Handbuch für Baugenossenschaften [2., umgearb. Aufl. Reprint 2020] 9783112364789, 9783112364772

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Handbuch für Baugenossenschaften [2., umgearb. Aufl. Reprint 2020]
 9783112364789, 9783112364772

Table of contents :
Vorwort
Inhalt
Erstes Kapitel. Einleitung
Zweites Kapitel. Die Rechtsform der Baugenossenschaft als eingetragene Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht
Drittes Kapitel. Die Gründung einer Baugenossenschaft
Viertes Kapitel. Ordnung und Leitung der Genossenschaftsangelegenheiten
Fünftes Kapitel. Entstehung und Endigung der Mitgliedschaft
Sechstes Kapitel. Die gesetzliche Prüfung
Siebentes Kapitel. Die Beschaffung der Betriebsmittel
Achtes Kapitel. Sollen öle Baugenossenschaften Miethäuser ober Erwerbshäuser bauen
Neuntes Kapitel. Bedingungen über die Vermietung und den Verkauf der Genossenschaftshäuser
Zehntes Kapitel. Die Wirtschaftsrechnung der Baugenossenschaften
Elftes Kapitel. Der Geländeerwerb
Zwölftes Kapitel. Technische Grundlagen für Genossenschaftsbauten
Dreizehntes Kapitel. Muster
Vierzehntes Kapitel. Kassen- und Rechnungsführung
Anhang
Sachregister

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Handbuch für Baugenossenschaften Zweite, umgearbeitete Auflage von

Adolf Scheibt, Unterftaatofefretär des preußischen Ministeriums für Dolkswohlfahrt, Reichskommissar für Wohnungswesen.

Berlin und Leipzig 1920.

Bereinigung wissenschaftlicher Verleger Walter de (Srugter & So. vormals 0. g. Göschen'sche DerlagShandlung - 3 Guttentag, Verlagsbuchhandlung — Georg Reimer — srarl 3. Trübner — Veit & Comp

Vorwort. Die erste Auslage meines Handbuches für Baugenossenschaften hat bei den am Kleinwohnungsbau beteiligten Kreisen eine freundliche

Aufnahme gefunden. Ich muß nach den mir zugegangenen schriftlichen und mündlichen Mitteilungen annehmen, daß das Handbuch in seiner bisherigen Form, Anordnung und Darstellungsweise seine Aufgabe,

nämlich den Leitern der Baugenossenschaften und den am Klein­ wohnungswesen beteiligten Kreisen ein Ratgeber bei der Einrichtung und Geschäftsführung von Baugenossenschaften zu sein, erfüllt hat.

Es lag deshalb kein Anlaß vor, an der Einrichtung und dem Aufbau

des Buches Grundsätzliches zu ändern. Dagegen sind die Voraus­ setzungen für ein erfolgreiches Arbeiten der Baugenossenschaften im allgemeinen und in der Abwicklung vieler Berwaltungsgeschäste im besonderen durch den Krieg so gewaltig verschoben worden, daß eine Änderung fast aller und eine völlige Umarbeitung einzelner Kapitel

notwendig war.

Soweit möglich, ist dabei den während des Krieges

gemachten Erfahrungen auch nach der technischen Seite hin Rechnung getragen. Bei der Bearbeitung der zweiten Auslage haben mir mehrere

meiner sachkundigen und erfahrenen Mitarbeiter im Preußischen Ministerium für Volkswohlfahrt mit Rat und Tat wertvolle Hilfe geleistet. Ten Herren spreche ich dafür an dieser Stelle meinen ver­ bindlichen Dank aus.

Der Verfasser.

Inhalt. Erstes Kapitel. Ginlrttuug........................................................................................

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Zweites Kapitel. Pir Krchtsform -rr Hlmgenossenschast als ringrtrageur Geuoffruschast mit deschrüukter Haftpflicht............................... *.....................

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Drittes Kapitel. Pir Gründung einer Hangenossenschnst. a) Vorbereitungen zur Gründung ........ b) Gründun gsverfammlun g.................................................. c) Eintragung.....................................................................

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Viertes Kapitel. Ordnung und Kettung der Ornossenschastsangrlegenheitrn. A. Der Borstand. a) Der Borstand als gesetzlicher Vertreter.................... b) Zahl der Vorstandsmitglieder........................................ c) Wahlart für die Vorstandsmitglieder......................... d) Wahlzeit.......................................................................... e) Zeichnung..................................................................... f) Beschlußfassung................................................................ g) Beurkundung der Beschlüsse........................................ h) Verteilung der Geschäfte unter die einzelnen Vorstands­ mitglieder ..................................................................... i) Enthebung der Vorstandsmitglieder von ihrem Amte k) Besoldung der Vorstandsmitglieder..............................

B. Der Aufsichtsrat. a) Bedeutung des Aufsichtsrats bei Überwachung des Vorstandes........................................................... b) Zahl und Wahlart für die Aufsichtsratsmitglieder. . o) Bildung und Geschäftsführung................................... d) Die aus der Mitte des Aussichtsrats zu bildenden Ausschüsse und ihre Obliegenheiten..............................

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29 29

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VI

Inhalt.

a) b) c) d) e) f) g)

C. Die Hauptversammlung. Stimmrecht der Mitglieder............................. 39 Leitung der Hauptversammlung......................... 40 Einladung zur Hauptversammlung................... 40 Zahl der abzuhaltenden Hauptversammlungen ... Beschlußfassung...................................................... 43 Beurkundung der Beschlüsse............................. 44 Berhandlungsgegenstände.................................. 45

D. Bevollmächtigte und

Beamte ...

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46

MnstcS Kapitel. Entstehung ee6 Endigung der Mitgliedschaft. a) Aufnahme von Mitgliedern............................................ b) Austritt von Mitgliedern............................................ c) Ausschluß.......................................................................... d) Ausscheiden durch Tod................................................. e) Die Auseinandersetzung.................................................. f) Übertragung des Geschäftsguthabens........................ g) Ausscheiden durch Berlegung desWohnsitzes ... h) Die Anmeldungen über die Mitgliederbewegung bei dem Gerichte.................................................................

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Sechstes Kapitel. Dir gesetzliche Prüfung.....................................................................

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Siebentes Kapitel. Dir Drschaffung der Detrirdsmittel. A. Das eigne Vermögen der Baugenossenschaften.

a) Einzahlungen der Mitglieder auf die Geschäftsanteile b) Rücklagen......................................................

B. Die fremden Betriebsmittel und die Geld­ quellen der Baugenossenschaften ... a) Deutsches Reich................................................................ b) Preußischer Staat............................................................ c) Landesversicherungsanstalten........................................ d) Pensionskasse für die Arbeiter der Preuß.-Hessischen Eisenbahngemeinschaft................................................. e) Reichsversicherungsanstalt fürAngestellte...................... f) Öffentliche Sparkassen................................................. g) Landesbanken, Provinzialhilfskassen, Stadtschasten und Hypothekenvereine........................................................... h) Hypothekenbanken und Versicherungsgesellschaften. . i) Arbeitgeber..................................................................... k) Zweite Hypotheken...................................................... l) Unkündbare Schuldverschreibungen undSpareinlagen

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Achtes Kapitel. Sollen dir Kaugenoffenschasten Miethüuser oder Grwerdshäuser baue«?

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Neuntes Kapitel. Bedingungen Lider die Kermietung und den Uerkaufder Grnossenfchnsts hüuser. a) Vermietung der Genossenschaftshäuser................................ 105 b) Verkauf der Genossenschaftshäuser..................................... 110

Zehntes Kapitel. Air Wirtschaftsrechnung der Haugenossruschastrn. a) Berechnung der Wohnungsmieten..................................... 121 b) Die von den Baugenossenschaften abzuschließenden Ver­ sicherungen ............................................................................... 130

Elftes Kapitel. Der GrlLnderrwerd. a) Allgemeines...............................................................................136 b) Anhanokauf............................................................................... 137 c) Fester Kauf zu dauerndem Eigentum................................ 138 d) Erbbaurecht.............................................................................. 139 I Die rechtliche Gestaltung des Erbbaurechts. 1. Allgemeines.................................................................... 139 2. Der Inhalt des Erbbaurechts..................................... 141 3. Der Erbbauzins.......................................................... 149 4. Die Rangstelle des Erbbaurechts........................... 150 5. Die Belastungen.......................................................... 151 6. Die Rechtsverhältnisse am Bauwerk .... 155 7 Die Bestellung eines Erbbaurechts ..... 158 8. Die Zwangsvollstreckung des Erbbaurechts . . 158 9. Verschiedenes............................................................... 159 II. Die Anwcndungsmöglichkeit des Erbbaurechts in der Praxis, insbesondere für Baugenossenschaften. 161 e) Wiederkaufsrecht.....................................................................168 f) Prüfung des Baugeländes..................................................... 171

Zwölftes Kapitel. Technische Grundlagen für Genosseuschaftsdautrn. a) Bebauungsplan......................................................................... 178 b) Hausart......................................... -.................................... 162 c) Hausgestaltung..........................................................................185 d) Hausinneres.............................................................................. 180 e) Nebenanlagen..........................................................................196 f) Gemeinschaftseinrichtungen.....................................................200 g) Bauleitung.............................................................................. 202 h) Hausgärten.............................................................................. 207

Inhalt.

VIII

Dreizehntes Kapitel.

Seite

Mrftrr, HrsttmmLugrv «stv. 1. Mustersatzungen für eine Baugenossenschaft, die nur Miethäuser baut.................................................................211 2. Mustersatzungen für eine Baugenossenschaft, die Miet­ häuser und Erwerbshäuser oder nur Erwerbshäuser baut.................................................................................... 228 3. Geschäftsanweisung für den Borstand einer Baugenossenschaft..................................................................... 246 4. Geschäftsanweisung für den Aufsichtsrat einer Bau­ genossenschaft ......................................................................256 5. Anstellungsvertrag für Vorstandsmitglieder .... 263 6. Niederschrift über die Gründungsversammlung einer Baugenossenschaft................................................................ 265 7. Niederschrift über eine Hauptversammlung .... 266 8. Niederschrift über eine gemeinschaftliche Sitzung des Vorstandes und Aufsichtsrats............................................ 267 9. Niederschrift über eine Borstandssitzung......................... 268 10. Geschäftsordnung für die Hauptversammlung . . . 269 11. Grundsätze für die Vermietung von Vereins­ wohnungen .......................................................................... 273 12. Mietvertrag und Hausordnung........................................274 13. Bedingungen, unter denen ein Hausgrundstück zu Eigentum erworben werden kann................................... 279 14 Bedingungen für die Gewährung von Baudarlehen und Baugeld aus dem Wohnungsfürsorgefonds des Reichsarbeitsministeriums, sowie für die Übernahme von Bürg­ schaften durch den Reichsfiskus....................................... 286 15. Darlehnsvertrag zwischen dem Retchsfiskus und einer Baugenossenschaft nebst allgemeinen Vertragsbe­ dingungen .............................................................................. 298 16. Bestimmungen der Landesversicherungsanstalt HessenNassau über Gewährung von Darlehen a) an gemeinnützige Bauvereine usw............................ 305 b) an einzelne Versicherte............................................ 310 17. Richtlinien für die Mitwirkung der Reichsversicherungs­ anstalt für Angestellte an der Verbesserung der allgemeinen Wohnungsverhältnisse...................................314 18. Leitsätze der gemeinnützigen Aktiengesellschaft für Angestellten-Heimstätten bei den Maßnahmen der Reichs­ versicherungsanstalt in der Wohnungsfrage .... 316 19. Erbbauvertrag zwischen Reichsfiskus und einer Bau­ genossenschaft ......................................................................... 321 20. Erbbauvertrag zwischen einer Baugenossenschaft und einer Privatperson................................................................329 21. Schuldschein..........................................................................333

Inhalt.

IX Seite

22. 23. 24. 25. 26.

27. 28. 29. 30. 31. 32. 33. 34. 35. 36.

37. 38. 39.

40. 41.

42.

Sparordnung..............................................................................333 Tilgungsdauer für Tilgungsdarlehen............................... 336 Kosterrüberschlag........................................................................ 337 Ertrag-berechnung....................................................................338 Bedingungen über die Ausführung und Lieferung von Arbeiten................................................................................... 340 Berechnung des Kaufpreises eines Hausgrundstücks 353 Verzeichnis der Genossen....................................................354 Veröffentlichung der Mitgliederbewegung.......................... 354 Beitrittserklärung.............................................. 355 Kündigung der Mitgliedschaft...............................................355 Übertragung des Geschäft-guthabens............................... 355 a) unb b) Schriftliche Anmeldung der Satzungen und Satzungsänderungen.............................................................. 356 Einreichung von Beitrittserklärungen............................... 357 Einreichung von Kündigungen......................................... 358 Einreichung der Kündigung von Gläubigern der Genossen................................................................... . 358 Einreichung eines Ausschließungsbeschlusses .... 358 Einreichung der Übereinkunft wegen Übertragung des Geschäftsguthabens an einen Nichtgenossen .... 359 Einreichung der Übereinkunft wegen Übertragung des Geschäftsguthabens an einen Genossen bei Zulassung mehrerer Geschäftsanteile.................................................... 359 Anmeldung von Wahlen von Vorstandsmitgliedern . 360 Einreichung der Beteiligungserklärung eines Genossen auf weitere Geschäftsanteile...............................................360 Einreichung der Urkunden betreffs Eintragung des Todes eines Genossen.............................................. . 360

Vierzehntes Kapitel. Kasten unb Kechuungssührnng................................................................... 361 Muster für dir Einrichtung der Geschäftsbücher.................................... 391

Anhang. A. Re ichsgesetze. I. Gesetz, betreffend Bürgschaften des Reiches zur Förderung des Baues von Kleinwohnungen für Reichs- und Militär­ bedienstete. Bom 10. Juni 1914.............................................. 431 II. a) Gesetz über Kapitalabfindung an Stelle von Kriegs­ versorgung (Kapitalabfindungsgesetz). Vom 3. Juli 1916 432 b) Gesetz zur Ergänzung des Kapitalabfindungsgesetzes. Vom 26. Juli 1918................................................................... 435 c) Kapitalabfindungsgesetz für Offiziere. Bom 26. Juli 1918 436

X

Inhalt. Seite

d) Bekanntmachung, betreffend Ausführungsbestimmungen zum Gesetz über Kapitalabfindung an Stelle von Kriegs­ versorgung (Kapitalabfindungsgesetz) und zum Gesetze zur Ergänzung des Kapitalabfindungsgesetzes. Bom 11. Januar 1919.........................................................................440 III. Verordnung über das Erbbaurecht. Bom 15. Januar 1919 445 IV. Reichssiedlungsgesetz. Bom 11. August 1919.......................... 455

B. Preußische Gesetze.

1.Wohnungsgesetz. Bom 28. März 1918....................................... 467 II. Gesetz über die staatliche Verbürgung zweiter Hypotheken (Bürgschaftssicherungsgesetz). Bom 10. April 1918 . . . 506 III. Schätzungsamtgesetz. Bom 8. Juni 1918............................... 527 Sachregister

544

Erstes Kapitel.

Einleitung. Deutschland hat den großen Weltkrieg verloren! Die Bedeutung dieser Worte für die Gestaltung unseres Wirtschaftslebens dämmert heute gewiß schon vielen, ganz erfaßt wird sie aber gegen­ wärtig wohl nur von wenigen. Wir befinden uns noch in einer Zeit des Übergangs und der Gärung. Der wirtschaftliche Verlauf der

Dinge für die Zukunft liegt selbst für die wirtschaftlich Weitsichtigen in vieler Hinsicht noch völlig im Dunkeln. Auch die Zukunft unseres deutschen Wohnungswesens ist noch nicht klar übersehbar, aber so viel steht fest: Deutschland wird in den nächsten Jahren zweifelsfrei von einer starken Wohnungsnot heimgesucht sein, einer Wohnungsnot, die sich nicht allein auf die Städte und größeren Orte beschränken, sondern über das ganze Land erstrecken wird. Es ist mehrfach die Frage aufgeworfen worden, woher denn eigentlich die Wohnungsnot in Deutschland komme. Sie sei doch kaum erklärlich, da die Einwohnerzahl in Deutschland infolge des Krieges abgenommen habe. Hierbei wird übersehen, daß die Zahl der nötigen Wohnungen nicht allein von der Bevölkerungsziffer, sondern wesentlich von der Zahl der Haushaltungen beeinflußt wird. Diese hat aber trotz aller Kriegsverluste zugenommen, und sie wird weiter zunehmen, wenn nicht eine starke Auswanderung einsetzt. Der Mehrbedarf an Wohnungen dürfte in Deuffchland für die zunächst absehbare Zeit sicher größer sein als die Zahl der Wohnungen, die gebaut werden kann, so daß bis auf weiteres mit einer Verschärfung der Wohnungsnot gerechnet werden muß. Neben der Ernährungsfrage wird die Wohnungsfrage in Stadt und Land in den nächsten Jahren zu einer Lebensfrage des deutschen Volkes werden. sch etvt, Handbuck für iBanqenofienidiaiten

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9

Erstes Kapitel.

Einleitung

Gesteigert wird die Wohnungsnot noch durch das Zuströmen von Flüchtlingen aus den abzutretenden und besetzten Gebieten und durch die starke Inanspruchnahme vorhandenen WohnraumeS durch solche Personen, deren Einkommen infolge des Krieges zu­ genommenhat. Durch eine stärkere Erfassung des vorhandenen Wohnraumes in Form der Wohnungsteilungen und Zwangsein­ quartierungen kann jedoch nur ein unzulänglicher und unbefriedigender Ausgleich für eine kurze Dauer erreicht werden. Das einzig wirksame Mittel, der Bau von Wohnungen, wird aber in dem nötigen Umfange leider in den nächsten Jahren, trotz besten Wollens aller am Wohnungswesen beteiligten Stellen, infolge der Baukosten­ verteuerung und des Baustoffmangels nicht möglich sein. Viele erblicken in der Abschiebung der überschüssigen städtischen Bevölkerung auf das Land das Allheilmittel in der Wohnungsfrage. Es wird allerdings mit der Möglichkeit gerechnet werden müssen, daß infolge des unglücklichen Kriegsausgangs und des sich daraus ergebenden Rohstoffmangels breite Massen der städtischen Industrie­ bevölkerung für längere Zeit erwerbslos werden, während auf dem Lande Arbeitskräfte fehlen. Wie lange Zeit vergehen wird, ehe die Industrie, der Handel und die Schiffahrt wieder so weit erstarkt sein werden, bis sie ihre alte Blüte erreicht haben, ist nicht voraus­ zusehen. Jedenfalls wird aber selbst dann, wenn die Friedens­ bedingungen auch in loyaler Weise durchgeführt werden sollten, für das deutsche Volk die unbedingte Notwendigkeit vorliegen, die Hilfsquellen des eigenen Landes möglichst restlos auszunutzen. Das gilt namentlich auch von dem deutschen landwirtschaftlichen Boden. Der Gedanke, die Großstadtbevölkerung zu einem erheblichen Teil in kurzer Zeit auf das Land zu verpflanzen, wird aber trotzdem nicht ausführbar sein. Bei richtigem Vorgehen wird es allerdings hoffentlich gelingen, nicht nur die Landbevölkerung in ihrem Heimats­ orte festzuhalten, sondern allmählich auch junge Arbeitskräfte, die noch nicht mit dem städtischen Leben allzusehr verwachsen sind, auf das Land hinauszuziehen. Es besteht auch wohl die Aussicht, daß allmählich eine große Anzahl von Familien, die vom Lande stammen, wieder auf das Land zurückgehen, da die Existenzbedingungen, namentlich die Ernährungsverhältnisse, in den Städten voraussichtlich noch für lange Jahre schlecht sein werden. Zumal die Gesinde­ ordnungen und Koalitionsverbote auf dem Lande jetzt aufgehoben sind, besteht in stärkerem Maße als früher die Möglichkeit des wirt-

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3

schaftlichen Aufstiegs für den jungen tatkräftigen Landarbeiter. Es sind auch in letzter Zeit eine Reibe weiterer Maßnahmen getroffen worden, die in gleicher Richtung wirken dürften. Es sei hier nur auf das Kapitalabfindungsgesetz vom 3. Juli 1916 verwiesen (vgl. An­ hang), durch das die Kapitalisierung eines Teiles der Kriegs­ invaliden- und Hinterbliebenenrente möglich ist. Auch das preußische Gesetz vom 8. Mai 1916, durch das Zwischenkredite zum Ankauf von Siedlungsland und zur Errichtung von Rentengütern verfügbar gemacht sind, dürfte nicht ohne Wirkung bleiben. Namentlich hat auch das Reich durch das Reichssiedlungsgesetz in großzügiger Weise die Beschaffung von Land zu Siedlungszwecken möglich gemacht (vgl. Anhang). Das sind gewiß alles zweckmäßige Maß­ nahmen, die eine langsam fortschreitende Entlastung des städtischen Wohnungswesens erhoffen lassen, aber übertriebene Erwartungen auf eine sprunghafte Verpflanzung der städtischen Bevölkerung auf das Land sind nicht angebracht, schon deshalb nicht, weil es auch auf dem Lande an Wohnungen fehlt und weil der ländlichen Ansiedlung ebenfalls große Schwierigkeiten entgegen stehen. Auch der Bau der ländlichen Siedlerhäuser wird, infolge der Baukosten­ verteuerung und des Baustoffmangels, nicht in der nötigen Zahl möglich sein. Im übrigen wird auch die Beschaffung des toten und lebenden Inventars für die ländlichen Siedler noch auf Jahre hinaus äußerst schwierig sein. Man wird deshalb um den Bau einer möglichst großen Anzahl städtischer Wohnungen in den nächsten Jahren nicht herumkommen, wenn auch das Hauptgewicht auf die ländliche Siedlung gelegt werden mag. Schon vor dem großen Weltkriege war durch das Zusammen­ strömen der vielen Arbeiter in den Städten ein empfindlicher Mangel an geeigneten städtischen Wohnungen entstanden. Diese Entwicklung des deutschen Wohnwesens war eng verknüpft mit der wirtschaftlichen Entwicklung, die Deutschland seit dem Deutsch-Französischen Kriege genommen hat. Bis zum Jahre 1870 war die verhältnismäßige Zunahme der Bevölkerungszahl in den überwiegend agrarischen Bezirken des deutschen Ostens erheblich höher als in West- und Süd­ deutschland. Nach dem Deutsch-Französischen Kriege war aber die deutsche Volkswirtschaft gekennzeichnet durch das immer stärkere Hervortreten der Industrie und durch ihre Umgestaltung zum mechanischen Großbetrieb. Die wachsende Industrialisierung be­ deutete eine Zunahme der städtiscben auf Kosten der ländlichen 1*

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Bevölkerung, und die Folgewirkungcu aus die Wohnungsvcrhältnissc ergaben sich hieraus ohne weiteres. Schon vor dem großen Wellkriege wurde zwar der Versuch gemacht, größere Fabrikbetriebe aus den Großstädten heraus in deren weitere Vororte, in Einzelfällen auf das Land zu verlegen. Eine durchgreifende Wirkung aber haben die Dezentralisationsbestrebungen nicht gehabt, weil sowohl für den industriellen Unternehmer, als auch für den Industriearbeiter die Großstadt eine gewaltige Anziehungskraft ausübte. Der industrielle Unternehmer ließ sich lieber in einer größeren Stadt nieder, weil sich ihm hier, namentlich durch die besseren Bahnverbindungen, größere Vorteile für den Absatz seiner Fabrikate boten. Auch die Ergänzung und Vermehrung der Arbeiterschaft war in den Städten leichter als auf dem Lande durchführbar. Der Industriearbeiter aber zog das städtische Leben nicht nur deshalb vor, weil die Industrie höhere Löhne zahlte, sondern weil sich das städtische Leben abwechslungs reicher und unabhängiger gestaltete.

Die Abwehrmaßregeln, die bis zuni Ausbruch des Weltkrieges getroffen wurden, stellen mehr oder weniger den Versuch dar, die Notstände durch kleine Verbesserungen zu beseitigen. Unter diesen Maßnahmen hat sich schon damals :die Gründung von Baugenossen­ schaften unter bestimmten Voraussetzungen als eines der wesent­ lichsten Mittel zur Beseitigung von Wohnungsmißständen bewährt. Die Leistungen der Baugenossenschaften vor dem großen Weltkriege dürfen allerdings insofern nicht überschätzt werden, als der gewaltige Mehrbedarf an Wohnungen auch noch in den letzten Jahren vor dem Kriege zum weitaus größten Teil durch die private Bautätigkeit gedeckt worden ist. Naturgemäß zeigte aber die private Bautätigkeit die Neigung, in erster Linie solche Häuser zu bauen, die für den Erbauer und Besitzer eine Wirtschaftlichkeit und eine angenehme und einfache Art der Verwaltung mit sich bringen. Der Bau von kleinen Woh­ nungen war aber im allgemeinen kein Geschäft, bei dem große regel­ mäßige Überschüsse oder gar sprunghafte Gewinne zu erwarten waren. Überdies ist die Verwaltung großer Mietskasernen mit kleinen Woh­ nungen überhaupt eine Aufgabe, der sich der wohlhabende Privat­ mann nicht gern unterzieht und die der Bauunternehmer schon deshalb ablehnt, weil die Verwaltung solcher Häuser eine zu zeitraubende Arbeit ist. Hauptsächlich aus diesem Grunde hatte die private Bau­ tätigkeit nicht überall diejenige Zahl von Klein- und Mittelwohnungen

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erbaut, die nötig war, um den Minderbemittelten zweckmäßig eitv gerichtete Wohnungen zu annehmbaren Preisen zu verschaffen. Das Eingreifen der Baugenossenschaften in das Wohnungs­ wesen erfolgte — abgesehen von einem vorübergehenden Zeitabschnitt, von dem nichts Wesentliches in die Jetztzeit hinübergerettet worden ist — zu Ende des vorigen Jahrhunderts. Es wurde dadurch ver­ anlaßt und gefördert, daß das Deutsche Reich, der Preußische Staat und namentlich die Landesversicherungsanstalten Hypothekengelder zu billigem Zinsfuß zur Verfügung stellten, um die Wohnungs­ verhältnisse der minderbemittelten Reichs- und Staatsbediensteten, bzw. der bei den Versicherungsanstalten versicherten Arbeitnehmer zu bessern. Für die Baugenossenschaften entstanden durch die Darlehen der genannten öffentlichen Körperschaften Geldquellen, aus denen Betriebsmittel nicht nur zu billigem Zinsfuß, sondern auch bis zu einer verhältnismäßig hohen Beleihungsgrenze zu haben waren. Für die genannten großen Geldgeber übernahmen die Baugenossenschaften die Rolle des Vermittlers, der ihnen einerseits die Arbeit des Bauens und Verwaltens der Häuser abnahm und anderseits — nicht in erster Linie auf Profit bedacht — sich mit einer bescheidenen Verzinsung seines eigenen Kapitals begnügte und eine dauernde Gewähr für die Zweckmäßigkeit und gemeinnützige Verwendung und Verwaltung der Gelder bieten konnte. Diese Aufgabe des Vermittlers zwischen den genannten Geldgebern und den Wohnungsbedürffigen haben die Baugenossenschaften in hervorragender Weise zu erfüllen verstanden. Daneben haben sie in nicht unerheblichem Maße zur Verbesserung der Bauweisen beigetragen, ein Verdienst, das bei Würdigung des Baugenossenschaftswesens nicht unberücksichtigt bleiben darf. Die Aufgabe der Baugenossenschaften bestand aber vor dem Kriege eigentlich mehr oder weniger nur in einer Ergänzung der privaten Bautätigkeit. Nur da, wo die private Bautäfigkeit aus irgendeinem Gmnde versagte, bot sich ein geeignetes Arbeitsfeld für die Baugenossenschaften. Jetzt, nach Abschluß des Weltkrieges, haben aber die Baugenossenschaften ein erheblich erweitertes Täfigkeitsgebiet. Nach Lage der Verhältnisse wird man annehmen müssen, daß die private Bautätigkeit nach dem Kriege einstweilen nur in sehr bescheidenem Umfange wird einsetzen können. Es ist schon erwähnt worden, daß es namentlich zwei Umstände sind, die der Bau­ tätigkeit hindernd im Wege stehen werden einmal die überaus starke Steigerung der Baukosten, dann aber auch der empfindliche,

(3

Ernes .Qnpuel.

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wahrscheinlich noch jahrelang anhaltende Mangel an Baustoffen. Selbstverständlich stehen diese Schwierigkeiten auch der gemeinnützigen Bautätigkeit, also auch der Bautätigkeit der Baugenossenschaften, entgegen. Die Schwierigkeiten, die durch die hohen Baukosten ver­ ursacht werden, dürften sich mehr oder weniger für die nächsten Jahre doch nur durch die Gewährung von Zuschüssen aus öffentlichen Mitteln überwinden lassen. Es liegt aber auf der Hand, daß an die Hergabe öffentlicher Mittel Bedingungen geknüpft werden müssen, die eine spekulative Verwendung dieser Mittel nach Möglichkeit ausschließen. Diese Bedingungen werden aber von der privaten Bautätigkeit nur ungern übernommen werden, so daß sckon aus diesem Grunde der Bau von Klein- und Mittelwohnungen mehr oder weniger den ge­ meinnützigen Baugesellschaften vorbehalten bleiben wird. Im übrigen werden alle die Gründe, die bereits vor dem Weltkriege die Privaten vom Bauen der Klein- und Mittelwohnungen abgehalten haben, jetzt sich noch in sehr verstärktem Maße geltend machen. Auch die Sorgen, Unbequemlichkeiten und die Verlustgefahr, die sich aus dem Besitz neuer städtischer Gwßhäuser für die nächste Zeit ergibt, wird von einer gemeinnützigen Gesellschaft eher übernommen werden können, als von einem Privaten. Ten gemeinnützigen Baugesellschaften wird deshalb mehr oder weniger die Aufgabe zufallen, die für die nächste Zeit notwendigen Klein- und Mittelwohnungen zu bauen. Welche Gesellschaftsform die gemeinnützige Baugesellschaft am besten an­ nimmt, namentlich ob sie in Form der Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder in Form der eingetragenen Genossenschaft mit be­ schränkter Haftpflicht zur Begründung kommt, ist eine Frage, die nur im Einzelfalle entschieden werden kann. Die eingetragene Genossen­ schaft mit beschränkter Haftpflicht hat bei der Bekämpfung der Wohnungsnot zweifellos vor jeder anderen Gesellschaftsform den Vorzug, daß sie bei richtiger Einrichtung in hohem Maße sozial zu wirken geeignet ist. Nach den Erfahrungen, die vor dem Kriege mit den Baugenossenschaften gemacht sind, wird sich allerdings die Tätig­ keit der Baugenossenschaften in der Hauptsache auf die Städte und Jndustrieorte zu beschränken haben. Es hat nicht an Versuchen ge­ fehlt, die Baugenossenschaft auch auf dem platten Lande zur Trägerin einer Wohnungsreform zu machen. Indessen ist allein schon die Organisation einer solchen ländlichen Baugenossenschaft mit großen Schwierigkeiten verknüpft. Die Mitglieder einer Genossenschaft auf dem platten Lande wohnen naturgemäß weit auseinander. Auch

Erstes Kapitel.

Einleitung.

(

muß sich die Bautätigkeit einer solchen Baugenossenschast über ein weites Gebiet erstrecken. Unter solchen Verhältnissen ist schon die Einziehung der Beträge und die Abhaltung gemeinsamer Sitzungen der Genossenschaftsorgane sehr erschwert. Noch schwieriger ist für die Vorstandsmitglieder die Überwachung der Neubautätigkeit, wenn die

Neubauten weit entfernt von ihrer Wohnung, vielleicht sogar in mehreren Orten zerstreut liegen. Weiter kommt hinzu, daß es kaum möglich sein dürfte, auf dem platten Lande Leute zu finden, die genügend kaufmännische Schulung besitzen, um neben ihrem eigent­ lichen Hauptberuf noch eine Baugenossenschaft zweckmäßig zu leiten. Es soll aber nicht gesagt werden, daß die Baugenossenschaften nur in Großstädten lohnende Arbeit finden, auch in kleinen Städten und unbedeutenden Jndustrieorten hat häufig eine Besserung der Woh­ nungsverhältnisse durch Baugenossenschaften stattgefunden. Für die rein ländlichen Bezirke ist dagegen die Gesellschaftsform der Genossen­ schaft nicht geeignet. Durch das Reichssiedlungsgesetz sind die Bundesstaaten verpflichtet worden, gemeinnützige Siedlungsunternehmungen zu begründen. Diese für das ländliche Siedlungswesen bestimmten Gesellschaften werden regelmäßig die Gesellschaftsform der Gesell­ schaft mit beschränkter Haftung anzunehmen haben. In Preußen ist für jede Provinz eine solche Gesellschaft mit einem vollamtlichen Direktor begründet worden. Hiernach ist also die Baugenossenschaft nur für die Bekämpfung der städtischen Wohnungsnot geeignet. Ein erfolgreiches Feld für die Betätigung einer Baugenossenschaft ist aber naturgemäß nur in solchen Städten und Jndustrieorten vorhanden, in denen ein dauerndes Bedürfnis nach Wohnungen vorhanden ist. Die Fest­ stellung dieses dauernden Bedürfnisses ist namentlich für die ersten Jahre nach dem Kriege schwierig. Die Beschäftigung der Industrie wird — wie bereits angedeutet — im wesentlichen davon abhängen, inwieweit es möglich ist, Rohstoffe für sie zu beschaffen. Es wird deshalb nicht überall leicht sein, das dauernde Bedürfnis an Woh­ nungen im voraus zu bestimmen. In den meisten Städten ist aller­ dings das Bedürfnis nach neuen Wohnungen heute so groß, daß einstweilen wohl fast überall die Vermehrung der Wohnungen un­ bedenklich ist. Indessen ist doch in jedem Falle bei der Gründung einer Baugenossenschaft und vor Inangriffnahme einer Bautätigkeit auf das peinlichste zu prüfen, ob das Bedürfnis an Wohnungen wirklich dauernd sein wird.

Erstes .Hnpitel.

8

(Smleituim

Bor dem Kriege hatte es sich als bedenklich herausgestellt, Bau­ genossenschaften in einem Orte zu gründen, wo nur ein Industrie­ zweig bodenständig war, weil es mehrfach vorgekommen ist, daß durch

den Rückgang dieses Industriezweiges die Baugenossenschaft sofort vor dem wirtschaftlichen Zusammenbruch stand.

Ganz besonders gefahr­

voll ist es natürlich, wenn das Wohnungsbedürfnis in einem Orte

mehr oder weniger lediglich durch einen Großbetrieb verursacht

wird.

Kommt es in diesem Großbetrieb zu Betriebsveränderungen,

Arbeitereinschränkungen oder Lohnkürzungen, so ist sofort die Lage der Genossenschaft gefährdet.

Wo das Wohnungsbedürfnis lediglich

durch einen oder einige Großbetriebe des gleichen Industriezweiges hervorgerufen wird, sollte deshalb besser der Bau der nötigen Klein­ wohnungen den Industriellen überlassen bleiben.

Es ist nämlich

hierbei ein Umstand ganz besonders zu berüch'ichtigen. Ein Industrie­

unternehmen kann nach längerer Notlage durch eine günstige Konjunktur schnell wieder zur Blüte kommen. Die Verluste früherer Jahre können durch hohe Gewinne späterer Jahre schnell wieder ausgeglichen

werden, so daß das Gesellschaftsvermögen keine Verminderung er­ fährt. Bei einer Baugenossenschaft ist das ausgeschlossen. Hat eine Baugenossenschaft infolge des schlechten Geschäftsganges des Industrie­

betriebes, dessen Arbeitern sie Wohnung gibt, mehrere Jahre mit

Verlust gearbeitet und ist das Bereinsvermögen dadurch angegriffen, so können diese Verluste nicht, wie bei dem Industriezweige, durch hohe Gewinne späterer Jahre schnell wieder gedeckt werden. Denn

die Baugenossenschaft bekommt, mag es dem Industriezweige später wieder noch so glänzend gehen, nur ihre Mieten und die Steigerungs­

fähigkeit der Mieten bei den Baugenossenschaften ist so beschränkt,

daß nennenswerte Verluste früherer Jahre jedenfalls nur außer­

ordentlich schwer zu decken sind. Die beste Grundlage werden deshalb diejenigen Baugenossenschaften haben, die mit einer sich auf ver­

schiedenen Gebieten bewegenden Industrie rechnen dürfen; denn dann ist nicht durch die Notlage eines Industriezweiges oder gar eines Industriebetriebes gleich die Genossenschaft gefährdet. Die Aufgabe der Baugenossenschaft soll nicht allein darin bestehen,

billige Wohnungen zu schaffen, sondern auch darin, das Wohnwesen

in gesundheitlicher und sittlicher Weise zu heben.

Es ist deshalb mit

Recht vor dem großen Weltkriege von den Baugenossenschaften an­ gestrebt worden, das Ausmaß und die Ausstattung der Wohnungen

über das sonst übliche Maß zu steigern.

Nachdem aber infolge des

öritce Kapitel

9

Umleitung

Krieges die Baukosten aus ein Vielsaches der Friedenspreise gestiegen sind, ist es eine bittere Notwendigkeit, nach Möglichkeit zu sparen, um die Mieten nicht ins Ungemessene steigen zu lassen.

Manche

Wünsche zur Hebung der Wohnungskultur werden deshalb auf eine

spätere und glücklichere Zeit zurückgestellt werden müssen.

Bis auf

weiteres wird sogar äußerste Sparsamkeit geübt werden müssen. Das Gedeihen einer Baugenossenschaft ist sehr häufig nur eine

Personenfrage.

Deshalb sollte bei der Gründung einer Bau­

genossenschaft stets geprüft werden, ob geeignete Personen zur Be­ setzung der Bereinsorgane vorhanden sind. Von ganz besonderer Bedeutung ist dabei die Besetzung der Vorstandsstellen, insbesondere die Besetzung des Kassiererpostens, der in den meisten kleinen Bau­ genossenschaften die Seele des Vereins ist.

Die Wahrnehmung der

Buch- und Kassengeschäfte erfordert nicht nur viel Arbeitszeit, sondern auch eine gewisse Sachkenntnis. Unter diesen Umständen ist es oft nicht leicht—namentlich in Beinen Orten —, einen geeigneten Genossen

für diesen wichtigen Posten zu finden, zumal die Bezahlung der Vor­ standsmitglieder bei den Baugenossenschasten meist zu wünschen übrig läßt. Aber auch die übrigen Vorstands- und die Aufsichtsrats­

mitglieder müssen bei den strengen Anforderungen, die das Genossen­ schaftsgesetz an sie stellt, nicht wenig Gewandtheit besitzen, wenn sie

ihre Obliegenheiten wirklich in vollem Umfang erfüllen wollen

Dabei

muß beachtet werden, daß die Leitung einer Arbeiterbaugenossen­ schaft auch in erster Linie in die Hände der dem Arbeiterstande

angehörigen Genossen gelegt werden muß.

Wenn auch zugegeben ist, daß in manchen Arbeiterbaugenossenschaften der sachkundige Rat

der der Genossenschaft angehörigen Arbeitgeber und sonstiger Gönner kaum zu entbehren ist, so hängt doch in den meisten Fällen geradezu das Gedeihen der ganzen Genossenschaft davon ab, daß das Arbeiter­

element — also die Interessenten selbst — genügend an der Ver­ waltung beteiligt ist. Eine Arbeitergenossenschaft, bei der der Einfluß der Arbeitgeber in der Verwaltung stark hervortritt, begegnet in der Arbeiterschaft von vornherein einem solchen Mißtrauen, daß ein gutes Fortkommen der Genossenschaft schon aus diesem Grunde in Frage

gestellt wird. Wir brauchen deshalb zur Leitung der Arbeitergenossenschaften in erster Linie Arbeiter, und zwar Arbeiter, die intelligent, geschäfts­

gewandt und arbeitsfreudig genug sind, um die Geschäfte der Genossen­ schaft ordnungsmäßig leiten zu können. Dabei soll — wie schon ge

AweileS Kapitel Die Rechtslonn der Baugenossenschaft

10

sagt — nicht etwa auf die Mitwirkung der Arbeitgeber und Gönner verzichtet werden, vielmehr werden da die besten Erfolge erzielt werden, wo Arbeiter und Arbeitgeber zusammen wirken, die sonstigen Interessengegensätze vergessend.

Sind nach

vorstehendem

die Baugenossenschaften auch nicht

schlechthin ohne weiteres berufen, überall die nach dem großen Welt­

krieg drohende Wohnungsnot zu bekämpfen, müssen insonderheit die Baugenossenschaften ihre Tätigkeit im wesentlichen auf die Städte

und Jndustrieorte beschränken, so ergibt sich doch für sie in der nächsten Zukunft ein so weites Arbeitsgebiet, daß von ihrer Betätigung wert­

vollste Kulturarbeit geleistet werden kann.

Vorbedingung für ein

erfolgreiches Arbeiten einer jeden Baugenossenschaft ist aber eine

sorgfältige und sachkundige Geschäftsführung und die Nutzbarmachung

von Erfahrungen, die bei anderen Baugenossenschaften in dieser Hinsicht gemacht sind.

Die nachstehenden Kapitel sollen den Leitern

von Baugenossenschaften bei Erfüllung dieser Aufgaben eine Hilfe sein.

Zweites Kapitel.

Die Rechtsform der Baugenossenschaft als eingetragene Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht. Die gesetzliche Grundlage gibt den eingetragenen Genossenschaften das Reichsgesetz vom 20. Mai 1898, betr. die Erwerbs- und Wirt­

schaftsgenossenschaften. Durch dieses Gesetz erhalten die eingetragenen

Genossenschaften selbständig ihre Rechte und Pflichten.

Sie können

Eigentum und andere dingliche Rechte an Grundstücken erwerben,

vor Gericht klagen und verklagt werden; sie gelten als Kaufleute im Sinne des Handelsgesetzbuches (§ 17 d. Ges.). Die rechtliche Grund­

lage der Genossenschaften wird ergänzt durch die von der Haupt­ versammlung zu erlassenden Satzungen.

Die Satzungen dürfen nur

insoweit von den Bestimmungen des Genossenschaftsgesetzes ab­

weichen als dies im Genossenscbaftsgesetz ausdrücklich für zulässig er­ klärt ist

18 d. Ges.)

Zweites flamtet

Tic

6er Bauqenolsenlchaft.

11

Es gibt drei Arten von eingetragenen Genossenschaften: Solche mit unbeschränkter Haftpflicht, solche mit unbeschränkter Nachschußpflicht und solche mit beschränkter Haftpflicht (§ 2 d. Ges.). Bei den Genossenschafren mit unbeschränkter Haftpflicht haften die Genossen im

Falle eines wirtschaftlichen Zusammenbruches der Genossenschaft, ab­ gesehen von ihren Geschäftsguthaben, mit ihrem ganzen Vermögen

persönlich und solidarisch für alle Verbindlichkeiten der Genossenschaft

dieser sowie unmittelbar den Gläubigern derselben. Es unterliegt keinem Zweifel, daß eine Personenvereinigung mit so weitgehender

Haftpflicht unter Umständen eine sehr breite Grundlage für den Kredit gewährt.

Es darf aber nicht übersehen werden, daß einer solchen

Genossenschaft wohlhabende Mitglieder nur dann beitreten werden, wenn sich diese aus dem Beitritt ganz außerordentliche Vorteile ver­

sprechen. Da eine Baugenossenschaft den wohlhabenden Mitgliedern, die meist auf eine Genossenschaftswohnung überhaupt nicht rechnen,

solche Vorteile nicht zu bieten vermag, so würde man durch die un­ beschränkte Haftpflicht von vornherein die Beteiligung wohlhabender Personen an der Baugenossenschaft ausschließen.

erwünscht.

Das erscheint nicht

Da im übrigen eine Baugenossenschaft bei richtigem Vor­

gehen Geschäfte mit erheblicher Verlustgefahr nicht eingeht, braucht

sie ihren Gläubigern nicht eine so weitgehende Sicherung zu geben, wie sie die unbeschränkte Haftpflicht bietet. Aus diesen Gründen ist

die Errichtung einer Baugenossenschaft als Genossenschaft mit un­ beschränkter Haftpflicht nicht zu empfehlen. Die Bedenken, die gegen die Gründung einer solchen Baugenossenschaft sprechen, sind

so überzeugender Natur, daß heute in Deutschland eine Baugenossen­ schaft mit unbeschränkter Haftpflicht überhaupt nicht mehr besteht.

Bei den Baugenossenschaften mit unbeschränkter Nachschuß­ pflicht haften die Mitglieder ebenfalls persönlich und solidarisch mit ihrem ganzen Vermögen. Der Unterschied zwischen der Genossen­ schaft mit unbeschränkter Haftpflicht und der Genossenschaft mit unbeschränkter Nachschußpflicht besteht nur in der Art des Haft­

vollzugs. Es sind also diejenigen Gründe, die gegen eine Baugenossen­ schaft mit unbeschränkter Haftpflicht sprechen, auch gegen eine Bau­ genossenschaft mit unbeschränkter Nachschußpflicht geltend zu machen.

Es gibt deshalb auch in Deutschland keine Baugenossenschaft, die die

letztere Gesellschaftsform angenommen hat. Soll eine gemeinnützige Baugesellschaft überhaupt als Genossenscbaft gegründet werden, so kommt nach dem Ausgeführten nur die

12

Zweites Kapitel

Tie RechtSiorm öer Aaugenogenichait

Gesellschaftsform der eingetragenen Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht in Frage. Bei dieser Gesellschaftsform wird das Gesellschaftsvermögen all­ mählich durch Einzahlung geringfügiger Beträge von feiten der Mitglieder gebildet. Den Gläubigern dient neben den vorhandenen Vermögenswerten und den Einzahlungen der Mtglieder die auf eine bestimmte Summe beschränkte Haftpflicht der Mitglieder als Sicher­ heit. Es ist bei einer Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht wohl zu unterscheiden: die persönliche Haftpflicht der Mtglieder, der in den Satzungen festgesetzte Geschäftsanteil der Mitglieder und das Geschäftsguthaben der Mitglieder, d. h. die Einzahlungen der Mitglieder auf ihren Geschäftsanteil. Die letzteren erfolgen in Gemäßheit der Satzungen meistens in kleinen Geldbeträgen so lange, bis die Summe des Geschäftsanteils durch die Bareinzahlungen oder die zugeschriebenen Dividenden erreicht ist. Der Geschäftsanteil ist also der Höchstbetrag, bis zu dem Mitgliedereinlagen zu erfolgen haben. Die jeweilige Summe der Bareinzahlungen der Mtglieder auf ihren Geschäftsanteil zuzüglich der zugeschriebenen Dividenden­ beträge, abzüglich etwaiger vom Geschästsanteilkonto der Mtglieder abgeschriebener Verluste, bildet das Geschäftsguthaben. Für den Fall, daß die Genofsenschaft Verluste erleidet, die nicht aus den vor­ handenen Rücklagen gedeckt werden können, werden diese Verluste von den Geschäftsguthaben der Mitglieder abgeschrieben. Sind sämtliche Geschäftsguthaben durch Verluste aufgeopfert worden und komnrt es zum Zusammenbruch der Genossenschaft, so haben die Mitglieder persönlich und solidarisch sowohl der Genossenschaft wie den einzelnen Gläubigern gegenüber eine Haftpflicht, die aber, wie bereits bemerkt ist, bei den Genossenschaften mit beschränkter Haft­ pflicht durch die in den Satzungen festgesetzte Haftsumme nach oben hin begrenzt ist. Die Haftsumme gibt also denjenigen Betrag an, den ein Genosse, abgesehen von seinem Geschä,tsguthaben, int un­ günstigsten Falle infolge seiner Beteiligung an der Baugenossenschaft verlieren kann. In der Praxis werden sehr häufig die Begriffe Ge­ schäftsanteil, Geschäftsguthaben und Haftsumme verwechselt. Aus dem Gesagten ergibt sich der Unterschied dieser Begriffe. Ein Zu­ sammenhang zwischen Geschäftsanteil und Haftsumme besteht in­ soweit, als nach den gesetzlichen Bestimmungen die Haftsumme in den Satzungen nicht niedriger festgesetzt werden darf, als der Betrag für den Geschäftsanteil. Im allgemeinen wird in den Baugenossen-

Siuchcs' Hupttel

Tic 9iesbt*»onii her ^mieten offen frtitvt

13

)d)aiii>jü^ungen i)ie yaiijuiiiiitc auj den gleichen Betrag sestgejetzt wie der Geschäftsanteil, und zwar wurde bei denjenigen Baugenossen­ schaften, die Arbeiterwohnungen bauen, meistens 200 M. an­ genommen. Dieser Betrag ist im Hinblick auf die eingetretene Bau­

kostensteigerung zu niedrig.

von 600 M. gelten.

Als Mindestbetrag muß jetzt der Betrag

Es würde zulässig sein, den Geschäftsanteil auf

600 M. und die Haftsumme z. B. auf 1500 M. festzusetzen. Dagegen

würde es unzulässig sei, den Geschäftsanteil auf 600 M. und die Haft­ summe z. B. auf 500 M. festzusetzen. Im allgemeinen liegt kein Anlaß vor, die Haftsumme bei den Baugenossenschaften auf einen höheren Betrag als den Geschäftsanteil festzusetzen, infolgedessen kann neuen

Baugenossenschaften nur geraten werden, der bisherigen

Praxis

folgend, Haftsumme und Geschäftsanteil auf den gleichen Betrag zu bemessen.

Bei der Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht ist

der Erwerb mehrerer Geschäftsanteile zulässig. Die Haftsumme erhöht sich mit dem Erwerb eines weiteren Geschäftsanteiles um den Betrag der in den Satzungen festgesetzten Haftsumme. Beträgt also die Haftsumme 600 M. und hat ein Mitglied zehn Geschäftsanteile übernommen, so beträgt seine Haftsumme 6000 M. Beträgt sein

Geschäftsguthaben 1940 M., so würde sein Gesamtverlust im Falle des Konkurses der Genossenschaft im ungünstigsten Falle 7940 M. betragen. Solange eine Genossenschaft besteht, kann ein Mitglied aus

seiner Haftpflicht nur für den Fall in Anspruch genommen werden, daß es aus der Genossenschaft ausscheidet und nach der Bilanz das Genossenschaftsvermögen einschließlich der Rücklagen und aller Geschästsguthaben der Mitglieder nicht zur Deckung der Schulden aus­ reicht. In diesem Falle würde nämlich der Ausscheidende von dem Fehlbeträge den auf ihn entfallenen Anteil an die Genossenschaft

zu zahlen haben.

Selbstverständlich ist diese Zuzahlungspflicht auf

den Betrag der Haftsumme beschränkt. Der Anteil, den der Aus­ scheidende zu zahlen hat, wird — wenn in den Satzungen keine anderen

Bestimmungen enthalten sind — nach der Kopfzahl der Mtglieder berechnet (§ 73 d. Ges ). Im übrigen kann die persönliche Haftpflicht der Mtglieder nur im Falle des Konkurses in Anspruch genommen werden.

Soll die bisherige Haftsumme erhöht werden, so kann dies nur

durch eine Abänderung der Satzungen geschehen.

Der hierzu nötige

Beschluß der Hauptversammlung bedarf einer Mehrheit von drei

14

Zweite- Kapitel

Tie Nekbls'onii oci Baugenolienlch»':

Vierteilen der erschienenen Genossen, falls nicht etwa nach den Satzungen noch weitere Erschwerilisse für eine derartige Satzungs­ änderung vorgeschrieben sind. Soll die bisherige Haftsumme ermäßigt werden, so bedarf es auch hierzu eines Hauptversammlungsbeschlusses über die nötige Satzungsänderung. Der betreffende Beschluß der Hauptversammlung muß vom Vorstande dreimal mit der Aufforderung an die Gläubiger der Genossenschaft, sich zu melden, in den für die Bekanntmachungen der Genossenschaft satzungsgemätz bestimmten Blättern veröffentlicht werden. Die sich meldenden Gläubiger sind, insoweit sie der Herab­ minderung der Haftsumme nicht zustimmen, zu befriedigen oder sicherzustellen. Nach Ablauf eines Jahres vom Tage der dritten Bekanntmachung ab gerechnet, ist diese nebst den erfolgten Satzungs­ änderungen mit einer einfachen Abschrift des betreffenden Haupt­ versammlungsbeschlusses und Abgabe der schriftlichen Versicherung, daß die Gläubiger, die sich bei der Genossenschaft gemeldet und der Herabsetzung der Haftsumme nicht zugestimmt haben, befriedigt oder sichergestellt sind, zur Eintragung in das Genossenschaftsregister an­ zumelden. Die vorgenommenen Satzungsänderungen und damit auch die geringere Haftpflicht erlangen erst mit der Eintragung recht­ liche Wirkung. Aus obigem ergibt sich, daß derjenige, der einer Baugenossen­ schaft als Mitglied beitritt, eine nennenswerte Verlustgefahr im allgemeinen nicht eingeht. Ganz abgesehen davon, daß die vorhandenen Grundstücke und Häuser einer verständig geleiteten Baugenossenschaft meist volle dingliche Sicherheit für die Schulden der Baugenossenschaft bieten, also ein wirtschaftlicher Zusammenbruch bei einer Baugenossen­ schaft nur unter ganz besonderen Verhältnissen möglich ist, kann der Verlust für das einzelne Mitglied bei den geringen Beträgen, die in den Baugenossenschaftssatzungen für Geschäftsanteil und Haftsumme festgesetzt sind, niemals sehr bedeutend werden, um so mehr, als das Mitglied der Baugenossenschaft nur zum Erwerb eines Geschäfts­ anteils verpflichtet ist. Anderseits gibt aber doch die Gesamtheit der Mitglieder durch ihre Einzahlungen auf den Geschäftsanteil und durch ihre Haftpflicht den Gläubigern der Baugenossenschaften neben der dinglichen Verpfändung der Hausgrundstücke eine bemerkenswerte Sicherheit, die es den Geldgebern möglich macht, den Baugenossen­ schaften günstigere Darlehnsbedingungen zuzugestehen, als das bei einzelnen Schuldnern möglich wäre.

Dritte« ifnpiltl.

Die Griinsung einer Baugenolsenscvn'l

15

Drittes Kapitel.

Die Gründung einer Baugenossenschaft, a) Ae Vorbereitungen zur Gründung. Ist durch geeignete Maßnahmen festgestellt, daß die im vorigen Kapitel erörterten Vorbedingungen sämtlich erfüllt sind, und soll den vorhandenen Mißständen in den Wohnungsverhältnissen durch die Gründung einer Baugenossenschaft abgeholfen werden, so wird man zunächst, durch eine Erörterung in den Tageszeitungen und später durch die Einladung einer Anzahl von Bekannten und Arbeitskollegen zu einer gemeinsamen Besprechung, die für eine Baugenossenschaft in Frage kommenden Kreise für die in Aussicht genommene Gründung zu gewinnen suchen. Gelegentlich der gemeinsamen Besprechung findet dann zweckmäßig die Bildung eines Ausschusses statt, der die Gründung der Baugenossenschaft weiter vorzubereiten hat. Die Werbetätigkeit für die Baugenossenschaft braucht sich nicht unmittelbar auf die Kreise zu beschränken, für die man Wohnungen schaffen will, sondern es ist ratsam, gleich von vornherein auch die Arbeitgeber, deren Arbeiter als Mieter der Genossenschaftswohnungen in Frage kommen, und auch sonstige geeignete Persönlichkeiten mit sozialem Verständnis heranzuziehen. Um jedem Beteiligten über die Einrichtungen der geplanten Genossenschaft, sowie namentlich darüber Auskunft geben zu können, welche Rechte und Pflichten jedes einzelne Mitglied der Genossen­ schaft zu erwarten hat, empfiehlt es sich vor allem, die Satzungen für die Genossenschaft zu entwerfen. Es ist dies die erste Arbeit, die der Ausschuß zu erledigen hat. Die diesem Buche beigefügten Muster­ satzungen (Muster 1 und 2) erleichtern diese Arbeit so, daß sie keine wesentlichen Schwierigkeiten bietet. Es empfiehlt sich, an den Muster­ satzungen möglichst wenig zu ändern, denn diese sind auf Grund lang­ jähriger Erfahrungen abgefaßt. Bor allem wird vor dem Versuch gewarnt, die Satzungen möglichst kurz zu fassen. Namentlich für kleine und mittlere Baugenossenschaften ist es durchaus zweckmäßig, alle diejenigen gesetzlichen Bestimmungen, die in der Praxis häufig

Tritte» ttapitet



Tic i'hünbiimi einer Baugenoneuschan

gebraucht werden, in die Satzungen auszunehmen, damit die Mit­ glieder der Vereinsorgane nicht neben den Satzungen auch noch häufig das Genossenschaftsgesetz zu Rate ziehen müssen.

Einem

Abweichen von den Mustersatzungen ist auch deshalb zu widerraten, weil die abgeänderten Bestimmungen häufig ungesetzlich und daher

nichtig sind.

Wird die Eintragung der Genossenschaft wegen Mängel

in den Satzungen beanstandet, so müssen die nötigen Berichtigungen wiederum von denjenigen beschlossen werden, die die Satzungen in

der Gründungsversammlung unterschrieben haben, was sehr um

stündlich ist. Ist man über den Wortlaut des Entwurfs für die Satzungen im klaren, so läßt man am besten etwa 30 Druckabzüge von den Satzungen anfertigen und gibt der Druckerei die Weisung, den Satz stehen zu

lassen.

Hierbei wird darauf aufmerksam gemacht, daß die Bereini­

gung wissenschaftlicher Verleger Walter de Gruyter & Co., Berlin W10, Genthiner Straße 38 (Abt. Guttentag) den Wortlaut der

diesem Buche beigegebenen Mustersatzungen stehen hat, so daß diese in der Lage ist, die Drucklegung der Baugenossenschaftssatzungen,

soweit sie sich an eins der angeschlossenen Muster halten, verhältnis­ mäßig billig herzustellen. Bei Abfassung der Satzungen ist in erster Linie darauf Bedacht zu nehmen, ob durch die Baugenossenschaft nur Miethäuser oder nur Erwerbshäuser oder Miethäuser und Erwerbshäuser errichtet

werden sollen.

Sollen ausschließlich Miethäuser errichtet werden,

so ist Muster 1 zur Ausarbeitung der Satzungen zu benutzen. Soll der Gegenstand des Unternehmens dagegen in der Errichtung von

Erwerbshäusern oder von Miethäusern und Erwerbshäusern bestehen, so ist Muster 2 als Unterlage für den Entwurf der Vereinssatzungen zu verwenden.

Unbedingt notwendig erscheint es, daß der Ausschuß, der die Gründung der Genossenschaft in die Wege leiten will, in der Gründungsversammlung bereits Vorentwürfe für zu errichtende

Häuser mit den zugehörigen Kostenüberschlägen vorzulegen in der Lage ist.

Es ist dies deshalb notwendig, weil denjenigeu, die einer zu

gründenden Baugenossenschaft als Mitglied beizutreten wünschen,

sofort darüber Auskunft gegeben werden muß, zu welchen ungefähren

Preisen die Baugenossenschaft demnächst Wohnungen für ihre Mit­ glieder zur Verfügung stellen kann.

Vielfach werden nämlich in die

Leistungsfähigkeit der Baugenossenschaften

ganz übertriebene Er-

Die Vorbereitungen zur Gründung.

17

Wartungen gesetzt. Man glaubt oft, daß eine Baugenossenschaft überall und unter allen Umständen in der Lage ist, ihre Wohnungen den Mitgliedern wesentlich billiger anzubieten, als es die private Bautätigkeit tut. Das ist aber nicht der Fall. Aus diesem Grunde ist es erwünscht, daß bereits in der Gründungsversammlung auf Grund zuverlässiger Unterlagen mitgeteilt werden kann, wie hoch sich voraussichtlich die Mietpreise für die zu errichtenden Woh­ nungen stellen werden. Selbstverständlich kann es sich hier nur um eine überschlägliche Berechnung der Mietpreise handeln. Eine genaue Berechnung derselben ist meist schon deshalb ausgeschlossen, weil die Grunderwerbskosten vor der Gründungsversammlung nicht genau festzustellen sind. Im übrigen sind für die nächsten Jahre nach dem Kriege auch die Baukosten, bzw. die aus öffentlichen Mitteln gewährten Baukostenzuschüsse im voraus kaum mit Sicherheit fest­ stellbar. Wenn es irgend möglich ist, sollte man auch schon vor der Gründungsversammlung bestimmte Verhandlungen über den Ankauf von Grundstücken, die sich für die Bauvereinszwecke eignen, einleiten, damit man wenigstens einigermaßen bestimmte Vorschläge über Grunderwerb, Bauweise und Höhe der Mieten in der Gründungs­ versammlung machen kann. Selbstverständlich wird man ein Grundstück vor der Gründung der Baugenossenschaft nicht fest kaufen können, aber sehr oft ist ein sogenannter Anhandkauf möglich. Das Nähere hierüber findet sich im elften Kapitel. b) Die Gründungsversammlung.

Ist die Gründung der Baugenossenschaft so weit vorbereitet, kann die Gründungsversammlung berufen werden. Es geschieht dies regelmäßig am besten durch eine entsvrechende Einladung in den Tages­ zeitungen. In der Versammlung wird zunächst ein Vorsitzender und ein Schriftführer durch einfache Stimmenmehrheit gewählt. Der Vorsitzende hat darauf den Zweck der Versammlung näher zu begründen. Der von dem Ausschuß ausgearbeitete Entwurf für die Satzungen ist der Versammlung zur Annahme zu empfehlen. Bon den hergestellten Druckabzügen des Satzungsentwurfs sind mehrere in der Versammlung zu verteilen. Die einzelnen Bestimmungen der Satzungen sind in der Versammlung vorzulesen und ihre Zweck­ mäßigkeit zu begründen. Nachdem die Satzungen in ihren einzelnen Bestimmungen durchberaten sind, ist zweckmäßig von irgendeinem Anwesenden der Antrag zu stellen, die Satzungen im ganzen anSchei dt. Handbuch für Baugenossenschaften 2. Ausl. 2

zunehmen. Die Annahme der Satzungen erfolgt dann durch einen einfachen Mehrheitsbeschluß. Darauf läßt man einen Druckabzug der Satzungen von sämtlichen Anwesenden, die der Genossenschaft bei­ treten wollen, unterzeichnen und fordert diejenigen, die nicht beitreten wollen, auf, die Versammlung zu verlassen. Die Unterzeichnung der Satzungen hat in der Weise zu geschehen, daß Vorname, Zuname, Beruf und Wohnort (Wohnung) eigenhändig von den einzelnen Anwesenden, die der Genossenschaft beitreten wollen, unter die Satzungen geschrieben werden. Eine Beglaubigung der Unterschriften ist nicht notwendig. Mit der Unterzeichnung der Satzungen ist die Genossenschaft gegründet. Nach Annahme und Unterzeichnung der Satzungen haben die Wahlen der Aufsichtsrats- und Vorstandsmitglieder stattzufinden. Nach den beigefügten Mustersatzungen sind die Vorstandsmitglieder auf Vorschlag des Aufsichtsrats zu wählen. Es muß also zunächst der Aufsichtsrat gewählt werden, damit dieser dann Vorschläge für die Borstandswahlen machen kann. Die Wahl der Aufsichtsrats­ mitglieder hat nach den Bestimmungen der von der Versammlung angenommenen Satzungen zu erfolgen. Nach den Mustersatzungen sind sämtliche zwölf Aufsichtsratsmitglieder in einem einzigen Wahlgange nach unbedingter Stimmenmehrheit zu wählen, was da­ durch geschieht, daß jeder Anwesende zwölf Namen auf einen Wahl­ zettel schreibt. § 13 der Mustersatzungen gibt an, was zu geschehen hat, wenn mehr Personen, als zu wählen sind, die unbedingte Mehrheit erhalten haben oder wenn die unbedingte Mehrheit beim ersten Wahl­ gange für einzelne Aufsichtsratsmitglieder nicht erreicht ist. Sind sämtliche Aufsichtsratsmitglieder satzungsgemäß gewählt, so vertagt der Vorsitzende die Versammlung auf etwa x/4 Stunde, um die Konstituierung des Aufsichtsrats inzwischen durchzuführen und die Vorschläge für die Wahlen der Vorstandsmitglieder durch den Aufsichtsrat machen zu lassen. Nachdem in der sofort abzuhaltenden Aufsichtsratssitzung ein Vorsitzender und ein Schriftführer und für beide ein Stellvertreter gewählt sind, eröffnet der Vorsitzende des Aufsichtsrats (§ 29 der Mustersatzungen) die weitere Haupt­ versammlung und teilt der Versammlung mit, welche Personen von feiten des Aufsichtsrats für den Vorstand in Vorschlag gebracht werden. Die Hauptversammlung kann über die gemachten Vorschläge nm mit „ja" oder „nein" abstimmen. Einfache Stimmenmehrheit entscheidet. Die Wahl der Vorstandsmitglieder hat in einzelnen Wahlgängen

£ ic ß>YÜni)iinct»ncriüinniluttfl

in

(§ 3 Abs. 1 der Muslerjayungeit) zu erfolgen, so daß jedesmal nur ein Vorstandsmitglied gewählt wird. Die Wahlen sowohl der Aust sichtsratsmitglieder als auck der Vorstandsmitglieder haben grund­ sätzlich durch Stimmzettel stattzufinden. Nur wenn kein Anwesender widerspricht, würde es zulässig sein, die Wahlen durch Zuruf vor­ zunehmen (§ 30 Abs 2 der Satzungen). Muster 6 enthält ein Muster der über die Gründungsversamm­ lung aufzunehmenden Niederschrift. Diese Mederschrift ist in der Form zu beurkunden, die für die Beurkundung der Hauptversammlungs­ beschlüsse in den Satzungen vorgeschrieben ist. (Vergleiche § 33 der Mustersatzungen.) c) Die Eintragung. Nachdem die Genossenschaft gegründet ist, liegt dem Vorstande die gesetzliche Verpflichtung ob, die Satzungen sowie die Mitglieder des Vorstandes zur Eintragung in das Genossenschaftsregister an­ zumelden. Die Anmeldung hat durch sämtliche Mitglieder des Vorstandes entweder persönlich oder schriftlich zu erfolgen. In letzterem Falle müssen jedoch die Unterschriften der Vorstandsmitglieder be­ glaubigt werden. Die Beglaubigung braucht nicht durch das Gericht oder den Notar vorgenommen zu werden, sondern sie kann durch jede Persönlichkeit, die zur Führung eines Amtssiegels berechtigt ist, also z. B. durch den Polizeikommissar oder den Gemeindevorsteher erfolgen (Muster für eine schriftliche Anmeldung s. Muster 33a).

Der Anmeldung sind beizufügen:

1. Die von der Gründungsversammlung angenommenen, von den einzelnen Gründern unterschriebenen Originalsatzungen und eine einfache, unbeglauüigte Abschrift derselben. Di: Abschrift kann, ebenso wie die einzureichenden Originalsatzungen, ge­ druckt sein. Es würde also nur darauf ankommen, außerdem von den Gründern unterschriebenen Druckabzuge der Satzungen noch einen zweiten Druckabzug der Anmeldung beizufügen. 2. Eine einfache, unbeglaubigte Abschrift der Mederschrift über die Wahl der Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder. Es ist aus der über die Gründungsversammlung aufgenommenen Niederschrift ein Auszug anzufertigen, der die Wahlen der Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder erkennen läßt. 3. Eine Liste derjenigen Genossen, die die Satzungen unterzeichnet ba6en. Es ist zweckmäßig, diese Liste nach dem amtlichen

20

Viertes Kapitel.

irbmuifl nnb Leitung der GenonemchattSanqelegenheiten

Muster (Dgl. Muster 28) aufzustellen. Tie einzelnen Genossen brauchen in dieser Liste nicht irgendwie geordnet zu werden, sondern sind einfach der Reihe nach, wie sie die Satzungen unterschrieben haben, aufzuführen.

Erfolgt die Anmeldung persönlich durch sämtliche Vorstands­ mitglieder, so haben die Mitglieder des Vorstandes vor dem Gericht ihre Unterschriften zu zeichnen. Nach erfolgter Eintragung erhält der Vorstand die eingereichte Abschrift der Satzungen vom Gerichte mit der Bestätigung der er­ folgten Eintragung zurück. Die Genossenschaft hat damit die Rechte einer eingetragenen Genossenschaft.

Es ist zweckmäßig, zur Aufbewahrung der gerichtlichen Benach­ richtigungen über die Eintragungen in die Mitgliederliste ein be­ sonderes Aktenstück anzulegen. In dieses würden alle Schriftstücke zu bringen sein, die sich auf den Mitgliederbestand beziehen.

Viertes Kapitel.

Ordnung und Leitung der Genofsenschastsangelegenhetten. A. Der Vorstand. a) Der Vorstand als gesetzlicher Vertreter.

Das Genossenschaftsgesetz schreibt drei Organe für die Geschäfts­ führung der Genossenschaft vor: den Vorstand, den Aufsichtsrat und die Hauptversammlung. Der Vorstand hat die gesetzliche Vertretung, der Aufsichtsrat die Kontrolle, die Hauptversammlung ist der gesetz­ gebende Körper. Die Obliegenheiten von Vorstand und Aufsichtsrat sind streng getrennt. Diese beiden Organe stehen nebeneinander mit besonderen Rechten und Pflichten. Die Ausübung der Kontrolle von feiten des Aufsichtsrats ist kein Merkmal der Überordnung. Der Vorstand ist also in keiner Weise dem Anfsichtsrnt unterstellt.

21

A. Der Horsten».

Der Borstand vertritt die Genossen noch außen bin unbeschränkt. In Bezug auf die Genossenschaft kann seine Vertretungsbefugnis

durch die Satzungen und die Beschlüsse der Hauptversammlung be* schränkt werden (§ 27 Abs. 1 d. Ges.). Der Vorstand ist nicht etwa nur Handlungsbevollmächtigter der Genossenschaft, sondern gesetzt

licher Vertreter (§ 24 Abs. 1 d. Ges.). Er hat also auch die Prozesse für die Genossenschaft zu führen.

In der Prozeßführung gegen Mit-

glieder des Vorstandes hat der Aufsichtsrat die gerichtliche Vertretung.

In Prozessen gegen Aufsichtsratsmitglieder wird die Genossenschaft durch Bevollmächtigte vertreten, die in der Hauptversammlung ge­ wählt werden (§ 39 Abs. 3 d. Ges.).

Wird ein Beschluß der Haupt­

versammlung wegen Verletzung des Gesetzes oder der Satzungen im

Wege der Klage angefochten (§ 51 d. Ges ), so haben Vorstand und Aufsichtsrat die gerichtliche Vertretung.

Das Gesetz bezeichnet folgende besondere Pflichten des Bo» standes: 1. Anmeldung der Satzungen und der Mitglieder des Vorstandes

beim Gericht behufs Eintragung in das Genossenschaftsregister (§§ H, 157); 2. Beachtung der Bestimmungen in § 8 Abs. 2, §§ 14,15 und 16; 3. Anmeldung jeder Änderung im Bestände des Vorstandes (§§ 28, 29); 4. Führung eines Verzeichnisses der Genossen (§ 30); 5. Sorge für Buchführung, Veröffentlichung der Bilanz und der Mitgliederbeweguna, Einreichung der Bekanntmachungen (§ 33); 6. Einberufung

der

Hauptversammlung

(§§ 44,

45

Abs. 1,

§ 121); 7. Eintragung der Beschlüsse der Hauptversammlung in das Protokollbuch (§ 47), Offenlegung oer Bilanz (§ 48 Abs. 2); 8. Antrag auf Bestellung des Revisors (§ 61 Abs. 2): 9. Vertretung der Genossenschaft bei einer Anfechtungsklage (§ 51); 10. Verpflichtungen gegenüber dem Revisor und Einreichung der

Revisionsbescheinigung aus das Gericht (§ 63); 11. Verpflichtungen mit Bezug auf das Ausscherden von Mit­ gliedern (§§ 69, 76 Abs. 2, 77); 12. Anmeldung der freiwilligen Auflösung

78 Abs. 2) des Zeit

ab laufe ,i> 79 Abs. 2), Bekannnnackung der Auflösung nacl

Maßgabe des < 82 Abs. 2;

22

Viertes Kapitel.

Ordnung und Leitung der l^enosienschaitsangeleqenheiten.

13. Vornahme der Liquidation

83 Abs. 1), Anmeldung der

ersten Liquidatoren (§ 84); 14. Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens (§§ 99,100, 140),

Einbemfung der Generalversammlung im Falle des Konkurses (S104), Unterstützung des Konkursverwalters (§ 117); 15. Anmeldung des Herabsetzungsbeschlusses (§ 133) und der Um­ wandlung einer Genossenschaft (§ 143);

16. Einreichung der Erklärung über Beteiligung auf einen weiteren Geschäftsanteil (§ 137). Die Geschäftsführung des Vorstandes wird zweckmäßig durch eine Geschäftsanweisung für den Vorstand geregelt.

Muster

3

enthält ein Muster für eine solche Geschäftsanweisung.

Die Legitimation zur Führung der Geschäfte weisen die Vor­ standsmitglieder nach durch eine Bescheinigung des Gerichts über die Eintragung der einzelnen Vorstandsmitglieder in das Genossenschafts­ register (§ 26 Abs. 2 d. Ges.).

Die Vorstandsmitglieder müssen Genossen sein (§ 9 d. Ges.). Nicht notwendig ist es aber, daß diejenigen, die als Vorstandsmitglieder gewählt werden sollen, bereits vor der Wahl als Genossen des Vereins

ausgenommen sind. Es genügt, wenn gleichzeitig mit der Anmeldung als Vorstandsmitglied auch die Beitrittserklärung dem Gerichte vor-

gelegt werden kann. Es ist deshalb nicht ratsam, in die Satzungen eine Bestimmung aufzunehmen, derzufolge jeder für den Vorstand vorgeschlagene Kandidat Genosse sein muß. In diesem Falle würde man die Auswahl unnötig beschränken.

Unbedingt notwendig ist es, daß die Vorstandsmitglieder sich in keiner Weise mit der Genossenschaft in irgendwelche Geschäfte ein­

lassen.

Bor allen Dingen wird dringend davor gewarnt, Vorstands­

mitglieder an Ausschreibungen, die die Baugenossenschaft vornimmt,

teilnehmen zu lassen. Auch erscheint es unzulässig, daß ein Vorstands­

mitglied einen Laden oder eine Schankwirtschast pachtet, die sich in den Genossenschaftshäusern

befindet.

Sind Mitglieder des Vor­

standes bei einem zu beratenden Gegenstände, etwa als Mieter oder HauSanwärter, beteiligt, so dürfen sie der Vorstandssitzung während der Beratung und Beschlußfassung

über diesen Gegenstand

nicht

beiwohnen.

Vorstandsmitglieder, die ihre Obliegenveiien verletzen, hasten der Genossenschaft persönlich und solidarisch für den dadurch ent

A

Ter Borüand.

standenen Schaden (§ 34 d. Ges.).

23

Sie machen sich strafbar, wenn

sie absichtlich zum Nachteil der Genossenschaft handeln (§ 146 d. Ges.), in den von ihnen dem Gericht zu machenden Anmeldungen, An­ zeigen und Versicherungen wissentlich falsche Angaben machen (§ 147 d. Ges.), in ihren Darstellungen, ihren Übersichten über den Ver­

mögensstand der Genossenschaft, über die Mitglieder und die Haft­ summen oder in den in der Hauptversammlung gehaltenen Borträgen den Stand der Verhältnisse der Genossenschaft wissentlich unwahr darstellen (§ 147 d. Ges.) oder den Antrag auf Eröffnung des Konkurs­

verfahrens entgegen den gesetzlichen Bestimmungen unterlassen (§ 148 Ziff. 2 d. Ges.).

Ferner sind die Vorstandsmitglieder strafbar, wenn

die Genossenschaft länger als drei Monate ohne beschlußfähigen Auf­ sichtsrat ist (§ 148 Ziff. 1 d. Ges.). Endlich fhtb Vorstandsmitglieder auch strafbar, wenn ihre Handlungen auf andere, als die im § 1 des Genossenfchaftsgesetzes erwähnten geschäftlichen Zwecke gerichtet sind,

oder wenn sie in der Hauptversammlung die Erörterung von Anträgen gestatten oder nicht hindern, die auf öffentliche Angelegenheiten

gerichtet sind, deren Erörterung unter die Gesetze über das Set« sammlungs- und Vereinsrecht fällt (§ 149 d. Ges ). Während es meist leicht ist, ein Vorstandsmitglied zu finden, das die technischen Maßnahmen überwachen oder leiten kann, ist es — wie bereits im ersten Kapitel erwähnt ist — namentlich in

kleineren Orten schwierig, jemanden zu finden, der genügende Zeit

und kaufmännische Schulung hat, um die Einrichtung der Bücher zweck« mäßig durchzuführen zu können oder der die Ausführung der Kassenund Rechnungsführung und Aufstellung der Bilanz vornehmen kann und will. Es sind deshalb diesem Buche eingehende Vorschläge über

Buchfübrung und Aufstellung der Bilanz beigegeben.

Hier sei nur

darauf hingewiesen, daß der Vorstand gerade bei Wahrnehmung

dieser Verpflichtungen besondere Vorsicht zu beobachten hat, weil er

sich sonst nicht nur zivilrechtlich, sondern auch strafrechtlich vergeht (§§ 240 und 244 der Reichskonkursordnung). Es wird besonders hervorgehoben, daß Vorstandsmitglieder von solchen Genossenschaften, die ihre Zahlungen eingestellt haben, wegen einfachen Bankerotts

bestraft werden, wenn sie die Handelsbücher so unordentlich geführt haben, daß diese keine Übersicht des Bermögensstandes gewähren,

oder wenn sie es unterlassen haben, die Bilanz über das Vermögen der Genossenschaft in der vorgeschriebenen Zeit zu ziehen.

Diese Bestrafung tritt auch dann ein, wenn die mangelhafte Buchführung

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Viertes Kapitel.

Ordnung und Leitung der Genossenschaft-angelegenheiten.

nicht in der Absicht ausgeübt ist, die Gläubiger zu benachteiligen. Wo letzteres zutrifft, würden die Vorstandsmitglieder wegen be­ trügerischen Bankerotts mit Zuchthausstrafen zu belegen sein.

Um die Genossenschaft vor betrügerischen Handlungen oder Unter­ schlagungen nach Möglichkeit zu decken, wird es sich jedenfalls bei größeren Baugenossenschaften empfehlen, von dem Kassierer die Hinterlegung einer Sicherheit zu verlangen. Am besten geschieht die Bestellung einer Sicherheit durch Hinterlegung von Wertpapieren oder Sparkassenbüchern. Erfolgt sie in barem Gelde, so ist die Belegung der hinterlegten Summe auf ein besonderes Sparkassenbuch zu empfehlen. b) Zahl der Borstandsmitglieder.

In Bezug auf die Zahl der zu bestellenden Vorstandsmitglieder bestehen in den Baugenossenschaftskreisen insofern Meinungsunter­ schiede, als viele Baugenossenschaftler in jedem Falle einen drei­ gliedrigen Vorstand für ausreichend halten, während andere Bau­ genossenschaftspraktiker unter Umständen auch die Bestellung von fünf Vorstandsmitgliedern für angebracht halten. In den weitaus meisten, wenn nicht fast in allen Fällen weisen die Verhältnisse einer Baugenossenschaft geradezu auf die Dr ei zahl bei dem Vorstande hin. Eine Baugenossenschaft braucht einen Rechnungsführer zur Erledigung der Kassen- und Rechnungsführung, einen Schriftführer zur Erledigung des Schriftwechsels und ein Vorstandsmitglied, das mehr die technische Seite des Unternehmens überwacht. Diese drei Vorstandsmitglieder müssen sich unterstützen, und jedes Vorstands­ mitglied muß sich mit allen Zweigen der Verwaltung vertraut machen. Das ist bei drei Vorstandsmitgliedern auch sehr gut möglich. Be­ stellt man eine größere Anzahl von Vorstandsmitgliedern, z. B. fünf, so findet man in der Regel drei Vorstandsmitglieder vor, die von allen Vereinsangelegenheiten unterrichtet, während die übrigen Vorstandsmitglieder nicht überall eingearbeitet sind. In den Bor­ standssitzungen haben die drei gut eingearbeiteten Vorstandsmitglieder aber nur dasselbe Stimmrecht, wie die weniger gut eingearbeiteten Mtglieder des Vorstandes, und deshalb wird durch eine größere Anzahl von Vorstandsmitgliedern eine zweckmäßige Beschlußfassung in den Borstandssitzungen oft in Frage gestellt. Bei fünf Vorstandsmitgliedern werden im übrigen manche Ver­ einsgeschäfte schon recht lästig. Es sei nur darauf hingewiesen, daß

A. Der Dorfrand.

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z. B. die Anmeldung eines neugewählten Vorstandsmitgliedes bei Gericht von sämtlichen Vorstandsmitgliedern erfolgen muß. Im übrigen erscheint es, wenn auch nicht ungesetzlich, so doch nicht unbedenklich, bei einer größeren Anzahl von Vorstandsmitgliedern die Zeichnung für die Genossenschaft durch zwei Vorstandsmitglieder zuzulassen. Zeichnen bei einem dreigliedrigen Vorstande zwei Mit­ glieder, so ergibt sich schon aus der Form der Zeichnung, daß die Erklärung von der Mehrheit des Vorstandes ausgeht. Läßt man aber z. B. bei einem siebengliedrigen Vorstände die Doppelzeichnung zu, so könnte es immerhin vorkommen, daß die Minderheit des Vor­ standes gegen den Willen der Mehrheit eine Erklärung in Sachen der Genossenschaft abgibt, denn es ist vollständig ausgeschlossen, daß vor Unterzeichnung eines jeden Schriftstücks zunächst eine Borstands­ sitzung stattfindet. Wollte man aber bei einem siebengliedrigen Vor­ stände die Zeichnung durch die Mehrzahl der Vorstandsmitglieder in den Satzungen vorschreiben, so würde die ganze Verwaltung der Baugenossenschaft so schwerfällig, daß eine zweckmäßige Verwaltung kaum noch möglich sein dürfte. Der Hauptgrund für die Beschränkung der Mitgliederzahl des Vorstandes auf drei ist aber die Notwendigkeit, sämtliche Mitglieder des Vorstandes zu besolden. So erfreulich die Tatsache ist, daß sich bei neuen Baugenossenschaften immer Leute finden, die die Ver­ waltung kostenlos übernehmen, so bedenklich ist es, dauernd die Ver­ waltung durch die Vorstandsmitglieder kostenlos zu beanspruchen. Es unterliegt keinem Zweifel, daß unbezahlte Vorstandsmitglieder der Genossenschaft einen großen Dienst erweisen. Gerade deshalb fällt es aber auch schwer, diesen Gönnern des Vereins einen geregelten und genauen Dienst vorzuschreiben. Bei den hohen Ansprüchen, die das Genossenschaftsgesetz an die Vorstandsmitglieder stellt, muß aber eine pünktliche Pflichterfüllung auch da gefordert werden, wo die Bereinsgeschäfte nebenamtlich erledigt werden. Die Folge hiervon ist die Notwendigkeit, auch die im Nebenamte beschäftigten Borstands­ mitglieder angemessen zu bezahlen. Die Mittel der Baugenossen­ schaften, die für die Bezahlung der Vorstandsmitglieder zur Verfügung stehen, sind aber außerordentlich gering und deshalb sollte man nicht die Baugenossenschaft durch eine unnütze Anzahl von Vorstandsmit­ gliedern belasten. Eine zu hohe Anzahl von Vorstandsmitgliedern stellt deshalb die zweckmäßige Beschlußfassung in den Borstandssitzungen in

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Stertes Kapitel.

Ordnung und vettung der GenofienschaftSangelegeuheiten.

Frage, macht die Verwaltung einer Baugenossenschaft umständlich und belastet sie mit unnötigen Ausgaben. Man beschränke des­ halb die Zahl der Vorstandsmitglieder nach Möglichkeit. Ab­ gesehen von wenigen Ausnahmen, wird man sich immer besser dabei stehen, an die Spitze einer Baugenossenschaft drei tatkräftige und zielbewußte Männer zu stellen, als die Zügel in die Hände einer größeren Anzahl von Personen zu legen. In großen Baugenossen­ schaften find allerdings die Geschäfte so umfangreich, daß sie von drei Vorstandsmitgliedern nebenamtlich nicht erledigt werden können. Man bestelle in diesem Falle aber — wenn die Anstellung eines vollamtlichen Vorstandsmitgliedes nicht angezeigt ist —, anstatt die Zahl der Vorstandsmitglieder zu erhöhen, für bestimmte Zwecke Ausschüsse aus Mitgliedern des Aufsichtsrats. Auf diese Weise erhält man die gewünschte höhere Zahl von Arbeitskräften ohne die Schwierigkeiten, die sich notwendigerweise ergeben müssen, wenn man eine größere Anzahl von Vorstandsmitgliedern bestelll. Daß Fälle vorkommen können, in denen die Bestellung einer größeren Anzahl von Vorstandsmitgliedern zweckmäßig erscheint, ist bereits zugegeben. Man sollte aber mit ihrer Bestellung äußerste Vorsicht üben.

c) Die Wahlart für die Vorstandsmitglieder.

Eine wichtige und viel umstrittene Frage ist es, in welcher Weise man am zweckmäßigsten die Vorstandsmitglieder wählt. Nach den Bestimmungen des Genossenschaftsgesetzes kann die Wahlart des Vorstandes in den Satzungen bestimmt werden. Es kommen für die Borstandswahl drei Wahlarten in Frage: 1. die Wahl durch den Aufsichtsrat, 2. die Wahl durch die Hauptversammlung, 3. die Wahl durch die Hauptversammlung auf Vorschlag des Aufsichtsrats. Erfolgt die Wahl des Vorstandes durch den Aufsichtsrat, so kann es leicht dahin kommen, daß der Vorstand nur ein Werkzeug des Aufsichtsrats wird und zu einem Organ herabsinkt, das lediglich die Beschlüsse des Aufsichtsrats ausführt. Eine solche Abhängigkeit des Vorstandes vom Aufsichtsrat ist aber mit der Stellung des Vorstandes und mit der Verantwortung, die er nach dem Genossenschaftsgesetze zu übernehmen hat, unvereinbar. Entscheidet der Aufsichtsrat über die Wahl der Vorstandsmitglieder, so ist er in der Lage, ein lästige?

A Ter Borstand

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Vorstandsmitglied abzuschieben und sich eine gefügigere Person zu wählen. Trotzdem haben sich in der Praxis Fälle gezeigt, in denen tatsächlich die Bestellung des Vorstandes durch den Aufsichtsrat zweck­ mäßig und notwendig war, weil sonst die Gefahr vorlag, daß die Genossenschaft durch Wahlumtriebe in den Hauptversammlungen ernste Schädigungen erfahren haben würde. Unter allen Umständen wäre es im höchsten Grade bedenklich, wollte man die Wahl der Vorstandsmitglieder der Hauptversammlung unbeschränkt überlassen. Jeder Genosse hätte dann in der Haupt­ versammlung das Recht des Vorschlags, und derjenige würde als ge­ wählt zu betrachten sein, der die meisten Stimmen erhalten hat. Bei einer Stimmenzersplitterung könnte dann sehr leicht der Fall eintreten, daß der Gewählte nur wenige Stimmen auf sich vereinigt hat. Auch die Vorschrift, daß der zu Wählende die unbedingte Mehrheit der Stimmen erhalten haben muß, bietet hier keinen ausreichenden Schutz, denn auch sie schließt nicht aus, daß Zufälligkeiten und Wahlumtriebe die Entscheidung herbeiführen. Bei dieser Wahlart ist es häufig einer kleinen Gruppe möglich, ihren Kandidaten durchzubringen. Soll der Vorstand durch die Hauptversammlung gewählt werden, -so ist es unbedingt notwendig, daß das Recht des Vorschlags lediglich dem Aufsichtsrate zusteht. Lehnt die Hauptversammlung den vom Aufsichtsrat in Vorschlag Gebrachten ab, so hat der Aufsichtsrat in derselben oder in der nächsten Hauptversammlung entweder den ersten Vorschlag zu wiederholen oder einen anderen Kandidaten vorzuschlagen. Bei dieser Wahlart üben die Genossen in der Haupt­ versammlung zwar ihr Wahlrecht unmittelbar aus, es werden aber Zufallswahlen nach Möglichkeit ausgeschlossen. Diese Wahlart ist theoretisch die beste und sie hat sich auch in der Praxis meist gut be­ währt. Sie ist deshalb in den diesem Buche beigegebenen Muster­ satzungen als Wahlart vorgesehen.

d) Die Wahlzeit.

Die Wahlzeit beschränkt man am besten auf drei Jahre. Bei größeren Baugenossenschaften empfiehlt sich allerdings die Anstellung der Vorstandsmitglieder auf Kündigung. Bei mittleren und Heineren Baugenossenschaften ist es jedoch ratsam, in regelmäßigen Zeit­ abschnitten eine Neuwahl des Vorstandes vornehmen zu lassen. Sind drei Vorstandsmitglieder bestellt und erfolgt die Wahl auf drei Jabre, so scheidet in jedem Jabr ein Mitglied des Vorstandes

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Viertes Kapitel.

Ordnung und Leitung der GenoffenschafrSangeLegenheiten.

aus. In den Satzungen muß darüber Bestimmung getroffen werden, in welcher Reihenfolge die Vorstandsmitglieder in den ersten beiden Jahren aus ihrem Amt auszuscheiden haben. Am besten läßt man hierüber das Los entscheiden. Später bestimmt die Zeit des Eintritts jedes einzelnen Vorstandsmitgliedes die dreijährige Dauer seiner Tätigkeit. Es muß Vorsorge getroffen werden, daß die Mahlzeit eines Vorstandsmitgliedes nicht eher endigt, bis eine Neuwahl möglich ist. Man muß deshalb die Mahlzeit von Hauptversammlung zu Haupt­ versammlung laufen lassen. Scheidet ein Mitglied des Vorstandes vor Ablauf der Wahlzeit aus, so wird die Ersatzwahl nur für den Rest der Wahlzeit vorgenommen, damit die regelmäßige Mahlzeit nicht gestört wird.

e) Die Zeichnung. Es empfiehlt sich in den Satzungen zu bestimmen, daß die Zeichnung des Vorstandes durch die im Gesetze vorgesehene Mindest­ zahl, nämlich durch zwei Vorstandsmitglieder zu erfolgen hat. Wie bereits angedeutet, würde man dann, wenn man eine höhere Zahl für die Zeichnung vorschreiben wollte, die Geschäftsführung des Vorstandes sehr wesentlich erschweren. Dies trifft namentlich für kleine und mittlere Baugenossenschaften zu, die keine eigenen Geschäfts­ räume haben, wo also die Vorstandsmitglieder die Geschäfte des Vereins meist in ihrer Wohnung erledigen.

f) Die Beschlußfassung. Die Geschäftsführung des Vorstandes ist eine kollegialische. Es müssen also entweder je nach Bedarf oder an bestimmten Wochen­ tagen Vorstandssitzungen stattfinden, in denen die vorliegenden Geschäfte beraten und erledigt werden. Diese Sitzungen werden von dem Vorsitzenden des Vorstandes geleitet. Sie sind als beschlußfähig anzusehen, wenn die Mehrheit der Vorstandsmitglieder anwesend ist. Die Abstimmung erfolgt nach Stimmenmehrheit, bei Stimmen­ gleichheit hat der Antrag als abgelehnt zu gelten.

g) Bemrkmdrmg der Beschlüsse. Notwendig ist es, daß über die gefaßten Borstandsbeschlüsfe Niederschriften ausgenommen, daß die Beschlüsse in ein Buch ein­ getragen und von den Beteiligten unterschrieben werden. Muster 9 gibt ein Muster für diese Niederschriften. Es empfiehlt sich, ein be­ sonderes Buch für die Borstandsbeschlüsse zu führen.

A. Ter iBorimnb

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h) Verteilung der Geschäfte unter die einzelnen BorstaudSmitglieder.

Nicht zu empfehlen ist es, in den Satzungen die besonderen Obliegenheiten der einzelnen Vorstandsmitglieder festzulegen, da es ganz von der Entwicklung der Baugenossenschaft und von den jeweils bestellten Persönlichkeiten abhängt, in welcher Weise die Verwaltungs­ geschäfte am zweckmäßigsten unter die Vorstandsmitglieder zu ver­ teilen sind. Ist ein Vorstandsmitglied auf längere Zeit durch Krankheit oder aus irgendeinem anderen Grunde an der Ausübung seiner Obliegen­ heiten verhindert, oder legt ein Vorstandsmitglied sein Amt nieder, so hat der Aufsichtsrat sofort einen Stellvertreter zu ernennen. Die Ersatzwahl für den Rest der Wahlzeit ist dann in der nächsten ordent­ lichen Hauptversammlung vorzunehmen.

i) Enthebung der Vorstandsmitglieder von ihrem Amte.

Die weitgehenden Machtbefugnisse des Vorstandes finden dadurch ein Gegengewicht, daß jedes einzelne Mitglied des Vorstandes jeder­ zeit durch Beschluß der Hauptversammlung seines Amtes enthoben werden kann. Der Aufsichtsrat hat nicht die Machtbefugnis, ein Vorstandsmitglied zu entlassen, wohl aber kann der Aufsichtsrat ein Vorstandsmitglied, das ihm ungeeignet erscheint, von der Amts­ führung vorläufig entheben. Der Aussichtsrat ist in diesem Falle verpflichtet, ohne Verzug eine Hauptversammlung zu berufen, die dann die endgültige Entscheidung darüber trifft, ob das Vorstands­ mitglied seines Amtes enthoben werden soll (§ 40 d. Ges.). k) Besoldung der Vorstandsmitglieder.

Auf die Notwendigkeit, die sämtlichen Vorstandsmitglieder zu

besolden, ist bereits unter b hingewiesen worden. Es sei hier nur nachdrücklichst hervorgehoben, daß die in dem § 12 der Mustersatzungen vorgesehene Art der Besoldung der Vorstandsmitglieder nur für kleine Bauvereine empfehlenswert ist. Schon bei mittleren Bau­ genossenschaften empfiehlt es sich, die Entschädigungen der Vorstands­ mitglieder durch den Aufsichtsrat festsetzen zu lassen. Selbstverständlich hat bei den mittleren und größeren Baugenossenschaften auch die Zahlung der Vergütung der Vorstandsmitglieder nicht aus dem Reingewinne zu geschehen, sondern sie muß als feststehende Ausgabe zu den Geschäftsunkosten gerechnet und als solche verbucht werden.

30

Vierte- Kapitel

Ordnung nnd Leitung der (^enonenlcbailsangelegenkeiteri.

B. Der AufflchlSrat. a) Die Bedeutung des Aufsichtsrats bei Überwachung

deS Borstandes.

Der Aufsichtsrat einer Genossenschaft ist bestimmt, die Gesamt­ heit der Mitglieder dem Borstande gegenüber zu vertreten.

Das

Genossenschaftsgesetz gibt dem Vorstand eine ganz außerordentliche Machtbefugnis.

Das Bedürfnis, diese Machtbefugnis in bestimmten

Grenzen zu halten und den Vorstand bei seiner Geschäftsführung zu überwachen, folgt deshalb schon aus dem ganzen Aufbau des

Genossenschaftsgesetzes. Es ist natürlich ausgeschlossen, daß bei dieser Überwachung des Vorstandes jedes einzelne Mitglied der Genossen­ schaft mitwirkt. Die Überwachung des Vorstandes kann vielmehr nur

in der Weise ausgeübt werden, daß ein von den Mitgliedern gewählter Ausschuß — der sogenannte Aufsichtsrat — die Überwachung wahr­

nimmt. Seinem Wesen nach erscheint danach der Aufsichtsrat als ein von der Hauptversammlung gewählter Ausschuß von Vertrauens­ männern zur Überwachung des Vorstandes.

Bor dem Erlaß des Genossenschaftsgesetzes gab es bei den da­ mals bestehenden Genossenschaften einen Verwaltungsausschuß, be­ stehend aus drei Vorstandsmitgliedern und einer Anzahl von Bei­

sitzern. Dieser. Verwaltungsausschuß faßte alle in Bereinsangelegenheiten nötigen Beschlüsse. Einen Aufsichtsrat gab es daneben nicht. Bei der Bestellung von Beisitzern hat man schon damals an eine

ähnliche Einrichtung gedacht, wie sie heute der Aufsichtsrat ist. Man hatte bereits die Notwendigkeit erkannt, eine Einrichtung zur Über­ wachung des Vorstandes zu treffen.

Indessen konnten diese Bei­

sitzer ihre Aufgabe als Prüfer des Vorstandes eigentlich niemals erffillen, weil sie, wie bereits gesagt, alle Beschlüsse mit dem Vorstände gemeinsam faßten. Die Tätigkeit und die Verantwortlichkeit von

Vorstandsmitgliedern und Beisitzern war also vollständig miteinmtbei

vermengt. Dieser Umstand wurde bei der weiteren Entwicklung des Genossen­

schaftswesens unhaltbar und das Genossenschaftsgesetz von 1868 be­ seitigte ihn auch insofern, als die Teilung der geschäftsführenden

Personen in zwei getrennte Organe verlangt wurde. Jede Genossen­

schaft mußte einen Vorstand und einen Aufsichtsrat haben.

B. Der AuffichrSrcii

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Die älteren Genossenschaften sanden sich nur schwer in diese Trennung hinein, und es scheint fast, als ob die ehemalige Vereinigung von Vorstand und Aufsichtsrat zu einem Verwaltungskörper noch ihre Schatten auf das heutige Baugenossenschaftsleben wirft. Denn in manchen Baugenossenschaften kann man noch heute beobachten, wie der Aufsichtsrat seine Stellung insofern verkennt, als er bestrebt ist, sich selbst an der eigentlichen Verwaltung zu beteiligen. Um nicht mißverstanden zu werden, sei besonders hervorgehoben, daß selbst­ verständlich bei allen Baugenossenschaften Angelegenheiten vorkommen, die einer sorgfältigen, gemeinsamen Beratung von Vorstand und Aufsichtsrat unterzogen werden müssen. Es empfiehlt sich sogar, daß sämtliche wichtigen Angelegenheiten, namentlich wenn sie von grundsätzlicher Bedeutung sind, gemeinsam von Vorstand und Aufsichtsrat beraten werden. Nur muß bei diesen Beratungen jedes Organ seine Selbständigkeit behalten. Es darf also nicht, wie es häufig geschieht, in den gemeinsamen Sitzungen nach Köpfen abgestimmt werden, denn bei einer solchen Abstimmung würde nicht der Vorstand und auch nicht der Aufsichtsrat, sondern eine aus den jeweils anwesenden Mitgliedern des Vorstandes und Aufsichtsrats neugebildete Körperschaft entscheiden. Es läuft dies tatsächlich auf eine Wiedereinsetzung des früheren Berwaltungsausschusses hinaus. Man beachte also: Es ist notwendig, daß bei der Abstimmung in den gemeinsamen Sitzungen die beiden Bereinsorgane getrennt ab­ stimmen und daß zu einem gültigen Beschlusse die Mehrheit der an­ wesenden Mitglieder des Vorstandes und die Mehrheit der anwesenden Mtglieder des Aufsichtsrats erforderlich ist. Wie schon erwähnt, empfiehlt es sich, daß über alle wichtigen Angelegenheiten Vorstand und Aufsichtsrat gemeinsam beraten, in­ sonderheit wird eine gemeinsame Beratung bei folgenden Angelegen­ heiten notwendig sein: a) über die Ausschließung von Mitgliedern, b) über den Erwerb von Gmndeigentum sowie über die Be­ dingungen, betr. den Erwerb von Bereinshäusem, c) über die Baupläne und über die Verträge für den Bau von Bereinshäusern, d) über die Feststellung des Kaufpreises der Erwerbshausgrundstücke und über die Bermietungsgrundsätze, e) über die Belegung verfügbarer Kassenbestände, f) über die Einrichtung der Buchführung,

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Viertes Kapitel

ÖrDinino und Leitung der (Renoffetifrtinftdongeiegcnhetteit.

g) über die Anstellung von Beamten und Bevollmächtigten, Regelung ihrer Tätigkeit und ihrer Besoldung sowie Verfolgung von Rechtsansprüchen gegen sie, h) über die Geschäftsanweisungen für den Vorstand und Auf« sichtsrat sowie über die Geschäftsordnung für die Haupt­ versammlung, i) über die Aufnahme von Anleihen, k) über den Anschluß an genossenschaftliche Verbände (Revisions­ verbände) oder Austritt aus ihnen, l) über die Genehmigung des Ausscheidens durch Übertragung des Geschäftsguthabens, m) über die Verwendung des Bauerneuerungs- und Ergänzungs­ fonds. Diese Aufzählung ist keineswegs erschöpfend, es werden vielmehr in allen Baugenossenschaften auch noch andere wichtige Angelegen­ heiten zu erledigen sein, die einer gemeinsamen Beratung von Vor­ stand und Aufsichtsrat zu unterziehen sind. Folgt dieser gemein­ samen Beratung eine getrennte Abstimmung in der Art, daß der Vorstand für sich und der Aufsichtsrat für sich abstimmt, und ein Be­ schluß nur dann als gültig angenommen wird, wenn die Mehrheit der beiden Bereinsorgane sich für ihn entscheidet, so hält sich der Aufsichtsrat vollständig in dem Rahmen seiner eigentlichen Aufgabe. Sobald er aber versucht, irgendwelche Maßnahmen gegen den Willen des Vorstandes durchzusetzen oder sobald er durch eine Abstimmung nach Köpfen in den gemeinsamen Sitzungen den Vorstand nieder­ stimmt, nimmt er selbst die Verwaltung zum Teil in die Hand. Eine solche Verwaltungstätigkeit des Aufsichtsrats vereinigt sich aber nicht mit seiner Stellung als llberwachungsorgan, denn wer selbst an der Verwaltung eines Vereins beteiligt ist, kann sie nicht über­ wachen. Es ist deshalb stets darauf zu achten, daß die Bereinsorgane ihrer eigentlichen Aufgabe gerecht werden, so daß der Vorstand die Verwaltung der Genossenschaft und der Aufsichtsrat die Überwachung

des Vorstandes ausübt.

Die Prüfungspflicht des Aufsichtsrats ist im Genossenschaftsgesetz im § 38 festgelegt, und zwar u. a. durch folgende Bestimmung: „Der Aufsichtsrat hat den Vorstand bei seiner Geschäfts­ führung in allen Zweigen der Verwaltung zu überwachen und zu dem Zwecke sich von dem Gange der Angelegenheiten der

Genojsenschafl zu unterrichten. Der Aussichtsrat hat die Jahres­ rechnung, die Bilanzen und die Vorschläge zur Verteilung von Gewinn und Verlust zu prüfen und darüber der General­ versammlung vor Genehmigung der Bilanz Bericht zu er­ statten." Es genügt also nicht, daß der Aufsichtsrat über die wichtigen Vereinsangelegenheiten gemeinsam mit dem Vorstände beratet, sondern der Aufsichtsrat muß auch eine unmittelbare Prüfungs­ tätigkeit entfalten. Diese Prüsungstätigkeit wird sich namentlich nach zwei Richtungen hin zu erstrecken haben, nämlich: 1. auf die Verwaltungstätigkeit des Vorstandes als Bauherr und Häuserverwalter, 2. auf die Kassen- und Rechnungsführung. Die Prüfungspflicht des Aufsichtsrats ist, wie man auf den ersten Blick sieht, tatsächlich nicht leicht zu erfüllen, wenn sie gewissen­ haft ausgeführt werden soll. Um dem Aufsichtsrat überhaupt die Möglichkeit zu geben, den Vorstand bei seiner Geschäftsführung in allen Zweigen der Verwaltung zu überwachen, räumt § 38 des Genossen­ schaftsgesetzes dem Aufsichtsrat die Befugnis ein, jederzeit vom Vor­ stande Berichterstattung über die Genossenschaftsangelegenheiten zu verlangen und selbst oder durch einzelne zu bestimmende Mitglieder die Bücher und Schriften der Genossenschaft einzusehen, sowie den Bestand der Genossenschaftskasse und den Bestand an Wertpapieren, Handelspapieren und Waren zu untersuchen. Diese Bestimmung gibt dem Aufsichtsrate das Recht der weitgehendesten Prüfung. Aus diesem Recht ergibt sich aber auch die Pflicht für den Aufsichtsrat, die Prüfung auszuüben, und die Verantwortung für eine gewissen­ hafte Prüfung. b) Zahl unb Wahlart für die Aufsichtsratsmitglieder.

Wenn für die Zahl der Vorstandsmitglieder aus bestimmten Gründen eine Beschränkung geboten ist, so ist eine gleiche Be­ schränkung für die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder nicht notwendig. Die Aufsichtsratsmitglieder sind in der Regel gute Apostel für die Baugenossenschaften, so daß man im allgemeinen ihre Zahl nicht zu niedrig festsetzen sollte. In den meisten Fällen dürfte es am besten sein, zwölf Aufsichtsratsmitglieder zu bestellen, jedoch ist es in einzelnen Fällen öfter empfehlenswert, diese Zahl zu erhöhen ober zu ermäßigen. 2(fieibt, Handbuckf für Baugenossenschaften

2 Auf!.

3

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Viertes Kapitel.

Ordnung und Leitung der Äenosien'ctiaftsangelegenheiren.

Die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder hat durch die Hauptversamm­ lung stattzufinden. Es ist nicht statthaft, eine andere Wahlart für die Aufsichtsratsmitglieder in den Satzungen vorzuschreiben. Nach den gesetzlichen Bestimmungen genügt es, wenn die Wahl der Auf­ sichtsratsmitglieder durch die Hauptversammlung nach einfacher Stimmenmehrheit erfolgt. Es ist aber unbedingt ratsam, in den Satzungen unbedingte Stimmenmehrheit vorzuschreiben. Die un­ bedingte Stimmenmehrheit ist ein Erfordernis, wenn Vorsorge ge­ troffen werden soll, daß nicht Personen als gewählt zu betrachten sind, die infolge von Stimmenzersplitternng nur einige wenige Stimmen erhalten haben. Gesetzt den Fall, eine Hauptversammlung, die von 80 stimmberechtigten Mitgliedern besucht ist, hat die Wahl eines Aufsichtsratsmitgliedes vorzunehmen. Es werden 80 gültige Stimmen abgegeben, und es erhalten: A. 15, B. 14, C. 14, D. 13, E. 12, F. 12 — 80 Stimmen. Der Kandidat A. würde — wenn einfache Stimmenmehrheit zur Wahl genügt — als gewählt zu betrachten sein, trotzdem er nicht einmal Vs der abgegebenen Stimmen erhalten hat. Möglicherweise gehören dieser Genossenschaft aber über 300 Genossen an. Bietet nun der Umstand, daß in einer Genossenschaft von über 300 Mit­ gliedern in einer Generalversammlung 15 Genossen für die Wahl eines Kandidaten eintreten, irgendeine Gewähr für die Zuverlässig­ keit des Gewählten? Sicherlich nicht, und deshalb sollte in allen Satzungen für die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder die unbedingte Stimmenmehrheit vorgeschrieben sein. Wie im übrigen die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder vor sich zu gehen hat, ergibt sich aus § 13 der Mustersatzungen.

c) Bildung und Geschäftsführung des Aufsichtsrats. Der Aufsichtsrat muß einen Vorsitzenden und einen Schrift­ führer haben. Es erscheint aber auch notwendig, für beide in Fällen der Abhaltung Stellvertreter zu bestellen. Nach dem Genossenschafts­ gesetz ist es notwendig, daß in den Satzungen die für die Beschluß­ fassung des Aufsichtsrats erforderliche Anzahl von Mitgliedern an­ gegeben wird. Die Beschlußfähigkeit ist zweckmäßig dann anzunehmen, wenn mindestens die Mehrheit der Aufsichtsratsmitglieder anwesend ist. Stellt man an die Beschlußfähigkeit höhere Anfordemngen und schreibt beispielsweise vor, daß mindestens 2/s der Mitglieder des Aufsichtsrats anwesend sein müssen, so erschwert man sehr das Zu-

B

Tei ?tufiui't#rot

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standetommen beschlußfähiger Sitzungen. Man sollte deshalb über die Forderung der Mustersatzungen nicht hinausgehen. Die Ab­ stimmung in den Aufsichtsratssitzungen erfolgt nach Stimmenmehrheit der Anwesenden. Bei Stimmengleichheit hat der Antrag als ab­ gelehnt zu gelten. Wenn in den Baugenossenschaftssatzungen häufiger

bestimmt wird, daß bei Stimmengleichheit die Stimme des Vor­ sitzenden den Ausschlag gibt, so verstößt eine solche Bestimmung gegen den Grundsatz des Genossenschaftswesens. Die demokratische Grund­ lage der Genossenschaft bringt es mit sich, daß alle Mitglieder gleiche Rechte und Pflichten haben. Es ist nicht empfehlenswert, diesen Grundsatz zu durchbrechen. Wenn bereits in bezug auf die Vorstandsmitglieder gesagt ist, daß sie mit der Genossenschaft keinerlei Geschäfte abschließen bütfen, so gilt das gleiche für die Mitglieder des Aufsichtsrats. Diejenigen Handwerksmeister und Lieferanten, die einer Baugenossenschaft als Mitglieder angehören, dürfen sich nicht in den Aufsichtsrat wählen lassen, wenn sie darauf rechnen, auch fernerhin der Genossenschaft als Unternehmer oder Lieferanten gegenüberzutreten. Auch sollte man es nach Möglichkeit vermeiden, die in den Genossenschafts­ häusern vorhandenen Läden oder Schankwirtschaften an Aufsichtsrats­ mitglieder zu verpachten. Wollte man es für zulässig erachten, daß der Pächter eines in den Genossenschaftshäusern befindlichen Ladens Mitglied des Aufsichtsrats ist, so würde man in dem Kreise der Mit­ glieder insofern Mißtrauen erwecken, als möglicherweise die Annahme gerechtfertigt sein könnte, daß der betreffende Genosse seine Eigen­ schaft als Aufsichtsratsmitglied dazu benutzt hat, die Verpachtung an ihn durchzusetzen. Auch könnte ein Ladeninhaber die Interessen seiner Kundschaft in seiner Eigenschaft als Aufsichtsratsmitglied in Vereins­ angelegenheiten zu vertreten geneigt sein. Dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats muß das Recht eingeräumt werden, jederzeit eine Sitzung des Aufsichtsrats oder eine gemeinsame Sitzung des Vorstandes und Aufsichtsrats einzuberufen. Die Anregung zur Abhaltung von Aufsichtsratssitzungen kann auch vom Vorstand oder von Mitgliedern des Aufsichtsrats ausgehen. Geht sie auS der Mitte des Aufsichtsrats hervor, so würde sie jedenfalls dann immer vom Vorsitzenden des Aufsichtsrats zu berücksichtigen sein, wenn sie mindestens vom dritten Teile der Mitglieder des Aufsichtsrats unter schriftlicher Angabe der gewünschten Beratungsgegenstände gewünscht wird (§ 16 der Mustersatzungen).

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Viertes Kapitel

Ordnung und Zeitung dei Genu'ienicUattsangelegenhriten.

Selbstverstandllü) müjjen über die Sitzungen des Aufjichtsrats sowohl wie über die gemeinsamen Sitzungen des Vorstands- und Aufsichtsrats Niederschriften ausgenommen werden. Das Muster 8 gibt eine Anweisung für diese Niederschriften. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Niederschriften nur die gefaßten Be­ schlüsse zu enthalten brauchen, nicht eine Schilderung des Ganges der Verhandlungen. Diese Niederschriften sind von dem Schrift­ führer des Aufsichtsrats während der Verhandlungen zu schreiben, so daß sie unmittelbar nach Schluß der Versammlung verlesen und in der in den Satzungen festgesetzten Form unterzeichnet werden können. Das bei einigen Baugenossenschaften übliche Verfahren, die Niederschriften erst nach abgehaltener Sitzung aufzusetzen und dann in der nächsten Sitzung zur Unterzeichnung vorzulegen, kann nicht als zweckmäßig und statthaft empfohlen werden.

d) Die aus der Mitte des Aufsichtsrats zu bildenden Ausschüsse und ihre Obliegenheiten. Ausgeschlossen ist es, daß sämtliche Aufsichtsratsmitglieder bei den einzelnen Prüfungen mitwirken. Es ist unbedingt notwendig, daß der Aufsichtsrat sich zur Wahrnehmung seiner Funktionen in verschiedene Ausschüsse teilt. Im allgemeinen werden drei Aus­ schüsse aus den Mitgliedern des Aufsichtsrats gebildet werden müssen, nämlich ein Bautenprüfungsausschuß, ein Wohnungsprüfungsausschuß und ein Rechnungsprüfungsausschuß. Der Bautenprüfungsausschuß wird nur während einer Neubau­ zeit notwendig sein. Seine Aufgabe ist es, festzustellen, ob der Vor­ stand bei der Überwachung der Bauausführung seine Pflicht tut. Allgemeine Richtlinien lassen sich für den Bautenprüsungsausschuß nicht aufstellen. Wünschenswert ist es aber, daß, wenn irgend möglich, in diesen Ausschuß bausachverständige Mitglieder gewählt werden. Der Wohnungsprüfungsausschuß hat die Aufgabe, durch regel­ mäßige Besichtigung der Bereinshäuser festzustellen, ob der Vorstand für eine ordnungsgemäße Instandhaltung der Wohnungen sorgt. Je älter die neue Flutwelle der Baugenossenschaftsbewegung wird, desto älter werden auch die durch die heutigen Baugenossenschaften er­ richteten Häuser. Mit dem zunehmenden Mer der Genossenschafts­ häuser wird aber eine durchgreifende Prüfung der Häuser durch Vorstand und Aufsichtsrat immer notwendiger. Nur zu oft unter--

B Der All'ncblsrnI

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bleiben kleine notwendige Instandsetzungen, und später entstehen durch diese Unterlassungssünden große Unkosten. In erster Linie hat natürlich der Vorstand die Verpflichtung, für die Instandhaltung der Vereins­ häuser und für die Vornahme der notwendigen Ausbesserungen zu sorgen. Wer der Aufsichtsrat hat auch in dieser Beziehung den Vor­ stand zu überwachen. Insonderheit wird der Wohnungsprüfungs­ ausschuß des Aufsichtsrats darauf zu achten haben, ob die Dächer der Genossenschaftshäuser dicht sind, ob die Rinnen gut imstande sind, ob die Fenster genügend verkittet und gestrichen und ob die Kochherde und Ofen verbesserungsbedürftig sind. Auch ist stets darauf zu achten, ob die Fußböden eines neuen Anstrichs bedürfen. Bei einiger Übung

werden die Mitglieder des Wohnungsprüfungsausschusses schon sehr bald die vorhandenen Schäden erkennen. Die Aufgabe des Rechnungsprüfungsausschusses besteht in der Nachprüfung der Buch- und Kassenführung. Es muß hier offen aus­ gesprochen werden, daß in dieser Beziehung bei unseren Baugenossen­ schaften noch vielfach gesündigt wird. Eine wirklich durchgreifende Prüfung der Bücher ist keine anregende, aber eine sehr zeitraubende und gar nicht leichte Arbeit. Schon aus diesem Grunde ist es schwer, geeignete Personen für diesen Ausschuß zu finden. Hinzu kommt, daß namentlich in kleinen Orten eine unangebrachte Empfindlichkeit auf feiten der Vorstandsmitglieder oder eine nicht berechtigte Rücksicht­ nahme oder ein unbedingtes Vertrauen auf feiten der Aufsichtsrats­ mitglieder die Ursachen sind für die mangelhaften Prüfungen der Kassen- und Rechnungsführung. Gerade diese Art der Prüfungen ist eine der wesentlichsten Überwachungspflichten des Aufsichtsrats. Da bei den Baugenossenschaften sich heute mehr und mehr die amerikanische Buchführung eingebürgert hat, soll hier kurz angedeutet werden, wie der Aufsichtsrat die Prüfung der Kassen- und Rechnungs­ führung vorzunehmen hat, wenn die Bücher nach diesen Grundsätzen eingerichtet sind. Zunächst ist unbedingt notwendig, daß das Kassenbuch mindestens in der Hauptspalte nachgerechnet wird, und daß sämtliche Ausgabe­ belege mit den zugehörigen Eintragungen verglichen werden. Eine Prüfung der Ausgabebuchungen nach Stichproben ist unter allen Umständen unzureichend. Bei der Vergleichung der Belege mit den im Kassenbuch eingetragenen Zahlen ist darauf zu achten, daß sämtliche Belege eine von zwei Vorstandsmitgliedern unterzeichnete An­ weisung tragen, und daß die Empfangsbescheinigung von den be-

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Vierte- Kapitel.

Ordnung unv Leitung der Genüsienschastsangelegenheuen

rechtigten Empfängern ordnungsmäßig vollzogen ist. Es ist dann festzustellen, ob im Mietenbuche alle Mieter und Hausanwärter ein­ getragen und ob die Jahressollmieten richtig in diesem Geschäftsbuche verzeichnet sind. Darauf ist festzustellen, ob die Summe der nach dem Mietenbuche eingenommenen Mieten übereinstimmt mit der sich aus dem Kassenbuche ergebenden Mietsumme. Ist Übereinstimmung

vorhanden, so bedarf es einer Prüfung der Einzelposten nicht; sind Abweichungen da, so müssen sie natürlich aufgeklärt werden. Die Prüfung der Einnahmen aus Beiträgen kann, wenn nicht das Markensystem eingeführt ist, nur auf Grund der Mitglieder­ bücher ausgeführt werden. Es ist deshalb unbedingt notwendig, daß der Rechnungsprüfungsausschuß des Aufsichtsrats bei jeder Prüfung eine Anzahl von Mitgliederbüchern einzieht, um die Ein­ tragungen auf Geschäftsanteilkonto wenigstens nach Stichproben prüfen zu können. Die Prüfung der Buchungen auf dem Bankkonto erfolgt auf Grund des von der Bank geführten Kontobuchs. Die Prüfung der übrigen Einnahmeposten ergibt sich meist von selbst. Nach Prüfung der Buchungen hat dann eine Prüfung der etwaigen Bestände an Wertpapieren, barem Geld, Jnventarstiicken, Bauswffen usw. zu erfolgen. Eine solche ordentliche Prüfung durch den Aufsichtsrat hat, je nach dem Umfang der Baugenossenschaft, monatlich oder viertel­ jährlich zu erfolgen. Notwendig ist es unter allen Umständen, daß mindestens einmal im Jahre eine unvermutete Kassenprüfung stattfindet, die den Kassierer völlig unvorbereitet trifft und so am besten darüber Aufschluß gibt, ob die Kassenführung in Ordnung ist. Werden die ordentlichen Prüfungen in der geschilderten Weise vor­ genommen, so ist die Prüfung der Bilanz und des Jahresabschlusses nur eine ganz geringe Arbeit, denn es handelt sich dann nur noch um eine Vergleichung der Übertragungen in das Hauptbuch und um eine Prüfung des Abschlusses der einzelnen Konten im Hauptbuch, aus dem sich dann ohne weiteres die Bilanz ergibt. Selbstverständlich muß aber bei Prüfung der Bilanz noch eine Vergleichung der einzelnen Bilanzposten mit den geführten Nebenbüchern erfolgen. Es muß also festgestellt werden, ob das Geschäftsanteilkonto übereinstimmt mit der Gesamtsumme des Kontobuches I, ob das Erwerbshäuser­ tilgungskonto übereinstimmt mit der Summe des Kontobuches II, ob das Gebäudekonto und das Jnveptarkonto übereinstimmen mit dem aufgestellten Inventar usw.

C. Die i'ouftDCrfatttmlung.

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An eine Notwendigkeit sei noch erinnert, nämlich daran, daß es unerläßlich ist, nach jeder Prüfung eine Niederschrift aufzunehmen. Es ist zweckmäßig, in den Geschäftsanweisungen ein Muster für diese Niederschriften vorzuschreiben (zu vgl. Muster 4). Endlich ist darauf Bedacht zu nehmen, daß in diesen Aufzeichnungen stets die Rückstände an Mieten aufzuführen sind. Werden die Prüfungen durch den Aufsichtsrat in der vor­ bezeichneten Weise ausgeführt, so sind grobe Verfehlungen des Borstandes bei der Geschäftsführung und Unterschlagungen bei den Bau­ genossenschaften eigentlich ausgeschlossen. Viele Aufsichtsratsmitglieder nehmen aber ihr Amt viel zu leicht, anderen fehlen die notwendigen Kenntnisse. In den meisten Fällen machen sich die Aufsichtsrats­ mitglieder keine Vorstellung von der Verantwortung, die sie über­ nehmen. Es sei deshalb darauf aufmerksam gemacht, daß die Auf­ sichtsratsmitglieder nach § 41 des Genossenschaftsgesetzes bei Aus­ übung ihrer Obliegenheiten die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäfts­ mannes anzuwenden haben, und daß Mitglieder, die ihre Obliegen­ heiten verletzen, der Genossenschaft persönlich und solidarisch für den dadurch entstandenen Schaden haften. Kommen also bei einer Bau­ genossenschaft grobe Mißgriffe oder Unterschlagungen vor, so werden die Aufsichtsratsmitglieder stets ersatzpflichtig sein, wenn sie nicht nachweisen, daß sie die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes angewendet haben. Ein Aufsichtsratsmitglied kann sich dabei nicht mit mangelhafter Geschäftsgewandtheit entschuldigen, denn wer ein Amt übernimmt, gibt damit auch die Erklärung ab, daß er dieses Amt wahrnehmen kann. Bei einigem guten Willen kann sich aber jedes Aufsichtsratsmitglied in seine Obliegenheiten einarbeiten und zwar so, daß es nicht nur zur Vornahme einer wirksamen Prüfung befähigt ist, sondern, daß es auch Freude an seiner Arbeit haben wird. Wenn also nur die Aufsichtsratsmitglieder ihr Amt ernst nehmen und sich der großen Verantwortung bewußt bleiben, so werden sie sich bald das Maß von Erfahrung aneignen, das nötig ist, um eine sich auf alle Einzelheiten erstreckende Überwachung des Vorstandes aus­ zuüben.

C. Sie Hauptversammlung.

a) Stimmrecht der Mitglieder. Die den Mitgliedern in Angelegenheiten der Genossenschaft zu­ stehenden Rechte werden von ilmen in der Hauptversammlung aus-

40

Vierte- Kapitel.

Ordnung und Leitung der Genon'enschaftsangelegenheiten.

geübt. Die demokratische Grundlage der Genossenschaften kommt dadurch zum Ausdruck, daß sämtliche Mitglieder in der Hauptversamm­ lung, ohne Rücksicht auf die finanzielle Beteiligung, nur eine Stimme haben (§ 43 d. Ges.). Handlungsunfähige Personen, juristische Per­ sonen sowie die Erben eines verstorbenen Mitglieds können sich in der Hauptversammlung durch einen mit schriftlicher Vollmacht versehenen Bevollmächtigten vertreten lassen. Ein Bevollmächtigter kann nicht mehr als einen Genossen vertreten (§ 43 Abs. 4 d. Ges.). Es ist aber zulässig, daß einem anderen Mitglied eine solche Vollmacht über­ tragen wird, so daß dieses dann eine Stimme für sich und eine weitere Stimme in seiner Eigenschaft als Bevollmächtigter abgeben kann.

b) Leitung der Hauptversammlung. Die Leitung der Verhandlungen in der Hauptversammlung wird im allgemeinen dem Vorsitzenden desjenigen Bereinsorgans, von dem die Berufung ausgeht, zu übertragen sein. Da man die Berufung der Hauptversammlung am besten dem Aufsichtsrate zuweist und sie nur dann durch den Vorstand vornehmen läßt, wenn der Aufsichtsrat die Berufung aus irgendeinem Grunde verzögern sollte, so wird in der Regel die Leitung der Hauptversammlung durch den Vorsitzenden des Aussichtsrats erfolgen. Die Hauptversammlung hat aber jederzeit das Recht, sich einen anderen Leiter für die Verhandlungen zu wählen. Ein solcher Beschluß der Generalversammlung braucht nicht als Gegen­ stand der Tagesordnung vorher angekündigt zu werden (§ 46 Abs. 2 d. Ges.).

c) Die Einladung zur Hauptversammlung. Die Einladung zur Hauptversammlung erfolgt am besten durch eine einmalige Bekanntmachung in demjenigen Blatte, das für die Bekanntmachungen der Baugenossenschaft in den Satzungen be­ stimmt ist. Wenn in Baugenossenschaftssatzungen häufiger bestimmt wird, daß eine mehrmalige Bekanntmachung der Einladung zur Hauptversammlung notwendig ist, so kann im allgemeinen diese Maßnahme nicht empfohlen werden. Wählt man für die Bekannt­ machungen der Genossenschaft dasjenige Blatt, das im Kreise der Mitglieder am meisten gelesen wird, so dürste eine einmalige Be­ kanntmachung genügen. Da, wo anzunehmen ist, daß die Bekannt­ gabe der bevorstehenden Hauptversammlung in einer oder auch in mehreren Tageszeitungen nicht genügt, um die Mitglieder von

41

Die Hauvtoersammlung.

der beabsichtigten Abhaltung der Hauptversammlung in Kenntnis zu setzen, empfiehlt es sich, den einzelnen Genossen eine Einladung

zugehen zu lassen.

Es wird aber ausdrücklich davor gewarnt, den

Genossenschaftsorganen in den Satzungen die Pflicht zur schriftlichen

Einladung der einzelnen Genossen auszuerlegen, weil dadurch eine

Anfechtung der gefaßten Beschlüsse von solchen Genossen möglich wird, die behaupten, eine Einladung zur Hauptversammlung nicht

bekommen zu haben. In der Einladung zur Hauptversammlung sind regelmäßig die Gegenstände der Tagesordnung bekanntzumachen. Die Bezeichnung der einzelnen Gegenstände der Tagesordnung muß so sein, daß die

Mitglieder aus ihr ersehen können, welche Bedeutung die Beschlüsse

für die Genossenschaft haben.

Es genügt z. B. nicht, wenn in den

Einladungen als Gegenstand der Tagesordnung nur angegeben wird: „Satzungsänderung".

Es würden die Paragraphen zu bezeichnen

sein, die geändert werden sollen. Soll eine vollständige Umarbeitung der Satzungen vorgenommen werden, so würde der Gegenstand der Tagesordnung etwa zu bezeichnen sein: „Annahme neuer Satzungen" usw. Über Gegenstände, die nicht drei Tage vor der Hauptversamm­

lung in dem für die Veröffentlichung der Bekanntmachungen der Genossenschaft bestimmten Blatt angekündigt sind, können Beschlüsse nicht gefaßt werden (§ 46 Abs. 2 d. Ges.). Hiervon sind, wie bereits

bemerkt, solche Beschlüsse ausgenommen, die sich auf die Leitung der Versammlung beziehen. Auch bedarf es zur Beschlußfassung über einen Antrag auf Berufung einer außerordentlichen Hauptversamm­

lung gemäß § 46 des Genossenschaftsgesetzes keiner vorherigen An­ kündigung. Die Einladung zur Hauptversammlung muß mit einer Frist von mindestens einer Woche derartig geschehen, daß zwischen dem

Tag, an dem die betreffende Nummer des Blattes erscheint und dem Tag, an dem die Hauptversammlung stattfindet, ein Zeitraum von mindestens sieben Tagen liegt. d) Die Zahl der abzuhaltende« Hauptversammlungen.

Da die Hauptversammlung die für die Baugenossenschaft auf­ gestellte Jahresbilanz zu genehmigen hat, muß in jedem Jahre nach

Ablauf

werden.

des

Geschäftsjahres

eine

Hauptversammlung

abgehalten

§ 26 der Mustersatzungen sieht vor, daß diese ordentliche

Hauptversammlung spätestens innerhalb vier Monaten nach Ablauf

42

Viertes Kapitel

Ordnung und Leitung der GenosienschaftSangelegenheiten.

des Geschäftsjahres stattzufinden hat. In dieser ordentlichen Haupt­ versammlung wird zunächst der Vorsitzende in einem Vortrag ein möglichst anschauliches Bild über die Geschäftstätigkeit der Genossen­ schaftorgane während des abgelaufenen Geschäftsjahres und über die Vermögenslage der Genossenschaft am Schluß des abgelaufenen Geschäftsjahres zu geben haben. Darauf ist die vorgelegte Bilanz von der Hauptversammlung zu genehmigen und dem Vorstand auf Antrag des Aufsichtsrats Entlastung zu erteilen. In dieser ordent­ lichen Hauptversammlung sind auch die etwa notwendigen Wahlen für ausgeschiedene oder ausscheidende Vorstands- und Aufsichtsrats­ mitglieder vorzunehmen. Nach Bedarf können jederzeit auch außerordentliche Haupt­ versammlungen berufen werden. Es wird dies namentlich dann nötig sein, wenn aus irgendeinem Grunde eine Satzungsänderung vorzunehmen ist, die nicht bis zur ordentlichen Hauptversammlung hinausgeschoben werden kann. Es ist auch eine außerordentliche Haupt­ versammlung dann einzuberufen, wenn der Vorstand oder der zehnte Teil der Genossenschaftsmitglieder in einer von ihnen unterschriebenen Eingabe unter Anführung des Zwecks und der Gründe eine solche Versammlung beantragen. Es wird aber davor gewarnt, in den Satzungen mehr als eine ordentliche Hauptversammlung im Jahre vorzusehen. In früherer Zeit ist vielfach befürwortet worden, in jedem' Vierteljahr eine Hauptversammlung abzuhalten, um durch die in den Hauptversammlungen möglichen Aussprachen den genossen­ schaftlichen Geist anzuregen. Die Erfahrungen haben aber gelehrt, daß sich die Abhaltung so vieler Hauptversammlungen nicht empfiehlt. Es liegt nämlich auf der Hand, daß dann, wenn z. B. alle drei Monate eine Hauptversammlung stattfindet, den unzufriedenen Mitgliedern — solche gibt es in jeder Baugenossenschaft — Gelegenheit gegeben wird, unberechtigte Beschwerden gegen die Mitglieder der Vereins­ organe vorzubringen. Wird es auch den Vorstands- und Aufsichtsrats­ mitgliedern in den meisten Fällen möglich sein, die Haltlosigkeit solcher Beschwerden sofort nachzuweisen, so gibt es doch immer Fälle, in denen ein solcher Nachweis nicht ohne weiteres sofort möglich ist. Aus diesem Grunde gestalten sich die häufigen Hauptversammlungen oft zu Beschwerdeabenden für den Vorstand und Aufsichtsrat und sind so geeignet, daß Vertrauen der Mitglieder zu der Genossenschafts­ leitung einznschränken.

zu unterschreiben.

Auf die satzungsmäßige Beurkundung der Beschlüsse ist Bedacht zu nehmen.

Bestimmen die Satzungen, daß die Niederschriften von

mehreren Personen zu unterschreiben sind, so muß darauf gehalten werden, daß diese Personen auch in jedem Falle sämtlich unter­

schreiben.

Wird die Form bei der Beurkundung der Hauptversamm­

lungsbeschlüsse insofern verletzt, als eine oder mehrere Unterschriften

fehlen, so verliert die Niederschrift an Beweiskraft, würde also im Falle eines Rechtsstreits nur bedingten Wert haben.

Es ergibt sich

hieraus, daß die Form für die Beurkundung der Hauptversammlungs­

beschlüsse in den Satzungen nicht unnütz erschwert werden darf.

Die

Mustersatzungen sehen vor, daß die Beschlüsse der Hauptversammlungen vom Vorsitzenden, dem Schriftführer und von mindestens drei Genossen­

schaftsmitgliedern unterzeichnet werden sollen.

Es wird dringend

geraten, die Zahl der für die Beurkundung nötigen Unterschriften nicht zu erhöhen. (Muster zu einer Niederschrift der Hauptversamm­

lungsbeschlüsse s. Muster 7.)

g) Die Berhandluugsgegenstäude. Die wesentlichsten Aufgaben der Hauptversammlung bestehen in dem Erlaß der Satzungen für die Genossenschaft, in der Genehmigung

der Bilanz und der Verteilung von Gewinn oder Verlust sowie in den Wahlen der Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder. Nach der

Vorschrift des § 49 des Genossenschaftsgesetzes hat die Hauptversamm­ lung ferner den Gesamtbetrag der die Genossenschaft belastenden

Anleihen festzusetzen. Es ist dies eine Bestimmung, die in der Praxis

sehr häufig nicht befolgt oder insofern mißverstanden wird, als man glaubt, daß die Bewilligung jedes einzelnen Hypothekendarlehens

durch die Hauptversammlung notwendig sei.

Die gesetzliche Be­

stimmung bezweckt aber lediglich, der Hauptversammlung die Möglich­

keit zu geben, das Verhältnis zwischen den eigenen Betriebsmitteln und den aufgenommenen fremden Geldern in bestimmten Grenzen

zu halten. Es genügt also, wenn die Hauptversammlung einen Höchst­ betrag für die Anleihen festsetzt, der für die zunächst in Aussicht ge­ nommene Bautätigkeit ausreicht. Vorstand und Aufsichtsrat können

dann innerhalb dieser Grenze Anleihen nach ihrem Ermessen aufnehmen

und würden nur dann an die Hauptversammlung mit dem Antrag auf Erhöhung der festgesetzten Grenze heranzutreten haben, wenn

46

'Werte© Kapitel.

Crbnung und vcinnig der (Senoffemcbaft ©angelegenbetten.

durch die aufgenommenen Auielhen die Grenze annähernd erreicht ist, bzw. im Laufe des kommenden Geschäftsjahres erreicht werden wird. § 34 der Mustersatzungen weist der Hauptversammlung noch einige Angelegenheiten zu, die der alleinigen Verfügung des Vorstandes und Aufsichtsrats zweckmäßig zu entziehen sind. Im übrigen wird aber ausdrücklich davor gewarnt, der Hauptversammlung durch die Satzungen weitere Befugnisse zu übertragen. Vor allen Dingen darf man niemals rein geschäftliche Maßnahmen, wie z. B. Festsetzung der Wohnungsmieten oder das Kündi­ gungsrecht für die Vereinswohnungen der Hauptversamm­ lung zuweisen. Abgesehen davon, daß eine größere Versammlung niemals in der Lage ist, eine sachliche Prüfung derartiger geschäft­ licher Maßnahmen vorzunehmen, darf man schon deshalb der Haupt­ versammlung die Beschlußfassung über geschäftliche Angelegenheiten nicht zuweisen, weil sie niemals für verfehlte Maßnahmen ver­ antwortlich gemacht werden kann. Ganz besonders gefährlich ist es, wenn in den Satzungen oder Vermietungsbedingungen bestimmt ist,, daß die Wohnungen un kündbar oder nur durch Beschluß der Hauptversammlungen kündbar sind. Sind nämlich in einem solchen Falle die Mieten bei einer Bau­ genossenschaft zu gering berechnet, und muß zur Gesundung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Baugenossenschaft eine Erhöhung der Meten durchgeführt werden, so kann das nur in der Weise geschehen, daß die Wohnungen gekündigt werden. Die in der Hauptversammlung anwesenden Mieter werden aber häufig nicht geneigt sein, einer im Interesse der Genossenschaft nötigen Mieterhöhung zuzustimmen, wenn sie selbst für die Mehrzahlung der Miete in Frage kommen Aus diesem Grunde ist ein Beschluß, der auf die Erhöhung von Woh­ nungsmieten abzielt, in der Hauptversammlung schwer durchzubringen. Die Steigerbarkeit und infolgedessen auch die Kündbarkeit der Woh­ nungen darf unter keinen Umständen erschwert werden. Diese für das wirtschaftliche Gedeihen einer Genossenschaft außerordentlich wichtigen Maßnahmen müssen stets auf Beschluß des Vorstandes und Aufsichtsrats ohne weiteres durchführbar sein. D. Bevollmächtigte und Beamte der Genossenschaft.

Schon bei mittleren Baugenossenschaften ist es häufig nötig, die von den Mitgliedern zu zahlenden Beiträge durch Boten einziehen zu lassen. Bei größeren Baugenossenschaften muß auch die Wahr

1) yeooOmäditiiue unt> jscnmte der ■'icuorieiüdiari

47

nehmung anderer Obliegenheiten Bevollmächtigten oder Beamten der Genossenschaft übertragen werden. So ist z. B. die Bestellung von Hausverwaltern oder Vertrauensmännern in vielen Baugenossen­

schaften notwendig.

Bei den großen Baugenossenschaften ist ein

Büropersonal, in einzelnen Fällen sogar ein größeres technisches

Personal anzustellen.

Die Zulässigkeit der Bestellung solcher Hilfs­

kräfte ergibt sich aus § 42 des Genossenschaftsgesetzes, der folgenden

Wortlaut hat: „Der Betrieb von Geschäften der Genossenschaft sowie die Vertretung der letzteren in bezug auf diese Geschäftsführung

kann auch sonstigen Bevollmächtigten oder Beamten der Ge­

nossenschaft zugewiesen werden. In diesem Falle bestimmt sich die Befugnis derselben nach der ihnen erteilten Vollmacht; sie erstreckt sich im Zweifel auf alle Rechtshandlungen, welche die

Ausführung derartiger Geschäfte gewöhnlich mit sich bringt. Die Bestellung von Prokuristen oder von Handlungsbevoll­ mächtigten zum gesamten Geschäftsbetriebe findet nicht statt."

Die Vertretung der Genossenschaft den Bevollmächtigten und Beamten gegenüber steht dem Vorstände zu.

Die vom Vorstand

erteilte Vollmacht zur Ausführung von Geschäften für die Genossen­ schaft darf nicht auf den gesamten Geschäftsbetrieb ausgedehnt werden. Sie darf nur einzelne Geschäfte oder Geschäftszweige um­ fassen. Zulässig ist z. B. die Erteilung einer Vollmacht zur Ausübung

der Kassen- und Rechnungsführung oder zur Einziehung der Meten

und Beiträge oder zur Verwaltung der Häuser.

Für die Bevoll­

mächtigten und Beamten gilt der für die Vorstandsmitglieder maß­ gebende Grundsatz der Doppelzeichnung nicht. Der Vorstand kann

also z. B. den Kassierer einer Genossenschaft ermächtigen, allein rechtsgültigimNamen der Genossenschaft Empfangsbescheinigungen auszustellen.

Der Vorstand ist der Vorgesetzte der Bevollmächtigten und Beamten, der über Anstellung und auch über Entlassung entscheiden kann. Die Überwachung durch den Aufsichtsrat hat sich auch auf die Angestellten zu erstrecken.

Die vom Vorstande den Bevollmächtigten

erteilte Vollmacht muß, um Dritten gegenüber Gültigkeit zu haben,

in der für die Willenserklärungen des Vorstandes maßgebenden

Form unterzeichnet sein. Hierbei wird vorausgesetzt, daß die Vollmacht

schriftlich erteilt ist, was allerdings nicht unbedingt notwendig ist.

48

Kienes Kapitel.

Ordnung und Leitung der lÄenofsenschnstsangelegenheileu.

Auch eine mündliche Vollmacht würde, wenn sie von den zur Zeichnung für die Genossenschaft berechtigten Vorstandsmitgliedern abgegeben ist, rechtlich wirksam sein. Die Beamten und Bevollmächtigten zeichnen für die Genossen schäft in der Form, die in ihrer Vollmacht angegeben ist. Als Be­ vollmächtigter kann auch ein Vorstandsmitglied insofern bestellt werden, als ihm von dem Vorstande als solchem die Vollmacht er­ teilt wird über bestimmte Rechtsgeschäfte allein rechtsgültig für die Genossenschaft zu zeichnen. So ist es z. B. gesetzlich zulässig, nicht nur einem Angestellten der Genossenschaft, sondern auch einem Vorstandsmitgliede die Vollmacht zu erteilen, rechtsgültig den Empfang von Mietszahlungen oder sonstige Einnahmen zu bestätigen. Hier­ durch wird allerdings in sehr bedenklicher Weise eine Umgehung des Zwanges zur Doppelzeichnung möglich. Wie bereits angedeutet, wird die Bestellung von Beamten und Bevollmächtigten, namentlich bei solchen Genossenschaften notwendig sein, bei denen die Kassengeschäfte so umfangreich sind, daß mehrere Hilfskräfte zur Anstellung kommen müssen. In diesem Falle sollte man aber, wenn irgend möglich, an dem Grundsatz der Doppel­ zeichnung (durch zwei Angestellte) festhalten, um möglichst Unter­ schlagungen im Kassenverkehr zu verhindern. In kleineren Genossen­ schaften muß die Einzelzeichnung für Mieteinnahmen und Beiträge in der Weise zugelassen werden, daß das die Kassengeschäfte wahr­ nehmende Vorstandsmitglied allein rechtsgültig den Empfang be­ stätigt. Diese Notwendigkeit ergibt sich aus dem Umstande, daß bei den kleineren Genossenschaften die Einzahlung der Mieten und Beiträge meist in der Privatwohnung des Kassenführers erfolgen muß. Die Einzelzeichnung ist hier unbedenklich, wenn eine ausreichende Über­ wachung stattfindet. Die Bestellung bezahlter Hausverwalter hat sich nur da be währt, wo eine Anzahl von Genossenschaftshäusern zu einem Häuser­ blocke vereinigt sind, und die Anstellung eines vollamtlichen Haus­ verwalters schon deshalb ratsam ist, weil durch ihn viele kleine Jnstandsetzungsarbeiten ausgeführt werden können, wodurch sich seine Tätigkeit bezahlt macht. Die Bestellung von sogenannten Vizewirten, die selbständig über Streitigkeiten in bezug auf die Hausordnung oder über In­ standsetzungen zu entscheiden haben, empfiehlt sich im allgemeinen nicht, weil die Mieter den Anordnungen dieser Bevollmächtigten

i >. BevoUuiüchtigtc und Beamte Der Genossenschoit

49

des Vorstandes erfahrungsgemäß nicht gern folgen. Besser ist es, man beschränkt sich darauf, für jedes Haus einen Vertrauensmann zu bestellen, der den Vorstand von allen Unregelmäßigkeiten und den vorzunehmenden Instandsetzungen unterrichtet, und überläßt im übrigen den Erlaß bestimmter Anordnungen und die Erteilung des Auftrags für auszuführende Instandsetzungen ausschließlich den Vorstandsmitgliedern. Bon dieser Regel sind allerdings bisweilen Ausnahmen zu machen, da die Verhältnisse bei den Baugenossen­ schaften so verschieden liegen, daß einheitliche Richtlinien in dieser Beziehung nicht aufgestellt werden können. Außer den Berwaltungsbeamten ist bei größeren Baugenossen­ schaften auch die Anstellung eines Architekten und eines oder mehrerer Bauaufseher notwendig. Bei der Auswahl des technischen Personals ist besondere Vorsicht notwendig, da erfahrungsgemäß die Bauunter­ nehmer den technischen Beamten der Genossenschaft gern Vorteile einräumen, um diese gefügig zu machen. Die Techniker sollen aber in erster Linie dafür sorgen, daß die Bauausführung und die Baustoff­ lieferungen einwandfrei sind, woraus sich ergibt, daß sie den Unter­ nehmern und Lieferanten gegenüber völlig unabhängig sein müssen.

Fünftes Kapitel.

Entstehung und Endigung der Mitgliedschaft. a) Aufnahme von Mitgliedern.

Da eine Baugenossenschaft erhebliche Geldmittel aufbringen muß, wenn sie auch nur für einen Teil der Mitglieder Wohnungen beschaffen will, so muß von vornherein angestrebt werden, möglichst viel Mitglieder für die Baugenossenschaft anzuwerben, um aus dem Kreise der Mitglieder denjenigen Anteil der Betriebsmittel aufbringen zu können, der durch Anleihen nicht zu decken ist. Eine große Mit­ gliederzahl ist für eine Baugenossenschaft auch deshalb wertvoll, weil sie ihr eine möglichst weitgehende Kreditfähigkeit gibt, denn jedes beitretende Mitglied hat für die Verbindlichkeiten der BaugenossenLcheidt, Handbuch für Baugenossenschaften S Ausl 4

50

Fünftes Kapitel.

Entstehung und Endigung der Mitgliedschaft.

schäft in Höhe der Haftsumme zu haften.

Alan wird deshalb im all­

gemeinen mit der Aufnahme von Mitgliedern nicht engherzig zu sein brauchen und nur solche Personen ablehnen müssen, von denen man von vornherein weiß, daß sie ihren satzungsgemäßen Verpflichtungen in bezug auf die Einzahlungen auf den Geschäftsanteil nicht nach­

kommen können. Um möglichst viele Mitglieder für die Baugenossenschaft zu ge­ winnen, empfiehlt es sich, nicht nur gewissen Berufsgruppen die

Aufnahmefähigkeit einzuräumen.

Eine Ausnahme machen in dieser

Beziehung die Eisenbahnbauvereine.

Es werden häufig da, wo

neue Verschiebebahnhöfe oder sonstige umfangreiche Betriebsanlagen

der Eisenbahn errichtet werden, Baugenossenschaften gegründet, die das Wohnungsbedürfnis der in diesen Betriebsstätten beschäftigten Beamten und Arbeiter decken sollen.

Da diese Baugenossenschaften

ausschließlich auf die Verhältnisse der Eisenbahnbediensteten zu­ geschnitten werden und auch zugeschnitten sein müssen, empfiehlt es

sich in solchem Falle natürlich, nur Eisenbahnbediensteten die Be­ Ebenso ist es häufig

teiligung an der Genossenschaft zu gestatten.

angezeigt, daß eine Baugenossenschaft lediglich Beamte oder solche Personen, die in beamtenähnlicher Stellung sind, als Mitglieder zu­ läßt. Wenn es auch durchaus wünschenswert wäre, daß nach Möglich­

keit Beamte und Arbeiter in derselben Baugenossenschaft am gemein­ samen Werke, nämlich der Verbesserung ihrer Wohnungsverhältnisse, zusammenarbeiteten, so ist doch eine solche gemeinsame Arbeit nicht immer möglich. Schon dadurch, daß von den Landesversicherungs­ anstalten den Arbeiterbaugenossenschaften billigere Hypothekengelder

zur Verfügung gestellt werden, als das bei den Beamtenwohnungs­ genossenschaften der Fall ist, muß meist eine Trennung der Wohnungs­

bedürftigen in

zwei

Baugenossenschaften

vorgenommen

werden.

Hinzu kommt, daß es meist schwierig ist, die Interessen der Beamten und Arbeiter in einer Baugenossenschaft so gegeneinander abzuwägen, daß ein erfreuliches Zusammenarbeiten in den Sitzungen der Vereins­

organe und in den Hauptversammlungen möglich ist. Hieraus erklät, sich auch die große Anzahl der entstandenen Beamtenwohnungs­

genossenschaften, von denen diejenigen, deren Mitglieder Eisenbahn­ bedienstete sind, allerdings zum großen Teile auch Kleinwohnungen

für Eisenbahnarbciter errichten.

Derjenige,

der

einer

Baugenossenschaft beizutreten

wünscht,

muß selbstverständlich befähigt sein, Verträge zu schließen, so daß

Vlumabmc von iKmilicbeni.

51

beispielsweise Geisteskranke oder Entmündigte die Mitgliedschaft nicht erwerben sönnen. Unter Vormundschaft oder unter väterlicher Gewalt stehende Personen bedürfen zur Mitgliedschaft der Genehmi­ gung ihres Vormundes oder des Vaters. Ehefrauen können nur mit Genehmigung ihrer Männer Mitglied werden. Auch bei verheirateten Handelsfrauen, das heißt solchen Frauen, die selbständig ein Gewerbe betreiben, ist die Genehmigung des Ehemannes zum Beitritt er­ forderlich. Zulässig ist es, daß Mann und Frau Mitglieder werden. Heiratet ein weibliches Mitglied der Genossenschaft, so ändert dies an seiner Mitgliedschaft nichts. Die Namensänderung ist aber von dem Vorstände zur Eintragung in die Liste der Genossen anzumelden. Es können nicht nur physische, sondern auch juristische Personen Mitglied einer Genossenschaft werden. Für die letzteren wird die Beitrittserklärung in der Form unterzeichnet, die für die betreffende juristische Person Dritten gegenüber als rechtsgültig zu betrachten ist. Das Gesetz unterscheidet zwischen dem Erwerb der Mitglied-schaft und der Entstehung der Mitgliedschaft. Erworben wird die Mitgliedschaft durch die Ausstellung einer unbedingten, schriftlichen Beitrittserklärung und durch die Aufnahme in Gemäßheit der Satzungen. Die Mitgliedschaft entsteht aber erst durch die Eintragung in die Liste der Genossen. Erst von dem letzteren Zeitpunkte ab ent­ stehen deshalb für das Mitglied die sich aus dem Beitritt ergebenden Rechte und Pflichten. Um jederzeit einen Nachweis darüber führen zu können, daß der betreffende Genosse eine gültige Beitrittserklärung unterzeichnet hat, empfiehlt es sich, von jedem beitretenden Genossen zwei gleich­ lautende Beitrittserklärungen vollziehen zu lassen. Das eine Exemplar behalt die Genossenschaft. Mehrere Druckereien fertigen Bücher mit Beitrittserklärungen an, die so eingerichtet sind, daß auf jedem Blatte zwei gleichlautende Vordrucke zu Beitrittserklärungen stehen. Nachdem beide Vordrucke von dem Beitretenden vollzogen sind, wird ein Vordruck aus dem Buche herausgetrennt und an das Gericht weitergegeben. In vielen Baugenossenschaften erfolgt die Aufnahme durch den Vorstand, in vielen anderen durch den Vorstand und Aufsichtsrat. In Baugenossenschaften, die für gewerbliche Arbeiter Wohnungen erbauen, ist es zu empfehlen, daß auch der Aufsichtsrat über die Auf­ nahme von Mitgliedern befragt wird, da erfahrungsgemäß gerade die Aufsichtsratsmitglieder oft in der Lage sind, über die Verhältnisse 4*

52

fünftes Kapitel

EiNftebung und Endigung der^Mitgliedschait

der sich Meldenden Auskunft zu geben. Wird die Aufnahme aus irgendeinem Grunde abgelehnt, so empfiehlt es sich, die Gründe für die Ablehnung nicht anzugeben. b) Der Austritt von Mitglieder». Jeder Genosse hat das Recht, mittels Aufkündigung seinen Austritt aus der Genossenschaft zu erklären (§ 65 Abs. 1 d. Ges.). Gleichviel, ob das Ausscheiden infolge Kündigung oder infolge Aus­ schluß stattfindet, gestattet das Genossenschaftsgesetz als Zeitpunkt für das Ausscheiden nur den Schluß des Geschäftsjahres. Denn die Genossenschaft muß, bevor sie sich mit einem Ausscheidenden aus­ einandersetzt, auf Grund der aufgestellten Bilanz feststellen können, ob nach dem Vermögensstande der Genossenschaft die Herauszahlung des Geschäftsguthabens in voller Summe zulässig, bzw. welcher Gewinnanteil dem Genossen gutzurechnen ist. Nur dann, wenn der Austritt in Gemäßheit des § 76 des Gesetzes durch Übertragung des Geschäftsguthabens erfolgt, kann der Austritt auch im Laufe des Geschäftsjahres erfolgen.

Wichtig ist die Frage, welcher Zeitraum für die Kündigungsfrist in den Satzungen vorzusehen ist. Die Kündigungsfrist muß nach § 65 des Gesetzes mindestens drei Monate betragen, sie darf aber durch die Satzungen bis auf zwei Jahre verlängert werden.

Da die Baugenossenschaften einen wesentlichen Teil der von den Mitgliedern eingezahlten Geschäftsguthaben in dem Grund und Boden und in den Häusern festlegen, müssen sie sich davor schützen, daß durch einen Massenaustritt von Mitgliedern ihre Geldflüssigkeit gefährdet werden kann. Sie müssen deshalb die Dauer für die Kündigungs­ frist so bemessen, daß einerseits diese Zeit ausreicht, um unter ge­ wöhnlichen Verhältnissen die Summe, die an die Ausscheidenden zurückzuzahlen ist, flüssig machen zu können, anderseits die Aus­ einandersetzung mit solchen Mitgliedern, die an ihrer Zugehörigkeit zu der Genossenschaft kein Interesse mehr haben, nicht allzuweit hinausgeschoben wird. Man wird deshalb in denjenigen Baugenossen­ schaften, die nur Erwerbshäuser bauen und mit einem schnell wechseln­ den Mitgliederbestände nicht zu rechnen haben, die Kündigungsfrist auf mindestens ein Jahr festzusetzen haben. Diejenigen Baugenossen­ schaften, die Miethäuser bauen, werden allerdings eine so lange Kündigungsfrist ihren Mitgliedern nicht immer vorschreiben können.

Der Austritt von iVhtglicöern.

53

Man wird deshalb oft über eine halbjährige Kündigungsfrist nicht hinausgehen dürfen. Besonders Hervorgehoben sei, daß die Kündigungs­ frist für sämtliche Mitglieder dieselbe sein muß. Es ist nicht zulässig, in derselben Genossenschaft für die Hausanwärter eine längere Kündigungsfrist festzusetzeti als für die Mieter. Auch ist es unzulässig, die Kündigungsfrist je nach der Kapitalbeteiligung abzustufen, indem für diejenigen Mitglieder, die mehrere Geschäftsanteile erworben haben, eine längere Kündigungsfrist festgesetzt wird, als für die Mit­ glieder, die nur einen Geschäftsanteil übernommen haben. Die Kündigung kann auch durch einen Gläubiger des Mitgliedes erfolgen, wenn dieser sich das Geschäftsguthaben gerichtlich hat pfänden und überweisen lassen. (Zu vergleichen § 66 des Genossenschafts­ gesetzes.) c) Der Ausschluß von Mitglieder«.

Da eine Baugenossenschaft darauf angewiesen ist, ihren Mit­ gliederbestand aus den Kreisen der Mnderbemittelten zu bilden, so kommt es außerordentlich häufig vor, daß Mitglieder ausgeschlossei» werden müssen, weil sie ihre satzungsgemäßen Einzahlungen auf den Geschäftsanteil nicht eingezahlt haben. Rach § 22 Abs. 2 des Genossen­ schaftsgesetzes darf eine auf den Geschäftsanteil geschuldete Einzahlung nicht erlassen werden. Es ist zwar statthaft, einem Mitgliede die rückständigen Beiträge für eine bestimmte Zeit zu stunden, jedoch darf diese Stundung nicht dahin führen, daß das Mitglied für eine längere Zeit überhaupt von der Leistung der nach den Satzungen zu zahlenden Mndestbeträge entbunden wird. Den Bereinsorganen bleibt deshalb nichts anderes übrig, als solche Mitglieder, die für eine längere Zeit mit der Leistung ihrer Beiträge im Rückstände bleiben, aus der Genossenschaft auszuschließen. Rach § 68 des Genossenschaftsgesetzes kann ein Genosse aus­ geschlossen werden wegen Verlustes der bürgerlichen Ehrenrechte oder wegen der gleichzeitigen Mitgliedschaft in einer anderen Baugenossen­ schaft, die sich in demselben Orte befindet, in dem die Baugenossen­ schaft ihren Sitz hat. Der letztere Ausschließungsgrund wird aller­ dings von einer Baugenossenschaft in der Regel nicht geltend gemacht werden, da eine solche doppelte Mitgliedschaft für Baugenossenschaften keine Bedenken mit sich bringt. Nach dem Genossenschaftsgesetz ist es zulässig, in den Satzungen weitere Ausschließungsgründe fest zulegen. Nach dem Gesagten ist es selbstverständlich, daß nach den Satzungen der Ausschluß möglich sein muß wegen Nichterfüllung

ö4

Fünftes Kapitel

Entnehunft und Endigung dci Mtlgliedscha-r

der satzungsmäßigen oder anderer vertragsmäßigen Verpflichtungen gegenüber der Genossenschaft. Es empfiehlt sich aber, die Ausschließung auch dann als zulässig zu erklären, wenn über das Vermögen des Mtglieds Konkurs eröffnet ist oder wenn das Mitglied durch sein Verhalten die Genossenschaft schädigt. Ter letztere Grund ist deshalb wichtig, weil bisweilen in den Baugenossenschaften Mitglieder sind, die danach streben, die Verwaltung in ihre oder ihrer Freunde Hände zu bringen und dann, wenn ihnen das nicht gelingt, versuchen, die Genossenschaft in Mißkredit zu bringen. Die Ausschließung erfolgt am besten durch Beschluß des Vor­ standes und Aufsichtsrats in gemeinschaftlicher Sitzung. Es wird dringend davor gewarnt, den Ausschluß von Mitgliedern in die Hand der Hauptversammlung zu legen. Die Erfahrungen lehren, daß gerade die auf den Ausschluß von Mitgliedern abzielenden Beschlüsse in der Hauptversammlung sehr häufig zu uferlosen und unfruchtbaren Debatten führen, die geeignet sind, das Vertrauen der Genossen­ schaftsmitglieder zu den Vereinsorganen zu untergraben.

Der Ausschließungsbeschluß ist dem Ausgeschlossenen mittels ein­ geschriebenen Briefes ohne Verzug mitzuteilen. Von dem Zeit­ punkte der Absendung des Briefes ab verliert der Ausgeschlossene das Recht der Teilnahme an der Hauptversammlung und der Mit­ gliedschaft im Vorstand und Aufsichtsrate.

In die Satzungen wird zweckmäßig die Bestimmung aufzunehmeu sein, daß Gesellschaften auszuschließen sind, sofern sie aufgelöst werden und keine Kündigung erfolgt ist. d) Ausscheiden durch Tod.

Im Falle des Todes eines Genossen gilt dieser mit dem Schlüsse des Geschäftsjahres, in dem der Tod erfolgt ist, als ausgeschieden (§ 77 d. Ges ). Es ist hierbei gleichgültig, wann der Tod zur Kenntnis des Vorstandes gelangt, bzw. wann die Anmeldung des Todes beim Registergerichte erfolgt. Bon dem Todestag ab bis zum Ende des Geschäftsjahres wird die Mitgliedschaft des Ver­ storbenen durch dessen Erben fortgesetzt. Für mehrere Erben kann das Stimmrecht in der Hauptversammlung durch einen Bevoll­ mächtigten ausgeübt werden. Der Vorstand hat, sobald er von dem Tod eines Genossen Kenntnis erhält, ohne Verzug dem Gerichte zur Liste der Genossen Anzeige zu erstatten. Die Mitgliedschaft ist

Der Ausschluß von Mitgliedern.

nicht vererblich.

55

Es ist aber zulässig, in den Satzungen zu be­

stimmen, daß für bestimmte Erben eines Mitglieds, zum Beispiel für

die Witwe, das Eintrittsgeld erlassen wird.

e) Die Auseinandersetzung. Die Auseinandersetzung mit den Ausgeschiedenen erfolgt auf Grund der Bilanz.

Das Geschäftsguthaben an die ausgeschiedenen

Mitglieder darf also nicht sofort nach Beendigung des Geschäftsjahres ausgezahlt werden, sondern die vorherige Aufstellung der Bilanz und ihre Genehmigung durch die Hauptversammlung ist Voraussetzung

für die Auseinandersetzung.

Nach § 73 des Genossenschaftsgesetzes

ist einem ausgeschiedenen Genossen das Geschäftsguthaben binnen sechs Monaten nach seinem Ausscheiden auszuzahlen.

Es hat also

kein Genosse Anspruch auf eine Verzinsung seines Guthabens vom Tage seines Austritts an bis zu dem Tag, an dem ihm das Guthaben

ausgezahlt wird, sofern die Auszahlung

des Geschäftsguthabens

innerhalb der gesetzlichen Frist, d. h. innerhalb von sechs Monaten

nach seinem Ausscheiden, erfolgt.

Wenn das Gesetz vorschreibt, daß

die Auseinandersetzung auf Grund der Bilanz stattzufinden hat, so ist bei Erlaß dieser Bestimmung der Gedanke maßgebend gewesen, daß erst aus der Bilanz sich die Vermögenslage der Genossenschaft ergibt.

Nicht abgehobene Geschäftsguthaben verjähren nach § 74 des

Genossenschaftsgesetzes nach zwei Jahren.

Die Verjährungsfrist be­

ginnt mit der Fälligkeit des Geschäftsguthabens, also sechs Monate

nach dem Ausscheiden. Scheidet ein Mitglied am 31. Dezember 1922

aus einer Baugenossenschaft aus, so wird sein Geschäftsguthaben am 30. Juni 1923 zur Auszahlung fällig. Die Klage des aus­ geschiedenen Genossen auf Auszahlung des Geschäftsguthabens würde

am 30. Juni 1925 verjähren.

f) Die Übertragung des Geschäftsguthabens. Nach § 76 des Genossenschaftsgesetzes kann ein Genosse auch

im Laufe des Geschäftsjahres sein Geschäftsguthaben mittels schrift­ licher Übereinkunft einem anderen übertragen und hierdurch aus der Genossenschaft ohne Auseinandersetzung mit ihr austreten, sofern der

Erwerber an Stelle des Austretenden Genosse wird, oder, falls er

56

Fünftes Kapitel.

Entstehung und Endigung der Mitgliedschaft.

schon Genosse ist, sein bisheriges Guthaben mit dem ihm zuzu­ schreibenden Betrage den Geschäftsanteil nicht übersteigt. Die Satzungen können eine solche Abertragung ausschließen oder an weitere Voraussetzungen knüpfen. Für Baugenossenschaften empfiehlt es sich, das Ausscheiden durch die Übertragung des Geschäfts­

guthabens in Gemäßheit des § 76 zwar zuzulassen, aber von der Genehmigung derjenigen Vereinsorgane abhängig zu machen, die über die Aufnahme der Mitglieder zu entscheiden haben. Diese Maß­ regel ist notwendig, damit nicht Mitglieder in die Genossenschaft ausgenommen werden müssen, deren Aufnahme aus irgendwelchem Grunde unerwünscht ist. Hat ein Genosse mehrere Geschäftsanteile erworben, so kann er nicht etwa einen oder einige Geschäftsanteile einem anderen Mtgliede übertragen und mit dem Rest seines Gut­ habens Genosse bleiben, sondern er muß sein Geschäftsguthaben als Ganzes übertragen und aus der Genossenschaft ausscheiden. Das Geschäftsguthaben desjenigen Genossen, der das Guthaben eines anderen erwirbt, darf nach der Übernahme des weiteren Geschäfts­ guthabens nicht die Gesamtsumme der in den Satzungen festgesetzten Höchstzahl der Geschäftsanteile übersteigen. Die Übertragung von Geschäftsguthaben kommt häufig nament­ lich in denjenigen Baugenossenschaften vor, die Erwerbshäuser bauen. Muß ein Hausanwärter aus irgendeinem Grund aus dem Er­ werbsverhältnis ausscheiden, so wird er stets bemüht sein, jemanden zu finden, der sein Haus und mit diesem sein Tilgungs- und sein Ge­ schäftsguthaben übernimmt.

g) Ausscheiden durch Berlegung des Wohnsitzes. Wird der Erwerb und die Fortdauer der Mitgliedschaft in Gemäß­ heit des § 8 Ziff. 2 d. Ges. an den Wohnsitz innerhalb eines bestimmten Bezirks satzungsgemäß geknüpft, so kann ein Genosse, der den Wohn­ sitz in dem Bezirk aufgibt, zum Schlüsse des Geschäftsjahres seinen Austritt aus der Genossenschaft schriftlich erklären. Im gleichen kann die Genossenschaft dem Genossen schriftlich erklären, daß er zum Schlüsse des Geschäftsjahres auszuscheiden habe. Über die Aufgabe des Wohnsitzes ist die Bescheinigung einer öffentlichen Behörde bei­ zubringen.

Voraussetzung für das Ausscheiden infolge Verlegung des Wohnjitzcs ist also, daß die Satzungen die Mitgliedschaft von dem Wohnen

Ausscheiden durch Verlegung des Wohnsitzes.

57

in einem bestimmten Bezirke abhängig machen. Der Verlust der Mitgliedschaft ist in diesem Falle unabhängig von einer Kündigung, er ist aber abhängig von einer ausdrücklichen Erklärung. Die Er­ klärung muß schriftlich erfolgen. Sie ist mit der Bescheinigung der Behörde über die Aufgabe des Wohnsitzes dem Gerichte zur Ein­ tragung einzureichen. Das Ausscheiden erfolgt zum Schluß des Ge­ schäftsjahres. Der Vorstand muß den Wegzug der Genossen so recht­ zeitig anzeigen, daß die Eintragung noch in demselben Geschäftsjahr erfolgen kann. Geschieht die Eintragung erst im nächsten Geschäfts­ jahr, so scheidet der Genosse erst zum Schlüsse des nächsten Geschäfts­ jahres aus. Der Vorstand ist verpflichtet, die betreffenden Erklärungen der Genossen mindestens sechs Wochen vor dem Ende des Geschäfts­ jahres dem Gericht einzureichen. Erfolgt die Erklärung der Genossen später, so ist sie vom Vorstand ohne Verzug einzureichen. Da eine Baugenossenschaft möglicherweise dadurch, daß eine Anzahl von Mitgliedern ohne Kündigungsfrist infolge Verlegung des Wohnsitzes plötzlich aus der Genossenschaft ausscheidet, in Schwierig­ keiten kommen kann, so empfiehlt sich in den Satzungen eine Be­ schränkung der Mitgliedschaft in bezug auf den Wohnort nicht. h) Die Anmeldungen über die Mitgliederbewegung

bei dem Gericht.

Über den Mitgliederbestand hat der Vorstand eine Liste zu führen.

Hierzu ist das amtliche Muster zu verwenden (zu vergleichen Muster 31). Die eingegangenen Beitrittserklärungen werden mindestens einmal in jedem Monat dem Gerichte einzureichen sein. Die eingehenden Austrittserklärungen und Kündigungen sind zunächst zu sammeln. Der Vorstand muß sie gemäß § 69 des Ges. mindestens sechs Wochen vor Ende des Geschäftsjahres dem Gericht einreichen. Er hat dabei die schriftliche Versicherung abzugeben, daß die Aufkündigungen rechtzeitig erfolgt sind. Ist die Eintragung der Aufkündigung von feiten des Gerichts vorgenommen, so kann die Kündigung von feiten des Genossen nicht wieder zurückgenommen werden. Will ein Genosse eine vorgenommene Kündigung, bevor sie dem Gerichte eingereicht ist, zurückziehen, so wird es von der Entscheidung des Vorstandes abhängen, ob er dem Anträge des Genossen stattgeben will oder nicht. Die Anzeige vom Tode eines Genossen ist — wie bereits bemerkt —

ohne Verzug an das Gericht zu erstatten (§ 77 Abs. 2 d. Ges.).

58

Sechste- Kapitel

Die gesetzliche Prüfung.

Über alle Eintragungen, die das Gericht in die Mitgliederliste vornimmt, erhält der Vorstand eine Benachrichtigung.

Diese Be­

nachrichtigungen werden in einem besonderen Aktenstück aufzubewahren sein. Auf Grund dieser Benachrichtigungen ist die vom Vorstände zu führende Mitgliederliste in genauer Übereinstimmung mit der gericht­

lichen Liste der Genossen zu halten.

Sechstes Kapitel.

Die gesetzliche Prüfung. Nach § 53 des Genossenschaftsgesetzes sind die Einrichtungen der

Genossenschaft und die Geschäftsführung derselben in allen Zweigen der Verwaltung mindestens in jedem zweiten Jahre der Prüfung

durch einen der Genossenschaft nicht angehörigen sachverständigen

Prüfer zu unterwerfen. Während der Aufsichtsrat den Vorstand bei seiner Geschäfts­ führung in allen Zweigen der Verwaltung zu überwachen und zu

dem Zweck sich von dem Gange der Angelegenheiten der Genossen­

schaft zu unterrichten hat, sind bei der gesetzlichen Prüfung die Ein­ richtungen der Genossenschaft und die Geschäftsführung zu prüfen. Dem Aufsichtsrate liegt also die dauernde Überwachung der Ver­ waltung ob, dagegen hat der gesetzliche Prüfer in bestimmten Zeit­ räumen festzustellen, ob die Einrichtungen der Genossenschaft, die Berwaltungstätigkeit des Vorstandes, die Überwachung des Aufsichts­

rats usw. dem Gesetz und den Satzungen sowie den praktischen Er­ fordernissen entsprechen. Bei einer Baugenossenschaft wird der ge­

setzliche Prüfer namentlich auch die Bautätigkeit und die wirtschaft­ liche Grundlage, insonderheit die Zusammensetzung der Betriebsmittel

und die Wirtschaftlichkeit des ganzen Unternehmens zu prüfen haben. Die Zwangsprüfung für die Genossenschaften ist veranlaßt durch

die Entwicklung der sogenannten Berbandsrevision in den Unter­ verbänden des allgemeinen Verbandes der deutschen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften und den günstigen Einfluß, den diese

Prüfungen auf die Entwicklung der einzelnen Genossenschaften wie

des gesamten Genossenschaftswesens gehabt haben

Sectmes Kapitel

Die gesetzliche Prüfung.

59

Nach den gesetzlichen Bestimmungen kann eine Baugenossenschaft sich entweder einem der bestehenden Prüfungsverbände anschließen, oder sie hat die Bestellung eines Prüfers für jede einzelne Prüfung bei dem Gerichte zu beantragen. Da die gesetzliche Prüfung nur dann einen Vorteil für die Genossenschaft mit sich bringt, wenn sie von einem Baugenossenschaftssachverständigen ausgeübt wird, so liegt es klar auf der Hand, daß die Baugenossenschaften gut tun, sich einem Prüfungsverbande, der über die zur Ausübung der Prüfung berufenen Persönlichkeiten verfügt, anzuschließen. Es hat sich denn auch gezeigt, daß die durch die bestehenden Prüfungsverbände ausgeübten Ver­ bandsrevisionen von ganz außerordentlicher Bedeutung für die Ent­ wicklung des Baugenossenschaftswesens geworden sind. In Deutschland haben sich mehrere Prüfungsverbände für Bau­ genossenschaften gebildet. Einige von ihnen sind Unterverbände des allgemeinen Verbandes der deutschen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, andere haben sich dieser Genossenschaftsvertretung nicht angeschlossen. Im allgemeinen ist man bestrebt, für diejenigen Provinzen, in denen das Baugenossenschaftswesen bereits eine weite Ausdehnung erfahren hat, je einen Prüfungsverband ins Leben zu rufen. Den bestehenden Prüfungsverbänden muß zugestanden werden, daß sie es verstanden haben, für das Amt eines Verbandsprüfers fast überall nur tüchtige, leistungsfähige und taugliche Männer zu berufen. Die Art, in der die Berbandsprüfungen in den einzelnen Baugenossenschaftsverbänden vorgenommen werden, ist im wesentlichen dieselbe. Hieraus ist es auch zu erklären, daß ein Wettbewerb zwischen den einzelnen Verbänden nicht besteht, daß vielmehr die einzelnen Verbände, dem gleichen Ziel zustrebend, öfter gemeinsame Tagungen abhalten, auf denen wichtige Baugenossenschaftsfragen behandelt werden. Der Prüfer ist Beamter des Prüfungsverbandes und als solcher den Anordnungen des Verbandsleiters unterworfen. Insbesondere hat er ordentliche und außerordentliche Prüfungen nur auf An­ ordnung des Verbandsleiters vorzunehmen. Die Verbandsprüfer werden auf dem Berbandstage auf Vorschlag des Berbandsleiters gewählt und entlassen. Die Berbandsleiter haben nach den Satzungen der Verbände das Recht, einen Prüfer vorläufig, unter Vorbehalt der Genehmigung des nächsten ordentlichen Berbandstages, seines Amtes zu entheben. Für seine Leistungen wird der Prüfer aus der

60

Leckstes Kapitel.

Die gesetzlich« Prüfung.

Verbandskasse nach Anweisung des Berbandsleiters bezahlt. Es ist dem Prüfer regelmäßig untersagt, von einzelnen Vereinen oder von Mitgliedern derselben Bezahlung oder Geschenke anzunehmen. Selbst­ verständlich hat der Prüfer bei allen ordentlichen Prüfungen nach Vorschrift der ihm vom Verbandsleiter gegebenen Anordnungen zu verfahren. Eine rechnerische Prüfung sämtlicher einzelner Geschäfts­ vorfälle ist im allgemeinen von dem Verbandsprüfer nicht vorzunehmen. Es werden aber von ihm so viele Stichproben in bezug auf die Richtig­ keit der Buchführung zu machen sein, daß er ein durchaus sicheres Urteil über die Art und Weise hat, in der die Kassen- und Rechnungs­ führung bei der Baugenossenschaft ausgeübt wird. Auf welche Punkte der Revisor bei den einzelnen Prüfungen sein Augenmerk in erster Linie zu richten hat, läßt sich nicht sagen. Es hängt in jedem einzelnen Falle von der Geschicklichkeit und dem Takte des Prüfenden ab, daß er die vorhandenen Mängel erkennt und die richtigen Maßnahmen zu ihrer Abstellung empfiehlt. Nach den Berbandssatzungen hat der Prüfer regelmäßig die Verpflichtung, nach vollendeter Prüfung dem Vorstand und Auf­ sichtsrate der Genossenschaft in gemeinschaftlicher Sitzung über den Prüfungsbefund ausführliche Mitteilung zu machen und über die Beseitigung vorhandener Mängel und die Herbeiführung besserer Einrichtungen Ratschläge zu erteilen. Im weiteren hat er über das Ergebnis seiner Prüfung einen schriftlichen Bericht an den Vorstand zu senden und dem Aufsichtsrat zweckmäßig von der Erstattung des schriftlichen Berichts Mitteilung zu machen. Eine Abschrift des Prüfungsberichts erhält der Verbandsleiter. Insoweit die von dem Verbandsprüfer empfohlenen Ratschläge von der Genossenschaft keine Beachtung finden, hat der Verbands­ leiter darüber zu bestimmen, welche Maßnahmen empfehlenswert erscheinen, um die Genossenschaftsorgane von der Notwendigkeit der empfohlenen Maßregeln zu überzeugen. Bleiben die Bemühungen des Berbandsleiters auf Beseitigung der vorgefundenen Mängel unberücksichtigt und sind diese so schwerwiegender Natur, daß der Bestand der Genossenschaft dadurch gefährdet erscheint, so wird dem Berbandsleiter als letzte Maßregel allerdings nichts anderes übrig bleiben, als auf dem nächstfolgenden Verbandstage den Ausschluß der Genossenschaft aus dem Verbände zu beantragen. Die gesetzliche Prüfung ist in jedem zweiten Jahre vorzunehmen. Tie Frist beginnt mit dem Tage der Eintragung. Eine am 5. Mai

rfdntcv .Qiwitrl

Tic gesetz!icke ^rfthtnii

Hl

1922 eingetragene Genojsenschafi ljai sich das erstemal also spätestens am 4. Mai 1924 revidieren zu lassen. Die Frist für die nächste Prüfung läuft von dem Tage der vorhergehenden Prüfung ab. Hat diese mehrere Tage in Anspruch genommen, so läuft sie von dem letzten Prüfungstage ab. Während es bei den Verbandsprüfungen Sache des Verbands­ leiters ist, für die Prüfungen der einzelnen Genossenschaften inner­ halb des zweijährigen Zeitraumes Sorge zu tragen, hat der Vorstand einer Genossenschaft, die einem Prüfungsverbande nicht angehört, die Pflicht, die rechtzeitige Vornahme der Prüfung selbst herbei­ zuführen. Das Gericht kann den Vorstand durch Ordnungsstrafen zur Stellung eines Antrags auf Prüfung anhalten. Die Stellung des Antrags wird dem Vorstände zugleich Gelegenheit geben, Vor­ schläge über die Person des Prüfers zu machen. Zu der gesetzlichen Prüfung ist der Aufsichtsrat zuzuziehen. Es ist nicht notwendig, daß der gesamte Aufsichtsrat bei der Prüfung zugegen ist, wohl ist es aber notwendig, daß in der letzten Aufsichtsrats­ sitzung, die der Prüfung vorangeht, Beschluß darüber gefaßt wird, wie viele und welche Mitglieder des Aufsichtsrats der Prüfung bei­ wohnen sollen. Im allgemeinen wird es genügen, wenn ein oder zwei Aufsichtsratsmitglieder zur Teilnahme an der Prüfung bestimmt werden. Über die Prüfung hat der Prüfende eine Bescheinigung aus­ zustellen, diese ist dem Gerichte mit einem kurzen Anschreiben ein­ zureichen. Der Bericht über die Prüfung ist bei Berufung der nächsten Hauptversammlung als Gegenstand der Tagesordnung anzukündigen. In der Hauptversammlung hat der Aufsichtsrat sich über das Ergebnis der Prüfung zu erklären. (§ 63 Abs. 2 des Ges.) In der Tagesordnung ist der Bericht so zu bezeichnen, daß man erkennen kann, daß es sich um den Bericht des Berbandsprüfers über die gesetzliche Prüfung handelt. Es genügt also nicht, wenn als Gegenstand der Tagesordnung einfach „Prüfungsbericht" ange­ kündigt wird. Der Aufsichtsrat braucht bei seiner Erklärung über den Prüfungs­ bericht nicht ohne weiteres den ganzen Bericht zu verlesen, wenn­ gleich dies im allgemeinen unbedenklich sein wird. Glaubt der Vor­ sitzende des Aufsichtsrats, daß dieser oder jener Punkt des Haupt­ berichts nicht für eine Erörterung in der Hauptversammlung geeignet ist, so wird der Vorsitzende statt des Wortlauts des Berichts eine ihm

Siebentes Kapitel

62

Tie 'Pefrtmh'uiifl der Betriebsmittel

geeignet erscheinende Erklärung abgeben.

Meistens wird es aber

der Verwaltung möglich sein, die in dem Berichte gerügten Mängel bereits vor der Erklärung über das Prüfungsergebnis abzustellen,

so daß die Verlesung der Ausstellungen unbedenklich ist. Fordert ein Mitglied Verlesung des ganzen Berichts und Vorstand und Auf­ sichtsrat halten diese nicht für zweckmäßig, so müssen sie zu dem Anträge auf Verlesung in der Art Stellung nehmen, daß sie einen Gegen­

antrag stellen.

Die Hauptversammlung hat dann darüber zu ent­

scheiden, ob der Bericht seinem vollen Wortlaute nach verlesen werden soll oder nicht. Über die Erklärung des Aufsichtsrats bzw. über die Verlesung

des Prüfungsberichts ist ein entsprechender Vermerk in die Nieder­ schrift über die Beschlüsse der Hauptversammlung aufzunehmen.

Siebentes Kapitel.

Die Beschaffung der Betriebsmittel. A. Das eigene Vermögen der Baugenossenschaften.

a) Die Einzahlungen der Mitglieder auf die GeschLftsauteile. Die Sicherheit, die eine Baugenossenschaft ihren Mitgliedern außer der Verpfändung ihrer Hausgrundstücke bietet, besteht zunächst darin, daß sie ein eigenes Vermögen bildet, das aus dem Geschäfts­ guthaben der Mitglieder und den Rücklagen besteht.

Im Falle des

wirtschaftlichen Zusammenbruchs einer Baugenossenschaft kommt für

die Gläubiger als weitere Sicherheit die Haftpflicht der Genossen in Betracht.

Es ist selbstverständlich, daß die Kreditfähigkeit einer Bau­

genossenschaft sehr wesentlich abhängig ist boti der Größe ihres eigenen Vermögens.

Auf die Bildung eines solchen in angemessener Höhe

muß deshalb von vornherein Bedacht genommen werden. Nach § 7 Abs. 2 des Genossenschaftsgesetzes müssen die Satzungen einer Genossenschaft den Betrag bestimmen, bis zu dem sich die einzelnen Genossen mit Einlagen an der Genossenschaft beteiligen können lGeschäftsanteil) sowie die Einzahlungen aus den Geschäftsanteil, zu

denen jeder Genosse verpflichtet ist.

Letztere

brauchen indessen

X. Daö eigene Bennögen l B-UlgenonensMarten.

63

nach den gesetzlichen Bestimmungen nur bis zu einem Gesamtbeträge

von mindestens einem Zehntel des Geschäftsanteils nach Betrag und Zeit in den Satzungen festgelegt zu sein.

Da es sich für Bau­

genossenschaften empfiehlt, den Geschäftsanteil und die Haftsumme auf einen mäßigen Betrag festzusetzen, ist es ratsam, in den Satzungen stets

die zur Erreichung des vollen Geschäftsanteils nötigen Einzahlungen nach Betrag und Zeit festzusetzen. Bei Bemessung des Betrages für

den Geschäftsanteil und der Zahlungsweise der einzelnen Einzahlungen auf den Geschäftsanteil — der sogenannten Beiträge — muß natürlich auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Genossen Rücksicht genommen

werden.

Die vor dem Kriege üblichen Beiträge — 2 bis 3 M. für

den Monat — sind mit Rücksicht auf die gestiegenen Baukosten für die Zukunft unzureichend.

Bei den Baugenossenschaften, die Arbeiter­

wohnungen bauen, wird man im allgemeinen 6 M. für den Monat als Mindestbeitrag in den Satzungen vorschreiben müssen. Es emp­

fiehlt sich allerdings wohl ost, diese Beiträge in Halbmonatsbeträgen

in Höhe von je 3 M. zu erheben.

In kleinen Landstädten, in denen

die Löhne noch niedrig sind, muß man sich bis auf weiteres mit einer Monatsleistung von 3 Mark für jedes Mitglied zufriedenstellen. So niedrige Beträge sollten aber nur in ganz seltenen Ausnahmefällen zugelassen werden, denn bei ihnen geht die Bildung des eigenen

Vermögens der Genossenschaft mit Rücksicht auf die hohen Baukosten zu langsam vorwärts. In den Beamtenwohnungsvereinen erfolgt die Erhebung der Beiträge meist in vierteljährlichen Raten.

Selbstverständlich können die Mitglieder die Beiträge für eine bestimmte Zeit im voraus oder den ganzen Geschäftsanteil in einer Summe einzahlen. Ob ein Mitglied, das in früheren Monaten höhere Einzahlungen geleistet hat, von der Beitragspflicht für eine

entsprechende Zeit zu befreien ist, hängt davon ab,

ob dieses Mit-

glied die höheren Beiträge mit der ausdrücklichen Be­ stimmung eingezahlt hat, daß die Mehrbeträge Vorauszahlungen sein sollen. Zahlt ein Mitglied ohne diese Bestimmung eine höhere Summe ein, so wird im allgemeinen anzunehmen sein, daß es sich um eine freiwillige Mehrleistung gehandelt hat, die die regel­

mäßige Beitragspflicht unberührt läßt.

Eine wichtige Frage ist es,

wie hoch der Geschäftsanteil in

den Satzungen zweckmäßig festzusetzen ist.

Da das eigene Vermögen

sich stets in einem bestimmten Verhältnis zu den fremden Betriebs-

64

siebentes Kapitel.

Die Beichaftmig der Brtriebsimttel.

kapitalien Hallen soll, nluß man bei Bemessung des Geschäftsanteils

darauf Rücksicht nehmen, wieviel Kapital zur Herstellung der von der Genossenschaft zu erbauenden Wohnungen voraussichtlich nötig

sein wird.

Besteht der Gegenstand des Untemehmens in dem Bau

kleiner Arbeiterwohnungen, so wird man den Geschäftsanteil niedriger

festsehen dürfen, als wenn Beamtenwohnungen gebaut werden sollen. Die Erfahrungen haben gelehrt,

daß der Geschäftsanteil niemals

niedriger als auf 5% der durchschnittlichen Herstellungskosten für eine

Bereinswohnung festgesetzt werden darf, wenn die Kapitalbildung bei der Genossenschaft eine einigermaßen befriedigende sein soll. Baut also eine Baugenossenschaft Wohnungen mit einem durchschnitüichen dauernden Herstellungswerte von etwa 12000 M., so ist der Geschäfts-

anteil auf mindestens 600 M. zu bemessen.

In vereinzelten Fällen ist bei Baugenossenschaften in ländlichen Bezirken früher der Geschäfts-

anteil auf den Betrag von 100 M. festgesetzt worden, eine Maßnahme,

die schon früher nicht zu empfehlen war, da diese Genossenschaften notwendigerweise schon nach einer geringen Bautätigkeit an Kapital­ mangel leiden mußten, heute aber überhaupt nicht in Frage kommen

sollte. Wie bereits hervorgehoben ist, müssen die Baugenossenschaften

Wert darauf legen, auch solche Personen als Mitglieder aufzunehmen,

die auf eine Wohnung nicht rechnen, also nur Mitglied der Bau­ genossenschaft werden, in der Absicht, die gemeinnützigen Bestrebungen der Baugenossenschaften zu fördern. Gerade diese Gönner der

Genossenschaft werden nicht nur in der Lage, sondern auch bereit sein, den

Geschäftsanteil in einer Summe voll einzuzahlen.

Sie werden auch

häufig gleich oder allmählich mehrere Geschäftsanteile übernehmen. Allerdings könnte eine Baugenossenschaft, wenn eine einzige Person

sich mit sehr erheblichen Mitteln an ihrem Unternehmen beteiligt, dann in Verlegenheit kommen, wenn dieses Mitglied aus irgendeinem

Grunde ausscheidet.

Der Baugenossenschaft würde es vielleicht

in

diesem Falle schwer werden, das Guthaben herauszuzahlen, well sie

es regelmäßig in den Häusern festgelegt haben wird.

Um dieser

Möglichkeit vorzubeugen, empfiehlt es sich, die Höchstzahl der

zu­

lässigen Anteile in den Satzungen nicht so hoch festzusetzen, daß durch das Ausscheiden eines Mitgliedes mit der Höchstzahl der Anteile Zahlungsschwierigkeiten für die Genossenschaft eintreten können. Die Übernahme von zehn Geschäftsanteüen kann indessen unbedenklich gestattet werden, zumal sich die Genossenschaft das Recht Vorbehalten

A. Da? eigene Beruiögen her Baugenosien'Ma,ren.

65

Wird, auch innerhalb dieser zulässigen Höchstzahl die Beteiligung auf jeden weiteren Geschäftsanteil abzulehnen, sobald ihr die Annahme

des Geldes nicht ratsam erscheint. Es sei an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, daß die

Mitglieder zur Einzahlung der satzungsgemäßen Mindestbeiträge

unter allen Umständen verpflichtet sind.

§ 22 Abs. 2 des Genossen­

schaftsgesetzes verbietet ausdrücklich den Erlaß geschuldeter Einzahlungen. Es ist wohl zulässig, daß den einzelnen Mitgliedem fällige Beiträge

gestundet werden, nicht aber darf ein Erlaß solcher Beiträge statt­

finden.

Dieser würde selbst dann,

wenn er vom Vorstand aus­

gesprochen werden würde, weil ungesetzlich, nichtig sein.

Es ist

dies wohl diejenige Bestimmung des Genossenschaftsgesetzes, die in

der Praxis der Baugenossenschaften am häufigsten verletzt wird, denn es wird auch dem eifrigsten Baugenossenschaftsvorstande nicht möglich sein, die sämtlichen fälligen Beiträge einzuziehen bzw. einziehen zu lassen.

Man wird deshalb in der Praxis damit rechnen müssen,

daß vereinzelte Genossen selbst bei bester Geschäftsfühmng mit

ihren Beiträgen im Rückstände bleiben. davor gewarnt,

Es sei aber ausdrücklich

gegen säumige Zahler allzu nachsichttg zu sein.

Merken die Genossen, daß die Genossenschaftsleitung auch Mitglieder

duldet, die dauernd ihre Mitgliederbeiträge unregelmäßig oder gar nicht zahlen, so bürgert sich leicht ein Schlendrian in bezug auf die ein­ zuzahlenden Beiträge ein, wodurch dann die gesunde Entwickelung

der Baugenossenschaft gestört wird.

Es ist bereits an anderer Stelle

darauf hingewiesen worden, daß die Genossenschaftsorgane gegen diejenigen Genossen, die ihre Beiträge für längere Zeit nicht gezahtt

haben, dadurch vorgehen müssen, daß sie diese Genossen aus der Genossenschaft ausschließen. Es ist völlig zwecklos, die säumigen Genossen auf die Zahlung der Mitgliederbeiträge zu verklagen, denn in diesen Prozessen würde die Genossenschaft zwar ein obsiegendes Urteil erreichen, aber gerade dieses dürfte die Genossen stets zur Kündigung der Mitgliedschaft veranlassen.

Die Einziehung der Beiträge erfolgt entweder dadurch,

daß man es den Genossen überläßt, die fälligen Beträge in dem Geschäftszimmer der Genossenschaft bzw. an einer anderen, hierfür bestimmten Stelle einzuzahlen oder durch Beauftragte einzahlen zu lassen, oder dadurch, daß man die Beiträge durch Berttauensmänner

oder einen Boten abholen läßt.

Das Abholen der Beiträge hat den

Vorteil, daß dann die Beitragszahlung meist regelmäßiger erfolgt. Scheidt, Handlmrfi ifir 18mtgcuot'(fn>) durch Bewilligung zweiter Hypotheken, auslaufend mit SO v. H. des gemeinen Wertes gegen Bürgschaft eines „öffent­

lich-rechtlichen Verbandes", . f e. Bauge» . d. Mierlsüuser u. Enveibshäuier u. imrErwerbsbäuser baut

23'i

3. Wahl des Vorstandes und Aufsichtsrates; 4. Verfolgung von Rechtsansprüchen gegen die Mitglieder des Vor­ standes und Aufsichtsrates und deren Enthebung von den Ämtern; Wahl der Bevollmächtigten zur Führung von Prozessen gegen die Mitglieder des AuffichtSrates; ti. Genehmigung der Geschäftsordnung für die Hauptversammlung; 7. Fests^ung deS Gesamtbetrages, den die Anleihen der Genoffenschaft

nicht überschreiten sollen; 8. Bericht über die gesetzliche Prüfung (Verdandsprüfung); 9. Genehmigung der Bilanz, Verteilung von Gewinn oder Verlust und Entlastung des Vorstandes; 10. Einsetzung deS nach § V Abs 3 vorgesehene» Prüfungsausschusses und Wahl von deffen Mitgliedern.

§ 34. Über folgende Angelegenheiten: 1. Abänderung und Ergänzung der Satzungen, 2. Widerruf der Bestellung zum Mitglied« des AuffichtSrates, 3. Auflösung der Genossenschaft kann nur von einer Mehrheit von drei Vierteilen der in der Haupt­ versammlung erschienenen Genoffen gültig beschloffe» werden. Jur Gültigkeit der Beschlußfassung über die Auflösung der Genoffenschast ist weiter erforderlich, daß mindestens ein Vierteil aller Genoffen in der Hauptversammlung anwesend ist. Ist das erforderliche Vierteil der Senoffen in der Hauptversamm­ lung nicht anwesend, so wird eine zweite Hauptversammlung mit einem Zwischenraum von mindestens acht Zagen und höchstens vier Wochen zur Erledigung derselben Tagesordnung anberaumt, die ohne Rücksicht auf die Zahl der anwesenden Genoffen gültig beschließen kann. C. Entstehung and Endigung der Mitgliedschaft

§ 35. Aufnahmefähig find: 1. Einzelpersonen, die sich im Befitze der bürgerlichen Ehrenrechte be-

finden; 2. juristische Personen deS öffentlichen und Privatrechts. Zum Erwerbe der Mitgliedschaft ist erforderlich: 1. Ausstellung einer unbedingten schriftlichen Beitrittserklärung; 2. Aufnahme durch den Vorstand. Lehnt der Vorstand einen Antrag auf Aufnahme ab, so entscheidet auf die Berufung deS Abgewiesenen der Auffichtsrat endgültig über die Aufnahme. Di« Mitgliedschaft deS Beitretenden entsteht durch die Eintragung in di« Liste der Genoffen seitens deS Gerichts. Jeder beitretende Senoffe hat zwei gleichlautende Beitrittserklärungen zu vollziehen, von denen eine die Genoffenschaft bei ihren Akten behält. Gründ« für die Ablehnung der Aufnahme werden nicht angegebeu.

238

Dreizehntes Kapitel.

’Hiuftei.

8 36. Jeder Genosst hat daS Recht, mittels Aufkündigung seinen Austritt aus der Genossenschaft zu erklären. Die Aufkündigung findet nur zum Schluss« eines Geschäftsjahres statt und muß mindestens sechs Monate vorher schriftlich erfolgen.

§ 37. Ein Genosse kann ausgeschlossen werden: a) wegen des Verlustes der bürgerlichen Ehrenrechte, b) wegen der gleichzeitigen Mitgliedschaft in einer anderen Baugenossen­

schaft hier am Orte, o) wegen Nichterfüllung der satzuugsmätzigen oder anderer vertrags­ mäßiger Verpflichtungen gegenüber dem Vereine, d) wegen Eröffnung des Konkurses über sein Vermögen, e) wenn er durch sein Verhalten die Genossenschaft schädigtDie Ausschließung erfolgt zum Schluffe des Geschäftsjahres durch Beschluß deS Vorstandes und Ausfichtsrates in gemeinschaftlicher SitzungGesellschaften sind auszuschließen, sofern sie aufgelöst werden und keine Kündigung erfolgt ist. Der Ausschließungsbeschluß ist dem Aus­ geschloffenen mittels eingeschriebenen Briefes ohne Verzug mitzuteilen. Don dem Zeitpunkte der Absendung des Brieses ab verliert der AuSgeschloffene das Recht der Teilnahme an der Hauptversammlung und der Mitgliedschaft im Vorstände oder AusfichtSrate-

§ 38. Im Falle des Todes eines Genossen gilt dieser mit dem Schluffe des Geschäftsjahres, in dem der Tod erfolgt ist, als ausgeschieden. Bi» zu diesem Zeitpunkte wird die Mitgliedschaft des Verstorbenen durch deffen Erben fortgesetzt. Für mehrere Erben ist das Stimmrecht in der Hauptversymmlung durch einen Bevollmächtigten auszuübenDer Vorstand hat, sobald er von dem Tode eines Genoffen Kenntnis erhält, ohne Verzug dem Gerichte zur Liste der Genoffen Anzeige zu erstatten. § 39. Die Auseinandersetzung mit dem Ausgeschiedenen erfolgt auf Grund der Bilanz. Er erhält sein Geschästsguthaben einschließlich des Gewinnanteils für daS letzte Jahr oder — wenn die Genoffenschaft im Verluste war — nach Abzug der erforderlichen Abschreibung spätestens im sechsten Monate nach Endigung der Mitgliedschaft ausgezahlt. Reicht das Vermögen der Senoffenschast einschließlich der Rücklagen und aller Geschästsguthaben zur Deckung der Schulden nicht auS, so hat der AuSgeschiedene von dem Fehlbeträge den ihn treffenden Anteil an die Genoffenschaft zu zahlen. Der Anspruch der Genossenschaft an den Ausgeschiedenen wird durch die Haftsumme beschränkt. An die Rücklagen und da» sonstige Vermögen der Genossenschaft hat der ausgeschiedene Genoffe keinen Anspruch.

'JJlufttri. f.t. Baugen., d. Mietdäuier u.($inierbeiuiuier u. iiur^rwervshäuier baut.

239

Geschäftsguthaben, die nicht innerhalb dreier Zahre nach dem Aus­ scheiden des Mitgliedes abgehoben find, verfallen zugunsten der Ge­ nossenschaft. Wird die Genossenschaft binnen sechs Monaten nach dem Ausscheiden des Genossen aufgelöst, so gilt sein Ausscheiden als nicht erfolgt.

§ 40 Das Ausscheiden durch Übertragung des Geschäftsguthabens nach

Maßgabe des § 76 des Gesetzes ist mit Genehmigung deS Dorstande» und Aufsichtsrate» zulässig. v. Kechte und Pflichten der Genossen. § 41. Die Mitglieder der Genossenschaft find berechtigt: ») bei allen Beschlüssen und Wahlen in den Hauptversammlungen zu stimmen und Anträge zu stellen; b) nach Maßgabe der Bestimmungen im § 27 der Satzungen HauptVersammlungen zu berufen; c) nach Maßgabe des § 65 einen Gewinnanteil vom GeschästSgewinne zu beanspruchen; d) bei allen Vermietungen und Verkäufen von Wohnungen und Hausgrundstücken nach Maßgabe der zu erlassenden „Grundsätze für die Bergebung der Wohnungen" und der „Bedingungen, unter denen ein Hausgrundstück erworben werden kann" berücksichtigt zu werden.

8 42. Dagegen ist jeder Genosse verpflichtet: a) zur Bildung eines Geschäftsanteils die in § 43 bestimmten Ein­ zahlungen zu leisten; b) ein Eintrittsgeld bei der Aufnahme nach Bestimmung des § 48 zu zahlen; c) den Satzungen sowie den Beschlüssen und den Belangen der Genossen­ schaft nicht entgegen zu handeln; d) für Erfüllung der Verbindlichkeiten der Genossenschaft dieser sowie unmittelbar deren Gläubigern mit der gemäß dem Genossenschafts­ gesetze in diesen Satzungen bestimmten Haftsumme zu hastenE. Geschäftsanteile, Geschästsguthadrn, Haftsummen der Genosse«.

§ 43. Der Geschäftsanteil eines jeden Genossen

wird auf 600 M. fest­

gesetzt. Dieser Geschäftsanteil kann sogleich beim Eintritt voll eingezahlt oder nach und nach durch Einzahlungen von monatlich mindestens 6 M. und durch Zuschreibung der aus das GeschästSguchaben entfallenden Gewinnanteile (§ 65) gebildet werden. Die auf die Geschäftsanteile geleisteten Einzahlungen zuzüglich des zugeschriebenen Gewinnes und abzüglich eines etwa abgeschriebenen Verlustes bilden das Geschästsguthaben eines Mitgliedes. Eine Beteiligung mit mehr als 10 Geschäftsanteilen ist nicht gestattet

240

Dreizehntes Kapitel

Muslei.

§ 44. Die Beteiligung auf einen zweiten oder weiteren Geschäftsanteil hängt von der Erfüllung des vorhergehenden Geschäftsanteiles oder der vorhergehenden Geschäftsanteile und von der Genchmigung des Vor­ standes ab. Ein Genosse, der auf einen weiteren Geschäftsanteil beteiligt sein will, hat darüber eine von ihm zu unterzeichnend« unbedingte Erklärung abzugeben. Die Beteiligung auf den weiteren Geschäftsanteil tritt mit der er­ folgten Eintragung in die Liste der Genossen in Kraft§ 45. Dar Geschäftsguthaben eines Genossen darf während der Dauer der Mitgliedschaft von der Genossenschaft weder ganz noch teilweise aus» gezahlt und von der Genossenschaft nicht zum Pfande genommen «erden. Eine auf den Geschäftsanteil geschuldete Einzahlung kann nicht «lasten w«den. § 46. Die Haftsumme beträgt 600 M. Mit dem Erwerbe eines weiteren Geschäftsanteiles «höht sich die Haftung des Genoffen auf das d« Zahl d« Geschäftsanteile entsprechende Vielfache d« Haftsumme. F. Kllcklagen.

§ 47. Die gesetzliche Rücklage dient nur zur Deckung eines aus d« Bilanz sich ergebenden D«lusteS und muß auf 10 v. H. der ursprünglichen HerstellungS» bzw. Ankaufskosten der Liegenschaften gebracht, bzw. im Falle der Abschreibung von Verlusten wieder gebracht werden. Die Rücklage wird gebildet durch die Eintrittsgeld« neu« Mitglieder und die im § 65 bestimmten Anteile am Reingewinne. § 48. Das Eintrittsgeld der Mitglied« wird von Zeit zu Zeit durch die Hauptversammlung festgesetzt, bis auf weit««- mit 5 M. erhoben und ist sofort bei Erlangung d« Mitgliedschaft zu zahlen. Die Witwe eines verstorbenen Mitgliedes bleibt von d« Zahlung der Eintrittsgeldes Befreit, wenn sie innerhalb sechs Monaten nach dem Todestage des Mitgliedes bei dem Vorstände de« Antrag auf Aufnahme in die Genoffenschaft stellt und als Mitglied aufgenommen wird§ 49. Zur Deckung unvorhergesehener Ausgaben und zum Ausgleich des Gewinnanteils ist eine „Hilfsrücklage" und für außerordentliche Er­ gänzungen und V«befferungen eine „BauerneuerungS- und Ergänzungs­ rücklage" zu bilden. Üb« die Verwendung d« gesetzlichen Rücklage und HilfSrücklage zu den angegebenen Zwecken beschließt die Hauptversammlung;

üb« die

ÜÄufierf. >".e. yauyen., D. iiiieii)iüifer u iSriveiMlmuicr o. uurErwerbSH auser baut.

241

Verwendung der Bauerneuerungs. und Ergänzungsrücklage beschließen Vorstand und Aufstchtsrat in gemeinschaftlicher Sitzung. Sämtliche Rücklagen, insbesondere auch die Hilfsrücklagen, dürsen nur für den int § 1 Abs 2 bezeichneten gemeinnützigen Zweck verwendet werden.

G. Unkündbare Schuldverschreibungen.

§ 50. Der Verein kann unkündbare, auf den Namen der Käufer lautende Schuldverschreibungen ausgeben. Diese sind nach den darüber vom Vor­ stand« und Aufsichtsrate festzusetzenden Bedingungen zu verzinsen und zu tilgen

H. Vermietung und Kerkaus der «euossenschastahSuser. § 51. Mir jedes Miethaus wird aus der Zahl der darin wohnenden Ge­ nossen ein Hausverwalter vom Vorstände bestellt. Für daS Erwerbshaus übernimmt der Hausanwärter während der Dauer der Anwartschaft daS Amt des Hausverwalters Der Hausverwalter, der in der Hauptsache auf die genaue Befolgung der Hausordnung zu sehen hat, erhält seine Anweisung vom Vorstände§ 52. Als Mieter von Genossenschaftswohnungen oder als Erwerber der von der Genossenschaft für den Verkauf bereitgestellten HäuSgrundstücke werden nur solche Personen (Familien) zugelassen, die den Anforderungen des S 5 Abs. i unter g des Preußischen Stempelsteuergesetzes in der Fassung vom 30. Juni 1909 entsprechen. An Nichtmitglieder werden Wohnungen nur insoweit vermietet als unter den Mitgliedern keine Be­

werber vorhanden sind Unter mchreren berechtigten Bewerbern um eine Mietwohnung er­ hält sie der, den das Los trifft Bei der Verlosung werden die in der Mitgliedschaft älteren Genossen nach Maßgabe der vom Vorstände und Aufsicht-rate zu entwerfenden und von der Hauptversammlung zu ge­ nehmigenden „Grundsätze für die Vermietung von Genossenschafts­ wohnungen" bevorzugt. Mit jedem Mieter ist ein schriftlicher Miet­ vertrag abzuschließen, in dem auch der Genossenschaft daS Recht der Wohnungskündigung vorzubehalten ist. Bei der Zuteilung von Wohnungen und ErwerbShauSgrundstücken kommt, wenn die Gewährung von Darlehen an die Bedingung geknüpft wird, daß den im Dienstverhältnisse zu dem Gläubiger stehenden Genossen­ schaftsmitgliedern ein bestimmter Teil der Genossenschaftswohnungen anzubieten ist, auch diese Bedingung zur Anwendung

§ 53. Zur Erwerbung eines Hausgrundstückes (Erwerbshauses) find nur Genossen berechtigt, di« ihren Geschäftsanteil voll eingezahlt haben Scheidt, Handbuch für Baugenossenschaften.

2

Aust.



Dreizehntes Kapitel.

242

Muster

Der Genosse kann nicht mehr als ein HauSgrundstück erwerben. DaS Erwerbshaus darf höchsten» zwei Familienwohnungen ent­ halten-

8 54. Eigentumsrecht an dem Erwerbshausgrundstücke wird auf den An­ wärter erst übertragen, nachdem er mindesten» drei Jahre in einem GenoffenschastShause gewohnt und ein Dritteil des Kaufpreise» getilgt hat. Sobald ein Dritteil des Kaufpreise» getilgt ist, wird gegen Ver­ pfandung deS Grundstückes für den Restbetrag de» Kaufgeldes da» HauSgrvndstück dem erwerbenden Genoffen zum Eigentum übertragen und die Überschreibung auf seinen Namen im Grundbuche beantragt. § 55.

Lis zum Übergange der Eigentum» wird da» Hausgrundstück an den Anwärter vermietet.

Unter mehreren berechtigten Bewerbern um ein Erwerbshaus be­ stimmt da» Los denjenigen, dem eS zugewiesen werden soll. Bei der Ver­ losung wird ebenso verfahren, wie nach § 52 Abs. 2 dieser Satzungen bei der Verlosung von Mietwohnungen.

In die von dem Vorstand und AusfichtSrate festzustellenden Erwerb», bedingungen ist aufzunehmen, dab jeder Erwerbshausanwärter bis zur Eigentumsübertragung zu beliebigen — in runden durch 10 ohne Rest teilbaren — Abzahlungen auf den Kaufpreis berechtigt ist. Diese Ab­ zahlungen sowohl, al» auch die regelmäßigen Tilgungsraten find seitens der Genoffenschaft dem ErwerbshauSanwärter angemeffen zu verzinsen. Den Zinsfuß setzt der Vorstand in Gemeinschaft mit dem Auffichtsrate fest. § 56.

Der HauSanwärter muß in dem von ihm gemieteten Hause selbst Wohnung nehmen. Enthält das ErwerbShau» noch eine zweite Familien, wohnung, so setzt der Vorstand in Gemeinschaft mit dem AusfichtSrate den JahreShöchstsatz der Miete für die zweite Wohnung mit der Maßgabe fest, dab der Hausanwärter über den Höchstsatz hinaus seinen Mitbewohner nicht in Anspruch nehmen darf. Aftervermietung einer Familienwohnung ist nur mit der stet» wider­ ruflichen Genehmigung des Vorstandes gestattet.

§ 57. Erwerbshäuser sollen nur nach Maßgabe deS BedürfniffeS her­ gerichtet werden. Die näheren Bedingungen, unter denen ein Hau», grundstück zu Eigentum erworben «erden kann, sind im übrigen vom Vorstand und AuffichtSrat festzusetzen. § 58.

Der Genossenschaft find die in den Bedingungen lS 57) vorgesehenen Recht« an dem ErwerbShauSgrundstücke vorzubehalten

Musters.»e.Baugen., b Mierhäuser u ^rwerbshauier o. uurEnverbshäuIerbnut

243

J. Kechmmgswrsru.

§ 59. Das erste Geschäftsjahr läuft vom Gründung-tage bis zum 31. De­ zember des GründungSjahreS, alle folgenden vom 1. Januar bis 31 De­ zember Sofort nach Beendigung deS Geschäftsjahre- mutz a) der Bestand der vorhandenen Kaffenvorräte, Schuldurkunden und Wertpapiere durch den AuffichtSrat geprüft und festgestellt sowie b) mit dem Abschlüsse der Bücher vom Porstande begonnen werden

§ 60. Die vollständige Jahresabrechnung hat der Borstand längsten- bis zum 1. März des folgenden Jahres dem Aufsicht-rate vorzulegen, widrigen­ falls dieser berechtigt ist, sie unter seiner Aufsicht durch andere Personen auf Kosten deS Borstandes anfertigen zu lassen. § 61 Die Rechnung muß enthalten. 1. sämtliche Einnahmen und Ausgaben innerhalb des Jahres nach den bei der Buchführung eingeführten Sachkonten geordnet; 2. ein Inventar zur Bilanz, in dem die am Jahresschlüsse vorhandenen Vermögensstücke und Schulden einzeln aufgeführt sind; 3. eine besondere Gewinn- und Derlustberechnung; 4. die Bilanz über den Stand des Genossenschaft-vermögens am Jahresschlüsse.

§ 62. Bei der Ausstellung der Bilanz sind folgende Grundsätze zu be­ achten: 1. Unter die Schulden find auftunehmen: a) die Schulden und Verpflichtungen der Genossenschaft aller Art, ins­ besondere Anleihen; b) die Geschäftsguthaben der Genossen: c) die gesetzliche Rücklage; d) di« Hilfsrücklage; e) die Bauerneuerungs- und Ergänzung-rücklage; f) die Tilgung-guthaben der Hausanwärter. 2. Unter das Vermögen find anftunehmen: a) die baren Kassenbestände; b) di« Wertpapiere höchstens zum Börsen- oder Marktpreise, sofern dieser Preis jedoch den Anschaffungspreis übersteigt, höchsten- zu dem letzteren; c) der Grundbesitz und die Baulichkeiten nach den Erwerbs- bzw. Her» stellungSkosten, unter Abzug einer angemessenen Abschreibung für die Abnutzung der Miethäuser: d) die ausstehenden Forderungen; e) die Möbel und Gerätschaften zum Anschaffung-- bzw. Herstellungs­ preise unter Abzug von jährlich mindestens 10 v H. der AnschaffungSkosten für Abnutzung. IG*

244

Dreizehntes Kapitel

Muster.

Unsichere Forderungen sind nur nach chrem wahrscheinlichen Werte aufzuführen, »»einziehbare aber ganz auszuscheiden und zurückzustellen Der hiernach verbleibende Überschuh de« Vermögens über die Schulden bildet den Reingewinn

§ 63. Die Prüfung der Rechnung erfolgt durch den Aussichtsrat, der sich die nötigen Unterlagen dabei durch Einsicht der Bücher und Belege, wie durch die nach § 59 von ihm vorzunehmende Inventur zu ver­ schaffen hat.

Spätestens eine Woche vor der über die JahreSrechnung be­ schliebenden Hauptversammlung ist die JahreSrechnung zur Einsicht der Genoffen im Geschäftszimmer der Genossenschaft auSzulegen.

Erhebm sich in der Hauptversammlung Bedenken gegen die Richtig­ keit der Rechnung und die Prüfung deS AuffichtSrates, so kann durch Beschluß der Versammlung, ohne daß der Antrag vorher auf die Tages­ ordnung gebracht wäre, ein besonderer Ausschuß mit der Nachprüfung betraut werden.

§ 64. Die Einrichtungen der Genossenschaft und ihre Geschäftsführung in allen Zweigen der Verwaltung find mindestens in jedem zweiten Jahre der Prüfung durch einen der Genossenschaft nicht angehörigen sach­ verständigen Prüfer zu unterwerfen. Der Vorstand hat mit Genehmigung deS AuffichtSrates die Aufnahme in einen geeigneten Prüfungsverband zu erwirken. K. Verteilung von Gewinn und Vertust.

§ 65. Don dem nach Deckung aller Unkosten, Verluste und Abschreibungen verbleibenden Reingewinn erhält vorweg die gesetzliche Rücklage, solange sie noch nicht oder nicht wieder die im § 47 festgesetzte Höhe erreicht hat, mindestens 10 v. H. Der Rest des Reingewinnes wird, soweit die Haupt­ versammlung daraus nichts besondere Vergütungen oder Bewilligungen oder Gewinnvorträge oder Überweisungen an eine Hilssrücklage beschließt, an die Mitglieder nach der Höhe ihres GeschästSguchabens als Gewinn­ anteil gewährt. Die Höhe deS Gewinnanteils darf 4 v. H. des GeschästSguchabens nicht übersteigen. Den Mitgliedern, Geschäftsführern oder sonstigen Beteiligten dürfen auch nicht in anderer Form besondere Borteile gewährt werden.

Der Gewinn wird auf die MUglieder »ach Maßgabe chreS Geschäfts­ guthabens bei Beginn deS Geschäftsjahre» verteilt. Hat sich da» Seschästsguchaben eine» Mitgliedes im Laufe de» Geschäftsjahre» vermehrt, so wird der anderweite Betrag vom Beginn de» auf die Vermehrung folgenden Kalendervierteljahres berücksichtigt. Bei der Berteilung werden nur volle Markbeträge der ÄefchäftSguchaben berechnet.

Musters, f. e. Baugen., d.Miclhäuser u. (Srroerbi'häuici o. nur Erwerbshäuser baut.

245

Solange der Geschäftsanteil nicht erfüllt ist, wird der Gewinnanteil dem Genoffen auf GeschästSanteilkonto gutgeschrieben, also nicht bar ausgezahtt. § 66. Ergibt sich am Schluffe des Geschäftsjahres ein Verlust, so find zu­ nächst die HUssrücklagen, dann die gesetzliche Rücklage zur Deckung heranzuziehen. Nach deren Erschöpfung wird der Berlnst auf die am Schluffe des Geschäftsjahres vorhandenen Mitglieder im Verhältnis zur Höhe ihrer Guthaben verteilt und der auf jedes Mstglied entfallende Betrag von seinem Geschäftsguthaben abgeschrieben. Bis zur Wieder­ ergänzung eine- durch Verlust verminderten Guthabens findet eine Aus­ zahlung des Gewinnes nicht statt. Reicht das Vermögen der Genoffenschast einschließlich der Geschäfts­ guthaben und Rücklagen zur Deckung der Schulden nicht aus, so wird der die zum Schluff« des betreffenden Geschäftsjahres Ausgeschiedenen treffende Antest am Fehlbeträge nach Verhältnis der Haftsumme der Mitglieder berechnet.

L. Auflösung «ud Liquidation.

§ 67. Die Auflösung der Genoffenschast kann erfolgen:

1. durch Beschluß der Hauptversammlung; 2. in den durch das Gesetz bestimmten Fällen. Die Liquidation erfolgt nach dm Bestimmungm des GenoffenschastS-

gesetzeS. Die Mitglieder erhalten nicht mehr als ihr TefchästSguthaben ausgezahll. Der Rest des GenoffenschaftSvermögmS ist für dm in 8 l Abs. 2 bezeichneten gemeinnützigen Zweck zu verwendm.

M. Dir Bekanntmachungen der «euosstnfchaft und die dazu bestimmten öffentlichen DlStter.

§ 68. Alle Bekanntmachungen der Genoffenschast ergehm unter derm Firma und werden mindestmS von zwei Vorstandsmitgliedern gezeichnet.

§ 69. Die Einladungen zu dm Hauptversammlungm, insofem fie vom AufstchtSrate auSgehm (§ 24), erläßt der Vorsitzende des AuffichtSrateS mit der Zeichnung: Der AufstchtSrat

de..................................................................................................eingetragene Genoffenschast mit beschränkter Haftpflicht-

Dorfitzender.

246

Dreizehntes Kapitel. Muster. § 70. 3«r Veröffentlichung ihrer Bekanntmachungen bedient fich die i -ä ! i

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Buchwert Abschreibung Bemerkungen am 31. Dezbr. über für 19.. lSpaltelOmm den baulichen 19. . Spalte 11) Zustand

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Buchwert am 31. Dezbr. 19.. (Spalte 7 min. Spalte 8)

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Bemerkungen

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Buchwert

Bemerkungen



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250

Dreizehntes Kapitel. Muster

§ 8. Der Borstand hat in feinen Sitzungen insbesondere folgende Angelegenheiten zu erledigen: 1. die Zuteilung der Arbeiten an die einzelnen Borstandsmitglieder im Rahmen der Satzungen und dieser Geschäftsanweisung; 2. die Ausnahme von Mitgliedern in die Genossenschaft und die Zulassung von Mitgliedern zum Erwerb weiterer Geschäfts­ anteile ; 3. Wohnungsvermietungen, Wohnungskündigungen, Beschluß­ fassung über vorzunehmende Jnstandsetzungsarbeiten; 4. Vergebung von Arbeiten an Bauunternehmer und Lieferanten und Überwachung der Bautätigkeit; 5. die Entlassung von Beamten, Gehilfen und Arbeitern aus dem Dienste der Genossenschaft; 6. die Feuerversicherung der fertigen und der im Bau begriffenen Gebäude der Genossenschaft; 7. die Versicherung der Beamten und Arbeiter der Genossenschaft, die nach den Gesetzen der Verpflichtung zur Invaliden- und Hinterbliebenenversicherung, zur Angestelltenversicherung, zur Krankenversicherung und zur Unfallversicherung unter­ worfen sind. § 9. Der Borstand hat für die Einrichtung einer vollständigen und übersichtlichen Buchführung zu sorgen und sich dabei der doppelten kaufmännischen Buchführung zu bedienen.

§ 10. Der bare Kassenbestand, insoweit er die Summe von ... M. übersteigt, die Wertpapiere und Werturkunden (Kaufverträge usw.) der Genossenschaft sind von dem Kassenwart und dem Borsitzenden unter doppeltem Verschluß zu halten. Die Geschäftsbücher und der Kassenbestand bis zu ... M. werden dem Kassenwart zur alleinigen Verwahrung überlassen. Insoweit die Kassenbestände mehr als ... M. betragen, sind sie bei der einzuzahlen. § 11. Die Vorstandsmitglieder müssen auf Erfordern den Sitzungen des Aufsichtsrates, jedoch nur mit beratender Stimme, beiwohnen und alle Aufschlüsse erteilen, welche der Aufsichtsrat für nötig hält.

$ 12. Der Vorstand hat dem Aufsichtsrate die in den Satzungen vor­ geschriebenen Berichte zu erstatten. 5 13. Am Schlüsse des Geschäftsjahres hat der Vorstand behufs Auf­ stellung der Jahresrechnung und Bilanz eine vollständige Inventur aufzunehmen.

BejchLftsanweisung für beit Vorstand einer Baugenossenschaft.

251

Die Kasse ist noch am letzten Tage des Geschäftsjahres nachzu­ zählen und die Übereinstimmung des Barbestandes mit dem Soll, bestände des gleichzeitig abzuschließenden Kassenbuches festzustellen. Ein Offenlassen der Kassenbücher über den Tag des Jahresschlusses hinaus ist unstatthaft. Alle nach dem letzten Tage des Geschäftsjahres noch vorkommenden, auf das abgelausene Geschäftsjahr sich beziehenden Geschäftsvorfälle sind durch sogenannte Memorialbuchungen in den Geschäftsbüchern des abgelaufenen Jahres einzutragen.

Gleichzeitig mit der Ermittelung des baren Kassenbestandes ist der Bestand an Wertpapieren, Schuldscheinen, Hypothekenbriefen und anderen Urkunden festzustellen und mit den Büchern zu vergleichen. Mit der Jnventuraufnahme der weiteren Bermögensgegenstände mutz hintereinander fortgefahren werden. Die Werte der Liegenschaften dürfen nicht nur nach den Büchern festgestellt werden, es muß auch eine Besichtigung der Häuser zum Zwecke richtiger Be­ wertung und etwaiger Abschreibung stattfinden. Noch nicht fertig gestellte oder noch nicht abgerechnete Bauten können derart ausgenommen werden, daß als Wert nur die Höhe der an Handwerker, Arbeiter und für Lieferungen bereits gezahlten Beträge auf die Aktivseite der Bilanz eingesetzt wird. Die in die Inventur aufzunehmenden Passiven sind durch Ab­ schluß der Nebenbücher festzustellen. Zur Prüfung sind allen Genossen Auszüge ihres Guthabens auf Anteilkonto, Sparkassenkonto und Hausabtragskonto zuzusenden. Der Aufsichtsrat hat bei der Jnventuraufstellung mitzuwirken,

ii. Besondere Bestimmungen.

a) Für den Vorsitzenden.

i 14. Dem Vorsitzenden steht die Leitung der Geschäfte zu, er hat die Geschäftsführung zu überwachen und von Unregelmäßigkeiten in der Geschäftsbehandlung, im Kassenwesen und in der Buchführung dem Aufsichtsrate sofort Anzeige zu machen. Er ist berechtigt, von sämtlichen Büchern, Listen, Urkunden und Akten der Genossenschaft stets Einsicht zu nehmen und Kassen- und Geschäftsprüfungen zu jeder Zeit vorzunehmen. 5 15. Der Vorsitzende ist verpflichtet, in jedem Vierteljahre mindestens einmal unvermutet eine Prüfung der Kasse und der Geschäftsbücher und in jedem Halbjahre mindestens einmal eine Prüfung der Genossenschaftshäuser vorzunehmen. über die Prüfung und das Ergebnis derselben hat der Vor­ sitzende in der nächsten Borstandssitzung zu berichten und diesen Bericht in das Niederschriftenbuch des Vorstandes einzutragen.

252

Dreizehntes Kapitel.

Muster.

§ 16. Der Vorsitzende hat den Verkehr mit dem Gericht wahrzunehmen, die für die Genossenschaft bestimmten Briefe zu empfangen, zu eröffnen und für deren Erledigung und Beantwortung sowie für geordnete Aufbewahrung der eingegangenen und der Abschriften der ausgehenden Schriftstücke zu sorgen.

§ 17. Der Vorsitzende hat für die vorschriftsmäßige Ausstellung der Beitrittserklärungen eintretender Genossen, die monatliche Einreichung dieser Beitrittserklärungen, für die richtige Abfassung und Unter­ zeichnung der Beitrittserklärungen auf weitere Geschäftsanteile und die alsbaldige Einreichung dieser Beteiligungserklärungen, für die rechtzeitige Einreichung der Aufkündigungen austretender Genossen und der übrigen auf den Eintritt und das Ausscheiden von Genossen sich beziehenden Urkunden, für die Erstattung aller durch das Ge­ nossenschaftsgesetz vorgeschriebenen Anmeldungen, Anzeigen und Er­ klärungen zum Genossenschaftsregister, sowie endlich für die nach dem Gesetz und den Satzungen erforderlichen Bekanntmachungen Sorge zu tragen. § 18. Der Vorsitzende hat das nach § 30 des Genossenschaftsgesetzes vorgeschriebene Verzeichnis der Genossen zu führen und dasselbe mit der Liste der Genossen in Übereinstimmung zu halten. Der Vorsitzende hat zu den das Verzeichnis der Genossen be­ treffenden Urkunden und den darauf bezüglichen Benachrichtigungen des Gerichts besondere Mten anzulegen.

§ 19. Alle nach den Satzungen der Beschlußfassung des Vorstandes und Aufsichtsrates oder der Hauptversammlung vorbehaltenen An­ gelegenheiten hat der Vorsitzende genügend vorzubereiten, zur Be­ ratung und Beschlußfassung vorzulegen und in den gemeinschaftlichen Sitzungen und in der Hauptversammlung zu begründen und die Aus­ führung der gefaßten Beschlüsse zu bewirken. Die Überwachung der Neubautätigkeit hat der Vorsitzende gemeinsam mit dem Bauverwalter gemäß § 31 Abs. 3 dieser Geschäfts­ anweisung auszuführen. § 20. Der Vorsitzende hat dafür zu sorgen, daß die Jahresrechnung bis spätestens Ende des Monats dem Aufsichtsrate vorgelegt wird. Er hat nach Schluß des Geschäftsjahres einen umfassenden Bericht über das abgelaufene Geschäftsjahr, der eine nach Sach­ konten geordnete Geschäftsübersicht, die Gewinn, und Verlust­ berechnung und Geschäftsbilanz sowie geeignete Erläuterungen und Mitteilungen über das Geschäft zu enthalten hat, zu verfassen, zur Verteilung an die Genossen vervielfältigen zu lassen und in der ersten

(die'M'töullwel'uug für beit Vorsknib einer 'iBiiugeiionviifdmft.

2Öa

ordentlichen Hauptverfammlrnfg des neuen Gefchäftsjahres mündlich zu erläutern. Der Vorsitzende hat ferner dafür zu sorgen, daß der Geschäfts­ bericht mindestens eine Woche vor der Hauptversammlung, die über die Genehmigung der Bilanz und der Gewinnverteilung zu beschließen hat, in dem Geschäftszimmer der Genossenschaft zur Einsicht der Ge­ nossen ausgelegt wird, und daß den Genossen hiervon durch Bekannt­ machung in dem für die Bekanntmachungen der Genossenschaft be­ stimmten Blatte Kenntnis gegeben wird. § 21. Der Vorsitzende hat zu veranlassen, daß gemäß § 53 des Genosjenschaftsgesetzes mindestens in jedem -weiten Jahre die Einrich­ tungen und die Geschäftsführung der Genossenschaft der Prüfung durch den Berbandsprüfer unterworfen werden.

$ 22. Der Vorsitzende hat die folgenden Bücher zu führen: a) b) und darüber zu wachen, daß die Kassenbestände, welche die Summe von M über­ steigen, die Wertpapiere, Urkunden, insbesondere Hypotheken unter doppelten Verschluß genommen werden, zu dem er selbst den einen und der Kassenwart den anderen Schlüssel hat, und daß ferner die sonstigen Schriftstücke, Akten und Geschäftsbücher sowie Drucksachen aller Art in gehöriger Ordnung ausbewahrt und für die Anschaffung und Unterhaltung der zum Geschäfts­ betriebe erforderlichen anderweitigen Gegenstände in geeigneter Weise Anordnungen getroffen werden. b) Für den Kassenwart.

§ 23. Der Kassenwart ist für das Kassengeschäft in erster Reihe derantwortlich, ihm liegt nach Maßgabe des § 10 dieser Geschäftsanweisung die Aufbewahrung der Kassenbestände und Geschäftsbücher ob. § 24. Sämtliche Einnahmen und Ausgaben hat der Kassenwart sofort in das Kassenbuch einzutragen und die den Eintragungen entsprechenden Belege aufzubewahren.

§ 25. Uber die Einnahmen hat der Kassenwart in Gemeinschaft mit dem Vorsitzenden den Empfang zu bestätigen. Ausgaben dürfen nur auf schriftliche Anweisung zweier Vor­ standsmitglieder gemacht werden. Zu Zahlungen, die sich auf die

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Dreizehntes Kapitel. Muster.

Herstellung der Genossenschaftshäuser beziehen, soll die Anweisung von dem bauleitenden Architekten mitunterschrieben werden, der dadurch die verlangten Preise als gerechtfertigt anerkennt. Zur Erleichterung der Kassengeschäfte werden die regelmäßigen Beiträge auf den Geschäftsanteil durch Vertrauensmänner eingezogen, die darüber durch Marken quittieren, die in das Guthabenbuch des Genossen eingeklebt werden. Die Marken nimmt der Vorsitzende unter Verschluß. Der Kassenwart und die Vertrauensmänner bekommen eine bestimmte Summe in Marken als Vorschuß. Die einkassierten Beträge sind monatlich abzuliefern. Für die abgelieferten Summen werden wieder Marken verabfolgt. Die Mietzahlungen erfolgen entweder unmittelbar oder durch Bermittelung der Hausverwalter an den Kassenwart. Der Kassenwart hat darüber zu wachen, daß die Mieten pünktlich entrichtet und pünkt­ lich an die Genossenschaftskasse abgeführt werden. Verzögerungen hat er dem gesamten Vorstand anzuzeigen.

§ 26. Der Kassenwart ist verpflichtet, von einer Kassendifferenz un­ verzüglich dem Vorsitzenden Anzeige zu erstatten. Ist auch nach Mit­ wirkung des Vorsitzenden bei der sofort vorzunehmenden Bücher­ prüfung der Unterschiedsbetrag nicht aufgeklärt worden, so ist dem Aufsichtsrate hiervon umgehend zur weiteren Veranlassung Mitteilung zu machen.

$ 27. Der Kassenwart hat folgende Bücher zu führen: a) - . . b) c)

§ 28. Der Kassenwart hat die nach den Satzungen dem Aufsichtsrate vorzulegenden Berichte aufzustellen, die Jahresrechnunq unter Mit­ wirkung des Vorsitzenden anzufertigen und innerhalb .... Wochen nach dem Jahresschlüsse dem Bauverwalter vorzulegen.

§ 29. Der Kassenwart hat die nach den Satzungen am Ende des Ge­ schäftsjahres durch den Vorstand und Aufsichtsrat vorzunehmende Inventur durch Aufstellung der hierzu erforderlichen Verzeichnisse der vorhandenen Wertpapiere, Hypotheken und anderen Forderungen vorzubereiten und Kasse, Wertpapiere, Hypotheken und andere Forde­ rungen sowie die betreffenden Geschäftsbücher vorzulegen.

S 30. Der Kassenwart ist verpflichtet, den: Vorsitzenden, dem Bauverwalter, dem Aufsichtsrate und dessen Prüfern jederzeit die Ein-

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sicht der von ihm geführten Bücher und aller in feiner Verwahrung und Verwaltung befindlichen Urkunden und Akten au gestatten und die Barbestände und Marken vorzulegen.

c) Für den Bauverwalter. § 31. Der Bauverwalter hat die ständige Aufsicht über die Häuser, Grundstücke und etwaige Baustoffe der Genossenschaft zu führen und vierteljährlich über den Zustand der Wohnhäuser und Wohnungen dem Vorstände Bericht zu erstatten und diesen Bericht niederzu­ schreiben. Der Bauverwalter hat Grundstücke, deren Erwerb in Frage steht, vorher zu begutachten, aus ihren Baugrund zu prüfen und über ihre bestmögliche Verwertung für die Genossenschaft Vorschläge zu machen. Er hat die Einnahmen und Lasten von Häusern, deren Erwerb in Frage steht, zu ermitteln und danach über die Wirtschaftlichkeit derselben dem Vorstände sein Gutachten abzugeben. Der Bauverwalter hat die Kostenanschläge und Zeichnungen für Neubauten zu prüfen, die Verträge mit Bauhandwerkern und Unternehmern zusammen mit dem Vorsitzenden zu entwerfen, die Ausführung der angeordneten Bauten und Ausbesserungen fort« während zu überwachen, die zur Verwendung kommenden Baustoffe zu prüfen und den Verkehr mit den Unternehmern, Handwerkern und Lieferanten zu vermitteln, sowie alle darauf bezüglichen schrift­ lichen Arbeiten vorzubereiten. Die Baurechnungen für die Genossen, schäft hat der Bauverwalter nach Feststellung durch den Architekten zu prüfen und mit Zahlungsanweisung zu versehen oder bei obwalten, den Bedenken letztere der nächsten Borstandssitzung zu unterbreiten. Der Bauperwalter hat für die angemessene Feuerversicherung aller Baulichkeiten usw. der Genossenschaft Sorge zu tragen. Unaufschiebbare Instandsetzungen kann der Bauverwalter auf eigene Verantwortung herbeiführen, er hat aber in der nächsten Vorstandssitzung über den Umfang und die voraussichtlichen Kosten zu berichten. $ 32. Der Bauverwalter hat die am Ende des Geschäftsjahres durch den Vorstand und Aufsichtsrat vorzunehmende Inventur durch Auf« stellung der die Liegenschaften der Genossenschaft umfassenden Ver­ zeichnisse vorzubereiten und an der Besichtigung und Prüfung der Liegenschaften und Baustoffe teilzunehmen.

$ 33. Der Bauverwalter hat das Baubuch zu führen.

256

Dreizehntes Kapttel

Musie^

Archer 4. Geschästöanweisung für den AuffichtSrat einer vangenosfenfchaft. $ 1. Nach den Bestimmungen des Gesetzes und den Vorschriften der Satzungen ist die Überwachung der Geschäftsführung der Genossen­ schaft in allen Teilen der Verwaltung das Recht und die wichtigste Pflicht des Aufsichtsrates. Um dieser Pflicht zu genügen, muß der Aufsichtsrat sich fort­ während über die Angelegenheiten der Genossenschaft unterrichten und zu diesem Zwecke monatlich Bericht von dem Borstande fordern, von den Büchern und Schriften der Genossenschaft Einsicht nehmen, die Bautätigkeit überwachen, den Bestand der Kasse und die Bestände an Wertpapieren, Hypothekenforderungen u. dgl. untersuchen, die von dem Borstande erstatteten Berichte, Geschäftsabschlüse und namentlich die Jahresrechnung nebst Bilanz und die Gewinnberech­ nung sorgfältig prüfen und darüber der Hauptversammlung vor Ge­ nehmigung der Bilanz Bericht erstatten. Der Aufsichtsrat hat eine Hauptversammlung 511 berufen, wenn es die Belange der Genossenschaft fordern. § 2.

Der Aufsichtsrat überträgt in jedem Jahre nach erfolgter Neuwahl einem seiner Mitglieder den Borsitz, einem anderen das Schriftführer­ amt und ernennt für beide Stellvertreter. Die Beschlüsse des Aufsichtsrates werden durch einfache Stimmen­ mehrheit der in der Sitzung anwesenden Mitglieder gefaßt. Der Aufsichtsrat ist beschlußfähig, wenn die Mehrheit der Mit­ glieder anwesend ist. Bei Stimmengleichheit gilt der Antrag als abgelehnt, nur bei Wahlen entscheidet in diesem Falle das Los.

§ 3. Der Aufsichtsrat hält zur Erledigung der ihm obliegenden Ge­ schäfte an jedem in dem Geschäftszimmer der Genossen­ schaft eine Sitzung ab. § 4 Zu außerordentlicher Sitzung hat der Borsitzende des AufsichtSrateS einzuladen, wenn es das Interesse der Genossenschaft fordert oder wenn der Vorstand oder der dritte Teil der Aufsichtsratsmitglieder unter schriftlicher Angabe der Beratungsgegenstände die Berufung einer außerordentlichen Sitzung verlangen. Mit der Einladung zu einer außerordentlichen Sitzung sind die Gegenstände der Verhandlung mitzuteilen.

(Mdjflftöanttietfung jin veu Auiftchtsrat einer Baugenosten,ckaü

257

§ ä In die Niederschriften sind die gefaßten Beschlüsse aufzunehmen. Die Niederschriften sind von dem Vorsitzenden und dem Schrift­ führer zu unterzeichnen. In den Niederschriften ist festzustellen, ob die abwesenden Mit­ glieder des Aufsichtsrates entschuldigt oder unentschuldigt fehlen. Mitglieder des Aufsichtsrates, die bei Gegenständen der Tages­ ordnung persönlich beteiligt sind, müssen während der Verhandlung über diese Gegenstände das Sitzungszimmer verlassen. Die Beteiligung an Preisangeboten für Ausführung von Genossenschaftsbaut^n oder Lieferungen zu den Bauten ist den Aufsichtsratsmitgliedern nicht gestartet. 6 6. Die Bierteljahrsabschlüsse sowie die Jahresrechnung und Bilanz sind von dem Aufsichtsrate sorgfältig zu prüfen. Der Aufstchtsrat hat zu diesem Zwecke einen aus dem Vor­ sitzenden und zwei weiteren Mitgliedern bestehenden Rechnung-. Prüfungsausschuß aus seiner Mitte zu bilden. Dieser Ausschuß hat regelmäßig am Schlüsse jeden Vierteljahres eine Kassen, und GeschäftsPrüfung vorzunehmen und außerdem nach Bedürfnis außerordent. liche und unvermutete Prüfungen, mindestens einmal im Jahre, eintreten zu lassen. Den Tag, an dem die unvermutete Kassenprüfung stattfinden soll, bestimmt der Vorsitzende des Aufsichtsrates. Er teilt an dem betreffenden Tage seine Absicht den Mitgliedern dieses Ausschusses mit und begibt sich unmittelbar darauf in Gemeinschaft mit ihnen in die Wohnung des Kassenwarts bzw in das Geschäftszimmer der Ge­ nossenschaft. Bei den Prüfungen — sowohl den regelmäßigen, als auch den unvermuteten — ist im allgemeinen das folgende Verfahren zu beobachten. Zunächst hat der Kassenwart den in seinen Händen befindlichen baren Kassenbestand aufzuzählen. Das Ergebnis ist zu vermerken. Sodann hat der Kassenwart — sofern das für die regelmäßige Prüfung noch nicht geschehen sein sollte — im Kassenbuch den Abschluß der Hauptgeldspalte zu bewirken. Danach ist der Vergleich zwischen dem Soll- und dem wirklichen Bestände vorzunehmen, wobei — falls ein nicht sofort aufzuklärender Fehlbetrag oder ein Kassenüberschuß festgestellt wird — die Beschlußfassung über die Beseitigung des UnterschiedSbetrageS bi- nach Beendigung des Prüfungsgeschästs auszusetzen ist. Ist auch im Laufe der Bücherprüfung die Abweichung nicht aufgeklärt worden, so hat der Kassenwart einen etwaigen Fehlbetrag sofort zu ersetzen, während die Beschlußfassung darüber, was mit einem Kassenüberschusse geschehen soll, dem Aufsichtsrate Vorbehalten bleibt. Gchtztdt, HimdVuch für 8., S. 339. Nun hat man frelltch eingewendet, daß bei dieser Art der Bilanzie­ rung keine Baugenossenschaft ein größeres Areal ankaufen könne, ohne ihre bilanzmäßige Rentabilität zu gefährden. Das ist richtig, nur folgt daraus nicht, daß die hier vertretene Art der Bilanzierung unrichtig ist. Die oben angeführten Gründ« stützen sich im wesentlichen auf | 261 des Handelsgesetzbuches. Wenn auch der § 261 sich in dem nur für Aktiengesellschaften geltenden Abschnitt des Handelsgesetz« buche- befindet, so ist doch nach einer Entscheidung des Reichsgerichts kein stichhaltiger Grund vorhanden, aus dem die für Aktiengesell. fchafien in dieser Hinsicht — d. h. für Bilanzaufstellung — geltenden Rechtsgrundsätze nicht auch auf Genossenschaften entsprechende An­ wendung finden können. DaS Reichsgericht hat im Anschluß hieran sogar noch ausgesprochen, daß diese Bestimmungen des $ H61 des Handelsgesetzbuches auch für Genossenschaften zwingender Natur seien und durch die Satzungen nicht abgeändert werden könnten. Hiernach steht fest, daß das Gutachten der Berbandsprüfer in bezug auf die Unzulässigkeit der Berechnung von Grundstückszinsen nach der rein theoretischen und rechtlichen Seite hin, weil auf eine Entscheidung des Reichsgerichts gestützt, einwandfrei ist. Dennoch wird die Praxis der Baugenossenschaften häufig anders verfahren müssen, un- sie tut Gcheldt, Handbuck» für Baugenossenschaften

8 Aufl

24

370

Vierzehntes Kapitel

Kaffen

und Rechnungsführung.

es auch, weil durch eine mechanische Anwendung des § 261 des Handels­ gesetzbuches auf die Baugenossenschaften die gesunde Entwicklung vieler Baugenossenschaften geradezu unmöglich gemacht würde. Kann z. B. eine Baugenossenschaft, di« mit einem Durchschnittsjahresgewinn von etwa 2000 M. arbeitet, durch irgendeinen glücklichen Zufall ein großes Gelände verhältnismäßig billig, nehmen wir an, zum Preise von 100000 M. laufen, so würde sie, wenn sie Grundstückszinsen nicht zuschreiben darf, diesen Kauf niemals abschließen können. Denn ohne Zuschreibung von Grundstückszinsen müßte diese Baugenossenschaft, solange nicht das unbebaute Gelände verwertet ist, mit bilanzmäßig hohen Verlusten abschließen. Man wird deshalb die Zuschreibung von Grundstückszinsen je nach Lage der Verhältnisse verschieden zu be­ urteilen haben. Auf alle Fälle ist größte Vorsicht bet Zuschreibung von Grundstückszinsen angebracht. Es kann nicht verantwortet werden, daß eine Baugenossenschaft sich aus der Zuschreibung der Grundstück), zinsen buchmäßig möglichst hohe Gewinne verschafft. Mehr als die wirklich entstehenden Zinsenverluste dürfen niemals zugeschrieben werden. Erzielt die Baugenossenschaft aus dem Grundstücke irgend, welche Einnahmen, z. B. Pachtgelder, sind diese von dem zuzu­ schreibenden Betrage abzusetzen. Im übrigen hat die Zuschreibung in jedem Fall ihre Grenzen in dem wirklichen Werte des Grundstücks, über den hinaus unter keinen Umständen eine Zinsenbelastung statt, finden darf. Sind genossenschaftliche Neubauten völlig fertiggestellt, so ist der Buchwert des Grund und Bodens, der zu ihnen gehört, auf dem Konto „Unbebaute Grundstücke" in Einnahme zu stellen und in Ausgabe zu buchen unter dem Neubaukonto der Miethäuser oder unter dem Neubau, konto der Erwerbshäuser (f. Ziffer IVa und b der Bilanz).

Neubauten. Auf diesen Konten erscheinen in der Regel nur Ausgaben. Daher sind Spalten für diese Konten auch nur in dem AuSgabebuch vor. gesehen (Spalte 5 und 6). Zu buchen sind auf diesen Konten sämtliche Baukosten, und zwar getrennt nach Miethäusern (Spalte 5) und Er­ werbshäusern (Spalte 6). Zu den Baukosten gehören nicht nur die Baukosten im eigentlichen Sinne des Wortes, sondern z. B. auch die Kosten der Einfriedigungen, der Baupläne, der Bauaufsicht, der Ver. dingung von Bauarbeiten, der Abschätzung zur Feuerversicherung und auch die Kosten für die erste hypothekarische Beleihung, sowie die Kosten für die Eintragung etwaiger Baugelderhypotheken. Die Kosten für eine spätere Umleihung von Hypotheken gehören zu den Betriebs, unkosten. Soweit die Tätigkeft eines oder mehrerer Vorstandsmitglieder wesentlich auf die Beaufiichtigung der Bautätigkeit gerichtet ist, er. scheint es zulässig, die den Vorstandsmitgliedern gezahlte Vergütung für die Dauer der Neubauzeit mit entsprechendem Anteil auf die Reubaukosten zu buchen.

Zweiter Abschnitt Die ffnffenbüdier und ihre Konten

371

Bauzinsen.

Zu prüfen ist dann noch die Frage, ob die Zuschreibung sogenannter Bauzinsen zulässig ist. Auch über diese Frage ist in der gelegentlich des 50. Allgemeinen Genossenschaftstages abgehaltenen Beratung der BerbandSprüfer verhandelt worden. Die Sach­ verständigen sind zu dem Ergebnis gekommen, daß die bet dem Bau von Häusern ausgelaufenen Hypothekenzinsen und die Zinsen der eigenen Mittel, soweit sie auf die Dauer der Herstellung der Häuser entfallen, auf den Herstellungspreis aufgefchlagen werden dürfen. ES ist zwar in dieser Beratung hervorgehoben, daß die Erwägungen, die zur Verneinung der vorhin erörterten Frage über die Zulässigkeit der Berechnung von Grundstückszinsen geführt haben, auch bezüglich der Berechnung von Bauzinsen teilweise zutreffen, datz aber doch die beiden Fragen aus folgenden Gründen nicht gleichmäßig zu be­ handeln sind:

„1. Die BerkehrSauffassung neigt entschieden dazu, diese Zinse« zu den „Herstellungskosten" zu rechnen. Dies ist auch durchaus zu» treffend, und zwar nicht nur hinsichtlich der zur Bauausführung an­ geliehenen, sondern auch hinsichtlich der eigenen Gelder. Hier stellen die Zinsen (vom wirtschaftlichen Standpunkte auS gesehen) nicht Lerluste, sondern notwendige Kosten der Herstellung dar; eS ist überHaupt unmöglich, ohne diese Unkosten einen Bau auszuführen. Hierin ist auch der wesentliche Unterschied gegenüber den GrundpückSzinsen zu finden; denn datz das Baugelände unbebaut oder unbenutzt liegen bleibt, ist an sich nicht notwendig. Auch der Einwand, daß bet Bejahung der Frage die Genossenschaft in der Lage sei, sich auf alle Anlagewerte Zinsen in Anrechnung zu bringen, ist hier ohne Beweiskraft. Denn die Bejahung der Frage gibt der Genossenschaft noch nicht das Recht, nunmehr unbeschränkt Zinsen zuzuschreiben, sondern die Zuschreibung ist natürlich nur in­ soweit zulässig, als die Aufwendung notwendig war und „bei dem Bau", d. h. während der Bauzeit erfolgt ist. Allerdings würden die Genossenschaften — das ist die Konsequenz dieser Auffassung — nicht nur von Bauten, sondern auch von anderen Anlagen Zinsen für die Herstellungszeit in den Herstellungspreis einrechnen können. Aber hierin liegt nichts Bedenkliches.

2. Die hier vertretene Ansicht deckt sich auch mit der in der Literatur herrschenden. So sagt Rehm S. 711: „Der Betrag der Hypotheken­ zinsen und der Zinsen des eigenen Kapitals, welcher auf die Dauer der Herstellung, also auf die Zeit der HerstellungSarbetten entfällt, gehört nach allgemeinen Grundsätzen zu den Herstellungskosten." Ferner auch Staub $ 261 Anm. 20 und die dort Zitierten. Die Aus­ führungen Simons auf S. 347, wonach nur die Unkosten in den Her­ stellungspreis einzurechnen find, „welche auf die einzelnen Waren besonders verwandt sind", geben zwar keinen bestimmten Anhalt, wie sich dieser Schriftsteller zu den während der Herstellungszeit auf» 24»

372

Vierzehntes Kapitel

Kaffen

und Rechnungsführung,

gelaufenen Zinsen verhält, doch sprechen sie jedenfalls auch nicht für eine Verneinung der Frage." Die Berechnung der Zinsen hat für die einzelnen Abschlags­ zahlungen zu erfolgen, und -war vom Zahlung-tag ab bi- zu dem Lag, an dem die Häuser bezugsfertig und vermietbar find. Al- Zins» fuß ist derjenige Satz anzunehmen, den die Genossenschaft für die aufgenommenen, zu dem Bau verwendeten fremden Gelder zu zahlen hat. Sobald die endgültigen Abrechnungen über die fertiggestellten Neubauten vorliegen und feststeht, daß keine Baurechnung mehr aussteht, sind die Summen des Reubaukontos auf das Mtethäuserkonto zu übertragen. Zu bemerken ist jedoch, daß bet den Miethäusern in der Bilanz die Grunderwerbskosten dauernd Yon den Baukosten der Miethäufer zu trennen sind (s. Ziffer Ha und b der Musterbilanz) und daß zu den Baukosten der Erwerbshäuser ein einmaliger Zuschlag zwecks Abrundung der Bausumme aus volle 10 M. üblicherweise gemacht wird (f. näheres hierüber unter den Bemerkungen über die Sonderbaurechnung). Meistens werden die Baukosten auch nach der endgültigen Ab­ rechnung nicht zur vollen Summe an den Unternehmer ausgezahtt werden, sondern die Baugenossenschaft wird eine Sicherheit von den Unternehmern einbehalten. Der Betrag der einbehaltenen Summe muß dann vor Abschluß der Neubaukonten auf dem Reubaukonto der Miethäufer oder dem Neubaukonto der Erwerbshäuser in Ausgabe gebucht und unter dem Konto „Sonstige Schulden" D •O

Mnstrr 3.

Bemerkungen

Muster zu einem auf einer Karte geführten Einzelkonto.

S c h e id t,

Muster ?u einem auf einer Karte geführten GityelKonto für Hausanwärter bet einer Kaugenossen schäft, die Spareintagen ««nimmt (Kartenregister).

16!30 31 : 80 41 i 50

Der Vordruck hat auf der ersten Seite 10 und auf der zweiten Seite 20 Zeilen, reicht also für 30 Jahre.

4^ to 03

Muster-Anhang.

424

Kilavr

Aktiva. 1. Unbebaute Grundstücke II. Miethäuser' a) Bau tosten Davon sind abgeschrieben 1. in früheren Geschäftsjahren 2. am Schlüsse des letzten Ge­ schäftsjahres

i

• -4

b) Grunderwerbskosten

III. Erwerbshäuser a) Erwerbshäuser, die sich noch im Eigentume des Bauvereins befinden, über die aber be­ reits Erwerbsverträge abgeschlossen sind: 1. in früheren Geschäfts­ jahren Ä .. L 2. im letzten Geschäfsjahre. .. M b) Erwerbshäuser ohne Anwärter IV. Neu bauten a) Miethäuser 1. aufgewendete Baukosten.... 2. Grunderwerbskosten .... JC

.. A

b) Erwerbshäuser 1. aufgewendete Baukosten < .. 2, Grunderwerbskosten . . V. Baustoffe VI. Inventar Abschreibung VII. Hypotheken und Restkaufgelder VIII. Bare Hinterlegnngen (für Straßenbau­ kosten usw.) IX. Wertpapiere X. Bank- und Sparkassenguthaben

XL Mietforderungen: a) aufgelaufene, noch nicht zur Zahlung fällige Mieten b) rückständige Mieten XII. Zinsenforderungen. a) ausgelaufene, noch nicht zur Zahlung fällige Zinsen b) rückständige Zinsen XIII. Sonstige Forderungen XIV. Kassenbestand

425

Muster zu einer Bilanz.

am 31. Dezember 19 .

Muster K.

Passiva.

Geschäftsguthaben der Mitglieder

I.

Bestand am Ende des Vorjahres Im letzten Jahre: Zugang J Abgang ........ < • ■ j II. Rücklagen a) gesetzliche Rücklagen b) Hilssrücklagen c) Sonstige Rücklagen (unter Bezeichnung des

"

Zwecks) III.

Hypothekenschulden Ursprünglicher Schuldbetrag Davon sind getilgt: a) in früheren Geschässjahren b) im letzten Geschäftsjahre

IV.

!

|

... ........ < • j

Unkündbare Schuldverschreibungen

Ausgegeben Davon sind getilgt (durch Auslosung oder Rückkauf) a) in früheren Geschäftsjahren ... M> .. j b) im letzten Geschäjsjahre ........ & ...j

V. Bon den Hausanwärtern geleistete Ab­ zahlungen a) in früheren Geschäftsjahren b) im letzten Geschäftsjahre VI. Kündbare Anleihen a) mit mindestens 12 monatl. Kündigungsfrist b) mit kürzerer Kündigungsfrist VII. Spareinlagen Bestand Ende des Vorjahres Im letzten Jahre. Zugang K . Abgang a) durch Rückzahlung ..../( .. j b) durch Übertragung aufGeschästsgnthaben.. ./< . . --j

Sonstige Schulden a) Zinsen b) an ausgeschiedene Mitglieder noch zu zahlende Geschästsgutbaben c) nicht erhobene Gewinnanteile (1) noch zu zahlende Geschäfts- und Betriebs­ unkosten e) andere vorübergehende Schulden IX. Reingewinn*)

VIII.

*) Bei einer etwaigen Unterbilanz ist statt die c- poften? auf der Gegenseite ein Pasten „Berlust" einznstellen.

Gewinn- und Uerlustirerechnung für dar WeschSftsjahr . Goll

1. Abschreibungen a) ...°/0 auf die ursprünglichen Bau­ kosten der Miethäuser b) ... °/0 auf das Inventar

Haven 1. Gewinn-Vortrag

2. Gewinn aus verkauften Immo­ bilien 3. Mieten

a) auS Miethäusern b) aus Erwerbshäusern (Nettomiete)

3. Betriebsunkosten a) Steuern b) Kanalisationsbeiträge und Versiche­ rungsprämien c) Kosten für Beleuchtung und Wasser d) Jnstandhaltungskosten e) Sonstige Betriebsunkosten

4. Pachtgelder

4. Zinsen a) Hypotheken- und Anleihezinsen b) Zinsen auf die Abzahlungen der Hausanwärter c) Zinsen aus Spareinlagen

6. Sonstige Einnahmen

5.

Sonstige Ausgaben

6. Reingewinn*)

'L Bei einer etwaigen Unterbilanz ist statt dieses Postens auf der Geaensette

co

5. Zinsen a) aus belegten Geldern b) ^geschriebene Bauzinsen c) zugeschriebene Grundstückszinsen

Gewinn- und Berlustrechnung.

2. Geschäftsunkosten (Gehälter, Büromiete, Geschäftsbücher, Vordrucke, Berbandsbeiträge usw.)

Muster L

427

Inventur zur Bilanz.

«Uster M.

Inventur zur Kitanz am 31. Dezember 19 . . A. Aktiva. I. Unbebaute Grundstücke.

Katasterbezeichnung Gemarkung

II. 2 |

3

Bel egenheit der Hairsgrundstücke Straße

Anzahl der Wohnungen

4

5

Ankaufs­ preis

Buchwert

qm

M

Miethäuser. 7

6

9

8

JH

| 2)

Jfl

11

12

Ab­

Buchwert

10

Buchwert Buchwert Wert rlach Gesamter Zu­ Ab­ der des Zu- bziw. Buchwert gang gang Bau­ Grund­ stücks Absatz der kosten am 31. Dez. am am im $Zahre Werte in 19 . . '31. Dez. 31. Dez. 19 Spalte 8 u. 9 (Sp. 5 u. 6) 19 . . 19 . .

vft |

1

Laufende N r.

1

Größe

Par­ zellen Nr.

Kar­ ten­ blatt

am 31. Dez.

schreibung für

19 . . (Sp. 10 min.

19 . .

«M,

4

Sp. 11)

M

i

| A

1

III. 1

.2 11

3

4

6

5

Name £

Belegenheit

des

Jo

der

Erwerbs-

Hausgrundstücke

haus-

ti Ci

an-

Nr.

Straße

wärters

Erwerbshäuser.

Verein­

Zugang

7

8

9

10

Abgang

Wert nach

Gesamt­

Buchwert

am 31. Dez.

barter

im Jahre 19

preis

14

4

!4

Zu- bzw.

guthaben des

Absatz der

Anwärters

Werte in Spalte 6 u. 7

am 31. Dez.

(Sp. 8 min.

19 . .

Sp. 9)

Jt

Jt

19 .

4

4

IV. Neubauten. Laut Kassenbuch sind auf de . . Neubau Nr. . . an Abschlagszahlungen geleistet............................................................................................................................. m

Zu übertragen.

.

Muster-Anhang.

428

X 4 Übertrag .

.

V Baustoffe. Borhanden sind 5000 Mauersteine, die mit dem Ankaufspreise ein­ zustellen sind, d. h. mit ....................................... VI. Inventar.

Ankaufs­ preis

! -3

M

Vorhandene Jnventargegenstände.

Daraus sind abgeschrieben in srüheren Jahren . . . j% . . xj Im letzten Jahre...............................................

... Jt. .

1

i VII. Wertpapiere. Hier sind die einzelnen vorhandenen Wertpapiere nach Ankaufs­ preis und Kurswert aufzuführen. VIII. Bank- und Sparkassenguthaben.

1. Guthaben bei der X-Bank laut Kontoauszug ..... 2. Guthaben bei der Städtischen Sparkasse laut Sparkassen­ buch Nr....................................................................................................

IX. Mietforderungen.

Die Einzelposten sind im Mietenbuch nachgewiesen mit . .

X.

Kassenbestand. Summa der Aktiva

B. Passiva. I. Geschäftsgutha ben der Mitglieder, laut Kontobuch............................................................................... II. Rücklagen. (Es sind hier die einzelnen Rücklagen und die ihnen im letzten Geschäftsjahre zugeflossenen Zuwendungen bzw. die Abgänge aufzuführen)

Zu übertragen . .

429

nventur zur Bilanz.

' ' "! ' ‘

Übertrag: III. Hypo theke nj chul d en. Ursprünglicher Daraus sind

Schuldbetrag

Hypothekengläubiger

X

Restschuld

getilgt

X

M

i

i

x

j

1

IV. Bon den Hausanwärtern geleistete Abzahlungen laut besonderem Kontobuch V. Sonstige Schulden.

Namen der Gläubiger

Schuldbetrag

Gegenstand

Jt

I

j

Summa der Passiva ctiung zuni Wol»nuu«sgkietz do in 17. Mai UH'-.

,>^Z

Eine wichtige und dankbare Aufgabe kann ferner in der Durch, führung besonderer Maßnahmen im Interesse der Wohnungsfürsorge für kinderreiche Familien der minderbemittelten Bevölkerungskreise gefunden werden. Auch die Erleichterung der Beschaffung von Hausrat für die minderbemittelte Bevölkerung kann in den Kreis der Aufgaben der gemeinnützigen Bauvereinigungen mit Staatsbeteiligung einbezogen werden. Ms Kleinwohnungen gelten solche Wohnungen, die nach Größe, Anordnung, Raumzahl, Raumhöhe und Ausstattung den ortsüblichen Bedürfnissen der minderbemittelten Bevölkerung entsprechen. In erster Linie sollen die gemeinnützigen Bauvereinigungen nach Möglich­ keit bestrebt sein, die Herstellung von Wohnungen in Kleinhäusern zu fördern, d. h. in Wohngebäuden, die nicht mehr als zwei Bollgeschosse und keine Nebenwohngebäude (Seitenflügel,. Mittelflügel, Quer­ gebäude) haben, in jedem Geschoß nur eine geringe Anzahl von KleinWohnungen enthalten und mit einer zur Garten- oder landwirtschaft­ lichen Benutzung geeigneten Freifläche dauernd ausgestattet sind. Soweit die örtlichen Verhältnisse es gestatten, ist auf die Ausstattung der Wohnungen mit so viel Land besonderer Wert zu legen, daß den Bewohnern der Anbau von Kartoffeln und Gemüse für den Hausbedarf und die Haltung von Kleinvieh ermöglicht wird. IV. Der Staat muß seine Beteiligung davon abhängig machen, daß der überwiegende Teil des Stammkapitals der gemeinnützigen Bauvereinigung, der in der Regel auf mindestens zwei Drittel zu bemessen sein wird, von anderer Seite aufgebracht wird. Als Gesellschafter kommen neben dem Staat zunächst die Pro­ vinzen, Kreise und Gemeinden in Betracht. Es ist ferner auf eine Beteiligung der größeren Arbeitgeber aus Industrie und Handels­ gewerbe sowie solcher Anstalten und Stiftungen hinzuwirken, die in der Lage sind, für die Kleinwohnungsfürsorge Geldmittel zur Ver­ fügung zu stellen. Bon großem Wert wird namentlich eine Beteiligung der zuständigen Landesversicherungsanstalt sein. Daneben ist auf eine Beteiligung der einzelnen in dem Bereiche des Unternehmens bestehenden örtlichen gemeinnützigen Bauvereini­ gungen oder ihrer Verbände und Verbandskassen der Regel nach besonderes Gewicht zu legen. Um den einzelnen Baugenossenschaften die Beteiligung zu erleichtern, empfiehll es sich, die Mindesthöhe der Stammeinlagen entsprechend niedrig zu bemessen. Scheidt, Handtuch für Baugenolienschaften.

8. Aust

3?

5A4

Anhang.

Ormhnü»

Wo provinzielle Kleinwohnungsvereine bestehen, ist auch deren Beteiligung anzustreben. V. Besonderer Prüfung bedarf das Verhältnis der gemeinnützigen Bauvereinigungen mit Staatsbeteiligung zu den provinziell organisierten ländlichen Siedlungsgesellschasten. Da bei der Wohnungs­ fürsorge für die städtische und industrielle Bevölkerung nach Möglich­ keit auf eine weiträumige Bauweise hingewirkt werden soll und auch die Schaffung von halbländlichen Stellen mit einer Flächengröhe von mehr als % Morgen mit Hilfe des Rentenbankkredits in Betracht kommen wird (vgl. Ziff. HI, letzter Absatz), ergibt sich ohne weiteres eine nahe Berührung mit dem Aufgabenkreise der ländlichen Sied­ lungsgesellschasten. Es muß daher auch hier vermieden werden, daß ein für beide Teile schädliches Reben- und Gegeneinanderarbeiten

stattfindet. Ferner kann es nur erwünscht sein, die Erfahrungen, welche von den ländlichen Siedlungsgesellschaften hinsichtlich der Schäftung kleiner Rentengutsstellen gemacht sind, für die Aufgaben der gemeinnützigen Bauvereinigungen auszunutzen. Umgekehrt werden aber die Maßnahmen, welche von den gemeinnützigen Bau­ vereinigungen in Erfüllung der ihnen nach Ziff. in 1 und 3 zu­ gedachten Aufgaben zum Zwecke einer Verbilligung des Baues ge­ troffen werden, auch für das Tättgkeitsgebiet der ländlichen Siedlungs­ gesellschaften nutzbar gemacht werden können. Demenffprechend wird es sich empfehlen, daß wenigstens überall da, wo der Wirkungskreis der gemeinnützigen Bauvereinigungen nicht von vornherein auf rein städüsche Siedlungsverhältnisse beschränkt ist, wo vielmehr für diese auch die Schaffung von halbländlichen Stellen und insbesondere von solchen Stellen in Bettacht kommt, für welche der Rentenbankkredit nutzbar gemacht werden kann, ein Zusammenarbeiten der gemein­ nützigen Bauvereinigungen und der ländlichen Siedlungsgesellschaften in der Form herbeigeführt wird, daß eine Beteiligung der letzteren an dem Stammkapital der ersteren erfolgt. Dabei wird eine Beteili­ gung in mäßiger Höhe vollauf genügen, da es sich nur um die Anbahnung eines Zusammenarbeitens, nicht aber um eine finanzielle Stützung der gemeinnützigen Bauvereinigungen durch die ländlichen Siedlungs­ gesellschaften handelt. VI. Als Rechtsform für die mit Staatsbeteiligung zu errichtenden gemeinnützigen Bauvereinigungen empfiehlt sich im Hinblick auf die Träger des Unternehmens, wie auch auf Att und Umfang der ihm zugedachten Geschäfte, vornehmlich die Gesellschaft mit beschräntter Haftung.

AuÄtüstrttNfl-mim-rmrni zum WnhnungSgesetz «nm 17 Mar 191#

5U5

Für ben Fall bet Bildung eines Aufsichtsrats ist Wert darauf zu legen, baß die verschiedenen Gruppen von Gesellschaftern

Preußische G>eiepc.

sowie der Geschäftsführer bedürfen der Bestätigung durch den Oberpräsidenten. Das gleiche gilt von bet Festsetzung der Anstellungsbedingungen für die Geschäftsführer und der für diese zu erlassenden Dienstanweisung. 2. Die zuständigen Minister und die Oberpräsidenten sind von jeder Sitzung des Aufsichtsrats und der Gesellschafterversamm lung mindestens eine Woche vorher in Kenntnis zu setzen. Kommissare, die von ihnen entsendet werden, sind berechtigt, an den Sitzungen des Aufsichtsrats und den Generalversamm lungen ohne Stimmrecht teilzunehmen; sie müssen jederzeit gehört werden. 3. Satzungsänderungen, welche die Zwecke des Unternehmens, die Höhe des Stammkapitals, die Gemeinnützigkeit des Unternehmens sZiff. VII) und dessen Stellung zu den Staatsbehörden (Ziff. IX) betreffen, dürfen nur mit Zu­ stimmung der Vertreter des Staates in der Gesellschafter^ Versammlung der gemeinnützigen Bauvereinigung erfolgen.

X. Die Beifügung über die Verwendung der im Art. 8 des Wohnungsgesetzes bereitgestellten Mittel liegt in den Händen des Finanzminifiers, des Ministers der öffentlichen Arbeiten und des Mnisters des Innern. Anträge auf Beteiligung des Staates an der Errichtung einer gemeinnützigen Bauvereinigung oder Übernahme einer Kapital­ beteiligung an einer solchen durch den Staat sind unter Beifügung des Satzungsentwurfs an den Oberpräsidenten zu richten. Der Ober­ präsident prüft das Gesuch nach Maßgabe dieser Ausführungsbestim­ mungen und legt es mit seiner gutachtlichen Äußerung dem Finanz­ minister vor.

Gesetz über die staatliche Berbürgvug zweiter Hypotheken

iBürgschaftssicherungsgesctz).

Bom 10. April 1918.

§ 1. Der Finanzminister wird ermächtigt, zwecks Förderung der Herstellung gesunder Kleinwohnungen die Bürgschaft für zweite Hypotheken namens des Staates zu übernehmen. Die Hypotheken müssen von anderer Seite an gemeinnützige Bauvereinigungen und Stiftungen unter Ausschluß der Kündbarkeit auf die Dauer von inindestens zehn Jahren gewährt sein.

Gesetz über die sraatl. Verbürgung zweiter Hypotheken.

Vom M. April 1918

507

§ 2. (1) Das verbürgte Darlehen soll einschließlich vorgehender oder gleichstehender Hypotheken 90 vom Hundert der Selbstkosten nicht übersteigen, die der Schuldner für den Erwerb und die bauliche Erschließung des belasteten Grundstücks, für die Errichtung der auf ihm stehenden Baulichkeiten und die Beschaffung ihres Zubehörs aufwendet. (e) In Ausnahmefällen kann die Bürgschaft auch bis zum vollen Betrage der Selbstkosten des Baues ohne Berücksichtigung des Wertes von Grund und Boden gehen. (3) Das verbürgte Darlehen soll mit mindestens 1 ’/2 vom Hundert des ursprünglichen Betrags unter Hinzurechnung der ersparten Zinsen getilgt werden. Sind auch die den verbürgten Darlehen im Range vorgehenden Hypothekendarlehen Tilgungshypotheken, so darf die Tilgung des verbürgten Darlehens so weit herabgesetzt werden, daß auf das verbürgte Darlehen und auf die ihm im Range vorgehenden Hypothekendarlehen insgesamt jährlich mindestens % vom Hundert der ursprünglichen Beträge unter Hinzurechnung der ersparten Zinsen getilgt wird.

§ 3. (1) Zur Deckung der dem Staate aus den Bürgschafts­ verträgen erwachsenden Verpflichtungen wird ein Betrag von zehn Mllionen Mark zur Verfügung gestellt. Er wird als Bürgschafts­ sicherung der Preußischen Zentral-Genossenschaftskasse Überwiesen und ist von ihr besonders zu verwalten. Der Bürgschaftssicherung wachsen die aus ihrer Berwallung aufkommenden Zinsen sowie die sonst aus den Bürgschaftsverträgen entstehenden Einnahmen zu. (2) Der Finanzminister ist für die bestimmungsmäßige Verwaltung verantwortlich. § 4. Die Gesamthöhe der zu übernehmenden Bürgschaften darf das Fünfzehnfache der jeweils verfügbaren Bürgschaftssicherung nicht übersteigen. § 5. Ein Bericht über die Verwaltung der Sicherung, ihre Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung sind dem Landtage jährlich vor­ zulegen. § 6. (i) Der Finanzminister wird ermächtigt, zur Bereitstellung der nach § 3 erforderlichen Summe Staatsschuldverschreibungen aus­ zugeben. An Stelle der Staatsschuldverschreibungen können vorüber­ gehend Schatzanweisungen ausgegeben werden. Der Fälligkeits­ termin ist in den Schatzanweisungen anzugeben.

508

Anhang.

Preußische Besetze.

(2) Der Finanzminister wird ermächtigt, die Mittel zur Ein­ lösung dieser Schatzanweisungen durch Ausgabe von neuen Schatz­ anweisungen und von Schuldverschreibungen in dem erforderlichen Nennbeträge zu beschaffen. Die Schatzanweisungen können wieder­ holt ausgegeben werden. (3) Schatzanweisungen oder Schuldverschreibungen, die zur Ein lösung von fällig werdenden Schatzanweisungen bestimmt sind, hat die Hauptverwaltung der Staatsschulden auf Anordnung des Finanz Ministers vierzehn Tage vor dem Fälligkeitstermine zur Verfügung zu halten. (4) Die Verzinsung der neuen Schuldpapiere darf nicht vor dem Zeitpunkte beginnen, mit dem die Verzinsung der einzulösenden Schatzanweisungen aufhört. Wann, durch welche Stelle und in welchen Beträgen, zu welchem Zinsfüße, zu welchen Bedingungen der Kündi­ gung und zu welchen Kursen die Schatzanweisungen und die Schuld­ verschreibungen ausgegeben werden sollen, bestimmt der Finanz­ minister. Im übrigen kommen wegen der Verwaltung und Tilgung der Anleihe die Vorschriften des Gesetzes, betreffend die Konsolidation preußischer Staatsanleihen, vom 19. Dezember 1869 (Gesetzsamml. S. 1197), des Gesetzes, betreffend die Tilgung von Staatsschulden, vom 8. März 1897 (Gesetzsamml. S. 43) und des Gesetzes, betreffend die Bildung eines Ausgleichsfonds für die Eisenbahnverwaltung, vom

3. Mai 1903 (Gesetzsamml. S. 155) zur Anwendung.

Anweisung vom 8. Mai 1918 zur Ausführung des Gesetzes über die staaMche Ber-ürgung zweiter Hypotheken vom 10. April 1918

— «S. S. 48 (I. 3843).

Allgem eines.

1. Die finanzielle Fürsorge des Staates auf dem Gebiete des Kleinwohnungsbaues hat sich bisher auf die Bereitstellung von Mitteln zum Zweck der Verbesserung der Wohnungsverhältnisse für die gering besoldeten Staatsbeamten und die in den Staatsbetrieben beschäftigten Arbeiter beschränkt. Nach den schweren Verlusten des Krieges muß es jedoch der Staat als seine Aufgabe betrachten, über den Rahmen der ihm als Arbeitgeber obliegenden Pflichten hinaus die Herstellung gesunder Kleinwohnungen für die minderbemittelte Bevölkerung ohne

Anweisung vom 8. Mai 191b zum AuSführrmgSgejetz vom 10. April 1918

509

Beschränkung auf einen bestimmten Personenkreis nach Kräften zu fördern. Dieser Ausgabe soll — neben der Bereitstellung eines Be­ trages von zwanzig Millionen Mark zum Zwecke der Beteiligung des Staates mit Stammeinlagen an gemeinnützigen Bauvereinigungen gemäß Artikel 8 des Wohnungsgesetzes vom 28. März 1918 (GS. S. 23) — das Bürgschaftssicherungsgesetz dienen. Das Bürgschaftssicherungsgesetz bezweckt, den gemeinnützigen Bauvereinigungen die Beschaffung von Mitteln durch die Übernahme der Staatsbürgschaft für zweitstellige Hypocheken zu erleichtern. Durch die Bürgschaft des Staates erhalten nach § 1807 Ziff. 3 BGB. die zweiten Hypotheken die Mündelsicherheit. Dadurch wird denjenigen Anstalten und Berwaltungen, welche bisher die Bauten der gemein­ nützigen Bauvereinigungen an erster Stelle beliehen haben, die Mög­ lichkeit eröffnet, ihre Mittel auch für den dmch zweitstellige Hypotheken gedeckten Kredit zur Verfügung zu stellen, und die gemeinnützigen Bauvereinigungen können damit rechnen, daß sie die zweiten Hypo­ theken von ihren Geldgebern unter den gleichen Bedingungen, ins­ besondere auch hinsichttich des Zinsfußes, erhallen, wie sie sonst für den erststelligen Hypothekarkredit üblich sind. Mittelbar wird die staatliche Verbürgung der zweiten Hypothek auch auf die Beschaffung der ersten Hypothek günstig einwirken. 2. Der Staat übernimmt mit der Ausführung des Bürgschaftssicherungsgesetzes eine neue Aufgabe von hervorragender sozialer Be­ deutung, die außergewöhnlich große geschäftliche Schwierigkeiten und bei fehlerhafter Behandlung die Gefahr sehr ernster finanzieller Ver­ luste in sich schließt. Die Aufgabe wird nur dann sachgemäß gelöst werden können, wenn bei ihrer Durchführung ausschließlich nach wirtschaftlichen Gesichtspunllen verfahren wird. Ein Vorbild für die AuMhtung des Bürgschaftssicherungsgesetzes bietet die Förderung des genossenschaftlichen Personalkredits durch die Preußische Zenttal-Genossenschaftskasse; hier wie dort handelt es sich um die Erreichung sozialer Ziele mit rein geschäftlichen Mitteln. Der gegebene Träger der neuen Aufgabe ist daher die Preußische Zenttal-Genossenschaftskasse. Diese Erwägung hat dazu geführt, daß der Preußischen ZenttalGenossenschaftskasse durch § 3 des Gesetzes die Verwaltung der Bürgschaftssicherung übertragen wurde. Auf Grund der durch § 1 BürgschSichG. dem Finanzminister erteilten Ermächttgung wird das Direk­ torium der Preußischen Zenttal-Genossenschaftskasse hierdurch ferner

510

Anhang.

Preußische Gesetze.

mit dem Abschluß der Bürgschaftsverträge und mit der Wahrnehmung der sich aus der Übernahme der Bürgschaften für den Staat ergebenden

Rechte und Pflichten beauftragt. Bei Wahrnehmung der ihm hiermit übertragenen Geschäfte hat Las Direktorium der Preußischen Zentral-Genossenschaftskasse die in dieser Ausführungsanweisung festgelegten Grundsätze sowie die ihm weiterhin von dem Finanzminister zu erteilenden Weisungen zu be­ achten. Innerhalb der hierdurch gegebenen Grenzen handelt das Direktorium entsprechend seiner Verfassung nach pflichtmäßigem eigenen Ermessen und unter eigener Verantwortung. Zweifelsfragen von grundsätzlicher Bedeutung sind dem Finanzminister zur Entscheidung zu unterbreiten. 3. Das Direktorium der Preußischen Zentral-Genossenschaftskasse wird sich bei Durchführung seiner neuen Aufgabe stets die hervor­ ragende Bedeutung vor Augen halten müssen, welche der Beschaffung gesunder Wohnungs- und Siedlungsverhältnisse für die körperliche und sittliche Gesundheit des Volkes, insonderheit auch für die Be­ kämpfung des Geburtenrückganges und der Kindersterblichkeit, und damit für die Erhaltung der Wehrkraft und für die ganze Zukunft der Nation innewohnt. Entsprechend den bei der Förderung des Genossenschaftswesens bewährten Grundsätzen wird aber auch auf dem Gebiet der Wohnungsfürsorge unbedingt an dem Gedanken festzuhalten sein, daß eine gesunde Sozialpolitik nachhaltig nur auf gesunden geschäftlichen Grundlagen betrieben werden kann, daß also alle Geschäfte, die in Erfüllung der neuen Aufgabe übernommen werden sollen, nach streng wirtschaftlichen Erwägungen zu prüfen und zu behandeln sind.

II. Kleinwohnungen. 1. Die Vorteile des Bürgschaftssicherungsgesetzes sollen nach § 1 des Gesetzes ausschließlich der Förderung der Herstellung von Klein­ wohnungen zugute kommen. Die Übernahme der Staatsbürgschaft kann daher nur zugunsten solcher Hypotheken erfolgen, welche zur Bestreitung der Herstellungskosten für Wohnungen dienen sollen, die nach Größe, Anordnung, Raumzahl, Raumhöhe und Ausstattung den ortsüblichen Bedürfnissen der minderbemittelten Bevölkerung ent­ sprechen. In erster Linie ist die Herstellung von Wohnungen in Kleinhäusern, d. h. in Wohngebäuden, zu fördern, die nicht mehr als 2 Bollgeschosse

Anweisung vom 8. Mal 1918 zum Ausführungsgesetz vom 10 Slpril 1918

und keine Nebenwohngebäude

511

(Seitenflügel, Mittelslügel, Quer­

gebäude) haben, in jedem Geschoß nur eine geringe Anzahl von Klein­

wohnungen enthalten und mit einer zur Garten- oder landwirtschaft­ lichen Nutzung geeigneten Freifläche dauernd ausgestattet sind. Soweit die örtlichen Verhältnisse es gestatten, ist auf die Ausstattung der

Wohnungen mit soviel Land besonderer Wett zu legen, daß den Be­ wohnern der Anbau von Karwffeln und Gemüse für den Hausbedarf und die Haltung von Kleinvieh (Schwein, Ziege) ermöglicht wird.

Wo eine solche Wohnweise nach den öttlichen Verhältnissen nicht

durchgesetzt werden kann, ist auch die Errichtung angemessener Met­ wohnungen in Stockwerkshäusern zu unterstützen. Auch bei den Stockwerkshäusern ist auf die Beigabe von ausreichendem Land für die Anlage von Gärten und Spielplätzen nach Möglichkeit hinzuwirken.

Endlich ist die Förderung von Ledigenheimen durch Übernahme der Staatsbürgschaft zulässig unter der Voraussetzung, daß diese Heime nicht zur vorübergehenden Aufnahme ortsfremder Personen, sondern darauf berechnet sind, daß sie ortsansässigen Personen für

möglichst lange Zeit angemessene Unterkunft bieten. Das Bürgschaftssicherungsgesetz macht keinen Unterschied zwischen Stadt und Land.

Die Staatsbürgschaft wird zwar überwiegend

zum Zwecke der Förderung der Wohnungsverhältnisse für die städttsche und industttelle Bevölkerung in Anspruch genommen werden.

In­

dessen wird sie auch für die Schaffung guter Metwohnungen für die landwirtschaftlichen Arbeiter nutzbar gemacht werden können. Im Rahmen dieser allgemeinen Aufgaben der Staatsbürgschaft

wird einer angemessenen Unterbttngung der aus dem Felde heim­ kehrenden Kriegsteilnehmer und der Kttegsbeschädigten besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden sein.

Dementsprechend ist auf die ge­

meinnützigen Bauvereinigungen, welche die Staatsbürgschaft in Anspruch nehmen, dahin einzuwirken, daß sie sich die Wohnungsfürsorge

für die Kttegsteilnehmer und die Kttegsbeschädigten besonders an­ gelegen sein lassen. 2 Voraussetzung der Übernahme der Staatsbürgschaft ist in

jedem Fall das Vorhandensein eines örtlichen Bedürfnisses zur Ver­ besserung

der

Wohnungsverhältnisse

der

minderbemittelten

Be-

völkernngskreise sowie das Vorhandensein dauernder ausreichender

Berdienstgelegenheit für die als Abnehmer der Wohnung in Frage kommenden Personen.

Bei Prüfung des Vorhandenseins dieser

Voraussetzungen empfiehlt es sich, nach Möglichkeit die Hilfe der auf

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Anhang.

Preußische Gesetze.

dem Gebiet des Kleinwohnungswesens neben den einzelnen gemein­ nützigen Bauvereinigungen tätigen Organisationen in Anspruch zu nehmen; als solche werden außer den provinziellen Kleinwohnungs­ vereinen und den genossenschaftlichen Revisionsverbänden und Ver­ bandskassen insbesondere auch die in Ausführung des Artikels 8 des Wohnungsgesetzes mit Staatsbeteiligung zu errichtenden Gesellschaften in Frage kommen, soweit diese eine zusammenfassende Unterstützung der Tätigkeit der einzelnen gemeinnützigen Bauvereinigungen be­ zwecken. Für ländliche Verhältnisse kann die Einholung gutachtlicher Äußerungen der Landwirtschaftskammern und der provinziell organi­ sierten Siedlungsgesellschaften angebracht sein. Soweit die Jnanspruchnahme der Behörden erforderlich ist, wird in der Regel eine Anhörung der Orts- und Kreisbehörden ausreichen. Ein Bedürfnis wird nur da anzuerkennen sein, wo die private Bautätigkeit es unterläßt, Kleinwohnungen, welche den vorbezeichneten Anforderungen entsprechen, in ausreichender Zahl und zu an­ gemessenen Preisen bereitzustellen. 3. Für Hypotheken, welche zum Zweck des Ankaufs von Häusern ausgenommen werden, kann die Staatsbürgschaft nur dann gewährt werden, wenn durch den Ankauf und eine zweckentsprechende Zu­ richtung der Häuser eine Vermehrung des Bestandes an angemessenen Kleinwohnungen eintritt. Anträgen auf Übernahme der Staats­

bürgschaft für Hypotheken auf bereits vorhandenen Gebäuden lediglich zum Zweck der Erreichung leichterer Zinsbedingungen kann keines­ falls entsprochen werden. III. Gemeinnützige Bauvereinigungen und Stiftungen.

1. Als Schuldner der zu verbürgenden Darlehen kommen nach § 1 des Gesetzes nur gemeinnützige Bauvereinigungen und Stiftungen in Betracht. Die Übernahme der Staatsbürgschaft kann gemeinnützigen Bau­ vereinigungen und Stiftungen gegenüber sowohl für Wohnungen erfolgen, welche durch Vermietung an Minderbemittelte genutzt, wie auch für Hausgrundstücke, welche ihren Bewohnern zu Eigentum oder in der Form des Erbbaurechts überlassen werden sollen. Für den Fall der Überlassung der Häuser zu Eigentum oder in der Form des Erbbaurechts ist jedoch die Übernahme der Staatsbürgschaft nur unter der Voraussetzung zulässig, daß die gemeinnützige Bauvereini­ gung oder Stiftung die persönliche Schuldnerin des zu verbürgenden

Anweisung vom 8. Mm 1918 zum AuSführnngsgesetz vom 10 April 1918.

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Darlehns und dementsprechend dem Direktorium der Preußischen Zentral-Genossenschaftskasse für alle von ihr nach den Bestimmungen dieser Ausführungsanweisung zu übernehmenden Verpflichtungen haftbar bleibt. 2. Die Übernahme der Staatsbürgschaft kann ferner nicht erfolgen gegenüber privaten Unternehmern, welche Kleinwohnungen zum Zweck der Vermietung oder Veräußerung an Minderbemittelte Herstellen. Einzelpersonen, welche gemeinnützige Kleinwohnungsfürsorge treiben wollen,- können aber der Vorteile der Staatsbürgschaft auf dem Wege teilhaftig werden, daß sie aus ihren Mitteln eine den nachstehenden Anforderungen entsprechende gemeinnützige Bauvereinigung errichten. 3. Die Übernahme der Staatsbürgschaft ist ausgeschlossen in allen Fällen, in welchen die Errichtung von Wohnungen ausschließlich für die Angestellten und Arbeiter eines Arbeitgebers erfolgt oder das Mietverhältnis von der Beibehaltung eines Arbeitsverhältnisses ab­ hängig gemacht ist. 4. Ms gemeinnützige Bauvereinigungen sind Bereinigungen welche den Bau von Kleinwohnungen betreiben, ohne weiteres dann anzusehen, wenn sie von einer preußischen Zentralbehörde oder von einer anderen Staatsbehörde auf Grund ministerieller Ermächtigung als gemeinnützig anerkannt sind, oder wenn der Staat mit einer Stammeinlage an ihnen beteiligt ist. 5. Als gemeinnützige Bauvereinigungen können außerdem Ge­ nossenschaften mit unbeschränkter Haft- und Nachschußpflicht oder mit beschränkter Haftpflicht, Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit be­ schränkter Haftung und in Ausnahmefällen auch rechtsfähige Vereine dann angesehen werden, wenn sie den nachstehenden Anforderungen entsprechen: a) Der Zweck der Bauvereinigung soll ausschließlich darauf ge­ richtet sein, gesunde und zweckmäßig eingerichtete Wohnungen für minderbemittelte Familien und Personen in eigens erbauten oder angekausten Häusern zu billigen Preisen zu beschaffen. b) Die Höhe des an die Mitglieder zur Verteilung gelangenden Geschästsgewinnes darf 5 v. H. nicht übersteigen. Den Mitgliedern der Bauvereinigung oder sonstigen Beteiligten dürfen auch nicht in anderer Form besondere Vorteile gewährt werden. Sämtliche Über­

schüsse und Rücklagen dürfen nur für den gemäß Abschnitt III Ziff. 5a zu bestimmenden Zweck Verwendung finden. Bei Auflösung der Bauvereinigung dürfen deren Mitglieder nicht mehr als den Neun-

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Anhang

Vreuhlsche Gesetze

wert ihrer Anteile, bei Genossenschaften des derzeitigen Geschäfts­ guthabens, erhalten; der etwaige Rest des Vermögens der Bauvereinigung ist für gemeinnützige Zwecke zu verwenden.

Es wird darauf hinzuwirken sein, daß die neu zu begründenden gemeinnützigen Bauvereinigungen dieser Art ihre Satzungen als zweck­ mäßig anerkannten Mustern anpassen. 6. Den gemeinnützigen Bauvereinigungen gleichgestellt sind rechts­ fähige Stiftungen, deren Zweck auf die Fürsorge für die Wohnungs­ verhältnisse der minderbemittelten Bevölkerungskreise gerichtet ist. Die in dieser Ausführungsanweisung für die gemeinnützigen Bau­ vereinigungen getroffenen Bestimmungen haben auf solche Stiftungen sinngemäß Anwendung zu finden.

7. In jedem Falle ist die Übernahme der Stäatsbürgschaft davon abhängig zu machen, daß die allgemeine finanzielle Lage und die Gejchäftsführung der gemeinnützigen Bauvereinigung eine hinreichende Gewähr für deren gedeihliche Entwicklung und dauernden Fortbestand bilden. Dementsprechend ist insbesondere zu prüfen, ob bei den Ge­ nossenschaften die Höhe der Geschäftsanteile und der Haftsumme sowie die echten Rücklagen, bei den Aktiengesellschaften und den Ge­ sellschaften mit beschränkter Haftung das Gesellschaftskapital und die echten Rücklagen, bei den rechtsfähigen Vereinen das Vereins­ vermögen, bei den Stiftungen das Stiftungsvermögen in angemessenem Verhältnis zu den übernommenen Aufgaben stehen. Besonderer Prüfung bedarf ferner die Ertragsfähigkeit der bereits vorhandenen Bauten und die Belastung der gemeinnützigen Bauvereinigung mit unbebauten Grundstücken sowie hinsichtlich der zu beleihenden Neu­ bauten die Veranschlagung der Baukosten und der laufenden Ausgaben und demgegenüber der Mieteinnahmen, endlich das Verhältnis der Verwaltungskosten zu den Erträgen.

Im Interesse der Sicherheit der zu verbürgenden Darlehen muß es vermieden werden, daß mehrere gemeinnützige Bauvereinigungen sich durch Nebeneinanderarbeiten in dem gleichen Ortsbereich und mit den gleichen Zielen gegenseitig schädigen. Demgemäß ist nach Möglich­ keit darauf hinzuwirken, daß das Geschäftsgebiet der gemeinnützigen Bauvereinigungen in den Satzungen sachlich und örtlich abgegrenzt wird.

A nwetsung vom 8. 9Rat 1918 311m Äu6nw»ullg^ge»ek vom 10. April 191>