet werden, so wird doch mit Blick auf theoretische Modelle der Programmplanung deutlich, dass es sich mit der Entwicklung von (konkreten) Angeboten um einen Teilprozess der Programmplanung handelt (s. Abb. 1) und damit die Programmplanung als übergeordnetes Konzept auf der Makroebene zu verstehen ist. In enger Beziehung mit beiden genannten Konzepten steht auch das Bildungs- bzw. Weiterbildungsmanagement, das sich auf all diejenigen Leitungstätigkeiten innerhalb von Bildungseinrichtungen bezieht, die zum einen auf die Strukturierung innerer Abläufe abzielen und zum anderen die Einrichtung nach außen repräsentieren; dazu gehört auch die kundenorientierte Planung und Aufbereitung von Bildungsangeboten unter dem Blickwinkel des Bildungsmarketings (vgl. Robak 2004). Das Programm bildet das Veranstaltungs- und/oder Leistungsspektrum einer Bildungseinrichtung und damit auch das Profil einer (Weiter-) Bildungseinrichtung ab. Es basiert auf dem Bildungsanspruch der jeweiligen Institution sowie den personellen, räumlichen und finanziellen Ressourcen einer Einrichtung. Programme stellen als wichtige Planungs- und Realisierungsaufgabe eine Balance zwischen

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J. Reich-Claassen

Bedarfsermittlung Programmplanung Programmevaluation

Programmplanung – Makrodidaktik

Evaluation

Bedarfsweckung Werbung

Vorbereitung Realisierung

Mikrodidaktik Angebotsplanung und -durchführung – Mesodidaktik Abb. 1 Professioneller Handlungszyklus (nach Weinberg 2000; modifiziert durch Reich-Claassen und von Hippel, 2018)

antizipiertem und evidentem Bedarf dar. Auch die schriftliche Bündelung des Leistungsspektrums in Form von Informationsmaterial (Printprodukte oder OnlineVersionen) wird als Programm bezeichnet. Als Leistungsversprechen stellen Programme eine wichtige Quelle der Information und Entscheidungshilfe dar und fungieren als zentrales Werbe- und Informationsmittel (vgl. Schlutz 2013; Gieseke 2008). Die Programmplanung ist eine pädagogisch-professionelle und wissenschaftlich fundierte Tätigkeit, die sich auf die Vorbereitung und Auswertung des Veranstaltungs- und Leistungsangebots einer Bildungseinrichtung bezieht. Damit stellt sie zeitliche, thematische, methodische und infrastrukturelle Strukturen her und ermöglicht die Entwicklung und Balance einer institutionellen Identität der Einrichtung (vgl. Reich-Claassen 2016). Von Angebotsentwicklung im engeren Sinne wird gesprochen, wenn eine mesooder mikrodidaktische Perspektive eingenommen wird, also dann, wenn es um die konzeptionelle Arbeit an einem einzelnen Bildungsangebot oder einem Projekt geht. Dahingegen nimmt die Programmplanung als übergeordnete Handlungsebene eher die makrodidaktische Planung in den Blick (vgl. Abb. 1). Dies zeigt sich z. B. darin, dass sich die Programmplanung häufig auf Erkenntnisse der Adressatenforschung bezieht, also Teilnehmervoraussetzungen empirisch gestützt antizipiert, während die Angebotsplanung stärker durch die direkte Interaktion mit den Teilnehmenden und deren Leistungen geprägt ist. Im Mittelpunkt steht dabei die Herstellung und Aufrechterhaltung einer „Passung“ zwischen Weiterbildungsinteressen, Weiterbildungs-

Angebotsentwicklung und Programmplanung in der wissenschaftlichen . . .

283

bedarfen und dem Weiterbildungsangebot, die auch die Eigenleistung der Teilnehmenden mit einbezieht. Entsprechend beschreibt Schlutz ein Weiterbildungsangebot als eine „. . . Zusage, ein vorhandenes Leistungspotenzial in Form einer bestimmten Dienstleistung zu realisieren und dabei Eigenleistungen der Abnehmer einzubeziehen.“ (Schlutz 2006, S. 75) Mit dem Verständnis von Weiterbildung als Dienstleistung und damit im weitesten Sinne auch als einem produktähnlichen Gut wird die Entwicklung von Bildungsangeboten und die Planung von Programmen als Bestandteil eines Managementprozesses, genauer einer bildungsbezogenen Marketingstrategie, verstanden. Aus dieser Perspektive sind Angebote (wissenschaftlicher) Weiterbildung allerdings nicht als unverrückbare Leistungszusagen, sondern vielmehr als „Leistungsversprechen“ zu bewerten. Das Leistungsversprechen wird häufig in Form eines Ankündigungstextes, im hochschulischen Kontext in Form von Modul- und Studiengangsbeschreibungen, vorgelegt, wobei jedoch die Durchführung sowie der tatsächliche „Effekt“ dieses Bildungsangebots von weitaus mehr Faktoren abhängt, als lediglich dem gut geplanten und sorgsam vorbereiteten Bildungsangebot – so zum Beispiel von der Motivation und der Leistungsbereitschaft der Teilnehmenden.

3

Angebotsentwicklung und Programmplanung aus (sub-) disziplinären Perspektiven: Erwachsenenbildung, Hochschulforschung, Wirtschaftswissenschaften

3.1

Perspektive der Erwachsenenbildung

Aus einer erziehungswissenschaftlichen, respektive einer erwachsenenpädagogischen Perspektive heraus sind Programmplanung und Angebotsentwicklung als Kernstück didaktischen Handelns zu verstehen, wobei „Didaktik“ als pädagogischer Grundbegriff für die Wissenschaft vom Lernen und Lehren in institutionalisierten und professionalisierten pädagogischen Handlungsfeldern steht (vgl. Zierer 2012). „Didaktik“ bezieht sich in diesem Verständnis nicht nur auf die Prozess- und Handlungsebene (wie soll etwas gelehrt und gelernt werden?), sondern vor allem auch auf die Ziel- und Inhaltsebene (warum und was genau soll gelehrt und gelernt werden?). Didaktisches Handeln in der Erwachsenenbildung geht also deutlich über Fragen der eher methodenorientierten Mikrodidaktik hinaus und bezieht sich auf die konkrete Gestaltung sowie die „gedankliche Vorbereitung“ (Tietgens 1992, S. 9) verschiedener didaktischer Handlungsebenen. In Anlehnung an Flechsig und Haller (1975) werden in der Erwachsenenbildung die Ebene der „Makrodidaktik“ (Entscheidungs- und Planungsebene), der „Mesodidaktik“ (Planung und Koordination von Teilbereichen einer Bildungseinrichtung, z. B. Programm- oder Fachbereiche) sowie der „Mikrodidaktik“ (Lehr- und Lernebene, Interaktionsebene) unterschieden. Zur Makrodidaktik zählt Siebert (2012) z. B. die Programmplanung als Gestaltung des Leistungsangebots, die Ansprache von Zielgruppen, die Erhebung von Bildungsbedarf, die Profilbildung und Repräsentation einer Einrichtung, die Gestaltung von Kooperationen sowie Auswahl und Finanzierung des Personals. Die eher

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seltener explizit ausgewiesene Ebene der Mesodidaktik bezieht sich auf die Planung von inhaltlichen Teilbereichen einer Einrichtung (z. B. Tietgens 1992), andere Autoren fassen darunter die Konzeption und Vorbereitung, nicht aber die Durchführung einzelner Bildungsveranstaltungen (vgl. z. B. Raapke 1985). Die Mikrodidaktik umfasst nach Nuissl und Siebert (2013) die Auswahl von Inhalten, Medien und Methoden, die Kursgestaltung sowie die konkrete Durchführung der Veranstaltung. Eine wesentliche Stellgröße im didaktischen Handeln stellen die aktuellen und potenziellen Teilnehmenden dar; Adressaten-, Zielgruppen- und Teilnehmerorientierung sind dabei als „Grundprinzipien der Erwachsenenbildung“ zu verstehen, die sich auf Erkenntnisse der Adressaten-, Zielgruppen- und Teilnehmerforschung als Teilbereich der sogenannten „Erwachsenen- und Weiterbildungsforschung“ beziehen (vgl. Kade und Egloff 2004; Nuissl und Pehl 2000). Auch wenn sowohl die genannten Forschungsstränge als auch die damit verbundenen grundlegenden Begriffe häufig synonym verwendet werden, sind die dahinterstehenden Konstrukte definitorisch klar voneinander abzugrenzen: „Adressaten sind (. . .) diejenigen Personen, die Erwachsenenbildung erreichen soll. Sofern sie durch gemeinsame sozialstrukturelle Merkmale beschrieben werden können, geht es um Zielgruppen. Teilnehmende sind diejenigen, die zu einem Angebot gekommen sind“ (Hervorhebungen i. Original) (Faulstich und Zeuner 1999, S. 99). Für den erwachsenenpädagogischen Planungsprozess sind diese Differenzierungen konstitutiv (vgl. von Hippel und Tippelt 2018). Nach o. g. Definition richten Konzepte der Teilnehmerorientierung also ihre Aufmerksamkeit auf die Personen, die bereits an einem aktuellen Lehr- und Lernprozess partizipieren. Teilnehmerorientierung kann dabei auf drei Ebenen stattfinden: Zum einen zeigt sie sich darin, dass bereits bei der Angebotsplanung das zu erwartende Vorwissen, die antizipierte Lernfähigkeit, die inhaltlichen Interessen sowie die grundlegenden sozialbiografischen Daten der Teilnehmenden berücksichtigt werden. Zum anderen kann die Veranstaltungsplanung sogar partizipativ unter Einbeziehung der Lernenden erfolgen. Der Idealfall einer umfassenden Teilnehmerorientierung zeigt sich auf der dritten Ebene: Hier wären die Teilnehmenden im Sinne selbstbestimmter Lernprozesse für Planung, Organisation und Durchführung des gesamten Weiterbildungsprozesses verantwortlich (vgl. von Hippel und Tippelt 2018). Die Adressatenforschung hingegen versucht, verallgemeinerbare Aussagen über Bildungsverhalten und – interessen verschiedener gesellschaftlicher Teilgruppen zu gewinnen, wobei sie dabei sowohl die Perspektive der Gruppen (Milieus, Berufsgruppen, Personen in ähnlichen Lebenslagen usw.) als auch die Perspektive des Individuums (Motive, Einstellungen, Barrieren, Bedarfe . . .) berücksichtigt. Gleichwohl das Konzept der „Zielgruppe“ deutlich häufiger als „AdressatIn“ oder „Teilnehmende“ verwendet wird – auch und insbesondere im Kontext hochschulischer Weiterbildung –, ist er nicht ganz eindeutig zu bestimmen und wird sogar mitunter als „wissenschaftlich problematischer Begriff“ (Faulstich und Zeuner 1999, S. 108) bezeichnet. Eine Zielgruppe entsteht durch die Klassifikation von Personengruppen nach einem herausragenden sozialen Merkmal, das, so die Grundidee, auch konstituierend für homogene Lerninteressen und Lernmöglichkeiten ist. Sehr umstritten ist allerdings die Annahme, dass sozial homogene Gruppen (z. B. Arbeits-

Angebotsentwicklung und Programmplanung in der wissenschaftlichen . . .

285

lose, Personen mit Migrationshintergrund, ältere Erwachsene, . . .) sich auch im Hinblick auf Interessen, Motive und Voraussetzungen in Bezug auf Weiterbildung ähneln. Vor allem die Befunde der so genannten Milieuforschung (vgl. Barz und Tippelt 2007; Tippelt et al. 2008) machen deutlich, dass neben soziodemografischen Faktoren und Faktoren der Lebenslage auch Wertvorstellungen, Einstellungen und Lebensstile eine wesentliche, nämlich die sogenannte „psychografische“ Komponente von Zielgruppendifferenzierungen darstellen. Bislang wird die Milieuforschung noch nicht nachhaltig als mögliches, aus meiner Sicht allerdings fruchtbares Zielgruppeninstrument in der Hochschulforschung diskutiert.

3.2

Perspektive der Hochschulbildung und Hochschulforschung

Analog des Begriffsverständnisses nach Zierer (2012) wäre Hochschuldidaktik also als Wissenschaft vom Lehren und Lernen im Kontext der Hochschule zu verstehen, die nicht nur die Prozess- und Handlungsebene im Sinne der Frage nach einer „guten Vermittlung“, sondern auch die Ziel- und Planungsebene mitberücksichtigt. Sicherlich sind Entscheidungen auf der Zielebene sehr langfristig und in Form von Kompetenzzielen in Modulhandbüchern festgelegt. Nichtsdestotrotz sind diese zum einen recht allgemein formuliert und im Wesentlichen inhaltsoffen; zum anderen können die einzelnen Lehrveranstaltungen unterhalb der Modulebene relativ frei inhaltlich geplant werden („Freiheit der Lehre“). Zu bezweifeln ist aus meiner Sicht, ob die häufig als universalistisch verstandenen Modelle didaktischen Handelns aus dem Schulunterricht tatsächlich – wie in der Vergangenheit häufig postuliert (vgl. z. B. Walberg 1984) – auf die Hochschule übertragbar sind. Es spricht vieles dafür, dass die Strukturlogik didaktischen Handelns stark von den Spezifika des jeweiligen Lernortes und den dort anzusprechenden und angesprochenen Zielgruppen abhängt. Hochschulische Weiterbildung als spezifischer, institutionalisierter Lernkontext im Erwachsenenalter ist im Hinblick auf die Hauptzielgruppe auf Erkenntnisse erwachsenenpädagogischer Forschung angewiesen. So kann die erwachsenenpädagogische Adressatenforschung mit dem Ziel der „Differenzierung“ von aktuellen und potenziellen Teilnehmenden wichtige Befunde für die Hochschulweiterbildung bereitstellen – und dies nicht nur auf Basis der „Milieuforschung“. Dies ist umso bedeutsamer, als aktuell eine explizitere Auseinandersetzung mit den sehr heterogenen Zielgruppen hochschulischer Weiterbildung gefordert wird (vgl. Jütte und Lobe 2017). Die Frage nach dem „was“ und dem „wie“ des Lehrens wird im Kontext grundständiger hochschulischer Lehre eher unter den Begriffen der Studiengangsoder auch der Curriculumsentwicklung diskutiert. Grundständige Studiengänge wurden in der Vergangenheit eher angebotsorientiert geplant, sind – wie auch Curricula im schulischen Kontext – nur mittel- bis langfristig zu verändern und beruhen im Wesentlichen auf einer Aushandlung zwischen FachexpertInnen und BildungspolitikerInnen. Angebote hochschulischer Weiterbildung hingegen zeichnen sich durch eine immer mehr an Bedeutung gewinnende Nachfrage- und Zielgruppenorientierung aus, weshalb Seitter (2014) zu dem Schluss kommt, dass sich „[. . .] die Angebotsentwicklung im Kontext hochschulischer Weiterbildung kaum

286

J. Reich-Claassen

von der Programmplanung in der Weiterbildung allgemein unterscheidet“ (Seitter 2014, S. 143). Im Kontext der Erwachsenenbildung ist nämlich die Programmplanung als flexibles Planungshandeln zu verstehen, welches eine Nähe zu den AdressatInnen sowie eine größtmögliche Aktualität in inhaltlich-thematischer Sicht ermöglicht. Dies zeigt sich u. a. darin, dass sich Erwachsenenbildung seit jeher als Seismograf gesellschaftlicher Veränderungen versteht, d. h. sie greift über die flexible und rasche Berücksichtigung von Interessen, Bedürfnissen und Anforderungen Veränderungen vergleichsweise rasch auf und kann sie – u. a. in Form von „Innovationen“ – in ihr Programm integrieren (vgl. Reich-Claassen und von Hippel 2018). Entsprechend versteht Gieseke unter einem Programm den „[. . .] zeitgeschichtlich materialisierte[n] Ausdruck gesellschaftlicher Auslegung von Erwachsenenbildung durch einen bestimmten Träger, realisiert über eine Vielzahl von Angeboten. Es ist beeinflusst durch bildungspolitische und ökonomische Rahmungen, nachfragende Unternehmen und potenzielle Adressat/innen. Es wird ausgelegt und gefiltert durch professionell Handelnde.“ (Gieseke 2015, S. 165). Nähe zu AdressatInnen bedeutet allerdings keineswegs die ausschließliche Orientierung an Wünschen und Bedürfnissen aktueller und potenzieller Teilnehmender, sondern in die Planung fließen ebenso Ziele und Grundprinzipien der jeweiligen Träger und Einrichtungen sowie Bedarfe von möglichen EndabnehmerInnen (z. B. Unternehmen oder auch EndkundInnen in der beruflichen Weiterbildung) mit ein (vgl. Abschn. 3.3). Erwachsenenbildung als Profession und Berufsfeld ist zudem auf Wissenschaft und wissenschaftliche Erkenntnisse angewiesen. Das Programm in der Erwachsenenbildung ist somit weniger von Gesetzen (z. B. HRG), Lehrplänen und Curricula (z. B. Kerncurricula, vorgegeben durch Fachgesellschaften) strukturiert, aber in gewissem Sinne abhängig vom Markt sowie vom wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Wissen, das für die Planung genutzt und in Form von Angeboten nachgefragt wird (vgl. Gieseke 2003). Ähnliches gilt für die hochschulische Weiterbildung, die von Wünschen und Bedürfnissen der konkret Nachfragenden sowie möglicher Multiplikatoren in Wirtschaft und Gesellschaft abhängt. Die Nachfrageorientierung versteht Seitter (2014) als „konsequente Ausrichtung der Angebotsentwicklung und -umsetzung an den Bedarfen und Erwartungen der Adressatengruppen, die mit den Angeboten erreicht werden sollen, wobei in der wissenschaftlichen Weiterbildung neben den individuellen insbesondere auch die institutionellen Adressaten in den Blick genommen werden (müssen).“ (Seitter 2014, S. 141) Über die Bedarfe der NachfragerInnen hinausgehend muss hochschulisch verfasste Weiterbildung sich allerdings an Profil und Qualitätsanspruch der jeweiligen Hochschule orientieren, und darüber hinaus auch einem „allgemeinen akademischen Bildungsanspruch“ (Reich-Claassen 2017, S. 115) sowie den Ansprüchen des Wissenschaftssystems Rechnung tragen. Dies ist umso wichtiger, als sich das System Wissenschaft im Allgemeinen und die Institution Hochschule im Besonderen angreifbar macht, wenn sie sich in der Planung und Entwicklung von Angeboten lediglich auf die Bedarfe der direkten und indirekten NachfragerInnen stützt (vgl. Seitter 2014). Weiterhin zeigen Analysen des Weiterbildungsmarktes wie z. B. der Adult Education Survey (AES, vgl. bmb+f 2015) oder das Absolventenpanel des Deutschen Zentrums für Wissenschaftsforschung (DZHW, vgl. z. B. Fabian et al. 2016), dass Hochschulen genau dort als Anbieter von Weiterbildung gefragt sind,

Angebotsentwicklung und Programmplanung in der wissenschaftlichen . . .

287

wo es um Wissenschaftlichkeit, Glaubwürdigkeit und Unabhängigkeit in der Wahrnehmung geht (vgl. Kamm 2016; Reich-Claassen und Hörmann 2012).

3.3

Wirtschaftswissenschaftliche Perspektive: Programmplanung und Angebotsentwicklung als Managementprozess

Aus einer wirtschaftswissenschaftlichen Perspektive heraus stellen Programmplanung und Angebotsentwicklung Kernbereiche des Marketings als Managementhandeln dar. Die Orientierung am Markt (und damit an „Angebot“ und „Nachfrage“) mithilfe von Zielgruppen- und Bedarfsanalysen wird als neuer „Steuerungsmodus“ insbesondere für die Hochschulweiterbildung diskutiert (vgl. Banscherus 2013; Seitter 2014). Wie Angebotsentwicklung und Programmplanung zählen Bildungsmanagement und Bildungsmarketing in der Praxis mittlerweile zu den erwachsenenpädagogischen Tätigkeiten und haben sich zu einer „neuen Selbstverständlichkeit“ erwachsenenpädagogischer Professionalität entwickelt (vgl. Kortendieck 2008, S. 22). Wichtig ist anzumerken, dass hier keine dezidiert betriebswirtschaftliche Perspektive eingenommen wird, sondern dass sich mittlerweile, beginnend mit den frühen Arbeiten um Sarges und Haeberlin (1980), eine dezidiert erwachsenenpädagogische Modellierung des Marketingprozesses in der Weiterbildung etabliert hat (vgl. auch zusammenfassend Reich-Claassen und Tippelt 2010). Nichtsdestotrotz lässt sich eine Zurückhaltung der Erwachsenenbildung gegenüber dem Managementhandeln, das häufig nicht als genuin erwachsenenpädagogische professionelle Tätigkeit verstanden wird, ausmachen. Eine ausschließliche Orientierung an Diktionen des Marktes und der Rentabilität, so erkennen die Kritiker richtig, läuft nicht nur dem „ehernen Grundsatz“ der Erwachsenenbildung, die Kompensation von Bildungsungleichheiten sowie den Chancenausgleich zu ermöglichen, zuwider, sondern macht letzten Endes auch die Institutionen mit ihrem Anspruch, Bildungsbedarfe nicht nur zu decken, sondern auch zu erwecken, angreifbar (vgl. auch Seitter 2014). Insgesamt ist zu sagen, dass sich diese Befürchtungen und Gefahren zumeist auf einen stark verkürzten und instrumentellen Begriff von Marketing beziehen – während aus einer ganzheitlichen, erwachsenenpädagogischen Konzeption des „Weiterbildungsmarketings“ große Chancen ganz im Sinne der Aufgaben und Ziele der Weiterbildung erwachsen können (vgl. Reich-Claassen und Tippelt 2010). Mit der Definition von Marketing als eine „Führungskonzeption vom Markt her sowie auf diesen einwirkend“ (Sarges und Haeberlin 1980, S. 20) wird nicht nur den Bedürfnissen und Interessen der AdressatInnen Rechnung getragen, sondern es wird auch der bedarfslenkende und bedarfsweckende Charakter von Erwachsenenbildung in den Mittelpunkt gestellt. Dieser soll u. a. „Marktläufigkeiten entgegenwirken“ (Sarges und Haeberlin 1980, S. 20). In dieser ganzheitlichen Marketingkonzeption werden nicht nur die Besonderheiten eines Marktes für (wissenschaftliche) Weiterbildung, sondern auch die Spezifika des „Gutes“ Weiterbildung berücksichtigt. Eine besondere Rolle spielen die Marketingziele, die sich im Hinblick auf Hochschulweiterbildung zum einen aus den Rahmenbedingungen und Voraussetzungen des Lernorts Hochschule allgemein (z. B. rechtliche Voraussetzungen und politische

288

J. Reich-Claassen

Rahmenbedingungen der Hochschulweiterbildung) beziehen und zum anderen aber auch Grundprinzipien und Ziele der Erwachsenenbildung – wie zum Beispiel den sozialen und gesellschaftlichen Bildungsauftrag – in Rechnung stellen. An diesen übergeordneten Zielen orientiert sich die strategische Ausrichtung bzw. das Profil der Institution, an der wissenschaftliche Weiterbildung verankert ist. Dies unterscheidet sich je nach Organisationsform der Weiterbildung (vgl. Hörr und Jütte 2017). Um von den relativ abstrakten übergeordneten Zielen und Schwerpunktsetzungen nun auf konkrete Marketingziele für einen bestimmten Zeitraum und einen bestimmten Bereich zu gelangen, wird eine realistische Einschätzung der Ausgangslage sowohl mit Blick nach „innen“, als auch mit Blick nach „außen“, notwendig. Hierzu trägt die „Situationsanalyse“ (Banscherus 2013, S. 7) bei, häufig auch als „Informationsanalyse“ oder mit Blick auf die Methoden als „Informationsinstrumente“ bezeichnet (Schöll 2005; Reich-Claassen und Tippelt 2010). In Anlehnung an Bruhn und Meffert (2012) konzentriert sich die Situationsanalyse zum einen auf interne Faktoren wie z. B. finanzielle, personelle sowie organisatorische Ressourcen der jeweiligen Institution. Diese können u. a. durch eine Stärken-Schwächen-Analyse nach betriebswirtschaftlichem Vorbild erhoben werden; möglich wäre aber auch der Einsatz sozialwissenschaftlicher Methoden der Potenzialanalyse, die z. B. bedeutsame „Wissensinseln“ der Programmplanung genauer analysieren (vgl. Kap. 4 sowie Reich-Claassen und Hörmann 2012). Zum anderen richtet die Situationsanalyse aber vornehmlich ihren Blick nach außen – auf die Angebotsseite des Marktes für wissenschaftliche Weiterbildung (Wettbewerber) sowie auf die Nachfrageseite, den AdressatInnen und Zielgruppen (vgl. Abschn. 3.1). Die strategische, an den Ergebnissen der Situationsanalyse ausgerichtete Planung von Programmen und Entwicklung von Angeboten ist nun ein zentraler Bestandteil der so genannten Leistungspolitik, die neben Preis-, Distributions- und Kommunikationspolitik wiederum zu den „Aktionsinstrumenten“ des Marketings zählt (vgl. Schöll 2008). Auch wenn sicherlich der Angebotspolitik als „Kernstück des Marketings“ besondere Bedeutung zukommt, so können die genannten Aktionsparameter nicht unabhängig voneinander eingesetzt und modifiziert werden. In der Praxis ist allerdings häufig zu beobachten, dass lediglich einzelne Elemente eines Aktionsparameters – wie bspw. die Art der Bewerbung eines bereits bestehenden Angebots – modifiziert wird, ohne aber im Vorfeld ein strategisches Marketingziel entwickelt und alle Instrumente, allen voran die Leistungspolitik, aufeinander abgestimmt zu haben.

4

Theoretische Modelle der Programmplanung und Angebotsentwicklung

4.1

Programmplanung und Angebotsentwicklung als zyklischer und/oder linearer Handlungsablauf

Aus erwachsenenpädagogischer Sicht können Modelle der Programmplanung zwei unterschiedlichen Perspektiven zugeordnet werden. Beide Perspektiven basieren auf empirischen Erkenntnissen dazu, wie (und teilweise auch warum) Programme und

Angebotsentwicklung und Programmplanung in der wissenschaftlichen . . .

289

Angebote in der Erwachsenenbildungspraxis entwickelt und realisiert wurden. Der sogenannte „professionelle Handlungszyklus“, wie er von Weinberg (2000) veranschaulicht und von Reich-Claassen und von Hippel (2018) ergänzt wurde, kennzeichnet Programmplanung als einen zyklischen bzw. linearen Handlungsablauf, der sich von der Makroebene der Programmplanung über die Mesoebene der Veranstaltungsplanung bis hin zur Mikroebene der Veranstaltungsgestaltung und pädagogischen Interaktion erstreckt. Zu Beginn steht die Ermittlung des Weiterbildungsbedarfes, der gemeinsam mit weiteren Einflussfaktoren die Basis für eine Grobplanung und einen ersten Programmentwurf darstellt. Der Weiterbildungsbedarf bezeichnet „. . . ein objektiv nachweisbares Qualifizierungserfordernis, meist bezogen auf eine größere Gruppe, eine Institution, die gesellschaftliche Entwicklung“ (Schlutz 1998, S. 2); dabei ergibt sich dieses Erfordernis aus einer Diskrepanz zwischen vorhandenen und wünschenswerten Kompetenzen (Schlutz 2006, S. 42). Eine zentrale Anforderung auch an Angebote der wissenschaftlichen Weiterbildung ist es, dieselben „nachfrage- und bedarfsorientiert“ auszugestalten – sowohl im Hinblick auf Umfang und Struktur, aber auch im Hinblick auf ihre Inhalte (vgl. Banscherus 2013). Unter Bedarf wird dabei häufig ein eher objektiver Indikator verstanden, der auf einer Ist-Soll-Differenz z. B. zwischen Anforderungen des Arbeitsmarktes und vorhandenem Fachkräftepotenzial, aber auch Anforderungen der Gesellschaft an die Kompetenz und Haltung der Bevölkerung (z. B. Bürgerschaftliches Engagement, demokratisches Bewusstsein etc.) fußt. Im Kontext beruflicher und betrieblicher Weiterbildung liegen schon seit langer Zeit eine Reihe von Modellen und Instrumenten zur Ermittlung des Bildungs- und Qualifikationsbedarfes auf unterschiedlichen Ebenen vor (vgl. bspw. zusammenfassend Grüner 2000). Auch im Kontext der Hochschulweiterbildung werden eine Reihe von Bedarfsermittlungsmethoden eingesetzt, wie z. B. die Befragung aktueller Teilnehmender im Kontext von Evaluationen, aber auch die Erhebung von Weiterbildungsinteressen bisheriger ehemaliger Teilnehmender und die Befragung von Unternehmen. Ebenso zählen auch Analysen der Mitwettbewerber auf dem Markt wissenschaftlicher Weiterbildung zu diesen Instrumenten (vgl. Banscherus 2013, S. 4). Die Ermittlung des Weiterbildungsbedarfes stellt im Modell nach Weinberg die Basis eines ersten Programmentwurfs dar. An diesen schließt sich die Feinplanung an, in der die Details des Programms festgelegt und die unterschiedlichen Ressourcen (zeitlich, finanziell, materiell) verplant werden. Die Veröffentlichung des Programmes dient der Bedarfsweckung und Werbung. Mit den Schritten der Vorbereitung, Realisierung und Evaluation schließt der Planungsprozess im Bereich der Makrodidaktik und geht über in die konkrete Angebotsplanung und -durchführung (Meso- und Mikrodidaktik). Die Angebotsentwicklung steht für den „Prozess der Entwicklung und Verbesserung (neuer) angebotsfähiger Bildungsdienstleistungen“ (Schlutz 2006, S. 74) und umfasst typischerweise den Dreischritt „Angebotsplanung“ – „Angebotsrealisierung“ – „Angebotsverbesserung“. Im Fokus soll im Folgenden insbesondere die Angebotsplanung stehen, u. a., da Realisierung und Verbesserung weniger verallgemeinerbar sind und stark von der jeweiligen (erwachsenen-)pädagogischen Umwelt abhängen. Die Evaluation des Einzelangebots fließt ein in die Evaluation des Gesamtprogramms, welche Erkenntnisse wiederum in die Ermittlung des Weiterbildungsbedarfes aufgenommen werden.

290

4.2

J. Reich-Claassen

Modell der Angebotsentwicklung nach Erhard Schlutz

Die Planung und Entwicklung eines Einzelangebots lässt sich nach Schlutz (2006) untergliedern in die Teilschritte „Ideen und Anstöße“, „Formulierung einer groben Konzeption“ sowie der „Überprüfung der Tragfähigkeit von Ideen und Konzepten“. Während im Bereich des allgemeinbildenden Schulwesens eine Reihe von (allgemein-)didaktischen Konzepten und Modellen existiert, die eine allgemeine Orientierungs- und Planungsgrundlage für die Unterrichtsgestaltung geben, besteht für die Erwachsenenbildung (noch) kein didaktisches Modell im engeren Sinne. Es ist durchaus umstritten, ob es neben der Differenzierung didaktischer Modelle nach Bildungsbereichen (Elementar-, Grundschul-, Sekundarstufen-, Hochschuldidaktik) auch einer spezifischen Didaktik der Altersstufen bedarf – oder ob die grundlegenden didaktischen Prinzipien, die für Kinder und Jugendliche gelten, unter der Berücksichtigung spezifischer Rahmenbedingungen im Sinne einer „alterssensiblen Didaktik“ auch auf die Erwachsenenbildung übertragbar sind (vgl. Nuissl 2013). Konsens besteht dahingehend, dass bei der Konzeption und Durchführung von Bildungsangeboten im Erwachsenenalter die Spezifika der Teilnehmerorientierung, des Anschlusslernens, der Biografizität bzw. der Biografieorientierung, der Freiwilligkeit sowie der höheren Anforderungen an eine subjektive „Sinnhaftigkeit“ der Teilnahme berücksichtigt werden sollten (vgl. z. B. Siebert 2012). Schlutz (2006) schlägt in Ermangelung einer erwachsenendidaktischen Konzeption ein Modell der Angebotsentwicklung vor, das alle wesentlichen Kriterien für die Überprüfung der Tragfähigkeit von Weiterbildungsangeboten enthält und sich an die Idee der Robinsohnʼschen Curriculumsentwicklung anlehnt (vgl. Robinsohn 1979). Er unterscheidet sechs Aspekte, die im Rahmen der ersten Schritte der Angebotsentwicklung zu überprüfen sind (vgl. Abb. 2). Diese Aspekte sind eng miteinander verbunden; die Nummerierung spiegelt nicht notwendigerweise eine ratsame Planungsabfolge wider, sondern hat eher strukturierenden Charakter. Da die Kursleitenden einen wichtigen Bedingungsfaktor für subjektiv empfundene Qualität von Bildungsdienstleistungen darstellen, hat die Forschergruppe um Rudolf Tippelt und Heiner Barz das Modell noch um die wichtige Frage nach dem „wer?“, also die Frage nach den Kursleitern, die in direktem Kontakt mit den Teilnehmenden stehen, ergänzt (vgl. von Hippel und Reich-Claassen 2008; Tippelt et al. 2008). Auch in der hochschulisch verfassten Weiterbildung spielt die Frage nach dem wissenschaftlichen Lehrpersonal eine besondere Rolle; Seitter (2014) versteht die potenziellen Lehrenden in der wissenschaftlichen Weiterbildung sogar als wichtige AdressatInnen, an deren Kompetenzen, inhaltlichen Schwerpunkten, Motiven und Interessen die Programmplanung ebenso auszurichten sei wie bspw. an den Bedarfen aktueller und potenzieller Teilnehmender. Für eine nähere Charakterisierung der einzelnen Planungsschritte sei an dieser Stelle sowohl auf Schlutz (2006) als auch auf ReichClaassen und von Hippel (2018) verwiesen. Anzumerken ist, dass im Kontext hochschulisch verfasster Weiterbildungsangebote bei allen Planungsschritten immer auch hochschulpolitische, hochschulfinanzielle und hochschulrechtliche Rahmenbedingungen mit zu berücksichtigen sind, ebenso wie die Tatsache, dass sich Hochschulen auf dem Weiterbildungsmarkt insbesondere durch ihre Verankerung im

Angebotsentwicklung und Programmplanung in der wissenschaftlichen . . .

291

Abb. 2 Modell der Angebotsentwicklung (Schlutz 2006, S. 78)

Wissenschaftssystem, ihre unmittelbare Nähe zur „Wissensproduktion“, ihre Monopolstellung im Hinblick auf akademische Qualifikation sowie ihren Auftrag, Wissen und Wissenschaft öffentlich zu machen (vgl. Faulstich 2006), von anderen Anbietern abheben.

4.3

Wissensinseln: Programmplanung als kommunikatives Angleichungshandeln

Programmplanung bewegt sich – wie oben expliziert – im Spannungsfeld unterschiedlicher Anspruchsgruppen und Akteure, deren Anliegen und Bedürfnisse sie durch sukzessives „Angleichungshandeln“ zu vermitteln versucht (vgl. Cervero und Wilson 1994). Tietgens bezeichnete das Angleichungshandeln auch als Suchbewegung, die sowohl von der Angebots- als auch von der Nachfrageseite ausgeht und eine Interpretationsleistung der Anbieter darstellt (vgl. Tietgens 1982). Beide Seiten inspirieren sich sozusagen gegenseitig – die Angebotsseite, indem sie hilft, Bildungsbedarfe zu konkretisieren oder auch erst zu erwecken; die Nachfrageseite, in dem sie auf Bedarfe, Interessen und Trends durch ihr Teilnahmeverhalten aufmerksam macht. Wiltrud Gieseke (2003, 2008) geht mit ihrem Modell der „Wissensinseln“ noch einen Schritt weiter, in dem sie deutlich macht, dass die Programmplanung und

292

J. Reich-Claassen

damit das Angleichungshandeln keine Einzeltätigkeit einer Funktionsstelle sein kann, sondern vielmehr ein relationales Gefüge beschreibt, das unterschiedliche Positionen und Entscheidungsinstanzen durch professionelles, situationsadäquates Handeln miteinander „in Verbindung stellt“ (Gieseke 2008, S. 47). Das Modell basiert auf einer umfangreichen rekonstruktiv-empirischen Untersuchung zur Entwicklung von Programmen in konfessionellen Weiterbildungseinrichtungen (vgl. Gieseke 2000) und stellt die verschiedenen Schritte zur Erarbeitung einzelner Angebote für ein übergeordnetes Programm dar; zusätzlich fließen Erkenntnisse aus der anglo-amerikanischen Programmforschung mit ein (vgl. z. B. Cervero und Wilson 1994; Watkins und Tisdell 2006). Aus dieser Perspektive betrachtet kann Programmplanung keinesfalls als Aufgabenbereich Einzelner mit einer festgelegten Abfolge von Schritten abgearbeitet werden. Es wird deutlich, dass die unterschiedlichen Positionen und Wissensbestände der an der Programmplanung Beteiligten bzw. der die Programmplanung Beeinflussenden miteinander vernetzt und situationsadäquat gestaltet werden müssen. Wiltrud Gieseke (2008) konnte aufzeigen, dass die Wissensinseln (vgl. Abb. 3) beim Planungshandeln in unterschiedlicher Weise und wechselnder Abfolge bearbeitet werden und dass „. . . jedes Angebot im Programm [. . .] einen anderen Weg [nimmt]“ (Wiltrud Gieseke 2008, S. 105). Betont wird aus dieser Perspektive der Programmplanung heraus, dass für jede Handlung und Entscheidung auf den Wissensinseln pädagogische Kompetenzen und Wissensbestände notwendig sind, d. h. alle Schritte des Programmplanungshandelns sind als pädagogisch-professionelles Handeln zu verstehen. Besondere Bedeutung kommt dabei – und dies gilt insbesondere für die Hochschule als Träger von Weiterbildung – Macht- und Interessenskonstellationen zwischen den unterschiedlichen Akteuren zu. Befunde der amerikanischen Forschung in der Tradition des Planungshandelns als kommunikativem Handeln stellen das „networking“ als bedeutende Strategie zur Gestaltung von Machtverhältnissen zugunsten der eigenen Programmplanung heraus (vgl. Watkins und Tisdell 2006). Programmplanungshandeln als professionell-erwachsenenpädagogische Tätigkeit ist also aus dieser Perspektive zu verstehen als Abstimmung, Kommunikation und Beziehungspflege unter der Berücksichtigung von Macht- und Interessenskonstellationen. Die Vorstellung von Programmplanung als „Angleichungshandeln“ bzw. als situationsspezifischem, professionellem Aushandeln und Aufeinander von Beziehungen trifft in besonderem Maße auch auf den Kontext der wissenschaftlichen Weiterbildung zu: So konstituieren sich Zielgruppen hochschulischer Weiterbildung erst durch „vielfältige Passungsprozesse“ (Seitter 2017, S. 211) zwischen Angebot und Nachfrage und sind zu verstehen als „Resultat unterschiedlicher Relationierungen von Bezugsgrößen“ (Seitter 2017, S. 211). Wie auch in der „klassischen“ Erwachsenenbildung ist in der wissenschaftlichen Weiterbildung von einem mehrfachen Adressatenbezug zwischen hochschulexternen (z. B. nachfragende Einzelpersonen, Arbeitgeber, Politik, Wissenschaftssystem . . .) und hochschulinternen bzw. hochschulbezogenen Anspruchsgruppen (z. B. Hochschulrecht, Hochschulfinanzierung, Hochschulpolitik, Hochschulmitarbeitende – und damit auch potenzielle Kursleitende für die wissenschaftliche Weiterbildung) auszugehen. Erst durch

293

Abb. 3 Modell der Wissensinseln (Gieseke 2003, S. 208)

Angebotsentwicklung und Programmplanung in der wissenschaftlichen . . .

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J. Reich-Claassen

die gleichzeitige und iterative Berücksichtigung aller beteiligten Gruppierungen wird die erfolgreiche Umsetzung wissenschaftlicher Weiterbildung zielgerichteter, passgenauer und damit wahrscheinlicher (vgl. Seitter 2014, S. 142 f.). Die unterschiedlichen Ansprüche und Zielperspektiven erscheinen mitunter schwer vereinbar bzw. sogar widersprüchlich – wie z. B. eine von Unternehmen geforderte Employability vs. einem akademischen, auf Persönlichkeitsentwicklung und ganzheitliche Förderung abzielenden Bildungsauftrag. Sie eröffnen die bekannten Spannungsfelder zwischen Praxis- und Wissenschaftsorientierung einerseits und hochschulischem Bildungsauftrag und Markt- bzw. Nachfrageorientierung andererseits (vgl. Bardachzi 2010; Wilkesmann 2010). Aus Perspektive professionellen pädagogischen Handelns wird deutlich, dass diese Spannungsfelder nicht ohne weiteres einmal in die eine, einmal in die andere Richtung „angepasst“ werden können, sondern dass komplexe Aushandlungsprozesse im Sinne eines professionell (erwachsenen-)pädagogischen Umgangs geleistet werden müssen (vgl. auch Reich-Claassen 2017).

5

Fazit

Der vorliegende Beitrag beschäftigte sich mit Fragen der Angebotsentwicklung und Programmplanung in der Hochschulweiterbildung sowohl aus der Perspektive professionellen erwachsenenpädagogischen Handelns als auch aus der Perspektive eines Managements von Erwachsenenbildung. Das, was aus diesen Perspektiven über Funktion, Organisation, Ablauf und Wirkung von Angebotsentwicklung und Programmplanung bekannt ist, kann zweifelsohne auf die „klassischen Formate“ wissenschaftlicher Weiterbildung übertragen werden, die im Wesentlichen den Grundprinzipien der Erwachsenenbildung – selbstverständlich unter spezifischen institutionellen Bedingungen – entsprechen. Mit weiterbildenden und berufsbegleitenden Studiengängen sowie abschlussbezogenen Modulstudien und Zertifikatskursen umfasst Weiterbildung an Hochschulen aber sehr komplexe Formate, deren Planung und Entwicklung sich stärker an der traditionellen Hochschullehre orientiert und eher inhalts- und angebotsorientiert erfolgt. Im Zuge des tief greifenden und anhaltenden Wandels der Hochschulbildung wird allerdings sowohl für die grundständige, als auch insbesondere für die weiterbildende Lehre eine Orientierung an Nachfrage und Bedarfsorientierung als neuer Steuerungsmodus diskutiert, wobei ein „Navigieren“ zwischen und das Austarieren von Bedarfen der unterschiedlichen Anspruchsgruppen bei gleichzeitiger Berücksichtigung eines akademischen Bildungsanspruchs immer wichtiger wird. An dieser Stelle erfordert Planungshandeln wissenschaftliches Wissen und professionelle pädagogische Kompetenzen, wie u. a. in der Idee des kommunikativen Angleichungshandelns verdeutlicht wird. Noch ist vergleichsweise wenig darüber bekannt, wie Angebote wissenschaftlicher Weiterbildung in ihren unterschiedlichen Formaten tatsächlich geplant, entwickelt und durchgeführt werden, welche „Wissensinseln“ im Kontext der Hochschulweiterbildung besonders relevant sind und wie diese miteinander in Beziehung gesetzt werden (können). Empirische Studien, die sowohl an der Tradition der

Angebotsentwicklung und Programmplanung in der wissenschaftlichen . . .

295

Erwachsenenbildungsforschung als auch an der Hochschulforschung anknüpfen und dezidiert Planungsprozesse in den Blick nehmen, könnten eine wichtige Basis für die Weiterentwicklung der empirisch gestützten Angebotsentwicklung im Kontext wissenschaftlicher Weiterbildung darstellen und sollten in Zukunft stärker gefördert und unterstützt werden.

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J. Reich-Claassen

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Angebotsformen des Fernstudiums mit digitalen Medien in der wissenschaftlichen Weiterbildung Olaf Zawacki-Richter und Joachim Stöter

Inhalt 1 Einführung – zum Verhältnis von Fernstudium und wissenschaftlicher Weiterbildung . . . 2 Fernstudium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Angebotsformen im Kontext der Digitalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Zusammenfassung

Nach einer einführenden Betrachtung der strukturellen Ähnlichkeiten zwischen Fernstudium und wissenschaftlicher Weiterbildung, wird das Fernstudium kurz in seine historische Entwicklung bis hin zum Online Lernen eingeordnet. Hierbei ist mit der Digitalisierung des Lernens und Lehrens eine Konvergenz mediengestützter Bildungsangebote des ursprünglichen Fernstudiums und der wissenschaftlichen Weiterbildung zu beobachten, die zu unterschiedlichen Angebotsformen geführt haben. Diese werden auf der Grundlage eines Analyserasters nach dem Grad der Digitalisierung und der hierdurch ermöglichten Flexibilität des Lernens in der wissenschaftlichen Weiterbildung charakterisiert. Bei der Entwicklung innovativer, digitaler Weiterbildungsformate kann von der Theorie, Forschung und Praxis des Fernstudiums profitiert werden. Schlüsselwörter

Fernstudium · Wissenschaftliche Weiterbildung · Digitalisierung · Blended Learning · Angebotsformate

O. Zawacki-Richter (*) · J. Stöter Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Oldenburg, Deutschland E-Mail: [email protected]; [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 W. Jütte, M. Rohs (Hrsg.), Handbuch Wissenschaftliche Weiterbildung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-17643-3_15

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1

O. Zawacki-Richter und J. Stöter

Einführung – zum Verhältnis von Fernstudium und wissenschaftlicher Weiterbildung

Das Fernstudium und die wissenschaftliche Weiterbildung bzw. das lebenslange Lernen unterscheiden sich strukturell voneinander. Während das Fernstudium und der Fernunterricht Mitte des 19. Jahrhunderts bottom up entstanden und eng mit dem Aufkommen medientechnischer Innovationen verknüpft sind (vgl. Zawacki-Richter 2011), hat sich das lebensbegleitende Lernen als eine bildungspolitische Strategie top down entwickelt (EU, UNESCO, OECD) und geht in Deutschland einher mit der Entstehung der institutionalisierten Weiterbildung in den 1960er- und 1970er-Jahren (vgl. Kuhlenkamp 2010) einher. Trotz dieser Unterschiede gibt es doch eine Reihe Parallelen und offensichtlicher Ähnlichkeiten, wie sie Peters (2008) herausarbeitet. Diese betreffen Adressaten bzw. Zielgruppen, Angebotsformate und Organisationsformen sowie didaktische Methoden. Beide Ansätze: • sind eine Antwort auf gesellschaftliche, soziale und demografische Veränderungen und Herausforderungen; • betonen den Zugang zum Studium und zur Weiterbildung von nicht-traditionellen Zielgruppen, die in der höheren Bildung unterrepräsentiert waren; • richten sich mit ihren Bildungsangeboten an der gesamten Lebensspanne aus; • erfordern besondere Angebote der Beratung und Betreuung im Lernprozess (Counselling, Tutoring, Mentoring); • erfordern innovative organisatorische Konzepte und ihre Finanzierung; • ermöglichen räumlich und zeitlich flexible Lernformen; • richten sich an erwachsene Personen mit beruflichen Erfahrungen; • können Lernen mit der Anwendung des Wissens im Beruf verbinden; • betonen didaktische Ansätze des selbst gesteuerten und selbst organisierten Lernens und • unterstützen kollaboratives und konstruktivistisches Lernen. Hinzu kommt heute der alles durchdringende Prozess der digitalen Transformation (Stalder 2016; HFD 2015). Mit der Digitalisierung des Lernens und Lehrens lösen sich schon seit Mitte der 1990er-Jahre die traditionellen Grenzen zwischen reinem Präsenzlernen und reinem Fernunterricht bzw. Fernstudium auf: „The proliferation of information and communication technology (ICT) in conventional campus-based educational settings was clearly blurring the traditional boundaries between distance education and campus-based face-to-face educational practices“ (Naidu 2003, S. 350). Tait (1999) beobachtete früh die Konvergenz des Fern- und Präsenzlernens: „The secret garden of open and distance learning has become public, and many institutions are moving from single conventional mode activity to dual mode activity, that is to say offering a range of modes of study from the full-/parttime and conventional/distance spectrum“ (S. 141). Die Digitalisierung des Lernens und Lehrens betrifft heute alle Bildungsniveaus und Angebotsformen und ganz besonders das Feld der wissenschaftlichen Weiter-

Angebotsformen des Fernstudiums mit digitalen Medien in der . . .

301

bildung aufgrund der oben skizzierten Ähnlichkeiten mit dem Fernstudium, das von je her eine Form des medienvermittelten Lernens war. Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung, des bedingten Fachkräftemangels und des Rückgangs der Studiennachfrage wurden von politischer Seite aus verschiedene Maßnahmen ergriffen, um die Hochschulen für nicht-traditionelle Zielgruppen weiter zu öffnen (Wolter et al. 2015). Hervorzuheben ist hier der BundLänder-Wettbewerb „Aufstieg durch Bildung – offene Hochschulen“1 in dem das Bundesministerium für Bildung und Forschung mit 250 Millionen Euro Hochschulen bei der Entwicklung eines Lifelong Learning Profils unterstützt. In der Präambel der Bund-Länder-Vereinbarung vom 28.05.2010 heißt es: Bund und Länder (. . .) beschließen, (. . .) ihre gemeinsamen Anstrengungen in der Förderung von Wissenschaft und Forschung fortzusetzen, um das Fachkräfteangebot dauerhaft zu sichern, die Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung zu verbessern, neues Wissen schneller in die Praxis zu integrieren und die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Wissenschaftssystems durch nachhaltige Profilbildung im lebenslangen wissenschaftlichen Lernen und beim berufsbegleitenden Studium zu stärken.2

73 Projekte wurden seit 2011 gefördert, die sich schwerpunktmäßig mit der Entwicklung wissenschaftlicher Weiterbildungsangebote und berufsbegleitender Studiengänge beschäftigen. Bemerkenswert ist, dass nahezu alle Projekte das Format des sogenannten Blended Learning (vgl. Osguthorpe und Graham 2003; Garrison und Kanuka 2004) anwenden, bei dem Elemente des Fern- und Präsenzlernens miteinander kombiniert werden. Das Internet gestützte Fernstudium ist somit im Mainstream der wissenschaftlichen Weiterbildung angelangt, obwohl der Begriff des Fernstudiums kaum im Zusammenhang mit den Weiterbildungsangeboten verwendet wird. Dies mag damit zusammen hängen, dass sich das Fernstudium aus einem langen Nischendasein heraus entwickelt hat und sich nun durch die Digitalisierung geradezu explosionsartig international verbreitet (siehe Brasilien, Türkei, Russland oder Südkorea, Zawacki-Richter 2016). Die meisten in der Praxis der wissenschaftlichen Weiterbildung tätigen Personen verfügen daher trotz der inhärenten strukturellen Ähnlichkeiten nicht über den Hintergrund der organisatorischen und didaktischen Grundlagen des Fernstudiums. Ziel des vorliegenden Beitrages ist es daher in einem ersten Schritt, das Fernstudium kurz in seiner Entwicklung historisch einzuordnen. In einem zweiten Schritt sollen dann vor dem Hintergrund der Digitalisierung die Angebotsformen des Fernstudiums in der wissenschaftlichen Weiterbildung charakterisiert werden. Diese Struktur kann als Analyseraster bei der Konzeption und Entwicklung von mediengestützten Weiterbildungsangeboten dienen.

1

https://www.wettbewerb-offene-hochschulen-bmbf.de. Zugegriffen am 22.08.2017. https://www.wettbewerb-offene-hochschulen-bmbf.de/wettbewerb/bund-laender-vereinbarung. Zugegriffen am 22.08.2017.

2

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2

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Fernstudium

Eine weithin akzeptierte Definition des Fernstudiums wurde von Simonson et al. (2011) vorgelegt: Distance Education is institution-based, formal education where the learning group is separated, and where interactive telecommunications systems are used to connect learners, resources, and instructors. (S. 126)

Für ein Fernstudium ist also charakteristisch, das Lernende und Lehrende räumlich voneinander getrennt sind. Institutionen des Fernstudiums waren daher schon immer führend darin, neue Informations- und Kommunikationstechnologien zu nutzen, da das Lernen und Lehren im Fernstudium durch sie überhaupt erst ermöglicht wird (educational technologies), um die Distanz zu überbrücken. So wurde z. B. bereits Mitte der 1980er-Jahre an der Open University in Großbritannien (OUUK) computer-vermittelte Kommunikation (CoSy – Conferencing System) eingesetzt, um Studierende online zu betreuen (Mason 1989). Die Wurzeln des Fernunterrichts und des Fernstudiums gehen jedoch viel weiter zurück und sind eng mit der Einrichtung des Postsystems in Europa und Nordamerika verbunden. In Deutschland brachte Gustav Langenscheidt zusammen mit Charles Toussaint Selbstunterrichtsbriefe für Französisch-Sprachkurse heraus. Die beiden entwickelten die „Methode Toussaint-Langenscheidt“, mit der die französische Aussprache in Studienbriefen vermittelt werden konnte. Die Lautschrift ist also eine Entwicklung des Fernunterrichts und war auch die Grundlage für die erfolgreiche Gründung des Verlages von Gustav Langenscheidt im Jahr 1856. Die University of London war die erste Universität, die 1858 Korrespondenzkurse für Auswanderer in den Kolonien in ihr Angebot aufnahm (vgl. Tait 2008). Die Studienmaterialien wurden mit dem Postschiff verschickt. Großbritannien gründete 1875 in Pretoria (Südafrika) die University of South Africa (UNISA) als erste dezidierte Fernuniversität der Welt. Sie ist auch heute noch die größte Fernuniversität in Afrika mit über 400.000 Studierenden.

2.1

Die Open Learning Bewegung

Die Teilhabe an höherer Bildung war noch in den 1950/60er-Jahren ein Privileg für Wenige. Gerade einmal um die 5 % eines Altersjahrgangs wechselte i. d. R. direkt vom Gymnasium an die Universität (Teichler und Wolter 2004). Seitdem hat eine enorme Expansion und Öffnung des Hochschulsystems stattgefunden. Teil dieser Öffnungsbewegung war auch die Gründung von Fernuniversitäten (wie etwa die 1974 gegründete FernUniversität in Hagen) und der Open Universities, um Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit zu fördern. Dabei fällt ins Auge, dass alle Open Universities Fernuniversitäten sind. Über die Möglichkeit des Fernstudiums in Unabhängigkeit von Raum und Zeit erreichen sie Zielgruppen, die nicht in der Lage wären, konventionell in Vollzeit an einer Präsenzuniversität zu studieren. So skiz-

Angebotsformen des Fernstudiums mit digitalen Medien in der . . .

303

zierte der britische Premierminister Harold Wilson die Zielsetzung der OUUK anlässlich deren Eröffnung wie folgt: The aim of the OU is to widen the opportunities for higher education by giving a second chance to those who can profit from it, but who have been, for one reason or another, unable to go to a University or a College on leaving school. (Wilson 1971, S. 534)

Open Learning bedeutet, dass man ohne jede Hochschulzugangsberechtigung das Studium an einer Open University aufnehmen kann. An der OUUK geht das Verständnis von Open Learning sogar so weit, dass man sich überhaupt nicht für einen bestimmten Studiengang einschreiben muss, sondern völlig frei Studienmodule belegen kann. Als Abschluss erhält man dann einen BA/BSc Open.

2.2

Online Distance Education

Mit der Verbreitung des Personal Computers, des Internets, mobiler Endgeräte und schließlich der fortschreitenden Digitalisierung sämtlicher gesellschaftlicher Bereiche verschwimmen in den letzten 20–30 Jahren, wie bereits oben skizziert, die Grenzen zwischen den klassischen Fern- und Präsenzstudienanbietern. Das Online Lernen – oder „Online Distance Education“ (Zawacki-Richter und Anderson 2014) hat sich mehr und mehr durchgesetzt, insbesondere um i. d. R. berufstätige Lernende in der wissenschaftlichen Weiterbildung zu erreichen. Je nach professioneller und institutioneller Herkunft der Akteure spricht man nun von E-Learning, Blended Learning, Online Lernen, Flexible Learning oder Online Distance Education. Um dieses disparate Bild unterschiedlicher Ansätze und Angebotsformen etwas aufzuschlüsseln, sollen im Folgenden die in der Praxis relevanten Angebotsformen im Kontext der Digitalisierung für die wissenschaftliche Weiterbildung charakterisiert werden. Hierfür wird ein Analyseraster nach dem Grad der Digitalisierung und der hierdurch ermöglichten räumlichen und zeitlichen Flexibilität vorgeschlagen.

3

Angebotsformen im Kontext der Digitalisierung

Für den deutschen Diskurs ist über die in Abschn. 2 genannte Definition von Fernstudium hinaus zu berücksichtigen, dass sich aus dem Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) Abgrenzungen ergeben, verschiedene Angebotsformen zu unterscheiden. Nach § 1 Absatz 1 des FernUSG heißt es dazu (1) Fernunterricht im Sinne dieses Gesetzes ist die auf vertraglicher Grundlage erfolgende, entgeltliche Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten, bei der 1. der Lehrende und der Lernende ausschließlich oder überwiegend räumlich getrennt sind und 2. der Lehrende oder sein Beauftragter den Lernerfolg überwachen.3 3

Siehe dazu § 1 Abs. FernUSG: https://www.gesetze-im-internet.de/fernusg/. Zugegriffen am 21.11.2017.

304

O. Zawacki-Richter und J. Stöter

Neben der grundlegenden Frage, für welche Angebote das FernUSG angewendet werden muss4 ist hier insbesondere auf die Formulierung „überwiegend räumlich getrennt“ zu achten. Das hieße, das FernUSG ist lediglich bei solchen Programmen anzuwenden, welche einen Fernlehr-Anteil von mind. 51 % vorweisen. Auf Basis dieser Ausführungen definiert das Bundesinstitut für Berufsbildung (BiBB), welches seit 2015 die ehemalige Fernunterrichtsstatistik (nun unter dem Namen „Strukturdaten Distance Learning/Distance Education“) durchführt, folgende drei Bildungsformate: • „Fernstudium“: Fernstudienangebote mit einem Präsenzanteil unter 50 %, • „Blended Learning“: Fernstudienangebote mit einem Präsenzanteil über 50 %, • „reines Onlinelernen“: Fernstudienangebote ohne Präsenzanteil (Fogolin 2017, S. 10) Da diese Unterteilung für ein Werk zur umfassenden Beschreibung des Fernstudiums in Deutschland genutzt wird, ist es notwendig, diese Begrifflichkeiten einordnen zu können. Da in internationalen Definitionen die Anteile variieren (vgl. Allen und Seaman 2014), kann es ansonsten zu fehlerhaften Schlussfolgerungen zur wirklichen Entwicklung dieser Lernszenarien kommen. Diese vom BiBB genannten drei Varianten werden der Komplexität der in der wissenschaftlichen Weiterbildung existierenden Angebote allerdings kaum gerecht. Es bietet sich daher an, entlang konkreter Dimensionen eine Unterteilung vorzunehmen, welche sich aus dem Grad der Digitalisierung sowie der räumlichen wie zeitlichen Flexibilität des Lernens ergeben. Das sich daraus ergebende Raster dient nachfolgend zur Beschreibung unterschiedlicher Lern-Szenarien. Abb. 1 stellt entlang des Grades der Digitalisierung des Lernens und des Grades der räumlichen und zeitlichen Flexibilität des Lernen verschiedene Möglichkeitsräume dar, die Ausprägungen auf drei Stufen (gering – mittel – hoch) haben können. Denkbar sind hierbei grundsätzliche beliebige Kombinationen, die sich an den Bedürfnissen der jeweiligen Zielgruppen sowie den jeweiligen Inhalten orientieren. Die hier abgebildeten Lehr-Lernformate A bis F entsprechen aber am ehesten der Praxis in der wissenschaftlichen Weiterbildung. Die Möglichkeiten zur raumzeitlichen Flexibilisierung, welche entsprechende Medien mit sich bringen, haben einen erheblichen Einfluss auf das jeweilige Angebotsformat. Da insbesondere im Weiterbildungskontext Lernen als sozialer Prozess verstanden wird, werden Bildungstechnologien vor allem unter dem Gesichtspunkt der Möglichkeiten zur Kommunikation und Interaktion zwischen den Akteuren (Lehrende, Lernende und auch den Inhalten) im Lehr-Lernprozess zu betrachten sein. Dabei gilt es zwischen externer Interaktion (Lernende untereinander) und interner Interaktion (Lernende und Inhalte) zu unterscheiden.

Siehe dazu ZFU, „3. Findet das FernUSG auch Anwendung auf Hochschulaktivitäten?“ http:// www.zfu.de/faq.html#drei. Zugegriffen am 21.11.2017.

4

Angebotsformen des Fernstudiums mit digitalen Medien in der . . .

305

Abb. 1 Angebotsformate im Kontext der Digitalisierung (Zawacki-Richter 2017)

Die eingesetzten Anwendungen zur Information und Kommunikation unterscheiden sich im Wesentlichen durch • die Richtung der durch sie vermittelten Interaktion (uni-, bidirektionale Medien) sowie • die zeitliche Dimension der durch sie vermittelten Interaktion (asynchrone und synchrone Medien). Unidirektionale Medien werden z. B. eingesetzt, wenn nur vom Sender zum Empfänger ein Austausch stattfindet und keine unmittelbare Interaktion möglich ist (z. B. bei Podcast, Vodcast, Radio, Filmen, etc.). Interaktion ist hier nur indirekt (intern) möglich, zwischen Lernenden und Studienmaterial. Bidirektionale Medien erlauben eine Interaktion zwischen Lernenden und Lehrenden bzw. den Lernenden untereinander (z. B. Foren, Online-Seminare, etc.). Angesichts des Verständnisses eines sozialen Prozesses, sind vor allem die bidirektionalen Medien zentral für den Lernprozess. Medien ohne Interaktion können eher als Begleitmedien verstanden werden (vgl. Garrison 1985). Es gilt ebenfalls zu beachten, dass die Medien einen synchronen oder auch asynchronen Austausch ermöglichen. Im ersten Fall ist zwar eine zeitgleiche, unmittelbare Interaktion möglich, sie schränken aber gleichzeitig die zeitliche Flexibilität ein. Teilnehmende müssen das jeweilige Tool (z. B. eine Videokonferenz, einen Chat, einen virtuellen Seminarraum) zu einer festgelegten Zeit nutzen. In asynchronen Szenarien entfallen zwar die Vorteile der direkten Interaktion, aber dadurch wird ein zeitlich flexibler Austausch möglich (z. B. über Beiträge in einem Forum, Aufzeichnungen eigener Inhalte). Didaktische Überlegungen finden in der Regel jedoch zunächst auf Basis der lehrlerntheoretischen Grundannahmen eines Weiterbildungsangebots statt und sollten

306

O. Zawacki-Richter und J. Stöter

auf dieser Basis dann um Überlegungen zu Medieneinsatz und Flexibilitätsimplikationen ergänzt werden. Für jede Zielgruppe und jeden Inhalt ist der didaktische Ansatz zu erarbeiten, unterschiedliche Ansätze können durch eine entsprechende Medienselektion unterstützte werden. Didaktische Szenarien lassen sich entlang zweier Paradigma verorten: dem Instruktionsparadigma und dem Konstruktionsparadigma. Aus diesen lassen sich verschiedene „E-Learning Welten“ ableiten (Schulmeister 2005; Zawacki-Richter 2004). Angebote, die dem Instruktionsparadigma zuzuordnen sind, fokussieren auf Wissensvermittlung oder dem Erwerb von Fertigkeiten („Skills“). Lernen findet eher entlang behavioristischer oder kognitivistischer Ansätze statt (expositorisches Lehren, rezeptives Lernen). Zum Einsatz kommen Selbstlernprogramme (z. B. Lernprogramme, Computer-based Trainings). Ein konkretes Beispiel könnte eine Produktschulung für Vertriebsmitarbeiter sein. Die Ansätze aus dem Konstruktionsparadigma haben die Entwicklung komplexer Kompetenzen zum Ziel; diese lassen sich in der Regel nur durch soziale Lernprozesse erreichen (Zawacki-Richter 2004). Die Angebote aus der wissenschaftlichen Weiterbildung sowie berufsbegleitender Studien- und Zertifikatsprogramme entsprechen eher diesem Paradigma. Die Lernobjekte sind dabei hochgradig komplex und stammen nicht selten aus der konkreten Praxis der Lernenden, daher ist ein direkter Austausch über diese Lerninhalte zentral. Szenarien sind hierbei Seminare, die auch online stattfinden können. Die Aufgaben für die Lernenden sind im Wesentlichen nicht auf das Selbstlernen angelegt, sondern lassen sich als Projektlernen oder Problem-based Learning beschreiben. Es wird deutlich, dass die jeweiligen Angebotsformate überaus unterschiedlich kombiniert sein können und entsprechend komplexe Anforderungen an eine zeitliche und räumliche Struktur mit sich bringen. Die didaktischen Überlegungen wirken in diesem Sinne als unabhängige Variable auf die Medienselektion. Für Angebote, die nach dem Konstruktionsparadigma konzipiert sind, stellen sich komplexere Anforderungen an die einzusetzenden Tools zur Kommunikation, Kollaboration und Interaktion. Nachfolgend werden die in Abb. 1 skizzierten sechs Fälle beschrieben.

3.1

Fall A: Präsenzlernen

Dieses klassische Szenario zeichnet sich durch einen geringen Anteil digitaler Anwendungen aus, eine Flexibilität hinsichtlich Raum und Zeit ist demnach kaum gegeben, auch wenn die Präsenztermine in der Regel weitestgehend an die Bedürfnisse der Zielgruppen angepasst sind (z. B. abends oder am Wochenende). Eine regelmäßige Teilnahme an den Präsenzveranstaltungen, welche auch der zentrale Ort des Lernens sind, ist zwingend notwendig. Medientechnisch gut ausgestattete Seminarräume verfügen über interaktive Whiteboards, über die der Unterricht mit Lernprogrammen/Übungen und Internetanwendungen ggf. bereichert werden kann. Der Einsatz dieser Technik dient dabei in erster Linie der Unterstützung der Lehrenden als Wissensvermittler/-in.

Angebotsformen des Fernstudiums mit digitalen Medien in der . . .

307

Diese Weiterbildungsformate können sich in Dauer, Umfang und Niveau stark unterscheiden,, da es lediglich ein paar Stunden dauernde aber auch mehrjährige Angebote sein können (z. B. Ausbildungen im Bereich Psychotherapie).

3.2

Fall B: Internetgestütztes Präsenzlernen

Durch den Einsatz von Lernmanagementsystemen (LMS) können ergänzende Materialien für die Teilnehmer/-innen bereit gestellt werden, im Vordergrund steht dabei immer noch der Präsenzunterricht. Zusätzliche Lernmaterialien können z. B. Aufgaben, Videos, weiterführende Texte und dergleichen sein. Die Lernenden können untereinander über Foren in einen Austausch treten, dennoch unterstützt dies nur marginal die zeitliche oder räumliche Flexibilität, da die Anwesenheit in der Präsenzveranstaltung als Ort des Lernens unerlässlich ist. Der Grad der Digitalisierung kann als mittel beschrieben werden, da auch parallel zum Ablauf des Kurses digital angereicherte Materialien zur Verfügung stehen, die auch vor oder nach den Präsenzen bearbeitet werden können. Die Medien sind in diesen Fällen mehr als lediglich die bereitgestellten Foliensätze der Lehrenden. Der Ansatz des „umgedrehten Unterrichts“ (Flipped Classroom oder Inverted Classroom, vgl. Nematollahi et al. 2015) ist in diesem Zusammenhang als neuere Entwicklung hervorzuheben. Dabei wird die Beschäftigung mit den online zur Verfügung gestellten Lernmaterialien didaktisch sinnvoll mit der Präsenz verknüpft. Grundlagentexte können so bereits zuhause vor dem Präsenztermin erarbeitet werden, um dann in der Präsenz auf konkretere Fragestellungen oder Diskussionen eingehen zu können. Auch für die Weiterbildung werden diese Ansätze inzwischen nutzbar gemacht.5

3.3

Fall C: Blended Learning

Unter Blended Learning (Engl. blended = gemischt) sind solche Angebotsformate gemeint, in denen internetgestütztes Lernen stark mit der Präsenz verzahnt sind, die genauen Übergänge dabei sind oft fließend. Die grundlegende Idee ist es, die Möglichkeiten zum sozialen Austausch der Präsenz mit den flexiblen Lernmöglichkeiten durch onlinegestützte Anteile zu verbinden. Die Kombination verschiedener Formate und Medien kann als kürzeste Beschreibung dieses Falles verstanden werden, in diesem Sinne wären Ansätze des Flipped Classroom wie unter Fall B beschrieben, ebenfalls ein Blended Learning Szenario. Dies würde ebenfalls für den internetgestützen Fernunterricht (Fall E) gelten. Nach Allen und Seamann (2014) spricht man jedoch vom blended learning, wenn der Anteil von Online-Lernphasen Flipped Classroom. Folge 9 des Dossiers „Digitalisierung in der Erwachsenenbildung“. https://wb-web.de/dossiers/Digitalisierung-in-der-Erwachsenenbildung-1/folge-9-flipped-class room.html. Zugegriffen am 13.12.2017. 5

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insgesamt bei mindestens 30 % liegt. Konkret würde ein solches Lernarrangement darauf aufbauen, dass die Kursteilnehmenden zu Beginn ein Lern-/Studienmaterial (gedruckt oder auch digital) bereitgestellt bekommen. Vor einer ersten Präsenz wären diese Materialien dann über mehrere Tage oder Wochen zu bearbeiten, bei diesen Selbstlernaufgaben bietet sich eine enge Betreuung der Lernenden durch Online-Mentor/-innen oder Tutor/-innen an. Eine an diese Online-Bearbeitung anschließende Präsenzveranstaltung von ein oder mehreren Tagen kann im Idealfall dann dazu genutzt werden, auf gemeinsamer Wissensbasis an konkreten Projektaufgaben oder Fallbeispielen zu arbeiten. Die Teilnehmer/innen haben dadurch die Möglichkeit, gemeinsam in Projektgruppen zu arbeiten. Eine Variante eines solchen Formates findet sich in der nachfolgenden Abb. 2.

Vorbereitungsphase

Ca. 4 Wochen

Modulstart, Erhalt der Studienmaterialien, Freischaltung des Moduls in der Lernumgebung

1. Präsenzphase

2 Tage

Einführung, Klausur, Generierung von Projektthemen, Bildung von Projektgruppen, Erstellung von Arbeitsplänen

Projektphase

16 Wochen

Bearbeitung des Projektes durch die Projektgruppe, Betreuung durch die Lehrenden auf der Lernumgebung

2. Präsenzphase

2 Tage (Fr./Sa.)

Präsentation der Projektarbeit, Feedback durch Lehrende und Mitstudierende

Abschlussphase

3–4 Wochen

Ausarbeitung der Projektarbeit, Abgabe der Prüfungsleistung, Modulende

Abb. 2 Ablaufmodell eines Angebotsformat im Blended Learning Design (Center für Lebenslanges Lernen, C3L. (Online und Präsenz: Modulablauf am C3L: https://www.uni-oldenburg.de/c3l/studien gang/bwlsport/organisation/. Zugegriffen am 20.12.2017))

Angebotsformen des Fernstudiums mit digitalen Medien in der . . .

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An diesem Beispiel wird deutlich, wie die einzelnen Präsenzen durch (i. d. R. mehrwöchigen) Online-Phasen verbunden werden. In diesen können die Lernenden, tutoriell betreut, an den Projektthemen arbeiten. Die Ergebnisse dieser Projekte werden in der abschließenden Präsenz vorgestellt. Möglich sind aber auch onlinegestützte Varianten einer solcher Präsentation. Im Vergleich zu Fall A und B ist in diesem Szenario die raum-zeitliche Flexibilität deutlich gesteigert, da unterstütze Lernphasen durch digitale Anwendungen ermöglicht werden. Die Präsenzphasen dienen dem sozialen Austausch und erlauben ein intensiveres Arbeiten, da die grundlegenden Inhalte bereits online vermittelt wurden. In diesem Sinne wird versucht das Beste aus der „Online“ und „Offline“ Welt miteinander zu verbinden. Im Vergleich zu vollkommen online umgesetzten Formaten (siehe Fall F), erleichtert die Präsenz z. B. die Bildung von Lern- und Projektgruppen. Der Online-Anteil bei Blended Learning Formaten beläuft sich häufig auf über 30 %. Durch die intensiven Online-Phasen, findet entsprechend das Gros des Lernens im LMS statt. Daher wird es notwendig, auf die gesamte Bandbreite zur Verfügung stehender Medien zur Information, Kommunikation und Kollaboration zurückzugreifen. Konkrete Anwendungen können dabei z. B. sein: asynchrone Onlineforen (Diskussion über Inhalte, Sammlung von Fragen), Content Management System (zur Dateiablege und zum Informationsmanagement), Online-Konferenzsystem (für synchrone Meetings zwischen Lernenden untereinander oder zur Projektvorstellung) sowie Anwendungen zur gemeinsamen Bearbeitung und Texten oder Präsentationen (z. B. Etherpads oder Wikis). Durch diese beschriebene Kombination hat sich der Blended Learning Ansatz in digitalisierten Weiterbildungsangeboten mehr oder weniger durchgesetzt und bietet sich vor allem für komplexere Weiterbildungen an, bei denen z. B. Projektlernphasen eingebunden werden sollen/müssen. Den in der Regel berufstätigen Zielgruppen wird häufig erst durch diese Ansätze eine Teilnahme möglich Ein hohes Maß an Flexibilität wird vor allem durch asynchron nutzbare Medien erreicht. Die bereits erwähnte Betreuung durch Tutoren/Mentoren ist für den Erfolg sowie die Qualität der Angebote von erheblicher Relevanz.

3.4

Fall D: Traditioneller Fernunterricht, print-basiert

Im Kern des Fernunterricht stehen gedruckte Studienmaterialien (Studienbriefe), welche den Teilnehmenden regelmäßig zugeschickt werden und welche didaktisch für ein Selbststudium aufbereitet wurden. Über Einsendeaufgaben in diesen Materialien wird der Lernprozess der Teilnehmenden gesteuert. Sie müssen in der Regeln an Tutor/-innen zur Korrektur geschickt werden. Als Prüfungsformate werden häufig Klausuren genutzt, die z. B. an regional verteilten Zentren der Einrichtung durchgeführt werden. Präsenzveranstaltungen bestehen zwar auch, sind allerdings häufig als optionale Ergänzung und nicht verpflichtend gedacht. Durch das Fehlen verpflichtender Präsenzen sowie die didaktische Ausrichtung auf häufig selbstgesteuerte Lernprozesse besteht ein hohes Maß an raum-zeitlicher Flexibilität. Solche selbstgesteuerten Prozesse verlangen allerdings ein hohes Maß an Motivation und

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Organisation (Selbstlernkompetenz). Interaktionen zwischen Lehrenden und Lernenden oder untereinander sind dadurch jedoch kaum möglich, da die Kommunikation meist nur von der Lehreinrichtung zu den einzelnen Teilnehmenden gerichtet ist. Dies führt zu einer hohen Abbrecherquote, wenn nicht gleichzeitig durch eine tutorielle Betreuung entgegen gewirkt wird. Um den Austausch der Lernenden untereinander physisch zu ermöglichen, haben z. B. Fernuniversitäten in der Vergangenheit ein Netz von Studienzentren aufgebaut. Dort können Teilnehmende sich beraten lassen, ihre Prüfungen ablegen oder sich mit anderen Lernenden austauschen (z. B. Studienzentren der FernUniversität in Hagen oder der Open University UK). Für Deutschland haben sich solche Formate im Grunde überholt, zum einen durch die inzwischen hohe Dichte von Bildungsanbietern, aber auch durch einen stärkeren Grad an Digitalisierung. Für Schwellenländer oder Länder mit großen Entfernungen zwischen den Institutionen und ihren Lernenden, sowie in Ländern mit einer nicht für digitale Angebote ausgelegten Infrastruktur, ist dieses Format jedoch häufig der einzige Weg, die Lernenden zu erreichen. Zudem ist das print-basierte Fernstudium extrem skalierbar: An der University of South Africa gibt es einzelne Module (z. B. in BWL), in denen über 20.000 Studierende in einem Kurs eingeschrieben sind (siehe Hülsmann und Shabalala 2016).

3.5

Fall E: Internetgestützter Fernunterricht

Als Erweiterung um vor allem digitale Möglichkeiten zur Kommunikation und Interaktion (z. B. Austausch in Foren auf der Lernumgebungen) ist der internetgestützte Fernunterricht im Grunde didaktisch ähnlich angelegt wie der traditionelle Fernunterricht, der Digitalisierungsgrad ist als mittel einzuschätzen. Die bereitgestellten Lernobjekte, wie z. B. Studienmaterialien, werden ergänzend neben der gedruckten Fassung, auch digital aufbereitet, um auf den verschiedenen Endgeräten genutzt werden zu können. Dadurch werden diese Materialien idealerweise flexibler aber vor allem interaktiver durch die Lernenden nutzbar. Didaktisch steht dabei selbstgesteuertes und ggf. mentoriell betreutes Lernen im Fokus, Durch den Einsatz internetgestützter Anwendungen lässt sich die raum-zeitliche Flexibilität in diesem Fall deutlich erhöhen. Durch den asynchron möglichen Austausch zwischen Lehrenden und Lernenden, sowie zwischen den Lernenden untereinander, lassen sich die isolierten, selbstgesteuerten Lernprozesse aufbrechen und um diskursive Interaktionen in Bezug auf die Lernobjekte erweitern. Dadurch werden neben der Flexibilität auch inhaltliche Mehrwerte geschaffen. Betreuungsszenarien lassen sich in diesem Falle schneller und gezielter realisieren, wenn der Austausch zeitnah auf der Lernplattform stattfindet. Durch das rasante Wachstum von Fernstudienangeboten, vor allem maßgeblich durch Privathochschulen (vgl. Fogolin 2017), haben sich solche internetgestützten Fernstudiumformate weitestgehend etabliert. Die Skalierbarkeit der Angebote bleibt durch die auch digital bereitgestellten Studienmaterialien sowie den niedrigschwelligen Einsatz der Möglichkeiten eines LMS erhalten, nutzt jedoch gleichzeitig die Potenziale digitaler Medien zur Kommunikation, Betreuung und Organisation der Lernenden untereinander (z. B. für Lerngruppen).

Angebotsformen des Fernstudiums mit digitalen Medien in der . . .

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Der Lehr-Lernprozess wird aber weiterhin in erster Linie durch die didaktische Struktur des Lernmaterials und weniger durch digitale Kommunikationsformen bestimmt. Dabei beschränken sich die Formate nicht nur auf ganze Studiengänge. Alle Niveaustufen sind hier denkbar.

3.6

Fall F: Reines Online-Lernen

Während der Präsenzunterricht das eine Ende der Skala bildet, stellt das reine Online-Lernen den höchsten Grad der Digitalisierung dar. Der gesamte Verlauf einer Weiterbildung wird online umgesetzt, von der Anmeldung bis zur abschließenden Prüfung. Auch gedruckte Studienmaterialien oder Formen der Präsenzinteraktion sind in der Regel nicht vorgesehen. Auch aus dem Ausland lassen sich Kurse belegen. In diesem Sinne sind Teilnehmende räumlich komplett flexibel, je nach didaktischem Design und/oder der anvisierten Zielgruppe, kann auch eine erhebliche zeitliche Flexibilität gegeben sein. Bei Angeboten aus dem Ausland kann ggf. die Zeitverschiebung eine synchrone Kommunikation deutlich erschweren. Denkbar sind alle Formen digitaler Medien (asynchron wie synchron), dabei gehen die Anwendungen häufig deutlich über ein Lernmanagementsystem hinaus und auch Angebote sozialer, kollaborativ angelegter Medien (z. B. Web 2.0 Anwendungen, wie Blogs und soziale Netzwerke) werden gezielt integriert (vgl. Beldarrain 2006). Diese Anwendungen zeichnen sich vor allem durch den starken Fokus auf Kollaboration aus und sind in den meisten Fällen so gestaltet, dass auch ohne besondere technische Kenntnisse eigene Produkte (Texte, Audioaufnahmen, Filme, etc.) entwickelt werden können. Lernende werden demnach zu Produzenten, anstatt lediglich Inhalte zu konsumieren. Als umfangreichster Ansatz können komplette Online Seminare bzw. Online Kurse genannt werden, welche auch Teil eines Zertifikatsprogramms oder gar Online Studiengangs sein können. In diesen Szenarien verlagert sich das Lernen weg von vorgegebenen Materialien, sondern entsteht im Austausch mit den anderen Akteuren, Lehrenden wie Lernenden. Lernen ist in diesem Falle ein durch Moderation und Begleitung unterstützter Prozess. Diese Begleitung kann synchron in „Webinaren“ oder asynchron in Foren stattfinden. Als Lernobjekte dienen dabei zwar immer noch vereinzelte Texte, aber auch Filme, Webseiten und noch durch die Lernenden zu entwickelnde Materialien sind denkbar. Bei den genannten „Webinaren“, handelt es sich um synchron stattfindende Online Seminare (z. B. mittels Adobe Connect, Big Blue Button, Skype oder verschiedene Moodle Plugins), die inzwischen in vielfältigen Kontexten eingesetzt werden. Die Teilnehmenden werden durch diese Anwendungen in die Lage versetzt, in Echtzeit an Inhalten zu arbeiten, an Präsentationen teilzunehmen bzw. selbst zu halten. Dabei können sich alle Teilnehmenden durch den eingebundenen Videostream bei Bedarf auch sehen. Dadurch wird das dem Online-Lernen eigene unpersönliche Moment relativiert. Im Grunde wird dabei ein „normales“ Präsenzseminar nachgestellt, mit den entsprechenden Einschränkungen hinsichtlich zeitlicher Flexibilität. Da diese Webinare jedoch technisch einfach aufgezeichnet werden können, besteht auch im

312

O. Zawacki-Richter und J. Stöter

Nachgang die Möglichkeit, sich die Inhalte zu erschließen, wenn Teilnehmende z. B. an einem bestimmten Termin verhindert sind. Bei Computer-based Trainings (CBTs) und Web-based Trainings (WBTs) handelt es sich um multimedial aufbereitete Selbstlernprogramme (vgl. Hasebrook 1995). Der wesentliche Unterschied zwischen diesen Formaten ist, dass die CBTs an einem Computer auch offline („programmierter Unterricht“) durchgeführt werden können (auf CD-ROM, DVD.) während WBTs im Internet auf entsprechenden Seiten zu finden sind. Der große Vorteil liegt hier in der viel einfacheren Möglichkeit der Aktualisierung von Inhalten und der Einbindung von digitaler Kommunikation z. B. mit einem Tutor. Es handelt sich in beiden Fällen um kleinere, in sich geschlossene Lerneinheiten. Sie sind selbstständig zu bearbeiten (interne Interaktion) und können einzeln oder als Teil einer größeren Veranstaltungsform eingesetzt werden. In Deutschland etwa seit 2013 umfassend diskutiert, handelt es sich bei den so genannten MOOCs (Massive Open Online Courses) um ein noch relativ junges Phänomen (vgl. Bozkurt et al. 2017). Die Ursprünge gehen auf die Open Education Bewegung zurück (Peter und Deimann 2013). Diese offenen Kurse sind komplett online gestaltet und werden in der Regel weltweit kostenlos angeboten. Das Niveau der Inhalte ist mit Hochschulinhalten vergleichbar. Dabei skalieren sie extrem gut, erste MOOCs hatten mehrere zehntausend Teilnehmende. Die Inhalte sind frei wählbar, allerdings können bei einigen Geschäftsmodellen Kosten für das Ablegen von Prüfungsleistungen oder die Ausstellung entsprechender Bescheinigungen durch z. B. mit einen MOOC-Anbieten kooperierenden Hochschulen, anfallen. Auch durch diese relativ unverbindliche Bindung, weisen MOOCs häufig erhebliche Abbrecherquoten auf. Eine deutsche MOOC Plattform ist Iversity (https://iversity.org/de/courses), welche im Juni 2016 zwar Insolvenz anmeldete, kurze zeit später allerdings von einer Verlagsgruppe übernommen wurde Die größten internationalen MOOC-Plattformen sind coursera (https://www.coursera.org/), edX (https://www.edx.org/) sowie udacity (https://de.udacity.com/). Es kann im Wesentlichen zwischen zwei Varianten von MOOCs unterschieden werden: xMOOCs und cMOOCs. xMOOCs basieren auf regulären Hochschulveranstaltungen, welche für eine große Anzahl von Teilnehmenden auf der ganzen Welt bereitgestellt werden (x steht für extension). Es handelt sich häufig um angepasste Vorlesungsaufzeichnungen. Ergänzt werden diese durch wöchentliche Aufgaben und begleitende Foren. Inhaltlich ist diese Variante klar strukturiert. Im Gegensatz dazu sind cMOOCs eher nach einem konnektivistischen Konzept (c für connectivism) entworfen. Die Anbieter eines Kurses liefern dabei in erster Linie Impulse und einzelne Lernressourcen, der eigentliche Lernprozess entsteht dabei allerdings aus der Interaktion untereinander sowie der Entwicklung individueller Lernpfade.

4

Fazit

Mit der Digitalisierung des Lernens und Lehrens halten Elemente des Fernstudiums Einzug in das allgemeine Lehrangebot von Hochschulen, wobei die Angebotsformate nach dem Grad der Digitalisierung und der hierdurch ermöglichten zeitlichen und räumlichen Flexibilität unterschieden werden können.

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Dies gilt insbesondere für Angebotsformate der wissenschaftlichen Weiterbildung, in der Berufstätige eine wichtige Zielgruppe darstellen und raum-zeitlich flexible Studienangebote nachfragen, um das Lernen mit beruflichen, familiären oder sonstigen sozialen Verpflichtungen zu vereinbaren. Sir John Daniel, ehemaliger Vizepräsident der OUUK und Präsident des Commonwealth of Learning (COL) sieht das Fernstudium als ein „powerful tool for supporting lifelong learning“ (Daniel 2005, S. ix). Von der Theorie, Forschung und Praxis des Fernstudiums kann bei der Entwicklung innovativer Weiterbildungsformate profitiert werden. Dies betrifft insbesondere Aspekte der didaktischen Konzeption des Lernens und Lehrens mit digitalen Medien und Angebote der Betreuung und Beratung von räumlich verteilten, nichttraditionellen Studierenden, auf die sich Institutionen des Fernstudiums als „helfende Organisationen“ (Delling 1971) schon von Beginn an eingestellt haben.

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Bedarfserfassung und Nachfrageorientierung in der wissenschaftlichen Weiterbildung Wolfgang Seitter

Inhalt 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Bedarfe, Zielgruppen und Angebote als wechselseitiges Erschließungs- und Passungsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Bedarfe – Zielgruppen – Angebote: exemplarische empirische Befunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Nachfrageorientierung wissenschaftlicher Weiterbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Theoretische Deutungen der Nachfrageorientierung an Hochschulen – ein Ausblick . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Zusammenfassung

Der Beitrag fokussiert Bedarfserfassung als ein wechselseitiges Erschießungsverhältnis von Bedarfen, Zielgruppen und Angeboten und präsentiert hierzu ausgewählte empirische Befunde. Zudem wird Nachfrageorientierung als (neuer) Steuerungsmodus hochschulischer Angebotsgestaltung eingeführt und als Ausdruck einer zunehmenden Umwelt- und Leistungsorientierung von Hochschulen theoretisch ausgedeutet. Schlüsselwörter

Bedarfserfassung · Nachfrageorientierung · Wissenschaftliche Weiterbildung · Zielgruppenanalyse · Angebotsformate

W. Seitter (*) Philipps-Universität Marburg, Marburg, Deutschland Fb 21, Erziehungswissenschaften, Philipps-Universität Marburg, Marburg, Deutschland E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 W. Jütte, M. Rohs (Hrsg.), Handbuch Wissenschaftliche Weiterbildung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-17643-3_16

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1

W. Seitter

Einleitung

Mit dem Ausbau der wissenschaftlichen Weiterbildung an Hochschulen kommt der Bedarfserfassung und Nachfrageorientierung eine erhebliche Bedeutung zu. Angebote der wissenschaftlichen Weiterbildung sind in der Regel – bei stark abweichenden länderspezifischen Vorgaben – kostendeckend zu kalkulieren und häufig in Konkurrenz zu anderen (privaten) Weiterbildungsanbietern zu vermarkten. Der Passungsfähigkeit der Angebote mit Blick auf zielgruppenspezifische Bedarfe kommt daher eine zunehmende Aufmerksamkeit zu. Bedarfs- und Nachfrageorientierung können insofern als generalisierte Steuerungsmodi der Angebotsgestaltung wissenschaftlicher Weiterbildung bezeichnet werden, die insbesondere Universitäten vor erhebliche organisationskulturelle Herausforderungen stellen (Seitter 2014). Bedarfe sind dabei keine isolierten Größen, die einfach abgefragt, erhoben und ausgewertet werden können, sondern artikulieren und konkretisieren sich mit Blick auf bestimmte Zielgruppen ebenso wie mit Blick auf bestimmte Angebote. Bedarfe, Zielgruppen und Angebote stehen in einem wechselseitigen Erschließungsverhältnis, das eher prozessual und weniger punktuell zu bestimmen ist, wobei in analytischer und handlungspraktischer Perspektive die einzelnen Komponenten häufig (zunächst) isoliert betrachtet werden. Die Überführung von Bedarfen in faktische Nachfrage, die ‚Verwandlung‘ von antizipierten Adressaten und Zielgruppen in reale Teilnehmende an konkreten Kursen und Veranstaltungen ist der kritische Ziel- und Umschlagpunkt aller bedarfsbezogenen Ermittlungsbestrebungen. Dieser erfordert dann wiederum weitere Anstrengungen der Bedarfserfassung und -konkretisierung, um gewonnene und zahlende Kunden mittelund langfristig auch tatsächlich binden zu können. Im Folgenden wird das Wechselspiel zwischen Bedarfen, Zielgruppen und Angeboten im Kontext der wissenschaftlichen Weiterbildung systematisch entfaltet (2), um dann ausgewählte empirische Befunde der Bedarfserfassung an unterschiedlichen (Prozess-)Punkten vorzustellen (3). In einem weiteren Schritt wird Nachfrageorientierung als ein umfassender Steuerungsmodus hochschulischer Angebotsgestaltung unter den Bedingungen konkurrenzbezogener Vermarktung eingeführt (4), um abschließend eine Reihe theoretischer Ausdeutungen für diese epochale Verschiebung vorzustellen (5).

2

Bedarfe, Zielgruppen und Angebote als wechselseitiges Erschließungs- und Passungsverhältnis

Die Begriffe Bedarf und Nachfrage werden in der erwachsenenpädagogischen und sozialwissenschaftlichen Literatur häufig synonym verwendet und gleichermaßen nach Ebenen (individuell, organisational, gesellschaftlich), Artikulationsgrad (latent, manifest) oder Konkretionsniveau (allgemein, spezifisch) ausdifferenziert. Bei weitergehenden Begriffsdifferenzierungen wird Bedarf eher auf einer organisationalen oder gesellschaftlichen Ebene verortet, während Nachfrage eher Individuen und ihren Kaufentscheidungen zugeordnet wird (Banscherus 2013, S. 6). Auch werden

Bedarfserfassung und Nachfrageorientierung in der wissenschaftlichen . . .

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die Begriffe Bedarf und Nachfrage sowie die damit verbundene Konkretisierungsund Entscheidungskaskaden vor allem in der erwachsenenpädagogischen Literatur sowohl von der Seite der nachfragenden Individuen als auch von der Seite der anbietenden Bildungsinstitutionen ausbuchstabiert1 und dabei die Suchbewegung, die Passung, das gelingende Zusammentreffen in einer konkreten Kurssituation als zentraler Fluchtpunkt der beiden unterschiedlichen Ausgangspunkte und -bewegungen herausgestellt (Tietgens 1986; Nuissl 2010). Im Folgenden wird aus Platzgründen nicht ausführlicher auf diese unterschiedlichen Begriffsbestimmungen, Prozess- und Suchvarianten von Bedarfen, Nachfrageund Angebotskonstellationen eingegangen. Vielmehr werden in einem kurzen systematischen Überblick Bedarfe, Zielgruppen und Angebote als ein wechselseitiges Erschließungs- und Passungsverhältnis thematisiert, wobei die verschiedenen Möglichkeiten der Relationierung analytisch getrennt vorgestellt werden. Bedarfe Bedarfe lassen sich definieren als Differenz einer Soll-Ist-Bestimmung (ausführlich dazu vgl. Schlutz 2006, S. 38–73). Bedarfe sind dabei auf unterschiedlichen Ebenen anzusiedeln, sie können verschiedene Konkretisierungsniveaus aufweisen und sie lassen sich von unterschiedlichen Richtungen her artikulieren. Bedarfe können sich auf gesamtgesellschaftlicher, organisationaler oder individueller Ebene befinden, sich in latenter oder manifester Form äußern, Personen/Personengruppen zugeschrieben oder von diesen selbst artikuliert werden, in abstrakt-allgemeiner oder konkret-spezifischer Form vorliegen. Betrachtet man beispielsweise Bedarfe an wissenschaftsbasierter beruflicher Qualifizierung, die mit Blick auf die Hochschulen formuliert werden, so können unterschieden werden: gesellschaftliche Bedarfe an einer berufsqualifizierenden Orientierung des gesamten Studiums (employability), Bedarfe, die aus einem spezifischen beruflich-branchenbezogenen Anwendungskontext heraus artikuliert werden, Bedarfe, die auf konkrete Betriebe zugeschnitten und eng mit der betrieblichen Handlungssituation verzahnt sind, oder Bedarfe, die aus der individuellen Nachfrage von einzelnen Personen(gruppen) resultieren. Bedarfe können dabei an konkrete Motivlagen und Verwertungsinteressen gebunden sein, aber auch als umfassendere Erwartungen an (gesellschaftliche) Erträge, berufliche Professionalisierung, soziale Vernetzung oder akademische Reputation formuliert werden. Bedarfe und Zielgruppen Bedarfe sind jedoch nicht abstrakt oder isoliert zu denken, vielmehr werden sie in der Regel von oder für konkrete(n) Personengruppen mit konkreten Biografien und konkreten beruflich-sozialen Einbindungen formuliert. Bedarfsformulierung und

1

So etwa aus Sicht eines Individuums die idealtypische Kaskade von: Unterbrechung der Alltagsroutine, Problembestimmung, Reformulierung des Problems als Lernbedarf, Suche nach Möglichkeiten der Lernbedarfsdeckung, institutionelle Angebote als mögliche Form der Bedarfsdeckung, Prüfung der alltagstauglichen Passung, Kaufentscheidung und damit faktische Nachfrage.

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Zielgruppenkonstitution sind insofern eng aufeinander bezogen. Bedarfe werden mit Blick auf Zielgruppen bzw. Zielgruppen mit Blick auf Bedarfe konzipiert, so dass zwischen Bedarfen und Zielgruppen ein wechselseitiges Konstitutions- und Passungsverhältnis besteht. Im Kontext der gesellschaftspolitischen Diskussionen um die Öffnung von Hochschulen ist in den letzten Jahren eine verstärkte Ausweitung möglicher Zielgruppen erfolgt, denen bestimmte Bedarfe an akademischer Weiterbildung unterstellt und zugeschrieben bzw. die von ihnen auch aktiv formuliert werden. Dabei ist insbesondere die Gruppe der ‚non traditional students‘ oder ‚lifelong learners‘ adressiert worden (Wolter und Banscherus 2016, S. 70–75) mit entsprechenden Zielgruppensystematisierungen und Bedarfsbestimmungen (für einen Überblick vgl. Banscherus et al. 2016). Für den Bereich der wissenschaftlichen Weiterbildung – wie auch für die Weiterbildung insgesamt – kommt bei der Relationierung von Bedarfen und Zielgruppen als weitere Komponente hinzu, dass häufig von einer doppelten Bedarfs- und Zielgruppenkonstellation ausgegangen werden muss, da institutionelle und individuelle Zielgruppen bei der Bedarfsformulierung oft gleichermaßen involviert sind. Institutionelle Bedarfe von Einrichtungen, Unternehmen, etc., die bestimmte bildungsbezogene Maßnahmen zur Bedarfsdeckung in Auftrag geben, sind nicht unbedingt deckungsgleich mit den Bedarfen, welche die individuellen Teilnehmerinnen und Teilnehmer an diesen Maßnahmen artikulieren. Diese Diskrepanz kann umso stärker ausfallen, wenn Angebote der wissenschaftlichen Weiterbildung zusammen mit Einrichtungen als institutionellen Auftraggebern konzipiert und evtl. auch handlungspraktisch umgesetzt werden.2 Derartige Differenzen legen ein iteratives Modell durchgängiger Bedarfserfassung nahe, das sowohl am Beginn als auch in der Mitte und am Ende einer Angebotsgestaltung die mögliche Diskrepanz zwischen institutionellem und individuellem Auftrag auffängt und – mehr oder weniger spannungsreich – bearbeitet. Bedarfe und Angebote Bedarfe stehen jedoch nicht nur in einem Wechselverhältnis zu differenten Zielgruppen, sondern Bedarfe werden artikuliert oder zugeschrieben, um mit Hilfe konkreter Lehr-/Lernangebote gedeckt zu werden. Bedarfe, die als Lernaufgabe definiert und adressiert werden, müssen in verfügbare oder zu entwerfende Lehr-/Lernarrangements überführt werden (können). Daher ist die Bedarfsartikulation und -spezifikation immer auch gebunden an spezifische Angebotsvarianten, die zur Verfügung stehen bzw. zur Verfügung gestellt werden (können) und die ihrerseits wiederum bestimmte Erwartungen an potenzielle Zielgruppen implizieren. So macht es für Bedarfe und ihre Deckung durch entsprechende Lehr-/Lernarrangements einen großen Unterschied, „ob das Angebot mit Zertifikat endet, von langer Dauer ist, einen klaren Berufsbezug aufweist, an bestimmte Zugangskriterien gebunden ist und vollkostendeckend durch Teilnahmeentgelte finanziert wird, oder ob das Angebot

2

Zu Herausforderungen und Chancen kooperativer Angebotsgestaltung vgl. Sweers 2018 und Sweers und Lengler 2018.

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ohne Zertifikatsabschluss, mit kurzer Zeitdauer, allgemein zugänglich und unentgeltlich durchgeführt wird“ (Seitter 2017, S. 231). Bei der Kopplung von lehr-/lernbezogenen Angebotsvarianten und zielgruppenspezifischen Bedarfen haben sich in der wissenschaftlichen Weiterbildung bestimmte Formate etabliert und bewährt, die durch ihre spezifische Form der Ausgestaltung eine spezifische Form der Bedarfskonkretisierung und -kanalisierung erzeugen: allgemeine öffentlichkeitsbezogene Angebote (Studium generale, Bürgeruniversität), lebensphasenbezogene Formate (Seniorenstudium, Kinder- und Schüleruniversität), Studienvarianten von nicht traditionell Studierenden im grundständigen Bereich des akademischen Erstabschlusses (zweiter oder dritter Bildungsweg, lebensphasenverzögerte Studienaufnahme, berufsbegleitendes Studium, etc.) oder das Segment der abschlussorientierten, kostenpflichtigen, wissenschaftlichen Weiterbildung.3 Zwischen diesen Formaten und den Bedarfen der entsprechenden Zielgruppen besteht ein enges wechselseitiges Bedingungs- und Spezifizierungsverhältnis. Relationierungsherausforderung Resümierend kann festgehalten werden, dass Bedarfe, Zielgruppen und Angebote nicht in einer linearen Prozessabfolge zu konzipieren sind, sondern eine – häufig zeitgleich und parallel laufende – Relationierungsaufgabe und -herausforderung darstellen. Bedarfe sind insofern immer relationale Größen, die in ihrer Bestimmung und Ausgestaltung auf Zielgruppen und Angebote gleichermaßen bezogen sind (Abb. 1). Bedarfe externer und interner Zielgruppen Aus der Perspektive von Bildungseinrichtungen werden Bedarfe in der Regel von externen Zielgruppen erwartet/wahrgenommen bzw. Bedarfe auf diese projiziert/ diesen unterstellt.4 Im Kontext der wissenschaftlichen Weiterbildung sind neben den Bedarfen der externen Zielgruppen jedoch auch zwingend die Bedarfe der internen Zielgruppen mit zu berücksichtigen. Als interne Zielgruppen der wissenschaftlichen Weiterbildung sind das wissenschaftliche und das administrative Personal einschließlich der Hochschulleitungen zu nennen, die wissenschaftliche Weiterbildung nicht zwangsläufig als selbstverständliche und unhinterfragte Aufgabe im Regelbetrieb der Hochschule ansehen. Die – für Bildungseinrichtungen eigentlich kuriose – Aufgabe, das eigene Personal für bildungsbezogene Aufgabenstellungen erst gewinnen zu müssen, resultiert aus dem nach wie vor peripheren Status der

Ähnliche Formen der angebots- und programmspezifischen Bedarfskanalisierung finden sich im betrieblichen Bereich, wo Bedarfe auf bekannte Programmarten hin bezogen und artikuliert werden (Hippel und Röbel 2016). 4 Zu Defizitunterstellungen als Voraussetzung und generalisiertem Modus pädagogischen Handelns vgl. Kade und Seitter 2007. 3

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Bedarfe

Zielgruppen

Angebote Abb. 1 Relationierungsherausforderung zwischen Bedarfen, Zielgruppen und Angeboten, eigene Darstellung

wissenschaftlichen Weiterbildung an Hochschulen.5 Das Matching zwischen den Bedarfen der externen und internen Zielgruppen und die Relationierung der unterschiedlichen Bedarfe/Erwartungen/Ansprüche werden daher zu einer überaus komplexen Herausforderung der verantwortlichen Akteure für wissenschaftliche Weiterbildung mit entsprechenden Konsequenzen der Bedarfsbestimmung bzw. der möglichen Korridore für Bedarfsbestimmung (Seitter et al. 2015, S. 48 ff.).

3

Bedarfe – Zielgruppen – Angebote: exemplarische empirische Befunde

Die empirische Erforschung von Bedarfen setzt an unterschiedlichen Stellen an. Idealtypisch lassen sich vorgelagerte und prozessübergreifende Formen der Bedarfserfassung unterscheiden. Formen der Bedarfserhebung, die der Angebotsentwicklung vorgelagert sind, sind in der Regel Teil einer mehr oder weniger komplexen Situationsanalyse, bei der neben der Bestimmung interner Ressourcen Kontext, Markt und Zielgruppen eines zukünftigen Angebots systematisch erkundet werden. In diesem Rahmen können allgemeine Bedarfs- und Nachfrageprojektionen (z. B. über Fachkräfteentwicklung oder Studienanfängerkohorten) ebenso Verwendung finden wie Befunde aus Stellenausschreibungen, Konkurrenten- und Angebotsanalysen oder spezifische Bedarfserhebungen bei definierten Zielgruppen (quantitative und qualitative Befragungen) (für einen Überblick über die entsprechenden Aufgaben und Methoden vgl. Banscherus 2013).

5

Dieser periphere Organisationsstatus von Weiterbildung ist strukturell in vielen anderen Bereichen der sog. ‚impliziten‘ Weiterbildung – bei Betrieben, Krankenkassen, Kultureinrichtungen, etc. – zu finden, nämlich überall dort, wo Weiterbildung als Nebenaufgabe oder beigeordnete Bildung verstanden wird. In der erwachsenenpädagogischen Literatur zur Bedarfserhebung und Programmplanung hat diese Konstellation – und die damit verbundene Notwendigkeit der Motivierung und Bedarfsbestimmung der relevanten internen Zielgruppen – bislang viel zu wenig Beachtung gefunden.

Bedarfserfassung und Nachfrageorientierung in der wissenschaftlichen . . .

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Bedarfsbestimmungen und Aushandlungen über Bedarfe, die eher kontinuierlich und iterativ eingelassen sind in den komplexen Prozess der Programmund Angebotsgestaltung insgesamt, finden sich vor allem in der erwachsenenpädagogischen (Forschungs-)Literatur, wobei im komplexen Gefüge der Angebotsgestaltung auch hier die Foki der Blickrichtung unterschiedlich akzentuiert werden: nämlich auf zielgruppenspezifische Anwendungssituationen (Adressaten), auf Angleichungshandeln (Professionelle), auf Planungskulturen (Organisationen) und auf den sog. Planning Table (Machtkonstellationen) (für einen zusammenfassenden Überblick vgl. Schemmann und Seitter 2014, S. 156–163). Insgesamt besteht allerdings noch eine erhebliche Forschungslücke bei der Frage, wie sich die Relationierung von Bedarfen, Zielgruppen und Angeboten in ihrer Wechselwirkung empirisch abbilden lässt, wie die Bedarfserfassung konkret auf Angebote bezogen werden kann und in welchen Prozessschritten das Matching zwischen den verschiedenen beteiligten Zielgruppen erfolgt. Im Folgenden werden für den spezifischen Kontext der wissenschaftlichen Weiterbildung ausgewählte empirische Befunde vorgestellt, die beim Thema Bedarfserfassung an unterschiedlichen Stellen ansetzen und ‚Bedarf‘ daher sowohl theoretisch als auch methodisch unterschiedlich konturieren. Die Studien sind alle im Kontext des Wettbewerbs ‚Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen‘ entstanden, der in seinen Einzel- und Verbundprojekten der ersten Wettbewerbsrunde eine Vielzahl an Forschungen zur Bedarfserhebung generiert hat (vgl. den Überblick bei Banscherus et al. 2016). Bedarfserfassung bei allgemeiner Zielgruppenbestimmung Ein Beispiel allgemeiner Bedarfserfassung vor dem Hintergrund allgemeiner Zielgruppenbestimmungen ist die Analyse von Sarah Präßler (2015) zu Bedarfen individueller Zielgruppen. Diese im Kontext von ‚WM3 Weiterbildung Mittelhessen‘ entstandene Studie fokussiert die Bedarfe von Erwerbstätigen, Bachelorabsolvent_innen, Personen mit Familienpflichten und Berufsrückerer_innen, also denjenigen Zielgruppen, die im Kontext des Wettbewerbs ‚Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen‘ als nicht traditionelle Zielgruppen besonders adressiert werden (sollen). Die Analyse basiert auf einem aufwändigen Methodendesign, das sich dem Problem stellt, diese Zielgruppen nicht nur intern weiter zu differenzieren, sondern sie über entsprechende methodische Verfahren überhaupt erst empirisch zu identifizieren und ansprechbar zu machen. Dafür wurden vier methodische Ansätze miteinander verbunden (Präßler 2015, S. 71) und sowohl zielgruppenübergreifende als auch zielgruppenspezifische Befunde herausgearbeitet (etwa auf thematischer, zeitlicher, finanzieller und informatorischer Ebene). Die Unterscheidung der Zielgruppen nach beruflichen, familiären oder qualifikatorischer Voraussetzungen erwies sich jedoch als zu unspezifisch und zu wenig trennscharf, um – über wertvolle generelle Hinweise hinaus – konkrete Empfehlungen für die Entwicklung von Weiterbildungsangeboten ableiten zu können. Hierfür sind „spezifischer ausgerichtete Bedarfsanalysen“ notwendig, die sich auf enger definierte Zielgruppen beziehen (Präßler 2015, S. 180).

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Bedarfserfassung und Zielgruppensegmentierung (sozial und regional) Ein Beispiel für eine spezifischere Form der Zielgruppenbestimmung und Bedarfserhebung ist das für die ‚mint.online Bildungallianz‘ entwickelte Schema zur Zielgruppensegmentierung (Haubenreich und Breitenberger 2015; Haubenreich 2018). Vor dem Hintergrund soziodemografischer, psychografischer und verhaltensorientierter Segmentierungskriterien wurden zwei übergreifende Zielgruppen identifiziert (berufstätige Ingenieurinnen und Ingenieure; Bachelorabsolventinnen und -absolventen im MINT-Bereich) mit sehr unterschiedlichen Bedarfsprofilen hinsichtlich Motivation, Erwartung an Format und Qualität, Informations- und Kommunikationsverhalten, etc. Aus dieser Zielgruppensegmentierung wurden dann verschiedene Kommunikationsstrategien entwickelt und Maßnahmen zur Ansprache umgesetzt. Ein weiteres Beispiel, das soziale und räumliche Zielgruppendifferenzierungen miteinander verkoppelt, ist die regionsbezogene Bedarfserfassung, die vom Verbundprojekt ‚Bildung als Exponent individueller und regionaler Entwicklung – Evidenzbasierte Bedarfserschließung und vernetzte Kompetenzentwicklung (EB)‘ durchgeführt wurde (Marks 2015; Schwikal und Steinmüller 2017; Rohs et al. 2018). Hier fand im Sinne eines prospektiven Ansatzes evidenzbasierter Angebotsentwicklung eine umfangreiche Bedarfserschließung auf der Basis regionaler Daten und Erhebungen (Arbeitsmarkt-, Zielgruppen- und Bildungsmarktanalyse) statt, die zu einem Regionalmonitor verarbeitet wurden. Die Umsetzung erfolgte durch ein webbasiertes Tool mit einem Schwerpunkt auf der Region Westpfalz. Bedarfserfassung und angebotsbezogene Bedarfsartikulation Der Bedarfserfassung im Zusammenspiel und in Rückkoppelung von Bedarfsartikulation und Nachfrageentscheidung widmet sich die Studie ‚Unternehmensbezogene Prozessanalyse der Bedarfsartikulation‘ (Denninger et al. 2017). Sie fokussiert den empirisch nur schwer einsehbaren Prozessablauf von Bedarfserfassung, Bedarfsartikulation und Nachfrageentscheidung in Unternehmen unterschiedlicher Größe und Branchen und kann zeigen, wie dieser Prozess immer auch bezogen wird auf Angebote, die im und außerhalb des Unternehmens verfügbar sind, die zur Unternehmensphilosophie passen und die im organisationskulturellen Vorstellungshorizont verankert sind. Vor dem Hintergrund zahlreicher empirischer Belege, dass Hochschulen kaum als Anbieter wissenschaftlicher Weiterbildung bekannt sind, ergibt sich die Notwendigkeit einer proaktiven, verlässlichen Kommunikationsstrategie, um als anbietende Hochschule stärker im Bezugshorizont von Unternehmen präsent zu sein. Bedarfserfassung interner Zielgruppen wissenschaftlicher Weiterbildung Für die Bedarfserfassung interner Zielgruppen der wissenschaftlichen Weiterbildung steht exemplarisch die im Rahmen des ‚KOSMOS-Projektes‘ der Universität Rostock erstellte Studie zu den bedarfsbezogenen Sichtweisen von Hochschullehrenden und Verwaltungsmitarbeitenden mit Blick auf ein Engagement in der wissenschaftlichen Weiterbildung (Büttner et al. 2013).6 Hier zeigen sich erhebliche Diskrepanzen bei

Ein strukturell ähnlich ausgerichtetes Erkenntnisinteresse verfolgt die Akzeptanzanalyse von ‚WM3 Weiterbildung Mittelhessen‘ (Kahl et al. 2015). 6

Bedarfserfassung und Nachfrageorientierung in der wissenschaftlichen . . . Abb. 2 Synopse der empirischen Befunde, eigene Darstellung

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• Bedarfe im Kontext allgemeiner Zielgruppenbestimmung • Spezifizierung von Bedarfen durch Zielgruppensegmentierung • Bedarfe im Kontext von Regionalität und Regionsbezug • Angebotsbezogene Bedarfsspezifizierung im Unternehmenskontext • Bedarfskonkretisierung von wissenschaftlichem und administrativem Personal an Hochschulen

den Sichtweisen des in der Weiterbildung aktiven und nicht aktiven Personals mit Blick auf Motivation, Nutzen und Erträge des eigenen Engagements ebenso wie die Notwendigkeit und der ausgeprägte Bedarf an organisationalen Unterstützungsstrukturen. Insgesamt verweisen die Befunde auf einen erheblichen internen Abstimmungsbedarf und eine vorgelagerte bzw. prozessbegleitende Organisationsentwicklung als Gestaltungsbedingung und Gelingensfaktor für eine erfolgreiche Implementierung wissenschaftlicher Weiterbildung. Synopse Betrachtet man die dargestellten Befunde in einer Zusammenschau, so zeigt sich, dass die Bedarfserhebung und -spezifizierung in unterschiedlicher Weise mit zielgruppen- und angebotsbezogenen Verknüpfungen einhergehen (Abb. 2). Die Synpose verdeutlicht die Komplexität der Aufgabenstellung, wobei in den hier vorgestellten Studien vor allem die vorgelagerten Elemente der Bedarfsrelationierung von Bedeutung sind und die bedarfsdifferenzierenden Elemente im Gesamtprozess der Angebotsgestaltung so gut wie nicht nicht auftauchen.

4

Nachfrageorientierung wissenschaftlicher Weiterbildung

Von (Lern-, Bildungs- und Qualifizierungs-)Bedarfen auszugehen, die über gesellschaftliche, organisationale oder individuelle Akteure artikuliert werden, heißt für Hochschulen, die eigene disziplinäre Binnenorientierung (zunächst) zu verlassen und sich an – möglicherweise auch disziplinfremden – Außenerwartungen zu orientieren. Nachfrageorientierung kann dabei als zugespitzte und konkretisierte Form der Bedarfsorientierung verstanden werden, die die Autonomie der Hochschulen in der Angebotsgestaltung deutlich relativiert, d. h. in Relation zu nicht selbst gesetzten Ansprüchen bringt. Die Stärkung von Nachfrageorientierung als (neuem) Steuerungsmodus hochschulischer Angebotsgestaltung kann unterschiedliche Gründe haben: finanzielle Ressourcenknappheit, politische Steuerungsvorgaben, gesellschaftliche Legitimationsdefizite, hochschulstrategische Profilierung, etc. Insgesamt bedeutet sie für Hochschulen – und vor allem für Universitäten – einen Paradigmenwechsel, da insbesondere in der grundständigen Lehre in der Regel die Angebotsgestaltung nach wie vor aus einer disziplinären Logik heraus dominiert. Nachfrageorientierung lässt sich systemtheoretisch als Resultat der Leistungsfunktion von Systemen beschreiben. In dieser Hinsicht sind Hochschulen nicht in

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ihrer Selbstreferenz auf Wissenschaft (Erkenntnis) gefragt, sondern in ihrer Ausrichtung auf Bedarfe und Erwartungen der Funktionssysteme ihrer Umwelt. Die normative Erwartung an Hochschulen, sich stärker an ihren gesellschaftlichen Umwelten zu orientieren, hat in den letzten beiden Dekaden deutlich zugenommen. Sie lässt sich beispielsweise an Begriffen wie Wissenschaftstransfer und nutzeninspirierende Forschung (Umweltbezug der Forschung) oder Employability als Anspruch an berufsbezogene Effekte grundständiger Lehre (Umweltbezug der Lehre) ablesen. All diese Begriffe signalisieren generalisierte Erwartungen und Zumutungen von nachgelagerten Anwendungskontexten an das Kerngeschäft (Forschung und Lehre) der Hochschulen. Wissenschaftliche Weiterbildung akzentuiert dieses Problem zwischen Funktions- und Leistungsbezug, da sie selbst sowohl in ihren organisationalen Strukturen als auch in ihren angebotsbezogenen Umsetzungsformen als Zwitter und Hybrid zwischen Wissenschaft, Bildung und Markt verortet ist (zu Hybridität als generalisiertem Strukturmerkmal von wissenschaftlicher Weiterbildung vgl. Sweers 2018). Virulent wird dies von allem durch die – häufig gesetzlich vorgeschriebene – Notwendigkeit einer mehr oder weniger umfänglichen Kostendeckung wissenschaftlicher Weiterbildung, die durch Entgelte der Teilnehmenden erwirtschaftet werden muss. Gerade durch die marktfinanzierte, (voll-)kostendeckende Ausrichtung ist die wissenschaftliche Weiterbildung gezwungen, sich stark nachfrageorientiert aufzustellen, wobei Nachfragende in unterschiedlichen Rollen und Rollenkombinationen auftreten können (als Auftraggeber, Finanziers, Kunden, Angebotsmitgestaltende, etc.). Diese nachfragegesteuerte marktfinanzierte Logik der weiterbildenden Lehre kollidiert mit der disziplinären, steuerfinanzierten Angebotslogik der grundständigen Lehre, so dass von einem Finanzierungsschisma hochschulischer Lehre und Weiterbildung gesprochen werden kann (Vogt 2017). Zwischen diesen beiden Polen gibt es allerdings auch vielfältige Formen der Mischfinanzierung, insbesondere im Bereich der dualen und berufsbegleitenden Studiengänge, insofern sie hochschulrechtlich als grundständige Studiengänge definiert sind.7 Die verstärkte Nachfrageorientierung wissenschaftlicher Weiterbildung ist allerdings nicht nur Resultat ihrer marktförmigen Finanzierungsform, sondern auch Ausdruck der Notwendigkeiten einer spezifischen inhaltlichen-curricularen und studienorganisatorischen Passung. Aufgrund der in der Regel berufserfahrenen und berufstätigen Zielgruppen benötigen die Angebote wissenschaftlicher Weiterbildung eine andere Theorie-Praxis-Relationierung, andere Formen der orts- und zeitbezogenen Angebotsstruktur sowie insgesamt eine stärkere Service- und Dienst-

7

Die Frage der Kostenpflichtigkeit wissenschaftlicher Weiterbildung, die Operationalisierung von Kosten, insbesondere mit Blick auf hochschulische Gemeinkostensätze, die – auch länderspezifisch unterschiedlich geregelte – Zuordnung von wissenschaftlicher Weiterbildung zum hoheitlichen oder wirtschaftlichen Bereich, die juristische Auslegung der EU-Beihilfeverordnung sowie die Auseinandersetzungen um die selektiven Wirkungen und gesellschaftlichen Renditen von wissenschaftlichen Weiterbildung sind bei weitem nicht abgeschlossen. Für einen Überblick der Kontroversen vgl. Vogt 2017 und Maschwitz et al. 2017.

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leistungsorientierung sowohl für die externen als auch für die internen Zielgruppen. In dieser Hinsicht bedeutet Nachfrageorientierung eine vorgelagerte und fortlaufende Herausforderung der Bedarfskonkretisierung mit all den bereits skizzierten Herausforderungen der Abstimmung und des Matchings. Nachfrageorientierung bedeutet nicht zuletzt auch eine stärkere Kooperationsorientierung, um möglichst starke Partner bei der nachfrageorientierten Angebotsgestaltung von Anfang an zu involvieren. Das Eingehen von Kooperationen geht allerdings mit einer weiteren Abgabe von hochschulischer Definitions- und Gestaltungsmacht einher, so dass Hochschulen auch bei diesem Punkt vor erheblichen strukturellen und handlungspraktischen Herausforderungen stehen (zum Themenkomplex Kooperationsorientierung und den damit verbundenen Herausforderungen vgl. Sweers 2018; Maschwitz 2018). Marktförmige Finanzierung, spezifische curriculare Passung, berufsbegleitende Studienorganisation und Kooperationsorientierung als Elemente und Resultate von Nachfrageorientierung bringen in ihrer Komplexität und Neuartigkeit für die Hochschulen zahlreiche Professionalisierungsnotwendigkeiten mit sich (Hanft et al. 2016). Vor allem aber verweisen sie auf grundlegende organisationskulturelle Herausforderungen, vor denen Hochschulen stehen, wenn sie sich im Feld der wissenschaftlichen Weiterbildung dauerhaft engagieren (wollen).

5

Theoretische Deutungen der Nachfrageorientierung an Hochschulen – ein Ausblick

Nachfrageorientierung und die mit ihr verbundene adressaten-, kunden- oder leistungsbezogene Außenorientierung hat als gesellschaftliche Erwartung und faktische hochschulische Verhaltensanpassung in den letzten Jahren deutlich an Gewicht gewonnen. Die Implementierung und der Ausbau wissenschaftlicher Weiterbildung als Organisations- und Angebotselement von Hochschulen ist selbst als ein Resultat dieser gestiegenen Nachfrageorientierung zu verstehen. Wie lässt sich nun die stärkere Nachfrageorientierung hochschulischer Angebotsgestaltung theoretisch deuten? Je nach theoretischer Präferenz kann sie fokussiert werden als isomorphe Anpassungsreaktion auf gesellschaftlichen Erwartungsdruck (Neo-Institutionalismus), als Pilot und Innovationselement auch für die grundständige Lehre (hochschuldidaktische Optimierung), als Außenbeobachtung im Innen, gewissermaßen als Re-entry der (bislang) weitgehend vernachlässigten Leistungsfunktion für den Arbeitsmarkt (Systemtheorie), als ökonomisch interessantes Cross-SellingProdukt, insbesondere bei der und für die Akquise von Forschungsaufträgen (neoliberale Perspektive der unternehmerischen Hochschule) oder als Element des Umbaus der Hochschule zum lebenslauf- und lebensalterbezogenen Multispartenanbieter (paradigmatischer Anwendungsfall der Institutionalisierung lebenslangen Lernens). Nachfrageorientierung ließe sich in diesen theoretischen Perspektiven dann verorten als Bedienung gesellschaftlicher Erwartung, als adressatenorientierte Dienstleistung, als organisationale Beobachtungsfunktion, als Verkaufshaltung oder als altersziel-

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gruppenspezifische Ausweitung des hochschulischen Leistungsspektrums (Seitter 2014, S. 147). Diese theoretischen Deutungen können den beteiligten Akteuren durchaus auch praxisbezogene Hinweise für ihr eigenes Handeln geben oder auf Möglichkeiten der eigenen Verortung und (Nicht-)Profilierung hinweisen. So kann wissenschaftliche Weiterbildung defensiv als ‚Talk‘ und ‚Fassade‘ aufgebaut werden, um Erwartungen vordergründig zu bedienen und gleichzeitig unbehelligt beim eigentlichen Kerngeschäft zu bleiben (organisationale Einhegung als Konsequenz). Wissenschaftliche Weiterbildung kann als Akquiseinstrument für Forschung betrachtet werden mit einer möglicherweise stark forschungsbezogenen Ausrichtung (Weiterbildung als Forschung). Schließlich kann wissenschaftliche Weiterbildung eng mit der grundständigen Lehre verzahnt werden mit einer konsequenten Umgestaltung von Studium und Lehre aus der bildungs- und berufsbiografischen Perspektive von Individuen heraus (Weiterbildung als Motor für Biographisierung und Individualisierung des Studiums insgesamt). Bedarfserfassung und Nachfrageorientierung sind – sowohl theoretisch als auch handlungspraktisch – alles andere als triviale Begriffe. Sie transportieren in kondensierter Form Zumutungen und Erwartungen an Hochschulen, die im Falle einer organisationalen Rezeption und praktischen Ausgestaltung mit einer Vielzahl an strategisch-strukturellen, vor allem aber mit tief greifenden organisationskulturellen Veränderungen verbunden sind.

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Teil V Zielgruppen und Teilnehmende

Zielgruppen wissenschaftlicher Weiterbildung Anita Schwikal und Jessica Neureuther

Inhalt 1 Einleitung und Begriffsklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Bestimmung von Zielgruppen wissenschaftlicher Weiterbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Ausgewählte Ergebnisse der Teilnehmerforschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Zielgruppenorientierung als Paradigma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Zusammenfassung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Zusammenfassung

Dieser Beitrag thematisiert Zielgruppen wissenschaftlicher Weiterbildung. Es werden verschiedene Perspektiven auf den Zielgruppenbegriff diskutiert und dargestellt, welche Zielgruppen wissenschaftliche Weiterbildung in den Blick nimmt. Des Weiteren werden ausgewählte Ergebnisse der Teilnehmerforschung aufgegriffen und in Beziehung gesetzt, um die Entwicklung der letzten Jahre in Bezug auf Zielgruppen wissenschaftlicher Weiterbildung aufzuzeigen. Anschließend wird die Zielgruppenorientierung als mögliches Leitprinzip für die wissenschaftliche Weiterbildung diskutiert, um schließlich einen Ausblick auf mögliche Entwicklungen der Zielgruppen in der wissenschaftlichen Weiterbildung zu geben. Schlüsselwörter

Zielgruppen · Wissenschaftliche Weiterbildung · Zielgruppenorientierung · Weiterbildung an Hochschulen · Zielgruppenforschung

A. Schwikal (*) · J. Neureuther Fachbereich Sozialwissenschaften, Technische Universität Kaiserslautern, Kaiserslautern, Deutschland E-Mail: [email protected]; [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 W. Jütte, M. Rohs (Hrsg.), Handbuch Wissenschaftliche Weiterbildung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-17643-3_17

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Einleitung und Begriffsklärung

Die Öffnung der Hochschule hin zum Lebenslangen Lernen ist Teil einer gesamtgesellschaftlichen Bewegung, dessen Anfänge fast 60 Jahre zurückliegen (Education Permanente 2017; Faure 1972; UNESCO 2017). Seitdem erlangte die bildungspolitische Programmatik des Lebenslangen Lernens immer mehr Zuspruch. Gleichzeitig änderte sich aber auch deren Bedeutung (Isensee und Wolter 2017, S. 13), indem es nicht mehr nur auf Erwachsenen- und Weiterbildung, sondern auf Lernprozesse in allen Lebensphasen Bezug nimmt (Europäische Kommission 2001, S. 3–4). Diesem Anspruch liegt das emanzipatorisch-demokratische Ziel der Chancengleichheit und Chancengerechtigkeit zur Teilhabe an Hochschulbildung im Sinne des Lebenslangen Lernens zugrunde, verbunden mit der wirtschaftspolitischen Forderung mit Hilfe bisher unterrepräsentierter hochschulischer Zielgruppen unter anderem dem Fachkräftemangel zu begegnen (Schiersmann 1999, S. 502). Damit werden nun auch neue bildungspolitische Ziele mit dem Konzept des Lebenslangen Lernens verbunden, welche auch die Wettbewerbsfähigkeit in einem gemeinsamen europäischen Bildungsraum fordern und sich der Anerkennung (auch informell erworbener Kompetenzen) annehmen (OECD 1996; Loebe und Severing 2011). Die Umsetzung auf nationaler wie auf internationaler Ebene zeigt jedoch erhebliche Unterschiede, was auf die Zielpluralität des Konzeptes für Lebenslanges Lernen zurückzuführen ist. Diese Ziele drücken sich durch folgende Aspekte aus: „education for a more highly skilled workforce; personal development leading to a more rewarding life; and the creation of a stronger and more inclusive society“ (Aspin et al. 2001, S. 21). Für den Hochschulbereich spielen diese Ziele des Lebenslangen Lernens ebenfalls eine wichtige Rolle, vor allem für die Weiterbildung an Hochschulen. In diesem Zuge wurden unter anderem Empfehlungen zur Förderung der Hochschulweiterbildung durch den Wissenschaftsrat (2006) ausgesprochen, die Zugangswege zum Hochschulstudium durch die Kultusministerkonferenz (KMK 2009) erweitert, explorative Studien und literatur- beziehungsweise praxisbezogene Bestandsaufnahmen gefördert (siehe Bloch 2006; Herm et al. 2003) sowie bildungspolitische Förderprogramme initiiert (Franz und Feld 2014, S. 28). Durch die Wettbewerbslinie „Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen“ (BMBF o. J.) ist seit 2010 ein massiver Ausbau von Weiterbildungsangeboten im grundständigen und postgradualen Bereich sowohl auf Institutions- als auch Angebotsebene zu verzeichnen. Diese Initiativen sind Ausdruck dafür, dass die Wissenschaftliche Weiterbildung bereits seit den 70er-Jahren als wichtige Kernaufgabe der Hochschule neben Forschung und Lehre angesehen wird (HRG 1976, § 2 (3)). Im Zusammenhang mit dem Ausbau wissenschaftlicher Weiterbildungsangebote wird immer wieder die Fragen aufgeworfen, welche Zielgruppe(n) durch wissenschaftliche Weiterbildung zu erreichen sei(en) und welche Zielgruppe(n) tatsächlich von Hochschulen erreicht wird/werden? Diesen Fragen nimmt sich der vorliegende Beitrag an. Dazu werden zunächst die Begriffe wissenschaftliche Weiterbildung und Zielgruppe(n) näher definiert, um die dem Beitrag zugrunde liegenden Verständnisse

Zielgruppen wissenschaftlicher Weiterbildung

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einordnen zu können. Daran anschließend wird in Abschn. 2 ein umfassender Überblick gegeben, welche Zielgruppen wissenschaftliche Weiterbildung aufgrund unterschiedlicher Ansätze erreichen sollen. In Abschn. 3 wird die Beteiligung an wissenschaftlicher Weiterbildung im nationalen als auch im internationalen Kontext anhand ausgewählter Ergebnisse skizziert. Die Zielgruppenorientierung birgt für die wissenschaftliche Weiterbildung Chancen, welche in Abschn. 4 in Verbindung mit Herausforderungen diskutiert werden. Abschließend werden zentrale Ergebnisse zusammengefasst sowie Desiderata aufgezeigt.

1.1

Begriffsklärung Wissenschaftliche Weiterbildung

Dem Bedeutungsumfang und dem Aufgabenspektrum der wissenschaftlichen Weiterbildung liegt ein vages, unklares sowie uneinheitliches Verständnis zugrunde (Wolter 2011, S. 10; Faulstich et al. 2007, S. 90–91). Eine umfassende Auseinandersetzung dieser Thematik erfolgt in diesem Beitrag nicht, dennoch wird im Folgenden eine Grundlage geschaffen, die in der Konsequenz für die Auseinandersetzung mit Zielgruppen wissenschaftlicher Weiterbildung relevant ist. Die KMK hat im Jahr 2001 definiert, was unter wissenschaftlicher Weiterbildung zu verstehen ist. In Deutschland wird diese Definition bis heute immer wieder angeführt (Graeßner et al. 2011, S. 544; Hörr 2017, S. 25). Demnach ist unter wissenschaftlicher Weiterbildung: „die Fortsetzung oder Wiederaufnahme organisierten Lernens nach Abschluss einer ersten Bildungsphase und in der Regel nach Aufnahme einer Erwerbs- oder Familientätigkeit [zu verstehen], wobei das wahrgenommene Weiterbildungsangebot dem fachlichen und didaktischen Niveau der Hochschule entspricht. (. . .) Wissenschaftliche Weiterbildung knüpft in der Regel an berufliche Erfahrungen an, setzt aber nicht notwendigerweise einen Hochschulabschluss voraus“ (KMK 2001, S. 2–3).

Im Hochschulrahmengesetz (HRG) in der Fassung vom 23.05.2017 wird unter dem § 12 der Zweck eines wissenschaftlichen Weiterbildungsangebotes näher erläutert. „Für Absolventen eines Hochschulstudiums können zur Vermittlung weiterer wissenschaftlicher oder beruflicher Qualifikationen oder zur Vertiefung eines Studiums (. . .) Zusatz-, Ergänzungs- und Aufbaustudien (postgraduale Studien) [von einer Hochschule] angeboten werden.“ (HRG 2017, § 12)

Der Fokus liegt hierbei auf den Hochschulabsolventinnen und Hochschulabsolventen. In einer gemeinsamen Empfehlung zur wissenschaftlichen Weiterbildung von der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) aus dem Jahr 2003 wird die Zielgruppe explizit erweitert.

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„In Anlehnung an § 12 HRG umfasst wissenschaftliche Weiterbildung solche Studienangebote, die nach einem ersten berufsqualifizierenden Abschluss (wobei alternative Zugangswege zu berücksichtigen sind) und nach einer Phase beruflicher Tätigkeit durchgeführt werden und im Hinblick auf die Adressatengruppen inhaltlich und didaktisch-methodisch auf Hochschulniveau entsprechend aufbereitet sind sowie das spezifische Zeitbudget Berufstätiger berücksichtigen.“ (BDA 2003, S. 6)

Nach diesen zuvor genannten Definitionen lässt sich wissenschaftliche Weiterbildung zielgruppenbezogen durch folgende Kriterien kennzeichnen: Sie richtet sich vorwiegend an Personen mit einem ersten berufsqualifizierten Abschluss, wobei sowohl Berufstätige mit als auch ohne Hochschulabschluss inkludiert sind. Angesichts der Berufstätigkeit der adressierten Personen eignet sich insbesondere ein berufsintegriertes, berufsbegleitendes Studium oder auch ein Fernstudium. Wissenschaftliche Weiterbildung wird in der Regel von öffentlichen oder privaten (Fach-)Hochschulen und Universitäten angeboten. Dabei ist nicht ausgeschlossen, dass Angebote auf wissenschaftlichem Niveau auch von Einrichtungen außerhalb der Hochschule von sogenannten wissenschaftsnahen Weiterbildungseinrichtungen durchgeführt werden1 (Pohlmann et al. 2017, S. 28–29; Vogt 2010, S. 314). Gleichzeitig wird wissenschaftliche Weiterbildung mit Bezug zur Zielgruppenfrage in der Regel nicht mehr über administrative und organisatorische Rahmenbedingungen definiert. So können die Grenzen zwischen grundständigem und postgradualem Studium aufgrund des Einflusses des Lebenslangen Lernens auf Hochschulbildung mittlerweile als ineinander übergehend angesehen werden, sodass sich wissenschaftliche Weiterbildung nicht mehr nur über die Form oder den Abschluss des Studiums, sondern über die Bildungs- und Berufsbiografie der einzelnen Studierenden beziehungsweise Teilnehmenden definiert. So zählen auch jene Formate zu wissenschaftlichen Weiterbildungsangeboten, in denen Personen über alternative Zugangswege zum Studium beziehungsweise zur Weiterbildung gekommen sind (vgl. Abschn. 2) (Wolter und Banscherus 2016, S. 70).

1.2

Begriffsklärung Zielgruppe

Der „Zielgruppen“-Begriff wird in Zusammenhang mit der Erwachsenen- und Weiterbildung bereits seit Jahrzehnten diskutiert. So stellte Schäffter (1981) fest, dass der „Zielgruppenbegriff (. . .) seit den siebziger Jahren immer häufiger in der Erwachsenenbildung benutzt“ (Schäffter 1981, S. 20) wird und der „Adressaten“Begriff in den Hintergrund gerückt ist (Schiersmann 1999, S. 502). Dennoch ist dieser Begriff bis heute durch „sprachliche Ungenauigkeit“ (Schäffter 1981, S. 21)

In diesem Beitrag finden die wissenschaftsnahen Weiterbildungseinrichtungen keine Berücksichtigung.

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Zielgruppen wissenschaftlicher Weiterbildung

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gekennzeichnet. Bisher besteht in der Weiterbildungswissenschaft kein Konsens darüber, nach welchen Kriterien sich eine Zielgruppe, die durch ein Angebot erreicht werden soll, beschreiben lässt (Iller 2009, S. 994). Im Folgenden wird der Versuch unternommen, sich dem Begriffsverständnis der „Zielgruppen der wissenschaftlichen Weiterbildung“ beziehungsweise „Zielgruppen lebenslangen Lernens“ an Hochschulen zu nähern.2 Hierzu werden diverse Definitionen und Merkmale des Zielgruppen-Begriffs herangezogen, welche aus der Disziplin der Erwachsenen- und Weiterbildung entsprungen sind. Faulstich und Zeuner (1999) nähern sich dem Begriff, indem sie ihn in Abgrenzung zu den Begriffen „Adressaten“ und „Teilnehmende“ definieren: „Adressaten sind (. . .) diejenigen Personen, die Erwachsenenbildung erreichen soll. Sofern sie durch gemeinsame sozialstrukturelle Merkmale beschrieben werden können, geht es um Zielgruppen. Teilnehmende sind diejenigen, die zu einem Angebot gekommen sind“ (Faulstich und Zeuner 1999, S. 99; Hervorhebung im Original durch Autoren).

Betont wird der Aspekt, wonach sich Zielgruppen durch sozialstrukturelle beziehungsweise soziodemografische Merkmale wie Alter, Geschlecht, Familienstand, Nationalität, Beruf näher spezifizieren lassen. Darüber hinaus werden jedoch auch motivationale Aspekte wie Bildungsbedürfnisse, Motivation, Lernerfahrung als Beschreibungsmerkmale herangezogen. Reich-Claassen und Hippel (2011) verstehen Zielgruppen allgemein als „potenzielle Teilnehmende, die sich durch ein oder mehrere gemeinsame weiterbildungsrelevante Merkmale charakterisieren lassen“ (Reich-Claassen und von Hippel 2011, S. 1007). Während Siebert (2000, S. 93) konstatiert: „eine Zielgruppe ist ein Konstrukt, eine Klassifikation nach einem herausragenden Merkmal (z. B. Alter, Status, soziale und ethnische Herkunft)“. Diese „weiterbildungsrelevanten“ oder „herausragenden“ Merkmale können sich allerdings innerhalb „einer“ Zielgruppe eines Weiterbildungsangebotes unterscheiden. Allen Definitionen ist gemein, dass eine Zielgruppe in der Weiterbildungspraxis kaum durch einige wenige Merkmale beschreibbar ist. Aus diesem Grund bleibt der „Zielgruppen“-Begriff weiterhin ein „wissenschaftlich problematischer Begriff, weil meist unklar bleibt, wie sich die Personenkonglomerate zur Gruppe konstituieren“ (Faulstich und Zeuner 1999, S. 108). Schlutz (2006) wählt deshalb einen bildungspolitischen und gleichzeitig defizitorientierten Zugang. Als Zielgruppe bezeichnet er „eine Gruppe, um die sich der Weiterbildungsanbieter besonders bemüht, weil sie bisher wenig an Weiterbildung teilnimmt“ (Schlutz 2006, S. 61). Gerade für die wissenschaftliche Weiterbildung kann dieser Aspekt aus bildungspolitischer Sicht eine Rolle spielen, wie in den nachfolgenden Kapiteln deutlich wird. Letztlich ist der Zielgruppen-Begriff als relationaler Begriff zu verstehen. Der Vorteil liegt nach diesem Verständnis darin, dass sich eine geplante Weiterbildung entweder stärker angebots- und organisationsseitig oder nachfrage- und adressaten- beziehungsweise zielgruppenseitig den2

Beide Termini werden im Zuge der Öffnung der Hochschulen für neue Zielgruppen synonym gebraucht (Wolter et al. 2016a; Hörr 2017, S. 26).

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ken lässt (Seitter 2017, S. 211). Welche Zielgruppen wissenschaftlicher Weiterbildung auch unter Einbezug von internationalen Diskursen in den Blick genommen werden, wird im nächsten Kapitel näher beleuchtet.

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Bestimmung von Zielgruppen wissenschaftlicher Weiterbildung

Die Frage danach, wer durch wissenschaftliche Weiterbildung erreicht werden soll, ist aufgrund der unterschiedlichen Perspektiven im Zusammenhang mit wissenschaftlicher Weiterbildung nicht trivial zu beantworten. Ausgehend von dem 2007 im Rahmen des London Kommuniqué formulierten Anspruchs, dass „die Studierenden bei ihrem Eintritt in die Hochschule, mit ihrer Beteiligung und bei Abschluss der Hochschulbildung auf allen Ebenen die Zusammensetzung der Bevölkerung widerspiegeln sollte[n]“ (Londoner Kommuniquè 2007, S. 5), sind nahezu alle Personengruppen zu Zielgruppen von Hochschulbildung allgemein und wissenschaftlichen Weiterbildung im Speziellen avanciert.3 Nachfolgend werden ausschließlich die abschlussbezogenen Zielgruppen betrachtet. Mit Blick auf konkrete Merkmale zur Eingrenzung und Beschreibung von Zielgruppen sind daher die Hochschulzugangsvoraussetzungen zentral, weil sie „in den meisten Fällen ein Nadelöhr [darstellen], mit dem die Hochschulen ihre alte Tradition der Exklusivität’ fortsetzen“ (Hanft und Knust 2007b, S. 51). Wege in die Hochschulen sind deutschlandweit durch rechtliche Vorgaben der jeweiligen Hochschulgesetze der Länder geregelt. Konsens besteht darüber, dass als „klassische Zielgruppe“ (Wolter et al. 2016b, S. 20) vor allem Berufstätige mit ersten Hochschulabschluss adressiert werden (Faulstich et al. 2008, S. 9) sowie einschlägiger Berufserfahrung von mindestens einem Jahr (KMK 2010, S. 5). Diese stellen die primäre Zielgruppe wissenschaftlicher Weiterbildungsangebote dar. Daneben werden seit einigen Jahren auch sogenannte beruflich Qualifizierte ohne ersten Hochschulabschluss zur Zielgruppe wissenschaftlicher Weiterbildung subsummiert. Diese Gruppe hat entweder eine abgeschlossene Hochschulreife der eine berufliche Ausbildung folgt oder eine Hochschulreife nach absolvierter beruflicher Ausbildung auf dem Zweiten Bildungsweg erworben. Weiterhin besteht die Möglichkeit, dass diese Gruppe zunächst eine berufliche Ausbildung abgeschlossen hat und durch eine Phase der Berufstätigkeit jedoch ohne schulische Hochschulzugangsberechtigung den Zugang zur Hochschule über den Dritten Bildungsweg erlangt (Wolter et al. 2016b, S. 19–20). 3

Als weitere Zielgruppen wissenschaftlicher Weiterbildung gelten auch nicht-abschlussbezogene Zielgruppen, auf die in diesem Beitrag nicht näher eingegangen wird. Zu diesen zählen beispielsweise Personen im Übergang von Beruf in den Ruhestand oder Personen über 65 Jahren (Sagebiel 2014). Eine weitere Zielgruppe wissenschaftlicher Weiterbildung, die in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen hat, stellen Kinder dar. Durch das Konzept der KinderUniversität wird dem Bildungsauftrag der Hochschulen nachgegangen und diese Zielgruppe ist ebenfalls Bestandteil der „Öffnungsstrategie“ der Hochschulen (Brokmann-Nooren 2006).

Zielgruppen wissenschaftlicher Weiterbildung

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Indem diese neuen Zugangsmöglichkeiten geebnet wurden, wurde gleichzeitig Lebenslanges Lernen an Hochschulen befördert und Hochschulbildung für breitere gesellschaftliche Gruppen geöffnet. Im internationalen wissenschaftlichen Diskurs wird diese „breitere“ oder „neue“ Zielgruppe als sogenannte „nicht-traditionelle Studierende“ (non-traditional students – NTS) bezeichnet, deren Bildungsbiografien nicht denen der klassischen „Normalstudierenden“ beziehungsweise „traditionellen Studierenden“ entsprechen. Daneben werden ebenso Begriffe wie „Adult“, „Mature“ (OECD 1987; Kasworm 1993) oder „Lifelong Learners“ (Schuetze 2014) nahezu synonym verwendet. Es zeigt sich allerdings, dass in einigen Ländern mit dem Erwerb einer schulischen Hochschulzugangsberechtigung weniger restriktiv umgegangen wird als beispielsweise in Deutschland, weswegen in diesen Ländern eine Unterscheidung zwischen traditionellen und nicht-traditionellen Studierenden eher eine untergeordnete Rolle spielt (Nickel und Leusing 2009, S. 21). Ein national wie international einheitliches Verständnis dazu, was konkret eine nicht-traditionelle Studierende und einen nicht-traditionellen Studierenden ausmacht, liegt bislang nicht vor (Wolter und Geffers 2013, S. 11). Historisch betrachtet sind „‚Traditional‘ students (. . .) primarily male, white and able-bodied and came from the upper socio-economic class, which meant they had sufficient financial support to their studies in full-time mode without having to generate income from working during the academic term. All those not fitting these characteristics were ‚non-traditional‘“ (Schuetze und Slowey 2000a, S. 12).

Darüber hinaus haben sich weitere Merkmale im Diskurs zur Charakterisierung von nicht-traditionellen Studierenden etabliert. Neben internationalen Studierenden und solchen mit Migrationshintergrund oder Flüchtlingsstatus zählen in einigen Ländern auch Minderheiten, die unterrepräsentierten Ethnien angehören oder im Alter zwischen 19 und 21 Jahren sind, zur Gruppe der nicht-traditionellen Studierenden, genauso wie Studierende mit Familienpflichten und Teilzeit- und Fernstudierende (Crosling et al. 2008, S. 18–19; Teichler und Wolter 2004, S. 71; Schuetze und Slowey 2002, S. 314; Kasworm 1993, S. 413; Bron und Agélii 2000, S. 87–88). Dem Verständnis Studierende als nicht-traditionell zu bezeichnen, konnten Schuetze und Slowey (2002) drei Dimensionen ausmachen, die ebenso zur begrifflichen Eingrenzung des Terminus herangezogen werden können: „educational biography“, „entry routes“ und „mode of study“ (Schuetze und Slowey 2002, S. 315). Die dritte Dimension des „mode of study“ wurde später zugunsten der Dimension „primary motivation for higher education study“ von Slowey und Schuetze (2012a) verändert, da diese sieben Haupttypen erwachsener Lernenden charakterisiert. Diese Typen sind die „second chance learners“, „equity groups“, „defferers“, „recurrent learners“, „returners“, „refreshers“ und „learners in later life“ (Slowey und Schuetze 2012a), welche sich nicht immer eindeutig voneinander abgrenzen lassen. Über diese sieben Haupttypen hinaus können sich auch neue Typen ergeben (Wolter und Geffers 2013, S. 15). Gleichzeitig wird der Terminus des nicht-traditionellen Studierenden aufgrund seiner begrifflichen Unschärfe sowohl im internationalen Vergleich aber auch in Bezug auf den Begriff des traditionellen Studierenden zunehmend kontrovers dis-

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kutiert. Dabei wird hinterfragt, inwiefern sich die Begriffsverständnisse aufgrund der immer heterogener werdenden Studierendenschaft voneinander abgrenzen (Schuetze und Slowey 2000b, S. 13; Teichler und Wolter 2004, S. 72). So konstatieren Nickel und Leusing (2009, S. 21), dass aufgrund der flexibleren Zugangswege in zahlreichen anderen Ländern eine Differenzierung zwischen den beiden Begriffen nicht mehr explizit erforderlich ist. Schuetze und Slowey (2000b, S. 13) empfehlen daher, den Fokus allgemein stärker auf die national unterschiedlichen Minderheiten zu richten und diese neben den traditionellen Zielgruppen wissenschaftlicher Weiterbildung für ein Studium zu erreichen. Neben der begrifflichen Unterscheidung, Zielgruppen wissenschaftlicher Weiterbildung in „klassisch“ und „nicht-klassisch“ beziehungsweise „traditionell“ und „nicht-traditionell“ zu unterscheiden, bestehen weitere Ansätze die Zielgruppen näher einzugrenzen und zu beschreiben. Zu unterscheiden ist dabei zwischen dem normativ-politischen, dem angebotsorientierten sowie dem zielgruppenorientierten Ansatz. Die Milieuforschung ist ein weiterer Ansatz, der zur Identifizierung von Zielgruppen beitragen kann (siehe Barz und Tippelt 2004). Mit der normativ-politischen Perspektive werden – wie bereits weiter oben schon angedeutet – neben der klassischen Zielgruppe wissenschaftlicher Weiterbildung insbesondere bisher unterrepräsentierte hochschulische Zielgruppen adressiert, womit maßgeblich eine breite gesellschaftliche Beteiligung an Hochschulbildung gefördert wird. In Deutschland werden im Zuge des Ausbaus wissenschaftliche Weiterbildung spätestens seit 2010 im Rahmen des Bund-Länder-Wettbewerbs „Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen“ beispielhaft folgende unterrepräsentierte Zielgruppen adressiert: • „Personen mit Familienpflichten, • Berufstätige, z. B. im Arbeitsleben stehende Bachelor-Absolventen/innen und berufliche Qualifizierte – auch ohne formale Hochschulzugangsberechtigung • Berufsrückkehrer/innen, • Studienabbrecher/innen oder • arbeitslose Akademiker/innen.“ (BMBF o. J.) Eine weitere Möglichkeit besteht darin, Zielgruppen wissenschaftlicher Weiterbildung vom Angebot aus zu beschreiben. Bei dieser angebotsorientierten Perspektive bestimmen Entscheidungsträger, einer „wissenschaftsimmanenten disziplinären Logik“ (Seitter 2014, S. 143) folgend, über die Planung, Entwicklung und Umsetzung von Studienangeboten. Im Rahmen dieser, an Hochschulen gegenwärtig verbreiteten Perspektive, kommen unter anderem hochschulpolitische Fragen der innerund außerhochschulischen Positionierung zum Tragen (Hanft 2014, S. 14, 41–44). Die Hochschulen bewegen sich in einem größer werdenden wissenschaftlichen und berufsbildenden Weiterbildungsmarkt, der vor allem durch Konkurrenz und Anbietervielfalt gekennzeichnet ist (Kamm et al. 2016, S. 139). In diesem Zusammenhang sind Hochschulen angewiesen, ihr Profil entsprechend zu schärfen, um sich von der breiten Masse der Weiterbildungsanbieter abzuheben. Entsprechend fokussieren

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Hochschulen ihr Profil sowohl in Hinblick auf die inhaltliche Ausrichtung, die Form und den Abschluss der Weiterbildungsangebote, aber auch in Hinblick auf das Einzugsgebiet der Studierendenschaft, worunter beispielsweise auch Weiterbildungsangebote für regionale Zielgruppen zu fassen sind (Weishaupt 2010). Mit der zielgruppenorientierten Perspektive werden zielgruppenseitige Bedarfe bei der Entwicklung von wissenschaftlichen Weiterbildungsangeboten einbezogen. Diese, an Hochschulen gegenwärtig noch wenig praktizierte Vorgehensweise, ist auf die „doppelte Systembindung“ (Wolter 2005, S. 107) zurückzuführen. Sie impliziert zum einen eine Ausrichtung der wissenschaftlichen Weiterbildung an den Qualitätsstandards des Hochschul- und Wissenschaftssystems. Zum anderen ist die wissenschaftliche Weiterbildung marktförmigen Strukturen unterlegen, was eine starke nachfrage- und bedarfsorientierte Angebotsentwicklung nach sich zieht (Wolter 2005, S. 107).4 Aufgrund des Wettbewerbs unter den Hochschulen in der wissenschaftlichen Weiterbildung wird eine zielgruppenorientierte, inhaltliche und didaktisch-methodische Angebotsgestaltung immer wichtiger. Daher sind Informationen von Zielgruppen für die Passgenauigkeit der Angebote von zentraler Bedeutung, „da sich von der bedarfsorientierten Angebotsgestaltung auch eine entsprechende Nachfrage versprochen wird“ (Schwikal et al. 2017, S. 80). Insofern sind Hochschulen angehalten, sich der Erfassung von zielgruppenseitigen Bedarfen zu öffnen und in dem Zusammenhang ein eigenes Verständnis vom Konstrukt des Bedarfs zu entwickeln, welches der besonderen Position und institutionellen Verankerung der wissenschaftlichen Weiterbildung gerecht wird (Präßler und Vossebein 2014, S. 105–114; Schwikal et al. 2017; Seitter 2014, S. 141; Seitter et al. 2015). So könnte zwischen Bedarfen unterschiedlicher Interessengruppen differenziert werden, die wiederum zur Beschreibung von Zielgruppen wissenschaftlicher Weiterbildung herangezogen werden. So lassen sich beispielsweise nach Ortner (1981, S. 29–20) folgende Interessengruppen identifizieren: • • • •

dem individuellen Bedarf einzelner Personen, dem Bedarf von einzelnen Gruppen, z. B. Berufsgruppen, dem Bedarf von Institutionen, Organisationen und Unternehmen und den gesellschaftlichen Bedarfen, z. B. Medienkompetenzförderung, die ihren Ausdruck in bildungspolitischen Forderungen finden.

Kennzeichnend für diese Interessengruppen ist dabei vor allem, dass die Gruppen als solche nicht erfassbar sind, sondern sich erst in Abhängigkeit vom Angebot oder auf Basis einzelner Merkmale herauskristallisieren. Anhand der Analyse von Teilnehmenden können ebenso wertvolle Rückschlüsse für die Zielgruppenfrage gewonnen werden. Ausgewählte Ergebnisse werden folgend dargestellt.

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In Schwikal et al. (2017) sowie Rohs et al. (2018) werden die Begriffe der Nachfrage- und Bedarfsorientierung erläutert.

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Ausgewählte Ergebnisse der Teilnehmerforschung

Im Gegensatz zu Zielgruppen wissenschaftlicher Weiterbildung haben sich Teilnehmende bereits dazu entschlossen eine wissenschaftliche Weiterbildung aufzunehmen. Gegenstand dieses Kapitels ist demnach die Frage: Wer wird als Teilnehmende durch wissenschaftliche Weiterbildungsangebote erreicht? Einen Überblick darüber geben beispielsweise die Hochschulstatistiken sowie Teilnehmenden- und Absolventenbefragungen (vgl. u. a. Beitrag im Band von Lobe). Zu nennen sind national wie international angelegte Panels und Surveys wie die National Educational Panel Study (NEPS), der Adult Education Survey (AES), das EUROSTUDENT-Projekt oder die Trendstudie Fernstudium (Sommerfeldt und Höllermann 2016). Darüber hinaus kann auf mehrere internationale Vergleichsstudien zur Teilnahme an Hochschulweiterbildung (siehe Bredl et al. 2006; Faulstich et al. 2007; Hanft und Knust 2007a; Schaeper et al. 2006; Schuetze und Slowey 2000a; Slowey und Schuetze 2012b) sowie zahlreiche kleinere Erhebungen zurückgegriffen werden (z. B. Faulstich und Oswald 2010). Folgend werden ausgewählte jüngere als auch ältere Datenquellen herangezogen, die eine Entwicklung der Teilnehmerstruktur aufzeigen. Die Daten liefern dabei lediglich Hinweise zur Beteiligung an wissenschaftlicher Weiterbildung, da die verschiedenen Erhebungen keine repräsentativen Aussagen aufgrund geringer Fallzahlen zulassen. Dies liegt in der national wie international unzureichenden Datenbasis (Wolter und Banscherus 2016, S. 70) sowie dem breiten Verständnis von wissenschaftlicher Weiterbildung begründet (vgl. Abschn. 1.1), wodurch eine Vergleichbarkeit der Daten nicht beziehungsweise nur bedingt möglich ist (Widany 2011; Wolter und Banscherus 2016, S. 69–70). In Deutschland ist laut dem AES und zuvor dem Berichtssystem Weiterbildung (BSW) von 1991 bis 2007 die Zahl der Teilnehmenden an wissenschaftlicher Weiterbildung um ein vielfaches geringer als die Teilnehmerzahlen beruflicher Weiterbildung des außerhochschulischen Bereichs. So lag 2007 die Beteiligung von Akademikerinnen und Akademikern an beruflicher Weiterbildung bei 30,5 Prozent und von Nicht-Akademikerinnen und Nicht-Akademikern bei 15,8 Prozent. Demgegenüber nahmen lediglich 1,5 Prozent der Akademikerinnen und Akademiker eine wissenschaftliche Weiterbildung5 war, unter den Nicht-Akademikerinnen und NichtAkademikern waren es 0,8 Prozent (Widany 2011, S. 228). Fünf Jahre später betrug die Zahl der Weiterbildungsteilnehmenden an Hochschulen bereits drei Prozent der Gesamtbevölkerung (Kamm et al. 2016, S. 147). Die Ergebnisse des AES aus dem Jahr 2016 gehen ebenfalls von einer dreiprozentigen

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Dem BSW beziehungsweise AES ist dabei nicht zu entnehmen, wie sich diese Gruppe genau zusammensetzt. So merkt Widany (2011, S. 227) kritisch an, dass die wissenschaftliche Weiterbildung ebenso für das wissenschaftliche Personal konzipiert sein kann, dabei jedoch keinem akademischen Niveau entsprechen muss. Wie hoch der Anteil an akademisch Qualifizierten als Zielgruppe wissenschaftlicher Weiterbildung in der Erhebung des AES von 2014 war, kann nicht ermittelt werden, da in dieser Erhebung die verschiedenen Weiterbildungsanbieter nicht differenziert erfasst wurde (Bundesministerium für Bildung und Forschung 2015).

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Teilnahmequote an wissenschaftlicher Weiterbildung unter den 18–64-Jährigen aus (BMBF 2017, S. 53). Zu dem Ergebnis, dass die klassische Zielgruppe wissenschaftlicher Weiterbildung tendenziell eher eine Weiterbildung außerhalb des Hochschulkontextes wahrnimmt, kommt ebenso die Absolventenbefragung des Hochschul-Informations-Systems (HIS). Hier konnte ermittelt werden, dass 76 Prozent beziehungsweise 77 Prozent der Universitäts- und Fachhochschulabsolventinnen des Abschlussjahrgangs 2000/01 fünf Jahre nach ihrem Abschluss an einer Weiterbildung im außerhochschulischen Bereich, aber nur 35 Prozent mit Universitäts- beziehungsweise 27 Prozent mit Fachhochschulabschluss an wissenschaftlicher Weiterbildung partizipierten (Kerst und Schramm 2008, S. 170). Damit nahm lediglich ein Viertel dieser klassischen Zielgruppe eine Hochschulweiterbildung auf. Gegenüber der internationalen Studie Careers after Higher Education: a European Research Study (CHEERS), die Hochschulabsolventinnen und -absolventen aus dem Jahr 1994/95 befragt hat, ist keine markante Steigerung zu beobachten. Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass ungefähr ein Fünftel der Hochschulabsolventinnen und -absolventen (innerhalb von vier Jahren nach Studienabschluss) an Hochschulweiterbildung teilnahmen. Unterdessen konnte gezeigt werden, dass in anderen Ländern deutlich höhere Teilnahmequoten an Hochschulweiterbildung erzielt wurden. So nahmen im Vereinigten Königreich 41 Prozent, in Finnland 29 Prozent und in Österreich 28 Prozent der Hochschulabsolventinnen und -absolventen eine wissenschaftliche Weiterbildung innerhalb von vier Jahren nach Studienabschluss auf (Schaeper et al. 2006, S. 126). Aufgrund der bildungspolitischen Bestrebungen den Hochschulzugang für beruflich Qualifizierte zu öffnen, ist demgegenüber die Datenbasis zu den nicht-traditionellen Studierenden deutlich vielfältiger und aktueller. So blieb die wissenschaftliche Weiterbildungsbeteiligung (bezogen auf die bildungsbiografischen Merkmale) der Studierenden, die über den Zweiten Bildungsweg ein Hochschulstudium aufnahm im Zeitraum von 2010 bis 2014 nahezu konstant zwischen 2,4 und 3,3 Prozent – ohne Bildungsausländer zwischen 2,9 und 4,1 Prozent. Gleichzeitig erhöhte sich die Zahl der Studierenden, die über den Dritten Bildungsweg an die Hochschule kamen über den gleichen Zeitraum von 0,6 Prozent kontinuierlich auf 2,8 Prozent – ohne Bildungsausländer von 0,8 Prozent auf 3,5 Prozent, gemessen an der Gesamtheit aller Neuimmatrikulierten (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2016, S. 299). Die aktuellsten Daten zur wissenschaftlichen Weiterbildungsbeteiligung (bezogen auf die bildungsbiografischen Merkmale) von nicht-traditionellen Studierenden wurden durch die 21. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerkes aus dem Jahr 2016 erfasst. Insgesamt absolvierten 22 Prozent der Studierenden allgemein an den Hochschulen im Vorfeld der Studienaufnahme eine Berufsausbildung, von denen sich 6 Prozent über den Dritten Bildungsweg immatrikulierten (Middendorff et al. 2017, S. 10–30). Gegenüber den vorangegangenen Sozialerhebungen ist ein Trend zu beobachten, dass immer weniger Studierende mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung an die Hochschulen kommen (Middendorff et al. 2017, S. 10). Ein Blick in andere Länder zeigt, dass dort der Anteil an Studierenden mit alternativen Zugangswegen über die Zeit deutlich höher ausfällt als in Deutschland. Der Eurostudent IV 2008–2011 wies in Schweden einen Anteil der nicht-tra-

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ditionellen Studierenden von 29 Prozent aus, im Vergleich zum Eurostudent V sind bereits 40 Prozent nicht-traditionelle Studierende konstatiert worden. In Irland stieg der Anteil der nicht-traditionell Studierenden von 23 auf 30 Prozent. Für Deutschland hat sich die Zahl der nicht-traditionell Studierenden vom Eurostudent IV zu V verdreifacht, von 4 auf 13 Prozent. (Orr et al. 2011; Hauschildt et al. 2015).6 Die Eurostudent-Erhebung lässt jedoch keine Rückschlüsse auf postgraduale Studiengänge zu. Darüber hinaus liefert die amtliche Hochschulstatistik von DESTATIS relativ zuverlässige Daten zu Teilnehmenden wissenschaftlicher Weiterbildung an Fernstudieneinrichtungen. So konnte für das Wintersemester 2015/16 eine Anzahl von insgesamt 154.325 Fernstudierenden ermittelt werden. Bezüglich der Zugangswege ermittelte die Fernunterrichtsstatistik 2016,7 dass 17 Prozent derjenigen, die ein Fernstudium im Wintersemester 2015/16 aufgenommen haben, bereits über ein abgeschlossenes Studium verfügen, womit diese Studierenden zur klassischen Zielgruppe wissenschaftlicher Weiterbildungsangebote zu zählen sind. Weitere 12 Prozent der Fernstudierenden kamen zudem über den Dritten Bildungsweg an die Hochschule. Darüber hinaus nahm der Großteil der Fernstudierenden (71 Prozent) das Studium über eine schulische Hochschulzugangsberechtigung auf (Fogolin 2016, S. 37). Die kleiner angelegte Trendstudie Fernstudium 2016 bestätigt diese Zugangswege der Fernunterrichtsstatistik weitestgehend. So betrug dort der Anteil der Teilnehmenden, die über eine berufliche Hochschulzugangsberechtigung verfügen 11,5 Prozent. Mit 30 Prozent konnte die Trendstudie darüber hinaus einen fast doppelt so hohen Anteil an Teilnehmenden verzeichnen, die bereits über einen Studienabschluss verfügen. Weitere 58,5 Prozent haben im Vorfeld des Studiums eine allgemeine beziehungsweise fachgebundene Hochschulreife erworben (Sommerfeldt und Höllermann 2016, S. 8). Zusammenfassend zeigt sich, dass in Anbetracht der Daten sich die Teilnahmestruktur der Weiterbildung an Hochschulen in Deutschland und auch International in den letzten Jahren verändert hat.

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Dabei sind die Daten vor dem Hintergrund zu bewerten, dass die Bildungswege, über welche der Zugang zu Hochschulbildung möglich ist, von Land zu Land variieren. In einer Vielzahl der Länder erfolgt ein direkter Zugang zum Hochschulsystem nach dem Erwerb der allgemeinen oder fachgebundenen Hochschulreife, oder einem vergleichbaren Abschluss. Daneben konnten vier alternative Bildungswege identifiziert (Hauschildt et al. 2015, S. 30) sowie weitere Faktoren im Sinne einer Widening Participation, welche Parallelen zu Diversity- und Inklusionsdiskursen aufweisen und Chancengleichheit und -gerechtigkeit anstreben. Damit können auch Fragen zu Geschlecht, Migrationshintergrund etc. bei der Definition von NTS inbegriffen sein (Heese und Rappenglück 2017, S. 74 f.). 7 Die Fernunterrichtsstatistik wird durch das Bundesinstitut für Berufliche Bildung (BIBB) in Zusammenarbeit mit dem Fachverband Forum DistancE-Learning (FDL), der Staatlichen Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU) sowie der Arbeitsgemeinschaft für das Fernstudium an Hochschulen (AG-F) der Deutschen Gesellschaft für Wissenschaftliche Weiterbildung und Fernstudium e.V. (DGWF) durchgeführt (Fogolin 2016).

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Zielgruppenorientierung als Paradigma

Wie bereits beschrieben, unterliegt die wissenschaftliche Weiterbildung einer doppelten Systembindung, womit sie sich einerseits an marktförmigen Strukturen zu orientieren hat, wie sie vergleichsweise im Feld der Erwachsenen- und Weiterbildung oder auch den Wirtschafts- und Gesundheitswissenschaften vorzufinden sind. In diesen Referenzdisziplinen ist eine Ausrichtung der Angebotsplanung an den Bedarfen der Zielgruppen beziehungsweise Kunden keine neue Vorgehensweise. Andererseits ist die wissenschaftliche Weiterbildung auch Bestandteil des Wissenschafts- und Hochschulsystem. Daher wird diese Entwicklungsstrategie kontrovers diskutiert, birgt sie neben Vorteilen auch Herausforderungen: Nimmt sich wissenschaftliche Weiterbildung der Zielgruppenorientierung umfassend an, ist damit eine konsequente Ausrichtung des Planungs- und Entwicklungsprozesses am Bedarf und der Nachfrage am Weiterbildungsmarkt verbunden. Damit bewegt sie sich „in einem Spannungsverhältnis zwischen pädagogischen und ökonomischen Rationalitäten, die sich teilweise kaum vereinbaren lassen“ (Banscherus et al. 2016, S. 109). So soll beispielsweise ein Angebot zum einen die individuelle Lebensweltorientierung und zum anderen die Kostendeckungsvorgaben sicherstellen (Hippel et al. 2008, S. 666–667). Als Widerspruch wird dabei „der gesellschaftliche Auftrag, (benachteiligte) Zielgruppen zu erreichen und die gleichzeitig zurückgehende öffentliche Finanzierung“ gesehen (von Hippel 2011, S. 53). Die Gefahr besteht dabei darin, dass Hochschulen ihren Bildungsauftrag aus den Augen verlieren, indem sie ihre wissenschaftlichen Interessen zugunsten denen des Marktes, der Berufsstände oder der Politik vernachlässigen (Jütte und Schilling 2005, S. 151; Weber 2000). Ein Vorteil der zielgruppenorientierten Eingrenzung auf Basis des Bedarfs und der Nachfrage, wird in dem offenen Zugang und dem breiteren Verständnis gesehen, sich mit Zielgruppen wissenschaftlicher Weiterbildung auseinanderzusetzen. Damit wird einerseits die stigmatisierende Merkmalszuschreibung, wie sie bei der Differenzierung zwischen traditionellen und nicht-traditionellen Zielgruppen praktiziert wird, obsolet. Andererseits wird damit der Kritik Rechnung getragen, dass die Konzepte aufgrund der heterogener werdenden Gesellschaft nicht mehr tragfähig sind (vgl. Abschn. 2). Gleichzeitig können die Bedarfe der potenziellen Zielgruppe (n) passgenau bei der Entwicklung wissenschaftlicher Weiterbildungsangebote berücksichtigt werden. Hierbei gilt es neben der inhaltlichen auch die didaktischmethodische Gestaltung zu berücksichtigen. Dabei geht es weniger darum, jedem Teilnehmenden im Sinn einer „individualisierenden Bildungsarbeit“ gerecht zu werden, sondern „typische Muster von Bildungsmotiven und -interessen“ zu bündeln (Bremer 2004, S. 31) und für die didaktische Planung von Weiterbildungsangeboten nutzbar zu machen (Siebert 2000, S. 89). Darüber hinaus sind mit der Zielgruppenorientierung methodische Herausforderungen verbunden. Skepsis wird dabei weniger bezüglich der empirischen Fundierung von Nachfragen geäußert als vielmehr hinsichtlich des Weiterbildungsbedarfs. Diese Skepsis liegt in der häufig eindimensionalen Messung begründet, welche „die komplexen Zusammenhänge zwischen der Ermittlung und Erschließung des Bedarfs

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einerseits sowie seiner Deckung durch passende Angebote andererseits“ (Arnold 2015, S. 220) nicht adäquat abzubilden vermag. Ebenso wird beanstandet, dass „allenfalls (. . .) kurzfristige Bedarfe nach bestimmten Qualifikationsanpassungen ermittelt werden, es sei jedoch kaum möglich, langfristige Entwicklungen zu prognostizieren“ (Banscherus et al. 2016, S. 111). Des Weiteren sieht sich die Bedarfsermittlung mit dem Risiko konfrontiert, „den lediglich ,nachgefragten‘ Bedarf“ zu erheben, womit zukünftige, innovative und potenzialorientierte Weiterbildungsbedarfe nicht erschlossen werden (Arnold und Lermen 2004, S. 13). Demnach geht es aus dieser Perspektive um eine Bedarfsweckung und die Passung zwischen den „Suchbewegungen“ (Tietgens 1992, S. 31) von Programmplanenden und Adressaten (von Hippel 2011, S. 51). Daneben sind angemessene Marketingstrategien und Managementexpertisen bisher noch wenig entwickelt (Wilkesmann 2012, S. 56). Schließlich sind Hochschulen zudem angehalten, innerhochschulische Strukturen zu ebnen, um den Ansatz nachhaltig zu implementieren, was als zusätzliche Herausforderung angesehen wird.

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Zusammenfassung und Ausblick

Befördert durch das Konzept des Lebenslangen Lernens und die Förderlinie „Aufstieg durch Bildung: Offene Hochschulen“ des BMBF hat die wissenschaftliche Weiterbildung insgesamt an Bedeutung gewonnen. In diesem Zuge hat sich insbesondere das Verständnis und Bewusstsein, wer als Zielgruppen wissenschaftlicher Weiterbildung zu gelten hat, verändert. Es werden nun insbesondere neue Zielgruppen in den Blick genommen. Dadurch konstituiert sich bereits ein neuer Zielgruppenbegriff, der zum einen verstärkt von individuellen Bildungsbiografien geprägt ist und zum anderen eine institutionelle Perspektive einnimmt. Im wissenschaftlichen Diskurs hat sich dabei der „Zielgruppen“-Begriff gegenüber dem „Adressaten“Begriff in der wissenschaftlichen Weiterbildung etabliert. Gleichzeitig bietet sich für sie die Chance, ein klares, einheitliches Begriffsverständnis von „Zielgruppen“ – losgelöst von der Disziplin der Erwachsenen- und Weiterbildung – zu etablieren, zumal der Begriff bereits durch eine internationale Perspektive geprägt ist. Für Einrichtungen der wissenschaftlichen Weiterbildung ist es notwendig, dass das Bewusstsein für die unterschiedlichen Zielgruppen, die durch ein Weiterbildungsangebot adressiert werden können, geschärft wird. Wie gezeigt, spielt Wissenschaftliche Weiterbildung am deutschen Weiterbildungsmarkt bisher keine bedeutende Rolle (Wolter 2011, S. 19) und die Teilnahmequoten von wissenschaftlicher Weiterbildung sind insgesamt gering. Dies betrifft sowohl die klassische Zielgruppe als auch die neue Zielgruppe der beruflich Qualifizierten. Zudem ist die Datenlage bezüglich aussagekräftiger, belastbarer Ergebnisse zu Teilnehmenden der wissenschaftlichen Weiterbildung kritisch zu sehen, da eine Operationalisierung von Wissenschaftlichen Weiterbildungen und deren Zielgruppen in unterschiedlichen Erhebungen unzureichend ist beziehungsweise fehlt (Apel 2006, S. 7; Bredl et al. 2006, S. 61–62; Widany 2011). Hier bedarf es zukünftig repräsentativer Erhebungen.

Zielgruppen wissenschaftlicher Weiterbildung

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Die internationale Datenlage zeigt außerdem, dass „aus den internationalen Vergleichsstudien in Ländern wie etwa Finnland, Großbritannien oder den USA nicht nur eine höhere Teilnehmerzahl an wissenschaftlicher Weiterbildung erreicht wird (. . .) sondern auch, dass in Deutschland ein erhebliches Defizit bei der Flexibilisierung der Studienangebote existiert“ (Franz und Feld 2014, S. 30–31). In beiden Punkten hat Deutschland im internationalen Vergleich Nachholbedarf. Die geringe Teilnahmequote lässt sich durch unterschiedliche Faktoren begründen, wie persönlichen Verpflichtungen, der persönlichen Lebenssituation oder den Weiterbildungskosten (Schaeper et al. 2006, S. 126). Einen weiteren Grund sehen Schaeper et al. (2006, S. 126) in der höheren Attraktivität außerhochschulischer Angebote. Es ist anzunehmen, dass durch inhaltliche, zeitliche und räumliche Flexibilisierung von wissenschaftlichen Weiterbildungsangeboten die Teilnahmequote gesteigert werden könne, indem beispielsweise Angebote in kürzere und aufeinander aufbauende Weiterbildungseinheiten geplant werden (siehe Besters-Dilger und Neuhaus 2015), um eine bessere Studierbarkeit und Work-Study-Life-Balance vor dem Hintergrund der Berufstätigkeit der adressierten Zielgruppe zu ermöglichen. Die Intransparenz des Weiterbildungsmarktes, die Unerfahrenheit mit Hochschulen und der unterschiedliche Habitus stellen möglicherweise eine weitere Teilnahmeschwelle dar, weshalb flankierenden Lern- und Weiterbildungsberatungsangebote eine große Bedeutung zukommt (von Hippel et al. 2017). Hierzu gilt es entsprechende Beratungskonzepte insbesondere unter Berücksichtigung der Merkmale von nichttraditionellen Studierenden zu erarbeiten und deren Wirkung zu erforschen. Während Iller (2009, S. 995) bezogen auf Weiterbildung allgemein die Frage stellt, „ob der Zielgruppenansatz konzeptionell die richtige Grundlage bietet“, wird die Notwendigkeit der Zielgruppenorientierung aktuell ebenfalls in der wissenschaftlichen Weiterbildung diskutiert. Zielgruppenorientierung in der wissenschaftlichen Weiterbildung ist eng mit der Bedarfsorientierung verknüpft. Nach Arnold (2015) ist der Bedarfsermittlung und -erschließung ein grundlegender Schritt in der Angebotsplanung. Ein Weiterbildungsangebot, welches sich daher nicht am Bedarf orientiert, wird sich nur schwer am Markt durchsetzen. Zudem liegt dem Bedarfsbegriff keine eindimensionale Definition zugrunde, vielmehr ist dieser durch unterschiedliche Facetten geprägt (Arnold 2015, S. 220) und konstituiert sich dadurch, was von jeweiligen Weiterbildungsplanenden beispielsweise in Bezug auf die Zielgruppen in den Blick genommen und als Bedarf angesehen wird. Durch die Förderlinie „Aufstieg durch Bildung: Offene Hochschulen“ konnten neue Weiterbildungsangebote am Markt implementiert werden, die insbesondere unterrepräsentierte Zielgruppen und deren spezifischen Bedarfe fokussieren.8 Im Sinne des lebenslangen Lernens und der gewünschten Durchlässigkeit des Bildungssystems ist es zukünftig notwendig, die wissenschaftliche Weiterbildung auszuweiten und beruflich Qualifizierte stärker noch als bisher für ein Hochschulstudium zu

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In der ersten Förderphase des ersten Bund-Länder-Wettbewerbs konnten 110 neue Angebote wissenschaftlicher Weiterbildung nachhaltig implementiert werden (Bundesministerium für Bildung und Forschung (2016)).

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gewinnen (Bildungsmonitor 2017, S. 81). Die Frage, wie diese als auch die klassische Zielgruppe noch effektiver erreicht werden kann, betrifft auch Fragen der Ansprache der entsprechenden Zielgruppen. Hierin liegt ein großes Potenzial für die Forschung.

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Teilnehmer- und Adressatenforschung in der wissenschaftlichen Weiterbildung Claudia Lobe

Inhalt 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Entwicklungslinien der Teilnehmer- und Adressatenforschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Zielgruppen im Fokus der Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Forschungszugänge und -themen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

354 354 356 360 363 364

Zusammenfassung

Gegenstand der Teilnehmer- und Adressatenforschung in der wissenschaftlichen Weiterbildung sind die Nachfrager_innen wissenschaftlicher Weiterbildungsangebote. Adressat_innen, Zielgruppen und Teilnehmende werden im Hinblick auf ihre Bedarfe, Teilnahmemotive und -barrieren, Lebenslagen und biografischen Hintergründe charakterisiert. Der Beitrag gibt einen Überblick über historische und aktuelle Entwicklungslinien dieses Forschungsfeldes und bietet anhand von Hochschulabsolvent_innen und beruflich Qualifizierten exemplarische Einblicke in die Zielgruppenforschung. Abschließend werden zur Systematisierung des Feldes übergeordnete Forschungsthemen und -zugänge herausgestellt. Schlüsselwörter

Teilnehmende · Adressat_innen · Zielgruppen · Teilnahmemotive · Bildungsbiografien

C. Lobe (*) Fakultät für Erziehungswissenschaft, Universität Bielefeld, Bielefeld, Deutschland E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 W. Jütte, M. Rohs (Hrsg.), Handbuch Wissenschaftliche Weiterbildung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-17643-3_18

353

354

1

C. Lobe

Einleitung

Die Teilnehmer- und Adressatenforschung1 in der wissenschaftlichen Weiterbildung stellt die Bestimmung ihres Gegenstandes über die Akteursgruppe her, die sie in den Blick nimmt: die Adressat_innen und Teilnehmenden von wissenschaftlichen Weiterbildungsangeboten. Mit Adressat_innen sind potenzielle Teilnehmende gemeint, an die sich ein Weiterbildungsangebot richtet. Sie lassen sich segmentieren, indem sie nach bestimmten – z. B. soziodemografischen – Merkmalen zu spezifischen Personenclustern, sogenannten Zielgruppen, zusammengefasst werden. Die Bestimmung von Zielgruppen ist im Rahmen der Programm- und Angebotsplanung zentral für die passgenaue Ansprache möglicher Interessent_innen. Teilnehmende dagegen sind diejenigen Personen, die an einem konkreten Weiterbildungsangebot teilnehmen (von Hippel et al. 2016). Adressat_innen und Teilnehmende werden grundsätzlich im Hinblick auf ähnliche Fragestellungen untersucht: Ihre Bildungswege, Teilnahmemotive und -barrieren, Lernvoraussetzungen und Nutzenerwartungen stehen im Vordergrund. Teilnehmende können im Gegensatz zu Adressat_innen zusätzlich Auskunft über ihr Teilnahmeerleben geben, z. B. über die Teilnahmeentscheidung, hemmende und förderliche Bedingungen im Lernprozess, Lerneffekte oder Weiterbildungsrenditen. Die Befragung von Adressat_innen kann demgegenüber Aufschluss über Gründe für die Nicht-Teilnahme, Weiterbildungsbarrieren und noch unerschlossene Bedarfe geben. Im Folgenden werden historische und aktuelle Entwicklungslinien der Teilnehmer- und Adressatenforschung in der wissenschaftlichen Weiterbildung an Hochschulen aufgezeigt (2), Zielgruppen im Fokus der Forschung genauer betrachtet (3) und das Forschungsfeld anhand zentraler Zugänge und Themen konturiert (4).

2

Entwicklungslinien der Teilnehmer- und Adressatenforschung

Die ersten Ansätze der Teilnehmerforschung in der wissenschaftlichen Weiterbildung entstanden bereits während der Universitätsausdehnungsbewegung am Ausgang des 19. Jahrhunderts, als sich die wissenschaftliche Weiterbildung gerade erst „vor-institutionell“ zu entwickeln begann (Wolter 2011). Im Jahr 1895 erfasste Ludo Hartmann, damaliger Geschäftsführer des Wiener Ausschusses für volkstümliche Universitätsvorträge, erstmals Teilnehmende in einer Hörerstatistik und erhob ihre Teilnahmemotive und Nutzeneinschätzungen. Unterbrochen von den beiden Weltkriegen etablierte sich eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den Bedarfen und Bildungsinteressen der Adressat_innen in Deutschland erst wieder ab den 1950er-Jahren. Inspiriert durch die amerikanische Sozialforschung jener Zeit wur1

Die Begriffe Teilnehmerforschung und Adressatenforschung werden hier als feststehende, zusammengesetzte Termini behandelt und nicht einer gendergerechten Schreibweise unterworfen. Sofern Teilnehmende und Adressat_innen als Personengruppen angesprochen werden, wird dagegen auf eine gendersensible Formulierung geachtet.

Teilnehmer- und Adressatenforschung in der wissenschaftlichen Weiterbildung

355

den Ansätze der statistischen Erfassung und Befragung um verschiedene qualitative Verfahren wie Gruppendiskussionen, teilnehmende Beobachtungen und Interviews ergänzt (Born 2016, S. 2 ff.). Seit der zweiten Hälfte der 1970er-Jahre verstehen sich die Hochschulen verstärkt als Anbieter von beruflich angebundenen Weiterbildungsprogrammen, wohingegen zuvor eher die Vermittlung wissenschaftlichen Wissens für eine außeruniversitäre Öffentlichkeit im Vordergrund stand. Der begriffliche Wandel von der universitären Erwachsenenbildung zur wissenschaftlichen Weiterbildung macht diese Veränderung im Selbstverständnis deutlich (Wolter 2017, S. 189) und geht mit einer stärkeren Hinwendung zur Nachfrageseite einher. Aber erst in den 1990er-Jahren gewinnt die Hochschulweiterbildung – u. a. im Kontext der Bologna-Erklärung und der darin vorgesehenen gestuften Studienstruktur – eine größere Aufmerksamkeit. Im sich etablierenden markt- und nachfrageorientierten Weiterbildungsverständnis rückt eine Auseinandersetzung mit den Bedarfen, Zielen und Interessen der Adressat_innen und Teilnehmenden in den Fokus (Wolter 2011, S. 15). Die Teilnehmerforschung etabliert sich in der wissenschaftlichen Weiterbildung zunehmend als eigenständige Forschungsperspektive. Inzwischen liegt eine Fülle von Einzelstudien zur Teilnahme an wissenschaftlicher Weiterbildung vor. Befördert wurde dieser Forschungszweig in den vergangenen Jahren durch das von Bund und Ländern finanzierte Programm „Aufstieg durch Bildung: Offene Hochschule“. Insbesondere in der ersten Förderphase wurde gezielt „die forschungsbasierte Entwicklung und Erprobung von Studienangeboten“ zur Stärkung des lebenslangen Lernens an Hochschulen unterstützt (Wolter et al. 2016, S. 19). Vor diesem Hintergrund sind zahlreiche anwendungsorientierte Forschungsarbeiten entstanden, die unmittelbar in Entwicklungsprojekte zur Angebotskonzeption eingebunden sind. Eine Analyse dieser Forschungsarbeiten durch die wissenschaftliche Begleitung des Programms zeigt, dass in nahezu allen Projekten potenzielle Teilnehmende befragt wurden. Das Augenmerk lag dabei auf der Charakterisierung der potenziellen Zielgruppen im Hinblick auf ihre sozialen Hintergründe, Bildungsbiografien und jeweiligen Lebenssituationen sowie auf der Erfassung von studienentscheidungsrelevanten Neigungen, Motiven und Erwartungen (Banscherus et al. 2016, S. 121 ff.). Wenngleich das Forschungsvolumen erkennbar ansteigt, weisen die Studien jedoch häufig den Charakter von standortbezogenen, regional begrenzten Fallstudien auf. Ihre vorwiegende Zielsetzung besteht in der Anbahnung einer konkreten Angebotsentwicklung. Insbesondere ist insgesamt eine ‚kasuistische‘ Vorgehensweise klar vorherrschend, die entwickelten Untersuchungsansätze und die spezifischen methodischen Anwendungen sind also überwiegend aus einem ganz konkreten Projektkontext heraus entstanden und eignen sich allenfalls in Einzelfällen für die Übertragung in andere Bezugsrahmen (Banscherus et al. 2016, S. 127).

Es fehlt insofern – wie in der Erwachsenenbildungsforschung insgesamt – an größeren Forschungslinien, die zur systematischen Entwickelung des Forschungsfeldes beitragen könnten.

356

C. Lobe

In der Erwachsenenbildungsforschung wurde daher Ende der 1990er-Jahre damit begonnen, die Forschungslandschaft zu kartografieren. Ausdruck dieser Bemühungen ist das „Forschungsmemorandum für die Erwachsenen- und Weiterbildung“ (Arnold et al. 2000). Aufbauend auf diesem konzeptionellen Rahmen entstand im Jahr 2007 die „Forschungslandkarte“, eine Datenbank, in der sich Forschungsprojekte entlang der Systematisierung des Forschungsmemorandums eintragen lassen (Ludwig und Baldauf-Bergmann 2010, S. 65). In der wissenschaftlichen Weiterbildung sind ähnliche Systematisierungsbestrebungen erkennbar. Eine diesbezügliche Bestandsaufnahme der Forschungsaktivitäten im Jahr 2004 mündet in den zehn „Kremser Thesen zum Forschungsbedarf in der wissenschaftlichen Weiterbildung“. Die Teilnehmerforschung weist dabei folgende Desiderate auf: „Nur institutionenbezogene Teilnahmestatistiken quantitativer Art werden der Komplexität von Nichtteilnahme und Teilnahme an wissenschaftlicher Weiterbildung nicht gerecht. Es fehlt u. a. an quantitativen und qualitativen Untersuchungen zum Teilnahmeverhalten wie auch zum Wechselverhältnis von Arbeit und Lernen im lebensgeschichtlichen Kontext“ (Jütte et al. 2005, S. 14).

Die AG Forschung der Deutschen Gesellschaft für wissenschaftliche Weiterbildung und Fernstudium (DGWF) griff in ihren Forschungswerkstätten 2014 und 2016 diese Ansätze zur Kartografierung des Forschungsfeldes auf. Eine erste Systematisierung differenziert zwischen acht Forschungsclustern in der wissenschaftlichen Weiterbildung (Kondratjuk und Schulze 2016, S. 15 f.). Die Rubrik „Zielgruppen, Teilnehmende, Bedarfserschließung, Anrechnung von Kompetenzen“ hebt auf Forschungsarbeiten aus dem Bereich der Teilnehmer- und Adressatenforschung ab. Die AG Forschung arbeitet weiter daran, die Kartografie zu schärfen, um einen Überblick über aktuelle Forschungstrends zu gewinnen, Forschungsbestände zu systematisieren und Forschungslücken zu benennen.

3

Zielgruppen im Fokus der Forschung

Die Teilnehmer- und Adressatenforschung setzt im Kern dort an, wo wissenschaftliche Weiterbildungsangebote von Hochschulen gezielt für spezifische Zielgruppen konzipiert werden. Denn das Interesse an den Adressat_innen und Teilnehmenden rührt aus Sicht der Weiterbildungspraxis vor allem daher, dass die wissenschaftliche Weiterbildung gegenüber der akademischen Erstausbildung „einer starken Nachfrage- und Zielgruppenorientierung [unterliegt], um hinreichend viele Adressatinnen und Adressaten zur Teilnahme an den in aller Regel kostenpflichtigen Weiterbildungsangeboten zu motivieren“ (Banscherus et al. 2016, S. 105). Der Zielgruppenbegriff ist „ein relationaler Begriff, der auf eine Verhältnisbestimmung und möglichst zielgenaue Passung von (geplantem) Angebot und (intendierter) Nachfrage abhebt“ (Seitter 2017, S. 211). Im Hinblick auf ausgewählte Merkmale wird dann eine relative Homogenität der Adressat_innen angenommen,

Teilnehmer- und Adressatenforschung in der wissenschaftlichen Weiterbildung

357

auf die sich die Hochschule einzustellen versucht. Für die Bestimmung von Zielgruppen kommen je nach Zielsetzung ganz unterschiedliche Merkmale in Frage. Auf mögliche Unterscheidungen, z. B. nach Lebensphase bzw. „Alter (Seniorenstudium, Kinderuniversität), nach Status (Gasthörerinnen und -hörer) oder nach öffentlichkeitsbezogenen Formaten (Bürgervorlesung, Studium generale)“ weist Seitter (2017, S. 213) hin. Unter den formatbezogenen Zielgruppen spielen traditionell auch Fernstudierende eine große Rolle (für aktuelle Forschungsarbeiten vgl. exemplarisch Schwikal und Steinmüller 2017; Pientka et al. 2016). Denn das Fernstudium vermag als zeit- und ortsflexibles Format den Anforderungen an (berufsbegleitende) wissenschaftliche Weiterbildung in besonderer Weise gerecht zu werden (Lehmann 2017). Neben individuellen Adressat_innen und Teilnehmenden werden auch institutionelle Anspruchsgruppen berücksichtigt (Habeck et al. 2015; Six 2017; Wolf et al. 2017). Dabei handelt es sich bspw. um Einrichtungen und Betriebe, die Weiterbildungsbedarfe für ihre Organisationsmitglieder formulieren und/oder über deren Partizipationsmöglichkeiten an wissenschaftlicher Weiterbildung mitbestimmen (Seitter 2017, S. 214). Auch hochschulinterne Zielgruppen (Lehrende, Verwaltung), die für die Angebotsentwicklung in der wissenschaftlichen Weiterbildung gewonnen werden müssen, lassen sich als Zielgruppe der wissenschaftlichen Weiterbildung verstehen (Seitter et al. 2015). Selten sind die Zielgruppen trennscharf voneinander abzugrenzen. Während sich die Zielgruppendefinition in der Weiterbildungspraxis jeweils in Relation zum spezifischen Angebot bestimmt, erfolgt sie in der Weiterbildungsforschung jeweils in Relation zum Forschungsinteresse. Eine gegenstandsunabhängige, übergreifende Systematik lässt sich daher nicht entfalten. Im Folgenden werden exemplarisch Hochschulabsolvent_innen als traditionelle und beruflich Qualifizierte als neue Zielgruppe in der Teilnehmerforschung beleuchtet.2 Beide Gruppen werden insbesondere im wachsenden Angebotssegment der abschlussbezogenen Hochschulweiterbildung adressiert. Darüber sind etablierte, nicht abschlussbezogene Formate wie beispielweise das Seniorenstudium (Schmidt-Hertha in diesem Band) z. T. in den Hintergrund gerückt, haben aber im Angebotsspektrum der Hochschulen nicht an Bedeutung verloren. Auch hier gibt es Bestrebungen, die meist standortbezogenen Forschungsaktivitäten zu vernetzen; ein Erhebungsinstrument für eine flächendeckende Datenerfassung zur wissenschaftlichen Weiterbildung Älterer wurde bereits angebahnt (Bertram et al. 2017).

3.1

Hochschulabsolvent_innen als traditionelle Zielgruppe

In Bezug auf die abschlussbezogene wissenschaftliche Weiterbildung stellen Akademiker_innen, die sich nach mehreren Jahren der Berufstätigkeit auf wissenschaft2

Für einen Überblick zur Beteiligungsstruktur beider Zielgruppen s. Schwikal und Neureuther in diesem Band.

358

C. Lobe

lichem Niveau beruflich weiterbilden möchten, eine – wenn nicht die – wesentliche Zielgruppe dar (Seitter 2017, S. 214 f.). Seit der Einführung des gestuften Studiensystems sind dafür explizit auch weiterbildende Studiengänge vorgesehen, so dass mit einem Studienangebot der wissenschaftlichen Weiterbildung erstmals ein akademischer Abschluss erworben werden kann. Da weiterbildende Studiengänge gemäß der ländergemeinsamen Strukturvorgaben der Kultusministerkonferenz auf die postgraduale Master-Ebene begrenzt sind, werden bisher insbesondere Hochschulabsolvent_innen angesprochen.3 Da es sich bei Absolvent_innen um eine „traditionelle“ Zielgruppe der Teilnehmerforschung handelt, wird sie entsprechend umfangreich und vielschichtig beforscht. Ein vollständiger Überblick über diesbezügliche Studien lässt sich hier nicht geben. Hervorgehoben werden sollen im Folgenden stattdessen Absolventenstudien als eine zielgruppenspezifische Form des Datenzugangs zu Bildungs- und Berufsverläufen von Hochschulabsolvent_innen. Neben vielen partikularen Studien, die sich auf einen bestimmten Hochschulstandort, eine spezifische Fachdisziplin oder einen begrenzten Zeitraum beziehen, bestehen am International Centre for Higher Education Research (INCHER) in Kassel und am Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) in Hannover längerfristig angelegte Panelstudien (Wolter 2016, S. 5 f.). Die internationale Vergleichsstudie von Schaeper et al. (2006) betrachtet die Weiterbildungsbeteiligung von Hochschulabsolvent_innen zudem im Ländervergleich.4 Der Anteil der Weiterbildungsaktivitäten, der auf die Hochschulweiterbildung entfällt, ist demnach in Deutschland und Frankreich am geringsten. Absolventenstudien des DZWH zeigen aber auch, dass fast ein Viertel der Absolvent_innen traditioneller Studienabschlüsse wie Diplom oder Staatsexamen5 fünf Jahre nach dem Hochschulabschluss an längeren hochschulischen Weiterbildungsformaten teilnimmt (Grotheer et al. 2012, S. 338). Auch zehn Jahre nach dem Hochschulabschluss sind die Hochschulabgänger_innen noch immer vergleichsweise weiterbildungsaktiv an den Hochschulen. Seit Erlangen ihres Hochschulabschlusses haben 13 Prozent ein weiteres Studium aufgenommen und weitere 9 Prozent bereits einen zusätzlichen Hochschulabschluss erlangt. Neben größeren Absolventenstudien lassen sich auch Alumni-Daten einzelner Hochschulstandorte nutzen, beispielsweise um Bedarfsanalysen im Zuge von Angebotsentwicklungen durchzuführen. Entsprechende Untersuchungen zeigen, dass es sich bei den Alumni keineswegs um eine homogene Zielgruppe handelt (Kopper 2017).

3

Trotz vereinzelter Angebote meist privater Hochschulen ist derzeit noch unklar, ob es in Zukunft weiterbildende Bachelorstudiengänge flächendeckend geben wird (Jütte und Bade-Becker 2016, S. 9). 4 Verglichen wurden Deutschland, Finnland, Frankreich, Vereinigtes Königreich, Kanada, Österreich und USA. 5 Die Teilnahmequoten der Bachelorabsolvent_innen liegen in den meisten Fachrichtungen bei über 90 Prozent, was aber hauptsächlich mit einem anschließenden (konsekutiven) Masterstudium in Zusammenhang steht (Grotheer et al. 2012, S. 340).

Teilnehmer- und Adressatenforschung in der wissenschaftlichen Weiterbildung

3.2

359

Beruflich Qualifizierte als neue Zielgruppe

Vor dem Hintergrund verschiedener bildungspolitischer Bestrebungen öffnen sich die Hochschulen seit einigen Jahren vermehrt für neue Zielgruppen, insbesondere für Berufstätige. Dies betrifft nicht nur den Bereich der wissenschaftlichen Weiterbildung, sondern auch das grundständige Studium – die Grenzen werden angesichts der Orientierung am Leitbild des lebenslangen Lernens fließend. Die Zielgruppenbezeichnungen sind ähnlich fluide. Nicht-traditionell Studierende, berufsbegleitend Studierende, Berufstätige, Personen mit Familienpflichten, Berufsrückkehrer_innen und beruflich Qualifizierte sind nur einige der verwendeten Begriffe mit je spezifischen Akzentuierungen. Die Termini selbst werden zudem jeweils unterschiedlich gefüllt. So lassen sich in einem weiten Verständnis zu den beruflich Qualifizierten sämtliche Personen zählen, die „unabhängig von der Art der Hochschulzugangsberechtigung vor Aufnahme ihres Studiums eine berufliche Ausbildung abgeschlossen haben und in der Regel für eine bestimmte Zeitspanne erwerbstätig waren“ (Kamm et al. 2016, S. 165). Als beruflich Qualifizierte – oder nicht-traditionell Studierende – im engeren Sinne werden dagegen Studierende verstanden, „die über keine schulische Studienberechtigung verfügen, sondern über die Anerkennung ihrer beruflichen Qualifikation (z. B. eines Fortbildungsabschlusses) oder über Auswahlverfahren und Zulassungsprüfungen der Hochschulen zum Studium gekommen sind, häufig auch als Dritter Bildungsweg bezeichnet“ (Isensee und Wolter 2017, S. 14). Die aktuellen Bemühungen um eine höhere Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung (Isensee und Wolter 2017, S. 19 f.) befördern das Interesse der Hochschulen, diese Zielgruppe zu erschließen. Bisher nutzt „nur ein Bruchteil der beruflich Qualifizierten ohne schulische Hochschulzugangsberechtigung die Option zur akademischen Weiterqualifizierung [. . .] Hinsichtlich der näheren Charakterisierung von nicht-traditionellen Studierenden besteht insgesamt ein erheblicher Bedarf an empirischen Befunden, die zur Versachlichung der teilweise kontrovers geführten Diskussion um Motivationen, Bedürfnisse und Anforderungen dieser Studierendengruppe sowie die individuelle Studierfähigkeit und damit verbundene Kompetenzen und mögliche Defizite beitragen können“ (Otto und Kamm 2016, S. 198).

Im Rahmen der Teilnehmerforschung werden daher die Teilnahmemotive, Bildungs- und beruflichen Hintergründe dieser Zielgruppe genauer untersucht (z. B. Knörl und Herdegen 2017; Kamm et al. 2016; Elsholz 2015). Bisher an Hochschulen eingeschriebene beruflich qualifizierte Studierende sind mit einem Anteil von 73 Prozent besonders häufig neben dem Studium berufstätig. Aber nur knapp ein Drittel gibt an, in einem berufsbegleitenden Format zu studieren; 13 Prozent nutzen ein Fernstudium (Kamm et al. 2016, S. 187). Dies lässt sich auch angesichts des z. T. beträchtlichen Zeitaufwands für Studium und Erwerbstätigkeit (Kamm et al. 2016, S. 188) als Ausdruck eines mangelnden Angebots flexibler Studienformate für Berufstätige lesen. Ein weiterer Forschungsfokus befasst sich mit Fragen der Studierfähigkeit, des Studienerfolgs und der Identifikation von Unterstützungsbedarfen (z. B. Banscherus

360

C. Lobe

und Spexard 2014), wenngleich Studien zeigen, dass sich in der Einschätzung und Bewältigung der fachlichen Leistungsanforderungen eines Studiums kaum Unterschiede zwischen Studierenden mit und ohne Berufsabschluss ergeben (Dahm und Kerst 2016). Der Diskurs wird geprägt durch die Ambivalenz zwischen einer defizitorientierten Stigmatisierung der Zielgruppe einerseits und dem Anspruch einer bedarfsgerechten Förderung und Begleitung von Übergängen in die Hochschule andererseits. Um diese Prozesse wissenschaftlich zu untersuchen, werden beispielsweise die Anerkennungspraxen der Hochschulen bei der Anerkennung und Anrechnung beruflich erworbener Kompetenzen in den Blick genommen (Damm und Dörner 2017). Einen Überblick über bisherige Forschungsaktivitäten, den Forschungsstand und Forschungsdesiderate zu beruflich Qualifizierten seit den 1980er-Jahren geben Jürgens und Zinn (2015) sowie Freitag (2012).

4

Forschungszugänge und -themen

Die Teilnehmer- und Adressatenforschung in der wissenschaftlichen Weiterbildung setzt sich bislang zu einem Großteil aus standortspezifischen Einzelstudien zusammen. Grundlagentheoretisch orientierte Forschungslinien sind nur in Ansätzen etabliert. Im Folgenden werden drei zentrale thematische Forschungskorridore charakterisiert, die aktuelle Zugänge zum Forschungsfeld systematisieren.

4.1

Soziodemografika und soziale Hintergründe – Empirische Bildungsforschung

In dieser Forschungsperspektive werden Erkenntnisse häufig aus größer angelegten, quantitativen Studien gewonnen. Vorhandene Weiterbildungsstatistiken und Bevölkerungsbefragungen wie der Adult Education Survey (AES), das Sozioökonomische Panel (SOEP), das Nationale Bildungspanel (NEPS), Absolventenstudien oder amtliche Statistiken werden im Hinblick auf die Teilnahme an Hochschulweiterbildung ausgewertet. Erschwert wird dies durch das „Fehlen einer trägerübergreifenden einheitlichen Weiterbildungsstatistik in Deutschland. Gilt die unzulängliche Datenlage schon für die Weiterbildung im Allgemeinen, so verstärkt sich dieser Mangel noch für die wissenschaftliche Weiterbildung“ (Wolter 2011, S. 17). Denn nationale und internationale Bevölkerungsumfragen erfassen den Bereich der wissenschaftlichen Weiterbildung an Hochschulen inhaltlich selten trennscharf. Kuper et al. (2016) haben Empfehlungen für Indikatoren zur Erfassung der wissenschaftlichen Weiterbildung in Individualerhebungen wie dem AES vorgelegt. Sie orientieren sich an der Unterscheidung zwischen formalem, non-formalem und informellem Lernen, was einer am Subjekt orientierten Bestimmung von Aus- und Weiterbildung gerecht zu werden

Teilnehmer- und Adressatenforschung in der wissenschaftlichen Weiterbildung

361

vermag und eine höhere Vergleichbarkeit innerhalb und zwischen verschiedenen Formen der Weiterbildung verspricht.6 Inhaltlich liegt der Fokus in diesem Forschungsbereich insbesondere auf der soziodemografischen Charakterisierung und der Bestimmung sozialer Hintergründe und Lebensumstände der Teilnehmenden und Adressat_innen. Herausgearbeitet werden anhand dieser Daten soziale Ungleichheiten und Benachteiligungen verschiedener Gruppen im Hinblick auf ihre Bildungspartizipation. So zeigt sich, dass die Weiterbildungsbeteiligung mit höherer schulischer und beruflicher Vorbildung signifikant ansteigt und Personen mit Hochschulabschluss die weitaus aktivste Gruppe darstellen (Wolter 2011, S. 20 ff.). Absolventenbefragungen belegen einen deutlichen Zusammenhang zwischen Weiterbildungsteilnahme und Elternschaft, der sich bei Frauen besonders bemerkbar macht. Während 31 Prozent der Frauen ohne Kinder seit dem Studienabschluss eine längere hochschulische Weiterqualifizierung besucht haben, gilt dies nur für 17 Prozent der Frauen mit Kindern (Grotheer et al. 2012, S. 340). Je nach Datensatz können z. T. auch Informationen zum Studienverlauf, -abbruch und -erfolg erhoben und für verschiedene Teilnehmergruppen verglichen werden. Dahm und Kerst (2016) werten diesbezügliche Daten der Startkohorte Studierende aus dem Nationalen Bildungspanel aus.

4.2

Teilnahmemotive und Nutzenerwartungen

Die Untersuchung von Teilnahmemotiven und Nutzenerwartungen der (potenziellen) Teilnehmenden spielt in der Teilnehmer- und Adressatenforschung insgesamt eine besondere Rolle. Sie werden sowohl in qualitativen als auch in quantitativen Untersuchungsdesigns fast immer erfasst, aber seltener theoretisch eingeordnet. Meist werden berufliche, Status- und Prestige- sowie Bildungsmotive erfragt. Als theoretische Rahmenkonzepte wird am ehesten auf Ansätze aus der Psychologie und Ökonomie Bezug genommen. So wird beispielsweise im Kontext von Nutzenerwartungen und tatsächlich realisierten Weiterbildungserträgen auf die HumankapitalTheorie und ihre Weiterentwicklungen rekurriert (z. B. Briedis und Rehn 2011; Kollmann 2017) und unter den psychologischen Konzepten spielt u. a. die Erwartungs-Wert-Theorie (z. B. Gorges 2015) eine Rolle wie auch verschiedene einstellungs- und motivationstheoretische Bezüge (Wolf 2011). Im Ergebnis erweist sich die Teilnahmebereitschaft meist als ein komplexes Zusammenspiel unterschiedlicher Beweggründe. Die Ausprägungen und Gewichtungen können allerdings zielgruppenspezifisch variieren. Im Hinblick auf beruflich Qualifizierte (Wolter et al. 2015) und Hochschulabsolvent_innen (Grotheer et al. 2012, S. 356) dominieren in aktuellen Untersuchungen bspw. eher berufliche Teil6

Die Eingrenzung non-formaler wissenschaftlicher Weiterbildung auf die Gruppe der akademisch Qualifizierten hat zur Folge, dass wesentliche Bereiche wissenschaftlicher Weiterbildungsformate ausgeblendet werden. So wird z. B. das Seniorenstudium in dieser Logik ausdrücklich nicht zur wissenschaftlichen Weiterbildung gezählt.

362

C. Lobe

nahmegründe. Es zeigen sich allerdings auch fach- bzw. berufsgruppenbezogene Besonderheiten. Teilnehmende aus sozialen Berufen scheinen weniger an höherem Gehalt oder Sicherheit vor Arbeitsplatzverlust interessiert zu sein als vielmehr an ihrer individuellen beruflichen Professionalisierung und persönlichen Weiterentwicklung (Kollmann 2017). Auch das Alter bzw. der Zeitpunkt in der Berufsbiografie – z. B. die Nacherwerbsphase (Schmidt-Hertha in diesem Band) – spielen eine Rolle. Eine Gehaltssteigerung oder Karriere- und Aufstiegsmotive verlieren mit zunehmender Berufserfahrung und -position der Adressat_innen immer mehr an Relevanz für das Weiterbildungsinteresse (Kopper 2017). Während sich für die Analyse von Motiven und Nutzenerwartungen insbesondere die Befragung von Teilnehmenden eignet, können Adressat_innen Aufschluss über die Gründe für Nicht-Teilnahme und Weiterbildungsbarrieren geben. Hier erweisen sich immer wieder fehlende Nutzenerwartungen sowie zeitliche und finanzielle Restriktionen als bedeutsam (z. B. Knörl und Herdegen 2017). Aber auch eine mangelnde Angebotstransparenz und Informationspolitik im Bereich der wissenschaftlichen Weiterbildung sowie angebotsbezogene Barrieren (Veranstaltungszeiten/-orte) können der Teilnahmeentscheidung im Weg stehen (Präßler 2015, S. 110).

4.3

Biografische Kontextualisierung der Weiterbildungsteilnahme

In den vergangenen Jahren rücken im Zuge der bildungspolitischen und wissenschaftlichen Diskurse zum lebenslangen Lernen (Rothe 2011) biografische Perspektiven verstärkt in den Fokus. In der biografischen Perspektive der Studierenden verflüssigen sich die institutionell orientierten Abgrenzungen zwischen Erststudium und wissenschaftlicher Weiterbildung. Je nach biografischem Hintergrund können auch grundständige Studienangebote als Formen der Weiterbildung fungieren, wenn beispielsweise nach einer Berufsausbildung und einer Phase der Berufstätigkeit ein Studium aufgenommen wird, das dem erlernten Beruf fachlich entspricht (Kamm et al. 2016, S. 137; Seitter 2017, S. 212); Slowey und Schuetze (2012, S. 15 f.) haben in diesem Zusammenhang eine biografisch orientierte Typologie von Lifelong Learners an Hochschulen entworfen, die Wolter (2011, S. 27 f.) folgendermaßen im Hinblick auf das deutsche Hochschulsystem kommentiert: • „‚second chance learners‘, in Deutschland zum Beispiel Studierende des Zweiten oder Dritten Bildungswegs; • ‚deferrers‘, z. B. Studierende, die nach Erwerb der Studienberechtigung zunächst eine Berufsausbildung absolvieren und erwerbstätig sind und erst danach ein Studium aufnehmen; • ‚recurrent learners‘, solche Studierende, die zum Erwerb eines weiteren akademischen Grades (in der Regel des Master) an die Hochschule zurückkehren; in der alten Studiengangsstruktur war dies eine eher kleine Gruppe, erst mit der Einführung der konsekutiven Studienarchitektur wird diese Gruppe deutlich anwachsen;

Teilnehmer- und Adressatenforschung in der wissenschaftlichen Weiterbildung

363

• ‚returners‘, z. B. vorübergehende Studienab-und -unterbrecher, die ihr Studium zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufnehmen; • ‚refreshers‘, die ihr Wissen und ihre Kompetenzen durch Weiterbildung an der Hochschule erweitern oder „auffrischen“ wollen, und • ‚learners in later life‘, in Deutschland z. B. sogenannte Seniorenstudierende“. Das lernende Subjekt mit seinen individuellen, biografisch eingebetteten Lernanlässen und sozialen Lebenslagen tritt damit zunehmend in den Vordergrund. In einer biografiebezogenen Teilnehmer- und Adressatenforschung wird die Einbettung der Teilnahmeentscheidung in bildungs- und berufsbiografische Strukturen untersucht. Auch in diesem Forschungskorridor werden also Teilnahmemotive ergründet, sie werden aber biografietheoretisch gerahmt. Diese Forschungsperspektive kann auf eine inzwischen fest etablierte erziehungswissenschaftliche Biografieforschung zurückgreifen (Schulze 2006; von Felden 2008). Biografien lassen sich darin als soziale Konstruktionen (Alheit und Dausien 2000) lesen, in denen Individuen ihr gelebtes Leben vor dem Hintergrund konkreter historisch-gesellschaftlicher Rahmenbedingungen und in Interaktion mit anderen deuten und Sinnzuschreibungen vornehmen. Inhaltlich fokussieren Studien in diesem Forschungszugang insofern sowohl die je individuellen biografischen Verläufe und Erfahrungsaufschichtungen, die zur Teilnahme führen, als auch die institutionellen und gesellschaftlichen Kontexte, in denen sich die Teilnahme vollzieht. Biografische Ressourcen, Lernprozesse, Erfahrungsaufschichtungen oder Haltungen werden meist im Hinblick auf Passungsverhältnisse mit der organisationalen Anforderungsstruktur an der Hochschule untersucht. Alheit (1995) zeigt solche Passungen anhand von Studierenden in einem Weiterbildungsstudiengang sowie für Studierende des Zweiten und Dritten Bildungswegs (Alheit et al. 2008). Kaiser-Beltz (2005) rekonstruiert die Studienentscheidung spätstudierender Frauen im Kontext ihrer Biografien. Von Felden (2010a, b) beleuchtet studienbedingte Übergangs- und Transitionsprozesse bei regulären Studierenden, Lobe (2015) biografische Transitionsprozesse von berufsbegleitend Studierenden. Die Einbettung des Studiums in die Berufsbiografie ist gerade bei berufsbegleitend Studierenden ein weiterer Untersuchungsfokus (Anslinger und Heibült 2015; Lobe 2016). Wenngleich biografische Ansätze in der Erwachsenenbildungs- und Hochschulforschung inzwischen einen festen Platz einnehmen, sind Studien, die sich explizit auf Teilnehmende oder Adressat_innen im Feld der wissenschaftlichen Weiterbildung beziehen, bisher noch relativ selten. Angesichts der hohen Anschlussfähigkeit an das Leitbild des lebenslangen Lernens, an dem sich die Hochschulen zunehmend orientieren, steht jedoch zu erwarten, dass sich dieser Forschungszweig auch in der wissenschaftlichen Weiterbildung stärker etablieren wird.

5

Fazit

Die Teilnehmer- und Adressatenforschung hat durch die zunehmend nachfrageorientierte Ausrichtung der wissenschaftlichen Weiterbildung enormen Aufschwung erfahren. Sie erfolgt häufig im Sinne einer anwendungsorientierten Forschung im

364

C. Lobe

Rahmen konkreter Entwicklungsprojekte. Für die Angebotsplanung und -evaluation sind die generierten Erkenntnisse von unmittelbarem Nutzen, da sie als Planungs-, Marketing-, und Reflexionsinstrumente fungieren können (Jütte und Schilling 2005, S. 139 f.). Im Bereich der Adressatenforschung finden sich insbesondere Bedarfserhebungen und Zielgruppenanalysen, die dazu beitragen, eine dauerhafte Balance zwischen den Dimensionen Angebot, Nachfrage und Bedarf herzustellen (Banscherus et al. 2016, S. 128). Die ermittelten Bedarfe, Anforderungen und thematischen Interessen können wichtige Hinweise für die Zielgruppenansprache, aber auch curriculare und didaktische Aspekte der Angebotsplanung geben. Teilnehmeruntersuchungen haben für die Handlungspraxis in der wissenschaftlichen Weiterbildung häufig evaluativen Charakter. Sie werden nach der Angebotsimplementierung eingesetzt und dienen dazu, ein erweitertes Verständnis über den Personenkreis zu gewinnen, der sich von einem Angebot angesprochen fühlt. Studienmotive und -barrieren, Bildungsbiografien und Lernerfahrungen liefern Anhaltspunkte für eine bedarfsgerechte Studiengestaltung und mögliche Unterstützungsangebote. Aus fachdisziplinärer Sicht stellt die Entwicklung einer systematischeren Grundlagenforschung neben der hohen Anzahl an anwendungsorientierten Studien derzeit noch ein Desiderat dar. Um verallgemeinerbare Erkenntnisse zu gewinnen, bedarf es größerer Studien, die nicht ein spezifisches Angebot, sondern ein spezifisches erziehungswissenschaftliches Erkenntnisinteresse in den Mittelpunkt stellen. Bisherige Ansätze im Bereich der empirischen Bildungsforschung gilt es stärker auf die wissenschaftliche Weiterbildung zu beziehen. Diesbezügliche Bestrebungen werden beispielsweise im aktuellen Trendbericht des Adult Education Survey erkennbar (Bilger und Strauß 2017, S. 50 ff.). Für eine differenzierte Betrachtung des lebenslangen Lernens an Hochschulen bieten sich biografieorientierte Ansätze an, deren Potenzial in der hochschulbezogenen Teilnehmerforschung bisher noch nicht ausgeschöpft wird. Für die genauere Identifikation der Forschungslücken und -desiderate ist angesichts der fragmentarischen Datenlage eine Kartografierung des Forschungsfeldes der wissenschaftlichen Weiterbildung vielversprechend, wie sie aktuell im Rahmen der AG Forschung der DGWF angestrebt wird.

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Wissenschaftliche Weiterbildung für Ältere Bernhard Schmidt-Hertha

Inhalt 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Bildung in der Nacherwerbsphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Wissenschaftliche Weiterbildung für ältere Zielgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Intergenerationelles Lernen an Hochschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Fazit: Die Bedeutung von Alter in der wissenschaftlichen Weiterbildung . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

370 370 373 378 380 381

Zusammenfassung

Der Beitrag geht zunächst auf die individuellen Voraussetzungen, Bedingungen und Erwartungen, die mit Lernen im Alter verbunden werden, ein und verdeutlicht die Heterogenität der Adressatinnen und Adressaten wissenschaftlicher Weiterbildung im Alter. Die Angebotsstrukturen, institutionellen Rahmungen und didaktischen Konzepte für diesen international wachsenden Bereich wissenschaftlicher Weiterbildung verweisen auch auf die historisch gewachsenen Spezifika universitärer Angebote für ältere Erwachsene in Deutschland. Abschließend verdeutlicht das Konzept des intergenerationellen Lernens, inwieweit die Öffnung von Hochschulen für ältere Zielgruppen zu deren Entwicklung insgesamt beitragen kann. Schlüsselwörter

Alter · Seniorenstudium · Intergenerationelles Lernen · Weiterbildungsbeteiligung · International

B. Schmidt-Hertha (*) Institut für Erziehungswissenschaft, Universität Tübingen, Tübingen, Deutschland E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 W. Jütte, M. Rohs (Hrsg.), Handbuch Wissenschaftliche Weiterbildung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-17643-3_20

369

370

1

B. Schmidt-Hertha

Einleitung

Wissenschaftliche Weiterbildung kann individuell mit ganz unterschiedlichen Zielsetzungen und Relevanzen verbunden sein. Von der Investition in das eigene Humanvermögen – sei es zur beruflichen Weiterentwicklung oder Neuorientierung – bis hin zur Persönlichkeitsentfaltung oder Selbstverwirklichung. Die Bedeutung wissenschaftlicher Weiterbildung ist u. a. abhängig von der persönlichen Lebenslage und – damit verbunden – den aktuell vordergründigen Zielen und Bedürfnissen. Zwar gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Ziele und Bedürfnisse direkt mit dem kalendarischen Alter verknüpft sind, das Alter ist aber zumindest lose mit der Lebenslage assoziiert, z. B. im Hinblick auf den Berufsstatus (Erwerbs- vs. Nacherwerbsphase), die familiäre Situation (Auszug der Kinder, Großelternschaft, Pflege der Partnerin/des Partners etc.) oder auch gesundheitliche Einschränkungen. Entsprechend scheint es sinnvoll ein Kapitel zur wissenschaftlichen Weiterbildung im Alter nicht an einer – zwangsläufig willkürlichen – Altersgrenze festzumachen, sondern an Lebenslagenmerkmalen. Im Folgenden meint wissenschaftliche Weiterbildung für Ältere also – sofern nicht anders erwähnt – hochschulische Bildungsangebote für Personen in der Nacherwerbsphase bzw. Empfänger von Altersruhegeld (die ja durchaus noch beruflich aktiv sein können). In diesem Beitrag wird zunächst auf die besonderen Bedingungen, Ziele und Motive des Lernens im Alter allgemein eingegangen, bevor die didaktischen und organisationalen Anforderungen an wissenschaftliche Weiterbildung für ältere Zielgruppen thematisiert werden. Ein Vergleich zwischen Deutschland und anderen Ländern macht die spezifischen Strukturen in Deutschland deutlich und verweist auf die unterschiedlichen Rollen von Hochschulen und Universitäten hinsichtlich der Bildungsangebote für Ältere. Hochschulen und Universitäten, die sich hierzulande v. a. an junge, grundständig Studierende wenden, bieten viele Möglichkeiten für intergenerationelle Lernarrangements, deren Chancen und Grenzen im vierten Teil dieses Beitrags erörtert werden. Die eingangs aufgestellte These, dass das kalendarische Alter nur indirekt Relevanz für wissenschaftliche Weiterbildung hat, wird abschließend noch eingehender diskutiert.

2

Bildung in der Nacherwerbsphase

Mit Ende der Erwerbsphase enden für die meisten Erwachsenen die berufsbezogenen Weiterbildungsaktivitäten. Entsprechend ist in den einschlägigen Studien zur Weiterbildungsbeteiligung ein erheblicher Abfall der Weiterbildungsquote ab Ende des sechsten Lebensjahrzehntes festzustellen (z. B. BMBF 2015). Der Erwerbsstatus erweist sich dabei auch in jüngeren Altersgruppen als zentraler Prädiktor für Weiterbildungsbeteiligung (vgl. BMBF 2015), da er nicht nur Anlässe für Weiterbildungsaktivitäten bietet, sondern auch Zugangsmöglichkeiten eröffnet (z. B. betriebliche Weiterbildung) und Arbeitgeber sich u. U. an den Kosten beteiligen (im Detail hierzu Kaufmann und Widany 2013).

Wissenschaftliche Weiterbildung für Ältere

2.1

371

Bedeutung von Alter für Lernen

Die Frage, inwieweit sich Lernen im höheren Erwachsenenalter verändert lässt sich sowohl gerontologisch als auch erwachsenenpädagogisch beantworten. Aus gerontologischer Perspektive lässt sich eine nachlassende fluide Intelligenz – also die Geschwindigkeit mit der neue Informationen verarbeitet und memoriert werden – im statistischen Durchschnitt bereits im mittleren Erwachsenenalter feststellen (Cattell 1963). Diese Verläufe sind aber einerseits interindividuell sehr unterschiedlich und machen sich andererseits in realen Lernsituationen kaum bemerkbar, da Verluste im Bereich der fluiden Intelligenz von Älteren in der Regel durch die im Laufe des Lebens aufgebauten kognitiven Strategien (Baltes und Baltes 1989) und die angesammelten Wissensbestände (Lindenberger 2000) – also die kristalline Intelligenz – kompensiert werden können. Besonders anschlussfähig an Erwachsenenbildung scheint hier das sogenannte S-O-K-Modell von Paul Baltes (Baltes und Baltes 1989), das drei Prozesse für eine hohe Leistungsfähigkeit im Alter verantwortlich macht. Mit der Selektion (1) wird eine mit dem Alter wachsende Spezialisierung und Konzentration auf ausgewählte Themen- und Inhaltsbereiche als eine Strategie beschrieben, um begrenzte kognitive Ressourcen optimal einzusetzen. Dieser Aspekt des Modells ist u. a. anschlussfähig an Befunde aus der Expertiseforschung (deliberate practice; Ericsson et al. 1993) und an die Praxis der wissenschaftlichen Weiterbildung, die i. d. R. auf eine besonders vertiefte Auseinandersetzung mit Themen und Inhalten abzielt. Aufgrund enger abgesteckter Inhaltsbereiche lassen sich diese – im Sinne einer Optimierung (2) – tiefer durchdringen und intensiver bearbeiten. Damit wird Lernen auch in Relation zur verfügbaren Zeit gesetzt (Schmidt-Lauff 2008) und ein erhöhter Zeitaufwand für ausgewählte Lernfelder als eine Strategie der Kompensation (3) nahegelegt. Darüber hinaus spielen Lernstrategien und eine gezielte Aktivierung des eigenen Vorwissens eine zentrale Rolle für Lernen nicht nur im höheren Erwachsenenalter. Auch aus Sicht der Erwachsenenbildungsforschung sind die Aktivierung des Vorwissens und das Anknüpfen daran zentrale Faktoren für gelingendes Lernen im Alter (Laville und Volkoff 1998). Dabei unterscheiden sich die Lernziele älterer Erwachsener von denjenigen junger Studierender insofern, als für sie meist das vertiefte Durchdringen eines Inhaltsbereichs sowie das eigene Interesse am Thema im Vordergrund stehen und neue Inhalte gerne diskursiv auf das eigene Vorwissen bezogen werden (Gösken 2012). Grundsätzlich sollte der Einfluss des kalendarischen Alters auf Lernprozesse nicht überschätzt werden, da zum einen die interindividuellen Unterschiede im Hinblick auf Lernfähigkeit, Lernkompetenz und Lerngewohnheiten mit dem Alter zunehmen und es daher nur sehr bedingt möglich ist überhaupt generalisierbare Aussagen über das Lernen Älterer zu machen. Zum anderen steht Lernleistung und kognitive Leistungsfähigkeit in einem engen Zusammenhang mit Lerngewöhnung und kognitiven Trainings, durch die sich altersbedingt Leistungsverluste in erstaunlichem Maße kompensieren lassen (Oswald 2000). Aus erwachsenenpädagogischer Perspektive rückt die Frage nach besonderen didaktischen Ansprüchen älterer

372

B. Schmidt-Hertha

Erwachsener in den Fokus. Hierzu gibt es wenige wissenschaftliche Arbeiten, die u. a. auf die Bedeutung von Biografieorientierung (Kade 2007), Handlungsorientierung (Golding 2015) und Partizipationsorientierung (Radovan und Krašovec 2012) verweisen. Insbesondere ist für die Gestaltung didaktischer Szenarien für ältere Zielgruppen deren Lernerfahrung zu berücksichtigen, da sich hieraus wesentliche Implikationen für das Maß an Lernerfreiheit und Selbststeuerung, mit dem die Lernenden umgehen können, ergeben.

2.2

Ziele und Anlässe von Bildung im Alter

Auch mit Erreichen des gesetzlichen Rentenalters fallen berufsbezogene Weiterbildungsmotive nicht völlig weg (vgl. Rees und Schmidt-Hertha 2017), treten aber doch gegenüber anderen Lernanlässen und -motiven deutlich in den Hintergrund. In der Nacherwerbsphase folgen Bildungsaktivitäten einerseits persönlichen Interessen, die in der Regel auch schon während der Erwerbsphase bestanden, und andererseits aktuellen Handlungsanforderungen, die sich aus unterschiedlichen Lebenszusammenhängen (Familie, Ehrenamt, Altersabsicherung, Krankheit etc.) ergeben. Die genannten drei Bereiche von Weiterbildungsanlässen (lebensweltbezogen, interessenbezogen, berufsbezogen) sind mit jeweils unterschiedlichen Zielen verknüpft und lassen sich weiter ausdifferenzieren. Lebensweltbezogene Bildungsanlässe ergeben sich aus aktuellen Handlungsanforderungen und sind daher eng mit dem Ziel einer nachhaltigen Bewältigung verbunden. Zwar sind diese alltagsbezogenen Anlässe nicht durch das kalendarische Alter determiniert, im höheren Erwachsenenalter wächst jedoch die Wahrscheinlichkeit mit bestimmten Herausforderungen konfrontiert zu werden. Dazu gehören z. B. die Auseinandersetzung mit Krankheit und Tod (Withnall 2018) sowie die Vorbereitung auf und Begleitung von innerfamiliären Pflegeaufgaben (Pflegebedürftigkeit des Partners/der Partnerin oder der eigenen Eltern; Gröning 2006). Aber auch der Übergang in Großelternschaft (Strom und Strom 2000), Hobbys (z. B. Hake 2012; Golding 2011) oder Anforderungen im Rahmen ehrenamtlichen Engagements (Tippelt et al. 2009; Sagebiel 2014) sind typische Lernanlässe in der Lebensphase Alter. Gemeinsam ist diesen Bildungsanlässen, dass sie mit dem Ziel der (Wieder-) Herstellung von Handlungsfähigkeit verbunden sind und nicht unbedingt in organisierte Bildungsangebote münden müssen, sondern die erforderlichen Wissensbestände und Kompetenzen vielfach selbstgesteuert und informell angeeignet werden. Die Rolle wissenschaftlicher Weiterbildung dürfte hier zwar en gros eher randständig sein, es gibt aber durchaus Angebote aus dem Hochschulsektor, die speziell die Gestaltung des Übergangs in die Nacherwerbsphase adressieren (vgl. Sagebiel 2014). Interessenbezogene Bildungsanlässe können zwar auch unmittelbar an lebensweltbezogene Themen anknüpfen sind aber meist völlig unabhängig von diesen. Im Zentrum stehen Themen und Wissensbereiche, die in der Regel über einen längeren Zeitraum mit einer ideosynkratischen Zuwendung verbunden sind (vgl. Krapp et al. 1992). Dabei können sich Interessen auch im höheren Erwachsenenalter noch neu

Wissenschaftliche Weiterbildung für Ältere

373

entwickeln (vgl. Grotlüschen 2010), gerade durch die zusätzlich verfügbaren Zeitressourcen in der Nacherwerbsphase scheinen viele bereits vorher bestehende Interessenfelder aber auch weiter verfolgt bzw. reaktiviert zu werden (vgl. Jüchtern 2000). Hier steht die vertiefte und systematische Auseinandersetzung mit einem Themengebiet im Vordergrund, in der Regel frei von einem unmittelbaren Verwendungsinteresse und damit sehr gut anschlussfähig an Formate wissenschaftlicher Weiterbildung. Inwieweit diese Interessen mit einer (vorangegangenen) beruflichen Tätigkeit korrespondieren oder sich eher als Gegenentwurf zur eigenen Berufsbiografie darstellen scheint interindividuell unterschiedlich zu sein (Bloemen et al. 2016). Berufsbezogene Bildungsanlässe können auch in der Nacherwerbsphase weiterhin bedeutsam bleiben. Einerseits bleibt das Interesse an dem (früheren) professionellen Handlungsfeld vor allem dann erhalten, wenn diese berufliche Tätigkeit auch in hohem Maße als sinn- und identitätsstiftend erlebt wurde. Andererseits kann über einschlägige Weiterbildungsangebote auch der Kontakt zu ehemaligen Kolleginnen und Kollegen gehalten werden oder eine berufliche Tätigkeit über das Erreichen des Rentenalters hinaus gestützt werden (vgl. Rees und Schmidt-Hertha 2017). Letzteres stellt inzwischen für immer mehr Ältere ein alternatives Modell zur Gestaltung des sogenannten dritten Lebensalters dar. Während einige nach der formalen Beendigung ihrer Erwerbsphase noch mit Minijobs u. ä. versuchen ihre Ruhegelder aufzubessern steht für andere berufliche Tätigkeiten in der Nacherwerbsphase als willkommene Möglichkeit, im Berufsleben erworbene Kompetenzen weiterhin einzusetzen und Bestätigung zu erfahren (Schmidt-Hertha und Rees 2017). Wissenschaftliche Weiterbildung kann gerade für die letztgenannte Gruppe – zu der v. a. auch viele Hochqualifizierte gehören – eine attraktive Möglichkeit bieten, die eigene Expertise weiter auszubauen (vgl. Sagebiel 2014) oder Bildungsabschlüsse nachzuholen, die den Lernenden in früheren Lebensphasen verwehrt waren (hiervon sind insbesondere Frauen betroffen; vgl. Graeßner 1995). Durch eine Tätigkeit als Lehrende in Weiterbildungskontexten bietet sich Älteren überdies die Möglichkeit ihre (beruflichen) Kompetenzen auch weiterhin einzubringen. In der Weiterbildungslandschaft liegt der Anteil von Lehrenden über 65 immerhin bei 11 % (Martin 2016, S. 65).

3

Wissenschaftliche Weiterbildung für ältere Zielgruppen

So unterschiedlich wie die Lernvoraussetzungen, -ziele und -anlässe, sind auch die Erwartungen und Ansprüche älterer Lernender an wissenschaftliche Weiterbildung. Da es allerdings gerade höherqualifizierte und lerngewohnte Adressaten sind, die von Angeboten der wissenschaftlichen Weiterbildung angesprochen werden, haben sich Formate bewährt, die auf Selbststeuerung der Lernenden setzen und ein hohes Maß an Lernkompetenz voraussetzen (vgl. Costard et al. 2012; Malwitz-Schütte 2000; Stadelhofer 2000a, b).

374

3.1

B. Schmidt-Hertha

Beteiligung Älterer an wissenschaftlicher Weiterbildung

Auf den ersten Blick scheinen Weiterbildungsstatistiken klar zu belegen, dass Weiterbildungsbeteiligung stark mit dem kalendarischen Alter konfundiert ist. Dieser Zusammenhang schwächt sich aber zumindest deutlich ab, wenn man den Erwerbsstatus kontrolliert und damit den Zugang bzw. Nicht-Zugang zu Angeboten der betrieblichen Weiterbildung (vgl. Schmidt 2007). Bei Kontrolle weiterer Variablen kommen verschiedene Studien dann zu sehr moderaten oder statistisch nicht mehr bedeutsamen (Schmidt 2007; Aust und Schröder 2006) Alterseffekten auf Weiterbildungspartizipation. Deutlich wird auf jeden Fall, dass der Einfluss des Alters auf das Weiterbildungsverhalten deutlich hinter andere Prädiktoren – wie z. B. den Erwerbsstatus und vor allem auch das formale Bildungsniveau – zurücktritt. Die höhere Affinität zur Erwachsenenbildung bei Personen mit Hochschulabschluss ist in allen Altersgruppen deutlich erkennbar, was sich anhand der Daten aus der EdAge-Studie (Tippelt et al. 2009) zeigen lässt. Für die 65 bis 80-Jährigen bedeutet dies, dass von den Akademikerinnen und Akademikern etwa jede/r Vierte innerhalb eines Jahres an Weiterbildung teilnimmt, während das bei den Älteren ohne Hochschulabschluss lediglich auf eine/n von zehn zutrifft. Auf Grundlage der Daten des Statistischen Bundesamtes (2016) zur Zahl der über 65-Jährigen mit (Fach-)Hochschulzugangsberechtigung als Zielgruppe wissenschaftlicher Weiterbildung (ca. 2, 4 Millionen) und der in den repräsentativen Daten der EdAge-Studie dokumentierten Weiterbildungsquote für diese Gruppe (27,3 %) lässt sich abschätzen, dass jährlich ca. 666.000 über 65-Jährige an Weiterbildung teilnehmen, wobei sowohl hinsichtlich der Zahl Älterer als auch hinsichtlich des Anteils von Personen mit Hochschulzugangsberechtigung von steigenden Zahlen in den nächsten Jahren auszugehen ist. Allerdings geben nur 11 % der älteren Weiterbildungsteilnehmenden mit Hochschulzugangsberechtigung und 9 % aller Weiterbildungsteilnehmenden (siehe Abb. 1) an, die letzte Weiterbildung an einer Hochschule oder Universität besucht zu haben, so dass von jährlich ca. 60.000 älteren Teilnehmenden an wissenschaftlicher Weiterbildung auszugehen ist. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass eine Hochschulzugangsberechtigung in den meisten Bundesländern im Bereich des Seniorenstudiums nicht vorausgesetzt wird, die Daten aus der EdAge-Studie verweisen aber darauf, dass primär Personen mit höherer Formalbildung von dieser Möglichkeit Gebrauch machen.

3.2

Didaktische Fokussierungen

Mit dem Forschenden Lernen (Stadelhofer 2000a; Costard et al. 2012) und dem Selbstgesteuerten Lernen (Kraft 1999) haben sich in der wissenschaftlichen Weiterbildung für ältere Zielgruppen zwei Prinzipien langjährig bewährt, die vor allem auf exploratives und eigenverantwortliches Lernen setzen. Wie die Arbeiten von Carmen Stadelhofer (1999, 2000a, b) und Magdalena Malwitz-Schütte (2000) seit den 1990er-Jahren immer wieder gezeigt haben, kann wissenschaftliche Weiterbildung

Wissenschaftliche Weiterbildung für Ältere Abb. 1 Weiterbildungsteilnahmen der über 65-Jährigen nach Träger (eigene Berechnungen auf Basis der EdAge-Daten)

375 Arbeitgeber anderes Unternehmen Weiterbildungseinrichtung

10

18

5

IHK, Wirtschaftsverband Gewerkschaft

9 Verein, Verband, Partei

6 36

2 9

Hochschule andere öffentl. Einrichtung

3

Einzelperson/Trainer Sonstige

eine konstruktive Eigendynamik in erheblichem Umfang entfalten, wenn älteren Lernenden der Freiraum und die Möglichkeiten bereitgestellt werden, Lernprozesse selbst zu organisieren und auch neues Wissen zu generieren. Entsprechende organisationale Rahmungen und eine professionelle Begleitung vorausgesetzt, haben sich hier Konzepte der wissenschaftlichen Weiterbildung bewährt, die das Streben nach selbstgesteuertem Erkenntnisgewinn und auch selbstorganisierten Lehr-Lern-Arrangements unterstützen. Voraussetzung hierfür ist ein hohes Maß an Lernkompetenz und eine unterstützende Begleitung von Seiten der Hochschullehrenden (Kraft 1999). Darüber hinaus lassen sich einige didaktische Grundsätze für die Bildungsarbeit mit Älteren insgesamt sehr gut auf die wissenschaftliche Weiterbildung übertragen. Franz et al. (2009) nennen hier für intergenerationelle Lernkontexte sechs didaktische Gestaltungsprinzipien, die auch grundsätzlich für Bildungsarbeit mit Älteren konstatiert werden können. (1) Biografiearbeit verweist auf das Bedürfnis Älterer, die eigene Biografie in Lehr-Lern-Prozesse einzubringen und diese auch zu reflektieren. Die retrospektive Auseinandersetzung mit dem eigenen Lebensweg gilt als wesentliche Entwicklungsaufgabe des höheren Erwachsenenalters (Erikson 1959) und wird auch als wesentlicher Inhalt der Bildungsarbeit mit Älteren beschrieben (Kade 2007). (2) Partizipationsorientierung meint nicht nur die aktive Einbindung der Lernenden in die Lehrveranstaltungen sondern eben jenes Maß an Mitbestimmung und Selbstorganisation, wie es im forschenden oder selbstgesteuerten Lernen zum Ausdruck kommt. (3) Aktionsorientierung verweist auf den Handlungsbezug von Bildungsangeboten, die sich nicht auf rezeptives Lernen fokussieren sollten, sondern – was in universitären Kontexten oft schwer umzusetzen scheint – Gelerntes unmittelbar in Handeln umsetzen sollten. (4) Verbinden lässt sich dies gut mit der Interaktionsorientierung, die auf die Bedeutung sozialer Interaktionen in Lernprozessen verweist. Das Erleben als handlungsfähige Gruppe und Lerngemeinschaft ist

376

B. Schmidt-Hertha

für viele Ältere – wenn auch nicht für alle – ein wesentliches Weiterbildungsmotiv (Tippelt et al. 2009). (5) Sozialraumorientierung spricht auch das Phänomen an, dass ältere Studierende – im Unterschied zu grundständig Studierenden – in der Regel eine Hochschule in räumlicher Nähe zu ihrem Wohn- und Lebensumfeld aufsuchen. Dieser soziale Nahraum kann auch in der wissenschaftlichen Weiterbildung thematisiert werden, z. B. in dem die Inhalte auf regionale Gegebenheiten und Problemlagen bezogen werden und so ein unmittelbarer Bezug zur Lebenswelt der Lernenden hergestellt wird. (6) Das Prinzip der Reflexionsorientierung verweist schließlich auf das Bedürfnis Älterer das eigene Lernen zu beobachten, Lernfortschritte zu identifizieren und somit auch die eigene Lernkompetenz sukzessive weiter auszubauen. Diese anspruchsvollen didaktischen Prinzipien können nur unter entsprechenden organisationalen Rahmenbedingungen und Ressourcen realisiert werden, die nicht an allen Hochschulstandorten und auch nicht an allen Standorten wissenschaftlicher Weiterbildung gegeben sind. Allerdings sind gerade Hochschulen aufgrund der intendierten Verbindung von Forschung und Lehre prädestiniert Lernangebote im Sinne der beschriebenen didaktischen Szenarien umzusetzen. Mit den aktuell wieder intensiv diskutierten Möglichkeiten digitaler Medien in der Hochschullehre (z. B. Hochschulforum Digitalisierung 2016) könnten sich auch für Wissenschaftliche Weiterbildung im Alter neue Perspektiven ergeben. Fernstudiengänge aber auch MOOCs und ähnliche Formate eröffnen auch Zielgruppen mit eingeschränkter Mobilität den Zugang zu wissenschaftlichen Bildungsangeboten, erfordern aber gleichzeitig in gewisses Maß an Mediennutzungskompetenz von den Teilnehmenden. Von diesen Voraussetzungen ist – folgt man den Befunden aus der CiLL-Studie – in der Gruppe der über 65-Jährigen weit weniger auszugehen als in jüngeren Altersgruppen (vgl. Schmidt-Hertha 2014b). Allerdings wächst der Anteil älterer Internetnutzer – insbesondere unter denen mit höheren Bildungsabschlüssen – schnell (vgl. Koch und Frees 2016) und damit wohl auch die entsprechenden Nutzungskompetenzen.

3.3

Institutionelle Strukturen in Deutschland

In den 1980er- und 1990er-Jahren wurden an vielen Universitäten Angebotsstrukturen im Bereich der wissenschaftlichen Weiterbildung für Ältere aufgebaut – häufig unter Bezeichnung „Seniorenstudium“ firmierend, aber auch als „Kontaktstudium“, „Studieren 50plus“, „Studium für Ältere“ oder ähnlichen Bezeichnungen. Strukturell sind diese Angebote teilweise in die Strukturen der wissenschaftlichen Weiterbildung insgesamt integriert, teilweise als eigenständige Zentren organisiert mit Titeln, die oft (außerberufliche) Angebote der wissenschaftlichen Weiterbildung nahelegen und nicht unbedingt direkt auf ältere Zielgruppen hinweisen (z. B. Universität des Lebenslangen Lernens, Zentrum für Allgemeine Wissenschaftliche Weiterbildung). DaboCruz und Pauls (2018) verweisen darüber hinaus auf einen Fokus mancher Programme des Seniorenstudiums auf eine Qualifizierung für ehrenamtliche Tätigkeiten und bürgerschaftliches Engagement im Alter. Entsprechend lassen sich drei Modelle wissenschaftlicher Weiterbildung für Ältere ausmachen:

Wissenschaftliche Weiterbildung für Ältere

377

• Curricula, die auf ehrenamtliche bzw. nachberufliche Tätigkeiten in der Altenbildung vorbereiten • Strukturierte Angebote, die allgemeinbildenden Charakter aufweisen und sich an zentralen gesellschaftlichen Fragen orientieren • Geöffnete reguläre Lehrveranstaltungen mit zielgruppenspezifischen Zusatzangeboten (vgl. Dabo-Cruz und Pauls 2018) Inzwischen gibt es an den vielen deutschen Universitäten und auch an einigen anderen Hochschulen entsprechende Programme oder sogar Zentren, die sich innerhalb der Deutschen Gesellschaft für Wissenschaftliche Weiterbildung und Fernstudium (DGWF) in der 1985 gegründeten Bundesarbeitsgemeinschaft Wissenschaftliche Weiterbildung für Ältere (BAG WiWA) organisieren. Die 59 Mitgliedshochschulen der BAG WiWA sind ganz überwiegend Universitäten (davon zwei in Österreich und eine in der Schweiz), aber auch zwei Pädagogische Hochschulen und fünf andere Hochschulen, und setzen sich für eine stärkere Berücksichtigung älterer Zielgruppen im Hochschulsystem ein. Entsprechend wurden in der sogenannten „Oldenburger Erklärung“1 fünf zentrale hochschulpolitische Forderungen artikuliert, die unter anderem den Ausbau und die nachhaltige Finanzierung von Angeboten der wissenschaftlichen Weiterbildung für Ältere einfordern. 2006 wurde die erste (und bislang einzige) deutsche Senioren-Universität gegründet, das „Europäische Zentrum für universitäre Studien der Senioren Ostwestfalen-Lippe“ (EZUS). Das hohe Maß an institutioneller Strukturierung des Feldes kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass im internationalen Vergleich die Hochschulen nur eine randständige Rolle als Weiterbildungsanbieter insgesamt und insbesondere als Weiterbildungsanbieter für Ältere spielen. Nach der EdAge-Studie (Tippelt et al. 2009) finden nur zwei von 100 Weiterbildungsaktivitäten von über 65-Jährigen in Hochschulen statt. Ein Grund hierfür könnte das Selbstverständnis der Universitäten sein, die – im Gegensatz zu anderen Ländern – Weiterbildung oft nicht als Kernaufgabe der Universität, sondern eher als Nebenprodukt begreifen, das wenig zur Reputation des jeweiligen Universitätsstandorts beiträgt. Weitere Gründe für den geringen Anteil der Hochschulen am Weiterbildungsmarkt für Ältere sind in den Strukturen der wissenschaftlichen Weiterbildung in Deutschland insgesamt zu suchen (vgl. Feld und Franz 2016).

3.4

Strukturen wissenschaftlicher Weiterbildung für Ältere international

Die international vor allem unter dem Akronym „U3A“ (University of Third Age) diskutierte Öffnung von Hochschulen für ältere Zielgruppen hat ihre Wurzeln in ersten Initiativen an der Universität von Toulouse in den 1970er-Jahren und hat sich 1

https://dgwf.net/fileadmin/user_upload/BAG-WiWA/DGWF-BAG-WiWA-Oldenburger-Erklae rung.pdf. Zugegriffen am 24.07.2017.

378

B. Schmidt-Hertha

in den 1980er- und 1990er-Jahren v. a. im angloamerikanischen Raum schnell verbreitet. Die aktuellen Zahlen von Lernenden an U3As sind machen deutlich, dass die U3As in vielen Ländern die zentrale Anlaufstelle für bildungsinteressierte Ältere sind. Formosa (2012) geht allein in England von ca. 270.000 Studierenden an U3As aus, in China sogar von 4,3 Millionen. Diese Zahlen sind u. a. darauf zurückzuführen, dass U3As im angloamerikanischen Raum in der Regel als eigenständige Institute zwar oftmals Universitäten angegliedert sind, aber in ihrer Struktur, Organisation und auch in der Ansprache von Adressaten völlig unabhängig agieren. Dadurch gelingt es U3As einerseits Finanzierungsstrukturen aufzubauen, die zum Teil eher jenen von deutschen Volkshochschulen gleichen, und zum anderen sich vom elitären Nimbus einer Universität zu befreien und auch die breite Masse älterer Erwachsener zu erreichen, wenngleich auch hier – wie in allen Bereichen der Erwachsenenbildung – bildungsferne Gruppen, Männer, ethnische Minoritäten und Hochbetagte unterrepräsentiert sind (vgl. Formosa 2012). Während in vielen Ländern die Ideen eines aktiven Alterns (Kolland und Ahmadi 2010) und der Stärkung der Zivilgesellschaft zentral im Selbstverständnis von U3As sind, gibt es im osteuropäischen Raum auch Konzepte von Third Age Universities, die die Qualifizierung älterer Arbeitskräfte in den Fokus rücken (z. B. Gausas und Vosyliūt_e 2015). Damit nehmen diese zwar gezielt ältere Erwachsene in den Blick, adressieren diese aber als Arbeitnehmer/innen und folgen damit eher den zentralen Ideen berufsbezogener wissenschaftlicher Weiterbildung.

4

Intergenerationelles Lernen an Hochschulen

Für viele Ältere sind die Begegnung und der Austausch mit Jüngeren attraktiv, motivierend und anregend. Für Lehr-Lern-Kontexte gilt dies vor allem dann, wenn die Älteren lerngewohnt sind und sich in solchen Kontexten sicher bewegen (vgl. Schmidt und Tippelt 2009), wie das gerade in der wissenschaftlichen Weiterbildung in der Regel der Fall ist. Vor diesem Hintergrund ist es kein Zufall, dass der vermutlich am häufigsten zitierte deutschsprachige Beitrag zum intergenerationellen Lernen von Seidel und Siebert (1998) sich auf den Hochschulkontext bezieht.

4.1

Begriffsverständnis

Intergenerationelles Lernen meint in einem engen Verständnis alle Lernkontexte in welchen die Begegnung Angehöriger verschiedener Generationen nicht nur eine wesentliche Rolle spielt, sondern in dem der Einblick in die Perspektiven einer anderen Generation ein wesentliches Lernziel ist. Generationen werden im Diskurs um das intergenerationelle Lernen dabei meist in Anlehnung an Karl Mannheim (1928) als Gruppen verstanden, die dadurch, dass sie im gleichen Kulturkreis und etwa in der gleichen historischen Zeit geboren sind, einschneidende gesellschaftliche Ereignisse in der gleichen Lebensphase durchlebt haben und von diesen in vergleichbarer Weise geprägt wurden. Wenn diese Gemeinsamkeit auch als solche

Wissenschaftliche Weiterbildung für Ältere

379

erlebt und empfunden wird, kann ein Zusammengehörigkeitsgefühl entstehen, das diese Geburtskohorten erst zur Generation macht. Entsprechend zeichnen sich verschiedene Generationen durch ihre jeweils eigenen Perspektiven, Weltsichten und Deutungsmuster aus. Der Begriff des intergenerationellen Lernens wird in einem breiten Verständnis aber oft für jedwede Art von Lehr-Lern-Szenarien verwendet, die sich durch altersheterogene Lerngruppen oder einem größeren Altersunterschied zwischen Lernenden und Lehrenden auszeichnen. Im Hochschulkontext sind intergenerationelle Szenarien vor allem dann relevant, wenn Lernende aus der wissenschaftlichen Weiterbildung in Lehrveranstaltungen auf grundständig Studierende treffen oder in der wissenschaftlichen Weiterbildung selbst verschiedene Generationen gemeinsam lernen und diese Altersdifferenz auch als Produktivfaktor für den Lernprozess begreifen (vgl. Schmidt-Hertha 2017). Während im europäischen Ausland viele Projekte zum intergenerationellen Lernen gerade an Hochschulen angesiedelt sind, scheint dieses Thema in der wissenschaftlichen Weiterbildung in Deutschland nur eine randständige Rolle zu spielen, was auch mit den bereits beschriebenen organisationalen Strukturen zusammenhängen dürfte.

4.2

Möglichkeiten und Grenzen

Die Möglichkeiten für intergenerationelle Lernarrangements an Hochschulen wären durchaus vielfältig (Schmidt-Hertha 2017; Ladas und Levermann 2007). Insbesondere durch die Öffnung von Lehrveranstaltungen in den grundständigen Studiengängen für Ältere (Teilnehmende des Seniorenstudiums o. ä.) sind intergenerationelle Begegnungsräume an vielen Universitäten bereits gegeben (Steinhoff 1997), werden didaktisch aber kaum als solche genutzt. Dies liegt zum einen daran, dass es meist Vorlesungen sind, die für Ältere geöffnet werden und die wenig Raum für eine intensivere Interaktion der Teilnehmenden bieten. Zum anderen scheinen Zielkonflikte zwischen grundständig Studierenden, die abschlussorientiert studieren, und älteren Lernenden, die in erster Linie dem Interesse an einem Thema folgen und von Prüfungsdruck weitgehend befreit sind, den intergenerationellen Austausch zu behindern (vgl. Seidel und Siebert 1998; Gösken 2012). Die Grenzen intergenerationellen Lernens an Hochschulen liegen zumindest teilweise auch in der innerinstitutionellen Trennung von grundständigen Studiengängen, wissenschaftlicher Weiterbildung und – oft nochmals separat – wissenschaftlicher Weiterbildung für Ältere/Seniorenstudium. Diese Trennung hängt zum einen mit unterschiedlichen Finanzierungsstrukturen zusammen, zum anderen dürften aber auch unterschiedliche Verfahren des Hochschulzugangs eine Rolle spielen. Durch die unterschiedlichen Voraussetzungen, unter welchen die verschiedenen Zielgruppen studieren, sind die Ansprüche an deren Lehr-Lern-Prozesse unterschiedlich. Während für grundständig Studierende eine Heranführung an ein wissenschaftliches Feld und – zumindest seit den Bologna-Reformen – auch eine Vorbereitung auf ein berufliches Tätigkeitsfeld im Vordergrund stehen (vgl. Tremp 2015), geht es bei Teilnehmenden in der wissenschaftlichen Weiterbildung v. a. um

380

B. Schmidt-Hertha

die wissenschaftliche Reflexion erlebter Praxis und die Auseinandersetzung mit neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen mit unmittelbarer Relevanz für berufliches Handeln und nicht selten verbunden mit der Erwartung neuer beruflicher Perspektiven (vgl. Kröll 2011). In der wissenschaftlichen Weiterbildung für ältere spielen berufliche Bezüge dagegen i. d. R. keine Rolle mehr – weder perspektivisch noch aktuell, sondern es steht die Auseinandersetzung mit Wissenschaft im Zentrum, häufig verbunden mit eigenem forschendem Handeln der Lernenden (vgl. Sagebiel 2013). Darüber hinaus wird nur in der berufsbezogenen wissenschaftlichen Weiterbildung eine gewisse Nachfrageorientierung zumindest in Ansätzen sichtbar, während Angebote im Bereich grundständigen Studierens und wissenschaftlicher Weiterbildung Älterer i. d. R. der Logik einer rein angebotsorientierten Programmplanung folgen. Die unterschiedlichen organisationalen Logiken und Bildungsziele, die mit den drei Zielgruppen (grundständig Studierende, Teilnehmende an berufsbezogener wissenschaftlicher Weiterbildung, Ältere) assoziiert sind, erschweren ein „miteinander Lernen“ und begrenzen den Raum für ein „übereinander Lernen“ (Siebert und Seidel 1998) in jeweils unterschiedlicher Weise. Gleichzeitig kann der Dialog zwischen verschiedenen Generationen von Studierenden besonders spannend und produktiv werden, wenn parallel zum intergenerationellen Austausch auch die Auseinandersetzung mit bzw. Verständigung über unterschiedliche Studienziele und -bedingungen zum Gegenstand wird.

5

Fazit: Die Bedeutung von Alter in der wissenschaftlichen Weiterbildung

Sowohl aus Perspektive einer Psychologie der Lebensspanne (Baltes 1987) als auch aus erwachsenenpädagogischer Perspektive (Schmidt-Hertha 2014a) scheint das kalendarische Alter wenig Relevanz für Lehr-Lern-Prozesse zu haben, was auch für den Bereich der wissenschaftlichen Weiterbildung gilt. Allerdings sind die mit dem Alter assoziierten Faktoren Lebenslage und Erwerbsstatus von Lernenden für die Organisation und Ausgestaltung wissenschaftlicher Weiterbildung sehr bedeutsam, was u. a. auf die organisationale Verfasstheit dieses Weiterbildungssegments zurückzuführen ist. Mit dem Übergang in die Nacherwerbsphase treten berufliche Verwertungskontexte in den Hintergrund und ideosynkratische Lerninteressen werden zur zentralen Quelle für Weiterbildungsmotivation. Damit scheinen gerade Zielgruppen, die von beruflichen Verwertungszwängen befreit sind, für die traditionelle Idee des freien Studierens, das rein wissenschaftlichem Erkenntnisstreben folgt, besonders offen. Gleichzeitig scheinen diese Zielgruppen aber nicht in die stark auf berufliche Anwendung hin ausgerichteten Strukturen berufsbezogener wissenschaftlicher Weiterbildung zu passen, sondern bedürfen eigener Angebote, die auch Raum für entdeckendes und forschendes Lernen bieten. Dass sich Angebote der wissenschaftlichen Weiterbildung für Ältere zumeist organisatorisch von grundständigen Studiengängen und insbesondere auch von der berufsbezogenen wissenschaftlichen Weiterbildung abtrennen, scheint vor diesem Hintergrund funk-

Wissenschaftliche Weiterbildung für Ältere

381

tional, limitiert aber gleichzeitig die Möglichkeiten intergenerationellen Lernens an der Hochschule. Die Berechtigung und gesellschaftliche Bedeutung dieser eigenständigen Weiterbildungsstrukturen für Ältere an Hochschulen ist nicht nur innerhalb einzelner Einrichtungen umstritten. Das bildungsökonomische Argument einer höheren wirtschaftlichen Rendite einer Hochschulausbildung von jungen Erwachsenen gegenüber Älteren (Tremmel et al. 2014) wird hier ebenso ins Feld geführt, wie Ängste vor einer Flut von Älteren, die die Lehrveranstaltungen an Hochschulen besetzen und die für die grundständig Studierenden erforderlichen – und ohnehin meist knappen – Ressourcen für sich beanspruchen (z. B. Stahl 2011). Letzteres kann angesichts der aktuellen Zahlen älterer Studierender an Hochschulen allenfalls eine fachspezifische Randerscheinung an einigen Universitäten sein, für die diese zumeist tragfähige organisatorische Lösungen entwickelt haben (Steinhoff 1997). Der bildungsökonomischen Argumentation ist nur entgegenzusetzen, dass Ältere sich längst zu einer wichtigen gesellschaftlichen Produktivkraft entwickelt haben (BMFSFJ 2005) und dass man sich grundsätzlich die Frage stellen muss, inwieweit man Bildungsinstitutionen einer solchen dem Wirtschaftssystem entlehnten Logik und neoliberalen Paradigma unterwerfen will. Der Beitrag wissenschaftlicher Weiterbildung Älterer zu gesellschaftlicher Integration und zur Erhöhung der Lebensqualität eines wachsenden Bevölkerungsteils scheinen auf jeden Fall gute Argumente für die Investition in die vielerorts noch marginalisierten Angebote wissenschaftlicher Weiterbildung für Ältere zu sein.

Literatur Aust, F., & Schröder, H. (2006). Weiterbildungsbeteiligung älterer Erwerbspersonen. In Deutsches Zentrum für Altersfragen (Hrsg.), Beschäftigungssituation älterer Arbeitnehmer. Expertisen zum Fünften Altenbericht der Bundesregierung (S. 93–128). Berlin: LIT Verlag. Baltes, P. B. (1987). Theoretical propositions of life-span developmental psychology: On the dynamics between growth and decline. Developmental Psychology, 23(5), 611–626. Baltes, P. B., & Baltes, M. M. (1989). Optimierung durch Selektion und Kompensation. Ein psychologisches Modell erfolgreichen Alterns. Zeitschrift für Pädagogik, 35, 85–105. Bloemen, H., Hochguertel, S., & Zweerink, J. (2016). Gradual retirement in the Netherlands. Research On Aging, 38(2), 202–233. https://doi.org/10.1177/0164027515585358. Bundesministerium für Bildung und Forschung. (2015). Weiterbildungsverhalten in Deutschland 2014. Ergebnisse des Adult Education Surve – AES Trendbericht. https://www.bmbf.de/pub/ Weiterbildungsverhalten_in_Deutschland_2014.pdf. Zugegriffen am 29.07.2017. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. (2005). Fünfter Bericht zur Lage der älteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland. Potenziale des Alters in Wirtschaft und Gesellschaft. Der Beitrag älterer Menschen zum Zusammenhalt der Generationen. https:// www.bmfsfj.de/blob/79080/8a95842e52ba43556f9ebfa600f02483/fuenfter-altenbericht-data.pdf. Zugegriffen am 26.07.2017. Cattell, R. B. (1963). Theory of fluid and crystallized intelligence: A critical experiment. Journal of Educational Psychology, 1, 1–22. Costard, A., Haller, M., Meyer-Wolters, H., & Pietsch-Lindt, U. (2012). Alter forscht! Forschendes Lernen, Aktionsforschung und Ageing Studies im Seniorenstudium. In Alter forscht! For-

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B. Schmidt-Hertha

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Öffnung wissenschaftlicher Weiterbildung Stefan Pohlmann und Gabriele Vierzigmann

Inhalt 1 Notwendige Begriffsklärungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Expliziter Bildungsauftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Verändertes Selbstverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Offene Hochschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Kritische Bedenken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Künftige Entwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Zusammenfassung

Der Beitrag geht auf die bildungshistorische Entwicklung und die bildungspolitischen Ziele ein, die mit einer Öffnung der Hochschulen für den Bereich der wissenschaftlichen Weiterbildung verbunden sind. Er zeigt zugleich auf, welche Vorbehalte und Chancen mit einer solchen Öffnung einhergehen. Abschließend werden Voraussetzungen und Veränderungsbedarfe benannt, die künftig von den verschiedenen beteiligten Akteuren zu beachten sind, damit eine Öffnung der wissenschaftlichen Weiterbildung vor dem hier skizzierten Dickicht von Erwartungen und Zielsetzungen konstruktiv gelingen kann. Schlüsselwörter

Offene Hochschule · Hochschulzugang · Bildungspolitik · Bildungsauftrag · Biografisches Lernen · Chancengerechtigkeit · Implementierungshürden · Forschungsbasierung

S. Pohlmann · G. Vierzigmann (*) Hochschule für angewandte Wissenschaften München, München, Deutschland E-Mail: [email protected]; [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 W. Jütte, M. Rohs (Hrsg.), Handbuch Wissenschaftliche Weiterbildung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-17643-3_19

385

386

1

S. Pohlmann und G. Vierzigmann

Notwendige Begriffsklärungen

Die Öffnung der Bildungsinstitution Hochschule zielt auf die Inklusion von neuen bzw. bislang unterrepräsentierten Zielgruppen und postuliert Offenheit für die damit verbundenen Veränderungen wie die Einführung neuer Formen des Studierens und des Verknüpfens von Bildungspfaden (Wolter 2010, 2011). Soll es nun um die Öffnung wissenschaftlicher Weiterbildung gehen, so ist zu fragen, wer oder was diese wissenschaftliche Weiterbildung denn ist, die sich öffnet oder öffnen soll. Wie Dollhausen et al. (2018) ausführen, ist derzeit weder im wissenschaftlichen Kontext noch auf der Ebene der Verbände eine verbindliche bzw. konsensfähige Gegenstandskonzeption von wissenschaftlicher Weiterbildung an Hochschulen vorzufinden. Differenzierungen im Hinblick auf Angebote, Formate, Zielgruppen und Organisationsformen werden von diversen Autorinnen und Autoren diskutiert (z. B. Hanft et al. 2016; Jütte und Bade-Becker 2018; Mörth et al. 2018; Seitter et al. 2015; Wolter et al. 2016) und an dieser Stelle zugunsten der Stringenz des Beitrags eher vernachlässigt. Es werden vielmehr folgende Perspektiven eingenommen bzw. Annahmen zugrunde gelegt: Zum einen wissenschaftliche Weiterbildung als Teilmenge des akademischen Bildungsauftrags, die über ein Nischendasein einer lange Zeit wenig beachteten Weiterbildung an Hochschulen hinausgeht und ein erweitertes Selbstverständnis der akademischen Qualifizierung insgesamt benötigt (Wolter 2018). Zum anderen wissenschaftliche Weiterbildung als Teilmenge der Institution Hochschule, wobei es um die Öffnung der Hochschule selbst oder eines organisatorischen Teils der Hochschule geht, mit dem Ziel, soziale Schließungen zu vermeiden und neue Bildungswillige in das akademische System aufzunehmen.

2

Expliziter Bildungsauftrag

Bildungsauftrag und Verortung in der Institution sind kaum unabhängig voneinander zu betrachten. Die wissenschaftliche Weiterbildung ist in den Landesgesetzen aller Bundesländer als Aufgabe der Hochschulen ausgewiesen. Die damit verbundenen Operationalisierungen fallen an den einzelnen Hochschulstandorten aber sehr heterogen aus. Wissenschaftliche Weiterbildung steht formal gleichberechtigt neben Lehre und Forschung und ist somit eine Teilmenge des akademischen Bildungsauftrages. Es erscheint insofern befremdlich, wenn sich die Hochschulen für eine gesetzlich festgeschriebene Aufgabe erst öffnen müssten, anstatt diese schlicht zu erfüllen. Indes ergeben sich für die Hochschulen durch den bestehenden Bildungsauftrag als mehrfach geschichtete Aufgabe bislang Probleme, die einem reibungslosen Dreiklang Lehre, Forschung, Weiterbildung nach wie vor entgegenstehen.

Öffnung wissenschaftlicher Weiterbildung

2.1

387

Organisatorische Ausgestaltung

Wichtige gesetzliche und finanzielle Rahmenbedingungen für diese Inklusion bzw. für den Ausbau der wissenschaftlichen Weiterbildung an Hochschulen sind unpassend, unklar und in Veränderung begriffen. Darauf wird seit langem und wiederholt verwiesen (z. B. HRK 1993, 2008) und die einschlägigen Interessensvertretungen, z. B. das Netzwerk der Hochschulleitungen der offenen Hochschulen oder die Deutsche Gesellschaft für wissenschaftliche Weiterbildung und Fernstudium (Hörr und Jütte 2017), sind bestrebt, hier Einfluss zu nehmen. Wenn Hochschulen die wissenschaftliche Weiterbildung als ein drittes Element neben Lehre und Forschung inkludieren und ausbauen, bedeutet das strukturellen, prozessoralen und kulturellen Wandel in der Organisation (Wilkesmann und Schmid 2012). Konsequenzen für die interne Mittelvergabe, die Ausrichtung von Verwaltungseinheiten, die Berufungspolitik, die Personalentwicklung stehen an. Hochschulen sind nicht geübt in Changemanagement und haben keine Ressourcen für Organisationsentwicklung (Groeger und Schumacher 2017). Derartige Prozesse müssen an Hochschulen zudem zwingend in Einklang gebracht werden mit Selbstverantwortung und Partizipation der wissenschaftlich-akademischen Gremien und Communities, die neue Angebote auf ihre „Hochschulförmigkeit“ (Wissenschaftsrat 2017a) überprüfen und deren Qualität angemessen sichern. Ausbau und Öffnung von wissenschaftlicher Weiterbildung machen Kooperationen zwischen Hochschulen, in Hochschulverbünden bzw. in zwischen den Hochschulen angesiedelten und von ihnen getragenen Institutionen oder in Kooperationen mit außerhochschulischen Bildungspartnern zum Gebot der Stunde (z. B. DGWF 2015; Lengler und Sweers 2018). Keine Hochschule kann alle nachgefragten Formate zugleich entwickeln und vorhalten. Innovative Arrangements der Zusammenarbeit und Absprache sind vonnöten sowie ein gelingender Austausch von Modulen und Lehrpersonen. Gemeinsame Aktivitäten zur Information der (Fach-) Öffentlichkeit, z. B. über das Hochschulangebot in einer Region, werden zwingend erforderlich (z. B. Sturm und Spenner 2018). Die Forderung nach Erfüllung einer dritten Mission der Hochschulen (vgl. Berthold et al. 2009) erweist sich in Bezug auf die Weiterbildung, die oftmals dort zugeordnet wird, als kontraproduktiv, weil möglicherweise erneut marginalisierend (Wolter 2018). Denn entweder ist Weiterbildung Teil des Bildungsauftrags oder sie ist etwas, das additiv hinzukommt zum eigentlichen Bildungsgeschehen, wie z. B. die Öffnung der Hochschulen gegenüber regionalen Problemlagen. Gleichwohl ist die Abgrenzung zwischen wissenschaftlicher Weiterbildung und Technologietransfer in Gesellschaft und Umwelt fließend. Die digitale Technologie z. B. bedarf nicht nur des Transfers von Forschungsergebnissen, sondern einer breit angelegten Qualifizierungsoffensive. Es bleibt abzuwarten, welche Impulse aus der 2018 gestarteten Förderinitiative von Bund und Ländern „Innovative Hochschule“ für eine wechselseitige Öffnung zwischen Technologietransfer und wissenschaftlicher Weiterbildung abgeleitet werden können.

388

2.2

S. Pohlmann und G. Vierzigmann

Digitale Lehrangebote

Die Unzufriedenheit einer sich ändernden Klientel der Hochschulen (Lewin et al. 2017; Seitter et al. 2018a) mit der reinen Präsenzlehre und ihren unflexiblen Lernformaten und -rhythmen erfordert den Einsatz digitaler bzw. online zugänglicher Lernangebote auch jenseits des Fernstudiums und der Fernhochschulen, um das flexiblere und ortunabhängigere Studieren zu ermöglichen (Zawacki-Richter 2017). Hybride Studien- und Lehr-Lernformate können so gestaltet werden, dass sie den Ansprüchen der heterogenen Studierendenschaft entgegen kommen und dieser ein flexibles und selbstbestimmtes Studieren ermöglichen. Ob die Nutzung von Möglichkeiten, welche die Digitalisierung von Studium und Lehre bieten kann, zu einer stärkeren Öffnung der Hochschulbildung bzw. der wissenschaftlichen Weiterbildung generell führen könnte, wird derzeit kontrovers diskutiert (z. B. Themengruppe Curriculum Design und Qualitätsentwicklung 2016) und beispielsweise im Rahmen des ESF-Programms „Öffnung der Hochschulen“ beforscht. Für die Weiterbildung ist die Kombination aus Präsenz-Studium und selbstorganisiertem Online-Studium längst gang und gäbe, basierend auf Lerner zentrierten Ansätzen experimentiert sie mit vielfältigen hybriden Lehr-Lernarrangements. Weiterbildungsaktive Hochschulen öffnen sich also sehr stark der Weiterentwicklung der akademischen Lehre (Wissenschaftsrat 2017b). Die Digitalisierung und Mediatisierung der Hochschullehre verändert nicht nur die Lehr-Lernkonzepte und erfordert einen hohen Aufwand in der Überarbeitung und Aktualisierung (dghd 2016, S. 8). Insbesondere verändern sich Rolle und Aufgaben der Lehrkräfte, die sehr viel mehr über das Anleiten, Begleiten und Reflektieren eines Online-gestützten Selbststudiums wissen müssen. Die wissenschaftliche Weiterbildung verlangt danach, hochschuldidaktische Weiterbildung für Lehrende an Hochschulen mitzudenken, Lehrende dafür zu motivieren und entsprechende Angebote in ihr Portfolio aufzunehmen (Maschwitz und Brinkmann 2017; Schmid und Wilkesmann 2018).

2.3

Erwünschte Forschungsbasierung

Die mit technologischen Gestaltungsmöglichkeiten verbundenen Neuorientierungen der Hochschullehre im Bereich von eLearning oder dem Einsatz innovativer Technologien bringen einen zunehmenden Bedarf an evidenzbasierten Studien mit sich (vgl. Wannemacher 2016; dghd 2016). Die Öffnung der wissenschaftlichen Weiterbildung gegenüber der Forschung ist immer noch ausbaufähig (vgl. Seitter et al. 2018b). In jüngster Zeit benennt die Weiterbildung indes doch verstärkt Forschungsdesiderata und ist auf dem Weg, eine wissenschaftliche Community forschender und lehrender ProfessorInnen aufzubauen und wissenschaftlichen Nachwuchs an dieses Feld zu binden (vgl. Jütte und Lobe 2016; Vu et al. 2017). Der Bund-Länder-Wettbewerb „Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen“ hat zu einem deutlich erhöhten Ausmaß von empirischen Analysen beigetragen (vgl. www.wettbewerb-offene-hochschulen-bmbf.de). Erstmals wurde systematisch auch

Öffnung wissenschaftlicher Weiterbildung

389

über verschiedene Hochschultypen und Hochschulstandorte hinweg nach validen Indikatoren gesucht, die Aussagen über die Zielgruppen, die zu verwendende Didaktik, verbesserte Zugänge und passgenaue Anschlussstudien ermöglichen (vgl. Punkt 4). Die damit einhergehende Transparenz des Vorgehens und der Umfang erhobener empirischer Daten macht wissenschaftliche Weiterbildung im Ergebnis zunehmend aussagekräftiger und fassbarer (Cendon 2015; Kondratjuk und Schulze 2016). Gleichwohl fehlt es nach wie vor an einer systematischen und regelmäßigen Erfassung von Angebots- und Beteiligungsstrukturen im Sinne einer bundesweiten Angebots- und Teilnahmestatistik wissenschaftlicher Weiterbildung an Hochschulen (Dollhausen et al. 2018). Dies alles sind Herausforderungen, die die wissenschaftliche Weiterbildung an Hochschulen heranträgt, und die von den Hochschulen reaktive und proaktive Anpassungsleistungen verlangen. Sie werden verstärkt durch ein sich änderndes Selbstverständnis des an den Hochschulen zu inkludierenden Teilauftrags „Wissenschaftliche Weiterbildung“, der sich ebenfalls in einem Prozess der Neudefinition und Neuausrichtung befindet.

3

Verändertes Selbstverständnis

Nicht traditionell Studierende kommen dank bildungspolitischer Weichenstellungen und neuer Regelungen in den Hochschulgesetzen auf nicht traditionellen Wegen an die Hochschulen und erwarten die Einlösung des Bildungs- und Aufstiegsversprechens. Für die Hochschulen ist damit ein Kulturwandel eingeläutet, der nicht ohne Auswirkung auf das Selbstverständnis von wissenschaftlicher Weiterbildung bleiben konnte. Weiterbildung ist plötzlich nicht mehr nur das, was AkademikerInnen nach einer Phase der Berufstätigkeit in akademischen Berufen und Tätigkeitsfeldern an den Hochschulen absolvieren. Einmal in einen akademischen oder beruflichen Bildungsprozess eingetreten, wird für das Individuum jeder nachfolgende Schritt zu wissenschaftlicher Weiterbildung, ob der Bildungsweg wieder oder erstmalig an eine Hochschule führt.

3.1

Biografieorientiertes Lernen

Wissenschaftliche Weiterbildung öffnet sich derzeit mit besonderem Hochdruck der Idee und der Erfordernis, ihr Angebot radikal von der Bildungs- und Berufsbiografie der potenziellen Studierenden ausgehend zu denken. Die Wissensgesellschaft wie das interessierte Subjekt selbst lösen ihre Nachfrage nach Bildung von den institutionell noch vorgegebenen Rhythmen und Formaten und fragen Bildungs- und Qualifizierungsbedarf dann nach, wenn sie ihn erkennen bzw. wenn sie ihm nachgehen wollen und können, und zwar wiederholt, kleinteilig und kumulativ und in den verschiedensten Lebens- und Berufsphasen. So beschleunigt der Einzug der nicht traditionell Studierenden in die Hochschulen auch die Öffnung der Weiterbildung hin zur grundständigen Lehre. Aus Sicht der

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S. Pohlmann und G. Vierzigmann

studieninteressierten Personen macht diese Unterscheidung wenig Sinn mehr. Sie wollen z. B. nach Berufsausbildung und Berufserfahrung berufsbegleitend studieren und für sie ist der Bachelorstudiengang eine (wenn auch akademischverfasste) Weiterbildung. Nach Allmendinger und KollegInnen wird künftig von mehreren institutionell verankerten und berufsbegleitend absolvierten Bildungsphasen im Lebensverlauf auszugehen sein (2011, 2014). Alheit und Dausein sprechen von einer Neuordnung der Bildungssysteme bzw. einer „zeitlichen (Um-)Ordnung von Bildung und Lernen im Lebenslauf“ und fügen hinzu (2017, S. 15/16), dass es nicht nur einer Vorbereitung auf das Erwerbsleben bedarf, sondern zugleich eines kontinuierlichen Begleitfaktors im Berufsverlauf. Zur Ausweitung des Selbstverständnisses wissenschaftlicher Weiterbildung gerade auch im Zuge des Bund-Länder-Wettbewerbs „Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen“ treten die zunehmenden Bildungswünsche und -bedarfe in neben- und nach beruflichen Lebensphasen. Wissenschaftliche Weiterbildung erschöpft sich nicht in beruflich einsetzbarer Kompetenzentwicklung. Sie verfolgt einen für sich selbst stehenden Bildungsauftrag, der Persönlichkeitsbildung und politische Bildung umfasst. Sie betreibt öffentliche Wissenschaft, die den BürgerInnen Entwicklungen und Erkenntnisse nahe bringt, zur Verbreitung und Reflexion von neuem Wissen beiträgt und geteilte Werte und Demokratieverständnis immer wieder neu herstellt (vgl. Weitzel et al. 2017).

3.2

Erhöhte Chancengerechtigkeit

Im Zuge der verstärkten Biografieorientierung wird es für die Weiterbildung erforderlich, dass sie sich verstärkt den First-Generation-Students und ihren spezifischen Problemen bei Aufnahme und im Verlauf eines Studiums öffnet (Rheinländer 2015; Teichler 2017; Vierthaler und Vierzigmann 2017). Dieser Studierendentypus hat in der postgradualen Weiterbildung und in der Ansprache von AkademikerInnen bislang kaum eine Rolle gespielt. Auch wenn Lehrkräfte in der Weiterbildung über einen differenzierteren Blick auf ihre Studierenden verfügen, bleibt unklar, inwieweit sie soziale Ungleichheit und ihre Auswirkung auf Lernorientierungen und Lernerfolge zu registrieren vermögen (Rheinländer 2015, S. 12). Hat früher die Institution Hochschule streng die Assimilation an ihre Bildungsvorstellungen gefordert, sieht sie sich heute mit der Forderung nach einem geschmeidigen Einstellen auf neue gesellschaftliche und individuelle Bildungswünsche konfrontiert. Hochschulen der Zukunft werden diejenigen sein, die die Frage nach passenden Bildungsangeboten ansprechend und zeitnah beantworten können (vgl. Dailey-Hebert und Dennis 2015, S. 23). Und die wissenschaftliche Weiterbildung würde sich einmal mehr als „Intrapreneur“ der Stunde erweisen, der Nachfrage- und Teilnehmerorientierung mit Bildungsgerechtigkeit verbindet und ein entsprechendes strategisches Umsteuern an den Hochschulen einfordert.

Öffnung wissenschaftlicher Weiterbildung

4

391

Offene Hochschulen

Der bereits angesprochene Bund-Länder-Wettbewerb „Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen“ (2011–2020) hat maßgeblich dazu beigetragen, die Fähigkeit der Hochschulen mit Diversität und Digitalisierung umzugehen zu stärken und die Öffnung des Zugangs an die Hochschulen und die Öffnung des Selbstverständnisses von wissenschaftlicher Weiterbildung voranzutreiben. Mittlerweile bindet sich immerhin jede vierte Hochschule in Deutschland in dieses Netzwerk der Öffnung der Hochschulbildung ein (vgl. BMBF, https://www.bmbf.de/de/hochschulen-oeff nen-sich-neuen-zielgruppen-1039.html. Zugegriffen am 09.09.2017; Nickel et al. 2018). Hinzukommen die weiterbildungsaktiven Hochschulen, die keine Projekte im Rahmen des Wettbewerbs durchführen. Gleichwohl dokumentiert die Bilanz auch, wie viele Hochschulen sich noch nicht beteiligen. Im internationalen Vergleich zeigt sich, dass sowohl das Weiterbildungsverhalten von Studierenden als auch die Entwicklung des akademischen Weiterbildungsmarktes selbst noch weit hinter Vergleichsländern wie Finnland, Frankreich, Großbritannien, Österreich und den USA zurück liegen (vgl. Kühnlenz und Hirschmann 2011, S. 1075).

4.1

Neue Zugangsmöglichkeiten

Erklärtes Ziel des Wettbewerbs ist es, neuen Zielgruppen ein Hochschulstudium zu ermöglichen (Isensee und Wolter 2017). Dazu war und ist es nötig, Formate nicht traditionellen Studierens zu entwickeln, einzuführen und neue Rhythmen des akademischen Lernens anzuzielen. Zu den kompletten Studiengängen auf grundständiger wie postgradualer Ebene treten neue akademische Formate wie Module oder Hochschulzertifikate. Neben dualen, d. h. die beiden Lernorte Betrieb und Hochschule systematisch integrierenden, finden sich berufsbegleitende, mit einer vollen Berufstätigkeit zu vereinbarende Studienangebote. Präsenzlehre wandelt sich zu Blended- bzw. Distance-Learning Formaten. Neue Konzepte für die Gestaltung der vorcurricularen Eingangsphase oder die Begleitung des Studiums ergänzen das Spektrum der offenen Hochschulen. Hinzu kommt der erklärte Wille zur Steigerung der Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung (z. B. Wolter und Kerst 2015; Kriegel et al. 2017). Es öffnen sich also nicht nur die Hochschulen, sondern auch die Institutionen der beruflichen Bildung und die Unternehmen, um gemeinsam Bildungswege zu generieren, die in neuen Kombinations- und Wechselmöglichkeiten sehr unterschiedlichen Lern- und Persönlichkeitstypen Entfaltung bieten. Mit vielen ihrer Aktivitäten haben die Projekte des Wettbewerbs die Sphäre der wissenschaftlichen Weiterbildung betreten. Der Ausbau neuer Studiermöglichkeiten für unterrepräsentierte Zielgruppen und der Ausbau der Weiterbildung an Hochschulen scheinen hierbei mitunter zu einem einzigen Thema zu verschmelzen. Zu den Ergebnissen und wissenschaftlichen Erkenntnissen des Wettbewerbs liegt bereits eine Fülle von Veröffentlichungen vor (z. B. Cendon et al. 2016; Hanft et al. 2016; Pohlmann et al. 2017a; Seitter et al. 2018b; Wolter et al. 2016). Von besonderem

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Interesse für die Praxis der wissenschaftlichen Weiterbildung sind die online verfügbaren thematischen Berichte und Handreichungen, die von der wissenschaftlichen Begleitung des Wettbewerbs herausgegeben werden (https://de.offene-hochschulen. de/publikationen).

4.2

Wachsende Diversität

Öffnung der wissenschaftlichen Weiterbildung bedeutet auch, sich der Herausforderung zu stellen, Diversität als konstituierendes Element im Bildungsgeschehen anzunehmen. Es gilt, Hochschulen so auszurichten, dass sie heterogene Bildungsnachfragen bzw. Zielgruppen inkludieren können, also z. B. Studierende unterschiedlichen Alters und in unterschiedlichen Lebensphasen, Studierende mit unterschiedlichen Bildungsbiografien und Lernverhalten, Studierende mit Belastungen unterschiedlicher Art, internationale Studierende und solche mit Migrationshintergrund. Der Bund-Länder-Wettbewerb „Offene Hochschulen“ hat den Zugang dieser Zielgruppen gefördert und damit den Hochschulen „Diversitäts-Management“ als zentrale strategische Aufgabe anheimgestellt. Hierbei kann sich gerade die Vielfalt der Kompetenzen und Orientierungen der Studierenden als zwingende Steuerungsgröße erweisen (vgl. Hanft et al. 2015).

5

Kritische Bedenken

Im Zuge der Öffnung wissenschaftlicher Weiterbildung zeichnen sich trotz der gesetzlichen Vorgaben auch weiterhin Widerstände von Hochschulen und ihren Vertretungen ab, die durch die Berufung auf bestehende Risiken zu erklären sind. Die damit verbundene Skepsis soll im Folgenden mit den Schlagworten Selektivitätsvorwurf, Traditionsbrüche und Implementierungshürden beispielhaft umrissen werden.

5.1

Selektivitätsvorwurf

Könnte es sein, dass die Öffnung wissenschaftlicher Weiterbildung sich als Wegbereiter einer neuen Selektivität entpuppt? Die Frage, ob Weiterbildung nicht etwas für „Fachhochschulen“ bzw. für Hochschulen sei, die es nicht in die Exzellenzriege geschafft haben, wird durchaus gestellt. Während auf der Seite der Spitzenuniversitäten eine wachsende vertikale Differenzierung zu beobachten ist, droht der offene Zugang an anderen Hochschulen mit einem Statusverlust einherzugehen (vgl. Hartl 2015). Damit würden Institutionen, die eine gesellschaftlich hoch relevante Aufgabe wie die wissenschaftliche Weiterbildung annehmen, von anderen, ebenfalls von der Gesellschaft mit Bildung betrauten Institutionen, mit einem abwertenden Label belegt. Hier stehen gesellschaftliches Ansehen und gesellschaftlicher Anspruch in einem krassen Missverhältnis. Sofern sich Hochschulen aber aufgrund eines potenziellen

Öffnung wissenschaftlicher Weiterbildung

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Reputationsverlustes von der wissenschaftlichen Weiterbildung zurückziehen, kommen sie ihrem eigentlichen Bildungsauftrag nur noch bedingt nach. Denn: Wenn sich Hochschulen als änderungsresistent erweisen, können sie auch auf gesellschaftspolitische Umwälzungen nicht reagieren. Gesucht sind gerade vor dem Hintergrund eines Fachkräftemangels mehr denn je hoch qualifizierte und disziplinübergreifend handelnde AkteurInnen. In den kommenden Jahren wird es daher eine zentrale Hochschulaufgabe sein, eine sowohl passgenaue wie auch kontinuierliche Weiter-, Um- und Neuqualifizierung von Arbeitskräften auf akademischem Niveau bereitzustellen (Pohlmann et al. 2017a, S. 14). Der angesprochene Selektionsprozess könnte sich auch innerhalb der Hochschulen fortsetzen. Es fehlt an Studien, die zeigen, ob oder inwiefern nun neue Hürden in der Hochschule aufgebaut und die nicht traditionellen Studierenden als Studierende zweiter Klasse behandelt werden. Generell hat sich die Weiterbildung noch wenig mit Fragen der Exklusion durch eigenes Tun bzw. mit Genderfragen beschäftigt (Teichler 2017, S. 26). Der reine Ausbau von wissenschaftlicher Weiterbildung sichert jedenfalls noch nicht den Zugang und die Studienmöglichkeiten für Gruppen mit besonderen Vulnerabilitäten bzw. besonders anspruchsvollen Lebensumständen. Auf die Zielgruppen der geflüchteten Menschen und der ZuwanderInnen sei an dieser Stelle ausdrücklich hingewiesen (vgl. Düll et al. 2014; Engel und Wolter 2017).

5.2

Traditionsbrüche

Viele Gegner wissenschaftlicher Weiterbildung gerieren sich als Bewahrer akademischer Traditionen. Die Vorwürfe gegenüber einer vermehrten Öffnung gegenüber neuen Zielgruppen reichen von Volkstümelei und Downgrading akademischer Standards über „Auftragslehre“, wirtschaftliche Abhängigkeit, Ökonomisierung und Umsatzorientierung bis hin zu einem Freifahrschein für nicht studierfähige Kohorten. Wesentliche Sorge dieser Kritiker ist damit die Bevorzugung privatwirtschaftlicher Interessen auf der einen und der Verlust eines hinreichenden akademischen Niveaus auf der anderen Seite (vgl. Bontrup 2008; Sambale et al. 2008; Wolter et al. 2018). Die Gegenposition lautet, dass die bisherigen Hochschulstrukturen unzeitgemäß und rigide wirken. So findet sich eine prototypische „Vorhaltungsprosa“ in dieser Richtung bei Zimmer und Drossou (2011, S. 6): „Vor diesem Hintergrund überrascht, dass sich Deutschland seit vielen Jahren eine verantwortungslose Verschwendung von Bildungsressourcen leistet. Die Hochschulen, und hier besonders die Universitäten, sind nicht nur Stätten der Selbstreproduktion der akademisierten Schichten. Auch das für Deutschland so charakteristische System der Bildungs- und Berufsbildungszertifikate, welches für einen nationalen Qualifikationsmarkt durchaus sinnvoll war, erweist sich vor dem Hintergrund von Einwanderung und Internationalisierung zunehmend als dysfunktional“.

Beide vertretenden Positionen repräsentieren Extreme. Weder ist eine grundsätzliche Ablehnung wissenschaftlicher Weiterbildung noch eine Pauschalverurteilung

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derzeitiger Strukturen angemessen. Letzten Endes werden sich die Hochschulen daran messen lassen müssen, inwieweit es ihnen gelingt, Bildungsgerechtigkeit in einem erhöhten Maße zu ermöglichen, erfolgreiche Qualifizierungsangebote zu bewahren, Problembereiche zu bearbeiten und Freiräume für Neues zu schaffen. Daran haben sich traditionelle ebenso wie weiterbildende Studienangebote gleichermaßen zu orientieren. Das sich auftuende Gestaltungsfeld im Rahmen der Öffnung von wissenschaftlicher Weiterbildung ist hierbei ebenso den Prinzipien von Relevanz, Problemorientierung und Methodenstrenge verpflichtet, wie lange bestehende Studienformate. Möglicherweise sind sie aber besonders geeignet, um darüber nachzudenken, was als neu zu regeln, marktfähig, bedarfsorientiert, förderungswürdig oder gesellschaftspolitisch vordringlich erscheint (vgl. Graeßner et al. 2011, S. 543). Die oben angesprochenen Ansätze der offenen Hochschule belegen sehr deutlich, dass die Weiterbildung zur Profilierung der Hochschulen beiträgt und die Erweiterung des Studienangebots letztlich auch den traditionell Studierenden zugutekommt. Grund dafür ist vor allem die dadurch entstehende Vervielfältigung von inhaltlichen wie auch didaktischen Wahlmöglichkeiten (Vierzigmann und Pohlmann 2017).

5.3

Implementierungshürden

Eine zusätzliche Schwierigkeit liegt in der besonderen Führungskultur an Hochschulen. Ein Paradox in der Leitung einer Hochschule besteht darin, dass ein Wahlamt einer breiten Zustimmung innerhalb der Hochschule bzw. ihrer Gremien bedarf und einerseits oft mit Blick auf (theoretisch) gewünschte Neuerungen vergeben wird. Andererseits erfährt innovatives Handeln der Leitung in der Umsetzung oft großen Gegenwind aus eben diesen Gremien, gelingt es den AmtsträgerInnen nicht, die Neuerungen immer wieder kommunikativ rückzukoppeln und in einer Zone des gemeinsamen Commitments zu halten (Dailey-Hebert and Dennis 2015, S. 22). Für die weitere Öffnung der Hochschulen für Weiterbildung sind aufgeschlossene Führungskräfte und der Wille, einmal eingeschlagene Wege auch über lange Zeiträume zu verfolgen, von entscheidender Bedeutung (vgl. Schmücker 2011). Eine weitere Hürde entsteht aufgrund des erhöhten Komplexitätsgrades, der mit der Einführung von Weiterbildungsangeboten an den Hochschulen einhergeht. Es entwickelt sich parallel bzw. zusätzlich zu mehrjährigen Studiengängen eine Vielzahl an Studienformaten (Modulstudien, Hochschulzertifikate u. ä.) mit sehr unterschiedlichen Organisationsanforderungen. Diese Erfüllung der oben genannten Forderung nach Flexibilisierung von Studienzugängen, zeitlich flexiblen Angebotslots und hybriden didaktischen Formaten gilt als zentral für die Öffnung wissenschaftlicher Weiterbildung, birgt aber eine Reihe von Problemen. So gehen die mit einer Öffnung verbundenen Freiheitsgrade für Studierende mitunter zu Lasten der Dozierenden. Sie müssen nunmehr verstärkt verschiedene Logiken von Präsenz- und Blockveranstaltungen beachten und insbesondere bislang unübliche Zeiten am Abend und am Wochenende für ihre Veranstaltungen nutzen. Dadurch entstehen

Öffnung wissenschaftlicher Weiterbildung

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auf Seiten der Lehrenden vermehrt Stundenpläne, die fern einer familienfreundlichen Berufsgestaltung bleiben. Zudem steht das Postulat der Flexibilität im Gegensatz zur Forderung der Nachhaltigkeit, also der Planbarkeit und Verlässlichkeit neuer Studienangebote. Eine stärkere Nachfrageorientierung stellt dies in Frage. Die erforderliche flexible Infrastruktur, die mit einem breiteren Studienangebot und wachsenden Teilnehmerzahlen verbunden ist, sowie die veränderten Finanzierungsmodelle sind verwaltungsseitig nicht zu unterschätzen. Wo angepasste Organisationsstrukturen fehlen, wird dies bislang vor allem durch überaus engagierte Studiengangleitungen und Studiengangassistenzen in der Weiterbildung kompensiert. Dies kann aber keine Dauerlösung sein. Nötig ist ein regulär ablaufender Weiterbildungsbetrieb, der gerade solche Personen einbezieht, die sowohl über betriebswirtschaftliche Kenntnisse als auch über Einblicke in den Hochschulbetrieb verfügen (Wolf 2011, S. 10). Noch zu häufig sind die vorhandenen Strukturen zu starr und bürokratisch, um diese zu gewährleisten. So kommen Faulstich, Graeßner und Schäfer bereits 2008 zu dem Schluss, dass Fakultäten und Fachbereiche noch weit davon entfernt sind, aus dem Stand heraus die Leistungsanforderungen zu erfüllen, die mit einer wissenschaftlichen Weiterbildung verbunden sind (Faulstich et al. 2008, S. 16 f.). An dieser Bilanzierung hat sich bis zum heutigen Tag nicht wirklich viel geändert. Grund dafür ist ein Problem, auf das bereits die Hochschulrektorenkonferenz 2008 in einem Positionspapier hingewiesen hat. Nach dieser Analyse bietet die wissenschaftliche Weiterbildung mit den nach wie vor bestehenden Rahmenbedingungen vergleichsweise wenig Anreize für die Beteiligung von ProfessorInnen und Verwaltungsfachleuten an den notwendigen Reformvorhaben. Die Aufgaben Lehre und Forschung binden einfach zu viele Ressourcen und erlauben zu wenig Freiheitsgrade für die wissenschaftliche Weiterbildung.

6

Künftige Entwicklungen

Vor dem Hintergrund der hier genannten Herausforderungen, ist eine gewisse Gegenwehr gegenüber einer notwendigen Öffnung wissenschaftlicher Weiterbildung in Teilen nachvollziehbar. Für eine flächendeckende Erweiterung entsprechender Studienangebote braucht es daher noch viel Überzeugungsarbeit. Dabei muss es um die Vermeidung von Mythenbildungen und die konsequente Evaluation der akademischen Weiterbildungsangebote gehen. Unbestritten kann auch die wissenschaftliche Weiterbildung nur dann erfolgreich bestehen, sofern sie sich bewährt. Dies ist hinreichend zu belegen – ebenso wie in allen herkömmlichen Studiengängen. Es wäre jedenfalls kein gutes Ergebnis, wenn der Ausbau der wissenschaftlichen Weiterbildung zu einer neuen Selektivität an den und zwischen den Hochschulen beitragen würde und die Weiterbildungsangebote eine unzureichende Organisation und Qualität aufwiesen. Ob und wie sich die wissenschaftliche Weiterbildung zu profilieren vermag, hängt von vielen Faktoren ab. Wie stehen also die Aktien für eine breite Öffnung der wissenschaftlichen Weiterbildung? Jeder Blick in die Zukunft hat zwangsläufig

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S. Pohlmann und G. Vierzigmann

etwas Spekulatives. Will man dennoch Prognosen wagen, kann dies nur dadurch abgesichert werden, indem man auch den Blick zurück richtet. Auffällig ist hierbei, dass sich historisch eine Öffnung der Hochschulen bereits recht früh datieren lässt. So weist Prokop (2011, S. 316) darauf hin, dass bereits im 19. Jahrhundert eine nach englischem Vorbild erstandene Bildungsdynamik zu beobachten gewesen sei, in deren Folge akademische Bildungsangebote an eine allgemeine Volksbildung angenähert werden sollten. Diese ersten Versuche, den universitären Elfenbeinturm mit neuen Zugängen zu versehen, hat jedoch auch seinerzeit viele Gegner provoziert. In der Folge hat sich eine Ausweitung der akademischen Weiterbildung nicht durchsetzen können. Vielmehr kam es zu einer zusätzlichen Abschottung der Hochschule gegenüber breiter angelegten Weiterbildungsansätzen. Neuen Schub hat die wissenschaftliche Weiterbildung erst in den 1970er-Jahren erhalten. Neben der wissenschaftsbasierten Gründung der Fachhochschulen mit anwendungsorientiertem Schwerpunkt (vgl. Westdeutsche Rektorenkonferenz 1972) wurde im Rahmen der Bildungsreform auch die Weiterbildung im Hochschulrahmengesetz (HRG) verankert. Der so genannte Bildungsgesamtplan wies Kontaktstellen für die wissenschaftliche Weiterbildung aus, die mit regionalbezogenen Aufgaben zu versehen waren (BLK 1973). Erst Jahre später erhielt die Weiterbildung mit der Novelle des HRG den Status einer hochschulischen Kernaufgabe (vgl. Vogt 2010). Hier besteht eine gewisse zeitliche Koinzidenz zur Emanzipation und Weiterentwicklung der Fachhochschulen, die seit dem Jahr 2000 offiziell den Titel „Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW)“ tragen und seither zur Universität gleichlautende Abschlüsse vergeben (vgl. Wissenschaftsrat 2000). Wird, nicht zuletzt angestoßen durch den Bund-Länder-Wettbewerb „Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen“, in der nächsten Zone der Entwicklung die Inklusion wissenschaftlicher Weiterbildung an den Hochschulen zu einem Wandel 1. oder 2. Ordnung führen? Derzeit wird überwiegend nach Verbesserungen und Klärungen innerhalb der bestehenden rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen und für ein Segment der (Hochschul-)Bildung gesucht. Bleibt dies die Leitlinie bildungspolitischen Handelns, lässt sich der Grundwiderspruch der wissenschaftlichen Weiterbildung kaum auflösen, der darin besteht, dass eine Kernaufgabe der Hochschulen wirtschaftlichen Finanzierungsmodellen unterstellt wird (zusammenfassend Maschwitz et al. 2017). Wissenschaftliche Weiterbildung als Teilmenge der Institution Hochschule benötigt langfristige Strategien und Veränderungsmanagement. Dazu gehören die Aufhebung von Fachbereichs- und Fakultätsgrenzen, um interdisziplinäre und lebensbegleitend studierbare Bildungsangebote sicherzustellen und der Aufbau von Bündnissen und Netzwerken innerhalb einer Hochschule und zwischen Hochschulen sowie mit anderen Bildungspartnern und gesellschaftlichen Einrichtungen, damit berufsbiografisch orientierte Angebote auch in neuartigen Karrierepfaden Aussicht auf Erfolg haben können. Wissenschaftliche Weiterbildung als Teilmenge des akademischen Bildungsauftrags benötigt die Bereitschaft für weitergehende Umbrüche in der Hochschullandschaft, die derzeit noch nicht auszumachen ist (vgl. Pritchard und Karlsen 2013).

Öffnung wissenschaftlicher Weiterbildung

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Davon wird nicht zuletzt abhängen, ob die bildungspolitischen Ziele der offenen Hochschule dauerhaft erreicht und implementiert werden können. Ob verstärkte Aktivitäten in der wissenschaftlichen Weiterbildung auch die Durchlässigkeit zwischen den und die Chancengerechtigkeit in den Bildungssystemen erhöhen, bedarf weiterer Beobachtung und Untersuchung. Doch wird der Systemwechsel zu einer Hochschule des lebensbegleitenden Studierens auch noch nicht konkret adressiert, findet er sich bereits in zahlreichen Green und White Papers europäischer Länder (z. B. European Universities´ Charter on Lifelong Learning 2008, White Paper on Lifelong Learning 2012, Ten European Principles oft the European Forum for Enhanced Collaboration in Teaching 2017). Wird dieser Weg konsequent weiter verfolgt, kann perspektivisch nicht nur dem Bildungs- und Qualifizierungsbedarf einer alternden (Einwanderungs-)Gesellschaft, einer hoch technologisierten und digitalisierten (Sozial-)Wirtschaft und der Chancenungleichheit im deutschen Bildungswesen begegnet werden (Pohlmann et al. 2017b, c). Zugleich wird dem Grundgedanken von Bologna, entzerrte und mit einander verzahnte Bildungs- und Berufsphasen zu ermöglichen, Rechnung getragen. In Anbetracht der Ziele und Möglichkeiten wissenschaftlicher Weiterbildung ist ein Fortschreiten in diese Richtung schlicht unumgänglich.

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Teil VI Lehren und Lernen

Didaktik der wissenschaftlichen Weiterbildung Mandy Schiefner-Rohs

Inhalt 1 Didaktik der Wissenschaftlichen Weiterbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Didaktik der Wissenschaftlichen Weiterbildung: disziplinäre Zugriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Blinde Flecken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Fazit: Didaktik der wissenschaftlichen Weiterbildung als ‚parzelliertes Feld‘ . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

406 410 414 416 417

Zusammenfassung

Didaktische Fragestellungen in ihrer Breite spielen auch in der Gestaltung von wissenschaftlicher Weiterbildung eine große Rolle. Der vorliegende Beitrag führt die Diskussionen um eine Didaktik der wissenschaftlichen Weiterbildung, die in unterschiedlichen Disziplinen und Feldern geführt werden, zusammen. Es zeigt sich, dass innerhalb der Diskussion Blinde Flecken hinsichtlich der Professionalisierung von Lehrenden sowie der Forschungsorientierung existieren. Schlüsselwörter

Didaktik · Weiterbildung · Hochschule · Hochschuldidaktik · Professionalisierung

M. Schiefner-Rohs (*) Fachbereich Sozialwissenschaften, Technische Universtität Kaiserslautern, Kaiserslautern, Deutschland E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 W. Jütte, M. Rohs (Hrsg.), Handbuch Wissenschaftliche Weiterbildung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-17643-3_21

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1

M. Schiefner-Rohs

Didaktik der Wissenschaftlichen Weiterbildung

Didaktische Fragestellungen, die sich nicht nur auf die Gestaltung von LehrLernsituationen fokussieren (vgl. Flechsig 1975) spielen auch in der wissenschaftlichen Weiterbildung eine große Rolle. Auf den ersten Blick reiht sich auch die wissenschaftliche Weiterbildung damit in gute Traditionen ein, denn es gibt auch andere Felder, die eigene Schwerpunktsetzungen betonen: Angefangen von Hochschuldidaktik über eine Didaktik der Lehrer*innenbildung bis hin zur schul- und hochschulpädagogischen Diskussion um die Perspektiven von Fach- und Allgemeine Didaktik (Terhart 2008, 2009). Auf den zweiten Blick ist allerdings genauer zu fragen, woraus sich eine besondere Didaktik für die wissenschaftliche Weiterbildung speist und wie sie sich rechtfertigt, was ggf. eine „Didaktik der wissenschaftlichen Weiterbildung“ auszeichnet oder ob es „nur“ besondere Anforderungen gibt an die didaktische Gestaltung von Angeboten aber eben nicht an eine spezifische Didaktik. Der vorliegende Beitrag möchte daher die Diskussionen um eine Didaktik der wissenschaftlichen Weiterbildung, die in unterschiedlichen Disziplinen und Feldern diskutiert werden, zusammenführen. Ebenso soll gezeigt werden, welche (ggf. auch nur exemplarische) Blinde Flecken die Diskussion um eine Didaktik der wissenschaftlichen Weiterbildung enthält. Schaut man sich die Publikationslage im Feld der wissenschaftlichen Weiterbildung an, wird oftmals betont, dass sich diese vom grundständigen Studium maßgeblich unterscheide, somit auch eine eigene Didaktik benötige. Angeführt wird dann meist die besondere Zielgruppe mit ihren Motivlagen und auch Anforderungen an das Lernen durch begleitende Berufstätigkeit, andere Lernformen (wie z. B. lebensbegleitend, informell) sowie eine Besonderheit des inhaltlichen Gegenstands: So tragen insbesondere in der wissenschaftlichen Weiterbildung zwei Systeme Ansprüche an die Gegenstände (vgl. im Folgenden auch Lermen et al. 2016): Einerseits ist wissenschaftliche Weiterbildung verortet an der Hochschule mit dem Anspruch einer Bildung durch Wissenschaft, zum anderen ist sie eine Richtung von Erwachsenen- resp. Weiterbildung (sowohl unter emanzipatorischer als auch qualifikatorischer Perspektive) und daher muss sich der Gegenstand auch an Anforderungen und Praxisbedingungen orientieren. Obwohl dieses Verhältnis mit einem Wandel der Hochschulen mittlerweile auch für die grundständigen Studiengänge gilt, kommt es in der wissenschaftlichen Weiterbildung, bietet diese auch Veranstaltungen zur (beruflichen) Professionalisierung an, in besonderer Weise zum Tragen. Übergreifendes inhaltliches Ziel ist es innerhalb der wissenschaftlichen Weiterbildung dann, dass sich Studierende in der wissenschaftlichen Weiterbildung sowohl mit unterschiedlichen wissenschaftlichen Standpunkten auseinandersetzen als auch die eigene Praxiserfahrung vor dem Hintergrund theoretischer Inhalte reflektieren. Wissenschaftliche Weiterbildung kennzeichnet mit dieser Janusköpfigkeit eine eigene Kontextualisierung des Verhältnisses von Wissenschaft und Praxis (vgl. Schiefner 2010). Allerdings ist es auch nach mehreren Jahren der Etablierung wissenschaftlicher Weiterbildung als Leistungsbereich von Hochschulen nicht so, dass schon geklärt wäre, wie sich genau dieser doppelte Anspruch auf die (hochschul-)didaktische Gestaltung der wissenschaftlichen Weiterbildung auswirkt

Didaktik der wissenschaftlichen Weiterbildung

407

und was genau unter einer „Didaktik der Wissenschaftlichen Weiterbildung“ denn überhaupt zu verstehen sei – Fragen danach stehen nur vereinzelt im Fokus (Jütte 2005, 2014; Lermen et al. 2016; Egger 2015). Daher soll im Folgenden der Versuch unternommen werden, zum einen zu klären, welche Themenfelder sich innerhalb des Komplexes „Didaktik wissenschaftlicher Weiterbildung“ finden lassen (Abschn. 2) und zum anderen geschaut werden, innerhalb welcher Disziplinen und Bereiche sich Spuren nach didaktischen Fragestellungen mit Perspektive der wissenschaftlichen Weiterbildung finden, die für eine Gestaltung wissenschaftlicher Weiterbildung relevant sind (Abschn. 3). Im Anschluss daran werden zwei blinde Flecken der Diskussion um die Didaktik der wissenschaftlichen Weiterbildung ausgemacht, zum einen die Frage nach der hochschuldidaktischen Professionalisierung der Akteur*innen der wissenschaftlichen Weiterbildung, zum anderen die Frage nach Forschungsorientierung in der wissenschaftlichen Weiterbildung. Denn nimmt man die Verortung von wissenschaftlicher Weiterbildung an Hochschulen ernst, müssen im Rahmen dessen auch Antworten darauf gefunden werden, welchen Beitrag Forschung und Wissenschaft für die Gestaltung von Angeboten leisten. Um sich über einzelne Disziplinen zu nähern, ist es zunächst notwendig, das Themenfeld Lehren und Lernen an der Hochschule ganz allgemein zu umreißen und zu fragen, worin Besonderheiten der wissenschaftlichen Weiterbildung liegen. Im Anschluss daran werden weitere für die Diskussion relevante Themenfelder einer Didaktik wissenschaftlicher Weiterbildung identifiziert.

1.1

Lehren und Lernen an der Hochschule

Betrachtet man Hochschulen als Systeme, so können sie als ein Bindeglied zwischen Wissenschaft und Studium gesehen werden (vgl. Rhein 2015, S. 349). Während dieser Nexus die Notwendigkeit deutlich macht, darüber zu reflektieren, „wie die Zwecke lernender Beschäftigung mit Wissenschaft mit Zwecksetzungen wissenschaftlicher Praxis synchronisiert und in typischen Auffassungen von der Institution Hochschule (bzw. einer Idee der Universität) artikuliert werden können“ (ebd.), kommt unter der Perspektive der wissenschaftlichen Weiterbildung mit möglichen Praxisanforderungen (vgl. Abschn. 1) eine Komplexitätssteigerung hinzu. Legt man die Rhein’schen Artikulationsformen des Studiums (Tab. 1) zugrunde, so sieht man, dass diese insbesondere der Logik eines grundständigen Studiums entstammen: So ist ein Studium erst einmal ein Ort, an dem Lernen stattfindet, sei es in dafür vorgesehenen Veranstaltungen und Maßnahmen, sei es informell. Ein Studium ist darüber hinaus aber auch ein Ort, in den Studierende einsozialisiert werden und eine Enkulturation in die Handlungspraktiken der Disziplin stattfindet, in dem je eigene Sinn- und Handlungsressourcen erschlossen werden müssen, aber auch eine lernende Auseinandersetzung mit Wissenschaft und ihrem je spezifischen Sinn. Gleichwohl ist das Studium aber auch ein biografischer Abschnitt im Leben eines Studierenden. Alle diese Artikulationsformen finden sich an der Hochschule. Tab. 1 fasst

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Tab. 1 Formatierung des Studiums und Artikulationsform des Studierens nach Rhein (2015, S. 360) Formatierung des Stadiums . . . Topografie von Lernorten und Lernsettings

Ort der Erschließung von Sinn- und Handlungsressourcen lernende Auseinandersetzung mit Wissenschaft und ihrem Eigen-Sinn

biografischer Abschnitt

Artikulationsformen des Studierens Lernen im Studium

Bezugspunkt Hochschule als Organisation, Tätigkeitsstrukturen und Arbeitsfelder als relevante Umwelten der Hochschule

hochschulisches Lernen

Hochschule als Institution

akademisches Lernen

Wissenschaft und akademische Praxen als Institutionen

stadierendes Lernen

Lernprojekte

Zentrale Aspekte Strukturlogik fremdund selbstarrangierter Settings formellen und informellen Lernens, das ,,Arrangement“ als Ausdruck ,,pädagogischer Form“ Fachkulturen, Hochschulsozialisation Wissenschaftsreflexion, Lernen als kognitivsozial-emotionale Bezugnahme auf etwas (als Lerngegenstand), Sinnrekonstruktion als realstrukturtheoretische Hermeneutik Biografie, sozialkulturelle und sozialökologische Ein-bettungen von Lernprozessen

die verschiedenen Artikulationsformen des Studierens noch mal in einer Übersicht zusammen: Betrachtet man diese Artikulationsformen des Studierens unter der Perspektive wissenschaftlicher Weiterbildung, so bleiben die Grundzüge der Artikulationsformen zwar erhalten (auch die wissenschaftliche Weiterbildung ist für den/die Studierende*n ein biografischer Abschnitt, dient der Auseinandersetzung mit Wissenschaft und ist ein Ort der Erschließung von Sinn- und Handlungsressourcen), es ergeben sich allerdings besondere Nuancierungen, insbesondere wenn man an die beiden letztgenannten Artikulationsformen denkt. Beide Artikulationsformen sind diejenigen, die aufgrund der Strukturphänomenologie der wissenschaftlichen Weiterbildung zwischen Hochschule und Gesellschaft jedoch herausfordernd sind. Denn im Grunde geht es nicht mehr nur um zwei Praxen innerhalb der Hochschule (Wissenschaftliche und studierende Praxis), die miteinander in Einklang gebracht werden müssen. Hinzu kommt auch die Schnittstelle von Wissenschaft und Gesellschaft oder eingeschränkt Beruflichkeit, die weitere Anforderungen mit sich bringen und damit auch Artikulationsformen des Studierens prägen: So müssen Sinn- und Handlungsressourcen genau an der Schnittstelle von Universität und Gesellschaft bearbeitet werden, und nicht immer ist für die Studierenden der wissenschaftlichen Weiterbildung diese herausfordernde Auseinandersetzung nachvollziehbar.

Didaktik der wissenschaftlichen Weiterbildung

1.2

409

Besonderheiten wissenschaftlicher Weiterbildung

Als eine Besonderheit der wissenschaftlichen Weiterbildung gilt weiterhin, dass meist keine Fächer als „typische integrale Verkoppelungen von wissenschaftlichen Disziplinen und akademischen Praxen“ (Rhein 2015, S. 351) im Fokus stehen und sich Lehrverständnisse nicht aus disziplinären Eigenheiten ergeben können, sondern primär interdisziplinäre Themen oder Anforderungen adressiert werden, die sich z. B. explizit auch aus gesellschaftlichen Herausforderungen speisen. Dies hat sowohl Auswirkungen auf die Inhalte und die zu erwerbenden Kompetenzen innerhalb eines Studiums wie auch auf die hochschuldidaktische Gestaltung, denn Dozierende müssen gefunden werden, die genau diese Perspektive einnehmen können. Übergreifendes inhaltliches Ziel ist es, dass sich Studierende sowohl mit unterschiedlichen Standpunkten auseinandersetzen als auch die eigene Praxiserfahrung vor dem Hintergrund theoretischer Inhalte reflektieren. Hochschullehre verstanden „als die Begleitung des Prozesses des Einsozialisierens Studierender in Wissenschaft als einer spezifischen Form menschlicher Praxis“ (ebd. S. 31) wird somit vor besondere Herausforderungen gestellt: Im Idealfall hat die Auseinandersetzung mit Wissenschaft im Erststudium bereits stattgefunden, so dass es in der wissenschaftlichen Weiterbildung vor allem um eine Vertiefung und/oder Neu-Akzentuierung geht. Bezogen auf die aktuelle Tendenz einer Öffnung der Hochschullehre sind allerdings auch Sozialisationseffekte der ersten Art zu erwarten und es kommt immer häufiger vor, dass sich Studierende der wissenschaftlichen Weiterbildung zum ersten Mal mit Wissenschaft auseinander setzen. Eine Didaktik der Hochschule – und damit auch der wissenschaftlichen Weiterbildung – stünde vor der Herausforderung, die „inhärenten Sinnstrukturen von Wissenschaft als spezifischer Praxis“ (Rhein 2010, S. 30, Hervorhebung i. O.) dann auch angemessen zu explizieren, möchte sie sich von klassischer Weiterbildung, sei es im Unternehmen oder auch in der Gesellschaft, unterscheiden. Dies hat aber für die Auseinandersetzung mit den Inhalten und den Formaten bis hin zur Professionalisierung Dozierender in der wissenschaftlichen Weiterbildung weitreichende Implikationen (vgl. Abschn. 3). Auswirkungen dieser besonderen Zielgruppe, die i. d. R. berufsbegleitend studiert, z. T. nicht-traditionelle Studierende umfasst und sich (noch) durch eine höhere Heterogenität von den grundständig Studierenden unterscheidet, ergeben sich zum einen auf die „Anforderungen hinsichtlich räumlicher und zeitlicher Flexibilität“ (ebd.) und für Arbeits- und Betreuungsformen, die sich von grundständigen Studierenden unterscheiden. Angebote der wissenschaftlichen Weiterbildung richten sich meist an akademisch vorgebildete Personen mit einschlägiger Berufserfahrung im Themenfeld (Lermen et al. 2016). Darüber hinaus wird die Verknüpfung von Studium und Berufserfahrung, die auch für das grundständige Studium relevant ist (vgl. Tremp 2015), unter neuen Vorzeichen Thema der wissenschaftlichen Weiterbildung: „This means that they can more easily make the link between theory and practice. One can even say that they prefer practical classes or classes in which they can immediately see the practical application of what they are learning“ (Koivista und Jokinen 2007, S. 13). Nimmt man nochmals Rüdiger Rhein zur Hilfe, der hochschuldidaktisches Handeln in der Vermittlung der Pole Wissenschaft, Hochschule, Studium und außerwissenschaftlicher

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Abb. 1 Bezüge des Studiums, entnommen: Rhein 2010, S. 32

Hochschule Wissenschaft

„Felder“ Studium

„Felder“ sieht, so liegt im Rahmen der wissenschaftlichen Weiterbildung der Fokus eher auf der Perspektive der Handlungs- und Tätigkeitsfelder, die dann auf Hochschule, Studium und Wissenschaft wirken (Abb. 1). Und zu guter Letzt unterscheidet wissenschaftliche Weiterbildung von ihrem grundständigen Pendant der Hochschullehre im deutlich erweiterten Aufgabenkatalog: So ist ihre Aufgabe neben dem der akademischen Lehre und damit dem Zugänglichmachen von Wissenschaft auch Weiterbildung unter dem Aspekt der Dienstleistung (z. B. Beziehungen in die Region, vgl. Rohs und Steinmüller 2018) und der Forschung als Bereitstellung von methodischem, disziplinären Know-How für Wissenschaftstransfer. Dementsprechend gibt es diverse Zugänge zu wissenschaftlicher Weiterbildung (Schröder 1984, S. 55 ff.): • • • • •

Wissenschaftstransfer aus Forschung in Verwendung und Anwendung Funktions- und berufsbezogene wissenschaftliche Weiterbildung Wissenschaft als Problemlösungsverfahren Wissenschaft zur Beratung pol. Entscheidungen Aufklärung und Meinungsbildung als politisch-demokratische Aufgabe von Wissenschaft.

Weiterbildung, auch die wissenschaftliche Weiterbildung, ist also gekennzeichnet von einer „doppelseitigen Suchbewegung“ (Tietgens 1986) zwischen einem Markt der Erwachsenenbildung und den Bedürfnissen und Wünschen der Teilnehmenden (vgl. Seitter 2018 oder Schwikal et al. 2017). Innerhalb der wissenschaftlichen Weiterbildung führt dann diese doppelseitige Suchbewegung insbesondere in der Gestaltung von Lehr-Lernarrangements oftmals zu herausfordernden Situationen: Wie gehen wir mit Teilnehmenden um, die für ihr Studium bezahlen? Wie gewinnen wir genug Teilnehmende für Weiterbildungsstudiengänge? Was dürfen wir den Teilnehmenden zumuten? Welche Erfahrungen mit disziplinären Eigenheiten haben die Teilnehmenden gemacht? uvm. Hier schließen sich unmittelbar Fragen nach der konkreten Gestaltung wissenschaftlicher Weiterbildung an (vgl. Egger 2015).

2

Didaktik der Wissenschaftlichen Weiterbildung: disziplinäre Zugriffe

In der Auslegung des Feldes Didaktik universitärer Weiterbildung wird oft auf Lehrund Vermittlungsfragen rekurriert. Lernen als tätige Auseinandersetzung Studierender in der wissenschaftlichen Weiterbildung wird eher marginal behandelt, mehr

Didaktik der wissenschaftlichen Weiterbildung

411

Aufmerksamkeit hat scheinbar Lehren in der wissenschaftlichen Weiterbildung. Dies mag daran liegen, dass sich traditionell Disziplinen der Frage der Didaktik widmen, die sich dem Gegenstand über die Praktik des Lehrens nähern, wie z. B. die Hochschuldidaktik. Allerdings sind Lehren und Lernen aufeinander bezogen. Daher wird im Folgenden versucht, beide Aspekte miteinander zu betrachten, um so einen Überblick über die Diskurslage zum Themenfeld Didaktik der wissenschaftlichen Weiterbildung zu geben. Darüber hinaus werden weitere unterschiedliche Teildisziplinen beleuchtet, die den Diskurs um eine Didaktik wissenschaftlicher Weiterbildung bereichern könnten.

2.1

Didaktik der wissenschaftlichen Weiterbildung aus Sicht der Hochschuldidaktik

Offenkundig ist die Bearbeitung des Feldes „Didaktik der wissenschaftlichen Weiterbildung“ Teil der Aufgaben von Hochschuldidaktik, denn es geht ja um Lehren und Lernen an der Hochschule. Damit scheint ein erster Zugang zu einer Didaktik der wissenschaftlichen Weiterbildung über die Hochschuldidaktik mehr als offensichtlich. Jedoch findet eine intensive Auseinandersetzung mit wissenschaftlicher Weiterbildung aus der Perspektive der Hochschuldidaktik kaum statt, so dass Johannes Wildt im Interview mit Wolfgang Jütte (2014, S. 9) die wissenschaftliche Weiterbildung als vergessenes Feld der Hochschuldidaktik bezeichnet. Hintergrund dieser Feststellung ist die Tatsache, dass sich Hochschuldidaktik oft auf das grundständige Studium und dessen Herausforderungen beschränkt. Im Fokus der Auseinandersetzung von hochschuldidaktisch Professionellen und Forschenden stehen meist Lehrende in der Hochschulweiterbildung, die Struktur der Hochschulweiterbildung, Aufgaben und die Frage nach Unterstützungsbedarf (Reinmann 2011; Braun et al. 2014; Cendon 2018). Und diese Auseinandersetzung findet meist auf Ebene des grundständigen Studiums statt, d. h. es geht um eine Professionalisierung Lehrender an der Hochschule, meistens ohne sich auf die unterschiedlichen Bildungsformate an einer Hochschule zu beziehen. Im Fokus der meisten Lehrzertifikate und hochschuldidaktischer Angebote steht Lehren und Lernen an der Hochschule als Thema, welches sich in Vorlesungen, Seminaren, Laborarbeiten, Übungen oder Exkursionen mit Studierenden zeigt. Und Studierende sind dann meist grundständig Studierende, wobei sich in den letzten Jahren auch hier die Diskussionen über nicht-traditionell Studierende oder zunehmende Heterogenität der Studierendenschaft drehen. Nimmt man Hochschuldidaktik als Auseinandersetzungsform mit allen Ebenen von Lehre in den Blick (vgl. Flechsig 1975), so kommen über die bisher genannten Aufgabenfelder von Hochschuldidaktik weitere (Reflexions-)Aufgaben – insbesondere für die wissenschaftliche Weiterbildung – hinzu: Relevant ist aus hochschuldidaktischer Perspektive insbesondere eine Verschränkung zwischen Theorie und Praxis auf allen Ebenen des didaktischen Handelns (Mikro-, Meso- und Makroebene), d. h. einer Verschränkung von Anforderungen wissenschaftlichen Arbeitens und Handelns auf der einen Seite und der Integration von berufspraktischen Erfah-

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rungen auf der anderen Seite. „Einerseits geht es darum, eine Kompatibilität des Angebots mit familiären, sozialen und beruflichen Verpflichtungen aus zeitorganisatorischer Perspektive zu ermöglichen. Zum anderen geht es darum, dass Lehrinhalte und -methoden bestehende berufliche Erfahrungen und Kontexte wie auch perspektivisch angestrebte Berufsfelder und -tätigkeiten einbeziehen“ (WolffBendik und Kerres 2013, S. 241). Dies betrifft allerdings nicht nur die Frage der inhaltlichen Gestaltung, sondern auch zum Beispiel Fragen nach der Gestaltung von Prüfung (Salland und Rumpf 2018) oder Zertifizierung von Weiterbildungsangeboten (Braun et al. 2014). Darüber hinaus geht es unter hochschuldidaktischer Perspektive auch darum, aus Sicht der wissenschaftlichen Weiterbildung ebenso den Anforderungen der Bildungsinstitution – einer Bildung durch Wissenschaft – gerecht zu werden. Für die wissenschaftliche Weiterbildung stehen damit verschiedene Fragen im Vordergrund (vgl. auch AfH 2007): Welche Ziele werden in der wissenschaftlichen Weiterbildung angestrebt? Wie „praktisch“ soll oder darf wissenschaftliche Weiterbildung sein? Wo schließt diese Bildung an, was meint wissenschaftlich, was meint „Weiter-“ in der wissenschaftlichen Weiterbildung? Damit sind auch Fragen verbunden nach dem Verhältnis der verschiedenen Studienstufen zueinander, nach der Verknüpfung von formaler Weiterbildung und informellem Lernen (zum Beispiel im Beruf) oder grundsätzlich nach der dahinterstehenden Logik der Graduierung. Und zuletzt stellt sich die Frage, wie sich das „Universitäre“ realisieren und erfahrbar machen lässt und wie die Besonderheit der universitären Lehre – die betonte Forschungsorientierung – in der Weiterbildung berücksichtigt wird. In den letzten Jahren wird innerhalb der Hochschuldidaktik auch eine stärkere Fachorientierung sichtbar und die Frage ist, wie sich eine stark fachbezogene Hochschuldidaktik (Huber 2011) auf die Diskussionen wissenschaftlichen Weiterbildung übertragen lässt und wo diese Übertragung aufgrund der Besonderheiten (vgl. Abschn. 1.2) ihre Grenze findet und neue Formen gefunden werden müssen.

2.2

Didaktik der Wissenschaftlichen Weiterbildung aus Sicht der Erwachsenenpädagogik

Die erwachsenenpädagogische Perspektive auf wissenschaftliche Weiterbildung widmet sich genuin der Frage, wie Auseinandersetzungsformen in der wissenschaftlichen Weiterbildung gestaltet werden müssen unter der Prämisse, dass es sich bei den Teilnehmenden um Erwachsene handelt (Bittner 2001). Während das zwar auch auf die grundständigen Studierenden zutrifft, ist auffällig, dass die Hochschuldidaktik eher an schulpädagogischen Perspektiven adaptiert. Obwohl die erwachsenenpädagogische Perspektivierung wissenschaftlicher Weiterbildung mit Begründung einer besonderen Zielgruppe einleuchtet, birgt sie doch eine gewisse Herausforderung für die wissenschaftliche Weiterbildung. So konstatiert Egger (2015, S. 109), „dass die einzelnen Didaktikvorstellungen in der Universität vor allem von den wissenschaftlichen Fachlogiken (structure of the discipline) und in der Erwachsenenbildung von der lebensgeschichtlichen Erfahrungsaufschichtung und den Ziel-

Didaktik der wissenschaftlichen Weiterbildung

413

gruppen her geprägt sind“. So fokussiere der erwachsenenpädagogische Blick auf die wissenschaftliche Weiterbildung das (lebenslange) Lernen Erwachsener als Notwendigkeit und fragt danach, welche Besonderheiten sich daraus auch für erwachsene Lernende ergeben (Pientka et al. 2016; Arnold et al. 2017). Relevant wird dies in der wissenschaftlichen Weiterbildung zum Beispiel hinsichtlich der konkreten Gestaltung von Maßnahmen und Formaten (Molzberger und Pätzold 2017; Baumhauer 2017), aber auch die Frage von Zielgruppenadäquatheit und Lernformen, insbesondere unter dem Aspekt des Umgangs mit Heterogenität (vgl. Seitter et al. 2015) aber auch Anforderungen wie Beruflichkeit und/oder Pflegeaufgaben. Ebenso wird diskutiert, wie man wissenschaftliche Weiterbildung zwischen Nachfrage- und Teilnehmerorientierung an der Hochschule gestalten kann (z. B. Jütte 2008).

2.3

Didaktik der Wissenschaftlichen Weiterbildung aus Sicht des Fernstudiums

Insbesondere im englischsprachigen Diskurs wird wissenschaftliche Weiterbildung auch zusammengebracht mit Fragen des Fernstudiums gedacht, insbesondere dann, wenn es um didaktische Fragestellungen und (online) Lehr-Lernmaterial geht (Hedderich 2014; von Korflesch und Lehmann 2017). Allerdings gibt es zwischen beiden Unterschiede, denn das Fernstudium ist erst mal ‚nur‘ ein Bildungsformat (Peters 1997) und damit unabhängig von Sektoren, während wissenschaftliche Weiterbildung meist genuin an die Hochschule geknüpft ist. Infolgedessen ist die Frage nach der didaktischen Gestaltung des Fernstudiums eine, die nur einen Teil der Diskussion um Didaktik der wissenschaftlichen Weiterbildung abdeckt (Dieckmann et al. 2017). Ein Zusammenführen der Diskurse ist vor allem historisch erklärbar, griffen und greifen viele Angebote der wissenschaftlichen Weiterbildung aufgrund ihrer besonderen Zielgruppe auf Formate des Fernstudiums zurück (vgl. Beitrag von Zawacki-Richter und Stöter in diesem Band): Zu Beginn noch mit klassischen Studienbriefen, dann aber auch recht schnell unter Zuhilfenahme je aktueller Medien, von Radiosendungen bis hin zum Internet (Dieckmann und Zinn 2017). Unter der Perspektive von Digitalisierung ist damit auch der gesonderte Diskurs um Fernstudium, distance education und online learning environments anschlussfähig an die Diskussion um wissenschaftliche Weiterbildung, insbesondere im angloamerikanischen Raum. Präsent sind damit aus Sicht des Fernstudiums auch Diskussionen über die Rolle von Lehr-Lernmaterialien (Wanken und Schusterová 2014; Pätzold und Ulitzsch 2017).

2.4

Zusammenfassung

Alle drei disziplinären Blickwinkel zeigen, dass sich Fragestellungen rund um eine Didaktik der wissenschaftlichen Weiterbildung aus unterschiedlichen Perspektiven konturieren lassen, in der jede Perspektive eine eigene Schwerpunktsetzung fokus-

414

M. Schiefner-Rohs

Abb. 2 Diskurse um Fragen zur Didaktik der wissenschaftlichen Weiterbildung

siert (vgl. Abb. 2): Die Hochschuldidaktik betrachtet die Gestaltung des Studiums von der konkreten Lehr-Lernsituation bis hin zu Makrobedingungen auf Ebene der Hochschule. Die Erwachsenenbildung fokussiert meist auf die Perspektive der Studierenden und ihre Bedingungen im Lebenslauf in Bezug zur wissenschaftlicher Weiterbildung, während das Fernstudium eher auf den Modus von Vermittlung und Aneignung legt. Zielführend ist es daher, das Feld der wissenschaftlichen. Weiterbildung als ein integratives Feld zu begreifen, in dem, ähnlich wie bei einem Prisma, verschiedene Perspektiven ein buntes Bild ergeben (können). Dies impliziert aber auch, dass das Feld hier alles andere als homogen ist, so dass an dieser Stelle konstatiert werden kann, dass die Perspektive einer „Didaktik der wissenschaftlichen Weiterbildung“ als kohärentes Feld nicht einlösbar ist. Zudem gibt es in der Diskussion um didaktische Fragestellungen auch Blinde Flecken, die bisher eher selten diskutiert werden und die im Fokus des nächsten Kapitels stehen.

3

Blinde Flecken

Blinde Flecken zeichnen sich dadurch aus, dass Informationen dort nicht wahrgenommen werden können und das Auge in der Wahrnehmung diese in Form von Erinnerungsbildern automatisch ergänzt. So kann das Thema ‚Didaktik der wissenschaftlichen Weiterbildung‘ schon als blinder Fleck in der Diskussion um wissenschaftliche Weiterbildung thematisiert werden, denn zumeist geht es um andere Themen: So zum Beispiel um den Wandel der Angebots- und Teilnehmerstruktur, um Modelle der Einbindung wissenschaftlicher Weiterbildung an Hochschulen, um Finanzierungsformen und Geschäftsmodelle, um Ansätze einer bedarfsorientierten Angebotsplanung, Qualitätsmanagementmodelle und Evaluierungskonzepte oder um die Rolle von Hochschulen in regionalen Bildungsnetzen.

Didaktik der wissenschaftlichen Weiterbildung

415

Aber auch den Diskursen um eine Didaktik der wissenschaftlichen Weiterbildung sind blinde Flecken inhärent, die sich nicht nur mit den Blickwinkeln unterschiedlicher Disziplinen erklären lassen. Zwei davon werden im Folgenden angerissen.

3.1

Professionalisierung von Lehrenden

Versteht man Didaktik der wissenschaftlichen Weiterbildung ebenso wie die Hochschuldidaktik breit, dann geht diese über Fragen der konkreten Angebote oder Lehrformen hinaus. So unterscheidet Flechsig (1975) die Makroebene als organisatorische, finanzielle, personelle und konzeptionelle Rahmenbedingungen der Hochschule; die Mesoebene als die Ebene der Studiengänge und Teilbereiche der Studiengänge sowie die Mikroebene als die Ebene der einzelnen Lehrveranstaltung und Lehrsituation. Wissenschaftliche Weiterbildung ist immer auch das Handeln zwischen dem Referenzsystemen Wissenschaft-Bildung-Praxis bzw. Gesellschaft. Diese Trias ist in der konkreten Gestaltung, nimmt man einen breiten Blick von Hochschuldidaktik von der Makro- bis zur Mikroebene ein, oftmals Leerstelle in Diskursen um eine Didaktik wissenschaftlicher Weiterbildung sowie in der Professionalisierung von Lehrenden: Professionalisierungsdiskurse werden meist ganz allgemein über Lehrende an Hochschulen geführt. Nimmt man aber Ernst, dass sich die wissenschaftliche Weiterbildung insbesondere dadurch unterscheidet, dass sie in der Lehre nicht fachsystematisch agiert und Dozierende auch in Lehrfragen in der eigenen Disziplin sozialisiert werden, macht es durchaus Sinn, sich hier Gedanken um eine adäquate Professionalisierung der Lehrenden zu machen. Daran anschließend ergibt sich die Frage danach, wie dieses Spannungsfeld zwischen den Referenzsystemen Wissenschaft-Bildung-Praxis auch im Handeln der Lehrenden sichtbar wird. Denn – allerdings ähnlich wie im grundständigen Studium – gibt es kaum Professionalisierungsangebote für die Gestaltung wissenschaftlicher Weiterbildung. Zwar haben viele Hochschulen mittlerweile neue Rollen geschaffen (z. B. Programmverantwortliche oder Studiengangmanager*innen), deren Professionalisierung ist allerdings bisher eher marginal im Bewusstsein. Insbesondere hochschuldidaktische Angebote fokussieren meist Dozierende (der grundständigen Angebote). Die Perspektiven der spezifischen Studierendengruppe, der spezifischen Inhalte und Zielorientierung ist dann unter hochschuldidaktischer Perspektive auch Teil einer Professionalisierung der Lehrenden und ‚academic staff development‘ auch im Bereich wissenschaftlicher Weiterbildung wird genuiner Teil hochschuldidaktischer Tätigkeit.

3.2

Forschungsorientierung

Ein weiterer blinder Fleck ist die Thematisierung von Forschungsorientierung in der Gestaltung der wissenschaftlichen Weiterbildung. Während diese als aktuelles Thema des grundständigen Studiums von der Studieneingangsphase bis hin zum Master immer mehr Relevanz und Aufmerksamkeit erhält, wird dieses Thema innerhalb der wissenschaftlichen Weiterbildung bisher eher marginal diskutiert. So

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fehlen zum Beispiel Auseinandersetzungen darüber, welchen Stellenwert Forschungsorientierung in der Gestaltung von Weiterbildungsstudiengängen spielen kann, welche Form von Forschung auch unter Gestaltungsaspekten für wissenschaftliche Weiterbildungsformate prädestiniert wäre oder welche Kompetenzen auf Seiten der Dozierenden und Studierenden damit notwendig sind (vgl. Abschn. 3.1). Forschungsorientierung findet damit in der wissenschaftlichen Weiterbildung bisher eher rezeptiv statt, indem Inhalte aus der Forschung aufbereitet werden. So weist Ortfried Schäffter darauf hin: „Solange also pädagogische Dienstleistung im Wissenschaftssystem weitgehend instrumentell auf den Transfer von disziplinär erzeugten Wissensbeständen verstanden wird, kann das konstitutive Spannungsverhältnis zwischen der Weiterbildungspraxis und einer das wissenschaftliche Wissen in den Verwendungssituationen generierenden Forschungspraxis gar nicht erst auf der Bildfläche erscheinen.“ (Schäffter 2017, S. 226). Gerade in der Gestaltung wissenschaftlicher Weiterbildungsangebote könnte Forschungsorientierung als curriculares Prinzip helfen, die besondere Situation der wissenschaftlichen Weiterbildung zu verdeutlichen. Eine gewisse Offenheit der Lehrenden und Studierenden dafür ist jedoch essenziell, denn: „Ohne Wissbegier oder wenigstens die Bereitschaft, sich erst einmal auf eine Frage einzulassen, funktioniert Forschendes Lernen nicht, und es ist schwer, Studierende zu ihrem Glück zwingen zu wollen“ (Huber 2009, S. 27). So wissen wir aus der Analyse beispielsweise von Abschlussarbeiten in der wissenschaftlichen Weiterbildung, dass die Anforderungen an wissenschaftliche Weiterbildung zwischen der Perspektive der Studierenden (Wunsch nach hohem Praxisbezug) und der Perspektive der Hochschule (Anforderung eines starken Wissenschaftsbezuges) zu Dilemmata führen kann (Lermen et al. 2016). Es zeigt sich in den empirischen Daten, dass sich die Gestaltung wissenschaftlicher Weiterbildung bisher in den Anforderungen an studentische Arbeiten kaum von den grundständigen Studienanforderungen unterscheidet. Mit der angestrebten Verbindung von einem auf die Berufspraxis ausgerichteten Studiums auf der einen Seite und dem stärkeren Wissenschaftsbezug des forschenden Lernens auf der anderen Seite kann zudem eine Motivation für außeruniversitäre Einrichtungen begründet werden, vermehrt die Weiterbildung ihrer Mitarbeitenden zu nutzen: „Vielmehr ließen sich berufsbezogene Anforderung in eine wissenschaftliche Ausbildung in dem Sinne integrieren, dass wissenschaftliches Wissen und Können für berufsrelevante Problemstellungen fruchtbar gemacht werden“ (Reinmann 2009, S. 49). Daran anknüpfend sind Überlegungen anzustellen, welche Auswirkungen eine stärkere Verbindung zwischen Theorie und Praxis für das Curriculum und die Begutachtung bzw. die Anforderungen an Abschlussarbeiten in Programmen der wissenschaftlichen Weiterbildung beinhaltet.

4

Fazit: Didaktik der wissenschaftlichen Weiterbildung als ‚parzelliertes Feld‘

Didaktik zu adressieren bedeutet, sich mit Lehren und Lernen auseinanderzusetzen, von der Zielgruppe, der Lerninhalte, Planung, Durchführung sowie Evaluation und Reflexion, aber auch Perspektiven der jeweiligen Bildungsinstitution in den Blick zu

Didaktik der wissenschaftlichen Weiterbildung

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nehmen. Eine Didaktik der wissenschaftlichen Weiterbildung unterscheidet sich demnach von der Didaktik des Erststudiums, aber auch von der Allgemeinen Erwachsenenbildung, indem sie die drei Bestimmungsstücke der wissenschaftlichen Weiterbildung (d. h. einer Verschränkung von Anforderungen wissenschaftlichen Arbeitens und Handelns auf der einen Seite und der Integration von berufspraktischen Erfahrungen auf der anderen Seite, sowie die Anforderungen der Bildungsinstitution) in den Blick nimmt. Bezüge dazu finden sich allerdings in unterschiedlichen Disziplinen: die Hochschuldidaktik ist ebenso daran beteiligt wie auch die Erwachsenenbildung sowie Diskurse des Fernstudiums. Somit ist die Frage danach, was eine „Didaktik der wissenschaftlichen Weiterbildung“ auszeichnet bzw. wie diese Didaktik genau aussehen sollte oder in welches Verhältnis didaktische Fragestellungen gesetzt werden, aus unterschiedlichen Diskursen mit unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen ausgedeutet. Daher kann die Frage nach der wissenschaftlichen Weiterbildung als ähnlich verschlungenes Feld bezeichnet werden wie dies Forneck und Wrana (2005) für die Erwachsenenbildung festhielten. Bei all den Auseinandersetzungsformen fällt allerdings auf, dass es mindestens zwei blinde Flecken in den Diskursen gibt: die Professionalisierung von Lehrenden und die Gestaltung unter Perspektive von Forschungsorientierung. Hier scheint es so, dass es Entwicklungs- und Gestaltungsbedarfe gibt, die auch unter Perspektivierung wissenschaftlicher Weiterbildung weiterbearbeitet werden sollten.

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Didaktik der wissenschaftlichen Weiterbildung

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Anerkennung und Anrechnung außerhochschulisch erworbener Kompetenzen in der wissenschaftlichen Weiterbildung Nico Sturm

Inhalt 1 Bedeutung der Anerkennung und Anrechnung außerhochschulisch erworbener Kompetenzen für die wissenschaftliche Weiterbildung – eine Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Rechtliche Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Funktionen von Anrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Anrechnungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Implementierungsgrad von Anrechnungsverfahren an Hochschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Besondere Herausforderungen für Hochschulen – ein Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Zusammenfassung

Mit dem Bedeutungszuwachs des Feldes der wissenschaftlichen Weiterbildung an öffentlichen Hochschulen hat auch der Bedarf an Verfahren zur Anerkennung und Anrechnung außerhochschulisch erworbener Kompetenzen zugenommen. Um nicht-traditionellen Zielgruppen den Zugang zu weiterbildenden Studienprogrammen zu ermöglichen sowie diese Programme attraktiv für die adressierten Zielgruppen zu gestalten, sehen sich die Hochschulen mit der Notwendigkeit konfrontiert, entsprechende Verfahren zu entwickeln und nachhaltig zu verstetigen. Schlüsselwörter

Wissenschaftliche Weiterbildung · Öffnung der Hochschulen · Anerkennung · Anrechnung · Außerhochschulisch erworbene Kompetenzen

N. Sturm (*) Fachbereich Erziehungswissenschaften, Philipps-Universität Marburg, Marburg, Deutschland E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 W. Jütte, M. Rohs (Hrsg.), Handbuch Wissenschaftliche Weiterbildung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-17643-3_22

421

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1

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Bedeutung der Anerkennung und Anrechnung außerhochschulisch erworbener Kompetenzen für die wissenschaftliche Weiterbildung – eine Einführung

Seit nunmehr einer Dekade sehen sich Hochschulen mit der Forderung konfrontiert „ihren Beitrag und ihre Rolle im Kontext des lebenslangen Lernens zu stärken, das heißt Zugänge und Möglichkeiten zur erfolgreichen Teilnahme an hochschulischen Lern- und Bildungsprozessen zu erweitern [. . .]“ (Dollhausen 2015, S. 334). Den Forderungen der Bologna-Nachfolge-Konferenz 2003 „die Anerkennung früher erworbener Kenntnisse zu verbessern“ (Vogt 2012, S. 171) und als integralen Bestandteil innerhalb der Aktivitäten der Hochschulen zu verankern (vgl. Freitag 2010, S. 12) und Londoner Kommuniqé (2007) Anerkennung und Anrechnung außerhochschulisch erworbener Kompetenzen, sowohl für den Hochschulzugang als auch zur Verkürzung des zu studierenden Workloads, zu nutzen (vgl. Hanft und Maschwitz 2012, S. 115) wurde in der Breite der deutschen Hochschullandschaft bisher nur sehr zögerlich nachgekommen. Mit dem Bedeutungsgewinn der wissenschaftlichen Weiterbildung, verstärkt durch die von Bund und Ländern aufgelegten Förderprogramme,1 hat auch die Frage nach der Durchlässigkeit in einem vernetzten Bildungssystem2 und damit verbunden die Thematik der Anerkennung und Anrechnung außerhochschulisch erworbener Kompetenzen eine deutlich stärkere Aufmerksamkeit erfahren. Katalysiert durch die Notwendigkeit nicht-traditionell Studierenden den Zugang zu weiterbildenden Studienprogrammen zu ermöglichen sowie diese Programme entsprechend den Bedürfnissen der neuen Zielgruppen attraktiv zu gestalten, sehen sich die Hochschulen damit konfrontiert, Verfahren zur Anerkennung und Anrechnung außerhochschulisch erworbener Kompetenzen zu entwickeln und organisational zu verankern. Doch damit dies gelingen kann, bedarf es unterschiedlicher vorgelagerter organisationaler Klärungsprozesse und Vorüberlegungen. So ist eine Homogenisierung der vielfältigen Verständnisse der zentralen Begrifflichkeiten ‚Anerkennung‘ und ‚Anrechnung‘ vorzunehmen. Unterschiedliche Definitionen sowohl mit externen Akteurinnen und Akteuren, als auch zwischen hochschulinternen Organisationseinheiten und Funktionsstellen können für folgenreiche Irritationen sorgen. Darüber hinaus sind die jeweils rechtsverbindlichen Vorgaben zu identifizieren und ggf. durch eigene hochschulische Rahmenbedingungen weiter auszudifferenzieren. Je nach programmatischen Setzungen kann die Anerkennung und Anrechnung außer-

1

Exemplarisch sei hier auf den seit 2011 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Bund-Länder-Wettbewerb „Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen“ hingewiesen (vgl. hierzu: http://www.wettbewerb-offene-hochschulen-bmbf.de/). 2 Der Einsatz von Verfahren zur Anerkennung und Anrechnung außerhochschulisch erworbener Kompetenzen kann die Durchlässigkeit im Bildungssystem erhöhen. Für eine weiterführende Diskussion zur Einordnung von Hochschulzugang und Hochschulzulassung für die Durchlässigkeit sowie zu Differenzen zwischen sozialer und struktureller Durchlässigkeit und der Bedeutung von Durchlässigkeit vor dem Hintergrund verschiedener Studiengangformate siehe den Beitrag von Freitag in diesem Band.

Anerkennung und Anrechnung außerhochschulisch erworbener Kompetenzen . . .

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hochschulisch erworbener Kompetenzen unterschiedliche Funktionen erfüllen. Demnach bedarf es vor der Wahl eines Anrechnungsverfahrens einer Entscheidung darüber, welche Ziele mit dem Einsatz dieses Verfahrens verfolgt werden. Auf der Grundlage der definierten Ziele, der jeweiligen hochschulischen Rahmenbedingungen und unter Berücksichtigung der zu erwartenden Zielgruppe können daraufhin konkrete Verfahren zur Anerkennung und Anrechnung ausgewählt und entsprechend der Spezifika des jeweiligen Studienprogramms passgenau entwickelt werden. Als Voraussetzung für eine nachhaltige Implementierung der gewählten Anrechnungsverfahren in die Hochschulstrukturen ist die Sicherstellung bzw. Schaffung notwendiger intraorganisationaler Rahmenbedingungen zu beachten. Unbearbeitete organisationsstrukturelle und organisationskulturelle Aspekte wirken hemmend auf das Ziel einer nachhaltigen Verankerung von Anrechnungsverfahren. Der vorliegende Beitrag stellt die jeweils wesentlichen Aspekte zu den skizzierten Punkten dar und will so das Feld in seiner Vielschichtigkeit sichtbar werden lassen. Dazu wird in einem ersten Schritt eine Bestimmung der zentralen Begrifflichkeiten vorgenommen (2). Daran anschließend wird in einem zweiten Schritt ein Überblick über die wesentlichen rechtlichen Rahmenbedingungen gegeben (3). In einem dritten Schritt werden die unterschiedlichen Funktionen von Anrechnung vorgestellt (4), bevor darauf aufbauendend in einem vierten Schritt verschiedene Formen von Anrechnungsverfahren sowie mögliche Einsatzszenarien dargestellt werden (5). In einem fünften Schritt wird der Forschungsstand zur mangelnden organisationalen Umsetzung und nachhaltigen Implementierung von Anrechnungsverfahren zusammengefasst (6) um in einem letzten Schritt notwendige organisationale Transformationsprozesse als Voraussetzungen für eine organisationale Verankerung von Anerkennungs- und Anrechnungsverfahren zu bennenen (7).

2

Begriffsbestimmung

Um ein einheitliches Verständnis sicherzustellen, werden im Folgenden die für den vorliegenden Beitrag zentralen Begrifflichkeiten erläutert. Dies ist besonders vor dem Hintergrund unterschiedlicher Definitionen der Begriffe ‚Anerkennung‘ und ‚Anrechnung‘ notwendig. Darüber hinaus werden die unterschiedlichen Kategorien von Kompetenzen aufgegriffen.

2.1

Anerkennung und Anrechnung

Das „Gesetz zu dem Übereinkommen vom 11. April 1997 über die Anerkennung von Qualifikationen im Hochschulbereich in der europäischen Region“ (im Folgenden ‚Lissabon-Konvention‘ genannt) berücksichtigt zwar ausschließlich hochschulisch erworbene Kompetenzen. Dennoch bildet es einen zentralen Orientierungspunkt für die Entwicklung von Verfahren zur Anerkennung und Anrechnung außerhochschulisch erworbener Kompetenzen auf Studienprogramme (vgl. Abschn. 4.1) und damit auch auf die Adaptierung der Begrifflichkeiten. In der Lissabon-Konvention wird ausschließlich

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der Begriff der ‚Anerkennung‘ verwendet. Er beschreibt die Feststellung der Gleichwertigkeit von, in Mitgliedsstaaten erworbenen, hochschulischen Kompetenzen: (1) Entscheidungen über die Anerkennung werden auf der Grundlage angemessener Informationen über die Qualifikationen getroffen, deren Anerkennung angestrebt wird. (Artikel III.3 Lissabon-Konvention) Die Initiative der OECD „Recognition of Non-formal and Informal Learning“ an der sich 22 Länder beteiligten, um die Rahmenbedingungen und Verfahren zur Anerkennung von nicht-formalem und informellem Lernen zu erfassen, nutzt den Begriff der ‚Anerkennung‘ (recognition) um die Feststellung der Gleichwertigkeit von hochschulisch und außerhochschulisch erworbenem Wissen zu erfassen (vgl. Werquin 2010). Auf der Grundlage dieses Verständnisses wurde der Begriff der ‚Anerkennung‘ zur Feststellung der Gleichwertigkeit in der nationalen Diskussion adaptiert. Ergänzt wurde er durch den Begriff der ‚Anrechnung‘. Dieser beschreibt das Ersetzen von Studieninhalten durch außerhochschulisch erworbene Kompetenzen. Der sich daraus ergebende Prozessablauf, dass außerhochschulisch erworbene Kompetenzen zunächst als zu hochschulisch erworbenen Kompetenzen gleichwertig anzuerkennen sind, bevor sie auf Studienprogramme angerechnet werden können (und damit den zu studierenden Workload reduzieren), hat sich sowohl auf politischer Ebene als auch in der wissenschaftlichen Diskussion etabliert. So legt die Kultusministerkonferenz (KMK) in allen, für das Feld der außerhochschulisch erworbenen Kompetenzen wesentlichen Beschlüssen dieses Begriffsverständnis zugrunde (vgl. KMK 2002, 2008a, 2010). Die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) folgt in Ihren Positionen diesem Begriffsverständnis (vgl. HRK 2009) genauso wie auch das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) (vgl. Vogel 2017). In der Konsequenz der begrifflichen Adaptierung aus dem internationalen Kontext und deren Überführung in ländergemeinsame Strukturvorgaben, Empfehlungen und Auslegungshinweise, haben diese Begriffsverständnisse auch in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Thematik Berücksichtigung gefunden (vgl. Birkner und Damm 2015; Hanak und Sturm 2015a, b; Hanft et al. 2015; Luft et al. 2018; Gröger und Schumacher 2018; Maier 2018). Im Jahr 2015 hat das von der HRK initiierte Projekt „nexus – Übergänge gestalten, Studienerfolg verbessern“3 eine abweichende Definition der Begrifflichkeiten vorgenommen und sich damit vom bisherigen Begriffsverständnis der HRK distanziert (HRK 2009).4 Demnach bezieht sich ‚Anerkennung‘ ausschließlich auf hochschulisch erworbene Kompetenzen, während die Definition ‚Anrechnung‘ aus3

Die HRK hat mit Förderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) das Projekt „nexus – Übergänge gestalten, Studienerfolg verbessern“ initiiert, um die Hochschulen bei der Weiterentwicklung der Studienprogramme und dem Ausbau der Studienqualität zu unterstützen. Für mehr Informationen zu dem Projekt siehe www.hrk-nexus.de. 4 Weitere Beschlüsse der HRK unter Rückgriff auf die ursprüngliche Definition (siehe: BMBF, KMK & HRK (2003)).

Anerkennung und Anrechnung außerhochschulisch erworbener Kompetenzen . . .

425

schließlich außerhochschulisch erworbene Kompetenzen abdeckt.5 Da die von ‚nexus‘ vorgenommenen Definitionen sowohl im Widerspruch zu den bisherigen Entwicklungen stehen, als auch in ihrer Formulierung für Irritationen sorgen und in ihrer Justiziabilität in Frage gestellt werden müssen,6 wird in dem vorliegenden Beitrag die eingangs eingeführte Definition von Anerkennung und Anrechnung zugrunde gelegt, die sich wie folgt konkretisieren lässt. Anerkennung: Prüfung (außer-)hochschulisch erworbener Kompetenzen auf ihre Gleichwertigkeit zu den in einem Studienprogramm vermittelten Kompetenzen. Anrechnung: Vorgang des Ersetzens einer oder mehrerer Studien- und Prüfungsleistungen durch (außer-)hochschulisch erworbene Kompetenzen, die zuvor als gleichwertig anerkannt wurden.

2.2

Kompetenzen

Für das Feld der Anerkennung und Anrechnung ist die Art der Kompetenz von Relevanz. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften unterscheidet zwischen drei grundlegenden Kategorien „zweckmäßiger Lerntätigkeiten“ (Kommission der Europäischen Gemeinschaften 2000, S. 9). Demnach wird zwischen formal, non-formal und informell erworbenen Kompetenzen unterschieden. Diese, dem vorliegenden Beitrag zugrunde liegenden, Kategorien werden im Folgenden skizziert und anhand von Beispielen eingeordnet. Formal erworbenen Kompetenzen beschreiben Kompetenzen, die in Bildungsund Ausbildungseinrichtungen in Programmen unter professioneller Leitung zielgerichtet erworben wurden und zu anerkannten Abschlüssen und Qualifikationen führen (vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften 2000, S. 9, 2001, S. 33). Hierunter fallen beispielsweise Abschlüsse und Weiterbildungen der beruflichen Bildung. Unter non-formal erworbenen Kompetenzen werden Fähigkeiten und Fertigkeiten zusammengefasst, die außerhalb der Hauptsysteme der allgemeinen und beruflichen Bildung zielgerichtet erworben wurden und nicht zwingend evaluiert werden bzw. zu einem formalen Abschluss führen. Orte des non-formalen Kompetenzerwerbs können Volkshochschulen, Sprachschulen und Fortbildung am Arbeitsplatz

5

Für die vollständigen Definitionen im Wortlaut (siehe https://www.hrk-nexus.de/glossar-der-studi enreform/begriff/anerkennung/3954/ (für Anerkennung) und https://www.hrk-nexus.de/glossarder-studienreform/begriff/anrechnung/2329/ (für Anrechnung)). 6 In der Definition zu ‚Anrechnung‘ heißt es: „Die Hochschulen sind verpflichtet, außerhochschulisch erworbene Kompetenzen bis zu 50 Prozent der Studienleistungen anzuerkennen. Entsprechende Regelungen sind in den Prüfungsordnungen zu verankern.“ Zum einen werden die Begriffe Anerkennung und Anrechnung die hochschulische von außerhochschulischen Kompetenzen abgrenzen sollen hier miteinander vermischt. Zum anderen kann die Aussage bezüglich der Verpflichtungen der Hochschulen bis zu 50 Prozent der Studienleistungen anzuerkennen keinesfalls als juristisch gesichert betrachtet werden (vgl. Abschn. 3.3 dieses Beitrages).

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oder in zivilgesellschaftlichen Institutionen sein (vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften 2000, S. 9, 2001, S. 35). Unter informell erworbenen Kompetenzen werden Kompetenzen subsumiert, die außerhalb von formalisierten Lernsettings unbeabsichtigt erworben wurden, z. B. bei Tätigkeiten im Berufsleben, in der Familie oder bei Freizeitaktivitäten (vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften 2000, S. 9–10, 2001, S. 33).

3

Rechtliche Rahmenbedingungen

Das föderalistisch organisierte Staatssystem der Bundesrepublik Deutschland legt die Kulturhoheit in die Zuständigkeit der einzelnen Bundesländer (Art. 30 GG) und räumt ihnen damit die Möglichkeit zu einer eigenständigen Gesetzgebung ein (Art. 70 GG). Daraus ergeben sich für das Schul-, Hochschul- und sonstige Erziehungswesen teils bundesländerspezifische rechtliche Vorgaben. Für das Feld der Anerkennung und Anrechnung außerhochschulisch erworbener Kompetenzen finden diese ihren Ausdruck in den Landeshochschulgesetzen der einzelnen Bundesländer. Diese Rahmenbedingungen erschweren eine allgemeingültige Darstellung der rechtlichen Vorgaben erheblich. Im Folgenden wird ein Überblick über die zentralen Beschlüsse und Vorgaben auf europäischer, nationaler und der Ebene der Bundesländer gegeben.7

3.1

Europarechtliche Regelungen

Schon seit Jahrzehnten gibt es europäische Bemühungen auf der Ebene der Hochschulen einheitliche Standards bei der Anerkennung und Anrechnung von Kompetenzen zu schaffen. Während in früheren Beschlüssen mit der gegenseitigen Anerkennung von Hochschulzugangsberechtigungen (Europarat 1953, 1964) entweder die formale Zulassung zu Studienprogrammen geregelt wurde oder mit der Anerkennung von in anderen Vertragsstaaten vergebenen akademischen Graden (Europarat 1959) sowie der gegenseitigen Anrechnung von Studienleistungen auf Studiengänge (Europarat 1990, 1997) im Wesentlichen hochschulisch erworbene Kompetenzen im Fokus der Betrachtungen standen, fokussieren europäische Initiativen seit Beginn dieses Jahrtausends auch vermehrt das Feld der außerhochschulisch erworbenen Kompetenzen. Dazu tragen im Wesentlichen drei Strategien europäischer Bildungspolitik bei: die Strategie des Lebenslangen Lernens, der Kopenhagen-Prozess der beruflichen Bildung und der Bologna-Prozess (Freitag 2009, S. 12). Zwar beschäftigen sich alle drei internationalen Prozesse explizit mit der Anerkennung und Anrechnung außer7

Für eine umfassende Darstellung der bildungspolitischen Prozesse und daraus abgeleiteter rechtlicher Rahmenbedingung (siehe: Hanft et al. (2015), S. 6–60; Sturm (2016), S. 1–7; Hanak und Sturm (2015b) S. 11–18).

Anerkennung und Anrechnung außerhochschulisch erworbener Kompetenzen . . .

427

hochschulisch erworbener Kompetenzen,8 jedoch haben die gemeinsam erarbeiteten Positionen und formulierten Erklärungen keine rechtlich bindende Wirkung für die Staaten.9 Daher existiert bis heute keine europarechtliche Vorgabe zur Anerkennung und Anrechnung außerhochschulisch erworbener Kompetenzen, die obligatorisch in nationalstaatliches Recht zu überführen ist.

3.2

Nationale Regelungen

Auch auf nationaler Ebene finden sich keine Vorgaben zur Anerkennung und Anrechnung außerhochschulisch erworbener Kompetenzen in Gesetzesform. Zwar stellt die Lissabon-Konvention (Bundesregierung 2007) „juristisch für das Thema Anerkennung/Anrechnung (recognition) die zentrale Grundlage dar.“ (Freitag 2010, S. 14), allerdings umfasst es lediglich hochschulisch erworbene Kompetenzen. Stattdessen bieten eine Vielzahl von Empfehlungen und Vorgaben der Kultusministerkonferenz (KMK) Orientierung bei der Operationalisierung von Anerkennungsund Anrechnungsverfahren auf nationaler Ebene.10 So formuliert sie in einem Beschluss, dass außerhalb des Hochschulwesens erworbene Kompetenzen auf ein Studium angerechnet werden können, wenn diese „[. . .] nach Inhalt und Niveau dem Teil des Studiums gleichwertig sind, der ersetzt werden soll“ (KMK 2002, S. 1). Gelten diese Kriterien als erfüllt, sind „nachgewiesene gleichwertige Kompetenzen, die außerhalb des Hochschulwesens erworben wurden [. . .] bis zur Hälfte der für den Studiengang vorgesehenen Leistungspunkte anzuerkennen“ (KMK 2010, S. 3). In einem Folgebeschluss sieht die KMK die Hochschulen zwar dazu verpflichtet, „[. . .] von den bestehenden Möglichkeiten der Anrechnung Gebrauch zu machen und Verfahren und Kriterien für die Anrechnung außerhalb des Hochschulwesens erworbener Kenntnisse und Fähigkeiten in den jeweiligen Prüfungsordnungen zu entwickeln“(KMK 2008a, S. 3), gleichzeitig macht sie aber deutlich, dass: „die Hoch-

8

Für die Strategie des Lebenslangen Lernens siehe: Kommission der Europäischen Gemeinschaften, 2001. Für den Kopenhagen-Prozess siehe: The Copenhagen Declaration 2002. Für den Bologna-Prozess siehe: Rat der Europäischen Union 2012, S. 2, The European Higher Education Area 1999; Communiqué of the Conference of Ministers responsible for Higher Education 2003, S. 6; Communiqué of the Conference of Ministers responsible for Higher Education 2005, S. 5; London Communiqué 2007, Communiqué of the Conference of European Ministers Responsible for Higher Education 2009, S. 3. 9 Lediglich das „Übereinkommen über die Anerkennung von Qualifikationen im Hochschulbereich in der europäischen Region“ (Europarat 1997) ist rechtsverbindlich und wurde im Jahr 2007 in Gesetzesform überführt (Bundesregierung 2007). Dieses berücksichtigt jedoch ausschließlich die Anerkennung und Anrechnung hochschulisch erworbener Kompetenzen. 10 In diesem Beitrag finden lediglich die zentralsten Beschlüsse Berücksichtigung. Für weitere Empfehlungen und Vorgaben (siehe: BMBF, KMK & HRK 2003; DIHK & HRK 2008; KMK 2008b, 2009, 2011).

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schule in eigener Zuständigkeit darüber [entscheidet], ob und in welchem Umfang eine Anrechnung erfolgen kann“ (KMK 2008a, S. 3). Da sich die KMK als Instrument der Selbstkoordinierung versteht und keine Beschlüsse als Verfassungsorgan mit daraus folgenden Rechtswirkungen trifft, haben ihre Beschlüsse auch keine verbindliche Rechtswirkung.11 Demnach liegen neben der europäischen Ebene auch auf der nationalen Ebene keine rechtlich bindenden Vorgaben zur Anerkennung und Anrechnung außerhochschulisch erworbener Kompetenzen vor.

3.3

Bundeslandspezifische Regelungen

Orientiert an den vielfältigen Beschlüssen und Empfehlungen der KMK haben die 16 Bundesländer unterschiedliche Regelungen zur Anerkennung und Anrechnung außerhochschulisch erworbener Kompetenzen in Gesetzesform überführt. Bereits bei der Betrachtung der Definitionen der Begriffe ‚Anerkennung‘ und ‚Anrechnung‘ wird deutlich, dass die Landeshochschulgesetze teils voneinander abweichende Begrifflichkeiten verwenden.12 Die unterschiedliche Ausgestaltung in den einzelnen Landeshochschulgesetzen soll im Folgenden exemplarisch anhand eines Beispiels verdeutlicht werden. Wie bereits dargelegt, sind „nachgewiesene gleichwertige Kompetenzen und Fähigkeiten, die außerhalb des Hochschulbereichs erworben wurden, [. . .] bis zur Hälfte der für den Studiengang vorgesehenen Leistungspunkte anzurechnen“ (KMK 2010, S. 3). Die Vorgabe, dass bei Feststellung der Gleichwertigkeit eine Anrechnung zu erfolgen hat, wurde lediglich von sieben Bundesländern in den Landeshochschulgesetzen in dieser Form festgeschrieben.13 Rheinland-Pfalz relativiert durch die Formulierung ‚werden in der Regel‘, während sechs Bundesländer in ihren Hochschulgesetzen festschreiben, dass bei Gleichwertigkeit eine Anrechnung erfolgen kann.14 Niedersachsen und Sachsen übertragen die Festlegung der Verbindlichkeit den jeweiligen Hochschulen durch die Aufforderung entsprechende Vorgaben in den Prüfungsordnungen festzuschreiben. Die rechtliche Verbindlichkeit außerhochschulisch erworbene Kompetenzen auf Studienprogramme anzurechnen variiert demnach stark zwischen den Bundesländern. Ähnlich starke Abweichungen bei den landesrechtlichen Vorgaben lassen sich auch bei anderen 11

Für eine umfangreiche Darstellung der Aufgaben der Kultusministerkonferenz (siehe https:// www.kmk.org/kmk/aufgaben.html). 12 Sechs Bundesländer (Baden-Württemberg, Brandenburg, Hamburg, Hessen, Niedersachsen und Sachsen) definieren Anerkennung (im Sinne der Feststellung der Gleichwertigkeit) und Anrechnung (im Sinne der Verkürzung des zu studierenden Workloads) wie im vorliegenden Beitrag. Fünf Bundesländer (Bayern, Berlin, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen) reden nur von Anrechnung und drei (Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz) nur von Anerkennung. Drei Bundesländer (Saarland, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein) legen eine abweichende Definition zugrunde. Hier charakterisiert Anerkennung hochschulisch und Anrechnung außerhochschulisch erworbene Kompetenzen. 13 Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Saarland und Schleswig-Holstein. 14 Bayern, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.

Anerkennung und Anrechnung außerhochschulisch erworbener Kompetenzen . . .

429

Aspekten, wie beispielsweise der Höchstgrenze von 50 % anzurechnender außerhochschulisch erworbener Kompetenzen finden.15 In der Auseinandersetzung mit der Anerkennung und Anrechnung außerhochschulisch erworbener Kompetenzen ist demnach immer das Hochschulgesetz des jeweiligen Bundeslandes in Kombination mit der Prüfungsordnung der einzelnen Hochschule bzw. des einzelnen Studiengangs heranzuziehen. Über die rechtlichen Rahmenbedingungen hinaus hat auch der Akkreditierungsrat vielfältige Beschlüsse zu dieser Thematik gefasst und diese an die Akkreditierungsagenturen übermittelt.16

4

Funktionen von Anrechnung

Anrechnung kann unterschiedliche Funktionen erfüllen. Erstens können außerhochschulisch erworbene Kompetenzen dazu genutzt werden, die Zulassung zu einem (weiterbildenden) Studienprogramm zu ermöglichen. Zweitens können solche Kompetenzen eingesetzt werden um den zu studierenden Workload zu reduzieren. Dabei laufen beide Verfahren nach dem gleichen Prinzip ab. Zunächst ist die Gleichwertigkeit der außerhochschulisch erworbenen Kompetenzen mit den Inhalten und dem Niveau festzustellen auf die bzw. das angerechnet werden soll (Anerkennung).17 Wurden die außerhochschulisch erworbenen Kompetenzen als gleichwertig anerkannt, können Sie in einem zweiten Schritt auf das jeweilige Studienprogramm angerechnet werden. Im Folgenden werden beide Verfahren (Zulassung und Reduzierung des Workloads) anhand eines Beispiels aus dem Feld der wissenschaftlichen Weiterbildung exemplarisch dargestellt. Daran anschließend wird der Frage nachgegangen, ob eine Mehrfachnutzung außerhochschulisch erworbener Kompetenzen (zunächst für die Zulassung und dann für die Reduzierung des zu studierenden Workloads) zulässig ist.18

15

So verzichtet beispielsweise das niedersächsische und das nordrhein-westfälische Hochschulgesetz auf die Festschreibung der Höchstgrenze von 50 % für die Anrechnung außerhochschulisch erworbener Kompetenzen. Entsprechende Grenzen sind demnach von den jeweiligen Hochschulen in ihren Prüfungsordnungen zu definieren. 16 Für die wesentlichen Beschlüsse des Akkreditierungsrates zur Anerkennung und Anrechnung außerhochschulisch erworbener Kompetenzen (siehe Akkreditierungsrat 2007, 2010, 2011, 2013a, b, 2014). 17 Für die Feststellung der Gleichwertigkeit des Niveaus (mit Bachelor- oder Masterniveau) wird in der Regel der „Deutsche Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen (DQR)“ bzw. der „Qualifikationsrahmen für deutsche Hochschulabschlüsse“ herangezogen. Für weitere Informationen (siehe Arbeitskreis Deutscher Qualifikationsrahmen (AK DQR) 2011). 18 Für eine vollständige Darstellung aller Szenarien der Anerkennung und Anrechnung außerhochschulisch erworbener Kompetenzen sowohl mit dem Ziel der Zulassung zu einem weiterbildenden Masterstudium, als auch der Reduzierung des zu studierenden Workloads (siehe Hanak und Sturm 2015b, S. 27–52).

430

4.1

N. Sturm

Anrechnung als Instrument der Zulassung zu einem Studienprogramm

Erfüllen Bewerberinnen und Bewerber aufgrund ihrer bisherigen Bildungsabschlüsse nicht die formalen Voraussetzungen zur Aufnahme eines weiterbildenden Masterstudiums, können außerhochschulisch erworben Kompetenzen eingesetzt werden, um eine Zulassung zu dem Studienprogramm zu ermöglichen. Sollen beispielsweise Bewerberinnen und Bewerber mit einem Bachelorabschluss (180 ECTS-Punkte) und mehr als einem Jahr Berufserfahrung einen Weiterbildungsmaster mit einem Gesamtworkload von 90 ECTS-Punkten studieren, würden zum Erreichen der obligatorischen 300 ECTS-Punkte welche die Voraussetzung für die Vergabe des Mastergrades darstellen, 30 ECTS-Punkte fehlen.19 Diese 30 fehlenden ECTSPunkte können durch die Anerkennung einer (mindestens) einjährigen einschlägigen Berufserfahrung pauschal angerechnet werden.20 Somit wäre die Mindestvoraussetzung von 210 ECTS-Punkten (180 Bachelor-Studium + 30 Berufserfahrung) für die Zulassung zu einem Weiterbildungsmaster mit 90 ECTS-Punkten erfüllt. Die Anrechnung der außerhochschulisch erworbenen Kompetenzen erfolgt in diesem Fall in Form eines so genannten ‚Brückenmoduls‘, welches dem Studienprogramm vorgelagert und somit nicht integraler Bestandteil des weiterbildenden Masterstudiengangs ist.21

4.2

Anrechnung als Instrument zur Reduzierung des zu studierenden Workloads

Außerhochschulisch erworbene Kompetenzen können eingesetzt werden um den zu studierenden Workload eines Studienprogramms zu reduzieren indem sie Studienund Prüfungsleistungen ersetzen. Dies hat zur Folge, dass die angerechneten Leistungen im Rahmen eines Studiums nicht mehr erbracht werden müssen. Je nach Art der außerhochschulisch erworbenen Kompetenzen kann eine solche Anrechnung individuell in Form einer Einzelfallprüfung oder pauschal erfolgen. Im Falle einer individuellen Anrechnung werden die außerhochschulisch erworbenen Kompetenzen auf Antrag nach Inhalt und Niveau auf ihre Äquivalenz zu den Studieninhalten geprüft, bei denen eine Anrechnung thematisch möglich erscheint. Im Falle einer pauschalen Anrechnung werden nachgewiesene außerhochschulisch erworbene Kompetenzen ohne weitere Einzelfallprüfung auf zuvor definierte Studieninhalte

Für den Masterabschluss werden – unter Einbeziehung des vorhergehenden Studiums bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluss – 300 ECTS-Punkte benötigt (KMK 2010, S. 3). 20 Unter Einschlägigkeit der Berufserfahrung ist ein inhaltlicher Bezug zum angestrebten Studienprogramm gemeint. Im Falle eines angestrebten erziehungswissenschaftlichen Weiterbildungsmasters könnte dies beispielsweise Berufserfahrung in einer pädagogischen Einrichtung sein. 21 Für weiterführende Informationen zu Brückenmodulen (siehe Hanak und Sturm 2015b, S. 20). 19

Anerkennung und Anrechnung außerhochschulisch erworbener Kompetenzen . . . Abb. 1 Veranschaulichung des Unterschieds zwischen Anrechnungs- und Brückenmodul(en) anhand des Beispiels der Vergabe von insgesamt 120 ECTS-Punkten (Hanak und Sturm 2015b, S. 21)

Anrechnungsmodul(e) mit 60 ECTS-Punkten

431

Weiterbildungsmaster mit 120 ECTS-Punkten

Angestrebte Vergabe von insgesamt 120 ECTS-Punkten

Brückenmodul(e) mit 60 ECTS-Punkten

Weiterbildungsmaster mit 60 ECTS-Punkten

angerechnet.22 Dabei besteht auch die Möglichkeit, Studiengänge so zu konzipieren, dass sogenannte ‚Anrechnungsmodule‘ integriert werden.23 Für diese Anrechnungsmodule werden ECTS-Punkte verliehen, welche nicht aktiv studiert werden müssen. Mit der Anrechnung als Instrument zur Reduzierung des zu studierenden Workloads können weitere Effekte verbunden sein. Ist ein Studienprogramm so konzipiert, dass Module mit hohem Anrechnungspotenzial24 zu Beginn des Studienprogramms positioniert werden, kann die Anrechnung beispielsweise zu einer zeitlichen Verkürzung der Studiendauer führen.25 Abb. 1 visualisiert noch einmal den Unterschied von Anrechnung auf Brückenmodule, die einem Studienprogramm vorgelagert sind und zu einer Teilnahmeberechtigung führen und auf Anrechnungsmodule die integraler Bestandteil eines Studienprogramms sind und eine Reduzierung des zu studierenden Workloads zur Folge haben.

22

Für ausführliche Beispiele zu den Anrechnungsverfahren (siehe Abschn. 5). Für weiterführende Informationen zu Anrechnungsmodulen (siehe Hanak und Sturm 2015b, S. 20–21). 24 Ein hohes Anrechnungspotenzial kann beispielsweise in weiterbildenden Studienprogrammen dann angenommen werden, wenn die Studieninhalte auf einem Berufsfeld aufsetzen, in dem die ein Großteil der Teilnehmenden Kohorte tätig ist. Verbreitete Beispiele sind hier beispielsweise Studienprogramme der Sozialen Arbeit oder der Pflegewissenschaften. In diesen Fällen bietet es sich an, Studieninhalte die aufgrund von beruflicher Aus- Weiter- und Fortbildung oder einschlägiger Berufserfahrung Potenzial für eine pauschale Anrechnung bieten im ersten Semester des Studienprogramms zu verorten um auf diese Weise durch Anrechnung eine zeitliche Verkürzung des Studiums zu ermöglichen. 25 Im Falle von vollkostendeckend konzipierten Angeboten der wissenschaftlichen Weiterbildung kann Anrechnung auch zur Reduzierung der von den Teilnehmenden zu tragenden Gebühren führen. Entsprechende Vorgaben zur Finanzierung wissenschaftlicher Weiterbildung können unter den Bundesländern variieren. In Hessen ist die wissenschaftliche Weiterbildung vollkostendeckend durch das Erheben von Entgelten zu organisieren. 23

432

4.3

N. Sturm

‚Doppelte Anrechnung‘

Da außerhochschulisch erworbene Kompetenzen sowohl dazu genutzt werden können zu einem Studienprogramm zugelassen zu werden, als auch den zu studierenden Workload zu reduzieren schließt sich die Frage an, ob die selben Kompetenzen zweimal eingesetzt werden dürfen. Die KMK positioniert sich zu dieser Frage eindeutig indem sie festlegt, dass außerhalb des Hochschulbereichs erworbene Kenntnisse, aufgrund derer der Zugang einem zu Studium eröffnet wurde zusätzlich genutzt werden können, um den zu studierenden Workload zu reduzieren (KMK 2011, S. 4). Dieser Aussage liegt die Haltung zugrunde, dass sich Kompetenzen nicht ‚verbrauchen‘ können und somit existent und in der Konsequenz auch mehrfach nutzbar bleiben. In den Landeshochschulgesetzen der Länder lassen sich zu diesem Aspekt keinerlei vorgaben finden.26

5

Anrechnungsverfahren

Unabhängig davon ob außerhochschulisch erworbene Kompetenzen dazu eingesetzt werden sollen die Zulassung zu einem Studienprogramm zu ermöglichen oder den zu studierenden Workload zu reduzieren, gibt es im Wesentlichen zwei Verfahrensarten zur Anerkennung und Anrechnung. Im Folgenden werden diese Verfahrensarten skizziert und jeweils ein Instrument zur Durchführung der Verfahren vorgestellt.

5.1

Das pauschale Anrechnungsverfahren

Im Rahmen von pauschalen Verfahren zur Anerkennung und Anrechnung außerhochschulisch erworbener Kompetenzen wird einmalig im Rahmen eines systematischen Äquivalenzvergleichs festgestellt, welche Studienabschnitte auf der Grundlage bereits vorliegender gleichwertiger Lernergebnisse ersetzt werden können“ (vgl. Müskens 2012, S. 50). Somit werden Personen, welche die entsprechenden Qualifikationen nachweisen können, ohne weitere individuelle Prüfung die entsprechenden Zielmodule angerechnet (Loroff et al. 2011, S. 93). Für pauschale Verfahren bieten sich insbesondere berufliche Qualifikationen der Aus-, Fort- und Weiterbildung an, da für diese in der Regel Ausbildungsverordnungen und Rahmenpläne vorliegen, anhand derer ein systemischer Vergleich der Lernergebnisse vorgenommen werden kann. Ein standardisiertes Instrument zum Vergleich zweier Qualifikationen bietet der Modul-Level-Indikator, der bereits 2006 am Kompetenzbereich

26

Das bayrische Hochschulgesetz schreibt fest, dass Leistungen und Kompetenzen nur einmal angerechnet werden dürfen. Diese Formulierung bezieht sich jedoch ausschließlich auf Anrechnung mit dem Ziel der Reduzierung des zu studierenden Workloads. (vgl. Bayrisches Hochschulgesetz (BayHSchG) § 23a.

Anerkennung und Anrechnung außerhochschulisch erworbener Kompetenzen . . .

433

Anrechnung der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg entwickelt wurde.27 Anhand eines zweistufigen Verfahrens ermöglicht er eine Niveaubeurteilung von Lerneinheiten und bietet damit eine Methode zur Feststellung der Gleichwertigkeit. Eingesetzt werden kann dieses Instrument beispielsweise im Vergleich von Ausbildungsverordnungen mit dem Modulhandbuch des Studienprogramms. Die Entwicklung eines pauschalen Anrechnungsverfahrens bedeutet in der Regel einen hohen Entwicklungsaufwand und somit einen hohen Ressourceneinsatz für die Hochschulen.28 Aufgrund der Vielzahl von Aus-, Fort- und Weiterbildungsabschlüssen sowie des hohen Ressourcenaufwandes der Äquivalenzprüfung, bieten sich pauschale Anrechnungsverfahren nur für Studienprogramme an, die eine Fortführung der beruflichen Bildung auf einschlägigem akademischen Niveau für homogene Zielgruppen darstellen.29

5.2

Das individuelle Anrechnungsverfahren

Im Gegensatz zur pauschalen Anrechnung, die auf der Grundlage von Ausbildungsverordnungen und Rahmenplänen erfolgt, ist die individuelle Anrechnung personenbezogen. Dabei werden die außerhochschulisch erworbenen Kompetenzen in Form eines Äquivalenzvergleiches mit den Lernergebnissen des Zielstudienprogramms verglichen. Das bedeutet, dass für jede Person individuell in Form einer Einzelfallprüfung ermittelt wird, ob oder inwieweit eine Anrechnung von bereits erworbenen Kompetenzen durchgeführt werden kann. Im Gegensatz zu der pauschalen Anrechnung können im Rahmen von individuellen Anrechnungsverfahren neben formalen auch non-formal und informell erworbene Kompetenzen Berücksichtigung finden (vgl. Hanak und Sturm 2015a, S. 39). Voraussetzung für die Durchführung eines individuellen Anrechnungsverfahrens ist, dass die bereits erworbenen Kompetenzen von den Antragstellenden reflektiert und individuell dokumentiert werden. Auf dieser Grundlage kann eine Gleichwertigkeit des Niveaus die und Anrechenbarkeit der Inhalte mithilfe eines Äquivalenzverfahrens geprüft werden (Loroff und Hartmann 2012, S. 6). Ein in diesem Zusammenhang oft genutztes Instrument stellt das Kompetenzportfolio dar, mit dessen Hilfe bereits erworbene Kompetenzen mit den Lernergebnissen der Studieninhalte verglichen werden können (Loroff und Hartmann 2012, S. 6). Während bei der Entwicklung eines pauschalen Anrechnungsverfahrens ein einmalig hoher Ressourcenaufwand auf Seiten der Hochschule nötig ist, bedeutet das individuelle Anrechnungsverfahren 27

Aufgrund der hohen Komplexität und den damit verbundenen Hürden beim Einsatz dieses Instrumentes wurde 2017 eine Kurzversion des MLI veröffentlicht, die frei im Rahmen einer Creative Commons Lizenz genutzt werden kann. Für weitere Informationen (siehe: http://www. uni-oldenburg.de/anrechnungsprojekte/downloadbereich/). 28 Wird das Verfahren in Kooperation mit externen Partnerinnen und Partnern (bspw. Berufsschulen) durchgeführt ist zu berücksichtigen, dass auch für diese ein hoher Aufwand entsteht. 29 Für ausführliche Informationen zu den Vor- und Nachteilen von pauschalen, individuellen und kombinierten Anrechnungsverfahren (siehe Hanak und Sturm 2015b, S. 53–64).

434

N. Sturm

mithilfe des Kompetenzportfolios sowohl einen hohen Aufwand für die Bewerbenden bei der Erstellung der Unterlagen als auch auf Seiten der Hochschule bei der entsprechenden Prüfung.

5.3

Das kombinierte Anrechnungsverfahren

Durch die Kombination von pauschalen und individuellen Anrechnungsverfahren kann das individuelle Anrechnungspotenzial der Antragstellenden umfassend ausgeschöpft werden. Ergänzend zu der pauschalen Anrechnung von – für das Studienprogramm relevanten – Ausbildungsabschlüssen, kann im Rahmen eines individuellen Anrechnungsverfahrens ergänzend die Gleichwertigkeit von non-formal und informell erworbenen Kompetenzen überprüft werden. Zudem ermöglicht eine kombinierte Vorgehensweise eine Überführung von erstmals individuell überprüften Präzedenzfällen in ein pauschales Verfahren. Die Entscheidung ob ein pauschales, ein individuelles oder ein kombiniertes Verfahren zum Einsatz kommt, sollte orientiert an der für das jeweilige Studienprogramm erwarteten Zielgruppe getroffen werden.

6

Implementierungsgrad von Anrechnungsverfahren an Hochschulen

In den vergangenen zehn Jahren wurden sowohl umfangreiche rechtliche Vorgaben und Rahmenbedingungen geschaffen, als auch entsprechende Verfahren entwickelt und erprobt. Dennoch hat eine entsprechende Implementierung dieser Verfahren die Organisationsstrukturen deutscher Hochschulen nicht hinreichend stattgefunden. Erste empirische Befunde identifizieren unterschiedliche hemmende Faktoren für die organisatorische Umsetzung von Anerkennungs- und Anrechnungsverfahren. Hanak und Sturm identifizieren im Rahmen einer Praxisanalyse mangelnde Akzeptanz seitens hochschulinterner Akteurinnen und Akteure gegenüber der Anrechnungsthematik als ein zentrales Implementierungshemmnis und arbeiten fünf Faktoren (Erweiterung des Wissens, Erhöhung der finanziellen Ressourcen, Erhöhung der zeitlichen Ressourcen, Steigerung der Motivation, Schaffung hochschulischer Rahmenordnungen und Sicherung des Niveaus) heraus (Hanak und Sturm 2015a, S. 123–132). Deren gleichzeitige Bearbeitung kann zu einer intraorganisationalen Akzeptanzsteigerung und somit zu einer Verbreiterung des Implementierungsgrades von Anerkennungs- und Anrechnungsverfahren in den Hochschulen beitragen. Wesentliche Ergebnisse weiterführender Betrachtungen zu unterschiedlichen Aspekten der Anrechnungsthematik lassen sich auf diese fünf Faktoren rückbinden. Die Anrechnungsberatung stellt den ersten Kernprozess eines Anrechnungsverfahrens dar (Hanak 2016, S. 30). Somit nehmen die Beratenden eine ‚Gate-KeeperFunktion‘ für den Zugang zu den Verfahren ein. Allerdings verfügt die überwiegende Anzahl der Beratenden an Hochschulen nicht über das notwendige Fachwissen um

Anerkennung und Anrechnung außerhochschulisch erworbener Kompetenzen . . .

435

Anrechnungsinteressierte adäquat beraten zu können (Erweiterung des Wissens) (vgl. Sturm 2018, S. 290–291). Da es sich bei Anrechnungsberatungen oft um zeitintensive Tätigkeiten handelt, sind zudem die notwendigen Ressourcen zur Verfügung zu stellen (Erhöhung finanzieller und zeitlicher Ressourcen) (vgl. Luft et al. 2018, S. 157–158). Die Schaffung von intraorganisationalen Kommunikations- und Kooperationsstrukturen sowie eines zentral gesteuerten Wissensmanagements zu der Thematik stellen weitere Bedingungen zur Optimierung von Anrechnungsberatung dar (vgl. Sturm 2018, S. 294–296). Die großen Spielräume die der Gesetzgeber den Hochschulen zur Ausgestaltung von Anrechnungsverfahren einräumt (vgl. Abschn. 3) machen die Etablierung hochschulischer Rahmenordnungen zu einer notwendigen Voraussetzung, sowohl für die konkrete Planung und Durchführung, als auch für die nachhaltige Implementierung dieser Verfahren (vgl. Luft et al. 2018, S. 160–161). Der Feststellung der Gleichwertigkeit außerhochschulisch erworbener mit hochschulisch vermittelten Kompetenzen und der damit verbundenen Sicherung des akademischen Niveaus, kommt eine besondere Bedeutung bei der Bereitschaft zur organisationalen Verankerung von Anrechnungsverfahren zu. Neben der Schaffung organisationaler Rahmenbedingungen und dem Einsatz passgenauer und qualitativ hochwertiger Anrechnungsverfahren auf organisationsstruktureller Ebene (vgl. Abschn. 5), sind auf organisationskultureller Ebene Klärungsprozesse zum Wert akademischer Bildung in Abgrenzung zu außerhochschulischer Bildung (beispielsweise der beruflichen Bildung) anzustoßen. Die Annahme, dass die Anerkennung und Anrechnung von außerhochschulisch erworbenen Kompetenzen zu einer Entwertung akademischer Bildung führt, ist als ein zentrales Implementierungshemmnis zu betrachten (vgl. Sturm 2016, S. 62–67).

7

Besondere Herausforderungen für Hochschulen – ein Ausblick

Um Verfahren der Anerkennung und Anrechnung außerhochschulisch erworbener Kompetenzen flächendeckend in der deutschen Hochschullandschaft zu etablieren, bedarf es organisationaler Transformationsprozesse auf zwei Ebenen. Auf der organisationsstrukturellen Ebene gilt es transparente intraorganisationale Prozesse zu definieren. Diese betreffen die Anrechnungsberatung, die Überprüfung und Feststellung der Gleichwertigkeit außerhochschulisch erworbener Kompetenzen nach Inhalt und Niveau und die Kommunikation der Anrechnungsentscheidung nach innen und außen. Neben der Klärung dieser Prozessstrukturen ist die Aktualität und Vollständigkeit des entsprechenden Fachwissens an den jeweiligen Organisationseinheiten und Funktionsstellen sicherzustellen, die Berührungspunkte mit der Thematik der Anerkennung und Anrechnung außerhochschulisch erworbener Kompetenzen aufweisen. Die Gleichbehandlung von als gleichwertig anerkannten außerhochschulisch erworbenen mit im hochschulischen Kontext vermittelten Kompetenzen erfordert darüber hinaus Klärungs- und Aushandlungsprozesse auf organisationskultureller

436

N. Sturm

Ebene. Durch eine Diskussion zum Stellenwert akademischer Bildung und ihrer Abgrenzung zu außerhochschulischer Bildung entsteht Klarheit darüber, wo Schnittmengen und damit verbunden auch Abgrenzungen zwischen den Bildungsbereichen verortet sind. Wird keine Klarheit über diese Frage hergestellt, wirkt das außerhochschulisch erworbene Wissen im akademischen Raum als hemmender Faktor für die Verankerung von Verfahren zur Anerkennung und Anrechnung außerhochschulisch erworbener Kompetenzen. Nach den umfangreichen Bemühungen der letzten Dekade, vielfältige und qualitätsgesicherte Anrechnungsverfahren zu entwickeln und rechtliche Leitplanken zu definieren, sehen sich Hochschulen mit der Notwendigkeit konfrontiert, intraorganisationale Prozessstrukturen zu klären und organisationsbezogene Akzeptanz herzustellen. Durch entsprechende Vorarbeiten auf struktureller und kultureller Ebene sind die Voraussetzungen für eine breite und nachhaltige Implementierung dieser Verfahren in die Hochschulstrukturen zu schaffen.

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Anerkennung und Anrechnung außerhochschulisch erworbener Kompetenzen . . .

437

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N. Sturm

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Anerkennung und Anrechnung außerhochschulisch erworbener Kompetenzen . . .

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Hochschulgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (HSG LSA): In der Fassung der Bekanntmachung vom 14.12.2010. http://www.landesrecht.sachsen-anhalt.de/jportal/?quelle=jlink&query=HSchulG +ST&psml=bssahprod.psml&max=true&aiz=true. Zugegriffen am 31.08.2017. Hochshculrektorenkonferenz (HRK) (2009). Neue Anfordrungen an die Lehre in bachelor- und Masterstudiengängen. Jahrestagung des HRK Bologna-Zentrums. Beiträge zur Hochshculpolitik 1/2009. https://www.hrk.de/fileadmin/redaktion/hrk/02-Dokumente/02-10-Publikationsda tenbank/Beitr-2009-01_Neue_Anforderungen-Lehre.pdf. Zugegriffen am 13.07.2018. Kommission der Europäischen Gemeinschaften. (2000). Memorandum über Lebenslanges Lernen. http://www.die-frankfurt.de/esprid/dokumente/doc-2000/EU00_01.pdf. Zugegriffen am 31.08.2017. Kommission der Europäischen Gemeinschaften. (2001). Einen europäischen Raum des lebenslangen Lernens schaffen. Brüssel, den 21.11.2001. http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUri Serv.do?uri=COM:2001:0678:FIN:DE:PDF. Zugegriffen am 31.08.2017. Kultusministerkonferenz. (2002). Anrechnung von außerhalb des Hochschulwesens erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten auf ein Hochschulstudium (I). Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 28.06.2002. http://www.kmk.org/fileadmin/pdf/PresseUndAktuelles/2003/anrech nung.pdf. Zugegriffen am 31.08.2017. Kultusministerkonferenz. (2008a). Anrechnung von außerhalb des Hochschulwesens erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten auf ein Hochschulstudium (II). Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 18.09.2008. http://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/2008/ 2008_09_18-Anrechnung-Faehigkeiten-Studium-2.pdf. Zugegriffen am 31.08.2017. Kultusministerkonferenz. (2008b). Neuordnung des Hochschulzugangs für beruflich Qualifizierte. Entschließung der 4. Mitgliederversammlung am 18.11.2008. http://www.hrk.de/positionen/ gesamtliste-beschluesse/position/convention/neuordnung-des-hochschulzugangs-fuer-beruflich -qualifizierte/. Zugegriffen am 31.08.2017. Kultusministerkonferenz. (2009). Hochschulzugang für beruflich qualifizierte Bewerber ohne schulische Hochschulzugangsbe-rechtigung. Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 06.03.2009. http://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/2009/2009_03_ 06-Hochschulzugang-erful-qualifizierte-Bewerber.pdf. Zugegriffen am 31.08.2017. Kultusministerkonferenz. (2010). Ländergemeinsame Strukturvorgaben für die Akkreditierung von Bachelor- und Masterstudiengängen. Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 10.10.2003 i. d. F. vom 04.02.2010. http://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/veroeffentlichungen_beschluesse/ 2003/2003_10_10-Laendergemeinsame-Strukturvorgaben.pdf. Zugegriffen am 31.08.2017. Kultusministerkonferenz. (2011). Ländergemeinsame Strukturvorgaben für die Akkreditierung von Bachelor- und Masterstudiengängen vom 04.02.2010 – Auslegungshinweise. Handreichung des Hochschulausschusses der Kultusministerkonferenz vom 25.03.2011. http://www.akkreditie rungsrat.de/fileadmin/Seiteninhalte/KMK/Vorgaben/KMK_Auslegungshinweise_Laenderge meinsame_Strukturvorgaben.pdf. Zugegriffen am 31.08.2017. London Communiqué. (2007). Towards the European Higher Education Area: Responding to challenges in a globalised world. http://www.ehea.info/Uploads/Declarations/London_ Communique18May2007.pdf. Zugegriffen am 31.08.2017. Loroff, C., & Hartmann, E. A. (2012). ANKOM Arbeitsmaterialie Nr. 3. Verfahren und Methoden der individuellen Anrechnung (2. Aufl.). Hannover: HIS Hochschul-Informations-System GmbH. http://ankom.his.de/pdf_archiv/M3_Ankom.pdf. Zugegriffen am 31.08.2017. Loroff, C., Stamm-Riemer, I., & Hartmann, E. A. (2011). Anrechnung: Modellentwicklung, Generalisierung und Kontextbedingungen. In W. K. Freitag, E. A. Hartmann, C. Loroff, I. Stamm-Riemer, D. Völk & R. Buhr (Hrsg.), Gestaltungsfeld Anrechnung. Hochschulische und berufliche Bildung im Wandel (S. 77–117). Münster: Waxmann Verlag. Luft, L., Schuler, N., Braun-Buss, A., Ambach, H., Schmidt, M., & Kohlesch, A. (2018). Öffnung der Hochschule durch die Implementierung von Anrechnungsverfahren. In N. Sturm & K. Spenner (Hrsg.), Nachhaltigkeit in der wissenschaftlichen Weiterbildung. Beiträge zur Verankerung in die Hochschulstrukturen. Wiesbaden: Springer VS. Maier, M.-O. (2018). Intraorganisatorische Entwicklung der Beratung und Unterstützung an Hochschulen unter Bedingungen von Durchlässigkeit. In N. Sturm & K. Spenner (Hrsg.), Nachhal-

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N. Sturm

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Beratung in der wissenschaftlichen Weiterbildung Carola Iller

Inhalt 1 2 3 4

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beratungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bestehende Beratungsangebote an Hochschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beratungsbedarfe und Anforderungen an die Beratung in der wissenschaftlichen Weiterbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Zusammenfassung

Beratung in der wissenschaftlichen Weiterbildung ist bislang wenig systematisch erfasst, weder in der Beratungsforschung noch in der Hochschulforschung. Ausgehend von einem systematischen Beratungsbegriff lassen sich bestehende Beratungsstrukturen in den Hochschulen und Beratungsbedarfe abgleichen. Dabei zeigt sich, dass Entwicklungsbedarf hinsichtlich der Laufbahnberatung, der Lernberatung und der Kursberatung besteht. Schlüsselwörter

Beratungsbegriff · Weiterbildungsberatung · Studienberatung · Ratsuchende · Beratungsthemen

C. Iller (*) Stiftung Universität Hildesheim, Hildesheim, Deutschland E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 W. Jütte, M. Rohs (Hrsg.), Handbuch Wissenschaftliche Weiterbildung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-17643-3_24

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Einleitung

Beratung in Bildung und Beruf hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten eine bemerkenswerte Expansion und zunehmende gesellschaftliche Aufmerksamkeit erfahren. Im Kontext der wissenschaftlichen Weiterbildung wird sie bislang jedoch kaum thematisiert. Ausgehend von aktuellen Forschungen zur Beratung in der Weiterbildung und an Hochschulen sollen im folgenden Beitrag vor allem konzeptionelle Überlegungen zu beratungsrelevanten Themen in der wissenschaftlichen Weiterbildung dargelegt werden. Dabei ist die Annahme leitend, dass Beratung in verschiedenen Phasen der Bildungslaufbahn bedeutsam werden kann und Ratsuchende bei Entscheidungen und der Lösung von herausfordernden Situationen im Kontext ihrer Bildungsbiografie unterstützen soll. Beratende Tätigkeiten sind deshalb teilweise dem Bildungsangebot vorgelagert und institutionell eigenständig organisiert, teilweise eng mit dem Bildungsangebot verknüpft bis hin zu Settings, in denen Beratung die zentrale Interaktionsform der pädagogischen Arbeit ist, z. B. im Coaching oder bei kollegialer Beratung. Damit ist bereits angedeutet, dass sich Beratung in der wissenschaftlichen Weiterbildung in verschiedenen institutionellen und professionellen Aufgabenfeldern vollziehen kann. In den folgenden Ausführungen soll dem Rechnung getragen werden, indem ohne vorgefertigte Abgrenzungs- und Zuordnungsschemata eine explorative Annäherung an das Feld der wissenschaftlichen Weiterbildung vorgenommen und dieses im Hinblick auf Beratungsbedarfe und Beratungshandeln analysiert wird. Einige Klärungen und theoretische Vorüberlegungen sind jedoch unverzichtbar, um die Aufmerksamkeit auf die wesentlichen Fragen zu richten. Insbesondere ist es sinnvoll vorab zu klären, was unter Beratung verstanden wird. Im ersten Abschnitt dieses Beitrages wird deshalb das zugrunde liegende Beratungsverständnis erläutert. Klärungsbedürftig erscheint auch das Begriffsverständnis von wissenschaftlicher Weiterbildung. Als Kernaufgabe von Hochschulen ist wissenschaftliche Weiterbildung zwischen Forschung und Lehre angesiedelt, wobei angesichts des steigenden Altersdurchschnitts und der zunehmenden Erwerbstätigkeit von Studierenden die Unterscheidung zwischen grundständigem Studium und Weiterbildung nicht trennscharf zu ziehen ist. Ebenso ist die Grenzziehung zwischen Forschungstransfer und Weiterbildung nicht eindeutig und möglicherweise auch gar nicht sinnvoll. Denn wie forschungsbasierte Lehre ist auch die Forschungsbasierung der Weiterbildung ein Wesensmerkmal akademischer Bildung, um die es in der wissenschaftlichen Weiterbildung hauptsächlich geht. Wissenschaftliche Weiterbildung geht deshalb einher mit Wissenschaftstransfer. Eine systematische Abhandlung zum Gegenstandsbereich der wissenschaftlichen Weiterbildung kann hier nicht geleistet werden. Stattdessen werden in den folgenden Abschnitten bestehende Beratungsangebote an Hochschulen dargestellt sowie Beratungsbedarfe und potenzielle Handlungsfelder der Beratung in der wissenschaftlichen Weiterbildung aufgezeigt. Wo es erforderlich erscheint, wird in diesem Zusammenhang das Begriffsverständnis von wissenschaftlicher Weiterbildung präzisiert.

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In vielen pädagogischen Berufsfeldern hat sich Beratung „unterhalb der Schwelle der Aufmerksamkeit“ (Nittel 2016, S. 25) erziehungswissenschaftlicher Forschung zu einer relevanten Handlungsform entwickelt. Obwohl Beratung für alle pädagogischen Handlungsfelder bedeutsam ist, wird sie nur in wenigen grundständigen pädagogischen Studiengängen explizit thematisiert. Beratungswissenschaftliche Lehrangebote sind eher in der wissenschaftlichen Weiterbildung zu finden, in Form von weiterbildenden Studiengängen und Zertifikatslehrgängen. Damit wäre ein weiterer Aspekt von Beratung in der wissenschaftlichen Weiterbildung angesprochen, nämlich Beratung als Gegenstand wissenschaftlicher Weiterbildungsangebote. Diesem Aspekt soll hier allerdings nicht weiter nachgegangen werden.

2

Beratungsbegriff

Beratung kann als eine Grundform pädagogischen Handelns (Giesecke 2015) angesehen werden und ist „im modernen pädagogischen Alltag ein obligatorisches Element“ (Nittel 2016, S. 25). Dies heißt jedoch nicht, dass sie als eine eindeutig abgrenzbare Interaktion in allen Bildungsangeboten sichtbar wird. Eine Abgrenzung ist insbesondere zwischen professioneller Beratung und informellen Gesprächen, die Ratschläge enthalten, notwendig. Als zentrale Merkmale der professionellen Beratung werden angesehen: Das eigenständige Gesprächsangebot für Menschen in Entscheidungs-, Konflikt- oder Krisensituationen, die Freiwilligkeit der Inanspruchnahme und in den meisten Fällen die Kostenfreiheit (Schrödter 2014). Dabei liefert Beratung in einem multiperspektivischen Zugang interdisziplinäres Wissen und zielt auf individuelle Entscheidungsund Handlungsfähigkeit ab (ebda.). Damit wird Beratung als Entscheidungshilfe charakterisiert, die im Unterschied zu therapeutischen Interventionen von einem Ratsuchenden als selbstbestimmt handelndem Individuum ausgeht und durch eine zeitlich befristete Interaktion die Entscheidungsfähigkeit (wieder) herstellt. Zu keinem Zeitpunkt im Beratungsprozess wird dem Ratsuchenden die Fähigkeit zu eigenständigem Handeln abgesprochen. Vielmehr wird – wie Gieseke und Nittel schreiben – der Eigensinn ausdrücklich anerkannt: „Für alle pädagogischen Beratungsfelder gilt dabei, dass die Beratungspraxis, wenn sie professionell und ethisch verantwortlich sein und das gemeinschaftliche Handeln nicht nur folgsam reproduzieren will, das Individuum mit seinem Eigensinn und Widersprüchen ernst zu nehmen und anzunehmen hat.“ (Gieseke und Nittel 2016, S. 13).

Beratung lässt sich insofern am Differenzkriterium der „Übergriffigkeit“ (Dewe und Winterling 2016, S. 64) von therapeutischem Handeln unterscheiden: Bildung und Beratung sind nicht übergriffig, sondern freiwillig oder streben die Freiwilligkeit zumindest an. Dies findet seine Entsprechung in der Methodenwahl, die in der Beratung auf das Beratungsanliegen, also die Entscheidung, das zu lösende Problem, fokussiert und nicht – wie in therapeutischen Ansätzen – die „beschädigte psychosoziale Integrität, die der Heilung bedarf“ (Dewe und Winterling 2016, S. 67). Auch

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wenn die Beratung sich psychologisch begründeter Gesprächsführungsmethoden bedient, so ist das Beratungshandeln nicht auf einzelne Techniken reduziert, sondern verbindet Fachwissen und Prozessgestaltung mit dem Ziel, die Fähigkeiten des ratsuchenden Individuums zur Geltung zu bringen (Nestmann 2014, S. 732). Die situationsangemessene Wahl und Kontextualisierung der Gesprächsmethoden ist insofern auch ein Qualitätskriterium von Beratung, eine Reduzierung der Beratungskompetenz auf das Beherrschen bestimmter Gesprächsführungsmethoden ist deshalb entsprechend kritisch zu bewerten (Gieseke et al. 2007, S. 37). Das Beratungshandeln ist als eine punktuelle Intervention auf dem Weg zur Entscheidung zeitlich begrenzt angelegt und unterscheidet sich von längeren Prozessbegleitungen, wie sie zum Beispiel bei der beruflichen Umorientierung durchlaufen werden. Im Beratungsprozess werden verschiedene Phasen der Orientierung, der Informationsvermittlung und der Reflexion durchlaufen, die je nach Beratungsanlass unterschiedlich umfangreich ausfallen können. Ein Beratungsprozess kann aus einem einmaligen oder aus mehreren Kontakten zwischen Ratsuchenden und Ratgebenden bestehen. Gieseke unterscheidet dabei situativen Beratungsbedarf und Beratung als biografischen Reflexionsprozess (Gieseke 2016, S. 544), die verschiedene Beratungsverläufe nach sich ziehen. Diese Verläufe sind jedoch nicht als unterschiedliche Beratungsformate zu verstehen, sondern spezifische Anforderungen an die professionelle Beratung. Je nach Anforderung kann die Funktion der Informationsvermittlung oder die der Begleitung von Reflexionsprozessen bedeutsamer sein, Beratung umfasst aber immer beide Funktionen und verbindet sie im Beratungshandeln. Das Besondere an der Informationsvermittlung im Rahmen der Beratung ist, dass sie nicht nur Informationen weiter gibt, sondern diese auf die Fragestellung des Ratsuchenden hin selektiert und konkretisiert, Interpretationen des Ratsuchenden verifiziert oder auf Missverständnisse aufmerksam macht (Enoch 2011, S. 10). Auch wenn Beratung keine zusätzlichen oder neuen Informationen liefert, so nimmt sie doch eine „Validierung von als unsicher empfundenen Wissensbeständen“ (Enoch 2011, S. 10) vor und unterstützt damit den Prozess der Reflexion und Entscheidungsfindung. Teilweise findet Beratung „zwischen Tür und Angel“ (Nittel 2016, S. 25) statt und ist kaum von einem alltäglichen Gespräch zu unterscheiden. In diesen Formaten wird die Beiläufigkeit der Gesprächssituation auch dazu genutzt, den Zugang zur Beratung zu erweitern und Vorbehalte oder Hemmschwellen gegenüber der institutionellen Beratung zu reduzieren. Ähnliches gilt für die Peer-to-Peer-Beratung, die den Ratsuchenden gezielt Ebenbürtige als Ratgebende vermittelt. Auch hier findet die Interaktion „Beratung“ absichtsvoll und konzeptionell durchdacht statt, wird jedoch nicht von professionellen Beraterinnen oder Beratern ausgeübt. Im Mittelpunkt steht die Kommunikation in der Beratung, die auch als Telefonberatung oder Internetberatung medial vermittelt stattfinden kann. Mediengestützte Beratung erfährt aktuell eine besondere Beachtung, weil hier neue Entwicklungspotenziale und eine Öffnung für neue Zielgruppen vermutet werden. Die bisher vorliegenden Evaluierungen aus Großbritannien zeigen, dass Telefonberatung nicht besser aber doch ebenso gut wie face-to-face-Beratung ist, aber im Wesentlichen die gleichen Personengruppen erreicht (Page et al. 2007, S. 86). Von den Nutzerinnen

Beratung in der wissenschaftlichen Weiterbildung

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und Nutzern wird sie dennoch positiv bewertet und auch in Deutschland zeigen die Erfahrungen mit dem Info-Telefon zur Weiterbildungsberatung einen starken Bedarf für dieses Beratungsformat an. Es ist durchaus vorstellbar, dass sich in bestimmten Beratungssegmenten die telefonische Beratung mit einem mehrstufigen Beratungsangebot für spezielle Beratungsbedarfe und einem flexiblen Service (z. B. einem call-back-Service) etablieren wird. Für die Beratung in der wissenschaftlichen Weiterbildung ist dieses Beratungsformat daher relevant und kann den Zugang zu Beratungsangeboten erleichtern. In der (Weiter-)Bildungsberatung wird meist von einem ratsuchenden, potenziellen Teilnehmenden ausgegangen. Beratungsangebote und Methoden zielen damit vorrangig auf die individuelle Entscheidungsfähigkeit in Bildungsprozessen ab. Es lassen sich allerdings auch organisationsbezogene Beratungsfelder identifizieren, wie z. B. die Beratung von Lehrenden bei der Entwicklung von Weiterbildungskonzepten oder die Beratung von Organisationen bzw. Organisationseinheiten, für die ein Weiterbildungsprogramm entwickelt werden soll (Schiersmann und Remmele 2004). Die organisationsbezogene Weiterbildungsberatung findet vor allem im Rahmen der Qualifizierungsberatung von kleinen und mittleren Unternehmen statt und lässt sich hier auch als Beratungsleistung wahrnehmen (Iller 2009). Die Beratung der Lehrenden wird bislang nicht explizit zu den Beratungsfeldern in der Weiterbildung gerechnet, obwohl sie zu den regelmäßigen Aufgaben der hauptamtlichen pädagogischen Mitarbeitenden gehört (Kraft 2011). Sie ist vor allem in jenen Weiterbildungssegmenten relevant, in denen Lehrkräfte ohne fundierte erwachsenenbildungswissenschaftliche Kenntnisse tätig sind. Beratung kann hier Unterstützung bei didaktischen Entscheidungen (von der Bedarfsermittlung bis zur Evaluierung) leisten. Für die wissenschaftliche Weiterbildung ist dies insofern relevant, da die Angebote meist mit „nebenberuflichen“ Weiterbildner*innen umgesetzt werden, die in ihrem Hauptamt als Professor*innen oder wissenschaftliche Mitarbeiter*innen tätig und deshalb mit dem professionellen Planungshandeln in der Weiterbildung wenig vertraut sind.

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Bestehende Beratungsangebote an Hochschulen

Um die Weiterbildungsberatung an Hochschulen besser einordnen zu können, soll zunächst die Beratungsstruktur an Hochschulen allgemein vorgestellt werden. Im Zuge der Expansion der Hochschulbildung in den 1970er-Jahren wurde der Bedarf an Studienberatung zunehmend von Hochschulen aufgegriffen, mittlerweile ist Studienberatung als Regelaufgabe in § 14 Hochschulrahmengesetz verankert und ein eigenständiges Handlungsfeld der Beratung geworden (Egloff 2016, S. 230–232). Die Beratungsangebote umfassen allgemeine Informationen für Studieninteressierte vor Studienbeginn und bei Studienfachwechsel, Unterstützung bei Lern- und Prüfungsproblemen von Studierenden während des Studiums und Karriereberatung für Absolventinnen und Absolventen am Übergang in die Berufstätigkeit nach dem Studium (Stiehler 2014, S. 878–879). In allen Hochschulen gibt es eine Zentrale Studienberatung als Institution, auch wenn sie in kleineren Hochschulen

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C. Iller

nur von einer Person und teilweise auch nur neben anderen Aufgaben angeboten wird (Stiehler 2014, S. 879). Die Strukturierung der Tätigkeit von Studienberater*innen ist im Vergleich zu anderen Feldern der Bildungsberatung vergleichsweise hoch: Das Hochschulrahmengesetz sieht „ein abgeschlossenes Hochschulstudium, gründliche Kenntnisse des Hochschulsystems und Beratungskompetenz als Mindestqualifikationen an“ (Stiehler 2014, S. 886).

Daran anknüpfend werden Weiterbildungsangebote und Fachtagungen für Berater*innen auf Landes- und Bundesebene organisiert. Zudem wird die Studienberatung als Feld der Hochschulforschung zum Gegenstand von Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten, die publiziert und dem wissenschaftlichen Diskurs zugängig gemacht werden (z. B. durch die „Zeitschrift für Beratung und Studium – Handlungsfelder, Praxisbeispiele und Lösungsansätze“) (Egloff 2016, S. 237). Die institutionelle Zuordnung und Aufgabenschwerpunkte der Zentralen Studienberatung variieren: In einigen Hochschulen ist die Studienberatung Teil der Studiendezernate, in anderen ist sie als eigenständige Einrichtung etabliert und direkt dem Rektorat oder Senat unterstellt (Stiehler 2014, S. 879). Unterschiedlich ist auch die Arbeitsteilung mit den Studierendenwerken im Bereich der psychosozialen Beratung geregelt (Stiehler 2014), wobei dies nur auf die Trägerschaft und räumliche Zuordnung von Studienberatung und psychosozialer Beratung bezogen ist und die professionelle Wahrnehmung der Aufgabenfelder nicht tangiert. Vielfach werden die Beratungsangebote der Studienberatung am „Student-LifeCircle“ entlang strukturiert und Angebote am Übergang von der Schule in das Studium, Angebote während des Studiums zur Vertiefung und Profilbildung und Angebote am Übergang vom Studium in die Arbeitswelt unterschieden (Egloff 2016, S. 232–235). Diese Strukturierung lässt bereits erkennen, dass die Angebote vorrangig an junge Schulabgänger*innen gerichtet und eher an einem linearen Studienverlauf als an einem zirkulären Bildungsprozess orientiert sind. Dass nach dem Studienabschluss eine Rückkehr an die Hochschule im Rahmen von Weiterbildung stattfinden könnte, ist zumindest nicht im Fokus der Zentralen Studienberatung. Ein solches Angebot könnte auch in der Alumniarbeit aufgehoben sein, was die entsprechende Leerstelle in der Zentralen Studienberatung erklären könnte. Neben der Zentralen Studienberatung ist als weiteres Beratungsangebot die fachbezogene Beratung von Studierenden zu nennen. Während sich die Zentrale Studienberatung in den vergangenen 40 Jahren institutionalisiert und professionalisiert hat, ist die Fachstudienberatung wenig standardisiert und wird von Professor*innen und Mitarbeiter*innen in der Regel „nebenbei“ wahrgenommen (Egloff 2016, S. 236). Obgleich die Beratungsaktivitäten quantitativ bedeutsam sind und für den Studienerfolg relevant sein dürften, ist über die Fachstudienberatung wenig bekannt. Zum Teil unterstützen die Zentralen Beratungseinrichtungen fachbezogene Angebote (Stiehler 2014, S. 887), darüber hinaus bestehen jedoch kaum Verzahnungen zwischen den zentralen und dezentralen Beratungsaktivitäten.

Beratung in der wissenschaftlichen Weiterbildung

447

Dies gilt gleichermaßen für die Beratung in der wissenschaftlichen Weiterbildung. Auch über dieses Handlungsfeld und seine Verortung im Beratungssystem der Hochschulen ist wenig bekannt. Lediglich über Beratung in berufsbegleitenden Studiengängen (Sausele-Bayer 2012) und die Zufriedenheit von berufstätigen Studierenden mit der allgemeinen Studienberatung (Rettig und Horster 2017) liegen Befunde vor. Die vorliegenden Beiträge zeigen bereits, dass sich die Beratungsansätze in Hochschulen verändern, wenn die Studienprogramme der Weiterbildung zuzuordnen sind und Studierende im Erwachsenenalter, mit beruflichen oder familiären Verpflichtungen, adressieren. Die beiden Handlungsfelder machen zudem deutlich, dass die Unterscheidung zwischen Aus- und Weiterbildung an Hochschulen nicht ohne weiteres am Angebot festgemacht werden kann, sondern auch die Teilnehmenden im Blick haben muss. Geht man von einem weitgefassten Verständnis von wissenschaftlicher Weiterbildung als lebenslangem Lernen auf Hochschulniveau aus, wird die Bandbreite von möglichen Angeboten und Adressatinnen und Adressaten schnell ersichtlich. Slowey und Schuetze (2012) unterscheiden in ihrer international vergleichenden Studie zur Öffnung der Hochschulbildung für lebenslanges Lernen verschiedene Gruppen, deren Bildungsaktivitäten an Hochschulen der Weiterbildung zugeordnet werden können, jedoch nicht immer in einem erwachsenengerechten Weiterbildungsangebot realisiert werden: (1) Die „Second chance learners“, die den Hochschulzugang nicht über den traditionellen Weg erlangt haben. (2) Die verzögerten Einsteiger*innen („Deferrers“), die z. B. nach einer Berufsausbildung oder Elternzeit ein Studium aufnehmen, (3) Die Wiedereinsteiger*innen („Returners“), die nach einer Unterbrechung das Studium wieder aufnehmen, (4) Die „Recurrent Learners“, die nach einer akademischen Ausbildung ein weiterführendes Studium aufnehmen, (5) Die „Refreshers“, die weiterbildende Studien an einer Hochschule zur Aktualisierung ihres Wissens besuchen, (6) Und schließlich die „Learners in later life“, die im Rahmen von SeniorenStudium oder „Universitäten des Dritten Lebensalters“ studieren (Slowey und Schuetze 2012, S. 15–16). Für die Beratung in der wissenschaftlichen Weiterbildung ergibt sich daraus ein weitgefasstes Handlungsfeld mit deutlichen Schnittmengen zur allgemeinen Studienberatung bzw. Fachstudienberatung. Andererseits darf der Blick auch nicht auf studiengangsbezogene Angebote reduziert werden, denn gerade für erwachsene Lernende wird eine Vielzahl von Formaten jenseits des Studiums angeboten. Dollhausen et al. (2013) nennen z. B. Verfahren zur Anerkennung von non-formal und informell erworbenen Kompetenzen, Kurzzeitprogramme und Zertifikatslehrgänge, Teilzeitstudiengänge, Vorbereitungs- oder Brückenkurse. Darüber hinaus wären auch Tagungen und Einzelveranstaltungen mit Bildungsanspruch zur wissenschaftlichen Weiterbildung hinzuzurechnen und entsprechend als Handlungsfeld der Beratung zu berücksichtigen.

448

4

C. Iller

Beratungsbedarfe und Anforderungen an die Beratung in der wissenschaftlichen Weiterbildung

Angesichts der Breite des Angebotsspektrums in der wissenschaftlichen Weiterbildung und der Heterogenität der potenziellen Ratsuchenden ist der Beratungsbedarf schwer einzugrenzen. Hilfsweise soll hier auf die Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks (DSW) Bezug genommen werden, in der Studierende nach ihrem Beratungsbedarf und der Inanspruchnahme von Beratung gefragt wurden. Damit werden allerdings nur die Immatrikulierten erfasst, nicht berücksichtigt werden die Beratungsbedarfe von Studien- bzw. Teilnahmeinteressierten sowie Lernende ohne Studierendenstatus (Middendorff et al. 2017, S. 9–10). Aber auch unter diesen Einschränkungen gibt die 21. Sozialerhebung des DSW hinsichtlich des Beratungsbedarfs und der Inanspruchnahme von Beratung interessante Hinweise für die wissenschaftliche Weiterbildung.

4.1

Beratungsbedarf zur Vereinbarkeit von Studium und Erwerbstätigkeit

Unter den 21 abgefragten Beratungsthemen wird die Vereinbarkeit von Studium und Erwerbstätigkeit an dritter Stelle genannt und gehört damit über alle Altersgruppen hinweg zu den Themen, die „in hohem Maße Fragen, Schwierigkeiten oder Belastungen“ mit sich bringen (Middendorff et al. 2017, S. 70). Noch größerer Beratungsbedarf wird bei den Themen „Arbeitsorganisation und Zeitmanagement“ sowie „Arbeits- und Konzentrationsschwierigkeiten“ artikuliert. Zusammen genommen zeigt sich damit, dass der größte Beratungsbedarf hinsichtlich der studentischen Lebensweise besteht, die mehr oder weniger stark mit anderen Lebensbereichen konfligiert. Die selbstbestimmte Studienorganisation zu meistern und diese mit Erwerbstätigkeit zu vereinbaren, ist vor allem eine Herausforderung für beruflich qualifizierte Studierende, Studierende der „Ersten Generation“ aus nicht-akademischen Elternhäusern und Studierende des „Zweiten“ oder „Dritten Bildungsweges“, also all diejenigen Studierenden, die als nicht-traditionelle Studierende bezeichnet werden (Stöter 2013). Häufig treten diese Merkmale gemeinsam auf und gehen einher mit einem höheren Alter der Studierenden (Iller und Lentner 2014): Studierende der ersten Generation haben häufiger eine Berufsausbildung vor dem Studium absolviert, sind erwerbstätig während des Studiums, studieren länger und sind aufgrund des späteren Eintritts in das Studium und der längeren Studiendauer insgesamt älter. Das Alter ist insofern ein Indikator für atypische Bildungsbiografien. Erwartungskonform ist der Sozialerhebung des DSW zufolge der Beratungsbedarf bei den über 30-Jährigen deutlich höher als bei den jüngeren Studierenden. „Ein deutlicher Zusammenhang besteht zwischen dem Alter der Studierenden und ihrem Beratungsbedarf: Der Anteil Studierender mit Beratungsbedarf ist in der Gruppe der über 30-Jährigen fast anderthalbmal so groß wie bei den unter 19-Jährigen“ (Middendorff et al. 2017, S. 72).

Beratung in der wissenschaftlichen Weiterbildung

449

Dreiviertel der befragten über 30-Jährigen Studierenden artikulieren demnach Beratungsbedarf und mehr als die Hälfte der älteren Studierenden (älter als 31 Jahre) nimmt Beratung auch in Anspruch (53 Prozent gegenüber 38 Prozent der unter 19-Jährigen, Middendorff et al. 2017, S. 72). Entsprechend des Beratungsbedarfs wird am häufigsten Beratung zu studienbezogenen Themen genutzt. Im Vergleich zu jüngeren Studierenden nehmen ältere aber auch besonders häufig Beratung zu persönlichen Themen in Anspruch. Dazu zählt die Sozialerhebung „mangelndes Selbstwertgefühl, depressive Verstimmungen, Partnerschaftsprobleme, Probleme im familiären Umfeld, Kontaktschwierigkeiten, Probleme mit Alkohol und anderen Drogen“ (Middendorff et al. 2017, S. 70). Die Sozialerhebung des DSW unterscheidet bei der Nutzung von Beratung nach hochschulinternen und hochschulexternen Beratungsinstitutionen und erklärt dies mit unterschiedlichen thematischen Zuständigkeiten (Middendorff et al. 2017, S. 71). Denkbar wäre aber auch, dass innerhalb der Hochschule kein Beratungsangebot besteht oder von den Ratsuchenden nicht als Hochschulangebot wahrgenommen wird. Auffällig häufig wird Beratung zu persönlichen Themen außerhalb der Hochschule wahrgenommen (zu 87 Prozent) (Middendorff et al. 2017, S. 70), wobei hier möglicherweise auch bewusst eine unabhängige externe Beratungsstelle aufgesucht wird. Aber auch bei den studienbezogenen Beratungsthemen, wie „Arbeitsund Konzentrationsschwierigkeiten“ oder der „Vereinbarkeit von Studium und Erwerbstätigkeit“ werden häufiger externe als interne Beratungsangebote in Anspruch genommen, obwohl hier ein hochschulseitiges Beratungsangebot – in Verbindung mit Beratungsangeboten seitens der Arbeitgeber – sinnvoll wäre.

4.2

Bedarf an Lernberatung

Dies betrifft vor allem die Lernberatung, die in der Weiterbildung häufig im Zusammenhang mit selbstgesteuerten Lernmethoden angeboten wird. In der HEAD-Studie (Dollhausen et al. 2013) werden international Beispiele für Beratung zu Lernstrategien (Tutorielle Begleitung), Beratung zum wissenschaftlichen Arbeiten, zum wissenschaftlichen Schreiben oder zur Vorbereitung auf Prüfungen aufgezeigt, die in einigen Hochschulen z. B. als online-Beratung oder Gruppenberatung von Beratungszentren angeboten wird, in anderen sind Beratungsangebote in das Studienprogramm integriert. In einigen Fällen werden Studierende explizit aufgefordert, solche Beratung in Anspruch zu nehmen, vor allem jene Studierende, die ohne eine formale akademische Vorbildung ein Studium aufgenommen haben (Dollhausen et al. 2013, S. 58–59). Beratungsbedarf zum wissenschaftlichen Arbeiten zeigt sich vielfach auch erst im Gespräch mit dem Lehr- und Beratungspersonal. So ergeben sich im Austausch über die Verschiebung von Abgabeterminen Beratungsgespräche zu den beruflichen und persönlichen Belastungen und einer auf die spezifische Lebenssituation hin zugeschnittene und unter wissenschaftlichen Ansprüchen angemessene Arbeitsweise (Sausele-Bayer 2012, S. 119). In weiterbildenden Studiengängen nimmt diese Aufgabe häufig die Studiengangskoordination wahr, die Interessierte vor der Aufnahme

450

C. Iller

des Studienprogramms fachlich und persönlich berät und während des Studienprogramms z. T. auch die Lernberatung für die Teilnehmenden und die didaktische Beratung der Lehrenden übernimmt (Sausele-Bayer 2012, S. 119). Für die konsekutiven Studiengänge und die Kurzzeitangebote wäre eine solche Beratung ebenfalls sinnvoll, insbesondere wenn Hochschulen im Sinne des Lebenslangen Lernens die Durchlässigkeit zwischen Aus- und Weiterbildung erhöhen und ihre Bildungsangebote für unterschiedliche Altersgruppen öffnen wollen.

4.3

Bedarf an Laufbahnberatung

Neben der Lernberatung wäre eine auf die Belange von erwachsenen, berufstätigen Studierenden zugeschnittene Studien- und Laufbahnberatung sinnvoll. Eine spezielle Beratung für diese Studierenden empfiehlt sich vor allem in Hinblick auf die Studienfinanzierung, da oft abweichende Förderkriterien wegen des Alters, der Einkünfte oder des Familienstandes bestehen. Eine spezielle Laufbahn- oder Karriereberatung erscheint sinnvoll, da berufstätige Studierende bereits über Berufserfahrung verfügen, die bei der Planung der weiteren Berufslaufbahn berücksichtigt werden sollte. Zudem sind einige – in universitären Career Centern übliche – ergänzende Angebote, wie Praktika, Bewerbungstraining etc. für diese Zielgruppe nicht erforderlich, andere Aktivitäten, wie Vernetzung mit ehemaligen Studierenden in fachlichen oder professionsbezogenen Vereinigungen können aber durchaus den Übergang vom Studium in eine adäquate Berufstätigkeit nach dem Studium unterstützen (Dollhausen et al. 2013, S. 60–61). In diesem Kontext könnte die Beratung auch auf Unternehmen ausgedehnt und Möglichkeiten der Personalentwicklung durch Förderung der wissenschaftlichen Weiterbildung von Mitarbeiter*innen aufgezeigt werden.

4.4

Bedarf an Kursberatung

Als eine weitere Anforderung der Beratung im Hinblick auf Angebote der wissenschaftlichen Weiterbildung ist die Orientierungs- oder Kursberatung zu nennen, die Individuen oder Unternehmen Informationen bei der Wahl des passenden Angebots bereitstellt, z. B. zur Dauer, den Zugangsbedingungen, der Verwertbarkeit des Erlernten, den Serviceleistungen, Kosten, Förderungen etc. In diesem Beratungsformat ist der besondere Status der wissenschaftlichen Weiterbildung vermutlich am deutlichsten erkennbar, denn einerseits wird die Abgrenzung der Weiterbildung gegenüber dem Studium als akademische Erstausbildung konturiert und zugleich das wissenschaftliche Programm gegenüber anderen Angeboten außerhalb des Hochschulbereichs abgeglichen. Es kann vermutet werden, dass diese Schnittstellenfunktion besonders herausfordernd und zugleich für die Entwicklung von neuen Bildungs- und Beratungsangeboten besonders bedeutsam ist. Deshalb wäre es wichtig, diesem Beratungsfeld mehr Aufmerksamkeit zu schenken.

Beratung in der wissenschaftlichen Weiterbildung

4.5

451

Gründe für die Nichtnutzung von Beratung

Ein Blick auf die in der Sozialerhebung des DSW ermittelten Gründe für die Nichtnutzung von Beratungsangeboten gibt weitere Hinweise auf Entwicklungsfelder der Beratung. Über alle Altersgruppen hinweg ist der häufigste Grund für die Nichtinanspruchnahme von Beratung die informelle Klärung der Frage oder des Problems. Für die älteren Studierenden gilt dies jedoch nicht, sie können deutlich seltener ihre Anliegen durch Freunde, Bekannte oder Verwandte lösen (Middendorff et al. 2017, S. 74). Dies könnte einerseits bedeuten, dass ältere Studierende Fragen haben, die professionelle Beratung erforderlich machen oder dass sie seltener als jüngere über ein soziales Netzwerk verfügen, das Antworten auf studienbezogene Fragen beantworten kann. Denkbar ist auch, dass ältere Studierende weniger Möglichkeiten zum informellen Austausch mit anderen Studierenden haben, weil sie aufgrund von familiären und/oder beruflichen Verpflichtungen weniger Zeit an der Hochschule verbringen können. In jedem Fall zeigt der Befund, dass der Beratungsbedarf bislang nicht informell gedeckt werden kann und es hier eine zusätzliche Unterstützung geben sollte. Der Zeitmangel zeigt sich auch an anderer Stelle als relevante Barriere: Ältere Studierende nennen deutlich häufiger als jüngere „keine Zeit“ als Grund für die Nichtnutzung von Beratung (Middendorff et al. 2017, S. 74). Darin könnte ein allgemeiner Zeitmangel zum Ausdruck kommen oder auch ein spezifisches Problem, die Beratungszeiten mit den Arbeitszeiten zu vereinbaren. Dies bestätigen Rettig und Horster (2017), die berufstätige Studierende nach bevorzugten Zeitfenstern für die Beratung fragten und hier die Zeiträume montags bis freitags zwischen 16 und 18 Uhr sowie samstags von 10 bis 12 Uhr als besonders geeignet identifizierten (Rettig und Horster 2017, S. 34–35). Zusammen mit den Formaten (telefonischer oder online-Beratung) ist die zeitliche Verfügbarkeit der Berater*innen einer der Faktoren, „mit denen die Studienberatung begeistern kann“ (Rettig und Horster 2017, S. 36). Beratungsangebote sollten also nicht nur inhaltlich die Bedarfe von erwachsenen Lerner*innen aufgreifen, sondern auch hinsichtlich der zeitlichen Verfügbarkeit und dem Ort der Leistungserbringung.

5

Fazit

Das Handlungsfeld der Beratung in der wissenschaftlichen Weiterbildung ist bislang wenig systematisch erfasst, weder in der Beratungsforschung noch in der Hochschulforschung. In einer Zusammenschau von Beratungsbedarfen und bestehenden Beratungsstrukturen in den Hochschulen zeigt sich, dass Entwicklungspotenziale bei Beratungsleistungen für Teilnehmende und Lehrende bestehen. Bei den Teilnehmenden sind Themen der Vereinbarkeit von Studium bzw. Weiterbildung mit der Erwerbstätigkeit und Familienaufgaben, dem wissenschaftlichen Arbeiten, der Finanzierung, der Anerkennung von Kompetenzen und der weiteren persönlichen und beruflichen Entwicklung relevant. Diese Beratungsinhalte sollten zeitlich und örtlich auf die Situation Berufstätiger Rücksicht nehmen. Das Beratungswissen ist

452

C. Iller

auch für die Weiterentwicklung von hochschulischen Bildungsangeboten wichtig, die Weiterbildungsberatung sollte sich deshalb auch an die Lehrenden richten oder aus der Beratung abzuleitende Informationen über Entwicklungsmöglichkeiten der Hochschulorganisation (z. B. Bedarf an neuen Serviceleistungen, dysfunktionale Organisationsroutinen u. ä.) in die Hochschulverwaltung weiterleiten. In den weiteren Entwicklungen des Handlungsfeldes wäre wichtig, die Rückbindung in das Bildungs- und Beschäftigungssystem auszubauen. Grundsätzlich könnte das Beratungswissen im Sinne eines Radars (Dworschak et al. 2016) systemrelevante Informationen generieren und an AkteurInnen im Bildungs- und Beschäftigungssystem weitergeben, wie z. B. Veränderungen von Nachfragetrends, Verschiebungen in den Teilnehmendengruppen bzw. unter den Nicht-Teilnehmenden. Umgekehrt ist es notwendig, in die Weiterentwicklung der Beratung in der wissenschaftlichen Weiterbildung Impulse aus der außerhochschulischen Beratung aufzunehmen, z. B. migrationssensible Beratungsansätze oder die Ausdifferenzierung und Vernetzung von Beratungshandeln in verschiedenen Beratungsinstitutionen. Hier besteht auch die Chance, die wissenschaftliche Weiterbildung stärker in den Aufmerksamkeitsfokus trägerunabhängiger Weiterbildungsberatungsstellen zu rücken und damit die Bedeutung der Hochschulen für das lebenslange Lernen sichtbarer machen.

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Beratung in der wissenschaftlichen Weiterbildung

453

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Digitale Medien in der wissenschaftlichen Weiterbildung Matthias Rohs und Christian Weber

Inhalt 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Konturen einer geschichtlichen Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Digitale Medien als Lernunterstützung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Digitale Medien im Bildungsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Rahmenbedingungen für den erfolgreichen Einsatz digitaler Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Fazit und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

456 457 460 468 471 473 474

Zusammenfassung

Die Digitalisierung ist ein Kernthema für die zukünftige Entwicklung der wissenschaftlichen Weiterbildung. Damit sind nicht nur die Unterstützung von Lehr-/ Lernprozessen in engerem Sinne, sondern die gesamte pädagogische Handlungskette sowie verschiedenste Bereiche des Bildungsmanagements angesprochen. In diesem Beitrag wird ein Überblick über die Entwicklung des Einsatzes digitaler Medien in der wissenschaftlichen Weiterbildung sowie den aktuellen Status gegeben. Dabei werden mit der Digitalisierung verbundene Chancen und Herausforderungen thematisiert. Schlüsselwörter

Medien · Digitalisierung · Weiterbildung · Hochschule · E-Learning

M. Rohs (*) Fachbereich Sozialwissenschaften, Technische Universtität Kaiserslautern, Kaiserslautern, Deutschland E-Mail: [email protected] C. Weber Volkshochschule, Neustadt/ Weinstraße, Deutschland E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 W. Jütte, M. Rohs (Hrsg.), Handbuch Wissenschaftliche Weiterbildung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-17643-3_23

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M. Rohs und C. Weber

Einleitung

Die wissenschaftliche Weiterbildung ist ebenso wie alle anderen Bereiche des Bildungssystems mit den Einflüssen und Folgen der Mediatisierung (Krotz 2007) und Digitalisierung (Baecker 2016) konfrontiert. Die damit einhergehenden Veränderungen betreffen zum einen mediendidaktische Fragen, wie den Einsatz von Hardund Software zur Planung, Unterstützung und Evaluation von Lehr-/Lernprozessen, sowie die medienpädagogischen Kompetenzen von Lehrenden und Lernenden. Zum anderen haben sie aber auch Auswirkungen auf Fragen des Zugangs zu Zielgruppen, der formal-organisatorischen Gestaltung von Angeboten und Abschlüssen sowie auf Geschäftsmodelle und damit verbundene Aufgaben und Funktionen der Mitarbeitenden in diesem Bereich. In ähnlicher Weise wie in der Wirtschaft wurden und werden auch im Hochschulbereich mit der Digitalisierung grundlegende, „revolutionäre“ Veränderungen prophezeit (Bischof und Stuckrad 2013). Wie schnell und grundlegend diese Wandlungsprozesse verlaufen werden, ist dabei schwer abzusehen. Expertenbefragungen, wie der Horizon-Report,1 zeigen die beschränkte Vorhersagekraft hinsichtlich technologischer Entwicklungen und die zumeist erhebliche Verzögerung der Implementierung technologischer Innovationen in den Hochschulalltag. So wird dem Hochschulbereich auch eine eher „geringe Transformationsgeschwindigkeit“ (Scheer 2015, S. 2) attestiert. Als Ursache dafür werden zum einen strukturelle Gründe, wie die Verbindung von zentralen Einheiten und Fachbereichen, als auch rechtliche und finanzielle Hürden aufgeführt. Als wesentlich wird aber eine (fehlende) Digitalisierungsstrategie erachtet (Hochschulforum Digitalisierung 2015). Dabei stellt sich die Frage, inwiefern es einer gesonderten Strategie für die Digitalisierung bedarf, oder im Rahmen der regulären Hochschulstrategie auf die besonderen Herausforderungen in Lehre, Forschung und Weiterbildung reagiert werden muss. Die Beurteilung einer angemessenen Veränderungsgeschwindigkeit lässt sich jedoch nicht pauschal vornehmen. Sie ist abhängig von den gewählten Referenzpunkten, wobei die technische Entwicklung zwar einen wesentlichen Treiber darstellt, jedoch – einem alten mediendidaktischen Grundsatz folgend – für didaktische Fragen nicht leitend sein darf. Vielmehr ergibt sich ein angemessener Einsatz von Lehr-/Lernmedien im Hochschulkontext vor allem aus deren Sinnhaftigkeit für den Lehr-/Lernprozess und den Bedürfnissen der Lernenden sowie den spezifischen Anforderungen der Organisation, sowie ihren Inhalten und Zielen. Darüber hinaus ist die Implementierung technologischer Innovationen ein Veränderungsprozess und daher immer auch abhängig von der Veränderungsfähigkeit und -bereitschaft der Organisation und ihrer Mitglieder. Gerade in Hochschulen als Expertenorganisationen besteht dabei ein struktureller Widerspruch zwischen den Interessen der Expert*innen und der Gesamtorganisation, die diese Veränderungen erschweren können (Altvater et al. 2007). Daher erfordert die Einführung von E-Learning an Hochschu-

1

https://www.nmc.org/nmc-horizon/.

Digitale Medien in der wissenschaftlichen Weiterbildung

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len auch einen systematischen und professionellen Change-Prozess (Themengruppe Change Management & Organisationsentwicklung 2015). Für die wissenschaftliche Weiterbildung ergibt sich eine Sonderstellung, die sich durch ihre „doppelte Systembindung“ (Wolter 2011, S. 15) zum Hochschul- und Weiterbildungssystem begründet. Die Anforderungen an den Einsatz digitaler Medien sind daher nicht gleichzusetzen mit denen des grundständigen Hochschulbereichs noch mit denen anderer Weiterbildungseinrichtungen. So muss sich die wissenschaftliche Weiterbildung auf der einen Seite an den Marktbedingungen und Bedürfnissen von Teilnehmenden orientieren. Auf der anderen Seite kann sie auch unabhängig davon agieren und z. B. Angebote für weniger medienaffine Zielgruppen offerieren. Grundsätzlich werden digitalen Lehr- und Lernformaten große Potenziale für die wissenschaftliche Weiterbildung zugesprochen, wie z. B. Individualisierung und Flexibilisierung des Lernens (Schmid und Thom 2016). Entsprechend zeigen sich auch in den Digitalisierungsstrategien einzelner Hochschulen Schwerpunktsetzungen im Bereich des Lebenslangen Lernens bzw. der akademischen Weiterbildung (z. B. TU Kaiserslautern) (Schmid und Baeßler 2016). Die Situation ist jedoch sehr differenziert zu beurteilen, da es auf der einen Seite nur wenige empirische Studien zur Digitalisierung im Bereich der wissenschaftlichen Weiterbildung gibt und auf der anderen Seite die Digitalisierung in diesem Bereich von verschiedenen Faktoren, wie z. B. der Größe der Einrichtung, dem allgemeinen Reifegrad der Digitalisierung in der Hochschule, als auch dem professionellen Entwicklungsstand der Einrichtungen abhängig zu sein scheint. Auf der Basis vorliegender Erkenntnisse wird in diesem Beitrag ein Überblick über die Entwicklung und den aktuellen Status zum Einsatz digitaler Medien in der wissenschaftlichen Weiterbildung gegeben. Einen großen Anteil wird dabei der Einsatz zur Unterstützung von Lehr-/Lernprozessen ausmachen. Die digitale Transformation des hochschulischen Weiterbildungsbereichs umfasst aber – wie oben erwähnt – nicht nur Lehr-/Lernprozesse im engeren Sinne, sondern die gesamte pädagogische Handlungskette von der Planung und Analyse, der Gestaltung von Inhalten, über die Beratung und Begleitung bis hin zur Prüfung und Evaluation von Lehr-/Lernprozessen (Kerres 2016) sowie die Bereiche von Management und Administration, die hier in ihrer Breite auch beleuchtet werden sollen. Zum Bereich des Fernstudiums wird dabei aufgrund seiner Komplexität und Eigenständigkeit in diesem Artikel nur punktuell Bezug genommen (vgl. Beitrag von Zawacki-Richter und Stöter in diesem Band).

2

Konturen einer geschichtlichen Entwicklung

Über die Entwicklung der Digitalisierung im Bereich der wissenschaftlichen Weiterbildung liegen wenig Quellen vor. Nachfolgende Betrachtungen versuchen diese in ihren Konturen bestmöglich – wenn auch in Teilen hypothetisch – nachzuzeich-

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M. Rohs und C. Weber

nen.2 Dies erscheint insbesondere in Hinblick auf die Bewertung des Status quo hilfreich. Zunächst ist davon auszugehen, dass der Einsatz digitaler Medien in der wissenschaftlichen Weiterbildung eng mit der Gesamtentwicklung der Hochschule in diesem Bereich verbunden war und ist. Aufgrund der Tatsache, dass sich die Einrichtungen der wissenschaftlichen Weiterbildung aber erst nach und nach etablier(t)en, ist auch davon auszugehen, dass die Digitalisierung in diesem Bereich verzögert erfolgt (ist), ohne dass dabei zwangsläufig gleiche Konzepte und Technologien genutzt wurden und werden. Betrachtet man die Entwicklung digitaler Medien in der wissenschaftlichen Weiterbildung, so ist vor allem die enge Verbindung zum Fernlernen bzw. Fernstudium von besonderer Bedeutung. So verwies bereits Schorb (1980) darauf, dass durch den Einsatz moderner Medien auch denjenigen Weiterbildungsmöglichkeiten erschlossen werden können, „die aus beruflichen Gründen ortsgebundene Angebote nicht nutzen können“ (Schorb 1980, S. 7). So ist es auch nicht verwunderlich, dass Beispiele der mediengestützten wissenschaftlichen Weiterbildung in dieser Zeit von der Fernuniversität Hagen dokumentiert sind, die bereits seit Mitte der 1980er-Jahre im Rahmen von Förderprojekten des Bundesministeriums für Bildung und Wissenschaft computergestützte Medien für die Weiterbildung im Bereich der Informatik entwickelten und einsetzten (Heuel 1994, S. 4). Während dabei zunächst das Selbststudium mit Computer-Based-Tranings (CBT) im Mittelpunkt stand, wurden im Rahmen der „Virtuellen Universität“ ab dem Wintersemester 1996/97 auch verschiedene Kommunikationsmedien wie E-Mail, Newsgroups, Chat sowie Audio- und Videokonferenztools zur Betreuung genutzt (Kaderali und Sans 1998; Peters 2002). Parallel dazu wurden auch an anderen (Fach-)Hochschulen Erfahrungen mit dem Einsatz digitaler Medien in der wissenschaftlichen Weiterbildung gesammelt. Als erste Präsenz-Hochschule in Deutschland hat die tele-akademie der FH-Furtwangen tele-mediale wissenschaftliche Weiterbildung in Deutschland angeboten (Kerres 1996). Andere Hochschulen wie z. B. die Universität Ulm (Stadelhofer 1998) oder die TU Kaiserslautern (Lehmann 2002) folgten. Unterstützt wurden diese Erprobungen seit Ende der 1990er-Jahre durch verschiedene Förderprogramme auf Landes- und Bundesebene, die eine breite Einführung und Etablierung digitaler Medien in den Hochschulen zum Ziel hatten. Zu nennen wären hier z. B. die BMBF-Programme „Neue Medien in der Bildung“, „Virtuelle Hochschulen“ (Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz) und „Virtuelle Fachhochschule“ (Kleimann und Wannemacher 2004, S. 13–14). Dabei wurden nicht nur innovative mediendidaktische Angebote und Produkte entwickelt, sondern auch die technischen Infrastrukturen für den Einsatz digitaler Medien geschaffen und hochschuldidaktische Maßnahmen zur Verbesserung der mediendidaktischen Kompetenzen der Lehrenden durchgeführt.

2

Betrachtet wird hier die Entwicklung in Deutschland. Einen grundlegenden Überblick zur Geschichte der wissenschaftlichen Weiterbildung in Wolter und Schäfer in diesem Band bzw. für die DDR in Siebert (2010).

Digitale Medien in der wissenschaftlichen Weiterbildung

459

Auch wenn dabei der grundständige Bereich im Mittelpunkt stand, dürfte auch die wissenschaftliche Weiterbildung davon profitiert haben. So wurde beispielsweise schon in den Projekten des Förderprogramms „Neue Medien in der Bildung“ der Erschließung neuer Studierendengruppen über den Einsatz digitaler Medien eine besonders hohe Bedeutung beigemessen (Kleimann und Wannemacher 2004, S. 78). Ob dabei auch strukturbildende Maßnahmen (z. B. die Einführung von Learning Management Systemen oder von E-Learning Service-Einrichtungen) für die wissenschaftliche Weiterbildung umgesetzt wurden, muss aufgrund der sehr unterschiedlichen Einbettung der Einrichtungen in den Hochschulen sowie der Frage, ob und in welcher Form solche Einrichtungen überhaupt schon existierten, sehr differenziert betrachtet werden. Baron (1999) weist allerdings darauf hin, dass sich die wissenschaftliche Weiterbildung schon in den 1990er-Jahren an den Erfahrungen zum Einsatz digitaler Medien im grundständigen Bereich orientiert hat. So ist zu vermuten, dass sich die zunehmende Verbreitung und Etablierung digitaler Medien in den Hochschulen auch auf den Medieneinsatz in der wissenschaftlichen Weiterbildung ausgewirkt haben. Im Rahmen des Bund-Länder-Wettbewerbs „Aufstieg durch Bildung: Offene Hochschulen“, welcher explizit auf die wissenschaftliche Weiterbildung ausgerichtet ist, sind schließlich fast die Hälfte der seit 2011 geförderten Projekte (34 von 73) dem Themenschwerpunkt „Blended Learning/E-Learning“ zugeordnet.3 Diese Fokussierung auf digitale Lernangebote kann zum einen als Indiz für die grundsätzliche Bedeutung des Themas, als auch für den Nachholbedarf in diesem Bereich gesehen werden. Ein wichtiger Motor für die Auseinandersetzung mit digitalen Medien in der wissenschaftlichen Weiterbildung waren darüber hinaus so genannte Massive Open Online Courses (MOOCs), welche seit 2008 in zunehmendem Umfang von Universitäten, zunächst in den USA, später auch in Europa, angeboten werden. Diese weitgehend kostenfreien Angebote sprechen auch Personen an, die sich berufsbegleitend wissenschaftlich weiterbilden wollen. In den letzten Jahren ist eine Kommerzialisierung der MOOCs hin zu kostenpflichtigen Angeboten mit anerkannten akademischen Abschlüssen zu beobachten, welche von privatwirtschaftlichen Unternehmen z. B. in Kooperation mit Hochschulen angeboten werden.4 Inwiefern sich solche Kooperationen als neue Modelle der wissenschaftlichen Weiterbildung etablieren und welchen Stellenwert sie zukünftig einnehmen, ist noch nicht abzusehen. Es ist aber wahrscheinlich, dass sich durch die Digitalisierung auch neue Geschäftsmodelle im Bereich der wissenschaftlichen Weiterbildung ergeben werden (siehe Beitrag von Lermen und Vogt in diesem Band). Neben der Anwendung digitaler Medien zur Unterstützung von Lehr-/Lernprozessen waren digitale Medien aber auch schon früh selbst Gegenstand von Angeboten der wissenschaftlichen Weiterbildung. Zu nennen wären hier bspw. die seit 1997

3

Vgl. https://de.offene-hochschulen.de/oh_projects#. Zu nennen wären hier beispielsweise Coursera (https://www.coursera.org), edX (https://www.edx. org). 4

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bestehenden Kurse „Neue Bildungsmedien“ bzw. „Experte für Neue Lerntechnologien“ der Teleakademie der FH Furtwangen, die den Teilnehmenden „fundierte Kenntnisse in den Bereichen Medieninformatik, Medienpädagogik, Mediendidaktik, tele-Tutoring, Bildungsmanagement und zum Management multi-medialer Projekte“ vermitteln (Dittler und Jechle 2002, S. 281). Aber auch die Angebote „Medien & Bildung“ der Universität Rostock und das weiterbildende Studienangebot „Educational Media“ an der Universität Duisburg-Essen haben schon eine längere Tradition. Darüber hinaus existieren heute in Deutschland eine Vielzahl weiterer Angebote der wissenschaftlichen Weiterbildung zum Einsatz digitaler Medien im Bildungsbereich, in der Wirtschaft und Verwaltung. Gerade die Wirtschaft sieht dabei in der wissenschaftlichen Weiterbildung ein wichtiges Element zur Unterstützung der Digitalisierung im Unternehmenskontext (BDA 2017, S. 45; Paul et al. 2017). Insgesamt kann konstatiert werden, dass sich der Einsatz digitaler Medien in der wissenschaftlichen Weiterbildung nach einer Phase erster Erprobungen in den 1990er-Jahren, unter anderem durch die öffentliche Förderung des Einsatzes digitaler Medien in den Hochschulen zunehmend verbreitet hat. Digitale Medien sind aber auch heute noch keine Selbstverständlichkeit in der wissenschaftlichen Weiterbildung. Wie digitale Medien eingesetzt werden und welche Chancen und Risiken damit verbunden sind, wird im folgenden Kapitel erläutert.

3

Digitale Medien als Lernunterstützung

Auch wenn die Digitalisierung alle Bereiche der Hochschule – von der Forschung über die Lehre bis hin zur Administration – betrifft, stand lange Jahre vor allem die Lehre im Vordergrund. Mittlerweile setzen nahezu alle Institutionen der Hochschulbildung digitale Medien als Mittel der Lernunterstützung ein – vom Einsatz von Beamern und Learning Management Systemen bis hin zu E-Assessment, Mobile Learning und Learning Analytics (Schmid et al. 2017).

3.1

Einsatz von Lehr-/Lernmedien in der wissenschaftlichen Weiterbildung

Wie bereits im vorhergehenden Kapitel angedeutet, etablier(t)en sich digitale Medien in der wissenschaftlichen Weiterbildung erst allmählich. 2005 wurden noch „mehr als neun von zehn Angeboten in Präsenzform durchgeführt“ (Faulstich et al. 2007, S. 133). Nach einer aktuellen Studie des Hochschulforums Digitalisierung (Schmid und Thom 2016) bieten 10 % der Einrichtungen der wissenschaftlichen Weiterbildung mindestens ein digitalisiertes Angebot an, welches eine Präsenzveranstaltung voll ersetzt (Distance Learning), weitere 12 % bieten mindestens ein teildigitalisiertes Angebot (Blended Learning), und weitere 25 % begleitende Online-Service-Angebote zur Vor- und Nachbereitung der Lehrveranstaltungen an (Anreicherung) (Schmid und Thom 2016, S. 49) (vgl. Abb. 1).

Digitale Medien in der wissenschaftlichen Weiterbildung

461

Abb. 1 Digitalisierung wissenschaftlicher Weiterbildungsangebote. (Darstellung nach Schmid und Thom 2016, S. 49)

Eine Untersuchung berufsbegleitender und dualer Studienangebote5 zeigt beim Einsatz von digitalen Medien in den Präsenzveranstaltungen vergleichbare Umfänge (Minks et al. 2011). Danach wird in einem Viertel der Masterangebote E-Learning eingesetzt. Beim Einsatz digitaler Medien sind aber auch deutliche strukturelle Unterschiede festzustellen: Während drei Viertel aller großen Hochschulen digitalisierte Formate in der Weiterbildung einsetzen, sind es bei den mittelgroßen Hochschulen knapp 60 % und bei den Kleineren nur noch ein Drittel (Minks et al. 2011, S. 39). Dieser Zusammenhang lässt sich dadurch begründen, dass größere Hochschulen mehr Spielräume bei der Finanzierung der Digitalisierung haben und der Mehrwert oft mit der Skalierbarkeit der Angebote in Verbindung gebracht wird, d. h. je mehr Studierende die Angebote nutzen, desto eher lohnen sich die Investitionen in Infrastruktur und Angebots-/Medienerstellung. Die Studie von Minks et al. (2011) zeigte zudem, dass „bei etwa der Hälfte der [berufsbegleitenden] Masterangebote von staatlichen Universitäten und privaten Fachhochschulen und gut einem Drittel der staatlichen Fachhochschulen (. . .) Formen des E-Learning genannt [werden]. An privaten Fachhochschulen wird diese Lehr-/Lernform offenbar nicht so häufig angewandt (26 %)“ (Minks et al. 2011, S. 72).

5

Zur Notwendigkeit einer stärkeren Differenzierung siehe Nickel (2017).

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Unterschiede können nicht nur in der grundsätzlichen Durchdringung mit digitalen Lehr-/Lernangeboten angenommen werden, sondern auch bezüglich der Angebotsformate. So kommen Faulstich et al. (2007, S. 133) zu dem Ergebnis, dass mit der Länge der Angebote auch der Anteil digitaler Lernformate steigt. Diese Tendenz wird auch in der Untersuchung von Minks et al. (2011) bestätigt. Während der Einsatz von E-Learning im Präsenzmodus bei Masterangeboten bei 25 % liegt, sind es bei Zertifikatsangeboten nur 15 %. Auch im Fernstudienmodus wird E-Learning bei Masterangeboten öfter eingesetzt (76 % Master; 53 % Zertifikate). Dieser Zusammenhang lässt sich aus Perspektive der Studierenden erklären: Während bei kurzzeitigen Angeboten ein überschaubarer Zeitaufwand für die Weiterbildung und die damit verbundenen Präsenzzeiten geleistet werden muss, können diese zeitlichen Belastungen bei längeren Angeboten deutlich höher ausfallen. Diese Anwesenheitszeiten können durch digitale Lernformate im Blended- oder DistanceLearning Mode verringert werden, was den Studierenden entgegenkommt. So zeigt auch die Untersuchung von Sommerfeld und Höllermann (2016): „Die Existenz eines leistungsfähigen Online-Campus wird heute ebenso selbstverständlich vorausgesetzt wie die Verfügbarkeit digitaler Skripte und videobasierter Lehrinhalte.“ (S. 22). Für den gesamten Bereich der Weiterbildung zeigt sich, dass digitale Medien6 in 43 % der Weiterbildungsangebote eingesetzt werden (BMBF 2017, S. 57). Dies bedeutet, dass insgesamt traditionelle Formen noch dominieren. Damit ist die Digitalisierung in der wissenschaftlichen Weiterbildung ähnlich ausgeprägt wie im Durchschnitt in der Weiterbildung – wobei von großen Unterschieden innerhalb der verschiedenen Weiterbildungssektoren ausgegangen werden muss.7 Eine Beurteilung des Digitalisierungsgrades lässt sich aber nicht allein aufgrund quantitativer Merkmale des Einsatzes bestimmen. Daher sollen im folgenden Abschnitt konkrete Einsatzformen näher beleuchtet werden.

3.2

Einsatzformen digitaler Lehr-/Lernmedien in der wissenschaftlichen Weiterbildung

Digitale Medien ermöglichen eine ganze Palette von konkreten Einsatzmöglichkeiten, von der einfachen Ergänzung klassischer Präsenzveranstaltungen bis hin zu rein virtuellen Angeboten. Die grundlegenden funktionalen Bestandteile umfassen dabei sowohl Informations- als auch Kommunikationsaspekte. Unterschiede lassen sich beispielsweise am Grad des Medieneinsatzes festmachen (z. B. Bremer 2001, S. 10; De Witt 2005, S. 2; Süss et al. 2010, S. 160): 6

Unter digitale Medien werden hier Online verfügbare Lernmaterialien, Kommunikation über Online-Portale sowie WBT, MOOC oder Prüfungssoftware (BMBF 2017, S. 55). 7 „Lehrende in privat-kommerziellen Institutionen sowie freiberuflich in der Weiterbildung tätige Lehrende sind beim digitalen Lernen deutlich aktiver (40 bzw. 39 Prozent) als ihre Kollegen aus den Volkshochschulen (17 Prozent) oder dem öffentlich geförderten Weiterbildungsbereich (15 Prozent)“ (Schmid et al. 2018, S. 7).

Digitale Medien in der wissenschaftlichen Weiterbildung

463

• Präsenzbegleitend/Anreicherung: Als Unterstützung bzw. Ergänzung einer traditionellen Präsenzveranstaltung, bspw. durch den Einsatz von Beamer, Classroom Response Systemen, aber auch durch Online-Dienste für organisatorische Zwecke (Information, Anmeldung und Terminplanung), zur Bereitstellung von Materialien oder auch zur Kommunikation zwischen Lehrenden und Lernenden (z. B. Social Media). • Integration: Als Verbindung von Präsenz- und Online-Anteilen, bspw. durch ergänzende virtuelle Lernressourcen zur Vor- oder Nachbereitung von Präsenzveranstaltungen, bis hin zu hybriden Lernarrangements, bei denen in unterschiedlichem Umfang reine Online-Lernphasen stattfinden (Blended Learning). • Virtuell/Online-Lernen: Als Fernstudien-Angebot, das (weitgehend) ohne Präsenzveranstaltungen auskommt und sämtliche Aspekte des Lernprozesses virtuell abbildet und ersetzt. Darüber hinaus kann zwischen unterschiedlichen Funktionen des Medieneinsatzes in Lehr-/Lernprozessen unterschieden werden (z. B. Information, Präsentation, Kooperation, Kommunikation, Beratung, Übung, Test). Für den Bereich der wissenschaftlichen Weiterbildung lassen sich eine Reihe von Beispielen für die Anwendung digitaler Medien zur Unterstützung von Lehr-/ Lernprozessen finden. Der Einsatz eines Learning Management Systems (LMS) stellt hierbei eine der grundlegendsten und weitreichendsten Fragen für den Einsatz digitaler Medien im Bereich der wissenschaftlichen Weiterbildung dar. Ein LMS dient der Bereitstellung von Lerninhalten sowie der Organisation von Lernprozessen. Über den Einsatz eines LMS können viele Funktionen der Distribution und Begleitung von individuellen und kooperativen Lernprozessen abgedeckt werden. Gleichzeitig determinieren die technischen Möglichkeiten der einzelnen Anwendungen aber auch die mediendidaktische Umsetzungsmöglichkeiten. Aufgrund der spezifischen Bedürfnisse der wissenschaftlichen Weiterbildung ist daher neben der Entscheidung für z. B. eine der verbreiteten Open-Source-Anwendungen (wie ILIAS, Moodle, OpenOLAT) auch die Option für eine Eigenentwicklung oder eines Nischenprodukts von Bedeutung (Schöne 2017; Brodbeck et al. 2017). Learning Management Systeme bieten verschiedene Funktionen, von denen der Distribution von Lehrmaterialien, Kommunikationsmöglichkeiten und der Abbildung klassischer Lehrszenarien (Virtual Classrooms) wohl die größten Bedeutungen zukommen. Darüber hinaus gewinnen Anwendungen zur Reflexion, Erfassung und dem Test von Kompetenzen mit Online-Tools an Bedeutung. Hier sind z. B. OnlineSelfassessments (OSA), ePortfolios und Online-Tests zu nennen (Arnold et al. 2017), die in verschiedenen Phasen des Studiums eingesetzt werden können. Mit der zunehmenden Verbreitung von mobilen Endgeräten, vor allem Smartphones, ergeben sich zudem neue Möglichkeit der Umsetzung von Lernszenarien. Im Rahmen der wissenschaftlichen Weiterbildung (wie auch in anderen Bereichen) steht dabei vor allem die mobile Verfügbarkeit von Inhalten im Vordergrund. Damit verbunden sind Anforderungen an die technische Verfügbarkeit von Learning Management Systemen (responsive design, Apps) (Poxleitner 2017) und Digitalisierung bzw. Anpassung der bereits digitalisierten Inhalte an die Nutzung auf

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mobilen Endgeräten (Zukov und Decker 2013). Als Mehrwert von Mobile Learning für die wissenschaftliche Weiterbildung wird vor allem die noch höhere zeitliche und örtliche Flexibilität gegenüber Desktop-PC-Anwendungen gesehen, was auch die relativ größere Bedeutung für den Bereich der Erwachsenenbildung gegenüber anderen Bildungsbereichen erklären könnte (Kuszpa und Scherm 2005). Weitgehend außerhalb der Betrachtungen zum Einsatz digitaler Medien in der Hochschule sind informelle Nutzungsformen (Hofhues 2016). So ist bekannt, dass Studierende Social Media-Anwendungen zur informellen Vernetzung nutzen, obwohl entsprechende Anwendungen auch im Rahmen der Learning Management Systeme zur Verfügung stehen. Zu vermuten ist, dass damit eine höhere Praktikabilität verbunden wird, da die Nutzer*innen diese Anwendungen bereits privat nutzen und kennen, und somit einen zusätzlichen Austauschraum vermeiden und ggf. auch weniger bedienungsfreundliche Anwendungen umgehen.

3.3

Potenziale und Vorteile digitaler Medien

Die Erwartungen an die Möglichkeiten und den Nutzen digitaler Medien und entsprechend unterstützter Bildungsangebote sind vielschichtig (z. B. Kerres 2007, S. 2–3; Persike und Friedrich 2016, S. 4). Häufig bezieht sich das Thema Digitalisierung im Bereich der Weiterbildung in erster Linie auf digitale Medien als Mittel zur Gestaltung und Unterstützung von Lehr-/Lernprozessen (z. B. Steinhöfel und Rosenberg 2016, S. 2). Diesbezüglich finden sich Potenziale und Erwartungen insbesondere in folgenden Punkten: a) b) c) d)

Erhöhung von Qualität und Lernwirksamkeit Zeitliche und räumliche Flexibilisierung Förderung selbstgesteuerten Lernens Vereinfachung der Lehrorganisation

Zu a) Erhöhung von Qualität und Lernwirksamkeit Im Rahmen der Medienwirkungsforschung wird deutlich, dass eine direkte Vergleichbarkeit unterschiedlicher Medien nicht so ohne weiteres möglich ist, da jedes Medium bestimmte Potenziale beinhaltet, die in einer jeweils anderen Ausgestaltung eines Lernangebotes münden (z. B. Kerres 2003, S. 5–6). Die häufig angenommene erhöhte Lernwirksamkeit und -effizienz von E-Learning bezogen auf den Medieneinsatz konnte bisher durch die Forschung nicht bestätigt werden. Lernen mit digitalen Medien schneidet nicht besser oder schlechter ab als klassischer Unterricht. Vielmehr sind verschiedene zentrale Moderatorenvariablen für die Art der Wirkung (günstig oder ungünstig) ausschlaggebend, wie bspw. die Akzeptanz der Medien sowie die Selbstlernfähigkeiten der Teilnehmenden (Kerres 2003, S. 6). Allerdings ermöglichen digitale Medien neue Werkzeuge bzw. methodische Möglichkeiten, um in bestimmten Fällen effizientere Mittel zur Lernzielerreichung verfügbar zu

Digitale Medien in der wissenschaftlichen Weiterbildung

465

haben. Digitale Medien fördern bspw. ein Lehren und Lernen, welches Anschaulichkeit unterstützt (bspw. durch Bilder, Videos, Simulationen) und die kognitiv-emotionale Aktivierung von Lernenden durch Lernaufgaben (wie Fälle, Probleme oder Projekte) und durch Interaktivität anregt. Durch die erweiterten Möglichkeiten der Darstellung von Inhalten können zudem Sachverhalte anschaulicher, ansprechender und verständlicher gestaltet und hierdurch auch abstrakte Inhalte verständlicher gemacht werden (Schmid und Thom 2016, S. 14; Kerres 2007, S. 2–3). Der Nutzen digitaler Medien hinsichtlich Qualität und Lernwirksamkeit ist somit differenziert zu betrachten. Nicht der Medieneinsatz als Solcher, nicht die Medientechnologie, sondern ein zur Lernsituation passendes didaktisches Konzept und die mediale und didaktische Aufbereitung von Inhalten ist für die Entfaltung lernwirksam nützlicher Potenziale und einen konkreten Mehrwert ausschlaggebend (Kerres 2003, S. 5–6, 2007, S. 2–3, 2016, S. 2). Zu b) Zeitliche und räumliche Flexibilisierung Wissenschaftliche Weiterbildung sollte sich an den jeweiligen individuellen Voraussetzungen ihrer Zielgruppen orientieren. Sie richtet sich in der Regel an Personengruppen, deren Bedarf an flexiblen Bildungsangeboten wesentlich höher sein dürfte, als der von traditionell bzw. grundständig Studierenden (Schmid und Thom 2016, S. 14; Wannemacher 2014, S. 18). Digitale Medien können dazu beitragen, diesen Bedarf nach Flexibilität zu decken und die individuelle Lebens- und Arbeitssituation potenzieller Teilnehmer berücksichtigen. Sie ermöglichen nicht nur eine zeitlich und räumlich unabhängige Nutzung, sondern zudem zusätzliche neue Möglichkeiten für, sowohl synchrone als auch asynchrone, Kommunikations- und Kooperationsformen. Eine sich somit ergebende Individualisierung der Bildungsangebote kann damit nicht nur die Studierbarkeit überhaupt erst gewährleisten, sondern darüber hinaus auch die Kundenbindung erhöhen (Fischer et al. 2011, S. 305) oder Lernzeiten individuell verkürzen (Kerres 2007, S. 2–3). Zu c) Förderung selbstgesteuerten Lernens Besondere Potenziale werden digitalen Medien bei der Unterstützung selbstgesteuerten Lernens zugeschrieben. Dabei wird insbesondere auf die bereits beschriebenen Möglichkeiten zur räumlichen und zeitlichen Flexibilisierung sowie die Interaktivität verwiesen. Verschiedene methodische Werkzeuge, wie bspw. Online-Selbsttests, bieten direktes „on-demand“-Feedback zum Lern- und Wissensstand. Hypertexte können den Lernenden darüber hinaus individuell steuerbare Lernpfade eröffnen. Technologische Entwicklungen im Kontext von Künstlicher Intelligenz, die die Analyse umfangreicher Daten von Lernenden ermöglichen (Learning Analytics, Educational Data Mining), unterstützen darüber hinaus die Gestaltung adaptiver Lernsystemen, die z. B. individuelle, lerntypensensible Repräsentationen von Lernressourcen ermöglichen (Baker und Inventado 2014; Rohs 2016). Die Etablierung entsprechender Systeme im Hochschulkontext wird sich in den nächsten Jahren voraussichtlich weiter verbreiten (Daniel 2017).

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Zu d) Vereinfachung der Lehrorganisation Digitale Medien können darüber hinaus auch organisatorische Aufgaben im Rahmen des konkreten Lernprozesses erleichtern, wie z. B. die Organisation von Lehrveranstaltungen und die Kommunikation mit den Teilnehmenden. Bestimmte Kommunikationsformen, wie Foren, bieten darüber hinaus den Mehrwert Kommunikation für alle transparent zu gestalten. Wiederholt gleiche inhaltliche Fragen können vermieden werden und die Teilnehmenden selbst haben zudem die Möglichkeit, sich gegenseitig bspw. auch organisatorische Fragen zu beantworten (z. B. Wieg und Barz 2010, S. 133–134). Neben diesen beschriebenen Vorteilen werden auch die erleichterten Zugriffsmöglichkeiten auf umfassende Informations- und Lernressourcen, sowie die ggf. vereinfachte Kommunikation zwischen den Lernenden als Potenziale digitaler Medien gesehen, die vor allem gegenüber traditionellen Fernstudienformaten einen Fortschritt darstellen (Peters 2002, S. 270). Eine Kostenersparnis, wie sie mit der Einführung von E-Learning propagiert wurde, ist – wenn überhaupt – nur im Bereich der Distribution von Lehr-/ Lernmaterialien bzw. bei großen Teilnehmergruppen (Skalierungseffekte) gegeben.

3.4

Herausforderungen und Risiken digitaler Medien

Der Einsatz digitaler Medien bringt, neben den beschriebenen Chancen und Potenzialen, auch neue spezifische Herausforderungen und Risiken mit sich. Diese sind zum einen direkt an die Medien gebunden, zum anderen aber auch an die Art und Weise, wie die Medien eingesetzt werden. Darüber hinaus gibt es zunehmend Stimmen, die die breite Digitalisierung der akademischen Lehre kritisch hinterfragen, da die Zusammenhänge zwischen den Problemen und Herausforderungen des Lehrens und Lernens mit den Lösungen digitaler Medien nicht deutlich und durch den Einsatz digitaler Medien neu entstehende Probleme weitgehend ausgeblendet werden (Ferreira et al. 2017; Selwyn 2016). Zu nennen wären dabei u. a. folgende Aspekte: a) Verlust von (analogen) Sinneswahrnehmungen b) Verlust sozialer Beziehungen c) Didaktischer Traditionalismus d) Hohe Kosten e) Datenschutz f) Digitale Spaltung

Zu a) Verlust von Sinneswahrnehmungen Die Kommunikation über digitale Medien ist mit Einschränkungen der sinnlichen Wahrnehmung verbunden, so z. B. bei schriftlicher Kommunikation die fehlende Mimik und Gestik. Über Video werden diese Einschränkungen teilweise reduziert, können aber den Verlust nicht gänzlich kompensieren.

Digitale Medien in der wissenschaftlichen Weiterbildung

467

Dadurch wird die Kommunikation grundsätzlich erschwert, da Informationen zur Interpretation (des Gesagten/des Verhaltens) fehlen. In gleicher Weise sind durch Simulationen Wahrnehmungsebenen reduziert (z. B. haptisch, olfaktorisch). Zu b) Verringerung sozialer Beziehungen Insbesondere im Zusammenhang mit Distance-Learning-Angeboten kann der Einsatz digitaler Medien zu einer Reduktion sozialer Beziehungen im Lehr-/ Lernprozess führen (social presence, Whiteside et al. 2017), auch wenn die Möglichkeit dazu grundsätzlich gegeben wäre. Als Gründe wären hierfür das fehlende Vertrauensverhältnis als auch reduzierte Gelegenheitsstrukturen durch stärkere Selbstlernanteile zu nennen. Zu c) Didaktischer Traditionalismus Digitale Medien führen nicht automatisch dazu, dass moderne didaktische Ansätze praktiziert werden. Vielmehr war und ist zu beobachten, dass digitale Lehr-/Lernmedien trotz ihrer breiten Möglichkeiten oft traditionell im Sinne einer lehrzentrierten Instruktion angewandt werden. Derartige Einsatzformen widersprechen konstruktivistischen Ansätzen, sowie didaktischen Grundsätzen der Erwachsenenbildung (Arnold 2006). Zu d) Hohe Kosten Die Nutzung digitaler Medien kann mit hohen Kosten verbunden sein. Insbesondere die Entwicklung, Pflege und Aktualisierung von Hard- und Software können hohe finanzielle Investitionen mit sich bringen, die sich bei geringen Teilnehmerzahlen nicht rentieren. Daher können staatliche Förderprogramme hier eine wichtige Rolle spielen. Zu e) Datenschutz Ein wichtiger Entwicklungsbereich der Anwendung digitaler Lehr-/Lernanwendungen liegt in der Nutzung von Lernerdaten zur Individualisierung von und Optimierung von Lernprozessen (Learning Analytics). Mit der Sammlung der Daten der Lernenden bestehen aber auch Gefahren für das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Gerade Daten über das individuelle Wissen und Können sind hoch sensibel und bedürfen eines besonderen Schutzes. Zu f) Digitale Spaltung Als große Gefahr wird angesichts unterschiedlich ausgeprägter Voraussetzungen bei den Lernenden eine digitale Spaltung bezüglich der Nutzung und den Erträgen des Lernens mit digitalen Medien gesehen. Das bedeutet, dass nicht alle Menschen von den Möglichkeiten digitaler Lernmedien in gleichem Maße profitieren. Insbesondere auch frei zugängliche Ressourcen führen vor diesem Hintergrund dazu, dass Personen die u. a. über hohe Lernaffinität, guten formalen Bildungshintergrund, ausgeprägte Medienkompetenz und eine entsprechende technische Ausstattung verfügen, mehr von diesen Lernmöglichkeiten profitieren, als Personen die nicht darüber verfügen (Rohs und Ganz 2015; Van Deursen und Van Dijk 2014). Diese Herausforderungen und Risiken im Umgang mit digitalen Medien sind auch für die wissenschaftliche Weiterbildung von großer Bedeutung, insbesondere

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dann, wenn die Angebote sich gleichermaßen an alle Menschen richten sollen. Die speziellen Anforderungen von Menschen mit Behinderungen sind hierbei noch nicht berücksichtigt, denn auch für diese Zielgruppe ergeben sich neben einigen Vorteilen auch Herausforderungen und Grenzen bei der Nutzung digitaler Lernangebote (Crichton und Kinash 2013; Rohs 2016). Schorb (1980) merkt darüber hinaus an, dass durch den Einsatz digitaler Medien die Vermittlung wissenschaftlicher Inhalte „deformiert“ werden können. „Die Neigung der Bildmedien zur großflächigen, undifferenzierten, scharf konturierten Darstellung schafft ein Spannungsverhältnis zur Subtilität, Nuancenfülle und Vielschichtigkeit der meisten wissenschaftlichen Sachverhalte. Das Medium tut Gegenständen, zu deren besonderer Eigenart innere Differenziertheit gehört, Gewalt an, in dem es zu Vereinfachung, Vergröberung, Beseitigung von Details zwingt“ (Schorb 1980, S. 7–8). Diese Sichtweise kann sicherlich kontrovers diskutiert werden, sie besitzt aber angesichts der momentanen Popularisierungstendenzen, welche auch durch die Medien unterstützt werden, große Aktualität. Digitale Medien können jedoch auch dazu beitragen, die Komplexität von Sachverhalten besser und verständlicher darzustellen, als es mit klassischen, schriftbasierten Medien möglich wäre. Daher kommt es auch hier darauf an, wie die Medien konkret eingesetzt werden. Damit lässt sich zusammenfassend konstatieren, dass die Unterstützung von Lehr-/ Lernprozessen mit digitalen Medien in den Einrichtungen der wissenschaftlichen Weiterbildung vielfältig genutzt werden, wobei die Möglichkeiten der zeitlichen und örtlichen Flexibilisierung eine besondere Rolle spielen. Damit werden die vorhandenen Potenziale aber bei weitem nicht ausgeschöpft. Vor allem für die Verbindung formellen und informellen Lernens bieten digitale Medien große Potenziale, die vor allem dort von Bedeutung sind, wo die berufspraktischen Erfahrungen mit der theorieorientierten Reflexion verbunden werden können. Lebenslanges Lernen muss als ein Lernen in verschiedenen Kontexten miteinander verbunden werden und gerade digitale Medien können hier wichtige Brücken im Sinne eines seamless learning herstellen. Gleichzeitig zeigen sich in Hinblick auf die heterogenen Zielgruppen der wissenschaftlichen Weiterbildung besondere Herausforderungen im Umgang mit digitalen Medien, um gleiche Lernmöglichkeiten und -chancen für alle sicherzustellen. Auch Learning Analytics bieten hier nur begrenzte Möglichkeiten, da es schon die Nutzung digitaler Medien bzw. digitale Repräsentationen des Wissens voraussetzt. Zudem werden mit dem Einsatz von künstlicher Intelligenz bzw. machine learning (z. B. teaching (ro)bots, big data analysis/data science) in der Hochschullehre auch ethische Fragen an Relevanz gewinnen (Johnson 2014; Moore und Ellsworth 2014), wie z. B. Zugangsmöglichkeiten, Datenschutz.

4

Digitale Medien im Bildungsmanagement

Neben der Begleitung und Unterstützung von Lehr-/Lernprozessen hat die Digitalisierung auch starken Einfluss auf das Bildungsmanagement – von der Marktanalyse, über die Planung der Angebote, dem Marketing, der Beratung, dem Wissensmanagement bis hin zur Qualitätssicherung und Evaluation. Während einige Einrich-

Digitale Medien in der wissenschaftlichen Weiterbildung

469

tungen der wissenschaftlichen Weiterbildung über weitgehend autonome technologische Infrastrukturen für das Bildungsmanagement verfügen, sind diese Prozesse in anderen Hochschulen eng mit dem grundständigen Studium verbunden. Dieser Unterschied kann u. a. mit der doppelten Systembindung der wissenschaftlichen Weiterbildung (Wolter 2011, S. 15) begründet werden. Sie ist damit angehalten, auf der einen Seite unter ökonomischen Anforderungen am Markt zu agieren und auf der anderen Seite öffentliche Interessen z. B. nach kostengünstigen Angeboten auch wenig lukrativer Inhalte für marginalisierte Zielgruppen zu bedienen. Aufgrund dieses der wissenschaftlichen Weiterbildung inhärenten Zielkonflikts ergeben sich auch Unterschiede zwischen den Anforderungen an die medientechnologische Unterstützung zwischen grundständigen und weiterbildenden Studienangeboten. Schmid und Thom (2016) haben diese für eine eher marktorientierte Ausrichtung der wissenschaftlichen Weiterbildung beleuchtet und sind zu dem Schluss gekommen, dass „akademische Weiterbildungseinrichtungen speziell bei onlinebasierten Angeboten in der Regel einen höheren und komplexeren Organisationsaufwand zu bewältigen haben [als im konsekutiven Bereich, A.d.V.] (. . .) Der Betriebsmodus einer digitalisierten Weiterbildungsorganisation unterscheidet sich also erheblich von den sonst üblichen Aufgaben und Abläufen der hochschulischen Lehrorganisation“ (Schmid und Thom 2016, S. 20 f.). Beispielhaft sollen nachfolgend einige dieser Anforderungen und die damit verbundenen Auswirkungen der Digitalisierung deutlich gemacht werden. Marketing Im Zuge der demographischen Entwicklung kommt dem Marketing im Hochschulbereich ein höherer Stellenwert zu, hierbei insbesondere dem OnlineMarketing (Hanover Research 2015). Informationsangebote im Internet stellen eine, wenn nicht die wichtigste Informationsquelle für Studieninteressierte (Hanft 2008, S. 95) und Unternehmen dar (Knust 2006, S. 125). Deshalb müssen Anbieter wissenschaftlicher Weiterbildung nicht nur eine Website mit entsprechenden Informationen bereithalten, sondern bspw. auch Social Media nutzen und ggf. auch eigene Kanäle unterhalten, die eigene Website für Suchanfragen optimieren oder das Marketing über frei zugängliche Angebote unterstützen (z. B. MOOCs) (z. B. Zumbeck et al. 2017). Beratung/Orientierung Eng verbunden mit dem Marketing sind weiterführende Informationen und Beratungsangebote zu den Inhalten, Methoden und Voraussetzungen für Weiterbildungsinteressierte. Dabei werden verstärkt Online-Self-Assessments bzw. Studienwahlassistenten eingesetzt, d. h. Online-Tools die auf Basis von Tests Rückmeldungen zur Studieneignung oder Reflexionsmöglichkeiten zur Selbsteinschätzung bieten (Hardt und Marx 2015). Ergänzend dazu können Beratungsangebote nicht nur klassisch via Telefon, sondern auch über Video-Chat angeboten werden, um Nutzerpräferenzen zu bedienen oder eine persönlichere Kommunikationsatmosphäre zu schaffen (Minks et al. 2011, S. 88–89). Während E-MailBeratung bereits in vielen Einrichtungen angeboten wird, ist die Chat- oder Online-Beratung kaum verbreitet (Schmid und Thom 2016, S. 48).

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Programmplanung/Angebotsentwicklung Eine stärkere Nachfrage- bzw. Zielgruppenorientierung bei der Entwicklung neuer Angebote erfordert genaue Kenntnisse über bestehende Bedarfe. Die Analyse der vielfältigen Datenquellen zur begründeten Entscheidung erfolgversprechender Programme ist sehr aufwändig und erfordert in immer stärkeren Maße den Einsatz von IT-Anwendungen, die diese Daten bündeln und für spezifische Anfragen auswerten (Van de Water und Steinmüller 2017). Qualitätssicherung und -verbesserung Daten über die Qualität von Prozessen in Bildungseinrichtungen werden nicht nur zunehmend online erfasst, wie z. B. durch Online-Befragungen im Rahmen von Kursevaluationen, sondern es werden durch die Digitalisierung der Prozesse zunehmend auch Daten durch die Arbeit erzeugt, die für die Qualitätssicherung und -verbesserung genutzt werden können, wie z. B. Zeiten zwischen Bewerbung und Einschreibung, Studiendauer und Studienerfolg, oder Nutzungshäufigkeit und -dauer von Informations- und Lernangeboten. Durch die Analyse der Vielzahl von Daten (Big Data/Data Science) werden sich auch im Hochschulbereich Effekte für die Qualitätsverbesserung versprochen (Shacklock 2016). Administration Die Verwaltung von Teilnehmerdaten, von Bewerbungsunterlagen, über Statusveränderungen, Test- und Prüfungsergebnisse sowie die Abwicklung von Bezahlvorgängen ist ohne professionelle Datenverarbeitung nicht mehr denkbar – auch wenn die Angebote selbst noch im Präsenzmodus stattfinden (Schmid und Thom 2016, S. 48). Hochschul- oder Campus-Management-Systeme (CMS) müssen dabei die spezifischen Anforderungen der wissenschaftlichen Weiterbildung abbilden. Dass die bestehenden Systeme der Hochschulen diesem Bedarf nicht immer gerecht werden, zeigt sich auch daran, dass spezielle CMS für den Bereich der wissenschaftlichen Weiterbildung angeboten werden.8 Eine Studie von Leyh und Henning (2012) zeigte zudem, dass insbesondere für die Verwaltung von ELearning-Angeboten Sonderlösungen angewandt werden. Management Auch im Strategischen Management wird der Einfluss der Digitalisierung deutlich. Dabei geht es nicht nur um Fragen einer übergreifenden Digitalisierungsstrategie der Organisation, sondern z. B. auch um die Nutzung digitaler Medien zur internen und externen Kommunikation und Informationsbeschaffung. Darüber hinaus können Monitoringsysteme für datenbasierte Entscheidungsprozesse (Data Driven Decision Making) genutzt werden. Zusammenfassend zeigt sich, dass die laufenden Digitalisierungsprozesse umfassenden Einfluss auf den gesamten Prozess des Bildungsmanagements in der wissenschaftlichen Weiterbildung nehmen (werden). Die Umsetzung der Digitalisierung in Management und Verwaltung wird dabei – aus Marktperspektive – ein wesentlicher

8

Siehe ANTRAGO https://www.antrago.de/wp-content/uploads/wissenschaftliche_Weiterbildung_ ANTRAGO.pdf. Zugegriffen am 17.10.2016.

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Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit der Einrichtungen der wissenschaftlichen Weiterbildung spielen. Entscheidend für eine erfolgreiche Digitalisierung sind dabei die organisationalen Rahmenbedingungen, auf die im Folgenden näher eingegangen wird.

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Rahmenbedingungen für den erfolgreichen Einsatz digitaler Medien

Die Digitalisierung im Hochschulbereich bzw. der wissenschaftlichen Weiterbildung ist an Voraussetzungen gebunden. Dazu gehört neben einer grundsätzlichen Digitalisierungsstrategie (Schmid und Baeßler 2016) und einer entsprechenden Organisationskultur auch die a) technische Infrastruktur (z. B. Persike und Friedrich 2016, S. 9; Wieg und Barz 2010, S. 132–133) sowie die notwendigen b) medienbezogenen Kompetenzen des Weiterbildungspersonals (z. B. Rohs und Bolten 2017; Steinhöfel und Rosenberg 2016, S. 2) und der Lernenden (BIBB 2013). Technische Infrastruktur Eine zentrale Voraussetzung für die Nutzung digitaler Medien stellt eine angemessene technische Infrastruktur dar. Hierzu zählt, neben der Verwaltung und Wartung notwendiger IT-Systeme, insbesondere ein adäquates Learning Management System (LMS). Dieses dient als Basis für die digitale Unterstützung von Lehr-/Lernprozessen. Entsprechende LMS-Lösungen sind an vielen Hochschulen bereits eingeführt und Standard. Zwar liegen für den deutschsprachigen Raum keine repräsentativen Zahlen vor, jedoch lässt sich beobachten, dass insbesondere open-source Lösungen (wie moodle, OLAT oder ILIAS), besonders verbreitet sind (z. B. Kerres et al. 2009, S. 4; Kopp et al. 2013, S. 3; Schmid und Thom 2016, S. 73). Nach einer Befragung von Anbietern wissenschaftlicher Weiterbildung nutzen 57 % ein Learning Management System (LMS); ca. ein Viertel das LMS der Hochschule, ca. 10 % ein eigenes und ca. 20 % ein externes (Faulstich et al. 2007, S. 133). Als Ursachen für die unterschiedlichen Nutzungsformen werden zum einen Kostenüberlegungen angeführt, die vor allem die „make-or-buy“-Entscheidung beeinflusst haben dürfte. Darüber hinaus wurden unterschiedliche Anforderungen der Studierenden als Grund für die Eigenentwicklung oder den Kauf von speziellen Systemen genannt. Gleichzeitig nahmen fast 90 % der befragten Hochschulen interne oder externe Dienstleistungen bei medientechnischen und mediendidaktischen Fragestellungen in Anspruch (Faulstich et al. 2007, S. 134), was darauf hindeutet, dass der Medieneinsatz durchaus ein virulentes Thema der Einrichtungen war (und ist). Wie bereits erwähnt legen insbesondere Fernstudierende viel Wert auf eine gute Online-Lernumgebung (Sommerfeld und Höllermann 2016). Die Befragung von Schmid und Thom (2016) deutet darauf hin, dass es den Einrichtungen der wissen-

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schaftlichen Weiterbildung größtenteils gelingt, diesen Anforderungen zu entsprechen. So berichten drei Viertel der Befragten bezüglich der Medienausstattung „von einer guten bis sehr guten Situation.“ (Schmid und Thom 2016, S. 73). Medienpädagogische Kompetenz der Lehrenden Die Bereitstellung einer technischen Infrastruktur alleine reicht für eine erfolgreiche Etablierung digitaler Medien in Bildungsprozessen nicht aus. Insbesondere den Lehrenden kommt eine Schlüsselrolle dabei zu, digitale Medien in Bildungsprozessen sinnvoll zu verankern und „eine innovative Lehr-Lernkultur zu etablieren“ (Kerres et al. 2009, S. 1). Sie sind es, die den Lernprozess gestalten und begleiten, und müssen daher in der Lage sein, entsprechende Möglichkeiten kompetent zu nutzen. Hierzu gehört nicht nur die Fähigkeit der reinen Mediennutzung an sich (Medienkompetenz), sondern auch die Fähigkeit, geeignete didaktische Ansätze zu konzipieren und einzusetzen, welche auf die Potenziale der jeweiligen digitalen Medien abgestimmt sind (mediendidaktische Kompetenz) (z. B. Albrecht und Revermann 2016, S. 174; Bremer 2003, S. 323; Wieg und Barz 2010, S. 133). Beide Kompetenzbereiche sind eng miteinander verzahnt und werden im Kontext von Kompetenzanforderungen für Lehrende meist gemeinsam betrachtet und zusammenfassend als „medienpädagogische Kompetenz“ beschrieben (Rohs und Bolten 2017, S. 4–5). Eine medienpädagogische Professionalisierung Lehrender ist als ausschlaggebender Faktor anzusehen, um die Chancen einer Digitalisierung der Hochschulbildung angemessen aufzugreifen (z. B. Albrecht und Revermann 2016, S. 173). Die Ergebnisse einer Befragung von wissenschaftlichen Mitarbeitenden sächsischer Hochschulen durch das Medienzentrum der Technischen Universität Dresden (06–12/2011) zum Weiterbildungsbedarf von E-Learning-Erstellern konnten einen grundsätzlichen Bedarf an mediendidaktischer Weiterbildung aufzeigen. In der Befragung gaben lediglich 43 % der Befragten Personen an, über mediendidaktisches Wissen zu verfügen. Gleichzeitig waren alle Befragten an leicht verfügbarem und grundlegendem Basiswissen interessiert (Döring und Rose 2014, S. 52). Bisher existieren – neben allgemeinen hochschuldidaktischen Kursen – nur wenige Angebote speziell für Lehrende in der wissenschaftlichen Weiterbildung (Braun et al. 2014). Gerade den besonderen Anforderungen an die Online-Lehre und der Nutzung digitaler Medien in der wissenschaftlichen Weiterbildung wird dies nicht gerecht. Es ist daher zu vermuten, dass die Professionalisierung in diesem Bereich weitgehend über interne Schulungen (z. B. Harder 2017) oder informell erfolgt. Medienkompetenzen der Teilnehmenden Medienkompetenz, als Fähigkeit „Medien und die durch Medien vermittelten Inhalte den eigenen Zielen und Bedürfnissen entsprechend effektiv nutzen zu können“ (Malwitz-Schütte 2006, S. 21), gilt als Grundvoraussetzung für Lernende zur Teilnahme an entsprechend digitalisierten Angeboten (z. B. Albrecht und Revermann 2016, S. 30; BIBB 2013; Malwitz-Schütte 2006). Diese Kompetenz wird hierbei umso ausschlaggebender, je mehr das Lernen selbstgesteuert und -organisiert

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stattfindet. Werden digitale Medien in der wissenschaftlichen Weiterbildung eingesetzt, gehört dazu auch die Vermittlung entsprechender Kompetenzen im Umgang mit diesen Medien, wenn diese nicht oder nicht in ausreichendem Maße vorhanden sind. Gleichzeitig besitzen auch die Reflexion der Mediennutzung in Hinblick auf potenzielle Grenzen und Risiken einen relevanten Stellenwert (Herzig 2014, S. 9). Es ist wichtig an dieser Stelle festzuhalten, dass eine rein technische Kompetenz bzw. die Alltäglichkeit der Nutzung digitaler Medien alleine nicht ausreicht (z. B. Oblinger und Hawkins 2006). Daher ist es insbesondere auch für die wissenschaftliche Weiterbildung wichtig, entsprechende Supportstrukturen auch für Studierende und ggf. sogar „Übungssequenzen zur Heranführung von Teilnehmenden an die eingesetzten digitalen Medien“ (Steinhöfel und Rosenberg 2016, S. 11) anzubieten. Denn was für die Lehrenden gilt, gilt umso mehr für die Lernenden: die (effektive und effiziente) Nutzung digitaler Medien zur Unterstützung von Lernprozessen wird insbesondere bei erwachsenen Lernenden nicht systematisch unterstützt. Defizite der Medienkompetenz oder den Nutzungsmöglichkeiten haben dementsprechend Auswirkungen auf die Wahrnehmung sowie den Nutzen digitaler Lernangebote (Van Deursen und Van Dijk 2014).

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Fazit und Ausblick

Die Betrachtung der Rolle digitaler Medien in der wissenschaftlichen Weiterbildung kann aufgrund der überschaubaren Forschungslage – vor allem was repräsentative Studien betrifft – in der Nachzeichnung der historischen Entwicklung als auch bezüglich des aktuellen Status nur ausschnitthaft sein. Vielfach ist es daher notwendig, auf allgemeine Entwicklungen im Hochschulbereich Bezug zu nehmen, wobei sich einfache Übertragungen auf den Bereich der wissenschaftlichen Weiterbildung verbieten. Damit ist auch zunächst zu konstatieren, dass eine Ausweitung der Forschung zum Einsatz digitaler Medien in der wissenschaftlichen Weiterbildung wünschenswert wäre. Die vorliegenden Daten legen den Schluss nahe, dass sich der Einsatz digitaler Medien zumindest in den größeren Einrichtungen der wissenschaftlichen Weiterbildung etabliert hat. Dabei wird auch weitgehend auf die technische Infrastruktur der Hochschulen zurückgegriffen, teilweise werden aber auch eigene oder externe Lösungen genutzt. Im Mittelpunkt steht dabei vor allem die Distribution von Inhalten. Darüber hinaus werden vereinzelt auch innovative Formen des Einsatzes digitaler Medien erprobt (z. B. Mobile Learning, Augmented Reality). Die Potenziale digitaler Medien für die wissenschaftliche Weiterbildung werden vor allem in der örtlichen und zeitlichen Flexibilisierung gesehen, die ein berufsbegleitendes Studium erleichtert. Gleichzeitig werden damit aber auch Anforderungen an die Kompetenzen der Lehrenden und Lernenden gestellt, die wahrscheinlich nicht immer in ausreichendem Maße vorhanden sind. Entsprechende Weiterbildungsangebote zur Aneignung medien(pädagogischer) Kompetenzen wären daher sowohl für Lehrende als auch für Lernende wünschenswert bzw. müsste deren Erwerb unterstützt werden.

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Grundsätzlich ist aber davon auszugehen, dass sich der Einsatz digitaler Medien in allen Bereichen der wissenschaftlichen Weiterbildung durchsetzen wird. Neben der Begleitung und Unterstützung von Lehr-/Lernprozessen sind das auch das Bildungsmanagement und die Administration. Die Digitalisierung wird dabei eine permanente Anpassungsleistung erfordern. Dabei werden nicht nur einzelne Prozesse, sondern unter Umständen auch ganze Geschäftsmodelle betroffen sein. Insbesondere die großen Anbieter von MOOCs sowie große internationale IT-Konzerne, die sich zunehmend für den Weiterbildungsmarkt interessieren, könnten neue Konkurrenzsituationen schaffen, in denen sich Anbieter wissenschaftlicher Weiterbildung behaupten müssen. Neue Kooperationsmodelle zwischen öffentlichen Hochschulen, privaten Bildungsanbietern, IT-Unternehmen und Verlagen sind in diesem Zusammenhang nicht unwahrscheinlich. Weitere Entwicklungsschübe durch die Digitalisierung sind in der Individualisierung und Automatisierung zu erwarten. Durch die Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz sollen Voraussetzungen der Lernenden bei der Lernunterstützung besser berücksichtigt werden können. Für Lehrende und das Management werden umfangreiche Daten zur Steuerung von Bildungs- und Lernprozessen zur Verfügung stehen. Dies alles bedeutet auch die Notwendigkeit einer weiteren Professionalisierung der in der wissenschaftlichen Weiterbildung tätigen Personen. Letztendlich sind diese Entwicklungen sowie die Zeiträume ihrer Wirkungen auf die wissenschaftliche Weiterbildung nur schwer vorhersehbar. Wie die Vergangenheit zeigte, sind entsprechende Prognosen selten so eingetroffen, wie sie vorhergesagt wurden. Insofern stellte sich für die Professionellen in der wissenschaftlichen Weiterbildung vor allem die Herausforderung, immer und umfassend über laufende Entwicklungen informiert zu sein, sowie mögliche Auswirkungen kritisch zu reflektieren.

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Teil VII Management und Personalentwicklung

Rechtliche Grundlagen wissenschaftlicher Weiterbildung Ursula Bade-Becker

Inhalt 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Rechtsgrundlagen auf Ebene des Bundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Organisation, rechtlicher Status und Angebotsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Grundlagen auf der Ebene arbeitsrechtlicher Bestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Europäisches Beilhilferecht und Finanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

482 482 484 487 488 490 491

Zusammenfassung

Eine Vielfalt von rechtlichen Bestimmungen auf unterschiedlichen Ebenen beeinflussen die wissenschaftliche Weiterbildung an staatlichen Hochschulen. Obgleich wissenschaftliche Weiterbildung zu deren Kernaufgaben zählt, wird diese nicht nur von förderlichen rechtlichen Bedingungen begleitet. Der Beitrag gibt einen Überblick über die relevanten rechtlichen Rahmenbedingungen. Schlüsselwörter

Wissenschaftliche Weiterbildung · Hochschulen · Rechtliche Rahmenbedingungen · Lebenslanges Lernen · Finanzierung wissenschaftlicher Weiterbildung

U. Bade-Becker (*) Universität Bielefeld, Bielefeld, Deutschland E-Mail: [email protected]

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 W. Jütte, M. Rohs (Hrsg.), Handbuch Wissenschaftliche Weiterbildung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-17643-3_25

481

482

1

U. Bade-Becker

Einleitung

Die Bundesrepublik Deutschland kennt keinen zusammenhängenden Rechtsrahmen im Bereich der Weiterbildung (Dobischat et al. 2015, S. 2; Grotlüschen und Haberzeth 2018, S. 543), was auch für die wissenschaftliche Weiterbildung gilt. Gemäß Art. 70 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG 2014) liegt das Recht der Gesetzgebung bei den Ländern, soweit das Grundgesetz diese Befugnisse nicht dem Bund verleiht. Das Grundgesetz verweist weiter in Artikel 70 Abs. 2 auf die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Bund und Ländern und die ausschließliche und die konkurrierende Gesetzgebung gemäß dieses Gesetzes.

2

Rechtsgrundlagen auf Ebene des Bundes

Auf der Ebene des Bundes wird die wissenschaftliche Weiterbildung insbesondere durch das (noch geltende) Hochschulrahmengesetz und das Fernunterrichtsschutzgesetz bestimmt. Für die durch die Arbeitsverwaltung geförderten Maßnahmen sind die Bestimmungen des Sozialgesetzbuches III relevant; ferner ist das Wettbewerbsrecht zu beachten.

2.1

Hochschulrahmengesetz

Mit der Novellierung des Hochschulrahmengesetzes (HRG 1999) im Jahr 1998 wurde die wissenschaftliche Weiterbildung in § 2 Abs. 1 HRG zur Kernaufgabe der Hochschulen neben Forschung, Lehre und Studium bestimmt: „Die Hochschulen dienen entsprechend ihrer Aufgabenstellung der Pflege und der Entwicklung der Wissenschaften und der Künste durch Forschung, Lehre, Studium und Weiterbildung in einem freiheitlichen, demokratischen und sozialen Rechtsstaat. Sie bereiten auf berufliche Tätigkeiten vor, die die Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse und wissenschaftlicher Methoden oder die Fähigkeit zu künstlerischer Gestaltung erfordern.“ § 43 behandelt die dienstlichen Aufgaben der Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer. Danach nehmen sie „die ihrer Hochschule jeweils obliegenden Aufgaben in Wissenschaft und Kunst, Forschung, Lehre und Weiterbildung in ihren Fächern nach näherer Ausgestaltung ihres Dienstverhältnisses selbstständig wahr“. Beide vorgenannten Bestimmungen finden ihren Niederschlag in den jeweiligen Landeshochschulgesetzen. Zwar beziehen sich die Hochschulgesetze der Länder inhaltlich (noch) auf die Bestimmungen des Hochschulrahmengesetzes, doch ist das HRG1 an sich mit der

1

Obwohl die Bundesregierung am 9. Mai 2007 den Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung des Hochschulrahmengesetzes beschlossen hatte, das zum 1. Oktober 2008 in Kraft treten sollte, ist eine Aufhebung des Gesetzes zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht erfolgt.

Rechtliche Grundlagen wissenschaftlicher Weiterbildung

483

Föderalismusreform2 obsolet geworden. Das Hochschulrecht wurde auf die Länder übertragen mit Ausnahme der Hochschulzulassung und der Hochschulabschlüsse, die der Bund bundeseinheitlich regeln kann. Die Länder können jedoch von den Vorgaben des Bundes abweichen.

2.2

Fernunterrichtsschutzgesetz

Das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG 2000) ist ein Verbraucherschutzgesetz, das seit 1977 Rechte und Pflichten der Anbieter von und der Teilnehmenden am Fernunterricht regelt. In § 1 (FernUSG) wird der Anwendungsbereich des Gesetzes geklärt: „(1) Fernunterricht im Sinne dieses Gesetzes ist die auf vertraglicher Grundlage erfolgende, entgeltliche Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten, bei der 1. der Lehrende und der Lernende ausschließlich oder überwiegend räumlich getrennt sind und 2. der Lehrende oder sein Beauftragter den Lernerfolg überwachen. (2) Dieses Gesetz findet auch auf unentgeltlichen Fernunterricht Anwendung, soweit dies ausdrücklich vorgesehen ist.“ Handelt es sich bei einem (wissenschaftlichen) Weiterbildungsangebot um ein Fernlehrangebot im Sinne des FernUSG und werden die Rechtsbeziehungen der Hochschule zu den Studierenden privatrechtlich gestaltet, so unterliegen diese Angebote dem FernUSG und bedürfen der staatlichen Zulassung. Zuständige Behörde für die Zulassung ist die Staatliche Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU) in Köln (vergleiche auch Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 04.08.2015).3

2.3

Sozialgesetzbuch III

Das Sozialgesetzbuch (SGB) regelt in seinem Dritten Buch (1997)4 das deutsche Arbeitsförderungsrecht und umfasst grundlegend die Leistungen und Maßnahmen zur Arbeitsförderung der Bundesagentur für Arbeit (BA) und der Arbeitsagenturen. Eine Fördermöglichkeit von beruflicher wissenschaftlicher Weiterbildung für Erwerbstätige außerhalb der Arbeitsförderung durch die BA stellt bspw. das Bundesprogramm

2

Mit der sogenannten Föderalismusreform wurden die Zuständigkeiten von Bund und Ländern neu geordnet mit dem Ziel, gesetzgebende Verfahren zu beschleunigen. Die Änderung des Grundgesetzes trat am 01.09.2006 in Kraft (Die Bundesregierung 2017). 3 Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz 2. Senat: Urteil vom 04.08.2015. Aktenzeichen: 2 A 10419/15. Hochschulrecht - Zulassung eines Fernlehrgangs einer öffentlichen Hochschule. 4 http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_3/index.html. Zugegriffen am 20.06.2018.

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U. Bade-Becker

Bildungsprämie5 des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) dar. Bei Vorliegen der Berechtigung erfolgt eine anteilige Finanzierung der (individuellen) Weiterbildungsmaßnahme. Im Blick des Förderprogramms stehen insbesondere Erwerbstätige mit geringerem Einkommen, die sich für ihre aktuelle oder eine geplante neue Tätigkeit (unabhängig von den Interessen des Arbeitgebers) beruflich weiterbilden möchten. Auch einige länderspezifische Programme fördern die Aufnahme von Weiterbildungsmaßnehmen, wie beispielsweise die Förderprogramme Bildungsscheck NRW 6 oder Weiterbildungsscheck in Sachsen.7 Eine weitere Förderung von Weiterbildung ist über die Inanspruchnahme von Bildungsurlaub durch Arbeitnehmer/innen gemäß landesspezifischer Bildungsurlaubsgesetze möglich. Nicht über derartige Gesetze verfügen zurzeit die Bundesländer Bayern und Sachsen.

2.4

Wettbewerbsrecht

Bereits im Jahr 1990 wurde in einem Rechtsgutachten geprüft, inwieweit die wissenschaftliche Weiterbildung durch staatliche Hochschulen dem Wettbewerbsrecht unterliegt. Das Ergebnis war eindeutig: „Es besteht Konsens darüber, dass die Hochschulen nur wissenschaftliche Weiterbildung anbieten dürfen (Grundsatz der Profiltreue oder Anknüpfung an andere Hochschulaufgaben). Eine Konkurrenzsituation besteht mithin auch nur zu anderen Anbietern wissenschaftlicher Weiterbildung“ (Mestmäcker und Veelken 1990, S. 8). Weiterhin heißt es in dem Rechtsgutachten: „Soweit es sich bei den Angeboten wissenschaftlicher Weiterbildung um ein marktfähiges Gut handelt, nehmen die Hochschulen mit dem Angebot wissenschaftlicher Weiterbildung mithin am allgemeinen Wirtschaftsverkehr teil“ (S. 51). Die Preisgestaltung – so wird gefordert – ist jeweils betriebswirtschaftlich zu begründen. Der Gedanke von wissenschaftlicher Weiterbildung als wirtschaftliches Gut wird vom Europäischen Beihilferecht fortgeführt, wie auch später in diesem Beitrag noch ausgeführt.

3

Organisation, rechtlicher Status und Angebotsformen

3.1

Organisation

Da die Hochschulgesetze der Länder die organisatorisch-institutionelle Verankerung der wissenschaftlichen Weiterbildung weitgehend offenlassen, entwickelten sich eine Vielzahl von hochschulinternen und hochschulexternen Organisationsvarianten, welche teilweise auch nebeneinander Bestand haben. So wird die wissenschaftliche 5

http://www.bildungspraemie.info/. Zugegriffen am 20.06.2018. https://www.mags.nrw/bildungsscheck. Zugegriffen am 20.06.2018. 7 https://www.sab.sachsen.de/f%C3%B6rderprogramme/sie-planen-ihre-mitarbeiter-oder-sichselbst-weiterzubilden/weiterbildungsscheck-individuell.jsp. Zugegriffen am 20.06.2018. 6

Rechtliche Grundlagen wissenschaftlicher Weiterbildung

485

Weiterbildung hochschulintern bspw. in bzw. durch wissenschaftliche Einrichtungen, zentrale Betriebseinheiten, Fakultäten oder Dezernate organisiert, hochschulextern z. B. über eigens gegründete Vereine, GmbHs oder auch Aktiengesellschaften (DGWF 2015; Bade-Becker und Walber 2016; Bade-Becker und Jütte 2018, S. 823–824). Angebotsspezifische, d. h. in der Regel studiengangsspezifische Kooperationen zwischen Hochschulen bzw. zwischen Hochschulen und anderen Bildungsträgern stellen weitere Möglichkeiten der Organisation von wissenschaftlicher Weiterbildung dar. Explizit wird die Durchführung von Franchisestudiengängen in den Hochschulgesetzen von Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern gesetzlich geregelt. Einen guten Überblick ermöglicht die Publikation des Wissenschaftsrats (2017a): „Bestandsaufnahme und Empfehlungen zu studiengangsbezogenen Kooperationen: Franchise-, Validierungs- und Anrechnungsmodelle“. Vierzigmann und Pohlmann beschreiben die Situation so: „Der sich aufdrängende Eindruck, Hochschulen seien nicht in der Lage, passgenaue Formen der Organisation der Weiterbildung zu generieren und/oder durchzusetzen, kann täuschen. Viele Hochschulen bewegen sich geschmeidig in Instabilitäten: Bei der Navigation zwischen externen Rahmenbedingungen, die teilweise unklar sind und sich ändern können, internen Ressentiments und Interessenlagen, die sich ändern sollen, und künftigen Zielen, die nach Veränderungen verlangen, sind Kompromisse und Zwischenlösungen inbegriffen“ (Vierzigmann und Pohlmann 2017, S. 554). Die Wahl einer Organisationsform ist jeweils mit einer Vielzahl von Implikationen verbunden, z. B. hinsichtlich der Steuerbarkeit (Umsatz-, Körperschaft- und Gewerbesteuerpflicht etc.), des Personalrechts und des Trennungsrechts. Bei externer Organisation kommen rechtsformspezifische Anforderungen hinzu.

3.2

Rechtlicher Status der Angebote

Die Hochschulgesetze der Länder regeln jeweils den rechtlichen Status der wissenschaftlichen Weiterbildungsangebote. So ist es bspw. nach § 62 des Gesetzes überdie Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen (HG NRW 2014) möglich, die wissenschaftliche Weiterbildung öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich zu organisieren. Bei weiterbildenden Masterstudiengängen sind Teilnehmende Weiterbildungsstudierende, beim weiterbildenden Studium in der Regel „besondere GasthörerInnen“. Bei privatrechtlichen Angeboten stehen die Teilnehmenden in einem privatrechtlichen Vertragsverhältnis zur Hochschule, weiterhin kann die Einschreibungsordnung einen Status in der Hochschule vorsehen; letzteres kann unter bestimmten Voraussetzungen auch bei Angeboten durch Dritte gelten.

3.3

Angebotsformen (Formate) wissenschaftlicher Weiterbildung

Die Vielfalt der in Deutschland vorfindbaren Formate wissenschaftlicher Weiterbildungsangebote wird nicht in den Hochschulgesetzen der Länder abgebildet. Genannt

486

U. Bade-Becker

werden dort jedoch die Formate „weiterbildender Masterstudiengang“ und „weiterbildendes Studium“ (landesspezifisch auch als „Kontaktstudium“ bezeichnet, so z. B. in Baden-Württemberg). Die Anforderungen an weiterbildende Masterstudiengänge sind in den Ländergemeinsamen Strukturvorgaben für die Akkreditierung von Bachelor- und Masterstudiengängen (Kultusministerkonferenz 2010) geregelt. Der Zugang zu weiterbildenden Masterstudiengängen erfordert demnach grundsätzlich neben einem berufsqualifizierenden Hochschulabschluss auch die qualifizierte berufspraktische Erfahrung von in der Regel nicht unter einem Jahr. In Ausnahmefällen können die Landeshochschulgesetze vorsehen, dass an die Stelle des berufsqualifizierenden Hochschulabschlusses eine Eingangsprüfung treten kann (KMK 2010, S. 4); hiervon macht z. B. das Hamburgische Hochschulgesetz (HmbHG) in § 39 Gebrauch. Weitere Bedingungen, wie z. B. zu Inhalten, Umfang und Anrechnung von Vorkenntnissen, werden ebenfalls in den Strukturvorgaben ausgeführt. Als Besonderheit tritt daneben in Baden-Württemberg der grundständige weiterbildende Bachelorstudiengang (LHG BaWü § 31 (2) 2005). Thüringen bildet eine weitere Ausnahme und führt mit seinem Hochschulgesetz (ThürHG 2018) in § 51 (4) berufsbegleitende, grundständige, der Weiterbildung dienende Studiengänge ein, die mit einem Bachelorgrad abschließen. Weiterbildende Master- und Bachelorstudiengänge bedürfen der Akkreditierung und die Aufnahme des Studienbetriebs setzt den erfolgreichen Abschluss des Akkreditierungsverfahrens voraus. Die Anforderungen an das Format des weiterbildenden Studiums sind in den Hochschulgesetzen nicht einheitlich geregelt, außer dass für den erfolgreichen Abschluss in der Regel ein Zertifikat vergeben werden soll. In Anlehnung an die universitären Abschlüsse im Bereich der Weiterbildung in der Schweiz (swissuni 2017) [Master of Advanced Studies (MAS), Diploma of Advanced Studies (DAS, Weiterbildungsdiplom) und Certificate of Advanced Studies (CAS, Zertifikat)] nehmen bspw. die Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und weitere Hochschulen diese ebenfalls als mögliche Formate ihrer Weiterbildungsangebote mit auf.8 Desiderat: Vereinheitlichung der Formate Aufgrund der Intransparenz der vorgefundenen Formate unterhalb der Ebene des weiterbildenden Masterstudiengangs gab die Deutsche Gesellschaft für wissenschaftliche Weiterbildung und Fernstudium e.V. (DGWF) im Jahr 2010 eine Empfehlung zur möglichen Vereinheitlichung derselben heraus. Es werden sechs Systematisierungsstufen, jeweils mit Mindestanforderungen, empfohlen: 1. Weiterbildende Masterstudiengänge, 2. Weiterbildende bzw. berufsbegleitende Bachelorstudiengänge, 3. Weiterbildende Zertifikatsstudien, 4. Weiterbildungsmodule, 5. Weiterbildungsseminare, 6. Sonstige Weiterbildungsformate.

8

https://www.weiterbildung.uni-freiburg.de/wisswb/abschluss. Zugegriffen am 13.10.2017.

Rechtliche Grundlagen wissenschaftlicher Weiterbildung

4

487

Grundlagen auf der Ebene arbeitsrechtlicher Bestimmungen

Das im Bereich der wissenschaftlichen Weiterbildung lehrend tätige Personal stammt zumeist aus der eigenen oder einer anderen Hochschule, aber auch qualifizierte Praktikerinnen und Praktiker kommen – meist in geringerem Umfang – zum Einsatz. Je nachdem, wie die Weiterbildungsmaßnahme organisatorisch verortet und das Beschäftigungsverhältnis gestaltet ist, sind rechtliche Bestimmungen zu beachten wie zum Beispiel die des jeweiligen Dienst-, Besoldungs- und Nebentätigkeitsrechts oder des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG).

4.1

Dienst-, Besoldungs- und Nebentätigkeitsrecht

Das Nebentätigkeitsrecht ist in Bund und Ländern nicht einheitlich geregelt. Es gelten die jeweiligen Vorschriften in den Landesbeamtengesetzen, den Landeshochschulgesetzen und in Rechtsverordnungen. Beispiel: Nordrhein-Westfalen Die wissenschaftliche Weiterbildung gehört nach § 3 des Gesetzes über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen (HG NRW) ausdrücklich zu den Aufgaben der Hochschulen und nach § 35 (2) HG NRW zählt zur Lehre von Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer auch die Erfüllung des Weiterbildungsauftrages. Die Mitwirkung der Hochschullehrerinnen und -lehrern an der wissenschaftlichen Weiterbildung kann daher zunächst grundsätzlich als hauptamtliche Tätigkeit angesehen werden, die nicht separat vergütet wird. Nach § 39 (3) HG NRW können Professorinnen und Professoren „im Zusammenhang mit dem Hauptamt stehende Lehrtätigkeiten im Bereich der Weiterbildung als Tätigkeit im Nebenamt übertragen werden, wenn die entsprechende Lehrtätigkeit der Professorin oder des Professors nicht auf ihre oder seine Lehrverpflichtung angerechnet wird. Die Hochschulen setzen die Höhe der Vergütung für Lehraufgaben nach Satz 1 im Rahmen der erzielten Einnahmen aus Gebühren und privatrechtlichen Entgelten fest“. Wirken Beschäftigte der Hochschule an von Dritten angebotener wissenschaftlicher Weiterbildung mit, so erfolgt dieses im Rahmen einer Nebentätigkeit, in der Regel gegen Honorar.

4.2

Wissenschaftszeitvertragsgesetz und Teilzeit- und Befristungsgesetz

Der Großteil der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Universitäten und Hochschulen arbeitet in befristeten Beschäftigungsverhältnissen. Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG 2007) regelt, unter welchen Bedingungen die Arbeitsverträge für das wissenschaftliche und künstlerische Personal (mit Ausnahme

488

U. Bade-Becker

der Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer an staatlichen Hochschulen) zeitlich befristet werden können. Die Novellierung vom 17.03.2016 zielte insbesondere darauf ab, unsachgemäßen Kurzzeitbefristungen von wissenschaftlichem und künstlerischem Personal entgegenzuwirken (vgl. auch Handreichung zum Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) vom 11.03.2016.) Weiterbildungspersonal, das organisatorisch, verwaltend und technisch, also nichtwissenschaftlich tätig ist, rekrutiert sich meist weniger aus dem Stammpersonal der Hochschule. Es muss in aller Regel nicht nur angeworben werden – ggf. unter Berücksichtigung einschlägiger Fristen und Verfahren –, sondern wird häufig auch in Abhängigkeit von gegebenen oder erwarteten finanziellen Ressourcen in befristeter (Teil-)Zeit beschäftigt. War für das nichtwissenschaftliche Personal bis zum 16.03.16 das WissZeitVG maßgebend, so greift nun das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG 2000), das hinsichtlich der Befristungsgründe höhere Anforderungen stellt als zuvor das WissZeitVG (DFG 2016). Nichtwissenschaftliches Personal darf gemäß § 14 (2) TzBfG ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes (nur) bis zu einer Gesamtdauer von zwei Jahren beschäftigt werden. Innerhalb dieses Zeitraums ist eine höchstens dreimalige Vertragsverlängerung möglich. Es ist zudem nicht zulässig, wenn der zu beschäftigende Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin zuvor mit demselben Arbeitnehmer ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis hatte. Die Fluktuation des nichtwissenschaftlichen Personals in der wissenschaftlichen Weiterbildung ist daher hoch, sofern keine unbefristeten Vertragsverhältnisse eingegangen werden können. Büttner et al. konstatieren: „Für die Wissenschaftliche Weiterbildung bedeutet die Einstellung von Personal entsprechend § 14 Abs. 1 und 2 TzBfG nicht nur einen großen Ressourceneinsatz zulasten der eigentlichen Aufgaben, sondern zugleich auch ein hohes Maß an Planungsunsicherheit, das einer nachhaltigen Stärkung der Weiterbildung entgegensteht“ (Büttner et al. 2016, S. 32).

5

Europäisches Beilhilferecht und Finanzierung

Finanzierung und Organisation wissenschaftlicher Weiterbildung werden nachhaltig durch das Europäische Beihilferecht beeinflusst, mit dem sich die staatlichen Hochschulen seit 2007 auseinandersetzen müssen (Bade-Becker 2017, S. 173 ff.; Hanft et al. 2016, S. 247–248).

5.1

Europäisches Beihilferecht

Ausgangspunkt ist der Beihilfebegriff, der im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV 2012) in Art. 107 Abs. 1 grundlegend behandelt wird: „Soweit in den Verträgen nicht etwas anderes bestimmt ist, sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie

Rechtliche Grundlagen wissenschaftlicher Weiterbildung

489

den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.“ Staatliche Hochschulen waren bis Ende 2006 nicht vom Europäischen Beihilferecht betroffen, was sich mit dem Inkrafttreten des EU-Gemeinschaftsrahmens für staatliche Beihilfen für Forschung, Entwicklung und Innovation ab 01.01.2007 änderte. Nach seiner Reformierung wurde vorgenannter EU-Gemeinschaftsrahmen durch den „Unionsrahmen für staatliche Beihilfen zur Förderung von Forschung, Entwicklung und Innovation“ abgelöst, der am 01.07.2014 in Kraft trat. Ziel des Unionsrahmens wie auch des vorherigen Gemeinschaftsrahmens ist bzw. war die Sicherstellung eines Wettbewerbs, der nicht durch unzulässige Gewährung von staatlichen Zuwendungen verzerrt werden soll. Das Beihilferecht erfasst die wirtschaftlichen Tätigkeiten einer staatlichen Hochschule (Tauer und Göbel 2014, S. 21). Zählen grundständige Studienangebote bspw. zu den hoheitlichen (nichtwirtschaftlichen) Aufgaben der Hochschulen, so bedarf es hinsichtlich der Einordnung von Weiterbildungsangeboten einer grundsätzlichen Klärung. Als problematisch stellt sich dabei die fehlende Definition von geeigneten Kriterien für die Unterscheidung von wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten heraus. Die Kultusministerkonferenz (KMK) stellte zwar 2012 ein entsprechendes Analyseraster vor, an dem sich die Hochschulen bei ihrer Bewertung und Einordnung orientieren können, dennoch verbleibt eine große Unsicherheit in den Hochschulen bei der Bewertung. Im Analyseraster wird hinsichtlich der wissenschaftlichen Fort- und Weiterbildung an (staatlichen) Hochschulen konzediert, dass deren Einordnung als wirtschaftliche Tätigkeit differenziert gesehen wird. „Grundsätzlich ist dort, wo Angebote sich in Konkurrenz zu anderen Angeboten, insbesondere von privaten Anbietern befinden, von einem Markt und damit einer wirtschaftlichen Tätigkeit auszugehen. Insbesondere deswegen, weil die Zuordnung der Weiterbildung als gesetzliche Aufgabe der Hochschulen im deutschen nicht aber im europäischen Recht durchgehend vorgesehen ist, wird den Hochschulen seitens der Wirtschaftsprüfer geraten, die Weiterbildung grundsätzlich als wirtschaftliche Tätigkeit auszuweisen (. . .). Dies korrespondiert auch mit der Regelung einiger Hochschulgesetze und der Forderung von Landesrechnungshöfen, die Weiterbildung grundsätzlich kostendeckend bzw. auf privatwirtschaftlicher Grundlage durchzuführen. Je enger das Angebot sich aus dem spezifischen Bildungsauftrag der Hochschulen ableiten lässt, in dessen Vordergrund die Ausbildung von mehr und besser qualifizierten Humanressourcen (nichtwirtschaftliche Tätigkeit) steht, desto eher kann die Einordnung als nichtwirtschaftliche Tätigkeit zutreffen, Beispiel: duale Studiengänge“ (KMK 2012, S. 5–6). Ein abschließender Katalog zur rechtlich eindeutigen Abgrenzung wird explizit nicht vorgelegt, dieser ist jeweils nach Prüfung für und durch die jeweilige Hochschule selbst zu erstellen. Beide Geschäftsbereiche der Hochschulen (nichtwirtschaftliche und wirtschaftliche Tätigkeiten) müssen bezüglich Kosten und Finanzierung eindeutig voneinander getrennt geführt werden (Trennungsrechnung), so dass nachgewiesen werden kann, dass eine öffentliche Quersubventionierung wirtschaftlicher Tätigkeiten nicht erfolgt.

490

U. Bade-Becker

Als wirtschaftlich eingestufte wissenschaftliche Weiterbildungen von Hochschulen, die in der Hochschule organisiert und durchgeführt werden, sind innerhalb der (staatlichen) Hochschule als „Betrieb gewerblicher Art“ (BgA) zu führen. Die rechtliche Grundlage für das Besteuerungssubjekt BgA bildet das Körperschaftssteuergesetz (KStG). Die Empfehlung der grundsätzlichen Einstufung von wissenschaftlicher Weiterbildung als wirtschaftliche Tätigkeit und der Einordnung als nichtwirtschaftliche Tätigkeit bei enger Ableitung aus dem spezifischen Bildungsauftrag im speziellen Fall führt zu erheblichen Unsicherheiten in den Hochschulen und hat zur Folge, dass diese bei der beihilferechtlichen Beurteilung ihrer Weiterbildungsangebote zumeist Gutachter heranziehen (müssen), um ungewollte Rechtsfolgen zu vermeiden. Ein mögliches Vorgehen wird bspw. im Rechtsgutachten der Universität Freiburg i. Brg. (2014) beschrieben. Im September 2017 veröffentlichte das Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland ein ergänzendes Dokument, den Leitfaden zur Unterscheidung wirtschaftlicher und nichtwirtschaftlicher Tätigkeit von Hochschulen. Dieser enthält eine Auflistung von Fallbeispielen aus den Bereichen Lehre, Forschung und sonstige Aktivitäten und deren mögliche Einordnung als wirtschaftliche bzw. nichtwirtschaftliche Tätigkeit. Es wird darauf verwiesen, dass es sich bei den Bewertungen um Vorschläge handelt, die eine ordnungsgemäße beihilferechtliche Prüfung im Einzelfall nicht ersetzen können.

5.2

Finanzierung

Neben der beihilferechtlichen Beurteilung stellt sich im Weiteren die Frage nach den anzusetzenden Kosten einer Weiterbildung. In allen Hochschulgesetzen der Länder ist die Forderung nach der (Voll-)Kostendeckung für wissenschaftliche Weiterbildung aufgenommen. Komponenten und Berechnungsgrundlagen (Beispiel: Overheadsätze) sind jedoch keinesfalls eindeutig und können von Hochschule zu Hochschule (und von Bundesland zu Bundesland) differieren. Hinzu kommen Fragen zur Vorfinanzierung von Kosten bei der Entwicklung von Weiterbildungsangeboten und zum Umgang mit möglichen Defiziten. Mit Blick auf das Beihilferecht führt eine tatsächliche Vollkostendeckung nach Aussage von Maschwitz et al. (2017, S. 8.) zudem automatisch zu einer Einordnung als wirtschaftliche Tätigkeit.

6

Fazit

Das Handlungsfeld der wissenschaftlichen Weiterbildung an Hochschulen ist von zahlreichen Umsetzungsproblemen insbesondere rechtlicher Art geprägt und der Ruf nach förderlichen Rahmenbedingungen, insbesondere an staatlichen Hochschulen, lässt sich nunmehr seit Jahrzehnten nachverfolgen (Wolter 2011, S. 14). Wenn das Potenzial der wissenschaftlichen Weiterbildung als ein bedeutender Beitrag für die Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft erschlossen werden soll,

Rechtliche Grundlagen wissenschaftlicher Weiterbildung

491

wenn sie als eine Kernaufgabe neben anderen von den Hochschulen wahrgenommen werden soll, wenn sich wissenschaftliche Weiterbildung künftig nicht nur an eine zahlungskräftige Kundschaft wenden soll, dann erscheint es vordringlich, zunächst die Unsicherheiten und Restriktionen für die staatlichen Hochschulen, die aus dem EU-Beihilferecht resultieren, zu beseitigen. Eine nachhaltige Aufgabenerfüllung erfordert zudem weiterhin Möglichkeiten für nachhaltige Beschäftigungsverhältnisse. Schon heute, so konzedieren Engelke et al. (2017, S. 17), sind private Hochschulen deutlich stärker als staatliche in der Weiterbildung und im lebenslangen Lernen aktiv. Gibt es aktuelle Impulse, die zu Veränderungen führen könnten? Der Wissenschaftsrat (2017b, S. 12), der sein Arbeitsprogramm für die zweite Jahreshälfte 2017 am 14.07.2017 verabschiedete, plant, eine Empfehlung zum „Auf- und Ausbau sowie der Fortentwicklung hochschulischer Weiterbildungsangebote für berufserfahrene Studierende mit und ohne akademische Vorbildung“ zu erarbeiten. Die Vorlage der Empfehlung sollte Anfang 2018 erfolgen. Auf Anregung und unter Mitwirkung der Deutschen Gesellschaft für wissenschaftliche Weiterbildung und Fernstudium e.V. (DGWF) wurde ein „Bericht über akademische Weiterbildung und Fernstudium als Teil der europäischen Strategie für lebenslanges Lernen“ erarbeitet, der dem europäischen Parlament am 12. September 2017 vorgelegt und mit großer Mehrheit beschlossen wurde. Mit den über 70 darin enthaltenen Handlungsempfehlungen wendet sich das europäische Parlament an die EU-Kommission und fordert sie auf, „wissenschaftliche Weiterbildung und Fernstudium zu einem integralen Bestandteil einer europäischen Strategie lebenslangen Lernens zu machen“.9 Zu den Forderungen gehören zentral, neben einer stärkeren Verzahnung von beruflicher und akademischer Weiterbildung unter Berücksichtigung einheitlicher europaweiter Qualitätsstandards, der Einbindung der akademischen Weiterbildung in eine europäische Digitalstrategie, auch und vor allem die Anerkennung von wissenschaftlicher Weiterbildung und Fernstudium als öffentlicher Auftrag der Hochschulen sowie die Schaffung verbesserter Finanzierungsbedingungen.

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U. Bade-Becker

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Rechtliche Grundlagen wissenschaftlicher Weiterbildung

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Hochschulrahmengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 19.01.1999 (BGBl. I S. 18), das zuletzt durch Artikel 6 Absatz 2 des Gesetzes vom 23.05.2017 (BGBl. I S. 1228) geändert worden ist. http://www.gesetze-im-internet.de/hrg/index.html. Zugegriffen am 02.06.2017. Kultusministerkonferenz. (2010). Ländergemeinsame Strukturvorgaben für die Akkreditierung von Bachelor- und Masterstudiengängen. Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 10.10.2003 i. d. F. vom 04.02.2010. http://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/2003/ 2003_10_10-Laendergemeinsame-Strukturvorgaben.pdf. Zugegriffen am 01.02.2016. Kultusministerkonferenz. (2012). Analyseraster zur Unterscheidung wirtschaftlicher und nichtwirtschaftlicher Tätigkeit von Hochschulen. Ein Leitfaden. http://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/pdf/ Wissenschaft/SO_120928_AnalyserasterTrennungsrechnung.pdf. Zugegriffen am 10.06.2016. Kultusministerkonferenz. (2017). Qualifikationsrahmen für deutsche Hochschulabschlüsse. (Im Zusammenwirken von Hochschulrektorenkonferenz und Kultusministerkonferenz und in Abstimmung mit Bundesministerium für Bildung und Forschung erarbeitet und von der Kultusministerkonferenz am 16.02.2017 beschlossen). https://www.hrk.de/fileadmin/redaktion/hrk/ 02-Dokumente/02-03-Studium/02-03-02-Qualifikationsrahmen/2017_Qualifikationsrahmen_ HQR.pdf. Zugegriffen am 31.05.2017. Maschwitz, A., Schmitt, M., Hebisch, R., & Bauhofer C. (2017). Finanzierung wissenschaftlicher Weiterbildung. Herausforderungen und Möglichkeiten bei der Implementierung und Umsetzung von weiterbildenden Angeboten an Hochschulen. Thematischer Bericht der wissenschaftlichen Begleitung des Bund-Länder-Wettbewerbs „Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen“. September 2017. TB_Finanzierung wiss. Weiterbildung_final-ISBN_URL.pdf. https://offene-hoch schulen.de/themen/finanzierung-wissenschaftlicher-weiterbildung. Zugegriffen am 25.09.2017. Mestmäcker, E. -J., & Veelken, W. (1990). Wettbewerb in der Weiterbildung an Hochschulen. Die Anwendung des Wettbewerbsrechts auf das Angebot wissenschaftlicher Weiterbildung durch die staatlichen Hochschulen. Rechtsgutachten Reihe Bildung – Wissenschaft Aktuell 2. Bonn: BMBW. Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz 2. Senat: Urteil vom 04.08.2015. Aktenzeichen: 2 A 10419/15. Hochschulrecht – Zulassung eines Fernlehrgangs einer öffentlichen Hochschule. http://www.landesrecht.rlp.de/jportal/portal/t/7qe/page/bsrlpprod.psml?pid=Dokumentanzei ge&showdoccase=1&doc.id=MWRE150002339&doc.part=L. Zugegriffen am 08.06.2017. Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland III C – 4120/6.1.2. (2017). Leitfaden zur Unterscheidung wirtschaftlicher und nichtwirtschaftlicher Tätigkeit von Hochschulen (Stand: 22.09.2017). https://www.kmk.org/fileadmin/ Dateien/veroeffentlichungen_beschluesse/2017/2017_09_22-Leitfaden-Wirtschaftliche-Nicht wirtschaftliche-Taetigkeit.pdf. Zugegriffen am 13.11.2017. Swissuni (2017). Abschlüsse und Zugangskriterien. http://www.swissuni.ch/abschluss-undzugang/. Zugegriffen am 13.11.2017. Tauer, J., & Göbel, S. (2014). Die Hochschulweiterbildung zwischen Gemeinwohl und Rechtsicherheit. Der Umgang mit beihilferechtlichen Unsicherheiten. Hochschule und Weiterbildung, 1, 20–25. Teilzeit- und Befristungsgesetz (Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverhältnisse). Artikel 1 des Gesetzes vom 21.12.2000 (BGBl. I S. 1966), in Kraft getreten am 01.01.2001, zuletzt geändert durch Gesetz vom 20.12.2011 (BGBl. I S. 2854) m.W.v. 01.04.2012. https:// dejure.org/gesetze/TzBfG. Zugegriffen am 20.10.2017. Thüringer Hochschulgesetz (ThürHG) vom 10.05.2018, zuletzt geändert durch Artikel 27 des Gesetzes vom 06.06.2018 (GVBl. S. 229, 267). http://landesrecht.thueringen.de/jportal/? quelle=jlink&query=HSchulG+TH&psml=bsthueprod.psml&max=true&aiz=true. Zugegriffen am 26.06.2018. Universität Freiburg, & Marwedel, M. (2014). Freiräume für wissenschaftliche Weiterbildung. Rechtsgutachten. Vorgaben für die Preisgestaltung der wissenschaftlichen Weiterbildung an der Universität Freiburg unter besonderer Berücksichtigung des europäischen Beihilferechts. Eine Veröffentlichung des Z-Projektes. Im April 2014, Freiburg i. Brg. http://www.offenehoch schule.uni-freiburg.de/data/doc/zprojekt_pdf/rechtsgutachten. Zugegriffen am 27.10.2017.

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U. Bade-Becker

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Geschäftsmodelle und Finanzierung wissenschaftlicher Weiterbildung Markus Lermen und Helmut Vogt

Inhalt 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Geschäftsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Finanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Zusammenfassung

Weiterbildung spielt eine Sonderrolle im Kontext der Hochschulaufgaben, die es u. a. notwendig macht, über Geschäftsmodelle und Finanzierung nachzudenken. In dem Beitrag werden vor diesem Hintergrund die Grundlagen und Rahmenbedingungen der Geschäftsmodelle sowie ihre konkreten Ausprägungen mit ihren jeweiligen Spezifika entfaltet. Zum Thema Finanzierung findet man eine Gegenüberstellung der Grundmodelle sowie eine Erörterung der Rechtsgrundlagen und der Aspekte Kosten und Entgelte, Entwicklung und Projekte und schließlich des EU-rechtlichen Beihilfeverbots und der Trennungsrechnung. Schlüsselwörter

Geschäftsmodelle · Finanzierung · Wissenschaftliche Weiterbildung · Rechtsgrundlagen · Wettbewerb

M. Lermen (*) Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e.V., Bonn, Deutschland E-Mail: [email protected] H. Vogt Hamburg, Deutschland E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 W. Jütte, M. Rohs (Hrsg.), Handbuch Wissenschaftliche Weiterbildung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-17643-3_26

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M. Lermen und H. Vogt

Einleitung

Bei der ursprünglichen Zuwendung der Hochschulen zum Thema Weiterbildung, oder besser, der Universitäten zum Thema Erwachsenenbildung, um in der damaligen Diktion zu bleiben, ging es um die Verbreitung wissenschaftlichen Wissens durch öffentliche Vorträge und volksbildende Veranstaltungen für ein weitgehend unspezifisches Publikum. Seit den Anfängen dieser sog. Universitätsausdehnungsbewegung Ende des neunzehnten Jahrhunderts (vgl. Vogt 2010, S. 313) hat sich das Verständnis von Weiterbildung durch Hochschulen grundlegend gewandelt. Wolter spricht von fünf Entwicklungsphasen, wovon die Universitätsausdehnungsbewegung die erste darstellt (vgl. Wolter 2017, S. 189 f.). Die gegenwärtige Phase ist gekennzeichnet durch eine Einbettung der wissenschaftlichen Weiterbildung in den größeren Zusammenhang des lebenslangen Lernens an Hochschulen, wie er sich insbesondere infolge der sog. Bologna-Nachfolgekonferenzen als Paradigma der modernen Hochschulentwicklung herausgeschält hat. Mittlerweile ist die wissenschaftliche Weiterbildung als vierte Kernaufgabe neben Forschung, Lehre und Studium der Hochschulen in Deutschland verankert. Das gilt zumindest vom Anspruch und auch von der gesetzlichen Lage her. In allen Hochschulgesetzen der Länder findet sich eine mehr oder weniger mit § 2 Abs. 1 Satz 1 des Hochschulrahmengesetzes (HRG) identische Formulierung, die lautet: Die Hochschulen dienen entsprechend ihrer Aufgabenstellung der Pflege und der Entwicklung der Wissenschaften und der Künste durch Forschung, Lehre, Studium und Weiterbildung in einem freiheitlichen, demokratischen und sozialen Rechtsstaat. (HRG 1999)

Der Satz wurde bei der HRG-Novelle von 1998 in dieser Version in das Regelwerk aufgenommen, welches ursprünglich 1976 Gesetzeskraft erhielt. Die damit suggerierte Gleichstellung der Aufgabe Weiterbildung mit den traditionellen Hochschulaufgaben findet in der realen Hochschullandschaft bis heute keine Entsprechung. Vielmehr gelangt man bei einer Analyse der qualitativen und quantitativen Stellung der wissenschaftlichen Weiterbildung im gegenwärtigen Hochschulgefüge zu dem Ergebnis, die Bezeichnung „bedeutsame Marginalität“ (Vogt 2017, S. 1) als angemessen anzusehen. Vielmehr kann die wissenschaftliche Weiterbildung nach wie vor in ein „doppeltes Nischendasein“ (Wissenschaftsrat 2006, S. 38) eingestuft werden. Es stellt sich vor diesem Hintergrund die Frage, warum ein gesetzlicher Auftrag ca. vierzig Jahre nach seiner grundsätzlichen Etablierung durch das HRG von 1976 und ca. zwanzig Jahre nach seiner Beförderung zu einer Kernaufgabe durch die schon erwähnte Novelle des HRG von 1998 es nicht geschafft hat, die Nische wirklich zu verlassen. Aus Sicht der Autoren besteht der wesentliche Grund darin, dass die Voraussetzungen und Bedingungen, unter denen wissenschaftliche Weiterbildung an den Hochschulen zu realisieren ist, nicht systemkonform gestaltet worden sind und bis heute nicht werden können. Zu den für das staatliche Hochschulsystem ansonsten fremden Strukturelementen, denen die wissenschaftliche Weiterbildung ausgesetzt ist, gehören insbesondere die folgenden:

Geschäftsmodelle und Finanzierung wissenschaftlicher Weiterbildung

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• Das Angebot an wissenschaftlicher Weiterbildung geht nicht in die Kapazitätsberechnungen der Hochschule ein. Das trifft nicht nur auf Weiterbildungsstudien mit Zertifikatsabschluss, sondern in der überwiegenden Zahl der Fälle auch auf solche mit Masterabschluss zu. • Infolge der Nichtkapazitätsrelevanz wird die weiterbildende Lehre durch das Lehrpersonal der Hochschulen fast immer im Nebenamt und durch die Vergabe von Lehraufträgen oder Honorarvereinbarungen erbracht. Auch das gilt in der Regel ebenso für die Lehre in WB-Masterstudiengängen. • Bei der Finanzierung von Weiterbildung an Hochschulen tragen die Teilnehmenden und Studierenden regelmäßig durch Gebühren und Entgelte zur Deckung der Kosten bei. In nicht seltenen Fällen muss die Kostendeckung durch Einnahmen sogar erreicht werden. Gelegentlich geht es auch darum, Erlöse zu erzielen. (vgl. Vogt 2017, S. 7) Diese Systemfremdheit macht es erforderlich, über Geschäftsmodelle und Finanzierung der wissenschaftlichen Weiterbildung nachzudenken und dafür eigene Lösungen zu finden. Da die staatlichen Vorgaben für die Struktur der Realisierung von Hochschulweiterbildung denkbar gering sind, findet sich in der Realität eine große Spannweite an Geschäftsmodellen und Finanzierungskonzepten, deren wesentliche Ausprägungen im Folgenden dargestellt und diskutiert werden sollen.

2

Geschäftsmodelle

Geschäftsmodelle und deren Konstruktion werden vor allem aus betriebswirtschaftlicher Perspektive betrachtet (vgl. u. a. Schallmo 2013; Gassmann et al. 2017). In der wissenschaftlichen Weiterbildung sind Geschäftsmodelle erst mit der Entstehung der ersten Fernstudienzentren und vor allem im Rahmen der Angebotsentwicklung im Bereich des eLearning zu Beginn der 2000er-Jahre aufgetreten (vgl. Beyersdorf 2008). Während im Bereich des eLearnings zahlreiche Geschäftsmodelle diskutiert werden (vgl. u. a. Dohmen und Lutz 2003; Simon 2016), sind detaillierte Auseinandersetzungen im speziellen Bereich der wissenschaftlichen Weiterbildung nur marginal vorhanden. Vor dem Hintergrund eines sich ausweitenden Bereichs der wissenschaftlichen Weiterbildung einerseits und der sich wandelnden Bedingungen andererseits erlangt die Betrachtung eines grundlegenden Geschäftsmodells für jede einzelne Einrichtung eine zunehmende Bedeutung. Im Folgenden soll der Bedeutung von Geschäftsmodellen im Bereich der wissenschaftlichen Weiterbildung nachgegangen sowie entsprechende Modelle skizziert werden.

2.1

Notwendigkeit von Geschäftsmodellen in der wissenschaftlichen Weiterbildung

Wie bereits in der Einleitung geschildert werden Angebote der wissenschaftlichen Weiterbildung ebenso wie grundständige Angebote als Kernaufgabe der Hochschu-

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M. Lermen und H. Vogt

len in Deutschland eingestuft. Im Gegensatz zu den erstgenannten werden Weiterbildungsstudiengänge oder andere Formate der wissenschaftlichen Weiterbildung an öffentlichen Hochschulen in der Regel nicht durch die Grundfinanzierung der Hochschulen finanziert, sondern sind auf eine (voll-)kostendeckende Erhebung von Gebühren bzw. Entgelten angewiesen. Im Bereich der privaten Hochschulen gilt dies natürlich insbesondere. Dabei hat sich die Situation der wissenschaftlichen Weiterbildung an deutschen Hochschulen in den letzten Jahren verändert. Insbesondere im Rahmen des Bund-Länder-Wettbewerbs „Aufstieg durch Bildung: Offene Hochschulen“ sind eine Vielzahl an neuen Angeboten, Formaten und Produkten entwickelt worden, gleichzeitig an vielen Standorten neue Strukturen entstanden. Die nachhaltige Etablierung und Marktfähigkeit der teilweise innovativen Entwicklungen sowie der damit verbundenen Einrichtungen wird spätestens nach Ablauf der zweiten Förderphase 2020 eine spannende Fragestellung sein. Die Ausdifferenzierung eines spezifischen Geschäftsmodells kann diesen Prozess unterstützen bzw. ist es für die Sicherstellung einer nachhaltigen Finanzierung zentral eine „ökonomische Analyse der Einsatzmöglichkeiten“ (Simon 2016, S. 119) durchzuführen. Eine nachhaltige Fortführung der Angebote an staatlichen Hochschulen setzt voraus, dass entweder die bereits vorhandenen Ressourcen der Hochschulen dafür ausreichen, entsprechende Mittelumverteilungen stattfinden oder die dafür benötigten zusätzlichen Einnahmen aus „entsprechenden Geschäftsaktivitäten am (Weiter-) Bildungsmarkt erzielt werden“ (Dohmen 2004, S. 41). Für den Bereich der wissenschaftlichen Weiterbildung in einem Spannungsfeld zwischen staatlichem Bildungsauftrag und Verankerung der Weiterbildung im Hochschulgesetz auf der einen Seite und marktrechtlicher Betrachtungen und damit Verpflichtung zu Kostendeckung und Refinanzierung auf der anderen Seite wird die „Erzielung von Einnahmen am Weiterbildungsmarkt“ (Dohmen 2004, S. 41), d. h. die Refinanzierung aus Teilnahmeentgelten, die voraussichtliche (marktwirtschaftliche) Option darstellen. welche auch in den Hochschulgesetzen der Länder verankert ist.1 Angebote der wissenschaftlichen Weiterbildung in diesem Sinne sind in der Regel dadurch gekennzeichnet, dass sie (voll-)kostendeckend kalkuliert werden müssen und gegen Gebühr bzw. privatwirtschaftlichen Entgelt vertrieben werden. Entsprechend sind auf die jeweilige Besonderheit des Bildungsanbieters angepasste Geschäftsmodelle Grundlage für die Etablierung neuer Formate wie auch klassischer Fernstudienangebote im Bereich der wissenschaftlichen Weiterbildung. Dies impliziert eine inhaltlich und methodisch-didaktisch Anpassung auf Hochschulniveau an die jeweilige Zielgruppe und eine „konsequente Ausrichtung auf den externen Lernmarkt“ (Dohmen 2004, S. 42). Dabei ist zu beachten, dass die Hochschule die Funktion einer „intermediäre[n] Institution“ übernimmt, d. h. die wissenschaftliche Weiterbildung im Zentrum „des Dreiecks von Wissenschaft und

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Die Diskussion um eine Grundfinanzierung der Angebote Wissenschaftlicher Weiterbildung und Rechtsanspruch auf Erstausbildung und berufliche Weiterbildung (vgl. Wolter 2017) an Hochschulen soll an dieser Stelle ausgeklammert werden. Sie wird teilweise im Kap. ▶ „Geschäftsmodelle und Finanzierung wissenschaftlicher Weiterbildung“ thematisiert.

Geschäftsmodelle und Finanzierung wissenschaftlicher Weiterbildung

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Forschung, Dienstleistung und Verwaltung sowie Markt und Vertrieb“ (Beyersdorf 2008, S. 96) angesiedelt ist bzw. sich in der „Trias von Wissenschaft, Verwaltung und Markt“ (Hanft et al. 2016, S. 32) bewegt. Dies schließt auch einen starken Servicegedanken mit ein (vgl. Wolter 2017), ebenso wie eine für den typischen Hochschulbetrieb unübliche „Vertriebs-Logik“ inklusive der Etablierung eines Markennamens (Brand) (vgl. Dohmen 2004). Vor diesem Hintergrund unterscheiden sich Geschäftsmodelle für die wissenschaftliche Weiterbildung an Hochschulen nicht nur deutlich von betriebswirtschaftlichen Modellen, sondern auch von Modellen für den klassischen Studienbetrieb (vgl. Hochschulforum Digitalisierung 2016). Daran knüpft auch die Betrachtung der unterschiedlichen Organisationsformen von Einrichtungen wissenschaftlichen Weiterbildung an (vgl. Bade-Becker 2017; Klinkner 2017). So lässt sich teilweise eine Ausgründung entsprechender Weiterbildungseinheiten (z. B. als (g)GmbH, Stiftung oder Verein) außerhalb der eigentlichen Hochschule beobachten, ebenso wie eine Ausweitung der Angebote privater Anbieter (vgl. Maschwitz et al. 2017). Durch Franchise-Modelle, MBA-Studiengänge mit ausländischen Hochschulen oder Kooperationen zwischen staatlichen Hochschulen und privaten Einrichtungen ergeben sich auch völlig neue Geschäftsmodelle für Hochschulen. Inwiefern die Hochschulen mit der Privatisierung der wissenschaftlichen Weiterbildung ihrer gesellschaftlichen Verantwortung und ihrem gesetzlichen Auftrag gerecht werden, soll zumindest in Frage gestellt werden. Dabei lassen sich auf verschiedene Mischformen beobachten: Einige Anbieter haben sowohl eine interne wie auch externe Einrichtung die miteinander gekoppelt sind und gemeinsam die Angebote am Standort anbieten (FH Lübeck mit oncampus GmbH und ILD – Institut für Lerndienstleistungen, vgl. Granow und Steinert 2017). Auch die Fernuniversität Hagen bietet mit dem Institut für Wirtschaftliche Forschung und Weiterbildung Gmbh (IWW)2 ein privat finanziertes Studienzentrum an. Daneben existieren noch Hochschulverbünde wie die Zentralstelle für Fernstudien an Fachhochschulen (ZfH) mit jeweils besonderen Bedingungen für die Geschäftsmodelle. Nach Klinkner kann der ZfH-Verbund als Beispiel für die „strategische Kombination von zentralen und dezentralen Strukturen“ (2017, S. 139 f.) angesehen werden. Grundlagen und Rahmenbedingungen Angebote der wissenschaftlichen Weiterbildung sind i. d. R. im Gegensatz zu grundständigen Angeboten der Hochschulen nicht öffentlich finanziert und müssen die entstehenden Kosten durch Gebühren oder Entgelte selbst tragen. Im Kap. ▶ „Geschäftsmodelle und Finanzierung wissenschaftlicher Weiterbildung“ wird darauf detaillierter eingegangen. Die Grundlagen und Rahmenbedingungen bzw. deren Auslegung für die Umsetzung der Angebote und die damit verbundenen Geschäftsmodelle der jeweiligen Einrichtungen wissenschaftlicher Weiterbildung sind in den einzelnen Bundesländern nicht einheitlich und unterscheiden sich teil-

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URL: http://www.fernuni-hagen.de/IWW/das-iww/firmengeschichte.html.

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weise auch innerhalb der Bundesländer wesentlich. Diese Rahmenbedingungen haben z. B. durch die Festlegung von Gebührensätzen für bestimmte Leistungen einen unmittelbaren Einfluss auf die Ausgestaltung der Geschäftsmodelle an den einzelnen Standorten. Die Regelungen reichen dabei von Vorgaben einzelner Hochschulen (z. B. Gebühren- und Entgeltordnungen) über bundeslandspezifische Regelungen (z. B. die einzelnen Landeshochschulgesetze) bis hin zu EU-Richtlinien (z. B. das europäische Beihilferecht). Maschwitz et al. (2017) haben in einer Synapse die Grundlagen zur Finanzierung der wissenschaftlichen Weiterbildung unter Beteiligung von 21 Hochschulen aus elf Bundesländern zusammengefasst. Darin wird die Heterogenität der landesspezifischen Regelungen sowie der vorhandene Gestaltungs- und Auslegungsspielraum einzelner Hochschulen deutlich herausgestellt. Dies kann gravierende Auswirkungen auf das jeweilige Geschäftsmodell haben. Werden teilweise Overheadsätze von über 100 Prozent an einzelnen Hochschulen diskutiert, stellt es eine sehr hohe Herausforderung dar, eine Wettbewerbsfähigkeit speziell gegenüber privaten Anbietern erreichen zu können (vgl. Maschwitz et al. 2017). Zunehmender Wettbewerb Ein weiterer Aspekt zur Begründung von Geschäftsmodellen in der wissenschaftlichen Weiterbildung stellt der weiterhin prognostizierte Rückgang der (grundständigen) Studierendenzahlen v. a. in strukturschwachen Regionen aufgrund des demografischen Wandels dar und die damit verbundene Erschließung neuer bzw. Stärkung vorhandener Geschäftsfelder. Fraglich ist dabei allerdings ob sich durch Angebote im Weiterbildungsbereich die Finanzausstattung der Hochschulen nachhaltig und durchgehend verbessern lässt und allein wirtschaftlich-geschäftspolitische Überlegungen ausschlaggebend sein dürfen. So hat sich alleine durch die Vielzahl an Neugründungen privater Hochschulen in den vergangenen Jahren, die u. a. im Bereich der wissenschaftlichen Weiterbildung Angebote entwickeln, der Markt in den letzten Jahren deutlich verändert. Entsprechend befinden sich Hochschulen mit ihren Angeboten zunehmend in einem nationalen aber auch internationalen Wettbewerb. Dies trifft insbesondere auf Fernstudienanbieter zu, da aufgrund der Orts- und Zeitungebundenheit mehr Anbieter um die gleiche Teilnehmendengruppe konkurrieren (vgl. Beyersdorf 2008). Insofern erhalten nachhaltige und innovative Geschäftsmodelle zunehmend Bedeutung um die Angebote aufrecht und attraktiv halten zu können. Gleichzeitig sind Möglichkeiten vorhanden mit neuen, innovativen Geschäftsmodellen Einrichtungen aufzubauen (z. B. Kiron Open Higher Education gGmbH). Eine weitere Konkurrenz entsteht durch neue (Online-)Anbieter wie Udacity, Khan-University, Udemy, Coursera u. ä. welche mit kleinteiligen Formate (z. B. Nanodegrees) den Markt beeinflussen. Zwar ist ein steigender (akademischer) Weiterbildungsbedarf und ein Anwachsen des (internationalen) Marktes zu beobachten (vgl. u. a. Schmid 2016), jedoch stellt die Vielzahl an neuen Anbietern gerade im Bereich der Online-Weiterbildung eine Gefahr für etablierte Fernstudienanbieter dar. Diese sind entsprechend gefordert auf die sich ändernden Bedingungen zu reagieren:

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„Die Anbieter von Fernstudien benötigen aus diesem Grund heute grundlegend neue Geschäftsmodelle, die dem beschriebenen, fundamental veränderten Bedarf der Lerner im Zeitalter der Digitalisierung gerecht werden und gleichzeitig Wettbewerbsvorteile gegenüber reinen Online-Anbietern, insbesondere aus dem angelsächsischen Bereich, schaffen. Deshalb ist ein Paradigmenwechsel erforderlich.“ (Sauter 2017, S. 100)

Gleichzeitig ist der Ausbau der wissenschaftlichen Weiterbildung an Hochschulen und die Qualifizierung neuer Zielgruppen eine zentrale politische Zielsetzung der Bundesregierung für den Erhalt des Wirtschaftsstandorts Deutschlands, wie sich u. a. durch die Qualifizierungsinitiative „Aufstieg durch Bildung: Offene Hochschule“ belegt.

2.2

Geschäftsmodelle in der wissenschaftlichen Weiterbildung

Geschäftsmodelle werden – wie bereits geschildert – in der Regel aus betriebswirtschaftlicher Perspektive heraus betrachtet, entfalten allerdings für den Bereich der Weiterbildung an Hochschulen eine immer größere Bedeutung. Dies spiegelt sich bislang noch nicht in einer branchenspezifischen Auseinandersetzung mit dem Themenfeld wieder. Entsprechende Überlegungen existieren dagegen häufig im Bereich des Einsatzes von eLearning bzw. in der aktuellen Diskussion um MOOCs (Massive Open Online Courses) und OER (Open Educational Ressources). Definition Geschäftsmodelle Aus betriebswirtschaftlicher Überlegung heraus bilden Geschäftsmodell die Grundlogik eines Unternehmens ab, welche den Nutzen für die Kunden und die Partner herausstellt: „Ein Geschäftsmodell beantwortet die Frage, wie der gestiftete Nutzen in Form von Umsätzen an das Unternehmen zurückfließt. Der gestiftete Nutzen ermöglicht eine Differenzierung gegenüber Wettbewerbern, die Festigung von Kundenbeziehungen und die Erzielung eines Wettbewerbsvorteils.“ (Schallmo 2013, S. 22 f.)

Damit stellt ein Geschäftsmodell „eine vereinfachte Abbildung einer auf Gewinn abzielenden Unternehmenseinheit unter Berücksichtigung der sie konstituierenden Elemente und deren Verknüpfungen [dar]“ (Knust 2006, S. 39). Das Konzept bezieht sich allerdings auch explizit auf nicht-gewinnorientierte Organisationen (vgl. Franken 2017) so dass Geschäftsmodelle auch im Zusammenhang mit Angeboten wissenschaftlicher Weiterbildung Anwendung finden – unabhängig ob eine Gewinnerzielungsabsicht vorliegt oder nicht. Entsprechend handelt es sich um ein Gebilde welches • „die beteiligten Akteure, ihre Rollen und ihren Beitrag zur Wertschöpfung nennt, • den Nutzen, den Kunden oder andere Akteure aus der Geschäftsaktivität ziehen können, identifiziert sowie

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• die Einnahmequellen (Ertragsmodell) und Risiken, die die Geschäftsaktivität eröffnet, beschreibt“ (Simon 2016, S. 111). Die damit verbundene strategische Zielsetzung liegt darin, die verschiedenen Elemente zu analysieren und auf eine Art und Weise zu kombinieren, dass sie sich gegenseitig verstärken. Damit wird angestrebt ein Wachstum zu erzielen und vor allem sich gegenüber anderen Wettbewerbern abzugrenzen und marktrelevante Alleinstellungsmerkmale zu identifizieren (vgl. Schallmo 2013). Geschäftsmodelle in der wissenschaftlichen Weiterbildung Während unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten bei den Modellen oftmals Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen im Vordergrund stehen (B2B, Business-to-Business) (z. B. Schallmo 2013), werden im Weiterbildungsbereich i. d. R. die Beziehungen zu Konsumenten bzw. Kunden betrachtet (B2C, Business-to-Consumer). Nach Franken (2017) basieren Geschäftsmodelle auf einem ganzheitlichen Ansatz und bilden die „grundlegenden Verhaltensweisen einer Organisation“ (S. 157) ab. Damit leisten Geschäftsmodelle einen Beitrag zur „Positionierung und Profilierung von Hochschulen in ihrer Umwelt“ (S. 172) bzw. einen Beitrag zur „Positionierung [und Profilierung] am Bildungsmarkt“ (S. 153). Aus dieser Perspektive heraus beziehen Geschäftsmodelle für die wissenschaftliche Weiterbildung nach Knust die folgenden Faktoren bzw. Hauptelemente ein: • • • • •

die nachhaltige Absicherung der Einrichtung, die interne Struktur und Einbindung, die finanziellen (im engeren Sinne wirtschaftlichen) Aspekte, den Grad der Integration der Produkterstellung und Verwertung, das Leistungsportfolio

(Knust 2006, S. 38 ff.). Für den Einsatz im Bereich der Weiterbildung an Hochschulen gewinnt dabei vor allem eine strategische Betrachtungsweise Bedeutung. Geschäftsmodelle bieten damit die Möglichkeit einer Steuerung in dem dynamischen und kooperativen Feld der wissenschaftlichen Weiterbildung (vgl. Beyersdorf 2008). Entsprechend stellt der Ansatz von Knust die Geschäftsmodell-Diskussion unter einen strategischen Managementprozess: „Festgehalten werden kann, dass Geschäftsmodelle der wissenschaftlichen Weiterbildung als ein Teilbereich des strategischen Hochschulmanagements zu sehen sind und darüber Auskunft geben, in welcher Form und mit welchen Produkten/Serviceleistungen auf welchen Märkten Geschäfte vollzogen werden sollen.“ (Knust 2006, S. 49)

Zu Beginn steht die Situationsanalyse (bestehend aus der Umweltanalyse sowie der Analyse der Organisationseinheit Hochschulen) an der jeweiligen Einrichtung aus der sich die Formulierung strategischer Ziele und deren Festlegung ergibt. Die Autorin unterscheidet in ihrer Systematik vier Hauptelemente: Leistungsportfolio,

Geschäftsmodelle und Finanzierung wissenschaftlicher Weiterbildung

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(„Produkte, Distribution“) Grad der Integration und internen Strukturen (Personal, Prozesse, Ausstattung), finanziellen Aspekte („Preispolitik“) sowie nachhaltige Absicherung (z. B. über Qualität, Marketing), welche für ein nachhaltiges Geschäftsmodell gleichermaßen berücksichtig werden müssen und jeweils unterschiedliche Perspektiven darstellen (2006, S. 48). Franken hat den partiellen (branchenspezifischen) Geschäftsmodellansätzen von Knust (2006) durch Elemente universeller Geschäftsmodelle weiterentwickelt und unterschieden fünf Dimensionen, welche „die grundlegende Funktionsweise einer Weiterbildungsorganisation“ (2017, S. 169) kennzeichnen: (1) Strategien und Weiterentwicklung (2) Zielgruppen und Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie Angebote und Nutzenversprechen (3) Angebotserstellung und Angebotsdurchführung (4) Finanzierung sowie (5) Organisationsstruktur und -kultur sowie Kommunikations- und Vertriebskanäle (Abb. 1). Gemeinsam ist den beiden Modellen eine ganzheitliche Abbildung der Prozesse aus denen sich strategische Entscheidungen ableiten lassen bzw. die in einem strategischen Managementprozess eingebettet sind. Im Sinne einer umfangreichen Qualitätssicherung steht dabei vor allem der Prozessgedanken im Vordergrund: Es gilt die getroffenen Entscheidungen und Festlegungen kontinuierlich zu hinterfragen. Speziell vor dem Hintergrund der sich wandelnden Bedingungen im Feld der wissenschaftlichen Weiterbildung sind daher Anpassungen und Erweiterungen zunehmend notwendig: „Alle Bereiche einer Hochschule sollten daher ihre Geschäftsmodelle – also die Art, wie sie ihren jeweiligen Zweck erfüllen – regelmäßig auf die Probe stellen und hinterfragen, ob die Prozesse und Angebote noch zeitgemäß und effektiv sind.“ (Hochschulforum Digitalisierung 2016, S. 58)

Abb. 1 (Markus Lermen): Elemente von Geschäftsmodelle im Bereich der (wissenschaftlichen) Weiterbildung

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Dies gilt insbesondere für den Bereich der wissenschaftlichen Weiterbildung. Die Frage ist dabei allerdings ob die vorhandenen Strukturen an staatlichen Hochschulen ausreichend Spielraum für Anpassungsbedarfe bieten oder ob es nicht notwendig ist die gesamte Organisation Hochschule im Sinne eines umfassenden Veränderungsmanagements bzw. einer konsequenten Organisationsentwicklung zu betrachten (vgl. Granow und Steinert 2017). Spezifika von Geschäftsmodellen in der wissenschaftlichen Weiterbildung Geschäftsmodelle in der wissenschaftlichen Weiterbildung müssen neben den finanziellen und rechtlichen Voraussetzungen zudem die besonderen Anforderungen des Themenfeldes berücksichtigen. Ein zentrales Merkmal für Angebote der wissenschaftlichen Weiterbildung und damit auch ein zentrales Element eines Geschäftsmodells ist die spezifische Zielgruppe. Für bestimmte Berufsgruppe, z. B. im Bereich der Gesundheits- und Pflegewissenschaften, sind hochpreisige Angebote schwieriger auf dem Markt zu etablieren als z. B. im Bereich von Management- und Wirtschaftsangeboten; „Dies widerspricht dem bildungspolitischen Auftrag, demnach für jeden geeignete Bildungsangebote bereitgestellt werden und auch für diese erschwinglich sein sollten.“ (Maschwitz et al. 2017, S. 6)

Das gilt speziell, wenn die Teilnehmenden die Kosten selbst tragen müssen und nicht durch ihren Arbeitgeber unterstützt werden. Kooperation mit entsprechenden Einrichtungen bzw. Arbeitgebern können hier einen Ausgleich schaffen. Unter der Berücksichtigung der unterschiedlichen finanziellen Möglichkeiten der jeweiligen Zielgruppe (z. B. Pflegewissenschaften vs. BWL) gilt es die Diskrepanz zwischen bildungspolitischem Auftrag einerseits und einer marktorientierten Betrachtungsweise andererseits abzuwägen bzw. den „ständigen Spagat zwischen Vollkostenrechnung/Kostendeckung und Marktfähigkeit/Gebührenhöhe“ (Maschwitz et al. 2017, S. 10) auszuhalten. Zum aktuellen Zeitpunkt ist allerdings noch nicht eindeutig geklärt ob es sich bei weiterbildenden Angeboten von Hochschulen um wirtschaftliche oder nicht-wirtschaftliche Tätigkeiten handelt und ob und welche Vollkostenkalkulationen einzuberechnen sind. Für ein nachhaltiges Geschäftsmodell wird es einen wesentlichen Einfluss haben wie diese Klärungen gelingen und welche grundlegenden Unterschiede sich zwischen Angeboten im öffentlich-rechtlichen Rahmen (i. d. R. kostendeckende Gebührenerhebung) oder im privatrechtlichen Raum ergeben. Ebenfalls zu beachten ist ob es vergleichbare Konkurrenzprodukte für die jeweiligen Maßnahmen auf dem Markt existieren. Entsprechende Marktanalysen sowohl für eine Beibehaltung vorhandener Produkte als auch für die Entwicklung neuer Angebote werden vor dem Hintergrund der sich verändernden Entwicklung im Weiterbildungsbereich unabdingbar. Bzgl. der Zielgruppe ist ferner zu unterscheiden ob es sich um Weiterbildungsangebote in sog. traditionellen Formaten (Präsenzangebote) oder Angebote im Fernund Online-Format handelt, welche eine viel größere Reichweite besitzen und

Geschäftsmodelle und Finanzierung wissenschaftlicher Weiterbildung

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entsprechend stärker mit anderen nationalen und internationalen Anbietern konkurrieren. Dabei spielt die Lage der Hochschule eine wichtige Rolle. Einrichtungen in Ballungszentren haben beispielsweise für weiterbildende Angebote in Präsenzform ein viel größeres Publikum und Einzugsbereich wie Hochschulen in strukturschwachen Gebieten. Für das Geschäftsmodell ist zudem bedeutsam ob sich ein Anbieter auf ein Produkt (z. B. gebührenfinanzierte Studiengänge oder kurze Online-Formate) fokussiert oder ein breites Produktportfolio anbietet. Dabei ist auch die Variabilität in den Formaten von Bedeutung. Die Angebotsformen wissenschaftlicher Weiterbildung erstrecken sich dabei über eine Vielzahl von Formaten. Diese reichen von einzelnen Angeboten auf Modul- und Seminarebene bis hin zu weiterbildenden Master- und MBA-Angeboten (vgl. Bade-Becker 2017).3 Entsprechend ergeben sich aus den Überlegungen verschiedene Diversifikationen für die Genese von Geschäftsmodellen in der wissenschaftlichen Weiterbildung. Diese beinhalten insbesondere folgende Elemente: • • • • • • •

bedarfs- und nachfrageorientiert vs. wissenschafts- und strukturorientiert curriculums- vs. kompetenzorientiert (vgl. Sauter 2017) Organisationsformen (zentral, dezentral, Ausgründung) Grad der Kooperationsform Ausrichtung auf Zielgruppe (z. B. spezialisiert) Formate (traditionelle vs- innovativ/experimentell) Angebotsformen (Einzelkurse – Zertifikate – Studiengänge)

Diese – nicht abschließenden – Ausprägungen verdeutlichen beispielhaft die sich im Rahmen von Geschäftsmodellen ergebenen Möglichkeiten der Positionierung auf dem Weiterbildungsmarkt vor dem Hintergrund des jeweiligen Standorts.

2.3

Neue Entwicklungen: Digitalisierung und offene Bildungsangebote

Die Grundprinzipien von Geschäftsmodellen gelten auch vor dem Hintergrund der zunehmenden Digitalisierung aller gesellschaftlicher Prozesse. Hingegen steigen die Anforderungen an die einzelnen Einrichtungen und auch etablierte Organisationen begegnen der Aufgabe die einzelnen Prozesse des zugrunde liegenden Geschäftsmodells an die veränderten Bedingungen der digitalen Welt anzupassen. Für den unternehmerischen Bereich postuliert das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie im Themenheft „Digitale Geschäftsmodelle“

Vgl. dazu auch den Kap. ▶ „Angebotsformen und Formate wissenschaftlicher Weiterbildung“ in diesem Band.

3

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„Das digitale Zeitalter verleiht ‚König Kunde‘ mehr Macht als je zuvor und verlangt von den Anbietern erheblich mehr Aufmerksamkeit. Wer sich im Ringen um seine Gunst durchsetzen will, sollte sein Geschäftsmodell ganz auf ihn ausrichten – und es dafür, wenn nötig, anpassen.“ (2017, S. 5)

Dies lässt sich auf den Bereich der wissenschaftlichen Weiterbildung übertragen. Dabei entstehen auch neue Formate, deren Praxistauglichkeit und Platzierung im Weiterbildungssektor sich nach dem ersten Hype erst langfristig erweisen müssen. Speziell im Bereich des eLearnings ist bereits seit Jahren eine Beschäftigung mit Geschäftsmodellen insbesondere für ein nachhaltiges Angebot zu finden (vgl. Dohmen und Lutz 2003). Speziell in diesem Bereich können z. B. neue Einnahmequellen für Hochschulen entstehen ebenso wie Marketing-Effekte und die Rekrutierung neuer Zielgruppen. Die sich ergebenden Möglichkeit des Social Media Marketings nicht mit eingerechnet. Die Digitalisierung beinhaltet neben neuen Formaten auch neue methodischdidaktische Möglichkeiten, welche zu einer Anpassung der Geschäftsmodelle beitragen. „Online-Campus, digitale Skripte und videobasierte Lehrinhalte sind heute Standard. Die Bereitstellung von Lern-Apps, Simulationen und Online-Prüfungen, aber auch die Optimierung digitaler Studienbriefe für mobile Endgeräte und eine bessere Vernetzung der Fernstudierenden untereinander, gewinnt an Bedeutung. (IUBH 2016, zit. nach Sauter 2017, S. 100 f.)

Die Fragen nach passenden Geschäftsmodellen spielt des Weiteren bei der Diskussion um offene Bildungsangebote eine wichtige Rolle. Derzeit lassen sich für diesen Bereich noch keine übergreifenden Geschäfts- und Finanzierungsmodelle finden (vgl. Lermen et al. 2016). Speziell der Einsatz und die Entwicklung von freien Bildungsmaterialien und die damit verbundene kostenfreie Veröffentlichung von Lehr-/Lernmaterialien im Sinne von Open Educational Ressources (OER) stellt Bildungsanbieter vor neue Herausforderungen. In der Diskussion um Modelle offener Bildungsangebote stellt sich die Frage welche Ertragsmöglichkeiten zukünftig für Anbieter vorhanden sind oder ob dadurch dem gesellschaftlichen Auftrag und damit einer zu mindestens teilweise staatlichen Finanzierung des wissenschaftlichen Weiterbildung Vorschub geleistet wird. Insgesamt bieten die Entwicklungen im Bereich der Digitalisierung sowohl etablierten wie auch neuen Anbietern neue Möglichkeiten der Geschäftsmodelle und erlaubt eine „radikale Neukonzipierung eines Geschäftsfelds“ (Simon 2016, S. 11). Dies geht mit dem strategischen Prozessgedanken einher. So sehen Granow und Steinert durch die Digitalisierung einen organisationskulturellen Transformationsprozess ausgelöst für den es eines „umfassenden, strategisch ausgerichteten Wandlungsprozess von Strukturen und Arbeitsweisen gleichermaßen“ (2017, S. 2) bedarf. Auch die Öffnung der Hochschule z. B. durch eine stärkere Hinwendung zu OER-Materialien, der Hinwendung zu neuen Zielgruppen, dem Entstehen neuer Kooperationsformen oder der Etablierung neuer Formate bzw. Lernformen ist als eine strategische Ausrichtung zu betrachten: „Öffnung als Vision und strategisches Fundament“ (Granow und Steinert 2017, S. 127).

Geschäftsmodelle und Finanzierung wissenschaftlicher Weiterbildung

3

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Finanzierung

Die Teilnahme an Veranstaltungen der wissenschaftlichen Weiterbildung ist in aller Regel kostenpflichtig. Wenn man von Finanzierung wissenschaftlicher Weiterbildung spricht, kommen grundsätzlich zwei Perspektiven in Betracht: 1. ein individueller Blickwinkel verbunden mit insbesondere folgenden Fragen: Wie finanzieren die Studierenden ihre Teilnahme? Handelt es sich um eine ausschließlich persönliche Kostenträgerschaft oder erhalten sie eine direkte bzw. indirekte Förderung durch ihren Arbeitgeber ggf. auch durch Stipendienoder Förderprogramme des Bundes und der Länder, vielleicht auch durch Stiftungen oder andere Nichtregierungsorganisationen? Bezieht sich diese Finanzierung auf die zu entrichtenden Entgelte und Gebühren oder geht es auch um die Finanzierung des Lebensunterhaltes wie etwa bei weiterbildenden Studien, die nicht berufsbegleitend studierbar sind (vgl. Fördermöglichkeiten 2017)? 2. eine institutionelle Perspektive verbunden insbesondere mit folgenden Fragen: Wie finanzieren die Hochschulen oder auch ihre hochschulnahen Weiterbildungseinrichtungen die Kosten, die ihnen bei der Planung, der Realisierung und der Evaluierung wissenschaftlicher Weiterbildung entstehen? Welches sind die gängigen Finanzierungsmodelle? Welche Rolle spielen Projektmittel? Gibt es gesetzliche oder hochschulinterne Vorgaben, die zu beachten sind? In der folgenden Darstellung geht es ausschließlich um die zweite, die institutionelle Sicht auf das Thema, insbesondere um die Voraussetzungen und Bedingungen der Finanzierung wissenschaftlicher Weiterbildung an den staatlichen Hochschulen in Deutschland. Dabei steht der Regelfall im Vordergrund, der dadurch gekennzeichnet ist, dass keine Projektmittel und keine anderweitig gesicherte Finanzierung durch Dritte zur Verfügung stehen. Staatsmodell versus Marktmodell Wie einleitend erwähnt, unterscheidet sich die Finanzierung der Weiterbildung an den Hochschulen grundsätzlich von der Finanzierung der grundständigen Lehre als der anderen Kernaufgabe, die mit Weiterbildung in einem unmittelbaren Zusammenhang steht. Während jene durch die Zuwendungen der öffentlichen Hände, die alle staatlichen Hochschulen bekommen, finanziell getragen wird, erhalten die Hochschulen von den Ländern in aller Regel keine Zuweisungen für die Hochschulweiterbildung. Betrachtet man die Entwicklung des Themas seit der Einführung des gesetzlichen Auftrages im Jahr 1976 (Verabschiedung des Hochschulrahmengesetzes), so lässt sich feststellen, dass eine auskömmliche Ausstattung der Hochschulen für die Weiterbildung, wenn man einmal von Projektmitteln und wenigen zeitlich begrenzten Ausnahmen absieht, nie gegeben hat. Anstatt mindestens eine Grundfinanzierung bereitzustellen, führten die Länder, denen die Bildungshoheit obliegt, in mehreren Schritten das Kostendeckungsprinzip als Finanzquelle für die wissenschaftliche Weiterbildung ein:

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• nach der Verabschiedung der Landeshochschulgesetze zunächst Indifferenz bzw. Finanzierung ausschließlich aus Projektmitteln • Einführung der Gebührenpflicht seit Mitte der achtziger Jahre, wobei die Einnahmen aus Gebühren am Anfang wie Steuern und andere Gebühren zur Deckung der Staatsausgaben insgesamt dienten • Regelungen seit Ende der achtziger Jahre., die dazu führten, dass die Gebühreneinnahmen bei den Hochschulen verblieben und zur Finanzierung der wissenschaftlichen Weiterbildung herangezogen werden konnten • zunehmende Einführung zur Pflicht einer Kostendeckung durch Entgelte und Gebühren seit Mitte der neunziger Jahre mit einer Verankerung in den Hochschulgesetzen der Länder oder darauf bezogener Gesetze und Verordnungen. Im Hinblick auf die Verunsicherung, die durch das EU-rechtliche Beihilfeverbot entstanden ist, wird in letzter Zeit der Ruf nach einer Vollkostenrechnung und nach einer Trennungsrechnung immer lauter. Darauf kommen wir später zurück. Bei der obigen Übersicht ist zu beachten, dass die zeitliche Verortung sehr grob gerastert wurde, da es beim Vollzug der einzelnen Schritte zwischen den Bundesländern zu erheblichen Ungleichzeitigkeiten kam und in den neuen Bundesländern die Entwicklung naturgemäß viel später einsetzte. Die letzte Stufe der Entwicklung, die Verpflichtung zur Erhebung kostendeckender Gebühren, findet sich (noch) nicht in allen Hochschulgesetzen wieder. Im Ergebnis stehen am gegenwärtigen Ende des Entwicklungsweges „zwei Finanzierungskreise“ (Hanft 2014, S. 154) für die Lehre (die ausbildende und die weiterbildende) an den Hochschulen in Deutschland, die staatliche Finanzierung für die grundständige Lehre bis zum konsekutiven Masterabschluss und zu Postgraduiertenprogrammen, die auf das Doktorat zielen, auf der einen Seite (Staatsmodell) und die private Finanzierung durch Einnahmen für das weiterbildende Studium auf der anderen Seite (Marktmodell). Wie wurde das Ausbleiben einer staatlichen Finanzierung begründet? Schäffter führte dazu aus: Der Rückzug des Staates aus ordnungspolitischen Gestaltungsbereichen der Gesellschaft (Privatisierung) und eine aus fiskalischen Gründen motivierte Deregulierung führte dazu, dass sich wissenschaftliche Weiterbildung nicht mehr in der selben Weise an staatlich gesicherten Strukturen orientieren kann, wie diese . . . für studentische Lehre gültig sind. (Schäffter 1994, S. 10)

Der Begründungszusammenhang hat sich im Laufe der vergangenen zwanzig Jahre geändert, das Ergebnis nicht. Heute wird geltend gemacht, dass wissenschaftliche Weiterbildung sich, wie Weiterbildung insgesamt, auf einem Markt abspiele, der durch Angebot und Nachfrage sowie durch Konkurrenz gekennzeichnet sei. Auch andere staatliche Weiterbildungsträger wie etwa die Volkshochschulen sind darauf angewiesen, einen mehr oder weniger großen Anteil ihres Budgets durch Einnahmen zu generieren. Vor diesem Hintergrund sei es ordnungspolitisch nicht zu rechtfertigen, die Hochschulweiterbildung besser zu stellen. Außerdem spielt der Wettbewerb im Blick auf die Internationalisierung des tertiären Bildungsbereiches

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und die deutliche Ausweitung des privaten Hochschulsektors eine zunehmend größere Rolle. Die Frage, ob wissenschaftliche Weiterbildung sich am Staatsmodell oder am Marktmodell orientieren sollte, ist bis heute nicht eindeutig entschieden. In der Realität gibt es unzählige Spielarten, die zum einen mit den rechtlichen Grundlagen zusammenhängen, die in den Bundesländern unterschiedlich gestaltet sind, zum anderen mit hochschulspezifischen Regeln und auch Auslegungen bestehenden Rechts sowie mit hochschulpolitischen Setzungen. Tendenziell ist alles in allem eine durch die Zeitläufe zunehmende Orientierung am Markmodell als dem ausschlaggebenden Modell der Finanzierung der wissenschaftlichen Weiterbildung erkennbar. Diese Orientierung wird neuerdings gestützt durch das europarechtliche Beihilfeverbot, auf das zurückzukommen sein wird. Ob sie sinnvoll ist, wenn die Hochschulen, wie Arnold schreibt, „mit der wissenschaftlichen Weiterbildung über ein Instrument zur zeitgemäßen Ausgestaltung ihrer Bachelor- und Masterstrukturierung“ (Arnold 2016, S. 36) verfügen, mag an dieser Stelle dahingestellt bleiben. Angesichts der paradigmatisch längst vollzogenen Einbettung des Aufgabenfeldes in das Konzept lebenslangen Lernens an Hochschulen zeichnet sich ein verändertes Verständnis von Hochschule ab, das nämlich als einer Institution, für die „die Reform der Erstausbildung und der Ausbau der Weiterbildung als eine integrierte Strategie zur Förderung lebenslangen Lernens“ (Wolter 2011, S. 25) im Vordergrund steht. Die beiden Grundorientierungen der Finanzierung wissenschaftlicher Weiterbildung finden sich auch in den hochschulpolitischen Positionen der wichtigsten Akteure wieder. Die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) hat sich bereits 2008 zu einer Orientierung am Staatsmodell bekannt. In ihrem Positionspapier zur wissenschaftlichen Weiterbildung schreibt sie als Empfehlung an die Politik: Wollen Hochschulen nicht nur personen- oder fakultätsspezifische Veranstaltungen in der Weiterbildung anbieten, sondern sich als Hochschule insgesamt des Themas annehmen, auch Studiengänge anbieten und ein längerfristig angelegtes Gesamtprogramm entwickeln, so muss ihre Grundfinanzierung Mittel für eine entsprechende Infrastruktur umfassen. (HRK 2008, Ziff. 4.1)

Demgegenüber macht sich die Kultusministerkonferenz (KMK) in ihrem Leitfaden zur Unterscheidung wirtschaftlicher und nichtwirtschaftlicher Tätigkeit von Hochschulen für eine Orientierung am Marktmodell stark: Insbesondere deswegen, weil die Zuordnung der Weiterbildung als gesetzliche Aufgabe der Hochschulen im deutschen nicht aber im europäischen Recht durchgehend vorgesehen ist, wird den Hochschulen seitens der Wirtschaftsprüfer geraten, die Weiterbildung grundsätzlich als wirtschaftliche Tätigkeit auszuweisen. (KMK 2012, S. 6)

Diese Position relativiert die KMK allerdings an anderer Stelle des Leitfadens durch die Aussage, dass eine Einordnung der wissenschaftlichen Weiterbildung als wirtschaftliche Tätigkeit differenziert zu betrachten sei (vgl. a. a. O., S. 5). Vermerkt werden muss auch, dass die KMK in der Vergangenheit sich zumindest einer

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teilweisen staatlichen Finanzierung der Hochschulweiterbildung geöffnet hatte. In einem Sachstandbericht von 2001 ist zu lesen: Darüber hinaus können im Rahmen der staatlichen Finanzierung die Leistungen der Hochschulen im Bereich der wissenschaftlichen Weiterbildung honoriert werden. (KMK 2001, S. 4)

Rechtsgrundlagen Wie erwähnt sind die Rechtsgrundlagen zur Finanzierung in den Landeshochschulgesetzen nicht einheitlich. Selbst innerhalb eines Bundeslandes gibt es Disparitäten. Kretschmer und Stöter kommen deshalb zu dem Ergebnis: Insgesamt sind die finanziellen Rahmenbedingungen der Weiterbildung von Hochschule zu Hochschule sowie von Bundesland zu Bundesland sehr unterschiedlich, so dass hier von vergleichbaren Wettbewerbsbedingungen kaum gesprochen werden kann. (Kretschmer und Stöter 2014, S. 6)

Angesichts dieser Sachlage kann im Folgenden nur exemplarisch vorgegangen werden. Schauen wir uns entsprechende Formulierungen zur Kostendeckung beispielhaft in drei Landeshochschulgesetzen an. Im Hochschulgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen ist verfügt: Für die Inanspruchnahme öffentlich-rechtlich erbrachter Weiterbildungsangebote sind kostendeckende Gebühren festzusetzen und bei privatrechtlichen Weiterbildungsangeboten Entgelte zu erheben. (NW HG 2014, § 62 Abs. 5 Satz 1)

Im Hessischen Hochschulgesetzes lesen wir: Für die Teilnahme an Weiterbildungsangeboten sind insgesamt kostendeckende Entgelte zu erheben, sie werden vom Präsidium festgelegt. (HHG 2009, Abs. 16 Abs. 3 Satz 1)

In § 6b Abs. 1 Satz 1 des Hamburgischen Hochschulgesetzes heißt es: Die Hochschulen erheben für Studienangebote in der Weiterbildung nach § 57 auf Grund von Satzungen grundsätzlich kostendeckende Gebühren. (HmbHG 2001, § 6b Abs. 1 Satz 1)

Bei genauer Lektüre kann man feine Unterschiede zwischen den Formulierungen ausmachen, die für die Handelnden in den Hochschulen nicht unerheblich sind: • kostendeckende Gebühren (NW) • insgesamt kostendeckende Gebühren (HE) • grundsätzlich kostendeckende Gebühren (HH). In Hessen und Hamburg hat der Gesetzgeber durch die Einfügung der Begriffe „insgesamt“ und „grundsätzlich“ Spielräume eröffnet, die den Hochschulen in Nordrhein-Westfalen zumindest nach dem Gesetz nicht zustehen. In Hessen kann eine Hochschule Unterdeckungen bei einzelnen Angeboten hinnehmen, solange die

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Gesamtbilanz stimmt. In Hamburg sind Ausnahmen von der Kostendeckung möglich, z. B. wenn ein besonderes gesellschaftspolitisches Interesse gegeben ist oder auch aus wirtschaftlichen Gründen, z. B. bei der Einführung eines neuen Programms, bei dem die Entwicklungs- und Markteintrittskosten nicht sofort eingespielt werden können. In Niedersachsen hat der Gesetzgeber die Ausnahmetatbestände konkret geregelt: Bei der Festlegung der Gebühren und Entgelte ist der Aufwand der Hochschule zu berücksichtigen. Bei einem staatlichen oder einem hochschulpolitischen Interesse und bei Markteinführung können vom Aufwand Abschläge vorgenommen werden. (NHG 2007 § 13 Abs. 3 Satz 3 und 4)

Wie gesagt ist das Kostendeckungsgebot nicht in allen Landeshochschulgesetzen verankert. In einigen Bundesländern erklärt der Gesetzgeber die Weiterbildung sogar zum Bestandteil der staatlichen Finanzierung und entscheidet sich damit für das Staatsmodell. Im Hochschulgesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern steht: Die staatliche Finanzierung der Hochschulen orientiert sich an deren Aufgaben, den in Forschung, künstlerischen Entwicklungsvorhaben und Lehre, in der Weiterbildung sowie bei der Förderung des wissenschaftlichen und künstlerischen Nachwuchses erbrachten Leistungen und den Fortschritten bei der Erfüllung des Gleichstellungsauftrages. (LHG M-V 2011, § 16 Abs. 1 Satz 1)

Entsprechend findet sich auch kein Zwang zur Gebühren- oder Entgelterhebung für die Weiterbildung, sondern lediglich eine Kann-Bestimmung: Zu den Verwaltungsdienstleistungen, für die die Hochschulen Gebühren oder Entgelte erheben können, zählen . . . Teilnahme an weiterbildenden Studien gemäß § 31 . . . (LHG M-V 2011, § 16 Abs. 7 Satz 1)

In aller Regel bedürfen die gesetzlichen Bestimmungen zu ihrer Ausführung an den Hochschulen einer Gebühren- oder Entgeltordnung. In den meisten Bundesländern fällt der Erlass solcher Ordnungen in das Satzungsrecht der Hochschulen und der Staat übt lediglich eine Rechtsaufsicht aus. Doch auch davon gibt es Ausnahmen. So liegt beispielsweise in Bremen und auch in Rheinland-Pfalz das Recht zum Erlass von Gebührenordnungen nicht bei den Hochschulen. In Bremen ist dafür der Wissenschaftssenator zuständig und in Rheinland-Pfalz gibt es eine Landesverordnung über Gebühren, auf die im Hochschulgesetz Bezug genommen wird (Landesverordnung über die Gebühren in den Bereichen Wissenschaft, Weiterbildung und Forschung (Besonderes Gebührenverzeichnis) vom 27. November 2014). Was die Rechtsgrundlagen der Finanzierung wissenschaftlicher Weiterbildung anbetrifft, so lässt sich das Fazit ziehen, dass in der Hierarchie zwischen dem gesetzlichen Auftrag, der eigentlich eine staatliche Grundfinanzierung erwarten lässt, den Regelungen in den Landeshochschulgesetzen und der Ausführung über Gebühren- und Entgeltordnungen sowie Auslegungen des Regulierungsrahmens an den Hochschulen eine große Variabilität zwischen den Bundesländern und den

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Hochschulen auch im selben Land besteht. Zugleich kann aber festgestellt werden, dass es Interpretationsspielräume gibt, zum Teil sogar gesetzlich vorgegebene, die dafür genutzt werden können, die Finanzierung der wissenschaftlichen Weiterbildung im Sinne des Auftrages als integralen Bestandteil des Bildungsangebotes der Hochschulen in Deutschland zu gestalten. Kosten und Entgelte Der Kostenbegriff bleibt in den Landeshochschulgesetzen, die mit dem Terminus Kostendeckung arbeiten, undefiniert. Gesetze, die „ausdrücklich eine Vollkostendeckung fordern“ (Maschwitz et al. 2017, S. 9) gibt es nicht. Man könnte deshalb davon ausgehen, dass für die Praxis der wissenschaftlichen Weiterbildung Spielräume bestehen, wäre da nicht das europarechtliche Beihilfeverbot, auf das wir später zurückkommen. Unabhängig davon stellt sich im Alltag die Frage, welche Kosten in welchem Umfang in die Festsetzung des zu zahlenden Entgeltes eingehen sollten oder sogar müssen. Weitgehend herrscht Einigkeit darüber, dass dafür der Aufwand, den die Hochschulen betreiben, um Weiterbildung anzubieten, die Grundlage liefern sollte. Zum Teil finden sich dazu auch Regelungen in den Landeshochschulgesetzen wie etwa in § 13 Abs. 3 Satz 3 des Niedersächsischen Hochschulgesetzes (s. o.). Einige Bundesländer räumen in ihren Gesetzen darüber hinaus ein, bei der Gebührenfestsetzung den persönlichen Wert der Leistung für die Studierenden oder Teilnehmenden einzubeziehen. Beispielhaft sei das bayerische Gesetz zitiert: Die Höhe der Gebühren ist nach dem Aufwand der Hochschule und nach der Bedeutung der Leistung für die Studierenden oder Gaststudierenden zu bemessen. (BayHSchG 2006, Art. 71 Abs. 2 Satz 3)

Soweit es um öffentlich-rechtliche Entgelte, also um Gebühren geht, darf der Ertrag nicht über den Aufwand hinausgehen. Nach der Definition, die das Bundesverfassungsgericht entwickelt hat, dient eine Gebühr dazu, die Kosten der öffentlichen Leistung ganz oder teilweise zu decken, aber eben auch nicht mehr. Es stellt sich deshalb die Frage, inwieweit ein ideeller Wert („Bedeutung der Leistung für die Studierenden“), der zweifellos nicht zum Aufwand der Hochschule zählt, ein gerichtsfestes Element der Gebührenfestsetzung darstellen kann. Anders verhält es sich, wenn ein privatrechtliches Entgelt verlangt wird. Entgelt ist rechtlich definiert als Gegenleistung für eine vertraglich vereinbarte Leistung. Dabei gibt es keine Bindung an den Aufwand des Leistungserbringers. Allerdings sind Erlöse, die ggf. erzielt werden, auf ihre Steuerbarkeit hin zu überprüfen. Auf die privatrechtliche Ebene für die Weiterbildung zu wechseln, räumen alle Landesgesetzgeber den Hochschulen ein. Dabei können drei Strukturmodelle unterschieden werden: • intramural, Beispiel Hamburg: „Studienangebote in der Weiterbildung können auf privatrechtlicher Grundlage durchgeführt werden.“ (HmbHG 2001, § 57 Abs. 5 Satz 1) • extramural, Beispiel Thüringen: „Die Hochschulen können . . . insbesondere . . . zum Ausbau der Weiterbildungsangebote wirtschaftliche Unternehmen errichten,

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übernehmen, wesentlich erweitern oder sich daran beteiligen.“ (ThürHG 2016, § 15 Abs. 1 Satz 1) • kooperativ, Beispiel Brandenburg: „Durch einen Kooperationsvertrag . . . können Durchführung und Vermarktung des Weiterbildungsangebots der kooperierenden Einrichtung übertragen werden.“ (BbgHG 2014, § 25 Abs. 4 Satz 2) Auf der einen Seite eröffnen die Gesetzgeber den Hochschulen damit die Möglichkeit, sich auf dem Weiterbildungsmarkt mit adäquaten Strukturen bewegen zu können. Auf der anderen Seite entziehen sich die Länder damit allerdings auch ihrer Verantwortung für die Finanzierung der wissenschaftlichen Weiterbildung, denn staatliche Zuwendungen für privatrechtliche Zwecke zu verwenden, ist grundsätzlich nicht zulässig. Was die Kostenarten anbetrifft, die in den Aufwand der Hochschule eingehen, so kann man grob zwischen fixen und variablen Kosten unterscheiden. Die fixen Kosten oder auch Infrastrukturkosten sind unabhängig von einzelnen Weiterbildungsangeboten existent. Dazu gehören beispielsweise die Personalkosten in einer zentralen Einrichtung für Weiterbildung, auch die Raumkosten und die Betriebsmittelkosten. Soweit die Infrastrukturkosten den einzelnen Weiterbildungsprojekten nicht direkt zugeordnet werden können, ggf. auch nicht anteilig, greift man in der Regel auf eine Pauschalierung zurück. Die Höhe des Gemeinkostenanteils wird meistens hochschulintern festgelegt und schwankt in der Realität von Hochschule zu Hochschule erheblich. Wenn die Hochschulweiterbildung tatsächlich auf einem Konkurrenzmarkt angeboten wird, ist der Gemeinkostensatz jedoch für die Wettbewerbsfähigkeit von entscheidender Bedeutung. „Dies ist darauf zurückzuführen, dass private Anbieter im Gegensatz zu Universitäten, welche hohe Ausgaben für Forschungsinfrastruktur umlegen müssen, mit geringeren Overheads kalkulieren können.“ (Maschwitz et al. 2017, S. 10) Die variablen Kosten oder Durchführungskosten stehen in einem unmittelbaren Zusammenhang mit bestimmten Weiterbildungsangeboten. Neben veranstaltungsbezogenen Sachkosten aller Art gehören hierher insbesondere die Kosten der Angebotsentwicklung, die Kosten der Lehre und die der Evaluierung/Qualitätssicherung. Zwar zählt die Lehre in der Weiterbildung nach allen Landeshochschulgesetzen zu den Dienstaufgaben des hauptamtlichen Lehrpersonals (Professorenschaft und sonstiges akademisches Personal), davon wird aber zumeist aus kapazitätsrechtlichen Gründen selten Gebrauch gemacht. Hochschulweiterbildung auch im Format von weiterbildenden Studiengängen ist in der Regel nicht kapazitätsrelevant. Das Lehrdeputat der hauptamtlichen Lehrpersonen dient zuerst zur Deckung des Lehrbedarfs im kapazitätsrelevanten Studium und wird dafür zumeist aufgebraucht. Für die Lehre in der Weiterbildung bleibt fast immer und fast überall kein hauptamtliches Lehrdeputat übrig. Auch an dieser Stelle haben die Länder einen Ausweg eröffnet, indem sie nämlich – in vielen Fällen sogar gesetzlich – gestatten, dass Lehre in der Weiterbildung vom hauptamtlichen Lehrpersonal einer Hochschule im Nebenamt erbracht wird. Dazu das Beispiel einer entsprechenden Regelung aus dem Hochschulgesetz des Saarlandes: Mitglieder der Hochschule, zu deren Dienstaufgaben die Abhaltung von Lehrveranstaltungen gehört, können Lehraufträge nur bei Lehrangeboten des Weiterbildungsstudiums erhalten; . . . (SHSG 2016, § 53 Abs. 3)

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Obwohl Weiterbildung zu den Hochschulkernaufgaben gehört und Lehre in der Weiterbildung zu den Dienstaufgaben des Lehrpersonals zählt, wird für Letztere der Weg in die Nebentätigkeit geöffnet. Der Gesetzgeber bricht damit mit einem hergebrachten Grundsatz des Dienstrechts, wonach an der Einrichtung, an der man tätig ist, keine Nebentätigkeit ausgeübt werden darf. Entwicklungskosten und Projektfinanzierung Ein besonderer Stellenwert bei der Erörterung der Kosten der wissenschaftlichen Weiterbildung kommt den Entwicklungskosten und den Evaluierungskosten als Teil der Weiterentwicklung zu. Dieser Umstand findet eine Begründung in der Tatsache, dass die Hochschulen üblicherweise keine fertigen Konzepte von Weiterbildungsprogrammen zur Verfügung haben, dass die Lebenszyklen der Programme, anders etwa als bei grundständigen Studiengängen, zeitlich begrenzt sind und dass die Programme wegen der notwendigen Praxisorientierung einer regelmäßigen Evaluation und Überarbeitung bedürfen. Zu den Entwicklungskosten zählen insbesondere • Bedarfsanalysen und Netzwerkaktivitäten zur Aufbereitung des Feldes, wozu u. a. die Gewinnung von Kooperationspartnern gehört • die Definition der Verwendungssituationen, auf die das Curriculum abstellt, und der Kompetenzen, die am Ende des Programms erreicht sein sollen • die Generierung der Qualifizierungsziele, der zu vermittelnden Inhalte und der (digitalen) Medien, mit denen gearbeitet werden soll, sowie der Lehrmethoden und der Lernorte • die erste Markteinführung mit den je spezifischen Marketingaktivitäten und Werbemaßnahmen. Je nach dem Studienformat, das angestrebt wird, kann dieser Prozess erhebliche Kosten, insbesondere Personalkosten, und Zeit in Anspruch nehmen. Die Hochschulen verfügen in aller Regel nicht über Budgets, aus denen Entwicklungskosten weiterbildender Programme bestritten werden können. Der Bund hat deshalb seit der Etablierung des Weiterbildungsauftrages durch das Hochschulrahmengesetz von 1976 immer wieder Förderprogramme aufgelegt, mit denen die Projektierung der Hochschulweiterbildung sowohl inhaltlich als auch – verstärkt im ersten Jahrzehnt nach 1976 und dann wieder in den neuen Bundesländern nach der Wiedervereinigung von 1990 – organisatorisch vorangebracht werden sollte. Das ist aufgrund der Kulturhoheit nur gemeinsam mit den Ländern möglich. Bis zur Föderalismusreform von 2006 bildete die Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK) den Rahmen für die gemeinsame Bildungsplanung von Bund und Ländern. Seither ist es die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz. (GWK). Das letzte auf die Hochschulweiterbildung bezogene Programm der BLK lief in den Jahren 2003 bis 2006 unter dem Titel „Verbundprojekte wissenschaftliche Weiterbildung“ und umfasste ca. 30 Projekte, an denen immer mehrere Hochschulen und zum Teil auch außerhochschulische Projektpartner beteiligt waren. Gegenwärtig wird der groß angelegte Wettbewerb „Aufstieg durch Bildung – offene Hochschu-

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len“ unter der Ägide der GWK durchgeführt. Der Wettbewerb läuft von 2011 bis 2020. Insgesamt konnten oder können mehr als 100 Hochschulen von den insgesamt 250 Millionen Euro profitieren, die der Bund zur Verfügung stellt (s. https://offenehochschulen.de/start/start). Eine der wesentlichen Herausforderungen bei jeder Art der Finanzierung von Entwicklungskosten durch Projektmittel besteht immer darin, den Übergang von der geförderten Phase in den Regelbetrieb hinzubekommen. Die Erfahrungen, die in der Vergangenheit dabei gemacht wurden, sind überwiegend nicht ermutigend. So fand in den siebziger Jahren ein groß angelegter BLK-Versuch „Fernstudium im Medienverbund“ statt, an dem seinerzeit 26 Hochschulen beteiligt waren und bei dem es darum ging, Fernstudienmaterialien für das ausbildende Studium zu entwickeln, die zu einer Erweiterung der Kapazitäten und einer Verringerung der Kosten des Studiums führen sollten. Eine Verstetigung der Ergebnisse gelang nicht. Auch bei dem letzten BLK-Projektrahmen „Verbundprojekte zur wissenschaftlichen Weiterbildung“ scheint sich die Nachhaltigkeit in überschaubaren Grenzen zu halten. Von den sieben Projekten, die Apel im Jahr 2006 evaluiert hat, lässt sich heute genau noch eine Linkadresse der in seinem Untersuchungsbericht genannten erfolgreich ansteuern (vgl. Apel 2006, S. 5). Soweit im Rahmen der Förderung durch Projektmittel Weiterbildungsprogramme entwickelt und erprobt werden, unterliegen die Träger in der Regel der Auflage, während der Pilotphase keine Entgelte zu verlangen. Das macht den Übergang in einen entgeltfinanzierten Regelbetrieb besonders schwierig. An der Universität Hamburg wurde in diesem Zusammenhang ein Finanzierungskonzept entwickelt, das darauf basierte, dass alle Einnahmen aus Weiterbildung von einer zentralen Einrichtung verwaltet werden und dass ein bestimmter Prozentsatz jeder Einnahme in einen gemeinsamen Fond für die Weiterbildung fließt. Aus diesem Fond, so die Idee, könnten Übergangsphasen der oben genannten Art finanziell abgefedert werden, hochschuleigene Entwicklungs- und Markteinführungsphasen bezuschusst werden und unvorhergesehene Einnahmenausfälle abgesichert werden, um nur die wichtigsten Anwendungsfälle zu nennen. Wesentlich ist, dass über die Vergabe der Mittel aus dem Fond diejenigen entscheiden, die ihn speisen. Es darf nicht der Eindruck entstehen, man muss etwas abgeben. Vielmehr geht es darum, an der Hochschule finanziellen Spielraum für die Weiterbildung zu gewinnen. Natürlich bilden bei der Vergabe der Mittel die Struktur- und Entwicklungsziele der Hochschule den Rahmen. Um einem solchen Fond über die schwierige Startphase hinwegzuhelfen, sollte es eine einmalige oder über mehrere Jahre degressive Anschubfinanzierung seitens der Hochschule oder des Landes geben. In Hamburg ist eine Einführung des Fonds an den Egoismen einzelner Weiterbildungsprojekte gescheitert. Beihilfeverbot und Trennungsrechnung Nach dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (s. AEUV 2009) sind Beihilfen der öffentlichen Hände, soweit staatliche Einrichtungen wirtschaftlich tätig werden, nicht zulässig. Dieser Grundsatz gilt nach dem Ende einer Übergangszeit seit einigen Jahren auch für die Hochschulen und betrifft hier insbesondere die

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Auftragsforschung und insgesamt Dienstleistungen für Unternehmen und Betriebe, aber auch die Weiterbildung, wenn und soweit sie als wirtschaftliche Tätigkeit angesehen wird. Für die wissenschaftliche Weiterbildung ergeben sich daraus zwei Folgen: • Es ist festzustellen, ob wissenschaftliche Weiterbildung überhaupt zu den wirtschaftlichen Tätigkeiten einer Hochschule gezählt werden kann oder ob das nur auf einzelne Angebote zutrifft und welche das ggf. sind. • Wenn Weiterbildung teilweise oder insgesamt als wirtschaftliche Tätigkeit eingestuft wird, ist eine sog. Trennungsrechnung erforderlich, was bedeutet, dass alle Kosten einer Weiterbildungsveranstaltung getrennt von der übrigen Buchhaltung der Kosten einer Hochschule zu verbuchen sind. Was diese Vollkostenrechnung anbetrifft, so gilt: Komponenten und Berechnungsgrundlagen sind keinesfalls eindeutig und möglicherweise von Hochschule zu Hochschule (und von Bundesland zu Bundesland) unterschiedlich. (Bade-Becker 2017, S. 175)

Auch was die Zuordnung der wissenschaftlichen Weiterbildung zur wirtschaftlichen oder zur nichtwirtschaftlichen Tätigkeit einer Hochschule anbetrifft, so sind die Karten noch nicht endgültig verteilt. Das Analyseraster der KMK zur Unterscheidung von wirtschaftlicher und nichtwirtschaftlicher Tätigkeit an Hochschulen (s. KMK 2012) hat sich in Bezug auf die Weiterbildung in der Praxis als wenig hilfreich erwiesen. Wie bereits erwähnt, beruft man sich dort auf eine Empfehlung von Wirtschaftsprüfern, Hochschulweiterbildung grundsätzlich als wirtschaftliche Tätigkeit einzustufen. KMK 2012, S. 6) Dem steht eine andere Aussage des Papiers gegenüber: Je enger das Angebot sich aus dem spezifischen Bildungsauftrag der Hochschulen ableiten lässt, in dessen Vordergrund die Ausbildung von mehr und besser qualifizierten Humanressourcen (nichtwirtschaftliche Tätigkeit) steht, desto eher kann die Einordnung als nichtwirtschaftliche Tätigkeit zutreffen, . . . (KMK 2012, S. 6)

Darauf beruft sich auch die frühere Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für wissenschaftliche Weiterbildung, Beate Hörr, wenn sie in einem Interview mit der Wochenzeitschrift „Die Zeit“ vom 13.03.2014 sagt: „Genau in diese Kategorie (die nichtwirtschaftliche Tätigkeit ‚Ausbildung von mehr und besser qualifizierten Humanressourcen‘, Anm. d. Verf.) fällt unserer Meinung nach die Weiterbildung“. Allen Beiträgen, die sich mit dem Beihilfeverbot und der Trennungsrechnung auseinandersetzen, gemeinsam ist, dass man sich in einem Abwehrkampf gegen die EU-rechtlichen Vorgaben befindet, in dem es darum geht, möglichst viel an Hochschulweiterbildung in der Kategorie „nichtwirtschaftlich“ unterzubringen. Allen Beteiligten ist klar, dass bei strikter Auslegung des Europarechts in Richtung „Weiterbildung = wirtschaftliche Tätigkeit“ sehr viele der gegenwärtigen Angebote an den Hochschulen in Deutschland so teuer würden, dass sich möglicherweise keine Abnehmer mehr fänden.

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An dieser Stelle schließt sich der Kreis zum einleitenden Abschn. „Staatsmodell versus Marktmodell“, denn hätten die Bundesländer sich von vornherein zum Staatsmodell bekannt und wenigstens für die Grundfinanzierung der wissenschaftlichen Weiterbildung (Infrastrukturkosten) eine Zuwendung bereitgestellt, gäbe es die Diskussion nicht. Tauer und Göbel schreiben dazu: Angenommen das politische Ziel zur Finanzierung von Weiterbildungsstudiengängen wäre eine überwiegende Steuerfinanzierung. Dies hätte beihilferechtlich die Konsequenz, dass durch die angestrebte Finanzierungsstruktur kein Leistungsaustausch existiert und damit eine nichtwirtschaftliche Tätigkeit vorläge. (Tauer und Göbel 2014, S. 24)

Die eigenen Ansprüche ernst zu nehmen, ist zuweilen gar nicht schlecht.

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Fazit

Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklung der wissenschaftlichen Weiterbildung (insbesondere dem Ende der ersten Runde und dem Beginn der zweiten Phase der zweiten Ausschreibungsrunde des Wettbewerbs offene Hochschulen) geraten Fragen zu nachhaltigen Geschäftsmodellen und zur Finanzierung von wissenschaftlicher Weiterbildung in den Vordergrund. Fehlende Einheitlichkeit, staatliche Restriktionen und zum Teil unterschiedlichen Auslegungen bzgl. der rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen führen zu Unsicherheiten bei den einzelnen Anbietern und bergen die Gefahr einer nicht dauerhaften Verankerung der Angebote im Bereich der wissenschaftlichen Weiterbildung an den Hochschulen in Deutschland. Insofern variieren auch die Bedingungen für die jeweiligen Geschäftsmodelle und Finanzierungsgrundlagen an den einzelnen Standorten. Dabei wird mit der Diskussion um Geschäftsmodelle und Finanzierung der Blick auf eine „Ökonomisierung der Weiterbildung der Hochschulen“ (Beyersdorf 2008, S. 100) gelenkt, der zwar auch kritisch zu betrachten ist, letztlich aber in dem Kontext der Diskussion um die Bologna-Reform die Exzellenzinitiative und die Internationalisierung unvermeidbar ist (Beyersdorf 2008, S. 100). Gleichzeitig befinden sich die Hochschulen im Spannungsfeld zwischen Weiterbildung als im Hochschulgesetz verankerte Kernaufgabe einerseits und dem Prinzip der Kostendeckung sowie dem weitgehenden Fehlen einer Grundfinanzierung aus Landesmitteln andererseits vor einer besonderen Herausforderung. Insgesamt lässt sich festhalten, dass die (wissenschaftliche) Weiterbildung zwar als eine der Kernaufgaben von Hochschulen in allen Hochschulgesetzen der Länder verankert ist und der Stellenwert sowie die Vielfalt in diesem Teilbereich der (Weiter-)Bildung angewachsen ist, die Bedeutung jedoch nach wie vor als ein „doppeltes Nischendasein“ (Wissenschaftsrat 2006, S. 38) eingestuft werden kann. Angebote in diesem Bereich sind trotz aller aktuellen Entwicklungen weiterhin sowohl innerhalb der jeweiligen Hochschulen als auch innerhalb der Weiterbildung insgesamt unterrepräsentiert. Die Digitalisierung in den verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen und die damit verbundenen Innovationen kann als Chance ange-

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sehen werden dieses Nischendasein zu verlassen und eine Neuausrichtung etablierter und die Ausgestaltung neuer Geschäftsmodelle zu ermöglichen (vgl. Bundesministerium f̈ür Wirtschaft und Energie 2017). Hierbei gilt es auch die sich ändernden Anforderung der potenziellen Nutzergruppen mit einzubeziehen und zukünftige Bedarfe zu antizipieren. In Verbindung mit einem zunehmenden Wettbewerb zwischen den verschiedenen Hochschulen (sowohl im Bereich des grundständigen als auch des weiterbildenden Studiums) kommen nachhaltigen und wettbewerbsfähigen Geschäftsmodellen und die Klärung von Finanzierungsfragen eine steigende Bedeutung zu – ebenso wie die Überdenkung der bisherigen Geschäftsmodelle: „Die Veränderungen im Hochschulmarkt stellen die etablierten Geschäftsmodelle von Hochschulen auf die Probe. Sie sollten als Teil ihres Qualitätsmanagements ihre Prozesse und Ziele regelmäßig kritisch hinterfragen, beispielsweise anhand einer Wertschöpfungskettenanalyse.“ (Hochschulforum Digitalisierung 2016, S. 42)

Dieses für den Bereich der Hochschule insgesamt gezogenes Fazit gilt im Besonderen auch für den Bereich der wissenschaftlichen Weiterbildung. Gerade hier lassen sich mit den Möglichkeiten der Digitalisierung – insbesondere in der Konstruktion flexibler Lehr-/Lerndesigns – neue Geschäftsfelder definieren und neue Zielgruppen erschließen. Da einzelne staatliche Hochschulen schnell aufgrund ihrer inhärenten Strukturen an ihre Grenzen stoßen (können), gilt es ein „Augenmerk auf Kooperationsmodellen mit anderen Hochschulen“ (Hochschulforum Digitalisierung 2016, S. 46) zu werfen und auch ein Nachdenken über neue Kooperationsmodelle zwischen öffentlichen und privaten Einrichtungen zu beginnen. In der Analyse der einzelnen Elemente der Geschäftsmodelle von Knust (2006) gilt es kritisch zu hinterfragen welche Elemente von einer einzelnen Hochschule geleistet werden können und welche von anderen Anbietern besser übernommen werden können um z. B. die gegenüber klassischen Studienangeboten unterschiedlichen Anforderung bei Vermarktung und Betrieb (im Sinne einer Vertriebslogik) besser aufzugreifen. Dies entspricht einer strategischen Dimension der Hochschulöffnung: „Nur ein gebündeltes Vorgehen der Hochschulpartner/-innen ermöglichte, sich für neue Zielgruppen (berufstätige Studierende) zu öffnen und die damit verbundenen OnlineBildungsangebote, die seit Beginn haushaltsfinanzierte Regelstudiengänge an den jeweiligen Hochschulen sind, nachhaltig zu betreiben.“ (Granow und Steinert 2017, S. 130)

Dies schließt den Einbezug von Unternehmen als „strategischen Entwicklungspartner“ (Sauter 2017, S. 122) mit ein. Die Entwicklungen im Bereich der Wissenschaftlichen Weiterbildung werden in den nächsten Jahren interessant zu beobachten sein. Insbesondere wird es darauf ankommen ob ein Abbau von Restriktionen und eine Klärung von Finanzierungsfragen (z. B. zur Trennungs- und Vollkostenrechnung aber auch zu Honorierungsfragen) und ein Angleichen der unterschiedlichen Regelungen in den einzelnen Bundesländern gelingen wird, nicht zuletzt um eine Wettbewerbsverzerrung zu verhindern. Ebenso wird die Klärung der Frage nach Anreizsysteme für die Mitwir-

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kung an der wissenschaftlichen Weiterbildung in den Mittelpunkt rücken. Mit den sich verändernden Anforderungen sind gleichzeitig Bedingungen geschaffen Geschäftsmodelle zu überprüfen und neue innovative Wege zu gehen. Ein Indikator dafür wird sein wie sich die im Rahmen der umfangreichen Projektfinanzierung geförderten Maßnahmen auf dem Markt behaupten werden.

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Management und Qualität in der wissenschaftlichen Weiterbildung Annika Maschwitz und Andrea Broens

Inhalt 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Qualität als Bestandteil des Managementhandelns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Zusammenfassung

Angebote der wissenschaftlichen Weiterbildung stehen auf einem wettbewerblich ausgerichteten Markt vor der Herausforderung, unterschiedlichen Bedarfen und Anforderungen gerecht zu werden; Qualität ist dabei ein wichtiges Differenzierungsmerkmal. Die Formulierung von konkreten und kontextabhängigen Qualitätsstandards stellt dabei eine Möglichkeit der Qualitätssicherung und -entwicklung dar. Eine zentrale Voraussetzung zur Erfüllung dieser heterogenen Qualitätsanforderungen ist ein professionelles Managementhandeln in allen Kernprozessen der wissenschaftlichen Weiterbildung, wobei die Qualität maßgeblich von professionell handelnden Akteuren bestimmt ist, die für die Planung, Entwicklung und Durchführung der Angebote verantwortlich sind. Eine Professionalisierung der Mitarbeitenden und der Prozesse führt dabei im besten Falle zu einer qualitätsorientierten Organisationsentwicklung. Schlüsselwörter

Qualität · Qualitätsentwicklung · Professionalisierung · Managementhandeln · Organisationsentwicklung A. Maschwitz (*) · A. Broens Fakultät für Bildungs- und Sozialwissenschaften, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Oldenburg, Deutschland E-Mail: [email protected]; [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 W. Jütte, M. Rohs (Hrsg.), Handbuch Wissenschaftliche Weiterbildung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-17643-3_27

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A. Maschwitz und A. Broens

Einleitung

Sowohl Nachfrager- als auch Anbieterseite stellen an die wissenschaftliche Weiterbildung Qualitätsanforderungen, die sich von denen im Kontext grundständiger Studienangebote unterscheiden, da sich die Angebote wissenschaftlicher Weiterbildung auf einem wettbewerblich ausgerichteten Markt bewähren müssen. Während bei grundständigen Studienangeboten die Erfüllung von Mindeststandards, wie sie z. B. in der Programmakkreditierung geprüft wird, hinreichend sein kann, kommt es in der Weiterbildung darauf an, sich gegenüber einer wachsenden Konkurrenz hochschulischer und außerhochschulischer Anbieter zu positionieren. Qualität ist dabei ein wichtiges Differenzierungsmerkmal. Herausforderungen für die Qualität ergeben sich vor allem aus der Vielfalt der Angebotsformate der wissenschaftlichen Weiterbildung: Im Unterschied zur eher monolithisch organisierten grundständigen Lehre (Kerres et al. 2010) reichen die Angebote der Weiterbildung von kurzen Inhouse-Schulungen über Gasthörstudium, Qualifizierungsangeboten für AkademikerInnen und Nicht-AkademikerInnen und Zertifikatsprogrammen bis hin zu berufsbegleitenden Studiengängen. Zudem richten sich die Angebote der Weiterbildung an sehr unterschiedliche Zielgruppen (und deren spezifischen Bedürfnisse und Bedarfe) und unterliegen daher jeweils eigenen Qualitätsanforderungen. Für die Erfüllung der Qualitätsanforderungen ist ein professionelles Managementhandeln eine wichtige Voraussetzung, da Qualität als Ergebnis von standardisierten Arbeitsprozessen entsteht. Im Folgenden werden die Anforderungen an die Qualitätssicherung und das Qualitätsmanagement zunächst skizziert (Abschn. 2), um daran anschließend die Umsetzung dieser Anforderungen entlang der zentralen Managementprozesse der Weiterbildung aufzuzeigen (Abschn. 3). Ein Fazit macht die Relevanz eines professionellen (Qualitäts-)Managements für die wissenschaftliche Weiterbildung deutlich (Abschn. 4).

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Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement

Im Weiterbildungsbereich, in dem zum Teil sehr hohe Gebühren von den Studierenden/Teilnehmenden für die Bildungsangebote zu zahlen sind, ist die Sicherung und kontinuierliche Weiterentwicklung der Qualität von entscheidender Bedeutung; die Ansprüche und Erwartungen (der Kunden) im Weiterbildungsbereich generell (auch außerhalb der Hochschule) sind in den letzten Jahren gestiegen (Schäfer 2017, S. 240). Verschiedene interne und externe Instrumente und Maßnahmen (u. a. Akkreditierung, Evaluation, Audits, Benchmark, Peer-Review) dienen in einem umfassenden System dazu, die Qualität der Weiterbildungsangebote zu sichern und ggf. zu optimieren. Was dabei unter Qualität verstanden wird, differiert deutlich je nach Kontext und Zielsetzung der Bildungsanbieter und offenbart die Vielschichtigkeit des Qualitätsbegriffs im Bildungswesen. Das Verständnis von Qualität im (Weiter-)Bildungsbereich ist dabei immer auch subjektiv. Eine ältere, aber immer noch greifende Annäherung an den Begriff bieten Harvey und Green (2000), die den Qualitätsbe-

Management und Qualität in der wissenschaftlichen Weiterbildung

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griff im Bildungskontext näher untersucht und unterschiedliche Bedeutungen analysiert haben. Eine wichtige Unterscheidung ist demnach der Bezugspunkt: Qualität kann in Beziehung stehen zu Prozessen oder zu den Ergebnissen (Harvey und Green 2000, S. 17). Bei der Analyse verschiedener Qualitätsbegriffe und -kontexte lassen sich nach Harvey und Green (2000) fünf Gruppen bzw. Verständnisse ausmachen: 1. „Qualität als Ausnahme“ (Harvey und Green 2000, S. 18) (Übereinstimmung oder Übertreffen von Qualitätsstandards). Werden höchste Standards übertroffen, kann von Exzellenz gesprochen werden. 2. Die zum Erreichen einer Qualität notwendigen Prozesse stehen im Fokus: im Sinne von „Perfektion oder Konsistenz“ (Harvey und Green 2000, S. 21) (ein Studiengang wird durch fortlaufende Optimierungsprozesse weiterentwickelt und perfektioniert). 3. Qualität kann als zweckmäßig betrachtet werden. Die „Zweckmäßigkeit“ (Harvey und Green 2000, S. 23) kann sich dabei auf die Anforderungen der Kunden und Kundinnen oder der Institution konzentrieren (z. B. Berufsqualifizierung). 4. Qualität lässt sich danach bestimmen, was einen „adäquate[n] Gegenwert“ (Harvey und Green 2000, S. 28) darstellt (die Studierenden erwarten für den finanziellen und zeitlichen Aufwand bspw. eine Bildungsrendite). 5. Der Begriff „Transformation“ (Harvey und Green 2000, S. 31) bezeichnet im Hinblick auf Bildungsprozesse eine qualitative Veränderung bei den Studierenden (Weiterentwicklung oder Ermächtigung). Unabhängig von dem zu Grunde gelegten Verständnis von Qualität ist dieses immer von den Interessen der jeweiligen Stakeholder abhängig (Harvey und Green 2000, S. 36). Weiterhin unterscheiden sich die Sichtweisen ausgehend von den jeweiligen Stakeholdern (z. B. Input-, Prozess-/Durchführungs-, Ergebnisqualität) (u. a. BülowSchramm 2006, S. 76–78; Hanft 2014, S. 142–143; DGQ 2015, S. 146–148). Darüber hinaus lassen sich im Zusammenhang mit Qualitätsarbeit und Managementprozessen die folgenden Begriffe differenzieren: Qualitätssicherung, Qualitätsentwicklung und Qualitätsmanagement (Hanft 2008, S. 261–263; DGQ 2015, S. 14–17; Hartz und Meisel 2011, S. 17–22). Um die Qualität eines Studienangebots, einer Abteilung oder Organisation zu prüfen und zu sichern, kommen u. a. unterschiedliche Evaluationsinstrumente (interne und externe, selbst- und fremddurchgeführte Evaluationen (z. B. auch EFQM-Modell, LQW)) zum Einsatz. Aus ggf. aufgedeckten Optimierungsbedarfen sind dann Verbesserungsmaßnahmen einzuleiten, um die Qualität weiterzuentwickeln. Münden diese unterschiedlichen Instrumente, Maßnahmen und Prozesse in ein zusammenführendes System und richten sich diese an vorab individuell festgelegten Zielen aus, etabliert sich ein umfassendes Qualitätsmanagement:1 als „aufeinander abgestimmte Tätigkeiten zur Leitung und Lenkung einer Organisation bezüglich Qualität“ (DIN EN ISO 9000, zit. nach

Beispiele für unterschiedliche Qualitätsmanagementsysteme im (Weiter-)Bildungsbereich finden sich u.a. bei Schäfer 2017, S. 242–243, Bülow-Schramm 2006 oder bei Hartz und Meisel 2011, S. 60–99.

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A. Maschwitz und A. Broens

DGQ 2015). Dieser kontinuierliche Prozess muss in die Leitungsebene eingebettet werden und von allen verantwortlichen Ebenen/Akteursgruppen im Sinne einer Qualitätskultur (DGQ 2015, S. 15; Wissenschaftsrat 2012, S. 10) ausgeführt werden. Für die Qualitätsorientierung ist die Ausrichtung an den heterogenen Zielgruppen in der wissenschaftlichen Weiterbildung von entscheidender Bedeutung. Bisher existieren bereits einige Ansätze, die auf die besonderen Qualitätsdimensionen bzw. -erfordernisse für den Bereich der Weiterbildungsangebote an Hochschulen hinweisen: z. B. Empfehlungen der DGWF „Qualitätsdimensionen der Wissenschaftlichen Weiterbildung“ (DGWF 2010), die Handreichung vom Akkreditierungsrat „Studiengänge mit besonderem Profilanspruch“ (Akkreditierungsrat 2010) oder die „Empfehlungen für die Qualitätsentwicklung in der universitären Weiterbildung“ (Swissuni 2009). Auch durch aktuelle Initiativen des Bundes2 haben sich individuelle Ansätze zur Qualitätssicherung in der Weiterbildung an den Hochschulen etabliert (zum Überblick u. a. Mörth 2016; Mörth und Pellert 2015; Hanft et al. 2016). Für die Ausgestaltung der beschriebenen Maßnahmen und Instrumente gibt es demnach zwar einige spezifische Qualitätsansätze für den Bereich der wissenschaftlichen Weiterbildung (Akkreditierungsrat 2010; DGWF 2010; Swissuni 2009), die allerdings bei genauerer Betrachtung relativ abstrakt und oberflächlich bleiben. Diese zeigen allenfalls einen groben Handlungsrahmen auf, lassen aber konkrete Aspekte bei der praktischen Gestaltung von Weiterbildungsstudium und Lehre außer Acht. Die Studiengänge werden zwar verpflichtend auf Grundlage der aktuellen Mindestanforderungen der Akkreditierungsstandards und Handreichungen akkreditiert, für die Zielgruppe von oftmals online-gestützten Weiterbildungsangeboten ergeben sich jedoch weitere Qualitätsanforderungen, die über die gängigen Anforderungen hinausgehen (u. a. Latchem 2014; Röbken und Broens 2017; Arnold et al. 2014). Bestehende Ansätze der externen Qualitätssicherung, beispielsweise Audits oder (Programm-)Akkreditierungen scheinen entsprechend nicht genügend auf die Spezifika der wissenschaftlichen Weiterbildung zugeschnitten. Auch Verfahren der internen Qualitätssicherung wie unterschiedliche Formen der Evaluation (qualitative und quantitative, formative und summative Lehrveranstaltungs- und Modulevaluation, Programmevaluation, Absolventenbefragungen) können zwar auf die Besonderheiten der Weiterbildung und die Zielgruppe Bezug nehmen, stellen für sich alleine genommen jedoch noch kein Qualitätsmanagement dar. Für das Etablieren eines professionellen Managements von Weiterbildungsprogrammen kommt dementsprechend dem Aspekt der Evaluation zwar eine zentrale Bedeutung zu, aber erst aus den erhobenen Daten und Ergebnissen und im Zusammenspiel mit anderen Verfahren/Ansätzen lassen sich wichtige Maßnahmen zur Qualitätsentwicklung ableiten (siehe auch Hanft 2008, S. 261).

Bund-Länder-Wettbewerb „Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen“ (Förderzeitraum 2011–2020) im Rahmen der Qualifizierungsinitiative „Aufstieg durch Bildung“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung.

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Management und Qualität in der wissenschaftlichen Weiterbildung

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Ein mögliches Instrument der Qualitätssicherung und -entwicklung für die wissenschaftliche Weiterbildung bietet die Formulierung von konkreten (auf den eigenen Kontext zugeschnittenen) Qualitätsstandards, die sowohl für zu entwickelnde als auch für bereits implementierte Angebote gelten (Dobmann et al. 2015; Röbken und Broens 2017; Arnold et al. 2014; Wetzel und Dobmann 2014). Diese gehen i. d. R. über bisherige (Akkreditierungs-)Standards hinaus, können in die bestehenden Hochschulstrukturen eingebettet werden und machen die Qualität anhand konkreter Indikatoren messbar. Einen Einblick in mögliche Qualitätsstandards für die wissenschaftliche Weiterbildung bietet die folgende Tabelle, die im Rahmen des Projekts „Entwicklung und Etablierung berufsbegleitender Studienangebote in MINT-Fächern (mint.online)“3 entstanden ist (vgl. Abb. 1). Dabei dient die Einigung auf und die Einführung von Qualitätsstandards nicht lediglich als starres Kontrolloder Vergleichsinstrument, sondern ist Mittel zur Einführung und Gestaltung qualitativ hochwertiger Studienangebote. Sie können die Qualitätsdiskussion anstoßen und erhalten, das Vertrauen in die Weiterbildungsangebote erhöhen und den Anforderungen verschiedener (externer) Stakeholder (z. B. Studierender, Arbeitgeber) gerecht werden (Dobmann und Wetzel 2015). Die (gemeinsame) Erarbeitung und Definition von Standards zeigt dabei einen praktischen Orientierungsrahmen auf, erhöht die Planungs- und Gestaltungssicherheit und dient als Lerninstrument für einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess. Dabei wird bei der Implementierung der Standards auf allen Ebenen insbesondere der Aspekt der Qualitätsentwicklung (Motivation der verantwortlichen Akteure) fokussiert, im Gegensatz zu Verfahren, die bspw. auf den reinen Abgleich zwischen angestrebten und erreichten Zielen im Sinne von vorgegebenen Kennzahlen setzen (z. B. Leistungsanreize, Zielvereinbarungen, Rankings). Die hier betrachteten zehn Standards unterteilen sich auf zwei Ebenen: der Kursund Programmebene sowie der Organisationsebene. Auf der Kurs- und Programmebene werden die Formulierung von berufsbezogenen und kompetenzorientierten Lernergebnissen, die Gestaltung einer erwachsenengerechten und praxisorientierten Lehr-Lern-Interaktion, die Anwendung von nutzerfreundlichen und flexiblen Bildungstechnologien, die Entwicklung von Lehrmaterialien, die ein Selbstlernen unterstützen sowie die Durchführung von praxisnahen Prüfungsformen und regelmäßigen Beurteilungen beschrieben. Auf der übergeordneten Organisationsebene finden sich die folgenden Qualitätsstandards: weiterbildungsspezifische Leitungsund Verantwortungsstrukturen mit einem klaren Leitbild, die Gestaltung von Zuund Übergängen anhand von Anrechnung von Qualifikationen und berufsbezogenen Kompetenzen, ein umfassendes Beratungs- und Serviceangebot (z. B. one-StopOffice, siehe Abschn. 3), der Zielgruppe entsprechende Anforderungen an die

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von 2011–2017 vom BMBF gefördertes Verbundprojekt im Rahmen des Bund-Länder-Wettbewerbs „Aufstieg durch Bildung: Offene Hochschulen“: https://de.mintonline.de/. Zugegriffen am 07.09.2017. Die zehn Qualitätsdimensionen sind das Ergebnis einer internationalen Vergleichsanalyse von relevanten Qualitätsdimensionen in der online-gestützten Hochschullehre im Rahmen des Projektes (siehe auch Röbken 2014; Wetzel und Dobmann 2014; Arnold et al. 2014).

Regelmäßige Aktualisierung

Regelmäßige Rückmeldungen zum Lernfortschritt

Faire und transparente Bewertungsrichtlinien

Projekt- und Praxisanteile

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aktivierende Übungsaufgaben zur Ermöglichung eines erfolgreichen Selbststudiums

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Berufsnahe Fallbeispiele

Nutzerfreundlichkeit und Flexibilität

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¸

Konkreter Anwendungs- und Berufsbezug

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vielfältige Kommunikationswerkzeuge für einen aktiven Lernprozess (asynchron und synchron)

unterschiedliche didaktische Methoden zur Inhaltsvermittlung/-aneignung, die auf erwachsene Lernende ausgerichtet sind

Vermittlung von Schlüsselkompetenzen

Kompetenzorientierung

Formulierung klarer Zielsetzungen

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¸

¸

Evaluation

Anforderung an die Lehrenden

Beratung und Service

Gestaltung von Zuund Übergängen

Leitungs- und Verantwortungsstrukturen

Überführung in Verbesserungsmaßnahmen

Rückmeldung an alle relevanten Anspruchsund Personengruppen ¸ ¸

Kontinuierliche Analyse und Bewertung aller Bereiche

Regelmäßige Evaluation ¸ ¸

Qualifizierung im Umgang mit heterogenen Studierendengruppen

Übernahme der Rolle als Fachexpertinnen und -experten sowie Lernberaterinnen und -beratern

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Vereinbarkeit von Familie-Studium-Beruf

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Begleitung und Unterstützung der Studierenden beim Erreichen des Studienziels

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Hohe Serviceorientierung und umfassende Beratungsangebote

Unterstützungsangebote zur Schließung von wissenschaftlichen, fachlichen und sprachlichen Lücken

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Anrechnung von Qualifikationen und Kompetenzen

Überführung in bestehende Hochschulstrukturen

Einbindung der Weiterbildung in das Selbstverständnis der Hochschulen

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ORGANISATIONSEBENE

Abb. 1 Zusammenfassung zu Qualitätsstandards für die wissenschaftliche Weiterbildungsangebote (eigene Darstellung aufbauend auf Dobmann & Wetzel 2015; Dobmann, Fischer & Wetzel 2015)

Prüfungen und Beurteilungen

Lehrmaterialien

Bildungstechnologien

Lehr-LernInteraktion

Lernergebnisse

KURS- UND PROGRAMMEBENE

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Management und Qualität in der wissenschaftlichen Weiterbildung

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Einbindung und Verankerung in der Hochschule- Schnittstellenmanagement Anrechnung und Anerkennung von Kompetenzen

Vermarktungs- und Distributionsstrategie

Preis- und Finanzmanagement

Qualitätsmanagement

Organisatorische Verankerung der Funktionen

PROGRAMMPLANUNG

PROGRAMMENTWICKLUNG

PROGRAMMMANAGEMENT

Angebots-/ Bedarfsstrukturen

Curriculumsentwicklung und Modulhandbuch

Entwicklung des Instruktionsdesigns

Distributionsstrategie

Implementierung

Art der Lernprozesse

Erstellen von Ordnungen/Genehmigungsverfahren

Erstellung der Lerninhalte

Gestaltung der Lernumgebung

Durchführungsorganisation

Zielgruppenanalyse

Auswahl/Betreuung der Lehrenden

Didaktische Bearbeitung der Inhalte

Evaluation und Qualitätsmanagement

Ressourcenplanung

Abb. 2 Zentrale Aufgaben der Studiengangskonzeption (Hanft 2014)

Lehrenden sowie eine umfassende Evaluation aller genannten Bereiche (Lehrveranstaltungs- und Modulevaluation, Programm- und Organisationsevaluation). Eine Möglichkeit, die Einführung der Qualitätsstandards zu befördern und die fortwährende Einhaltung zu garantieren ist ein Vorgehen nach dem Multiplikatorenprinzip: Die Leitungsebene und QualitätsmanagerInnen auf der Ebene des Schnittstellenmanagements (siehe Abb. 2) können als MultiplikatorInnen fungieren, um das notwendige Wissen und die Motivation an das Studiengangsmanagement weiter zu geben. Diese wiederum können in regelmäßigen Workshops und/oder Feedbackgesprächen die Anforderungen an die Lehrenden weitergeben (z. B. Bisevic et al. 2017), die in der Lehre einen entscheidenden Teil zu einem erfolgreich durchgeführten und professionell gemanagten Weiterbildungsangebot beitragen. Für ein erfolgreiches Qualitätsmanagement scheint entsprechend eine aktive Partizipationskultur und eine interaktive Mitgestaltung aller Stakeholder für das Studienprogramm (vgl. DGQ 2015, S. 28–29) bzw. das Konzept der partizipativen Qualitätsentwicklung (Bisevic et al. 2017; Curriculumsentwicklung, u. a. Wildt und Wildt 2015) entscheidend. Im Sinne eines kulturellen Wandels in Bezug auf Qualität und Qualitätsentwicklung aller verantwortlichen Akteursgruppen und für alle Bereiche von Studium, Lehre und dessen Management eignet sich beispielsweise das Prinzip des Total Quality Managements (TQM). Hier werden sowohl die relevanten Prozesse als auch Personen adressiert, um mit einer „grundlegenden Geisteshaltung“ (BülowSchramm 2006, S. 24) die Qualität der Weiterbildungsangebote kontinuierlich weiterzuentwickeln. In dem so die Optimierung des gesamten Systems und das Ableiten von konkreten Veränderungen aus erhobenen Daten im Fokus steht

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(Bülow-Schramm 2006, S. 26), können die Qualitätsstandards in einem umfassenden Qualitätsmanagement in das übergeordnete System der Weiterbildungseinrichtung integriert und implementiert werden (siehe Abb. 2). Die in einem derartigen Prozess in die Organisation überführten, bereits genannten zehn Qualitätsstandards beinhalten folglich unterschiedliche Qualitätsverständnisse (Harvey und Green 2000) und vermögen damit einen Prozess mehrdimensionaler Qualitätsentwicklung anzustoßen. Zur Umsetzung qualitativer Standards ist das Managementhandeln in den verschiedenen Kernprozessen der wissenschaftlichen Weiterbildung mit Blick auf qualitätsfördernde Aspekte zu analysieren. Nachfolgend erfolgt die Analyse dieser Managementprozesse im Einzelnen.

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Qualität als Bestandteil des Managementhandelns

Mit der Implementierung und der Umsetzung von Weiterbildung und Lebenslangem Lernen an Hochschulen hat sich die Angebotspalette der wissenschaftlichen Weiterbildung erheblich erweitert und reicht von Kurzzeitangeboten bis hin zu vollständigen Studiengängen. Die Qualitätssicherung dieser Angebote ist vielfach organisch gewachsen. Im Bereich der Zertifikats- und Kurzzeitangebote ist die Durchführung von Teilnehmenden-Evaluationen weit verbreitet, die wichtige Hinweise auf Qualitätsmängel in der Durchführung der Programme ergeben, übergeordnete Qualitätsziele aber nicht adressieren. Bei den weiterbildenden Studiengängen ist die Akkreditierung obligatorisch, die aber vorrangig die Erfüllung von Mindeststandards prüft. Bei einem weitergehenden Qualitätsverständnis, wie es im TQM oder in anderen Qualitätsmanagementansätzen adressiert wird, sind diese Ansätze allenfalls Bausteine eines umfassenderen Qualitätssystems, für das die oben formulierten Standards wichtige Indikatoren sind (vgl. Abschn. 2). Um dieses umzusetzen, muss auf verschiedene Kernprozesse des Managements von Weiterbildung eingegangen werden. In der grundständigen Lehre sind die Koordinatoren und Koordinatorinnen für Studium und Lehre wichtige Akteure der Qualitätssicherung, welche die Lehrenden bei der Planung und Umsetzung der Lehre allerdings lediglich unterstützen können. Die Qualitätssicherung liegt wesentlich bei den Lehrenden selbst. In der Weiterbildung sind die Arbeitsprozesse dagegen sehr viel stärker arbeitsteilig angelegt, indem unterschiedliche Tätigkeitsbereiche von unterschiedlichen Akteursgruppen ausgeführt werden. Zu ihnen zählen Programm- und Studiengangsplanerinnen, Fach- und Inhaltsspezialisten (i. d. R. Hochschullehrende), Instruktionsdesignerinnen, Medienentwicklerinnen sowie Programmmanagerinnen (Hanft 2014), die auf ihre jeweiligen Aufgabenbereiche spezialisiert sind und in Zusammenarbeit mit den Lehrenden zur Professionalisierung der Angebote und des Managements beitragen. Die Qualität der Weiterbildung wird somit maßgeblich von professionell handelnden Akteuren bestimmt, die an der Planung Entwicklung und Durchführung der Angebote beteiligt sind. Die Lehrenden sind in diesem System lediglich ein, wenn auch wichtiges Element der Qualitätssicherung. Die Umsetzung qualitativer Standards ist in allen Phasen der Planung, Entwicklung und des Managements weiter-

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bildender Angebote zu gewährleisten und kann entlang des skizzierten Programmrasters von Hanft erfolgen (vgl. Abb. 2). Die Phasen Programmplanung und -entwicklung sind der eigentlichen Durchführung vorgelagert und bilden die Grundlage für die Qualität der zu erstellenden Angebote. Beim Programm- und Schnittstellenmanagement liegt der Schwerpunkt auf der Durchführung der Angebote und damit auf klassischen Managementtätigkeiten, wie der Planung, Organisation, Koordination und Kontrolle. Im Idealfall geht die Programmplanung der Programmentwicklung voraus und bildet durch die Erstellung eines Geschäftsplans die entscheidende Grundlage für die Bewertung der Marktfähigkeit des Studienangebotes, die Bewilligung von Finanz- oder Projektmitteln sowie die Preisfindung. Wichtige Qualitätsfragen sind bereits hier zu stellen und zu beantworten. So ergeben sich z. B. aus der Zielgruppenanalyse heraus bereits qualitative Merkmale, die bei der Bestimmung der Art der Lernprozesse zu berücksichtigen sind. Auch ist zu klären, welche Ressourcen für die Entwicklung der Angebote – und ihrer Qualität – zur Verfügung stehen. Basierend auf der Programmplanung erfolgt dann die eigentliche Entwicklung der Angebote. Die Aufgabenfelder der Programmentwicklung sind vielfältig und umfassen u. a. die fachlich-inhaltliche Entwicklung (Curriculumsentwicklung), die Entwicklung des Instruktionsdesigns sowie die Gestaltung der Lernumgebung bei Blended Learning- und Online-Formaten (vgl. die Beiträge von Reich-Claassen sowie von Rohs und Weber in diesem Handbuch). In allen Aufgabenfeldern ist die Unterstützung und Vorbereitung der Lehrenden auf den Umgang mit den besonderen Zielgruppen von zentraler Bedeutung (Lehrendensupport), da hierüber die Qualität maßgeblich beeinflusst werden kann. Wird die Programmplanung erst im Verlauf der Programmentwicklung angegangen, führt dies insbesondere dann zu Schwierigkeiten, wenn die Zielgruppen nicht klar definiert und somit ihre qualitativen Anforderungen nicht bekannt sind (Hanft et al. 2016). Der Bereich des Programmmanagements beinhaltet vielfältige Aufgaben, die von der Implementierung, des Managements bis zur Evaluation und Weiterentwicklung des Angebots reichen. Die regelmäßige Weiterentwicklung der Qualität ist zentraler Bestandteil des alltäglichen Managementhandelns, bei dem verschiedene Stakeholder zu berücksichtigen sind. Im Kontext der Durchführung und damit der eigentlichen Studiengangsorganisation lassen sich insbesondere drei zentrale Akteursgruppen ausmachen: Studierende, Lehrende und außerhochschulische Kooperationspartner (institutionelle Kunden und Kundinnen). Darüber hinaus stehen die Programmmanagerinnen, als Schnittstellen in die Hochschule hinein, mit verschiedenen Gremien der akademischen Selbstverwaltung sowie der zentralen Verwaltung in Kontakt. Der Student Life Cycle strukturiert auf Ebene der Studierenden die anfallenden Qualitätsaufgaben (Hanft und Brinkmann 2013), wobei neben den ProgrammmanagerInnen auch weitere Personen mit den Aufgaben betraut sein können (vgl. Abb. 3). Im Vergleich zur häufig sehr breiten Verteilung an Zuständigkeiten in den grundständigen und konsekutiven Studiengängen wird in der Weiterbildung häufig ein „‚kundenorientiertes‘ Modell“ gewählt (Hanft 2014), welches die Begleitung der Studierenden von der ersten Beratung bis zum Studienabschluss und zur Alumniarbeit in einem one-stop-office bündelt. Vorteil dieses Modells ist die Transparenz

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Programmplanung Auswahl und Betreuung der Autoren Erstellung der Inhalte Studierendenbetreuung Betreuung der Onlinephase Betreuung der Präsenzphase Modulprüfung

Evaluation

Content-Management

Moduldurchführung

Auswahl der Lehrenden/Mentoren

Entwicklung und Bearbeitung der Inhalte Qualifizierung Teilnehmergewinnung

Veranstaltungsmanagement

Teilnehmerverwaltung

Beratung

Kompetenzanrechnung

Technischer Support

Programm-Manager

Content-Manager

Lehrende/Mentoren

Abb. 3 Studierenden- und Lehrendensupport (nach Hanft 2015) (unveröffentlicht)

und die kürzeren Wege für die Studierenden. Die Kommunikation in die Hochschule hinein sowie die Abstimmung mit den verschiedenen Bereichen der Hochschule (Immatrikulationsamt, Prüfungsamt, etc.) übernimmt dann das Programmmanagement. Parallel zur Unterstützung der Studierenden hat im Kontext der wissenschaftlichen Weiterbildung der Lehrendensupport eine wesentliche Bedeutung. Da Weiterbildung oftmals eine Aufgabe ist, die zusätzlich zu den Lehraufgaben im grundständigen Bereich übernommen wird, ist es bedeutsam, die Lehrenden von allen organisatorischen Aufgaben zu entlasten. Programm- und Content-Managerinnen (vgl. Abb. 3) unterstützen durch entsprechende Supportstrukturen- und -angebote im Bereich der Studienmaterialerstellung, der Moduldurchführung und auch bei der Nachbereitung (Hanft 2014; Hanft et al. 2016). Die enge Betreuung gewährleistet zudem die Einhaltung gesetzter Qualitätsstandards (vgl. Abschn. 2). Lehrende sind damit überwiegend wissenschaftliche Experten und werden in ein professionelles Netz an unterstützenden Akteuren eingebettet, die die didaktische Aufbereitung und Vermittlung übernehmen. Daneben stellt die Zusammenarbeit mit außerhochschulischen Kooperationspartnern (z. B. Einrichtungen und Organisationen der Privatwirtschaft, der Sozialwirtschaft oder auch öffentliche Einrichtungen, etc.) nicht nur bei der Entwicklung von Angeboten, sondern auch bei der Implementierung und Durchführung eine zunehmend relevante Aufgabe des Programmmanagements dar. Kooperationspartner, welche die Einführung unterstützen, den Marktzugang ermöglichen oder auch die Nachfrage sichern, unterstützen maßgeblich die Implementierung der meist kostenpflichtigen Angebote (Maschwitz 2014). Kooperationen dienen hier vor allem der Sicherung der Finanzierung (Entsendung von Teilnehmenden, Sponsoring, etc.) oder auch Marketingaspekten (Pressekooperationen, Verlinkungen, gemeinsame Werbung, etc.). Darüber hinaus ist eine Einbindung von Praxispartnern in der Durchführung zur Sicherung der Praxisverknüpfung (Lehrkooperationen, gemein-

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same Erstellung von Studienmaterialien, Fallbeispielen, etc.) ein zunehmendes Qualitätsmerkmal. Einen weiteren wesentlichen Teil des Programmmanagements bildet die Durchführungsorganisation. Neben der Vorbereitung von Präsenzphasen (Organisation von Räumlichkeiten, Catering, persönliche Begrüßung von Studierenden und Lehrenden, etc.) betrifft dies insbesondere bei Online- und Blended LearningAngeboten die Gestaltung, Pflege und Vorbereitung des Lernmanagementsystems (LMS). In Zusammenarbeit mit den IT- und Medienexperten gilt es diese den Zielgruppen und den spezifischen Inhalten entsprechend flexibel aufzustellen und jeweils anzupassen. Zudem ist die stetige Evaluation und Weiterentwicklung von Angeboten Aufgabe des Programmmanagements, welche durch ein übergeordnetes Qualitätsmanagement (vgl. Abb. 2) zu flankieren ist (vgl. auch Abschn. 2). Zusammengefasst beinhaltet das Programmmanagement zentrale Aufgaben der Studierendenbetreuung und -beratung, des Lehrendensupports, des Kooperationsmanagements, der Durchführungsorganisation sowie des Qualitätsmanagements. Die Bündelung dieser Aufgaben bei gleichzeitig klarer Aufgabenteilung mit Spezialisten und Spezialistinnen aus den Bereichen der Mediengestaltung, der didaktischen Aufbereitung sowie der inhaltlichen Experten (Hochschullehrende) trägt zu einer Professionalisierung des Programmmanagements, und zu einer Qualitätssicherung und -steigerung der Angebote bei.

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Fazit

Die zunehmende Vielfalt von Zielsetzungen, Zielgruppen und Angebotsformaten im Kontext der wissenschaftlichen Weiterbildung bedingt erhöhte Anforderungen an die Qualitätssicherung und -entwicklung. Zu ihrer Bewältigung bedarf es eines professionellen Handelns, das sich von der Planung über die Entwicklung und Implementierung bis hin zum Management der Angebote erstreckt, welches durch die Studiengangorganisation, die Qualitätssicherung und auch die Weitentwicklung der Angebote geprägt ist. Eine durch organisationale Professionalisierung zu erreichende qualitätsgesicherte Umsetzung dient dann sowohl der Sicherung und der Akzeptanz der Angebote in die Hochschule hinein als auch dem Bestehen auf dem Markt. Eine organisationale Professionalisierung der wissenschaftlichen Weiterbildung und die Qualitätssicherung bzw. das Qualitätsmanagement gehen dabei vielfach Hand in Hand. Qualitätsmanagement ist somit sowohl Ausdruck als auch „Motor der Professionalisierung“ (Schmidt-Hertha 2011, S. 164). Erst durch die Schärfung und Förderung eines erhöhten Bewusstseins für professionelles Handeln und für Qualität führt ein „kontinuierlicher kollektiver und kultureller Lernprozess“ (BülowSchramm 2006, S. 124) zu einer aktiven Organisationsentwicklung (BülowSchramm 2006). Entsprechend kann aus einer organisationalen Professionalisierung der Weiterbildung und damit auch der verantwortlichen Akteure in der Hochschule (Programmmanagement, Schnittstellenmanagement) eine Qualitätsentwicklung der gesamten Organisation resultieren. Um (Qualitäts-)Management von wissenschaft-

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licher Weiterbildung erfolgreich in den Hochschulen zu implementieren, ist es dabei entscheidend, auf bestehenden Strukturen und Prozessen aufzubauen und alle Akteursgruppen (u. a. Leitung, Akteure des Programmmanagements, Lehrende) sowie Stakeholder partizipativ miteinzubeziehen.

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Management und Qualität in der wissenschaftlichen Weiterbildung

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Kooperationen in der wissenschaftlichen Weiterbildung Franziska Sweers

Inhalt 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Kooperation in einer begrifflichen, einer formalen, einer handlungs- und einer praxisbezogenen Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Zusammenfassung

Wissenschaftliche Weiterbildung weist durch ihre Spezifika eine gewisse Kooperationsaffinität auf. Im vorliegenden Beitrag wird das Potenzial von Kooperationen für die wissenschaftliche Weiterbildung herausgearbeitet und Kooperativität als ein zentraler Modus eingeführt. Es erfolgt sowohl eine kriterienbasierte Betrachtung von Kooperationen als auch die systematisierte Vorstellung von Beispielen. Schlüsselwörter

Wissenschaftliche Weiterbildung · Kooperation · Formale Aspekte · Handlungsmodus · Praxisbeispiele

1

Einleitung

Wissenschaftliche Weiterbildung zeichnet sich durch die Spezifika Nachfrage- und Praxisorientierung sowie berufs- und familienbegleitendes Studium aus. Sie erfordert von staatlichen Hochschulen ein ungewohnt unternehmerisches und serviceF. Sweers (*) Zentrum für wissenschaftliche Weiterbildung, Philipps-Universität Marburg, Marburg, Deutschland E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 W. Jütte, M. Rohs (Hrsg.), Handbuch Wissenschaftliche Weiterbildung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-17643-3_29

537

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F. Sweers

orientiertes Handeln. Wissenschaftliche Weiterbildung soll zu einer Öffnung der Hochschulen führen, dadurch mehr Bildungsgerechtigkeit erzeugen und dem prognostizierten Fachkräftemangel entgegen wirken. Von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft wird deshalb ein genereller Anstieg des Weiterbildungsangebots auf Hochschulniveau gefordert. „Im Zuge des Ausbaus von Angeboten besteht für Universitäten die Herausforderung, sich zunehmend als lebenslaufbezogene Bildungseinrichtung zu positionieren und zu profilieren“ (Feld und Franz 2016, S. 513). Dies ist verbunden mit strategischen und strukturellen Organisationsentwicklungsprozessen und konzeptionellen sowie curricularen Schritten der Neuausrichtung in (weiterbildendem) Studium und Lehre. Es gibt bereits theoretische und empirische Hinweise darauf, dass Kooperationen ein effektives Instrument darstellen, mithilfe dessen öffentliche Hochschulen das noch relativ neue Geschäftsfeld der wissenschaftlichen Weiterbildung für sich erfolgreich bearbeiten und ein „größere[s] Marktpotenzial“ (Fischer und Senn 2007, S. 33) erzielen können, als ihnen das im Alleingang möglich wäre. Die genannten Spezifika der wissenschaftlichen Weiterbildung deuten allesamt bereits auf eine gewisse Kooperationsaffinität hin. Durch den direkten Kontakt mit individuellen und institutionellen Abnehmern lässt sich beispielsweise die Nachfrageorientierung erhöhen. Eine Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern mit Expertinnen und Experten aus der Praxis in Studium und Lehre intensiviert die Praxisorientierung in den einzelnen Angeboten. Auch Fragen nach den idealen zeitlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen und den gewünschten Serviceleistungen, die sich als kompatibel mit der beruflichen und familiären Situation der Studierenden erweisen, lassen sich im direkten Austausch mit den externen Zielgruppen erfahrungsgesättigt eruieren. Zu guter Letzt ist die wissenschaftliche Weiterbildung aufgrund ihrer besonderen Finanzierungssituation1 darauf angewiesen, dass sie sich über Studienentgelte oder aber über staatliche (Projektförderung) und private Drittmittel (Finanzierung durch Unternehmen) finanziert. Kooperationen werden im Rahmen dieses Aufsatzes als wichtiges Element der wissenschaftlichen Weiterbildung verstanden und deshalb in den Fokus der Betrachtung gestellt. Nach einer ersten Annäherung an den Kooperationsbegriff und seiner spezifischen Ausprägung in der wissenschaftlichen Weiterbildung (Abschn. 2.1), folgt eine Betrachtung der formalen Aspekte (Abschn. 2.2). Daraufhin wird der Blick auf die Handlungsebene von Kooperationen gelegt (Abschn. 2.3). Anhand von systematisierten Beispielen aus der Praxis der wissenschaftlichen Weiterbildung werden die formalen und interaktiven Merkmale von Kooperationen exemplarisch dargestellt (Abschn. 2.4). Letztlich wird Kooperativität als ein zentraler Modus der wissenschaftlichen Weiterbildung benannt und dessen vielfältiges Potenzial zusammengefasst (Abschn. 3).

1

Siehe hierzu ausführlich Maschwitz et al. (2017).

Kooperationen in der wissenschaftlichen Weiterbildung

2

539

Kooperation in einer begrifflichen, einer formalen, einer handlungs- und einer praxisbezogenen Perspektive

Die Beschäftigung mit dem Konstrukt der Kooperation lässt unterschiedliche Herangehensweisen zu. Im vorliegenden Fall wurde als Einstieg in die Thematik eine definitorische Betrachtungsweise gewählt. Des Weiteren findet eine Konzentration auf die formale Ebene und die Handlungsebene statt. Beide Ebenen werden zuerst getrennt voneinander in einer eher theoretisch-analytischen Art dargestellt. Zur empirischen Rückbindung und Illustration werden daraufhin beispielhaft potenzielle Erscheinungsformen von Kooperationen aus der Praxis der wissenschaftlichen Weiterbildung vorgestellt.

2.1

Begriffsdefinition

Aus einer erwachsenenpädagogischen Perspektive bietet sich folgende Definition als Ausgangspunkt für eine Beschäftigung mit Kooperationen im Feld der wissenschaftlichen Weiterbildung an: „Der Begriff „Kooperation“ meint die Zusammenarbeit einer Weiterbildungseinrichtung mit mindestens einer weiteren Einrichtung oder Organisation. Angesprochen ist die Zusammenarbeit von selbstständigen und im Prinzip unabhängigen Partnern unter einer gemeinsamen Zielperspektive. Der Begriff wird nicht zur Bezeichnung der Zusammenarbeit innerhalb einer Einrichtung verwendet. Kooperation ist dabei kein selbstverständliches oder natürliches Zusammenwirken von Einrichtungen, sondern eine bewusst geplante und hergestellte sowie in ihrer Entwicklung begleitete und in ihren Ergebnissen kontrollierte Zusammenarbeit (vgl. Nuissl 2010 [. . .], S. 20).“ (Dollhausen und Mickler 2012, S. 9; Herv. im Orig.)

Dollhausen und Mickler bezeichnen Kooperationen in der Weiterbildung als „planvolles Zusammenwirken von Handlungen unter einer gemeinsamen Zielperspektive“ (Dollhausen und Mickler 2012, S. 146). Im Kontext der wissenschaftlichen Weiterbildung handelt es sich bei den geteilten Zielen sowohl um gesamtgesellschaftliche als auch um (privat-)wirtschaftliche Interessen, die von Hochschulen gemeinsam mit externen Partnern verfolgt werden. Die einzelnen Kooperationspartner bleiben weitestgehend autonom, selbstständig und „im Prinzip unabhängig [. . .]“ (Dollhausen und Mickler 2012, S. 9). Seitter konstatiert, dass eine mögliche Einschränkung der Freiwilligkeit in Einzelfällen eintritt. Er führt aus, dass Kooperationen auch „verpflichtend“ (Seitter 2013, S. 43–44) und „fremdinitiiert“ (Seitter 2013, S. 44) sein können. Mögliche extrinsisch motivierte Faktoren, die insbesondere auf die wissenschaftliche Weiterbildung zutreffen, sind beispielsweise Förderrichtlinien von öffentlichen Ausschreibungen, die Kooperationen per se als förderliches Entwicklungselement empfehlen oder auch finanzielle Engpässe bei der Entwicklung und Durchführung von weiterbildenden Angeboten, die eine Zusammenarbeit mit finanzkräftigen Partner notwendig werden lassen.

540

2.2

F. Sweers

Formale Aspekte von Kooperationen

Insgesamt betrachtet sind Kooperationen facettenreiche Gebilde, die jeweils unterschiedlich ausgestaltet sein können. Laut Seitter sind sie „bi- oder multilateral angelegt, werden diskontinuierlich oder stetig umgesetzt, betreffen nur Teile oder die Gesamtheit der Organisation“ (Seitter 2013, S. 43). Kooperationen können als ein „vielschichtiges und mehrdimensionales Phänomen“ (Maschwitz 2014, S. 101) sowie als ein „dynamische[r] Prozess“ (Jütte 2002, S. 159) beschrieben werden. Aufgrund der Komplexität und des hohen Individualisierungspotenzials von Kooperationen erheben die folgenden Ausführungen nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Sie zielen vielmehr darauf ab, eine Auswahl an Systematisierungsaspekten vorzustellen, die zur Beschreibung und Charakterisierung von Kooperationen im Feld der wissenschaftlichen Weiterbildung dient. Es handelt sich hierbei um die Aspekte Kooperationsrichtung, Partnertypus, Form, Art, Intensität, Dauer und Komplexität. Kooperationsrichtung Eine aufschlussreiche Unterscheidung auf organisationaler Ebene nimmt Seitter (2013) vor, indem er von vertikalen, horizontalen und diagonalen Kooperationsrichtungen spricht. Er beschreibt diese drei Richtungen von Kooperationen für den Bildungsbereich folgendermaßen: „Kooperation/Vernetzung in horizontaler Perspektive betrifft die Zusammenarbeit zwischen Einrichtungen mit dem gleichen (Bildungs-)Auftrag (z. B. Weiterbildungseinrichtungen). Kooperation in vertikaler Perspektive bezieht sich hingegen auf die bildungsbereichsübergreifende Kooperation und Vernetzung von unterschiedlichen Segmenten des Bildungswesens (Schulen, Hochschulen, Weiterbildungseinrichtungen, etc.). Kooperation und Vernetzung in diagonaler Perspektive umfasst schließlich neben den Organisationen im Bildungsbereich auch die Beteiligung von Einrichtungen, die – wie etwa Ämter, Verwaltungen, Betriebe, Sozial- und Kultureinrichtungen – nicht dem Bildungsbereich angehören.“ (Seitter 2013, S. 42; Herv. im Orig.).

In horizontalen Kooperationen stehen Absprachen über bestimmte Bildungsprodukte, die die Partner kooperativ – oder aber auch in Konkurrenz – anbieten könnten, im Fokus. Im Falle der wissenschaftlichen Weiterbildung handelt es sich also um verschiedene Hochschulen, die miteinander kooperieren. Dies können typengleiche (z. B. zwei Universitäten) oder typenübergreifende (z. B. eine Universität mit einer Hochschule für angewandte Wissenschaften) Zusammenschlüsse sein. Das zentrale Anliegen von vertikalen Kooperationen ist es Übergange zwischen den Säulen des Bildungssystems zu ermöglichen und zu gestalten (Seitter 2013, S. 42). In der wissenschaftlichen Weiterbildung bieten sich z. B. Kooperationen zwischen Hochschulen und Volkshochschulen oder anderen Bildungseinrichtungen an. Die „bildungsbezogene Fokussierung von Aufgaben und Produkten mit Partnern, deren Hauptzweck nicht Bildung ist“ (Seitter 2013, S. 42) sowie die „komplementäre/ supportive Ergänzung bei der Realisierung dieser Aufgaben“ (Seitter 2013, S. 42) sind zentrale Aspekte in diagonalen Kooperationen. Im Kontext der wissenschaft-

Kooperationen in der wissenschaftlichen Weiterbildung

541

lichen Weiterbildung kooperieren Hochschulen beispielsweise mit Organisationen aus dem Profit- und dem Non-Profit-Bereich oder dem Stiftungswesen.2 Partnertypus Aus der Perspektive der Hochschulen können hochschulexterne Partner, auf die im Folgenden der Fokus gelegt wird, aus dem Profit-Bereich, dem Non-Profit-Bereich und dem Stiftungswesen stammen. Jeder Partnertypus bringt unterschiedliche Ressourcen (materieller wie auch immaterieller Art) mit sich, die an Hochschulen nur in geringem Maße zur Verfügung stehen oder diesen gänzlich fehlen. Im Gegenzug stellen die hochschulexternen Partner jedoch auch diverse Ansprüche an die Zusammenarbeit und bewerten die Hochschule als Kooperationspartner im Qualifizierungsbereich unterschiedlich. Je nach dominierendem Organisationszweck schreiben hochschulexterne Partner laut Habeck und Denninger den hochschulischen Kooperationspartnern unterschiedliche Rollen zu. Profitorientierte Organisationen nehmen Hochschulen in erster Linie als Dienstleister wahr, wohingegen Organisationen aus dem Non-Profit-Bereich partnerschaftliche Aspekte in der Zusammenarbeit hervorheben. Stiftungen sehen in Hochschulen primär ein „Mittel zum (Stiftungs-)Zweck“ (Habeck und Denninger 2015, S. 275). Kooperationen mit Hochschulen werden von ihnen durchgeführt, um ihren originären Stiftungszweck zu realisieren. Hierbei ist es für sie von zentraler Bedeutung, dass ihre Aktivitäten öffentlichkeitswirksam durchgeführt werden. Organisationen aus dem ProfitBereich zielen insbesondere darauf ab, einen konkreten Nutzen für das eigene Unternehmen aus der Kooperation zu ziehen. Sie erwarten von der kooperierenden Hochschule, dass sich diese in der Zusammenarbeit flexibel, schnell und anpassungsfähig zeigt. Organisationen aus dem Non-Profit-Bereich versuchen hingegen aus der Kooperation in erster Linie einen Nutzen für ihre Mitarbeitenden zu ziehen. Sie erhoffen sich aus der Zusammenarbeit mit der Hochschule eine Offenheit und Öffnung (vgl. Habeck und Denninger 2015, S. 271–276). Insbesondere die diagonale Kooperation bedarf in der wissenschaftlichen Weiterbildung aufgrund ihrer Komplexität und den am stärksten ausgeprägten Fremdheitsaspekten organisationskultureller Art zwischen den Partner einer besonderen Aufmerksamkeit. Vor allem Unternehmen sind in der Lage direkte Erfahrungswerte aus der Praxis in die Kooperation einzubringen, um das Geschäftsfeld der wissenschaftlichen Weiterbildung möglichst passgenau an die Nachfrage und die Fragen und Rahmenbedingungen der (Berufs-)Praxis anzunähern. Denn sie verfügen über das benötigte (berufs-)feldspezifische Wissen. Ihnen sind die zeitlichen und finanziellen Möglichkeiten auf Unternehmens- und Teilnehmendenseite bewusst. Sie sind es letztlich, die die Nachfrage erzeugen und steuern und die die Praxistauglichkeit der wissenschaftlichen Weiterbildung beurteilen. Eine Zusammenarbeit mit ihnen ist somit für beide Seiten von Vorteil – die Hochschule wird in die Lage versetzt

2

Die Synergieeffekte der einzelnen Kooperationsrichtungen werden anhand von verschiedenen kooperativ gestaltenden weiterbildenden Angeboten beispielhaft von Sweers und Lengler (2018) aufgezeigt.

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F. Sweers

marktgängige Angebote zu entwickeln und den Unternehmen werden Weiterbildungen präsentiert, die ihren Ansprüchen gerecht werden. Kooperationsform Eine weitere Art der Unterscheidung ist die nach der Form. Im Hinblick auf die Kooperationsform unterscheidet Jütte (2002) drei Varianten von Kooperationen in der Weiterbildung. Er nennt die „[i]nstitutionelle Kooperation“, die „[a]ufgabenbezogene Kooperation“ und die „[p]ersonelle Kooperation“ (Jütte 2002, S. 65). Jede von ihnen hat einen eigenen Verbindlichkeitscharakter. Dieser reicht von formalen bis hin zu informellen Formen der Zusammenarbeit. Die wissenschaftliche Weiterbildung ist grundsätzlich als eine institutionelle Kooperation zu handhaben, da Kooperationen hochschulseitig immer der Zustimmung des Präsidiums bedürfen. Sie ist in den meisten Fällen eine aufgabenbezogene Kooperation, da sie in erster Linie auf die kooperative Angebotsgestaltung ausgelegt ist. Und sie ist im Endeffekt eine personelle Kooperation, da die angebotsbezogenen planungs-, entwicklungs-, durchführungs- und managementbezogenen Aufgaben letztlich vom Personal der Hochschulen gemeinsam mit dem Personal der hochschulexternen Kooperationspartnern ausgeführt werden. Die wissenschaftliche Weiterbildung verbindet demnach im besten Fall alle drei Arten miteinander. Sie ist also von der Hochschulleitung unterstützt und vertraglich geregelt, sie verfolgt ein konkretes Ziel und profitiert von den persönlichen Beziehungen zwischen den Kooperationspartnern und schnellen Absprachen (Jütte 2002, S. 65–66). Im schlechtesten Fall treten jedoch Irritationen und zeitliche Verzögerungen dadurch hervor, dass für interessierte Kooperationspartner zumindest zu Beginn der Zusammenarbeit z. B. unklar ist, warum die Hochschulleitung involviert werden muss, wenn doch eine inhaltliche Zusammenarbeit mit einer Professorin oder einem Professor angestrebt wird. Für Außenstehende sind auch die internen Abstimmungsprozesse und Selbstverwaltungsstrukturen von Hochschulen nicht unbedingt transparent. Es ist deshalb nicht immer gleich nachvollziehbar, warum manche Entscheidungsprozesse mehr Zeit beanspruchen, als man es in der freien Wirtschaft gewohnt ist. Art der Kooperation Maschwitz differenziert in ihrer Studie, die sich explizit mit Kooperationen in der wissenschaftlichen Weiterbildung beschäftigt, Kooperationen aufgrund der Art der Zusammenarbeit. Sie unterscheidet zwischen arbeitsteiligen und unterstützenden Kooperationen (Maschwitz 2014, S. 153). Arbeitsteilige Kooperationen zeichnen sich durch den „kreative[n] Beitrag“ (Laudel 1999, S. 39) aus, den die beteiligten Partner in die Zusammenarbeit einfließen lassen. Bei unterstützenden Kooperationen werden hingegen von mindestens einem der Partner Unterstützungsleistungen eingebracht, die der jeweils andere Partner zur Erreichung des gemeinsamen Ziels benötigt. Beispiele für diese Kooperationsform sind Servicekooperationen sowie die Bereitstellung von Geräten oder die Weitergabe von Know-how (vgl. Laudel 1999, S. 40). Transferiert auf das Aufgabenfeld der wissenschaftlichen Weiterbildung können unter unterstützenden Kooperationen eine finanzielle Ressourcenbereitstellung, eine Serviceleistung im Sinne einer „Schaffung und Übergabe von Ressourcen

Kooperationen in der wissenschaftlichen Weiterbildung

543

als Routineprozess“ (Maschwitz 2014, S. 153) sowie ein „Wissens- und Erfahrungsaustausch“ (Maschwitz 2014, S. 153) subsumiert werden. Bei arbeitsteiligen Kooperationen handelt es sich im Kontext der wissenschaftlichen Weiterbildung insbesondere um eine gemeinsame Angebotsgestaltung (siehe Abschn. 2.3 in diesem Beitrag). Intensität der Kooperation, Dauer und Komplexität Anknüpfend an die bisherigen Unterscheidungskriterien nach formalen Aspekten können die unterschiedlichen Kooperationstypen verschiedene Intensitäten, gradueller und zeitlicher Art, aufweisen. Jütte (2002) differenziert bei Kooperationen in der Weiterbildung sieben Intensitäten. Sie reichen von „Informationsaustausch“ bis hin zur „Gründung einer gemeinschaftlichen Einrichtung“ (Jütte 2002, S. 61). Maschwitz arbeitet für das Bildungssegment der wissenschaftlichen Weiterbildung heraus, dass die gemeinsame Entwicklung von Studienangeboten den höchsten Intensitätsgrad einer Kooperation zwischen öffentlichen Hochschulen und Wirtschaftsunternehmen aufweist. Mit ihr ist auch eine besonders hohe zeitliche Dauer der Zusammenarbeit verknüpft. Weniger intensive Formen der Zusammenarbeit stellen „Praxisseminare, Praxisworkshops, Entwicklung einzelner Seminare/Module“, „Publikationen, Fallbeispiele, Studienbriefe/-materialien“, „Stipendien, Referenten, Abschlussarbeiten, Dozenten“, „Marktanalyse, Bedarfserhebung“ sowie „Entsendung von Studierenden, Informationsaustausch“ (Maschwitz 2014, S. 152) dar. Habeck und Denninger (2015, S. 235–241), die sich mit ihrer empirischen Forschung dem Potential einer Zusammenarbeit im wissenschaftlichen Weiterbildungssegment widmen, zeichnen ein mehrdimensionales, additives Bild von Kooperationen, in dem multiple Ziele und Anlässe der Zusammenarbeit miteinander kombiniert werden.3 Anregung für ihr Modell eines Kooperationskranzes ist die empirisch fundierte Erkenntnis, dass sich Organisationen aus dem (Non-)ProfitBereich und dem Stiftungswesen insbesondere für Kooperationen mit Hochschulen interessieren, die sich nicht allein auf ein Handlungsfeld beschränken. Sie bevorzugen Formen der Zusammenarbeit, die sich auf mehrere Handlungsfelder erstrecken, dadurch Chancen für eine vielfältige Form der Zusammenarbeit aufzeigen und im Idealfall Synergieeffekte hervorbringen (Abb. 1). „Der volle Mehrwert“ so Denninger et al. „entfaltet sich gerade dann, wenn die Kooperation Möglichkeiten der Zusammenarbeit in allen Handlungsfeldern eröffnet“ (Denninger et al. 2017, S. 28). Diese Aussage macht deutlich, dass die Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und hochschulexternen Partner bereichert wird, wenn die Kooperation sich nicht auf ein einzelnes gemeinsames Ziel beschränkt, sondern vielmehr eine Kombination unterschiedlicher Aspekte aufweist. So kann beispielsweise die Zusammenarbeit im grundständigen Bereich positive Auswirkungen auf das Feld der wissenschaftlichen Weiterbildung haben und umge-

3

Die empirischen Ergebnisse basieren auf einer Untersuchung in der Region Mittelhessen, bei der Organisationen aus dem Profit- und dem Non-Profit-Bereich sowie dem Stiftungswesen nach Möglichkeiten einer kooperativen Angebotsentwicklung mit Hochschulen befragt wurden.

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- Praxisprojekte - Praktika - Abschlussarbeiten - Berufskarrieren - Netzwerke - Gastdozenturen …

- berufsbegleitende Angebote - Inhouse-Angebote - Open Science - Gastdozenturen …

grundständige Lehre

wissenschaftliche Weiterbildung

Forschung

- kooperative Forschungsprojekte - Auftragsforschung - Wissenstransfer - Veranstaltungen …

weitere Bereiche

- Netzwerke - Personal (Rekrutierung, Mitarbeiterbindung u.a.) - Ressourcenaustausch - Beratung …

Abb. 1 Kooperationskranz (eigene Darstellung in Anlehnung an Denninger et al. 2017, S. 28; Habeck und Denninger 2015, S. 235–241)

kehrt. Dies spricht für ein transparentes Wissens- und Informationssystems innerhalb der Organisationen, um sich über bestehende Kooperationsbeziehungen zu verständigen und Potenziale für weiterführende Formen der Zusammenarbeit mit bestehenden Kooperationspartnern auszuloten. Bei Kooperationen, die nach dem Modell des Kooperationskranzes funktionieren, handelt es sich um besonders komplexe Ausprägungen von Kooperationen.

2.3

Kooperieren als Handlungsmodus

Kooperatives Handeln wird im Folgenden als Agieren in kooperationseingelagerten Spannungsfeldern beschrieben, das im Falle der wissenschaftlichen Weiterbildung zusätzlich durch spezifische Dilemmata geprägt ist. Die kooperative Bearbeitung der Spannungsfelder und Dilemmata findet in kooperativen Räumen statt. Ein besonders intensives Beispiel für kooperatives Handeln stellt die kooperative Angebotsgestaltung dar, weshalb sie exemplarisch am Ende dieses Teilkapitels näher beschrieben wird. Kooperatives Handeln in Spannungsfeldern und Dilemmata Aus einer differenzorientierten Perspektive betrachtet fällt auf, dass sich kooperierende Akteure in spezifischen Spannungsfeldern und Dilemmata bewegen. Ihr Kooperationshandeln wird beeinflusst durch kooperationsbedingte Spannungsfelder wie Autonomie versus Abhängigkeit, Vertrauen versus Kontrolle, Flexibilität versus Spezifität, Vielfalt versus Einheit, Stabilität versus Fragilität, Formalität versus Informalität etc. (Sydow 2010, S. 403). Kooperatives Handeln wird zudem geprägt

Kooperationen in der wissenschaftlichen Weiterbildung

545

durch Ambiguität, Kontingenz, Intransparenz und Komplexität (Seitter 2013, S. 45). Unter diese vier Stichworte fallen für die wissenschaftliche Weiterbildung die dilemmatischen Situationen der Grenzstelle versus der Außenstelle, des öffentlichen Auftrags versus der Managerial Governance, der intrinsischen versus der extrinsischen Motivation der Hochschulangehörigen sowie der Wissenschafts- versus der Praxisorientierung (Wilkesmann 2010). In der wissenschaftlichen Weiterbildung gilt es zudem, die Spannungsfelder zwischen Angebots- und Nachfrageorientierung, zwischen der Prämisse des staatlich finanzierten Bildungsauftrags und der des privat finanzierten Gutes sowie zwischen einer aktenförmigen Bearbeitung entlang von standardisierten Massenprozessen und einem dienstleistungsorientierten Angebot auszutarieren (siehe Sweers 2019, S. 24–26). Handeln in kooperativen Räumen Durch Kooperationen wird die Ausschließlichkeit der eigenen Organisation als Bezugsrahmen aufgehoben. Die Kooperation wird zum externen Raum, in dem Aktivitäten stattfinden, die wiederum für die eigene Organisation von Relevanz sind. Kooperatives Handeln hat in diesem Sinne eine Scharnierfunktion „sowohl zwischen den an der Kooperation beteiligten Organisationen als auch zwischen dem Innen und Außen der eigenen Organisation“ (Sturm und Sweers 2018, S. 372; vgl. Feld 2011, S. 42–43). Diese Form der Kooperationsarbeit ist laut Seitter „eine Mobilisierung über die Grenzen der eigenen Organisation hinweg. Kooperieren ist ein gleichzeitiges Operieren im Innen und Außen der Organisation, im Innen, an der Grenze und im Außen der Einrichtung durch positional-räumliche Veränderungen der jeweils beteiligten Koooperationsakteure“ (Seitter 2013, S. 45).

Kooperatives Handeln findet demnach in „interorganisationalen Zwischenräumen“ (Seitter 2013, S. 45–46) statt. Den kooperierenden Akteuren kommt die Rolle „organisationale[r] Grenzgänger“ (Seitter 2013, S. 46) zu, die die eigene Organisation durch das aus ihr Heraustreten, temporäre Verweilen in der Kooperation und Wiedereintreten in die Organisation beobachten und diese Beobachtungen wieder in die eigene Organisation zurück spielen. Kooperationen bieten somit die Möglichkeit der „Etablierung von dauerhaften Selbst- und Fremdbeobachtungsverhältnissen“ (Seitter 2013, S. 47). Dieser neuartige Blick auf die eigene Organisation hat z. T. befremdende Effekte und Irritationsmomente, wodurch positiv gewendet neue Perspektiven eröffnet und alternative Lösungsmöglichkeiten für Probleme entdeckt werden können. Durch die intensive und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Partnern bietet sich zudem die Möglichkeit einer Innensicht auf eine andere Organisation, die Inspirationen für die Herkunftsorganisation bieten kann (siehe weiterführend Jenner 2018). Im Falle der wissenschaftlichen Weiterbildung können die Hochschulen beispielsweise von den spezifischen Expertisen privatwirtschaftlicher Unternehmen profitieren oder sich ein Beispiel an ihnen nehmen u. a. in Bezug auf deren unternehmerisches Handeln, deren Umgang mit Kostenkalkulationen sowie ihrer Wettbewerbsfähigkeit auf dem freien Markt und damit oftmals einhergehender Serviceorientierung. Aber auch von Stiftungen können sie lernen, z. B. wie Aktivi-

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täten öffentlichkeitswirksam publik gemacht werden können (vgl. Sweers und Lengler 2018, S. 82–83). Das Lernpotenzial ist letztlich reziprok angelegt. So profitieren die hochschulexternen Partner von den Hochschulen insbesondere in Bezug auf deren Wissenschaftlichkeit und vom Teilhaben an neuesten Forschungserkenntnissen und einem hochschulspezifischen, analytischen und theoretisch rückgebundenen Blick auf berufspraktische Problemstellungen. Kooperative Angebotsgestaltung Eine besonders ausprägte Intensität erfährt das gegenseitige Lernen im Kontext von kooperativer Angebotsgestaltung in der wissenschaftlichen Weiterbildung. Hierbei handelt es sich entweder um horizontale, vertikale oder diagonale Kooperationen sowie um eine Kombination, die institutionell und zugleich aufgabenbezogen sowie personell angelegt sein kann. Es geht im Kern um die gemeinsame Planung, Entwicklung und Durchführung von weiterbildenden Angeboten sowie deren kooperatives Management. Bei dieser Art des Kooperierens findet die gemeinsame Arbeit in allen Phasen oder aber auch nur in ausgewählten Teilabschnitten statt. In der folgenden Abbildung werden zentrale Aufgaben der Angebotsgestaltung dargestellt, die kooperativ bewältigt werden können und somit nicht zuletzt einen Beitrag zur Umsetzung der Spezifika Nachfrage- und Praxisorientierung sowie zu einem unternehmerischen und serviceorientierten Handeln führen (Abb. 2). Dieses Handlungsbeispiel aus der wissenschaftlichen Weiterbildung betont den prozessualen und dynamischen Charakter von Kooperationen und hier eingelagertem kooperativen Interagieren. Letztlich handelt es sich um einen kreativen Akt, der eine Vielfalt von Handlungsmöglichkeiten aufzeigt und von den Beteiligten eine je individuell zugeschnittene Umsetzung erfordert, die nach Möglichkeit den Bedürfnissen und Rahmenbedingungen aller Kooperationspartner gerecht werden sollte.

2.4

Erscheinungsformen von Kooperationen in der wissenschaftlichen Weiterbildung

Mit der Beschreibung von kooperativer Angebotsgestaltung wurde bereits ein konkretes Umsetzungsbeispiel für kooperatives Agieren in der wissenschaftlichen Weiterbildung eingeführt. In der Praxis der wissenschaftlichen Weiterbildung sind weitere Formen geläufig. Sie können, wie im Folgenden weiter ausgeführt, entweder als institutions-, segment-, fach- oder angebotsspezifisch ausgerichtete Kooperationen deklariert werden. Angebotsspezifische Kooperation Die kooperative Angebotsgestaltung, als eine mögliche Variante der angebotsspezifischen Kooperation, kann in horizontaler Richtung, d. h. zwischen mehreren Hochschulen, z. B. in Form eines gemeinsamen (joint degree), eines doppelten (double degree) oder mehrfachen (multiple degree) Abschluss umgesetzt werden. Bei einer ebenfalls horizontal oder vertikal ausgerichteten Kooperationsvariante bieten sich neben dieser stark individualisierten Form der kooperativen Angebotsgestaltung ebenfalls Franchise-, Validierungs- und Anrechnungsmodelle an, die

Kumulation der Ressourcen innerhalb der Kooperation Teilung der Verpflichtung innerhalb der Kooperation, Ressourcen einbringen zu müssen Ausweichen auf kooperierende Organisation, die benötigte Ressourcen einbringen kann

Entwicklung des Instruktionsdesign Verzahnung von Theorie und Praxis durch direkte Einbeziehung sowohl der Universitäten als auch der Organisationen, die das berufspraktische Feld vertreten; Einsatz von Hochschullehrenden und berufspraktisch verankerten Lehrenden bzw. von Personen, die beide Expertisen in sich vereinen

Dienstleitungsmarketing Gemeinsames Marketing; ideelle Unterstützung (Fürsprache durch anerkannte Persönlichkeiten (z. B. Personen aus der Vorstandsebene von in die Kooperation involvierten Unternehmen oder aus der politischen Ebene)

Management der Arbeitsprozesse Aufteilung der Aufgaben innerhalb der Kooperation

Management und Durchführung des Angebots

Planung des Angebots

Entwicklung des Angebots

Curriculumsentwicklung Aufteilung der inhaltlichen Verantwortung (z. B. durch Modulverantwortliche, die unterschiedlichen Organisationen angehören); Einsatz des Modells der Arbeitsgruppe

Abb. 2 Kooperationsbezogener Mehrwert in der Angebotsgestaltung (leicht modifizierte Variante nach Sweers 2019, S. 191)

Kooperationsmanagement Management und Pflege der Kooperationsbeziehung zwischen allen Kooperationspartnern

Schnittstellenmanagement Einsatz von Studiengangkoordinationen, die einer der kooperierenden Organisationen angehören

durch hochschulexterne Kooperationspartner; Reduzierung der Ausgaben pro Organisation und Minimierung des Finanzrisikos durch gemeinsame Verantwortung

Stipendien, Fördergeldern und einer Bereitstellung von Stiftungsvermögen oder einer Anschubfinanzierung)

Preisgestaltung und Finanzierung Finanzielle Unterstützung (z. B. in Form von

Planung der Arbeitsprozesse Aufteilung von Inhalten und Aufgaben, Arbeitsteilung innerhalb der Kooperation, Anwendung eines Arbeitsgruppenmodells

-

-

Ressourcenplanung kooperationsspezifische Optionen

Zielgruppenanalyse gemeinsame Festlegung der Zielgruppe, für die das Angebot geplant wird, innerhalb der Kooperation

Klärung des Weiterbildungsbedarfs direkte Involvierung der nachfragenden institutionellen Abnehmenden

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nach einer Definition des Wissenschaftsrats als studiengangsbezogene Kooperationen bezeichnet werden (Wissenschaftsrat 2017). Es handelt sich dabei, um eine Unterart der angebotsspezifischen Kooperationsform, die sich insbesondere durch eine „mehr oder minder ausgeprägte Trennung zwischen kompetenzvermittelnder und kompetenzprüfender Bildungseinrichtung“ (Wissenschaftsrat 2017, S. 9) auszeichnet. Bei diesen Modellen kommt der Hochschule eine dominante, federführende Rolle in der Kooperation mit ihren hochschulexternen Partnern zu. „[D]er kooperierende Bildungsträger [steht] in einer asymmetrischen, nachgeordneten Beziehung zu der gradverleihenden Hochschule“ (Wissenschaftsrat 2017, S. 9). Er wird entweder mit der teilweisen oder vollumfänglichen Durchführung von Studiengängen beauftragt (Franchisemodell). Oder das von ihm angebotene Bildungsprogramm wird als gleichwertig mit dem Studium der gradverleihenden Hochschule anerkannt, so dass in einem nächsten Schritt Almuni an Partnereinrichtungen automatisch ein Hochschulgrad verliehen wird (Validierungsmodell). Eine dritte Variante ist die systematische Anrechnung außerhochschulisch erworbener Qualifikationen (Anrechnungsmodell). Laut Wissenschaftsrat finden einige dieser Varianten studiengangsbezogener Kooperationen verstärkt in der akademischen Weiterbildung Einzug. Es wird in diesem Zuge die Verpflichtung der Länder und der staatlichen Hochschulen betont, Angebote der wissenschaftlichen Weiterbildung in ausreichendem Umfang und entsprechend der Nachfrage innerhalb der Hochschulstrukturen zu realisieren (Wissenschaftsrat 2017, S. 14). Eine Zusammenarbeit mit hochschulexternen Partnern bietet sich hiernach am ehesten im Bereich der praxisnahen Studienanteile an. Der Hochschule kommen in der Zusammenarbeit die Qualitätssicherung der Angebote sowie deren akademische Niveau- und Gleichwertigkeitsprüfung mit den außerhochschulischen Angeboten zuteil (Wissenschaftsrat 2017, S. 14) Bei studiengangsbezogenen Kooperationen ist der Übergang zu insitutionsspezifischen Kooperationen fließend. Je nach Fokus können sie entweder durch das eine oder das andere Merkmal charakterisiert werden. Institutionsspezifische Kooperation Eindeutige Beispiele für institutionsspezifische Kooperationen sind Ausgründungen von Hochschulen, die wiederum in einem engen Arbeitsverhältnis mit der Hochschule verbleiben. Wenngleich die wissenschaftliche Weiterbildung bundesweit zwar vorwiegend als Aufgabe innerhalb der Hochschulen verortet ist, empfiehlt sich in Einzelfällen jedoch aus rechtlichen und finanziellen Gründen (u. a. personalrechtlich, haushaltstechnisch) eine Ausgliederung des Segments der wissenschaftlichen Weiterbildung. Bei diesen privatrechtlichen, hochschulischen Ausgründungen handelt es sich zumeist um Vereine, gGmbH, Stiftungen, An-Institute, Akademien und Aktiengesellschaften (vgl. DGWF 2015, S. 6; Hanft und Knust 2007, S. 109), die „sachlich und vertraglich eng mit der Hochschule verzahnt[. . .] [sind] und von ihr kontrolliert[. . .]“ (DGWF 2015, S. 5) werden.4 Eine weitere Form der institu-

4

Es existieren verschiedene Unterarten von Ausgründungen. Zu nennen sind hier eigenständige Einrichtungen unter Aufsicht der Hochschulen, eigenständige Einrichtungen mit Beteiligung und Mitsprache der Hochschulen, eigenständige Einrichtungen ohne Mitsprache der Hochschulen sowie An-Institute mit enger organisatorischer und personeller Kopplung (DGWF 2015, S. 6).

Kooperationen in der wissenschaftlichen Weiterbildung

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tionsspezifischen Kooperation stellen hochschulübergreifende Einrichtungen für wissenschaftliche Weiterbildung dar. Hierbei handelt es sich um eine Zusammenarbeit zwischen mehreren Hochschulen, die gemeinsam die Weiterbildung in ihrer Region oder zu einem speziellen Themengebiet gebündelt entwickeln und anbieten.5 Segmentspezifische Kooperation Unter segmentspezifischen Kooperationen fallen Beiräte für wissenschaftliche Weiterbildung. Ein Beirat ist ein beratendes Gremium mit wenig bis gar keinen Entscheidungsbefugnissen und minimaler bis nicht existenter Kontrollfunktion. Sie werden im Falle der wissenschaftlichen Weiterbildung beispielsweise für ihre berufspraktische Expertise, ihre Kenntnis der Region und deren Qualifizierungsbedarfe, ihr Know-How bezüglich der Bildungslandschaft und der wirtschaftlichen Strukturen sowie für ihre Vernetzungen und Kontakte geschätzt. Sie fungieren u. a. als critical peer und sind als Mulitplikatoren und Türöffner, z. B. bei der Akquise neuer individueller oder institutioneller Abnehmer, bei der Anbahnung kooperativer Angebotsgestaltung oder beim Fundraising für neue Projekte im Bildungsbereich, behilflich. Sie werden eingerichtet, um die Nachfrageorientierung und Praxisnähe der Angebote möglichst passgenau umsetzen zu können. Beiräte werden je nach disziplinärer und strategischer Ausrichtung des Weiterbildungsportfolios und des Wirtschafts- und Sozialstandorts einer jeder Hochschule spezifisch zusammengesetzt.6 Fachspezifische Kooperation Eine Vertretung des Typus der fachspezifischen Kooperationen stellen sogenannte Fachkuratorien dar. Ein Kuratorium ist eine „kollegiale Aufsichtsbehörde und Betreuungsstelle“ (Springer Gabler o. J.). Kuratorien haben ähnliche Funktionen wie Beiräte, jedoch werden sie im Falle der wissenschaftlichen Weiterbildung exklusiv für einen spezifischen Studiengang eingerichtet. Sie setzen sich aus fachlich einschlägigen Expertinnen und Experten aus dem wissenschaftlichen und berufspraktischen Umfeld des Studienangebots zusammen.7

3

Fazit

Kooperationen bieten das Potenzial als effektives Planungs-, Entwicklungs- und Implementierungsinstrument in der wissenschaftlichen Weiterbildung genutzt zu werden. Zudem können sie insgesamt betrachtet als Profilierungs-, Professionalisierungs-, Organisationsentwicklungs- und Optimierungselement in der wis5

Siehe z. B. http://www.magdeburg-weiterbildung.de/. Beispiele aus der Praxis sind u. a. der WM3 Weiterbildungsbeirat http://www.wmhoch3.de/start/ kooperationspartner/weiterbildungsbeirat oder der Programmbeirat der Akademie für Wissenschaftliche Weiterbildung an der Hochschule Ravensburg-Weingarten https://www.hs-weingarten. de/web/akademie-fuer-wissenschaftliche-weiterbildung/programmbeirat1. 7 Siehe z. B. http://www.wmhoch3.de/images/dokumente/Kommunikations-Oeffentlichkeitsstrate gieFachkuratorien.pdf und http://archiv.studiumplus.de/wps/splus/home/studiumplus/fachkurato rium_iv_krankenversicherungsmanagement/. 6

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senschaftlichen Weiterbildung eingesetzt werden. Alles in allem unterstützen sie Hochschulen in ihrem Flexibilisierungsgrad. Dies trifft sowohl für die einzelnen Angebote als auch für das gesamte Geschäftsfeld der wissenschaftlichen Weiterbildung zu. Durch intensive Kooperationen zwischen Hochschulen und hochschulexternen Partnern aus dem (Non-) Profit-Bereich und dem Stiftungswesen kommt es im Idealfall zu einer maximal realitätsnahen Bedarfserhebung, zu einer nachfrageorientierten Konzipierung sowie zu einer curricularen und didaktischen Umsetzung der Angebote, die dem Praxisanspruch der individuellen und institutionellen Abnehmer möglichst gut entspricht, ohne das wissenschaftliche Niveau zu schmälern. Eine kooperative Ressourcenplanung und -zusicherung der notwendigen Mittel zur Durchführung optimiert die Angebote und steigert den Implementierungserfolg der wissenschaftlichen Weiterbildung. Durch die Umsetzung der Spezifika der wissenschaftlichen Weiterbildung, die durch Kooperationen befördert werden, kann sich die wissenschaftliche Weiterbildung profilieren und von anderen Studienangeboten der Hochschulen und Weiterbildungsangeboten anderer Bildungsträger abgrenzen. Die öffentlichkeitswirksame Kommunikation von Kooperationen mit anerkannten Stakeholdern hat zudem profilgebende und positive Auswirkungen auf die Reputation einer Organisation, eines Angebots oder des gesamten Bildungssegments. Kooperation kann laut Seitter als „Modus organisationaler Professionalisierung“ (Seitter 2013, S. 47) verstanden werden. „In kooperativen Arrangements bilden wechselseitige Beobachtungskonstellationen die Basis für organisationale Inspirations- und Adaptionspotenziale“ (Lengler und Sweers 2018, S. 150). Je nach Kooperationsausrichtung werden unterschiedliche Praktiken, Instrumente und Prozesse als Anschauungsbeispiele in die Zusammenarbeit eingespeist bzw. den Partnern als Positiv- oder Kontrastfolie für die eigene (Weiter-)Entwicklung angeboten. „Im besten Fall nutzen die Hochschulen die aus Kooperationsbeziehungen generierten Anregungen konstruktiv und entwickeln sich in deren Horizont organisational weiter“ (Lengler und Sweers 2018, S. 150). Der Prozess der wechselseitigen Beobachtung läuft in den meisten Fällen unbewusst ab. Um das Professionalisierungspotenzial maximal auszuschöpfen und den Mehrwert dieses Modus transparent zu machen, bietet es sich in einem ersten Schritt an, intraorganisationale Räume zur Bearbeitung der Beobachtungen zu schaffen und bei Bedarf in einem zweiten Schritt Verfahren zur Umsetzung der daraus entstandenen Veränderungsimpulse für die eigenen Routinen einzuführen. „Die Etablierung von interorganisationaler Kooperationsbeziehungen als Instrumente dauerhafter Selbst- und Fremdbeobachtungsverhältnisse ermöglicht sowohl eine Komplexitätssteigerung als auch eine Umweltsensibilisierung, die zu verhaltenswirksamen Folgeeffekten führen kann“ (Sturm und Sweers 2018, S. 373; vgl. Seitter 2013, S. 47). Die positiven Folgeeffekte aus institutionalisierten Selbst- und Fremdbeobachtungsverhältnissen können im Zuge ihres Beitrags zur Organisationsentwicklung zugleich als ein Optimierungselement verstanden werden (siehe Sturm und Sweers 2018, S. 373–374). Die Optimierung der wissenschaftlichen Weiterbildung findet in diesem Sinne durch ein organisationales Lernen im Modus der intraorganisationalen Selbstreflexion, im Modus der kooperationsbasierten Angleichung oder Adaptierung von Beispielen guter Praxis

Kooperationen in der wissenschaftlichen Weiterbildung

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bzw. im Modus des Profitierens von den Stärken der anderen statt. Diese vielfältigen Impulse können zur Optimierung des Geschäftsfeldes, der einzelnen Angebote oder der Organisation genutzt werden. Die zuvor herausgestellten Aspekte weisen darauf hin, dass „durch Kooperativität [. . .] in der wissenschaftlichen Weiterbildung Flexibilisierungsoptionen unterschiedlichster Art geschaffen werden – didaktisch, inhaltlich, räumlich, zeitlich, finanziell und organisational“ (Sweers 2019, S. 338). Diese entstehen durch eine partnerschaftliche Zusammenarbeit, Fremd- und Selbstbeobachtung sowie - reflexion, durch kooperative Ressourcenkumulation, Ressourcenteilung und ressourcenbezogene Ausweichprozesse. In diesem Sinn kann Kooperativität als Modus der wissenschaftlichen Weiterbildung verstanden werden, als eine effektive Strategie im Kontext von Entwicklung-, Implementierungs- und Optimierungsaufgaben, als ein Werkzeug zur Umsetzung der Spezifika der wissenschaftlichen Weiterbildung und nicht zuletzt als ein Instrument, das bewusst gesteuert werden sollte, damit die positiven Effekte potenzielle negative Begleiterscheinungen (u. a. Verlust von Autonomie und Freiheit, Abhängigkeiten) relativieren oder zumindest minimieren können.

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Akteure der Hochschulweiterbildung Maria Kondratjuk

Inhalt 1 2 3 4

Zur Verwendung des Begriffs Akteure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vielfältige Akteursgruppen in der Hochschulweiterbildung – erste Systematisierung . . . . Bestimmung der Akteursgruppen in der Hochschulweiterbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tätigkeiten und Aufgaben – das Handlungsfeld der Akteure in der Hochschulweiterbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Umgang mit spezifischen Wandlungsanforderungen – Besonderheiten des Handlungsfeldes Hochschulweiterbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Zusammenfassung

In diesem Beitrag werden die Akteure der Hochschulweiterbildung zunächst nach deren funktionaler Zuordnung systematisiert, um in einem zweiten Schritt eine Eingrenzung auf die Akteure aus dem operativen Geschäft der Hochschulweiterbildung vorzunehmen. Das Handlungsfeld mit konkreten Tätigkeiten und Aufgaben sowie besondere Kennzeichen der Arbeit der Akteure in der Hochschulweiterbildung werden dargestellt. Schlüsselwörter

Akteure · Hochschulweiterbildung · Wissenschaftliche Weiterbildung · Hochschule · Tätigkeitsprofil

M. Kondratjuk (*) Erwachsenenbildung/berufliche Weiterbildung, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle, Deutschland E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 W. Jütte, M. Rohs (Hrsg.), Handbuch Wissenschaftliche Weiterbildung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-17643-3_30

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Zur Verwendung des Begriffs Akteure

Akteure sind sinnhaft Handelnde und als verallgemeinerte Subjekte zu verstehen. Ein Akteur ist ein in sozialen Zusammenhängen Handelnder (eine Einheit), der „sinnhaft und intentional handelt, und [dem] wiederum von anderen Akteuren Handeln zugeschrieben werden kann“ (Schimank1 2007, S. 44), „ein autonom Handelnder [. . .], der berechnen und manipulieren kann und sich den Umständen [. . .] erfinderisch anpasst“ (Crozier und Friedberg 1993, S. 27). Akteuren können Merkmale zugeschrieben werden wie Identität in Form von Autonomie, Kompetenzen in Form von Handlungsfähigkeit und Orientierung in Form von Handlungsorientierung (Meier 2011). Im symbolischen Interaktionismus ist der Mensch ein Akteur. „Akteure haben die Freiheit, zwischen verschiedenen Handlungsalternativen zu entscheiden, die sie aufgrund ihrer Sicht der gegebenen Möglichkeiten wahrnehmen. Akteure haben prinzipiell die Möglichkeit, ihr Schicksal selbst zu gestalten, indem sie auf die Lebensbedingungen (einschließlich anderer Akteure) reagieren und einwirken“ (Böhm 1994, S. 122).

Der symbolische Interaktionismus sieht aber die Akteure nicht (nur) als autonome, reflektierte Entscheider, sondern auch als Akteure, die in Handlungsmusterkonstruktionen handeln, wie im Institutionenhandeln – hier in der Hochschule in der Weiterbildung, bei dem die Akteure nicht immer selbst entscheiden und gestalten können (Kondratjuk 2017). Akteure handeln in der Grundannahme stets in Wechselwirkung mit ihren Strukturen (Giddens 1988), der Handlungsspielraum wird dabei durch organisationsspezifische Bedingungen und die zur Verfügung stehenden Ressourcen in Organisationen bestimmt. Damit ist das Handeln der Akteure abhängig von Systembedingungen. Der Begriff Akteur impliziert zudem die Arbeitstätigkeit (agency). Mit dieser Begriffsschärfung kann eingegrenzt werden, wer mit Akteure der Hochschulweiterbildung adressiert ist. In den folgenden Ausführungen sind das Personen und Personengruppen bzw. individuelle und kollektive Akteure.

1 Uwe Schimank (2007) hat vier soziologische Akteurmodelle erarbeitet, die zur Bereitstellung von Grundmustern zur Erklärung von Handlungswahlen dienen; den Homo sociologicus, den Homo oeconomicus, den emotional man und den Identitätsbehaupter. Erst das handelnde Zusammenwirken mehrerer Akteure, also die Akteurkonstellation, eröffnet den einzelnen Akteuren Handlungsmöglichkeiten, grenzt diese aber gleichzeitig auch ein. In diesem Verständnis beeinflussen Akteurkonstellationen so Rollenerwartungen, Handlungskapazitäten und -optionen der Akteure.

Akteure der Hochschulweiterbildung

2

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Vielfältige Akteursgruppen in der Hochschulweiterbildung – erste Systematisierung

An dieser Stelle werden die unterschiedlichen Akteursgruppen2 der Hochschulweiterbildung3 identifiziert, um dann eine Eingrenzung auf die für diesen Beitrag adressierten Akteure vorzunehmen. Prinzipiell kann unterschieden werden zwischen den Akteuren, die an den Hochschulen in Einrichtungen für Weiterbildung arbeiten und jenen, die in anderen funktionalen Zusammenhängen in der Hochschule mit der Weiterbildung beschäftigt sind. Erstere stellen das Personal, welches als Leitende oder Mitarbeitende in den Einrichtungen für Weiterbildung beschäftigt ist. Letztere sind Professoren und Mitarbeitende aus den Fakultäten und Fachbereichen, die in ihrer inhaltlichen Verantwortung eines Weiterbildungsangebots z. B. das Studiengangmanagement betreiben oder Personen mit funktionaler Zuordnung zur Hochschulweiterbildung, wie z. B. Rektoratsbeauftrage für die Weiterbildung. Daneben gibt es auch Akteure der Hochschulweiterbildung außerhalb der Hochschule, wie z. B. die so genannten policy maker (HRK, BMBF u. a.), Vertreter_innen von Verbänden und Gesellschaften (DGWF, DIE, BIBB, dghd u. a.), Kooperationspartner_innen aus Wirtschaft und Gesellschaft (Unternehmen, Bildungsträger, Stiftungen, Stadtverwaltungen u. a.), die über Hochschulweiterbildung forschende community (z. B. aus der Erwachsenenbildung, der Hochschulforschung, der Hochschuldidaktik) sowie potenzielle Zielgruppen. Von Interesse kann dabei z. B. die kooperative Angebotsgestaltung ein, da hier die Akteure aus der Hochschule mit den Akteuren außerhalb der Hochschule in Verhandlung treten.4 Die Akteursgruppen außerhalb von Hochschulen sollen für die hier vorliegende Systematisierung jedoch ausgeklammert werden, denn der hier eingenommene Fokus liegt auf den Akteuren der Hochschulweiterbildung in der Hochschule, mit

Bruns (2015) bezeichnet sogar die wissenschaftliche Weiterbildung selbst als Akteur: „Die wissenschaftliche Weiterbildung kann aufgrund ihrer organisationalen Charakteristika, ihrer institutionalisierten Strukturen und der forschungsbasierten Reflektionen als besonderer Akteur in der Unterstützung von Transformationsprozessen in Richtung nachhaltiger Entwicklung angesehen werden“ (Bruns, S. 24). 3 Hier wird explizit der Begriff Hochschulweiterbildung verwendet, da er 1. für ein breiteres Verständnis von hochschulischer Weiterbildung sorgt, 2. die Hochschule als Ort der Bildung enger an die Weiterbildung rückt und 3. auf diese Weise anschlussfähiger an den internationalen Diskurs wird (continuing higher education). 4 Interinstitutionelle Aushandlungsprozesse und die damit einhergehenden konkurrierenden Deutungs- und Umsetzungsansprüche der Akteure in der kooperativen Angebotsentwicklung von Weiterbildungsmasterstudiengängen sind Gegenstand der Untersuchung von Franziska Zink (2013). Akteure sind bei Zink Professor_innen, Studiengangleitungen, Mitarbeitende aus den zentralen Verwaltungen der Hochschulen, Verantwortliche aus Unternehmen (Vorstände oder Personaler), Leitende von Weiterbildungseinrichtungen, Dozierende von Bildungsträgern und Weiterbildungsteilnehmende. Fokus liegt hier auf der Verhandlung in der hochschulischen Programmplanung (z. B. über Themen). 2

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dem Kennzeichen des professionellen Arbeitsbündnisses und dem Mandat für die Entwicklung, Implementation und Organisation von hochschulischer Weiterbildung. Grundsätzlich ist die Zusammensetzung des in der Hochschulweiterbildung tätigen Personals sehr heterogen – und dies in Bezug auf deren disziplinäre Herkunft, deren Abschlüsse, Berufsbezeichnungen und Funktionen, individuelle fachliche, inhaltliche und methodische Schwerpunktsetzungen sowie mit Blick auf deren Erfahrungen und Eingebundenheit mit dem Wissenschaftssystem wie auch dem Weiterbildungsmarkt. In den Einrichtungen für Weiterbildung an Hochschulen – damit sind alle Organisationsformen und Geschäftsmodelle, die momentan an deutschen Hochschulen bestehen (Zentren, Betriebseinheiten, zentrale oder dezentrale Einrichtungen, An-Institute, Arbeitsbereiche, Vereine, GmbHs usw.), gemeint – gibt es in der Regel eine Geschäftsführung oder Leitung und je nach Hochschule und Institution mehr oder weniger Mitarbeitende, die den jeweiligen Aufgaben und Tätigkeiten nachgehen. Beim Lehrpersonal wird überwiegend auf hochschuleigenes Personal zurückgegriffen, das heißt Professor_innen und wissenschaftliche Mitarbeitende der eigenen Hochschule, und auf ausgewiesene Praktiker_innen mit Hochschulabschluss und spezifischer Expertise in einem Fach, einer Methode oder einem Praxisfeld.5

3

Bestimmung der Akteursgruppen in der Hochschulweiterbildung

Im Folgenden werden einige wesentliche der oben genannten Akteursgruppen näher bestimmt, bevor dann eine weitere Eingrenzung auf die Akteure in den Einrichtungen für Weiterbildung vorgenommen wird.

3.1

Leitende in der Hochschulweiterbildung

Leitende in der Hochschulweiterbildung sind zunächst einmal „Personen, die sich beruflich mit der Leitung von Weiterbildungseinrichtungen oder größeren Programmen der Hochschulweiterbildung befassen [...] ein vielfältiges Aufgabenprofil [erfüllen] [und] sich stärker mit ihrem Team, strategischen, makro- didaktischen und nicht zuletzt bildungspolitischen Fragen befassen“ (Fischer und Zimmermann 2016, S. 45). Es handelt sich demnach um angestellte Personen der Hochschule, die in der Hochschulweiterbildung Führungstätigkeiten ausüben, durch ihre Funktion spezifische Verantwortlichkeiten tragen und neben strukturellen und strategischen Aufgaben, die die Hochschulweiterbildung betreffen, zum Teil auch in das Weiterbildungsmanagement 5

Diese Befunde haben sich seit der internationalen Vergleichsstudie zur Struktur und Organisation der wissenschaftlichen Weiterbildung (Hanft und Knust 2007; für die Länderstudie Deutschland: Faulstich et al. 2007) und der durch die Hans-Böckler-Stiftung beauftragte systematische Aufarbeitung (Faulstich und Oswald 2010) nicht viel verändert.

Akteure der Hochschulweiterbildung

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involviert sind. Dies sind z. B. Geschäftsführungen oder -leitungen, Projektleitungen, Bereichsleitungen, Programmleitungen, wissenschaftliche Leitungen.

3.2

Lehrende in der Hochschulweiterbildung

Lehrende in der Hochschulweiterbildung sind an der Hochschule angestellte oder externe Personen, die mit der Ausübung der Lehre in der Hochschulweiterbildung beauftragt sind. Die Zusammensetzung des Lehrkörpers besteht zumeist aus Lehrenden aus der Wissenschaft (und hier entweder aus der eigenen Hochschule oder anderen Hochschulen), aus Lehrenden externer Forschungseinrichtungen und/oder der Wirtschaft und Praktiker_innen aus professionellen Handlungsfeldern (Fischer 2014). Lehrende in der Hochschulweiterbildung werden auch als Dozent_innen, Lehrpersonen, Kursleitende, Lehrbeauftrage oder Trainer_innen bezeichnet, was zum Teil auch deren professionelles Selbstverständnis begründet. Eine der wesentlichen Herausforderungen für die Lehrenden in der Hochschulweiterbildung stellt die Aufbereitung der Inhalte dar, so dass die je individuelle berufliche Praxis der Teilnehmenden zum Reflexionsgegenstand werden kann. So stellen „Praktikerinnen und Praktiker eine wichtige Bereicherung des Lehrkörpers in der wissenschaftlichen Weiterbildung [dar], da sie zum einen die Praxisperspektive in die Lehre hineinbringen und für das gelebte Prinzip der Theorie-Praxis-Verzahnung stehen. Zum anderen sind sie wichtige Gegenüber für die Studierenden, unter anderem weil sie Resonanzboden für deren Praxiserfahrungen sind“ (Cendon und Flacke 2013, S. 39). Die jeweilige Lehrkompetenz, die Rolle der Lehrenden sowie deren didaktische Ausbildung und Eignung ist Gegenstand der Qualitätsentwicklung in der Hochschulweiterbildung (Cendon et al. 2016; Reinmann 2011; Schiefner 2010; Brunner und Tribelhorn 2014; Wehr Rappo 2014).

3.3

Leitende und Mitarbeitende aus dem Studiengangmanagement

Dies sind Personen, die die fachliche Leitung eines weiterbildenden Studienangebotes innehaben. Das Studiengangmanagement wird neben der regulären Beschäftigung als Hochschullehrer_in oder wissenschaftliche Mitarbeitende betrieben. Zu den Aufgaben zählen die transdisziplinäre Studiengangentwicklung, die Implementation des Studienangebotes (z. B. über Wege durch die hochschulischen Gremien), die interne und externe Legitimation sowie die Einwerbung von Drittmitteln zur Ressourcensicherung (z. B. für erstes Erproben), die kooperative Studiengangorganisation und die Bemühungen, um den Erhalt und die Weiterführung des Studienangebotes (Institutionalisierung), was zum Teil mit expansiven Kooperationsstrategien (Schulze 2018) einhergeht. „In der Hochschulweiterbildung kommt dem Studiengangmanagement die grundlegende Aufgabe der Vermittlung zu – zwischen der Akquise von Studiengebühren über teilnehmende Studierende, dem unter ratio-

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nalen Mitteleinsatz bereitgestellten berufsbegleitenden flexiblen Weiterbildungsangebot und der Gewährleistung akademischer Servicequalität“ (ebd., S. 61).

3.4

Mitarbeitende aus dem operativen Geschäft der Hochschulweiterbildung

Als Mitarbeitende aus dem operativen Geschäft der Hochschulweiterbildung werden hier Personen bezeichnet, die an einer öffentlichen oder privaten Hochschule (Fachhochschulen und Universitäten) in der Weiterbildung tätig sind – als Ausführende, die sich durch eine besondere Charakteristik auszeichnen und die Praxis der Hochschulweiterbildung gestalten. In der Regel handelt es sich dabei um Mitarbeitende aus Einrichtungen für die hochschulische Weiterbildung, die in ihrer Haupttätigkeit der Organisation und Ausrichtung von Hochschulweiterbildung nachgehen. Kennzeichnend ist in dieser Bestimmung die institutionelle Verankerung in einer Organisationseinheit innerhalb (zum Teil auch außerhalb) der Hochschule. Die Akteure haben damit eine offizielle Position und Funktion mit konkreter Tätigkeitsbeschreibung im Feld der Hochschulweiterbildung und bewegen sich demnach in einem professionellen Arbeitskontext. Je nach strategischer Ausrichtung und institutioneller Angebundenheit der Einrichtung für Weiterbildung sind die Akteure als wissenschaftliche Mitarbeiter_innen oder als Mitarbeiter_innen der Verwaltung angestellt. Im Weiteren werden als Akteure der Hochschulweiterbildung Leitende und Mitarbeitende des operativen Geschäfts der Hochschulweiterbildung mit institutioneller Anbindung bzw. Beschäftigungsverhältnis in einer Einrichtung für Weiterbildung an Hochschulen bezeichnet.

4

Tätigkeiten und Aufgaben – das Handlungsfeld der Akteure in der Hochschulweiterbildung

Nach der erfolgten Bestimmung der Akteure der Hochschulweiterbildung, wird nun das Handlungsfeld beschrieben, in dem sich die Akteure aus dem operativen Geschäft der Hochschulweiterbildung bewegen. Hauptaufgaben in der Hochschulweiterbildung sind der Dienstleistungs- und Beratungsservice rund um die von der jeweiligen Hochschule angebotenen Weiterbildung in die Hochschule hinein (mit Mitarbeitenden der Verwaltung, Fakultätsangehörigen, Hochschulleitungen u. a.) sowie nach außen (mit externen Kooperationspartnern, potenziellen Zielgruppen, Fördermittelgebern u. a.). Hinzu kommt die Organisation und Vermarktung der Weiterbildungsangebote, die zum Großteil von den Fakultäten, Fachbereichen und zentralen Einheiten der Hochschule inhaltlich verantwortet werden. Die Programmplanung ist ein weiterer großer Aufgabenbereich. „Programmplanung und -gestaltung in der Weiterbildung [an Hochschulen]

Akteure der Hochschulweiterbildung

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wird zu einem komplexen Prozess, der in einem Kontext unterschiedlicher bildungsökonomischer und bildungswissenschaftlicher Anforderungen sowie technologischer Entwicklungen und bildungspolitischer Rahmenbedingungen durchgeführt wird“ (Bardachzi 2010, S. 17). Das Leistungsportfolio dieser Einrichtungen bei der Realisierung von Angeboten hochschulischer Weiterbildung ist damit breit, anspruchsvoll und interdisziplinär. Im Fokus stehen die zielgruppenspezifische Entwicklung, Bereitstellung und Vermarktung von Angeboten. Die Deutsche Gesellschaft für wissenschaftliche Weiterbildung und Fernstudium (DGWF 2005, S. 16) beschreibt das Leistungsspektrum der Einrichtungen für Weiterbildung an Hochschulen wie folgt: „Die Aufgaben der zentralen Institution liegen in der Steuerung aller Weiterbildungsprozesse der beteiligten Einrichtungen, der Zusammenführung und Optimierung von Querschnittsaufgaben wie Management, Marketing, didaktische Entwicklung und Unterstützung sowie der gemeinsamen Nutzung von Räumen, Geräten und Material.“

Aus dieser Aufgabendefinition lassen sich die konkreten Tätigkeiten ableiten. Dazu gehören (Kondratjuk 2017, S. 74): a) die Planung und Entwicklung, wobei zwischen strategischer Planung, wie der Implementation in die Hochschulstruktur und der Etablierung des Profils der Organisation, und der curricularen Planung und der Zusammenarbeit mit den einzelnen Fakultäten, Fachbereichen und Lehrstühlen sowie die eventuelle Einbindung externer Partner, die Entwicklung der Curricula und Erstellung von Ordnungen, der Gewinnung geeigneter Dozierender usw., unterschieden werden muss, b) die Teilnehmendenkommunikation einschließlich der Zulassungsverfahren, der Teilnehmendenbetreuung und -verwaltung, die Ausstellung von Zertifikaten o. Ä. und die Information(sbereitstellung) und Beratung, c) ein umfängliches Marketing und eine entsprechende Öffentlichkeitsarbeit, die unter anderem die Erstellung von Informationsmaterialien, der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, gezielte Marketingmaßnahmen, wie die Durchführung von Informationsveranstaltungen u. v. m., beinhaltet, d) das Veranstaltungsmanagement und hier in erster Linie die Organisation und Bereitstellung der Räume und Medien, der Lehr-/Lernmaterialien, die Verwaltung der Lehraufträge, des Caterings und die Betreuung der Lehrenden, e) die finanztechnische Abwicklung der Weiterbildung, wie das Erstellen von Kostenplänen, die Abwicklung von Referentenbeauftragungen und Honoraranweisungen, Abrechnungen jeglicher Art sowie die Rechnungslegung, Zahlungsüberwachung und Mahnverfahren bis hin zum Controlling, f) die Dokumentation, eine (zum Teil projektgebundene) Berichterstattung, die Durchführung von Evaluationen und Qualitätssicherung mit all ihren Instrumenten, Verfahren und Maßnahmen.

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Umgang mit spezifischen Wandlungsanforderungen – Besonderheiten des Handlungsfeldes Hochschulweiterbildung

Aus dieser Aufgabenfülle und Tätigkeitsbreite in einem von spezifischen Wandlungsanforderungen gekennzeichneten Handlungsfeld ergeben sich Besonderheiten, die Einfluss auf das individuelle und kollektive Handeln der Akteure in der Hochschulweiterbildung haben. Diese werden im Folgenden weiter ausgeführt.

5.1

Reorganisation als Marker für Wandel und Diffusität

Das Akteursfeld befindet sich nach wie vor in einer Umbruchsituation, die Generation aus der Studienreform der 1970er-Jahre, in der die Akteure Orientierungspunkte wie z. B. Bildungsbeteiligung hatten, wird abgelöst, ergänzt und ersetzt durch eine neue Generation von Akteuren aus der Hochschulsteuerung und dem Bildungsmanagement. Im Zuge der Reorganisation der Hochschulweiterbildung formiert sich das Arbeitsfeld neu bzw. um. Die Akteure können das Feld mitgestalten und bekommen zugleich die Gestaltung vorgegeben; dies eröffnet auf der einen Seite neue Handlungsspielräume, schafft aber auf der anderen Seite auch neue Randpositionen, die durch Autonomieverluste und Ressourcenknappheit gekennzeichnet sind. Mit diesen neuen Arbeitsprofilen entwickeln sich neue Aufgabengebiete, Tätigkeitsfelder und Schnittstellen, die wiederum neue und andere Kompetenzen und Qualifikationen voraussetzen und eben „neue Akteure mit unterschiedlichen Karrierewegen, die sich in ihrer Berufssozialisation unterscheiden und differente Vorstellungen von Weiterbildung haben, hervorbringen“ (Kondratjuk 2014, S. 131). Der Handlungsspielraum der Akteure ist formal zwar durch Funktionsbezeichnungen, Projektziele, Leitbilder und Tätigkeitsbeschreibungen definiert; in der alltäglichen Arbeitsrealität jedoch wird anderen Regeln, Prämissen und Dringlichkeiten gefolgt (Kondratjuk und Schulze 2014). Diese noch anhaltende Reorganisation bringt Dynamik in das Feld der Hochschulweiterbildung, die einerseits als Professionalisierungsschub betrachtet werden kann, andererseits aber auch Diffusität hervorruft, die sich nicht nur in den ausdifferenzierten Organisationsstrukturen (die zum Teil zu einer unüberschaubaren Institutionenlandschaft im Feld führen), sondern sowohl im Angebotsportfolio als auch im Tätigkeitsprofil der Akteure zeigt. Insbesondere das Phänomen der Geschäftsmodellvielfalt kombiniert mit einem breiten Zuschnitt des Tätigkeitsprofils hat für die Akteure der Hochschulweiterbildung weitreichende Auswirkungen, vor allem in Bezug auf deren identitäre Verortung. So verstehen sich die Akteure in auf Service ausgerichteten Stabsstellen der Hochschulleitung als verwaltende Einheiten und beschäftigen sich vornehmlich mit den Rahmenbedingungen des Weiterbildungsbetriebs wie der Teilnehmenden-, Dozierenden- und Raumverwaltung. Akteure in wissenschaftlichen Arbeitseinheiten der Weiterbildung betreiben hingegen forschungsnahe Aktivitäten, wie zielgruppenspezifische Bedarfsanalysen, Lehr-Lernforschung oder Untersuchungen zur Wirksamkeit von E-Learning-Instrumenten.

Akteure der Hochschulweiterbildung

5.2

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Projektarbeit und Verstetigung

Noch vor wenigen Jahren war die Hochschulweiterbildung vornehmlich als Angebot gedacht, welches in der Regel auf einem ersten Hochschulabschluss aufbaute. Heute weitet sich nicht nur die begriffliche Eingrenzung, sondern auch das Verständnis hochschulischer Weiterbildung. Programminitiativen z. B. des Bundes befördern diese Entwicklungen; ein Beispiel dafür ist das Programm „Aufstieg durch Bildung: Offene Hochschulen“.6 Dieses Programm hat die Landschaft der Hochschulweiterbildung maßgeblich verändert und geprägt. Auf der einen Seite bieten sich Möglichkeiten für neue Wege und Innovationen, und auf der anderen tut sich ein Spannungsfeld auf, in dem sich die Projektarbeit einer Verstetigung der Strukturen gegenüberstellt. Eine nachhaltige Implementation der Initiativen ist mitunter stark eingeschränkt. Die an den Hochschulen verankerten Einzelprojekte werden größtenteils dezentral organisiert und erfordern von den Akteuren zusätzliche Kenntnisse zu Übergängen, zu den besonderen Anforderungen von Zielgruppen oder der Anrechnung von Kompetenzen. Viele der o. g. Aufgaben und die damit verbundenen konkreten Tätigkeiten werden durch quer liegende – zum Teil spezifisch projektgebundene Aufgaben – ergänzt und verlaufen zudem parallel, sodass oftmals keine routinierten Abläufe im Arbeitsalltag möglich sind. Die Akteure in der Hochschulweiterbildung befinden sich nicht selten genau zwischen der Planung des einen und der Realisierung eines anderen Angebotes (Kondratjuk 2014). Die jeweilige Fokussierung auf das Einzeloder bzw. und das Gesamtangebot ist nicht unerheblich für die Strategie der Akteure, so kann eine Orientierung am Profil der Einrichtung bzw. der Hochschule erfolgen oder eben an der Systematik der Weiterbildung. Als besondere Herausforderung für die Akteure stellt sich in der Folge das Spannungsfeld dar, welches sich zwischen Kontinuität und Wandel der Arbeitsaufgaben – einschließlich des inhaltlichen und formalen Wandels – auftut.

5.3

Intermediäre Stellung, Third Space und doppelte Systembindung

Hochschulweiterbildung als intermediäre Institution fungiert als Schnittstelle bzw. Scharnier zwischen den wissenschaftlichen Einrichtungen (‚Akademia‘ – als Forschung, Lehre und Wissenschaft in den Fakultäten und Fachbereichen), der Verwaltung, der Öffentlichkeit und den potenziellen Nutzern. „[B]ei der wissenschaftlichen Weiterbildung [haben wir es] mit einem Phänomen mit unscharfen Grenzen zu tun [...], die traditionellen Abgrenzungen zuwider laufen“ (Faulstich et al. 2008, S. 9). Als „organisationale Binnendifferenzierung“ der Organisation Universität (WilkesDer Bund-Länder-Wettbewerb: „Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen“, gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat die Zielsetzung, die Durchlässigkeit zwischen beruflicher und hochschulischer Bildung zu verbessern und eine nachhaltige Profilbildung im lebenslangen Lernen zu unterstützen. Dafür werden Mittel für den Aus- und Aufbau von Studienangeboten unter Berücksichtigung besonderer Zielgruppen bereitgestellt. Das Programm startete 2012 und befindet sich in der zweiten Wettbewerbsrunde.

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mann 2010, S. 31), hat die Hochschulweiterbildung zudem mit einigen Systemimmanenzen umzugehen. Die Hochschulweiterbildung mit ihren besonderen Aufgaben, Funktionszuschreibungen und strukturellen Verankerungen hat – und dies vor allem im Gegensatz zu anderen Hochschulaufgaben und -bereichen – mit einer mindestens doppelten Systembindung (z. B. Wolter 2004) umzugehen. Das bedeutet auf der einen Seite die Integration in das Hochschul- und Wissenschaftssystem (und deren Qualitätsansprüchen), und auf der anderen Seite die Integration in den Weiterbildungsmarkt mit seinen besonderen Funktionslogiken und -weisen. Neben der klassischen Programmplanung der Erwachsenenbildung und dem Bildungsmanagement betreiben die Akteure hier Wissenschaftsmanagement und Wissenschaftskommunikation. Sie steht demnach in ständiger Aushandlung mit den sie bindenden Systemen Hochschule bzw. Wissenschaft und dem Weiterbildungsmarkt, die jeweils ihren eigenen Funktionslogiken folgen. Die Hochschulweiterbildung kann dabei nicht in der Funktionslogik des grundständigen Studiums realisiert werden. Als Quellen der Ausrichtung tangiert sie multiple Funktionssysteme (Luhmann 2011) wie Wissenschaft, Wirtschaft, Politik sowie disziplin- bzw. branchenspezifische Systeme. Die damit verbundenen Herausforderungen konstituieren die Hochschulweiterbildung als einen Third Space (Kondratjuk 2017, S. 136). Für die Akteure bedeutet dies, unentwegt Übersetzungsleistungen7 in die unterschiedlichen Funktionssysteme zu erbringen und dabei stets die Umweltbeziehungen zu beachten. Im Ergebnis treten dann Spannungsverhältnisse auf, die sich z. B. durch das Bemühen um eine Vereinbarkeit von Wissenschaftsorientierung und Praxisbezug und die Ausrichtung an gesellschaftlichen Problemlagen ausmachen lassen. Beim Jonglieren zwischen den Systemlogiken und Bewegen im Third Space muss von den Akteuren eine akademische Glaubwürdigkeit (Kondratjuk 2017, S. 97) hergestellt werden, die Voraussetzung für eine nachhaltige, auf Wertschätzung basierende Kommunikation mit den Vertretern der Fächer ist. Für die Akteure der Hochschulweiterbildung kommt es zu einer Diversifikation der Tätigkeiten und dem Arbeiten an multiplen Schnittstellen mit querliegenden Funktionsanforderungen (Anforderungsprofil überspannt verschiedene Funktionsbereiche) als Charakteristika des Third Space (Whitchurch 2009, 2010, 2013), wobei es zu einem Verschwimmen der Grenzen der Tätigkeitsfelder kommen kann (blurring of boundaries, Whitchurch 2008).

5.4

Finanzierungszwänge und Vollkostendeckung

Die Finanzierungsstrukturen der Hochschulweiterbildung basieren im Wesentlichen auf öffentlich-rechtlichen Grundlagen und auf privatrechtlicher Basis. Das Hochschulrahmengesetz sieht vor, dass Weiterbildungsangebote für die Teilnehmenden gebührenpflichtig sind. Die Gestaltung von Gebühren und Entgelten regeln die 7

Jenert und Brahm (2010) kommen zu ähnlichen Befunden für die Akteure der Hochschulentwicklung.

Akteure der Hochschulweiterbildung

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Hochschulen zunehmend selbst, was zur Folge hat, dass zahlreiche unterschiedliche Finanzierungsmodelle bestehen. In den Landeshochschulgesetzen wird die Hochschulweiterbildung verpflichtet, kostendeckend zu sein. Somit ist die Realisierung der Vollkostendeckung bei der Entwicklung, Implementation und Durchführung von Angeboten und Programmen vorrangige Aufgabe der Akteure. Eine zunehmende Intransparenz der Kernaktivitäten von Hochschulweiterbildung wird durch politisch inszenierte Konjunkturen (Fördermittelwust, Kondratjuk und Schulze 2014) mitunter verstärkt. Es geht immer weniger um die Erfüllung eines Bildungs- oder Wissenschaftsauftrages, sondern vornehmlich um eine marktorientierte Strategie, die sich an den Bedarfen und Nachfragen orientiert, was mit den Phänomenen Vermarktlichung, Managementisierung, Bolognalisierung und Kommerzialisierung (Faulstich und Graeßner 2009) beschrieben wird. So ist die Arbeit in der Hochschulweiterbildung durch einen permanenten finanziellen Druck gekennzeichnet, den vor allem die Leitungen in den unterschiedlichen Institutionen tragen und weiterreichen, um die Sicherung der Existenz zu gewährleisten. Durch diese Auseinandersetzung mit den strikten finanziellen Vorgaben und dem andauernden Kostendruck ist es den Akteuren oftmals nicht mehr möglich, sich ausreichend mit den Inhalten möglicher und bestehender Angebote zu beschäftigen. Man kann sagen, sie „befinden sich in einem Spannungsverhältnis zwischen wissenschaftlichem Bildungsauftrag auf der einen Seite und dem Ressourcendruck, Geld mit den Weiterbildungsangeboten zu verdienen, auf der anderen Seite“ (Kondratjuk und Schulze 2014, S. 61). Dieser Umstand hat Folgen für die Handlungsautonomie der Akteure, die einer chronisch materiellen Unterversorgung gegenübersteht und davon abhängig ist. Konkret bedeutet das für die Akteure das permanente Handling mit begrenzten Ressourcen.

5.5

Etablierung, Wissenschaftlichkeit als Alleinstellungsmerkmal und Theorie-Praxis-Transfer

Die Etablierung der Weiterbildung als eine zentrale Aufgabe (dritte Säule) der Hochschulen wird mit dem gesetzlichen Auftrag von 1976 und der Verankerung der Weiterbildung als Kernaufgabe im (Hochschulrahmengesetz 2007/1999)8 seit 1998 anvisiert. Die Entwicklungen an den Hochschulen sind unterschiedlich stark vorangeschritten. Es findet zwar eine Positionierung der Hochschulweiterbildung neben Forschung und Lehre statt, dennoch wird sie weitestgehend nicht ausreichend anerkannt. Ein Begründungsstrang liegt in der Tradition der Hochschulen, bei der Forschung und Lehre seit Jahrhunderten die Grundpfeiler akademischer Hochschulbildung sind und in der es die Hochschulweiterbildung faktisch nicht gab (Wolter 2011). Die Etablierung der Hochschulweiterbildung findet erst seit den 1970erIm Hochschulrahmengesetz § 2 Abs. 1 heißt es: „Die Hochschulen dienen entsprechend ihrer Aufgabenstellung der Pflege und Entwicklung der Wissenschaften und Künste durch Forschung, Lehre, Studium und Weiterbildung in einem freiheitlichen, demokratischen und sozialen Rechtsstaat. Sie bereiten auf berufliche Tätigkeiten vor, die die Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse und wissenschaftlicher Methoden oder die Fähigkeit zur künstlerischen Begabung erfordern.“

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Jahren statt. Erschwerend kommt hinzu, dass Hochschulweiterbildung auch von der Praxis in Frage gestellt wird. Besonders schwierig machen es die Etablierungsprobleme (welches mit Begrifflichkeiten wie Nischengeschäft und AschenputtelDasein betitelt wird, Herm et al. 2003), die sich nicht nur innerhalb der jeweiligen Hochschule bemerkbar machen, sondern auch außerhalb der Hochschulen. So kommt den Akteuren die Aufgabe zuteil, Legitimationsstrukturen für die Anerkennung der hochschulischen Weiterbildung zu schaffen (Kondratjuk 2017, S. 113), und dies in die Hochschule hinein sowie aus ihr heraus in die Öffentlichkeit. Bei der Umsetzung hochschulischer Weiterbildung geht es zumeist um Inhalte, Perspektiven und Diskurse, die sich in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung bewährt haben bzw. in der Konfrontation mit Wissenschaft reflektiert werden sollen – gemeinhin als Theorie-Praxis-Transfer bezeichnet, der für die Akteure Kennzeichen guter wissenschaftlicher Weiterbildung ist. In der öffentlichen Wahrnehmung genießen Hochschulen eine hohe Reputation und fungieren als gesellschaftliche Kompetenzzentren. Neben der Wissensaneignung können (bzw. sollen) in der Hochschulweiterbildung Reflexionsprozesse und damit eine kritische Denkweise sowie wissenschaftliches Problembewusstsein vermittelt und angeregt werden. Damit hat wissenschaftliches Wissen auch die Logik, kritische Reflexion zu befördern. Hochschulen können mit ihren Weiterbildungsangeboten eine gelungene Verknüpfung von Theorie und Praxis vornehmen, sie produktiv verbinden und dadurch zu einer Relationierung beider Konstrukte beitragen (Jütte 2008). Den Akteuren der Hochschulweiterbildung obliegt die Aufgabe, dieses Alleinstellungsmerkmal aufrechtzuerhalten und zu transportieren. Auch wird hier wird noch einmal deutlich, welche Funktion Hochschulen auch haben: Die kritische Reflexion der Gesellschaft (Schuetze 2009). Das Wissenschaftliche der wissenschaftlichen Weiterbildung bekommt damit eine besondere Bedeutung. Das je individuelle Verständnis von Wissenschaftlichkeit ist dabei maßgeblich für das professionelle Selbstverständnis der Akteure der Hochschulweiterbildung.

6

Resümee

Die Akteure in der Hochschulweiterbildung bewegen sich in einem außerordentlich dynamischen und von besonderen Wandlungsanforderungen gekennzeichneten Handlungsfeld. Ihr Tätigkeitsprofil ist breit, multifunktional und interdisziplinär ausgerichtet und ist auf der individuellen Handlungsebene (z. B. hochschulweiterbildnerische Service-Dienstleistung), auf der curricularen Handlungsebene (Programmentwicklung, Beratung usw.) und auf der strategischen9 Handlungsebene 9

Denn die Akteure sind auch in strategische und strukturgestaltende Arbeiten eingebunden und wirken z. B. an Strategiepapieren zur Implementation der Weiterbildung in die Hochschulstruktur mit, oder an der Umsetzung des Konzeptes zum lebenslangen Lernen (und der Rolle der hochschulischen Weiterbildung darin). In die Entscheidungsprozesse werden die Akteure oftmals jedoch nicht eingebunden, was mitunter zu erheblichen Informationsdefiziten führt und die Etablierung nachhaltiger Strukturen in der Hochschulweiterbildung beeinträchtigt. Diesen Befund bestätigen auch die Ergebnisse aus den Fallstudien zur Reorganisation der wissenschaftlichen Weiterbildung im Auftrag der DGWF (Ludwig und Ebner von Eschenbach 2013).

Akteure der Hochschulweiterbildung

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(Mitgestaltung hochschulweiter Planungs- und Entscheidungsprozesse, Positionierung und Weiterentwicklung der Hochschulweiterbildung) zu betrachten. Insgesamt ist das Feld der Hochschulweiterbildung durch Tätigkeiten wie Kooperationen und Netzwerkarbeit charakterisiert, was eine Stärkung des Hochschulmanagements zur Folge hat (Dollhausen et al. 2013). Bei der Entwicklung von Weiterbildungsprogrammen sind die Akteure gefordert, die inhaltliche Entwicklung mit den Fakultäten und Fachbereichen gemeinsam zu realisieren (kooperative Angebotsgestaltung) und gleichzeitig das Bildungsmanagement professionell anzuwenden. Bildungsmanagement ist dabei nicht nur als betriebswirtschaftliche Aufgabe zu verstehen, sondern stellt vor allem eine bildungswissenschaftliche Herausforderung dar, die als Makrodidaktik zu fassen ist, „wenn es darum geht, die Rahmenbedingungen für das Lernen wissenschaftlichen Wissens zu organisieren“ (DGWF 2015, S. 6). Die Organisation des Forschung(bzw. Theorie)-Praxis-Verhältnisses ist das Spezifikum der Hochschulweiterbildung. Dies verlangt ein hohes Maß an Kommunikationsleistung von den Akteuren, sozusagen in Form einer Hybridaktivität (Pellert 2013), von der auch die Kontinuität des Feldes abhängt. „Die meisten Menschen sehen Hochschulen dann als geeignete Orte der Weiterbildung an, wenn sie eine ausgewogene Mischung zwischen wissenschaftlicher Reflexion, Forschungsbasierung und Praxisorientierung vorfinden“ (Pellert 2013, S. 31). Dies zu gewährleisten ist eine Hauptaufgabe der Akteure in der Hochschulweiterbildung.

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Teil VIII Internationale Entwicklungen

Internationale Perspektiven auf wissenschaftliche Weiterbildung Wolfgang Jütte

Inhalt 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Vergleichender Blick und das internationale Argument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Internationale Konzepte als Diskursfolie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Internationalisierungsstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Internationale Kooperation und die Rolle fachgesellschaftlicher Vernetzungen . . . . . . . . . . . 6 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Zusammenfassung

Wenngleich wissenschaftliche Weiterbildung stark im nationalen Kontext verankert ist, wächst vor dem Hintergrund einer allgemeinen Internationalisierung des Hochschulsystems derzeit das Interesse an ausländischen Wirklichkeiten. Grenzüberschreitende Bewegungen weisen eine längere Tradition auf. Internationale Konzepte und Diskurse werden rezipiert und als Argument für nationale Reformagenden verwendet. Für den internationalen Wissenstransfer kommt Dachverbänden und Fachgesellschaften durch institutionell-personelle Vernetzungen eine bedeutende Rolle zu. Das internationale Engagement im Feld der Hochschulweiterbildung ist generell eher begrenzt und Internationalisierungsstrategien werden nur punktuell entwickelt. Schlüsselwörter

Wissenschaftliche Weiterbildung · Internationalisierung · Europäisierung · Vergleichende Erziehungswissenschaft · Internationale Zusammenarbeit

W. Jütte (*) Universität Bielefeld, Bielefeld, Deutschland E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 W. Jütte, M. Rohs (Hrsg.), Handbuch Wissenschaftliche Weiterbildung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-17643-3_31

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W. Jütte

Einleitung

Wissenschaftliche Weiterbildung, vor allem als Angebot von Hochschulen, so wie sie hier vornehmlich in den Blick genommen wird, ist aufgrund ihrer gesetzlichfinanziellen Rahmenbedingungen und sozial-historischen Ausprägungen stark im nationalstaatlichen Kontext eingebunden. Insofern zeigt sich wissenschaftliche Weiterbildung in verschiedenen Ländern in sehr heterogenen Erscheinungsformen. Entsprechend ist das Verständnis und der Begriff der wissenschaftlichen Weiterbildung uneinheitlich – so wie es auch im deutschen Sprachraum zutrifft. Im engeren Sinne werden damit weiterbildende Studienangebote in der Verantwortung der Hochschulen bezeichnet. So wird u. a. im angelsächsischen Bereich von „University continuing education“ oder „Continuing higher education“, im französischen Sprachraum von „Formation Continue à l’Université“ und in spanischsprachigen Ländern von „Educación Continua Universitaria“ gesprochen. Darüber hinaus gibt es weitere Bezeichnungen. Neben dem formulierten Systembezug – Weiterbildung als Teil des Hochschulsystems – lassen sich zielgruppenorientierte und an die Lebensspanne orientierte Ansprachen finden, wenn bspw. von „University Lifelong Learning“ gesprochen wird. Entwicklungen wissenschaftlicher Weiterbildung vollziehen sich vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Megatrends der Globalisierung und Internationalisierung. In Rückgriff auf Reichert und Wächter (2000, S. 33) kann die Globalisierung als der ungeordnete Prozess der Auflösung nationaler Grenzen durch den internationalen Wettbewerb und die Integration der Weltmärkte verstanden werden. Demgegenüber lässt sich Internationalisierung als die gezielte Antwort auf die wahrgenommenen Unzulänglichkeiten nationaler Definitionsversuche betrachten. Europäisierung wird dabei als ein geografischer Unterbegriff der Internationalisierung verstanden (Reichert und Wächter 2000, S. 33). Globalisierung und Internationalisierung sind nicht unabhängig voneinander verlaufende Entwicklungen. Die stetig zunehmenden Austauschbeziehungen von Gütern und Informationen, die weltweite Verflechtung von Finanz- und Arbeitsmärkten und die Mobilität von Menschen über nationale Grenzen hinweg verlangen eine verstärkte internationale Ausrichtung der Bildungssysteme. Dies gilt insbesondere für den Hochschulbereich, in welchem der Internationalität ein vergleichsweise hoher Stellenwert zugeschrieben wird. Dies ist zwar an sich keine neue Entwicklung, aber in den letzten zwei Jahrzehnten haben internationale Vernetzungsprozesse spürbar an Gewicht und Dynamik gewonnen. Im Feld der wissenschaftlichen Weiterbildung hat das Thema der Internationalität, „d. h. einer wachsenden Vernetzung, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beeinflussung über nationalstaatliche und kulturelle Grenzen hinaus“ (Schmidt-Lauff und Egetenmeyer 2015, S. 272), unterschiedliche Konjunkturen erfahren. In den europäischen Ländern waren die Initiativen zur Europäisierung des Hochschulraums bedeutsam. Besonders der Bologna-Prozess mit seinem gestuften Studiensystem erwies sich als folgenreich, u. a. für die Neubestimmung des Verhältnisses von grundständigem Studium und wissenschaftlicher Weiterbildung (s. die trinationale Untersuchung von Bredl et al. 2006). Die bildungspolitischen Aktivitäten der Europäischen Union (EU), vor allem durch die Europäische Kommission als zentraler

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Akteur, gewannen im nationalstaatlichen Kontext an Gewicht. Dazu zählten die Diskurse und politischen Leitlinien, bspw. die Ausrichtung am Konzept des lebenslangen Lernens, die Durchlässigkeit zwischen beruflicher Bildung und Hochschulbildung und die Einführung des „European Qualifications Framework for Lifelong Learning“ (EQF/EQR). Dies führte zu verschiedenen Initiativen und Programmförderungen im nationalen Kontext. Unmittelbar handlungsrelevant wurde das Beihilferecht1 der EU. Die Frage der Vereinbarung einer staatlichen (Teil-)Finanzierung von wissenschaftlicher Weiterbildung (Stichwort „Trennungskosten“) führte zu erheblichen Verunsicherungen innerhalb der Organisationen. Ein weiterer Strang ist stark unter dem Deutungsangebot der ökonomischen Globalisierung diskutiert worden. Dabei wurden insbesondere internationale und multilaterale Handelsabkommen thematisiert. Das „General Agreement on Trade in Services (GATS)“ der Welthandelsorganisation (WTO) steht ebenso wie das geplante transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP) für die Schaffung von Freihandelszonen und die Öffnung des Marktes für neue Bildungsdienstleistungen. Liberalisierung, Privatisierung und Deregulierung werden als Bedrohung in den Blick genommen (Grotlüschen 2009). Beispielhaft für die Auseinandersetzung steht das Thema der DGWF Jahrestagung 2007 an der Universität Bern „Wa(h)re Bildung: Gegenwart und Zukunft wissenschaftlicher Weiterbildung angesichts von Bologna und GATS“. Eine neue Dynamik im Themenfeld der Internationalität ist seit 2015 durch die verstärkte Zuwanderung, die als Flüchtlingskrise in Europa thematisiert wird, entstanden.

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Vergleichender Blick und das internationale Argument

Auch Konzepte und Diskurse in der Weiterbildung überschreiten Grenzen, wie ein Blick in die Geschichte zeigt. Historische Vorläufer waren oft internationale Vorläufer (Schäfer 1988). Das internationale Modell der englischen Universitätsausdehnung (University Extension) wurde u. a. in Österreich und Deutschland aufgegriffen, bspw. in Form volkstümlicher Universitätskurse (Filla 2006). Ebenso lassen sich für die Seminarkurse in Göttingen (Raapke et al. 2006) internationale Anleihen finden. Die Beweggründe für den grenzüberschreitenden Blick waren vielfältig. Der Blick über nationale Grenzen war zunächst davon geleitet, die unterschiedlichen ausländischen Wirklichkeiten in den Blick zu nehmen. Auf Anregung des Arbeitskreises Universitärer Erwachsenenbildung (AUE) erschien in Zusammenarbeit mit der Pädagogischen Arbeitsstelle des Deutschen Volkshochschul-Verbandes im Jahr 1978 der Sammelband „Universität und Erwachsenenbildung in Europa“ (Krüger 1978a). In diesem wurde das Verhältnis zwischen Universität und Erwachsenenbil-

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Unionsrahmen für staatliche Beihilfen zur Förderung von Forschung, Entwicklung und Innovation (2014/C 198/01).

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dung in Form einer Bestandsaufnahme in 11 europäischen Ländern nachgezeichnet.2 Seit den 1990er-Jahren wurde der Prozess der europäischen Integration wiederholt zum Thema der Jahrestagungen der Deutschen Gesellschaft für Wissenschaftlichen Weiterbildung und Fernstudium (DGWF): „Europäische Integration als Herausforderung für Wissenschaft, Hochschule und Weiterbildung“ (1991, Konstanz), „Perspektiven wissenschaftlicher Weiterbildung in Europa“ (1996, Regensburg) und „Wissenschaftliche Weiterbildung im Hochschulraum Europa“ (2005, Wien). Auf europäischer Ebene fand das Interesse an ausländischen Wirklichkeiten eine Fortsetzung in der Bestandsaufnahme „Continuing education in the universities of Europa“ (Osborne und Thomas 2003). Es wurden 30 zentral- und westeuropäische Länderberichte mit dem Ziel erstellt, einen aktuellen Überblick über die vorhandenen Strukturen und Entwicklungstendenzen zu schaffen und zugleich die Grundlage für weitergehende komparative Arbeiten zu legen.3 Dabei wurde sich auf ein sehr breites Verständnis von wissenschaftlicher Weiterbildung bezogen: „Any form of education, both vocational or general, resumed after an interval following the continuous initial education“ (Thomas 2003, S. 4). Neben ländermonografischen Überblicksdarstellungen entstanden dezidiert komparative Arbeiten, wie die von Titmus et al. (1993) durchgeführte Studie zur wissenschaftlichen Weiterbildung in Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Die Autoren arbeiteten Gemeinsamkeiten und Unterschiede heraus und charakterisierten zentrale Wirkkräfte.4 Spätere komparative Arbeiten analysieren Teilaspekte wie die Frage der Governance (Schemmann 2014).

Der Ausgangspunkt dieser Studie spiegelt das Selbstverständnis in den 1970er-Jahren wider: „Der internationale Vergleich zeigt, daß die Universitäten neben ihrer Aufgabe, Erststudien für einen nach schulischen Leistungskriterien selektierten Anteil von Jugendlichen anzubieten, im zunehmenden Maße auch Aufgaben einer Erwachsenenbildung wahrnehmen, indem sie: 1. eigene Angebote im Rahmen der Erwachsenenbildung machen, die nicht in erster Linie abschlußbezogen sind, 2. durch veränderte Zulassungsbedingungen und studienorganisatorische Reformen berufstätigen Erwachsenen in erhöhtem Maß das Studium neben dem Beruf ermöglichen und 3. verstärkt weiterbildende Studienangebote für Hochschulabsolventen machen“ (Krüger 1978b, S. 6). 3 Im Vorwort der Publikation ist der für die Länderberichte verwendete Leitfaden angeführt. Vier zentrale Dimensionen wurden erhoben: „The context of UCE in the country; Structural arrangements for UCE; The provision of UCE, Trends in the development of UCE“ (Osborne und Thomas 2003, S. viii). 4 Die Fülle der Analysedimensionen ist bemerkenswert: „They are the academic culture, the organization and structure of higher education and its function in society; the political and administrative system of the state and its relation to higher education; the organization and structure of continuing education in the country and the attitude of other continuing-education agencies to higher education; the practices and attitudes of employers and professional associations, as chief sponsors other than the state, to higher education and continuing education; the nature, needs and possibilities of the national economy; the attitude of the general public to higher education and continuing education; the nature of student demand for continuing education and higher education; the resources made available and the manner of their allocation. We have tried to bear in mind throughout the pervasive influence of the general culture of the states, their religion, and their history“ (Titmus et al. 1993, S. 5–6). 2

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Große Resonanz erzeugten in Deutschland die Ländervergleichsstudien, nicht zuletzt, weil durch sie die Besonderheiten der eigenen Entwicklung vor dem Hintergrund ausländischer Wirklichkeiten deutlich hervortraten und sie Verbesserungspotenziale aufzeigten. Die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Internationale Vergleichsstudie zur Struktur und Organisation der Weiterbildung (Hanft und Knust 2007) basierte auf sechs Vergleichsländern (Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Österreich, USA) und die Vergleichsstudie zur Teilnahme (Schaeper 2008) auf sieben Ländern (Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Österreich, Kanada, USA). Ihnen folgten spätere Forschungsprojekte wie die EU-Auftragsstudie „Opening Higher Education to Adults“ (Dollhausen et al. 2013, 2015), die auf komparative Fallstudien (15 europäische und 5 außereuropäische Länder) setzte. Vergleichbare bildungspolitische Initiativen lassen sich ebenfalls in anderen Ländern beobachten. Im Auftrag des niederländischen Bildungsministerium analysierte das „Center for Higher Education Policy Studies“ (CHEPS) die Hochschulweiterbildung in Großbritannien, Finnland, Schweden, Australien und Kalifornien (de Boer et al. 2013).5 Die Figur des „internationalen Arguments“ als Legitimation für nationale bildungspolitische Reformvorhaben hat eine lange Tradition (Gonon 1998). Der internationale Blick auf ausländische Weiterbildungswirklichkeiten ist zumeist auf das „borrowing“ ausgerichtet, um „Hilfestellungen“ für eigene nationale Problemlagen zu bekommen. So sind Arbeiten entstanden, die ein melioristisches Erkenntnisinteresse („von anderen lernen“) aufweisen, wenngleich die Transferproblematik weitgehend unbeantwortet blieb. Jeder Transfer im transnationalen Bildungsraum ist mit der starken Kontextgebundenheit von Hochschulweiterbildung (Weber 2005) und dem Phänomen der Pfadabhängigkeit (Muders 2016) konfrontiert. So kommt eine Studie zur Durchsetzung des Konzepts des lebenslangen Lernens vor dem Hintergrund nationaler Pfadabhängigkeiten zum Schluss: „Die landesspezifische Akzentuierung des Konzepts des Lebenslangen Lernens deutet auf Re-Kontextualisierungen und Uminterpretationen innerhalb pfadabhängiger Diskurstraditionen hin“ (Ioannidou 2015, S. 219–220). Auffallend ist, dass es in Deutschland eine lange Tradition gibt, auf angelsächsische Modelle, denen einen Vorbildfunktion zugeschrieben wird, zu schauen. Offensichtlich lassen sich durch sie motivierende Diskurse herstellen. So zeigen internationale Best Practice-Beispiele zur Verankerung von lebenslangem Lernen (Hanft und Maschwitz 2012), dass wissenschaftliche Weiterbildung nicht zwangsläufig ein inneruniversitäres Nischendasein fristen muss. Einen bedeutenden internationalen Referenzpunkt bildet durchweg Kanada – so wie Finnland in der PISA-Debatte –, wenngleich auch in diesem Land grundlegende Veränderungen stattfinden, die als Erosionstendenzen des ursprünglichen Modells interpretiert werden können (Nesbit 2014).

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Der Vergleich basierte auf fünf Untersuchungsdimensionen: A. Context, provisions and providers, B. The legal and policy framework, C. Organisation and governance, D. Policy instruments, E. Effects of policy instruments.

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Internationale Konzepte als Diskursfolie

In der internationalen Reformdiskussion gibt es Schlüsselkonzepte, die im nationalen Kontext rezipiert werden, wenngleich sie häufig „verspätet“ in die nationale Diskursarena aufgenommen werden. Dazu zählen sowohl gesellschaftliche Konzepte (Diversität, Nachhaltigkeit, Inklusion etc.) als auch lernbezogene Konzepte (informelles Lernen, Reflective Practitioner etc.). Akteure im Feld der wissenschaftlichen Weiterbildung greifen diese internationalen Konzepte auf – bei denen es sich häufig um emphatische Kategorien handelt – mit der Erwartung, dass sie eine Impulsfunktion übernehmen. Zu den ersten Konzepten, die im Feld der wissenschaftlichen Weiterbildung rezipiert worden sind, zählte die Anerkennung (informell) erworbener Kompetenzen. Neben den sich als wirkmächtig erweisenden bildungspolitischen Leitlinien der EU zur Kompetenzbilanzierung wurden ausländische Beispiele aufgegriffen: zu Beginn der 1990er-Jahre die „bilan de compétences“ in Frankreich und später die Sur-dossier Zulassung in der Schweiz. Im nationalen Kontext entwickelte die BMBF-Initiative „ANKOM. Übergänge von der beruflichen in die hochschulische Bildung“ seit 2005 entsprechende Anrechnungsverfahren. Eine breite Rezeption in Deutschland erfuhr der angelsächsische geprägte Begriff der „non-traditional students“. Vor allem die komparative Forschung zu nichttraditionellen Studierende von Slowey und Schuetze (2012) fand in Deutschland einen breiten Widerhall. Die „nicht-traditionell Studierenden“ wurden in der Diskussion und Programmen zur Öffnung der Hochschule verstärkt in den Blick genommen und dieses Zielgruppenkonzept erwies sich für weitergehende Forschungen (Isensee und Wolter 2017) als anregend. Als ein internationales Konzept schlechthin kann lebenslanges Lernen gelten, das unterschiedliche Karrieren erfahren hat. Lebenslanges Lernen als bildungspolitische Leitidee lässt sich zweifelsohne zu den motivierenden Diskursen im Feld der wissenschaftlichen Weiterbildung zählen. Neben der UNESCO und der OECD war es vor allem die EU, die dieses Konzept zur zentralen bildungspolitischen Leitlinie machte. Im deutschsprachigen Hochschulraum wurde es nur zögerlich rezipiert, was u. a. auf das Selbstverständnis der deutschen Universitäten zurückgeführt werden kann. Ihnen wurde „ein gewisses Beharrungsvermögen, das sich erschwerend auf die Umsetzung neuer Konzepte auswirkt“ (Lischka 2007, S. 108) zugeschrieben. Das Konzept des lebenslangen Lernens schlug sich in vielen bildungspolitischen Dokumenten, u. a. in Form der sogenannten Green und White Papers, nieder. So entwickelte die European University Association (EUA) eine „Charter on Lifelong Learning“ nach der sich die Universitäten dazu verpflichten: 1. „Embedding concepts of widening access and lifelong learning in their institutional strategies. 2. Providing education and learning to a diversified student population. 3. Adapting study programmes to ensure that they are designed to widen participation and attract returning adult learners. 4. Providing appropriate guidance and counselling services.

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5. Recognising prior learning. 6. Embracing lifelong learning in quality culture. 7. Strengthening the relationship between research, teaching and innovation in a perspective of lifelong learning. 8. Consolidating reforms to promote a flexible and creative learning environment for all students. 9. Developing partnerships at local, regional, national and international level to provide attractive and relevant programmes. 10. Acting as role models of lifelong learning institutions.“ (EUA 2008) Die wissenschaftliche Begleitung zum Bund-Länder-Wettbewerb „Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen“ identifizierte im europäischen Kontext „vier zentrale Komponenten für die Implementierung Lebenslangen Lernens in Hochschulen“ (Hanft et al. 2015, S. 15; s. auch Wolter und Banscherus 2016): 1. „Ausbau und Förderung von Zugangswegen für nicht-traditionelle Studierende; 2. Eröffnung flexibler Lernwege und Studienformen; 3. Anrechnung außerhochschulisch erworbener Kompetenzen auf Zugang und Studium; 4. Anpassung von Organisation, Management und Finanzierung der Hochschulen an die Erfordernisse Lebenslangen Lernens“ (Hanft et al. 2015, S. 15). Der Wissenschaftsrat legte 2019 „Empfehlungen zu hochschulischer Weiterbildung als Teil des lebenslangen Lernens“ vor. Vor dem Hintergrund des gesellschaftlichen Wandels, vor allem der demografischen Herausforderung, wird den Hochschulen empfohlen, „ihr Selbstbild als Anbieter für Vollzeitstudierende in der Erstausbildung zu erweitern und sich der Normalität von berufsbegleitendem Studieren sowie Weiterbildung und lebenslangem Lernen stärker zu öffnen“ (Wissenschaftsrat 2019, S. 84). Veränderte Hochschulbildungskonzepte sind auch auf veränderte Wissenschaftskonzepte (Pasternack et al. 2018) zurückzuführen. Dazu zählen neben der wissenssoziologischen Debatte um „mode 2“ auch Konzepte der „Öffentlichen Wissenschaft“ (Faulstich 2006) und der offene Zugang zum wissenschaftlichen Wissen durch Open Science, Open Access und Open Educational Ressources. Gegenwärtig rückt das internationale Konzept der „Third Mission“ in das Blickfeld. Dabei wird die gesellschaftliche Verantwortung bzw. „soziale Mission“ (Chisholm 2012) der Hochschulen neben den beiden traditionellen „Missionen“ Forschung und Lehre hervorgehoben. Inwiefern sich dieses Konzept für die wissenschaftliche Weiterbildung als tragfähig erweist, wird derzeit eher als offene Frage betrachtet. Zu einer kritischen Einschätzung, ob das Konzept zur Verortung und Legitimation beitragen kann, kommt Wolter (2018). Folgt man der Frage nach dem gesellschaftlichen Bezug von Weiterbildung, zeigt sich aus einer komparativen Perspektive, dass in den angelsächsischen und nordischen Ländern eine weitaus ausgeprägtere Tradition im Feld „Community-University Engagement“ vorzufinden ist als in den deutschsprachigen Ländern.

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Wie die Beispiele zeigen, entstehen Diskurse nicht im luftleeren Raum, sondern entspringen gesellschaftlichen und bildungspolitischen Kontexten. Es ist keineswegs eindeutig, ob gemeinhin akzeptierte Bildungsprogrammatiken zu realen Veränderungen führen; darauf verweisen auch neoinstitutionalistische Theorieansätze (Schemmann 2017).

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Internationalisierungsstrategien

Internationalität ist seit langem in der Hochschul- und Wissenschaftslandschaft ein positiv besetzter Begriff und hat in Zeiten des internationalen Wettbewerbs in den letzten Jahrzehnten an Stellenwert gewonnen. Die im Jahr 2013 von der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz verabschiedete Strategie für die Internationalisierung der Hochschulen formuliert die Zielsetzung wie folgt: „Internationalisierung ist ein zentraler Baustein der institutionellen Profilentwicklung der deutschen Hochschulen und als wesentliches Instrument der Qualitätsentwicklung zugleich Motor der Hochschulreform. (. . .) Wir wollen Hochschulen, die so gut sind, dass sie im Wettstreit mit den besten Hochschulen anderer Länder attraktiv und konkurrenzfähig sind und zur Lösung globaler Herausforderungen beitragen“ (GWK 2013, S. 2). Bemerkenswert ist in dieser Empfehlung die geforderte Breite der Handlungsfelder, die Weiterbildung mit einbezieht: „Für die Hochschulen geht es darum, Internationalisierung in allen Bereichen, d. h. in Forschung, Lehre und Weiterbildung, im Management und in der Verwaltung sowie in den unterstützenden Serviceeinheiten, konsequent ‚mitzudenken‘“ (GWK 2013, S. 3). In der Praxis, wie in den jeweiligen Hochschulentwicklungsplänen, liegt jedoch zumeist der Fokus auf der Forschung als Internationalisierungsfeld. Die Zahl internationaler Angebote im Feld der Hochschulweiterbildung kann eher als gering bezeichnet werden. Ebenso gibt es nur partiell Erfahrungen bei der Entwicklung von „joint curricula“/„joint degree“-Programmen, der Internationalisierung der Curricula sowie der Durchführung englischsprachiger Lehrveranstaltungen. Das begrenzte internationale Engagement lässt sich auch auf die damit verbundenen Mühen der Realisierung zurückzuführen. Fördernde und hindernde Faktoren zum Export von universitärer Weiterbildung identifiziert die explorative Studie von Weber und Horváth (2005). In folgenden zentralen Thesen sind die Ergebnisse zusammengefasst worden: • „Die Profilierung einer Hochschule kann durch Internationalisierung der Weiterbildung gestärkt werden. • Das Internationalisierungspotenzial von Weiterbildungsprogrammen variiert je nach Angebotstypus. • Die Internationalisierung der Weiterbildung der Hochschulen ist erschwert, weil diese nicht als zentrale, reputationsrelevante Aktivität im Wissenschaftssystem definiert ist.

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• Die Internationalisierung von Weiterbildungsangeboten ist aufwändig und kostenintensiv. Demgegenüber sind ökonomische Erträge unsicher und symbolische fallen kaum an. • Die Internationalisierung von hochschulischer Weiterbildung stößt an kulturelle Grenzen: Diese betreffen Sprache, Lehr- und Lernkultur, Betreuungskultur, Habitus der Lehrenden und Lernenden sowie Nutzenerwartungen der Teilnehmenden.“ (Weber 2008, S. 58) Was die Durchführung internationaler Studienprogramme so aufwändig macht, ist der „Mehrfachspagat von gleichzeitig fachlicher Differenzierung auf der einen und Wissenserweiterung, Praxiserfahrung, Anwendungsorientierung auf der anderen Seite mit entsprechenden inhaltlichen Konzepten (Profil und Struktur) sowie Ausstattung von der Organisation und von den Studierenden (Ansprüche/Überlastung)“ (Golba und Vajna 2013, S. 166). Ein eigenes Betätigungsfeld bilden Angebote im Bereich des internationalen Wirtschaftens. Ein internationaler Markt, geprägt durch zahlreiche Allianzen, entwickelte sich im Bereich der Managementausbildung in Form der Master of Business Administration (MBA) Programme (Schenker-Wicki und Demont 2006). Dabei kommt der Akkreditierung von Business Schools und MBA Programmen durch internationale Organisationen wie der „Foundation for International Business Administration Accreditation“ (FIBAA) oder der „European Foundation for Management Development“ (EFMD) eine bedeutende Rolle zu. Darüber hinaus ist in den letzten Jahrzehnten das globale Konzept der Corporate University entstanden. Erscheinungsformen wie die zugrunde liegenden Strategien der Corporate Universities sind vielfältig und ihre Entwicklungsverläufe erfuhren seit den 1990er-Jahren unterschiedliche Konjunkturen. Ausgehend von den USA wurden auch in Deutschland firmeneigene Akademien, insbesondere von international agierenden Konzernen, gegründet. Dies reicht von der AutoUni Wolfsburg für Führungskräfte der Volkswagen AG bis hin zur Carl Benz Academy in China (Schönebeck und Pellert 2016). Die Weiterbildungsangebote richten sich vor allem an Führungskräfte, allerdings „im Unterschied zur normalen Personalentwicklung orientieren sich idealtypische Corporate Universities stark am Modell einer Hochschule. Sie vergeben zum Beispiel Zertifikate, die akademischen Abschlüssen entsprechen“ (Seufert 2016, S. 245). Neuere Gründungen, wie der adidas Learning Campus, setzen dabei auf digitale Formen des Lehrens und Lernens. Massive Open Online Courses (MOOCs), so wie sie von US-amerikanischen Universitäten entwickelt wurden, eröffnen neue Möglichkeiten der Internationalisierung, wenngleich die anfänglichen Potenzialversprechen für die bisherigen Zielgruppen in der wissenschaftlichen Weiterbildung bisher nicht eingelöst worden sind. Aber die Digitalisierung erleichtert grenzüberschreitende Bildungsarbeit. Eine lange Tradition weist das Fernstudium auf. Insbesondere die Institutionalform der Open Universities steht seit den 1970er-Jahren ausgehend von dem englischen Modell für eine bedeutende Bildungsinnovation: „distance education caters mainly for adults of any age group who may learn at home, at work or in local study centres or even when travelling. It promotes learning in the lifespan, advocates a new understanding of

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learning and enables students to become self-regulated autonomous learners. This is one of the reasons why distance students will make good lifelong learners“ (Peters 2008, S. 232). Open Universities können als internationales Vorbild für die Öffnung der Hochschulen und einer Ausrichtung am Konzept des lebenslangen Lernens gelten (Zawacki-Richter et al. 2015). Internationalitätsvorstellungen werden durch migrationspolitische Entwicklungen herausgefordert. So nimmt der Wissenschaftsrat das Phänomen aus der folgenden Perspektive in den Blick: „Die Hochschulen tragen über die Rekrutierung und Qualifizierung internationaler Studierender zusätzlich zur Deckung volkswirtschaftlicher Fachkräftebedarfe bei. Darüber hinaus können sie u. a. über die Öffnung ihrer Studienangebote für entsprechend geeignete Flüchtlinge oder über spezielle Anpassungsqualifizierungen für zugewanderte Akademikerinnen und Akademiker einen wichtigen Beitrag zur Integration Zugewanderter in den deutschen Arbeitsmarkt leisten“ (Wissenschaftsrat 2019, S. 33). Daher werden nicht zuletzt im Kontext der „Öffnung der Hochschulen“ neben den schon länger im Inland lebenden Migrant_innen aktuell auch Geflüchtete als Zielgruppe wissenschaftlicher Weiterbildung in den Blick genommen, wobei hier zu den Hochqualifizierten nur eine Teilgruppe zählt (Engel und Wolter 2017). Die Anerkennungsberatung für Menschen mit im Ausland erworbenen Qualifikationen kann mit der Notwendigkeit der (wissenschaftlichen) Nachqualifizierung einhergehen (Adorno und Traus 2018). Während in den letzten zwei Jahrzehnten „Weiterbildung international“ voranging unter dem Gesichtspunkt der ökonomischen Globalisierung – gewissermaßen als Internationalisierung von „oben“ – betrachtet wurde, die an mobile Eliten und Führungskräften („Expatriates“ und „Executives“) gerichtet ist, gilt es die Transnationalisierung des sozialen Lebens – als Internationalisierung „von unten“ – stärker in den Blick zu nehmen. Internationalisierungsstrategien erfordern eine Klärung des zugrunde gelegten Internationalisierungsverständnisses.

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Internationale Kooperation und die Rolle fachgesellschaftlicher Vernetzungen

Reisetätigkeiten, Tagungen und institutionelle Partnerschaften haben seit je her einen besonderen Stellenwert für den internationalen Wissensaustausch im Bildungsbereich. Personelle und institutionelle Vernetzungen der Akteure der Hochschulweiterbildung werden im Folgenden näher beleuchtet. Seit den Anfängen des AUE in den 1970er-Jahren waren die Kontakte mit der „universitären Erwachsenenbildung“ im Ausland eher sporadisch durch persönliche Kontakte geprägt und vornehmlich orientiert an dem skandinavischen und angelsächsischen Raum. Erst die politischen Umbrüche nach dem Wendejahr 1989 führten zu neuen grenzüberschreitenden Aktivitäten, bspw. zu Kooperationen in Polen. Dabei wurden Impulse von Seiten der Politik (EU-Osterweiterung) und Institutionen (Deutscher Volkshochschulverband International) aufgegriffen (Prokop 1996). Bis Mitte der 1990er-Jahre konnte für die Auslandskontakte konstatiert werden: „Häufigkeit und Intensität der internationalen Kontakte entsprechen der nur begrenzten

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supranationalen Verflechtung der Mitgliedschaft des AUE. Diese bleibt wie die gesamte Weiterbildungsszenerie im deutschsprachigen Raum überhaupt sehr eng mit den regionalen Bildungskulturen verwoben“ (Prokop 1996, S. 216). Als eine (Früh)Form international-vergleichender Forschung gelten „‚traveler’s tales‘, Reiseberichte, die Geschichten, die Reisende über ihren Besuch in einem anderen Land erzählen“ (Reischmann 2009, S. 144). Der Stellenwert von Studienreisen kann auch für die Arbeitsgemeinschaft für das Fernstudium an Hochschulen innerhalb der DGWF anhand der Konferenzen des „International Council for Open and Distance Education“ (ICDE) aufgezeigt werden.6 Ebenso lässt sich die Publikation „Praxisportraits“ (Schettgen et al. 2006) im Umfeld des Zentrums für Weiterbildung und Wissenstransfer (ZWW) der Universität Augsburg nennen.7 Einen bedeutenden Beitrag leisten grenzüberschreitende Netzwerke im Feld der Hochschulweiterbildung. Hier kommt den Dachverbänden eine bedeutende Rolle zu. Dazu zählt auf europäischer Ebene das 1991 gegründete „European University Continuing Education Network (EUCEN)“ mit seinem Sekretariat in Barcelona, das jährlich internationale Tagungen durchführt und Projekte auf EU-Ebene entwickelt. Mitglieder von EUCEN sind neben einzelnen Hochschulen nationale und regionale Fachverbände, die im Folgenden in ihrer internationalen Bezeichnung und ihren Akronymen angeführt werden: Belgien (Commision Education tout au long de la Vie, ETALV), Deutschland (The German Association for University Continuing and Distance Education, DGWF), Estland (Estonian Network for University Continuing Education, ENUCE), Finnland (University Continuing Education Network in Finland, UCEF), Frankreich (Conférence nationale des Directeurs de Service Universitaire de la Formation Continue, CDSUFC), Großbritannien (Universities Association for Lifelong Learning, UALL; Scottish Universities Association for Lifelong Learning, SUALL), Italien (Italian University Network for Lifelong Learning, RUIAP), Österreich (Austrian University Continuing Education and Staff Development Network, AUCEN), Polen (Polish Universities for Lifelong Learning network, PULL), Portugal Portuguese Association of Universities for Continuing Education, AUPEC), Schweiz (Swiss University Continuing Education, Swissuni), Slowakei (Slovak Academic Association for Lifelong Learning, SAALL), Spanien (Spanish Universities Network of Graduate & Continuing Permanent Education, RUEPEP), Catalan Association of University Continuing Education, ACECU), Türkei (Turkish Universities Continuing Education Centres, TÜSEM) und Ungarn (Hungarian University Lifelong Learning Network, MELLearN).8 Auch im außereuropäischen Kontext gibt es zahlreiche „Die Reise zur Weltkonferenz wurde so zu einer Bildungsreise“ (Lehmann 2017, S. 69). Ein Geldpreis des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft wurde in ein Reise-Projekt investiert; vornehmlich Mitarbeiter_innen des ZWW besuchten Hochschuleinrichtungen zur wissenschaftlichen Weiterbildung im Ausland, führten Interviews und erstellt anschließend einen Bericht. 8 Darüber hinaus gibt es in Europa weitere Zusammenschlüsse im Feld der Hochschulweiterbildung, bspw. in Irland das „Higher Education Lifelong Learning Ireland Network“ (HELLIN) oder in Großbritannien das „Forum for Access and Continuing Education“ (FACE). 6 7

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Zusammenschlüsse, zu denen europäische Fachgesellschaften Kontakte pflegen. Dazu zählen in Lateinamerika das „Red de Educación Contínua Latinoamérica (RECLA)“ oder in Nordamerika die „University Professional and Continuing Education Association“ (UPCE) in den USA und die „Canadian Association for University Continuing Education“ (CAUCE) in Kanada. Seit Mitte der 1990er-Jahren intensivierte sich der kollegiale Austausch zwischen den deutschsprachigen Verbänden: der DGWF (Hörr 2017) in Deutschland, AUCEN (Gornik et al. 2017) in Österreich und SWISSuni (Fischer 2017) in der Schweiz. Dies schlug sich auch in der Durchführung gemeinsamer Tagungen in Wien (2005, 2016) und in Bern (2007) nieder. Daneben gibt es internationale Zusammenschlüsse der „Universitäten des Dritten Lebensalters“ (Universities of the Third Age, Universités Tous Âges) wie die „Association Internationale des Universités du Troisième Age“ (AIUTA) oder die „European Federation of Older Students“ (EFOS). Wenngleich sie sich in ihrer Ausrichtung – bspw. zwischen den frankophonen und angelsächsischen Modellen – unterscheiden, bestanden seit Beginn persönliche Kontakte zwischen ihren Promoter_innen. Ebenso gibt es bedeutsame berufsbezogene Weiterbildungsverbände wie die „International Association for Continuing Engineering Education“ (IACEE). Waterkamp (2006, S. 82–96) hebt drei Formen der internationalen Kooperation hervor: die Begegnung, den Austausch und das Projekt. Studienreisen, Tagung und Gestaltungsprojekte sind im Feld der wissenschaftlichen Weiterbildung die üblichen Formate. Wie sich auf europäischer Ebene Wissenskooperation zwischen den Mitgliedern von Fachgesellschaften vollzieht zeigt Hörr (2018) anhand des europäischen Netzwerkes EUCEN auf. Es bildet einen Ort, um Stakeholder zusammenzuführen, um ihnen mehr Gewicht zu verleihen: „Since the world of European UCE is quite small is has also helped to develop networks of academic and management staff and professional relationships which seem to be sustained“ (Davies 2005, S. 249). Neben der politischen Interessenvertretung „nach außen“, kann das Netzwerk zur Professionalisierung der Beteiligten beitragen, wenn man es als professionelle Lerngemeinschaft in den Blick nimmt (de Viron 2017). Durch interorganisationale Zusammenarbeit wird Wissen über das Feld erzeugt, die partiell auch zum Innovationstransfer beitragen kann.

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Fazit

Die zentrale Argumentationsfigur, dass Weiterbildung stark im nationalstaatlichen Kontext verwurzelt sei, findet im Hinblick auf gesetzlich-finanzielle Rahmenbedingungen und der historisch-kulturellen Gebundenheit eine Bestätigung. Der nationale Kontext bzw. das eigene Hochschulsystem stellt nach wie vor den entscheidenden Referenzpunkt jeder Hochschulweiterbildung dar. Es ist weniger die strategische Ausrichtung auf Internationalität als die alltäglichen Handlungsanforderungen –

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bspw. wie sie sich in rechtlichen Regelungen der EU niederschlagen –, die für Akteure handlungsrelevant werden. Dass im Feld insgesamt wenig Wissen über ausländische Wirklichkeiten vorhanden ist, liegt auch am mangelnden Forschungsbezug begründet. Denn die Forschungsnetze in der wissenschaftlichen Weiterbildung sind auf internationaler Ebene weit weniger eng geknüpft als in anderen Bereichen der Bildungsforschung. Theoretisch fundierte empirische Untersuchungen, die sich aus einer internationalvergleichenden Perspektive dem Phänomen der wissenschaftlichen Weiterbildung zuwenden, bilden ein bedeutendes Desiderat. Auch ist der territoriale Fokus des grenzüberschreitenden Blicks auf Europa und Nordeuropa begrenzt; andere Weltregionen fehlen weitgehend. Allerdings darf vermutet werden, dass internationale Bezüge in Form von ländermonografischen und vergleichenden Arbeiten zunehmen werden. Nicht zuletzt, weil eine neue Generation von Forschenden, die stärker international ausgerichtet ist, sich mit ihren akademischen Qualifikationsarbeiten dem Feld der wissenschaftlichen Weiterbildung zuwenden (Jütte et al. 2019). Im besten Fall können die Fachverbände die Entwicklung von international abgestuften Verfahren und komparativen Fallstudien unterstützen, ebenso wie Förderprogramme der EU hier Anreize setzen können. Internationalität wird häufig mit dem Gedanken des Wettbewerbs verbunden, dabei eröffnen sich Möglichkeiten gerade in der Zusammenarbeit zwischen dem Globalen Norden und dem Globalen Süden. Gesellschaftliche Phänomene wie Klimawandel und verstärkte Migrationsbewegungen verstärken die Einsicht des Aufeinander-Angewiesen-Seins in der „Einen Welt“ des 21. Jahrhunderts und neue Lernanforderungen an Hochschulen werden formuliert. So wird im UNESCO-Bericht zur Bildung für das 21. Jahrhundert, der sogenannte DelorsBericht, die Rolle der Hochschulen unterstrichen: „Institutions of higher education are ideally placed to use globalization as a tool for bridging the knowledge gap and in order to enrich the dialogue between peoples and between cultures“ (Delors et al. 1996, S. 135). Hochschulen sind schon länger in der internationalen Bildungsarbeit in Nord-Süd-Kontexten engagiert, bspw. in Form von Weiterbildungsangeboten, die vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) oder der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) gefördert werden. Hier stellt sich zum einen die Frage, wie internationaler Bildungstransfer durch Weiterbildungsangebote (Krüger und Tulowitzki 2018) gelingen kann. Zum anderen laden grenzüberschreitende Arbeits-, Lebens- und Lernräume dazu ein, „globalisierte Lernwelten“ stärker zum Gegenstand der Betrachtung zu machen. Dies verlangt selbstreflexive Lernleistungen bei der Gestaltung und Leitung von internationalen Bildungsprogrammen, so wie sie auch Lepenies formuliert hat: „Die Industriegesellschaften des Westens, die sich traditionell als Belehrungsgesellschaften verstanden, müssen zu Lerngesellschaften werden“ (Lepenies 1995, S. 62). Kritik am Eurozentrismus und die Auseinandersetzung mit postkolonialen Theorienansätzen, so wie sie derzeit die Diskurse prägen, unterstreichen diese Lernanforderungen.

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Wissenschaftliche Weiterbildung in Österreich Elke Gornik

Inhalt 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Abriss – Entwicklung der wissenschaftlichen Weiterbildung in Österreich . . . . . . . . . . . . . . . 3 Österreichspezifische Merkmale der wissenschaftlichen Weiterbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Facts und Figures – die wissenschaftliche Weiterbildung in Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Universitäre Weiterbildungseinrichtungen und ihre Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Entwicklungstendenzen der wissenschaftlichen Weiterbildung in Österreich . . . . . . . . . . . . . 7 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Zusammenfassung

Der Beitrag gibt einen Überblick über das Feld der wissenschaftlichen Weiterbildung an österreichischen Hochschulen, mit dem Schwerpunkt auf österreichische Universitäten. Hauptfokus sind die Beschreibung der Entwicklung der wissenschaftlichen Weiterbildung sowie eine Status quo Darstellung. Dazu werden die rechtlichen Rahmenbedingungen und Spezifika der österreichischen Hochschulschullandschaft ausgeführt, die Formate und Zielgruppen beschrieben, sowie die Organisations- Finanzierungs- und Personalstrukturen und Aufgabenvielfalt der wissenschaftlichen Weiterbildungseinrichtungen dargestellt. Ein abschließender Ausblick zeigt punktuell Herausforderungen, die auf die wissenschaftliche Weiterbildung in Österreich zukommen, auf. Schlüsselwörter

Österreich · Wissenschaftliche Weiterbildung · Universitäten · Universitäre Weiterbildung · Hochschulen E. Gornik (*) Higher Education Research and Development, University of Applied Sciences Upper Austria, Linz, Österreich E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 W. Jütte, M. Rohs (Hrsg.), Handbuch Wissenschaftliche Weiterbildung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-17643-3_32

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590

1

E. Gornik

Einleitung

Die Wahrnehmung wissenschaftlicher Weiterbildung in Österreich, insbesondere an den Universitäten, hat sich in den letzten zehn Jahren verändert. Diese wird vor allem durch ein deutliches Wachstum an Weiterbildungsstudierenden und der Professionalisierung, der für Weiterbildung zuständigen Einrichtungen, sichtbar. Beeinflusst wurde diese Entwicklung durch veränderte Rahmenbedingungen auf unterschiedlichsten Ebenen. Die Beschreibung der österreichspezifischen Charakteristika, der hochschulischen Akteure und deren Aufgabenbereiche liefern den notwendigen Rahmenkontext zum Verständnis der Entwicklung und Positionierung der wissenschaftlichen Weiterbildung in Österreich. Abgeleitet davon, ergeben sich aktuelle und zukünftige Handlungsfelder für die wissenschaftliche Weiterbildung.

2

Abriss – Entwicklung der wissenschaftlichen Weiterbildung in Österreich

Die Entwicklung der wissenschaftlichen Weiterbildung an den österreichischen Universitäten lässt sich historisch nur in einzelnen Fragmenten darstellen. Ein Wirken der wissenschaftlichen Weiterbildung, im Sinne einer Öffnung der Universitäten, ist früh mit der Geschichte der österreichischen Erwachsenenbildung verknüpft. Gut dokumentiert sind hier die 1895 eingeführten Volkstümlichen Universitätsvorträge (VUV), die an der Universität Wien entstanden sind (Gruber und Lenz 2016, S. 28). In weiterer Folge hat sich die österreichische Erwachsenenbildung, durch die Etablierung der Wiener Volkshochschulen, stark weiterentwickelt. Im Gegensatz zur Geschichte der Erwachsenenbildung in Österreich wurde in der Fachliteratur die Weiterbildung an den österreichischen Universitäten bis etwa ins Jahr 2004 (dann u. a. durch Fröhlich und Jütte 2004; Pellert und Cendon 2007) unzureichend systematisch aufgearbeitet. Ab wann Weiterbildung den Universitäten als Aufgabe formal zugeordnet wurde, soll anhand der gesetzlichen Grundlagen kurz nachvollzogen werden. Das erste beschlossene Hochschul-Organisationsgesetz erfolgte 1955 und ersetzte die damaligen unübersichtlichen einzelnen Hochschulgesetze (bmwf 2007, S. 6). Hinweise auf Aufgaben zur Weiterbildung waren in dieser Verordnung nicht enthalten. In der folgenden Novelle, dem Universitäts-Organisationsgesetz (UOG) von 1975, zeigt sich bereits ein essenzieller Hinweis auf Weiterbildung in der Beschreibung der Aufgaben von Universitäten. Neben den Universitäten anvertrauten Gebieten der Wissenschaften (§ 1 Abs. 3), also der Entwicklung der Wissenschaften, der Heranbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses, der wissenschaftlichen Berufsvorbildung, der Koordinierung und Durchführung der wissenschaftlichen Forschung und Lehre, wird „die Weiterbildung der Absolventen der Universitäten entsprechend dem Fortschritt der Wissenschaft“ (§ 1 Abs. 3 lit.b) angeführt. Dies zeigt, dass sich bereits vor über vier Jahrzehnten ein gesetzlich verankerter Hinweis zum Aufgabengebiet Weiterbildung an Universitäten findet. Auch im darauffolgenden Gesetz

Wissenschaftliche Weiterbildung in Österreich

591

(UOG 1993) war für die Universitäten der Wirkungsbereich Weiterbildung für Universitätsabsolventinnen und -absolventen (§ 3 Abs. 3) angeführt. Eine wesentliche Änderung, die für die Weiterbildungsentwicklung eine wesentliche Rolle spielte, ergab sich für die österreichischen Universitäten durch die Einführung des Universitätsgesetzes 2002 und der damit zusammenhängenden völligen Autonomie als eigene juristische Personen öffentlichen Rechts und Vollrechtsfähigkeit. Eine neue Ära der Entwicklung des gesamten universitären Sektors und die rechtliche Schaffung einer „unternehmerischen Universität“ (2007 bmwf, S. 8) wurde gelegt. Im neuen Universitätsgesetz (UG 2002, mit der Wirksamkeit ab 01.01.2014) wurde unter § 3 Abs. 5 als Aufgabe und Wirkungsbereich von Universitäten, die Weiterbildung – insbesondere der Absolventinnen und Absolventen von Universitäten und von Pädagoginnen und Pädagogen – festgehalten. Ergänzend wurden Formatvorgaben (siehe Abschn. 4.1) und einzelne Bestimmungen zur Weiterbildung gesetzlich ausgeführt. Die österreichischen Universitäten hätten sich somit schon seit Jahrzehnten ihrem Auftrag wissenschaftliche Weiterbildung anzubieten widmen müssen. Die starke Orientierung auf einen engen Hochschulbegriff, die Reduzierung auf einen grundständigen Studienabschluss und die mangelnde Institutionalisierung der Universität selbst, haben jedoch hinderlich gewirkt (Gruber und Lenz 2016, S. 104).

3

Österreichspezifische Merkmale der wissenschaftlichen Weiterbildung

3.1

Begrifflichkeiten/Verständnis

In Österreich, so wurde von Pellert und Cendon (2007, S. 276) ausgeführt, existiert (e) keine von allen Beteiligten geteilte Definition von wissenschaftlicher Weiterbildung. Ähnlich wie in der Schweiz, wird im österreichischen Sprachgebrauch nahezu ausschließlich der Begriff der universitären Weiterbildung 1 verwendet, der sich in öffentlichen Stellungnahmen, Berichten oder Positionspapieren niederschlägt (Gornik 2015, S. 9–10). Ergänzend wird der Begriff Hochschulweiterbildung verwendet, der erstmals in einer Publikation zu einem Projekt der AQ Austria (2012) zur Qualitätssicherung der Weiterbildung an Hochschulen Verbreitung fand. Ein weiteres Indiz zum fehlenden Begriffsverständnis ist beispielsweise zudem aus der Rechtsgrundlage der Donau-Universität Krems (siehe Abschn. 3.3) abzuleiten. Zwar wird durch den Wirkungsbereich und der Aufgaben der Donau-Universität Krems festgehalten, dass es sich um wissenschaftliche Weiterbildung handelt, jedoch wird die Bezeichnung „universitäre Weiterbildung“ oder „wissenschaftliche Weiterbildung“ nicht explizit angeführt.

1

Im vorliegenden Artikel wird der Begriff der wissenschaftlichen Weiterbildung verwendet, mit Ausnahme von Literaturangaben, die explizit universitäre Weiterbildung anführen.

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E. Gornik

Die erste, bis dato fehlende, Definition von wissenschaftlicher Weiterbildung für die österreichischen Universitäten ging bildungspolitisch von der österreichischen Universitätenkonferenz (uniko) 2009 aus. In einem Positionspapier erfolgten, neben einer vorausgehenden Diskussion um die Aufgaben von Universitäten im Bereich der (wissenschaftlichen/universitären) Weiterbildung, der Bedeutung von Weiterbildung, der Eingrenzung des Begriffes, auch grundsätzliche Empfehlungen zur Ausgestaltung des Weiterbildungsangebotes an Universitäten und zu Mindeststandards im Sinne einer Qualitätssicherung. Eine ausformulierte Definition der wissenschaftlichen/universitären Weiterbildung erfolgte in den Ausführungen der uniko nicht, sondern eine Beschreibung der Möglichkeiten von wissenschaftlicher/universitärer Weiterbildung, der anzusprechenden Zielgruppen und der Formate. Eindeutig ist, dass die universitäre Lehre in Verbindung mit der Forschung, der wissenschaftliche Diskurs und die eigenständige Leistung der Studierenden, bei der Gestaltung von universitärer Weiterbildung Berücksichtigung finden sollten (uniko 2009, S. 1). Im Jahr 2014 wurden diese Empfehlungen erneuert und stellen ein grundsätzliches Bekenntnis zur wissenschaftlichen (universitären) Weiterbildung in Österreich dar. Eine Möglichkeit sich dem Begriffsverständnis in Österreich anders zu nähern ist über die Funktion(en) von wissenschaftlicher Weiterbildung. Im Sinne der Ausführungen von Pellert (2007, S. 5–6) kann jene zumindest auf zwei wesentliche eingeschränkt werden: 1. Die primär anzusprechende Zielgruppe der Hochschulabsolventinnen und -absolventen und 2. die durch wissenschaftliche Weiterbildungsangebote zu erreichende Akademisierung bestimmter Berufssparten. Nach wie vor, und dies zeigen die Zahlen und folgenden Ausführungen, sind Akademikerinnen und Akademiker die vorrangige Zielgruppe der wissenschaftlichen Weiterbildung in Österreich. Die Beschreibung der Zielgruppe lässt sich somit als das zentrale Merkmal in der wissenschaftlichen Weiterbildung festhalten. Jenes Merkmal beinhaltet die Berücksichtigung und Anerkennung der Vorqualifikationen, Berufsvorbildung und -erfahrung sowie die spezifischen Interessen der vorrangig berufstätigen Zielgruppe. Es ist Aufgabe der wissenschaftlichen Weiterbildung diese Bedürfnisse aufzunehmen und entsprechende Angebote inhaltlich, organisatorisch und zeitlich zu gestalten – eine Herausforderung, die selbst als Merkmal der wissenschaftlichen Weiterbildung angeführt werden kann. In einem umfassenden Verständnis von wissenschaftlicher Weiterbildung muss daher die Annäherung und Abgrenzung über weitere Kriterien erfolgen. Dazu zählen der Forschungsbezug, die akademisch vorgebildete, extern zu erreichende Zielgruppe, der postgraduale Schwerpunkt des Angebotes, die durchführende wissenschaftliche Einrichtung selbst und der wissenschaftliche Anspruch („Niveau“). Ergänzt um jenen wesentlichen Aspekt von außen, dem Praxisbezug, der bei postgradual orientierten wissenschaftlichen Weiterbildungsangeboten zentral ist. Für Österreich ist hervorzuheben, dass sich seit 2004 ein bestimmtes Feld der wissenschaftlichen Weiterbildung, die postgraduale Weiterbildung, sichtbar entwickelte. Begründet liegt dies in dem ausgeführten gesetzlichen Auftrag der Universitäten, Weiterbildung – vorwiegend für Personen mit akademischem Abschluss – anzubieten. Die für Weiterbildung zuständigen Einrichtungen an den österreichischen Universitäten zeigen durch ihre Bezeichnungen die Vielfalt eines Begriffsverständnisses

Wissenschaftliche Weiterbildung in Österreich

593

auf. So nennen sich diese beispielsweise an der Universität Innsbruck „Koordinationsstelle für universitäre Weiterbildung“ oder an der Universität Graz „Uni for Life GmbH“ und „Zentrum für Weiterbildung“. Mehrheitlich etablierten sich englischsprachige Bezeichnungen, wie „Continuing Education Center“ (Technische Universität Wien), „Executive Academy“ (Wirtschaftsuniversität Wien), „Postgraduate Center“ (Universität Wien), „Postgraduate School“ (Medizinische Universität Graz) oder „Life Long Learning“ (Technische Universität Graz). Eine Beschreibung der Angebotslandschaft, die eng mit dem Verständnis der wissenschaftlichen Weiterbildung in Österreich verknüpft ist, erfolgt in einem eigenen Kapitel.

3.2

Überblick österreichischer Hochschulsektor

Die österreichische hochschulische Landschaft (Abb. 1) teilt sich in folgende vier Sektoren von postsekundären Bildungseinrichtungen, die jeweils aufgrund ihrer gesetzlichen Bestimmungen Weiterbildungsformate anbieten dürfen: 22 Universitäten 21 Fachhochschulen 13 Privatuniversitäten 12 Pädagogische Hochschulen Eine wesentliche Veränderung des Hochschulsektors brachte einerseits die Etablierung der Fachhochschulen 1993 und andererseits ab 1999 die Möglichkeit zur Einrichtung von Privatuniversitäten. Die bestehenden Pädagogischen Akademien wurden ab 2005 in Pädagogische Hochschulen überführt. Eine Besonderheit am österreichischen Bildungssektor gab es bis zum Jahr 2010 (Gornik 2015, S. 29): per Verordnung des für Wissenschaft zuständigen Ministeriums konnten außeruniversitäre Bildungseinrichtungen Lehrgänge universitären Charakters (LUC) anbieten und – analog der Regelung der Universitäten – Mastergrade vergeben. Dies führte dazu, dass es rund 75 außeruniversitäre LUC-Anbieter in Österreich gab. Ein Auslaufen der Regelung mit 2003 wurde jedoch vorwiegend auf Drängen von wirtschaftspolitischen Institutionen und Erwachsenenbildungseinrichtungen verhindert. Erst der zunehmende öffentliche, mediale und von Universitäten geäußerte Druck auf diese Einrichtungen ohne wissenschaftliche Anbindung, führte zum endgültigen Aus der LUC-Verordnung.

3.3

Universität für Weiterbildung – Donau-Universität Krems

Österreich weist in der Hochschullandschaft eine Besonderheit auf: eine eigene Universität mit Schwerpunkt Weiterbildung. 2015 feierte die Donau-Universität Krems ihr 20-jähriges Bestehen. Dabei zeigte sie ihre Entwicklung von einem Modellprojekt zur öffentlichen Universität für Weiterbildung, mit derzeit rund

Abb. 1 Hochschulen in Österreich. (Quelle: bmwfw 2017)

594 E. Gornik

Wissenschaftliche Weiterbildung in Österreich

595

9000 Studierenden, 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und über 1000 Vortragenden. Die Donau-Universität Krems erhielt mit dem DUK-Gesetz 2004 eine Angleichung an jene der anderen 21 Universitäten (UG 2002), wenngleich sich ihre Finanzierung durch einen überwiegenden Anteil an Selbstfinanzierung unterscheidet. Die gesetzlichen Aufgaben sind primär die Entwicklung und Durchführung von Universitätslehrgängen aber auch die wissenschaftliche Erforschung zur Unterstützung der Lehre. In diesem Sinne nimmt wissenschaftliche Weiterbildung den gesamten Wirkungsbereich der Donau-Universität Krems ein. Sie differenziert sich demnach durch ihr Studienangebot: gesetzlich begründet, darf die Donau-Universität Krems, im Gegensatz zu den anderen 21 öffentlichen österreichischen Universitäten, ausschließlich Universitätslehrgänge aber keine ordentlichen (regulären) Studien anbieten. Eine Novellierung des DUK-Gesetzes 2014 ermöglichte der Donau-Universität Krems, erstmals mit WS 2015/16, zwei PhD-Studien durchzuführen. Ein widersprüchliches Signal zur Bedeutung der Donau-Universität Krems zeigt sich durch ihre Rolle innerhalb der österreichischen Universitätspolitik. Als einzige öffentliche Universität ist die Donau-Universität Krems kein Mitglied der österreichischen Universitätenkonferenz. Damit fehlt nicht nur eine Institution im Dachverband, sondern auch die wichtige Sichtbarkeit der wissenschaftlichen Weiterbildung auf nationaler Ebene. Festzuhalten ist, und dies werden die weiteren Ausführungen zeigen, dass die Donau-Universität Krems mit Abstand größter Anbieter von wissenschaftlicher Weiterbildung in Österreich ist.

3.4

Bedeutung eines Netzwerkes für wissenschaftliche Weiterbildung – AUCEN

Wesentlich zur Positionierung und dem Verständnis der wissenschaftlichen Weiterbildung in Österreich hat das Netzwerk AUCEN beitragen. Das Austrian University Continuing Education and Staff Development Network, 2005 formal als Verein gegründet, verfolgt in Hinblick auf wissenschaftliche Weiterbildung folgende inhaltliche Schwerpunkte (Gornik et al. 2017, S. 140): die Strategieentwicklung, Professionalisierung und Institutionalisierung von universitärer Weiterbildung an den österreichischen Universitäten, die strategische Positionierung von AUCEN in Hinblick auf Diskussionen rund um universitäre Weiterbildung in der österreichischen Bildungslandschaft und als wesentlicher Kern der inhaltliche Austausch der Netzwerkmitglieder und dadurch die laufende Weiterentwicklung von Professionalisierungsmaßnahmen in der universitären Weiterbildung. Eine formale Vereinsstruktur, in der 20 von 22 österreichischen Universitäten institutionelles AUCEN-Mitglied sind, ermöglicht nachhaltig und nach außen sichtbar zu agieren. Kern des Netzwerkes bilden die zwei Mal jährlich stattfindenden AUCEN-Meetings. AUCEN agiert zudem stark vernetzt mit der Deutschen Gesellschaft für wissenschaftliche Weiterbildung und Fernstudium (DGWF): so fand 2005

596

E. Gornik

erstmals eine gemeinsame Jahrestagung statt. Zehn Jahre später wurde an der Universität Wien unter dem Thema „Die Vielfalt der Lifelong Learners – Herausforderungen für die Weiterbildung an Hochschulen“ erneut eine gemeinsame Jahrestagung, mit über 300 teilnehmenden Personen, durchgeführt. National ist es AUCEN in den vergangenen Jahren zunehmend gelungen, in österreichweiten Projekten, vor allem im Kontext der Qualitätsentwicklung wissenschaftlicher Weiterbildung, maßgeblich zu wirken.

4

Facts und Figures – die wissenschaftliche Weiterbildung in Zahlen

4.1

Angebot und Formate der wissenschaftlichen Weiterbildung in Österreich

Den österreichischen Hochschulen steht per Gesetz in der Weiterbildung das Format Lehrgang (Universitätslehrgänge, Hochschullehrgang, Lehrgang) zur Verfügung. Ganz allgemein (uniko 2014, S. 2) werden an den österreichischen Universitäten folgende Weiterbildungsformen angeboten: Nicht-curriculare Weiterbildungsangebote (z. B. Kurse, Seminare, Workshops oder Vorträge), curriculare Weiterbildungsprogramme (Universitätslehrgänge mit Masterabschluss oder mit akademischer Bezeichnung oder ohne Abschlussbezeichnung) sowie sonstige curriculare Weiterbildungsformate (z. B. Zertifikats- oder Universitätskurse). Die gesamte Angebotsvielfalt der wissenschaftlichen Weiterbildung in Österreich ist jedoch wesentlich breiter, wenngleich statistisch nicht ausreichend erfasst. Exemplarisch werden nun Aktivitäten für eine breite Zielgruppe (auch ohne akademischer Vorbildung, die aber wissenschaftlich und lerninteressiert ist) angeführt, die in Österreich in den letzten Jahren Beachtung fanden: „Montagsakademie – Bildung für alle“ und „Vita activa – Lernen verbindet Generationen“ (Universität Graz), „Universität im Dorf“ und https://www.uibk.ac.at/weiterbildung/communityeducation/uni.com/index.html.de (Zugegriffen am 19.07.2017) (Universität Innsbruck), „Uni 55-PLUS“ (Universität Salzburg) oder „University Meets Public“ und „UniMind – University Extension“ (Universität Wien). Deshalb muss, ohne weitere Projekte und Aktivitäten auszuführen, darauf hingewiesen werden, dass die wissenschaftliche Weiterbildungslandschaft durchaus vielfältiger ist, als im Beitrag abgebildet werden kann. In Hinblick auf die Einrichtung formaler Weiterbildungsformate hat jeder Hochschulsektor eigene gesetzliche Regelungen. Während Universitäten ihre Universitätslehrgänge durch interne, qualitätsgesicherte Einrichtungssysteme per Verordnung selbst erlassen können, sind hingegen Lehrgänge an Privatuniversitäten durch eine externe Programmakkreditierung zu genehmigen. Wesentlich zur Qualitätssicherung ist – trotz der unterschiedlichen Verfahren – jedenfalls, dass die wissenschaftliche Weiterbildung in die hochschulinterne Qualitätssicherung und -entwicklung integriert ist und auch die Anforderungen der Weiterbildung dabei Berücksichtigung finden (AQ Austria 2012, S. 44–45).

Wissenschaftliche Weiterbildung in Österreich

597

Wie ausgeführt sind als formale Studien im Weiterbildungsbereich in Österreich an den Universitäten nur Universitätslehrgänge möglich. Weiterbildungsstudien, die zu einem Bachelorgrad führen, sind an den österreichischen Hochschulen gesetzlich nicht möglich. Das Universitätsgesetz sieht vor, Universitätslehrgänge auch mit einem akademischen Mastergrad – der in diesem Fach international gebräuchlich ist – zu versehen. Eine weitere Möglichkeit sind Universitätslehrgänge, die zu einer akademischen Bezeichnung führen oder ohne Abschlussbezeichnung eingerichtet werden. Da Universitätslehrgänge unter eine andere Einrichtungsverordnung fallen, als die regulären (ordentlichen) Masterstudien, sind sie den außerordentlichen Studien zugeordnet. In Folge dessen sind Weiterbildungsstudierende – auch der Universitätslehrgänge mit Masterabschluss – außerordentliche Studierende. Dieser Status impliziert, dass Weiterbildungsstudierende von nahezu allen staatlichen Förderungen ausgeschlossen sind und Probleme mit der Anerkennung/Gleichwertigkeit des akademischen Masterabschlusses haben. Im Gegensatz zu Regelstudien, die an den österreichischen Universitäten unter der Einhaltung bestimmter Voraussetzungen kostenfrei sind, unterliegen Universitätslehrgänge der Selbstfinanzierung durch Lehrgangsbeiträge. Aktuelle Diskussionen zur Einordnung der Universitätslehrgänge gehen in zwei konträre Richtungen: Einerseits die Forderung nach der Gleichwertigkeit des Abschlusses, verbunden mit der Empfehlung „Lehrgang“ für weiterbildende Studien und den Status außerordentliche Studierende zu hinterfragen (AUCEN, AQ Austria). Andererseits gibt es bildungspolitische Bestrebungen, Universitätslehrgänge nicht gleichwertiger, sondern deren Sonderstatus (beispielsweise durch eigene akademische Grade) noch sichtbarer zu machen. Ein Sonderweg hätte weitreichende Folgen: die wissenschaftlichen Weiterbildungsprogramme, v. a. jene mit Masterabschluss, würden weiter aus dem Bologna-System rücken und den Studierenden könnten keine Bologna-konformen Masterabschlüsse angeboten werden. Dies widerspricht den bisherigen Anstrengungen der wissenschaftlichen Weiterbildung integrierter Teil des internationalen Hochschulsystems zu sein. Generell zeigt sich an den österreichischen Universitäten ein eindeutiges Bild, welche Weiterbildungsformate angeboten werden. Das Weiterbildungsangebot ist an den österreichischen Universitäten mit seiner gesamten Vielfalt vorhanden. In einer österreichweiten Erhebung aus dem Jahr 2015 (Gornik 2015, S. 49–51) haben 70 % der österreichischen Universitäten in Hinblick auf die Verwendung der folgenden Formate (Abb. 2) rF F2\h \* M Demnach findet sich das Format Universitätslehrgang mit Masterabschluss oder akademischer Bezeichnung an allen befragten Universitäten2 wieder. Interessant ist eine differenzierte Betrachtung, nach Zuständigkeit innerhalb der Universität (Abb. 2). Im Zuständigkeitsbereich der Weiterbildungseinrichtungen, der von der administrativen Unterstützung bis zur gesamten finanziellen Abwicklung reichen kann, sind demnach Universitätslehrgänge mit Masterabschluss oder

2

Rückmeldung von 15 Universitäten, ohne Berücksichtigung der Donau-Universität Krems.

598

E. Gornik

Weiterbildungsformate an österreichischen Universitäten 100% 100% 92% 92% 92% 85% 92%

92%

62% 62%

69%

54%

69% 54%

54% 46%

46%

31%

23% 15%

Von der Universität angebotene Formate

Von der WB-Einrichtung betreute Formate

Abb. 2 Weiterbildungsformate an österreichischen Universitäten. (Quelle: Gornik 2015, S. 50, adaptiert)

akademischer Bezeichnung, Einzelseminare ohne ECTS und Universitätslehrgänge ohne Abschlussbezeichnung. Im Gegensatz dazu werden Sommerhochschulen nicht dem Verantwortungsbereich der Weiterbildungseinrichtungen zugeordnet. Unter Sonstiges wurden einzelne Nennungen, wie Kooperationsformate oder kostenfreie Corporate Programs, zusammengefasst. Die Donau-Universität Krems war in dieser Befragung nicht enthalten – ihr aktueller Studienführer zeigt jedoch, dass die gesamte Vielfalt an Weiterbildungsformaten angeboten wird.

4.2

Weiterbildungsstudierende in Österreich

Die statistischen Zahlen der wissenschaftlichen Weiterbildung für den Bereich der formalen Formate sind flächendeckend gut erfasst, wenngleich es hier Ungenauigkeiten bei der Kategorisierung gibt. Für das WS 2016/17 kann für die österreichischen Hochschulen von folgender Verteilung (Abb. 3) ausgegangen werden: von insgesamt 25.345 Weiterbildungsstudierenden entfallen rund 80 % auf die öffentlichen Universitäten, 12 % auf den Fachhochschulsektor, 7 % auf die Pädagogischen Hochschulen und 1 % auf die Privatuniversitäten.

Wissenschaftliche Weiterbildung in Österreich

599

Weiterbildungsstudierende an österreichischen Hochschulen im WS 2016/17 300 Universitäten ohne DonauUniversität Krems

1,717

Donau-Universität Krems

3,184 11,072

Fachhochschulen Pädagogische Hochschulen

9,072

Privatuniversitäten

Abb. 3 Weiterbildungsstudierende an österreichischen Hochschulen im WS 2016/17. (Quelle: STATcub Austria 2018, eigene Darstellung) (Daten zu Universitätslehrgängen, Hochschullehrgängen, Lehrgängen zur Weiterbildung (ohne sonstige Lehrgänge) und Postsekundären Lehrgängen (ohne sonstige Lehrgänge) im WS 2016/17.)

Die quantitative Entwicklung der Weiterbildungsstudierenden an den österreichischen Universitäten (Abb. 4) zeigt seit 2005/2006 eine kontinuierlich steigende Tendenz. Dabei wird eine dreiteilig des Weiterbildungsangebotes an den österreichischen Universitäten deutlich: einerseits mit 45 % aller Weiterbildungsstudierenden an der Donau-Universität Krems und 34 % an den klassischen Universitäten (Wien, Linz, Salzburg, Graz, Klagenfurt, Innsbruck). Andererseits entfallen die übrigen 21 % der Weiterbildungsstudierenden gesamt auf 15 weitere österreichischen Universitäten. Die Akademie der bildenden Künste hatte im WS 2016/2017 als einzige österreichische öffentliche Universität statistisch keine Weiterbildungsstudierenden in Universitätslehrgängen. Trotz aller Ausführungen, die eine erkennbare Steigerung der teilnehmenden Personen in den formal erfassten Weiterbildungsprogrammen zeigen, stimmt eine andere Entwicklung bedenklich. Betrachtet man das Verhältnis von Regel- zu Weiterbildungsstudierenden (Gornik 2015, S. 38), so sind im Durchschnitt 3,16 % der 352.593 Gesamtstudierenden der österreichischen Universitäten aus dem Weiterbildungsbereich. Dies bedeutet, dass die enormen Zuwachsraten in den Regelstudienbereichen nicht gleichbedeutend korrelierend mit dem Wachstum der Weiterbildungsstudierenden erfolgt sind. Positiv abweichend vom Durchschnitt sind die Alpenadria Universität Klagenfurt mit einem Anteil von 16,35 % an Weiterbildungsstudierenden und die Medizinische Universität Graz (14,44 %). An der größten Universität Österreichs, der Universität Wien, sind nur 1,42 % der insgesamt über 111.000 Studierenden der Weiterbildung zuzuordnen.

600

E. Gornik

Entwicklung der Weiterbildungstudierenden an österreichischen Universitäten im Vergleich 9,072

6,876

4,453 3,355

1,300 757

1,107 424

WS 2005/06

875

1,045

657 108

29 87

WS 2016/17

Abb. 4 Entwicklung der Weiterbildungsstudierenden an österreichischen Universitäten im Vergleich. (Quelle: Gornik 2015, S. 36, eigene Darstellung)

Generell ist der universitäre Weiterbildungsbereich stark national ausgerichtet: so kommen etwa 68 % aller Weiterbildungsstudierenden aus Österreich (bmwfw 2014, S. 172). Der Anteil der über 30-jährigen Weiterbildungsstudierenden liegt bei über 70 % und diese sind mit knapp 52 % weiblich. Diese Durchschnittswerte variieren jedoch je nach Universität und Universitätslehrgang stark. Insgesamt wird in Österreich von 938 formal eingerichteten Universitätslehrgängen ausgegangen, wobei das bmwfw (2014, S. 174) darauf hinweist, dass schätzungsweise nur 66 % davon angeboten oder durchgeführt werden.

4.3

Erlöse und Abschlüsse

Welchen nominalen Anteil die wissenschaftliche Weiterbildung am gesamten Weiterbildungsvolumen in Österreich einnimmt, ist bisher nicht erhoben worden. Insgesamt wird von einem Finanzvolumen für den gesamten Weiterbildungsbereich in Österreich (Gruber und Lenz 2016, S. 58–59) von 2,6 Mrd. Euro ausgegangen, wovon 531 Millionen geschche Weiterbildung am gesamten Weiterbildungsvolume-

Wissenschaftliche Weiterbildung in Österreich

601

Die österreichischen Universitäten weisen in den jährlichen Rechnungsabschlüssen (veröffentlicht im unidata) die Einnahmen aus dem Weiterbildungsbereich aus. Der größte universitäre Weiterbildungsanbieter, die Donau-Universität Krems, wies 2016 27,8 Millionen Euro an Erlösen aus Weiterbildungsleistungen aus. Mit 10,3 Millionen Euro an Weiterbildungserlösen ist die Wirtschaftsuniversität Wien umsatzstärkster universitärer Weiterbildungsanbieter in Österreich. Für Österreich ist allgemein festzuhalten, dass die regulären (ordentlichen) Studienabschlüsse in den letzten 20 Jahren um mehr als 250 % (Statistik Austria 2017, S. 42) zugenommen haben und sich damit eine erweiterte Zielgruppe für die wissenschaftliche Weiterbildung ergibt. Am Beispiel der Donau-Universität Krems zeigt sich für einen Vergleichszeitraum von zehn Jahren (WS 2005/06 – WS 2015/ 216) eine Verdopplung der Zahl der Absolventinnen und Absolventen auf 2163 Personen jährlich.

5

Universitäre Weiterbildungseinrichtungen und ihre Struktur

5.1

Personal, Organisation und Finanzen

In einer repräsentativen Befragung (vgl. Gornik 2015) wurden Aspekte der Personalund Organisationsstruktur sowie der Finanzierung der universitären Weiterbildungseinrichtungen in Österreich erhoben. Im Gegensatz zu den Annahmen von Pellert und Cendon (2007, S. 309), gab es keinen Trend zur Ausgliederung von wissenschaftlichen Weiterbildungseinrichtungen an Universitäten. Mehrheitlich sind Weiterbildungseinrichtungen als eigene Dienstleistungseinrichtung oder als Teil einer Dienstleistungseinrichtung organisiert. 87 % gaben an, rechtlich eine Teileinrichtung der eigenen Universität zu sein und überwiegend direkt dem Rektorat berichtspflichtig. Jedoch haben einige Universitäten, wie die Universitäten Graz, Linz, Salzburg und Klagenfurt, Agenden der wissenschaftlichen Weiterbildung auf unterschiedlichen Organisationsformen und Abteilungen aufgeteilt. In Hinblick auf die Finanzierung der Weiterbildungseinrichtungen werden mehrere Ausprägungen deutlich: es gibt Weiterbildungseinrichtungen, die sich zu 100 % selbstfinanzieren müssen, zu 75 % selbstfinanziert agieren oder Räume und Ausstattung unentgeltlich bzw. finanzielle Subventionen von der Universität erhalten. Es herrscht somit, in Hinblick auf die Finanzierung, eine hohe Bandbreite vor und reicht von eigenständiger Vollfinanzierung bis hin zur Bereitstellung von Personalressourcen aus dem Globalbudget der Universität. Die Universitäten erwarten mehrheitlich, dass von den Weiterbildungseinrichtungen Einnahmen an die Universität fließen. Diese sind durch unterschiedlich hohe Overhead-Sätze, mit bis zu 30 % auf die Weiterbildungseinnahmen, festgesetzt. Im Jahr 2006 war die Ausgangslage der Personalbesetzung in den hochschulischen Weiterbildungseinrichtungen sehr gering (Pellert und Cendon 2007, S. 297) und daher mehrheitlich ohne Leitungs- oder Personalstruktur. Im Personalbereich

602

E. Gornik

Tab. 1 Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in universitären Weiterbildungseinrichtungen. (Quelle: Gornik 2015, S. 55)

Leitende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Management) Personal im organisatorischen/ administrativen Bereich Wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Studentische/ wissenschaftliche Hilfskräfte (über 10 Stunden/Woche)

1 bis 3 Personen 11 Einrichtungen

4 bis 10 Personen 2 Einrichtungen

11 bis 20 Personen Keine

über 30 Personen Keine

6 Einrichtungen

3 Einrichtungen

2 Einrichtungen

2 Einrichtungen

4 Einrichtungen

Keine

Keine

Keine

1 Einrichtung

Keine

Keine

Keine

der universit Leitungs- oder Personalstruktur. Tab. 1) sind in den letzten zehn Jahren VerWeiterbildungseinrich Damit zeigen sich auch die unternommenen Anstrengungen in den Aufbau von Personal- und Organisationsstrukturen im universitären Weiterbildungsbereich. Dennoch bleibt mehrheitlich der Personalstand in den Weiterbildungseinrichtungen mit maximal drei Personen niedrig. Lediglich zwei Universitäten gaben an, eine Struktur mit mindestens vier leitenden Führungskräften und damit zusammenhängend Abteilungsleitungen zu haben. Nicht immer sind Personen, die in der Weiterbildung für eine Universität administrativ oder organisatorisch tätig sind, der jeweiligen Weiterbildungseinrichtung zugeordnet. Dieses Personal ist dienstrechtlich an anderen Organisationseinheiten der Universität oder extern bei Kooperationspartnern angesiedelt und daher in Tab. 1 nicht enthalten.

5.2

Aufgaben der wissenschaftlichen Weiterbildungseinrichtungen

Das Aufgabenportfolio von universitären Weiterbildungseinrichtungen hat in den letzten Jahren stark zugenommen (Gornik 2015, S. 57–61). Der primäre Fokus der Weiterbildungseinrichtungen an den österreichischen Universitäten liegt dabei auf Administration und Serviceorientierung. Hauptsächlich vorrangig sind die Erfüllung zentraler Serviceleistungen, wie Beratung und Informationen zu Weiterbildungsprogrammen oder das Ausstellen von Studiendokumenten. Das weitere Kerngeschäft der Weiterbildungseinrichtungen setzt sich aus einer breiten Vielfalt zusammen: Personalführung, finanzielle und budgetäre Verantwortung, Aufbau von Kooperationen, Marketing- und PR, Vertretung der wissenschaftlichen Weiterbildung nach

Wissenschaftliche Weiterbildung in Österreich

603

außen, Planung und Entwicklung von neuen Weiterbildungsprogrammen und Etablierung von Qualitätsmaßnahmen. Die Erstellung von Publikationen, Veröffentlichungen, Vortragstätigkeiten oder die Abwicklung von Förderanträgen oder Drittmittelprojekten sind jene Aufgaben, die von den Weiterbildungseinrichtungen derzeit noch am geringsten durchgeführt werden. Weniger als die Hälfte der Weiterbildungseinrichtungen gab an, in diesen Bereichen aktiv zu sein. Unter Berücksichtigung, dass in der Mehrzahl der universitären Weiterbildungseinrichtungen (Tab. 1) eine Handvoll Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig sind, ist eine enorme Aufgabenvielfalt zu erbringen. 79 % der Befragten gingen von einer Zunahme des Aufgabenportfolios in den kommenden Jahren – speziell in den Bereichen Qualitätsmanagement und Programm-Aufbau – aus. Ergänzend kommen neue Anforderungen an den hochschulischen Weiterbildungsbereich: steigende Ansprüche seitens der Studierenden nach individueller Betreuung, zunehmender Einsatz von neuen didaktischen Maßnahmen, höhere Anforderungen an das Lehrpersonal aber auch neue Marktbegleiter, die verstärkte Vermarktungsmaßnahmen notwendig machen. Es stellt sich daher die Frage, wie Weiterbildungseinrichtungen mit ihrem bereits jetzt breiten Aufgabenportfolio, ohne zusätzliche Unterstützungsmaßnahmen der eigenen Universität, diese zukünftig bewältigen sollen.

6

Entwicklungstendenzen der wissenschaftlichen Weiterbildung in Österreich

6.1

Zentrale Veränderungen der Rahmenbedingungen

Im Vergleich zu den Ausführungen zur strategischen Positionierung der wissenschaftlichen Weiterbildung in Österreich (Pellert und Cendon 2007), lässt sich aktuell eindeutig erkennen, dass in den universitären Entwicklungsplänen, Weiterbildung jedenfalls als eigenes Kapitel angeführt wird oder Weiterbildungseinrichtungen – im Gegensatz zu früher – als organisatorisch eigene Einheiten in Organigrammen abgebildet werden. Dieses Signal muss jedoch unter einem breiteren Aspekt der Entwicklung betrachtet werden. Nämlich der Berücksichtigung jener zentralen Faktoren (dazu u. a. Meisel und Feld 2009, S. 35; Fröhlich und Jütte 2004, S. 9; Hanft und Teichler 2007, S. 23–27, 33–34; Wolter 2011, S. 23–26), die zur verstärkten Sichtbarkeit der wissenschaftlichen Weiterbildung geführt haben. Dazu zählen allgemein relevante Entwicklungen, die zur Förderung von wissenschaftlicher Weiterbildung beigetragen haben, wie: • Veränderungen in der (Weiter-)Bildungspolitik auf regionaler, nationaler und europäischer Ebene (Bologna, LLL, EQR, NQR) • Veränderungen in der Finanzierung der Universitäten, eng zusammenhängend mit • Veränderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen der wissenschaftlichen Weiterbildung • Sozio-demografische Entwicklungen der Gesellschaft

604

E. Gornik

• Veränderungen der Bildungsbedarfe und Bildungsbedürfnisse der Lifelong Learner • Veränderte Qualifikations- und Kompetenzanforderungen aufgrund abzeichnender Veränderungen (u. a. kürzerer Innovationszyklen) in der Wirtschaft, bei Partnern sowie Kunden und • Institutionelle Eigeninteressen der Universitäten (v. a. Erschließung neuer Finanzierungsquellen). Spezifisch für Österreich sind folgende Parameter (u. a. Gruber und Lenz 2016, S. 104–106; Pellert und Cendon 2007, S. 280–281; Gornik 2015, S. 21) ergänzend zu beachten: • Veränderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen und Vollrechtsfähigkeit der Universitäten (UG 2002) • Veränderungen in der österreichischen Studienarchitektur ausgelöst durch den Bologna-Prozess und den notwendigen curricularen Studienanpassungen • Steigerung der Wertigkeit des Abschlusses der Mastergrade aus der wissenschaftlichen Weiterbildung durch die Umsetzung der dreiteiligen BolognaStudienarchitektur im Regelstudienbereich • Aufbau einer starken Institution der Weiterbildungsuniversität Donau-Universität Krems und damit der verbundene Ansporn für andere Universitäten im Weiterbildungsbereich aktiv zu werden • Zunehmende Durchlässigkeit der Übergänge innerhalb des Hochschulsektors • Verstärkte Konkurrenzsituation im Bereich der Weiterbildung • Tendenz zur stärkeren Abschlussbezogenheit und Zunahme des Wunsches nach Akademisierung • Zunehmende Öffnung der Hochschulen und Diskussionen rund um den Zugang für „nicht-traditionelle Studierende“ • Entwicklung von Lifelong Learning-Strategien an den österreichischen Universitäten und Sichtbarmachung in den Leistungsvereinbarungen 2010–2012 • Diskussionen und Einordnungen (Zuordnungen von Abschlüssen) im Rahmen des Nationalen Qualifikationsrahmens (NQR) sowie • Geplante Umsetzungen zum gesamtösterreichischen Universitätsentwicklungsplan (gö UEP). Zusammenfassend ist die wissenschaftliche Weiterbildung kein isoliert zu betrachtendes System, sondern immer im gesellschaftlichen Kontext und in der Verbindung zu den Themen Wissenschaft, Berufswelt, Wirtschaft, Bildungssystem, Lifelong Learning sowie der Akteure (der Weiterbildungseinrichtung, den Lernenden und Lehrenden) zu sehen. Die wissenschaftlichen Weiterbildungseinrichtungen haben sich diesen Veränderungen gestellt, wenngleich sich dadurch universitätsspezifische Spannungsfelder oder breiter gefasst Kommunikationsprobleme zwischen Universitäten und Weiterbildung (nach Wolter 2007, S. 386–388) aufgetan haben: Ein Spannungsfeld nach Innen sind die immer wieder und andauernden Diskussionen rund um die Rolle der wissenschaftlichen Weiterbildung innerhalb einer Universität. Nach wie vor lassen

Wissenschaftliche Weiterbildung in Österreich

605

sich – trotz des Ausbaus an Strukturen und Formaten – strategische Ausrichtungen als echter integrativer Bestandteil der Universitätsentwicklung vermissen. Auch fehlen an vielen Universitäten Anreizsysteme für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich im wissenschaftlichen Weiterbildungsbereich engagieren wollen. Trotz der zunehmenden Professionalisierung von Weiterbildungseinrichtungen erscheinen, aufgrund der ständig zunehmenden Anforderungen an die Weiterbildung, veränderte Strukturen notwendig. Im universitären Weiterbildungsbereich müssen neue Entwicklungen und Markttrends rascher umgesetzt werden, besonders unter Anbetracht einer zunehmenden Marktkonkurrenz durch Fachhochschulen und Privatuniversitäten. Die universitären Strukturen erlauben dies oftmals nicht bzw. wären zusätzliche Investitionen notwendig, damit die wissenschaftliche Weiterbildung ihre Vorreiter-Rolle im Bereich der Lehre weiter ausbauen kann. Die wissenschaftliche Weiterbildung in Österreich befindet sich auch in wiederkehrenden, von außerhalb der Universitäten herangetragen, Spannungsfeldern. Dies betrifft vor allem den Vorwurf an die kostenpflichtigen wissenschaftlichen Weiterbildungsangebote, Masterabschlüsse „erkaufen“ zu können. Diesem Vorwurf versuchen die einzelnen Weiterbildungseinrichtungen oder auch AUCEN durch verstärkte Kommunikation zu dem Thema Qualitätssicherung zu entgegnen. Ein weiteres Spannungsfeld, ebenfalls bedingt durch die zunehmende Konkurrenzsituation im gesamten hochschulischen österreichischen Weiterbildungsbereich, betrifft die Finanzierung. Bereits jetzt bestehen innerhalb des Hochschulsektors unterschiedliche Finanzierungsmodelle, die dadurch zu unterschiedlich hohen Lehrgangsbeiträgen führen und ein „Preisdumping“ unter den Weiterbildungsanbietern ist zu beobachten. Ergänzend dazu, werden berufsbegleitende Weiterbildungsprogramme in immer kürzer zu absolvierender Dauer angeboten. So sind Lehrgänge mit Masterabschluss im Umfang von 120 ECTS-Punkten, die berufsbegleitend in vier Semestern absolvierbar sein sollen, keine Ausnahme mehr.

6.2

Diskussionsfelder

Aufgrund der bisherigen Ergebnisse und Ausführungen kann davon ausgegangen werden, dass sich der hochschulische Weiterbildungsmarkt in Österreich weiter verändern wird. Entscheidend für die Richtung der Entwicklung der wissenschaftlichen Weiterbildung wird sein, wie mit den ausgeführten Spannungsfeldern (u. a. Anerkennung, Finanzierung, Gleichwertigkeit) hochschulübergreifend umgegangen wird. Zumindest für die Universitäten soll der Ende 2015 veröffentlichte gesamtösterreichische Universitätsentwicklungsplan 2016–2021 (gö UEP) als gemeinsamer strategischer Planungsrahmen dienen und dabei die Stärkung des Hochschulsystems, die differenzierte Profilbildung und die Förderung von Third Mission-Aktivitäten (bmwfw 2015, S. 8) fokussieren. Für die wissenschaftliche Weiterbildung ergibt sich der wichtigste Ausblick im System-Ziel 3 zur Verbesserung der Qualität der universitären Lehre. Es wird festgehalten, dass „wissenschaftliche Weiterbildung auch als Beitrag zur sozialen Durchlässigkeit und als Antwort

606

E. Gornik

auf die demografische Entwicklung der Gesellschaft (z. B. Alters-, Herkunfts- und [Vor-]Bildungsstruktur) gesehen werden“ (bmwfw 2015, S. 13) kann. In diesem Zusammenhang und zur Klärung der Handlungsfelder in der universitären/wissenschaftlichen Weiterbildung ist bis spätestens 2018 eine Studie vorgesehen. Es ist daher davon auszugehen, dass die Ergebnisse dieser Studie einen wesentlichen Beitrag zur Weiterentwicklung und Positionierung der wissenschaftlichen Weiterbildung an den österreichischen Universitäten leisten könnten. Von Bedeutung für die Positionierung der wissenschaftlichen Weiterbildung wird der Umgang mit der Kritik an möglichen Qualitätsdefiziten sein. Hier kann nur darauf hingewiesen werden, dass die Qualitätsarbeit in der wissenschaftlichen Weiterbildung als Grundstein für die Gleichwertigkeit mit regulären (ordentlichen) Masterabschlüssen gesehen werden sollte. Die starke Fokussierung der österreichischen universitären Weiterbildungseinrichtungen auf die Zielgruppe der Akademikerinnen und Akademiker wird und kann nicht weiter der (alleinige) Fokus sein. Immer stärker erfolgt die Nachfrage von Personen, die keinen traditionellen Hochschulweg gegangen sind, beruflich höchst qualifiziert sind und durch ein wissenschaftliches Weiterbildungsangebot ein „akademischen Upgrading“ (i. S. v. Wolter 2011, S. 25) anstreben. Für diese neue Zielgruppe müssen an den Universitäten Möglichkeiten und ausreichende Beratungsleistungen geschaffen werden, um außerhochschulisch erworbene informelle oder non-formale Kompetenzen entsprechend zu berücksichtigen. Die Verfahren müssen allerdings transparent und qualitätsgesichert über alle Universitäten hinweg gestaltet sein.

7

Fazit

Ob die wissenschaftliche Weiterbildung an den österreichischen Universitäten, mit ihrem gesamten Potenzial, wirklich als dritte Kernaufgabe wahrgenommen wird, konnte nur in Teilen beantwortetet werden. Es zeigt sich jedoch, dass die wissenschaftliche Weiterbildung stark mit den nationalen sowie internationalen Rahmenbedingungen und Einflussfaktoren, dem (unterschiedlich intensiven) Ausbau der Weiterbildungseinrichtungen an den österreichischen Universitäten und der Entwicklung der Donau-Universität Krems zusammenhängt. Die ausgeführten Aspekte machen deutlich und lassen darauf schließen, dass Anstrengungen, wenn auch in unterschiedlicher Intensität, an den österreichischen Universitäten erfolgt sind. Der Ausbau der formalen Angebote hat quantitativ messbar und stark zugenommen. Umso stärker stehen die für wissenschaftliche Weiterbildung zuständigen Einrichtungen vor großen finanziellen, personellen und organisatorischen Herausforderungen Es ist daher ungewiss, ob diese von den Weiterbildungseinrichtungen alleine, ohne starke und entsprechende Unterstützung der eigenen Universität, bewältigt werden können. Gefordert sind hier die Hochschulleitungen und die Politik, dem Wert der wissenschaftlichen Weiterbildung so zu begegnen, dass die ausgeführten hinderlichen Rahmenbedingungen die Entwicklung nicht hemmen. Die derzeitige Gefahr besteht darin, dass sich wissenschaftliche Weiterbildungseinrichtungen zu

Wissenschaftliche Weiterbildung in Österreich

607

stark auf administrativ-unterstützende Serviceleistungen zum Ausbau des formalen Angebotes konzentrieren müssen. Dadurch haben sie nicht die Möglichkeit, sich dem erweiterten Spektrum der wissenschaftlichen Weiterbildung, das über formale und postgraduale Studien hinausgeht, zu widmen. Es scheint jedenfalls notwendig, dass sich Universitäten und Hochschulen in der wissenschaftlichen Weiterbildung stärker untereinander vernetzen, vor allem bei Lifelong Learning Projekten oder offenen Bildungsformaten. Die Erfahrung, die die wissenschaftlichen Weiterbildungseinrichtungen aus den letzten zehn Jahren jeweils mitbringen, sollte von den Universitäten selbst stärker Beachtung finden. Eine strikte Trennung von wissenschaftlichen Weiterbildungsangeboten und Angeboten aus der regulären Lehre, ist kontraproduktiv: die wissenschaftliche Weiterbildung kann – aufgrund der Kenntnis mit den Weiterbildungszielgruppen – einen enormen Mehrwert und Erfahrung einbringen. So sind gerade die österreichischen Universitäten in ihrer Vorreiterrolle der wissenschaftlichen Weiterbildung gefordert, die Tendenz zur Stärkung dieser und ihrer zuständigen Einrichtungen fortzusetzen, entsprechende Unterstützungsmaßnahmen vorzusehen und damit eine Professionalisierung des gesamten Feldes zu fördern.

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608

E. Gornik

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Wissenschaftliche Weiterbildung in der Schweiz Therese E. Zimmermann

Inhalt 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Historische Entwicklung und Status quo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Empirische Bestandsaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

610 611 615 625 625

Zusammenfassung

Basierend auf bestehende Überblicksarbeiten fokussiert der Beitrag die Meilensteine der Entwicklung der wissenschaftlichen Weiterbildung in der Schweiz seit den 1960er-Jahren bis hin zur Genese der hochschultypübergreifenden Gesetzgebung. Weiter werden das Format Master of Advanced Studies (MAS) ins Zentrum gestellt und die Abschlusszahlen der Universitäten, Fachhochschulen und Pädagogischen Hochschulen präsentiert. Aufgrund einer Näherungsgröße wird ebenfalls das Finanzvolumen beziffert, das mit den Abschlüssen einhergeht. Einschätzungen zu relevanten Themen der Hochschulweiterbildung bis ins Jahr 2025 und ein Fazit schließen den Beitrag ab. Schlüsselwörter

Wissenschaftliche Weiterbildung · Hochschulweiterbildung · Universitäre Weiterbildung · Hochschulmanagement · Hochschulentwicklung · Schweiz

T. E. Zimmermann (*) Zentrum für universitäre Weiterbildung, Universität Bern, Bern, Schweiz E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 W. Jütte, M. Rohs (Hrsg.), Handbuch Wissenschaftliche Weiterbildung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-17643-3_33

609

610

1

T. E. Zimmermann

Einleitung

Die wissenschaftliche Weiterbildung wird in der Schweiz von den Universitäten (UH), den Fachhochschulen (FH) und den Pädagogischen Hochschulen (PH) angeboten,1 und zwar in Form von Weiterbildungskursen sowie von Weiterbildungsstudiengängen mit den Formaten Master of Advanced Studies (MAS), Diploma of Advanced Studies (DAS) und Certificate of Advanced Studies (CAS). Diese Formate dominieren die Hochschulweiterbildung. Sie haben sich als Studiengangsarchitektur schweizweit ab der Wende ins 21. Jahrhundert durchgesetzt. Einige Anstrengungen sind unternommen, die Schweizer Hochschulweiterbildung samt ihren sich in einem Mehrebenensystem auffaltenden Steuerungslogiken zu beschreiben (Fischer 2014, 2016). Governance-Fragen stellen sich für das mittlerweile sehr komplex gewordene Feld mehr denn je (Weber und Künzli 2016). Der vorliegende Beitrag fokussiert zunächst die Meilensteine der Entwicklung der Hochschulweiterbildung in der Schweiz (Abschn. 2). Sie lässt sich mit Start in den 1960er-Jahren in vier Wellen einteilen, mündend in einen vorläufigen Status quo seit der Inkraftsetzung des Hochschulförderungs- und Koordinationsgesetzes (HFKG) im Jahr 2015. Weiter werden ausgewählte Themen im Sinne einer empirischen Bestandesaufnahme in den Mittelpunkt gestellt (Abschn. 3). Den Auftakt bildet der „Master of Advanced Studies“ (MAS) als wichtiges Abschluss-Format in der Schweiz. Gestützt auf die nationale Bildungsstatistik werden die Abschlusszahlen der drei Hochschultypen über die Zeit hinweg aufgezeigt. Auch wird das damit einhergehende Finanzvolumen beziffert. Für dieses Volumen bestehen keine Daten aus der nationalen Bildungsstatistik. Jedoch kann mittels einer Näherungsgröße aus einer Studie der ungefähre Umfang angegeben werden. Anschließend wird nach dem Stand der Forschungsbemühungen in der wissenschaftlichen Weiterbildung in der Schweiz gefragt. Vorgestellt werden eine für den vorliegenden Bericht erarbeitete Typisierung von Akteurinnen und Akteuren, die sich um Erkenntnisse zur Hochschulweiterbildung bemühen, sowie eine Ordnungslogik zur Veror1

Die Hochschulen, die Mitglied der Rektorenkonferenz sind gemäss Hochschulförderungs- und Koordinationsgesetzes (HFKG) (Art. 2 Abs. 2 und 4, Art. 19 Abs. 2, Art. 30 und 75) in alphabetischer Reihenfolge: Berner Fachhochschule (BFH), Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL), Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH), Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW, Fachhochschule Ostschweiz FHO, Haute Ecole pédagogique Berne-Jura-Neuch^atel (HEP-BEJUNE), Haute Ecole pédagogique Fribourg (HEP-Fribourg), Haute Ecole pédagogique du Valais (HEP-Valais), Haute Ecole pédagogique Vaud (HEP-Vaud), Haute Ecole Spécialisée de Suisse occidentale (HES-SO), Hochschule für Heilpädagogik (HfH), Hochschule Luzern (HSLU), Kalaidos Fachhochschule Schweiz, Pädagogische Hochschule Bern (PH Bern), Pädagogische Hochschule Graubünden (PH Graubünden), Pädagogische Hochschule Luzern (PH Luzern), Pädagogische Hochschule Schaffhausen (PH Schaffhausen), Pädagogische Hochschule Schwyz (PH Schwyz), Pädagogische Hochschule St. Gallen (PH St. Gallen), Pädagogische Hochschule Thurgau (PH Thurgau), Pädagogische Hochschule Zug (PH Zug), Pädagogische Hochschule Zürich (PH Zürich), Scuola universitaria professionale della Svizzera italiana (SUPSI), Universität Basel, Universität Bern, Universität Fribourg, Universität Genf, Universität Lausanne, Universität Luzern, Universität Neuenburg, Universität St. Gallen, Università della Svizzera italiana (USI), Universität Zürich, Zürcher Fachhochschule (ZFH).

Wissenschaftliche Weiterbildung in der Schweiz

611

tung der Forschungsbemühungen. Zukunftseinschätzungen zu Themen der Hochschulweiterbildung gefolgt vom Fazit (Abschn. 4) schließen den Beitrag ab. Die Begriffe hochschulische2 Weiterbildung, Hochschulweiterbildung und wissenschaftliche Weiterbildung werden synonym verwendet. Anzumerken ist, dass in der Schweiz in den einschlägigen Feldern weitere Bezeichnungen für die Hochschulweiterbildung anzutreffen sind: In der Perspektive der Bildungssystematik ist sie „Tertiäre Weiterbildung, Tertiär A-Weiterbildung [oder] Weiterbildung auf Hochschulebene“, in der Perspektive auf die Anbietenden ist sie „Fachhochschulweiterbildung, universitäre Weiterbildung [oder] PH-Weiterbildung“ (Fischer 2014, S. 24). Im Hinblick auf die Zielgruppe ist sie eine „akademische Weiterbildung“ und im Hinblick auf den Inhalt eine „wissenschaftliche Weiterbildung“ (Fischer 2014, S. 24). Was die nationale Bildungsstatistik anbelangt so zählt diese die „(. . .) Hochschulweiterbildung (Nachdiplome, MAS, DAS, CAS) (. . .) zur Weiterbildung“ (BFS 2017, S. 5, Hervorhebung T.Z.), wobei unter Weiterbildung in der Schweiz „(. . .) in der Regel die nichtformale Bildung verstanden“ (BFS 2017, S. 5) wird. Das Bundesamt für Statistik (BFS), das die nationale Bildungsstatistik verantwortet, meint mit „nichtformal“ die „(. . .) Lernaktivitäten im Rahmen von Schüler-LehrerBeziehung, die nicht zum formalen Bildungssystem zählen“ (BFS 2017, S. 5). Es können dies „Kurse, Konferenzen, Seminare, Privatunterricht oder Schulungen am Arbeitsplatz“ sein (BFS 2017, S. 5). Die Hochschulen selbst verstehen ihre Lehrgänge, aufgrund derer sie die CAS-, DAS- und MAS-Abschlüsse verleihen, als „strukturierte Weiterbildung“ (Fischer 2014, S. 24, Hervorhebung T.Z.).

2

Historische Entwicklung und Status quo

Die Geschichte der wissenschaftlichen Weiterbildung in der Schweiz lässt sich in Anlehnung an Weber (2014, S. 25–36) in vier Entwicklungsphasen einteilen, gefolgt von einem vorläufigen Status quo.

2.1

Entwicklungsphasen

2.1.1 1960er-Jahre bis 1990: Hochschulpolitischer Diskurs Die in den 1960er-Jahren einsetzende Entwicklung der wissenschaftlichen Weiterbildung war auf schweizerischer Ebene als hochschulpolitischer Diskurs geprägt von drei Berichten des schweizerischen Wissenschaftsrates (Weber 2014, S. 25–26): Im ersten Bericht aus dem Jahr 1967 argumentierte diese den Schweizer Bundesrat beratende Kommission u. a. für die Initiierung von Weiterbildungsstätten. Im zweiten Bericht aus dem Jahr 1972 wurde die Weiterbildung als wichtiges Instrument zur Strukturierung des Studienbetriebs gesehen. Im dritten Bericht von 1978 wurde bei 2

Einen Überblick zur nicht-hochschulischen Weiterbildung in der Schweiz gibt das Länderporträt von Schläfli und Sgier (2014).

612

T. E. Zimmermann

der Forderung nach Weiterbildung der Bezug erstmals „explizit auf die Programmatik des lebenslangen Lernens“ hergestellt (Weber 2014, S. 26). Die Kommission plädierte hierbei für einen offenen Zugang zu den Weiterbildungen. Berufserfahrung bei Nichtakademikerinnen und -akademikern sollte berücksichtigt und die Aus- und Weiterbildung verzahnt werden; zudem sollte zur Erfüllung des Auftrags mit anderen Bildungseinrichtungen und Verbänden kooperiert werden. Insgesamt wurde der Auf- bzw. Ausbau der wissenschaftlichen Weiterbildung an den Universitäten als zeitlich und sachlich dringlich angesehen. Einig war man sich im Weiteren über einen offenen Zugang und die Abgabe spezieller Diplome. Uneinigkeit bestand jedoch hinsichtlich der Finanzierung der wissenschaftlichen Weiterbildung.

2.1.2

1990er-Jahre: Institutionalisierung und Beginn der Neuformierung Die zweite Phase kann als Institutionalisierungsphase der wissenschaftlichen Weiterbildung charakterisiert werden. Es ist die Zeit der Sondermaßnahmen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, und zwar von 1990 bis 1996. Diese ermöglichten den Universitäten die Fundierung ihrer Weiterbildung. In der Universität Bern bspw. erhielten – neben der Koordinationsstelle für Weiterbildung, die am 1. Oktober 1990 gegründet wurde – insgesamt 28 Weiterbildungsstudiengänge Bundesgelder (ZUW 2010, S. 1). Seit ihren Anfängen war – so Weber (2014) – die wissenschaftliche Weiterbildung an den Universitäten mehrheitsfähig geworden, und zwar aus vier Gründen (Weber 2014, S. 28–31): Mangel an hoch qualifizierten Fachleuten, Nutzen der Höheren Berufsbildung und der Industrie an der vorgesehenen Förderung, Offenheit für die vorgesehenen Fördermaßnahmen und Spielraum der universitären Leitungen. Die zur Verfügung gestellten Mittel waren entsprechend hoch: Für die Universitäten sowie die beiden Eidgenössischen Technischen Hochschulen in Zürich und Lausanne wurden (zu Beginn) total 120 Millionen CHF gesprochen. Verwendet werden sollten sie für die Einrichtung von Weiterbildungsorganisationen, für den Aufbau von Weiterbildungsstellen, für die Initiierung und Umsetzung von Nachdiplom- sowie Ergänzungsstudien und für die Beteiligung an EU-Bildungsprogrammen. Ab Mitte der 1990er-Jahre begann sich der Hochschulraum als Folge des Fachhochschulgesetzes und reformierter kantonaler Gesetze zu den Pädagogischen Hochschulen neu zu formieren (Weber 2014, S. 31–32): Bestehende Einrichtungen der Höheren Berufsbildung wurden zusammengefasst, kantonale Einrichtungen der Lehrerbildung zu Hochschulen reformiert und als Bildungsanbieter neu positioniert. Die Zahl der Anbietenden wissenschaftlicher Weiterbildung wurde damit stark erhöht. 2.1.3 Ab 2000: Verstärkte Umweltbezogenheit Im Zuge der obengenannten Neuformierung wurden die Hochschulen stärker mit ihrer Umwelt verschränkt. Für die Universitäten ist diese Umwelt durch die Akteurinnen und Akteure der Wissenschaft strukturiert (Weber 2014, S. 32–35): Die Universitäten müssen sich an den Erwartungen der Berufsorganisationen von akademischen Professionen orientieren. Demgegenüber stehen für die Pädagogischen Hochschulen

Wissenschaftliche Weiterbildung in der Schweiz

613

und die Fachhochschulen eher die entsprechenden Berufsorganisationen mit ihren fachlichen Erwartungen im Vordergrund. Weiter variieren die rechtlichen Rahmenbedingungen für die wissenschaftliche Weiterbildung – bei grösseren Gestaltungsspielräumen und einer grossen Zahl an involvierten Akteurinnen und Akteuren. Je Hochschultyp formulieren drei Konferenzen ihre entsprechenden schweizweiten Leitplanken. Die Konferenz der Fachhochschulen (KFH) geht dabei mehr ins Einzelne als die Schweizerische Konferenz der Rektorinnen und Rektoren der Pädagogischen Hochschulen (COHEP3). Bei der Rektorenkonferenz der Schweizer Universitäten (CRUS4) als der dritten Konferenz steht neben zahlreichen anderen Themen besonders – wie bereits in den 1960er-Jahren – das Lebenslange Lernen im Mittelpunkt. Zur Finanzierung von wissenschaftlicher Weiterbildung schließlich ist konstatierbar: Die Vorstellung, dass die Angebote selbsttragend sein müssen, hat sich zwar durchgesetzt. Kostendeckungsgrade, soweit bekannt, variieren jedoch. Trotz der Unterschiede ist es zu einer „Systembildung eigener Art“ (Weber 2014, S. 35) und damit zu einer Autonomie der wissenschaftlichen Weiterbildung gekommen; als Ursache dafür nennt Weber u. a. die hochschultypübergreifend gelebte Stufung der Weiterbildungsabschlüsse in die Formate CAS, DAS und MAS sowie die professionelle Steuerung von Weiterbildungsstudiengängen. Vor dem Hintergrund der gewachsenen Strukturen lässt sich der Zustand der wissenschaftlichen Weiterbildung an den Schweizer Hochschulen am Vorabend zur hochschultypübergreifenden Gesetzgebung mittels sechs Merkmalen charakterisieren, wobei für die ersten vier Merkmale in hohem Maß Ähnlichkeiten zwischen den Hochschultypen bestehen (Weber 2012, S. 21–22): • Finanzierung: Für alle Hochschultypen gilt, dass die Weiterbildungsangebote durch die Nachfrage finanziert werden sollen. • Abschlüsse: Mit den Formaten CAS, DAS und MAS ist eine anerkannte Strukturierung erreicht und der Arbeitsmarkt geht von einer Gleichwertigkeit der Abschlüsse aus. Anzufügen bleibt allerdings, dass sich hinter einzelnen Abschlüssen sehr Unterschiedliches „verbergen“ kann (Weber 2012, S. 21). Eine Analyse von 112 MAS-Angeboten aus drei Kantonen der Schweiz ergab knapp zehn Jahre nach der Genese der Formate größere Differenzen hinsichtlich der Zulassungsvoraussetzungen, der Preise und der Studiendauer, bis ein MAS-Abschluss nach Erfüllung sämtlicher Leistungsvorgaben erreicht ist (Zimmermann et al. 2011, S. 13–16). • Steuerung: An allen Hochschulen werden die Weiterbildungsstudiengänge durch ein professionelles Management gesteuert. • Zulassungsregeln: Die Zulassung zur wissenschaftlichen Weiterbildung ohne Hochschulstudium wird gesamtschweizerisch mit Rahmenempfehlungen gelenkt. Zu ergänzen ist, dass analysierte Praktiken zu den Sur-Dossier-Aufnahmen in MAS-Studiengänge – ausgehend von den Regelvorgaben je Regulierungsebene – 3

Conférence suisse des rectrices et recteurs des hautes écoles pédagogiques. Conférence des Recteurs des Universités Suisses.

4

614

T. E. Zimmermann

erhebliche Unterschiede und damit einhergehende Probleme ergeben haben (Zimmermann 2012). Neben diesen vier Merkmalen zeigen sich große Unterschiede bei den Dozierenden als fünftem Merkmal (Weber 2012, S. 22): Die Universitäten engagieren in höherem Maß erfahrene Forschende als Lehrende, wogegen Fachhochschulen und Pädagogische Hochschulen stärker PraktikerInnen berücksichtigen. Bei der Anrechnung von Weiterbildung als sechstem Merkmal schließlich ist festzuhalten, dass nur an den Fachhochschulen, nicht aber an Universitäten sowie Pädagogischen Hochschulen Leistungen aus Weiterbildungsstudiengängen bei Erststudien angerechnet werden können.

2.1.4 Ab 2015: Hochschultypübergreifende Gesetzgebung Mit der hochschultypübergreifenden Gesetzgebung in Form des Hochschulförderungs- und Koordinationsgesetzes (HFKG), das 2015 in Kraft trat, brach bzw. bricht im Schweizerischen Hochschulraum eine neue Ära an: Aufgrund dieses Bundesgesetzes haben Bund und Kantone gemeinsam für einen „qualitativ hochstehenden Hochschulraum“ (Weber und Künzli 2016, S. 84–85) zu sorgen: Das HFKG gibt zusammen mit dem interkantonalen Hochschulkonkordat und der Zusammenarbeitsvereinbarung zwischen Bund und Kantonen für die Involvierten die Ziele und die Aufgaben vor. Ein Ziel ist z. B. die Gleichbehandlung von Universitäten, Fachhochschulen und Pädagogischen Hochschulen. Die mit dem HFKG neu einhergehende Akteurstruktur ist dreigeteilt. Die Schweizerische Hochschulkonferenz (SHK) bildet das politische Organ und tagt als Plenarversammlung und als Hochschulrat. Das akademische Organ ist die Rektorenkonferenz mit Bezeichnung „swissuniversities“. Sie vertritt die Interessen aller Hochschultypen. Sie besteht entsprechend den drei Typen aus drei Kammern. Derart kann jeder Typus sich den für ihn spezifischen Fragen zuwenden – zum Beispiel solchen zu Lehre oder zu Diversität. Das dritte Organ ist der Akkreditierungsrat. Er prüft die Akkreditierung von öffentlichen und privaten Hochschulen der Schweiz, die den Titel einer UH, FH oder PH tragen möchten (SBFI 2015, S. 12). Hervorzuheben ist, dass die wissenschaftliche Weiterbildung in der neu generierten Struktur kein eigenes institutionalisiertes Gefäß besitzt. Sie ist in die Delegation Lehre integriert (Fischer 2017, S. 156).

2.2

Status quo im Jahr 2017/2018

Dass die wissenschaftliche Weiterbildung in der HFKG-Struktur keinen institutionalisierten Platz hat bewerten Fischer und Frey (2018) dahingehend, dass sich noch zeigen muss, wie in der Hochschulweiterbildung mit der neuen Organisiertheit die Regulierungskräfte wirken können. Sie erläutern in diesem Zusammenhang, dass Swissuni als Expertin für relevante Hochschulweiterbildungsthemen ein engeres Zusammengehen mit den Weiterbildungen an den Fachhochschulen sowie den Pädagogischen Hochschulen anstrebt. Swissuni ist der Verein, in dem alle Weiter-

Wissenschaftliche Weiterbildung in der Schweiz

615

bildungsstellen der universitären Hochschulen seit 2002 zusammengeschlossen sind. Er ging 2002 aus einer Arbeitsgruppe hervor, deren Anfänge in die 1990erJahre reichen (Fischer 2017, S. 153). In der Schweiz haben Vereine eine grosse Tradition und sind sehr verbreitet. Auch geht mit ihnen ein hohes Potenzial für erfolgreiche Einflussnahme einher. Im Falle von Swissuni kann eine solche bspw. zum Zeitpunkt der Einführung der Formate CAS, DAS und MAS beobachtet werden, denn die Vorschläge des Vereins zu den Formaten wurden laut Fischer und Frey (2018) weitgehend aufgenommen. Was den Status quo der Folgen der neuen Regelungen im Rahmen des HFKG betrifft, kann gestützt auf ihre Einschätzungen im Kern Folgendes festgehalten werden: Die organisatorischen Details, wie die Vertretungen der Weiterbildungen der Universitäten, Fachhochschulen sowie Pädagogischen Hochschulen zusammenfinden, sind offen. Zur inhaltlichen Umsetzung werden Rektorenkonferenz und Hochschulrat die generelle Ausrichtung der Hochschulweiterbildung definieren. Wie stark der Wille nach Koordination ist, wird sich bei Themen zeigen müssen, bei denen die Hochschulen unterschiedliche Positionen vertreten. Aufgeführt werden dazu das von der Universität Genf geplante Weiterbildungsdoktorat sowie die von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (ETHL) generierten Certificate of Open Studies (COS) (ETHL 2016).

3

Empirische Bestandsaufnahme

Die Hochschulen als Anbieterinnen der wissenschaftlichen Weiterbildung in der Schweiz bewegen sich in einem stark segmentierten Weiterbildungsmarkt (Weber und Tremel 2009). Eine offizielle, umfassende Statistik zu den Hochschulen mit ihren Weiterbildungsstudiengängen MAS, DAS sowie CAS samt zugehörigen Studiengangsarchitekturen fehlt. Die Rektorenkonferenz führt allerdings eine Datenbank, bei der im Jahr 2017 neben den MAS die DAS und die CAS nach Studienbereichen, nach Hochschulen (Universitäre Hochschulen, Fachhochschulen, Pädagogischen Hochschulen, Hochschulinstitutionen) und nach Unterrichtssprachen abgerufen werden können; bei den Pädagogischen Hochschulen sind über die Zusätzlichen Weiterbildungsangebote der Pädagogischen Hochschulen ebenfalls die CAS und DAS einsehbar.5 Weiter kann für die universitären Weiterbildungsstudiengängen auf die Datenbank unter www.swissuni.ch zugegriffen werden. Ist man schweizweit an einer konsolidierten Information zu den MAS interessiert, erlaubt die nationale Bildungsstatistik einen vertieften Einblick zu den Abschlusszahlen für dieses Format.

5

http://www.studyprogrammes.ch/crus-sprdb-client/ Zugegriffen am 21.10.2018.

616

3.1

T. E. Zimmermann

MAS als zentrales Format

Die Formate Master of Advanced Studies (MAS), Diploma of Advanced Studies (DAS) und Certificate of Advanced Studies (CAS) wurden 2001 an den Schweizer Universitäten initiiert und 2005 von den Fachhochschulen übernommen (Zimmermann et al. 2011, S. 10–11). Die als gestuft zu verstehenden Formate haben sich seither an allen Hochschulen durchgesetzt. Wenige Zeit nach der Initiierung gab es sehr viele klassisch aufgebaute Programme, d. h. auf einen CAS folgt ein DAS bzw. die DAS-Stufe und auf diese setzt die MAS-Stufe auf. Neben diesen als modular bezeichneten MAS-Programmen waren viele MAS als integrale MAS-Angebote strukturiert, was – wie von verantwortlichen Leitungen berichtet wird – meist mit strengerem Aufnahmeverfahren für Sur-Dossier-Aufnahmen einherging (Zimmermann 2012, S. 45). Inzwischen sind im Feld außerordentlich viele MAS-Programme anzutreffen, die sich weitgehend aus mehreren CAS zusammensetzen. Der Umfang der Formate wurde ab 2008 als Mindestumfang festgelegt, und zwar für CAS auf 10 ECTS-Punkte, für DAS auf 30 und für MAS auf 60 (CRUS 2012). Anzumerken ist, dass im Feld für „MAS“ weitere Abschlussbezeichnungen verwendet werden, die ebenfalls diese Stufe verkörpern, hierbei jedoch den Zusatz Advanced nicht explizit umfassen. Beispiele sind etwa der „Master of Health Administration (MHA)“ oder „Master of Medical Education (MME)“. Der Grund für diese Abweichung von der Standardbezeichnung ist, dass die entsprechenden Studiengänge lange vor der definitiven Einführung des MAS als Format existierten.

3.1.1 Abschlüsse Die Abschlusszahlen für das Format MAS bei den Universitäten nehmen seit 2005 laufend zu (Abb. 1). Die Universitäten haben somit den Arbeitsmarkt bis 2016 mit total 16.995 MAS-AbsolventInnen bedient. Demgegenüber beträgt das Total bei den Fachhochschulen6 – für den gleichen Zeitraum mit 31.111 MAS-AbsolventInnen beinahe doppelt so viele Abschlüsse (Abb. 2). Die Gesamtzahl pro Kalenderjahr schwankt seit 2005 um einen Mittelwert von rund 2600 Abschlüssen. Die Fachhochschulen sind also weiterbildungsaktiver als die Universitäten. Zu den Ursachen gibt Weber (2012) u. a. folgende an: Die eine betrifft die Nachfrage nach höherwertigen Abschlüssen als Effekt der 1995 eingeführten Fachhochschulen (Weber 2012, S. 24) – eine Begründung, welche auch bereits 2010 für die Differenz in den Abschlusszahlen genannt wird (Tremel und Weber 2010, S. 127–128). Als zweite Ursache wird das Profil der Fachhochschulen angegeben, aufgrund dessen sie sich stärker auf den hochschulexternen Arbeitsmarkt beziehen als die Universitäten. Die Fachhochschulen reproduzieren letztlich die Berufe, die Universitäten die Fächer (Weber 2012, S. 24).7 6

Das Bundesamt für Statistik führt keine getrennte Statistik für MAS-AbsolventInnen von Pädagogischen Hochschulen – sie sind in den ausgewiesenen Zahlen eingeschlossen. 7 Da mittlerweile die MAS-Abschlüsse der Universitäten zahlenmäßig aufgeholt haben, wie dies anhand der Zahlen seit 2012 sichtbar ist, wären diese beiden Argumente nach nunmehr weiteren sechs Jahren prüfenswert.

Wissenschaftliche Weiterbildung in der Schweiz

617

2500

2000 1497 1499

1500 1080

1174 1178

1620

1713

1957

1811 1621

1328

1000

500

517

0 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016

Abb. 1 Zahl der UH-MAS total, 2005–2016 (Daten: Bundesamt für Statistik BFS/SHIS-studex 2016. Eigene Darstellung.) (Das Bundesamt für Statistik erfasst die Zahl der Abschlüsse pro Kalenderjahr. In der Darstellung sind die Ergebnisse von zwei Kalenderjahren zusammengefasst)

3500 3000 2500

2453

2256

2422

2585

2725

2916

2770 2761 2693

2569

2698

2263

2000 1500 1000 500 0

2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016

Abb. 2 Zahl der FH-/PH-MAS total, 2005–2016 (Daten: Bundesamt für Statistik BFS/SHISstudex 2016. Eigene Berechnung)

Die Zahl der Abschlüsse, differenziert nach Hochschule und jeweils zwei Jahre zusammengezählt, zeigt für die Universitäten (Abb. 3): Die ETH führt für die Jahre 2005 und 2006 die Liste an, und zwar mit 410 MAS-Abschlüssen. Es folgen die

618

T. E. Zimmermann

Abb. 3 Zahl der UH-MAS, nach Hochschulen, 2005–2016 (Daten: Bundesamt für Statistik BFS/ SHIS-studex 2016. Eigene Berechnung)

Universitäten St. Gallen (278 Abschlüsse), ETH Lausanne (240 Abschlüsse) und die Universität Genf (170 MAS-Abschlüsse). Demgegenüber setzt sich nach zwölf Jahren Letztere als stärkste MAS-Anbietende durch (3001 MAS-Abschlüsse), gefolgt von der Universität St. Gallen (2583) und von der ETH (2327). Bei den Universitäten Zürich (1884 Abschlüsse) und Bern (1855) halten sich die Abschlusszahlen in etwa die Waage. Bei den Fachhochschulen steht für die Jahre 2005 und 2006 zusammengezählt die Fachhochschule Zentralschweiz mit 834 Abschlüssen an erster Stelle, gefolgt von der Zürcher Fachhochschule (815 Abschlüsse) und der Fachhochschule Nordwestschweiz (702 Abschlüsse) (Abb. 4). Die Abschlüsse über zwölf Jahre hinweg kumuliert ergibt keine größeren Verschiebungen. Die folgenden drei Fachhochschulen erscheinen als die größten Erzeugerinnen von MAS-AbsolventInnen: die Zürcher Fachhochschule (7621 MAS-Abschlüsse), die Fachhochschule Zentralschweiz (5197 Abschlüsse) und die Fachhochschule Nordwestschweiz (4538 Abschlüsse). Nach den Abschlusszahlen zusätzlich die Themenfelder fokussierend, manifestiert sich bei den Universitäten nach zwölf Jahren eine Dominanz für den Fachbereich Wirtschaftswissenschaften (Abb. 5): Auf diesen entfallen mit 6249 MAS-Abschlüssen 37 % aller Abschlüsse. Es folgen die Fachbereiche Geistes- und Sozialwissenschaften mit 18 % (3075 Abschlüsse) und Technische Wissenschaften mit ebenfalls knapp 18 % (2963 Abschlüsse). Die weiteren vier Fachbereiche umfassen rund 27 % (4708 Abschlüsse).

Wissenschaftliche Weiterbildung in der Schweiz

619

Abb. 4 FH-/PH-MAS nach Hochschulen, 2005–2016 (Daten: Bundesamt für Statistik BFS/SHISstudex 2016. Eigene Berechnung)

Abb. 5 UH-MAS nach Fachbereich, 2005–2016 (Daten: Bundesamt für Statistik BFS/SHISstudex 2016. Eigene Berechnung)

Bei den Fachhochschulen dominiert mit 19.380 MAS-Abschlüssen der Fachbereich Wirtschaft und Dienstleistungen (Abb. 6). Das sind 62,3 % aller MAS-Abschlüsse dieses Hochschultyps in zwölf Jahren. Der Fachbereich Technik und IT umfasst weitere 13,6 % der MAS-Abschlüsse (absolut: 4238), gefolgt von Soziale

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Abb. 6 FH-/PH-MAS nach Fachbereichen, 2005–2016 (Daten: Bundesamt für Statistik BFS/ SHIS-studex 2016. Eigene Berechnung)

Arbeit mit 6,7 % (absolut: 2084). Demzufolge konzentrieren sich mit rund 82,6 % gut vier Fünftel der Abschlüsse auf drei Fachbereiche. Die restlichen 17,4 % (absolut: 5409) teilen sich zehn Fachbereiche. Der Vergleich der Themenfelder der Universitäten und der Fachhochschulen ergibt einerseits bei beiden die Dominanz von Wirtschaft(swissenschaft) und Dienstleistung. Anderseits decken Fachhochschulen mit insgesamt dreizehn Fachbereichen mehr ab als die Universitäten mit ihren sieben. Weber kommentiert zu diesem Unterschied, dass die Fachhochschule ein heterogeneres Fachpublikum anspricht als die Universität (Weber 2012, S. 26).

3.1.2 Finanzvolumen In der Schweiz wurden für das Jahr 2007 5,3 Milliarden CHF in die nichtformale Bildung investiert (SKBF 2014, S. 264).8 Die MAS sind Teil dieses Milliardenmarktes, denn vom Bundesamt für Statistik wird die wissenschaftliche Weiterbildung – wie erwähnt – der nicht formalen Bildung zugeordnet (BFS 2017, S. 5). Es stellt sich die Frage, welches Finanzvolumen die MAS-Abschlüsse wie dargestellt in Abb. 1 (universitäre MAS: 16.955) und Abb. 2 (fachhochschulische MAS: 31.111) auf sich vereinigen. Eine Analyse im Jahr 2010 von 214 MAS-Studiengängen ergab für einen MAS einer Universität einen Durchschnittspreis von CHF 8

Nach Auskunft von Stefan Wolter vom 08.11.2017 gibt es bis dato keine Neubewertung dieses Volumens.

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27.258 und für einen MAS einer Fachhochschule CHF 24.128 CHF (Zimmermann et al. 2011, S. 12). Mit diesen beiden Größen, die als Näherungsgrößen zu betrachten sind, lässt sich das ungefähre monetäre Volumen über sämtliche MAS-Abschlüsse in der Schweiz angeben: MAS-Interessierte bzw. ihre Arbeitgebenden haben in den letzten zwölf Jahren für den Erwerb von universitären MAS-Abschlüssen rund 462 Millionen ausgegeben und für den Erwerb von fachhochschulischen MAS-Abschlüssen rund 751 Millionen. Bei einem Gesamtvolumen von rund 1213 Milliarden CHF beläuft sich somit das Volumen der Nachfrage in nach MAS-Abschlüssen im Zeitraum von 2005 bis 2016 auf rund 101 Millionen pro Jahr.

3.2

Forschungsbemühungen im Feld der wissenschaftlichen Weiterbildung

3.2.1 Vielzahl der Akteurinnen und Akteure Zur Weiterbildung in der Schweiz wird seit längerem auf die Forschungsdefizite hingewiesen (SKBF 2014). Verschiedenste Akteurinnen und Akteure bemühen sich, Wissen über Weiterbildung (hochschulische Weiterbildung wie z. B. die MAS oder nicht-hochschulische Weiterbildung wie z. B. die Berufsprüfungen) zu erzeugen. Aufzuführen sind bspw. das Bundesamt für Statistik (BFS), die Schweizerische Koordinationsstelle für Bildungsforschung (SKBF) mit ihrer Projekt-Datenbank www.skbf-csre.ch und der Bund mit seiner Ressortforschung. Um dem Forschungsbedarf in der Weiterbildung zu begegnen wurde überdies angeregt, „(. . .) zusätzliche Forschungsschwerpunkte an den Hochschulen zu fördern und diese so anzulegen, dass praxisrelevantes Wissen generiert wird“ (Schläfli und Sgier 2014, S. 107). Vor dem Hintergrund dieser Forderung zunächst der Frage nach Professuren für Weiterbildung nachgehend, zeigt sich für die Universitäten: An der Universität Bern gab es von 1990 bis 2009 eine Professur Weiterbildung (Kaufmann-Hayoz 2016, S. 230–232). Weiter hatte die Universität Genf einen Lehrstuhl zur Erwachsenenbildungsforschung (Schläfli und Sgier 2014, S. 106). Die Fachhochschulen bzw. Pädagogischen Hochschulen, die erst über die Neuformierung des Feldes ihre Arbeit aufnehmen konnten, sind der Forderung in den Jahren 2009 und 2014 nachgekommen. Zwei Professuren wurden neu geschaffen, und zwar an der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) (Weiterbildung/Erwachsenenbildung) und an der Pädagogischen Hochschule Zürich (PH ZH) (Weiterbildung/Höhere Berufsbildung). Diese initiierten im Jahr 2015 das Netzwerk Weiterbildungsforschung. Weiter bemühen sich die Weiterbildungsstellen der Hochschulen selbst, Erkenntnisse zur wissenschaftlichen Weiterbildung zu schaffen. Zu nennen sind etwa auch Kompetenzzentren, die sich mit Forschung über Hochschulen befassen, potenziell auch mit wissenschaftlicher Weiterbildung – ein Beispiel: das Kompetenzzentrum für Hochschul- & Wissenschaftsforschung (CHESS) an der Universität Zürich. 3.2.2 Typisierung und Verortung von Forschungsbemühungen Da eine Bestandsaufnahme zu den Forschungsbemühungen zur Hochschulweiterbildung offen ist, recherchierte die Autorin des vorliegenden Beitrags im Juli sowie

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Nr. Typ und Subtyp 1

systemeigene Akteurinnen und Akteure 1a 1b

Hochschulen mit Professuren für Weiterbildung / Erwachsenenbildung Hochschulen und ihre (explizit als solche bezeichneten) Weiterbildungsstellen / -zentren mit zugehörigen Exponentinnen und Exponenten

1c

Hochschulen mit anderen Einheiten als die unter 1a und 1b genannten (z.B. Kompetenzzentren; Institute wie Institut für Erziehungswissenschaft)

2

3

nicht systemeigene Akteurinnen und Akteure 2a

Beauftragte Firmen / Organisationen11 / Einzelpersonen

2b

Eigeninitiative von Firmen / Organisationen / Einzelpersonen

Mischform 3a

Systemeigene Akteurinnen bzw. Akteure in Kooperation mit Nicht Systemeigenen

Abb. 7 Forschung in der Hochschulweiterbildung: Typen von Akteurinnen und Akteuren (Eigene Darstellung)

Oktober 2017 das Feld nach deutschsprachigen Forschungserzeugnissen zur Schweizer Hochschulweiterbildung. Der Begriff Forschung wurde dabei weit gefasst. In die Exploration eingegangen sind neben Untersuchungen unterschiedlicher Größen auch (Selbst-)Beschreibungen von Akteurinnen und Akteuren, die zur Hochschulweiterbildung aktiv sind. Die darauffolgende Verortung war inspiriert von der in Makro-, Meso- und Mikroebene eingeteilten Ordnungslogik von Tremel und Weber (2010, S. 17–18).9 Das Ergebnis der Typisierung sind die obenstehenden drei Typen von Akteurinnen und Akteuren (Abb. 7): ‚Hochschule‘ stellt den zentralen Referenzpunkt dar. Eingeteilt ist entsprechend in innen (=systemeigen, 1. Typ) versus außen (nicht systemeigen, 2. Typ): Im 1. Typ mit Bezeichnung ‚systemeigene Akteurinnen und Akteure‘ sind die Subtypen 1a, 1b und 1c aufgeführt, wobei 1b dem Umstand Rechnung trägt, dass in der Schweiz hochschulische Weiterbildungsstellen/-einheiten nicht notwendigerweise eine Professur für Weiterbildung haben. Mit 1c ist berücksichtigt, dass bspw. Kompetenzzentren, die sich mit Forschung über Hochschulen befassen, auch die Hochschulweiterbildung in den Blick nehmen können. Vergleichbares ist möglich bei Instituten, z. B. Institute für Erziehungswissenschaft.

9

Ihr Modell, das zur Hauptsache die Makroebene (beinhaltet z. B. die politisch-rechtlichen Rahmenbedingungen) und die Mesoebene (beinhaltet z. B. die Hochschule als Organisation mit ihrer Organisationsstruktur) umfasst, entwickelten sie zur Analyse des Forschungsgegenstandes Fachhochschulen.

Wissenschaftliche Weiterbildung in der Schweiz

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Im 2. Typ sind zwei Subtypen notiert. Bspw. bezeichnet 2b eine Firma, welche aus Eigeninitiative interessierende Themen erforscht. Der 3. Typ schließlich verkörpert die Mischform. Dies kann bspw. die Kooperation einer hochschulischen Weiterbildungsstelle mit einer beauftragten hochschulexternen Firma sein. Die Forschungsbemühungen ihrerseits lassen sich auf drei Ebenen ansiedeln: Auf der Makroebene sind Forschungs- bzw. Teilprojekte eingeordnet, die sich schwerpunktmäßig mit übergeordneten politischen, rechtlichen und/oder finanziellen Rahmenbedingungen für die Hochschulweiterbildung befassen. Auf der Mesoebene sind Forschungsbemühungen angesiedelt, die sich schwerpunktmäßig mit Hochschulen als Akteurinnen bzw. Trägerinnen von Hochschulweiterbildung beschäftigen. Im Mittelpunkt stehen damit z. B. Strukturen sowie Praxen in und für die Hochschulweiterbildung. Auf der Mikroebene schließlich sind Bemühungen platziert, die schwerpunktmäßig Weiterbildungsstudiengänge mit ihren Lehr-/Lernsettings betrachten. Im Mittelpunkt können z. B. Weiterbildungsdozierende und ihre Qualifikationen sein oder Weiterbildungsstudierende und ihre Eingangsvoraussetzungen zwecks Aufnahme in den Weiterbildungsstudiengang. Die Ordnungslogik ist unter Einbezug der obengenannten Typen bzw. Subtypen mit ausgewählten Forschungsbemühungen nachfolgend abgebildet (Abb. 8).

Ebene Makro

Forschungsbemühungen Universitären Weiterbildung in der

Akteurinnen und Akteure

Typ

Reichert (2007)

2a

Zimmermann (2012)

1b

Berinfor (2016, S. 6–7)

2b

Tremel et al. (2010, S. 150)

3a

Wehr (2014)

1b

Liechti (2014)

1b

Schweiz: Bestandesaufnahme und Perspektiven im europäischen Vergleich Sur-Dossier-Aufnahmen in MASStudiengänge in der Schweiz Meso

Professionalisierungsgrad von Hochschulmanagement: Weiterbildung

Mikro

Dozierende an Universitäten / Fachhochschulen: didaktische Weiterbildung Einschätzung von Unterrichtsqualität durch Weiterbildungsteilnehmende Wissenschaftliches Arbeiten und Forschungsbezug

Abb. 8 Forschung in der Hochschulweiterbildung: Verortung von Forschungsbemühung und Akteurtyp (Eigene Darstellung)

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T. E. Zimmermann

Basierend auf dieser Exploration von Forschungsbemühungen und (individuellen) Akteurinnen und Akteuren werden weitergehende Arbeiten z. B. Aussagen zu den mengenmäßigen Verteilungen zulassen.

3.3

Zukunftseinschätzungen

Angesichts der gesetzlichen Neuordnung des Felds der Hochschulweiterbildung seit 2015 wie in Abschn. 2 skizziert, stellt sich die Frage, welche Themen die Weiterbildungsverantwortlichen in den Hochschulen in den nächsten Jahren beschäftigen werden. Um die Relevanz in mittelfristiger Zukunft zu eruieren wurden 25 Themen in Thesen gefasst und den Leitenden hochschulischer Weiterbildung zur Bewertung vorgelegt (Zimmermann 2016, S. 19–33). Einzuschätzen war, wie stark die in der These angelegte Entwicklung bis 2025 stattfinden wird, und zwar von ‚gar nicht‘ (=0) über ‚sehr schwach‘ (=1), ‚eher schwach‘ (=2), ‚teils-teils‘ (=3)‚ ‚eher stark‘ (=4) bis hin zu ‚sehr stark‘ (=5). Die aufgrund der Bewertungsergebnisse rangierten Themen führten zum Spitzenplatz für den Titelschutz.10 Das heißt, dass sich die Hochschulen um den Schutz ihrer Weiterbildungsabschlüsse bemühen, ist nach Ansicht von drei Vierteln (74 %, absolut: 40) der Leitenden eine Entwicklung, die eher stark bis sehr stark eintreffen wird. Den zweiten Platz belegte die Professionalisierung, d. h.: Weiterbildungsstellen werden sich weiter professionalisieren und der Fachkräftemangel wird in bestimmten Beschäftigungsfeldern zunehmen. Weiter bestand in eher hohem Maß Einigkeit darüber, dass sich aufgrund der Vielfalt der Abschlüsse die Abnehmenden von Hochschulweiterbildung an der ausstellenden Institution orientieren werden, dass Didaktik und Methodik zu kritischen Erfolgsfaktoren werden, und dass die Hochschulen von ihren Weiterbildungsstellen zunehmend höhere Deckungsbeiträge verlangen werden. Auch die Thematik der Digitalisierung der Lernwelten nahm einen prominenten Rangplatz ein, denn gemäß gut jeder zweiten antwortenden Person (55,5 %, absolut: 30) wird die Bedeutung von ICT-gestützten Methoden wie e-Learning und MOOCs in den hochschulischen Weiterbildungsangeboten zunehmen. Die individuellen Einschätzungen wurden für einige Themen einer kollektiven Bewertung durch Repräsentantinnen und Repräsentanten der Universitäten, Fachhochschulen und Pädagogischen Hochschulen unterzogen (Zimmermann und Rufer 2016, S. 35–47). Das Ergebnis kann für den Titelschutz, die Professionalisierung, den Fachkräftemangel und die Finanzierungsthematik (Deckungsbeiträge) wie folgt auf den Punkt gebracht werden: Für den Schutz von CAS-, DAS- und MAS-Studiengängen, der als nötig gesehen wird, ist jede Hochschule in ihrer Eigenverantwortung gefordert. Die Professionalisierung der Weiterbildungsstellen an den schweizerischen Hochschulen wird als Daueraufgabe der Beteiligten gesehen. Beim Fachkräftemangel werden Marktbeobachtung und rasches Handeln als Schlüsselfaktoren eingestuft. Bei Wortlaut der These: „Die Hochschulen werden sich vermehrt für den Schutz (. . .) ihrer Weiterbildungsabschlüsse einsetzen“; Hinweis: „Mit dem HFKG ist die eidgenössische Anerkennung der fachhochschulischen MAS-Abschlüsse weggefallen; ausserdem sind CAS, DAS und MAS keine geschützten Bezeichnungen“ (Zimmermann 2016, S. 28).

10

Wissenschaftliche Weiterbildung in der Schweiz

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den Deckungsbeiträgen, die als steigend erwartet werden, müssten Möglichkeiten der Abfederung gesucht werden – z. B. über Honorare und Spesen. Die teils sehr dezidierten Haltungen bezüglich der vorgelegten Themen akzentuieren nicht nur, welche Themen bis ins Jahr 2025 von Bedeutung sein werden, sondern sie machen vor allem auch eines deutlich: In den Hochschulen lenken mittlerweile eine Vielzahl von Weiterbildungsprofessionellen ihre hochschulische Weiterbildung, indem sie das Feld sehr gut überblicken und mit den relevanten Themen bestens vertraut sind.

4

Fazit

Die wissenschaftliche Weiterbildung hat in der Schweiz eine fast 60jährige Geschichte. Themen der ersten Stunde waren bspw. die Finanzierung von Hochschulweiterbildung und der offene Zugang für Nichtakademikerinnen und Nichtakademiker; letzteres ein Thema, das mit den Certificate of Open Studies (COS) der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (ETHL) wieder in den Vordergrund gerückt ist. Wenn – wie die Skizzierung der Entwicklungsphasen der Schweizer Hochschulweiterbildung eingangs zeigte – die hochschultypübergreifend gelebte Stufung der Weiterbildungsabschlüsse in die Formate CAS, DAS und MAS eines der zentralen Elemente ist, das die Hochschulweiterbildung zu einem System eigener Art hat werden lassen, stellt sich die Anschlussfrage, wie der Fortgang des COS-Formates in der Hochschullandschaft sein wird. Die MAS-Formate mit fast 50.000 MAS-Abschlüssen sind ein Erfolgsformat. Sie kumulieren (nur Teilnahmegebühren gerechnet) ein monetäres Volumen von rund CHF 100 Millionen pro Jahr. Dieser Nachfrage stehen die Hochschulen als Anbietende gegenüber. Die Fachhochschulen sind mit rund 30.000 generierten MAS-Absolventinnen und Absolventen weiterbildungsaktiver als die Universitäten mit rund 16.000. In welchem Maß die aufgeführten Gründe für diese große Differenz auch in Zukunft gelten, wäre verfolgenswert. Dies vor allem auch vor dem Hintergrund der hochschultypübergreifenden Gesetzgebung, bei der sich ihrerseits die Frage nach den mittel- bis langfristigen Folgen ergibt. Den Forschenden gehen somit die Forschungsgegenstände in der Schweizer Hochschulweiterbildung nicht aus, zumal ebenfalls ausgangsoffen ist, welche Themen in Zukunft hochrelevant sein werden. Dass Forschung über Hochschulweiterbildungs-Forschung damit noch interessanter wird, dürfte mit den gegebenen Vorzeichen unbestritten sein. Wünschbar bleiben einzig ausreichende Finanzierungsquellen auch für solche Forschungsleistungen.

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