Güterichter und Mediatoren im Wettbewerb: Verfassungsrechtliche Grenzen des Eingriffs durch Konkurrenz [1 ed.] 9783428547296, 9783428147298

Einvernehmliche Konfliktlösung ist nicht mehr nur ein Angebot von privaten Mediatoren. Mit der Einführung des Güterichte

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Güterichter und Mediatoren im Wettbewerb: Verfassungsrechtliche Grenzen des Eingriffs durch Konkurrenz [1 ed.]
 9783428547296, 9783428147298

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Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1307

Güterichter und Mediatoren im Wettbewerb Verfassungsrechtliche Grenzen des Eingriffs durch Konkurrenz

Von

Maik Bäumerich

Duncker & Humblot · Berlin

MAIK BÄUMERICH

Güterichter und Mediatoren im Wettbewerb

Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1307

Güterichter und Mediatoren im Wettbewerb Verfassungsrechtliche Grenzen des Eingriffs durch Konkurrenz

Von

Maik Bäumerich

Duncker & Humblot · Berlin

Die Drucklegung dieser Arbeit wurde durch einen Druckkostenzuschuss aus Mitteln der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder gefördert, der durch die Graduiertenschule der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Köln vergeben wurde. Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität zu Köln hat diese Arbeit im Jahr 2014 als Dissertation angenommen. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2015 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: L101 Mediengestaltung, Fürstenwalde Druck: CPI buchbücher.de, Birkach Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 978-3-428-14729-8 (Print) ISBN 978-3-428-54729-6 (E-Book) ISBN 978-3-428-84729-7 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die Arbeit wurde im Wintersemester 2014 / 2015 von der Rechtswissen­ schaftlichen Fakultät der Universität zu Köln als Dissertation angenommen. Sie entstand ebendort während meiner Zeit als Wissenschaftlicher Mitarbei­ ter am Seminar für Staatsphilosophie und Rechtspolitik. Herr Professor Depenheuer, der Direktor des Seminars, hat die Disserta­ tion betreut. Ihm bin ich nicht nur deswegen zu großem Dank verpflichtet: Er hat mir bei der Auswahl des Themas und der Erstellung der Arbeit großen Freiraum gelassen. Ich durfte das erleben, was man Wissenschafts­ freiheit nennt. Mein Dank gilt auch Herrn Professor Prütting, der das Zweitgutachten in kürzester Zeit erstellt hat. Seine weiterführenden Anregungen habe ich in die Druckfassung übernommen. Mein Dank gilt schließlich meinen Eltern, denen ich weit mehr verdanke als die Unterstützung meiner Promotion. Vieles hat in dieser Arbeit seinen Platz gefunden – weitaus mehr bleibt als Idee zurück. Maik Bäumerich

Inhaltsübersicht Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

1. Teil

Konkurrenz zwischen Güterichter und Mediatoren 

19

1. Kapitel: Mediation als Konfliktbeilegungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen von Mediation und Güterichterverfahren . . 47 3. Kapitel: Vergleich von Mediation und Güterichterverfahren . . . . . . . . . . . . . 62 2. Teil

Grundrechtlicher Schutz vor öffentlicher Konkurrenz 

93

4. Kapitel: Güterichtertätigkeit als Aufgabe der rechtsprechenden Gewalt? . . . 95 5. Kapitel: Grundrechtlicher Schutz von Mediatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 6. Kapitel: Grundrechtlicher Schutz vor öffentlicher Konkurrenz . . . . . . . . . . . 144 7. Kapitel: Eingriff durch Konkurrenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 8. Kapitel: Verfassungsrechtliche Grenzen des Güterichters . . . . . . . . . . . . . . . . 225 Literaturverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 Sachverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313

Inhaltsverzeichnis Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 1. Teil

Konkurrenz zwischen Güterichter und Mediatoren 



Mediation als Konfliktbeilegungsverfahren 

19

1. Kapitel 21

A. Begriffsbestimmung Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 I. Position und Interesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 II. Verfahrensstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 III. Verfahrensgrundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 IV. Exkurs: Anwendungsbereiche, Mediationstheorien und Verbreitung . . . 30 1. Anwendungsbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 2. Mediationstheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 3. Verbreitung von Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 B. Abgrenzung und Vergleich zu anderen Konfliktlösungs- oder Konfliktent­ scheidungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 I. Hoheitliche Konfliktbeendigungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 1. Gerichtsprozess  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 2. Güteverhandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 3. Güterichterverfahren  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 II. Privatautonome Konfliktbeendigungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 1. Schiedsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 2. Schlichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 3. Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 C. Ergebnis: Mediation und Güterichterverfahren sind vergleichbar . . . . . . . . . 46 2. Kapitel

Rechtliche Grundlagen von Mediation und Güterichterverfahren 

47

A. Rechtliche Grundlagen der privatautonomen Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . 47 I. Unionsrechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48

10

Inhaltsverzeichnis 1. Anwendungsbereich der Richtlinie 2008 / 52 / EG . . . . . . . . . . . . . . . . 48 2. Inhaltliche Vorgaben der Richtlinie 2008 / 52 / EG . . . . . . . . . . . . . . . 49 II. Gesetzgebungsverfahren des Mediationsgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 III. Inhalte des Mediationsgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

B. Rechtliche Grundlagen des Güterichters  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 I. Modellprojekte der gerichtsinternen Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 II. Gesetzgebungsverfahren zur Einführung des Güterichters . . . . . . . . . . . 59 3. Kapitel

Vergleich von Mediation und Güterichterverfahren 

62

A. Tätigkeitsvergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 I. Darstellung des Projekt-Modells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 1. Service-Delivery-Projekt – Schnelle und kostengünstige Einigung als Mediationsziel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 2. Individual-Autonomy-Projekt – Selbstbestimmung als Media­tionsziel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 3. Access-to-Justice-Projekt – Durchsetzung von Recht und Gerechtig­ keit als Mediationsziel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 4. Reconciliation-Projekt – Versöhnung als Mediationsziel . . . . . . . . . . 69 5. Social-Transformation-Projekt – Gesellschaftliche Gestaltung als Mediationsziel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 II. Darstellung des Selbstbestimmungsgradienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 1. Selbstbestimmungsgradient gängiger Konfliktlösungsverfahren . . . . 71 2. Selbstbestimmungsgradient einer Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 III. Einordnung von außergerichtlicher Mediation und Güterichter . . . . . . . 74 1. Außergerichtliche Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 2. Güterichtertätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 B. Befugnisvergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 I. Rechtliche und tatsächliche Möglichkeiten des Güterichters . . . . . . . . . 79 1. Methodenwahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 2. Akteneinsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 3. Rechtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 4. Protokollierung und Vollstreckbarkeit der Einigung . . . . . . . . . . . . . 82 II. Kostenvergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 III. Weitere Unterschiede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 C. Ergebnis: Güterichter stehen in Konkurrenz zu Mediatoren . . . . . . . . . . . . . 89



Inhaltsverzeichnis11 2. Teil



Grundrechtlicher Schutz vor öffentlicher Konkurrenz 

93

4. Kapitel

Güterichtertätigkeit als Aufgabe der rechtsprechenden Gewalt? 

95

A. Gewaltenteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 I. Exkurs: Ursprünge der Idee der Gewaltenteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 II. Gewaltenteilung im Grundgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 B. Trennung der Rechtsprechung von anderen Gewalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 I. Rechtsprechungsmonopol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 II. Vorrang der staatlichen Gerichtsbarkeit vor der privaten Streitbeile­ gung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 III. Bindung des verfassungsändernden Gesetzgebers durch das Rechtspre­ chungsmonopol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 IV. Bindung des einfachen Gesetzgebers durch das Rechtsprechungsmono­ pol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 C. Rechtsprechende Gewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 I. Vorgrundgesetzlich-formeller Rechtsprechungsbegriff  . . . . . . . . . . . . . . 116 II. Verfassungsrechtlich-formeller Rechtsprechungsbegriff . . . . . . . . . . . . . 117 III. Auslegung durch das Bundesverfassungsgericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 1. Materielle Annäherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 2. Grundgesetzliche Rechtsprechungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 3. Traditioneller Kernbereich der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 4. Rechtsprechung in funktionellem Sinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 IV. Ansätze der Rechtslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 V. Zusammenfassung der Teilbereiche und Kritik der funktionellen Recht­ sprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 D. Ergebnis: Güterichtertätigkeit keine grundgesetzliche Aufgabe der Recht­ sprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 5. Kapitel

Grundrechtlicher Schutz von Mediatoren 

128

A. Wirtschaftsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 I. Wirtschaftsfreiheit in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsge­ richts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 II. Wirtschaftsfreiheit in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsge­ richts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 III. Verhältnis von Berufsfreiheit und Wettbewerbsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . 131 B. Eigentumsgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132

12

Inhaltsverzeichnis I. Verfassungsrechtliches Eigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 II. Betriebseigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134

C. Allgemeiner Gleichheitssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 D. Berufsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 I. Persönliche Schutzvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 II. Mediation als Beruf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 6. Kapitel

Grundrechtlicher Schutz vor öffentlicher Konkurrenz 

144

A. Zulässigkeit von öffentlicher Konkurrenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 I. Wirtschaftspolitische Offenheit und Gestaltungskompetenz . . . . . . . . . . 146 II. Möglichkeit der Sozialisierung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 III. Anerkannte Bundesunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 IV. Ergebnis: Kein grundsätzliches Verbot öffentlicher Konkurrenz . . . . . . 154 B. Schutz vor öffentlicher Konkurrenz durch die Berufsfreiheit . . . . . . . . . . . . 155 I. Schutz vor öffentlicher Konkurrenz in der Rechtsprechung des Bundes­ verwaltungsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 II. Theorie des engen Gewährleistungsgehalts der Berufsfreiheit . . . . . . . . 160 III. Unterscheidung von Staat und Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 IV. Konkurrenz als reales Phänomen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 V. Konkurrenzschutz in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsge­ richts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 VI. Freiheit der Berufswahl und der Berufsausübung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 C. Ergebnis: Grundrechtsschutz vor öffentlicher Konkurrenz durch die Berufs­ freiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 7. Kapitel

Eingriff durch Konkurrenz 

188

A. Öffentliche Konkurrenz anhand des rechtsförmigen Eingriffsbegriffs . . . . . 189 I. Rechtsförmiger Eingriffsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 II. Anwendung auf die öffentliche Konkurrenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 B. Öffentliche Konkurrenz anhand des nichtrechtsförmigen Eingriffsbegriffs . 191 I. Nichtrechtsförmiger Eingriffsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 II. Zurechnungskriterien  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 1. Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 2. Zielgerichtetheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 3. Lehre vom Handlungsunrecht und Beschränkung auf Vorhersehbar­ keit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 4. Normzwecktheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 5. Schutzbereichslösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204



Inhaltsverzeichnis13 6. Verstoß gegen einfaches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 7. Objektiv berufsregelnde Tendenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 8. Zusammenfassende Bewertung der Zurechnungskriterien . . . . . . . . . 209 III. Intensität der Beeinträchtigung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 1. Nachbarschafts- und Konkurrentenklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 2. Beeinträchtigung der Berufsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 3. Bagatellgrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 4. Beeinträchtigung durch öffentliche Konkurrenz . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 5. Zusammenfassende Bewertung der Intensitätsschwellen . . . . . . . . . . 220

C. Ergebnis: Tatsächliche Freiheitsverkürzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 8. Kapitel

Verfassungsrechtliche Grenzen des Güterichters 

225

A. Vorbehalt des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 B. Erfordernis des öffentlichen Zwecks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 I. Vorrang der Gesellschaft vor dem Staat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 II. Gewinnerzielung durch wirtschaftliche Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 III. Auslastung von bestehenden öffentlichen Unternehmen  . . . . . . . . . . . . 243 IV. Öffentliche Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 V. Einvernehmliche Konfliktbeilegung als öffentliche Aufgabe . . . . . . . . . 249 C. Übermaßverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 I. Anwendbarkeit des Übermaßverbots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 1. Übermaßverbot oder Dreistufentheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 a) Dreistufentheorie des Bundesverfassungsgerichts . . . . . . . . . . . . 256 b) Kritik der Dreistufentheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 2. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 II. Alternativen zur Einführung des Güterichters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 1. Einbindung außergerichtlicher Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 2. Förderung durch Kostenübernahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 3. Integrierte Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 4. Zusammenfassende Bewertung der Alternativansätze . . . . . . . . . . . . 268 III. Angemessenheit des Grundrechtseingriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 1. Gesetzgeberische Ziele und Interessen der Mediatoren . . . . . . . . . . . 271 2. Möglichkeiten der Abschwächung des Grundrechtseingriffs . . . . . . . 272 a) Gebührentatbestand für das Güterichterverfahren . . . . . . . . . . . . 272 b) Auslegung von § 69b GKG, § 61a FamGKG . . . . . . . . . . . . . . . 273 3. Abwägungsfehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 D. Ergebnis: Keine Grenzüberschreitung durch die Einführung des Güterichters . 275 Literaturverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 Sachverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313

Einleitung Mediation hat sich in ihrer heutigen Form ab den 1970er Jahren im ­ ereich der Familientherapie entwickelt.1 Dort ging es zunächst darum, B Eheleute und Paare bei Trennung und Scheidung zu unterstützen. In diesem Rahmen haben sich dann Verfahrensweisen und Grundsätze2 entwickelt, von denen sich schnell zeigte, dass sie keineswegs an den familiären Bereich gebunden sind. Sie lassen sich vielmehr auf andere Konfliktlagen übertra­ gen, was zunehmend auch geschehen ist. In der Folge hat sich Mediation von eher allgemeinen Verfahrensweisen und Grundsätzen hin zu einem vollständigen Verfahren entwickelt. Mittler­ weile wird es bei Konflikten in nahezu allen Bereichen genutzt, um einver­ nehmliche und dauerhafte Lösungen zu finden.3 Mediation hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten bemerkenswerte Aufmerksamkeit erfahren. Mittlerweile findet sich kaum ein praktisch ori­ entiertes (Rechts-)Handbuch, das nicht Mediation in dem jeweiligen Fach­ bereich vorstellt.4 Sie war beim 67. Deutschen Juristentag in Erfurt Thema5 und ist Gegenstand einiger rechtswissenschaftlicher Veröffentlichungen. Dass die Rechtslehre Mediation als Thema aufgenommen hat, ist wegen ihrer Herkunft und ihres Ansatzes nicht selbstverständlich. Denn immerhin ist in einer Mediation das Recht nur ein Maßstab von vielen.6 Es wird nicht gegen das Recht gearbeitet, aber die sich privatautonom ergebenden Spiel­ räume werden im besten Fall umfassend genutzt. Das wiederum soll Lö­ sungsmöglichkeiten eröffnen, die allen Beteiligten Rechnung tragen. 1  Bei Duss-v. Werdt, Einführung in Mediation, S. 12 ff. findet sich ein kurzer geschichtlicher Überblick. Vgl. auch Pielsticker, in: Fritz / Pielsticker (Hrsg.), Media­ tionsgesetz, Einleitung, Rdnr.  1 ff. 2  Ein Beispiel dafür ist der Grundsatz, dass ein Mediator „allparteilich“ sein soll. Das geht zurück auf Boszormenyi-Nagy / Spark, Unsichtbare Bindungen, S. 242, 404. 3  Vgl. die Inhaltsübersicht in Haft / v.  Schlieffen (Hrsg.), Handbuch Mediation. 4  Beispielhaft Nödl, Mediation – ein Weg zur nachhaltigen Lösung von Konflik­ ten, in: Härtel, (Hrsg.), Handbuch des Fachanwalts Agrarrecht, Kapitel  48; Mähler / Mähler, Außergerichtliche Streitbeilegung – Mediation, in: Büchting / Heussen (Hrsg.), Beck’sches Rechtsanwalts-Handbuch, § 47. 5  Vgl. Hess, Gutachten F zum 67. Deutschen Juristentag. 6  Kreissl, SchiedzVZ 2012, 230 [231 f.] sieht die Mediation als „Vorgänger des Rechts“.

16

Einleitung

Nachdem sich gezeigt hat, dass sich Konflikte nicht nur innerhalb der Gesellschaft, sondern auch im Verhältnis von Staat zu Bürger mit Mediation häufig zufriedenstellend lösen lassen, lag es nahe, dieses Verfahren in den staatlichen Bereich zu übernehmen. Als mediatives Verfahren wurde der Täter-Opfer-Ausgleich bereits 1990 in das Jugendgerichtsgesetz eingeführt.7 1994 erhielt dieser Ausgleichsgedanke auch Einzug als Milderungsgrund in das Strafgesetzbuch.8 Ein weiterer Entwicklungsschritt waren die Versuche, vollständige Me­ diationsverfahren in den staatlichen Bereich einzufügen. Der Bereich der Rechtsprechung bot sich dafür besonders an, denn dort waren und sind Konflikte der alltägliche Gegenstand. Und so wurde in Modellprojekten untersucht, wie sich bei Gericht anhängige Konflikte mit Mediation lösen lassen. Die so gewonnenen Erfahrungen wurden als so motivierend erlebt, dass der Gesetzgeber Mitte 2012 mit dem Güterichter ein Verfahren einge­ führt hat, das im Rahmen der Gerichtsorganisation der einvernehmlichen Konfliktlösung dient. Wenn Verfahren, die als Dienstleistung in der Gesellschaft begonnen ha­ ben und weiterhin angeboten werden, auf staatlicher Ebene Einzug halten, stellt sich die Frage nach den Regeln dieses Wettbewerbs. Diese Arbeit hat zum Gegenstand, die Situation von Mediatoren und Güterichter aus grund­ rechtlicher Sicht zu untersuchen. Die Untersuchung ist in zwei Teile gegliedert. Im ersten Teil wird die Frage behandelt, ob Güterichter und Mediatoren in Konkurrenz zueinander stehen. Dazu wird im ersten Kapitel dargestellt, was Mediation ist und wie sie sich von anderen Konfliktbeendigungsverfahren abgrenzen lässt. Im zweiten Kapitel werden die rechtlichen Grundlagen von Mediation und Güterichterverfahren dargestellt. Die Normen beruhen auf europäischen Richtlinienvorgaben, die zusammen mit dem deutschen Gesetzgebungsver­ fahren und folgend den derzeit gültigen Regelungen beschrieben werden. Im dritten Kapitel wird ein umfassender Vergleich von Mediation und Güterich­ terverfahren angestellt. Dazu werden zunächst die Tätigkeiten anhand von Modellen einander gegenübergestellt. Gleiches geschieht dann mit den rechtlichen Befugnissen von Mediatoren und Güterichter. Der erste Teil schließt mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse des Vergleichs ab. 7  § 10 Abs. 1 S. 3 Nr. 7 und § 45 Abs. 2 S. 2 JGG, eingeführt durch das Erste Gesetz zur Änderung des Jugendgerichtsgesetzes vom 30.  August 1990, BGBl. I 1990, S.  1853 ff. 8  § 46a StGB, eingeführt durch das Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches, der Strafprozeßordnung und anderer Gesetze (Verbrechensbekämpfungsgesetz) vom 28.  Oktober 1994, BGBl. I 1994, S. 3186 ff.



Einleitung17

Der zweite Teil der Arbeit bewertet das Ergebnis des ersten Teils aus grundrechtlicher Sicht. Es wird gefragt, ob durch die Einführung des Güte­ richters die Grundrechte der Mediatoren verletzt worden sind. Spiegelbild­ lich lässt sich fragen, welche Anforderungen die Grundrechte an das Güte­ richterverfahren stellen. Das beginnende vierte Kapitel behandelt die Vorfrage, ob es sich bei der Förderung von einvernehmlicher Konfliktlösung nicht um eine grundgesetz­ lich der rechtsprechenden Gewalt zugewiesene Aufgabe handelt. Wäre dem so, dann ließe sich die Aufgabenerfüllung grundrechtlich nicht abwehren. Die Zuweisung einer bestimmten Aufgabe an eine der Staatsgewalten setzt zunächst eine Trennung derselben voneinander voraus. Es wird zunächst untersucht, ob und wie weit das Grundgesetz die rechtsprechende Gewalt von den übrigen Gewalten trennt. Dann stellt sich die Frage, ob eine solche Trennung den Gesetzgeber, vielleicht sogar den verfassungsändernden Ge­ setzgeber bindet. Wenn dem so ist, dann müssen sich zum einen die grund­ gesetzlichen Rechtsprechungsaufgaben bestimmen lassen, zum anderen könnte der einfache Gesetzgeber diese Aufgabenzuweisung nicht verändern. Der rechtsprechenden Gewalt übertragene Aufgaben, die nicht durch das Grundgesetz zugewiesen worden sind, müssten sich dann am Verfassungs­ recht und besonders an den Grundrechten messen lassen. Im fünften Kapitel wird diskutiert, auf welche Grundrechte sich die Me­ diatoren berufen können. Es werden die klassischen Wirtschaftsgrundrechte behandelt, wie die Wirtschaftsfreiheit, die Eigentumsgarantie, der allgemei­ ne Gleichheitssatz und die Berufsfreiheit. Dabei muss auch geklärt werden, wie diese Grundrechte zueinander stehen. Das sechste Kapitel beginnt mit der Frage, ob öffentliche Konkurrenz überhaupt eine zulässige staatliche Handlungsform ist. Daran könnte man zweifeln, wenn man dem Grundgesetz ein Verbot von Markteingriffen ent­ nehmen könnte. Den Hauptteil dieses Kapitels bildet die Prüfung, ob es einen grundrechtlichen Schutz vor öffentlicher Konkurrenz gibt. Dabei geht es um die Auslegung der Berufsfreiheit. Es wird mit der Darstellung der Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts begonnen, die dann kritisch gewür­ digt wird. Schließlich wird die Frage anhand der Gewährleistung von Be­ rufsausübung und Berufswahl beantwortet. Im siebten Kapitel geht es um den Eingriff durch Konkurrenz. Es wird gefragt, welche Voraussetzungen an einen solchen Grundrechtseingriff zu stellen sind. Die ursprüngliche Eingriffsvorstellung knüpft an die Rechtsför­ migkeit des Staatshandelns an. Der Fall öffentlicher Konkurrenz, die nicht in Form eines Rechtsmonopols auftritt, wird somit nicht erfasst. Die Vor­ aussetzungen des nichtrechtsförmigen Eingriffsbegriffs werden aber häufig als zu weit bewertet, weshalb Versuche unternommen werden, die Weite

18

Einleitung

durch zusätzliche Merkmale einzuschränken. Es wird sich jedoch zeigen, dass die Voraussetzungen des Eingriffsbegriffs von der zugrunde liegenden Vorstellung von grundrechtlicher Freiheit abhängen. Das abschließende achte Kapitel behandelt die Frage, welchen grund­ rechtlichen Anforderungen das Güterichterverfahren genügen muss. Es wird zunächst geprüft, ob der Vorbehalt des Gesetzes eingehalten worden ist. Das wirft die Frage auf, was der Anknüpfungspunkt desselben ist – die Auswir­ kungen oder das staatliche Handeln. Dann muss entschieden werden, ob das mit der Einführung des Güterichters verfolgte Ziel, einvernehmliche Kon­ fliktlösung zu fördern, aus verfassungsrechtlicher Sicht zulässig ist. Das knüpft an die Frage an, was der Zweck staatlichen Handelns ist und ob sich dieser näher bestimmen lässt. Schließlich wird geprüft, ob die Einführung des Güterichters dem Übermaßverbot genügt. Aus der Sicht der Grundrechtsträger geht es damit um die Frage, wie weit der Schutz der Grundrechte reicht. Für den Staat bedeutet die gleiche Frage, welchen grundrechtlichen Anforderungen sein Handeln genügen muss.

1. Teil

Konkurrenz zwischen Güterichter und Mediatoren

1. Kapitel

Mediation als Konfliktbeilegungsverfahren Erleben Menschen Konflikte, stehen ihnen verschiedene Möglichkeiten der Reaktion offen.1 Sie können im Konflikt einseitig nachgeben und ihn damit auf sich beruhen lassen. Das ist häufig den Betroffenen aus verschie­ denen Gründen nicht möglich oder erscheint ihnen nicht angemessen. Ge­ genteilig können sie versuchen, sich einseitig durchzusetzen. Zwischen diesen beiden Möglichkeiten gibt es eine große Auswahl an Verfahren, die eine Konfliktlösung oder Konfliktbeendigung zum Gegenstand haben. Zu denken ist jedenfalls an den Gerichtsprozess, aber auch ein Schiedsverfah­ ren oder eine Schlichtung kommen in Betracht. Neu hinzugekommen ist das Güterichterverfahren, das sich inhaltlich vom Gerichtsprozess abhebt und eine einvernehmliche Beendigung des Konflikts anstrebt. Ein weiteres Konfliktlösungsverfahren ist die Mediation. Ziel einer Me­ diation ist es, einen bestehenden Konflikt zu lösen, indem die Beteiligten eigene Lösungen finden, die ihren Anliegen gerecht werden. Es sollen sich möglichst alle Beteiligten in der abschließenden Vereinbarung wiederfinden. Mediation wird als Dienstleistung von Mediatoren angeboten. Sowohl die Mediatoren wie auch die Medianden als Auftraggeber machen ihrem Eigen­ verständnis nach von ihrer grundrechtlich geschützten Freiheit Gebrauch. Im fünften Kapitel wird dieser Punkt aufgegriffen und untersucht, ob es sich bei der Tätigkeit der Mediatoren tatsächlich um einen frei auszuübenden Beruf handelt. Zuvor muss aber im vierten Kapitel geklärt werden, ob Me­ diation nicht den Richtern vorbehalten ist, weil es durchaus Bezüge zu Tätigkeiten der Rechtsprechung gibt. Diese Arbeit behandelt die Frage, ob der Tätigkeit der Mediatoren staat­ liche Konkurrenz gegenübersteht. Falls dem so ist, schließt sich die recht­ liche Bewertung dieser Konkurrenz an. Mediation durch Mediatoren bildet somit den Ausgangspunkt. Darum wird in diesem Kapitel zunächst eine Beschreibung von Mediation als Konfliktlösungsverfahren gegeben. Es wer­ 1  Vgl. hierzu Montada / Kals, Mediation, S. 31 ff.; Duve / Eidenmüller / Hacke, Me­ diation in der Wirtschaft S. 41 ff.; Heussen, Die Auswahl des richtigen Verfahrens  – ein Erfahrungsbericht, in: Haft / v.  Schlieffen (Hrsg.), Handbuch Mediation, § 10, Rdnr.  1 ff.; Strempel, Recht und Politik 1981, 56 [57 ff.].

22

1. Kap.: Mediation als Konfliktbeilegungsverfahren

den die bestimmenden Verfahrensgrundsätze und Verfahrensunterscheidun­ gen dargestellt. Daraufhin werden sowohl eine Abgrenzung wie auch ein Vergleich zu anderen Verfahren mit ähnlicher Zielsetzung unternommen. Die Abgrenzung und der Vergleich mit anderen Konfliktlösungsverfahren erfüllen zwei Auf­ gaben. Zum einen werden dadurch die wesentlichen Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Mediation und anderen Konfliktlösungsverfahren deutlich. Das ermöglicht, Mediation in einen Situationszusammenhang zu stellen und verorten zu können. Gleichzeitig soll damit untersucht werden, ob es hoheitliche Verfahren gibt, die wegen ihrer Ähnlichkeit in Konkurrenz zu Mediation treten kön­ nen. Ein solches Verfahren kann dann den Schwerpunkt eines ausführlichen Vergleichs im darauf folgenden dritten Kapitel bilden, der weiter aufgefä­ chert die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Verfahren untersucht. Die Bestimmung des Untersuchungsgegenstandes ist damit die zweite Aufgabe der Verfahrensabgrenzung und des Vergleichs in diesem Kapitel.

A.  Begriffsbestimmung Mediation Mediation ist ein Verfahren, das Konfliktparteien dabei unterstützen soll, ihren Konflikt selbst und einvernehmlich zu lösen.2 Die Konfliktlösung durch Mediation beruht darauf, dass die Medianden gemeinsam Lösungen finden, die über die gegenseitig bekannten und geltend gemachten Positio­ nen hinausgehen.3 In einer Mediation wird versucht, einen Ausgleich zwi­ schen den hinter diesen verfestigten Positionen liegenden Interessen zu er­ reichen. Damit sind häufig Lösungen möglich, die den Beteiligten gleicher­ maßen gerecht werden.

I.  Position und Interesse Das wichtigste Verfahrensmerkmal einer Mediation ist die Unterschei­ dung von Positionen und Interessen. Als Positionen werden die bestimmten, 2  Für eine ausführliche Beschreibung von Mediation sei beispielsweise das Lehr­ buch von Montada / Kals, Mediation, genannt. Hervorragend ist auch Diez, Werk­ stattbuch Mediation. Eher juristisch geprägt ist von v.  Schlieffen / Ponschab / Rüssel / Harms, Mediation und Streitbeilegung, Verhandlungstechnik und Rhetorik. Weit mehr als ein Glossar ist Dulabaum, Mediation: Das ABC. 3  Duve / Eidenmüller / Hacke, Mediation in der Wirtschaft S. 47. Vgl. Koch, Me­ diation im internationalen Streit, in: Bachmann / Breidenbach / Coester-Waltjen / Heß /  Nelle / Wolf (Hrsg.), Festschrift Schlosser, S. 399 [404].



A. Begriffsbestimmung Mediation23

gegenseitig geltend gemachten Forderungen verstanden.4 Interessen sind die dahinterliegenden Beweggründe und Motivationen, die dazu geführt haben, dass eine bestimmte Forderung gestellt worden ist. Mediation wird basie­ rend auf dieser Unterscheidung als interessengeleitetes Verfahren verstan­ den.5 Weil Positionen und Interessen häufig nicht deckungsgleich sind, lässt sich der Verhandlungsraum der Medianden dadurch erweitern, dass die In­ teressen herausgearbeitet werden.6 In Konflikten kommt es jedoch in der Regel zu keinem Austausch über die Interessen, sondern nur über die Posi­ tionen. Darum ist es das Hauptanliegen von Mediation, ausgehend von der Unterscheidung von Positionen und Interessen, die Interessen herauszuar­ beiten und die Lösungsverhandlung auf dieser veränderten Grundlage statt­ finden zu lassen. Damit die Medianden ihre Interessen offenlegen können, gibt es einerseits eine anerkannte Verfahrensstruktur und andererseits inhalt­ liche Verfahrensgrundsätze.

II.  Verfahrensstruktur Mediation ein stark strukturiertes Verfahren. Die einzelnen Verfahrens­ schritte, die gegen Ende zu Konfliktlösungen führen sollen, werden in der Regel zu Mediationsphasen zusammengefasst.7 Zunächst geht es in der 4  Duve / Eidenmüller / Hacke,

Mediation in der Wirtschaft S. 46 f., 168. Mediation, S. 57, 71 ff., 104; Duve / Eidenmüller / Hacke, Media­ tion in der Wirtschaft S. 168 ff.; v.  Schlieffen / Ponschab / Rüssel / Harms, Mediation und Streitbeilegung, Verhandlungstechnik und Rhetorik, S. 3, 18 f., 187 ff.; Breidenbach, Vermittlung von Recht im Konflikt, in: Bachmann / Breidenbach / CoesterWaltjen / Heß / Nelle / Wolf (Hrsg.), Festschrift Schlosser, S. 83 [92]; Koch, Mediation im internationalen Streit, in: Bachmann / Breidenbach / Coester-Waltjen / Heß / Nel­ le / Wolf (Hrsg.), Festschrift Schlosser, S. 399 [404]; Kilian / Wielgosz, ZZP Int 9 (2004), 355 [356]. Die Konzentration auf Interessen ist das wesentliche Merkmal einer Mediation. Damit unterscheidet sie sich auch von anderen Verhandlungsformen, was bei Hager, Konflikt und Konsens, S. 42 f. nicht ganz deutlich wird. 6  Kessen / Troja, Die Phasen und Schritte der Mediation als Kommunikationspro­ zess, in: Haft / v.  Schlieffen (Hrsg.), Handbuch Mediation, § 13, Rdnr.  26. Vgl. auch Duve / Eidenmüller / Hacke, Mediation in der Wirtschaft S. 46 ff. 7  Zu vier Phasen fassen v.  Schlieffen / Ponschab / Rüssel / Harms, Mediation und Streitbeilegung, Verhandlungstechnik und Rhetorik, S. 22 ff. die Verfahrensschritte zusammen. Fünf Phasen unterscheiden Montada / Kals, Mediation, S. 247 f.; Kopp / Schenke, VwGO, § 1 VwGO, Rdnr.  34. In sechs Phasen unterteilen Kessen / Troja, Die Phasen und Schritte der Mediation als Kommunikationsprozess, in: Haft / v.  Schlieffen (Hrsg.), Handbuch Mediation, § 13, Rdnr.  4 ff.; Duve / Eidenmüller / Hacke, Mediation in der Wirtschaft S. 78 ff.; 5  Montada / Kals,

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1. Kap.: Mediation als Konfliktbeilegungsverfahren

Anfangsphase darum, den Auftrag und die Erwartungen der Medianden an den Mediator zu klären. Dazu gehört auch, die vertraglichen Grundlagen für die Zusammenarbeit zu schaffen und gemeinsam zu entscheiden, ob weitere Personen an der Mediation beteiligt werden sollen.8 Darauf folgt der Beginn der inhaltlichen Arbeit. In diesem Abschnitt geht es zunächst darum, die Anliegen und Konfliktpunkte der Beteiligten stich­ wortartig zu erfassen. Der Konflikt soll in einzelne Themen zerlegt werden, die nach Ansicht der Medianden in der Abschlussvereinbarung geregelt werden müssen.9 Diese Phase ist noch nicht dafür da, dass es zu einer ausführlichen Darstellung der Konfliktansichten kommt. Die Konfliktstruk­ tur und die Konfliktauswirkungen werden erst nach der Themensammlung weiter behandelt.10 Die gefundenen Themen werden daraufhin gewichtet und in eine Reihenfolge gebracht, die die inhaltliche Struktur für die fol­ gende Arbeit bestimmt. Jedes Thema der erstellten Themenliste wird in der nachfolgenden Phase getrennt behandelt. Es geht in dieser darum, dass die Beteiligten deutlich machen, welche Anliegen sie mit dem gerade behandelten Thema verbin­ den. Das ist die wichtigste und zugleich schwierigste Phase des Verfah­ rens11: Es werden die Konfliktgründe näher betrachtet – soweit es für das Finden von Lösungen notwendig ist.12 Dazu gehören die Motivationen für Tochtermann, JuS 2005, 131 [132 ff.]; Weigel, Konfliktmanagement in der öffent­ lichen Verwaltung des aktivierenden Staates mit Transaktionsanalyse und transak­ tionsanalytisch fundierter Mediation, S. 130 ff.; Hösl, Mediation – die erfolgreiche Konfliktlösung, S. 75 ff.; Etscheit, in: Fritz / Pielsticker (Hrsg.), Mediationsgesetz, Methodik und Anwendungsbereiche der Mediation II, Rdnr.  35 ff. Wenn sich die Phasen auch zahlenmäßig unterscheiden, sind sie inhaltlich weit­ gehend deckungsgleich. Vgl. dazu die Reflexion dieser Phasenmodelle bei Glasl, Konfliktmanagement, S. 475. Vgl. zu der Kommunikation in den einzelnen Phasen Bäumerich, Vergangenheit als Mediationsressource, S. 41 ff. 8  Kessen / Troja, Die Phasen und Schritte der Mediation als Kommunikationspro­ zess, in: Haft / v.  Schlieffen (Hrsg.), Handbuch Mediation, § 13, Rdnr.  11 ff., insbes. 12, 19; Duve / Eidenmüller / Hacke, Mediation in der Wirtschaft S. 78, 115 ff., 279. 9  Kessen / Troja, Die Phasen und Schritte der Mediation als Kommunikationspro­ zess, in: Haft / v.  Schlieffen (Hrsg.), Handbuch Mediation, § 13, Rdnr.  20; Duve / Eidenmüller / Hacke, Mediation in der Wirtschaft S. 79. 10  Kessen / Troja, Die Phasen und Schritte der Mediation als Kommunikationspro­ zess, in: Haft / v.  Schlieffen (Hrsg.), Handbuch Mediation, § 13, Rdnr.  20. 11  Kessen / Troja, Die Phasen und Schritte der Mediation als Kommunikationspro­ zess, in: Haft / v. Schlieffen (Hrsg.), Handbuch Mediation, § 13, Rdnr. 26 nennen die Interessenklärung das „Herzstück der Mediation“. Dort auch ausführliche Hinweise zum Ablauf dieser Phase und den hilfreichen und notwendigen Gesprächstechniken. Vgl. auch Gläßer / Kirchhoff, ZKM 2005, 130. Dazu weiter Bäumerich, Vergangen­ heit als Mediationsressource, S. 45 ff. 12  Duve / Eidenmüller / Hacke, Mediation in der Wirtschaft S. 79 f., 167 ff.



A. Begriffsbestimmung Mediation

25

die gestellten Forderungen wie auch sich unterscheidende Gerechtigkeits­ überzeugungen13 und Wertesysteme14.15 Erst wenn die Interessen offengelegt und von dem Anderen verstanden worden sind, kann sich die Lösungsphase anschließen. Ihr Ziel ist es, dass die Medianden eigenständig Lösungsoptionen entwickeln, die den herausge­ arbeiteten Interessen am besten gerecht werden.16 Denn in der Regel lassen sich die Anliegen der Medianden mit weitaus mehr und anderen Lösungen befriedigen, als die zu Beginn gestellten Forderungen.17 Das weitet den Verhandlungsspielraum deutlich und schafft den Medianden Wahlmöglich­ keiten.18 Sind Lösungsmöglichkeiten gesammelt worden, beginnt die letzte Phase der Mediation mit der Verhandlung über die gesammelten Lösungsalternati­ ven. Hier sollen die Medianden Lösungen auswählen, die den Interessen möglichst aller Konfliktbeteiligter gerecht werden.19 Wenn in der vorange­ gangenen Phase ausreichend und verschiedene Lösungsmöglichkeiten entwi­ ckelt worden sind, geschieht das in der Regel auch. Wenn die Medianden Lösungen für ihren Konflikt vereinbart haben, werden diese häufig schrift­ lich festgehalten.20 Abschließend kann noch geklärt werden, ob die Median­ den eine andere rechtliche Fassung der Mediationsvereinbarung wünschen21 und ob sie eine Nachbesprechung vereinbaren möchten. Damit endet die Mediation.

13  Montada / Kals,

Mediation, S. 128 ff. Mediation, S. 104 ff. 15  Vgl. auch die Konflikttypisierung von Duve / Eidenmüller / Hacke, Mediation in der Wirtschaft S. 15 ff., die zwischen Sachkonflikten, Wert- und Grundsatzkonflik­ ten, Strategiekonflikten, Verteilungskonflikten und Beziehungskonflikten unterschei­ den. 16  Kessen / Troja, Die Phasen und Schritte der Mediation als Kommunikationspro­ zess, in: Haft / v.  Schlieffen (Hrsg.), Handbuch Mediation, § 13, Rdnr.  46 ff.; Duve / Eidenmüller / Hacke, Mediation in der Wirtschaft S. 80, 187 ff. 17  Kessen / Troja, Die Phasen und Schritte der Mediation als Kommunikationspro­ zess, in: Haft / v.  Schlieffen (Hrsg.), Handbuch Mediation, § 13, Rdnr.  26. 18  Bäumerich, Vergangenheit als Mediationsressource, S. 48 f. 19  Kessen / Troja, Die Phasen und Schritte der Mediation als Kommunikationspro­ zess, in: Haft / v.  Schlieffen (Hrsg.), Handbuch Mediation, § 13, Rdnr.  66. 20  Kessen / Troja, Die Phasen und Schritte der Mediation als Kommunikationspro­ zess, in: Haft / v.  Schlieffen (Hrsg.), Handbuch Mediation, § 13, Rdnr.  75. 21  Beispielsweise eine vollstreckbare Ausfertigung, vgl. Duve / Eidenmüller / Hacke, Mediation in der Wirtschaft S. 263. 14  Montada / Kals,

26

1. Kap.: Mediation als Konfliktbeilegungsverfahren

III.  Verfahrensgrundsätze Die dargestellte Verfahrensstruktur gibt den Ablauf einer Mediation wie­ der. Inhaltlich wird das Verfahren durch Verfahrensgrundsätze eingegrenzt.22 Zu diesen Grundsätzen zählen die Freiwilligkeit der Beteiligten, an der Mediation teilzunehmen; die Selbstverantwortlichkeit, den Konflikt eigen­ verantwortlich zu lösen; die Informiertheit aller Beteiligten und die Vertrau­ lichkeit und Ergebnisoffenheit der Mediation. Ebenso sind die Neutralität und Allparteilichkeit des Mediators zwingende Voraussetzungen. Dem Leitbild einer Mediation nach nehmen die Beteiligten freiwillig an dem Verfahren teil.23 Das Verfahren beginnt nur auf Wunsch aller Beteiligten, es kann auch niemand zu einer Beteiligung gezwungen werden. Eine Nicht­ beteiligung hat keine Auswirkungen. Das unterscheidet Mediation etwa von einem Gerichtsverfahren. Ein Gerichtsprozess kann auch gegen den Willen eines anderen begonnen werden. Die Teilnahme an diesem kann in der Regel nicht erzwungen werden, allerdings kann die Nichtteilnahme Auswirkungen auf die eigenen Rechtspositionen haben. Bezogen auf die Freiwilligkeit der Teilnahme steht zwischen Mediation und einem Gerichtsprozess das Schieds­ verfahren. Bei diesem haben sich die Beteiligten freiwillig dazu verpflichtet, ein solches durchzuführen.24 In der Regel kann das Schiedsgericht von nur einem Beteiligten angerufen werden, sodass zwar die ursprüngliche Ver­ pflichtung, aber nicht die folgende Teilnahme mehr freiwillig ist. Der Grundsatz der Freiwilligkeit ist auf das zu erreichende Ziel des Ver­ fahrens, eine einvernehmliche Konfliktlösung, ausgerichtet. Eine erzwunge­ ne Beteiligung an einer Mediation wird in der Regel verhindern, dass die Beteiligten miteinander eine einvernehmliche und dauerhafte Lösung aus­ handeln.25 Die Freiwilligkeit des Verfahrens ist damit ein Baustein, auf den Mediation im Gegensatz zu Verfahren, die mit einer Entscheidung durch einen Dritten enden, nicht verzichten kann. Das knüpft an den Grundsatz der Selbstverantwortlichkeit an.26 Die Be­ teiligten sollen ihren Konflikt nicht in fremde Hände abgeben, sondern sich 22  Beispielhaft Kracht, Rolle und Aufgabe des Mediators, in: Haft / v.  Schlieffen (Hrsg.), Handbuch Mediation, § 12, Rdnr.  98 ff. 23  Dazu Kracht, Rolle und Aufgabe des Mediators, in: Haft / v. Schlieffen (Hrsg.), Handbuch Mediation, § 12, Rdnr.  99 ff.; v.  Schlieffen / Ponschab / Rüssel / Harms, Me­ diation und Streitbeilegung, Verhandlungstechnik und Rhetorik, S. 29 ff. 24  Duve / Eidenmüller / Hacke, Mediation in der Wirtschaft S. 56 f. 25  Dazu kritisch Marx, ZKM 2010, 132 [134 ff.], der empirisch belegt, dass der Erfolgsanteil von freiwilliger und durch amerikanische Gerichte angeordneter Medi­ ation ähnlich hoch ist. Vgl. ähnlich Conen / Cecchin, Wie kann ich Ihnen helfen, mich wieder loszuwerden?



A. Begriffsbestimmung Mediation27

selbst um eine angemessene Lösung bemühen.27 Das ist zum einen der Überzeugung geschuldet, dass die Parteien ihren Konflikt und die damit verbundenen Lösungsmöglichkeiten am besten kennen. Davon ausgehend wird eine fremd entschiedene Lösung oftmals am bestmöglichen Ergebnis vorbeigehen.28 Zudem entspricht es dem Menschenbild der Mediation, die Parteien ernst zu nehmen und ihre Selbstbestimmung durch die eigenstän­ dige Konfliktlösung zu wahren. 26

Damit die Beteiligten eigene Lösungen entwickeln können, müssen sie die entscheidungs- und verhandlungserheblichen Tatsachen kennen.29 Sie sollen gemeinsam – kreativ – Lösungen entwickeln, die auch dem Anliegen der anderen Beteiligten Rechnung tragen. Dazu müssen sie die gegenseiti­ gen Anliegen kennen. Das ist jedenfalls zu Verfahrensbeginn nicht selbst­ verständlich, denn der andauernde Konflikt hält sie häufig davon ab, die eigenen Interessen offenzulegen.30 Neben den persönlichen Anliegen können auch weitere Informationen in das Verfahren gebracht werden. Dafür gelten in der Mediation keine beson­ deren Fristen oder andere Vorgaben. Auch findet keine Würdigung durch einen Dritten statt, sondern die Informationen sind die Verhandlungsgrund­ lage für die Beteiligten. Die Informiertheit schließt zudem ein, dass die Beteiligten ihre Rechtsan­ sprüche kennen.31 Auf diese sollen sie nicht – weil unbekannt – verzichten. Anderenfalls könnte das Gefühl der Übervorteilung die befriedigende Wir­ kung der gefundenen Lösung entfallen lassen.32 Häufig braucht es deswegen auch eine Rechtsberatung der Medianden. Nur eine informierte Entschei­ dung und Verhandlung wird auf Dauer Bestand haben. Mediation ist ein nicht öffentliches Verfahren. Die Beteiligten bestimmen im Einvernehmen, mit wem sie eine Mediation durchführen wollen. Das 26  Dazu Kracht, Rolle und Aufgabe des Mediators, in: Haft / v. Schlieffen (Hrsg.), Handbuch Mediation, § 12, Rdnr.  102 ff. 27  v.  Schlieffen / Ponschab / Rüssel / Harms, Mediation und Streitbeilegung, Ver­ handlungstechnik und Rhetorik, S. 25 ff. 28  Vgl. Kracht, Rolle und Aufgabe des Mediators, in: Haft / v.  Schlieffen (Hrsg.), Handbuch Mediation, § 12, Rdnr.  107; Duve / Eidenmüller / Hacke, Mediation in der Wirtschaft S. 47. 29  Dazu Kracht, Rolle und Aufgabe des Mediators, in: Haft / v. Schlieffen (Hrsg.), Handbuch Mediation, § 12, Rdnr.  114 ff.; v.  Schlieffen / Ponschab / Rüssel / Harms, Mediation und Streitbeilegung, Verhandlungstechnik und Rhetorik, S. 31 f. 30  Duve / Eidenmüller / Hacke, Mediation in der Wirtschaft S. 59. 31  Breidenbach, Vermittlung von Recht im Konflikt, in: Bachmann / Breiden­ bach / Coester-Waltjen / Heß / Nelle / Wolf (Hrsg.), Festschrift Schlosser, S. 83 [92]. 32  v.  Schlieffen / Ponschab / Rüssel / Harms, Mediation und Streitbeilegung, Ver­ handlungstechnik und Rhetorik, S. 31.

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1. Kap.: Mediation als Konfliktbeilegungsverfahren

Verfahren ist grundsätzlich geschlossen. Entsprechend gilt der Grundsatz der Vertraulichkeit.33 Eine Weitergabe von Informationen aus dem Verfahren soll grundsätzlich nicht geschehen, und wenn doch, dann nur mit der Zu­ stimmung aller Beteiligter.34 Dadurch soll eine Gesprächsatmosphäre entste­ hen, in der alle Tatsachen und Anliegen offengelegt werden können.35 Ver­ traulichkeit ist damit eine Bedingung für Informiertheit. Die Aufgabe des Mediators ist es, darauf zu achten, dass die genannten Grundsätze in der Mediation eingehalten werden. Er garantiert den Verfah­ rensrahmen36 und trifft daran ausgerichtet Entscheidungen über den Ge­ sprächsablauf. Inhaltlich ist er jedoch weder verantwortlich noch beteiligt. Die inhaltliche Gestaltung wie auch die Gestaltung von Lösungsoptionen und die abschließende Vereinbarung eines Ergebnisses liegt alleine in den Händen der Medianden. Hierauf übt der Mediator keinen Einfluss aus.37 Insbesondere entscheidet er den Konflikt nicht.38 Die inhaltliche Nichtbeteiligung und damit eine mögliche Gleichgültig­ keit des Mediators gegenüber den Verhandlungsergebnissen wird nicht ein­ 33  Dazu Kracht, Rolle und Aufgabe des Mediators, in: Haft / v. Schlieffen (Hrsg.), Handbuch Mediation, § 12, Rdnr.  120 ff.; v.  Schlieffen / Ponschab / Rüssel / Harms, Mediation und Streitbeilegung, Verhandlungstechnik und Rhetorik, S. 32 ff. 34  Mit dem Anspruch, ein vertrauliches Verfahren zu sein, sind mehrere Schwie­ rigkeiten verbunden. Zum einen, dass bei Scheitern der Mediation Informationen, die erst in der Mediation offengelegt worden sind, vor Gericht verwendet werden könnten. Ebenso könnten die Beteiligten, insbesondere der Mediator, als Zeugen für die dort gemachten Aussagen benannt werden. Eine Möglichkeit, diesen möglichen Gefahren für die zugesagte Vertraulichkeit zu begegnen, sind Prozessverträge. Ge­ ständnisverträge sollen den Vortrag von Informationen, Beweismittelverträge die Vorlage von Beweismitteln aus der Mediation unmöglich machen. Die Prozessver­ träge bringen ihrerseits die Schwierigkeit mit, dass sie nicht gegenüber Dritten gelten, ebenso können sie zu streng sein, vgl. Eckardt / Dendorfer, MDR 2001, 786 [791]. Dazu Hager, Schutz der Vertraulichkeit bei der Mediation, in: Schwenzer / Ha­ ger (Hrsg.), Festschrift Schlechtriem, S. 53 [62 ff.]; Groth / v.  Bubnoff, NJW 2001, 338 [340 ff.]; Eckardt / Dendorfer, MDR 2001, 786 [787 ff.]. Mit der durch das Me­ diationsgesetz eingeführten Verschwiegenheitspflicht des Mediators ist zumindest die Möglichkeit seiner Inpflichtnahme als Zeuge gesetzlich geregelt worden. 35  Prütting, JZ 2008, 847 [850 f.]. 36  Vgl. Kracht, Rolle und Aufgabe des Mediators, in: Haft / v.  Schlieffen (Hrsg.), Handbuch Mediation, § 12, Rdnr.  70; Duve / Eidenmüller / Hacke, Mediation in der Wirtschaft S. 87; v.  Schlieffen / Ponschab / Rüssel / Harms, Mediation und Streitbeile­ gung, Verhandlungstechnik und Rhetorik, S. 39 f. 37  Ohne Zweifel kann man auch durch Verfahrensentscheidungen inhaltlichen Einfluss ausüben, vgl. Montada / Kals, Mediation, S. 63. Aus diesem Grund ist die Neutralität des Mediators wichtige Verfahrensvoraussetzung. 38  Breidenbach, Vermittlung von Recht im Konflikt, in: Bachmann / Breiden­ bach / Coester-Waltjen / Heß / Nelle / Wolf (Hrsg.), Festschrift Schlosser, S. 83 [92]. Vgl. auch Wesel, NJW 2002, 415 [416].



A. Begriffsbestimmung Mediation29

hellig als angemessen empfunden. Insoweit stehen sich zwei Vorstellungen gegenüber, namentlich die der passiven und die der aktiven Mediation.39 Im Rahmen einer passiven Mediation lehnt der Mediator jede Verantwor­ tung für das erzielte Ergebnis ab.40 Das bedeutet, dass er keine Sorge dafür trägt, dass alle Konfliktbetroffenen beteiligt werden. Auch interve­ niert er nicht, sobald einzelne Mediationsparteien übervorteilt werden.41 Diese Haltung wird mit dem Prinzip der Selbstverantwortlichkeit der Me­ dianden, über die sich der Mediator nicht stellen solle, und der Unabhän­ gigkeit des Mediators begründet.42 Der Vorstellung von der passiven Me­ diation nach ist die Rolle des Mediators auf die Schaffung eines Ge­ sprächsrahmens beschränkt und darf sich dabei nicht an inhaltlichen Vor­ kommnissen orientieren. Doch besonders der fehlende Schutz der Beteiligten durch den Mediator wird häufig kritisch beurteilt. Aus diesem Grund hat sich neben der passi­ ven Mediation die vorherrschende Vorstellung43 der aktiven Mediation44 entwickelt. Dieser nach sind Verfahrenseingriffe des Mediators zum Schutz einer von Übervorteilung bedrohten Partei grundsätzlich zulässig und Teil des Ethos des Mediators.45 Die Verfahrensgestaltung kann sich dieser Vor­ stellung nach auch an inhaltlichen Gegebenheiten orientieren, indem bei­ spielsweise bei einem Verhandlungsungleichgewicht46 der unterlegenen 39  Vgl. insoweit Kracht, Rolle und Aufgabe des Mediators, in: Haft / v.  Schlieffen (Hrsg.), Handbuch Mediation, § 12, Rdnr.  102 ff.; v.  Schlieffen / Ponschab / Rüssel / Harms, Mediation und Streitbeilegung, Verhandlungstechnik und Rhetorik, S. 25 ff. 40  Die Lehre von der passiven Mediation geht zurück auf Cormick, The Environ­ mental Professional Vol. 2, 1980, S. 24. Vgl. v.  Schlieffen / Ponschab / Rüssel / Harms, Mediation und Streitbeilegung, Verhandlungstechnik und Rhetorik, S. 25 f.; Gaßner / Holznagel / Lahl, Mediation, S. 21 ff. 41  Kracht, Rolle und Aufgabe des Mediators, in: Haft / v.  Schlieffen (Hrsg.), Handbuch Mediation, § 12, Rdnr.  103 ff. 42  Cormick, The Environmental Professional Vol. 2, 1980, S. 24 [29]. 43  So bei Risse / Wagner, Mediation im Wirtschaftsrecht, in: Haft / v.  Schlieffen (Hrsg.), Handbuch Mediation, § 23, Rdnr.  93 ff.; Montada / Kals, Mediation, S. 70 f.; Mähler / Mähler, Mediation in der Praxis, in: Duss-v. Werdt / Mähler / Mähler (Hrsg.), Mediation: Die andere Scheidung, S. 129 [133]. 44  Die Gedanken der aktiven Mediation werden unter anderem auf Susskind /  Cruikshank, Breaking the Impasse und das Program on Negotiation an der Harvard Law School (dazu Fisher / Ury / Patton, Das Harvard Konzept) zurückgeführt, vgl. Gaßner / Holznagel / Lahl, Mediation, S. 24 ff. 45  Vgl. v.  Schlieffen / Ponschab / Rüssel / Harms, Mediation und Streitbeilegung, Verhandlungstechnik und Rhetorik, S. 26 ff. 46  Zu den verschiedenen Formen von Verhandlungsmacht vgl. Hager, Konflikt und Konsens, S. 72 ff.

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1. Kap.: Mediation als Konfliktbeilegungsverfahren

Partei mehr Gesprächszeit eingeräumt wird oder im Fall einer drohenden Übervorteilung eine Beratung empfohlen wird.47 Bei der Entscheidung, ob die passive oder die aktive Mediationshaltung vorzugswürdig ist, kommt es insbesondere auf das Verständnis des für den Mediator maßgeblichen Verfahrensgrundsatzes an: Wenn sich seine Ent­ scheidungsbefugnis auch nur auf den Verfahrensrahmen und den Verfah­ rensablauf bezieht, ist das bestimmende und zwingende Merkmal des Me­ diators seine Neutralität48. Er soll keinem Mediand verpflichtet sein, sondern die Verfahrensentscheidungen unparteiisch treffen. Denn erleben die Me­ dianden den Mediator als parteiisch, werden sie ihre Anliegen kaum offen­ legen, sondern das Verfahren bald beenden. Wenn der Mediator in den Gesprächsverlauf eingreift, stellt sich jedoch die Frage nach seiner Neutralität.49 Die Neutralität des Mediators kann jedoch nicht als Gleichgültigkeit, sondern muss als Parteinahme für alle Beteiligten gleichermaßen verstanden werden. Das kommt der Vorstellung der Median­ den entgegen, die vom Mediator in der Regel auch die Garantie eines – im Einzelfall schwer zu bestimmenden – Gerechtigkeitsrahmen erwarten. Ohne diesen ethischen Bezug würde Mediation als Konfliktlösungsverfahren seine Grundlage verlieren. Damit muss man es dem Mediator zubilligen, das Ver­ fahren auch ausgerichtet an den inhaltlichen Vorkommnissen gestalten zu können. Entsprechend wird in der Regel nicht mehr von der Neutralität des Mediators, sondern von seiner Allparteilichkeit50 gesprochen.51

IV.  Exkurs: Anwendungsbereiche, Mediationstheorien und Verbreitung 1.  Anwendungsbereiche Als prozess- und nicht inhaltsorientiertes Verfahren ist die Anwendungs­ bandbreite von Mediation kaum begrenzt. Ausgehend von einer rechtlichen 47  v.  Schlieffen / Ponschab / Rüssel / Harms, Mediation und Streitbeilegung, Ver­ handlungstechnik und Rhetorik, S. 28. 48  Montada / Kals, Mediation, S. 62 ff.; Kracht, Rolle und Aufgabe des Mediators, in: Haft / v.  Schlieffen (Hrsg.), Handbuch Mediation, § 12, Rdnr.  9 ff.; Duve / Eidenmüller / Hacke, Mediation in der Wirtschaft S. 281 ff. Dulabaum, S. 124; v.  Schlieffen / Ponschab / Rüssel / Harms, Mediation und Streitbeilegung, Verhandlungstechnik und Rhetorik, S. 23 ff. 49  Vgl. Duve / Eidenmüller / Hacke, Mediation in der Wirtschaft S. 284 ff. 50  Der Begriff der Allparteilichkeit geht zurück auf Boszormenyi-Nagy / Spark, Unsichtbare Bindungen, S. 242, 404. Vgl. Sparrer, Systemische Strukturaufstellun­ gen, S. 45. 51  Beispielhaft Montada / Kals, Mediation, S. 63 ff.



A. Begriffsbestimmung Mediation31

Sichtweise wird Mediation im Zivilrecht – etwa im Erbrecht, Arbeitsrecht, im gewerblichen Rechtsschutz – ohne Schwierigkeiten angewendet.52 Auch im öffentlichen Recht lassen sich mit Einschränkungen viele Konflikte me­ diativ bearbeiten.53 Und schließlich findet sich im Strafrecht mit dem TäterOpfer-Ausgleich ein ähnliches Verfahren wieder.54 Eine solche Einteilung, die von den klassischen Rechtsgebieten ausgeht, erfasst allerdings nicht die gesamten für eine Mediation geeigneten Fälle. Dazu gehören auch und gerade solche Konflikte, die sich rechtlich meist nur schwer erfassen lassen. Beispielhaft haben familiär geprägte Konflikte – wie bei Trennung oder Scheidung – über die rechtlichen Fragen hinaus zwischenmenschliche Konfliktpunkte, die in einer Mediation zum Thema werden können.55 2.  Mediationstheorien Neben der Anwendungsbandbreite entfaltet sich auch die theoretische Ausrichtung der Mediation weiter. Beiträge zur Weiterentwicklung der Me­ diation sind häufig systemisch geprägt56: Ausgehend von der Theorie auto­ poietischer, d. h. selbstschaffender Systeme57 werden in der angewandten Systemtheorie keine Kausalitäten, sondern nur noch Wechselwirkungen be­ schrieben58. Ebenso werden keine feststehenden Eigenschaften von Objekten oder Personen mehr angenommen, sondern nur Wahrnehmungen und damit Zuschreibungen durch einen Beobachter. Das beeinflusst die Gesprächsfüh­ 52  Vgl. hierzu die einzelnen Beiträge in Haft / v.  Schlieffen (Hrsg.), Handbuch Mediation. 53  Beispielhaft Holznagel / Ramsauer, VerwArch 104 (2013), 131 zur Mediation im Planungsverfahren. Zu den Verhandlungsspielräumen in Konfliktfällen des öf­ fentlichen Rechts Zepf, DÖV 2012, 631 [632 ff.]. 54  Zu diesem Rössner, Ergebnisse und Defizite der aktuellen TOA-Begleitfor­ schung, in: Gutsche / Rössner (Hrsg.), Täter-Opfer-Ausgleich, S. 7; Bannenberg / Rössner, Die Wirklichkeit des Täter-Opfer-Ausgleichs (TOA) in Deutschland, in: Küh­ ne / Jung / Kreuzer / Wolter (Hrsg.), Festschrift Rolinski, S. 287; Bamberger, Andere Wege der Streitbewältigung, in: Roth (Hrsg.), 125 Jahre Amtsgerichte im heutigen Rheinland-Pfalz, S. 173 [182 ff.]. 55  Duve / Eidenmüller / Hacke, Mediation in der Wirtschaft S. 65, 301 ff. stellen fest, dass es kaum Konflikte gibt, die sich nicht mediativ bearbeiten ließen. 56  Vgl. etwa Montada / Kals, Mediation, S. 241 ff.; Duss-v. Werdt, Einführung in Mediation, S. 23 ff., 48 ff. Zur angewandten Systemtheorie v.  Schlippe / Schweitzer, Lehrbuch der systemischen Therapie und Beratung I. 57  Die Theorie autopoietischer Systeme wurde maßgeblich von Niklas Luhmann geprägt. Beispielsweise Luhmann, Soziale Systeme; Luhmann, Die Gesellschaft der Gesellschaft. 58  Vgl. unten, 7. Kapitel, B. II. 1.

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1. Kap.: Mediation als Konfliktbeilegungsverfahren

rung in der Mediation wesentlich, weil es davon ausgehend keine objektive Wahrheit, sondern nur persönliche Ansichten und Einordnungen gibt. Das systemische Modell wird auch im Bereich der Mediation zunehmend durch andere Konzepte erweitert. Verknüpft man es mit der modernen Hyp­ notherapie59, bekommt der Umgang mit der Aufmerksamkeit der Beteiligten in der Mediation größere Bedeutung. Mit einem solchen hypnosystemischen Modell60 lässt sich beschreiben, dass es für Mediation förderlich ist, die Aufmerksamkeit der Medianden vom erlebten Konflikt hin zu denkbaren Lösungsmöglichkeiten zu lenken.61 Doch nicht alle Weiterentwicklungen beruhen auf den Gedanken der an­ gewandten Systemtheorie. Manche nehmen weitaus stärker die Psychologie der Medianden in den Blick. So lassen sich die aus der Transaktionsanaly­ se62 stammenden Konzepte auch auf den Mediationsbereich übertragen.63 Die Transaktionsanalyse greift Grundkonzepte der Psychoanalyse auf und schreibt Personen verschiedene Ich-Zustände zu. Ausgehend von dieser Lehre wird eingeordnet, welche Ich-Zustände an einer Kommunikation be­ teiligt sind und wie Kommunikation auf dieser Grundlage zielführend ge­ staltet werden kann. Bereits die erwähnten Theoriekonzepte verdeutlichen, dass die praktische Mediationsdurchführung auch im beschriebenen Verfahrensrahmen vielfältig sein kann. Das ist zu berücksichtigen, wenn man Mediationen untereinander oder mit anderen Konfliktlösungsverfahren vergleicht. 3.  Verbreitung von Mediation Bei der Berufsbezeichnung „Mediator“ handelt es sich nicht um einen geschützten Begriff. Jedermann kann die Bezeichnung für seine Dienstleis­ tung verwenden. Es gibt auch entsprechend keine Einrichtung, die die 59  Die moderne Hypnotherapie geht wesentlich auf die Arbeiten von Milton H. Erickson zurück. Beispielhaft zu seiner Arbeit Erickson / Rossi, Hypnose erleben; Peter, Experimentelle und klinische Hypnose 1987, 129. 60  Die Verbindung von Hypnotherapie und angewandter systemischer Theorie hat maßgeblich Gunther Schmidt bewirkt. Dazu Schmidt, Einführung in die hypnosyste­ mische Therapie und Beratung; Schmidt, Liebesaffären zwischen Problem und Lö­ sung. 61  Bäumerich, Vergangenheit als Mediationsressource, S. 11 ff. 62  Die Transaktionsanalyse ist ein Konzept von Eric Berne. Dazu Berne, Die Transaktionsanalyse in der Psychotherapie. 63  Weigel, Konfliktmanagement in der öffentlichen Verwaltung des aktivierenden Staates mit Transaktionsanalyse und transaktionsanalytisch fundierter Mediation, S. 437 ff.



A. Begriffsbestimmung Mediation33

Einhaltung von Mindeststandards bei Ausbildung und Ausübung der Tätig­ keit überwacht. Das ist einer der Hintergründe, weshalb sich Mediatoren in Berufsverbänden zusammengeschlossen haben. Diese machen die Mitglied­ schaft von einer ausreichenden Ausbildung und der Selbstverpflichtung ab­ hängig, die Verbandsstandards bei den geleiteten Mediationen einzuhalten.64 Hat ein Mitglied eine ausreichende Ausbildung nachgewiesen und sich zur Einhaltung der Verbandsstandards selbstverpflichtet, darf es die Bezeich­ nung „Mediator“ mit dem Zusatz des Verbands führen.65 Die größeren Verbände haben gemeinsam etwa 3570 Mitglieder.66 Dop­ pelmitgliedschaften sind selten, was unter anderem daran liegt, dass die Mitgliedschaft in den Verbänden Bundesverband Mediation e. V. (BM), Bundes-Arbeitsgemeinschaft für Familien-Mediation e. V. (BAFM) und Bundesverband Mediation in Wirtschaft und Arbeitswelt e. V. (BMWA) an eine Mediationsausbildung nach den jeweiligen Verbandsstandards gebun­ den ist. Eine Anerkennung der Ausbildung findet nur zwischen diesen Verbänden statt.67 Anders handhabt es die Deutschen Gesellschaft für Me­ diation e. V. (DGM), die zwischen Verbandsmitgliedschaft und Zertifizierung von Mediatoren nach Verbandsstandards trennt. Daneben gibt es eine nicht zu vernachlässigende Zahl von Rechtsanwäl­ ten, die Mediation – meist als Nebenleistung – anbieten. Rechtsanwälte dürfen, anders als Angehörige eines anderen Berufs, nach § 7a der Berufs­ ordnung für Rechtsanwälte die Bezeichnung „Mediator“ nur dann führen, wenn sie ausreichende theoretische Kenntnisse und praktische Erfahrungen 64  Beispielhaft die Informationen zur Anerkennung als Mediator der Deutschen Gesellschaft für Mediation e. V.: http: /  / www.dgm-web.de / anerkennungsverfahren. html oder des Bundesverbands Mediation e. V.: http: /  / www.bmev.de / index.php?id= anerkennung_mediatorin. 65  Beispielsweise „Mediator BM“ für Mitglieder des Bundesverbands Mediation e. V. oder „Mediator DGM“ nach der Anerkennung durch die Deutsche Gesellschaft für Mediation e. V. 66  Im Bundesverband Mediation e. V. (BM) haben sich 2200, in der Bundes-Ar­ beitsgemeinschaft für Familien-Mediation e. V. (BAFM) 820, im Bundesverband Mediation in Wirtschaft und Arbeitswelt e. V. (BMWA) 350 und in der Deutschen Gesellschaft für Mediation e. V. (DGM) 550 Mediatoren zusammengeschlossen. Die­ se Zahlen beruhen auf den Eigenaussagen der Verbände zu Beginn 2014. Keine Mitgliederzahlen nennen konnte die Centrale für Mediation, die kein ein­ getragener Verein, sondern ein Wirtschaftsunternehmen der Verlag Dr. Otto Schmidt KG ist. 67  Am 7.  Juli 2008 haben der Bundesverband Mediation e. V. (BM), die BundesArbeitsgemeinschaft für Familien-Mediation e. V. (BAFM) und der Bundesverband Mediation in Wirtschaft und Arbeitswelt e. V. (BMWA) eine entsprechende Anerken­ nungs-Vereinbarung getroffen. Diese kann abgerufen werden unter http: /  / www. bafm-mediation.de / mitgliedschaft / mitglied-werden / wechselseitiger-zugang-fur-mit glieder-von-bafm-bm-bmwa / .

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1. Kap.: Mediation als Konfliktbeilegungsverfahren

nachweisen können.68 Vorherrschend wird eine Ausbildung von 90 Stunden als ausreichend bewertet,69 was zeitlich unter den Anforderungen der ­Mediationsverbände liegt, die regelmäßig 200 Stunden an Ausbildung for­ dern. Häufig ermöglichen es die Rechtsanwaltskammern ihren Mitgliedern, sich in Mediatorenlisten aufnehmen zu lassen. Diese werden dann auf der Inter­ netseite der Kammern Interessenten bereitgestellt. In die Mediatorenlisten der sechs größten Rechtsanwaltskammern, die gemeinsam mehr als 90.000 Mitglieder haben, haben sich 1.145 Rechtsanwälte eintragen lassen.70 Bei den, gemessen an der Mitgliederzahl, folgenden zwei Kammern mit ge­ meinsam knapp 10.000 Mitgliedern sind 219 Rechtsanwälte als Mediatoren bekannt.71 Auch wenn die Bezeichnung als „Mediator“ für Rechtsanwälte an Bedin­ gungen geknüpft ist, so sind sie nicht verpflichtet, auf eigene Veranlassung ihrer Rechtsanwaltskammer gegenüber Nachweise über ihre Ausbildung zu erbringen. Insbesondere wird die Bezeichnung „Mediator“ – anders als Fach­ anwaltsbezeichnungen – nicht von der Kammer verliehen. Vielmehr müssen die Rechtsanwälte die Nachweise über ihre Ausbildung nur für eine Nachprü­ 68  Vgl. zu verfassungsrechtlichen Bedenken dieser Vorschrift Böhnlein, in: Feue­ rich / Weyland, Bundesrechtsanwaltsordnung, § 7a BORA, Rdnr.  1. 69  Böhnlein, in: Feuerich / Weyland, Bundesrechtsanwaltsordnung, § 7a BORA, Rdnr. 4 mit weiteren Nachweisen. Vgl. auch den Beschluss des Landgerichts Berlin, ZKM 2010, 156. § 7a BORA verweist in der aktuellen Fassung aus November 2013 (geändert durch Beschluss der Satzungsversammlung der Bundesrechtsanwaltskammer vom 15. April 2013, BRAK- Mitteilungen 2013, 173 f.) auf § 5 Abs. 1 MediationsG. Die­ ser setzt inhaltliche Mindeststandards für die Ausbildung von Mediatoren fest. § 5 Abs. 2 und 3 i. V. m. § 6 MediationsG ermöglichen es dem Bundesministerium der Justiz durch Rechtsverordnung auch zeitliche Mindeststandards festzulegen. Aller­ dings bezieht sich das nur auf die Berufsbezeichnung „zertifizierter Mediator“. Weil § 7a BORA ausdrücklich nur auf § 5 Abs. 1 MediationsG verweist, wird eine in Bezug auf den zertifizierten Mediator diskutierte höhere Ausbildungsstundenanzahl für die Rechtsanwälte mit Mediatorenausbildung nicht bedeutsam werden, vgl. Römermann, in: Römermann (Hrsg.), BeckOK BORA, § 7a, Rdnr.  22 ff. 70  RAK Berlin (13.739): 201; RAK Düsseldorf (12.270): 198; RAK Frankfurt (18.135): 95; RAK Hamm (13.822): 135; RAK Köln (12.750): 168; RAK München (20.969): 348. Die Zahl in Klammern gibt die Mitgliederzahl der Kammer nach der großen Mitgliederstatistik der Bundesrechtsanwaltskammer mit Stand Januar 2014 an, http: /  / www.brak.de / fuer-journalisten / zahlen-zur-anwaltschaft / . Die Zahlen der bekannten Mediatoren sind den jeweiligen Internetseiten der Kammern entnommen, abgefragt zu Beginn 2014. Keine Angabe: RAK Hamburg (10.072). 71  RAK Karlsruhe (4.665): 94; RAK Nürnberg (4.752): 125. Datenbedeutung und Datenquelle wie in vorhergehender Fußnote. Keine Angaben: RAK Celle (5.909); RAK Sachsen (4.800).



B. Abgrenzung zu anderen Konfliktlösungsverfahren

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fung durch die Rechtsanwaltskammer bereithalten.72 Entsprechend ist den Rechtsanwaltskammern nur der Bruchteil der Rechtsanwälte mit Mediations­ ausbildung bekannt, die sich freiwillig in Listen haben eintragen lassen. Es kommt hinzu, dass sich zumindest die Liste der Rechtsanwaltskammer Hamm auf § 135 FamFG bezieht. Dieser ermöglicht es dem Familienge­ richt, Ehegatten im familienrechtlichen Verfahren zu einem Informationsge­ spräch über außergerichtliche Konfliktbeilegung zu verpflichten.73 Die in dieser Liste zusammengefassten Rechtsanwälte bieten ein solches Informa­ tionsgespräch an. Damit wird die Mediatorenliste auf ebendiesen Bereich beschränkt, Rechtsanwälte mit beispielsweise dem Schwerpunkt Wirtschafts­ mediation bleiben außen vor.

B.  Abgrenzung und Vergleich zu anderen Konfliktlösungsoder Konfliktentscheidungsverfahren Neben Mediation gibt es andere Verfahren, die eine Konfliktbeendigung zum Ziel haben. Dazu gehören auf der hoheitlichen Seite der Gerichtspro­ zess, möglicherweise auch die der mündlichen Verhandlung vorhergehende Güteverhandlung und jedenfalls das Güterichterverfahren. Auf der privatau­ tonomen Seite sind neben der Mediation jedenfalls das Schiedsverfahren wie auch – mit einer noch dazustellenden wesentlichen Einschränkung – der Vergleich zu nennen. Mit dieser Verfahrensabgrenzung und dem Verfahrensvergleich soll zum einen das Verfahren Mediation deutlicher umrissen werden. Zudem ist der Vergleich mit anderen Verfahren notwendig, Ähnlichkeiten der Verfahren zueinander zu bestimmen. Denn weist eines oder mehrere der genannten Verfahren Ähnlichkeit zur Mediation auf, könnte sich aus dieser Ähnlichkeit eine Konkurrenzsituation ergeben, deren rechtliche Beurteilung sich dann anschließen müsste.

I.  Hoheitliche Konfliktbeendigungsverfahren 1.  Gerichtsprozess Im Gerichtsprozess steht der Rechtsfriede zwischen den Parteien im Vor­ dergrund. Es geht nicht um eine umfassende Versöhnung oder Befriedung, 72  Böhnlein, in: Feuerich / Weyland, Bundesrechtsanwaltsordnung, § 7a BORA, Rdnr.  3. 73  Weber, in: Keidel, FamFG, § 135 FamFG, Rdnr.  1, 4.

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1. Kap.: Mediation als Konfliktbeilegungsverfahren

sondern die Klärung von Rechtsansprüchen.74 Damit ist der Gegenstand des Verfahrens im Vergleich zu einer Mediation eingeschränkt. Es wird über geltend gemachte Ansprüche entschieden, die dahinterstehenden Interessen sind insoweit unbedeutend. Ein Gerichtsprozess grenzt sich durch weitere wesentliche Merkmale von Mediation ab. Dazu gehört insbesondere die fehlende Freiwilligkeit. Der Zivilprozess beruht zwar auf einer freiwilligen Grundentscheidung, Klage zu erheben. Diese Freiwilligkeit bezieht sich aber in der Regel nur auf den Kläger, nicht auf den Beklagten.75 Dieser kann sich gegen eine Klage nur verteidigen, er kann den Gerichtsprozess nicht einseitig verhindern. Wenn sich auch seine Teilnahme am Verfahren in der Regel nicht erzwingen lässt, besteht damit für ihn die Gefahr, nachteilige Rechtswirkungen in Kauf neh­ men zu müssen. In der Grundausrichtung findet der streitige Gerichtsprozess also unfreiwillig statt. Im Unterschied zum Mediationsgrundsatz der Selbstverantwortung ist der Gerichtsprozess durch die Entscheidungsmacht des Richters geprägt.76 Der Richter entscheidet den Konflikt für die Beteiligten. Mit der Anhängigkeit des Prozesses bei Gericht geben die Beteiligten die Verantwortung für ihren Konflikt ab. Sie schränken ihre Selbstbestimmung zugunsten von richterli­ cher Fremdentscheidung ein. Der Gerichtsprozess ist demnach durch die Fremdentscheidung durch den Richter geprägt.77 Daran anknüpfend ergibt sich auch ein bedeutsamer Unterschied in Bezug auf die Art der Ergebnisse von Gerichtsprozess und Mediation. Eine Media­ tion endet in der Regel mit einem Protokoll der erzielten Vereinbarungen. Dieses Protokoll hat keine rechtliche Bindungswirkung. Wünschen die Me­ dianden, dass ihre Vereinbarung auch rechtlich bindend, vor allem rechtlich vollstreckbar ist, so müssen sie dafür gesondert Sorge tragen. Mithilfe eines Notars kann etwa eine vollsteckbare Urkunde78 errichtet werden, oder be­ auftragte Rechtsanwälte können im Auftrag der Medianden einen vollstreck­ baren Anwaltsvergleich79 schließen. Für das Gerichtsverfahren sind solche 74  Vgl. Montada / Kals, Mediation, S. 47 ff.; v. Schlieffen / Ponschab / Rüssel / Harms, Mediation und Streitbeilegung, Verhandlungstechnik und Rhetorik, S. 8 f.; v. Bargen, Jan Malte, Gerichtsinterne Mediation, S. 48; Hager, Konflikt und Konsens, S. 46. 75  v. Bargen, Jan Malte, Gerichtsinterne Mediation, S. 47. 76  Vgl. Ortloff, Neue Methoden des Verhandelns: Über den Einfluss der Media­ tion auf den Verwaltungsprozess, in: Schmidt-Aßmann / Sellner / Hirsch / Kemper / Leh­ mann-Grube (Hrsg.), Festgabe 50 Jahre Bundesverwaltungsgericht, S. 727 [729]; v.  Schlieffen / Ponschab / Rüssel / Harms, Mediation und Streitbeilegung, Verhand­ lungstechnik und Rhetorik, S. 12 f. 77  v. Bargen, Jan Malte, Gerichtsinterne Mediation, S. 49. 78  § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO. 79  § 796a ZPO.



B. Abgrenzung zu anderen Konfliktlösungsverfahren37

zusätzlichen Verfahrensschritte nicht erforderlich. Die Bindungswirkung der richterlichen Entscheidung ergibt sich aus der Natur als vollstreckbares Endurteil80. Auch im Vergleich des Zugangs von Dritten zum Verfahren verhalten sich Mediation und Zivilprozess gegensätzlich. Das betrifft zum einen die inhaltliche Beteiligung von Dritten, zum anderen die Kenntnis von Dritten von dem Verfahren und seinen Inhalten. So bestimmen die Beteiligten ei­ ner Mediation gemeinsam, wer daran teilnehmen darf. Ein einzelner Betei­ ligter kann nicht gegen den Willen der anderen einen Dritten am Verfahren beteiligen. Das ist im Gerichtsprozess hingegen durch die Haupt- oder Ne­ benintervention oder die Streitverkündung möglich. Auch durch die Benen­ nung von Zeugen können Dritte an dem Gerichtsprozess beteiligt werden, ohne dass es dazu des Einvernehmens zwischen Kläger und Beklagtem bedürfte. Ähnlich verhält es sich mit der Öffentlichkeit oder Vertraulichkeit der Verfahren. Eine Mediation ist vertraulich, Informationen werden nur im Einvernehmen an Dritte weitergegeben. Durch Vereinbarung der Medianden wird häufig vorgebeugt, die in einer Mediation offenbarten Informationen in einem sich möglicherweise anschließenden Gerichtsprozess zu verwen­ den. Anders hingegen im Gerichtsprozess. Dieser ist grundsätzlich öffent­ lich, unbeteiligte Dritte können so Informationen gewinnen, die vor Gericht offenbart worden sind.81 Zusammengefasst grenzt sich Mediation von einem Gerichtsverfahren durch die fehlende Freiwilligkeit der Teilnahme, durch die Öffentlichkeit des Verfahrens und vor allem durch die rechtsverbindliche Entscheidung des Richters ab. 2.  Güteverhandlung Die Güteverhandlung82 ist eng mit dem Gerichtsverfahren verbunden. Sie findet zwingend vor der mündlichen Verhandlung statt.83 Die Güteverhand­ lung soll die Möglichkeit einer gütlichen Einigung bieten. Der erkennende Richter kann versuchen, die Parteien vor Beginn der mündlichen Verhand­ lung zu einer einvernehmlichen Beilegung des Prozesses zu bewegen. Die 80  § 704

ZPO. Jan Malte, Gerichtsinterne Mediation, S. 48. 82  § 278 Abs. 2 ZPO. 83  Greger, in: Zöller, Zivilprozessordnung, § 278, Rdnr.  22; Prütting, in: Rau­ scher / Wax / Wenzel (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung, § 278, Rdnr.  24. 81  v. Bargen,

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1. Kap.: Mediation als Konfliktbeilegungsverfahren

Güteverhandlung hat in der Regel stattzufinden, außer ein Einigungsversuch hat bereits stattgefunden oder der Güteversuch ist erkennbar aussichtslos.84 Die Güteverhandlung kann jedoch nicht als gesondertes Konfliktlösungs­ verfahren betrachtet werden. Sie geht verbindlich der mündlichen Verhand­ lung voraus. In der Regel wird sie auch zusammen mit dieser angesetzt.85 Sie ist mit dem Gerichtsprozess untrennbar verbunden.86 Zu dieser zwingenden Verbindung zu einem Gerichtsprozess kommt hin­ zu, dass der die Güteverhandlung leitende Richter zugleich der erkennende Richter ist. Kommt es im Rahmen der Güteverhandlung zu keiner einver­ nehmlichen Lösung, entscheidet der bis dahin vermittelnde Richter den Konflikt. Es findet also ein Rollenwechsel statt, der in einer Mediation nicht möglich ist.87 Als weitere Unterschiede kommen die fehlende Freiwilligkeit des Verfahrensbeginns und die Konzentration auf die streitigen Rechtsposi­ tionen88 hinzu.89 3.  Güterichterverfahren Eine erst Mitte 2012 geschaffene Möglichkeit der Konfliktbeilegung ist das Güterichterverfahren. Ist ein Streit bei Gericht anhängig, so kann das 84  Foerste, in: Musielak (Hrsg.), Kommentar zur Zivilprozessordnung, § 278 ZPO, Rdnr.  2 ff.; Prütting, in: Rauscher / Wax / Wenzel (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung, § 278, Rdnr. 18 ff.; Saenger, in: Saenger (Hrsg.), Zivilprozessord­ nung, § 278 ZPO, Rdnr. 10; Greger, in: Zöller, Zivilprozessordnung, § 278, Rdnr. 22. 85  Vgl. Hommerich / Prütting / Ebers / Lang / Traut, Rechtstatsächliche Untersuchung zu den Auswirkungen der Reform des Zivilprozessrechts auf die gerichtliche Praxis, S. 68 f. 86  Prütting, JZ 2008, 847 [849]. 87  Prütting, JZ 2008, 847 [849]. 88  Foerste, in: Musielak (Hrsg.), Kommentar zur Zivilprozessordnung, § 278 ZPO, Rdnr.  12 nimmt sogar an, der Versuch des Richters, „der von Gesetz und Recht vorgegebenen Entscheidung (Art. 20 Abs. 3 GG) durch eine gütliche Einigung anderen Inhalts auszuweichen“, sei mit § 278 Abs. 1 ZPO nicht zu vereinbaren und rechtswidrig. In ähnlicher Weise nehmen Greger, in: Zöller, Zivilprozessordnung, § 278, Rdnr.  15; Saenger, in: Saenger (Hrsg.), Zivilprozessordnung, § 278 ZPO, Rdnr.  4 eine Bindung des Richters an den Streitgegenstand an. Prütting, in: Rauscher / Wax / Wenzel (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilpro­ zessordnung, § 278, Rdnr.  10 hält ebendas für zu eng. Nachdem der Richter die Rechtslage erörtert habe, könnten die Parteien ohne Zweifel einen von der Rechts­ lage abweichenden Vergleich schließen. 89  Wesel, NJW 2002, 415 [416] fügt hinzu, dass die Lösungsvorschläge des Rich­ ters mit Autorität und Druck verbunden seien, was den Vergleich mit Mediation ausschließe. Das ist im Übrigen auch ein Punkt, der an der Grundausrichtung der zwingenden Schlichtung nach § 15a EGZPO kritisch gesehen werden kann, vgl. Kilian / Wielgosz, ZZP Int 9 (2004), 355 [356].



B. Abgrenzung zu anderen Konfliktlösungsverfahren39

zuständige Prozessgericht das Verfahren unterbrechen und an einen Güte­ richter verweisen. Der Güterichter ist ein nicht entscheidungsbefugter Rich­ ter, der die Parteien bei der einvernehmlichen Lösung ihres Konflikts unter­ stützen soll.90 Wie in einer Mediation gilt auch bei diesem Verfahren der Grundsatz der Freiwilligkeit. Ein Güterichter kann die Beteiligten zu dem Verfahren einla­ den, es aber nicht gegen ihren Willen betreiben.91 Ebenso hat ein Fortblei­ ben von dem Verfahren oder eine Ablehnung desselben keine Auswirkungen auf die Rechtspositionen.92 Der Güterichter ist in der Sache nicht entscheidungsbefugt.93 Er ist kein erkennender Richter, der den Streit für die Parteien entscheidet. Er kann Verfahrensentscheidungen treffen, wie etwa die Gespräche mit den und unter den Beteiligten ablaufen sollen. Im Übrigen hat er keine Entschei­ dungsmacht, weshalb auch in diesem Verfahren der Grundsatz der Selbst­ verantwortung der Parteien gilt. Sollen die Parteien mit Unterstützung des Güterichters ihren Konflikt eigenverantwortlich lösen, müssen sie Kenntnis über die Verhandlungs­ grundlage, und insbesondere ihre rechtlichen Ansprüche haben. Aus diesem Grund ist der Güterichter befugt, seine rechtliche Sicht des Verfahrens darzulegen und Rechtsrat zu erteilen. Die Informiertheit der Parteien ist damit ebenso wie in der Mediation ein wichtiges Verfahrensmerkmal. Schließlich handelt es sich bei dem Güterichterverfahren um ein vertrau­ liches, nicht öffentliches Verfahren.94 Durch die Trennung von dem anhän­ 90  Foerste, in: Musielak (Hrsg.), Kommentar zur Zivilprozessordnung, § 278 ZPO, Rdnr.  14; Foerste, in: Musielak (Hrsg.), Kommentar zur Zivilprozessordnung, § 278a ZPO, Rdnr.  1. 91  Ulrici, in: Rauscher / Wax / Wenzel (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivil­ prozessordnung, § 278a, Rdnr.  5, 11; Saenger, in: Saenger (Hrsg.), Zivilprozessord­ nung, § 278 ZPO, Rdnr. 20; Greger, in: Zöller, Zivilprozessordnung, § 278, Rdnr. 31; Fritz, in: Fritz / Pielsticker (Hrsg.), Mediationsgesetz, § 278 ZPO, Rdnr.  50. 92  Foerste, in: Musielak (Hrsg.), Kommentar zur Zivilprozessordnung, § 278 ZPO, Rdnr.  14 f. hält hingegen die Anordnung eines Ordnungsgeldes wegen Nicht­ erscheinen für möglich. Das kann jedoch mit dem Gedanken der einvernehmlichen und freiwilligen Konfliktlösung nicht vereinbart werden. 93  § 278 Abs. 5 S. 1 ZPO. Saenger, in: Saenger (Hrsg.), Zivilprozessordnung, § 278 ZPO, Rdnr.  19; Prütting, in: Rauscher / Wax / Wenzel (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung, § 278, Rdnr. 27; Foerste, in: Musielak (Hrsg.), Kommentar zur Zivilprozessordnung, § 278 ZPO, Rdnr.  14; Greger, in: Zöller, Zi­ vilprozessordnung, § 278, Rdnr.  26. 94  Foerste, in: Musielak (Hrsg.), Kommentar zur Zivilprozessordnung, § 278 ZPO, Rdnr.  15a; Saenger, in: Saenger (Hrsg.), Zivilprozessordnung, § 278 ZPO, Rdnr.  20; Greger, in: Zöller, Zivilprozessordnung, § 278, Rdnr.  25, 30; Fritz, in: Fritz / Pielsticker (Hrsg.), Mediationsgesetz, § 278 ZPO, Rdnr.  65.

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1. Kap.: Mediation als Konfliktbeilegungsverfahren

gigen Gerichtsprozess gilt der Verfahrensgrundsatz der Öffentlichkeit dort nicht. Vielmehr soll in einer vertraulichen Atmosphäre der Konflikt bespro­ chen und zu einer Lösung geführt werden. Das Güterichterverfahren beruht im Wesentlichen auf der Unterscheidung von Positionen und Interessen. Der Ausgangspunkt für den Beginn des Gü­ terichterverfahrens bildet der anhängige Gerichtsprozess und der rechtlich gefasste Streitgegenstand. Im Güterichterverfahren sollen jedoch die damit verbundenen Beweggründe und Motivationen näher beleuchtet werden. Auf Grundlage dieser Interessen soll eine über die Positionen hinausgehende Lösung für den konkreten Konflikt gefunden werden.95 Die vereinbarte Lösung kann durch den Güterichter protokolliert werden.96 Damit wird ein vollstreckbarer Titel geschaffen,97 ohne dass es der Beteili­ gung etwa eines Notars bedürfte. Das unterscheidet sich von der Mediation als privatautonome Dienstleistung, die nur mit einem formlosen Protokoll endet. Dennoch ist das Güterichterverfahren nicht nur in Verfahrensgrundsät­ zen, sondern auch im verfolgten Ziel und in der grundlegenden Unterschei­ dung von Positionen und Interessen mit der Mediation vergleichbar.

II.  Privatautonome Konfliktbeendigungsverfahren 1.  Schiedsverfahren Ein Schiedsgericht ist ein privates Gericht,98 das von den Parteien einge­ setzt wird und den anhängigen Streit entscheidet99. Findet das schiedsrich­ terliche Verfahren in Deutschland statt, so können die Parteien das Verfah­ rensrecht nicht frei bestimmen, sondern es gelten zwingend die Vorschriften des 10. Buchs der Zivilprozessordnung100.101 Das ist international häufig anders, die für die Schiedsgerichtsbarkeit maßgeblichen Staatsverträge über­ lassen es in der Regel den Parteien, auch das Verfahrensrecht zu bestim­ 95  Ulrici, in: Rauscher / Wax / Wenzel (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivil­ prozessordnung, § 278a, Rdnr.  7 ff.; Greger, in: Zöller, Zivilprozessordnung, § 278, Rdnr.  25; Greger / Unberath, Mediationsgesetz, Teil  4, Rdnr.  81. 96  Foerste, in: Musielak (Hrsg.), Kommentar zur Zivilprozessordnung, § 278 ZPO, Rdnr.  15a. 97  § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. 98  BGHZ 65, 59 [61]. 99  Vgl. v. Schlieffen / Ponschab / Rüssel / Harms, Mediation und Streitbeilegung, Ver­ handlungstechnik und Rhetorik, S. 18. 100  §§ 1025 ff. ZPO. 101  § 1025 Abs. 1 ZPO. Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Rdnr.  194.



B. Abgrenzung zu anderen Konfliktlösungsverfahren41

men.102 Dagegen können die Parteien bestimmen, welches Recht das Schiedsgericht auf die Sache anwenden soll.103 Ist eine solche Vereinbarung nicht getroffen worden, findet das Recht mit der engsten Verbindung zum Verfahrensgegenstand Anwendung.104 Ein Schiedsverfahren beruht auf einer Schiedsvereinbarung.105 Darin verpflichten sich die Parteien freiwillig dazu, ein bestimmtes Rechtsver­ hältnis durch ein Schiedsgericht entscheiden zu lassen. Eine wirksam ge­ troffene Schiedsvereinbarung schließt staatliche Gerichte grundsätzlich aus.106 Eine trotz wirksamer Schiedsvereinbarung erhobene Schiedsklage ist unzulässig.107 Das zu entscheidende Rechtsverhältnis kann bereits bei Abschluss der Schiedsvereinbarung bestehen, muss es aber nicht. Auch künftige Rechts­ verhältnisse können Gegenstand einer solchen Vereinbarung sein.108 Grund­ sätzlich aber muss der Gegenstand einer Schiedsvereinbarung schiedsfähig sein. Das trifft jedenfalls auf vermögensrechtliche, wie auch vergleichsfä­ hige nichtvermögensrechtliche Ansprüche zu.109 Schiedsvereinbarungen über Wohnraummietverhältnisse sind hingegen nur als Ausnahme schieds­ fähig.110 Damit ist der Gegenstand eines Schiedsverfahrens enger als der eines Gerichtsprozesses. Er erstreckt sich aber ebenso nur auf geltend gemachte Ansprüche.111 Hinter den Positionen liegenden Interessen sind insoweit, anders als bei einer Mediation, unbedeutend. In der Schiedsvereinbarung kann die Zusammensetzung des Schiedsge­ richts vereinbart werden.112 Das betrifft zum einen die Anzahl der Schieds­ 102  Schütze,

Schiedsgericht und Schiedsverfahren, Rdnr.  314 f. Abs. 1 ZPO. Schütze, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, Rdnr.  383 ff.; Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Rdnr.  1672 ff. Vgl. auch Heussen, Die Auswahl des richtigen Verfahrens – ein Erfahrungsbericht, in: Haft / v.  Schlieffen (Hrsg.), Handbuch Mediation, § 10, Rdnr.  7. 104  § 1051 Abs. 2 ZPO. Schütze, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, Rdnr. 386. 105  Dazu Schütze, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, Rdnr.  179 ff.; Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Rdnr.  263 ff. 106  § 1026 ZPO. 107  § 1032 Abs. 1 ZPO. Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Rdnr.  434 ff. 108  Vgl. § 1029 Abs. 1 ZPO. 109  § 1030 Abs. 1 ZPO. Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Rdnr.  279 ff. 110  § 1030 Abs. 2 ZPO. 111  v. Bargen, Jan Malte, Gerichtsinterne Mediation, S. 52. 112  Schütze, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, Rdnr.  74 ff.; Lachmann, Hand­ buch für die Schiedsgerichtspraxis, Rdnr.  126 ff., 777 ff. 103  § 1051

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1. Kap.: Mediation als Konfliktbeilegungsverfahren

richter,113 wie auch das Verfahren ihrer Auswahl114. Daraus kann sich ein Vorzug gegenüber dem staatlichen Gericht ergeben: die größere Sachnähe und Sachkunde der bestellten Schiedsrichter. Sie kann besonders bei Streitig­ keiten in technischen oder speziellen Handelsbereichen für die Parteien vor­ teilhaft sein, weil so häufig auf Gutachten verzichtet werden kann. Die Ver­ fahrensdauer kann sich verringern, ebenso die Kosten des Verfahrens.115 Anders als Gerichtsverfahren sind schiedsgerichtliche Verfahren nicht öffentlich.116 Das gilt zum einen für das laufende Verfahren, wie auch für den später ergangenen Schiedsspruch. Dieser wird nur mit Zustimmung der Parteien veröffentlicht.117 Das kann für die Parteien dahin gehend vorteil­ haft sein, wenn beispielsweise Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse Teil des Verfahrens sind. Ein Schiedsverfahren endet mit einem Schiedsspruch. Der Schiedsspruch hat grundsätzlich die gleiche rechtliche Wirkung wie ein rechtskräftiges, gerichtliches Urteil.118 Die Nachprüfung durch staatliche Gerichte119 be­ schränkt sich auf gesetzlich ausdrücklich genannte Aspekte entweder des Ablaufs des Schiedsverfahrens120 oder des Verfahrensgegenstands bezie­ hungsweise des Schiedsspruchs121. Zu den Verfahrensverstößen, wegen de­ nen ein Schiedsspruch aufgehoben werden kann, gehören unter anderem die Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung,122 die Versagung rechtlichen Gehörs,123 das Überschreiten der Grenzen der Schiedsvereinbarung, sowie schwere Verfahrensverstöße.124 Schließlich kann ein Schiedsspruch wegen 113  § 1034

Abs. 1 ZPO. Abs. 1 ZPO. 115  Vgl. Schütze, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, Rdnr.  31 ff. 116  Schütze, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, Rdnr. 411 ff.; Lachmann, Hand­ buch für die Schiedsgerichtspraxis, Rdnr.  143 ff.; 4289; Lionnet / Lionnet, Handbuch der internationalen und nationalen Schiedsgerichtsbarkeit, S. 453 ff.; Kühn / Gantenberg, Confidentiality in Arbitration, in: Bachmann / Breidenbach / Coester-Walt­ jen / Heß / Nelle / Wolf (Hrsg.), Festschrift Schlosser, S. 461 [462 ff.]. Vgl. auch Prütting, Zur Rechtsstellung des Schiedsrichters – dargestellt am richterlichen Bera­ tungsgeheimnis, in: Gottwald / Prütting (Hrsg.), Festschrift Schwab, S. 409. 117  Schütze, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, Rdnr.  35. 118  § 1055 ZPO. Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Rdnr. 1782 ff. 119  Vgl. Schütze, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, Rdnr.  583 ff.; Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Rdnr. 2165; Lionnet / Lionnet, Handbuch der internationalen und nationalen Schiedsgerichtsbarkeit, S. 408 ff.; Schütze, SchiedsVZ 2009, 241 [241 ff.]. 120  § 1059 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. 121  § 1059 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. 122  Dazu Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Rdnr.  2183 ff. 123  Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Rdnr.  2250 ff., 2264. 124  Vgl. Schütze, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, Rdnr.  606 ff. 114  § 1035



B. Abgrenzung zu anderen Konfliktlösungsverfahren43

mangelnder Schiedsfähigkeit des Verfahrensgegenstandes125 oder eines Ver­ stoßes des Schiedsspruchs gegen den ordre public126 aufgehoben werden.127 Darüber hinaus bindet der Schiedsspruch die Parteien128 und kann auf An­ trag durch das zuständige Oberlandesgericht für vollstreckbar erklärt wer­ den129. Der durch das Schiedsgericht ergangene Schiedsspruch kann zudem wegen der weiten internationalen Anerkennung130 in den meisten Staaten nach dem nationalen Recht vollstreckt werden.131 Im Gegensatz zu einem Gerichtsprozess beruht die Entscheidung für ein Schiedsverfahren auf einer gemeinsamen, einvernehmlichen Entscheidung der Parteien. Sie sind nicht gezwungen, sich auf ein Schiedsverfahren ein­ zulassen.132 Auch bei der Besetzung des Schiedsgerichts haben sie weite Gestaltungsmöglichkeiten, wohingegen im Gerichtsprozess der Grundsatz des gesetzlichen Richters gilt, der nicht zur Verfügung der Parteien steht. Die Freiheit der Entscheidung für das Verfahren und die Verfahrensleiter teilen damit Schiedsverfahren und Mediation,133 ebenso wie die grundsätz­ liche Vertraulichkeit des Verfahrens. Die Freiwilligkeit des Verfahrens erstreckt sich jedoch nur auf die Schiedsvereinbarung, nicht den Beginn des Verfahrens selbst. Denn das 125  Lachmann,

Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Rdnr.  2296 ff. Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Rdnr.  2299 ff. 127  Vgl. Schütze, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, Rdnr.  616 f. 128  Vgl. Greger / Unberath, Mediationsgesetz, Teil  4, Rdnr.  163. 129  §§ 1060 ff. ZPO. Schütze, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, Rdnr.  501 ff.; Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Rdnr.  2397; Lionnet / Lionnet, Handbuch der internationalen und nationalen Schiedsgerichtsbarkeit, S. 418 ff. 130  Für die internationale Anerkennung von Schiedssprüchen ist das New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schieds­ sprüche (Convention on the Recognition and Enforcement of Foreign Arbitral Awards) vom 10.  Juni 1958 maßgeblich. Dem Übereinkommen sind derzeit 149 Staaten beigetreten, http: /  / www.uncitral.org / uncitral / en / uncitral_texts / arbitration /  NYConvention_status.html. Zur Geschichte vgl. Lionnet / Lionnet, Handbuch der in­ ternationalen und nationalen Schiedsgerichtsbarkeit, S. 100 ff. Nach Art. 1 Abs. 3 des Übereinkommens kann die inländische Anerkennung auf solche Schiedssprüche beschränkt werden, die in einem anderen Vertragsstaat ergan­ gen sind. Davon haben 73 Staaten Gebrauch gemacht. Deutschland hat diesen er­ klärten Vorbehalt 1999 zurückgezogen. Es gehört nun zu der Gruppe der 76 Staaten, die auch Schiedssprüche anerkennen, die in anderen Staaten ergangen sind. Vgl. Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Rdnr.  2502, Fn. 1. 131  Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Rdnr.  2502 ff.; Schütze, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, Rdnr.  531 ff., dort auch zu weiteren Staatsver­ trägen. Vgl. auch Lörcher / Lörcher, Durchsetzbarkeit von Mediationsergebnissen, in: Haft / v.  Schlieffen (Hrsg.), Handbuch Mediation, § 45, Rdnr.  28. 132  Vgl. v. Bargen, Jan Malte, Gerichtsinterne Mediation, S. 51. 133  Duve / Eidenmüller / Hacke, Mediation in der Wirtschaft S. 56 f. 126  Lachmann,

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1. Kap.: Mediation als Konfliktbeilegungsverfahren

Schiedsgericht kann nach Abschluss der Schiedsvereinbarung von nur einem Beteiligten angerufen werden. Der Verfahrensbeginn und das folgende Ver­ fahren unterliegen damit nicht mehr der Freiwilligkeit. Das ist dem Ge­ richtsverfahren gleich. Ähnlich verhält es sich mit der Selbstbestimmung der Parteien. Sie er­ streckt sich nur auf den Abschluss der Schiedsvereinbarung, nicht aber mehr auf die Entscheidung in der Sache. Diese wird gerade dem Schiedsgericht überantwortet. Ebenso verhält es sich mit der Wirkung des ergangenen Schiedsspruchs. Dieser ist – bis auf wenige Ausnahmen – auch rechtlich bin­ dend und kann vollstreckt werden. Eine Mediationsvereinbarung hingegen entfaltet eine solche Wirkung nur, wenn sie gesondert rechtlich gefasst wird. 2.  Schlichtung Der Begriff der Schlichtung wird häufig als Überbegriff für verschiedene außergerichtliche Konfliktbeilegungsverfahren verwendet. Nicht selten wer­ den Verfahren, die einen eigenen Begriff haben, wie die Mediation, als Schlichtung bezeichnet. Entsprechend schwer ist eine klare Abgrenzung zu anderen Konfliktbeilegungsverfahren.134 Eine Schlichtung in engerem Sinn ist ein Verfahren, dass von einem neu­ tralen Dritten geleitet wird. Er zeichnet sich häufig durch eine besondere Sachkunde oder Persönlichkeit aus.135 Die Schlichtung dient der Vermittlung zwischen den Konfliktbeteiligten. Grundsätzlich können nicht nur die recht­ lichen Aspekte des Konflikts, sondern auch darüber hinausgehende Anliegen Berücksichtigung finden. Allerdings geht eine Schlichtung häufig nicht so tief wie eine interessengeleitete Mediation, nicht selten geht es bloß um einen Kompromiss auf Ebene der Positionen. Der Schlichter unterbreitet gegen Ende des Verfahrens eine eigenen Schlichtungsvorschlag. Der Vorschlag ist in der Regel unverbindlich, jedoch erzeugt die mit der Person des Schlichters verbundene Autorität häufig ei­ nen gewissen Einigungsdruck. Das gilt insbesondere dann, wenn der Schlichtungsvorschlag auch unabhängig von einer Einigung der Beteiligten veröffentlicht wird. Bekannte Beispiele für Schlichtungen sind die Verhandlungen in Tarif­ konflikten. Aber auch bei Banken136, Versicherungen137 und in der Hoch­ v. Bargen, Jan Malte, Gerichtsinterne Mediation, S. 54. Die Auswahl des richtigen Verfahrens – ein Erfahrungsbericht, in: Haft / v.  Schlieffen (Hrsg.), Handbuch Mediation, § 10, Rdnr.  5. 136  Vgl. Schmitt, VuR 2015, 134; Brömmelmeyer, WM 2012, 337. 137  Vgl. Hirsch, NJW 2013, 2088. 134  Vgl.

135  Heussen,



B. Abgrenzung zu anderen Konfliktlösungsverfahren

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schule138, um nur einige Bereiche zu nennen, gibt es mit den Ombudsleuten ähnliche Verfahren, die Konflikte versuchen zu schlichten. Das erzwingbare Verfahren vor den Einigungsstellen nach § 76 BetrVG139 oder das Verfahren nach § 89 SGB V140 im Vertragsarztrecht sind wiederum Beispiele für Schlichtungsverfahren, die mit einem verbindlichen Ergebnis enden. 3.  Vergleich Eine Rechtsstreitigkeit kann durch Vergleich beendet werden. Ein Ver­ gleich ist ein Vertrag zwischen den Parteien, mit dem im Wege gegenseiti­ gen Nachgebens ein Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beendet wird.141 Soll damit zugleich ein anhängiger Gerichtsprozess beendet werden, handelt es sich um einen Prozessvergleich. Dieser wirkt zum einen materiell-rechtlich auf den geltend gemachten Anspruch, zum anderen pro­ zessrechtlich auf den anhängigen Prozess aus. Bei der Möglichkeit der rechtlichen Durchsetzung muss zwischen dem materiell-rechtlichen und dem prozessrechtlichen Vergleich unterschieden werden. Der materiell-rechtliche Vergleich ist ein einfacher Vertrag. Die darin vereinbarte Leistung muss im Störungsfall eingeklagt werden. Aus dem Vergleich kann nur direkt vollstreckt werden, wenn er in Form einer notariellen Urkunde mit Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstre­ ckung geschlossen worden ist142 oder es sich um einen Anwaltsvergleich handelt143. Anders ist es bei einem Prozessvergleich. Aus diesem kann di­ rekt die Zwangsvollstreckung betrieben werden.144 Ein Vergleich kann in einer Vielzahl von Fällen den Streit – rechtlich – beenden. So können nicht nur ein Gerichtsprozess oder die vorausgehende Güteverhandlung145 mit einem Vergleich enden, sondern auch das Güterich­ terverfahren146 oder das einem Gerichtsprozess ähnliche Schiedsverfahren147. 138  Schiffers, Ombudsmann und Kommission zur Aufklärung wissenschaftlichen Fehlverhaltens an staatlichen Hochschulen, S. 170 ff. 139  Kania, in: Müller-Glöge / Preis / Schmidt (Hrsg.), Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, § 76 BetrVG, Rdnr. 26 f. 140  Kingreen, in: Becker / Kingreen (Hrsg.), SGB V, § 89 SGB V, Rdnr. 17 f. 141  Vgl. § 779 Abs. 1 BGB. 142  § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO. 143  § 796a ZPO. 144  § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. 145  Saenger, in: Saenger (Hrsg.), Zivilprozessordnung, § 278 ZPO, Rdnr.  6; Greger, in: Zöller, Zivilprozessordnung, § 278, Rdnr.  1 f., 7. 146  Greger, in: Zöller, Zivilprozessordnung, § 278, Rdnr.  32. 147  Vgl. Lionnet / Lionnet, Handbuch der internationalen und nationalen Schieds­ gerichtsbarkeit, S. 404 f.

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1. Kap.: Mediation als Konfliktbeilegungsverfahren

Auch außergerichtlich können durch ihn einfache, moderierte oder anders unterstützte Verhandlungen zum Abschluss gebracht werden. Aus der viel­ fältigen Anwendungsbandbreite folgt der wesentliche Unterschied zu einer Mediation: Ein Vergleich ist kein Konfliktlösungsverfahren. Er ist nur eine Konfliktbeendigungsform. Mit dem Begriff Mediation ist weit mehr verbun­ den als nur das angestrebte Ziel der einvernehmlichen Konfliktlösung. Der Schwerpunkt von Mediation liegt auf dem Verfahrensablauf mit der Me­ diationsstruktur und den Verfahrensgrundsätzen. Das alles schließt ein Ver­ gleich nicht mit ein. Ein Vergleich ist nur das Mittel einer Konfliktbeendigung, aber kein ei­ genes Konfliktlösungsverfahren. Für die ihm vorausgehende Verhandlung zwischen den Parteien gibt es keine Vorgaben. Das schließt aus, ihn als Konfliktlösungsverfahren einzuordnen.

C.  Ergebnis: Mediation und Güterichterverfahren sind vergleichbar Aus der dargestellten Menge an Verfahren, deren Zweck die Konfliktbe­ endigung ist, weist der Gerichtsprozess kaum Ähnlichkeiten zur Mediation auf. Er wird durch den entscheidungsbefugten Richter bestimmt und ist im Grundsatz unfreiwillig, öffentlich und an Rechtspositionen orientiert. Eben­ so verhält es sich grundsätzlich mit dem Schiedsverfahren. Die Güteverhandlung und der Vergleich sind keine eigenständigen Ver­ fahren zur Konfliktlösung. Vielmehr handelt es sich um ein Anhängsel am Gerichtsprozess beziehungsweise nur um eine Form der Konfliktbeendi­ gung, aber kein Verfahren. Damit sind auch sie nicht mit der Mediation vergleichbar. Anders ist es mit dem Güterichterverfahren. Es beruht auf den gleichen Verfahrensgrundsätzen wie eine Mediation, nämlich der Freiwilligkeit, In­ formiertheit und Vertraulichkeit. Die Nähe zu einer Mediation und damit zugleich die Abgrenzung zu anderen Verfahren liegt in der fehlenden Ent­ scheidungsbefugnis des Güterichters. Damit ist wiederum eine starke Selbst­ verantwortung der Parteien verbunden. Das hoheitliche Güterichterverfahren kann damit in Konkurrenz zu der von Mediatoren angebotenen Mediation stehen.

2. Kapitel

Rechtliche Grundlagen von Mediation und Güterichterverfahren Das Güterichterverfahren ist einer Mediation ähnlich.1 Bevor es aber ausführlich mit der Mediation verglichen werden kann, werden in diesem Kapitel die rechtlichen Grundlagen der beiden Verfahren geklärt. Das ist jedenfalls für einen anschließenden Befugnisvergleich, der durch das Recht geprägt wird, bedeutsam. Begonnen wird mit der Darstellung der rechtlichen Grundlagen der Me­ diation. Diese beruhen in weiten Teilen auf unionsrechtlichen Vorgaben, die damit den Ausgangspunkt der Darstellung bilden. Darauf wird das Gesetz­ gebungsverfahren der Richtlinienumsetzung nachgezeichnet, das schließlich mit dem Mediationsgesetz sein Ende gefunden hat. Eine Darstellung der so bestehenden Regelungen schließt sich an. In gleicher Weise wird mit den rechtlichen Grundlagen des Güterichter­ verfahrens umgegangen. Seine Einführung beruht auf den Erfahrungen und Erwartungen, die die Bundesländer in den Modellprojekten der gerichts­ internen Mediation gesammelt hatten. Aus diesem Grund wird mit einem Abriss der gerichtsinternen Mediation begonnen. Daraufhin wird das Ge­ setzgebungsverfahren beschrieben, das schließlich in der rechtlichen Fas­ sung dieses Verfahrens mündete.

A.  Rechtliche Grundlagen der privatautonomen Mediation Im Juli 2012 wurde das Mediationsgesetz2 erlassen, durch das erstmalig berufsrechtliche Regelungen eigens für Mediatoren eingeführt worden sind. Diese konnten bisher ohne nähere rechtliche Vorgaben tätig werden. Der Erlass des Mediationsgesetzes diente zugleich der Umsetzung von unions­ rechtlichen Richtlinienvorgaben. Im Folgenden wird zunächst die Richtlinie 2008 / 52 / EG vorgestellt, die den Ausgangspunkt für das Mediationsgesetz 1  Siehe

oben, 1. Kapitel, B. I. 3. zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergericht­ lichen Konfliktbeilegung vom 21.  Juli 2012, BGBl. I 2012, S. 1577 ff. 2  Gesetz

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2. Kap.: Rechtliche Grundlagen

bildete. Es werden zunächst ihr Anwendungsbereich, dann ihre inhaltlichen Vorgaben beschrieben. Schließlich folgt eine Darstellung des Gesetzge­ bungsverfahrens und der Inhalte des Mediationsgesetzes.

I.  Unionsrechtliche Vorgaben 1.  Anwendungsbereich der Richtlinie 2008 / 52 / EG Mitte 2008 wurde vom Europäischen Parlament und dem Rat die Richtli­ nie 2008 / 52 / EG erlassen.3 Mit dieser wurde das Ziel verfolgt, außergericht­ liche Streitbeilegung zu fördern. Ein Beweggrund dafür war die Annahme, durch die Förderung von alternativen Streitbeilegungsverfahren ergebe sich ein einfacherer und verbesserter Zugang zum Recht.4 Mediation wird dabei ausdrücklich als eine Form der außergerichtlichen Streitbeilegung erwähnt. Sie sei ein an den Bedürfnissen von Konfliktparteien orientiertes Verfahren, durch welches kostengünstige, schnelle und nachhaltige Lösungen zu errei­ chen seien. Gerade bei grenzüberschreitenden Fällen sei das vorteilhaft.5 Der räumliche Anwendungsbereich der Richtlinie erstreckt sich nur auf grenzüberschreitende Fälle, Art. 1 Abs. 2 Richtlinie 2008 / 52 / EG. Vorgaben für Mediationen, denen keine grenzüberschreitenden Streitigkeiten zugrunde liegen, enthält die Richtlinie nicht. Allerdings ist es den Mitgliedstaaten unbenommen, die in der Richtlinie getroffenen Vorgaben auch auf inländi­ sche Verfahren anzuwenden.6 Als grenzüberschreitend sind nach Art. 2 Richtlinie 2008 / 52 / EG solche Streitigkeiten definiert, bei denen mindestens eine Partei ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat hat als die andere Partei. In der Regel wird also an den Wohnsitz oder den gewöhnlichen Aufenthalt der Parteien angeknüpft. Darüber hinaus werden auch solche Streitigkeiten als grenzüberschreitend behandelt, bei denen nach einem Streitbeilegungsverfahren ein Gerichtsoder Schiedsverfahren in einem anderen Mitgliedstaat eingeleitet wird, in dem die Parteien ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, Art. 2 Abs. 2 Richtlinie 2008 / 52 / EG. Allerdings finden in den letztgenann­ ten Fällen nur die noch zu besprechenden Art. 7 und 8 Anwendung, die einen Vertraulichkeitsschutz einer vorangegangenen Mediation und die Hemmung der Verjährungsfristen durch dieselbe gebieten. 3  Richtlinie 2008 / 52 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.  Mai 2008 über bestimmte Aspekte der Mediation in Zivil- und Handelssachen, ABl. L 136 vom 24.  Mai 2008, S. 3 ff. 4  Richtlinie 2008 / 52 / EG, Erwägungsgrund 3. 5  Richtlinie 2008 / 52 / EG, Erwägungsgrund 6. 6  Richtlinie 2008 / 52 / EG, Erwägungsgrund 8.



A. Rechtliche Grundlagen der privatautonomen Mediation49

In sachlicher Hinsicht findet die Richtlinie nur Anwendung im Bereich des Zivil- und Handelsrechts, Art. 1 Abs. 2 Richtlinie 2008 / 52 / EG. Aus­ drücklich ausgenommen sind solche Streitgegenstände, über die die Kon­ fliktparteien in aller Regel nicht verfügen können. Dazu gehören nach Art. 1 Abs. 2 Richtlinie 2008 / 52 / EG jedenfalls Steuer- und Zollsachen, verwal­ tungsrechtliche Angelegenheiten und die Staatshaftung.7 Da es sich bei der dortigen Aufzählung um keine abschließende Regelung handelt, können sich auch in anderen Rechtsbereichen Rechte und Pflichten finden, die die An­ wendbarkeit der Richtlinie mangels Verfügungsbefugnis der Parteien aus­ schließt. Die Richtlinie selbst weist in diesem Zusammenhang auf das Fa­ milienrecht und das Arbeitsrecht hin.8 Die Richtlinie trifft keine Unterscheidung zwischen Mediationen, die von Mediatoren geleitet und solchen, die von Richtern durchgeführt werden. Die einzige Ausnahme davon besteht im letzten Fall für mediative Elemente, die während des Gerichtsverfahrens durch den entscheidungsbefugten Richter eingesetzt werden. Das alleine führt nicht zur sachlichen Anwendbarkeit der Richtlinie. 2.  Inhaltliche Vorgaben der Richtlinie 2008 / 52 / EG Zweck der Richtlinie ist die Förderung der außergerichtlichen Streitbeile­ gung in Form der Mediation. Da sie keine Unterscheidung zwischen ge­ richtlicher und freiberuflicher Mediation trifft, enthält sie für beide Bereiche gleichermaßen Vorgaben. Die Mitgliedstaaten haben nach Art. 4 Richtlinie 2008 / 52 / EG die Entwicklung und die Einhaltung von freiwilligen Verhal­ tenskodizes für Mediatoren zu fördern. Ebenso sind die Aus- und Fortbil­ dung der Mediatoren zu fördern, damit die durchgängige Qualität der Me­ diation sichergestellt wird. Gerichte, bei denen eine Klage anhängig ist, sollen auf Mediation hinwei­ sen und je nach Einzelfall auf eine solche hinwirken. Unbenommen ist es den Mitgliedstaaten, Mediation als Verfahren einzuführen oder beizubehal­ ten, welches vor oder nach Beginn eines Gerichtsverfahrens durchzuführen ist. Das kann auch mit Anreizen oder Sanktionen verbunden werden, solan­ ge das Recht auf Zugang zu den Gerichten nicht verhindert wird, Art. 5 Abs. 2 Richtlinie 2008 / 52 / EG. Die bis hier genannten Vorgaben der Richtlinie bieten den Mitgliedstaaten einen großen Raum für die Umsetzung.9 Daneben werden auch Vorgaben 7  In Art. 1 Abs. 2 2008 / 52 / EG durch den Klammerzusatz als „acta iure imperii“ beschrieben. 8  Richtlinie 2008 / 52 / EG, Erwägungsgrund 10. 9  Vgl. Wagner, ZKM 2012, 110 [110 ff.].

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2. Kap.: Rechtliche Grundlagen

gemacht, die inhaltlich kaum Umsetzungsspielraum haben. So befasst sich Art. 6 Richtlinie 2008 / 52 / EG mit der Vollstreckbarkeit einer in einer Me­ diation erreichten Vereinbarung. Die Mitgliedstaaten haben nach Art. 6 Abs. 1 Richtlinie 2008 / 52 / EG ein Verfahren einzuführen, nach dem der Inhalt einer abschließenden Mediationsvereinbarung auf Antrag der Parteien für vollstreckbar erklärt werden kann. Eine Ausnahme von diesem Erforder­ nis besteht nur für solche Vereinbarungen, deren Inhalt rechtswidrig oder die in diesem Mitgliedstaat nicht für vollstreckbar erklärt werden können, weil eine Vollstreckbarkeit für diesen Inhalt nicht vorgesehen ist. Als mög­ liche zuständige Stellen sind nach Art. 6 Abs. 2 Richtlinie 2008 / 52 / EG Gerichte oder andere öffentliche Stellen benannt, die durch Urteil, Entschei­ dung oder in einer öffentlichen Urkunde die Vollstreckbarkeit herbeiführen können. Die adressierten Mitgliedstaaten haben darüber hinaus auch die Vertrau­ lichkeit der Mediation durch entsprechende Vorschriften zu wahren. So sollen weder Mediatoren noch deren Hilfspersonen gezwungen sein, in ei­ nem Zivil- oder Handelsverfahren Informationen aus der Mediation offen­ zulegen. Die Vorgabe des Art. 7 Richtlinie 2008 / 52 / EG bezieht sich damit nicht auf Verwaltungs- oder Strafverfahren. Ebenso besteht eine Ausnahme für vorrangige Gründe der öffentlichen Ordnung10, die etwa bei Kindes­ wohlverfahren oder bei physischem oder psychischem Zwang einschlägig sein kann, Art. 7 Abs. 1 a) Richtlinie 2008 / 52 / EG. Ebenso gibt es eine Ausnahme vom Grundsatz der Vertraulichkeit, wenn es für die Umsetzung oder die Vollstreckbarerklärung der erzielten Vereinbarung notwendig ist, Art. 7 Abs. 1 b) Richtlinie 2008 / 52 / EG. Schließlich muss nach Art. 8 Abs. 1 sichergestellt werden, dass die Par­ teien nicht durch ein Mediationsverfahren davon abgehalten werden, später ein Gerichtsverfahren anzustrengen. Aus diesem Grund müssen durch eine Mediation in dieser Sache Verjährungsfristen gehemmt werden. Die Richtlinie wurde am 21.  Mai 2008 erlassen und trat 20 Tage danach in Kraft. Für die Umsetzung der oben genannten Vorgaben enthielt sie eine Frist bis zum 21.  Mai 2011.

II.  Gesetzgebungsverfahren des Mediationsgesetzes Die folgende Darstellung des Gesetzgebungsverfahrens11 beschränkt sich auf das Mediationsgesetz, die für den Güterichter wesentlichen Punkte wer­ 10  In

Form des ordre public. bei http: /  / dipbt.bundestag.de / extrakt / ba / WP17 / 330 / 33050.html. Carl, ZKM 2012, 16 hat die Unterschiede der richterlichen Mediation zu der Tätig­ 11  Übersicht



A. Rechtliche Grundlagen der privatautonomen Mediation

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den weiter unten dargestellt.12 Am 10. August 2010 begann das Bundesmi­ nisterium der Justiz damit, einen Referentenentwurf des Mediationsgesetzes an Bundesländer und Verbände zu versenden.13 Dieser Bestand aus einem Mediationsgesetz und einigen Änderungen der Prozessordnungen, sowie des Gerichtsverfassungsgesetzes. Das Mediationsgesetz in der Fassung des Referentenentwurfs enthielt eine Aufgabenbeschreibung des Mediators sowie Offenbarungs-, Verschwie­ genheits- und Neutralitätspflichten. Ebenso wurde die eigenständige Ausund Fortbildung als Pflicht des Mediators festgelegt. Für die Möglichkeit der Vollstreckung einer in der Mediation erzielten Vereinbarung sollte eine eigene Norm geschaffen werden. Diese war strukturell an den Anwaltsver­ gleich angelehnt14 und sah vor, dass eine Mediationsvereinbarung durch das hypothetisch zuständige Prozessgericht für vollstreckbar erklärt werden konnte.15 Auf diesen Entwurf folgte am 12. Januar 2011 der Entwurf der Bundesre­ gierung eines Mediationsgesetzes und weiterer Änderungsgesetze.16 Dieser unterschied sich nicht wesentlich von dem Referentenentwurf. Nach der Zu­ leitung des Regierungsentwurfes an den Bundesrat17 nahmen verschiedene Ausschüsse desselben zu dem Entwurf Stellung18. Diese empfahlen unter an­ derem, die Grundqualifikation der Mediatoren nicht ausschließlich in deren eigener Verantwortung zu belassen. Angeregt wurden in diesem Punkt Zulas­ sungs-, Anerkennungs- oder Zertifizierungsverfahren.19 Auf diese Empfeh­ lungen gründete sich schließlich auch die Stellungnahme des Bundesrats.20 Der Entwurf der Bundesregierung wurde daraufhin am 1. April 2011 dem Bundestag zugeleitet.21 Ergänzend nahm die Bundesregierung Stellung zu den Anmerkungen des Bundesrats22: Die Anmerkung bezüglich der Sicher­ keit des Güterichters herausgearbeitet. Vgl. auch Francken, NZA 2012, 836 [836 ff.]; Henssler / Deckenbrock, DB 2012, 159 [159 ff.]; Prütting, AnwBl 2012, 204 [204 f.]. 12  Siehe unten, 2. Kapitel, B. II. 13  Referentenentwurf abzurufen unter http: /  / www.bundesgerichtshof.de / Shared­ Docs / Downloads / DE / Bibliothek / Gesetzesmaterialien / 17_wp / mediationsg / refe.pdf. 14  Vgl. § 796a, 796b ZPO. 15  Vgl. Wagner, ZKM 2012, 110 [111]. 16  Regierungsentwurf abzurufen unter http: /  / www.bundesgerichtshof.de / Shared Docs / Downloads / DE / Bibliothek / Gesetzesmaterialien / 17_wp / mediationsg / rege.pdf. 17  BR-Drs. 60 / 11. 18  BR-Drs. 60 / 1 / 11. 19  BR-Drs. 60 / 1 / 11, S. 2 f. 20  BR-Drs. 60 / 11 (Beschluss). 21  BT-Drs. 17 / 5335. 22  BT-Drs. 17 / 5496.

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2. Kap.: Rechtliche Grundlagen

stellung der Qualität der Aus- und Fortbildung von Mediatoren wurde auf­ gegriffen und sollte im weiteren Gesetzgebungsverfahren geprüft werden.23 Nach der ersten Lesung am 14.  April 2011 wurde der Regierungsentwurf zur weiteren Beratung in den Rechtsausschuss überwiesen. Der Rechtsausschuss nahm die Anregung des Bundesrats bezüglich der Qualität der Aus- und Fortbildung der Mediatoren auf. In seinem Entwurf24 wurde der nun neue Begriff des „zertifizierten Mediators“ eingeführt. Vor­ gesehen wurde, dass ein Mediator diesen verwenden dürfe, dessen Ausbil­ dung gewissen Mindeststandards entsprochen hat. Eine Mediation durch einen Mediator, dessen Ausbildung möglicherweise keine Standards erfüllt hat, sollte jedoch weiterhin möglich bleiben. Die Regelung der Vollstreckbarerklärung analog zu einem Anwaltsver­ gleich wurde hingegen gestrichen.25 Man verwies darauf, dass die Parteien ihre Abschlussvereinbarung auch von einem Notar protokollieren lassen könnten, welches wiederum zu einem vollstreckbaren Titel führe26.27 Am 15.  Dezember 2011 wurde in zweiter und dritter Lesung die vom Rechtsausschuss erarbeitete Gesetzesfassung durch den Bundestag ange­ nommen.28 Nach der Weiterleitung an den Bundesrat29 verlangte dieser wiederum die Einberufung des Vermittlungsausschusses.30 Dort ergaben sich für das Mediationsgesetz keine weiteren Änderungen. Die Diskussion und das letztendliche Vermittlungsergebnis bezogen sich weitestgehend nur auf den Güterichter. Am 28.  Juni 2012 nahm der Bundestag die Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses an,31 der Bundesrat wiederum legte keinen Ein­ spruch nach Art. 77 Abs. 3 GG ein32. Damit konnte das Mediationsgesetz am 25.  Juli 2012 verkündet werden und am darauf folgenden Tag in Kraft treten.33 Die von der Richtlinie 2008 / 52 / EG vorgesehene Umsetzungsfrist wurde damit um gut ein Jahr überschritten. 23  BT-Drs.

17 / 5496, S. 2. 17 / 8058. 25  Vgl. Prütting, JZ 2008, 847 [848, 851], der bereits bei Inkrafttreten der Richt­ linie die Befürchtung hegte, die Umsetzung werde nur mit Minimalanpassungen vorgenommen. 26  Vgl. § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO. 27  BT-Drs. 17 / 8058, S. 21. 28  BT-Plenarprotokoll 17 / 149, S. 17848. 29  BR-Drs. 10 / 12. 30  BR-Drs. 10 / 12 (Beschluss); BT-Drs. 17 / 8680. 31  BR-Drs. 377 / 12. 32  BR-Drs. 377 / 12 (Beschluss). 33  BGBl. I 2012, S. 1577 ff. 24  BT-Drs.



A. Rechtliche Grundlagen der privatautonomen Mediation

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III.  Inhalte des Mediationsgesetzes Die einfachgesetzlichen Regelungen im Bereich der Mediation lassen sich damit wie folgt zusammenfassen:34 Im Mediationsgesetz finden sich zu­ nächst Begriffsbestimmungen, § 1 MediationsG, und Beschreibungen we­ sentlicher Grundsätze von Mediation, §§ 2, 3 MediationsG. Nach § 1 Abs. 1 MediationsG wird Mediation als ein vertrauliches und strukturiertes Verfahren definiert, bei dem Parteien mithilfe eines oder meh­ rerer Mediatoren freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beilegung ihres Konflikts anstreben. Der Mediator ist nach § 1 Abs. 2 Me­ diationsG eine unabhängige und neutrale Person ohne Entscheidungsbefug­ nis, der die Parteien durch die Mediation führt. § 2 Abs. 2 MediationsG greift den Grundsatz der Freiwilligkeit auf und bestimmt die Pflicht des Mediators darauf zu achten, dass die Beteiligten an der Mediation freiwillig teilnehmen. Mit dem Anspruch der freiwilligen Teilnahme stimmt überein, dass nach § 2 Abs. 5 MediationsG die Beteilig­ ten die Mediation jederzeit beenden können. Nach § 2 Abs. 6 MediationsG ist es eine Pflicht des Mediators darauf hinzuwirken, dass die Beteiligten ihre abschließende Vereinbarung in Kenntnis aller relevanten Umstände treffen. Er hat also für die Informiertheit der Beteiligten Sorge zu tragen. Dazu kann er auf eine externe Beratung hinweisen. Anknüpfend an die Definition des Mediators als neutraler Dritter ver­ pflichtet ihn § 2 Abs. 2 MediationsG allen Beteiligten gleichermaßen. Er soll die Beteiligten in angemessener und fairer Weise in das Verfahren einbinden. An die Neutralität des Mediators anschließend begründet § 3 Abs. 1 MediationsG eine Offenbarungspflicht, nach der er alle Umstände offenzulegen hat, die seine Unabhängigkeit und Neutralität beeinträchtigen können. Gibt es solche Umstände, müssen die Beteiligten einer Mediation durch ihn ausdrücklich zustimmen. Ein absolutes Tätigkeitsverbot besteht nach § 3 Abs. 2 MediationsG je­ doch dann, wenn der Mediator zuvor in derselben Sache für einen Beteilig­ ten tätig gewesen ist. In diesem Fall gibt es keine Möglichkeit der Zustim­ mung durch die Beteiligten. Spiegelbildlich darf der Mediator auch nicht während oder nach der Mediation für einen Beteiligten tätig werden. Das gleiche Tätigkeitsverbot, sowohl eine Mediation bei vorheriger Be­ fassung in der Sache für einen Beteiligten zu führen, wie auch während oder nach einer Mediation für einen Beteiligten tätig zu werden, gilt nach § 3 Abs. 3 MediationsG auch für Personen derselben Berufsausübungs- oder 34  Vgl. auch die Zusammenfassung bei Henssler / Deckenbrock, DB 2012, 159 [161 ff.]; Risse, SchiedsVZ 2012, 244.

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2. Kap.: Rechtliche Grundlagen

Bürogemeinschaft. Von diesem Tätigkeitsverbot können nach § 3 Abs. 4 MediationsG die Medianden eine Freistellung erteilen. Das Mediationsgesetz greift an zwei Stellen den Grundsatz der Vertrau­ lichkeit auf. Zum einen wird ein Aspekt der Vertraulichkeit in § 2 Abs. 4 MediationsG geregelt, nach dem Dritte nur Zugang zum Verfahren haben, wenn alle Beteiligten damit einverstanden sind. Weitaus bedeutender sind die eingeführten Verschwiegenheitspflichten. Grundsätzlich sind der Media­ tor und beteiligte Personen auf seiner Seite nach § 4 MediationsG zur Verschwiegenheit verpflichtet. Von der Verschwiegenheitspflicht sind drei Ausnahmen geregelt: zum einen für Informationen, die für die Umsetzung oder die Vollstreckung der erzielten Vereinbarung notwendig sind. Die Pflicht zur Verschwiegenheit gilt auch dann nicht, wenn es vorrangige Gründe der öffentlichen Ordnung die Offenlegung gebieten, insbesondere wenn es das Kindeswohl oder die Abwendung von psychischem oder physischem Zwang erfordern. In der Richtlinie nicht genannt, aber im Mediationsgesetz als dritte Ausnahme aufgenommen, gilt die Verschwiegenheitspflicht auch nicht für offenkundige oder nicht geheimhaltungsbedürftige Tatsachen. Ein gesondertes Verfahren für die Vollstreckbarerklärung der erzielten Vereinbarung ist schließlich nicht eingeführt worden. Diese Richtlinienvor­ gabe wurde als dadurch umgesetzt angesehen, dass die Mediationsparteien ihre Vereinbarung notariell beurkunden lassen können. Aus dieser Urkunde wiederum kann vollstreckt werden. Ebenso wurde die Hemmung der Ver­ jährung nicht gesondert geregelt, sondern als von § 203 S. 1 BGB bereits erfasst eingeordnet. Die Förderung der Einhaltung von Verhaltenskodizes und die damit ver­ bundene Sicherstellung der Qualität einer Mediation wurde durch die Ausund Fortbildungsvorschriften des § 5 MediationsG umgesetzt. Wenn diese Vorschriften auch nicht zwingend sind, so ist mit der Einführung des „zer­ tifizierten Mediators“ doch ein Anreiz geschaffen, dass sich Mediatoren entsprechend aus- und fortbilden (lassen), um diese Bezeichnung führen zu dürfen. Die Richtlinienvorgabe der Förderung der Mediation als Streitbeilegungs­ verfahren ist schließlich durch unterschiedliche Regelungen umgesetzt wor­ den. So findet sich nun in der Zivilprozessordnung mit § 278a Abs. 1 das ausdrückliche Recht des Gerichts, eine Mediation oder ein anderes außerge­ richtliches Konfliktbeilegungsverfahren vorzuschlagen. Damit sich die Ent­ scheidung zu einem solchen Verfahren nicht zulasten einer Partei auswirkt, ist nach § 278a Abs. 2 ZPO das Ruhen des Verfahrens anzuordnen. Diese Regelung findet sich nun in jeder Prozessordnung mit Ausnahme der Straf­



B. Rechtliche Grundlagen des Güterichters

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prozessordnung wieder: § 36a FamFG, § 54a ArbGG sowie Verweise auf § 278a ZPO in § 202 S. 1 SGG, § 173 S. 1 VwGO, § 155 S. 1 FGO, § 99  PatG und § 82 MarkenG.

B.  Rechtliche Grundlagen des Güterichters Zeitgleich mit Erlass des Mediationsgesetztes haben die Zivilprozessord­ nung, das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angele­ genheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, das Arbeitsgerichtsgesetz, das Sozialgerichtsgesetz und die Verwaltungsgerichtsordnung eine Neuerung erfahren: den Güterichter. Bei dem Güterichter handelt es sich um die personelle Verankerung des Mediationsgedankens in den genannten Prozessordnungen. Er wurde nicht unionsrechtlich vorgegeben, sondern für seine Einführung waren Erfahrun­ gen bestimmend, die in einzelnen Gerichtsmodellprojekten gemacht werden konnten. In Modellprojekten der gerichtsinternen Mediation wurde seit Beginn der 2000er Jahre untersucht, ob eine mediative Streitbeilegung an Gerichten möglich ist. Zu Mediatoren ausgebildete Richter übernahmen dabei die Vermittlung in bei Gericht anhängigen Konflikten. Die so erzielten Vermittlungsergebnisse bereiteten den Weg für den Gü­ terichter. Für das Verständnis des Güterichters ist also ein kurzer Abriss der gerichtsinternen Mediation notwendig. Schließen wird dieses Kapitel mit der Darstellung der nationalen Gesetzgebung bezogen auf den Güte­ richter.

I.  Modellprojekte der gerichtsinternen Mediation Nach § 279 Abs. 1 ZPO a. F.35 war das Zivilgericht angehalten, in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreites oder einzelner Streitpunkte bedacht zu sein. Nach § 279 Abs. 2 ZPO a. F. war es möglich, das persönliche Erscheinen der Parteien für einen Güteversuch anzuordnen. In der Praxis allerdings zeigte sich, dass diese Regelung kaum zu einer einvernehmlichen Streitbeendigung führte.36 Um die außergerichtliche Streitbeilegung zu fördern, wurde daraufhin mit § 278 Abs. 5 ZPO a. F.37 zum einen die Möglichkeit geschaffen, dass das Gericht eine außergerichtliche Streitschlichtung vorschlagen kann. Zudem 35  BGBl. I

1976, S. 3281 ff., außer Kraft getreten am 31.  Dezember 2001. v. Bargen, Jan Malte, Gerichtsinterne Mediation, S. 64. 37  BGBl. I 2001, S. 1887 ff., außer Kraft getreten am 31. August 2004. 36  Vgl.

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2. Kap.: Rechtliche Grundlagen

wurde der noch fakultative Güteversuch zu einer obligatorischen Gütever­ handlung umgestaltet.38 Doch auch diese beiden Änderungen konnten nicht wesentlich dazu beitragen, die Zahl der außergerichtlichen Streitbeilegungen zu erhöhen. So wurde in einem Modellprojekt am Amtsgericht und dem Landgericht Stuttgart von der Möglichkeit, eine außergerichtliche Streitbei­ legung anzuregen, innerhalb von zwei Jahren nur 37 Mal Gebrauch gemacht. Diese Anregungen wurden in nur elf Fällen angenommen.39 Zeitlich vor Erlass und Umsetzung der Richtlinie 2008 / 52 / EG gab es somit Möglichkeiten einer Streitbeilegung auf nicht gerichtlichem Weg be­ ziehungsweise die Anregungen einer solchen durch die Gerichte. Von ihnen wurde aber nur selten Gebrauch gemacht. Um das nachhaltig zu ändern, wurden in den folgenden Jahren40 in vielen Bundesländern Modellprojekte41 eingeführt, die Mediation innerhalb des Gerichts fördern sollten.42 Bei diesen Projekten wurden Richter in Konflikt­ lösungsverfahren, wie der Mediation, geschult und dann als Richtermedia­ toren eingesetzt. Überwiegend wurden von den Prozessgerichten Fälle, die als für eine Mediation geeignet erschienen, direkt an die Richtermediatoren weitergegeben, die daraufhin mit den Konfliktparteien Kontakt aufnahmen. Sie sollten für eine solche Konfliktlösung außerhalb des gerichtlichen Ver­ fahrens gewonnen werden. Die Richtermediatoren gehörten nicht dem Pro­ zessgericht an und hatten in der Sache keinerlei Entscheidungsbefugnis. Das Verfahren fand also außerhalb des Prozesses, wohl aber innerhalb der Ge­ richtsorganisation statt. Rechtlich wurde die Tätigkeit der Richtermediatoren entweder als rechtsprechende Tätigkeit oder als gerichtsverwaltende Tätig­ keit eingeordnet.43 38  Vgl. Foerste, in: Musielak (Hrsg.), Kommentar zur Zivilprozessordnung, § 278 ZPO, Rdnr.  1. 39  v. Bargen, Jan Malte, Gerichtsinterne Mediation, S. 64. Ein ähnlich geringer Anteil auch bei Greger, NJW 2007, 3258 [3260]. Vgl. auch BR-Drs. 747 / 04; Hommerich / Prütting / Ebers / Lang / Traut, Rechtstatsächliche Untersuchung zu den Auswirkungen der Reform des Zivilprozessrechts auf die gerichtliche Praxis, S. 84 ff.; Bercher / Engel, JZ 2010, 226 [227]. 40  Einige Modellversuche begannen bereits im Jahr 2000, so am Verwaltungsge­ richt Berlin, vgl. Ortloff, Mediation und Verwaltungsprozess, in: Haft / v.  Schlieffen (Hrsg.), Handbuch Mediation, § 41, Rdnr.  86. 41  Zu den Modellprojekten im Bereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit Ortloff, NVwZ 2004, 385 [386 ff.]. Allgemein dazu aus diesem Zeitrahmen Ziekow, NVwZ 2004, 390. 42  Ausführliche Darstellung bei v. Bargen, Jan Malte, Gerichtsinterne Mediation, S. 70 ff. Eine kurze Übersicht auch bei Bader, Gerichtsinterne Mediation am Verwal­ tungsgericht, S. 38 ff. 43  Vgl. zu den einzelne Projektdarstellungen v. Bargen, Jan Malte, Gerichtsinter­ ne Mediation, S. 70 ff.



B. Rechtliche Grundlagen des Güterichters

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Besonders zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang das Modellprojekt „Güterichter“ des Landes Bayern.44 Anfang 2005 wurden an acht Landge­ richten in Bayern durch den Geschäftsverteilungsplan Richter als Richter­ mediatoren eingesetzt. Diese waren zuvor in Konfliktbearbeitung ausgebildet worden. Ihre Tätigkeit umfasste die mediative Bearbeitung von bei den Landgerichten anhängigen Verfahren. Ihnen wurde die Aufgabe der Güte­ verhandlung nach § 278 Abs. 5 S. 1 ZPO a. F. als ersuchte Richter aufgetra­ gen. Die Richtermediatoren waren in dem anhängigen Verfahren nicht ent­ scheidungsbefugt und somit in der Rolle eines Mediators. Zunächst war geplant worden, dieses Modellprojekt zu Ende 2006 aus­ laufen zu lassen. Wegen des Erfolges jedoch wurde es darüber hinaus ver­ längert. So endeten knapp 70 Prozent der Verfahren vor dem bayerischen Güterichter mit einer Einigung.45 Diese wiederum erledigten in allen Fällen den Konflikt vollständig, in gut einem Drittel der Fälle ging die erzielte Einigung über den Streitgegenstand hinaus. Allerdings waren in gut 40 Prozent der Fälle, die an einen solchen Güterichter herangetragen worden sind, eine oder mehrere Parteien nicht zu einem solchen Verfahren bereit.46 Die hohe Einigungsbereitschaft muss also vor dem Hintergrund einer dop­ pelten Auswahl, nämlich zunächst durch die Verweisung an den bayerischen Güterichter und schließlich durch die Parteien gesehen werden. In der Mehrzahl aller Güterichterverfahren war es noch nicht zu einer Verhandlung vor dem Prozessgericht gekommen.47 In den erfolgreichen Fällen kam es auch nicht mehr zu einer solchen Verhandlung, was die Prozessgerichte entsprechend entlastete. Noch während der Vorbereitungen für das Modellprojekt „Güterichter“ brachte das Land Bayern einen Gesetzesentwurf zur Änderung der Zivilpro­ zessordnung in den Bundesrat ein.48 Es war vorgesehen, Abs. 5 des § 278 ZPO neu zu fassen und die ausdrückliche Möglichkeit der Verweisung an einen Güterichter vorzusehen. Die Vertraulichkeit dieses Verfahrens sollte über eine Ausnahme von der Protokollpflicht – durch Änderung des § 159 Abs. 2 ZPO – und einem Verwertungsverbot nach einem neuen § 286 Abs. 3 44  Ausführliche Projektbeschreibung bei Greger, Abschlussbericht zur Evaluation des Modellversuchs Güterichter; zusammengefasst bei Greger, ZRP 2006, 229. 45  Greger, Abschlussbericht zur Evaluation des Modellversuchs Güterichter, S. 12. Vgl. ganz ähnliche Zahlen bei Isermann, Recht und Politik 2011, 9 [11], der sich auf alle zu der Zeit angebotenen Gerichtsmediationen in Deutschland bezieht. 46  Greger, Abschlussbericht zur Evaluation des Modellversuchs Güterichter, S. 12 f. 47  Greger, Abschlussbericht zur Evaluation des Modellversuchs Güterichter, S. 19 ff. 48  BR-Drs. 747 / 04.

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2. Kap.: Rechtliche Grundlagen

ZPO sichergestellt werden. Über diesen Gesetzesantrag wurde jedoch nie beraten.49 Die Bundesländer haben demnach bereits seit 2002 Erfahrungen mit ge­ richtsinterner Mediation gesammelt. Die dort gemachten positiven Erfahrun­ gen50 hinsichtlich der Erledigung der Streitigkeiten fanden sich im nationa­ len Gesetzgebungsverfahren des Mediationsgesetzes und der Änderungen der Prozessordnungen wieder. Neben den genannten Projekten der gerichtsinternen Mediation51 gab es auch Modellprojekte der gerichtsnahen Mediation52. Bei diesen wurden nichtrichterliche Mediatoren53, etwa Rechtsanwälte, eingesetzt. Die Befas­ sung gerichtsexterner Mediatoren hat sich jedoch mit der Einführung des Güterrichters erübrigt. Insoweit stehen die Projekte der gerichtsinternen Mediation dem jetzigen Güterichtermodell am nächsten und werden im Folgenden in Bezug genommen.

49  Vgl.

BT-Drs. 16 / 13317. v. Olenhusen, DRiZ 2003, 396 [397]; Seibert, NVwZ 2008, 365 [370]. 51  Monßen, ZKM 2006, 83 [83] weist darauf hin, dass der Begriff der „gerichts­ internen“ Mediation eine täuschende Assoziation zu „innerbetrieblichen“ Mediatio­ nen nahelegt. Bei diesen handelt es sich um die Mediation von Konflikten innerhalb eines Betriebes, etwa zwischen Arbeitnehmern oder zwischen Arbeitnehmer und Arbeitsgeber. Übertragen auf den Bereich der gerichtsinternen Mediation könnte nun angenommen werden, es handle sich um Konflikte innerhalb der Gerichte, etwa zwischen Richtern und Justizbeamten. Doch im Fall der gerichtsinternen Mediation wird ein Richter als Mediator für einen von außen an das Gericht herangetragenen Fall tätig. Das werde mit dem Begriff der Richtermediation deutlicher zum Aus­ druck gebracht. 52  Diese fanden jedoch im Gesetzgebungsverfahren keine Berücksichtigung, vgl. Francken, NZA 2012, 836 [837]; Francken, NZA 2011, 1001 [1002]; noch im Re­ ferentenentwurf enthalten, S. 3, abzurufen unter http: /  / www.bundesgerichtshof. de / SharedDocs / Downloads / DE / Bibliothek / Gesetzesmaterialien / 17_wp / mediati onsg / refe.pdf. 53  Vgl. Ortloff, NVwZ 2002, 1310 [1316]; Klose, ZKM 2005, 145 [145]; Greger, NJW 2007, 3258 [3260]. Die Benennung des Modelprojekts „Gerichtsnahe Media­ tion in Niedersachsen“ ist insoweit abweichend, denn dort wurden ausschließlich Richter als Mediatoren eingesetzt, Spindler, Gerichtsnahe Mediation in Niedersach­ sen, Rdnr.  13, vgl. auch Clostermann / Josephi / Klein-Tebbe / Niewisch-Lennartz / Vogelei, SGb 2003, 266 [267]; Kilian / Wielgosz, ZZP Int 9 (2004), 355 [358 f.]; Monßen, Richtermediation – Die Justiz als Mitbewerber bei der gerichtsnahen Mediation, in: Hengstl / Sick (Hrsg.), Festschrift Haase, S. 293 [297]. Zu den abweichenden Begrifflichkeiten auch Ortloff, NVwZ 2004, 385 [388]; Isermann, Recht und Politik 2011, 9 [12 f.]. 50  Vgl.



B. Rechtliche Grundlagen des Güterichters

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II.  Gesetzgebungsverfahren zur Einführung des Güterichters Auch das Gesetzgebungsverfahren, das schließlich mit der Einführung des Güterichters endete, begann mit dem bereits erwähnten Referentenentwurf54 für das Mediationsgesetz und der Änderungen der Prozessordnungen und des Gerichtsverfassungsgesetzes. In diesem wurde vorgeschlagen, eine Ermächti­ gung in das Gerichtsverfassungsgesetz aufzunehmen, nach der die Bundes­ länder ausdrücklich berechtigt gewesen wären, richterliche Mediation anzu­ bieten. Dem Wortlaut nach war diese Ermächtigung auf den Bereich des Zivil­ rechts beschränkt. Durch die bereits bestehenden Verweise in den übrigen Gerichtsordnungen auf das Gerichtsverfassungsgesetz sollte diese Möglich­ keit aber auch in den übrigen Gerichtsbarkeiten gelten. Mit der so vorgeschlagenen Ermächtigung sollte zum einen eine gesetz­ liche Grundlage für die bereits stattfindenden Modellprojekte der gerichts­ internen Mediation geschaffen werden.55 Zum anderen sollte angeregt wer­ den, die Angebote der gerichtsinternen Mediation auszubauen.56 Der auf den Referentenentwurf folgende Entwurf der Bundesregierung57 brachte diesbezüglich keine Änderungen mit sich. Insbesondere wurde an der Ermächtigung der Bundesländer für die Einführung richterlicher Media­ tion festgehalten. Die nach der Weiterleitung an den Bundesrat58 Stellung nehmenden Aus­ schüsse59 empfahlen, die Beschränkung der gerichtsinternen Mediation auf Zivilsachen zu streichen. Denn Mediation werde bereits und könne in ande­ ren Rechtsbereichen – genannt wurde ausdrücklich das Strafrecht, dort in Form des Täter-Opfer-Ausgleichs60 – eingesetzt.61 Dieser zu eigen gemach­ ten Empfehlung des Bundesrates62 trat die Bundesregierung entgegen. Die 54  Referentenentwurf abzurufen unter http: /  / www.bundesgerichtshof.de / Shared Docs / Downloads / DE / Bibliothek / Gesetzesmaterialien / 17_wp / mediationsg / refe.pdf. 55  Dazu auch Carl, ZKM 2012, 16 [17]. Vgl. Prütting, in: Rauscher / Wax / Wenzel (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung, § 278, Rdnr.  52. 56  Vgl. Referentenentwurf abzurufen unter http: /  / www.bundesgerichtshof.de / Shar edDocs / Downloads / DE / Bibliothek / Gesetzesmaterialien / 17_wp / mediationsg / refe. pdf, S. 22 f. 57  Regierungsentwurf abzurufen unter http: /  / www.bundesgerichtshof.de / Shared Docs / Downloads / DE / Bibliothek / Gesetzesmaterialien / 17_wp / mediationsg / rege.pdf. 58  BR-Drs. 60 / 11. 59  BR-Drs. 60 / 1 / 11. 60  Vgl. § 46a StGB. 61  BR-Drs. 60 / 1 / 11, S. 7 f. 62  BR-Drs. 60 / 11 (Beschluss).

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2. Kap.: Rechtliche Grundlagen

Beschränkung der Ermächtigung auf das Zivilrecht sei angebracht, weil es zum einen im Strafrecht mit dem Täter-Opfer-Ausgleich Sonderregelungen gebe.63 Zum anderen gelte die vorgeschlagene Norm durch die Verweise der Prozessordnungen auch in den übrigen Gerichtsbarkeiten.64 Wesentliche Änderungen an dem bis hierhin gleich gebliebenen Vorschlag bezüglich der gerichtsinternen Mediation ergaben sich im Rechtsausschuss des Bundestages.65 Dort wurde vor allem die Stellung der richterlichen Mediation diskutiert. Die in den Modellprojekten der gerichtsinternen Me­ diation gemachten Erfahrungen haben die Bundesländer zu der Einschätzung veranlasst, dass auf diesem Weg die Gerichte entlastet und Streitigkeiten schnell und kostengünstig gelöst werden könnten.66 Aus diesem Grund spra­ chen sie sich für das stark erweiterte Konzept des Güterichters aus. Dieser sollte der Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses nach durch die Neufassung des § 278 Abs. 5 ZPO in die Zivilprozessordnung und durch entsprechende Verweise auch in das Arbeitsgerichtsgesetz, das Sozialge­ richtsgesetz, die Verwaltungsgerichtsordnung, das Patent- und Markengesetz sowie in die Finanzgerichtsordnung Einzug finden. Als Güterichter wurden solche Richter verstanden, die besonders in einvernehmlicher Konfliktlö­ sung ausgebildet worden waren.67 Ähnlich der Richtermediatoren sollten sie Parteien eines bei Gericht anhängigen Streits bei der eigenverantwortlichen Lösung des Konflikts unterstützen. Im Unterschied zu einem richterlichen Mediator sollte es dem Güterichter nach dieser Empfehlung möglich sein, rechtliche Bewertungen des Falles vor­ zunehmen und den Parteien Lösungsvorschläge zu unterbreiten.68 Zudem soll­ te er auf Wunsch der Parteien die aus dem Verfahren resultierende Einigung als Vergleich protokollieren69 und damit einen vollstreckbaren Titel schaffen können70. Aus diesen Gründen wurde auch ausdrücklich betont, dass der Gü­ terichter kein Mediator sei,71 aber die in einer Mediation verwendeten Techni­ ken einsetzen könne. Wie bereits bei den Richtermediatoren blieb es dabei, dass der Güterichter keine Entscheidung in der Sache treffen können sollte.72 63  Vgl. zum schließlich beschlossenen Gesetz auch Ahrens, NJW 2012, 2465 [2465]. 64  BT-Drs. 17 / 5496, S. 3. 65  BT-Drs. 17 / 8058. 66  Vgl. BT-Drs. 17 / 8058, S. 17 und später BT-Drs. 17 / 8680, S. 1 f. 67  Zu der Ausbildung von Güterichtern vgl. Fritz / Krabbe, NVwZ 2013, 29 [31 f.]. 68  BT-Drs. 17 / 8058, S. 17. 69  BT-Drs. 17 / 8058, S. 17. Vgl. Wagner, ZKM 2012, 110 [114]; Horstmeier, JR 2012, 1 [2 f.]. 70  Vgl. § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. 71  BT-Drs. 17 / 8058, S. 17 f. 72  Vgl. Greger / Weber, MDR-Beilage 18 / 2012, S. 5 f.



B. Rechtliche Grundlagen des Güterichters61

Nachdem der Bundestag die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses angenommen73 und an den Bundesrat weitergeleitet hatte, rief dieser den Vermittlungsausschuss an.74 An dem Gesetzesbeschluss in der Fassung des Rechtsausschusses bemängelten die Bundesländer, durch den Ausschluss der gerichtsinternen Mediation zugunsten des Güterichters werde die Vielfalt der anzubietenden Leistungen beschnitten.75 Damit wurde jedenfalls auch Bezug auf die Einschätzung genommen, der Güterichter sei kein Mediator in klassischem Verständnis. Nach Ansicht des Bundesrates sollte klargestellt werden, dass neben dem Einsatz eines Güterichters der des Richtermedia­ tors weiterhin möglich sei. Dem Wunsch des Bundesrates kam der Vermitt­ lungsausschuss in seiner Beschlussempfehlung dadurch nach, als dass nun klargestellt wurde, dass der Güterichter alle Methoden der Konfliktbeile­ gung, einschließlich der Mediation, einsetzen könne. Darüber hinaus wurde eine Änderung des Gerichtskostengesetzes vorgeschlagen: Den Bundeslän­ dern sollte es möglich sein, durch Rechtsverordnung zu bestimmten, dass bestimmte Gerichtskosten ermäßigt werden oder entfallen, wenn der bei Gericht anhängige Konflikt durch eine Mediation oder ein anderes außerge­ richtliches Konfliktbeilegungsverfahren endet. Der Bundestag76 nahm das Vermittlungsergebnis an und der Bundesrat77 legte keinen Einspruch ein. Damit traten neben dem Mediationsgesetz auch die für den Güterichter bedeutsamen Normen in Kraft.78 Dieser ist nun in jeder Prozessordnung mit Ausnahme der Strafprozessordnung verankert: § 278 Abs. 5 ZPO, § 36 Abs. 5 FamFG, § 54 Abs. 6 ArbGG79 sowie per Verweis auf § 278 Abs. 5 ZPO in § 202 S. 1 SGG, § 173 S. 1 VwGO, § 155 S. 1 FGO, § 99  PatG und § 82 MarkenG.

73  BT-Plenarprotokoll

17 / 149, S. 17848. 10 / 12 (Beschluss); BT-Drs. 17 / 8680. 75  Vgl. BT-Drs. 17 / 8680, S. 1 f. 76  BR-Drs. 377 / 12. 77  BR-Drs. 377 / 12 (Beschluss). 78  BGBl. I 2012, S. 1577 ff. 79  Dazu Francken, NZA 2012, 836 [838 ff.]. 74  BR-Drs.

3. Kapitel

Vergleich von Mediation und Güterichterverfahren Im Zusammenhang mit den Landesprojekten der gerichtsinternen Media­ tion wurde die Frage aufgeworfen, ob die dort tätigen Richtermediatoren in Konkurrenz zu freiberuflichen Mediatoren treten.1 Nicht nur vonseiten der Projektbetreuer wurde dieser Aspekt kaum kritisch,2 sondern im Ergebnis zumeist verneinend beurteilt3. Als Gründe dafür wurden etwa angeführt, die gerichtsinterne Mediation würde nur den Parteien angeboten, deren Streitig­ keit ohnehin bei Gericht anhängig sei; die Bereitschaft der Parteien, sich in dieser Situation auf eine außergerichtliche Mediation verweisen zu lassen, sei gering.4 Nachdem die Prozessrechtsreform die Einführung des Güterichters an den Gerichten möglich gemacht hat, haben bereits einige Gerichte diese Mög­ 1  Allgemein Monßen, ZKM 2006, 83 [83, 86]; hinsichtlich des UWG Spalckhaver, IDR 2004, 80 [81 ff.]; Volkmann, Judith, Mediation im Zivilprozess, S. 49 ff. Weiter Francken, NZA 2011, 1001 [1005]; Spindler, ZKM 2007, 79 [80 f.]; Greger, NJW 2007, 3258 [3259]. Vgl. Horst, Die Kosten der Mediation, in: Haft / v. Schlief­ fen (Hrsg.), Handbuch Mediation, § 47, Rdnr.  108. 2  Greger, Abschlussbericht zur Evaluation des Modellversuchs Güterichter, S. 110; Spindler, Gerichtsnahe Mediation in Niedersachsen, Rdnr.  30 ff.; Greger, AnwBl 2008, 570 [570 f.]; Spindler, DVBl. 2008, 1016 [1023]; Sick, ZRP 2007, 203 [203]; Creutz, DRiZ 2007, 11 [11]; Seibert, NVwZ 2008, 365 [370]; Monßen, Richtermediation – Die Justiz als Mitbewerber bei der gerichtsnahen Mediation, in: Hengstl / Sick (Hrsg.), Festschrift Haase, S. 293 [300 ff.]. Vgl. auch Walther, DRiZ 2005, 127 [128], der von „Kosten-Nutzen-Analyse“ und „Kundenzufriedenheit“ spricht. Deutlich kritisch jedoch Rasche, Kritik an der Gerichtsmediation, in: Glä­ ßer / Schroeter (Hrsg.), Gerichtliche Mediation, S. 159 [165]; Trossen, Integrierte Mediation, in: Haft / v.  Schlieffen (Hrsg.), Handbuch Mediation, § 40, Rdnr.  9. 3  Greger / Unberath, Thüringer Projekt Güterichter, S. 35 f. Ablehnend auch Wimmer / Wimmer, NJW 2007, 3243 [3245]; Bader, Gerichtsinterne Mediation am Ver­ waltungsgericht, S. 185 ff. Ebenso unkritisch Walther, DRiZ 2005, 127 [129]. Vgl. bezogen auf das UWG Klose, ZKM 2005, 145 [150 f.]. 4  Sporré, DRiZ 2011, 222 [224]. Vgl. Wirtgen / Seidel, DGM-Newsletter 4 / 2005, 5 [9]; Hess, ZZP 124 (2011), 137 [152]. Ähnlich auch Greger, NJW 2007, 3258 [3260] und der Bericht in Wissenswerte Informationen der Rechtsanwaltskammer Nürnberg, 01 / 2006, 4 ff.



3. Kap.: Vergleich von Mediation und Güterichterverfahren63

lichkeit wahrgenommen5. Häufig wird diese Neuerung nach außen hin ein­ drucksvoll bekannt gemacht.6 Damit steht ein fast flächendeckendes Angebot durch Güterichter in Aussicht,7 was die Konkurrenzdiskussion erneut auf­ wirft8. Im Vergleich zu den Modellprojekten der gerichtsinternen Mediation ist nun die Tätigkeit des Güterichters zum einen einfachgesetzlich abgesichert, zum anderen sind seine Befugnisse jedenfalls durch die dem Gesetzge­ bungsverfahren zugrunde liegenden Begründungen eindeutig bestimmt. Wegen der zuvor festgestellten Ähnlichkeit des Güterichterverfahrens zur Mediation werden beide Verfahren nun gegenübergestellt. Die folgende Prü­ fung, ob eine Konkurrenzsituation vorliegt, gliedert sich in zwei Teile. Zum einen in einen Tätigkeitsvergleich, zum anderen in einen Befugnisvergleich. Vergleiche beruhen auf einer Gegenüberstellung von Sachverhaltsmerkmalen anhand von zuvor bestimmten Kriterien. In der Auswahl der Vergleichskrite­ rien liegt bereits eine – zunächst willkürliche – Unterscheidung,9 die dann für den Vergleich maßgeblich ist. Mediation und das Güterichterverfahren sind in den Bezug auf die Verfah­ rensgrundsätze, das Verfahrensziel und die grundlegende Unterscheidung von Positionen und Interessen sehr ähnlich. Daher erscheint es naheliegend, für den folgenden Tätigkeitsvergleich auf zwei im Mediationsbereich bekannte Modelle10 zurückzugreifen. Sie dienen eigentlich dazu, einzelne Mediations­ verfahren zueinander in Beziehung zu setzen, zu vergleichen und einem Ide­ 5  Vgl. Gerichte führen Güterichterverfahren ein, Newsletter der Centrale für Me­ diation, Meldung vom 29.  Januar 2013; Landgericht Düsseldorf führt Güterichter­ verfahren bei Patenstreitigkeiten ein, Newsletter der Centrale für Mediation, Mel­ dung vom 17. April 2013. 6  Vgl. http: /  / www.olg-koeln.nrw.de / aufgaben / gerichts_mediation / index.php. 7  Vgl. Plassmann, AnwBl 2011, 123 [123]; Carl, ZKM 2012, 16 [20]; Greger / Weber, MDR-Beilage 18 / 2012, S. 4. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag, Bürokratie abbauen, Mittelstand entlasten, S. 43 forderte genau das. 8  Vgl. etwa Henkel, Interview: „Staat macht privaten Mediatoren kostenlos Kon­ kurrenz“, abzurufen unter http: /  / www.haufe.de / personal / arbeitsrecht / mediationstaat-macht-privaten-mediatoren-kostenlos-konkurrenz_76_131062.html; Zander, Ar­ tikel „Mediationsgesetz“, abzurufen unter http: /  / www.ag-kanzleimanagement.de / in formationen / news-single / article / best-practice-kanzleiwachstum-1.html?cHash=06cd add3ec2c312a7298eada5037320e. Vgl. auch Ahrens, NJW 2012, 2465 [2465]. 9  Vgl. zu diesem grundsätzlichen Gedanken der Auswahl durch Unterscheidung Spencer-Brown, Laws of Form, S. 1 ff.; Luhmann, Soziale Systeme, S. 654. Beide Differenzschemata kritisch vergleichend Hennig, Luhmann und die Formale Mathe­ matik, in: Merz-Benz / Wagner, (Hrsg.), Die Logik der Systeme, S. 157. 10  Der Nutzen von Modellen liegt in der nachzuvollziehenden und vorauszuse­ henden Vereinfachung von Lebenssachverhalten – hier mit dem Ziel des Vergleichs. Deshalb weist Duss-v. Werdt, Einführung in Mediation, S. 34 ff. darauf hin, dass ein

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3. Kap.: Vergleich von Mediation und Güterichterverfahren

altypus zuzuordnen. An den gleichen Kriterien lassen sich aber auch Media­ tion und Güterichterverfahren gegenüberstellen. Für den Befugnisvergleich wird auf die Kriterien zurückgegriffen, die sich entweder aus den zuvor ge­ nannten Verfahrensgrundsätzen oder den Rechtsvorgaben ergeben.

A.  Tätigkeitsvergleich Mediation gibt Grundsätze vor, die das Verfahren bestimmen und von anderen abgrenzt. Innerhalb dieser Rahmenbedingungen ergeben sich für den Mediator und auch für die Medianden eigene Gestaltungsräume. Jede Mediation kann einen eigenen Schwerpunkt haben, der die Vergleichbarkeit mit anderen Mediationsverfahren erschwert. Um dennoch Mediationsaus­ richtungen beschreiben zu können, wurden Modellbetrachtungen entwickelt, anhand derer solche Schwerpunkte sichtbar gemacht und eingeordnet wer­ den können. Mithilfe dieser Modelle lassen sich zunächst Mediationsaus­ richtungen einordnen und vergleichen. Im Folgenden werden das Projekt-Modell und die Unterscheidung der Mediationsausrichtung, der Selbstbestimmungsgradient, eingeführt. Beide Modelle können nicht nur dazu dienen, Mediationen zu beschreiben und untereinander zu vergleichen, sondern auch die Tätigkeit des Güterichters lässt sich in diese Bandbreite einordnen. Nach der Darstellung der beiden Modelle wird zunächst die privatautono­ me Mediation, dann das Güterichterverfahren zugeordnet. Nach dieser Zu­ ordnung lassen sich Vergleichsschlüsse in Bezug auf die Tätigkeit von Mediatoren und Güterichter ziehen.

I.  Darstellung des Projekt-Modells Mit dem Projekt-Modell11 lassen sich Mediationsziele einordnen, die über den jeweiligen Konfliktanlass hinausgehen. In der Grundlage teilen alle Mediationsverfahren den Ansatzpunkt, der eigenverantwortlichen Konflikt­ lösung zu dienen. Darüber hinaus können sich gewichtige Unterschiede er­ geben, die mit dem Projekt-Modell12 näher beschrieben werden können. So können beispielsweise einzelne Mediationsgrundsätze miteinander in Widerstreit stehen. Der Grundsatz der Selbstbestimmung kann etwa mit dem Anspruch der Informiertheit in Konflikt geraten, wenn die Beteiligten Modell kein Abbild der Wirklichkeit ist. Vielmehr gibt es die Wirklichkeit nur aus­ schnittsweise wieder. 11  Das Projekt-Modell stammt von Breidenbach, Mediation, S. 212 ff. 12  „Projekt“ ist als „Ansinnen“ oder „Vorhaben“ zu verstehen.



A. Tätigkeitsvergleich

65

auch auf Anraten des Mediators keinen Rechtsrat einholen möchten, und somit möglicherweise ein Informationsmangel entsteht. Welchem Media­ tionsgrundsatz Vorrang einzuräumen ist, lässt sich zunächst nicht sagen. In einem Verfahren kann zum Beispiel die Selbstbestimmung der Medianden besonders hoch gewichtet werden, was ein Gewährenlassen des Mediators gebietet. In einem anderen Verfahren kann die Informiertheit besonders beachtet werden, die dann ein Eingreifen des Mediators ermöglicht oder gegebenenfalls erfordert. Welchen Mediationsgrundsätzen dabei – nicht nur im Kollisionsfall – Vorrang einzuräumen ist, ist von der Grundüberzeugung der Beteiligten und besonders der des Mediators abhängig. Diese Zielsetzungen unterscheiden sich zum Teil deutlich voneinander. Sie wirken sich sowohl auf das Selbst­ verständnis des Mediators wie auch auf den durch ihn gestalteten Verfah­ rensablauf aus. Das Projekt-Modell fasst solche Grundüberzeugungen zu fünf Grundaus­ richtungen – genannt Projekte – zusammen. Diesen lassen sich einzelne Mediationsverfahren zuordnen und systematisieren. Auf dieser Modell­ grundlage lassen sich Vergleiche von Mediationen untereinander und zu anderen Verfahren ziehen. 1.  Service-Delivery-Projekt – Schnelle und kostengünstige Einigung als Mediationsziel Im Rahmen des Service-Delivery-Projekts13 wird besonders der Gegen­ satz von Mediation zum gerichtlichen Verfahren betont. Mediation sei eine Alternative zum Rechtsstreit. Anders als dieser ende Mediation in der Regel mit einem Vergleich. Die Form der Konfliktbeendigung ist für diesen An­ satz das bestimmende und vorrangige Ziel. Nicht die Versöhnung der Par­ teien steht dabei im Vordergrund, sondern die Konfliktbeendigung durch einen Vergleich. Der Ausrichtung auf die Konfliktbeendigungsform liegt zum einen die Vorstellung zugrunde, dass ein Vergleich ein in Bezug auf Zeit und Kosten effizienteren Weg zur Beendigung eines Konflikts darstellt. Zum anderen, dass der Vergleich im Unterschied zum Urteil einen besseren Interessenaus­ gleich schafft.14 Kritisch muss diesbezüglich betrachtet werden, welche Kosten durch eine Mediation überhaupt vermieden werden können. Indem die unterlegene und zum Folgenden Breidenbach, Mediation, S. 213 ff. zu dieser Argumentation die kurze historische Darstellung bei Duve / Eidenmüller / Hacke, Mediation in der Wirtschaft S. 85. 13  Dazu 14  Vgl.

66

3. Kap.: Vergleich von Mediation und Güterichterverfahren

Partei im Zivilprozess die Prozesskosten zu tragen hat, werden diese zu einem bloßen Risiko für die Beteiligten, das sich verwirklichen kann, aber nicht muss. Sind die Parteien gleichermaßen von ihrem Erfolg vor Gericht überzeugt, so können sie dieses Risiko in ihrer Kostenbetrachtung vernach­ lässigen.15 Hingegen entstehen solche Kosten wie zeitlicher Aufwand und persönliche Belastungen sowohl im Prozess wie auch in einem Mediations­ verfahren. Einzig kann das Mediationsverfahren für sich in Anspruch neh­ men, oftmals schneller zu einem Ergebnis zu kommen, als es durch Urteil möglich wäre. Insoweit kann es mit einem zeitlichen Vorteil aufwarten, der sich bei Scheitern der Mediation jedoch in einen zusätzlichen Kostenfaktor umwandelt, wenn anschließend ein Gerichtsverfahren angestrengt wird. Ist der Konflikt durch ein Machtungleichgewicht geprägt, was sich auch in der Bereitschaft oder Fähigkeit vergegenwärtigen kann, das Risiko der (Prozess-)Kosten zu übernehmen, so kann eine Partei die andere mit einem Vergleich übervorteilen. Ist nämlich eine Partei in der unterlegenen Position, die zusätzlichen Kosten eines Rechtsstreits nicht oder nur schwer tragen zu können, wird ihr Interesse an einem Vergleich in der Mediation gesteigert sein. Das wiederum eröffnet der anderen Partei eine Möglichkeit, eigene Vorstellungen bis zu dem Punkt zu verwirklichen, an dem sich die durch den Vergleich entstehenden Kosten an die ersparten Prozesskosten anglei­ chen. Das ist ein grundsätzliches Problem von Machtungleichgewichten in einer Verhandlung. Ebenso problematisch kann ein Informationsgefälle sein, bei­ spielsweise bezogen auf die Möglichkeit, den Verfahrensausgang eines al­ ternativen Rechtsstreits realistisch abschätzen zu können. Der Ansatz des Service-Delivery-Projekts lässt somit im Extremfall die Qualität des Vertrages außer Acht, sodass zwar Rechtsverfolgungskosten nicht entstehen oder niedrig gehalten werden, das inhaltliche Ergebnis je­ doch an den Rand der Rechtsordnung oder der erlebten Gerechtigkeit rücken kann. Die Grundausrichtung des Service-Delivery-Projekts kann für sich in Anspruch nehmen, dass mit der Beendigung durch Vertrag inhaltlich ein größerer Gestaltungsspielraum besteht und so die Wahrscheinlichkeit steigt, zu einer interessengerechteren Lösung zu gelangen. Indem der Sachverhalt nicht auf die rechtlich relevanten Tatsachen beschränkt wird, kann es zu einer umfassenderen Einigung kommen. Das kann jedoch mit Blick auf das Vorgesagte nicht für alle Vertragsschlüsse gelten. Je nach innerer oder äu­ ßerer Zwangslage kann sich auch ein deutliches Abweichen von einer inte­ ressengerechten Vereinbarung einstellen. 15  Vgl.

Engel / Hornuf, ZZP 124 (2011), 505 [509].



A. Tätigkeitsvergleich67

Außerdem muss der diese Grundüberzeugung teilende Mediator dem Grunde nach jede sich bietende Möglichkeit nutzen, zu einer Einigung zu gelangen. Anderenfalls liefe das grundsätzliche Versprechen der schnellen Konfliktlösung durch Vergleich Gefahr, nicht erfüllt zu werden. Es ist dann nicht fernliegend, dass auch für eine Partei eher ungünstige Vergleiche ge­ schlossen werden, wenn ein Mediator dazu drängt. Die Ausrichtung des Service-Delivery-Projekts kann also in Konflikt mit dem Grundsatz der Selbstbestimmung der Parteien kommen. 2.  Individual-Autonomy-Projekt – Selbstbestimmung als Mediationsziel Der Schwerpunkt einer Mediation mit der Ausrichtung des IndividualAutonomy-Projekts16 liegt darin, die Medianden durch die Mediation in ihrer Selbstbestimmung zu unterstützen.17 Ihnen soll durch das Verfahren die Möglichkeit gegeben werden, ihren Konflikt eigenständig, ohne autori­ tären Zwang zu lösen. Zu dieser Form der Selbstbestimmung gehört zu­ gleich, dass die Medianden eigenverantwortlich die Mediation abbrechen können. Dieser Ansatz unterscheidet sich vom Service-Delivery-Projekt darin, dass er nicht auf eine schnelle Konfliktbeendigung durch einen Ver­ gleich konzentriert ist, sondern den Medianden einen Raum zur Verwirkli­ chung ihrer Selbstbestimmung geben möchte. Das schließt auch ein, keine einverständliche Lösung zu finden und in diesen Fällen die Mediation zu beenden. Auf Grundlage dieses Ansatzes verschiebt sich das Mediationsziel ein Stück weit von dem grundsätzlichen Auftrag weg, eine Konfliktlösung zu finden. Das persönliche Wachstum der Medianden, das Lernen durch den Prozess der Mediation bildet den Schwerpunkt. So sollen Medianden Fähig­ keiten für einen Umgang mit künftigen Konflikten entwickeln und ein Transfer vom Prozess der Mediation in den Alltag stattfinden. Während das Service-Delivery-Projekt ergebnisorientiert arbeitet, findet eine Mediation im Rahmen des Individual-Autonomy-Projekts prozessorientiert statt: Das Verfahren selbst, die Reflexion darüber und der Transfer bilden den Schwer­ punkt.18 Geht der Mediator wie beim Service-Delivery-Projekt ergebnisorientiert vor, so muss er jede sich bietende Gelegenheit verstärken, die zu einem und zum Folgenden Breidenbach, Mediation, S. 224 ff. dazu Duve / Eidenmüller / Hacke, Mediation in der Wirtschaft S. 84. 18  Vgl. auch Dörflinger-Khashman, Nachhaltige Gewinne aus der Mediation für Individuum und Organisation. 16  Dazu 17  Vgl.

68

3. Kap.: Vergleich von Mediation und Güterichterverfahren

Vergleich der Medianden führen kann. Die Prozessorientierung ist demge­ genüber langsamer, doch liegt gerade darin ihre Chance: Es bleibt den Medianden genügend Raum, eigene Vorstellungen zu entwickeln und zu hinterfragen. Die Selbstverantwortung und die Selbsterkenntnis werden ge­ fördert. Die daraus folgende Möglichkeit zu selbstverantwortlichem und selbsterkennendem Handeln erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass in diesem Rahmen nachhaltige Lösungen gefunden werden, die einen langen Zeitraum tragen. Denn in Mediationen, die von einem ständigen Einigungsdruck be­ gleitet werden, liegt die Gefahr, dass die Lösungen oberflächlich und we­ sentliche Konfliktaspekte unbearbeitet bleiben. Gerade bei dauerhaften, personenbezogenen Auseinandersetzungen kann das schnell dazu führen, dass sich daran in der Zukunft wieder Konflikte entzünden. 3.  Access-to-Justice-Projekt – Durchsetzung von Recht und Gerechtigkeit als Mediationsziel Weiterhin kann Mediation im Rahmen des Access-to-Justice-Projekts19 als Weg verstanden werden, einer benachteiligten Konfliktpartei einen ein­ fachen und informellen Weg zu ihrem Recht zu eröffnen.20 Mediation folgt zwar einer klaren Struktur, jedoch gibt es keine einzuhaltenden formellen Voraussetzungen, die den Zugang zu, die Fortführung oder den Abschluss einer Mediation bestimmen oder aus Sicht eines Beteiligten behindern. So werden mögliche Fristen, etwa für die Beibringung von Unterlagen, von den Parteien einvernehmlich vereinbart. Auch die Verfahrensstruktur wird vom Mediator nur mit Zustimmung der Medianden vorgegeben. Sie können also grundsätzlich darauf Einfluss nehmen und müssen sich keinen formellen Regeln unterordnen. Daneben erscheinen die formellen Voraussetzungen bei Gericht eine höhere Hürde darzustellen, ein gerichtliches Verfahren anzu­ strengen und weiterzuführen. Unter diesen Voraussetzungen scheint es möglich zu sein, dass Mediation einen erleichterten – weil weniger formel­ len – Zugang zum Recht ermöglicht.21 Dieser Ansatz setzt jedoch Fälle voraus, in denen erstens einer Konflikt­ partei der Zugang zum Rechtssystem als nur unter großen Anstrengungen möglich erscheint. Dieses erlebte Zugangshindernis darf in dieser Argumen­ tation zweitens nicht auf einer etwa eingeschränkten Selbstbestimmung be­ und zum Folgenden Breidenbach, Mediation, S. 232 ff. zu einer verwandten Schwierigkeit, der „Rechtsgewährung als ‚knappes Gut‘ “ Benda, DRiZ 1979, 357 [362 f.]. Vgl. auch Pfeiffer, ZRP 1981, 121 [123 ff.]; Vogel, Recht und Politik 1981, 49 [49 f.]. 21  Vgl. dazu die kurze historische Darstellung bei Duve / Eidenmüller / Hacke, Me­ diation in der Wirtschaft S. 84. 19  Dazu 20  Vgl.



A. Tätigkeitsvergleich69

ruhen; denn anderenfalls wäre auch in einer Mediation eine Übervorteilung dieser Partei zu befürchten. Das wiederum liefe dem Gedanken der Rechts­ verschaffung des Access-to-Justice-Projekts zuwider. Zwar bietet das Rechtssystem in der Verfahrenseinleitung und dem Ver­ fahrensfortgang formelle Hindernisse. Doch existiert mit etwa der Prozess­ kostenhilfe ein ausgeprägtes System, mithilfe eines Rechtsbeistandes diese Hindernisse zu überwinden.22 Fälle, in denen vor diesem Hintergrund der Zugang zum Rechtssystem als unerreichbar oder unzumutbar erscheint, sind kaum denkbar. Weiter ist der Zweck dieser formellen Anforderungen zu bedenken: Die Förmlichkeit und das zwingende Recht des Gerichtsverfah­ rens dienen auch dem Schutz einer benachteiligten Partei. Die Gefahr, dass diese wie in einer Verhandlung mit starkem Ungleichgewicht benachteiligt werden könnte, ist bei einem formalisierten Verfahren geringer. Gerade in Fällen benachteiligter Parteien oder Machtungleichgewichten hat das staat­ liche Rechtssystem Vorteile, die Mediation nicht bieten kann. Der Gedanke des einfachen und informellen Rechtszugangs kann jedoch in den Fällen tragen, in denen etwa die Verfahrenskosten nicht in tragfähi­ gem Verhältnis zum eigentlichen Verfahrensgegenstand stehen. Denkbar ist das bei Bagatellkonflikten, wie bei Verbraucherstreitigkeiten, bei denen der Aufwand, das staatliche Rechtssystem zu bemühen, weder für den Einzel­ nen noch für die Gesellschaft als Träger des Rechtssystems in angemesse­ nem Verhältnis zum möglichen Ertrag steht. Eine praktische Umsetzung dieses Access-to-Justice-Gedankens findet sich beispielsweise in von der Industrie eingerichteten Schlichtungsstellen. Auch das Europäische Verbrau­ cherzentrum, das in Fällen grenzüberschreitender Verbraucherstreitigkeiten die Streitigkeit an eine nationale Schiedsstelle vermittelt, beruht auf diesem Gedanken.23 4.  Reconciliation-Projekt – Versöhnung als Mediationsziel Legt man das Reconciliation-Projekt24 einer Mediation zugrunde, so steht die Versöhnung der Parteien im Vordergrund. Es überlagert als oberstes Ziel alle übrigen Aspekte. Dieser Ansatz ist schon hinsichtlich des Maßstabes der Versöhnung problematisch. So kann sich das Ziel dieses Ansatzes zwi­ schen der Schaffung gegenseitigen Respekts bis zu einer tief greifenden Versöhnung bewegen. Die Schaffung gegenseitigen Respekts, auch für ab­ weichende Vorstellungen, ist ein Ziel jeder Mediation. Die gegenstehende Hoffmann-Riem, Modernisierung von Recht und Justiz, S. 76. den aktuellen Entwicklungen Grupp, Michael, AnwBl 2015, 186. 24  Dazu und zum Folgenden Breidenbach, Mediation, S. 237 ff. 22  Vgl. 23  Zu

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3. Kap.: Vergleich von Mediation und Güterichterverfahren

Auffassung muss zumindest verstanden und in Maßen respektiert werden, damit sich auf dieser Basis einvernehmliche Lösungen erzielen lassen. Eine darüber hinausgehende, möglicherweise religiös inspirierte Versöhnung ist für die Lösung des Konflikts kaum nötig, wird aber als eine Ausprägung des Reconciliation-Projekts angestrebt. Ist Versöhnung das erklärte Ziel – und nicht bloß ein Nebeneffekt –, kann das im Widerspruch zur Selbstbestimmung der Parteien stehen. Denn zu dieser gehört es auch, dass sich die Medianden gegeneinander abgren­ zen und sich gegen eine Versöhnung entscheiden können. Ist eine Media­ tion jedoch darauf angelegt, so müsste sich ein Mediator über diese Selbst­ bestimmung hinwegsetzen und auf eine Versöhnung drängen. Dieser Har­ moniedruck verkennt zum einen die Chancen, die aus einem Konflikt er­ wachsen können: Wird dieser bearbeitet, lassen sich für beide Seiten vorteilhafte Lösungen schaffen, die die gemeinsame Zukunft bereichern können. Diese Chance ist vertan, wenn der Konflikt durch Versöhnung überdeckt werden soll. Zum anderen besteht die Gefahr, dass bereits be­ stehende Machtungleichgewichte weiter verstärkt werden, um den Konflikt zu beruhigen. Zugleich ergibt sich die Frage, ob ein solches Ziel den Medianden gegen­ über offengelegt werden kann. Diese erwarten – jedenfalls zu Beginn der Mediation – eine ihren Interessen entsprechende Lösung des Konflikts. Eine Versöhnung mag nicht ausgeschlossen sein, wird aber kaum das vordringli­ che Ziel sein. Sieht sich der Mediator bei diesen Umständen gezwungen, seine eigentliche Absicht der Versöhnung verdeckt zu halten, sind Manipu­ lationen seinerseits in der Mediation zu befürchten. Dieser Ansatz kann damit zum einen in dem modellhaften Ansatz, aber auch in der praktischen Umsetzung in Widerspruch zu dem Prinzip der Selbstverantwortung der Medianden stehen und diese Grenze leicht überschreiten. 5.  Social-Transformation-Projekt – Gesellschaftliche Gestaltung als Mediationsziel Schließlich verfolgt das Social-Transformation-Projekt25 den Ansatz, über den konkreten Konflikt hinaus eine gesellschaftliche Veränderung herbeizu­ führen.26 Dieser Ansatz ist nicht zu verwechseln mit den durchaus aner­ kannten und erwünschten Mediationsgewinnen, also den positiven Auswir­ kungen einer erfolgreichen Mediation beispielsweise in Hinblick auf die und zum Folgenden Breidenbach, Mediation, S. 242 ff. auch Strempel, Recht und Politik 1981, 56 [59] mit der kurzen Darstel­ lung der „Neighborhood Justice Centers“ und des „night prosecutor program“. 25  Dazu 26  Vgl.



A. Tätigkeitsvergleich71

zukünftige Kommunikation der Medianden. Vielmehr wird die Lösung des Parteikonflikts als Mittel benutzt, etwa Gemeinschaftssinn innerhalb einer Nachbarschaftsgemeinschaft zu stiften. Die gesellschaftliche Veränderung geht vor, die konkrete Konfliktlösung gerät in den Hintergrund. Damit lassen sich gegen diesen Ansatz ähnliche Argumente wie gegen den des Reconciliation-Projekts anführen. Die Medianden erwarten eine Lösung ihres Konflikts; dass dieser für ein vorgelagertes und möglicherwei­ se gegenläufiges Ziel benutzt wird, wird kaum auf Verständnis stoßen. So­ mit kann der Mediator dieses Ziel nicht offenlegen, was letztlich Manipula­ tionen von dieser Seite eröffnet und dem Gedanken der Selbstbestimmung zugegen läuft.

II.  Darstellung des Selbstbestimmungsgradienten Das zuvor dargestellte Projekt-Modell ist ein Ansatz, Mediationsausrich­ tungen voneinander zu unterscheiden und auch mit anderen Verfahren zu vergleichen. Konfliktlösungsverfahren lassen sich zudem anhand eines Selbstbestimmungsgradienten unterscheiden, der im Folgenden dargestellt wird.27 1.  Selbstbestimmungsgradient gängiger Konfliktlösungsverfahren Dem Selbstbestimmungsgradienten liegt folgender Gedanke zugrunde: Er beschreibt, wie sich der Anteil von Fremdbestimmung zu Selbstbestimmung in einem Verfahren verhält. Ordnet man dieser Unterscheidung folgend gängige Konfliktlösungsverfahren nach dem Grad der Selbstbestimmung der Parteien, so ergibt sich folgendes Modell:28 Das Verfahren mit dem höchs­ ten Anteil an Fremdbestimmung und dem kleinsten Anteil an Selbstbestim­ mung ist das klassische Gerichtsverfahren, das mit der Entscheidung durch einen Richter endet. In diesem Fall wird die Streitigkeit durch den Richter entschieden, die Parteien tragen daran keinen Anteil und werden insoweit fremdbestimmt. Auch ein Schiedsverfahren wird in der Regel mit einem verbindlichen Schiedsspruch beendet. Der Anteil der Fremdbestimmung durch die Schieds­ richter ist damit ebenfalls hoch. Im Unterschied zu einem Gerichtsverfahren beruht das Schiedsverfahren im Ausgangspunkt jedoch auf einer Vereinba­ 27  Vgl. dazu das ähnliche Modell bei Glasl, Konfliktmanagement, S. 447 f., das sich allerdings an den ab S. 235 ff. dargestellten Konfliktphasen orientiert. 28  Vgl. auch Bloch, BayVBl. 2010, 136 [137]; Duve / Eidenmüller / Hacke, Media­ tion in der Wirtschaft S. 88 f.

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3. Kap.: Vergleich von Mediation und Güterichterverfahren

rung der Parteien, der Schiedsklausel. Auch die Schiedsrichter können von den Parteien bestimmt werden. Damit ist der Anteil an Selbstbestimmung in Bezug auf den Rahmen des Verfahrens zumindest erhöht. Bei einer Schlichtung handelt es sich um ein freiwilliges Verfahren, die häufig von zum Beispiel der Industrie oder dem Handwerk angeboten wer­ den. Dort hören Sachverständige die Parteien an und sprechen zum Ende des Verfahrens einen zumeist unverbindlichen Schlichtungsspruch aus. Da­ bei handelt es sich um eine Empfehlung für einen Vergleich der Parteien. Unbenommen ist ihnen, anstelle, während dessen oder im Anschluss ein Gerichtsverfahren zu betreiben. Der Selbstbestimmungsanteil ist demnach deutlich erhöht. Der Anteil der Fremdbestimmung ist beschränkt auf einen unverbindlichen Vergleichsvorschlag am Ende des Verfahrens. In Abgrenzung zu einer Schlichtung beteiligt sich der Mediator in aller Regel inhaltlich nicht, jedenfalls spricht er keine Empfehlung oder einen Vergleichsvorschlag aus. Das Verfahren selbst steht in Einleitung, Durchfüh­ rung und Beendigung in der Freiheit und Einvernehmlichkeit der Median­ den. Der Anteil der Fremdbestimmung beschränkt sich auf die formelle Gestaltung des Verfahrens, die allerdings immer rückgekoppelt wird und es somit den Medianden ermöglicht, sie entsprechend ihrer gemeinsamen Vor­ stellungen zu beeinflussen. Eine Moderation erhöht nochmals den Anteil der Selbstbestimmung. Der Moderator übt nur eine ordnende Funktion aus. So kann er beispielsweise vorgebrachte Stellungnahmen ordnen, verknüpfen oder visualisieren. Die weitere Gestaltung des Verfahrens und die inhaltliche Ausgestaltung liegen jedoch bei den Beteiligten, der Anteil der Fremdbestimmung ist somit sehr gering. Wird dieser letzte Anteil an Fremdbestimmung aus dem Verfahren herausgenommen, so bleibt als Verfahren eine einfache Verhandlung zwi­ schen den Beteiligten, die den höchsten Grad an Selbstbestimmung auf­ weist. Der Anteil der Selbstbestimmung nimmt demnach beginnend bei einem Gerichtsprozess, über das Schiedsverfahren und die Schlichtung hin zu Mediation, Moderation und Verhandlung zu. Spiegelbildlich nimmt der An­ teil an Fremdbestimmung ab. Diese Abfolge ist die Grundlage des Selbst­ bestimmungsgradienten. 2.  Selbstbestimmungsgradient einer Mediation Aus der zuvor getroffenen Einordnung ergibt sich, dass sich Mediation in Bezug auf den Anteil der Selbstbestimmung der Beteiligten zwischen einer Schlichtung und einer Moderation einordnen lässt. Das gibt zunächst die grundsätzliche Stellung der Mediation in typischer Ausprägung wieder.



A. Tätigkeitsvergleich73

Der so beschriebene Selbstbestimmungsgradient lässt sich aber nicht nur auf den Vergleich von verschiedenen Konfliktlösungsverfahren anwenden, sondern auch auf den Vergleich von einzelnen, konkreten Verfahren inner­ halb einer Gattung. Innerhalb der Gattung Mediation lassen sich einzelne Verfahren danach unterscheiden, ob sie im konkreten Fall eher durch Selbst­ bestimmung, oder eher durch Fremdbestimmung geprägt waren. Der Rah­ men, dass es sich dabei um Mediation und nicht etwa um eine Schlichtung oder eine Moderation handelt, wird damit allerdings nicht verlassen. Der Grad der Selbst- oder Fremdbestimmung der Beteiligten in einer Mediation lässt sich anhand von drei Begriffen unterscheiden: „bewertend“ (engl. evaluative), „fördernd“ (engl. facilitative)29 und „umgestaltend“ (engl. transformative)30. Damit wird auf den Anteil der Selbstbestimmung der Parteien abgestellt, aber auch der Grad des inhaltlichen Einflusses des Me­ diators erfasst. Wendet man diese Begriffe auf den Bereich der Mediation an,31 so kann unterschieden werden, ob eine konkrete Mediation eher am Rand zu einer Schlichtung oder eher am Rand zu einer Moderation ausgerichtet ist. Der Selbstbestimmungsgradient macht also die bestehende Bandbreite der Me­ dia­tion nicht nur sichtbar, sondern auch vergleichbar. In einer bewertenden Mediation übt der Mediator ein Rollenverständnis aus, welches an das eines Schlichters angelehnt ist. Er gibt eigene Stellung­ nahmen ab und unterbreitet den Parteien Vorschläge für eine Vereinbarung. Diese Vorschläge werden sich häufiger an den Vorannahmen des Rechtssys­ tems, weniger an den Interessen der Parteien orientieren. Praktisch vorteil­ haft ist, dass so oftmals Lösungen in kurzer Zeit gefunden werden können. Im Rahmen einer bewertenden Mediation entscheidet der Mediator den Konflikt nicht, gibt aber eigene Stellungnahmen ab und versucht seinen Ein­ fluss hin zu einer zügigen Erledigung des Konflikts geltend zu machen. Die bewertende Mediation steht damit einer Schlichtung nahe und unterscheidet sich von dieser in der Hauptsache dadurch, dass zwar Stellungnahmen erfol­ gen, der Mediator aber keine inhaltliche Entscheidung trifft. Diese Ausrich­ tung steht in gewisser Hinsicht dem Gedanken des Service-Delivery-Projekts nahe, das ebenfalls als Ziel eine schnelle Konfliktlösung vor Augen hat. 29  Die Unterscheidung „evaluative“ und „facilitative“ stammt von Riskin, Under­ standing Mediators’ Orientations, Strategies, and Techniques, HNLR Vol. 1, No. 7, 1996, S. 7 ff., zuvor dargestellt bei Riskin, Alternatives Vol. 12, No. 9, 1994, S. 111 [111 ff.]. 30  Die Ergänzung „transformative“ kam von Bush / Folger, The Promise of Medi­ ation, S. 41 ff. hinzu, die für sich die Konfliktumgestaltung als Schwerpunkt der Mediation erkannten. 31  Vgl. Hager, Konflikt und Konsens, S. 80 ff.

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3. Kap.: Vergleich von Mediation und Güterichterverfahren

Versteht sich der Mediator hingegen als in der Sachentscheidung unbetei­ ligt und beschränkt sich auf die Leitung des Verfahrens, so ist das das Merkmal einer fördernden Mediation. Seine Verfahrensleitung soll dazu dienen, den Medianden ein Verfahren zu eröffnen, in dem sie eigene Lösun­ gen finden können. Die Selbstbestimmung der Parteien steht damit im Vordergrund. Die hier getroffenen Vorannahmen sind, dass die Medianden ihren Konflikt am genausten kennen und demnach die passendsten Lösun­ gen finden können. Und dass sie in der Lage sind, ihre Interessen in das Verfahren einzubringen. Die fördernde Mediation befindet sich zwischen den beiden anderen Aus­ richtungen und vereint die Konfliktlösung mit einer ausreichenden Bearbei­ tung der Konfliktgründe. Weder steht die schnelle Lösung des Streits noch die tief gehende Umgestaltung der Mediandenbeziehung im Vordergrund. Eine umgestaltende Mediation geht über den Ansatz der fördernden Me­ diation hinaus. Nicht nur sollen die Medianden einvernehmlich eine Lösung für ihre Situation finden, sondern zugleich weitere Gewinne aus der Media­ tion ziehen. Die Beziehung soll sich nicht nur durch die Vereinbarung am Ende der Mediation verbessern, sondern durch die Mediation umgestaltet werden.32 Der Umgang miteinander, die Art und Weise der Konfliktbespre­ chung und vieles mehr können in diesem Rahmen Thema sein. Eine umgestaltende Mediation vereint Elemente des Individual-Autono­ my-Projekts mit denen des Reconciliation-Projekts und möglicherweise auch des Social-Transformation-Projekts. Der konkrete Streitfall wird als Ausgangspunkt genommen, die Beziehung der Medianden untereinander zu klären und zu verändern. Der Ausgangspunkt der Konfliktlösung wird dabei nicht außer Acht gelassen, tritt aber ein Stück weit zurück. Diese Mediati­ onsausrichtung stärkt in hohem Maße die Selbstbestimmung der Parteien. Sie steht in Bezug auf die Konfliktlösung der Moderation nahe, weist aber zudem in Bezug auf Mediandenbeziehung therapeutische Elemente auf.

III.  Einordnung von außergerichtlicher Mediation und Güterichter 1.  Außergerichtliche Mediation Mit dem Projekt-Modell und dem Selbstbestimmungsgradienten kann ein Vergleich von außergerichtlichen Mediationen und dem Güterichterverfah­ ren gezogen werden. Eine außergerichtliche Mediation kann dem Grunde 32  Vgl.

Hösl, Mediation – die erfolgreiche Konfliktlösung, S. 71 ff.



A. Tätigkeitsvergleich

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nach die gesamte Bandbreite der beschriebenen Modelle einnehmen. Aller­ dings wurde bereits oben angesprochen, dass die Richtungen ReconciliationProjekt und Social-Transformation-Projekt sehr leicht mit den Mediations­ prinzipien in Konflikt geraten können.33 Anteile der dort gefassten Gedanken können dann in die Mediation Einzug erhalten, wenn zugleich die Parteibe­ ziehung Gegenstand der Mediation wird. Etwa im familiären Bereich ist das nicht unüblich. Besondere Bedeutung haben die Ansätze des Service-Delivery-Projekts und des Individual-Autonomy-Projekts. Die Selbstbestimmung der Parteien, aber auch das Interesse an einer schnellen, aber einvernehmlichen Lösung wird in der Hauptsache bestimmend sein, einen Mediator aufzusuchen. Der Gedanke des Access-to-Justice-Projekts kommt dahin gehend zu tragen, dass im Vergleich zu einem Gerichtsprozess in der Mediation weniger formelle Erfordernisse aufgestellt werden. Der Großteil der angebotenen Mediation wird sich demnach nicht nur einem dieser Projekte zuordnen lassen, sondern mehrere Elemente in unterschiedlicher Ausprägung beinhalten. Eine nur an einem Projekt-Gedanken ausgerichtete Mediation ist kaum zu erwarten. Betrachtet man die außergerichtlichen Mediationen vor dem Hintergrund der drei benannten Richtungen – bewertend, fördernd und umgestaltend –, so liegt dort der Schwerpunkt in der Regel bei den fördernden Mediationen. Diese bilden einen Kompromiss aus Lösungsfindung in angemessener Zeit und nachhaltiger Konfliktbewältigung. Der Schwerpunkt kann sich je nach Fallgestaltung verschieben. So kann in einer Wirtschaftsmediation das Hauptaugenmerk eher auf einer schnellen Lösungsfindung liegen34 und da­ mit durch eine bewertende Mediation zügig erreicht werden. Bei einer Mediation im familiären Bereich mag das Hauptaugenmerk auf der Verän­ derung von Konflikt- und Beziehungsstrukturen liegen, was mit einer um­ gestaltenden Mediation erreicht werden kann.35 Grundsätzlich ist die Ausrichtung einer privatautonomen Mediation vom Auftrag der Medianden abhängig. Wird aber mit den Merkmalen der schnel­ len, einvernehmlichen Konfliktlösung geworben, dann bestimmt das auch den Schwerpunkt des Großteils der Mediationen.

33  Siehe

oben, 3. Kapitel, A. I. 4. und 5. Schlieffen / Ponschab / Rüssel / Harms, Mediation und Streitbeilegung, Ver­ handlungstechnik und Rhetorik, S. 41 ff. Vgl. Rüssel, JA 2005, 666 [669]. 35  Vgl. etwa für den Bereich der Schulmediation, Faller, Mediation in der päda­ gogischen Arbeit, S. 39 ff. 34  v. 

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3. Kap.: Vergleich von Mediation und Güterichterverfahren

2.  Güterichtertätigkeit Der Güterrichter kann sich nach § 278 Abs. 5 S. 2 ZPO aller Methoden der Konfliktbeilegung bedienen. Die dort getroffene ausdrückliche Erwäh­ nung der Mediation als eine dieser Konfliktbeilegungsformen macht keiner­ lei Einschränkung dahin gehend, dass eine oder mehrere die obenstehenden Mediationsrichtungen ausgeschlossen wären. Dennoch ergeben sich aus dem Zweck der Norm und den tatsächlichen Gegebenheiten Anhaltspunkte, die eine Einordnung des Güterichterverfahrens36 in die obenstehenden Modelle ermöglichen. Die Einführung des Güterichterverfahrens dient der Entlastung der Ge­ richte.37 Eine Entlastung ist jedoch nur dann möglich, wenn die durch die Güterichter eingesetzten Ressourcen wie Zeit für die Vor-, Nachbereitung und Durchführung einer Mediation im Vergleich zu dem alternativen Ge­ richtsverfahren geringer sind.38 Zudem lohnt sich ein solcher Ressourcen­ einsatz nur dann, wenn am Ende eine entsprechende Konfliktlösung erreicht wird.39 Der Güterichter ist also schon aus der Struktur heraus angehalten, eine Lösung des Konflikts in kürzerer Zeit herbeizuführen beziehungsweise zu unterstützen.40 36  Vgl. auch die Unterscheidung nach u. a. gerichtsnahem und privatwirtschaft­ lichen Marktansatz bei Alexander / Ade, ZKM 2007, 144 [145 f., 147]. 37  Vgl. Interview mit Sabine Leutheuser-Schnarrenberger im Handelsblatt Nr. 126 vom 03.  Juli 2012, S. 18. Kritisch dazu Prütting, ZZP 124 (2011), 163 [169]. 38  Zur Richtermediation Monßen, Richtermediation – Die Justiz als Mitbewerber bei der gerichtsnahen Mediation, in: Hengstl / Sick (Hrsg.), Festschrift Haase, S. 293 [299]. Siehe die vergleichende Übersicht des Zeitaufwandes bei Walther, ZKM 2006, 144 [146]. Vgl. Sporré, DRiZ 2011, 222 [224], der insoweit eine Lenkungs­ funktion des Güterichters annimmt. Vgl. auch Matthies, SchlHA 2007, 130 [130]; Schenke, in: Kahl / Waldhoff / Walter (Hrsg.), BK Grundgesetz, Art. 19 Abs. 4, Rdnr.  77c; Seibert, NVwZ 2008, 365 [370]. 39  92 % der Fälle, die in einer gerichtsinternen Mediation im Rahmen des Mo­ dellprojekts in Mecklenburg-Vorpommern behandelt wurden, wurden in nur einer Sitzung von mehrheitlich einer bis drei Stunden gelöst, Nelle, „Multi-Door Court­ house Revisited“ – Wie steht es um die gerichtsnahen Alternativen?, in: Eidenmüller (Hrsg.), Alternative Streitbeilegung, S. 123 [125] unter Bezug auf Bierbrauer / Klinger, Gerichtliche Mediation in Mecklenburg-Vorpommern, S. 54. Vgl. Wrege, DRiZ 2003, 130 [132]; v. Olenhusen, DRiZ 2003, 396 [396]; Francken, NZA 2012, 836 [837]. 40  Greger, in: Zöller, Zivilprozessordnung, § 278, Rdnr.  31. Ganz ähnlich auch Kopp / Schenke, VwGO, § 1 VwGO, Rdnr.  41a. In Bezug auf die Richtermediation Bercher / Engel, JZ 2010, 226 [228]. Schon für die Modellprojekte Dürschke, SGb 2001, 532 [533]; Monßen, ZKM 2006, 83 [84]. Vgl. für die anwaltliche Wahrneh­ mung Nelle, „Multi-Door Courthouse Revisited“ – Wie steht es um die gerichtsna­ hen Alternativen?, in: Eidenmüller (Hrsg.), Alternative Streitbeilegung, S. 123 [126]. Vgl. auch Greger, ZKM 2003, 240 [244]; Greger, NJW 2007, 3258 [3259].



A. Tätigkeitsvergleich77

Legt man diese Einordnung zugrunde, steht die Tätigkeit des Güterichters dem Service-Delivery-Projekt nahe. Sie teilen den Anspruch der schnellen Konflikterledigung. Dass diese Einordnung mit den praktischen Gegebenhei­ ten übereinstimmt, lässt sich auch daran erkennen, dass die Autorität des Richters zuweilen als mediationsfördernd eingeordnet wird.41 An dieser posi­ tiven Bewertung – des Amtsbonusses des Richtermediators42 oder Güterich­ ters – kann jedoch gezweifelt werden; bereits das Umfeld des Güterichterver­ fahrens lässt sich leicht mit dem eines Gerichtsverfahrens in Verbindung bringen. Erinnert auch die Verfahrensleitung an einen Gerichtsprozess,43 kön­ nen die wesentlichen Unterschiede den Beteiligten unklar bleiben.44 Mit den gleichen Gründen lässt sich auch die Einordnung als fördernde, mit Tendenz zur bewertenden Mediation begründen. Der Güterichter wird einen Kompromiss finden müssen, in vergleichsweise geringer Zeit eine Lösung des Konflikts zu ermöglichen. Zugleich muss der Konflikt in der Weise ausreichend bearbeitet worden sein, dass die konkrete Einigung Be­ stand hat und es nicht neuerlich zu einem Streit kommt. Die Einordnung des Güterichters als der fördernden, auch der bewerten­ den Mediation nahestehend wird auch durch die Erwägungen des Gesetzge­ bungsverfahrens gestützt. Zwar ist der Güterichter nicht erkennender Richter und hat damit keine Befugnis zur Entscheidung in der Sache; jedoch soll es ihm möglich sein, eigene Lösungsvorschläge in das Verfahren einzubrin­ gen.45 Diese Möglichkeit wird dem Güterichter fraglos eröffnet. Für den Mediator ist sie, ausgehend von den genannten abweichenden Vorstellungen der aktiven oder der passiven Mediation46, umstritten. Bereits diese kritische Auseinandersetzung mit der Vorschlagsbefugnis illustriert abermals die anzutreffende Bandbreite der außergerichtlichen Me­ 41  Kopp / Schenke, VwGO, § 1 VwGO, Rdnr.  41a. Für die Modellprojekte der gerichtsinternen Mediation Klose, ZKM 2005, 146 [147]; vgl. auch Greger, ZKM 2003, 240 [244]; Härtel, JZ 2005, 753 [760]; Schenke, in: Kahl / Waldhoff / Walter (Hrsg.), BK Grundgesetz, Art. 19 Abs. 4, Rdnr. 77f. Kritisch dazu Wesel, NJW 2002, 415 [416]. 42  So Nelle, „Multi-Door Courthouse Revisited“ – Wie steht es um die gerichts­ nahen Alternativen?, in: Eidenmüller (Hrsg.), Alternative Streitbeilegung, S. 123 [126] für die anwaltliche Wahrnehmung. Vgl. auch Bercher / Engel, JZ 2010, 226 [227]. 43  Monßen, ZKM 2006, 83 [84]; Bercher / Engel, JZ 2010, 226 [228]. Vgl. auch v. Olenhusen, DRiZ 2003, 396 [396]; Carl, ZKM 2012, 16 [19]; Sick, ZRP 2007, 203 [203 f.]. 44  Engel / Hornuf, ZZP 124 (2011), 505 [514 f.]. Sick, ZRP 2007, 203 [203] hält die genaue Trennung von Mediations- und Gerichtsverfahren für erfolgsbestimmend. 45  BT-Drs. 17 / 8058, S. 17; Sporré, DRiZ 2011, 222 [224]. 46  Siehe oben, 1. Kapitel A. II.

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3. Kap.: Vergleich von Mediation und Güterichterverfahren

diation. Dass die Möglichkeit Vorschläge zu unterbreiten für den Güterichter als selbstverständlich gegeben vorausgesetzt wird, unterstreicht die Erwar­ tung an ihn bezüglich einer zügigen Konfliktlösung und bestätigt die oben getroffene Einschätzung: Der Güterichter bildet nur einen Teil der denkba­ ren Mediationsrichtungen ab und befindet sich dabei tendenziell nahe einer Schlichtung.47 Die Tätigkeit des Güterichters beschränkt sich aufgrund der bestimmen­ den Umstände auf eine schnelle, einvernehmliche48 Lösungsfindung. Die Beziehung der Parteien untereinander wird in den Blick genommen, doch ist hierbei im Unterschied zu einer umgestaltenden Mediation keine vertief­ te Bearbeitung zu erwarten. Diese wird sich auf den konkreten Anlass und die für eine einvernehmliche Lösung ausreichende Tiefe beschränken. Aus dieser Beschreibung lässt sich jedoch nicht folgern, dass es keine Konkurrenz des Güterichters zu Mediatoren gäbe. Denn dem Großteil aller Mediationen liegt die Ausrichtung auf schnelle, einvernehmliche Lösungen zugrunde. Das spiegelt sich bereits in der Bewerbung von Mediationen wider: Die häufigsten Schlagworte sind „schnelle“, „kostengünstige“ und „einvernehmliche“ Konfliktlösung. Die so geweckten Erwartungen lassen sich nur mit der Verfahrensgestaltung einer fördernden, eher bewertenden Mediation erfüllen. Die Erwartungen der Auftraggeber an einen Güterichter und an einen Mediator sind nahezu deckungsgleich. Eine schnelle und kostengünstige Konfliktlösung steht im Vordergrund und wird meist im Gegensatz zu einem Gerichtsverfahren verstanden. Ein Mediator muss sich als Dienstleister die­ sen Erwartungen anpassen, ebenso wie sich ein Güterichter an den Erwar­ tungen der Parteien und den allgemeinen Annahmen der Justiz auszurichten hat. Aus dieser vergleichbaren Lage heraus ist es zu begründen, weshalb beide Tätigkeiten miteinander in Konkurrenz stehen: Die Erwartungen an sie sind gleich, sie müssen daher dem Grunde nach gleiche Dienstleistungen anbieten.

47  Vgl. Greger, NJW 2007, 3258 [3259]. Ähnlich auch Trenczek, SchiedsVZ 2008, 135 [140]. 48  Vgl. Busemann, ZKM 2012, 55 [55]; Engel / Hornuf, ZZP 124 (2011), 505 [514 f.].



B. Befugnisvergleich79

B.  Befugnisvergleich I.  Rechtliche und tatsächliche Möglichkeiten des Güterichters 1.  Methodenwahl Wie angesprochen eröffnet § 278 Abs. 5 S. 2 ZPO dem Güterichter nicht nur die Möglichkeit, Mediation als Konfliktlösungsverfahren einzusetzen. Er kann auch jedes andere Verfahren bemühen, welches ihm als geeignet erscheint.49 Hintergrund dieser Norm ist der Versuch, das Güterichterverfah­ ren und die außergerichtliche Mediation voneinander abzugrenzen.50 Die Vorschrift wurde in der Fassung vor Einberufung des Vermittlungsausschus­ ses dahin gehend interpretiert, dass sie dem Güterichter ein vollständiges Mediationsverfahren verbiete51 und ihn auf mediative Elemente verweise. Diese Interpretation wird jedoch durch den Wortlaut des § 278 Abs. 2 S. 2 ZPO in der letztlich zustande gekommenen Fassung widerlegt, der von „allen Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation“ und nicht nur Elementen der Mediation spricht.52 Auch der Zweck der Norm und die tatsächlichen Gegebenheiten des Gü­ terichterverfahrens sprechen gegen ein solches Verbot und dafür, dass der Güterichter in aller Regel ein Mediationsverfahren einsetzen wird53: Aus­ gangspunkt ist die einvernehmliche Lösung des Konflikts. Denn diese er­ höht die Wahrscheinlichkeit des Bestands der Vereinbarung und des Nicht­ wiederaufflammens des Konflikts. Zum anderen ist der Güterichter nicht erkennender Richter und hat diesbezüglich auch keine rechtliche Möglich­ keit, den Konflikt einseitig zu beenden. Eine erfolgreiche Beendigung ist nur durch eine freiwillige Einigung möglich. Zugleich bedingen die Rah­ menbedingungen des Güterichterverfahrens, dass die Einigung vergleichs­ 49  Ahrens,

NJW 2012, 2465 [2469]. BRAK-Mitteilungen 2012, 194 [198]. 51  Henssler / Deckenbrock, DB 2012, 159 [161]; Carl, ZKM 2012, 16 [19]. Vgl. Röthemeyer, ZKM 2012, 116 [116]. Prütting, AnwBl 2012, 204 [206] nahm eben­ falls ein solches Verbot an, gestand aber dem Güterichter den Einsatz aller mediati­ ven Mittel zu, S. 207, vgl. ähnlich Kopp / Schenke, VwGO, § 1 VwGO, Rdnr.  42. 52  Röthemeyer, ZKM 2012, 116 [116]; Busemann, ZKM 2012, 55 [55 f.]; Wagner, ZKM 2012, 110 [113]; Ahrens, NJW 2012, 2465 [2467, 2469]. Im Ergebnis auch Prütting, in: Rauscher / Wax / Wenzel (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilpro­ zessordnung, § 278, Rdnr.  27; Foerste, in: Musielak (Hrsg.), Kommentar zur Zivil­ prozessordnung, § 278a ZPO, Rdnr.  2; Saenger, in: Saenger (Hrsg.), Zivilprozess­ ordnung, § 278 ZPO, Rdnr.  20. Vgl. aus dem Gesetzgebungsverfahren BT-Drs. 17 / 8058, S. 17 f.; BR-Drs. 10 / 1 / 12, S. 1 ff.; BR-Plenarprotokoll 892, S. 32 (B). 53  Vgl. Löer, ZKM 2014, 41 [43]. 50  Plassmann,

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3. Kap.: Vergleich von Mediation und Güterichterverfahren

weise schnell erzielt werden soll. Anderenfalls führte der Einsatz des Gü­ terrichters nicht zu einer Entlastung der Justiz, sondern nur zu einer Ver­ schiebung von Aufgaben. Diese Gründe bedingen, dass der Güterichter kaum ein anderes Verfahren als die Mediation einsetzen kann.54 Ein Schiedsverfahren ist mangels feh­ lender Entscheidungsbefugnis nicht möglich. Schlichtungselemente können eingesetzt werden, jedoch gefährden diese die von den Beteiligten erlebte Neutralität, die die Basis für eine Vermittlung durch einen Dritten ist. Denn erleben sie den Güterichter als parteiisch, werden sie sich kaum auf eine freiwillige Einigung einlassen, sondern wahrscheinlich das Gerichtsverfah­ ren wieder aufnehmen wollen. Aus diesen Erwägungen folgt, dass die grundsätzlich bestehende Verfahrenswahl des Güterichters mehr eine theo­ retische Öffnungsklausel, denn eine praktische Wahlmöglichkeit darstellt. Entsprechend ist die Möglichkeit der Methodenwahl auch dahin gehend zu verstehen, dass der Güterichter befugt ist, seine Verfahrensführung frei an die genannten Mediationsprojekte anzulehnen.55 So kann er beispielsweise im Sinn des Service-Delivery-Projekts den Schwerpunkt auf eine schnelle Verhandlungslösung legen. 2.  Akteneinsicht Grundsätzlich soll es dem Güterichter möglich sein, auch ohne vorherige Zustimmung der Parteien Einsicht in die Prozessakten zu nehmen.56 Damit hat er Zugriff auf die bis dahin eingereichten Schriftsätze und auf die so vorgebrachten – meist rechtlichen – Einschätzungen der Parteien. Er soll sich so über den Streitstand informieren und dadurch das Gütegespräch ef­ fektiv führen können.57 Mit Blick auf das bereits anhängige Verfahren er­ scheint das grundsätzlich zweckmäßig. Nur den Parteien soll ein Güterich­ terverfahren angeboten werden, deren Konflikt dem Grunde nach für ein solches geeignet ist. Zudem stellt diese Befugnis das Gegenstück zum Recht der Parteien dar, jederzeit die Gerichtsakten einzusehen.58 Die Möglichkeit, dass sich der Güterichter ohne die Parteien mit dem Streitstand befassen kann, vergegenwärtigt nochmals die Orientierung hin zu 54  Greger / Weber, MDR-Beilage 18 / 2012, S. 14; Dürschke, NZS 2013, 41 [44]. Das erklärt, weshalb Röthemeyer, ZKM 2012, 116 [118] von der „Fortsetzung der etablierten Gerichtsmediation“ spricht, wie auch Ahrens, NJW 2012, 2465 [2467]. 55  Greger / Weber, MDR-Beilage 18 / 2012, S. 4. 56  Aus dem Gesetzgebungsverfahren BT-Drs. 17 / 8058, S. 17. Ahrens, NJW 2012, 2465 [2470]; Carl, ZKM 2012, 16 [20]; Fritz, in: Fritz / Pielsticker (Hrsg.), Media­ tionsgesetz, § 278 ZPO, Rdnr.  60 f. 57  Carl, ZKM 2012, 16 [20]. 58  Ahrens, NJW 2012, 2465 [2470].



B. Befugnisvergleich81

einer schnellen Lösung: Konnte sich der Güterichter aus den Akten heraus bereits mit dem Streit befassen, kann eine eingehende Darstellung durch die Parteien verkürzt werden oder sogar ganz unterbleiben. Unterbleibt jedoch die Darstellung der eigenen Sichtweisen im Verfahren, fehlt es oftmals an An­ haltspunkten für eine einvernehmliche Lösung. Denn in den Schriftsätzen gel­ tend gemachten Forderungen werden sich in der Regel gegenseitig ausschlie­ ßen. Wird das Ziel einer einvernehmlichen und beiderseits befriedigenden Lösung angestrebt, kann auf die ausführliche Darstellung durch die Median­ den nicht verzichtet werden. Da der Güterichter ebenfalls dieses Ziel verfolgt, wird sich die Einsichtnahme in die Akten kaum im Verfahren auswirken. Der Mediator hat ein solches Einsichtnahmerecht nicht. Wenn Mediatio­ nen vor oder anstelle eines Gerichtsverfahrens stattfinden, braucht es das auch nicht. In diesem Fall gibt es keine Akten, die insoweit herangezogen werden könnten. Die Darstellung der Sichtweisen durch die Parteien selbst ist einer der wichtigsten Prozessschritte, die nicht durch eine Information des Mediators ersetzt werden können. Dieser rechtliche Nachteil wird sich in aller Voraussicht kaum als praktische Benachteiligung erweisen. Für den Güterichter hingegen erscheint die Befugnis zur Akteneinsichtnahme zweck­ mäßig, um die Mediationsgeeignetheit feststellen zu können. 3.  Rechtsrat Ein wichtiges Grundprinzip der Mediation ist die Informiertheit der Par­ teien. Sie sollen ausreichend Informationen besitzen, um eigenverantwort­ lich und nachhaltige Lösungen vereinbaren zu können. Häufig weisen Konflikte Rechtsfragen auf. Das muss bei persönlichen Konflikten nicht immer der Fall sein. Doch selbst dort kann es rechtliche Bezüge geben, wenn etwa im familiären Bereich finanzielle Ausgleichsfragen zu klären sind. Auch bei Konflikten mit rechtlichen Bezügen steht es den Medianden selbstverständlich frei, eigene, abweichende Lösungen zu finden, wenn es sich nicht um zwingendes Recht handelt. So können rechtliche Fragen auch anders beantwortet werden. Damit in diesen Fällen überhaupt eine eigenver­ antwortliche Lösung getroffen werden kann, benötigen die Medianden zu­ nächst Rechtsrat, um den Verhandlungsgegenstand zu kennen. Ist der Mediator in seinem Grundberuf nicht dazu befugt, Rechtsrat zu erteilen, so gilt das ohne Zweifel auch für seine Rolle als Mediator. Doch auch in den Fällen, in denen er seiner Grundausbildung nach dazu befugt wäre, entspricht die Erteilung von Rechtsrat nicht dem Rollenbild des Me­ diators59. Zum einen kann ein solcher Rat seitens des Mediators die Medi­ 59  Montada / Kals,

Mediation, S. 254 f.

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3. Kap.: Vergleich von Mediation und Güterichterverfahren

anden in ihrer kreativen Lösungsfindung einschränken und ihre Aufmerk­ samkeit zu sehr auf die rechtlich bestimmten Lösungen lenken. Zugleich kann eine für eine Partei ungünstige Rechtsauskunft als Neutralitätsverlet­ zung durch den Mediator aufgefasst werden. Das Rollenbild des Güterichters kennt eine solche Einschränkung nicht. Ihm ist es ausweislich den Erwägungen des Gesetzesverfahrens60 und seiner Stellung als Richter61 unbenommen, rechtliche Fragen zu klären und die rechtliche Sicht des Konflikts zu erläutern. Er kann zusätzlich zur Verfah­ rensleitung Rechtsberatung leisten. Damit geht seine Befugnis über die eines Mediators hinaus. Kann dieser eine solche Beratungsleistung aus rechtlichen oder berufsethischen Gründen nicht erbringen, so hat die Tätigkeit des Gü­ terichters Marktvorteile. Die Medianden brauchen keine Rechtsberater hin­ zuziehen, sondern können die nötigen Informationen vom Güterichter ein­ holen. Das ist in Hinblick auf die Dauer des Verfahrens, den persönlichen Aufwand und die finanziellen Umstände vorteilhaft und zugleich für den Mediator, der auf Rechtsanwälte verweisen muss, nachteilig. 4.  Protokollierung und Vollstreckbarkeit der Einigung Endet die Mediation einvernehmlich mit einer Vereinbarung zwischen den Parteien, so wird sie in der Regel auch erfüllt62. Dass sie nicht eingehalten und zwangsweise durchgesetzt werden muss, ist eher unwahrscheinlich. Immerhin haben die Parteien freiwillig die entsprechende Vereinbarung geschlossen.63 Und dennoch ist es für viele Parteien wichtig, die meist mühsam erreichte Vereinbarung rechtlich so zu fassen, dass sie durchgesetzt werden kann, um Rechtssicherheit zu haben. Ob die Vollstreckung der Ver­ einbarung die befriedende Wirkung einer einvernehmlichen Lösung erhält, sei indes dahingestellt. Die Vollstreckbarkeit der Vereinbarung durch staatliches Verfahren und damit die Möglichkeit der zwangsweisen Durchsetzung unterscheidet sich bei außergerichtlichen Mediationen und Verfahren des Güterichters deut­ lich.64 Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich, dass der Güterichter kraft seines Amts als Richter befugt sein soll, die Vereinbarung der Medianden 60  BT-Drs.

17 / 8058, S. 17. die richterliche Prozessleitung, § 139 ZPO. 62  Lörcher / Lörcher, Durchsetzbarkeit von Mediationsergebnissen, in: Haft /  v.  Schlieffen (Hrsg.), Handbuch Mediation, § 45, Rdnr.  4 ff. 63  Zepf, DÖV 2012, 631 [631]. 64  Dazu auch Lörcher / Lörcher, Durchsetzbarkeit von Mediationsergebnissen, in: Haft / v.  Schlieffen (Hrsg.), Handbuch Mediation, § 45, Rdnr.  11 ff.; Henssler / Deckenbrock, DB 2012, 159 [167]. 61  Vgl.



B. Befugnisvergleich83

zu protokollieren.65 Diese Grundannahme war ausschlaggebend dafür, dass keine besondere Regelung geschaffen worden ist, um die Vollstreckbarkeit von Mediationsvereinbarungen zu ermöglichen, wie es die Richtlinie 2008 / 52 / EG fordert. Denn mit der Protokollierung der Vereinbarung durch den Güterichter schafft dieser einen vollstreckbaren Titel.66 Einem Mediator steht eine solche Befugnis nicht zu. Er kann, wenn die Medianden es wünschen, die Vereinbarung in nichtrechtlichem Sinne proto­ kollieren und diese Niederschrift den Medianden überlassen. Soll die Me­ diationsvereinbarung vollstreckbar sein, so gibt es für die Medianden nur zwei Wege. Zum einen kann die Zwangsvollstreckung aus einer vollstreck­ baren Urkunde betrieben werden.67 Das verlangt von den Parteien die Be­ auftragung eines Notars, der die entsprechende Urkunde errichtet. Aus dieser kann die Zwangsvollstreckung direkt betrieben werden, ohne dass es einer Vollstreckbarerklärung durch ein Gericht bedarf. Weiter kommt als Vollstreckungstitel ein Anwaltsvergleich in Betracht. Dafür muss jede Partei einen eigenen Anwalt bestellen, die dann in Namen der Mandanten den entsprechenden Vergleich schließen.68 Dieser muss in der Folge durch entweder das hypothetische Prozessgericht oder einen No­ tar für vollstreckbar erklärt werden.69 Erst dann kann die Zwangsvollstre­ ckung betrieben werden. Beide Verfahren sind für die Medianden im Vergleich zu den Möglichkei­ ten des Güterichters bedeutend aufwendiger. Sie müssen einen Notar oder jeweils Rechtsanwälte beauftragen, sodass zusätzliche Kosten und weiterer Zeitaufwand für sie entstehen.70 Für den Richtermediator der Modellprojek­ te der gerichtsinternen Mediation wurde die Besserstellung durch die Mög­ lichkeit der Protokollierung indes bestritten71: Zwar nehme dieselbe Person die Protokollierung vor, doch handle sie zunächst in der Rolle des Richter­ mediators und protokolliere im Anschluss als ersuchter Richter72. Für den Güterichter muss und kann diese Unterscheidung nicht mehr getroffen 65  BT-Drs. 17 / 8058, S. 17. Carl, ZKM 2012, 16 [20]; Greger / Weber, MDRBeilage 18 / 2012, S. 23 f. 66  § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. 67  § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO. Lörcher / Lörcher, Durchsetzbarkeit von Mediationser­ gebnissen, in: Haft / v.  Schlieffen (Hrsg.), Handbuch Mediation, § 45, Rdnr.  25. 68  § 796a ZPO. Lörcher / Lörcher, Durchsetzbarkeit von Mediationsergebnissen, in: Haft / v.  Schlieffen (Hrsg.), Handbuch Mediation, § 45, Rdnr.  19 ff. 69  §§ 796b, 796c ZPO. 70  Wagner, ZKM 2012, 110 [111]; Ahrens, NJW 2012, 2465 [2468]; Monßen, Richtermediation – Die Justiz als Mitbewerber bei der gerichtsnahen Mediation, in: Hengstl / Sick (Hrsg.), Festschrift Haase, S. 293 [305]. 71  Sporré, DRiZ 2011, 222 [224]. 72  § 362 ZPO.

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3. Kap.: Vergleich von Mediation und Güterichterverfahren

werden, ihm steht ausdrücklich die Möglichkeit der Vergleichsprotokollie­ rung zu. Die Zwangsvollstreckung kann neben den erwähnten Titeln auch aus Vergleichen betrieben werden, die vor einer anerkannten Gütestelle ge­ schlossen worden sind. Darauf aufbauend wurde angeführt, der Mediator könne sich als eine solche Gütestelle i.  S. d. § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO73 an­ erkennen lassen, damit die erzielten Mediationsergebnisse vollstreckbar werden.74 Dieser Einwand greift jedoch zu kurz. Zunächst handelt es sich bei der ausschlaggebenden Norm für die Einrichtung von Gütestellen, § 15a EGZPO, um eine Öffnungsklausel, die es den Bundesländern möglich macht, solche Stellen einzurichten, sie aber nicht dazu verpflichtet. Derzeit haben zehn Bundesländer von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht.75 Ent­ sprechend ist eine Zulassung als Gütestelle mangels gesetzlicher Grundlage in den übrigen sechs Bundesländern von vornherein ausgeschlossen.76 In sechs der verbliebenen zehn Bundesländer werden keine Zulassungs­ unterscheidungen nach dem Grundberuf getroffen. Es können grundsätzlich alle befähigten Personen als Gütestellen anerkannt werden.77 Das schließt auch solche Mediatoren ein, die im Grundberuf keine Rechtsanwälte sind. In den übrigen vier Bundesländern ist eine Zulassung als Gütestelle an den Grundberuf als Rechtsanwalt78 oder eine Zulassung zur Rechtsberatung79 gebunden. Das bedeutet, dass eine Zulassung als Gütestelle für NichtRechtsanwälte in nur sechs der sechzehn Bundesländer grundsätzlich mög­ lich ist. Damit geht der Verweis auf eine solche Anerkennung zum Erreichen einer dem Güterichter zustehenden Befugnis fehl. Der Güterichter ist in Bezug auf die Vollstreckbarkeit der erzielten Ver­ einbarung im Vorteil. Er kann durch ein richterliches Protokoll einen voll­ 73  Zu dieser und den landesrechtlichen Ausgestaltungen Greger, NJW 2011, 1478. 74  Sporré, DRiZ 2011, 222 [224]; Horst, Die Kosten der Mediation, in: Haft / v.  Schlieffen (Hrsg.), Handbuch Mediation, § 47, Rdnr.  137. 75  Aufzählung in der Fußnote 1 bei Wittschier, in: Musielak (Hrsg.), Kommentar zur Zivilprozessordnung, § 15a EGZPO. Diese enthält noch Baden-Württemberg, in dem jedoch zum 1.  Mai 2013 das Schlichtungsgesetz außer Kraft getreten ist. 76  BGH, ZKM 2013, 131 [131 f.] hatte zum Sachverhalt den erfolglosen Versuch der Anerkennung als Gütestelle im Land Berlin mangels gesetzlicher Grundlage. 77  Bayern: Art. 5 BaySchlG; Brandenburg: § 2 BdgGüteStG; Hessen: § 6 HSchlichtG; Nordrhein-Westfalen: § 45 JustG NRW; Saarland: § 37d Saar AGJustG; Sachsen-Anhalt: § 40 SchStG LSA. 78  Schleswig-Holstein: § 3 Abs. 1 Nr. 1 SH LSchliG für die obligatorische Schlichtung nach § 15a EGZPO; Niedersachsen: vgl. Greger, NJW 2011, 1478 [1480]; Rheinland-Pfalz: § 3 LSchlG Rh-Pf, vgl. Greger, NJW 2011, 1478 [1480]. 79  Sachsen: § 56 SächsSchiedsGütStG.



B. Befugnisvergleich

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streckbaren Titel schaffen. Im Rahmen einer außergerichtlichen Mediation gelingt das nur unter Einbeziehung weiterer Personen. Das verlängert das Verfahren in zeitlicher Hinsicht und bedingt einen Kostennachteil dieses Verfahrens.

II.  Kostenvergleich Schon im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens wurde angesprochen, ob nicht in das Gerichtskostengesetz eine Gebührenregelung für die zu diesem Zeitpunkt diskutierte gerichtsinterne Mediation aufgenommen werden sol­ le.80 Damit zeigte sich schon damals ein Problembewusstsein, dass private Mediatoren durch eine von der Justiz gebührenlos angebotene Dienstleis­ tung benachteiligt werden könnten. Die Bundesregierung sagte zu, diesen Einwand im weiteren Verlauf zu berücksichtigen. Gleichzeitig klangen Zweifel an, ob eine Kostenregelung der gerichtsinternen Mediation die ge­ wünschten positiven Effekte auf die gerichtsnahe beziehungsweise außerge­ richtliche Mediation haben würde.81 Der Rechtsausschuss des Bundestages diskutierte eine entsprechende Regelung, lehnte sie aber im Ergebnis ab, weil zum einen ein nicht unerheblicher bürokratischer Aufwand damit ver­ bunden sei und zum anderen die Förderung der nicht-richterlichen Media­ tion nur unzureichend zu erwarten gewesen wäre.82 Eine entsprechende Kostenregelung wurde somit nicht eingeführt, die mediative Leistung des Güterichters ist mithin gebührenfrei.83 Dieser Umstand wurde bereits in den Modellprojekten84 und schließlich bei Einführung des Güterichters85 kritisch beurteilt: Die Kostenfreiheit dieser Dienstleistung benachteilige Mediatoren, denen es nicht möglich sei, ihre Dienste kostenlos anzubieten. Begegnet wurde dieser Einschätzung damit, die Inanspruchnahme des Güterichters sei nicht kostenlos, immerhin müsse der Kläger drei Gerichtsgebühren, bemes­ sen nach dem Streitwert, einzahlen.86 Zutreffend ist, dass vormals eine gerichtsinterne Mediation und derzeit ein Güterichter nur dann in Anspruch genommen werden können, wenn 80  BT-Plenarprotokoll

17 / 105, S. 12060; BR-Drs. 60 / 11 (Beschluss), S. 18. 17 / 5496, S. 7. 82  BT-Drs. 17 / 8058, S. 17; BR-Plenarprotokoll 892, S. 32 (C). Daran knüpft auch Carl, ZKM 2012, 16 [20] an. 83  Vgl. Greger / Weber, MDR-Beilage 18 / 2012, S. 26. 84  Ortloff, NVwZ 2004, 385 [390]. Vgl. Spindler, ZKM 2007, 79 [76 f.]. 85  Francken, NZA 2011, 1001 [1005]; auf Basis des Referentenentwurfes Greger, ZRP 2010, 209 [211]. Ähnlich bereits Ortloff, NVwZ 2004, 385 [390]. 86  Sporré, DRiZ 2011, 222 [224]; Matthies, SchlHA 2007, 130 [133]. Huther, ZKM 2004, 247 [250] geht sogar von einem Kostennachteil der zu diesem Zeitpunkt praktizierten gerichtsinternen Mediation aus, allerdings ohne nähere Begründung. 81  BT-Drs.

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3. Kap.: Vergleich von Mediation und Güterichterverfahren

eine Klage bei Gericht anhängig geworden ist. Damit entstehen zunächst die entsprechenden Gebühren in Höhe des dreifachen Satzes.87 Wird der Streit jedoch in Folge der Mediation gelöst, so wird in aller Regel auch die rechts­ hängige Klage zurückgenommen werden. Geschieht das – wie zu erwarten ist – vor Schluss der mündlichen Verhandlung, so reduzieren sich die Ge­ richtsgebühren auf den einfachen Satz.88 Diese hat dem Grunde nach der Kläger zu tragen.89 Innerhalb des Güterichterverfahrens kann auch diese Frage zwischen den Beteiligten anders geregelt werden, sodass etwa beide die angefallenen Kosten tragen.90 Diese anfallenden Gebühren ändern nichts an dem Umstand, dass für die eigentliche Mediation keine gesonderte Gebühr erhoben wird. Ist ein Rechts­ streit einmal anhängig geworden, so spricht dieser Umstand in finanzieller Hinsicht dagegen, dass die Parteien wie von § 278a Abs. 2 ZPO vorgesehen einen außergerichtlichen Mediator beauftragen.91 Vielmehr werden sie auf die nun gebührenfreie Dienstleistung zurückgreifen, die ihnen durch das Ge­ richt zusätzlich geboten wird. Somit ergibt sich ein starker Wettbewerbsnach­ teil zulasten der Mediatoren jedenfalls nach Klageerhebung.92 Die Mediatoren bieten ihre Dienstleistung gegen Entgelt am Markt an. Die dabei veranschlagten Stundensätze variieren beständig, ein Mittel lässt sich bei etwa 120 bis 150 Euro je Stunde schätzen.93 Hochgerechnet auf drei bis fünf Stunden für eine Mediation fallen damit 360 bis zu 750 Euro an. Eine einfache Gerichtsgebühr erreicht diese Beträge erst ab einen Streit­ wert von 35.000 bis 95.000 Euro94. Damit ist in finanzieller Hinsicht auch in Fällen, in denen der Streitwert geringer ist, kaum ein Anreiz gegeben, einen außergerichtlichen Mediator zu beauftragen.95 Bemerkenswert ist auch der zeitgleich mit dem Güterichter eingeführte § 69b GKG und seine Entsprechung § 61a FamGKG. Nach diesem können die Landesregierungen per Verordnung bestimmen, dass bestimmte von den 87  Dreifache

Gebühr nach Nr. 1210 Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG. Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG. Greger / Weber, MDR-Beilage 18 / 2012, S. 26. Vgl. auch Spindler / Apel / Spalckhaver, ZKM 2003, 192 [195] noch zu den Modellprojekten. 89  § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO. 90  Vgl. Greger / Weber, MDR-Beilage 18 / 2012, S. 27. 91  Vgl. zum Regierungsentwurf Plassmann, AnwBl 2011, 123 [123, 124]. 92  Monßen, ZKM 2006, 83 [85] zu der gerichtsinternen Mediation. 93  Monßen, Richtermediation – Die Justiz als Mitbewerber bei der gerichtsnahen Mediation, in: Hengstl / Sick (Hrsg.), Festschrift Haase, S. 293 [304]. Vgl. Greger, ZKM 2003, 240 [241], der 200 bis 300 DM feststellte. 94  Anlage 2 zu § 34 GKG. 95  Vgl. Rasche, Kritik an der Gerichtsmediation, in: Gläßer / Schroeter (Hrsg.), Gerichtliche Mediation, S. 159 [166 f.] mit einer ganz ähnlichen Berechnung. 88  Nr. 1211



B. Befugnisvergleich87

Gerichten der Bundesländer zu erhebende Gebühren ermäßigt werden oder ganz entfallen, wenn das Gerichtsverfahren nach einer Mediation oder ei­ nem anderen außergerichtlichen Konfliktbeilegungsverfahren durch Klage­ rücknahme endet. Diese Absicht muss bereits in der Klageschrift als beab­ sichtigt mitgeteilt worden oder auf Vorschlag des Gerichts geschehen sein. Ausdrücklich erfasst von der möglichen Ermäßigung ist die nach Rücknah­ me der Klage anfallende einfache Gerichtsgebühr. Damit gibt es die bisher nicht genutzte Möglichkeit der Bundesländer, die Parteien des Rechtsstreits auch von dieser Gebühr zu entbinden. Dem Wortlaut der Ermächtigung nach könnte die Ermäßigung jedoch nur in den Fällen einschlägig sein, in denen die Konfliktlösung mittels eines außergerichtlichen Verfahrens erreicht wird. Nach der oben angesprochenen Begrifflichkeit wären das Fälle, in denen Dritte außerhalb des Gerichts da­ mit betraut werden. Diese enge Auslegung würde eine Konfliktlösung mit­ hilfe des Güterichters nicht einschließen. Der in § 69b GKG, § 61a FamG­ KG verwendete Begriff der außergerichtlichen Konfliktlösung könnte jedoch auch dahin gehend ausgelegt werden, dass er alle Verfahren außerhalb des Prozessgerichts erfasst und damit auch den Güterichter. Für diese weite Auslegung kann das Gesetzgebungsverfahren angeführt werden. Denn in diesem Rahmen kam der Vorschlag auf, dass im Falle des Scheiterns einer außergerichtlichen oder gerichtsnahen Mediation die Lan­ desregierungen die für das sich anschließende Gerichtsverfahren ergebenden Gebühren per Verordnung ermäßigen können.96 Der Normentwurf war über­ schrieben mit „Gebührenermäßigung nach vorgerichtlicher Mediation“. Das legt nahe, dass damit nur die außergerichtliche und gerichtsnahe Mediation als Mediation durch einen freiberuflichen Mediator erfasst werden sollte. Die letztendliche Fassung der § 69b GKG, § 61a FamGKG ist nur noch mit „Verordnungsermächtigung“ überschrieben und stellt nicht mehr auf ein Scheitern einer vorgerichtlichen Mediation, sondern auf den Erfolg in Form der Konfliktlösung und der Klagerücknahme ab. Demnach soll die erfolg­ reiche einvernehmliche Konfliktbeilegung durch die Ermäßigung gefördert werden. Es liegt vor diesem Hintergrund näher, auch die Konfliktlösung durch den Güterichter als erfasst einzubeziehen. Schließt man sich dieser Auslegung an, so würden im vorteilhaftesten Fall noch nicht einmal Ge­ richtsgebühren bei Inanspruchnahme des Güterichters anfallen. Das gesamte Verfahren würde in Bezug auf die Gerichtsgebühren kostenlos. Die schwache Verbreitung der außergerichtlichen Mediation wird zuwei­ len auf höhere Kosten und längere Dauer zurückgeführt.97 Erklären lässt 96  Antrag

97  Sporré,

des Landes Niedersachsen, BR-Drs. 60 / 2 / 11, S. 2. DRiZ 2011, 222 [222]; Francken, NZA 2012, 836 [837].

88

3. Kap.: Vergleich von Mediation und Güterichterverfahren

sich das zum einen mit den oben dargestellten sich unterscheidenden Medi­ ationszielen. Eine nachhaltige Konfliktlösung, die Aspekte über den konkre­ ten Anlass hinaus behandelt, wird in der Regel eine längere Zeit in Anspruch nehmen müssen, als eine auf schnelle Konfliktlösung bedachte Mediation. Aus diesem Argument lässt sich jedoch ablesen, dass die unterschiedlichen Mediationsausrichtungen in aller Regel weder den Medianden noch anderen Beteiligten bekannt sind. Anderenfalls wäre eine solche Differenzierung geboten. Erscheint Mediation in jeder Ausrichtung jedoch als einheitlich, so ist das einzige nachzuvollziehende und einfach zu vergleichende Kriterium der Preis. Kommen zu den eigentlichen Mediationskosten noch weitere hinzu, wie die für die Vollstreckbarkeit, so mindert das die Attraktivität der außerge­ richtlichen Mediation zusätzlich. Fallen diese Kosten im Rahmen der Güte­ richtertätigkeit gerade nicht an, so ist seine Tätigkeit finanziell außer Kon­ kurrenz.98

III.  Weitere Unterschiede Aus den konkreten Umständen des Güterichterverfahrens und einer au­ ßergerichtlichen Mediation ergeben sich weitere Unterschiede, die zum Teil als Benachteiligung der Mediatoren gedeutet werden. So wurde in Bezug auf die Anbahnung des Verfahrens die gerichtsinterne Mediation zuweilen im Vorteil gesehen. Sie müsse sich nicht um eine Akquise von Medianden kümmern, vielmehr kämen die Medianden über die Anhängigkeit des Ge­ richtsverfahrens direkt zu ihr.99 In tatsächlicher Hinsicht verhält es sich ebenso mit dem Güterichter, auch seine Verfahren werden ihm über die Rechtshängigkeit einer Klage zugewiesen. Allerdings unterstellt dieses Ar­ gument dem Güterichter – und vormals dem Richtermediator – ein nahezu marktwirtschaftliches Interesse an der Zuweisung möglichst vieler Verfah­ ren. Das überzeugt mit dem justizinternen Zweck der schnellen Erledigung anhängiger Fälle nicht. Das Interesse des Güterichters liegt in der Erledi­ gung anhängiger Verfahren, nicht aber in der Akquise darüber hinausge­ hender. Wenn auch das Güterichterangebot unter marktwirtschaftlicher Be­ trachtung Konkurrenzvorteile gegenüber den Mediatoren genießt, so ist das 98  Für die gerichtsinterne Mediation: Spindler, ZKM 2007, 79 [80]; Greger, NJW 2007, 3258 [3259]. Rasche, Kritik an der Gerichtsmediation, in: Gläßer / Schroeter (Hrsg.), Gerichtli­ che Mediation, S. 159 [162] beschreibt, es habe im Rahmen des bayerischen Mo­ dellprojekts Güterichter Anträge auf Durchführung einer Richtermediation gegeben, ohne dass ein Prozess begonnen werden sollte. Das wird jedoch von dem Verweis auf Greger, AnwBl 2008, 570 [571] nicht gestützt. 99  Monßen, ZKM 2006, 83 [84 f.].



C. Ergebnis89

nicht sein primärer Zweck. Ebendas unausgesprochen vorauszusetzen, über­ zeugt nicht. Ebenso wurde als Vorteil des Richtermediators der Modellprojekte der gerichtsinternen Mediation gesehen, dass dieser von dem verweisenden Gericht vorgeschlagen werde. So erübrige sich gemeinsame Auswahl durch die Medianden, was ihnen Zeit spare und die Möglichkeit der Ablehnung desselben nehme.100 Auch dieses Vorbringen lässt sich auf den Güterichter übertragen, doch naheliegender wäre es, diesen Umstand als Nachteil des Güterichterverfahrens einzuordnen. Denn den potenziellen Medianden steht es gerade nicht offen, die Person des Güterichters zu bestimmen. Bei einer außergerichtlichen Mediation wäre das hingegen möglich. So kann der Ver­ lust an Wahlmöglichkeiten kaum einen Vorteil darstellen. Ob hingegen die privatautonome Mediation gegenüber dem Güterichter­ verfahren zeitlich im Vorteil ist, kann bezweifelt werden. Diesbezüglich könnte man annehmen, ein Mediator stünde schneller für ein Verfahren zur Verfügung, als es ein Güterichter könne.101 Weil das Anliegen des Güterich­ ters gerade eine schnelle und kostengünstige Erledigung des Konflikts ist, kann auch dieses Verfahren schnell beginnen. Dahingegen kann es auf bei einem Mediator zu Wartezeiten kommen. Ein möglicher Zeitvorteil hängt damit vom Einzelfall ab.

C.  Ergebnis: Güterichter stehen in Konkurrenz zu Mediatoren Die aufgezeigten Gemeinsamkeiten und Unterschiede lassen sich wie folgt zusammenfassen: Die Tätigkeit des Güterichters beschränkt sich aus den Umständen heraus auf einen Teilbereich der möglichen Mediationsaus­ richtungen. Sie konkurriert mit Mediatoren in dem Bereich, der in der Be­ werbung und damit der Erwartungshaltung der Auftraggeber den Hauptteil ausmacht. Die Konkurrenz des Güterichters geht weit über eine geringfügi­ ge Ähnlichkeit hinaus.102 Dem Gesetzgeber ist nicht gelungen, eine Abgren­ zung von Mediation und Güterichterverfahren einzuführen. Das ist mit der Einführung des – gegenüber der gerichtsinternen Mediation – „erheblich erweiterten Güterichterkonzepts“103 kaum verwunderlich. 100  Monßen,

ZKM 2006, 83 [85]. Monßen, ZKM 2006, 83 [85] für die gerichtsinterne Mediation. 102  Ähnlich für die gerichtsinterne Mediation Spalckhaver, IDR 2004, 80 [82]. Vgl. Ahrens, NJW 2012, 2465 [2465]. Vgl. auch die Erwägungen bei BGH, NJWRR 1990, 479 [479]. 103  BT-Drs. 17 / 8058, S. 1. 101  So

90

3. Kap.: Vergleich von Mediation und Güterichterverfahren

An rechtlichen Befugnissen unterscheiden sich die Verfahren in Bezug auf die Rechtsberatung und die Vollstreckbarkeit. Der Güterichter ist den Media­ toren gegenüber im Vorteil, die ihrem Grundberuf nach dazu befähigt wären, Rechtsrat zu erteilen, einen solchen aber aus berufsethischen Gründen nicht erbringen. Ihre Medianden müssen, wie auch bei Mediatoren ohne solche Befähigung, Rechtsrat bei nichtbeteiligten Rechtsanwälten einholen. Ebenso verhält es sich mit den nichtanwaltlichen Mediatoren, die bereits wegen ihres Grundberufes eine Rechtsberatung nicht erbringen dürfen. Die Möglichkeiten der Mediatoren sind bezogen auf die Vollstreckbarkeit der erzielten Vereinbarung ebenfalls beschränkt. Der Güterichter kann die Vereinbarung sofort protokollieren und damit einen vollstreckbaren Titel schaffen. Im Rahmen einer außergerichtlichen Mediation lässt sich eine Vollstreckbarkeit nur mithilfe weiterer Beteiligter – Rechtsanwälte oder Notare – erreichen. Für diese Regelung lassen sich ohne Zweifel gewichtige Gründe anführen: Denn es könnten Vollstreckungstitel geschaffen werden, die keine eingehende rechtliche Prüfung erfahren haben. Wäre die Voll­ streckbarerklärung analog zu der des Anwaltsvergleichs eingeführt worden, so wäre zudem die anschließende gerichtliche Überprüfung auf die Verlet­ zung der öffentlichen Ordnung beschränkt gewesen104. Diese Erklärung lässt jedoch den Angebotsvorteil der Güterichter nicht entfallen. Die Anerken­ nung des Mediators als Gütestelle ist hingegen fernliegend. Zum einen ist sie in einigen Bundesländern nicht möglich, zum anderen mit Aufwand ohne Garantie des Anerkennungserfolges verbunden. Aus diesen weitergehenden Befugnissen muss gerade eine Verschärfung der bestehenden Konkurrenz gefolgert werden,105 nicht – wie von einigen106 – eine Verringerung. Die Zurückhaltung des freiberuflichen Mediators in Bezug auf die Erteilung von Rechtsrat, der Unterbreitung von konkreten Vorschlägen und der Protokollierung im rechtlichen Sinn bedingt, dass für diese häufig gewünschten und meist notwendigen Dienstleistungen weitere Beteiligte hinzugezogen werden müssen. Dadurch entstehen weitere Kosten. Diese kommen zu der Vergütung des Mediators hinzu und unterstützen das Bild, dass es sich bei dem Güterichterverfahren um ein Angebot handelt, das finanziell außer Konkurrenz steht. Derzeit gibt es keinen Gebührentatbestand, nach dem für das Verfahren Kosten anfallen würden. Das hält jedenfalls in finanzieller Hinsicht nach Klageerhebung davon ab einen kostenpflichtigen Mediator zu beauftragen. Wird zudem von der Möglichkeit der § 69b GKG, § 61a FamGKG Ge­ 104  Vgl.

§ 796a Abs. 3 ZPO. ZZP 124 (2011), 163 [172]. 106  Henssler / Deckenbrock, DB 2012, 159 [161]; Plassmann, BRAK-Mitteilungen 2012, 194 [197]. 105  Prütting,



C. Ergebnis91

brauch gemacht, so könnten im besten Fall die gesamten Gerichtskosten entfallen oder jedenfalls ermäßigt werden. Fällt dann – in Abhängigkeit der Beteiligung von Rechtsanwälten – nur noch eine einfache Einigungsge­ bühr107 an, so ist möglicherweise das gesamte Verfahren günstiger als eine außergerichtliche Mediation. Im Ergebnis sind die Grundansätze der Unterstützung einer einvernehm­ lichen Konfliktlösung gleich, die Befugnisse des Güterichters jedoch weiter­ gehend. Damit verbunden ist ein Kostenvorteil, der sich nicht nur auf das konkrete Verfahren, sondern auch auf die – im Rahmen außergerichtlicher Mediation zusätzlich zu erbringenden – weiteren Dienstleistungen erstreckt, namentlich der Rechtsberatung und der Protokollierung.108 Das verstärkt eine wettbewerbliche Konkurrenz zwischen dem Güterichter und den Me­ diatoren.

107  Nr. 1000, 108  Im

1003 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG. Ergebnis auch Prütting, AnwBl 2012, 204 [207].

2. Teil

Grundrechtlicher Schutz vor öffentlicher Konkurrenz

4. Kapitel

Güterichtertätigkeit als Aufgabe der rechtsprechenden Gewalt? Die Tätigkeit des Güterichters gleicht der der Mediatoren bis auf wenige Einzelheiten. Damit stehen Güterichter und Mediatoren in Konkurrenz zu­ einander. Aus der Ähnlichkeit der beiden Verfahren ergibt sich eine vorran­ gig zu klärende Frage: Handelt es sich bei der Güterichtertätigkeit um eine grundgesetzliche Aufgabe der rechtsprechenden Gewalt? Dieselbe Frage kam bereits im Rahmen der Modellprojekte der gerichts­ internen Mediation auf. Dort war die Frage umstritten, ob die Tätigkeit der Richtermediatoren Rechtsprechung im Sinn des Art. 92 GG war.1 Bedeutend war die Beantwortung etwa für die Reichweite der nach Art. 97 Abs. 1 GG gewährleisteten richterlichen Unabhängigkeit. In Abhängigkeit auch vom jeweiligen Bundesland wurde die Frage abweichend beurteilt.2 In Betracht gezogen wurden neben der Einordnung als Rechtsprechung3 auch die Ein­

Francken, NZA 2011, 1001 [1004]. hierzu die Projektübersicht bei v. Bargen, Jan Malte, Gerichtsinterne Me­ diation, S. 70 ff. 3  Hess, ZZP 124 (2011), 137 [148 f.]; Hess, Gutachten F zum 67. Deutschen Juristentag, S. 19 ff.; Wrege, DRiZ 2003, 130 [132]; Löer, ZKM 2005, 182 [185 f.]; Matthies, SchlHA 2007, 130 [132 f.]; v.  Bargen, Joachim, DVBl. 2004, 468 [474]; v.  Bargen, Joachim, EuR 2008, 200 [210 f.]; Francken, NZA 2011, 1001 [1004]; Bamberger, Verfassungsrechtliche und politische Aspekte der Richtermediation, in: Haft / v. Schlieffen (Hrsg.), Handbuch Mediation, § 42, Rdnr. 41; Sporré, DRiZ 2011, 222 [223]; Natter, in: Natter / Gross (Hrsg.), Arbeitsgerichtsgesetz, § 15, Rdnr.  8; Schoch, Gerichtliche Verwaltungskontrollen, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann /  Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts III, 1. Auflage, § 50, Rdnr. 411; v. Bargen, Jan Malte, Gesetzliche Grundlagen gerichtsinterner Mediation, in: Gläßer /  Schroeter (Hrsg.), Gerichtliche Mediation, S. 29 [50 ff.]. Auch v. Bargen, Jan Malte, Gerichtsinterne Mediation, S. 227 f., der annimmt, „Gesichtspunkte der Praktikabili­ tät und Opportunität“ seien für diese Einordnung ausschlaggebend. Auch Greger, ZKM 2003, 240 [244]; Greger, ZKM 2006, 68 [68]; Greger, SchlHA 2007, 109 [110], der diese Zuordnung später in Zweifel zog, Greger, ZRP 2010, 209 [211], und sie wohl von der konkreten Ausgestaltung des Verfahrens abhängig macht, Greger, NJW 2007, 3258 [3259 f.]. Ähnlich, aber nicht eindeutig diese Frage behandelnd Gottwald, ZKM 2003, 109 [113]; Greger, DRiZ 2008, 48 [48 f.]; Härtel, JZ 2005, 753 [760]. Ebenso nur die 1  Vgl. 2  Vgl.

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4. Kap.: Güterichtertätigkeit als Aufgabe der rechtsprechenden Gewalt?

ordnung als Tätigkeit der Gerichtsverwaltung4, der allgemeinen Verwaltung5 und als eine Tätigkeit eigener Art6. Die Tätigkeit der Richtermediatoren war denen der freien Mediatoren noch ähnlicher als die des Güterichters. Anders als diese hatten sie bei­ spielsweise keine Befugnis, ohne Zustimmung der Parteien Einblick in die Prozessakten zu nehmen.7 Weil die Richtermediation der privatautonomen Mediation so ähnlich war, hat eine Einordnung der Richtermediation als Rechtsprechung nach Art. 92 GG möglicherweise auch Auswirkungen auf die hier gegebene Fragestellung. Die Beantwortung dieser Frage ist für zwei Aspekte bedeutsam: Stellte sich heraus, dass es sich bei der Mediation oder der Güterichtertätigkeit um eine kraft des Grundgesetzes den Richtern zugewiesene Aufgabe handelte, so müsste bezweifelt werden, ob es sich überhaupt um eine frei beruflich auszuübende Tätigkeit handelt. Insoweit könnte eine grundgesetzliche Zu­ weisung zu einer Monopolisierung der Mediation in den Händen der Rich­ ter führen und damit Mediatoren von der Ausübung ausschließen. Weiterhin könnte sich aus einer grundgesetzlichen Zuweisung der Güte­ richtertätigkeit zur rechtsprechenden Gewalt ein Beurteilungsmaßstab für Einschätzung der an dem dort beschriebenen Modellprojekt der gerichtsinternen Mediation beteiligten Richter wiedergebend Hückstädt, NJ 2005, 298 [291]. Auch OLG-Report Rostock 2007, 159 [161]; OVG MV, NordÖR 2006, 299 [300]. In diese Richtung auch die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BR-Drs. 60 / 11, S. 30, der die zu diesem Zeitpunkt des Gesetzesverfahrens vorgese­ hene gerichtsinterne Mediation, also die Tätigkeit eines Richtermediators, als rich­ terliche Tätigkeit eigener Art einstufte. Die Einordnung als Rechtsprechung ablehnend, aber keine weitere Zuordnung treffend Prütting, ZKM 2006, 100 [101]; Prütting, JZ 2008, 847 [849 f.]; Bercher / Engel, JZ 2010, 226 [228]; Walther, DRiZ 2005, 127 [128 f.]; Prütting, ZZP 124 (2011), 163 [166 f.]; Meyer, in: v.  Münch / Kunig (Hrsg.), Grundgesetz Kom­ mentar, Art. 92, Rdnr.  11; Ahrens, NJW 2012, 2465 [2469]. Ohne Zuordnung auch Koch, NJ 2005, 97 [101]. 4  Volkmann, Judith, SchiedsVZ 2004, 245 [246]; Ortloff, NVwZ 2002, 1310 [1316]; Ortloff, NVwZ 2004, 385 [389]; Walther, ZKM 2005, 53 [55]. Tendenziell auch Klose, ZKM 2005, 146 [148]; Greger, ZRP 2010, 209 [211]; Ortloff, Media­tion und Verwaltungsprozess, in: Haft / v.  Schlieffen (Hrsg.), Handbuch Mediation, § 41, Rdnr.  84 ff., 87. 5  Wimmer / Wimmer, NJW 2007, 3243 [3244]. 6  Pitschas, NVwZ 2004, 396 [402]; Meyer-Holz, in: Keidel, FamFG, 17. Auflage, § 36a FamFG, Rdnr. 12. Weitz, Gerichtsnahe Mediation in der Verwaltungs-, Sozialund Finanzgerichtsbarkeit, S. 236 ff., 240 ging von einer zulässigen Nebentätigkeit im Bereich der Rechtspflege aus, ähnlich auch Spindler, DVBl. 2008, 1016 [1023]. 7  Vergleich von Güterichter, Richtermediatoren und Prozessrichter bei Carl, ZKM 2012, 16 [19].



A. Gewaltenteilung97

die grundrechtliche Abwehr dieser Tätigkeit ergeben. Denn wenn es sich um eine Kernaufgabe der Rechtsprechung8 handelt, könnte das zugleich die Wahrnehmung dieser Aufgabe durch Richter rechtfertigen. Was grundge­ setzlich als Kernbereich zugewiesen ist, kann durch die Grundrechte nicht oder nur eingeschränkt abgewehrt werden. Das folgende Kapitel beginnt mit einer kurzen Darstellung des Grundsat­ zes der Gewaltenteilung. Denn die Trennung der staatlichen Gewalten von­ einander ist die Grundvoraussetzung dafür, dass sich Aufgaben überhaupt einer Gewalt zuordnen lassen. Ohne eine Trennung der Gewalten voneinan­ der fehlte der abzugrenzende Aufgabenträger. Es ließe sich nur sagen, dass es sich um eine staatliche Aufgabe handelt, nicht aber, wer innerhalb der Staatsorganisation der Aufgabenträger ist. Nach dieser grundsätzlichen Überlegung wird die Trennung der Recht­ sprechung von den übrigen Gewalten untersucht. Bedeutend dabei ist die Frage, ob es ein Rechtsprechungsmonopol gibt, das die Rechtsprechungs­ aufgaben vor einem Zugriff durch die anderen Gewalten schützt. Ist dem so, stellt sich anschließend die Frage nach der Bindungswirkung dieses Mono­ pols. Zum einen könnte es sich im Verhältnis von Staat zu Gesellschaft auswirken und Private von einer solchen Rechtsprechungstätigkeit aus­ schließen. Zum anderen könnte es innerhalb der Staatsorganisation die Aufgabenverlagerung durch einfaches Gesetz verhindern. Möglicherweise reicht die Bindungswirkung noch weiter und schließt auch eine Veränderung der Rechtsprechungsaufgaben durch Verfassungsgesetz aus. Abschließend ist festzustellen, ob es sich bei der Güterichtertätigkeit um eine Aufgabe der rechtsprechenden Gewalt handelt. Dafür bestimmend ist die Auslegung des Begriffs der Rechtsprechung in Art. 92 GG.

A.  Gewaltenteilung Die eindeutige Zuordnung einer Tätigkeit zu einer der drei Staatsgewal­ ten  – Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung – setzt zunächst eine Trennung der drei Gewalten voraus.

I.  Exkurs: Ursprünge der Idee der Gewaltenteilung Der Gedanke der Gewaltenteilung findet sich bereits in der Antike. So spricht Aristoteles davon, alle damaligen Verfassungen wiesen eine Dreitei­ 8  Untertitel von v. Bargen, Jan Malte, Gerichtsinterne Mediation: „Eine Kernauf­ gabe der Rechtsprechung“.

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4. Kap.: Güterichtertätigkeit als Aufgabe der rechtsprechenden Gewalt?

lung der Staatsgewalt auf.9 Sie bestehe aus der über die öffentlichen Ange­ legenheiten beratenden Körperschaft, dem Komplex öffentlicher Ämter und der Körperschaft der richterlichen Entscheidungen.10 Die so beschriebenen Teile seien mit eigenständigen Aufgaben ausgestat­ tet. So habe die beratende Körperschaft insbesondere die Befugnis, über Krieg und Frieden, die Gesetzgebung und über die Wahl der Inhaber von Ämtern zu entscheiden.11 Die Aufgaben der öffentlichen Ämter beschreibt er als vielfältig, es seien Tätigkeiten politischer oder ökonomischer Art, beispielsweise der Erlass von Anordnungen.12 Schließlich sei das rechtspre­ chende Element in Gerichtshöfen organisiert, die mit der abschließenden Kontrolle der Inhaber der öffentlichen Ämter, der Entscheidung bei Fällen des Unrechts gegen die Gemeinschaft oder bei solchen gegen die Verfas­ sung und anderen Entscheidungen beauftragt seien.13 Auch wenn diese Einteilung bereits an die heutige Vorstellung der Gewal­ tenteilung erinnert, so beschreibt das zunächst nur einzelne Staatsfunktio­ nen.14 Der Gedanke, dass sich die einzelnen Teile gegenseitig kontrollieren sollten, findet sich nicht. Ebenso wird eine personelle Doppelbesetzung von Aufgaben der einzelnen Teile zunächst nur unter dem Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit der Aufgabenerfüllung abgelehnt.15 In der vorstehenden Beschreibung ist eine organisatorische Trennung der Verfassungsteile nicht zwingend und eine personelle Trennung überhaupt 9  Aristoteles, Politik, Übers. Schütrumpf, Buch IV, Kapitel 12, 1296 b 15; Kapitel 14, 1297 b 35 ff. 10  Aristoteles, Politik, Übers. Schütrumpf, Buch IV, Kapitel 14, 1297 b 40 ff. Zu der durch die Übersetzung schon vorgeprägten Begrifflichkeit Maier, Gewaltentei­ lung bei Aristoteles und in der Verfassung Athens, S. 46 ff. 11  Aristoteles, Politik, Übers. Schütrumpf, Buch IV, Kapitel 14, 1298 a 1 ff. Zu den Besonderheiten und Aufgaben dieser Einheit Maier, Gewaltenteilung bei Aris­ toteles und in der Verfassung Athens, S. 51 ff. 12  Aristoteles, Politik, Übers. Schütrumpf, Buch IV, Kapitel 15, 1299 a 20 ff. Zu den Besonderheiten und Aufgaben dieser Einheit Maier, Gewaltenteilung bei Aris­ toteles und in der Verfassung Athens, S. 66 ff. 13  Aristoteles, Politik, Übers. Schütrumpf, Buch IV, Kapitel 16, 1300 b 10 ff. Zu den Besonderheiten und Aufgaben dieser Einheit Maier, Gewaltenteilung bei Aris­ toteles und in der Verfassung Athens, S. 91 ff. 14  Tsatsos, Zur Geschichte und Kritik der Lehre von der Gewaltenteilung, S. 18. Imboden, Die politischen Systeme, S. 20 f. weist zutreffend darauf hin, dass diese Funktionenunterscheidung – auch und gerade bezogen auf das Grundgesetz – zwar die Grundlage für die gegenwärtige Vorstellung von Gewaltenteilung, nicht aber mit ihr identisch ist. Vgl. zur funktionellen und personellen Dreiteilung als Grundlage der heutigen Vorstellung von Gewaltenteilung auch Sturm, Die Inkompatibilität, S. 21 ff. 15  Aus dem Zusammenhang der Beschäftigung mit der Verfassungsordnung der Karthager, Aristoteles, Politik, Übers. Schütrumpf, Buch II, Kapitel 11, 1273 b 5 ff.; Tsatsos, Zur Geschichte und Kritik der Lehre von der Gewaltenteilung, S. 18.



A. Gewaltenteilung99

nicht angelegt. Sie wird erst durch die hinzukommende Idee der Mischver­ fassung16 begründet. Eine Mischverfassung unternimmt den Versuch, ver­ schiedene Herrschaftsformen miteinander in Ausgleich zu bringen. Durch die Vermischung der unterschiedlichen Herrschaftsformen und deren Zuord­ nung zu einem Verfassungsteil soll die Verfassungsstabilität, ausgehend von den angenommenen gesellschaftlichen Gruppen, erhöht werden.17 Auch der oben dargestellten Verfassungsbeschreibung liegt die Idee der Mischverfassung zugrunde.18 Sie wird deutlich bei der Diskussion wieder­ aufgegriffen, wie die Verfassungsteile besetzt werden. So wird ausgeführt, die Besetzung der öffentlichen Ämter könne demokratisch, oligarchisch oder der Politie nach erfolgen.19 Gleiches gelte für die Gerichtshöfe20 und die beratende Körperschaft21. Erst ausgehend von dieser Vorannahme ist anzunehmen, dass die oben beschriebenen Verfassungsteile auch eine stren­ ge organisatorische Trennung erfahren müssen. Anderenfalls bestünde die Gefahr des gegenseitigen Übergreifens der beschriebenen gesellschaftlichen Gruppen.22 Die im Grundgesetz verwirklichte Form der Gewaltenteilung wird häufig auf Montesquieu zurückgeführt.23 Dieser hat ebenfalls drei Arten von Staatsgewalt24 erkannt,25 zum einen die gesetzgebende Gewalt und zum anderen zwei vollziehende Gewalten. Den beiden vollziehenden Gewalten 16  Zu dieser Imboden, Montesquieu und die Lehre der Gewaltentrennung, S. 14 ff.; v. Fritz, The Theory of the Mixed Constitution in Antiquity, S. 76 ff., 184 ff. Vgl.  Maier, Gewaltenteilung bei Aristoteles und in der Verfassung Athens, S. 22. 17  Vgl.  Maier, Gewaltenteilung bei Aristoteles und in der Verfassung Athens, S. 21 f. 18  Vgl. Aristoteles, Politik, Buch IV, Kapitel 2, 1289 a 25 ff. Vgl. auch Imboden, Gewaltentrennung als Grundproblem unserer Zeit, in: Imboden (Hrsg.), Gedanke und Gestalt des demokratischen Rechtsstaates, S. 37 [38]. 19  Aristoteles, Politik, Übers. Schütrumpf, Buch IV, Kapitel 15, 1300 a 30 ff. 20  Aristoteles, Politik, Übers. Schütrumpf, Buch IV, Kapitel 16, 1301 a 5 ff. 21  Aristoteles, Politik, Übers. Schütrumpf, Buch IV, Kapitel 14, 1298 a 1 ff. 22  Maier, Gewaltenteilung bei Aristoteles und in der Verfassung Athens, S. 108 f.; ähnlich auch Tsatsos, Zur Geschichte und Kritik der Lehre von der Gewaltenteilung, S. 18 f. 23  Etwa von Hain, in: v. Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grund­ gesetz, Art. 79 Abs. 3, Rdnr.  91. Vgl. Grzeszick, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz Kommentar, Band III, Art. 20, Abschnitt V, Rdnr.  4. 24  Montesquieu, Vom Geist der Gesetze, Übers. Forsthoff, Buch XI, Kapitel 6, S. 214. 25  Zu der Frage, ob es sich – wie die Überschrift „Von der Verfassung Englands“ nahelegt – um eine bloße Beschreibung der englischen Verfassung oder vielmehr um eine allgemeine Staatsbeschreibung handelt vgl. Imboden, Montesquieu und die Leh­ re der Gewaltentrennung, S. 4 ff.

100 4. Kap.: Güterichtertätigkeit als Aufgabe der rechtsprechenden Gewalt?

schreibt er verschiedene Wirkbereiche zu. Die eine entfalte ihre Wirkung in Angelegenheiten des Völkerrechts, wie etwa Bündnisschlüsse, die andere beschränke sich auf das Urteilen von Verbrechen und privaten Streitigkei­ ten. Diese letzte vollziehende Gewalt erhält zur Abgrenzung den Namen der richterlichen Gewalt.26 Damit wird zunächst eine Funktionenunterscheidung getroffen.27 Die ist wiederum eingebettet in die Annahme von verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen, die als gegeben vorausgesetzt werden. Im Sinn einer Mischverfas­ sung werden die beschriebenen Funktionen verschiedenen Gruppen zuge­ wiesen. Die gesetzgebende Körperschaft solle demnach in zwei Teile ge­ gliedert sein; zum einen gebildet aus Repräsentanten des Volkes, zum ande­ ren aus dem Adel.28 Die vollziehende Gewalt wiederum sei durch einen Monarchen auszuüben. Denn er sei weder Teil des Adels noch des Volkes und somit bestünde nicht die Gefahr, dass Angehörige einer gesellschaft­ lichen Gruppe auch diesen Gewaltenteil ausübten.29 Diese unterschiedliche gesellschaftliche Besetzung soll – wie schon in der antiken Vorstellung der Mischverfassung – durch die Beteiligung und den Ausgleich der gesellschaftlichen Gruppen die Stabilität der Verfassung ge­ währleisten. Zu diesem Gedanken kommt der Anspruch der Freiheitssiche­ rung hinzu: Es gäbe keine Freiheit, würden die Verfassungsfunktionen durch die gleiche gesellschaftliche Gruppe ausgeübt.30 Dieser Gedanke bezieht sich jedoch ausschließlich auf die gesellschaftlichen Gruppen. Diese würden ihre Freiheit verlieren, wenn nur eine Gruppe die gesamte Staatsgewalt ausübte. Herauszuheben ist somit, dass die Freiheitssicherung des Individu­ ums ist kein Anliegen dieser Theorie ist.31 Nachdem die richterliche Gewalt als ein Teil der vollziehenden Gewalt32 be­ grifflich unterschieden worden ist, zweifelt Montesquieu an, ob diese über­ 26  Montesquieu, Vom Geist der Gesetze, Übers. Forsthoff, Buch XI, Kapitel 6, S. 215. 27  Kondylis, Montesquieu und der Geist der Gesetze, S. 75 f. 28  Montesquieu, Vom Geist der Gesetze, Übers. Forsthoff, Buch XI, Kapitel 6, S. 218 ff. 29  Montesquieu, Vom Geist der Gesetze, Übers. Forsthoff, Buch XI, Kapitel 6, S. 221 f. 30  Montesquieu, Vom Geist der Gesetze, Übers. Forsthoff, Buch XI, Kapitel 6, S. 215. 31  Vgl. Sturm, Die Inkompatibilität, S. 18 f., 31. 32  Kondylis, Montesquieu und der Geist der Gesetze, S. 78, interpretiert sie als ei­ nen Teil der Legislative, was mit Blick auf den Text Montesquieus nicht überzeugend ist, vgl. Montesquieu, Vom Geist der Gesetze, Übers. Forsthoff, Buch XI, Kapitel 6, S. 215.



A. Gewaltenteilung101

haupt eine Verfassungsgewalt ist.33 Denn zum einen solle sie nicht auf Dauer eingerichtet werden, sondern die Gerichtshöfe nur so lange bestehen bleiben, wie die Notwendigkeit es erfordere.34 Inhaltlich soll der Richterspruch dem Grunde nach eine Wiedergabe des Gesetzes und keine Richtermeinung sein. Weiter sollen die Richter dem gleichen Stand angehören wie der Angeklagte, damit dieser keinen Übergriff durch eine andere gesellschaftliche Gruppe fürchten müsse.35 Die wechselnde Besetzung durch die gesellschaftlichen Gruppen und die fehlende Dauerhaftigkeit sprechen dagegen, im Rahmen die­ ser Theorie die Rechtsprechung als eine eigene Verfassungsgewalt anzusehen.36 Für Montesquieu sind also die gesellschaftlichen Gruppen für die Beset­ zung der Verfassungsfunktionen und die Idee der Freiheitssicherung bestim­ mend.37 Locke38 hingegen nimmt anstelle einer ständischen Untergliederung die Einheitlichkeit der Staatsgewalt an.39 Darauf aufbauend wird eine indi­ viduelle40 – nicht kollektive – Freiheitssicherung durch konstitutionelle Beschränkungen gewährleistet.41 Damit ist diese Vorstellung deutlich näher 33  Montesquieu, Vom Geist der Gesetze, Übers. Forsthoff, Buch XI, Kapitel 6, S. 220. 34  Montesquieu, Vom Geist der Gesetze, Übers. Forsthoff, Buch XI, Kapitel 6, S. 217. 35  Montesquieu, Vom Geist der Gesetze, Übers. Forsthoff, Buch XI, Kapitel 6, S. 218. 36  Kondylis, Montesquieu und der Geist der Gesetze, S. 78. Möglicherweise kommt hier auch ein Misstrauen der Justiz gegenüber zum Vorschein, das ähnlich dem gelagert ist, welches der absolute Monarch als Gesetzgeber den Richtern als Gesetzesanwendern entgegenbrachte, vgl. Rüthers / Fischer / Birk, Rechtstheorie, Rdnr.  840. Eine andere Interpretation legt Schneider, Peter, AöR 82 (1957), 1 [12 f.] nahe, der die rechtsprechende Gewalt der Grundfunktion der „Bewahrung“ zuordnet, die anderen Gewalten hingegen der „Gestaltung“. 37  Das bleibt bei beispielsweise Ebke, Bundesstaat und Gewaltenteilung, S. 8 ff. unklar. 38  Locke, Two Treatises of Government, 2. Buch. 39  Locke, Two Treatises of Government, 2. Buch, § 149. Rostock, Die Lehre von der Gewaltenteilung in der politischen Theorie von John Locke, S. 117; Meyer, Ei­ gentum, Repräsentation und Gewaltenteilung in der politischen Theorie von John Locke, S. 141. 40  Meyer, Eigentum, Repräsentation und Gewaltenteilung in der politischen The­ orie von John Locke, S. 135. 41  Locke, Two Treatises of Government, 2. Buch, § 142. Rostock, Die Lehre von der Gewaltenteilung in der politischen Theorie von John Locke, S. 111. Jede Ausprägung der Gewaltenteilungslehre, die den Schutz des Individuums im Blick hat, beruht auf der Grundannahme, eine Teilung der staatlichen Gewalt habe eine Hemmung derselben zur Folge. Das jedoch ist zumindest nicht zwingend, im­ merhin könnte der Staat auch mit vereinten Kräften das Individuum bedrängen, vgl. Imboden, Gewaltentrennung als Grundproblem unserer Zeit, in: Imboden (Hrsg.), Gedanke und Gestalt des demokratischen Rechtsstaates, S. 37 [40].

102 4. Kap.: Güterichtertätigkeit als Aufgabe der rechtsprechenden Gewalt?

an der Konzeption des Grundgesetzes, weshalb ein Ideenverweis auf Mon­ tesquieu nicht vollends überzeugt.42

II.  Gewaltenteilung im Grundgesetz Lag der Schwerpunkt der genannten politischen Theorien noch auf der Ausbalancierung gesellschaftlicher Gruppen und deren Freiheitssicherung, so liegt der Kern der Gewaltenteilung des Grundgesetzes in der Freiheitssi­ cherung des Individuums43. Die grundsätzlich einheitliche Staatsgewalt soll durch die Gewaltenteilung derart gegliedert und beschränkt werden, dass die individuelle Freiheit geschützt bleibt. Gewaltmonopol und Gewaltenteilung stehen demnach in einem Spannungsverhältnis.44 Das Prinzip der Gewaltenteilung45 greift das Grundgesetz wie folgt auf: Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG setzt dem Wortlaut nach, wie auch Art. 1 Abs. 3 GG, drei Staatsfunktionen – Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtspre­ chung – voraus. Diese sind durch besondere Organe wahrzunehmen.46 Ne­ ben der funktionalen wird also auch eine organisatorische Unterscheidung getroffen.47 Über die weitere Trennung dieser Organe voneinander und die 42  Kritisch auch Imboden, Montesquieu und die Lehre der Gewaltentrennung, S. 13 f. Vgl. auch Rostock, Die Lehre von der Gewaltenteilung in der politischen Theorie von John Locke, S. 127. Unbestritten ist hingegen, dass die – zum Teil abstrahierten – Ideen Montesquieus bei der Schaffung des Grundgesetzes bestimmend waren, Mass, Montesquieu und die Entstehung des Grundgesetzes, in: Merten (Hrsg.), Gewaltentrennung im Rechts­ staat, S. 47, der die entsprechenden Äußerungen aus dem Parlamentarischen Rat wiedergibt, beispielsweise auf S. 51. 43  Beispielhaft BVerfGE 3, 225 [247]; BVerfGE 9, 268 [279 f.]; BVerfGE 22, 106 [111]. Di Fabio, Gewaltenteilung, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR  II, § 27, Rdnr. 2. Zu dem historisch betrachtet vordringlichen Anliegen der Freiheitssicherung kommen im Grundgesetz auch andere Aspekte hinzu, wie beispielsweise die staatli­ che Leistungsfähigkeit (vgl. Ebke, Bundesstaat und Gewaltenteilung, S. 4 ff.) oder – als Kombination von Freiheitssicherung und Leistungsfähigkeit – dass die Organe mit der größten Sachnähe entscheiden sollen, damit die Entscheidun möglichst rich­ tig getroffen wird (vgl. BVerfGE 68, 1 [86]; BVerfGE 95, 1 [15]). 44  Di Fabio, Gewaltenteilung, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR  II, § 27, Rdnr.  3, 11; Imboden, Die politischen Systeme, S. 20. 45  BVerfGE 2, 1 [13]; BVerfGE 3, 225 [247]; BVerfGE 5, 85 [199]. 46  Vgl. auch die besonders deutliche Fassung des Allgemeinen Redaktionsaus­ schusses des Parlamentarischen Rats, in: Leibholz / v.  Mangoldt (Hrsg.), JöR n. F. 1 (1951), S. 199. Dazu Di Fabio, Gewaltenteilung, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), ­HdStR  II, § 27, Rdnr.  2. 47  BVerfGE 68, 1 [86]; Hesse, Konrad, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Rdnr.  484 ff.; Kissel / Mayer, Gerichtsverfassungsge­ setz, Einleitung, Rdnr.  141.



A. Gewaltenteilung103

gegenseitige Hemmung und Kontrolle derselben48 macht Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG hingegen keine Aussage.49 Die Gewaltenteilung ist im Grundgesetz nicht in reiner Form verwirk­ licht.50 Vielmehr muss das Grundgesetz mitsamt der dort erfolgten Kompe­ tenzverteilung in Blick genommen werden,51 um feststellen zu können, welche Verwirklichung der Grundsatz der Gewaltenteilung erfahren hat.52 So finden sich häufig Mitwirkungsbefugnisse einer Gewalt an dem Handeln einer anderen. Beispielhaft kann die Beteiligung der Bundesländer über den Bundesrat an der Gesetzgebung des Bundes genannt werden.53 Rechtsbedeutung erlangt die Gewaltenteilung zudem durch personelle Inkompatibilitätsvorschriften.54 Art. 55 Abs. 1, Art. 94 Abs. 1 S. 3, Art. 137 Abs. 1 GG sind dafür Beispiele. Aus diesen kann zugleich rückgeschlossen werden, dass in anderen Fällen gerade keine Inkompatibilität bestehen soll. Beispielhaft wird daraus geschlossen, dass Mitglieder des Bundestages auch zugleich Mitglied der Bundesregierung sein können.55 Diese personelle Verschränkung der Gewalten sei gerade nicht problematisch.56 Aus Art. 137 Abs. 1 GG ergibt sich hingegen, dass die Ausübung eines Abgeordneten­ mandats durch einen Angehörigen der Verwaltung unzulässig ist.57

48  Vgl. 49  Vgl.

BVerfGE 12, 180 [186]. Schnapp, in: v.  Münch / Kunig (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 20,

Rdnr.  58. 50  BVerfGE 34, 52 [59]; BVerfGE 95, 1 [15]. Vgl. auch Czermak, DÖV 1967, 673 [674]. 51  BVerfGE 68, 1 [129]. Hesse, Konrad, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Rdnr.  481; Gusy, Parlamentarischer Gesetzgeber und Bundesverfassungsgericht, S. 88 f. 52  Zippelius, Problemfelder der Machtkontrolle, in: Merten (Hrsg.), Gewaltentren­ nung im Rechtsstaat, S. 27 [29]. 53  Di Fabio, Gewaltenteilung, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR  II, § 27, Rdnr.  31. 54  Vgl. Sturm, Die Inkompatibilität, S. 11 f. 55  Vgl. aus historischer Sicht Schneider, Hans-Peter, Gewaltenverschränkung zwi­ schen Parlament und Regierung, in: Merten (Hrsg.), Gewaltentrennung im Rechts­ staat, S. 77. 56  Herzog, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz Kommentar, Band V, Art. 66, Rdnr. 33 mit weiteren Nachweisen. Vgl. auch v.  Mangoldt / Klein, Das Bonner Grundgesetz, 2. Band, 2. Auflage, S. 889, 1287. 57  BVerfGE 18, 172 [183].

104 4. Kap.: Güterichtertätigkeit als Aufgabe der rechtsprechenden Gewalt?

B.  Trennung der Rechtsprechung von anderen Gewalten I.  Rechtsprechungsmonopol Aufbauend auf das Vorstehende kann die Gewaltenteilung im Grundge­ setz nicht allgemein beschrieben werden. Sondern es muss in jedem Einzel­ fall gesondert ermittelt werden, welche Vorstellung der Gewaltenteilung sich in Bezug auf einen bestimmten Bereich im Grundgesetz wiederfindet. Das gilt besonders für den Bereich der rechtsprechenden Gewalt. Dieser könnte gegenüber Eingriffen anderer Gewalten stärker geschützt sein, wenn man mit Blick auf Art. 92 GG ein Rechtsprechungsmonopol anerkennt. Art. 92 GG vertraut die Rechtsprechung den Richtern an, die durch die Ge­ richte ausgeübt wird.58 Diese Formulierung ist bemerkenswert, enthält sie doch ein personelles wie auch ein organisatorisches Element. Personell wird den Richtern die Wahrnehmung der Rechtsprechung anvertraut. Andere Amts­ träger sind von der Mitwirkung an Akten der Rechtsprechung ausgeschlossen. Doch nehmen die Richter nicht die Aufgabe der Rechtsprechung wahr. Viel­ mehr geschieht das durch die Organe der Rechtsprechung, die Gerichte.59 In der Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft ist Rechtspre­ chung durch Funktionäre, Verwaltungsstellen und anderen Personen und Einrichtungen ausgeübt und ausgehöhlt worden. Die in Art. 92 GG angeleg­ te personelle und institutionelle Garantie verdeutlicht auch mit Blick darauf den besonderen Status der rechtsprechenden Gewalt im Grundgesetz.60 Unter dem Grundgesetz dürfen nur Richter Rechtsprechung durch Gerichte ausüben.61 Art. 92 GG begründet damit ein Rechtsprechungsmonopol62: 58  Dazu und zum Folgenden ausführlich Wilke, Die rechtsprechende Gewalt, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR  V, § 112, Rdnr.  16 ff. unter Bezugnahme auf Barbey, Der Status des Richters, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR  III, 1. Auflage, § 74, Rdnr.  15 ff. 59  Diesbezüglich daher abzulehnen Wassermann, in: Denninger / HoffmannRiem / Schneider / Stein (Hrsg.), Alternativkommentar GG, Art. 92, Rdnr.  36; Detterbeck, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 92, Rdnr.  24, die die Richter als verfassungsunmittelbare Organe der Rechtsprechung ansehen. 60  Meyer, in: v. Münch / Kunig (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 92, Rdnr. 1. Vgl. auch BVerfGE 22, 49 [75]. 61  Stern, Staatsrecht II, § 43, S. 892 f.; Hillgruber, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz Kommentar, Band VI, Art. 92, Rdnr.  14. 62  Schnapp, in: v.  Münch / Kunig (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 20, Rdnr.  58; Meyer, in: v.  Münch / Kunig (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 92, Rdnr.  2, 6; Wilke, Die rechtsprechende Gewalt, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), ­HdStR  V, § 112, Rdnr.  24; Voßkuhle, Rechtsschutz gegen den Richter, S. 69; Kramer, NJW 2001, 3449 [3451].



B. Trennung der Rechtsprechung von anderen Gewalten

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Aufgaben der Rechtsprechung dürfen gerade nicht einer anderen Gewalt übertragen, sondern können nur durch mit Richtern besetzte Gerichte wahr­ genommen werden.63

II.  Vorrang der staatlichen Gerichtsbarkeit vor der privaten Streitbeilegung Damit stellt sich die Frage, wie sich das Rechtsprechungsmonopol im Verhältnis zu Privaten auswirkt. Möglicherweise schließt es die privatauto­ nome Ausübung von Tätigkeiten aus, die den Rechtsprechungsaufgaben entsprechen oder diesen ähnlich sind. Wäre das so, dann könnte sich der Zugang zu diesen Tätigkeiten nach Art. 12 Abs. 1 GG oder Art. 33 Abs. 2 GG richten.64 Allerdings könnte dann der hier untersuchte Gedanke des Konkurrenzschutzes nicht mehr tragen. Für eine solche Konsequenz müsste das in Art. 92 GG angelegte Recht­ sprechungsmonopol eine Ausschließlichkeit der staatlichen Gerichtsbarkeit 63  Wilke, Die rechtsprechende Gewalt, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR  V, § 112, Rdnr.  24; Bettermann, Die rechtsprechende Gewalt, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR III, 1. Auflage, § 73, Rdnr. 4; Stern, Staatsrecht II, § 33, S. 378, § 43, S. 893, 920; Achterberg, in: Kahl / Waldhoff / Walter (Hrsg.), BK Grundgesetz, Art. 92, Rdnr.  262 f.; Jarass / Pieroth, Grundgesetz Kommentar, Art. 92, Rdnr.  2, 11; Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 92, Rdnr.  17; Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 20 (Rechtsstaat), Rdnr.  74; Wassermann, in: Denninger / Hoffmann-Riem / Schneider / Stein (Hrsg.), Alternativkommentar GG, Art. 92, Rdnr.  35 f.; Hopfauf, in: Schmidt-Bleibtreu / Hof­ mann / Henneke, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 92, Rdnr.  1, 25; Detterbeck, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 92, Rdnr. 28; Morgenthaler, in: Epping /  Hillgruber (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 92, Rdnr.  1; Classen, in: v.  Man­ goldt / Klein / Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 92, Rdnr. 2; Hillgruber, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz Kommentar, Band VI, Art. 92, Rdnr.  84; Dütz, Rechtsstaatlicher Gerichtsschutz im Privatrecht, S. 87; Baur, AcP 153 (1954), 393 [397]. 64  Auch die dem Staat vorbehaltenen Berufe werden von dem Schutzbereich der Berufsfreiheit erfasst, BVerfGE 7, 377 [397 f.]; BVerfGE 16, 6 [21 ff.]; BVerfGE 17, 371 [377]; BVerfGE 39, 334 [369]; BVerfGE 47, 285 [318 f.]; BVerfGE 54, 237 [246]; BVerfGE 69, 373 [378]; BVerfGE 73, 280 [292]; BVerfGE 73, 301 [315]; BVerfGE 80, 257 [265]; BVerfGE 84, 133 [147]; BVerfGE 110, 304 [321]. Vgl. BVerfGE 11, 30 [40]; BVerfGE 46, 43 [52]. Mann, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 12, Rdnr.  56; Nolte, in: Stern / Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kom­ mentar, Art. 12, Rdnr.  16; Kluth, Jura 2001, 371 [372]; Rupp, AöR 92 (1967), 212 [222 f.]. Allerdings wird die Berufsfreiheit von den sich aus Art. 33 GG ergebenen Grundsätzen überlagert. Die Stärke dieser Überlagerung ist abhängig von der Nähe der Tätigkeit zu der öffentlichen Ämterorganisation, vgl. BVerfGE 17, 371 [377]; BVerfGE 73, 301 [315], BVerfGE 84, 133 [147]. Vgl. Ruffert, in: Epping / Hillgruber (Hrsg.), BeckOK GG, Art. 12, Rdnr. 43; Tettinger, AöR 108 (1983), 92 [103 f.].

106 4. Kap.: Güterichtertätigkeit als Aufgabe der rechtsprechenden Gewalt?

im Verhältnis zu Privaten normieren. Das Rechtsprechungsmonopol hat al­ lerdings nur Bedeutung für die Staatsorganisation.65 Seine Funktion ist der Schutz der rechtsprechenden Gewalt vor Aufgabenverlagerungen innerhalb des staatlichen Bereichs. Zur Zulässigkeit von privater Rechtsprechung macht es keine Aussage. Die Anforderungen dafür folgen aus entweder Art. 19 Abs. 4 GG oder dem allgemeinen Justizgewährleistungsanspruch. Das Verhältnis der Rechtsprechung als staatliche Gewalt zur Gesellschaft wird für öffentlich-rechtliche Streitigkeiten durch Art. 19 Abs. 4 GG gere­ gelt. Dieser normiert als subjektives Recht den Individualrechtsschutz vor Akten derselben.66 Dass Verwaltungshandeln von dieser Rechtsschutzge­ währleistung erfasst wird, ist unstreitig. Welche Bereiche der Gesetzgebung und der Rechtsprechung erfasst werden, ist jedenfalls umstritten,67 hier aber ohne weitere Bedeutung. Denn Rechtsschutz vor den Akten der öffentlichen Gewalt kann nicht privatrechtlich, sondern nur öffentlich-rechtlich gewährt werden.68 Das rechtfertigt die ausschließliche Zuweisung zu den Richtern als Träger dieser Gewalt.69 Damit besteht für den Bereich des Rechtsschut­ zes vor der öffentlichen Gewalt eine solche Ausschließlichkeit der staat­ lichen Gerichtsbarkeit.70 Anders verhält es sich mit der Gerichtsbarkeit privatrechtlicher Streitig­ keiten. Nicht aus Art. 19 Abs. 4 GG, sondern dem allgemeinen Justizge­ 65  Bettermann, Die rechtsprechende Gewalt, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), ­ dStR  III, 1. Auflage, § 73, Rdnr.  77; Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundge­ H setz Kommentar, Art. 92, Rdnr.  50 f.; Prütting, Schiedsgerichtsbarkeit und Verfas­ sungsrecht, in: Bachmann / Breidenbach / Coester-Waltjen / Heß / Nelle / Wolf (Hrsg.), Festschrift Schlosser, S. 705 [708]. 66  Schmidt-Aßmann, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz Kommentar, Band III, Art. 19 Abs. 4, Rdnr.  7 ff.; Krebs, in: v.  Münch / Kunig (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 19, Rdnr.  55, 64 ff. 67  Schmidt-Aßmann, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz Kommentar, Band III, Art. 19 Abs. 4, Rdnr.  45 ff. Bezüglich der Gesetzgebung ausschließend BVerfGE 24, 33 [49 ff.]; BVerfGE 24, 367 [401 f.]; BVerfGE 25, 352 [365]; BVerfGE 31, 364 [367 f.]; BVerfGE 45, 297 [334]; Kissel / Mayer, Gerichtsverfassungsgesetz, Einleitung, Rdnr.  198; einbeziehend hingegen Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 19 IV, Rdnr.  49 f.; Huber, in: v.  Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 19 Abs. 4, Rdnr. 434 f. Vgl. Krebs, in: v. Münch /  Kunig (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 19, Rdnr. 62 mit weiteren Nachweisen. 68  Damit ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass sich der Staat auf eine Schiedsge­ richtsvereinbarung einlässt und so die Zuständigkeit eines privaten Schiedsgerichts begründet, vgl. Bettermann, Die rechtsprechende Gewalt, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR  III, 1. Auflage, § 73, Rdnr.  82. 69  Vgl. BGHZ 37, 113 [120]. 70  Schmidt-Aßmann, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz Kommentar, Band III, Art. 19 Abs. 4, Rdnr.  17; Grunsky, DRiZ 1983, 390 [392]. Vgl. Kissel / Mayer, Gerichtsver­ fassungsgesetz, Einleitung, Rdnr.  199 f.



B. Trennung der Rechtsprechung von anderen Gewalten107

währleistungsanspruch folgt das Erfordernis zur Errichtung von Gerichten für private Streitigkeiten71. Der wiederum findet seine Grundlage im Rechtsstaatsprinzip,72 in Art. 20 Abs. 3 GG i. V. m. Art. 2 Abs. 1 GG73. In­ dem das staatliche Gewaltmonopol und das Verbot der Selbsthilfe es den Bürgern unmöglich machen, Ansprüche untereinander eigenständig mit Zwang durchzusetzen, bedarf es neben der Anerkennung der Ansprüche durch die Rechtsordnung auch Verfahren zur Durchsetzung derselben. Diese wiederum müssen sowohl eine umfassende rechtliche und tatsächliche Prü­ fung wie auch eine verbindliche Entscheidung durch einen Richter beinhal­ ten.74 Diese Vorgaben sind durch das einfache Recht auszugestalten,75 wobei die Effektivität des Rechtsschutzes das leitende Prinzip ist76. Aus diesem folgt, dass der Zugang zu den Gerichten nicht durch unzumutbar hohe Hür­ den beschränkt werden darf.77 71  BVerfGE

53, 115 [127 f.]; BVerfGE 97, 169 [185]. 54, 277 [291]; BVerfGE 80, 103 [107]; BVerfGE 108, 341 [347]. Stern, Staatsrecht II, § 43, S. 920; Krebs, in: v.  Münch / Kunig (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 19, Rdnr. 56; Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kom­ mentar, Art. 19 IV, Rdnr.  37; Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kom­ mentar, Art. 20 (Rechtsstaat), Rdnr.  211; Papier, Justizgewähranspruch, in: Isen­ see / Kirchhof (Hrsg.), HdStR VIII, § 176, Rdnr. 1; Schmidt-Aßmann, Der Rechtsstaat, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR  II, § 26, Rdnr.  71. Auch BGHZ 144, 146 [148 f.]; Kissel / Mayer, Gerichtsverfassungsgesetz, Einleitung, Rdnr.  197. 73  BVerfGE 85, 337 [345]; BVerfGE 88, 118 [123]; BVerfGE 93, 99 [107]; BVerfGE 101, 275 [294 f.]; BVerfGE 107, 395 [401]. BVerfG (Kammer), NJW 2002, 2227 [2227]. Bettermann, Die Unabhängigkeit der Gerichte und der gesetzliche Richter, in: Bettermann / Nipperdey / Scheuner (Hrsg.), Die Grundrechte, Band 3, 2.  Halbband, S. 523 [559]; Schenke, in: Kahl / Waldhoff / Walter (Hrsg.), BK Grund­ gesetz, Art. 19 Abs. 4, Rdnr.  58 f.; Papier, Justizgewähranspruch, in: Isensee / Kirch­ hof (Hrsg.), HdStR  VI, 1. Auflage, § 154, Rdnr.  1. Vgl. Schmidt-Aßmann, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz Kommentar, Band III, Art. 19 Abs. 4, Rdnr.  16. Die Herleitung aus dem Rechtsstaatsprinzip ist herrschend, nur vereinzelt wird der allgemeine Justizgewährleistungsanspruch auf Art. 103 I GG, so Baur, AcP 153 (1953), 393 [396 ff.] oder auf einzelne Grundrechte, etwa Art. 14 Abs. 3 GG, so BVerfGE 35, 348 [361]; BVerfGE 37, 132 [148] gestützt. Dazu Preibisch, Außerge­ richtliche Vorverfahren in Streitigkeiten der Zivilgerichtsbarkeit, S. 87. Ausführlich – auch zu weiteren Ableitungen – Dütz, Rechtsstaatlicher Gerichtsschutz im Privat­ recht, S. 67 ff.; Stürner, Die Aufklärungspflicht der Parteien des Zivilprozesses, S. 31 ff. 74  BVerfGE 54, 277 [291]; BVerfGE 85, 337 [345]. BVerfG (Kammer), NJW 2002, 2227 [2227]. 75  BVerfGE 85, 337 [345 f.]; BVerfGE 88, 118 [123 f.]; BVerfGE 93, 99 [107 f.]. BVerfG (Kammer), NJW 2002, 2227 [2227]. 76  Dazu Papier, Justizgewähranspruch, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR  VI, 1. Auflage, § 154, Rdnr.  16 ff. 77  BVerfGE 41, 23 [26]; BVerfGE 44, 302 [305]; BVerfGE 78, 88 [98 f.]; BVerfGE 88, 118 [123 f.]; BVerfGE 96, 27 [39 f.]. 72  BVerfGE

108 4. Kap.: Güterichtertätigkeit als Aufgabe der rechtsprechenden Gewalt?

Die Verpflichtung, auch im Bereich des Privatrechts effektiven Rechts­ schutz zu gewährleisten, führt jedoch nicht zu einer Ausschließlichkeit der staatlichen Gerichtsbarkeit.78 Das lässt sich am Beispiel der Schiedsge­ richtsbarkeit79 darstellen. Für diese ist anerkannt, dass sie eine rechtspre­ chende Funktion neben der staatlichen Gerichtsbarkeit ausübt.80 Aus dem Justizgewährleistungsanspruch folgt zwar, dass die staatlichen Gerichte die dort ergangenen Schiedssprüche einer Missbrauchs- und Evidenzkontrolle zu unterziehen haben,81 doch eine Unzulässigkeit dieser privaten Tätigkeit ergibt sich hieraus nicht.82 Ein in diesem Rahmen ergangener Schiedsspruch ist von der Rechtsordnung als für die Parteien bindend anzuerkennen. Damit wird deutlich, dass neben der staatlichen Gerichtsbarkeit eine privatrechtli­ che Rechtsprechung möglich ist, wenn diese den vorgegebenen Anforderun­ gen genügt, die einen Missbrauch ausschließen. Für die Beurteilung der Zulässigkeit von privatrechtlicher Rechtsprechung kommt es demnach wesentlich auf die Art der Verfahrensgestaltung und die Möglichkeit der späteren Überprüfbarkeit der staatlichen Gerichte an. Ist das Verfahrensergebnis für die Parteien bindend, so muss es die Möglichkeit der Missbrauchskontrolle geben. In Bezug auf die Mediation muss vor Au­ gen geführt werden, dass diese im Erfolgsfall mit einem Vertrag endet. Der Mediator entscheidet die Streitigkeit gerade nicht für die Medianden, sie sind auch nicht an Vorschläge gebunden. Ihre Vereinbarung treffen sie ei­ 78  Morgenthaler, in: Epping / Hillgruber (Hrsg.), BeckOK GG, Art. 92, Rdnr.  32; Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Rdnr.  240. 79  Siehe oben, 1. Kapitel, B. II. 1. 80  Vgl. §§ 1026, 1055 ZPO. Stern, Staatsrecht II, § 43, S. 920 f.; Kornblum, Pro­ bleme der schiedsrichterlichen Unabhängigkeit, S. 105 ff., 115 f.; Prütting, Schieds­ gerichtsbarkeit und Verfassungsrecht, in: Bachmann / Breidenbach / Coester-Waltjen /  Heß / Nelle / Wolf (Hrsg.), Festschrift Schlosser, S. 705 [707]. So auch BGHZ 51, 255 [258 f.]; BGHZ 54, 392 [395]. BGHZ 65, 59 [61 f.] macht hingegen die Einschrän­ kung, es handle sich nicht um öffentliche Gewalt. 81  BVerfG (Kammer), NJW 2002, 2227 [2227]. Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 20 (Rechtsstaat), Rdnr.  212; Schmidt-Aßmann, Der Rechtsstaat, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR  II, § 26, Rdnr.  71, 74; Hillgruber, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz Kommentar, Band VI, Art. 92, Rdnr.  87 f.; Classen, in: v.  Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 92, Rdnr.  42 ff.; Dütz, Rechtsstaatlicher Gerichtsschutz im Privatrecht, S. 228 ff. Vgl. Matscher, Schiedsgerichtsbarkeit und EMRK, in: Habscheid / Schwab (Hrsg.), Fest­ schrift Nagel, S. 227 [234 f.]. Vgl. auch BVerfGE 88, 118 [123 f.]. Vgl. auch BGHZ 144, 146 [148 f.]. 82  Vgl. § 1059 ZPO. Vgl. BGHZ 65, 59 [61]. Distler, Private Schiedsgerichtsbar­ keit und Verfassung, S. 47 ff.; Prütting, Schiedsgerichtsbarkeit und Verfassungsrecht, in: Bachmann / Breidenbach / Coester-Waltjen / Heß / Nelle / Wolf (Hrsg.), Festschrift Schlosser, S. 705 [705]; Schütze, SchiedsVZ 2009, 241 [241 f.] jeweils mit weiteren Nachweisen.



B. Trennung der Rechtsprechung von anderen Gewalten109

genständig. Dieser Vertrag kann in der Folge wie jeder andere auch von den staatlichen Gerichten voll überprüft werden. Diese privatautonome Konfliktlösung berührt das Rechtsprechungsmono­ pol des Art. 92 GG demnach in keiner Weise.83 Die Tätigkeit eines Media­ tors wird damit nicht durch das Rechtsprechungsmonopol eingeschränkt oder gar den Richtern vorbehalten. Solche Bedenken sind damit unbegrün­ det.

III.  Bindung des verfassungsändernden Gesetzgebers durch das Rechtsprechungsmonopol Untersucht man die Bindungswirkung des Rechtsprechungsmonopols, so muss deutlich zwischen dem einfachen und dem verfassungsändernden Ge­ setzgeber84 getrennt werden. Die Frage nach der Bindung des verfassungs­ ändernden Gesetzgebers durch das Rechtsprechungsmonopol lässt sich bei­ spielhaft an Art. 10 GG nachvollziehen. 1968 wurde durch die Grundgesetz­ änderung im Rahmen der Notstandsgesetze85 Art. 10 GG neu gefasst. Mit Art. 10 Abs. 2 S. 2 GG ist eine Vorschrift in das Grundgesetz eingefügt worden, die es ermöglicht, dass Beschränkungen des Brief-, sowie des Postund Fernmeldegeheimnisses nicht im Rechtsweg, sondern einzig durch vom Bundestag bestellte Organe überprüft werden. Bei dieser Vorschrift stellt sich die Frage, ob sie mit dem Rechtspre­ chungsmonopol vereinbar ist. Denn es ist möglich, dass das Rechtspre­ chungsmonopol eine besondere Ausprägung der Gewaltenteilung ist und damit der Garantie des Art. 79 Abs. 3 GG unterfällt. Dann bindet es auch den verfassungsändernden Gesetzgeber.86 In diesem Fall wäre eine Funk­ tionenübertragung, wie durch Art. 10 Abs. 2 S. 2 GG87, nicht verfassungs­ 83  Bettermann, Die rechtsprechende Gewalt, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR III, 1. Auflage, § 73, Rdnr.  77 ff.; Meyer, in: v.  Münch / Kunig (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 92, Rdnr. 11; Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kom­ mentar, Art. 92, Rdnr.  50; Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Rdnr. 232. Vgl. auch Koch, NJ 2005, 97 [100]. 84  Zur grundlegenden Unterscheidung von verfassungsgebender und verfassungs­ ändernder Gewalt vgl. Murswiek, Das Wiedervereinigungsgebot des Grundgesetzes und die Grenzen der Verfassungsänderung, S. 24 f. 85  Siebzehntes Gesetz zur Ergänzung des Grundgesetzes vom 24.  Juni 1968, BGBl. I 1968, S. 709 ff. 86  So etwa Meyer, in: v. Münch / Kunig (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 92, Rdnr.  7. 87  Das bestätigende Urteil BVerfGE 30, 1 kritisch analysierend oder aufgreifend Schlink, Der Staat 12 (1973), 85; Häberle, JZ 1971, 145; Erichsen, VerwArch 62 (1971), 291; Bettermann, AöR 96 (1971), 528; Dürig, Zur Bedeutung und Tragwei­

110 4. Kap.: Güterichtertätigkeit als Aufgabe der rechtsprechenden Gewalt?

konform.88 Unterliegt das Rechtsprechungsmonopol nicht dieser Garantie, dann ließe sich eine Funktionenübertragung im Sinn kollidierenden Verfas­ sungsrechts89 oder als eine der im Grundgesetz angelegten Durchbrechungen des Gewaltenteilungsprinzips einordnen. Das Bundesverfassungsgericht stellte bei der verfassungsgerichtlichen Überprüfung der Neufassung von Art. 10 GG zum einen fest, dass wenn Aufgaben aus dem Kernbereich der Rechtsprechung durch eine andere Ge­ walt wahrgenommen würden, das Prinzip der Gewaltenteilung berührt sei.90 Die von der Rechtsprechung auszuübenden Funktionen könnten jedoch bis zu ihrem Kernbereich auf andere Gewalten übertragen werden, wenn das durch zwingende, sachlich einleuchtende Gründe nötig sei.91 In der weiteren Rechtsprechung wurden die zwingenden Gründe dahin gehend konzentriert, dass es sich um den Schutz eines besonders hochrangigen Rechtsguts han­ deln müsse.92 Die grundsätzliche Möglichkeit der Funktionsübertragung hingegen wurde nicht angezweifelt.93 Bezüglich der Person des Richters wurde verfassungsgerichtlich festge­ stellt, dass sein Amt mit Ämtern der anderen Gewalten, vornehmlich denen der Verwaltung, unvereinbar sei.94 Die personale Gewaltenteilung und die persönliche Unabhängigkeit95 müssten gewahrt bleiben.96 te des Art. 79 Abs. III des Grundgesetzes, in: Spanner / Lerche / Zacher / Badura /  v. Campenhausen (Hrsg.), Festgabe Maunz, S. 41; Alberts, JuS 1972, 319; Hall, JuS 1972, 132; Rupp, NJW 1971, 275; Kalkbrenner, BayVBl. 1971, 146. Vgl. auch Hofmann, Die Entwicklung des Grundgesetzes nach 1949, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR  I, 1. Auflage, § 7, Rdnr.  56. 88  In diese Richtung Häberle, JZ 1971, 145 [152 ff.]. Kritisch auch Hofmann, Die Entwicklung des Grundgesetzes nach 1949, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR  I, 1. Auflage, § 7, Rdnr.  56. 89  Ähnlich Bettermann, Die rechtsprechende Gewalt, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR  III, 1. Auflage, § 73, Rdnr.  5 f., der ein Rechtsprechungsmonopol annimmt, das aber im Wege der Verfassungsänderung überwunden werden könne und damit nicht unter die Garantie des Art. 79 Abs. 3 GG fällt. 90  BVerfGE 30, 1 [27 f.]; vgl. Schnapp, in: v. Münch / Kunig (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 20, Rdnr.  58. 91  BVerfGE 30, 1 [28]. 92  BVerfGE 107, 395 [407]. 93  Vgl. BVerfGE 84, 90 [120 f.]; BVerfGE 94, 49 [102 f.]. Vgl. auch BVerfGE 95, 1 [15]; BVerfGE 100, 313 [390]; BVerfGE 109, 279 [373]. Meyer, in: v. Münch / Ku­ nig (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 92, Rdnr.  7. 94  BVerfGE 10, 200 [216]; BVerfGE 18, 241 [254]; BVerfGE 54, 159 [166]. Ähnlich auch BVerfGE 14, 56 [69 ff.]. 95  BVerfGE 14, 56 [69 ff.]. Vgl. allerdings zu dem schwierigen Verhältnis von rich­ terlicher Unabhängigkeit und richterlicher Dienstaufsicht Thiele, Der Staat 52, 415. 96  Vgl. etwa BVerfGE 103, 111 [139 f.]. Vgl. auch Di Fabio, Gewaltenteilung, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR  II, § 27, Rdnr.  27.



B. Trennung der Rechtsprechung von anderen Gewalten111

Nach dieser Rechtsprechung wird nur der Kernbereich der Rechtspre­ chungsaufgaben vor einer Übernahme durch eine andere Gewalt geschützt. Hingegen ist das Amt des Richters mit den Ämtern einer anderen Gewalt unvereinbar. Der Grundsatz der Gewaltenteilung wird damit funktional und personal unterschiedlich beurteilt: Auf funktionaler Ebene wird nur der Kernbereich der Rechtsprechungsaufgaben, personal hingegen das „gesam­ te“ Amt des Richters erfasst. Eine Bindung des verfassungsändernden Gesetzgebers an die strenge Funk­ tionenzuordnung durch das Rechtsprechungsmonopol besteht nur dann, wenn das Rechtsprechungsmonopol eine Ausprägung des in Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG normierten Gewaltenteilungsgrundsatzes ist und sodann von Art. 79 Abs. 3 GG als unabänderlich garantiert wird.97 Dass es sich bei Art. 92 GG um eine Konkretisierung des Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG handelt, ist weithin anerkannt.98 Ob daraus jedoch folgen muss, dass damit Art. 79 Abs. 3 GG auch die Kon­ kretisierungen des Art. 92 GG garantiert, erscheint zumindest zweifelhaft.99 Diese Frage kann nur anhand der Beurteilung der Reichweite des Art. 79 Abs. 3 GG entschieden werden. Die Nichtigkeitswirkung des Art. 79 Abs. 3 GG setzt voraus, dass durch eine Verfassungsänderung zum einen die in ihm genannten Schutzgüter betroffen, zum anderen, dass diese „berührt“ werden.100 Seinem Wortlaut nach gehören unter anderem zu den geschützten Gütern die in Art. 20 GG niedergelegten Grundsätze. Art. 20 GG wird damit nicht an sich, im Wortlaut, sondern im Grundsatz, seinen Leitlinien, er­ fasst.101 97  So Detterbeck, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 92, Rdnr.  18; Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 92, Rdnr.  67. In diese Richtung auch Hillgruber, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz Kommentar, Band  VI, Art. 92, Rdnr.  11. 98  BVerfGE 22, 49 [76]. Meyer, in: v.  Münch / Kunig (Hrsg.), Grundgesetz Kom­ mentar, Art. 92, Rdnr.  2; Detterbeck, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 92, Rdnr.  1; Hillgruber, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz Kommentar, Band VI, Art. 92, Rdnr.  13; Wilke, Die rechtsprechende Gewalt, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR V, § 112, Rdnr. 17; Voßkuhle, Rechtsschutz gegen den Richter, S. 65 f.; Gusy, JZ 1998, 167 [170]. Vgl. auch Schmidt-Jortzig, NJW 1991, 2377 [2378]; Kissel /  Mayer, Gerichtsverfassungsgesetz, Einleitung, Rdnr.  141. Bettermann, Die rechtsprechende Gewalt, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR III, 1. Auflage, § 73, Rdnr.  5 f. nimmt hingegen ein Rechtsprechungsmonopol an, wel­ ches aber im Wege der Verfassungsänderung überwunden werden könne und damit nicht unter die Garantie des Art. 79 Abs. 3 GG fällt. 99  Vgl. Meyn, Kontrolle als Verfassungsprinzip, S. 209 f., 213, 215 f. 100  Darauf, dass beide Tatbestandselemente voneinander unterschieden werden müssen, weist auch Murswiek, Zu den Grenzen der Abänderbarkeit von Grundrech­ ten, in: Merten / Papier (Hrsg.), HdGR  II, § 28, Rdnr.  41 hin. 101  Stern, JuS 1985, 329 [333]; Dietlein, in: Epping / Hillgruber (Hrsg.), BeckOK GG, Art. 79, Rdnr.  21.1; Hain, in: v.  Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), Kommentar

112 4. Kap.: Güterichtertätigkeit als Aufgabe der rechtsprechenden Gewalt?

In der Art. 10 Abs. 2 S. 2 GG als verfassungskonform bestätigenden Ent­ scheidung wurde thematisiert, ob das Rechtsstaatsprinzip zu den durch Art. 79 Abs. 3 GG geschützten Grundsätzen gehört. Das Bundesverfas­ sungsgericht hat insoweit eine enge Auslegung vertreten, nach der nur die ausdrücklich in Art. 20 GG genannten Prinzipien erfasst seien.102 Dazu wurde ausdrücklich auch der Grundsatz der Gewaltenteilung nach Art. 20 Abs. 2 GG gezählt.103 Das weitere Merkmal des „Berührens“ wurde dahin gehend ausgelegt, dass die geschützten Grundsätze dann nicht berührt seien, wenn ihnen im Allgemeinen Rechnung getragen werde und sie nur für eine Sonderlage modifiziert würden.104 Denn es handle sich um einen Ausnahmefall, in dem der Zweck der Gewaltenteilung, die wechselseitige Begrenzung und Kont­ rolle staatlicher Macht, gewahrt worden sei.105 Art. 79 Abs. 3 GG schütze insoweit nur einen Kernbereich der Gewalten.106 Zutreffend ist, dass in Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG der Grundsatz der Gewal­ tenteilung niedergelegt ist, der selbst bei enger Auslegung von Art. 79 Abs. 3 GG erfasst wird. Art. 79 Abs. 3 GG erfasst die Gewaltenteilung nicht in vervollkommneter Form, sondern wie sie im Grundgesetz verfasst wor­ den ist.107 Zu dieser Ausprägung zählt auch die Konkretisierung der Gewal­ zum Grundgesetz, Art. 79 Abs. 3, Rdnr. 38; Evers, in: Kahl / Waldhoff / Walter (Hrsg.), BK Grundgesetz, Art. 79 Abs. 3, Rdnr. 152 f., 159; Anding, Das Spannungsverhältnis zwischen Art. 20 IV GG und Art. 79 III GG, S. 18. Vgl. auch Stern, Staatsrecht I, § 5 IV 5, S. 173, der den Schutz des Art. 79 Abs. 3 GG auf den Kern der genannten Schutzgüter bezieht. 102  BVerfGE 30, 1 [24 f.]. Ähnlich auch BVerfGE 84, 90 [121]. Diesbezüglich zustimmend Meyn, Kontrolle als Verfassungsprinzip, S. 182 f. 103  BVerfGE 30, 1 [24]. 104  BVerfGE 30, 1 [24]. Hall, JuS 1972, 132 [132 f.] weist zutreffen darauf hin, dass es sich bei Art. 10 Abs. 2 S. 2 GG gerade nicht um eine Regelung für Ausnah­ mesituationen handelt, sondern um jederzeit, auch in der Normallage anwendbare Normen. 105  BVerfGE 30, 1 [27 f.]. Der Entscheidung zustimmend und insbesondere das Sondervotum ablehnend Schneider, Hans, Die Einführung des offenen Sondervotums beim Bundesverfassungsgericht, in: Spanner / Lerche / Zacher / Badura / v.  Campenhau­ sen (Hrsg.), Festgabe Maunz, S. 345 [352 ff.]. In diese Richtung auch Herdegen, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz Kommentar, Band 6, Art. 79, Rdnr.  148; Bryde, in: v.  Münch / Kunig (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 79, Rdnr.  29. 106  BVerfGE 30, 1 [28]. So auch Classen, in: v.  Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 92, Rdnr.  31; Dreier, in: Dreier (Hrsg.), Grund­ gesetz Kommentar, Art. 79 Abs. 3, Rdnr.  50; Kissel / Mayer, Gerichtsverfassungsge­ setz, Einleitung, Rdnr.  141, 157, 208. 107  Siehe oben, 4. Kapitel, A. II. Insoweit ist auch der ablehnenden Haltung von Schenke, in: Kahl / Waldhoff / Walter (Hrsg.), BK Grundgesetz, Art. 19 Abs. 4,



B. Trennung der Rechtsprechung von anderen Gewalten113

tenteilung durch das Rechtsprechungsmonopol in Art. 92 GG. Entsprechend erstreckt sich der Schutz des Art. 79 Abs. 3 GG auch auf dieses. Die weitere Aussage, der Schutz des Art. 79 Abs. 3 GG ließe Ausnahmen für begründete Sonderfälle zu, muss jedoch hinterfragt werden. Zu ihrer Begründung wurde angeführt, „berührt“ des Art. 79 Abs. 3 GG reiche nicht weiter als „Wesensgehalt angetastet“ nach Art. 19 Abs. 2 GG.108 Stimmte dieser Vergleich, wären abwägende Ausnahmen ohne Zweifel möglich. Die angenommene Verwandtschaft der beiden Formeln muss jedoch be­ zweifelt werden. Geht es Art. 19 Abs. 2 GG um die Bindung des einfachen Gesetzgebers, richtet sich Art. 79 Abs. 3 GG an den verfassungsändernden Gesetzgeber.109 Auch der Wortlaut ist insoweit verschieden. Nach Art. 79 Abs. 3 GG dürfen bestimmte Grundsätze nicht „berührt“ werden, nach Art. 19 Abs. 2 GG darf der Wesensgehalt der Grundrechte nicht angetastet werden. Im letzten Fall folgt die Einschränkung der Wirkung nicht aus dem „Angetastetsein“, sondern aus der Beschränkung auf den „Wesensgehalt“110. So eine Beschränkung findet sich in Art. 79 Abs. 3 GG gerade nicht. Woll­ te man einen Wortlautvergleich zu einer anderen Grundgesetzbestimmung ziehen, so läge der Verweis auf Art. 1 Abs. 1 S. 1 GG näher.111 Die Vorstellung, die geschützten Grundsatzentscheidungen des Grundge­ setzes ließen sich in einen nicht zu verändernden Kern- und einen zu ver­ ändernden Randbereich aufteilen, geht fehl.112 Sie ist gerade, anders als bei Art. 19 Abs. 2 GG, nicht im Wortlaut angelegt. Vielmehr beanspruchen die genannten Prinzipien der Verfassung eine absolute Geltung. Als Schranke der verfassungsändernden Gewalt dürfen die dort genannten Grundsätze Rdnr.  120, 122 zuzustimmen, der aber weiter das Rechtsprechungsmonopol unbe­ rücksichtigt lässt und damit im Ergebnis nicht überzeugen kann. 108  So auch Stern, Staatsrecht I, § 5 IV 5, S. 173. 109  Vgl. Remmert, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz Kommentar, Band 3, Art. 19 Abs. 2, Rdnr.  1. 110  Dürig, Zur Bedeutung und Tragweite des Art. 79 Abs. III des Grundgesetzes, in: Spanner / Lerche / Zacher / Badura / v.  Campenhausen (Hrsg.), Festgabe Maunz, S. 41 [49] nimmt an, der individuelle Rechtsschutz gehöre zum Wesensgehalt eines subjektiven Rechts. Er bezieht sich auf Roellecke, Der Begriff des positiven Geset­ zes und das Grundgesetz, S. 297. Vgl. zudem Anding, Das Spannungsverhältnis zwischen Art. 20 IV GG und Art. 79 III GG, S. 19 f., der unterstreicht, dass Art. 19 Abs. 2 GG und Art. 79 Abs. 3 GG jeweils verschiedene Schutzgüter haben. Zum einen geht es um beschränkbare Grundrechte, zum anderen um die wesentlichen Staatsprinzipien. 111  Vgl. Murswiek, Zu den Grenzen der Abänderbarkeit von Grundrechten, in: Merten / Papier (Hrsg.), HdGR  II, § 28, Rdnr.  36. 112  Murswiek, Zu den Grenzen der Abänderbarkeit von Grundrechten, in: Mer­ ten / Papier (Hrsg.), HdGR  II, § 28, Rdnr.  38; Rupp, NJW 1971, 275 [276].

114 4. Kap.: Güterichtertätigkeit als Aufgabe der rechtsprechenden Gewalt?

nicht nur nicht grundsätzlich, sondern überhaupt nicht berührt werden.113 Das muss gerade dann gelten, wenn man Art. 79 Abs. 3 GG eng auslegt und als auf die wesentlichen Grundsätze beschränkt ansieht. Denn jedenfalls dann verdient dieser Verfassungskern eine uneingeschränkte Geltung.114 Dem verfassungsändernden Gesetzgeber ist es damit nicht möglich, die eindeutige Zuweisung des Art. 92 GG zu verändern. Das Rechtsprechungs­ monopol bindet auch ihn.115

IV.  Bindung des einfachen Gesetzgebers durch das Rechtsprechungsmonopol Bindet die grundgesetzliche Zuweisung der Aufgaben der Rechtsprechung zur rechtsprechenden Gewalt den verfassungsändernden Gesetzgeber, so steht außer Frage, dass Gleiches für den einfachen Gesetzgeber gilt. Er kann die durch das Rechtsprechungsmonopol zugewiesenen Aufgaben keiner an­ deren Gewalt zur Ausführung übertragen.116 Art. 92 GG schützt damit je­ denfalls vor einem Aufgabenentzug. 113  Stern, JuS 1985, 329 [333]; Murswiek, Zu den Grenzen der Abänderbarkeit von Grundrechten, in: Merten / Papier (Hrsg.), HdGR  II, § 28, Rdnr.  37 ff.; Murswiek, Das Wiedervereinigungsgebot des Grundgesetzes und die Grenzen der Ver­ fassungsänderung, S. 17; Kalkbrenner, BayVBl. 1971, 146 [147]; Dürig, Zur Be­ deutung und Tragweite des Art. 79 Abs. III des Grundgesetzes, in: Spanner / Ler­ che / Zacher / Badura / v.  Campenhausen (Hrsg.), Festgabe Maunz, S. 41 [43]; Stern, Staatsrecht I, § 5 IV 5, S. 174; Evers, in: Kahl / Waldhoff / Walter (Hrsg.), BK Grundgesetz, Art. 79 Abs. 3, Rdnr.  150; Dietlein, in: Epping / Hillgruber (Hrsg.), BeckOK GG, Art. 79, Rdnr.  21; Hain, in: v.  Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), Kom­ mentar zum Grundgesetz, Art. 79 Abs. 3, Rdnr.  32; Anding, Das Spannungsverhält­ nis zwischen Art. 20 IV GG und Art. 79 III GG, S. 21 f. In diese Richtung auch das Sondervotum, BVerfGE 30, 1 [41 f.]. Im Ergebnis auch Rupp, NJW 1971, 275 [276 f.]; Hall, JuS 1972, 132 [135]; Häberle, JZ 1971, 145 [150]; Bettermann, AöR 96 (1971), 528 [563]. 114  Vgl. Alberts, JuS 1972, 319 [322]. 115  Zudem nahm das Bundesverfassungsgericht im Ergebnis an, Art. 10 Abs. 2 S. 2 GG und auch Art. 19 Abs. 4 S. 3 GG stellten eine zulässige Veränderung der sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ergebenden Notwendigkeit des gerichtlichen Rechtsschutzes dar, BVerfGE 30, 1 [24 f.]. Diese Feststellung kann mit guter Be­ gründung bestritten werden – Rupp, NJW 1971, 275 [277]; Kalkbrenner, BayVBl. 1971, 146 [147]; Alberts, JuS 1972, 319 [323]; Schlink, Der Staat 12 (1973), 85 [97 ff.]; Stern, Staatsrecht I, § 5 IV 5, S. 172 f. –, sie wird hier aber nicht weiter vertieft. Vgl. insoweit noch Erichsen, VerwArch 62 (1971), 291 [299]; Bettermann, AöR 96 (1971), 528 [563 ff.]. 116  BVerfGE 20, 49 [73]; BVerfGE 103, 111 [136]. Heyde, Grundgesetz und Wirtschaftsordnung, in: Benda / Maihofer / Vogel (Hrsg.), Handbuch des Verfassungs­ recht der Bundesrepublik Deutschland, § 33, Rdnr.  12; Bettermann, Die rechtspre­ chende Gewalt, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR  III, 1. Auflage, § 73, Rdnr.  4 f.



B. Trennung der Rechtsprechung von anderen Gewalten

115

Die Begründung des Rechtsprechungsmonopols lässt jedoch offen, ob es damit dem einfachen Gesetzgeber ebenfalls nicht möglich ist, der rechtspre­ chenden Gewalt weitere Aufgaben zu übertragen. Einer solchen Aufgaben­ zuweisung zur Rechtsprechung könnten zwei Argumente entgegenstehen: zum einen ein unzulässiger Entzug von Aufgaben einer anderen Gewalt, zum anderen eine übermäßige Belastung der Rechtsprechung. Der erste Gesichtspunkt kann abstrakt nicht geklärt werden. Es muss in Anschauung des Einzelfalls entschieden werden, ob der Aufgabenentzug unzulässig ist.117 Der zweite Punkt kann dahin gehend beantwortet werden, dass das Rechtsprechungsmonopol keine Versteinerung der Rechtsprechung, sondern deren Schutz zum Ziel hat. Entsprechend steht es grundsätzlich einer weiteren Aufgabenzuweisung nicht entgegen.118 Das setzt allerdings voraus, dass die grundgesetzlich zugewiesenen Aufgaben ohne weitere Schwierigkeiten weiterhin erledigt werden können.119 Aus dieser Feststellung ergibt sich, dass es zwei Gruppen von Rechtspre­ chungsaufgaben gibt. Einmal die Gruppe der Aufgaben kraft grundgesetzli­ cher Zuweisung. Und weiter die Gruppe der Aufgaben, die durch den ein­ fachen Gesetzgeber der rechtsprechenden Gewalt überantwortet worden sind. Die Unterscheidung hat für die hier gegebene Fragestellung der Ein­ ordnung der Güterichtertätigkeit besondere Bedeutung. Eine grundgesetz­ liche Zuweisung der Güterichtertätigkeit wäre zugleich ein, vielleicht das entscheidende Argument für die Rechtfertigung eines möglichen Grund­ rechtseingriffs. Handelte es sich hingegen um eine einfachgesetzlich be­ gründete, nicht verfassungsrechtlich zwingende Aufgabe der Rechtspre­ chung, so müsste sie den allgemeinen Anforderungen für Grundrechtsein­ griffe genügen.

117  BVerfGE 64, 175 [179]; BVerfGE 76, 100 [106]. Vgl. BVerfGE 21, 139 [144 f.]. Detterbeck, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 92, Rdnr.  15. 118  BVerfGE 21, 139 [144 f.]. Hillgruber, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz Kom­ mentar, Band VI, Art. 92, Rdnr.  58; Meyer, in: v.  Münch / Kunig (Hrsg.), Grundge­ setz Kommentar, Art. 92, Rdnr.  6; Detterbeck, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kom­ mentar, Art. 92, Rdnr. 13; Gusy, JZ 1998, 167 [170]; Mayen, DRiZ 2005, 223 [224]; Spindler, DVBl. 2008, 1016 [1022]. 119  Meyer, in: v. Münch / Kunig (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 92, Rdnr. 6; Hillgruber, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz Kommentar, Band VI, Art. 92, Rdnr.  59; Kissel / Mayer, Gerichtsverfassungsgesetz, Einleitung, Rdnr.  159; Spindler, DVBl. 2008, 1016 [1022]. Vgl. ganz ähnlich auch Gusy, Parlamentarischer Gesetzgeber und Bundesverfassungsgericht, S. 91.

116 4. Kap.: Güterichtertätigkeit als Aufgabe der rechtsprechenden Gewalt?

C.  Rechtsprechende Gewalt Aufbauend auf das zuvor Gesagte ist somit bei der Bestimmung der Rechtsprechung im Sinn des Art. 92 GG zwischen den beiden Gruppen von Rechtsprechungsaufgaben zu trennen. Es bietet sich somit an, zunächst zu untersuchen, welches die durch das Grundgesetz zugewiesenen Aufgaben sind. Alle weiteren gesetzlichen Zuweisungen müssten dann zu der Gruppe von Aufgaben gehören, die nicht zwingend von der rechtsprechenden Ge­ walt wahrgenommen werden müssen.

I.  Vorgrundgesetzlich-formeller Rechtsprechungsbegriff Die Bestimmung der grundgesetzlichen Rechtsprechungsaufgaben setzt die Bestimmung des Begriffs der Rechtsprechung nach Art. 92 GG voraus. Das Grundgesetz verwendet den Begriff, ohne ihn weiter zu definieren. Es setzt die Rechtsprechung voraus.120 Bei der Bestimmung der Rechtspre­ chungsaufgaben könnte daher auf den vorgrundgesetzlichen Begriff zurück­ gegriffen werden, wenn das Grundgesetz diesen übernommen hätte.121 Unter Geltung der Art. 102 ff. WRV wurde unter dem Begriff der Rechtsprechung die Aufgaben verstanden, die der Gesetzgeber den Gerichten zugewiesen hatte. Der Inhalt wurde also durch das einfache Recht bestimmt.122 Stellte man auf den vorgrundgesetzlichen Bestand an Normen ab, um den Begriff der Rechtsprechung des Grundgesetzes zu bestimmen, so läge darin kein Konflikt mit dem Rechtsprechungsmonopol. Denn nähme das Grund­ gesetz diese vorgrundgesetzlichen Zuweisungen auf, so würden die bis da­ hin bestehenden einfachgesetzlichen Zuweisungen mit Verfassungskraft ausgestattet werden. Der Verfassungsgeber hätte das einfache Recht zum Verfassungsrecht erhoben. 120  Hopfauf, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke, Kommentar zum Grund­ gesetz, Art. 92, Rdnr.  7; Gusy, Parlamentarischer Gesetzgeber und Bundesverfas­ sungsgericht, S. 88; Kissel / Mayer, Gerichtsverfassungsgesetz, Einleitung, Rdnr. 143. 121  Knoll, DÖV 1954, 263 [268]; Gossrau, NJW 1958, 929 [931] gingen eben davon aus, dieses Rechtsprechungsverständnis müsse für das Grundgesetz fortgelten. Vgl. auch Kissel / Mayer, Gerichtsverfassungsgesetz, Einleitung, Rdnr.  144. 122  Hopfauf, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke, Kommentar zum Grundge­ setz, Art. 92, Rdnr. 9. Vgl. Anschütz, Die Verfassung des Deutschen Reiches, Art. 103; sowie BVerfGE 20, 49 [73 f.], BVerfGE 22, 49 [73 f.]. Vgl. auch Classen, in: v. Man­ goldt / Klein / Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 92, Rdnr. 6; Preibisch, Außergerichtliche Vorverfahren in Streitigkeiten der Zivilgerichtsbarkeit, S. 89. Die Zuweisung von Rechtsprechungsaufgaben zu den Gerichten ausschließlich durch einfaches Gesetz entsprach der Lage in der Deutschen Demokratischen Repu­ blik, vgl. Brunner, Das Staatsrecht der Deutschen Demokratischen Republik, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR  I, § 11, Rdnr.  67.



C. Rechtsprechende Gewalt117

Es stellt sich aber die Schwierigkeit, dass das Rechtsprechungsmonopol eine Änderung dieses Zuweisungsbestandes auch dem verfassungsändernden Gesetzgeber entziehen würde. Das ist für beispielsweise zugewiesene Ver­ waltungsaufgaben sachlich nicht begründet. Das spricht dagegen, Rechtspre­ chung auf dieser Grundlage zu bestimmen.123

II.  Verfassungsrechtlich-formeller Rechtsprechungsbegriff Nachdem der einfachrechtliche, vorgrundgesetzlich formelle Rechtspre­ chungsbegriff nicht überzeugen kann, ist es denkbar, in ähnlich formeller Weise auf das Grundgesetz abzustellen.124 Eine solche Begriffsbestimmung greift die durch das Grundgesetz den Gerichten und Richtern ausdrücklich zugewiesenen Aufgaben und Befugnisse auf. Solche Zuweisungen finden sich etwa an das Bundesverfassungsgericht mit Art. 93 Abs. 1 und 2, Art. 100 GG. Vornehmlich im Grundrechtskatalog finden sich Zuweisungen zu den einfachen Gerichten, etwa Art. 14 Abs. 3 S. 4 GG; sowie Richtervor­ behalte – beispielhaft Art. 13 Abs. 2, Art. 18 GG – und Rechtsweggarantien, zum Beispiel Art. 19 Abs. 4, Art. 34 S. 3 GG. Bei diesen formalen Zuweisungen ist es unstreitig, dass die dort benann­ ten Aufgaben den Richtern beziehungsweise den Gerichten vorbehalten sind.125 Allerdings werden zum einen wichtige Bereiche, die traditionell der Rechtsprechung zugerechnet werden,126 nicht genannt: Die Entscheidung von zivilrechtlichen Streitigkeiten findet im Grundgesetz keine Erwähnung, ebenso die Strafgerichtsbarkeit.127 Diese Aufgaben nicht der Rechtsprechung zuzurechnen, lässt sich nicht begründen. Weiter wird gegen dieses Rechtsprechungsverständnis angeführt, mögli­ cherweise erfasse dieser Begriff Tätigkeiten, die zwar den Gerichten oder Richtern zugewiesen seien, bei denen es sich aber nicht um eine Rechtspre­ chungsfunktion handele.128 Dieses Argument erscheint jedoch nicht über­ zeugend, denn wenn der Rechtsprechungsbegriff einzig auf die verfassungs­ 123  Vgl. Meyer, in: v.  Münch / Kunig (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 92, Rdnr.  16. 124  Vgl. Maurer, Staatsrecht I, § 19, Rdnr.  3. 125  BVerfGE 22, 49 [76 f.]. 126  BVerfGE 22, 49 [77 f.]; BVerfGE 64, 175 [179]; BVerfGE 76, 100 [106]; BVerfGE 103, 111 [136 f.]. 127  Vgl. Voßkuhle, Rechtsschutz gegen den Richter, S. 70 f.; Kissel / Mayer, Ge­ richtsverfassungsgesetz, Einleitung, Rdnr.  148, 151. 128  Maurer, Staatsrecht I, § 19, Rdnr.  3; Wilke, Die rechtsprechende Gewalt, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR V, § 112, Rdnr. 57; BVerfGE 22, 49 [78]; BVerfGE 76, 100 [106].

118 4. Kap.: Güterichtertätigkeit als Aufgabe der rechtsprechenden Gewalt?

rechtlichen Zuordnungen abstellte, kann er nicht zugleich mit dem Argument des fehlenden Funktionenbezugs abgelehnt werden. In diesem Fall wären alle zugewiesenen Aufgaben Rechtsprechungsaufgaben. Auch wenn dieses Argument insoweit nicht überzeugen kann, so legt es doch offen, dass herr­ schend versucht wird, sich dem Begriff der Rechtsprechung materiell zu näheren.129

III.  Auslegung durch das Bundesverfassungsgericht Mit Blick auf das Vorgesagte ist daher von einem originär verfassungs­ rechtlichen, materiellen Rechtsprechungsbegriff auszugehen. Dieser Aus­ gangspunkt ist insoweit unbestritten.130 Eine anerkannte materielle Definiti­ on ist bisher jedoch nicht gefunden worden. Auch das Bundesverfassungs­ gericht erklärt in ständiger Rechtsprechung, der Begriff der rechtsprechenden Gewalt sei durch die Verfassungsgerichtsrechtsprechung nicht abschließend geklärt.131 Es stellt daher nach eigener Deutung auf drei Aspekte ab, näm­ lich materielle, funktionelle und traditionelle.132 Alle drei finden nebenein­ ander und miteinander bei der Bewertung des konkreten Falls durch das Bundesverfassungsgericht Berücksichtigung. 1.  Materielle Annäherung Die Verfassungsgerichtsrechtsprechung hat sich einem materiellen Begriff zu näheren versucht, indem sie zunächst festgestellte, ein wesentliches Merkmal der Rechtsprechung sei das Element der Entscheidung, der Fest­ stellung und des Ausspruchs dessen, was rechtens ist.133 Nach Art. 92 GG sei es die Aufgabe der Gerichte, Recht zu sprechen, also in einzelnen Rechtssachen mit verbindlicher Wirkung zu entscheiden, und zwar in Ver­ fahren, in denen durch Gesetz die erforderlichen prozessualen Sicherungen und der verfassungsrechtlich geschützte Anspruch auf rechtliches Gehör 129  Vgl.

BVerfGE 103, 111 [137]. 22, 49 [73 ff.]; BVerfGE 76, 100 [106]. Mit weiteren Nachweisen Wilke, Die rechtsprechende Gewalt, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR  V, § 112, Rdnr.  58; Detterbeck, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 92, Rdnr.  9. Vgl. auch Preibisch, Außergerichtliche Vorverfahren in Streitigkeiten der Zivilge­ richtsbarkeit, S. 89; Kissel / Mayer, Gerichtsverfassungsgesetz, Einleitung, Rdnr. 145. 131  BVerfGE 103, 111 [136]. Vgl. BVerfGE 22, 49 [76 ff.]; BVerfGE 64, 175 [179]; BVerfGE 76, 100 [106]. 132  BVerfGE 22, 49 [76 ff.]; BVerfGE 64, 175 [179]; BVerfGE 76, 100 [106]; BVerfGE 103, 111 [136 f.]. Vgl. BVerfGE 116, 1 [10]. 133  BVerfGE 7, 183 [188 f.]; BVerfGE 31, 43 [46]. Ähnlich BVerfGE 60, 253 [269 f.]. 130  BVerfGE



C. Rechtsprechende Gewalt119

gewährleistet seien.134 Bestimmend sei demnach das Merkmal der Entschei­ dung als wesentliches Element der rechtsprechenden Tätigkeit.135 2.  Grundgesetzliche Rechtsprechungsaufgaben Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts sind die in der Verfas­ sung ausdrücklich den Gerichten oder Richtern vorbehaltenen Aufgaben vom Begriff der Rechtsprechung umfasst.136 Insoweit wird an den bereits erörterten verfassungsrechtlich-formellen Begriff angeknüpft. Das ist inso­ weit überzeugend, als dass die Erweiterung des Aufgabenbereichs der Rechtsprechung auch über eine materiell rechtsprechende Tätigkeit hinaus durch die Verfassung anzuerkennen ist. Dass es sich bei diesen Aufgaben zwingend um solche der Rechtsprechung im materiellen Sinn handelt, kann hingegen nicht gefolgert werden.137 Vielmehr steht es dem Verfassungsgeber frei, auch solche Aufgaben, die zwar mit der rechtsprechenden Tätigkeit in Zusammenhang stehen, nicht aber einem materiellen Rechtsprechungsver­ ständnis unterfallen, Gerichten oder Richtern zuzuweisen.138 Damit werden die so zugewiesenen Aufgaben von Art. 92 GG erfasst,139 sie sind jedoch nicht zwingend Rechtsprechung in materiellem Sinn. Indem Art. 92 GG diese ausdrücklichen Zuweisungen erfasst, finden auch in diesen Fällen die für die Rechtsprechung geltenden Verfahrensvorschriften Anwendung und es ist dem einfachen Gesetzgeber verwehrt, diese Aufgaben anderen Stellen zuzuweisen.140 Letztes ergibt sich schon aus der jeweiligen grundgesetzli­ chen Zuweisung. Art. 92 GG hat in diesen Fällen nur eine feststellende Wirkung.141 134  BVerfGE

4, 358 [363]. 103, 111 [138 f.]; BVerfGE 106, 1 [10]. 136  BVerfGE 22, 49 [74 f., 76 f.]; BVerfGE 103, 111 [137]. Vgl. Hillgruber, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz Kommentar, Band VI, Art. 92, Rdnr.  32 f.; Detterbeck, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 92, Rdnr.  5. 137  Vgl. Wilke, Die rechtsprechende Gewalt, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), ­HdStR  V, § 112, Rdnr.  73. Vgl. auch Hillgruber, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz Kommentar, Band VI, Art. 92, Rdnr.  32, der diese begriffliche Zuordnung ebenfalls ablehnt. Mayen, DRiZ 2005, 223 [223] hingegen greift die Begrifflichkeit des Bun­ desverfassungsgerichts auf. 138  Daher ist die Einordnung des Bundesverfassungsgericht, kraft Verfassung zu­ gewiesene Aufgaben jedenfalls dem materiellen Rechtsprechungsverständnis zuzu­ ordnen, abzulehnen, BVerfGE 22, 49 [76 f.]; BVerfGK 4, 1 [6]. Vgl. Kissel / Mayer, Gerichtsverfassungsgesetz, Einleitung, Rdnr.  146. 139  Detterbeck, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 92, Rdnr.  5. 140  BVerfGE 22, 49 [76 f.]; BVerfGK 4, 1 [6]. 141  Detterbeck, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 92, Rdnr.  9; Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 92, Rdnr.  32. 135  BVerfGE

120 4. Kap.: Güterichtertätigkeit als Aufgabe der rechtsprechenden Gewalt?

3.  Traditioneller Kernbereich der Rechtsprechung Dass die verfassungsrechtlich-formelle Annäherung nicht die Strafgerichts­ barkeit und die Zivilrechtspflege erfasst, wurde bereits als Kritikpunkt dieser Auffassung behandelt. Es kann nicht begründet werden, dass gerade die ge­ nannten Bereiche nicht Rechtsprechung sein sollen.142 Das Bundesverfas­ sungsgericht ist dieser Schwäche der verfassungsrechtlich-formellen Bestim­ mung mit einer Ergänzung begegnet. Es griff insoweit auf eine historische Betrachtung der herkömmlichen Aufgabenbereiche der Rechtsprechung zu­ rück. Auf dieser Grundlage hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, die bürgerliche Rechtspflege und die Strafgerichtsbarkeit seien als traditionelle Kernbereiche der Rechtsprechung von Art. 92 GG erfasst.143 Zugleich wurde ausgeführt, dass mit dieser Anerkennung nicht alle herkömmlichen Gerichts­ aufgaben zur Rechtsprechung nach Art. 92 GG gehörten. Ein abschließender vorgrundgesetzlich-formeller Rechtsprechungsbegriff wurde damit abgelehnt. In der eigenen Bezugnahme ordnete das Bundesverfassungsgericht diesen auf historischen Grundlagen beruhenden Teilbereich der Rechtsprechung als eine Abgrenzung anhand von materiellen Kriterien ein.144 4.  Rechtsprechung in funktionellem Sinn Unter den Teilbereich der funktionellen Rechtsprechung fasst das Bundes­ verfassungsgericht die Gerichtsverfahren zusammen, die der Gesetzgeber zur hoheitlichen Streitbeilegung vorsieht und deren dort getroffene Ent­ scheidungen mit einer den unabhängigen Gerichten vorbehaltenen Rechts­ wirkung ausgestattet sind.145 Das insoweit bestimmende Merkmal der funktionellen Rechtsprechung wird in der letztverbindlichen, der Rechtskraft fähigen Feststellung und dem Ausspruch dessen, was im konkreten Fall rechtens ist, gesehen.146 Dieser Teilbereich wird demnach maßgeblich von der gesetzgeberischen Ausgestaltung bestimmt.147 Sieht diese vor, dass ein 142  Wilke, Die rechtsprechende Gewalt, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR  V, § 112, Rdnr.  73. 143  BVerfGE 8, 197 [207]; BVerfGE 12, 264 [274]; BVerfGE 14, 56 [66]; BVerfGE 27, 18 [28]. Vgl. auch BVerfGE 9, 89 [96 ff.]. Vgl. Hillgruber, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz Kommentar, Band VI, Art. 92, Rdnr.  35 f. 144  BVerfGE 22, 49 [74]; BVerfGE 103, 111 [137]; BVerfGK 4, 1 [6]. 145  BVerfGE 103, 111 [137]. Vgl. Hillgruber, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz Kommentar, Band VI, Art. 92, Rdnr.  37 f. 146  BVerfGE 103, 111 [137]; BVerfGK 4, 1 [6]. Vgl. auch BVerfGE 116, 1 [10]. 147  Detterbeck, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 92, Rdnr.  21a; Hillgruber, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz Kommentar, Band VI, Art. 92, Rdnr.  37. Vgl. BVerfGE 64, 175 [179]; BVerfGE 76, 100 [106].



C. Rechtsprechende Gewalt121

Verfahren mit einer letztverbindlichen Entscheidung am Maßstab des Rechts endet oder enden kann, so kommt dieser Ausgestaltung jedenfalls indizie­ rende Bedeutung zu, dass es sich um funktionelle Rechtsprechung im Sinn des Art. 92 GG handelt. In Bezug auf die Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit wurde in Zweifel gezogen, ob diese materiell der Rechtsprechung zuzurechnen seien. Diese Frage blieb unentschieden, denn der Gesetzgeber sei frei, auch ver­ wandte Aufgaben den Gerichten zu übertragen.148 Diese Überantwortung sei verfassungsrechtlich nicht zwingend, aber möglich.149 Die durch den einfa­ chen Gesetzgeber übertragenen Aufgaben gehörten allerdings nicht zwin­ gend zu der Rechtsprechung in materiellem Sinn.150 Jedoch sollen in einem solchen Fall die grundsätzlich für die Rechtsprechung geltenden Vorschriften Anwendung finden, namentlich Art. 100, Art. 103 Abs. 1 GG.151

IV.  Ansätze der Rechtslehre Auch in der Rechtslehre hat sich kein Rechtsprechungsbegriff durchset­ zen können. Vielmehr werden verschiedene Theorien mit verschiedenen Anknüpfungspunkten vertreten.152 Für die Rechtsprechung sollen der Hand­ lungsgegenstand, der Handlungsmaßstab, die Handlungswirkung, die Hand­ lungsmotivation und auch die Tradition bestimmend sein.153 Zum Teil werden die vorstehenden Schwerpunkte einzeln, mal in Kombination mit anderen Ansätzen als für die Rechtsprechung bestimmend angesehen. Nach einzelnen Einordnungen soll Rechtsprechung die in besonders gere­ gelten Verfahren zu letztverbindlicher Entscheidung führende rechtliche Beurteilung von Sachverhalten in Anwendung des geltenden Rechts durch den Richter sein.154 Eine Streitentscheidung sei dabei nicht zwingendes 148  BVerfGE 21, 139 [144 f.] unter Verweis auf BVerfGE 9, 89 [97 f.]. Vgl. auch Wimmer / Wimmer, NJW 2007, 3243 [3243 f.]. 149  So auch BVerfGE 22, 49 [78]; BVerfGE 64, 175 [179]; BVerfGE 76, 100 [106]. 150  BVerfGE 22, 49 [78]; BVerfGE 76, 100 [106]; BVerfGE 103, 111 [137]. 151  BVerfGE 21, 139 [144 f.] unter Verweis auf BVerfGE 4, 45 [48]; BVerfGE 10, 59 [66] und BVerfGE 19, 49 [51]. Vgl. auch Wimmer / Wimmer, NJW 2007, 3243 [3243 f.]. Zu Art. 103 Abs. 1 GG auch Bäumerich, DVBl 2015, 352 [358]. 152  Hierzu ausführlich die systematische Darstellung bei Voßkuhle, Rechtsschutz gegen den Richter, S. 69 ff. Vgl. zu den folgenden Einordnungen Wilke, Die recht­ sprechende Gewalt, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR  V, § 112, Rdnr.  79 f. 153  Hierzu nochmals der Verweis auf die systematische Darstellung bei Voßkuhle, Rechtsschutz gegen den Richter, S. 69 ff. 154  Stern, Staatsrecht II, § 43 I 4, S. 898.

122 4. Kap.: Güterichtertätigkeit als Aufgabe der rechtsprechenden Gewalt?

Merkmal, sondern nur das der verbindlichen Rechtsfeststellung.155 Ganz ähnlich ist der Ansatz, Rechtsprechung als verbindliche rechtliche Beurtei­ lung von festzustellenden Sachverhalten in Fällen bestrittenen, verletzen oder bedrohten Rechts mit dem Ziel möglichst richtiger Rechtserkenntnis zu sehen.156 Weitergehend ist die Definition, nach der Rechtsprechung die ausschließlich nach Methoden und Maßstäben des Rechts in einem qualifi­ zierten Verfahren zu treffende verbindliche Entscheidung von Fällen sei, die typischerweise durch die Gegensätzlichkeit von Rechtsauffassungen gekenn­ zeichnet seien.157 Dem ähnlich wird Rechtsprechung dahin gehend verstan­ den, Streitigkeiten, Vorfälle des täglichen Sozialgeschehens aufgrund eines festgelegten, ausführlichen Verfahrens allein nach den Maßstäben der Juris­ prudenz einer autoritativen Lösung zuzuführen158. Ein anderer Ansatz nimmt das Verfahren an sich in den Blick: Rechtspre­ chung sei dadurch gekennzeichnet, dass es sich um ein neutrales Verfahren handle.159 Bei dieser Betrachtung wird der Richter als unbeteiligter, neutra­ ler Dritter und vor allem Verfahrensleiter gesehen.160 Doch wird nicht außer Acht gelassen, dass er nicht nur das Verfahren zu leiten, sondern am Ende in der Regel auch zu entscheiden hat.161 Entsprechend haben das Ergebnis dieses Prozesses – die Entscheidung – und auch sein Handlungsmaßstab162 – das Recht – weiter Anteil an diesem Rechtsprechungsverständnis.

V.  Zusammenfassung der Teilbereiche und Kritik der funktionellen Rechtsprechung Die materielle Annäherung an einen Begriff der Rechtsprechung stellt maßgeblich auf eine verbindliche Entscheidung am Maßstab des Rechts ab. 155  Stern,

Staatsrecht II, § 43 I 4, S. 897. Grundgesetz und Wirtschaftsordnung, in: Benda / Maihofer / Vogel (Hrsg.), Handbuch des Verfassungsrecht der Bundesrepublik Deutschland, § 33, Rdnr.  15. Ganz ähnlich auch Hesse, Konrad, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepu­ blik Deutschland, Rdnr. 548: „Rechtsprechung ist vielmehr in ihrer Grundtypik cha­ rakterisiert durch die Aufgabe autoritativer und damit verbindlicher, verselbstständig­ ter Entscheidung in Fällen bestrittenen oder verletzten Rechts in einem besonderen Verfahren; sie dient ausschließlich der Wahrung und mit dieser der Konkretisierung und Fortbildung des Rechts.“ Vgl. Gusy, JZ 1998, 167 [170]. 157  Schmidt-Aßmann, Der Rechtsstaat, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR  II, § 26, Rdnr.  52. 158  Schmidt-Jortzig, NJW 1991, 2377 [2378]. 159  Voßkuhle, Rechtsschutz gegen den Richter, S. 94 ff. Vgl. Hess, ZZP 124 (2011), 137 [149]. 160  Voßkuhle, Rechtsschutz gegen den Richter, S. 105 ff. 161  Voßkuhle, Rechtsschutz gegen den Richter, S. 105, 107. 162  Voßkuhle, Rechtsschutz gegen den Richter, S. 119. 156  Heyde,



C. Rechtsprechende Gewalt123

Dieser Ansatzpunkt erfasst auch die wesentlichen Teile der Zivil- und Straf­ rechtspflege, sodass sie nicht als gesonderte Teilbereiche erfasst werden müssten. Letztlich teilen auch die Ausführungen des Bundesverfassungsge­ richts diesen Ausgangspunkt. Die Straf- und Zivilrechtspflege sind Art. 92 GG mit der Begründung zugeordnet worden, sie seien traditionelle Kernbe­ reiche der Rechtsprechung. Indem jedoch zugleich festgestellt wird, nicht alle der vorgrundgesetzlich den Zivil- oder Strafgerichten zugewiesenen Aufgaben seien davon erfasst, wird innerhalb dieses Teilbereichs eine Un­ terscheidung anhand von materiellen Kriterien getroffen. Das ist eine mög­ liche Erklärung, weshalb das Bundesverfassungsgericht von einer Abgren­ zung anhand materieller Kriterien ausgeht, obwohl es als Ausgangspunkt eine historische Begründung gewählt hat. Ähnlich verhält es sich mit dem Teilbereich der funktionellen Rechtspre­ chung. Dieser kann zugleich Rechtsprechung in materiellem Sinn sein, muss es jedoch nicht. Problematisch ist in letztem Fall jedoch die Zuordnung zu Art. 92 GG und dem Rechtsprechungsmonopol.163 Geht man davon aus, dass der einfache Gesetzgeber einzelne Teilbereiche der rechtsprechenden Gewalt zuordnen kann, die dann zu Art. 92 GG zählen, könnten sie bei Annahme des Rechtsprechungsmonopols von diesem nicht wieder entzogen werden. Gerade das soll aber möglich sein.164 Vereinbaren ließe sich das nur, wenn man entweder die Erweiterung des Rechtsprechungsbegriffs durch einfachgesetzliche Zuweisungen ablehnt.165 Dann würden nur die materiell rechtsprechenden, nicht aber die gerichtsför­ mig ausgestalteten Gerichtsaufgaben von Art. 92 GG und damit der Garantie des Rechtsprechungsmonopols erfasst werden. Eine andere Lösung besteht darin, die einfachgesetzlich begründeten Rechtsprechungsaufgaben zwar dem Rechtsprechungsbegriff, nicht aber dem Rechtsprechungsmonopol zuzuord­ nen.166 Dann würden diese wie die bereits durch das Grundgesetz begründe­ ten Aufgaben behandelt, der einfache Gesetzgeber könnte allerdings über sie verfügen. Für die letzte Lösung spricht, dass in diesem Fall die grundgesetz­ lichen Garantien für Verfahren der Rechtsprechung unmittelbar Anwendung finden. Es wäre sonst kaum zu begründen, weshalb Verfahren, die nicht der Rechtsprechung zugeordnet werden, an diesen Garantien teilhaben sollen. 163  Vgl. Wilke, Die rechtsprechende Gewalt, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), ­HdStR  V, § 112, Rdnr.  75 ff. 164  Vgl. Kissel / Mayer, Gerichtsverfassungsgesetz, Einleitung, Rdnr.  155, 159 f.; Wilke, Die rechtsprechende Gewalt, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR  V, § 112, Rdnr.  75; Mayen, DRiZ 2005, 223 [225]. 165  Wilke, Die rechtsprechende Gewalt, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR  V, § 112, Rdnr.  75. 166  Kissel / Mayer, Gerichtsverfassungsgesetz, Einleitung, Rdnr.  160. Vgl. ähnlich Gusy, JZ 1998, 167 [170 f.]; Mayen, DRiZ 2005, 223 [224].

124 4. Kap.: Güterichtertätigkeit als Aufgabe der rechtsprechenden Gewalt?

Allerdings beantwortet das noch nicht die vorgelagerte Frage, ob die funk­ tionellen Rechtsprechungsaufgaben allesamt von Art. 92 GG erfasst werden. Ob bereits die einfachgesetzliche Ausgestaltung von Verfahren als gerichts­ förmig und die einfachgesetzlich vorgesehenen Entscheidungswirkungen ei­ nen Teil des Inhalts des Art. 92 GG bestimmen können, ist fraglich. Denn mit dem Entscheidungsverfahren und der Entscheidungswirkung werden zwei Elemente benannt, die für die Bestimmung der Rechtsprechungsaufgaben nicht wesentliche Bedingungen sind, sondern die um­gekehrt aus der Bestim­ mung als Rechtsprechungsaufgabe folgen. Es ist ein Zirkelschluss, von der vorgesehenen Wirkung auf die Begründung zu schließen.167 Die Abgrenzung kann somit nur anhand der Vorgaben des Art. 92 GG erfolgen. Nur sein Anwendungsbereich kann bestimmen, welche Verfahren als Rechtsprechung erfasst werden. Sowohl der Einordnung der Zivil- und Strafrechtspflege als traditionelle Kernbereiche der Rechtsprechung, wie auch der gerichtsförmig ausgestalte­ ten Gerichtsaufgaben als funktionelle Rechtsprechung liegt ein Vorverständ­ nis von Rechtsprechung zugrunde, das es überhaupt erst möglich und not­ wendig macht, diese Bereiche der Rechtsprechung zuzuordnen. Dieses Vor­ verständnis beruht maßgeblich auf dem Leitbild des Art. 92 GG, der letztver­ bindlichen, hoheitlichen Streitentscheidung am Maßstab des Rechts. Nur wenn ein einfachgesetzlich eingeführtes Verfahren diesem Leitbild gerecht wird, kann es sich um Rechtsprechung im grundgesetzlichen Sinn handeln. Nur Verfahren, die zum Ziel haben, eine letztverbindliche Streitentschei­ dung am Maßstab des Rechts herbeizuführen, können und müssen von Ver­ fassungs wegen als rechtsprechende Verfahren ausgestaltet werden. Nur diese gehören zur Rechtsprechung nach Art. 92 GG.

D.  Ergebnis: Güterichtertätigkeit keine grundgesetzliche Aufgabe der Rechtsprechung Vor dem dargestellten Hintergrund lässt sich nun untersuchen, ob die Tä­ tigkeit des Güterichters als eine Aufgabe der Rechtsprechung einzuordnen ist, die bereits grundgesetzlich den Richtern zugewiesen ist, oder ob es sich um eine nur durch den einfachen Gesetzgeber begründete Zuweisung han­ delt. Zunächst lässt sich feststellen, dass es im Grundgesetz keine derartige Tätigkeitszuweisung gibt. Eine Streitvermittlung ist weder Richtern noch Ge­ richten zugewiesen. Damit handelt es sich nach dem verfassungsrechtlichformellen Begriff nicht um eine grundgesetzliche Rechtsprechungsaufgabe. 167  Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 92, Rdnr. 29. Kritisch auch Wilke, Die rechtsprechende Gewalt, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), ­HdStR  V, § 112, Rdnr.  75.



D. Ergebnis

125

Zu einer schnellen und überzeugenden Beurteilung könnte man gelangen, wenn man das Güterichterverfahren nicht als selbstständiges Verfahren, sondern als Ergänzung oder Anhängsel zu einem gerichtlichen Verfahren versteht.168 Dann könnte es als Teil eines Gerichtsverfahrens auch dessen Einordnung als traditionelle, grundgesetzliche Rechtsprechungsaufgabe tei­ len. Entsprechend kann das Hinwirken auf eine gütliche Einigung als eine ursprünglich richterliche Tätigkeit verstanden werden.169 Diesbezüglich kann § 278 Abs. 1 ZPO herangezogen werden, nach dem das Gericht in jeder Lage auf eine gütliche Einigung bedacht sein soll.170 Daran anknüp­ fend könnte das Güterichterverfahren mit ebendiesem Anspruch der einver­ nehmlichen Beilegung des Rechtsstreits als eine Form der Güteverhandlung, § 278 Abs. 2 ZPO, eingeordnet werden.171 Damit wäre eine große Nähe zu der sonstigen richterlichen Tätigkeit und den Rechtsprechungsaufgaben ver­ bunden, die eine Einordnung auch des Güterichterverfahrens als Rechtspre­ chungstätigkeit nahelegen würde. Der Gedanke, dass Mediation durch Richter eine Form der Güteverhand­ lung ist, passt möglicherweise – in Abhängigkeit zu der jeweiligen Projekt­ ausgestaltung – auf die in den Modellprojekten stattgefundene Richtermedi­ ation. Bei dem Güterichterverfahren scheint so eine Einordnung hingegen verfehlt. Das Güterichterverfahren findet streng getrennt von dem anhängi­ gen Prozess statt. Zwar hat der Güterichter die Möglichkeit, die Prozessak­ ten einzusehen.172 Jedoch findet im Folgenden kein Austausch zwischen dem erkennenden Richter und dem Güterichter statt. So wird ein Protokoll des Güterichterverfahrens nur auf ausdrücklichen, übereinstimmenden Wunsch der Parteien angefertigt.173 Einer Vernehmung des Güterichters als 168  Vgl. Wimmer / Wimmer, NJW 2007, 3243 [3244], die jedoch im Ergebnis die Einordnung als Rechtsprechung ablehnen. 169  BGHZ 47, 275 [287]. v.  Bargen, Joachim, DVBl. 2004, 468 [475]; Löer, ZKM 2005, 182 [186]; Schoch, Gerichtliche Verwaltungskontrollen, in: HoffmannRiem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts III, 1. Auflage, § 50, Rdnr. 411; Seibert, NVwZ 2008, 365 [366]. Vgl. auch Klose, ZKM 2005, 146 [147]; Bamberger, Verfassungsrechtliche und politische Aspekte der Rich­ termediation, in: Haft / v.  Schlieffen (Hrsg.), Handbuch Mediation, § 42, Rdnr.  42 ff.; Wrege, DRiZ 2003, 130 [132]; Voßkuhle, Rechtsschutz gegen den Richter, S. 74. Zu der historischen Einordnung Bamberger, Andere Wege der Streitbewältigung, in: Roth (Hrsg.), 125 Jahre Amtsgerichte im heutigen Rheinland-Pfalz, S. 173 [181 f.]. 170  Vgl. Isermann, Recht und Politik 2011, 9 [9]. 171  Vgl. für die Richtermediation Greger, ZKM 2003, 240 [244]; v.  Bargen, ­Joachim, DVBl. 2004, 468 [475]; v.  Bargen, Joachim, EuR 2008, 200 [211]. 172  Siehe oben, 3. Kapitel, B. I. 2. 173  § 159 Abs. 2 S. 2 ZPO für das Zivilverfahren. Gilt durch Verweis auch im Verwaltungsgerichtsverfahren, § 105 VwGO, im Finanzgerichtsverfahren, § 94 FGO, Sozialgerichtsverfahren, § 122 SGG, im Arbeitsgerichtsverfahren, § 46 Abs. 2 S. 1 ArbGG und im Familienverfahren, § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG.

126 4. Kap.: Güterichtertätigkeit als Aufgabe der rechtsprechenden Gewalt?

Zeuge im anhängigen Prozess steht ein Zeugnisverweigerungsrecht dessel­ ben entgegen.174 Die Einordnung, dass es sich bei der Güteverhandlung nach § 278 Abs. 2 ZPO um eine rechtsprechende Tätigkeit handelt, folgt aus dem Umstand, dass die Güteverhandlung unter Umständen der folgenden Streitentschei­ dung durch den Richter dienen kann.175 Für das Güterichterverfahren gilt das gerade nicht, es findet außerhalb des gerichtlichen Verfahrens statt.176 Die Trennung des Güterichterverfahrens von dem anhängigen Prozess schließt es damit aus, das Güterichterverfahren als Ergänzung oder Anhäng­ sel zu einem Gerichtsverfahren einzuordnen. Es muss vielmehr als selbst­ ständiges Verfahren dem Rechtsprechungsbegriff genügen. Legt man den oben dargestellten materiellen Rechtsprechungsbegriff des Bundesverfassungsgerichts zugrunde, nach dem jedenfalls das Element der verbindlichen Rechtsentscheidung maßgeblich sei, so sind beide Teile dieser Definition nicht gegeben. Es besteht zwar die Möglichkeit, dass die Vermitt­ lung durch den Güterichter mit einer verbindlichen Einigung endet. Doch wird diese durch die Parteien selbst getroffen. Eine Entscheidung durch den Güterichter findet gerade nicht statt.177 Das Merkmal der verbindlichen Entscheidung ist gerade nicht erfüllt. Zudem sind die Parteien frei, das Güterichterverfahren zu verlassen und in den anhängigen Prozess zurückzu­ kehren. In diesem Fall kommt es zu keinerlei Entscheidung. Weiter fehlt es an dem ausschließlichen oder bestimmenden Maßstab des Rechts. Geht man von einer klassischen Mediation aus, so tritt der Rechts­ bezug in den Hintergrund. Es soll gerade nicht um die bestehenden Ansprü­ che, sondern die verfolgten Anliegen gehen. In der Regel werden Lösungen gefunden und vereinbart, die von der rechtlichen Grundvorstellung abwei­ chen. Auch im Güterichterverfahren werden Lösungen gesucht, die den 174  § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO i. V. m. § 46 DRiG, § 67 Abs. 1 BBG, § 37 Abs. 1 BeamtStG. Gilt durch Verweis auch im Verwaltungsgerichtsverfahren, § 98 VwGO, Sozialgerichtsverfahren, § 118 Abs. 1 S. 2 SGG, im Arbeitsgerichtsverfahren, § 46 Abs. 2 S. 1 ArbGG und im Familienverfahren, § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, vgl. Greger, in: Zöller, Zivilprozessordnung, § 278, Rdnr.  30. 175  Greger, in: Zöller, Zivilprozessordnung, § 278, Rdnr.  9; Volkmann, Judith, SchiedsVZ 2004, 245 [246]; Prütting, JZ 2008, 847 [849]. Vgl. auch Bercher / Engel, JZ 2010, 226 [228]; Spindler, DVBl. 2008, 1016 [1021]. 176  Das verkennt Bamberger, Verfassungsrechtliche und politische Aspekte der Richtermediation, in: Haft / v.  Schlieffen (Hrsg.), Handbuch Mediation, § 42, Rdnr.  44 f., der die Richtermediation der Rechtsprechung zuordnen möchte. Vgl. Weitz, Gerichtsnahe Mediation in der Verwaltungs-, Sozial- und Finanzgerichtsbar­ keit, S. 221; Spindler, DVBl. 2008, 1016 [1021] für die Richtermediation. 177  Vgl. Weitz, Gerichtsnahe Mediation in der Verwaltungs-, Sozial- und Finanz­ gerichtsbarkeit, S. 218, 220 f. für die Richtermediation.



D. Ergebnis127

Anliegen der Parteien gleichermaßen gerecht werden sollen. Das Recht ist hier nur ein Maßstab von vielen. Damit entspricht das Güterichterverfahren auch nicht dem materiellen Leitbild von Rechtsprechung, was eine Einord­ nung als funktionelle Rechtsprechung ausschließt. Die dargestellten Ansätze der Rechtslehre lassen sich kaum zu einem Rechtsprechungsbegriff zusammenfassen oder verdichten – zu unterschied­ lich sind dafür die Ansatzpunkte. Dennoch spielt in vielen Annäherungen und Definitionsvorschlägen das Recht eine maßgebliche Rolle178 – sei es als Handlungsmaßstab des Richters, sei es als Bedingung für die Wirkung der Entscheidung. Das liegt nahe, denn die Rechtsanwendung ist die klassische Aufgabe der Gerichte und Richter. Das wird auch deutlich durch die Bin­ dung der Rechtsprechung an Gesetz und Recht durch Art. 20 Abs. 3 GG.179 Weil das Güterichterverfahren gerade nicht das Recht als Handlungsmaßstab nimmt, kann es auch nicht im Sinn dieser Ansätze als Rechtsprechung ver­ standen werden. Das als Ausgangspunkt genommen führt zu der Einordnung, dass es sich bei dem Güterichterverfahren nicht um Rechtsprechung im grundgesetz­ lichen Sinn handelt.180 Vielmehr handelt es sich um eine darüber hinaus durch den einfachen Gesetzgeber den Gerichten zugewiesene Aufgabe. Sie kann als Aufgabe durch einfaches Gesetz wieder entzogen werden, ohne dass es zu einem Verstoß gegen das Rechtsprechungsmonopol käme. Weil es sich um keine grundgesetzliche Rechtsprechungsaufgabe handelt, ergibt sich zudem, dass wenn man einen Grundrechtseingriff durch die Konkurrenz des Güterichters feststellt, dieser den allgemeinen Anforderun­ gen genügen muss. 178  Beispielhaft: Classen, in: v.  Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 92, Rdnr.  19; Meyer, in: v.  Münch / Kunig (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 92, Rdnr.  19; Stern, Staatsrecht II, § 43 I 4, S. 898; Schmidt-Aßmann, Der Rechtsstaat, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR  II, § 26, Rdnr.  52; Heyde, Grundgesetz und Wirtschaftsordnung, in: Benda / Maihofer / Vogel (Hrsg.), Handbuch des Verfassungsrecht der Bundesrepublik Deutschland, § 33, Rdnr.  15; Benda / Weber, ZZP 96 (1983), 285 [287]; Wolf, ZZP 99 (1986), 361 [371 f.]; Dütz, Rechtsstaatlicher Gerichtsschutz im Privatrecht, S. 88 ff.; Preibisch, Außergericht­ liche Vorverfahren in Streitigkeiten der Zivilgerichtsbarkeit, S. 91 f. 179  Vgl. insoweit die Definition von Rechsprechung von Schmidt-Jortzig, NJW 1991, 2377 [2378]. Zur Bindung des Richters an Gesetz und Recht Kirchhof, Paul, NJW 1986, 2275 [2275 f.]. 180  Eher die gegenteilige Position einnehmend, aber ohne Begründung Kopp / Schenke, VwGO, § 1 VwGO, Rdnr.  43, 44. Vgl. Spindler, ZKM 2007, 79 [79]; Volkmann, Judith, SchiedsVZ 2004, 245 [246]; Prütting, ZZP 124 (2011), 163 [168], die die Einordnung der Richtermediation als Rechtsprechung wegen der feh­ lenden verbindlichen Rechtsentscheidung ablehnten. Vgl. auch Klose, ZKM 2005, 146 [148].

5. Kapitel

Grundrechtlicher Schutz von Mediatoren Bei der Güterichtertätigkeit handelt es sich nicht um eine grundgesetzli­ che Aufgabe der rechtsprechenden Gewalt. Somit kann nun geprüft werden, welcher grundrechtliche Schutz Mediatoren zusteht. Im Anschluss daran lässt sich überprüfen, ob eines oder mehrere dieser Grundrechte Schutz vor öffentlicher Konkurrenz bietet. Für einen grundrechtlichen Schutz der Mediatoren kommen die „Wirt­ schaftsgrundrechte“, namentlich Art. 2, Art. 3, Art. 12 und Art. 14 GG in Be­ tracht. Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistet die allgemeine Handlungsfreiheit. Das umfasst die Freiheit zu jedem beliebigen Tun und Unterlassen.1 Bezieht sich das Verhalten auf den wirtschaftlichen Bereich, so kann die allgemeine Hand­ lungsfreiheit in Form der Wirtschaftsfreiheit betroffen sein. Neben der Frage, ob die Wirtschaftsfreiheit im gegebenen Fall einschlägig ist, muss jedenfalls geklärt werden, in welchem Verhältnis sie zu anderen Grundrechten steht. Weiterhin könnte Art. 3 Abs. 1 GG als Gewährleistung der allgemeinen Gleichheit infrage kommen. Das setzt voraus, dass Art. 3 Abs. 1 GG auch Chancengleichheit im Wettbewerb gewährleistet und es im gegebenen Fall diesbezüglich Ungleichheiten gibt. Die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG schützt die rechtliche Zuordnung eines vermögenswerten Gutes an einen Rechtsträger.2 Ob es im Fall der Mediatoren eine solche vermögenswerte Rechtsposition gibt, muss geprüft werden. Erst daran anschließend würde sich die Frage stellen, ob diese Eigentumsposition durch öffentliche Konkurrenz betroffen ist. Schließlich wird geklärt, ob die durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Berufsfreiheit vor öffentlicher Konkurrenz schützt. In diesem Rahmen wer­ den zunächst die persönlichen Schutzvoraussetzungen beschrieben. Darauf folgend findet eine Prüfung des Anknüpfungsgegenstands statt: Nachdem festgestellt worden ist, dass es sich bei der Güterichtertätigkeit nicht um eine ausschließende Aufgabe der rechtsprechenden Gewalt handelt, ist nun zu klären, ob es sich bei der Mediatorentätigkeit um einen Beruf im Sinne des Grundgesetzes handelt. 1  Murswiek, 2  Wendt,

in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 2, Rdnr.  43. in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 14, Rdnr.  21.



A. Wirtschaftsfreiheit129

A.  Wirtschaftsfreiheit Für einen grundrechtlichen Schutz durch die Wirtschaftsfreiheit muss zunächst geklärt werden, ob und wie die Wirtschaftsfreiheit im Grundgesetz gewährleistet wird. Insoweit weichen die Ansichten des Bundesverwaltungs­ gerichts und des Bundesverfassungsgerichts voneinander ab. Im Anschluss an diese Zuordnung lässt sich auch das Verhältnis zu anderen Grundrechten bestimmen.

I.  Wirtschaftsfreiheit in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Das Bundesverwaltungsgericht sieht die Wirtschaftsfreiheit überwiegend als einen Unterfall der allgemeinen Handlungsfreiheit an, Art. 2 Abs. 1 GG.3 Die Freiheit zur wirtschaftlichen Betätigung hat es in nur wenigen Entschei­ dungen als von Art. 12 Abs. 1 GG geschützt angesehen.4 Sachlich umfasse die wirtschaftliche Handlungsfreiheit jedenfalls die Freiheit zur Teilnahme am Wettbewerb,5 auch die freie Preisbildung gehöre dazu.6 Bei der Einordnung dieser Entscheidungen muss jedoch berücksichtigt werden, dass es sich um besonders frühe Entscheidungen handelt. Die Ab­ grenzung von Berufsfreiheit und allgemeiner Handlungsfreiheit war zu dieser Zeit noch nicht vollkommen ausgeprägt gewesen. Besonders in der neueren Rechtsprechung trifft das Bundesverwaltungsgericht häufig keine klare Unterscheidung von allgemeiner Handlungsfreiheit und Berufsfreiheit, sondern stellt auf eine Gesamtschau der Grundrechtspositionen ab.7 Das ist grundrechtstheoretisch unklar, hat praktisch jedoch nur eine untergeordnete Bedeutung.

3  BVerwGE 6, 134 [139]; BVerwGE 17, 306 [309]; BVerwGE 30, 191 [198]; BVerwGE 60, 154 [159]; BVerwGE 65, 167 [174]; BVerWGE 79, 326 [329]. Vgl. Mössner, JuS 1971, 131 [136]. 4  BVerwGE 28, 295 [299]; BVerwGE 89, 281 [283]. 5  BVerwGE 65, 167 [174]; BVerwGE 79, 326 [329]. 6  BVerwGE 2, 114, [115 f.]; BVerwGE 2, 118 [120]; BVerwGE 4, 24 [30]. Vgl. auch Di Fabio, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz Kommentar, Band I, Art. 2 Abs. 1, Rdnr.  116. 7  Di Fabio, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz Kommentar, Band I, Art. 2 Abs. 1, Rdnr.  116 mit Verweis auf BVerwGE 71, 183 [189 ff.]; BVerwG, NJW 1978, 1539 [1539] u. a.

130

5. Kap.: Grundrechtlicher Schutz von Mediatoren

II.  Wirtschaftsfreiheit in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Das Bundesverfassungsgericht sieht die Freiheit zur wirtschaftlichen Be­ tätigung unter anderem auch durch die nach Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Handlungsfreiheit als gewährleistet an.8 Träger dieser Wirtschaftsfreiheit9 seien neben natürlichen Personen auch bürgerlich-rechtliche Körperschaften und Personengesellschaften.10 Der Wirtschaftsfreiheit ordnet das Bundesver­ fassungsgericht mehrere Gewährleistungsbereiche zu: Die Vertragsfreiheit erfasse die Privatautonomie in ihrer Ausprägung als Freiheit zum Vertrags­ schluss und zur Vertragsgestaltung.11 Hinzu komme die wirtschaftliche Handlungsfreiheit.12 Der Vertragsfreiheit wird die Möglichkeit des Vertragsschlusses an sich, die Gestaltung des Vertragsinhalts oder die Wahl der Vertragspartner oder ein erzwungener Wechsel derselben13 zugeordnet. Die wirtschaftliche Handlungsfreiheit lässt sich wiederum in zwei Teilbereiche trennen: zum einen die Freiheit der Anbieter, Dienstleistungen und Waren am Markt an­ zubieten. Zum anderen die Freiheit der Nachfrager, diese Produkte zu er­ werben.14 Wollte man diesen Gewährleistungen bereits die Betroffenheit durch öf­ fentliche Konkurrenz zuordnen, so ergäbe sich folgendes Bild: Bis zur Gren­ ze eines Monopols wird die grundsätzliche Möglichkeit privater Marktteil­ nehmer zum Vertragsschluss nicht beeinträchtigt. Auch die Wahl der Ver­ tragspartner wird dadurch nicht eingeschränkt. Es ließe sich nur diskutieren, ob nicht die Freiheit zur Gestaltung des Vertragsinhalts verkürzt wird. Denn ist ein öffentlicher Anbieter am Markt tätig, so müssen sich die übrigen pri­ vaten Anbieter an die dadurch veränderten Gegebenheiten anpassen.15 Das 8  BVerfGE 8, 274 [328]; BVerfGE 10, 89 [99]; BVerfGE 12, 341 [347 f.]; BVerfGE 15, 235 [239]; BVerfGE 18, 315 [327]; BVerfGE 21, 245 [249]; BVerfGE 50, 290 [366]; BVerfGE 65, 196 [210]; BVerfGE 70, 115 [123]; BVerfGE 73, 261 [270]; BVerfGE 74, 129 [151 f.]; BVerfGE 75, 108 [154 f.]; BVerfGE 78, 232 [244]. Vgl. auch BVerfGE 9, 3 [11]; BVerfGE 32, 311 [316]; BVerfGE 95, 267 [303]. Vgl. hierzu die Einordnung von BVerfGE 105, 252 durch Lindner, DÖV 2003, 185. 9  Zum Teil auch Unternehmerfreiheit genannt, vgl. BVerfGE 50, 290 [366]; BVerfGE 65, 196 [210]; BVerfGE 97, 67 [83]. 10  BVerfGE 10, 89 [99]; BVerfGE 20, 323 [336]; BVerfGE 23, 12 [30]. 11  Etwa BVerfGE 88, 384 [403]; BVerfGE 89, 48 [61]; BVerfGE 95, 267 [303]; BVerfGE 103, 197 [215]; BVerfGE 114, 73 [89]; BVerfGE 128, 157 [176]. 12  Etwa BVerfGE 32, 311 [316]; BVerfGE 50, 290 [366]. 13  BVerfGE 128, 157 [176]. Vgl. auch BVerfGE 114, 1 [34 ff.]. 14  BVerfGE 46, 120 [136 f.]. 15  Vgl. Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 164.



A. Wirtschaftsfreiheit131

kann sich etwa in günstigeren Preisen niederschlagen.16 Die Preis- und Ange­ botsgestaltung eines Marktteilnehmers lässt sich aber vielmehr dem ersten Teilbereich der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit zuordnen, der Freiheit zum Angebot. Das bedeutet, dass der Prozess der marktwirtschaftlichen Re­ aktion auf öffentliche Konkurrenz – beispielsweise durch Anpassung der Preise und des Angebots – weniger der Vertragsfreiheit, denn mehr der wirt­ schaftlichen Handlungsfreiheit unterfällt. Eine endgültige Zuordnung wird allerdings erst dann notwendig, wenn das Verhältnis von Wirtschaftsfreiheit zu anderen Grundrechten geklärt wor­ den ist. Das Bundesverfassungsgericht geht mittlerweile davon aus, dass die Eigenart der allgemeinen Handlungsfreiheit als subsidiäres Freiheitsrecht17 auch im Bereich der wirtschaftlichen Betätigung bestehe. Immer dann, wenn die Berufsfreiheit einschlägig ist, trete die Wirtschaftsfreiheit hinter diese zurück.18

III.  Verhältnis von Berufsfreiheit und Wettbewerbsfreiheit Art. 2 Abs. 1 GG erfasst dem weiten Verständnis der allgemeinen Hand­ lungsfreiheit nach jedes menschliche Verhalten. Wird ein solches Verhalten zusätzlich von einem anderen Grundrecht erfasst und somit eigens geregelt, bleibt für die allgemeine Handlungsfreiheit kein Anwendungsraum mehr.19 Dieser Grundsatz der Subsidiarität besteht auch im wirtschaftlichen Bereich fort. Ist durch ein wirtschaftliches Verhalten beispielsweise die Berufsfreiheit betroffen, so unterscheiden sich die Rechtfertigungsanforderungen der Wirt­ schaftsfreiheit und der Berufsfreiheit für einen Grundrechtseingriff deutlich voneinander. Die Rechtfertigung eines Eingriffs in die allgemeine Hand­ 16  Vgl. dazu den Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit gem. Art. 2 Abs. 1 GG durch die Festsetzung von Höchstpreisen, BVerfGE 70, 1 [25]. 17  Begründet in BVerfGE 6, 32 [37]. 18  BVerfGE 8, 274 [328]; BVerfGE 12, 341 [347]; BVerfGE 68, 193 [223 f.]; BVerfGE 70, 115 [123]; BVerfGE 74, 129 [151 f.]; BVerfGE 77, 84 [118]; BVerfGE 95, 173 [188]; BVerfGE 116, 202 [221]; BVerfGE 128, 157 [176]. Vgl. auch BVerfGE 50, 290 [366]; BVerfGE 95, 267 [303]. 19  Anders sehen es beispielsweise Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 106; Ossenbühl, Bestand und Erweiterung des Wirkungskreises der Deutschen Bundes­ post, S. 126 f., die der Unternehmer- / Wirtschaftsfreiheit einen eigenen Anwendungs­ bereich neben anderen Grundrechten zubilligen. Aber auch sie kommen zu dem Ergebnis, dass die Prüfung des Art. 2 Abs. 1 GG nach der eines anderen Grundrechts mit höheren Rechtfertigungsanforderungen keine neuen Perspektiven eröffnet (Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 106).

132

5. Kap.: Grundrechtlicher Schutz von Mediatoren

lungsfreiheit setzt grundsätzlich nur ein einfaches Gesetz und die Angemes­ senheit des Eingriffs voraus. Die vom Bundesverfassungsgericht entwickel­ te Dreistufentheorie wird in aller Regel dahin gehend verstanden, dass sie höhere Begründungsanforderungen an die Rechtfertigung eines Eingriffs in die Berufsfreiheit stellt. Man überginge diese eigens für den beruflichen Bereich getroffene Regelung, wenn man für die Wirtschaftsfreiheit Art. 2 Abs. 1 GG zum Rechtfertigungsmaßstab nähme. Werden die Mediatoren durch ein anderes Freiheitsgrundrecht geschützt, so muss die Wirtschafts­ freiheit nicht weiter diskutiert werden.20

B.  Eigentumsgarantie Als ein der Wirtschaftsfreiheit gegenüber spezielleres Grundrecht kommt die Garantie des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG in Betracht. Eine Betroffenheit der Eigentumsgarantie setzt voraus, dass es eine eigentumsfähige Position der Mediatoren gibt. Nur dann kann untersucht werden, ob sich der Schutz der Eigentumsgarantie auf Einwirkungen durch öffentliche Konkurrenz erstreckt.

I.  Verfassungsrechtliches Eigentum Der Anknüpfungsgegenstand des Art. 14 GG ist das Eigentum. Bei der Begriffsbestimmung lässt sich als Ausgangspunkt nehmen, dass es kein der Staatlichkeit vorgelagertes, natürliches Eigentum gibt.21 Vielmehr handelt es sich beim Eigentum um ein rechtlich geprägtes Verhältnis von Personen zueinander:22 Sie erkennen wechselseitig die sie ausschließende Zuweisung eines Gutes zu einem anderen Rechtsträger an. Damit bedarf diese Zuwei­ sung einer rechtlichen Anerkennung und Ordnung. Anderenfalls würde sie keine rechtliche Wirkung entfalten.23 20  Vgl. v.  Maydell / Scholz, Grenzen der Eigenwirtschaft gesetzlicher Krankenver­ sicherungsträger, S. 120; Kannengießer, WiVerw 1998, 182 [188]; Huber, Peter M., Konkurrenzschutz im Verwaltungsrecht, S. 319 f.; Tettinger, AöR 108 (1983), 92 [130 f.]; Schulte, DVBl. 1988, 512 [515]; Rixen, Sozialrecht als öffentliches Wirt­ schaftsrecht, S. 235; Schneider, Hans-Peter, Berufsfreiheit, in: Merten / Papier (Hrsg.), HdGR  V, § 113, Rdnr.  113; Schneider, Hans-Peter, Artikel 12 GG – Freiheit des Berufs und Grundrecht der Arbeit, in: VVDStRL 43 (1984), S. 7 [38 f.]; Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 153. 21  BVerfGE 2, 237 [253 f.]; BVerfGE 15, 126 [144]. Depenheuer, in: v.  Man­ goldt / Klein / Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 14, Rdnr.  30 f. 22  Depenheuer, in: v.  Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grundge­ setz, Art. 14, Rdnr.  30. 23  Vgl. Depenheuer, in: v.  Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 14, Rdnr.  29.



B. Eigentumsgarantie133

Das Grundgesetz weist mit Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG dem einfachen Gesetz­ geber die Kompetenz zu, Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestim­ men. Das wirft allerdings die Frage auf, wie weit die Kompetenz des ein­ fachen Gesetzgebers dazu reicht. Diesbezüglich werden zwei Auffassungen vertreten. Zum einen wird angenommen, der einfache Gesetzgeber schaffe die Rechtspositionen, die dann vom verfassungsrechtlichen Eigentumsbe­ griff erfasst werden. Die Gewährleistung des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG er­ streckt sich nach dieser Vorstellung nur auf solche Gegenstände, die zuvor einfachrechtlich als Eigentum bestimmt worden sind.24 Art. 14 GG kommt nach dieser Auffassung nur die Funktion einer Transformationsnorm zu, mit deren Hilfe die einfachgesetzlichen Regelungen zu Verfassungsgeltung ge­ bracht werden.25 Gegen diese Auffassung wird ein eigenständiger Verfassungsbegriff des Eigentums gehalten, der den einfachen Gesetzgeber binden und anhand ei­ nes Leitbildes vorstrukturierende Wirkung entfalten soll.26 Das dabei in Bezug genommene Leitbild ist das Sach- und Grundeigentum.27 Die Ähn­ lichkeit einer einfachgesetzlichen Rechtsposition mit dem Sacheigentum sei dafür ausschlaggebend, dass sie auch von der Eigentumsgarantie geschützt werde.28 Versteht man das verfassungsrechtliche Eigentum nur als Menge der ein­ fachen Rechtspositionen, so wird damit die Stufung von Verfassung zu einfachen Gesetzen eingeebnet. Weshalb die Verfassung im Fall des Eigen­ tums keine eigenständige, freiheitssichernde Wirkung29 entfalten soll, ist kaum zu begründen.30 Weiterhin ergibt sich ein nicht aufzulösender Wider­ spruch mit der ebenfalls durch Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG eingeräumten Kom­ 24  BVerfGE 49, 382 [393]; BVerfGE 58, 300 [336]. Wahl, Abschied von den „Ansprüchen aus Art. 14 GG“, in: Bender / Breuer / Ossenbühl / Sendler (Hrsg.), Fest­ schrift Redeker, S. 245 [255 ff.]. 25  So Wendt, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 14, Rdnr.  24. Vgl. Depenheuer, in: v.  Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 14, Rdnr.  35. 26  Depenheuer, in: v.  Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grund­ gesetz, Art. 14, Rdnr.  32 f.; Leisner, Eigentum, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), ­HdStR  VIII, § 173, Rdnr.  11, 19. 27  Depenheuer, in: v.  Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grundge­ setz, Art. 14, Rdnr.  33. 28  Depenheuer, in: v.  Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grundge­ setz, Art. 14, Rdnr.  33 f. 29  Hegel, Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie II, S. 126: „Eigentum ist ein Besitz, der mir als dieser Person angehört, worin meine Person als solche zur Existenz, zur Realität kommt.“ 30  Vgl. Depenheuer, in: v.  Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 14, Rdnr.  42, 44.

134

5. Kap.: Grundrechtlicher Schutz von Mediatoren

petenz des Gesetzgebers zur Bestimmung der Schranken des Eigentums. Diese Kompetenz setzt notwendigerweise verfassungsrechtlich bestehendes Eigentum voraus. Anderenfalls würde eine einfachrechtliche Schrankenbe­ stimmung zu einer Inhaltsbestimmung.31 Damit ist ein verfassungsrecht­ licher Eigentumsbegriff vorzugswürdig, der sich nicht in einfachgesetzlicher Wiedergabe erschöpft. Das Eigentum im verfassungsrechtlichen Sinn ist somit geprägt durch die Ausschließlichkeit der Zuordnung an, der umfassen­ den Herrschafts-, Nutzungs- und Verfügungsbefugnisse durch und der Pri­ vatnützigkeit für einen Rechtsträger.32

II.  Betriebseigentum Im Fall der öffentlichen Konkurrenz könnte Eigentum in Form des ein­ gerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs betroffen sein. Darunter wird die Gesamtheit von Rechten und Sachen eines Unternehmens verstanden. Mit dieser Eigentumsposition wird die Leistung anerkannt, einzelne Ele­ mente zu einer Einheit zusammenzubringen, deren Mehrwert über die Sum­ me der Einzelteile hinausgeht.33 Als verfassungsrechtlich eigentumsfähige Position ist das Betriebseigentum herrschend anerkannt.34 Dazu werden 31  Depenheuer, in: v.  Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grundge­ setz, Art. 14, Rdnr. 45; Leisner, Eigentum, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR VIII, § 173, Rdnr.  22 f. 32  Vgl. Depenheuer, in: v.  Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 14, Rdnr.  63 ff. 33  Depenheuer, in: v.  Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grundge­ setz, Art. 14, Rdnr.  132; Ossenbühl, AöR 115 (1990), 1 [28]. 34  BVerwGE 67, 93 [96]. BGHZ 23, 157 [162 f.]; BGHZ 45, 150 [155]; BGHZ 76, 387 [393 f.]; BGHZ 78, 41 [44]; BGHZ 92, 34 [46]; BGHZ 111, 349 [355 f.]; BGHZ 132, 181 [186 f.]; BGH, NVwZ-RR 2000, 744 [744 f.]; BGHZ 161, 305 [312 f.]. Badura, Eigentum, in: Benda / Maihofer / Vogel (Hrsg.), Handbuch des Ver­ fassungsrecht der Bundesrepublik Deutschland, § 10, Rdnr. 94 f.; Ossenbühl, Bestand und Erweiterung des Wirkungskreises der Deutschen Bundespost, S. 122 f.; v. Maydell / Scholz, Grenzen der Eigenwirtschaft gesetzlicher Krankenversicherungsträger, S. 127; Kluth, Grenzen kommunaler Wettbewerbsteilnahme, S. 77 ff.; Kirchhof, Paul, DVBl. 1982, 933 [938]; Scholz, Gemeindliche Gebietsreform und regionale Energie­ versorgung, S. 80; Kannengießer, WiVerw 1998, 182 [187]; Ossenbühl, AöR 115 (1990), 1 [28]; Leisner, Eigentum, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR VIII, § 173, Rdnr.  26; Depenheuer, in: v.  Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 14, Rdnr.  132 mit weiteren Nachweisen. Vgl. Badura, Der Eigentumsschutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbe­ betriebs gegenüber der staatlichen Intervention im Bereich der Wirtschaft, in: Wilke (Hrsg.), Festschrift Juristische Gesellschaft zu Berlin, S. 1 [11 ff.]; Friauf / Wendt, Eigentum am Unternehmen, S. 29 ff. Das Bundesverfassungsgericht hat die verfassungsrechtliche Anerkennung des Betriebseigentums bislang offengelassen, BVerfGE 51, 193 [221 f.]; BVerfGE 66,



B. Eigentumsgarantie

135

neben den bereits eigentumsfähigen Positionen wie Sachen und Rechte auch geschäftliche Verbindungen, Beziehungen und der Kundenstamm ge­ zählt.35 Aus dem Leitbild des Sacheigentums folgt jedoch auch, dass diese wirt­ schaftlichen Werte hinreichend deutlich einer Person zugeordnet sein müs­ sen.36 Anderenfalls kann es sich nicht um Eigentum im verfassungsrechtli­ chen Sinn handeln. Damit werden unbestimmte Möglichkeiten des zukünf­ tigen Erwerbs nicht vom Eigentumsbegriff des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG er­ fasst.37 Die hinreichende Verdichtung und Zuweisung eines Wertes zu einer Person ist zugleich ein Abgrenzungskriterium zum Schutzumfang der durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleisteten Berufsfreiheit. Die Berufsfreiheit schützt die unternehmerische Betätigung, den Prozess des Erwerbs, die Eigentums­ garantie hingegen erfasst den Bestand von bereits Erworbenem.38 116 [145]; BVerfGE 68, 193 [222 f.]; BVerfGE 77, 84 [118]; BVerfGE 84, 212 [232]; BVerfGE 87, 363 [394]; BVerfGE 96, 375 [397]; BVerfGE 105, 252 [278], vgl. Leisner, Eigentum, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR  VIII, § 173, Rdnr.  26. 35  BGHZ 23, 157 [162 f.]; BGHZ 45, 150 [155]; BGHZ 78, 41 [44]. Ossenbühl, Bestand und Erweiterung des Wirkungskreises der Deutschen Bundespost, S. 122 f. Vgl. Depenheuer, in: v.  Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grundge­ setz, Art. 14, Rdnr.  132. 36  Vgl. BVerfGE 28, 119 [142]; BVerfGE 30, 292 [334 f.]; BVerfGE 68, 193, [222]; BVerfGE 74, 129, [148]; BVerfGE 105, 252 [277]. Vgl. BGHZ 45, 150 [155]; BGHZ 76, 387 [393]; BGHZ 78, 41 [44]; BGH, NVwZ-RR 2000, 744 [744 f.]; BGHZ 132, 181 [187]; BGHZ 134, 30 [33]. 37  BVerfGE 28, 119 [142]; BVerfGE 30, 292 [334 f.]; BVerfGE 39, 210, [237]; BVerfGE 68, 193, [222]; BVerfGE 74, 129, [148]; BVerfGE 105, 252 [277]. BGHZ 76, 387 [393]; BGHZ 92, 34 [46]; BGHZ 132, 181 [187]; BGHZ 161, 305 [315]; BGH, NVwZ-RR 2000, 744 [744 f.]. Vgl. BGHZ 134, 30 [33]. Ossenbühl, Bestand und Erweiterung des Wirkungskreises der Deutschen Bundespost, S. 123; Ossenbühl, AöR 115 (1990), 1 [28]; v.  Maydell / Scholz, Grenzen der Eigenwirtschaft gesetz­ licher Krankenversicherungsträger, S. 128; Helm, Rechtspflicht zur Privatisierung, S. 143; Henneke, NdsVBl. 1998, 273 [277]; Scholz, Gemeindliche Gebietsreform und regionale Energieversorgung, S. 80 f.; Papier, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz Kommentar, Band 2, Art. 14, Rdnr.  222. Vgl. Badura, Der Eigentumsschutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbe­ betriebs gegenüber der staatlichen Intervention im Bereich der Wirtschaft, in: Wil­ ke (Hrsg.), Festschrift Juristische Gesellschaft zu Berlin, S. 1 [21], der insoweit von der zu Recht bestehenden „Schutzlosigkeit des unternehmerischen Wagnisses“ spricht. 38  BVerfGE 30, 292 [334 f.]; BVerfGE 31, 8 [32]; BVerfGE 38, 61 [102]; BVerfGE 65, 237 [248]; BVerfGE 77, 84 [117]; BVerfGE 81, 70 [96]; BVerfGE 82, 209 [234 f.]; BVerfGE 84, 133 [157]; BVerfGE 85, 360 [383]; BVerfGE 88, 366 [377]; BVerfGE 105, 252 [277 f.]. BGH, NVwZ-RR 2000, 744 [744 f.]. Schliesky, DVBl. 1999, 78 [82]; Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 104; Kluth, Grenzen kommunaler Wettbewerbsteilnahme, S. 77; Papier, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz Kommentar, Band 2, Art. 14, Rdnr.  222. Vgl. Tettinger, AöR 108

136

5. Kap.: Grundrechtlicher Schutz von Mediatoren

Die Eigentumsgarantie kann durch öffentliche Konkurrenz nur dann be­ troffen sein, wenn ein hinreichend konkreter, einer Person zugeordneter Unternehmenswert betroffen ist. Diesbezüglich wird zum einen angenom­ men, dass durch Konkurrenz nur zukünftige Erwerbschancen betroffen ­seien.39 Diese aber seien zu unbestimmt, als es sich um eigentumsfähige Posi­tionen handeln könne. Dagegen kann auch angenommen werden, dass durch die öffentliche Konkurrenz nicht bloß Erwerbschancen, sondern vielmehr der bisher aufge­ baute Kundenstamm betroffen wird.40 Einerseits lässt sich jedoch daran zweifeln, ob der Kundenstamm tatsächlich eine eigentumsfähige Position, oder nicht vielmehr nur eine Menge von Möglichkeiten des zukünftigen Erwerbs ist.41 Stuft man den Kundenstamm als Eigentumsposition ein, so lässt sich andererseits gegen eine Beeinträchtigung durch öffentliche Kon­ kurrenz halten, dass der Kundenstamm durch die Marktwirkung, den freien Entschluss des Kunden, verändert wird.42 Eine andere Auffassung sieht die wirtschaftlich sinnvolle Nutzung an bereits bestehenden Produktionsgütern durch öffentliche Konkurrenz einge­ schränkt. Absatzchancen der produzierten Güter gehörten auch zum Eigen­ tum an den Produktionsmitteln, weshalb Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG durch öf­ fentliche Konkurrenz eingeschränkt werde.43 Der Gedanke, dass der Absatz von produzierten Gütern zur Befugnis und zum Schutz des Produktionsei­ (1983), 92 [129 f.]; Kannengießer, WiVerw 1998, 182 [187 f.]; Friauf / Wendt, Eigen­ tum am Unternehmen, S. 23 ff. Scholz, Gemeindliche Gebietsreform und regionale Energieversorgung, S. 82 ff. merkt an, dass Betrieb und Tätigkeit wechselseitig auf­ einander bezogen seien. 39  Kirchhof, Ferdinand, Tätigkeitsfelder der Deutschen Bundespost, S. 107 f.; Gleske, Wettbewerb öffentlicher und privater Kreditinstitute in Deutschland, S. 196; Jarass, DÖV 2002, 489 [492]. Auch Badura, Eigentum, in: Benda / Maihofer / Vogel (Hrsg.), Handbuch des Verfassungsrecht der Bundesrepublik Deutschland, § 10, Rdnr.  96, allerdings mit der Einschränkung, dass es bei einer Monopolstellung oder Vorrechten der öffentlichen Hand anders ist. Dahingegen nimmt Helm, Rechtspflicht zur Privatisierung, S. 143 zu Recht an, dass sich gerade bei einer bestehenden Mo­ nopolstellung noch keine eigentumsfähige Position bilden konnte. 40  Leisner, Sozialversicherung und Privatversicherung, S. 146 f. Vgl. Ehlers, Ver­ waltung in Privatrechtsform, S. 105; Kirchhof, Ferdinand, Tätigkeitsfelder der Deut­ schen Bundespost, S. 108; Ossenbühl, Bestand und Erweiterung des Wirkungskreises der Deutschen Bundespost, S. 123; Ronellenfitsch, Wirtschaftliche Betätigung des Staates, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR  III, 1. Auflage, § 84, Rdnr.  36. 41  Gleske, Wettbewerb öffentlicher und privater Kreditinstitute in Deutschland, S. 197. 42  Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 105; Kirchhof, Ferdinand, Tätig­ keitsfelder der Deutschen Bundespost, S. 108; Ossenbühl, Bestand und Erweiterung des Wirkungskreises der Deutschen Bundespost, S. 123 f. 43  Kluth, Grenzen kommunaler Wettbewerbsteilnahme, S. 77 ff., 82 ff.



C. Allgemeiner Gleichheitssatz137

gentums gehören kann, kommt auch bei der vorherrschenden Meinung zum Tragen, wenn die Garantie des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG im Fall öffentlicher Monopole als betroffen angesehen wird.44 Denn öffentliche Monopole ma­ chen es unmöglich ein mit bereits bestehenden Produktionsmitteln produ­ ziertes Gut am Markt anzubieten. Nimmt man diesen Gedanken an, kann man kaum begründen, weshalb er nicht auch unterhalb der Monopolschwel­ le tragen soll. Denn das Gegenargument, durch öffentliche Konkurrenz werde die konkrete Nutzung des Betriebseigentums nicht behindert,45 lässt sich in beiden Fällen anführen. Bleibt öffentliche Konkurrenz unterhalb der Schwelle zu einem Monopol, dann liegt der Schwerpunkt der eintretenden Folgen nicht auf einem Entzug von bestehenden, individuellen Vermögenspositionen. Vielmehr führt sie zunächst zu Anpassungsreaktionen der privaten Marktteilnehmer, ohne vornherein die Tätigkeit unmöglich zu machen. Bei diesen erzwungenen Angleichungen handelt es sich vor allem um Beeinträchtigungen des Er­ werbsvorgangs und nur eingeschränkt des bereits Erworbenen. Dementspre­ chend liegt auch der Schwerpunkt dieser Arbeit auf den Freiheitsrechten, die die Tätigkeit der Mediatoren schützen. Geht man hingegen von einer Idealkonkurrenz aus, dann können die bei einem anderen Freiheitsrecht zutreffenden Rechtfertigungsgründe in der Regel auf die Eigentumsgarantie übertragen werden.46

C.  Allgemeiner Gleichheitssatz Weiter ist denkbar, dass sich die Mediatoren auf den allgemeinen Gleich­ heitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG berufen können. Entgegen dem Wortlaut bindet Art. 3 Abs. 1 GG nach Art. 1 Abs. 3 GG auch den Gesetzgeber: Nicht nur die Gesetzesanwendung, sondern auch die Gesetzgebung ist durch den allgemeinen Gleichheitssatz gebunden.47 Die durch ihn verbürgten Grund­ sätze werden durch das Bundesverfassungsgericht dahin gehend zusammen­ 44  Papier, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz Kommentar, Band 2, Art. 14, Rdnr. 234; Schroeder, Kooperation zwischen Rundfunkanstalten und Privaten bei Schallplatten­ herstellung und ‑vertrieb, in: Jagenburg / Maier-Reimer / Verhoeven (Hrsg.), Fest­ schrift Oppenhoff, S. 385 [401]. Vgl. Kluth, Grenzen kommunaler Wettbewerbsteil­ nahme, S. 82. 45  Gleske, Wettbewerb öffentlicher und privater Kreditinstitute in Deutschland, S. 196. Vgl. Leisner, DVBl. 1989, 1025 [1030]. 46  Vgl. Ronellenfitsch, Wirtschaftliche Betätigung des Staates, in: Isensee / Kirch­ hof (Hrsg.), HdStR  III, 1. Auflage, § 84, Rdnr.  36. 47  BVerfGE 1, 14 [16 f., Ls. 18; 52]. Starck, in: v. Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 3 Abs. 1, Rdnr.  2, dort mit näheren Hinweisen zur Entstehungsgeschichte.

138

5. Kap.: Grundrechtlicher Schutz von Mediatoren

gefasst, dass der allgemeine Gleichheitssatz es verbiete, wesentlich Gleiches ungleich und wesentlich Ungleiches gleichzubehandeln.48 Art. 3 Abs. 1 GG könnte im gegebenen Fall betroffen sein, wenn man in ihm einen Anspruch auf Chancengleichheit im Wettbewerb verbürgt sieht49 und dieser durch die staatliche Wettbewerbsteilnahme betroffen ist. Zunächst lässt sich festhalten, dass die Gewährleistung des Art. 3 Abs. 1 GG eine Gleichbehandlung von gleichen Privaten durch die staatliche Gewalt gebie­ tet. Die gebotene Gleichbehandlung gehört also zur Ebene der Gesellschaft.50 Damit muss zunächst daran gezweifelt werden, ob der allgemeine Gleich­ heitssatz eine Chancengleichheit von privaten und staatlichen Unternehmen gebietet. Begründen lässt sich das für staatliche Unternehmen, die in Privat­ rechtsform gegründet worden sind. Denn mit der Gründung in Privatrechts­ form ist das staatliche Unternehmen auf der Ebene der Privaten angesiedelt und muss mit diesen gleichbehandelt werden. Das Bundesverfassungsgericht ging noch weiter und nahm eine gebotene Gleichbehandlung von öffentlichrechtlichen Sparkassen und privatrechtlichen Banken an.51 Das dehnt den allgemeinen Gleichheitssatz auf das Verhältnis von Privaten zu öffentlichrechtlichen Körperschaften aus. Im Rahmen von Art. 3 Abs. 1 GG muss jedoch der Anknüpfungspunkt der Ungleichbehandlung deutlich unterschieden werden. Zum einen kann es eine rechtliche, zum anderen eine faktische Ungleichheit geben. Die Her­ stellung von tatsächlicher Gleichheit ist jedoch kein Anliegen des allgemei­ nen Gleichheitssatzes. Denn dazu bedarf es einer Umverteilung durch den Staat, die die Betroffenen mit Leistungsansprüchen einfordern können. Der allgemeine Gleichheitssatz verbürgt jedoch keine Leistungsansprüche. Er beschränkt sich alleine auf die Herstellung von rechtlicher Gleichheit in den gebotenen Fällen.52 Die rechtliche Gleichheit kann betroffen sein, wenn der 48  BVerfGE 1, 14 [16 f., Ls. 18; 52]; BVerfGE 1, 264 [275 f.]; BVerfGE 4, 144 [155]; BVerfGE 11, 192 [203]; BVerfGE 13, 46 [53]; BVerfGE 50, 177 [186]; BVerfGE 51, 295 [300]; BVerfGE 52, 277 [280]; BVerfGE 55, 72 [88]; BVerfGE 58, 369 [373 f.]; BVerfGE 59, 52 [59]; BVerfGE 60, 16 [42]; BVerfGE 60, 123 [133 f.]; BVerfGE 64, 229 [239]; BVerfGE 86, 81 [87]. Vgl. BVerfGE 1, 208 [247]; BVerfGE 22, 387 [415]. 49  Isensee, DB 1979, 145 [149]. 50  Vgl. Pietzcker, Der allgemeine Gleichheitssatz, in: Merten / Papier (Hrsg.), HdGR  V, § 125, Rdnr.  66 ff. 51  BVerfGE 64, 229 [239]. 52  Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 106; Ossenbühl, Bestand und Er­ weiterung des Wirkungskreises der Deutschen Bundespost, S. 127; Emmerich, Das Wirtschaftsrecht der öffentlichen Unternehmen, S. 113 f.; Heintzen, Rechtliche Gren­ zen und Vorgaben für eine wirtschaftliche Betätigung von Kommunen im Bereich der gewerblichen Gebäudereinigung, S. 28 f.; Starck, in: v.  Mangoldt / Klein / Starck



D. Berufsfreiheit139

staatlichen Wirtschaftstätigkeit Vorrechte eingeräumt werden.53 Zu denken sind etwa an steuerliche Vorteile oder beispielhaft Einsichtnahmerechte54. Für eine solche rechtliche Ungleichbehandlung gibt es jedoch im Fall des Güterichters und der Mediatoren keine Anhaltspunkte. Das bedeutet, dass Art. 3 Abs. 1 GG in der folgenden Prüfung nicht weiter verfolgt werden wird.

D.  Berufsfreiheit Bereits bei der Abgrenzung der Eigentumsgarantie zu anderen Grund­ rechten ist deutlich geworden, dass der Berufsfreiheit für den Erwerbsvor­ gang vorrangige Bedeutung zukommt. Vor allen anderen Grundrechten, einschließlich der genannten „Wirtschaftsgrundrechte“, wird die Berufsfrei­ heit auch ganz herrschend als Ausgangspunkt für die Beantwortung der Frage nach einem grundrechtlichen Schutz vor öffentlicher Konkurrenz genommen. Ihre Auslegung steht im Mittelpunkt der Diskussion und das gefundene Ergebnis wird häufig auf die anderen „Wirtschaftsgrundrechte“ übertragen.55 Zunächst ist jedoch zu klären, ob die Tätigkeit der Mediatoren durch die Berufsfreiheit geschützt wird. Dazu werden die persönlichen Schutzvoraus­ setzungen kurz dargestellt. Zuvor ist bereits deutlich geworden, dass es sich bei der Güterichtertätigkeit und damit ebenfalls der Mediation nicht um eine der rechtsprechenden Gewalt zugewiesenen Aufgabe handelt. Damit stellt sich nun die Frage, ob Mediatoren einen Beruf im Sinn des Grundge­ setzes ausüben und damit den Schutz der Berufsfreiheit für sich in Anspruch nehmen können.

I.  Persönliche Schutzvoraussetzungen Dem Wortlaut nach gewährleistet Art. 12 Abs. 1 GG die Berufsfreiheit allen Deutschen. Der Begriff der Deutschen wird in Art. 116 GG definiert. Nach Art. 116 Abs. 1, 1. Alt. GG kommt es in der Hauptsache auf die deut­ (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 3 Abs. 1, Rdnr.  3. Vgl. Gerke, Jura 1985, 349 [357]. Vgl. auch BVerfGE 64, 229 [239]. 53  Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 100 f.; Heintzen, Rechtliche Grenzen und Vorgaben für eine wirtschaftliche Betätigung von Kommunen im Bereich der gewerblichen Gebäudereinigung, S. 27. Vgl. zu dieser Beschränkung kritisch Isensee, DB 1979, 145 [149]. 54  So im bereits erwähnten Fall der Sparkassen, BVerfGE 64, 229. 55  Vgl. beispielsweise Ronellenfitsch, Wirtschaftliche Betätigung des Staates, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR  III, 1. Auflage, § 84, Rdnr.  36.

140

5. Kap.: Grundrechtlicher Schutz von Mediatoren

sche Staatsangehörigkeit an. Daneben werden nach Art. 116 Abs. 1, 2. Alt. GG auch die Statusdeutschen und damit Personen mit deutscher Volkszuge­ hörigkeit erfasst.56 Wird jemand nicht vom persönlichen Schutzbereich der Berufsfreiheit erfasst, so kann er sich nur auf die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG berufen. Für die in Deutschland lebenden Ausländer wird aller­ dings vertreten, dass sich ihr nur durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleisteter Schutz mit zunehmendem Aufenthalt in Deutschland als unzureichend und damit eine Benachteiligung gegenüber den Deutschen als unverhältnismäßig erweise.57 Demnach gebiete die Aufenthaltsdauer in Deutschland einen im Lauf der Zeit über Art. 2 Abs. 1 GG hinausgehenden, sich an Art. 12 Abs. 1 GG annähernden Schutz. Dieses zeitliche Moment lässt sich jedoch nicht in einen verlässlichen Schutzgehalt überführen, der sich fließend zwischen der allgemeinen Handlungsfreiheit und der Berufsfreiheit bewegen müsste. Auf­ grund der so entstehenden Rechtsunsicherheiten58 und dem sonst übergan­ genen Spezialitätsverhältnis der Berufsfreiheit zur allgemeinen Handlungs­ freiheit ist diese Ansicht abzulehnen.59 Dieser Feststellung wird mit Blick auf Art. 18 AEUV und dem dort nor­ mierten unionsrechtlichen Diskriminierungsverbot wegen der Staatsangehö­ rigkeit vereinzelt entgegengehalten, der persönliche Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG müsse auch Unionsbürger i. S. d. Art. 20 Abs. 1 AEUV erfassen.60 Anderenfalls handle es sich um eine unionsrechtlich unzulässige Benachteiligung von Unionsbürgern wegen der Staatsangehörigkeit. Zwar geniest das Unionsrecht in Kollisionsfällen Anwendungsvorrang vor dem nationalen Recht,61 doch kann die erweiternde Auslegung mit Blick auf den eindeutigen Wortlaut62 nicht überzeugen. Es bietet sich zur Lösung dieser 56  Grawert, Staatsvolk und Staatsangehörigkeit, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR  II, § 16, Rdnr.  35 ff. 57  Rittstieg, in: Denninger / Hoffmann-Riem / Schneider / Stein (Hrsg.), Alternativ­ kommentar GG, Art. 12, Rdnr.  155. 58  Nolte, in: Stern / Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, Art. 12, Rdnr.  56. 59  BVerfGE 78, 179 [196 f.]; BVerfGE 104, 337 [346]. Mann, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 12, Rdnr.  33; Ossenbühl, AöR 115 (1990), 1 [4]. 60  Ehlers, JZ 1996, 776 [781]. Vgl. dazu Kluth, Jura 2001, 371 [371]. 61  Der EuGH entnimmt dem Primärrecht den Anwendungsvorrang des Unions­ rechts als grundlegendes Prinzip zur Sicherung der Funktionsfähigkeit der Gemein­ schaft, vgl. EuGH, Urteil vom 15.07.1964 – C-6 / 64 – Slg. 1964, 1253 [1269 ff.]; EuGH, Urteil vom 12.12.1970 – C-11 / 70 – Slg. 1970, 1125 [1135, Rdnr.  3]. Das BVerfG stellt auf Art. 24 Abs. 1 GG ab und gelangt zu dem gleichen Ergebnis, BVerfGE 73, 339 [374 f.]. 62  Vgl. zur Grenze der Auslegung durch den Wortlaut BVerfGE 47, 109 [121], BVerfGE 64, 389 [393], BVerfGE 71, 108 [115], BVerfGE 87, 209 [224].



D. Berufsfreiheit141

Schwierigkeit an, entweder Art. 2 Abs. 1 GG um den Schutzgehalt des Art. 12 Abs. 1 GG zu erweitern.63 Oder es ließe sich auf die Berufsfreiheit als ein Grundsatz des Gemeinschaftsrechts64 abstellen, der neben den uni­ onsrechtlichen Grundfreiheiten steht.65 Jedenfalls bedarf es nicht einer Auslegung der Berufsfreiheit gegen den eindeutigen Wortlaut. Festzuhalten ist damit, dass die Berufsfreiheit ausweislich des eindeutigen Wortlauts ein Bürgerrecht ist. Dementsprechend müssen die sich auf sie berufenden Personen Deutsche i. S. d. Art. 116 GG sein.66 Für die folgende Untersuchung wird angenommen, dass die persönlichen Schutzvorausset­ zungen gegeben sind.

II.  Mediation als Beruf Der sachliche Anknüpfungsgegenstand des Art. 12 Abs. 1 GG ist der Be­ ruf. Der Berufsbegriff geht über den der Gewerbefreiheit des Art. 151 Abs. 3 WRV hinaus, der nur selbstständige Tätigkeiten wie – ausdrücklich ge­ nannt  – den Handel erfasste.67 Art. 12 Abs. 1 GG dagegen erfasst jede auf eine gewisse Dauer angelegte, der Schaffung und Erhaltung einer Lebens­ grundlage dienenden Tätigkeit.68 Das Merkmal der Dauerhaftigkeit verlangt nicht, dass die Tätigkeit bereits über einen längeren Zeitraum ausgeübt worden ist. Vielmehr muss sie darauf angelegt sein, in gewisser Regelmä­ ßigkeit ausgeübt zu werden. Einmalig ausgeübte Tätigkeiten sind demnach

63  Bauer / Kahl, JZ 1995, 1077 [1083, 1085]; Manssen, Staatsrecht II, Rdnr.  590; Dietlein, Berufs-, Arbeitsplatz- und Ausbildungsfreiheit, in: Stern, Staatsrecht IV / 1, § 111 III 2, S. 1830 f. 64  EuGH, Urteil vom 14.05.1974 – C-4 / 73 – Slg. 1974, 491 [507 f., Rdnr.  14]; EuGH, Urteil vom 08.10.1986 – C-234 / 85 – Slg.  1986, 2909 [2912, Rdnr.  8]. Un­ ausgesprochen auch EuGH, Urteil vom 13.11.1990 – C-370 / 88 – Slg. 1990, I-4087 [4095, Rdnr.  27]. 65  Vgl. Mann, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 12, Rdnr.  34. Ähnlich auch Schneider, Hans-Peter, Berufsfreiheit, in: Merten / Papier (Hrsg.), HdGR  V, § 113, Rdnr.  47. 66  Ossenbühl, AöR 115 (1990), 1 [4], Kämmerer, in: v.  Münch / Kunig (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 12, Rdnr.  11; Tettinger, AöR 108 (1983), 92 [104]. Jeweils zu Nicht-Unionsausländern BVerfGE 78, 179 [196 f.]; 104, 337 [346]. 67  Gusy, Die Weimarer Reichsverfassung, 349; Papier, DVBl. 1984, 801 [801]. Vgl. auch Dietlein, Berufs-, Arbeitsplatz- und Ausbildungsfreiheit, in: Stern, Staats­ recht IV / 1, § 111 II 1, S. 1787 f.; Schneider, Hans-Peter, Artikel 12 GG – Freiheit des Berufs und Grundrecht der Arbeit, in: VVDStRL 43 (1984), S. 7 [12, 14]. 68  Ausdrückliche Definition BVerfGE 97, 228 [252 f.], 105, 252 [265], 110, 304 [321]. Vgl. auch BVerfGE 7, 377 [397 ff.]; 54, 301 [313]; 68, 272 [281]. Vgl. Tettinger, AöR 108 (1983), 92 [95]; Schwabe, DÖV 1969, 734 [739 f.].

142

5. Kap.: Grundrechtlicher Schutz von Mediatoren

kein Beruf.69 Das „Angelegtsein“ auf eine regelmäßige Ausübung drückt zudem aus, dass nur die nachvollziehbare Absicht bestehen muss, diese Tätigkeit regelmäßig auszuüben. Die bereits erfolgte Ausübung ist nicht erforderlich. Anderenfalls entstünde ein Schutz durch Art. 12 Abs. 1 GG erst mit erfolgreicher, längerer Berufstätigkeit. Der Zweck der Berufsfreiheit ist es, jedem Grundrechtsträger zu ermög­ lichen, sich eine Lebensgrundlage zu schaffen.70 Arbeit ermöglicht es ihm, Mittel für seine Lebensführung zu erwirtschaften, die ihn zum einen von fremdbestimmter Abhängigkeit befreien und zum anderen ihm die Lebens­ führung ermöglichen, die er für angemessen und erstrebenswert hält. Das ermöglicht zugleich die Schaffung einer Lebensaufgabe mit persönlicher Verwirklichung.71 Die Berufsfreiheit ist insoweit eine besondere Ausprägung der persönlichen Freiheit,72 die zugleich die Grundlage für den persönlichen Beitrag zur gesellschaftlichen Gesamtleistung ist73. Folgerichtig werden durch das Erfordernis der Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage nicht solche Tätigkeiten ausgeschlossen, die nur ei­ nen Teil zum Lebensunterhalt beitragen. Auch Zweit- und Nebenberufe werden von der Berufsfreiheit erfasst.74 Allerdings geht der Berufsbegriff nicht so weit, dass er reine Freizeitbeschäftigungen oder Liebhabereien er­ fasst. Diese Abgrenzung unter dem Gesichtspunkt des Beitrags zu der eige­ nen Lebensgrundlage erfolgt nicht anhand der subjektiven Vorstellungen des

69  So

die Negativformulierung bei BVerfGE 97, 228 [253]. 30, 292 [334]; BVerfGE 54, 301 [313]; BVerfGE 71, 183 [201]; BVerfGE 82, 209 [223]; BVerfGE 101, 331 [347]. Vgl. auch Kämmerer, in: v.  Münch / Kunig (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 12, Rdnr.  1; Rittstieg, in: Denninger / Hoffmann-Riem / Schneider / Stein (Hrsg.), Alternativkommentar GG, Art. 12, Rdnr.  12 ff.; Papier, DVBl. 1984, 801 [806]; Depenheuer, Freiheit des Berufs und Grundfreiheiten der Arbeit, in: Badura / Dreier (Hrsg.), Festschrift 50 Jahre Bundesverfassungsgericht, S. 241 [247 f.]. 71  Badura, Das Berufsrecht in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsge­ richts, in: Schmidt-Aßmann / Sellner / Hirsch / Kemper / Lehmann-Grube (Hrsg.), Fest­ gabe 50 Jahre Bundesverwaltungsgericht, S. 785 [786]. 72  BVerfGE 1, 264 [274], 19, 330 [336 f.]; Hufen, NJW 1994, 2913 [2914]; Depenheuer, Freiheit des Berufs und Grundfreiheiten der Arbeit, in: Badura / Dreier (Hrsg.), Festschrift 50 Jahre Bundesverfassungsgericht, S. 241 [245 f.]. Vgl. auch die kurze staatsphilosophische Darstellung bei Schneider, Hans-Peter, Artikel 12 GG – Freiheit des Berufs und Grundrecht der Arbeit, in: VVDStRL 43 (1984), S. 7 [9 ff., 15]. 73  BVerfGE 7, 377 [397]. Depenheuer, Freiheit des Berufs und Grundfreiheiten der Arbeit, in: Badura / Dreier (Hrsg.), Festschrift 50 Jahre Bundesverfassungsge­ richt, S. 241 [242]. 74  BVerfGE 21, 173 [179] mit Bezug auf BVerfGE 7, 377 [397, 406]; 9, 39 [48]. Ebenso BVerfGE 87, 287 [316]; 110, 141 [156 f.]; 110, 304 [321]. 70  BVerfGE



D. Berufsfreiheit143

Grundrechtsträgers, sondern anhand eines objektiven Maßstabes.75 Denn auch wenn die gewährleistete Freiheit des Grundrechts eine persönliche Verwirklichung ermöglicht, so beschränkt sich das auf die berufliche Sphä­ re und der Möglichkeit, in einem marktbestimmten Umfeld durch eigene Tätigkeit ein Auskommen zu erzielen. Die darüber hinausgehende persönli­ che Verwirklichung gehört nicht mehr dazu und wird durch andere Grund­ rechte oder jedenfalls die allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG geschützt. Schließlich trägt die Berufsfreiheit dem Umstand Rechnung, dass die per­ sönliche Existenzsicherung weit überwiegend nicht auf selbstständiger, son­ dern unselbstständiger Arbeit beruht. So werden beide Betätigungsformen von dem Berufsbegriff erfasst.76 Vor diesem Hintergrund erschöpft sich der Berufsbegriff nicht in überkommenen oder rechtlich fixierten Berufsbildern,77 sondern ist insoweit zukunftsgerichtet und damit entwicklungsoffen78. Mediation wird häufig nicht von hauptberuflichen Mediatoren, sondern überwiegend im Rahmen einer Zusatzqualifikation von Juristen oder Ange­ höriger der psychosozialen Berufe angeboten.79 Nicht selten greift ein Me­ diator auch auf die Fähigkeiten seines Grundberufs zurück, wenn beispiels­ weise eine Mediation eher rechtlich oder eher psychosozial ausgerichtet ist.80 Dennoch ist nicht zu bestreiten, dass Mediation auch in diesen Fällen als Dienstleistung neben dem Grundberuf angeboten wird und so einen Teil zu dem jeweiligen Lebensunterhalt beiträgt. Auch der Gesetzgeber ist von der Eigenständigkeit ebendieser Leistung ausgegangen. Das zeigt sich zum einen in den für Mediatoren allgemein aufgestellten Pflichten – Vertraulichkeit, Weiterbildung und andere.81 Eben­ so ist mit dem Mediationsgesetz das Berufsbild des zertifizierten Mediators eingeführt worden. Nach § 5 Abs. 2 MediationsG unterliegt nun der Begriff des zertifizierten Mediators den dort gestellten Anforderungen an Aus- und Fortbildung, die durch eine Rechtsverordnung, basierend auf § 6 Media­ tionsG, konkretisiert werden. Damit ist an der Qualifikation als Beruf nicht zu zweifeln. 75  Mann, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 12, Rdnr. 48; Nolte, in: Stern / Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, Art. 12, Rdnr.  14. 76  BVerfGE 7, 377 [398]. 77  Hufen, NJW 1994, 2913 [2915 f.]. 78  BVerfGE 30, 292 [334]. Vgl. Depenheuer, Freiheit des Berufs und Grundfrei­ heiten der Arbeit, in: Badura / Dreier (Hrsg.), Festschrift 50 Jahre Bundesverfas­ sungsgericht, S. 241 [251]. 79  Vgl. Rüstow, NJ 2008, 385 [386]. 80  Vgl. Spindler, DVBl. 2008, 1016 [1017 f.]; Rüstow, NJ 2008, 385 [386]. 81  Siehe oben, 2. Kapitel, A. III.

6. Kapitel

Grundrechtlicher Schutz vor öffentlicher Konkurrenz Bei den zuvor dargestellten Grundrechten der Mediatoren stand die Be­ rufsfreiheit bereits im Mittelpunkt. Auch bei der Frage nach dem Grund­ rechtsschutz vor öffentlicher Konkurrenz ist sie der Ausgangspunkt. Die Frage, ob die Berufsfreiheit vor öffentlicher Konkurrenz schützt, wurde bereits kurz nach Inkrafttreten des Grundgesetzes gestellt.1 In Hinblick auf die wirtschaftliche Tätigkeit der Gemeinden,2 den öffentlichen Rundfunk,3 die Energieversorgung,4 die gesetzliche Krankenversicherung5 – um nur einige zu nennen – ist diese Diskussion ausgiebig geführt worden. Der Kern dieser Streitigkeit ist die Frage, ob sich bereits am Markt teilnehmende Unternehmer vor dem Hinzutreten eines neuen, öffentlichen Konkurrenten schützen können oder ob sie im Fall eines bestehenden öffentlichen Mono­ pols den Zugang zu diesem Marktbereich erreichen können. Immer dann, wenn die öffentliche Hand – unabhängig von der Handlungsform – den Markt der Privaten beeinflusst hat, werden diese Fragen relevant. Auch in der Diskussion der Konkurrenz durch den Güterichter wurde dieser Punkt zumindest am Rand behandelt.6 Eine ausführliche Diskussion wurde jedoch nicht geführt. Häufig wurde bestritten, dass es sich bei der Tätigkeit des Güterichters um eine – aus Sicht des Marktes betrachtet – mediationsgleiche Tätigkeit handelt7 und sich Güterichter und Mediatoren in einem Wettbewerbsverhältnis befinden.8 Doch die beiden Verfahren sind sich so ähnlich, dass dieser Einwand nicht überzeugt.9 Das größte trennende Emmerich, AG 1985, 293 [293 ff.]. Die kommunale Wirtschaftstätigkeit. 3  Emmerich / Steiner, Möglichkeiten und Grenzen der wirtschaftlichen Betätigung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. 4  Scholz, Gemeindliche Gebietsreform und regionale Energieversorgung. 5  Isensee, Umverteilung durch Sozialversicherungsbeiträge. 6  So bei Plassmann, AnwBl 2011, 123 [124]. 7  BT-Drs. 17 / 8058, S. 17 f. Vgl. Henssler / Deckenbrock, DB 2012, 159 [161 f.]; Carl, ZKM 2012, 16 [17]. 8  Prütting, AnwBl 2012, 204 [207]. 9  Siehe oben, 3. Kapitel, C. 1  Vgl.

2  Hösch,



A. Zulässigkeit von öffentlicher Konkurrenz

145

Merkmal ist die Bezeichnung: „Güterichter“ auf der einen und „Mediator“ auf der anderen Seite. Diese vermeintlich klare Unterscheidung schließt jedoch nicht den ökonomischen Wettbewerb aus. Die konkreten Tätigkeiten, vor allem die Bewerbung derselben am Markt, sind nahezu identisch. Aus diesem Grund stellt sich im Folgenden die Frage, ob die Berufsfrei­ heit einen grundrechtlichen Schutz vor der Konkurrenz durch den Güterich­ ter bietet. Das erscheint zunächst zweifelhaft, denn bei den bereits geführten Diskussionen hat sich die Auslegung herausgebildet, die Berufsfreiheit schütze nicht vor Konkurrenz. Im Folgenden wird geklärt, ob diese Annah­ me zutreffend ist und wie weit sie reicht. Erst darauf folgend wäre zu be­ handeln, welche konkreten Anforderungen sich daraus für das Güterichter­ verfahren ergeben. Zuvor wird aber noch eine Diskussion aufgegriffen, die an die grundsätz­ liche Zulässigkeit von öffentlicher Wirtschaftstätigkeit und an das staatliche Eingriffen in den Markt anknüpft. Entgegen der herrschend angenommenen wirtschaftspolitischen Gestaltungskompetenz wurde und wird der Versuch unternommen, dem Grundgesetz das Bekenntnis zu einer bestimmten Wirt­ schaftsordnung zu entnehmen. Das wiederum hätte Auswirkungen auf die Zulässigkeit der staatlichen Wirtschaftstätigkeit. Auch das gegenteilige Er­ gebnis könnte für die Frage nach der Abwehr von staatlicher Konkurrenz durch die Berufsfreiheit bedeutsam sein. Denn wenn das Grundgesetz öf­ fentliche Konkurrenz grundsätzlich erlaubte, könnte sie grundrechtlich kaum angegriffen werden.

A.  Zulässigkeit von öffentlicher Konkurrenz Die grundsätzliche Zulässigkeit von öffentlicher Konkurrenz wird häufig aus der wirtschaftspolitischen Gestaltungskompetenz des Gesetzgebers ge­ folgert.10 So sei das Grundgesetz wirtschaftspolitisch offen und gebe dem Gesetzgeber entsprechende Kompetenzen an die Hand, die Wirtschaft zu ordnen, vgl. Art. 73 Nr. 5, Art. 74 Nr. 11, 16 GG. Auch aus der Kompe­ tenzeinräumung des Art. 15 S. 1 GG wird gefolgert, wenn eine Vergesell­ schaftung möglich sei, müsse erst recht die einem öffentlichen Zweck die­ nende staatliche Konkurrenz möglich sein. Unterstützend wird zudem ange­ führt, indem das Grundgesetz selbst öffentliche Bundesunternehmen aner­ kennt, sei eine wirtschaftliche Beeinträchtigung Privater hinzunehmen und könne nicht abgewehrt werden. Diese Argumente werden im Folgenden untersucht. 10  Pieroth / Hartmann,

DVBl. 2002, 421 [426].

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6. Kap.: Grundrechtlicher Schutz vor öffentlicher Konkurrenz

I.  Wirtschaftspolitische Offenheit und Gestaltungskompetenz Dem Staat wären Eingriffe in den und Beeinflussungen des Marktes nur unter erschwerten Bedingungen möglich, wenn sich dem Grundgesetz eine Entscheidung für ein liberales Wirtschaftssystem und damit für den Vorrang der Privatwirtschaft entnehmen ließe. Ihm käme unter dieser Bedingung nur eine beschränkte wirtschaftspolitische Gestaltungskompetenz zu. Anders als die Verfassung der Weimarer Republik, die mit den Art. 151 ff. ausdrückliche Bestimmungen zur Wirtschaftsverfassung enthielt,11 finden sich im Grundgesetz keine ausdrücklichen Bestimmungen dieser Art12. Dass das Grundgesetz dennoch eine Wirtschaftsverfassung13 sei, sich also für ein konkretes Wirtschaftssystem entschieden habe, ist in der Anfangszeit der Bundesrepublik vertreten worden.14 Zur Begründung dieser These wurden verschiedene Vorschriften des Grundgesetzes zueinander in Beziehung ge­ setzt, um schließlich eine Gesamtaussage zu treffen, die über die einzelnen Vorschriften hinausging. Der wichtigste Ausgangspunkt dieser Argumentation war Art. 2 Abs. 1 GG. Dieser garantiere in Form der allgemeinen Handlungsfreiheit ein We­ senselement der Marktwirtschaft, nämlich die freie wirtschaftliche Betäti­ gung. Auch wenn sie durch die verfassungsmäßige Rechtsordnung einge­ schränkt werden könne,15 bliebe es dabei, dass sie bei Eingriffen in die wirtschaftliche Entfaltungsfreiheit starke Zurückhaltung auferlege.16 Die durch Art. 9 Abs. 1 GG gewährleistete Koalitionsfreiheit sei zur Durchset­ zung von Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen unverzichtbar, ebenso wie die Garantie des Privateigentums und des Erbrechts in Art. 14 GG. Die Berufsfreiheit sei zudem für die meisten Menschen das wichtigste Recht zur 11  Vgl. Badura, Grundrechte und Wirtschaftsordnung, in: Merten / Papier (Hrsg.), HdGR  II, § 29, Rdnr.  2; Badura, Das Berufsrecht in der Rechtsprechung des Bun­ desverwaltungsgerichts, in: Schmidt-Aßmann / Sellner / Hirsch / Kemper / LehmannGrube (Hrsg.), Festgabe 50 Jahre Bundesverwaltungsgericht, S. 785 [786]; Berg, GewArch 1990, 225 [227]; BVerfGE 50, 290 [336 f., 362]. 12  Vgl. demgegenüber Art. 9 der Verfassung der Deutschen Demokratischen Re­ publik vom 6.  April 1968, wie auch in der Fassung vom 7.  Oktober 1974. Dazu Brunner, Das Staatsrecht der Deutschen Demokratischen Republik, in: Isensee /  Kirchhof (Hrsg.), HdStR  I, § 11, Rdnr.  32 ff. 13  Zu dieser und zum Folgenden auch Di Fabio, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz Kommentar, Band I, Art. 2 Abs. 1, Rdnr.  76. 14  Nipperdey, Wirtschaftsverfassung und Bundesverfassungsgericht, S. 12 ff. Vgl. Sodan, DÖV 2000, 361 [362 f.]. 15  BVerfGE 6, 32 [37 f.]. 16  Nipperdey, Wirtschaftsverfassung und Bundesverfassungsgericht, S. 13.



A. Zulässigkeit von öffentlicher Konkurrenz147

Teilhabe am Markt, indem sie ihre Arbeitskraft anbieten könnten und Ein­ griffe nur unter den hohen Anforderungen der Dreistufentheorie17 möglich seien. Deutlich werde das auch in der Rechtsprechung des Bundesverfas­ sungsgerichts, nach der ein Konkurrenzschutz einen Eingriff in die Berufs­ freiheit nicht rechtfertigen könne18. Schließlich stünden die Freiheitsrechte in Verbindung mit dem in Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 GG verbürgten Sozialstaatsprinzip, welches sie in eine gemeinschaftliche Ordnung einbette. Aus diesen genannten Einzelvorschriften wurde dann der Schluss gezogen, das Grundgesetz habe sich für die Soziale Marktwirtschaft als verbindliches System entschieden.19 Aus dieser hergeleiteten Entscheidung für ein bestimmtes Wirtschaftssys­ tem wurde sodann gefolgert, notwendige staatliche Eingriffe seien durch marktgerechte Maßnahmen im Rahmen der Wettbewerbswirtschaft vorzu­ nehmen. Erst wenn sich diese als nicht ausreichend erwiesen haben, seien Eingriffe auch anderer Art möglich – allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen:20 So könnten Grundrechte mit Gesetzesvorbehalt durch ver­ nünftige Erwägungen des Allgemeinwohls, solche ohne Vorbehalt nur durch den zwingenden Schutz besonders wichtiger Güter eingeschränkt werden. Neben der These, mit dem Grundgesetz sei die verbindliche Entscheidung für die Soziale Marktwirtschaft als Wirtschaftssystem getroffen worden, wurde das Grundgesetz auch im Sinn einer gemischten Wirtschaftsverfas­ sung interpretiert:21 Die Gewährleistungen der wirtschaftlichen Freiheit stünden der Sozialstaatlichkeit gegenüber. Beide Prinzipien seien gegenläu­ fig, aber dialektisch miteinander verbunden und wirkten aufeinander wech­ selbezüglich. Die Freiheitsprinzipien seien demnach vom Sozialstaatsprinzip durchdrungen, so wie das Sozialstaatsprinzip durch die gewährleistete Freiheit begrenzt sei.22 Schließlich wurde aus der historischen Zusammenschau der Weimarer Verfassung gefolgert, die sich ausdrücklich zu der Wirtschaftsordnung äu­ ßerte, dass die Entscheidung des Grundgesetzes gerade eine Nichtentschei­ dung sei.23 Diese erkannte Offenheit wurde dahin gehend verstanden, dass 17  Begründet

in BVerfGE 7, 377 [405 ff.]. Weiter dazu unten, 8. Kapitel, C. I. 1. 7, 377 [408]. 19  Nipperdey, Wirtschaftsverfassung und Bundesverfassungsgericht, S. 22, 25 f.; Nipperdey, Die soziale Marktwirtschaft in der Verfassung der Bundesrepublik, S. 3 ff. Vgl. Tettinger, DVBl. 1999, 679 [679 f.]. 20  Nipperdey, Wirtschaftsverfassung und Bundesverfassungsgericht, S. 23. 21  Huber, Ernst Rudolf, DÖV 1956, 97 [101]; v. Gamm, GRUR 1959, 303 [303 f.] in Anschluss an Huber, Ernst Rudolf, Wirtschaftsverwaltungsrecht I, S. 36 f. 22  Huber, Ernst Rudolf, DÖV 1956, 97 [101]. 23  Das Offenlassen dieses Punktes beruht nicht auf einer fehlerhaften Einschät­ zung, die Wirtschaft und deren Regelung sei für den Staat und die Verfassung un­ 18  BVerfGE

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6. Kap.: Grundrechtlicher Schutz vor öffentlicher Konkurrenz

die Wertneutralität in wirtschaftlicher Hinsicht auch jeden wirtschaftstheo­ retischen Monismus oder Purismus verbiete.24 Der grundsätzlichen Überzeugung der wirtschaftspolitischen Vorgaben durch das Grundgesetz ist das Bundesverfassungsgericht schon früh entge­ gengetreten.25 Das Grundgesetz enthält in der Tat keine ausdrücklichen wirt­ schaftspolitischen Vorgaben. Insoweit ist es zutreffend, von der wirtschafts­ politischen Offenheit zu sprechen.26 Das bedeutet jedoch nur, dass grundsätz­ lich jede, nach Einschätzung des Gesetzgebers zweckmäßige Wirtschaftspoli­ tik verfolgt werden kann.27 Grenzen der Wirtschaftspolitik finden sich wie bei allen Handlungen in den Vorgaben des Grundgesetzes, namentlich in den Grundrechten der Betroffenen.28 Einzig diese beschränken durch ihre Einzel­ gewährleistungen die Handlungen des Gesetzgebers.29 Der Versuch, aus ih­ wichtig, sondern auf den nicht miteinander zu vereinbarenden Ansichten der verfas­ sungsgebenden Kräfte, so Ossenbühl, Staat und Markt in der Verfassungsordnung, in: Murswiek / Storost / Wolff (Hrsg.), Festschrift Quaritsch, S. 235 [235 f.] mit Ver­ weis auf die ausführliche Darstellung von Kriele, ZRP 1974, 105 [105 ff.]. 24  Krüger, DVBl. 1951, 361 [363]. 25  BVerfGE 4, 7 [13 ff.]; BVerfGE 12, 354 [363]; BVerfGE 50, 290 [336 f.]. Vgl. Ossenbühl, Bestand und Erweiterung des Wirkungskreises der Deutschen Bundes­ post, S. 103 ff. 26  Battis, GewArch 1982, 145 [149]; Badura, Das Berufsrecht in der Rechtspre­ chung des Bundesverwaltungsgerichts, in: Schmidt-Aßmann / Sellner / Hirsch / Kem­ per / Lehmann-Grube (Hrsg.), Festgabe 50 Jahre Bundesverwaltungsgericht, S. 785 [786]; Berg, GewArch 1990, 225 [227]; Krölls, GewArch 1992, 281 [282 f.]; Stober, NJW 2002, 2357 [2361]; v. Arnim, Rechtsfragen der Privatisierung, S. 27 f.; Pielow, Grundstrukturen öffentlicher Versorgung, S. 471 ff. Die weit überwiegenden Stimmen, auch die gerade genannten, sprechen insoweit von der „wirtschaftspolitischen Neutralität“. Scholz, Grenzen staatlicher Aktivität unter der grundgesetzlichen Wirtschaftsverfassung, in: Duwendag (Hrsg.), Der Staatssektor in der sozialen Marktwirtschaft, S. 113 [117] weist zutreffend darauf hin, dass „Neutralität“ in diesem Zusammenhang nicht „Entscheidungsverbot“ be­ deutet. Deshalb ist besser von „wirtschaftspolitischer Offenheit“ zu sprechen. 27  So auch BVerfGE 14, 263 [275]; BVerfGE 30, 292 [317]; BVerfGE 39, 210 [225, 231]; BVerfGE 41, 378 [396]; BVerfGE 53, 135 [145]. Vgl. Hufen, NJW 1994, 2913 [2918]; Helm, Rechtspflicht zur Privatisierung, S. 161 ff. 28  BVerfGE 4, 7 [17 f.]; BVerfGE 50, 290 [337]. Battis, GewArch 1982, 145 [150]; Badura, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben und die Unternehmenszwecke bei der wirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand, in: v.  Münch (Hrsg.), Festschrift Schlochauer, S. 3 [21]; Brohm, NJW 1994, 281 [282]; Helm, Rechts­ pflicht zur Privatisierung, S. 132, 162; Spannowsky, ZGR 1996, 400 [405]; Brenner, Staatsaufgaben, in: Depenheuer / Grabenwarter (Hrsg.), Verfassungstheorie, § 12, Rdnr. 66. Vgl. Ossenbühl, AöR 115 (1990), 1 [2]; v. Arnim, Rechtsfragen der Priva­ tisierung, S. 28. 29  Vgl. Kämmerer, in: v. Münch / Kunig (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 12, Rdnr.  3. Vgl. auch Depenheuer, Eigentum, in: Merten / Papier (Hrsg.), HdGR  V, § 111, Rdnr.  22; Sodan, DÖV 2000, 361 [363 ff.]; Schmidt-Leithoff, Gemeindewirt­



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nen ein größeres System zu entwickeln, das in der Gesamtheit mehr oder höhere Schranken bereithalten soll, ist zum einen unbestimmt und rechtsun­ klar, zum anderen schränkt es die freiheitlich-demokratischen Handlungs­ möglichkeiten30 so ein, dass von einer Marktherrschaft gesprochen werden könnte. Das ist in seiner weitreichenden Konsequenz abzulehnen. Die Diskussion um ein durch das Recht ausdrücklich vorgesehenes Wirt­ schaftssystem kam erneut auf, als mit dem Vertrag von Maastricht31 die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft zur Europäischen Gemeinschaft und insbesondere zu einer Wirtschaftsunion umgestaltet worden ist. Dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft32 wurden die Art. 3a, 102a hinzugefügt, die die Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Gemein­ schaft dem Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb verpflichtete. Durch den Vertrag von Amsterdam33 wurden diese Bestim­ mungen in Art. 4 und Art. 98 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft34 überführt. Der Vertrag von Nizza35 führte diesbezüglich zu keinen Änderungen.36 Nach der Umgestaltung der Europäischen Gemein­ schaft durch den Vertrag von Lissabon37 finden sich diese Regelungen in schaft im Wettbewerb, S. 275 f., die insoweit zutreffend annehmen, dass das Grund­ gesetz jedenfalls nicht für jedes Wirtschaftssystem offen ist. Vielmehr stehen die Grundrechte etwa der Einführung einer Zentralverwaltungswirtschaft entgegenste­ hen. Damit ist auch verständlich, dass sie davon ausgehen, das Grundgesetz sei keineswegs wirtschaftspolitisch neutral“. Ganz ähnlich auch Scholz, Grenzen staat­ licher Aktivität unter der grundgesetzlichen Wirtschaftsverfassung, in: Duwendag (Hrsg.), Der Staatssektor in der sozialen Marktwirtschaft, S. 113 [125]; Gersdorf, Öffentliche Unternehmen im Spannungsfeld zwischen Demokratie- und Wirtschaft­ lichkeitsprinzip, S. 495. 30  BVerfGE 50, 290 [336 ff.]. Vgl. Ehlers, JZ 1990, 1089 [1089]. 31  Vertrag über die Europäische Union, unterzeichnet zu Maastricht am 7. Februar 1992, ABl. C 191 vom 29.  Juli 1992. 32  Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, ABl. C 224 vom 31. August 1992, S. 6 ff. 33  Vertrag von Amsterdam zur Änderung des Vertrags über die Europäische Uni­ on, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften sowie einiger da­ mit zusammenhängender Rechtsakte, unterzeichnet in Amsterdam am 2.  Oktober 1997, ABl. C 340 vom 10.  November 1997. 34  Konsolidierte Fassung des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemein­ schaft, ABl. C 340 vom 10.  November 1997, S. 173 ff. 35  Vertrag von Nizza zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften sowie einiger damit zu­ sammenhängender Rechtsakte, ABl. C 80 vom 10.  März 2001. 36  Konsolidierte Fassung des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemein­ schaft, ABl. C 325 vom 24.  Dezember 2002, S. 33 ff. 37  Vertrag von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, unterzeichnet in Lissabon am 13.  Dezember 2007, ABl. C 306 vom 17.  Dezember 2007.

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6. Kap.: Grundrechtlicher Schutz vor öffentlicher Konkurrenz

Art. 119, Art. 120 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union.38 Aus diesen Bestimmungen wurde gefolgert, dass das Grundgesetz nun nicht mehr anders als im Sinn einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb ausgelegt werden könne.39 Der EuGH legte diese Bestimmun­ gen jedoch dahin gehend aus, dass sie den Mitgliedstaaten keine klaren und unbedingten Verpflichtungen auferlegten, sondern als Grundsätze der wirt­ schaftlichen Beurteilung der Mitgliedstaaten unterlägen.40 Dementsprechend lässt sich von einem Leitbild sprechen, das aber kein eigenständiger recht­ licher Maßstab ist.41 Es verbleibt damit ein erheblicher Spielraum für eine aktive Wirtschaftspolitik.42 Auch nichtmarktkonformer Eingriffe sind damit grundsätzlich möglich.43 Dementsprechend lässt sich festhalten, dass es dem Gesetzgeber möglich ist, aufgrund der ihm eingeräumten Kompetenzen auch mit nicht marktkon­ formen Mitteln in den Markt einzugreifen und seine öffentlichen Aufgaben zu erfüllen.44 Vor diesem Hintergrund ist staatliche Konkurrenz und damit die wirtschaftliche Betätigung grundsätzlich möglich.45 38  Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (Konsolidierte Fassung), ABl. C 326 vom 26.  Oktober 2012, S. 47 ff. 39  Ossenbühl, Staat und Markt in der Verfassungsordnung, in: Murswiek / Sto­ rost / Wolff (Hrsg.), Festschrift Quaritsch, S. 235 [238]; Sodan, DÖV 2000, 361 [367 f.]. Ebenso Heintzen, Rechtliche Grenzen und Vorgaben für eine wirtschaftliche Betätigung von Kommunen im Bereich der gewerblichen Gebäudereinigung, S. 49, der zudem anführt, Art. 1 Abs. 3 des Vertrags über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik (BGBl. II 1990, S. 537 ff.) gehöre mit der So­ zialen Marktwirtschaft als ausdrücklicher Grundlage zur materiellen Wirtschaftsver­ fassung Deutschlands. 40  EuGH, Urteil vom 3.  Oktober 2000 – C-9 / 99 – Slg. 2000, 8224 [8235, Rdnr.  25]. 41  Bandilla, in: Grabitz / Hilf / Nettesheim (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 119 AEUV, Rdnr.  23. 42  Vgl. Ehlers, JZ 1990, 1089 [1990]. 43  Häde, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / AEUV, Art. 119 AEUV, Rdnr.  9. 44  Di Fabio, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz Kommentar, Band I, Art. 2 Abs. 1, Rdnr.  89. In eine gegenteilige Richtung geht Scholz, Grenzen staatlicher Aktivität unter der grundgesetzlichen Wirtschaftsverfassung, in: Duwendag (Hrsg.), Der Staatssektor in der sozialen Marktwirtschaft, S. 113 [129], der annimmt, die Grund­ rechte stünden verfehlten makroökonomischen Lenkungsmaßnahmen entgegen. 45  Britz, NVwZ 2001, 380 [381]; Spindler, ZKM 2007, 79 [80]; Ehlers, Verwal­ tung in Privatrechtsform, S. 89; Manssen, in: v.  Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 12, Rdnr. 32, 83; v. Maydell / Scholz, Grenzen der Eigenwirtschaft gesetzlicher Krankenversicherungsträger, S. 104; Dickersbach, ­WiVerw 1983, 187 [196]; Stober, ZHR 145 (1981), 565 [569 f.]; Kirchhof, Paul,



A. Zulässigkeit von öffentlicher Konkurrenz

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Daraus lassen sich jedoch keine weiteren Schlüsse für die Frage nach dem Grundrechtsschutz vor öffentlicher Konkurrenz ziehen. Denn wenn auch die Handlungsform der öffentlichen Wirtschaftstätigkeit grundsätzlich zulässig ist, wird die Kompetenzausübung des Gesetzgebers oder des Staa­ tes allgemein durch die Grundrechte beschränkt.46 Eine Kompetenzaus­ übung, die sich von vornherein nicht an diesen messen lassen muss, eröffnet insoweit einen Bereich, der dem Prinzip nach der freien Verfügung des Staates überlassen wäre und von ihm frei gestaltet werden könnte.47 Ob das hier gerade der Fall ist, kann nur die Grundrechtsauslegung klären.

II.  Möglichkeit der Sozialisierung Dem Gesetzgeber eröffnet Art. 15 S. 1 GG die Möglichkeit, einzelne Wirtschaftsgüter zu sozialisieren. Obwohl diese Norm im Grundrechtsteil des Grundgesetzes ihren Niederschlag gefunden hat, ist sie eine Ermächti­ gung des Gesetzgebers.48 Er kann auf sie gestützt die dort genannten Ge­ genstände – Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel – ver­ gesellschaften. Die Vergesellschaftung soll der gesellschaftlichen Bedarfsde­ ckung oder anderen Gemeinwohlzielen dienen.49 Aus dieser Befugnis wird zuweilen gefolgert: Ist es dem Gesetzgeber möglich, ganze Wirtschaftszwei­ ge zu sozialisieren, so müsse auch staatliche Konkurrenz, die einem öffent­ Verwalten durch „mittelbares“ Einwirken, S. 359; Rüfner, Formen öffentlicher Ver­ waltung im Bereich der Wirtschaft, S. 212. 46  Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 101; Manssen, in: v.  Man­ goldt / Klein / Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 12, Rdnr. 32; Ossenbühl, Bestand und Erweiterung des Wirkungskreises der Deutschen Bundespost, S. 116 ff.; v.  Maydell / Scholz, Grenzen der Eigenwirtschaft gesetzlicher Krankenver­ sicherungsträger, S. 105; Battis, GewArch 1982, 145 [150]; Isensee, DB 1979, 145 [150]; Leisner, Sozialversicherung und Privatversicherung, S. 141; Grupp, Klaus, ZHR 140 (1976), 367 [379]; Pielow, Grundstrukturen öffentlicher Versorgung, S. 472; Scholz, Grenzen staatlicher Aktivität unter der grundgesetzlichen Wirtschafts­ verfassung, in: Duwendag (Hrsg.), Der Staatssektor in der sozialen Marktwirtschaft, S. 113 [120]. Vgl. Badura, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben und die Unternehmenszwecke bei der wirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand, in: v.  Münch (Hrsg.), Festschrift Schlochauer, S. 3 [20 ff.]; Scholz, Gemeindliche Gebietsreform und re­ gionale Energieversorgung, S. 73; Badura, ZHR 146 (1982), 448 [460]; Schmidt, Staatliche Verantwortung für die Wirtschaft, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR IV, § 92, Rdnr.  26; Piper, GRUR 1986, 574 [575]. 47  Vgl. auch Huber, Peter M., JZ 2003, 290 [292 f.]. 48  BVerfGE 12, 354 [363 f.]. Vgl. v. Arnim, Rechtsfragen der Privatisierung, S. 26 f. 49  Wendt, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 15, Rdnr.  5.

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6. Kap.: Grundrechtlicher Schutz vor öffentlicher Konkurrenz

lichen Zweck dient, als mildere Beeinträchtigung möglich sein.50 Die Be­ einträchtigung wirtschaftlicher Chancen durch staatlichen Wettbewerb könne demnach nicht grundsätzlich unzulässig sein.51 Doch schon die Aufzählung der vergesellschaftungsfähigen Güter macht deutlich, dass der Sozialisierung Grenzen gesetzt sind. So können gerade nur die ausdrücklich genannten Gegenstände vergesellschaftet werden. Ein­ zig der Begriff der „Produktionsmittel“ ließe sich über die zur Gewinnung und Herstellung wirtschaftlicher Erzeugnisse nötigen Betriebsmittel52 aus­ dehnen, etwa auf Banken und Versicherungen. Doch diese Erweiterung ist nicht mit der ausdrücklichen Nennung der anderen Gegenstände zu verein­ baren, die man sonst alle als Produktionsmittel im weiteren Sinne erfassen könnte.53 Neben den beschränkten Gegenständen, die einer Sozialisierung über­ haupt zugänglich sind, gibt es weitere Grenzen. So kann eine Vergesell­ schaftung nur aufgrund eines förmlichen Gesetzes erfolgen, welches durch den Verweis auf Art. 14 Abs. 3 S. 3 und S. 4 GG die Art und Höhe der Entschädigung festlegen muss. Zudem begrenzen die übrigen Grundrechte die Möglichkeit der Sozialisierung.54 Diese Anforderungen verdeutlichen, dass Sozialisierungen nur in dem vorgegebenen Rahmen zulässig sind:55 Die Gegenstände sind begrenzt und die Folgen mit einer entsprechenden Entschädigung zu kompensieren. Nun zu schlussfolgern, die öffentliche Konkurrenz beeinträchtige weniger als eine Sozialisierung, weshalb die engen Voraussetzungen des Art. 15 S. 1 GG nicht anzuwenden seien,56 ent­ kräftet das aus der Sozialisierungsbefugnis gezogene Argument. Zum einen kann sich die öffentliche Konkurrenz für den Einzelnen wie eine Vergesell­ schaftung auswirken. In diesem Fall wäre es einzig sachgerecht, die Recht­ 50  Pieroth / Hartmann, DVBl. 2002, 421 [426]; Bull, Die Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, S. 277 f. Ganz ähnlich auch Bettermann, Gewerbefreiheit der öffentli­ chen Hand, in: Berliner Festschrift Hirsch, S. 1 [16 f.]. Unklar, aber in diese Rich­ tung deutend Manssen, in: v.  Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 12, Rdnr.  83. 51  Bull, Die Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, S. 277 f. 52  Wendt, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 15, Rdnr.  9. 53  Wendt, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 15, Rdnr. 13; Kirchhof, Ferdinand, Tätigkeitsfelder der Deutschen Bundespost, S. 112; Stober, ZHR 145 (1981), 565 [570]. 54  Kämmerer, in: v.  Münch / Kunig (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 12, Rdnr.  3. 55  Dickersbach, WiVerw 1983, 187 [197]; Ossenbühl, Bestand und Erweiterung des Wirkungskreises der Deutschen Bundespost, S. 102; Krölls, GewArch 1992, 281 [282]. 56  Bull, Die Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, S. 278.



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mäßigkeitsvoraussetzungen der Vergesellschaftung anzuwenden.57 Zum an­ deren überzeugt es nicht, sich auf Art. 15 S. 1 GG als Befugnisnorm zu stützen, aber gleichzeitig deren Voraussetzungen zu modifizieren, zumal es sich bei der öffentlichen Konkurrenz um eine andere Maßnahme handelt als eine Sozialisierung58. Art. 15 S. 1 GG kann nach alledem nicht als Argument für eine Zulässig­ keit der öffentlichen Konkurrenz herangezogen werden.59 Ebenso kann die Norm auch nicht als Schranke der öffentlichen Konkurrenz herangezogen werden. Sie trifft gerade keine Aussage über die Zulässigkeit oder Unzuläs­ sigkeit des öffentlichen Wettbewerbs. Solche Grenzen können sich aber aus den Grundrechten ergeben.

III.  Anerkannte Bundesunternehmen Im Grundgesetz selbst finden sich einige Fälle der öffentlichen Wirt­ schaftstätigkeit.60 So wird in Art. 87e GG die Tätigkeit des Bundes auf dem Gebiet des Eisenbahnverkehrs anerkannt. Diese wird nach Art. 87e Abs. 3 GG in privat-wirtschaftlicher Form geführt. Die Umwandlung in die privatwirtschaftliche Form oblag nach Art. 143a GG ebenfalls dem Bund. Ähnlich liegt es beim Postwesen und der Telekommunikation, die nach Art. 87f GG ebenfalls durch den Bund wahrgenommen werden. Auch das früher bestan­ dene Sondervermögen „Deutsche Post“ war nach Art. 143b GG in private Unternehmen zu überführen. Art. 110 Abs. 1 GG enthält keine eine Kompetenz zur Errichtung oder dem Betrieb öffentlicher Unternehmen, erkennt diese aber dem Grunde nach an, indem es in Art. 110 Abs. 1 S. 1 GG Bundesbetriebe und Sondervermö­ gen gleichermaßen erwähnt. In gleicher Weise verhält es sich mit den Be­ 57  Rüfner, Formen öffentlicher Verwaltung im Bereich der Wirtschaft, S. 213; Dickersbach, WiVerw 1983, 187 [197]; Isensee, DB 1979, 145 [148]; Emmerich, Das Wirtschaftsrecht der öffentlichen Unternehmen, S. 119; Frentzel, Die gewerb­ liche Betätigung der öffentlichen Hand, S. 12; Püttner, Die öffentlichen Unterneh­ men, S. 102. 58  v. Arnim, Rechtsfragen der Privatisierung, S. 27; Schricker, Wirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand und unlauterer Wettbewerb, S. 28; Depenheuer, in: v. Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 15, Rdnr. 28 f. Vgl. Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 24. 59  Frentzel, Die gewerbliche Betätigung der öffentlichen Hand, S. 12; Dickersbach, WiVerw 1983, 187 [197]; Kirchhof, Ferdinand, Tätigkeitsfelder der Deutschen Bundespost, S. 112 f.; Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht. Allgemeiner Teil, S. 521 Vgl. Ossenbühl, Bestand und Erweiterung des Wirkungskreises der Deut­ schen Bundespost, S. 101 f. 60  Vgl. hierzu Weiß, Privatisierung und Staatsaufgaben, S. 249 ff.

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6. Kap.: Grundrechtlicher Schutz vor öffentlicher Konkurrenz

teiligungen an privaten Unternehmen des ehemaligen Landes Preußen, die nach Art. 135 Abs. 6 GG auf den Bund übergegangen sind. Diese kurze Zusammenfassung verdeutlicht, dass zum einen das Grund­ gesetz die vor seinem Inkrafttreten bestehenden Beteiligungen an privaten Unternehmen anerkennt, ebenso wie die wirtschaftliche Tätigkeit auf den genannten Gebieten.61 Diese Anerkennung garantiert jedoch weder den Be­ stand der dort genannten Unternehmen,62 noch kann daraus die generelle Zulässigkeit staatlichen Konkurrenzhandelns oder seiner Erweiterung gefol­ gert werden63. Denn zum einen handelt es sich um Vorschriften mit einem klar umrissenen Anwendungsbereich. Über diesen hinaus treffen sie keine Aussage und lassen sich nicht zu einem höheren System, welches größer ist als die Gesamtheit seiner Teile, zusammenfassen.64 Außerdem stellte eine solche Auffassung unausgesprochen das staatliche Handeln mit der grund­ rechtlichen Freiheitsausübung gleich. Staatliches Wirtschaftshandeln wäre davon ausgehend ohne entsprechende Kompetenzgrundlage auch außerhalb der in den Vorschriften genannten Bereiche zulässig. Das widerspricht je­ doch dem Grundverständnis staatlichen Handelns, das niemals ohne solche Grundlage zulässig ist.65

IV.  Ergebnis: Kein grundsätzliches Verbot öffentlicher Konkurrenz Dem Grundgesetz lässt sich kein Verbot öffentlicher Konkurrenz entneh­ men. Ihm liegt auch kein verpflichtendes wirtschaftspolitisches System zu­ grunde. Aber auch die gegenteiligen Argumente aus der Befugnis zur Sozialisie­ rung, die für die Zulässigkeit herangezogen worden sind, konnten nicht überzeugen. Denn diese Befugnis lässt nur die Vergesellschaftung von aus­ 61  Mann, JZ 2002, 819 [820]; Ronellenfitsch, Wirtschaftliche Betätigung des Staates, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR  III, 1. Auflage, § 84, Rdnr.  41. 62  Ronellenfitsch, Wirtschaftliche Betätigung des Staates, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR  III, 1. Auflage, § 84, Rdnr.  41. Vgl. Stober, Handbuch des Wirt­ schaftsverwaltungs- und Umweltrechts, § 45 IV 2, S. 581, der sich auf die fehlende Behandlung im Parlamentarischen Rat bezieht. 63  Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 23; Ronellenfitsch, Wirtschaft­ liche Betätigung des Staates, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR  III, 1. Auflage, § 84, Rdnr.  41 unter Verweis auf Isensee, DB 1979, 145 [147]; Dickersbach, Wi­ Verw 1983, 187 [197]; Krölls, GewArch 1992, 281 [282]; Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht. Allgemeiner Teil, S. 521. 64  Vgl. Krölls, GewArch 1992, 281 [282]. Vgl. dazu ähnlich die Diskussion um die Wirtschaftsverfassung, oben, 6. Kapitel, A. I. 65  Weiß, Privatisierung und Staatsaufgaben, S. 253 f.



B. Schutz vor öffentlicher Konkurrenz durch die Berufsfreiheit

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drücklich genannten Gütern zu. Ihr lässt sich keine Aussage zur öffentlichen Wirtschaftstätigkeit oder Konkurrenz entnehmen. Das gleiche gilt auch für die durch das Grundgesetz anerkannten Bundesunternehmen. Die für diese bedeutsamen Vorschriften machen über ihre Anwendungsbereiche hinaus keine Aussage. Aus der wirtschaftspolitischen Gestaltungskompetenz kann zwar die grundsätzliche Zulässigkeit von staatlicher Wirtschaftstätigkeit zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben gefolgert werden.66 Jedoch findet sie ihre Grenzen unter anderem in entgegenstehenden Grundrechten. Somit bleibt es dabei, dass für die gegebene Frage die Auslegung der Berufsfreiheit ausschlagge­ bend ist.

B.  Schutz vor öffentlicher Konkurrenz durch die Berufsfreiheit Die Auslegung der Berufsfreiheit wird zugleich den Hauptteil dieses Ka­ pitels bilden: nämlich die Frage, ob sie vor öffentlicher Konkurrenz schützt. Dazu wird die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts als Aus­ gangspunkt genommen. Es vertritt diesbezüglich die gefestigte Auffassung, dass Grundrechte nicht vor öffentlicher Konkurrenz schützten. Nach der Diskussion der dazu vorgebrachten Argumente wird die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu dieser Frage dargestellt. Abschließend wird der Gewährleistungsgehalt der Berufsfreiheit zur Beantwortung der aufge­ worfenen Frage herangezogen.

I.  Schutz vor öffentlicher Konkurrenz in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Als Anknüpfungspunkt in der Diskussion wird häufig die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts genommen. Das ist auch darauf zurückzu­ führen, dass das Bundesverwaltungsgericht bereits in den 1960er Jahren zur Frage des Konkurrenzschutzes vor der öffentlichen Hand Stellung bezogen hat.67 Auch in der Folgezeit gab es Entscheidungen, denen unterschiedlichen Konkurrenzformen – namentlich die Monopolstellung der öffentlichen Hand und öffentliche Konkurrenz unterhalb dieser Schwelle – zugrunde lagen. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wird vielfach auf den Satz reduziert, Art. 12 Abs. 1 GG schütze nicht vor Konkurrenz, auch nicht 66  Vgl. Grawert, Zuständigkeitsgrenzen der Kommunalwirtschaft, in: Grupp / Ro­ nellenfitsch (Hrsg.), Festschrift Blümel, S. 119 [125]. 67  BVerwGE 17, 306.

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6. Kap.: Grundrechtlicher Schutz vor öffentlicher Konkurrenz

vor dem Wettbewerb der öffentlichen Hand68. Aus dieser Aussage wird in der Rechtslehre zumeist gefolgert, das Bundesverwaltungsgericht gehe da­ von aus, der Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG sei in den Fällen von Konkurrenz durch die öffentliche Hand nicht eröffnet. Diese angenommene Schutzbereichsbeschränkung69 werde nur in Ausnahmefällen, wie einer Mo­ nopolstellung der öffentlichen Hand,70 durchbrochen. Doch betrachtet man die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eingehender, so kom­ men Zweifel daran auf, ob diese Deutung zutreffend ist.71 Zunächst verortete das Bundesverwaltungsgericht die Wettbewerbsfrei­ heit als eine Ausprägung der freien Entfaltung der Persönlichkeit bei Art. 2 GG.72 Es stellte fest, dass es sich im Fall der staatlichen Konkurrenz nicht mehr um den typischen Wettbewerb zweier Träger der Privatwirtschaft handele, sondern um die Auseinandersetzung zwischen einem privatwirt­ schaftlichen Unternehmen und einer staatlichen Instanz73. Ausgehend da­ von hielt es fest, dass den Wettbewerb regelnde Gesetze die Wettbewerbs­ freiheit nach Art. 2 GG beschränken könnten und dass Eingriffe in diese grundsätzlich möglich seien.74 Daraufhin prüfte das Bundesverwaltungsge­ richt, ob das in Rede stehende Gesetz, das zur Zulassung einer öffentlichrechtlichen Versicherung und damit zur Konkurrenz zu privaten Versiche­ rungsunternehmen führte, ebendiese Wettbewerbsfreiheit verletzt hatte.75 Schließlich wog es in diesem gezogenen Rahmen die Interessen der Betei­ ligten gegeneinander ab. 68  So

BVerwGE 39, 329 [336]. etwa von Pieroth / Hartmann, DVBl. 2002, 421 [423]; Badura, Das Berufs­ recht in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, in: Schmidt-Aßmann /  Sellner / Hirsch / Kemper / Lehmann-Grube (Hrsg.), Festgabe 50 Jahre Bundesverwal­ tungsgericht, S. 785 [791 f.]; Schneider, Jens-Peter, DVBl. 2000, 1250 [1255]; Selmer, Wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand und Unternehmergrundrechte, in: Stober / Vogel (Hrsg.), Wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand, S. 75 [80]. Vgl. Badura, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben und die Unternehmenszwe­ cke bei der wirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand, in: v. Münch (Hrsg.), Festschrift Schlochauer, S. 3 [19 ff.]. Vgl. auch Cremer, DÖV 2003, 921 [925]; Braun, SächsVbl. 2009, 201 [201 ff.]; Weiß, Privatisierung und Staatsaufgaben, S. 255; Emmerich, AG 1985, 293 [296]; Lerche / v.  Pestalozza, Die Deutsche Bun­ despost als Wettbewerber, S. 111 ff.; Scholz, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz Kom­ mentar, Band 2, Art. 12, Rdnr.  412; OVG LSA, NVwZ-RR 2009, 347 [348]. Mann, JZ 2002, 819 [824] nennt es eine „rigide Verweigerungshaltung der Ver­ waltungsgerichte“. 70  Vgl. etwa BVerwG, DÖV 1970, 823 [825]. 71  Vgl. dazu auch Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 102 ff. 72  BVerwGE 17, 306 [309]. 73  BVerwGE 17, 306 [308]. Vgl. oben, 5. Kapitel, A. I. 74  BVerwGE 17, 306 [309]. 75  BVerwGE 17, 306 [309, 311]. 69  So



B. Schutz vor öffentlicher Konkurrenz durch die Berufsfreiheit

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Auch bei der in dieser Entscheidung angesprochenen Berufsfreiheit nach Art. 12 GG stellte das Bundesverwaltungsgericht die Möglichkeit der Be­ schränkung durch Gesetz fest, soweit dieses auf „vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls“ beruhe76. In Folge übertrug es die bereits zu Art. 2 GG erwogenen Rechtfertigungsgründe und kam für den konkreten Fall zu dem Schluss, die Berufsfreiheit sei nicht angetastet worden.77 Diese Auffächerung der Entscheidungsgründe macht deutlich, dass das Bundesverwaltungsgericht den Schutzbereich des Art. 2 und des Art. 12 GG sehr wohl für einschlägig und durch die staatliche Konkurrenz als betroffen erachtet hat. Denn anderenfalls wäre die sich anschließende Aus­ einandersetzung mit der Frage der grundrechtlichen Schranken und der Rechtfertigung der Beeinträchtigung vor der grundrechtlichen Theorie nicht zu erklären.78 Darauf folgend nahm das Bundesverwaltungsgericht für die Mono­po­li­ sierung einer Tätigkeit durch die öffentliche Hand unstreitig eine Schutz­ bereichseröffnung an. Dabei stellte es nicht mehr auf die vormals aus Art. 2 GG gefolgerte Wettbewerbsfreiheit ab, sondern auf die durch Art. 12 GG gewährleistete Berufsfreiheit.79 Für diese bedeute die Monopolisierung einer beruflichen Tätigkeit den Ausschluss einer entsprechenden konkurrie­ renden freigewerblichen Betätigung und damit eine Einschränkung der Be­ rufsfreiheit.80 Mehr noch, die Monopolisierung einer ihrer Art nach nicht ausschließlich der öffentlichen Hand vorbehaltenen Tätigkeit zugunsten derselben bedeute eine Berufswahlsperre. Der in diesem Fall angegriffene Benutzungszwang sei demnach nur zulässig, wenn das „zur Abwehr von Gefahren, von denen ein Gemeinschaftsgut bedroht ist, unentbehrlich erscheint“.81 Anschließend an diese Rechtsprechung betonte das Bundesverwaltungs­ gericht abermals, dass eine Monopolstellung der öffentlichen Hand jeden­ falls an Art. 12 Abs. 1 GG zu messen sei, allerdings durch einen entspre­ chenden öffentlichen Zweck gerechtfertigt werden könne.82 Ob im entschie­ 76  BVerwGE

17, 306 [313]. Ossenbühl, Bestand und Erweiterung des Wirkungskreises der Deutschen Bundespost, S. 114. 78  So auch Ossenbühl, Bestand und Erweiterung des Wirkungskreises der Deut­ schen Bundespost, S. 117; Isensee, Umverteilung durch Sozialversicherungsbeiträge, S. 72; Schmittat, ZHR 148 (1984), 428 [453]; Erichsen, Gemeinde und Private im wirtschaftlichen Wettbewerb, S. 29. 79  BVerwG, DÖV 1970, 823 [824]. 80  BVerwG, DÖV 1970, 823 [824]. 81  BVerwG, DÖV 1970, 823 [825]. 82  BVerwGE 39, 329 [334]. 77  Vgl.

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6. Kap.: Grundrechtlicher Schutz vor öffentlicher Konkurrenz

denen Fall der angenommene Wunsch der Bevölkerung nach einem Ver­ tragsschluss mit der Gemeinde ein solcher rechtfertigender öffentlicher Zweck83 ist, kann jedoch hinterfragt werden.84 Für die einfache, nicht monopolistische Konkurrenz durch die öffentliche Hand änderte das Bundesverwaltungsgericht folgend seine Auffassung und nahm an, Art. 12 Abs. 1 GG schütze nicht vor Konkurrenz, auch nicht vor dem Wettbewerb der öffentlichen Hand85. Denn die staatliche Konkurrenz vermindere durch die Teilnahme am Wettbewerb lediglich die Erwerbschan­ cen anderer Unternehmen, was eine natürliche Folge jeden Wettbewerbs sei.86 Die zunächst eindeutig formulierte Feststellung muss jedoch in Zwei­ fel gezogen werden, wenn das Bundesverwaltungsgericht wenige Zeilen später ausführt, die Wettbewerbsfreiheit könne durch die staatliche Konkur­ renz nicht „verletzt“ werden. Mehr noch, die in Rede stehende wirtschaft­ liche Betätigung sei „durch öffentliche Zwecke gerechtfertigt“87. Die Ablehnung einer Grundrechtsverletzung und die Annahme einer Rechtfertigung sind nur dann nachzuvollziehen, wenn der Schutzbereich der Berufsfreiheit unausgesprochen als eröffnet unterstellt wird. Eine weitere Interpretation dieser Ausführungen ist, dass es sich um nur unterstützende, nicht tragende Argumente handeln könnte. Diese Erwägungen könnten an die Adressaten gerichtet sein, die anders als das Bundesverwaltungsgericht eine Schutzbereichseröffnung annehmen. Eine andere Einordnung lässt sich dahin gehend treffen, dass die Feststellung, Art. 12 Abs. 1 GG schütze nicht vor Konkurrenz, nur das Ergebnis einer grundrechtlichen Abwägung dar­ stellt. Der Bezugspunkt wäre dann nicht der Schutzbereich, sondern das Abwägungsergebnis im entschiedenen Fall. Diese theoretische Unklarheit wurde in der folgenden Rechtsprechung weitergeführt, in der abermals ein Schutz vor staatlicher Konkurrenz durch Art. 12 Abs. 1 GG abgelehnt und dennoch auf die Rechtfertigung durch öffentliche Zwecke verwiesen wurde.88 Zugleich wurden aber auch die Fall­ gruppen, in denen jedenfalls ein Schutz durch Art. 12 Abs. 1 GG angenom­ men werden muss, erweitert. Der bereits erwähnten Monopolisierung wur­ den die Fallgruppen des Verdrängungswettbewerbs und der Auszehrung der privaten Konkurrenten hinzugefügt.89 83  BVerwGE

39, 329 [335]. unten, 6. Kapitel B. IV. 85  BVerwGE 39, 329 [336]. 86  BVerwGE 39, 329 [337]. 87  BVerwGE 39, 329 [337]. 88  BVerwG, NJW 1978, S. 1539 [1540]. 89  BVerwG, NJW 1978, S. 1539 [1540]. 84  Siehe



B. Schutz vor öffentlicher Konkurrenz durch die Berufsfreiheit

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In der Folgerechtsprechung verzichtete das Bundesverwaltungsgericht auf eine Auseinandersetzung mit der Frage nach einem Eingriff, der Abwägung und der Rechtfertigung desselben. Es führte aus, dass Art. 12 GG vor be­ rufs- und gewerbespezifischen Eingriffen schütze, nicht aber vor einem hoheitlichen Handeln, das allenfalls Konkurrenten einen Wettbewerbsvor­ sprung verschaffe90. Die dabei in Bezug genommene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts91 unterstützte indes nur den Teilaspekt, dass Eingriffe berufsspezifisch sein, mithin eine objektiv berufsregelnde Tendenz aufweisen müssten.92 Der andere Teilaspekt dieser Feststellung, die Berufs­ freiheit schütze nicht vor hoheitlichem Handeln, das allenfalls Konkurrenten einen Wettbewerbsvorsprung verschaffe, lässt sich dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht entnehmen. Zudem handelt es sich bei dem Sachverhalt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts um den Son­ derfall einer Konkurrenz unter Privaten, die durch staatliches Handeln, na­ mentlich die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung, verschärft wird. Inso­ weit passt die genannte Feststellung zum Fall der staatlichen Konkurrenz nicht. Denn sie bezieht sich auf die durch den Staat unterstützte, grund­ rechtliche Betätigung eines Privaten, der dadurch – möglicherweise – einen anderen Privaten einschränkt. Eine Übertragung der so zwischen Privaten angenommenen Schutzbe­ reichsbeschränkung auf das Verhältnis von Staat zu Privat setzt voraus, dass beide Fälle gleichzubehandeln sind. Das wird im weiteren Verlauf noch zu untersuchen sein. Es lässt sich festhalten, dass das Bundesverwaltungsge­ richt zunächst nicht von der Identität oder Vergleichbarkeit dieser beiden Fallgestaltungen ausgegangen ist.93 Erst durch die weitergehende Feststel­ lung, die Berufsfreiheit schütze auch nicht vor dem Wettbewerb der öffent­ lichen Hand94, wurde die Möglichkeit der Gleichsetzung von staatlicher und privater Konkurrenz unausgesprochen vorausgesetzt.95 Den vorläufigen Endpunkt findet die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu dieser Frage in der Zusammenfassung, dass sich der Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG nicht auf die Konkurrenz der öffentlichen Hand 90  BVerwGE 65, 167 [173]. Vgl. Ossenbühl, Bestand und Erweiterung des Wir­ kungskreises der Deutschen Bundespost, S. 115. 91  BVerfGE 42, 374 [384 f.]. 92  Der weitere Kritikpunkt, dass es sich in der Entscheidung des Bundesverfas­ sungsgerichts um eine konkurrierende Grundrechtsausübung handelt, mithin nicht um staatliche Konkurrenz, wird folgend aufgegriffen. Hierzu Ossenbühl, Bestand und Erweiterung des Wirkungskreises der Deutschen Bundespost, S. 115 f. 93  BVerwGE 17, 306 [308]. 94  So BVerwGE 39, 329 [336]. 95  Vgl. Gleske, Wettbewerb öffentlicher und privater Kreditinstitute in Deutsch­ land, S. 169 ff.

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6. Kap.: Grundrechtlicher Schutz vor öffentlicher Konkurrenz

erstrecke,96 außer es liege eine unerlaubte Monopolstellung, eine unerträg­ liche Einschränkung der privaten Unternehmer oder eine unzumutbare Schädigung derselben vor.97 Die dargestellte Rechtsprechung lässt erkennen, dass das Bundesverwal­ tungsgericht zunächst von der Schutzbereichseröffnung in den Fällen staat­ licher Konkurrenz ausgegangen ist.98 Erst in der Folgezeit entwickelte sich die Rechtsprechung dahin gehend, eine Schutzbereichseröffnung zu vernei­ nen, wobei dennoch die darauf folgenden Prüfungspunkte der Rechtferti­ gung und der Abwägung angesprochen worden sind. Das derzeitige Ende dieser Rechtsprechungslinie ist es, dass die Schutzbereichseröffnung für jede Form von Konkurrenz, gleich ob staatlich oder privat, abgelehnt wird, es sei denn, eine der angesprochenen Fallgruppen liegt vor.99 Diese Zusammenfassung verdeutlicht, dass die ältere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts der Annahme einer Schutzbereichsbeschränkung widerspricht. Erst in der folgenden Zeit hat sich die Ablehnung des Schut­ zes vor öffentlicher Konkurrenz herausgebildet. Bemerkenswert ist auch, dass sich in Entscheidungen, die häufig als diesbezüglich eindeutig einge­ ordnet werden, Elemente finden, die gegen eine Schutzbereichsbeschrän­ kung sprechen.

II.  Theorie des engen Gewährleistungsgehalts der Berufsfreiheit Die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts geben kaum Hinwei­ se auf die Herleitung der dargestellten Auffassung. Das Schrifttum hat den Versuch unternommen, eine entsprechende theoretische Grundlage entweder zu bereiten oder zu entziehen. Unterstützung und Ablehnung sind gleicher­ maßen vertreten. Sowohl die unterstützenden wie auch die ablehnenden 96  Vgl. für den ähnlich gelagerten Fall des Art. 14 Abs. 1 GG: BGHZ 65, 241 [244 f.]. 97  BVerwG, NJW 1995, 2938 [2939]. 98  Der Umstand, dass die Wettbewerbsfreiheit zunächst bei Art. 2 GG verortet worden ist, macht in der Selbsteinordnung des Bundesverwaltungsgerichts keinen Unterschied, BVerwGE 71, 183 [189]. In der Folge finden sich zudem immer wieder Entscheidungen, die den Schutz der Berufsfreiheit auf die Berufswahl verengen und die Teilnahme am Wettbewerb, mithin die Berufsausübung, durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistet sehen, BVerwGE 60, 154 [160 f.]. 99  Demgegenüber wird der Rechtsschutz vor öffentlicher Konkurrenz heute häu­ fig zivilrechtlich, d. h. unter Rückgriff auf das UWG gewährt, vgl. Piper, GRUR 1986, 574 [575 ff.]. Dazu kritisch Faßbender, Karl-Josef, DÖV 2005, 89 [91].



B. Schutz vor öffentlicher Konkurrenz durch die Berufsfreiheit161

Auseinandersetzungen nehmen die allgemeine Grundrechtslehre als Aus­ gangspunkt. Die Bestimmung des grundrechtlichen Schutzgehaltes ist eine der wich­ tigsten Aufgaben der Grundrechtstheorie.100 Grundrechte bieten nur einen bestimmten, nicht allumfassenden Schutz vor Handlungsbeeinträchtigungen. Die Vertreter der Ablehnung eines Konkurrenzschutzes gehen in der Regel von einem engen Gewährleistungsgehalt der Grundrechte101 aus, wohinge­ gen die Befürworter eine weite Schutzbereichsbestimmung vornehmen. Vorweggenommen sei, dass es sich bei Gewährleistungsgehalt und Schutz­ bereich nicht, wie die sprachliche Unterscheidung nahe legen würde, um zwei grundverschiedene Ansätze handelt. Vielmehr werden die gleichen Auslegungsschritte vollzogen, einzig mit verschiedenen Ergebnissen. Die klassische Schutzbereichsbestimmung orientiert sich an dem im Grund­ gesetz vorgegebenen grundrechtlichen Begriff und definiert diesen. So ge­ langt sie zu einer Umschreibung des Schutzbereiches, unter den sie den zu prüfenden Lebenssachverhalt subsumieren kann. Wird dieser von den gebilde­ ten Begriffen erfasst, so ist der Schutzbereich eröffnet. Einzig ausdrückliche Schutzbereichsausnahmen können noch dazu führen, dass der grundrechtliche Schutz auf den konkreten Sachverhalt keine Anwendung mehr findet. Ist der Lebenssachverhalt vom Schutzbereich des Grundrechts erfasst, so folgt darauf die Frage nach dem Eingriff, also ob diese grundrechtliche Freiheit rechtlich oder tatsächlich verkürzt worden ist. Ist auch das der Fall, so folgt die Bestimmung der Schranken. Denn in einer Gemeinschaft kann die grundrechtliche Freiheit nicht grenzenlos gewährleistet sein, anderen­ falls fiele die Gesellschaft in den Hobbesschen Naturzustand102 zurück. Die Freiheit des Einzelnen würde zur Bedrohung der Freiheit der Anderen. 100  Vgl. Murswiek, Der Staat 45 (2006), 473 [473 f.]; Böckenförde, NJW 1974, 1529 [1530 ff.]. 101  Kahl, Der Staat 43 (2004), 167 [173 f.]. Vertreter des engen Gewährleistungs­ gehalts sind etwa Wahl, UTR 14 (1991), 7 [31 ff.]; Volkmann, Uwe, JZ 2005, 261 [264, 265 ff.]; Hoffmann-Riem, Der Staat 43 (2004), 203 [226 ff.]; Hoffmann-Riem, Enge oder weite Gewährleistungsgehalte der Grundrechte?, in: Bäuerle / Hane­ beck / Hausotter / Mayer / Mohr / Mors / Preedy / Wallrabenstein (Hrsg.), Haben wir wirk­ lich Recht?, S. 53 [55 ff., 72]. Ob allerdings der von Böckenförde, Der Staat 42 (2003), 167 [177] angeführte Verweis auf v.  Mangoldt / Klein, Das Bonner Grundge­ setz, 1. Band, 2. Auflage, S. 122 in diese Richtung geht, muss bezweifelt werden. Denn bei der Bestimmung der „immanenten sachlichen Gewährleistungsschranken“ wird nur der „Begriff des gewährleisteten Objekts“ bestimmt, S. 124 f. Ebenso knüp­ fen die „immanenten persönlichen Gewährleistungsschranken“ beispielsweise nur an die deutsche Staatsangehörigkeit an, S. 127. Ein Bezug auf einen engen Gewährleis­ tungsgehalt lässt sich daraus nicht ableiten. 102  Hobbes, Leviathan, Übers. Mayer, Erster Teil, Vierzehntes Kapitel, Von den beiden ersten natürlichen Gesetzen und den Verträgen.

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6. Kap.: Grundrechtlicher Schutz vor öffentlicher Konkurrenz

Grundrechtliche Freiheit unterliegt somit den im Grundgesetz vorgesehenen oder von diesem vorausgesetzten Schranken. Als Schranken werden neben den ausdrücklich genannten Gesetzesvorbe­ halten auch mit Verfassungsrang ausgestattete Rechtsgüter gefasst. Gerade die vorbehaltlos gewährleisteten Grundrechte werden auf diese Weise in die Gemeinschaft der Grundrechtsträger eingebettet. Werden aber aus Organisa­ tions- und Kompetenztiteln des Grundgesetzes solche Verfassungswerte herausgearbeitet,103 besteht die Gefahr, die soeben weit gefasste Freiheit all­ zu leicht zu beschränken – dem Freiheitsschutz wäre damit faktisch nicht geholfen.104 Auf dieser Grundlage führt die Theorie des Gewährleistungsgehalts eine Ebene nach der Umschreibung des Anknüpfungsgegenstandes und vor der Ebene der Schranken ein.105 Sie versucht dort zu umschreiben, welchen In­ halt und welchen Umfang die grundrechtliche Gewährleistung hat. Dabei be­ schränkt sie den grundrechtlichen Schutz häufig auf einen Kernbereich106 des grundrechtlichen Gegenstandes. Der über diesen Kernbereich hinausgehende Anteil wird dann nicht mehr von dem speziellen Grundrecht erfasst, sondern auf einen Schutz durch die allgemeine Handlungsfreiheit verwiesen107. Das kann als Reaktion auf einen sich ausweitenden Grundrechtsschutz verstanden werden.108 103  Vgl. etwa die Einschränkung der Glaubens- und Gewissensfreiheit auf Grund der aus Art. 12a, 73 Nr. 1, 87a und 115b gefolgerten Grundentscheidung für wirksame Lan­ desverteidigung, BVerfGE 69, 1 [21 f.] oder die Einschränkung der Meinungsfreiheit durch ein nicht allgemeines Gesetz, welches aber der Entstehung des Grundgesetzes als Gegenentwurf zu der nationalsozialistischen Herrschaft Rechnung trägt, BVerfGE 124, 300 [327 ff.]. Vgl. insoweit Hillgruber, Selbstbestimmung und Fremdbestimmung, in: Depenheuer / Heintzen / Jestaedt / Axer (Hrsg.), Festschrift Isensee, S. 561 [567 ff.]. 104  So die weite Tatbestandslehre kritisierend Böckenförde, Der Staat 42 (2003), 165 [168 ff.]. Vgl. Volkmann, Uwe, JZ 2005, 261 [261]; Murswiek, Der Staat 45 (2006), 473 [476 f.]. 105  Wahl, UTR 14 (1991), 7 [33]; Volkmann, Uwe, JZ 2005, 261 [265 f.]; Böckenförde, Der Staat 42 (2003), 165 [174 ff.]. Vgl. Peine, Der Grundrechtseingriff, in: Mer­ ten / Papier (Hrsg.), HdGR III, § 57, Rdnr. 47; Kahl, Der Staat 43 (2004), 167 [177 f.]; Murswiek, Der Staat 45 (2006), 473 [481 ff.]; Kahl, AöR 131 (2006), 579 [605 ff.]. 106  Kahl, Der Staat 43 (2004), 167 [182]. Vgl. Wahl, UTR 14 (1991), 7 [34] für die Wissenschaftsfreiheit. Vgl. Böckenförde, Der Staat 42 (2003), 165 [178 ff.] für zudem die Gewissens- und Religionsfreiheit. Vgl. auch Murswiek, Der Staat 45 (2006), 473 [483]; Rixen, Sozialrecht als öffentliches Wirtschaftsrecht, S. 240 ff. 107  Wahl, UTR 14 (1991), 7 [35] spricht von der Maßgabe der allgemeinen Rechtsordnung. Anders jedoch BVerfGE 105, 252 [279], wo die Anwendung der allgemeinen Handlungsfreiheit ebenso wie die der einschlägigen Berufsfreiheit ab­ gelehnt worden ist. Vgl. dazu Kahl, AöR 131 (2006), 579 [611 ff.]. 108  Peine, Der Grundrechtseingriff, in: Merten / Papier (Hrsg.), HdGR  III, § 57, Rdnr.  42 ff.



B. Schutz vor öffentlicher Konkurrenz durch die Berufsfreiheit163

Wendet man die Theorie des Gewährleistungsgehalts auf die Berufsfrei­ heit an,109 so ist zunächst der Gegenstand des Grundrechts zu bestimmen, mithin der Berufsbegriff zu definieren. Das ist für den vorliegenden Fall unproblematisch. Die darauf folgende Bestimmung des Gewährleistungsge­ halts der Berufsfreiheit wird zur theoretischen Begründung der neueren Bundesverwaltungsgerichtsrechtsprechung: Dieser umfasse nur die Freiheit zu, aber nicht von Wettbewerb, gleich, ob er privat oder öffentlich bedingt sei.110 109  Pieroth / Hartmann,

DVBl. 2002, 421 [425 ff.]. in: v.  Münch / Kunig (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 12, Rdnr.  3, 50; Papier, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz Kommentar, Band 2, Art. 14, Rdnr.  233; Wieland, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 12, Rdnr.  62, 64, 74; Dickersbach, WiVerw 1983, 187 [208 f.]; Kämmerer, Privatisierung, S. 222; Huber, Peter M., Konkurrenzschutz im Verwaltungsrecht, S. 317; Badura, Die Er­ füllung öffentlicher Aufgaben und die Unternehmenszwecke bei der wirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand, in: v. Münch (Hrsg.), Festschrift Schlochauer, S. 3 [20 ff.]; Scholz, Öffentliche und Privatversicherung unter der grundgesetzlichen Wirt­ schafts- und Solidarverfassung, in: Baumann / Schirmer / Schmidt (Hrsg.), Festschrift Sieg, S. 507 [522]; Scholz, Gemeindliche Gebietsreform und regionale Energiever­ sorgung, S. 75 f.; Badura, Die Wirtschaftstätigkeit der öffentlichen Hand und die neue Sicht des Gesetzesvorbehalts, in: Baur / Hopt / Mailänder (Hrsg.), Festschrift Steindorff, S. 835 [838 f.]; Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 97; Kirchhof, Ferdinand, Tätigkeitsfelder der Deutschen Bundespost, S. 104, 108; Depenheuer, Freiheit des Berufs und Grundfreiheiten der Arbeit, in: Badura / Dreier (Hrsg.), Fest­ schrift 50 Jahre Bundesverfassungsgericht, S. 241 [269]; Badura, ZHR 146 (1982), 448 [461]; Jarass / Pieroth, Grundgesetz Kommentar, Art. 12, Rdnr.  23; Otting, DVBl. 1997, 1258 [1260]; Moraing, WiVerw 1998, 233 [243]; Pieroth / Hartmann, DVBl. 2002, 421 [426]; Koehler, VR 2000, 44 [46]; Herzog, Der Staat 2 (1963), 399 [415]; Reidt, Eigenwirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand, in: Jarass, Wirtschaftsverwaltungsrecht, § 12, Rdnr.  31; Otting, Neues Steuerungsmodell und rechtliche Betätigungsräume der Kommunen, S. 155 ff.; Schricker, Wirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand und unlauterer Wettbewerb, S. 33; Gerke, Jura 1985, 349 [356 f.]. Auch Badura, Das Berufsrecht in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsge­ richts, in: Schmidt-Aßmann / Sellner / Hirsch / Kemper / Lehmann-Grube (Hrsg.), Fest­ gabe 50 Jahre Bundesverwaltungsgericht, S. 785 [792], der jedoch im darauf folgen­ den Absatz eine „wirtschaftslenkende Beeinträchtigung der Grundrechte privater Anbieter im Wege der Wettbewerbsbeeinflussung durch das unternehmerische Poten­ zial der öffentlichen Hand“ für möglich hält und diese auf die Grenzen durch die grundrechtliche Freiheit verweist. Ähnlich Helm, Rechtspflicht zur Privatisierung, S. 150, der eine Betroffenheit der Berufsfreiheit ablehnt, die der Wettbewerbsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG jedoch anerkennt. Manssen, in: v.  Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 12 Abs. 1, Rdnr.  83 geht auch davon aus, die Berufsfreiheit schütze grundsätz­ lich nicht vor öffentlicher Konkurrenz, was jedoch bei Manssen, Staatsrecht II, Rdnr.  611 zumindest nicht in dieser Deutlichkeit wiederholt wird. Ebenso Kluth, Öffentlich-rechtliche Zulässigkeit gewinnorientierter staatlicher kommunaler Tätigkeit, in: Stober / Vogel (Hrsg.), Wirtschaftliche Betätigung der öf­ 110  Kämmerer,

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6. Kap.: Grundrechtlicher Schutz vor öffentlicher Konkurrenz

Gestützt wird diese These auf eine Überlegung, die an einer konkurrie­ renden Grundrechtsausübung ansetzt: Die Berufsfreiheit ermögliche es je­ dem Einzelnen, am Wettbewerb durch Aufnahme einer entsprechenden Tä­ tigkeit teilzunehmen. Als Umkehrschluss müsse daraus gefolgert werden, die Berufsfreiheit könne nicht vor dem Hinzutreten eines neuen Wettbewer­ bers schützen,111 anderenfalls liefe die berufsfreiheitliche Gewährleistung der potenziellen Mitbewerber leer. Anschaulich wird formuliert, der Plural von Berufsfreiheit heiße Wettbewerb112. Ausnahmen von diesem Grundsatz würden nur für die genannten besonderen Fälle gelten, wie eben der Mono­ polstellung113. Stünde den Marktteilnehmern, die zeitlich früher ein Marktsegment be­ setzt haben, ein Ausschlussrecht der potenziellen Konkurrenten zu, würde die Berufsfreiheit dieser neuen Anbieter beschnitten. Sie müssten sich auf einen ungesättigten Marktbereich beschränken. Die Freiheit der nachkom­ menden Berufsausübenden würde sich immer weiter beschränken, bis schließlich keine Möglichkeit der Berufstätigkeit mehr bestünde. Das ließe den Zweck der Berufsfreiheit, es jedem Einzelnen durch Arbeit zu ermög­ lichen, ein ausreichendes Auskommen zu erzielen, leerlaufen.114 Im Fall der konkurrierenden Grundrechtsausübung muss der These zugestimmt werden, die Berufsfreiheit schütze die bereits tätigen Wettbewerber nicht vor einem Hinzutreten neuer Konkurrenten115.

fentlichen Hand, S. 23 [28], der sich diesbezüglich ausdrücklich auf „normale Marktbedingungen“ der wirtschaftlichen Tätigkeit bezieht. Ganz ähnlich auch Dolde, ZHR 166 (2002), 515 [519]. Ohne Bedenken auch Rüfner, Formen öffentlicher Ver­ waltung im Bereich der Wirtschaft, S. 214. Im Ergebnis auch Bull, Die Staatsaufga­ ben nach dem Grundgesetz, S. 281; Hellermann, Örtliche Daseinsvorsorge und ge­ meindliche Selbstverwaltung, S. 165. Vgl. Ramsauer, Die faktischen Beeinträchti­ gungen des Eigentums, S. 170. 111  Pieroth / Hartmann, DVBl. 2002, 421 [425 f.]. 112  Hufen, NJW 1994, 2913 [2915]. 113  Badura, Das Berufsrecht in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsge­ richts, in: Schmidt-Aßmann / Sellner / Hirsch / Kemper / Lehmann-Grube (Hrsg.), Fest­ gabe 50 Jahre Bundesverwaltungsgericht, S. 785 [791 f.]. Vgl. Pieroth / Hartmann, DVBl. 2002, 421 [426 f.]; Badura, Staatsrecht, Abschnitt D, Rdnr.  97, S. 420. Emmerich, Das Wirtschaftsrecht der öffentlichen Unternehmen, S. 115 lehnt die Betrof­ fenheit der Berufsfreiheit außerhalb von Monopolen wegen fehlender Fiskalgeltung derselben ab. Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 12, Rdnr.  22 sieht einen Grundrechtsschutz auf nicht durch einen dringenden öffentlichen Zweck gerechtfer­ tigte Betätigungen beschränkt, ebenso Stober, ZHR 145 (1981), 565 [579]. 114  Vgl. oben 5. Kapitel, D. II. 115  BVerfGE 34, 252 [256]; 55, 261 [269]; Bethge, Grundrechtskollisionen, in: Merten / Papier (Hrsg.), HdGR  III, § 72, Rdnr.  37; Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 159.



B. Schutz vor öffentlicher Konkurrenz durch die Berufsfreiheit

165

III.  Unterscheidung von Staat und Gesellschaft Bei der bisher angestellten Überlegung handelt es sich um einen Fall der privaten Konkurrenz gegenüber privaten Marktteilnehmern. Dem liegt die Vorannahme zugrunde, es handle sich um die kollidierende Ausübung des gleichen Grundrechts, nämlich der Berufsfreiheit.116 Im Fall der öffentli­ chen Konkurrenz verhält es sich jedoch anders. Es handelt sich um Kon­ kurrenz durch die öffentliche Hand und damit um das Gegenüberstehen von Grundrechtsberechtigten und Grundrechtsverpflichtetem.117 Dieser Zweiteilung liegt die grundlegende Unterscheidung von Staat und Gesell­ schaft zugrunde.118 Die Unterscheidung von Staat und Gesellschaft entspricht der Trennung von – demokratischer – Herrschaft und Freiheit des Einzelnen. Auch wenn in beiden Bereichen die gleichen Individuen handeln, so sind doch ihre Rollen verschieden. In einer freiheitlichen Demokratie belässt die Ausübung von Herrschaftsgewalt den Beherrschten einen freiheitlichen Raum, den diese für 116  Kämmerer, in: v.  Münch / Kunig (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 12, Rdnr. 3; Gleske, Wettbewerb öffentlicher und privater Kreditinstitute in Deutschland, S. 172; Huber, Peter M., Die unternehmerische Betätigung der öffentlichen Hand, in: Brenner / Huber / Möstl (Hrsg.), Festschrift Badura, S. 897 [915]. 117  Berg, GewArch 1990, 225 [228]; v.  Maydell / Scholz, Grenzen der Eigenwirt­ schaft gesetzlicher Krankenversicherungsträger, S. 110 f.; Hösch, Die kommunale Wirtschaftstätigkeit, S. 58; Schmittat, ZHR 148 (1984), 428 [450 f.]; Scharpf, ­GewArch 2005, 1 [4]; Kluth, Öffentlich-rechtliche Zulässigkeit gewinnorientierter staatlicher kommunaler Tätigkeit, in: Stober / Vogel (Hrsg.), Wirtschaftliche Betäti­ gung der öffentlichen Hand, S. 23 [27 f.]; Dietlein, Berufs-, Arbeitsplatz- und Aus­ bildungsfreiheit, in: Stern, Staatsrecht IV / 1, § 111 IV 5, S. 1862; Schmidt-Leithoff, Gemeindewirtschaft im Wettbewerb, S. 288. Vgl. BVerfGE 61, 82 [100 ff.]; BVerfGE 75, 192 [196 ff.]. 118  Nur vereinzelt wurde die These der Gewerbefreiheit der öffentlichen Hand vertreten, namentlich von Bettermann, Gewerbefreiheit der öffentlichen Hand, in: Berliner Festschrift Hirsch, S. 1 [3 ff.]; grundsätzlich die Grundrechtsberechtigung der öffentlichen Hand, auch mit Blick auf Art. 12 Abs. 1 GG – bejahend Bettermann, NJW 1969, 1321 [1327]. Diese These ist zu Recht auf Grund der folgenden Überlegung abgelehnt worden, vgl. Scholz, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz Kom­ mentar, Band 2, Art. 12, Rdnr.  109 ff. unter Bezugnahme auf Dürig, in: Maunz / Dü­ rig, Grundgesetz Kommentar, Band 3, Art. 19 Abs. 3, Bearbeitung Mai 1977, Rdnr.  48. Vgl. auch Ossenbühl, Bestand und Erweiterung des Wirkungskreises der Deutschen Bundespost, S. 100; Hösch, DÖV 2000, 393 [393 f.]; v.  Maydell / Scholz, Grenzen der Eigenwirtschaft gesetzlicher Krankenversicherungsträger, S. 110 f.; Krölls, GewArch 1992, 281 [282]; Ronellenfitsch, Wirtschaftliche Betätigung des Staates, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR III, 1. Auflage, § 84, Rdnr. 40; Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht. Allgemeiner Teil, S. 521 ff.; Spannowsky, ZGR 1996, 400 [404 f.]; v. Arnim, Rechtsfragen der Privatisierung, S. 55 ff.; Huber, Peter M., Die unternehmerische Betätigung der öffentlichen Hand, in: Brenner / Huber / Möstl (Hrsg.), Festschrift Badura, S. 897 [910].

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6. Kap.: Grundrechtlicher Schutz vor öffentlicher Konkurrenz

sich nutzen können. Sie können ihn nach ihren Vorstellungen im Rahmen ihrer Eigenverantwortlichkeit ausfüllen.119 Damit dieser Raum nicht durch die Herrschaft der Mehrheit eingeengt und letztlich durch den Staat selbst ausgefüllt wird, ziehen die Freiheitsrechte der Verfassung dem staatlichen Handeln Grenzen. Sie bestimmen den Freiheitsraum des Einzelnen.120 Die Trennung von Staat und Gesellschaft ist damit die grundlegende Voraussetzung für die Begründung individueller Rechte gegen den Staat. Ohne diese gäbe es keine Freiheit, die klassische Funktion der Grundrechte als Abwehrrechte hätte keinen Anknüpfungspunkt. Wen sollten diese schüt­ zen, wenn Staat und Gesellschaft ununterscheidbar miteinander verwoben wären. Es lässt sich sagen, dass der gesellschaftliche Bereich der Eigenver­ antwortlichkeit der ist, der dem Menschen das Menschsein belässt121. Die klare Trennung von Grundrechtsberechtigten und Grundrechtsver­ pflichtenden ist zwingend notwendig.122 Art. 1 Abs. 3 GG leistet in diesem Zusammenhang mehrere Funktionen: Zum einen begründet er die Grund­ rechtsbindung, d. h. die Grundrechtsverpflichtung der staatlichen Gewalt. Zugleich verhilft er den Grundrechten nicht nur zu einer programmatischen, sondern einer normativen Geltung – sie sind die Rechte des Einzelnen.123 Dass die individuelle Freiheit nicht schrankenlos gewährleistet werden kann, ist eindeutig. Jedoch verengt sich mit jeder Beschränkung der Frei­ heitsbereich weiter, sodass die Anforderungen an die Rechtfertigung staat­ lichen Handelns mit der Intensität der Beeinträchtigung steigen.124 Diese grundsätzliche Unterscheidung wird verkannt, wenn nicht zwischen der Konkurrenz durch die Bürger und durch den Staat unterschieden wird. Im ersten Fall handelt es sich um die eigenständige Ausübung von Freiheit, die durch die Grundrechte gewährleistet wird. Im zweiten Fall ist das gera­ de nicht gegeben.125 Der Staat handelt nicht aufgrund von Freiheit, sondern kritisch dazu Isensee, Wer definiert die Freiheitsrechte?. Die Unterscheidung von Staat und Gesellschaft, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR  II, § 31, Rdnr.  18. 121  Rupp, Die Unterscheidung von Staat und Gesellschaft, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR  II, § 31, Rdnr.  18. 122  Bethge, Grundrechtskollisionen, in: Merten / Papier (Hrsg.), HdGR  III, § 72, Rdnr. 35 f.; Berg, GewArch 1990, 225 [225]. Dickersbach, WiVerw 1983, 187 [198] hält hingegen die Unterscheidung von Staat und Gesellschaft gerade im wirtschaft­ lichen Bereich für fließend. 123  Höfling, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 1, Rdnr.  82 ff. 124  Battis, GewArch 1982, 145 [150]. 125  Rupp, Die Unterscheidung von Staat und Gesellschaft, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR II, § 31, Rdnr. 31 ff.; Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 102; Weiß, Privatisierung und Staatsaufgaben, S. 256 f., 259; Hoffmann-Becking, Die Be­ grenzung der wirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand durch Subsidiaritäts­ 119  Durchaus 120  Rupp,



B. Schutz vor öffentlicher Konkurrenz durch die Berufsfreiheit167

aufgrund von Kompetenzzuweisungen.126 Ein Bereich der staatlichen Frei­ heit, d. h. eine Sphäre des Nichtreglementierten,127 wäre ein Bereich staatli­ cher Willkür128. Willkür ist ein freiheitliches, zunächst nicht rechtfertigungs­ bedürftiges Handeln, welches die Freiheit der Grundrechtsträger prägt. Dem staatlichen Handeln ist sie jedoch fremd.129 Diese grundlegende Unterscheidung wird auch nicht von der Wirtschaft als Ganzes oder der wirtschaftlichen Betätigung einzelner Grundrechtsträger durchbrochen.130 So wurde teilweise angenommen, dass das Recht zur Teil­ nahme an der Wirtschaft die Kehrseite der ebenfalls bestehenden Pflicht sei, Versorgungsaufgaben im Dienst der Allgemeinheit zu übernehmen. Die Pflicht der Wirtschaft zur Versorgung der Gesellschaft wurde aus den allge­ prinzip und Übermaßverbot, in: Menger (Hrsg.), Festschrift Wolff, S. 445 [456]; Emmerich, AG 1985, 293 [298]; Helm, Rechtspflicht zur Privatisierung, S. 149; Faßbender, Karl-Josef, DÖV 2005, 89 [98]; Krölls, GewArch 1992, 281 [283]; Hösch, DÖV 2000, 393 [398]; Kluth, Grenzen kommunaler Wettbewerbsteilnahme, S. 65; Gallwas, Faktische Beeinträchtigungen im Bereich der Grundrechte, S. 104; Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht. Allgemeiner Teil, S. 524; Schliesky, Öffentli­ ches Wettbewerbsrecht, S. 89; Heintzen, Rechtliche Grenzen und Vorgaben für eine wirtschaftliche Betätigung von Kommunen im Bereich der gewerblichen Gebäuder­ einigung, S. 24; Spannowsky, ZGR 1996, 400 [404]; Kluth, Öffentlich-rechtliche Zulässigkeit gewinnorientierter staatlicher kommunaler Tätigkeit, in: Stober / Vogel (Hrsg.), Wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand, S. 23 [27 f.]; Schmidt, WM 1992, 1 [1]; Ehlers, Möglichkeiten und Grenzen kommunaler Wirtschaftsbetä­ tigung, in: Ipsen (Hrsg.), Kommunalwirtschaft im Umbruch, S. 10 [25]; Huber, Peter M., Die unternehmerische Betätigung der öffentlichen Hand, in: Brenner / Hu­ ber / Möstl (Hrsg.), Festschrift Badura, S. 897 [915]; Storr, Der Staat als Unterneh­ mer, S. 161. Vgl. Dietlein, NZBau 2003, 141 [141]. 126  BVerfGE 68, 193 [206]; BVerfGE 75, 192 [196]. Berg, GewArch 1990, 225 [225]; Lübbe-Wolff, NJW 1987, 2705 [2706 f.]; Selmer, Wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand und Unternehmergrundrechte, in: Stober / Vogel (Hrsg.), Wirt­ schaftliche Betätigung der öffentlichen Hand, S. 75 [78]; Kluth, Öffentlich-rechtliche Zulässigkeit gewinnorientierter staatlicher kommunaler Tätigkeit, in: Stober / Vogel (Hrsg.), Wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand, S. 23 [28]; Reidt, Eigen­ wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand, in: Jarass, Wirtschaftsverwaltungs­ recht, § 12, Rdnr.  23. Vgl. Huber, Peter M., Konkurrenzschutz, S. 314. 127  Bull, Die Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, S. 279. 128  Hesse, Konrad, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutsch­ land, Rdnr.  348 unter Verweis auf Krüger, VVDStRL 19 (1961), S. 261. Vgl. auch Berg, GewArch 1990, 225 [228]; Stern, Staatsrecht III / 1, § 74 IV 4, S. 1407; Grupp, Klaus, ZHR 140 (1976), 367 [381]. 129  Schmidt-Aßmann, Der Rechtsstaat, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR  II, § 26, Rdnr. 25; Ossenbühl, Bestand und Erweiterung des Wirkungskreises der Deut­ schen Bundespost, S. 109; Badura, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben und die Unternehmenszwecke bei der wirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand, in: v.  Münch (Hrsg.), Festschrift Schlochauer, S. 3 [6]. 130  Di Fabio, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz Kommentar, Band I, Art. 2 Abs. 1, Rdnr.  87.

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6. Kap.: Grundrechtlicher Schutz vor öffentlicher Konkurrenz

meinen Vorschriften wie dem Sozialstaatsgebot, Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG, oder der Gemeinwohlverpflichtung des Eigentums, Art. 14 Abs. 2 GG, hergeleitet.131 Diese Auffassung sieht die Wirtschaft als Ganzes in einem Bereich zwischen Staat und Gesellschaft,132 der durch wirtschaft­ liche Rechte und allgemeine Pflichten geprägt ist. Schon die rechtliche Herleitung dieser Einordnung kann nicht überzeu­ gen. Das Sozialstaatsgebot verpflichtet nicht die Grundrechtsträger zu einer sozialstaatlichen Praxis. Vielmehr ist es das Recht und die Pflicht des Staates, für eine entsprechende Rahmen- und Maßnahmengestaltung zu sorgen.133 Sähe man die Wirtschaft als Adressat dieser Verpflichtung an, fielen Verpflichtete und Berechtigte häufig zusammen. Auch Art. 14 Abs. 2 GG richtet sich zunächst an den Gesetzgeber und ermächtigt und ver­ pflichtet ihn zur Ausgestaltung der Sozialpflichtigkeit des Eigentums.134 Zum Teil wird diese Vorschrift auch im Sinne einer Grundpflicht verstan­ den.135 Doch auch wenn man diese annimmt,136 beschränkt sie sich auf das Eigentum als Anknüpfungsgegenstand. Aus der Gesamtschau verschiedener einzelner Vorschriften eine allgemeine Pflicht der Wirtschaft zu konstruie­ ren, bräche das System einzelner, ausdrücklicher grundrechtlicher Ver­ pflichtungen – Art. 6 Abs. 2, Art. 12a Abs. 1 GG als Beispiele – zugunsten nicht bestehender allgemeiner Grundpflichten auf. Grundrechte begrenzen die umfassende staatliche Herrschaft und organisieren diese. Sie begründen gerade keine weiteren Pflichten der Berechtigten: Diese sind bereits auf­ grund der umfassenden Herrschaftsgewalt des Staates verpflichtet. Grund­ pflichten als Kehrseite der Grundrechte bestehen nur dann, wenn sie aus­ drücklich vorgesehen sind.137 Die Grenze zwischen Staat und Gesellschaft lässt sich auch nicht durch einen Gedanken ausgehend vom Selbstverwaltungsrecht einiger öffentlicher 131  Püttner,

DÖV 1976, 433 [435]. Ähnlich Leisner, DÖV 1975, 73 [77 ff.]. Di Fabio, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz Kommentar, Band I, Art. 2 Abs. 1, Rdnr.  87; Grupp, Klaus, ZHR 140 (1976), 367 [386]. 133  Schnapp, in: v.  Münch / Kunig (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 20, Rdnr. 50 f. 134  Bryde, in: v.  Münch / Kunig (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 14, Rdnr.  67. 135  Bryde, in: v.  Münch / Kunig (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 14, Rdnr.  68. 136  Zutreffend kritisch zu Grundpflichten als Kehrseite der Grundrechte Gusy, JZ 1982, 657. 137  Gusy, JZ 1982, 657 [658]. Aus diesem Grund überzeugt Hofmann, Grund­ pflichten als verfassungsrechtliche Dimensionen, in: VVDStRL 41 (1982), S. 42 [77, Fn. 127] in der kritischen Auseinandersetzung mit Gusy, JZ 1982, 657 gerade nicht, weil die Unterscheidung von ausdrücklichen und allgemein konstruierten Grund­ pflichten nicht beibehalten wird. 132  Vgl.



B. Schutz vor öffentlicher Konkurrenz durch die Berufsfreiheit169

Einrichtungen durchbrechen138. Wird eine öffentliche Einrichtung mit dem Recht ausgestattet, sich selbstständig zu verwalten, so folgt daraus nicht eine Grundrechteberechtigung in jedenfalls diesem Bereich. So ist durch Art. 28 Abs. 2 GG den Gemeinden das Recht eingeräumt worden, alle An­ gelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwortung zu re­ geln. Das Recht der kommunalen Selbstverwaltung war mit Art. 127 im Grundrechtsteil der Weimarer Reichsverfassung angesiedelt.139 Auch im Grundgesetz findet sich in Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b mit dem Begriff der Ver­ fassungsbeschwerde durch die Gemeinden und der sprachlichen Nähe zu der Individualverfassungsbeschwerde Ansatzpunkte, die eine Grundrechts­ ähnlichkeit nahe legen könnten. Dennoch handelt es sich um eine Gewähr­ leistung rein im staatlichen Bereich, die keiner Wirkung im Verhältnis Staat zu Bürger erlangt. Auch innerhalb des Staates gibt es Hierarchie-, Wei­ sungs- und Abhängigkeitsverhältnisse. Das wird im hierarchischen Aufbau der Verwaltung augenfällig. Daraus lässt sich jedoch kein grundrechtsähnli­ ches Bedürfnis140 folgern. Selbstverwaltungsrechte schützen den Erhalt von Kompetenzen innerhalb der staatlichen Sphäre,141 die im Falle des kommu­ nalen Selbstverwaltungsrechts mit der Kommunalverfassungsbeschwerde gegen Bund und Bundesländer durchgesetzt werden können. Die gemeindliche Selbstverwaltungsgarantie ist kein Grundrecht oder grundrechtsgleiches Recht.142 Sie führt auch nicht dazu, dass in ihrem An­ wendungsbereich die Grundrechte für die Gemeinden Anwendung finden.143 Vielmehr folgen die gewährleisteten Rechte direkt aus Art. 28 Abs. 2 GG,144 weswegen eine Verletzung desselben nur mit der Kommunalverfassungsbe­ 138  So jedoch Bettermann, Gewerbefreiheit der öffentlichen Hand, in: Berliner Festschrift Hirsch, S. 1 [4 ff.]. 139  Gusy, Die Weimarer Reichsverfassung, S. 231 ff.; Nierhaus, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 28, Rdnr.  33. 140  So Bettermann, Gewerbefreiheit der öffentlichen Hand, in: Berliner Festschrift Hirsch, S. 1 [11]. 141  BVerfGK 11, 241 [249]. Vgl. Kluth, Grenzen kommunaler Wettbewerbsteil­ nahme, S. 62; Tettinger, DVBl. 1999, 679 [685]; Schink, NVwZ 2002, 129 [133]; Ehlers, Möglichkeiten und Grenzen kommunaler Wirtschaftsbetätigung, in: Ipsen (Hrsg.), Kommunalwirtschaft im Umbruch, S. 10 [14 f.]; Storr, Der Staat als Unter­ nehmer, S. 221, 224. 142  Nierhaus, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 28, Rdnr. 40; Bethge, Grundrechtskollisionen, in: Merten / Papier (Hrsg.), HdGR  III, § 72, Rdnr.  37; Hösch, DÖV 2000, 393 [394 f.]; Scharpf, GewArch 2005, 1 [3]. Vgl. BVerfGE 48, 64 [79]; BVerfGE 58, 177 [189], Badura, JZ 1984, 14. 143  BVerfGE 21, 362 [370]; BVerfGK 11, 241 [248 f.]. Vgl. BVerfGE 4, 27 [30]; BVerfGE 6, 445 [448]; BVerfGE 61, 82 [103 f.]. Vgl. auch Faßbender, Karl-Josef, DÖV 2005, 89 [99]. 144  Vgl. hierzu Dickersbach, WiVerw 1983, 187 [195].

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6. Kap.: Grundrechtlicher Schutz vor öffentlicher Konkurrenz

schwerde angegriffen werden kann. Das gilt im Übrigen auch für alle ande­ ren Einrichtungen mit Selbstverwaltungsrechten, wenn auch ihr Recht in der Regel durch den einfachen Gesetzgeber, nicht durch das Grundgesetz ein­ geräumt worden ist. Es bleibt also auch in diesen Fällen bei dem Grundge­ danken, dass zwischen Staat und Bürger streng zu trennen ist und diese Trennung nicht durchbrochen wird.145 Damit ist die oben dargestellte Gleichsetzung von staatlicher und privater Konkurrenz abzulehnen. Konkurrierendes Handeln durch Private oder den Staat sind zwei voneinander zu unterscheidende Sachverhalte. Damit lässt sich die Überlegung, die den Konkurrenzschutz im Fall privater Mitbewer­ ber wegen konkurrierender Grundrechtsausübung abgelehnt hat, gerade nicht auf den Fall staatlicher Konkurrenz übertragen.146 Aus der Trennung von Staat und Gesellschaft können hingegen keine weiteren Schlüsse gezogen werden, den inhaltlichen Gehalt der Berufsfrei­ heit näher zu bestimmen. Denn auch wenn eine strikte Unterscheidung von Grundrechtsträgern und Grundrechtsverpflichtetem erforderlich ist, so ist der grundrechtsverpflichtete Staat doch nur an den Inhalt der Grundrechte gebunden, der zuvor mittels Auslegung erkannt worden ist147. Begründete man über die bloße Grundrechtsverpflichtung den grundrechtlichen Gehalt, so unterläge man einem Zirkelschluss: Die grundrechtliche Auslegung geht der grundrechtlichen Bindung voran.

IV.  Konkurrenz als reales Phänomen Konkurrenz durch Private zum einen und durch die öffentliche Hand zum anderen beruht auf unterschiedlichen rechtlichen Grundlagen. Im ersten Fall liegt ein Grundrechtsgebrauch vor, im zweiten Fall das Handeln aufgrund von hoheitlichen Kompetenzen. Die Gleichsetzung beider Konkurrenzfor­ men kann so nicht überzeugen. Eine Gleichsetzung von staatlicher und privater Konkurrenz könnte je­ doch dann möglich sein, wenn es sich in Bezug auf die Auswirkungen für die Marktteilnehmer, also Anbieter und Nachfrager, um gleiche Phänomene handelte. Dann wäre es für die privaten Marktteilnehmer ohne Bedeutung, 145  Daher ist auch die Einschätzung von Otting, DVBl. 1997, 1258 [1262] abzu­ lehnen, der davon ausgeht, das Selbstverwaltungsrecht garantiere den Gemeinden im Fall der unzureichenden Finanzausstattung durch die Bundesländer die Möglichkeit unter anderem der reinen Erwerbstätigkeit, vgl. Henneke, NdsVBl. 1998, 273 [279 f.]. 146  Ebenso kritisch zu dieser angenommenen Gleichsetzung auch Isensee, DB 1979, 145 [149]. Vgl. Berg, GewArch 1990, 225 [225]; Schmidt, WM 1992, 1 [4]. 147  Pieroth / Hartmann, DVBl. 2002, 421 [426].



B. Schutz vor öffentlicher Konkurrenz durch die Berufsfreiheit171

ob sie auf staatliche oder private Konkurrenz reagieren müssten. Eine Un­ terscheidung von privaten und staatlichen Handelnden erschiene dann – möglicherweise – nicht mehr geboten.148 Marktwirtschaftlich betrachtet handelt es sich sowohl bei der staatlichen wie auch der privaten Konkurrenz um ein reales Phänomen. Anbieter stehen Nachfragern gegenüber, Letztere wählen Angebote nach dem persönlichen Nutzen aus. Bietet ein Angebot den Nachfragern mehr Nutzen, so wird es sich durchsetzen und Mitbewerber verdrängen. Diesbezüglich unterscheidet sich das Handeln der öffentlichen Hand nicht von dem der übrigen Wettbe­ werber. Beurteilt man jedoch das Handeln der öffentlichen Hand auf Grundlage der Marktgegebenheiten und berücksichtigt die Besonderheiten derselben, so werden wesentliche Unterschiede deutlich. Öffentliche Unternehmen werden häufig als Kapitalgesellschaft mit beschränkter Haftung betrieben. Das bedeutet, dass sie grundsätzlich in Insolvenz verfallen können. Tritt diese ein, können gegen das Unternehmen bestehende Ansprüche in der Regel kaum, manchmal gar nicht mehr verwirklicht werden. Ein solcher Fall tritt bei einem staatlichen Unternehmen in privatrechtli­ cher Form jedoch faktisch nicht ein. Der Staat als Gesellschafter kann es sich nicht leisten, ein von ihm beherrschtes Unternehmen insolvent gehen zu lassen.149 Nicht selten erhalten selbst verlustbringende Unternehmen Zuschüsse, die letztlich aus steuerlichen Einnahmen herrühren. Damit unter­ liegen gegen solche Unternehmen bestehende Ansprüche nicht der Gefahr, nicht verwirklicht werden zu können. Die Zahlungsfähigkeit des Staats als Gesamtheit setzt sich auf die von ihm beherrschten Unternehmen fort.150 148  Pieroth / Hartmann, DVBl. 2002, 421 [426]; Badura, Das Berufsrecht in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, in: Schmidt-Aßmann / Sellner /  Hirsch / Kemper / Lehmann-Grube (Hrsg.), Festgabe 50 Jahre Bundesverwaltungsge­ richt, S. 785 [795]. Löwer, Der Staat als Wirtschaftssubjekt und Auftraggeber, in: VVDStRL 60 (2000), S. 416 [445] hingegen argumentiert, bereits aus der Beeinträchtigung durch den Staat resultierten grundrechtliche Abwehransprüche. Auch eine angenommene Gleichheit von privater und öffentlicher Konkurrenz ändere daran nichts. 149  Bull, Die Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, S. 281, Emmerich, AG 1985, 293 [295]. Vgl. gegenteilig Backhaus, Öffentliche Unternehmen, S. 144 f., der für ertragsorientierte Unternehmen annimmt, eine Ausstattung von verlustbringenden Unternehmen laufe dem Zweck, Erträge zu erwirtschaften, entgegen. Das Argument ist zunächst nachzuvollziehen. Es geht aber von der nicht zutreffenden Annahme aus, Gewinnerzielung als alleiniger Unternehmenszweck sei verfassungsrechtlich möglich. Dazu unten, 8. Kapitel, B. II. 150  Bull, Die Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, S. 281. Vgl. Breuer, Staat­ liche Berufsregelung und Wirtschaftslenkung, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR VIII, § 171, Rdnr.  81; Isensee, DB 1979, 145 [148]; Schmidt, Öffentliches Wirt­

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6. Kap.: Grundrechtlicher Schutz vor öffentlicher Konkurrenz

Die mit der Zugehörigkeit eines Unternehmens zur öffentlichen Hand verbundenen Erwartungen des Geschäftsverkehrs müssen noch nicht einmal an die tatsächlichen Verfügungs- und Beherrschungsverhältnisse anknüpfen. Enthält beispielsweise ein Firmenname den Bestandteil „Bundes-“, so wird damit bereits die Erwartung verbunden, dass die Bundesrepublik Deutsch­ land jedenfalls Mehrheitsgesellschafter ist.151 Selbst wenn durch den Zusatz „haftungsbeschränkt“ rechtlich einwandfrei deutlich wird, dass es sich um eine Kapitalgesellschaft handelt, die gerade keinen unbeschränkt haftenden Gesellschafter hat, geht der Geschäftsverkehr davon aus, dass die öffentli­ che Hand als Gesellschafter das Unternehmen vor der Insolvenz bewahren wird.152 An dieser Stelle ist nochmals eine Argumentationsstelle des Bundesver­ waltungsgerichts anzuführen:153 Es nahm an, der Wunsch der Bevölkerung nach Verträgen mit der öffentlichen Hand rechtfertige den Bestand der öf­ fentlichen Unternehmen154. Öffentliche Unternehmen wurden demnach als von der Bevölkerung mit besonderem Vertrauen ausgestattet eingeordnet. Welche genauen Zuschreibungen das Bundesverwaltungsgericht annahm, führte es nicht aus, doch die Insolvenzfestigkeit ist ein zentrales Merkmal des geschäftlichen Vertrauens. Ganz ähnlich muss auch die Finanzkraft der öffentlichen Unternehmen beurteilt werden. Diese können grundsätzlich nicht nur im Fall von Zah­ lungsschwierigkeiten, sondern auch bei der Erweiterung ihres Geschäftsbe­ triebs auf eine nahezu unbegrenzte Finanzierungskraft zurückgreifen.155 Wegen ihrer Staatsverbundenheit wird in den genannten Fällen häufig nicht auf den Kapitalmarkt, sondern auf Haushaltsmittel zurückgegriffen. Diese sind dem Grunde nach nur politisch, nicht aber wirtschaftlich begrenzt. Und selbst wenn etwa für die Erweiterung eines Unternehmens auf den freien schaftsrecht. Allgemeiner Teil, S. 523; Löwer, Der Staat als Wirtschaftssubjekt und Auftraggeber, in: VVDStRL 60 (2000), S. 416 [445]; Ruffert, in: Epping / Hillgruber (Hrsg.), BeckOK GG, Art. 12, Rdnr.  66; Scharpf, GewArch 2005, 1 [5]; Huber, Peter M., Konkurrenzschutz im Verwaltungsrecht, S. 312; Huber, Peter M., Die un­ ternehmerische Betätigung der öffentlichen Hand, in: Brenner / Huber / Möstl (Hrsg.), Festschrift Badura, S. 897 [917]; Schmidt, WM 1992, 1 [4]; Piper, GRUR 1986, 574 [575]; v. Arnim, Rechtsfragen der Privatisierung, S. 66. Vgl. auch Kirchhof, Paul, Verwalten durch „mittelbares“ Einwirken, S. 357 f., der zudem auf die staatliche Rechtsetzungsmacht und Organisationsgewalt, wie auch auf das fehlende Erfordernis der Gewinnerzielung hinweist. Vgl. ebenso BVerfGE 61, 82 [105 f.]. 151  So bei BGH, WRP 2007, 1346. 152  Zutreffend BGH, WRP 2007, 1346 [1348] und nochmals BGH, WRP 2010, 759 [760]. 153  Siehe oben, 6. Kapitel, B. I. 154  BVerwGE 39, 329 [335]. 155  Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht. Allgemeiner Teil, S. 523.



B. Schutz vor öffentlicher Konkurrenz durch die Berufsfreiheit173

Kapitalmarkt zurückgegriffen werden soll, ergibt sich dort der oben erwähn­ te Vorteil des Vertrauens auf eine faktische Insolvenzfestigkeit. Auf eine solche Basis kann sich ein privates Unternehmen nicht stützen. Im Fall eines Liquiditätsengpasses muss es sich um Fremdkapital bemühen. Erhält er das nicht, so ist er zahlungsunfähig. Dass private Kapitalgeber im Fall einer drohenden oder bereits eingetretenen Insolvenz nochmals Kapital beisteuern, ist unwahrscheinlich. Gleiches gilt für die Erweiterung oder die Veränderung des Geschäftsbetriebes. Damit haben die Unternehmen der öffentlichen Hand einen bedeutenden Marktvorteil. Es ist somit verfehlt, von der faktischen Gleichheit der Konkurrenz zu sprechen.156

V.  Konkurrenzschutz in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Die Auffassung, die Berufsfreiheit schütze nicht vor öffentlicher Konkur­ renz, wird häufig mit der Gleichsetzung von privater und öffentlicher Kon­ kurrenz begründet. Rechtlich kann das mit Blick auf die zwingende Unter­ scheidung von Grundrechtsträgern und Grundrechtsverpflichtetem nicht überzeugen. Ebenso wenig handelt es sich bei den Konkurrenzformen um gleiche Phänomene, sodass auch in tatsächlicher Hinsicht eine Gleichset­ zung nicht gelingen kann. Schließlich folgt aus der wirtschaftspolitischen Offenheit des Grundgesetzes, dass sich eine Beeinflussung des Marktes an den Grundrechten messen lassen muss – wobei damit noch keine Aussage getroffen worden ist, ob die Berufsfreiheit vor öffentlicher Konkurrenz schützt. Die Antwort darauf ist durch Auslegung des Art. 12 Abs. 1 GG zu ermitteln. Schon früh hat das Bundesverfassungsgericht deutlich gemacht, dass ein Eingriff in die Berufsfreiheit neu in den Markt eintretender Teilnehmer zugunsten der bereits Tätigen alleine mit Gründen des Konkurrenzschutzes nicht gerechtfertigt werden könne.157 Dabei ging es davon aus, dass der Freiheitsanspruch – die Grundrechtsausübung – eines von einem Konkur­ renzschutz Betroffenen besonders empfindlich verletzt werden würde. Bei dieser Formulierung könnte infrage gestellt werden, ob das Bundesverfas­ sungsgericht einen Schutz der Konkurrenz von vornherein aus dem Schutz­ bereich der Berufsfreiheit ausklammert hat oder nur auf Ebene der Recht­ fertigung zu diesem Ergebnis gelangt ist. Klarheit brachte insoweit die Feststellung, dass es kein subjektives Recht auf Erhalt des Geschäftsumfan­ 156  Grupp, Klaus, ZHR 140 (1976), 367 [384] geht dennoch von einer „funktio­ nalen Gleichrangigkeit öffentlicher und privater Wirtschaftstätigkeit“ aus. 157  BVerfGE 7, 377 [408]; BVerfGE 94, 372 [395].

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6. Kap.: Grundrechtlicher Schutz vor öffentlicher Konkurrenz

ges oder auf Sicherung weiterer Erwerbsmöglichkeiten gebe.158 Die Berufs­ freiheit schütze weder den gegenwärtigen Zustand des Marktes, noch garan­ tiere sie, dass in Zukunft weitere Erwerbsmöglichkeiten bestehen.159 Das ist dahin gehend zu verstehen, dass der Konkurrenzschutz bereits aus dem Schutzbereich ausgeschlossen worden ist. Die Marktteilnehmer werden auch grundsätzlich nicht davor geschützt, dass sich die Wettbewerbsbedingungen verändern. Die Berufsfreiheit sei viel­ mehr darauf gerichtet, den tätigen und zukünftigen Teilnehmern eine Teilha­ be nach den Grundsätzen des Wettbewerbs zu ermöglichen160. Das grundle­ gende Prinzip des Marktes sei es, dass sich innerhalb der vorgegebenen Grenzen das Angebot durchsetze, welches sich für den Nachfrager als güns­ tigstes darstelle,161 ihm also den größten Nutzen in Aussicht stelle. Demnach könne ein reiner Konkurrenzschutz keinen Bestand haben und müsse auch als Nebenfolge möglichst vermieden werden162. Die Marktteilnehmer haben demnach im Grundsatz weder einen Anspruch auf einen Konkurrenzschutz, noch ist derselbe ein legitimes Ziel staatlichen Handelns. Das Bundesverfassungsgericht hat den Schutz vor Konkurrenz jedoch dann für möglich gehalten, wenn er das Mittel ist, um drohende Gefahren von ei­ nem anderen Gut abzuwenden.163 Im konkreten Fall wurde angenommen, ein bestimmtes Marktsegment sei stark übersetzt und damit drohe die Gefahr, dass durch einen ruinösen Preiskampf das als gesellschaftlich notwendig an­ gesehene Gewerbe zum Erliegen komme.164 Auch Monopole seien dem Grundsatz nach geeignet, ein legitimes Gemeinwohlziel zu verfolgen. Mitbe­ werber könnten von einem Beruf ausgeschlossen werden, wenn das für die Abwehr nachweisbarer oder höchstwahrscheinlicher Gefahren für ein überra­ gend wichtiges Gemeinschaftsgut zwingend erforderlich ist.165 158  BVerfGE 24, 236 [251]; BVerfGE 34, 252 [256]; BVerfGE 55, 261 [269]; BVerfG (Kammer), NJW 1999, 2729 [2729]; BVerfG (Kammer), NJW 2000, 1779 [1780]; BVerfGE 116, 135 [152]. 159  BVerfGE 31, 8 [31]; BVerfG (Kammer), NJW 2000, 1779 [1780]. 160  BVerfGE 106, 275 [298]; BVerfGE 116, 135 [152]. Vgl. Hufen, NJW 1994, 2913 [2915]. Ob allerdings im Fall von BVerfGE 106, 275 noch von Wettbewerb gesprochen werden kann, ist hinsichtlich der monopolartigen Stellung der gesetzli­ chen Krankenversicherung als Abnehmer für die dort in Rede stehenden Hilfsmittel fraglich, vgl. Merten, Grundrechtlicher Schutzbereich, in: Merten / Papier (Hrsg.), HdGR  III, § 56, Rdnr.  77. 161  BVerfGE 116, 135 [152]. 162  BVerfGE 11, 168 [188 f.]; BVerfGE 40, 196 [219]. 163  BVerfGE 11, 168 [189]. 164  BVerfGE 11, 168 [189]. 165  BVerfGE 11, 168 [186 ff.] – Taximonopol; BVerfGE 14, 105 [111] – Brannt­ weinmonopol; BVerfGE 21, 245 [251] – Arbeitsvermittlungsmonopol; BVerfGE 81, 70 [86 f.] – Taximonopol; BVerfGE 102, 197 [214 f.] – Spielbankmonopol; BVerfGE



B. Schutz vor öffentlicher Konkurrenz durch die Berufsfreiheit

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Geht man von dieser Begründung für die Zulässigkeit von Monopolen und den Konkurrenzschutz aus, so wird der Schutz eines Gewerbes durch den Erhalt des Geschäftsumfangs der bereits tätigen Marktteilnehmer er­ reicht. Der Wettbewerb zwischen alten und neuen Marktteilnehmern wird beseitigt, um einem als ruinös bewerteten Wettbewerb zuvorzukommen. Die soeben dargestellte Feststellung, es gäbe keinen Anspruch auf Erhalt des Geschäftsumfangs, wird mit dem Argument übergangen, dieses sei nicht der alleinige Zweck des eingeführten Konkurrenzschutzes. Die dieser Ansicht zugrunde liegende Bewertung, Wettbewerb könne ruinös sein und ein ge­ samtes Gewerbe zusammenbrechen lassen, ist höchst zweifelhaft, soll hier jedoch nicht weiter diskutiert werden. Denn bedeutend ist festzuhalten, dass das Bundesverfassungsgericht mit dem Hinweis auf die Rechtfertigungs­ möglichkeit von Monopolen und Konkurrenzschutz jedenfalls zum Ausdruck bringt, dass es sich um Eingriffe in die Berufsfreiheit handelt, die einer Rechtfertigung bedürfen. Für die Gebäudeversicherungsmonopole hat das Bundesverfassungsge­ richt eine solche Rechtfertigungsprüfung abgelehnt.166 Nicht, weil es von der grundsätzlichen Unbedenklichkeit solcher Monopole ausging, sondern begründet mit einem zeitlichen Argument: Die zur Prüfung vorgelegten Normen stammten aus dem Jahr 1934 und damit aus vorkonstitutioneller Zeit. Aus diesem Grund wurde angenommen, das Grundgesetz habe die vor ihm bestehenden Monopole anerkannt, was diese einer entsprechenden Prü­ fung anhand der Berufsfreiheit entziehe.167 Damit wurde die zum Brannt­ weinmonopol ergangene Rechtsprechung bestätigt, die dieses als von Art. 105 Abs. 1, Art. 106 Abs. 1 und Art. 108 Abs. 1 GG gedeckt erkannt hat168 – diese Normen stammten aus dem Jahr 1922169. Wegen der zeit­ lichen Besonderheit der angegriffenen Normen lassen sich aus beiden Ent­ scheidungen keine weiteren Schlüsse für die gegebene Frage ziehen.170 115, 276 [304 ff.] – Sportwettenmonopol. Vgl. auch BVerfGE 41, 205 [225] – Ba­ dische Gebäudeversicherung; BVerfGE 46, 120 [136] – Fernmeldemonopol. An dieser Stelle soll dahinstehen bleiben, ob in diesen konkreten Fällen tatsächlich eine nachweisbare oder höchstwahrscheinliche Gefahr für ein überragend wichtiges Ge­ meinschaftsgut bestand – es lässt sich in einigen Fällen daran zweifeln. 166  Vgl. zum Folgenden Isensee, DB 1979, 145 [147]. Kritisch Kämmerer, in: v.  Münch / Kunig (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 12, Rdnr.  23, der auch vor­ grundgesetzliche Monopole an der Berufsfreiheit misst. 167  BVerfGE 41, 205 [218]. 168  BVerfGE 14, 105 [111]. 169  RGBl. I 1922, 405 ff. 170  Vgl. Ossenbühl, Bestand und Erweiterung des Wirkungskreises der Deutschen Bundespost, S. 100 f. Vgl. auch Krölls, GewArch 1992, 281 [282], der die Finanz­ monopole als besondere Form der Steuererhebung einordnet.

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6. Kap.: Grundrechtlicher Schutz vor öffentlicher Konkurrenz

Das Bundesverfassungsgericht machte auch deutlich, bezogen auf die Anwendung im Einzelfall müsse berücksichtigt werden, dass das Hinzutre­ ten eines einzelnen Wettbewerbers in der Regel noch keine Übersetzung nach sich ziehe. Insoweit ergebe sich ein Bereich des Marktes, der noch nicht von vornherein als unzugänglich erachtet werden könne und von dem die Neueintretenden nicht unmittelbar ausgeschlossen werden könnten. Erst wenn der Punkt des Gefahreintritts kurz bevorstehe, könne ein entsprechen­ der Schutz gerechtfertigt werden.171 Werde dieser Punkt zutreffend voraus­ gesehen, sei aber die Beschränkung der Berufsfreiheit der neu eintretenden Mitbewerber sogar durch die Errichtung eines Monopols zugunsten der bereits Tätigen möglich.172 Es muss nochmals unterstrichen werden, dass das Bundesverfassungsge­ richt den Schutz vor Konkurrenz als ein Mittel zum Schutz eines anderen Gutes anerkennt.173 Er folgt gerade nicht aus der Berufsfreiheit der tätigen Marktteilnehmer, deren Geschäftsumfang gesichert werden soll. Vielmehr beruht er auf dem Schutz eines entsprechenden Gemeinschaftsgutes. Zudem muss auf Ebene der Rechtfertigung berücksichtigt werden, dass ein Schutz vor Konkurrenz auch als Nebenfolge vermieden werden soll und somit er nur gerechtfertigt werden kann, wenn es sich um das mildeste Mittel han­ delt. Ein sich auf die Berufsfreiheit der tätigen Marktteilnehmer stützender Konkurrenzschutz ist jedoch in einer anderen Konstellation vom Bundesver­ fassungsgericht anerkannt worden: Wird, um ein entsprechendes Gut zu schützen, eine Marktvorschrift eingeführt, die aufgrund ihrer Schutzrichtung nur bestimmte Teilnehmer eines Marktbereiches belastet, erlagen die nicht betroffenen, unmittelbaren Konkurrenten einen Wettbewerbsvorteil. Diesem Konkurrenzvorteil kann dann durch die Ausweitung der Vorschrift in zuläs­ siger Weise begegnet werden.174 Die Grundlage für die Belastung der Marktteilnehmer, die die Marktvorschrift zunächst nicht erfasst hat, findet 171  BVerfGE

11, 168 [190 f.]. 40, 196 [218 f.]. In diesem Fall wurde die Funktionsfähigkeit des Personenverkehrs durch die Quersubventionierung des ertragreichen Güterverkehrs als Gemeinschaftsgut anerkannt und das Monopol der Deutschen Bundesbahn bestä­ tigt. Bemerkenswert ist allerdings, dass die Gefahr im defizitären Betrieb des Perso­ nenverkehrs und der damit verbundenen Belastung des Staates gesehen wurde, BVerfGE 40, 196 [220]. Kurz gesprochen führten die vorgebrachten finanzielle In­ teressen des Staates zu einem die private Konkurrenz ausschließenden Monopol. 173  Badura, Das Berufsrecht in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsge­ richts, in: Schmidt-Aßmann / Sellner / Hirsch / Kemper / Lehmann-Grube (Hrsg.), Fest­ gabe 50 Jahre Bundesverwaltungsgericht, S. 785 [789 f.]; Helm, Rechtspflicht zur Privatisierung, S. 138 f. 174  BVerfGE 111, 10 [33]. 172  BVerfGE



B. Schutz vor öffentlicher Konkurrenz durch die Berufsfreiheit177

sich dann in der Berufsfreiheit der ursprünglich Belasteten. Allerdings ist zu bedenken, dass es sich insoweit um eine besondere Fallkonstellation han­ delt, nämlich um die Beseitigung einer Nebenfolge und die Wiederherstel­ lung der ursprünglich bestehenden Chancengleichheit. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts lässt sich somit wie folgt zusammenfassen: Der Schutzbereich der Berufsfreiheit ist im Fall der Konkurrenz nicht eröffnet. Das gründet sich auf die grundsätzliche Über­ legung, dass die Berufsfreiheit allen Grundrechtsberechtigten eine entspre­ chende Betätigung und den damit verbundenen Zugang zu dem Markt garantiert.175 Dementsprechend können sich die bereits tätigen Marktteil­ nehmer nicht mit ihrer Hilfe gegen das Hinzutreten neuer Konkurrenten wehren. Im Fall besonderer öffentlicher Konkurrenzformen, wie etwa des Mono­ pols, ist der Schutzbereich der Berufsfreiheit jedoch eröffnet. Die Monopol­ gegner können auf Grundlage ihrer Berufsfreiheit versuchen, sich gegen dieses zur Wehr zu setzen. Eine Monopolisierung kann allerdings dadurch gerechtfertigt werden, dass sie nicht dem Konkurrenzschutz, sondern dem Schutz eines Gemeinschaftsgutes dient und als Nebenfolge nicht vermieden werden kann. Dann beruht die Monopolisierung jedoch nicht auf der Be­ rufsfreiheit des Monopolisten, sondern auf dem Schutz eines Gemeinschafts­ gutes. Ein tatsächlicher, auf der Berufsfreiheit der Begünstigten beruhender Konkurrenzschutz hingegen ist nur denkbar, wenn es um die Wiederherstel­ lung von Wettbewerbsungleichheiten geht, die der Gesetzgeber durch Wett­ bewerbsvorschriften geschaffen hat. Der wichtigste Schluss für die Frage nach einem Schutz vor öffentlicher Konkurrenz durch die Berufsfreiheit findet sich in einem Vergleich der verfassungsgerichtlichen Entscheidungen, die einen Konkurrenzschutz ab­ lehnen: Alle entschiedenen Fälle beruhen auf dem Gegenüber176 von Grund­ rechtsträgern177. Es stehen sich Grundrechtsberechtigte gegenüber, die glei­ cher­ma­ßen von ihrer Berufsfreiheit Gebrauch machen.178 175  Hufen, NJW 1994, 2913 [2915]: „Der Plural von Berufsfreiheit heißt Wettbe­ werb.“ 176  Überaus treffend Isensee, DB 1979, 145 [149]. 177  BVerfGE 7, 377 [408]: Apotheker. BVerfGE 11, 168 [188 f.]: Droschkenunter­ nehmer. BVerfGE 24, 236 [251]: Lumpensammler. BVerfGE 31, 8 [31]: Spielauto­ matenaufsteller. BVerfGE 34, 252 [256]: Steuerberater. BVerfGE 55, 261 [269]: Diplom-Ingenieure. BVerfGE 94, 372 [394 ff.]: Apotheker. BVerfGE 106, 275 [299]: Pharmaunternehmer, Optiker, Hörgeräteakustiker. BVerfGE 111, 10 [33]: Betroffene des Ladenschlussgesetzes. BVerfGE 116, 135 [152]: Bewerber um einen öffentlichen Auftrag. Zutreffend daher Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 102; Grawert, Zu­ ständigkeitsgrenzen der Kommunalwirtschaft, in: Grupp / Ronellenfitsch (Hrsg.),

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6. Kap.: Grundrechtlicher Schutz vor öffentlicher Konkurrenz

Der einzige Fall, in denen sich Grundrechtsträger gegen den Wettbewerb durch die öffentliche Hand vor dem Bundesverfassungsgericht gewehrt ha­ ben, ist der der Monopolstellung der Deutschen Bundesbahn.179 In diesem Fall des Monopols ist die Eröffnung des Schutzbereichs der Berufsfreiheit weithin anerkannt.180 Damit lässt sich nicht der Schluss ziehen, das Bundes­ verfassungsgericht gehe grundsätzlich von einem Schutz der Berufsfreiheit vor öffentlicher Konkurrenz aus, wenn es auch die Beeinträchtigung der Berufsausübung durch Minderung von Verdienstmöglichkeiten und Wettbe­ werbschancen durch staatliches Handeln anerkennt181. Festzuhalten ist, dass es keine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für den Fall der öf­ fentlichen Konkurrenz unterhalb der Monopolschwelle gibt.182 178

Festschrift Blümel, S. 119 [134]. Gleiches in BVerfG (Kammer), NJW 2000, 1779: Psychotherapeuten ohne Psychologiestudium, weshalb der Verweis von Badura, Das Berufsrecht in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, in: SchmidtAßmann / Sellner / Hirsch / Kemper / Lehmann-Grube (Hrsg.), Festgabe 50 Jahre Bun­ desverwaltungsgericht, S. 785 [795, Fn. 54] fehl geht. Auch Helm, Rechtspflicht zur Privatisierung, S. 146 verkennt mit seinen Recht­ sprechungsverweisen diese Unterscheidung. 178  Das verkennt Kämmerer, in: v. Münch / Kunig (Hrsg.), Grundgesetz Kommen­ tar, Art. 12, Rdnr. 3 mit dem Verweis auf BVerfGE 34, 252 [256]; BVerfGE 55, 261 [269]. Wie hier auch die Einordnung von Schmittat, ZHR 148 (1984), 428 [452]. 179  BVerfGE 40, 196 [219 f.]. 180  Papier, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz Kommentar, Band 2, Art. 14, Rdnr.  234; Scholz, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz Kommentar, Band 2, Art. 12, Rdnr.  417 ff.; Huber, Peter M., Konkurrenzschutz im Verwaltungsrecht, S. 318, 320 f.; Manssen, in: v.  Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grundge­ setz, Art. 12, Rdnr.  84 f.; Kämmerer, Privatisierung, S. 223; Helm, Rechtspflicht zur Privatisierung, S. 133 ff.; Dickersbach, WiVerw 1983, 187 [209]; Krölls, GewArch 1992, 281 [283]; Ronellenfitsch, Wirtschaftliche Betätigung des Staates, in: Isen­ see / Kirchhof (Hrsg.), HdStR  III, 1. Auflage, § 84, Rdnr.  34 f.; Püttner, Die öffentli­ chen Unternehmen, S. 103; Reidt, Eigenwirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand, in: Jarass, Wirtschaftsverwaltungsrecht, § 12, Rdnr.  32, 45; Huber, Peter M., Die unternehmerische Betätigung der öffentlichen Hand, in: Brenner / Huber / Möstl (Hrsg.), Festschrift Badura, S. 897 [914 f.]. Vgl. Weiß, Privatisierung und Staatsauf­ gaben, S. 248; Emmerich, AG 1985, 293 [294]; v.  Maydell / Scholz, Grenzen der Eigenwirtschaft gesetzlicher Krankenversicherungsträger, S. 122; Papier, DVBl. 1984, 801 [809]; Lerche, JurA 1970, 821 [847]; Herzog, Der Staat 2 (1963), 399 [414 f.]; Gerke, Jura 1985, 349 [356 f.]. 181  BVerfGE 86, 28 [38 f.]. 182  Das Bundesverfassungsgericht hat sich mit der Konkurrenz von Arbeitneh­ merkammern und Gewerkschaften auseinandergesetzt. Das allerdings unter dem Gesichtspunkt des Eingriffs in die Vereinigungsfreiheit der Arbeitnehmer, Art. 9 Abs. 1 GG. Im Ergebnis wurde die Mitgliedschaft kraft Gesetzes als verfassungs­ gemäß beurteilt, BVerfGE 38, 281 [310 f.]. In dieser Entscheidung ging es also nicht um die verfassungsrechtliche Beurteilung der Konkurrenz von Gewerkschaf­ ten zu Arbeitnehmerkammern, sondern um die damit verbundene Zwangsmitglied­ schaft.



B. Schutz vor öffentlicher Konkurrenz durch die Berufsfreiheit179

VI.  Freiheit der Berufswahl und der Berufsausübung Die Vertreter der Theorie des engen Gewährleistungsgehalts versuchen, nach der Bestimmung des Anknüpfungspunkts – des Berufsbegriffs – den Gewährleistungsgehalt der Berufsfreiheit herauszuarbeiten. Sie nehmen an, die Berufsfreiheit schütze weder vor privater, noch vor öffentlicher Konkur­ renz. Bei der Bestimmung des Gewährleistungsgehalts und des Schutzbe­ reichs handelt es sich jedoch nicht um Gegensätze. Denn ebenso wie der Gewährleistungsgehalt eines Grundrechts beschränkt ist, hat auch der Schutzbereich nur einen bestimmten Umfang. Wie weit der Schutzbereich reicht beziehungsweise was der Inhalt des Gewährleistungsgehalts ist, lässt sich nur durch Auslegung bestimmen. Beiden Ansätzen liegt also dieselbe Methode zugrunde.183 Für die hier gegebene Frage, ob die Berufsfreiheit vor öffentlicher Kon­ kurrenz schützt, kann nur die Inhaltsbestimmung der Berufsfreiheit der Ausgangspunkt sein. Dabei ist darauf zu achten, die dargestellten Besonder­ heiten – etwa, dass es sich um öffentliche Konkurrenz handelt – entspre­ chend zu berücksichtigen. Die zeitgleiche Gewährleistung der freien Wahl der Ausbildungsstelle macht deutlich, dass die Berufsfreiheit weit zu verstehen ist.184 Der Schutz­ umfang beschränkt sich nicht auf solche Handlungen, die einen direkten Bezug zu einer beruflichen Tätigkeit aufweisen. Vielmehr werden auch solche erfasst, die der Berufswahl dienen. Damit hat Art. 12 Abs. 1 GG auch Bedeutung etwa bei Prüfungen, die vor der Aufnahme eines Berufes abzulegen sind.185 Die Freiheit der Berufswahl ist demnach dann betroffen, wenn sich eine Maßnahme vor Aufnahme des Berufs als Zugangssperre auswirkt.186 Das erfasst auch faktische Hindernisse, die zwar eine formelle Berufswahl ermöglichen, die Chance auf spätere Berufsausübung jedoch nicht besteht: Denn in diesem Fall liefe die getroffene Wahl leer. Die Freiheit der Berufsausübung187 steht in engem Zusammenhang mit der freien Berufswahl. Eine Abgrenzung beider Gewährleistungen ist jedoch möglich. Die Freiheit der Berufswahl gewährleistet zunächst die Wahl eines Berufes und die Aufnahme desselben. Die konkreten, damit verbundenen 183  Vgl. die Ausführungen von Böckenförde, Der Staat 42 (2003), 165 [175 ff.], der beschreibt, wie der Gewährleistungsgehalt zu bestimmen sei. 184  Kämmerer, in: v.  Münch / Kunig (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 12, Rdnr.  26. 185  Dazu näher Kämmerer, in: v. Münch / Kunig (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 12, Rdnr.  26, 35 ff. 186  BVerfGE 21, 245 [249 f.]. 187  Vgl. zu dieser Schulte, DVBl. 1988, 512 [515].

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6. Kap.: Grundrechtlicher Schutz vor öffentlicher Konkurrenz

beruflichen Handlungen fallen unter die Gewährleistung der freien Berufs­ ausübung. Insbesondere die dafür erforderlichen Vertragsschlüsse188, Preis­ gestaltung189, Werbung190 und andere Aspekte werden von der Berufsaus­ übungsfreiheit erfasst. Regelungen, die die Berufsausübung betreffen, zeichnen sich dadurch aus, dass sie nicht auf die Freiheit der Berufswahl zurückwirken und somit nur bestimmen, wie die Berufsangehörigen ihre Tätigkeit im Einzelnen zu gestalten haben.191 Reine Berufsausübungsregeln sind also solche, die weder von der Wahl eines bestimmten Berufes abhal­ ten, noch zu der Beendigung einer Tätigkeit zwingen. Tätigkeiten können durch eine Berufsausübungsregelung auch so einge­ schränkt werden, dass sie wirtschaftlich nicht mehr sinnvoll ausgeübt wer­ den können. In diesen Fällen ist es denkbar, dass eine Berufsausübungsre­ gelung wie eine Einschränkung der Berufswahl wirkt. Den auf diese Weise indirekt wirkenden Ausübungsregelungen kann jedoch erst die Wirkung ei­ ner Einschränkung der Berufswahl zukommen, wenn sie dazu führen, dass die betroffenen Berufsangehörigen in aller Regel – und nicht nur in Aus­ nahmefällen – wirtschaftlich nicht mehr in der Lage sind, den gewählten Beruf ganz oder teilweise zur Grundlage ihrer Lebensführung zu machen.192 Für eine solche Beurteilung kommt es also nicht auf den einzelnen Berufs­ tätigen an, sondern auf eine Betrachtung der überwiegenden Zahl der Be­ rufsangehörigen. Dass Art. 12 Abs. 1 GG Berufswahl und Berufsausübung erfasst, ist zu­ nächst unstreitig.193 Wie diese beiden Gewährleistungen in Verbindung ste­ hen, wird jedoch unterschiedlich beurteilt. Das Bundesverfassungsgericht hat früh die Freiheit der Berufswahl und die Freiheit der Berufsausübung zu einem einheitlichen Gewährleistungsgehalt der Berufsfreiheit zusam­ mengeführt.194 Art. 12 Abs. 1 GG gewährleiste demnach das einheitliche Grundrecht der Berufsfreiheit. Der Ausgangspunkt dafür ist die Überle­ gung, beide Elemente ließen sich kaum voneinander trennen. Die stetige Berufsausübung sei eine fortwährende Bestätigung der Berufswahl, die Be­ rufswahl wiederum stelle den Anfang der Berufsausübung dar.195 Diese 188  BVerfGE 116, 202 [221 f.]. Vgl. auch BVerfGE 77, 84 [114]; BVerfGE 77, 308 [332]. 189  BVerfGE 106, 275 [298]; BVerfGE 114, 196 [244]. 190  BVerfGE 85, 97 [104]; BVerfGE 85, 248 [256]; BVerfGE 94, 372 [389]; BVerfGE 95, 173 [181]; BVerfGE 105, 252 [266]; BVerfGE 111, 366 [373] 191  BVerfGE 7, 377 [405 f.]. 192  BVerfGE 30, 292 [314]. 193  Vgl. Papier, DVBl. 1984, 801 [803]. 194  Begründet in BVerfGE 7, 377 [400 ff.]; aus der ständigen Rechtsprechung: BVerfGE 9, 338 [344 f.]; BVerfGE 92, 140 [151]; BVerfGE 95, 193 [214]. 195  BVerfGE 7, 377 [401].



B. Schutz vor öffentlicher Konkurrenz durch die Berufsfreiheit181

Zusammenfassung zu einem einheitlichen Grundrecht ist anerkannt196 und häufig unbestritten197. Der Wortlaut des Art. 12 Abs. 1 GG legt jedoch eine andere Auslegung nahe.198 Die Freiheit der Berufswahl ist als Gewährleistung ausdrücklich in Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG genannt. Ein Schrankenvorbehalt derselben findet sich dort nicht, ebenso wie auch Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG dem Wortlaut nach nur die Berufsausübung, nicht hingegen die Berufswahl erfasst. Letztere wäre damit ein vorbehaltlos gewährleistetes Freiheitsrecht.199 Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG erwähnt zwar die Berufsausübung, er ist jedoch ausgehend vom Wortlaut nur ein einfacher Schrankenvorbehalt für die Frei­ heit der Berufsausübung.200 Die Berufsausübung würde demnach von die­ sem nicht gewährleistet, sondern als gewährleistet vorausgesetzt werden. Damit wäre denkbar, dass Art. 12 Abs. 1 GG die Berufswahl vorbehaltlos schützt, die Berufsausübung jedoch nur von der allgemeinen Handlungsfrei­ heit erfasst würde und Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG nur eine Schranke für diese darstellte. Ein solcher Schrankenvorbehalt in einem anderen Grundgesetz­ artikel wäre zwar ungewöhnlich, mit Art. 12a, Art. 17a gibt es jedoch ver­ gleichbare Fälle, die sich auf vorstehende Grundrechte beziehen. Jedoch könnte dann auch der – dem Wortlaut nach vorbehaltlose – Schutz der 196  Mann, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 12, Rdnr.  14; Manssen, in: v.  Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 12, Rdnr.  1 ff.; Manssen, Staatsrecht II, Rdnr.  587; Jarass / Pieroth, Grundgesetz Kom­ mentar, Art. 12, Rdnr. 1; Kämmerer, in: v. Münch / Kunig (Hrsg.), Grundgesetz Kom­ mentar, Art. 12, Rdnr. 24; Ruffert, in: Epping / Hillgruber (Hrsg.), Grundgesetz Kom­ mentar, Art. 12, Rdnr.  18, 47; Kluth, Grenzen kommunaler Wettbewerbsteilnahme, S. 59 f.; Hösch, Die kommunale Wirtschaftstätigkeit, S. 49; Depenheuer, Freiheit des Berufs und Grundfreiheiten der Arbeit, in: Badura / Dreier (Hrsg.), Festschrift 50 Jahre Bundesverfassungsgericht, S. 241 [249]; Schneider, Hans-Peter, Berufsfreiheit, in: Merten / Papier (Hrsg.), HdGR V, § 113, Rdnr. 31; Scharpf, GewArch 2005, 1 [4]; Tettinger, AöR 108 (1983), 92 [105]; Dietlein, Berufs-, Arbeitsplatz- und Ausbil­ dungsfreiheit, in: Stern, Staatsrecht IV / 1, § 111 I 2, S. 1770; Schneider, Hans-Peter, Artikel 12 GG – Freiheit des Berufs und Grundrecht der Arbeit, in: VVDStRL 43 (1984), S. 7 [18]. Vgl. Papier, Grundgesetz und Wirtschaftsordnung, in: Benda / Mai­ hofer / Vogel (Hrsg.), Handbuch des Verfassungsrecht der Bundesrepublik Deutsch­ land, § 18, Rdnr. 52; Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 163. Vgl. auch Kluth, Jura 2001, 371 [372]. 197  Zumindest zweifelnd: Hufen, NJW 1994, 2913 [2917]; Nolte, in: Stern / Be­ cker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, Art. 12, Rdnr.  37 f.; Wieland, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 12, Rdnr.  48. 198  Hierzu und zum Folgenden Lücke, Die Berufsfreiheit; Hufen, NJW 1994, 2913 [2917 f.]. Vgl. auch Depenheuer, Freiheit des Berufs und Grundfreiheiten der Arbeit, in: Badura / Dreier (Hrsg.), Festschrift 50 Jahre Bundesverfassungsgericht, S. 241 [261]. 199  Vgl. Lücke, Die Berufsfreiheit, S. 3 ff. 200  Vgl. Lücke, Die Berufsfreiheit, S. 3 ff.

182

6. Kap.: Grundrechtlicher Schutz vor öffentlicher Konkurrenz

Berufswahlfreiheit unter Rückgriff auf die verfassungsmäßige Ordnung um­ gangen werden: Denn die bloße Gewährleistung der Berufswahl bringt ohne die zeitgleiche Gewährleistung der Freiheit der Berufsausübung keinen tat­ sächlichen Freiheitsgewinn. Insoweit muss auch im Rahmen der Wortlaut­ auslegung die Freiheit der Berufswahl die der Berufsausübung mit ein­ schließen.201 Zugleich müssen sie ähnlichen Schranken unterfallen, um den Freiheitsschutz der Berufswahl nicht zu unterlaufen. Letzteres ist mit einem ausdrücklichen Schrankenvorbehalt der Berufsausübung gegeben. Der Wort­ lautauslegung des Art. 12 Abs. 1 GG nach handelt es sich bei der Berufs­ freiheit nicht um ein einheitliches, sondern ein umfassendes Grundrecht. Für die inhaltliche Bestimmung der Berufsfreiheit ist demnach festzuhal­ ten, dass sowohl die Einordnung als einheitliches Grundrecht, wie auch die Wortauslegung die Teilbereiche der Berufswahl wie auch der Berufsaus­ übung als geschützt anerkennen. Beide Elemente müssen demnach bei der Bestimmung des Schutzbereichs berücksichtigt werden. Vor diesem Hinter­ grund ist die These, der Schutzbereich der Berufsfreiheit sei nur in beson­ deren Fällen öffentlicher Konkurrenz eröffnet, nochmals zu betrachten. Auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und die Rechts­ lehre erkennen eine Schutzbereichseröffnung an,202 wenn es sich um be­ stimmte Formen der Konkurrenz durch die öffentliche Hand handelt. Dazu zählen das Monopol203, der Verdrängungswettbewerb oder die Auszehrung der Konkurrenz204 und die Unmöglichkeit der privaten Konkurrenz bezie­ hungsweise der Berufsausübung205. Ordnet man diese Konkurrenzformen den beiden dargestellten Gewährleis­ tungsbereichen zu, so gelangt man zu dem Ergebnis, dass durch ein Mono­ pol, den Verdrängungswettbewerb oder die Unmöglichkeit privater Konkur­ renz die Gewährleistung der Berufswahl berührt ist.206 Denn in diesen Fällen 201  Lücke,

Die Berufsfreiheit, S. 8 f. DVBl. 2002, 421 [422, 428]; Badura, Das Berufsrecht in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, in: Schmidt-Aßmann / Sell­ ner / Hirsch / Kemper / Lehmann-Grube (Hrsg.), Festgabe 50 Jahre Bundesverwal­ tungsgericht, S. 785 [791 f.]; Kämmerer, in: v.  Münch / Kunig (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 12, Rdnr.  50; Papier, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz Kommentar, Band 2, Art. 14, Rdnr.  234; Scholz, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz Kommentar, Band 2, Art. 12, Rdnr.  412, 417 ff.; Manssen, in: v.  Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 12 Abs. 1, Rdnr.  84; Jarass / Pieroth, Grundge­ setz Kommentar, Art. 12, Rdnr.  23. 203  BVerwG, DÖV 1970, 823 [824], BVerwGE 39, 329 [334]. 204  BVerwG, NJW 1978, S. 1539 [1540]. 205  BVerwG, NJW 1995, 2938 [2939]. 206  Helm, Rechtspflicht zur Privatisierung, S. 142; Papier, Grundgesetz und Wirt­ schaftsordnung, in: Benda / Maihofer / Vogel (Hrsg.), Handbuch des Verfassungsrecht der Bundesrepublik Deutschland, § 18, Rdnr.  38. 202  Pieroth / Hartmann,



B. Schutz vor öffentlicher Konkurrenz durch die Berufsfreiheit183

ist entweder der Zugang zu dem monopolisierten Beruf verwehrt und diese konkrete Berufswahl nicht möglich. Oder es ist die Wahl dieses Berufes wirt­ schaftlich nicht sinnvoll, weil von vornherein ein Verdrängungswettbewerb zu erwarten, eine dauerhafte Ausübung des Berufes nicht möglich ist und damit auch Anfangsinvestitionen wirtschaftlich nicht zu rechtfertigen sind. Doch neben der Berufswahl wird auch die Berufsausübung geschützt. Diese wird durch die öffentliche Konkurrenz auch unterhalb der Monopolschwelle dahin gehend beeinflusst, dass die Anbieter ihr Angebot an die veränderten Konkurrenzbedingungen anpassen müssen.207 Die Art und Weise der Berufs­ ausübung wird dadurch betroffen, mithin ein Teilbereich der Berufsfreiheit. Somit ist der Schutzbereich auch in diesen Fällen eröffnet.208 Mit diesem 207  Faßbender, Karl-Josef, DÖV 2005, 89 [98]; Kirchhof, Paul, Verwalten durch „mittelbares“ Einwirken, S. 357. 208  Wie hier: Battis, GewArch 1982, 145 [150]; Ehlers, Verwaltung in Privat­ rechtsform, S. 101, 102 ff.; Hoffmann-Becking, Die Begrenzung der wirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand durch Subsidiaritätsprinzip und Übermaßverbot, in: Menger (Hrsg.), Festschrift Wolff, S. 445 [457 ff.]; Cremer, DÖV 2003, 921 [925 ff.]; Weiß, Privatisierung und Staatsaufgaben, S. 257 ff.; Ossenbühl, Bestand und Erweiterung des Wirkungskreises der Deutschen Bundespost, S. 118; Ossenbühl, AöR 115 (1990), 1 [13]; Hösch, DÖV 2000, 393 [396 ff.]; Faßbender, Karl-Josef, DÖV 2005, 89 [97 ff.]; v.  Maydell / Scholz, Grenzen der Eigenwirtschaft gesetzlicher Krankenversicherungsträger, S. 122; Krölls, GewArch 1992, 281 [283]; Isensee, DB 1979, 145 [149]; Isensee, Umverteilung durch Sozialversicherungsbeiträge, S. 71 f.; Hösch, Die kommunale Wirtschaftstätigkeit, S. 56 ff.; Erichsen, Kommunalrecht des Landes Nordrhein-Westfalen, § 11 D 2 b cc, S. 277 f.; Grawert, Zuständigkeitsgren­ zen der Kommunalwirtschaft, in: Grupp / Ronellenfitsch (Hrsg.), Festschrift Blümel, S. 119 [134 f.]; Pielow, NWVBl. 1999, 369 [375 f.]; Isensee, Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, S. 286 ff.; Gallwas, Faktische Beeinträchtigungen im Bereich der Grundrechte, S. 104 f.; Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht. Allgemeiner Teil, S. 523 ff.; Schallemacher, Die industriellen Bundesunternehmen, S. 288 f.; Erichsen, Gemeinde und Private im wirtschaftlichen Wettbewerb, S. 29; Schliesky, Öffentli­ ches Wettbewerbsrecht, S. 88 ff.; Löwer, Der Staat als Wirtschaftssubjekt und Auf­ traggeber, in: VVDStRL 60 (2000), S. 416 [445 ff.]; Schliesky, DVBl. 1999, 78 [82]; Heintzen, Rechtliche Grenzen und Vorgaben für eine wirtschaftliche Betätigung von Kommunen im Bereich der gewerblichen Gebäudereinigung, S. 22 f.; Selmer, Wirt­ schaftliche Betätigung der öffentlichen Hand und Unternehmergrundrechte, in: Sto­ ber / Vogel (Hrsg.), Wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand, S. 75 [80 f.]; Dietlein, Berufs-, Arbeitsplatz- und Ausbildungsfreiheit, in: Stern, Staatsrecht IV / 1, § 111 IV 5, S. 1862 ff.; Henneke, NdsVBl. 1998, 273 [277]; Kannengießer, WiVerw 1998, 182 [186 f.]; Scharpf, GewArch 2005, 1 [4 f.]; Scholz, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz Kommentar, Band 2, Art. 12, Rdnr.  111, 320, 412; Emmerich / Steiner, Möglichkeiten und Grenzen der wirtschaftlichen Betätigung der öffentlich-rechtli­ chen Rundfunkanstalten, S. 75, 78; Tsiliotis, Der verfassungsrechtliche Schutz der Wettbewerbsfreiheit und seine Einwirkung auf die privatrechtlichen Beziehungen, S. 241 ff.; Rixen, Sozialrecht als öffentliches Wirtschaftsrecht, S. 271 ff.; Ehlers, Möglichkeiten und Grenzen kommunaler Wirtschaftsbetätigung, in: Ipsen (Hrsg.), Kommunalwirtschaft im Umbruch, S. 10 [25]; Huber, Peter M., Die unternehmeri­

184

6. Kap.: Grundrechtlicher Schutz vor öffentlicher Konkurrenz

Ergebnis wird zugleich der Schwierigkeit einer schleichenden Monopolisie­ rung209 vorgebeugt.210 sche Betätigung der öffentlichen Hand, in: Brenner / Huber / Möstl (Hrsg.), Festschrift Badura, S. 897 [916 f.]; Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 159 ff., 167; SchmidtLeithoff, Gemeindewirtschaft im Wettbewerb, S. 288 f. Auch Stober, Allgemeines Wirtschaftsverwaltungsrecht, § 24 V 4, S. 181 f.; Stober, Handbuch des Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrechts, § 45 IV 3a, S. 582 f.; Stober, NJW 2002, 2357 [2365 f.]. Nicht ganz eindeutig auch Lerche / v.  Pestalozza, Die Deutsche Bundespost als Wettbewerber, S. 116 f., 123; Breuer, Staatliche Berufsregelung und Wirtschaftslen­ kung, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR  VIII, § 171, Rdnr.  83 ff.; Kirchhof, Paul, DVBl. 1982, 933 [937 f.]; Tettinger, DVBl. 1999, 679 [686]; Leisner, Sozialversi­ cherung und Privatversicherung, S. 143 f.; Papier, Grundgesetz und Wirtschaftsord­ nung, in: Benda / Maihofer / Vogel (Hrsg.), Handbuch des Verfassungsrecht der Bun­ desrepublik Deutschland, § 18, Rdnr.  46; Schroeder, Kooperation zwischen Rund­ funkanstalten und Privaten bei Schallplattenherstellung und ‑vertrieb, in: Jagenburg / Maier-Reimer / Verhoeven (Hrsg.), Festschrift Oppenhoff, S. 385 [401]; Grupp, Klaus, ZHR 140 (1976), 367 [387]; Brohm, NJW 1994, 281 [283]; Spannowsky, ZGR 1996, 400 [405]; Kluth, Grenzen kommunaler Wettbewerbsteilnahme, S. 65 f., Kluth, WiVerw 2000, 184 [201]; Mann, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 12, Rdnr.  95; Schink, NVwZ 2002, 129 [138]. Vgl. auch BGHZ 82, 375 [390 f.], dazu Emmerich, AG 1985, 293 [297]. Unent­ schieden v. Arnim, Rechtsfragen der Privatisierung, S. 64 ff. Bettermann, Gewerbefreiheit der öffentlichen Hand, in: Berliner Festschrift Hirsch, S. 1 [18] erkennt die Betroffenheit der Berufsfreiheit an, den Eingriffscha­ rakter der öffentlichen Konkurrenz hingegen nicht, vgl. Hoffmann-Becking, Die Begrenzung der wirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand durch Subsidiari­ tätsprinzip und Übermaßverbot, in: Menger (Hrsg.), Festschrift Wolff, S. 445 [458]. Erdmann, DVBl. 1998, 13 [15] hält zwar die Betroffenheit der Berufsfreiheit auch unterhalb einer Monopolschwelle für gegeben, allerdings beschränkt auf Fälle erheb­ licher Marktrelevanz der öffentlichen Konkurrenz; so auch Ehlers, JZ 1990, 1089 [1096]. Ganz ähnlich Jarass, DÖV 2002, 489 [492], der die Berufsfreiheit für einschlägig hält, aber einen Eingriff von Begünstigungen der öffentlichen Hand abhängig macht, S. 494. Auch Gleske, Wettbewerb öffentlicher und privater Kreditinstitute in Deutschland, S. 174 f. nimmt den Schutz vor öffentlicher Konkurrenz an, macht den Grundrechts­ eingriff jedoch von entweder einer „besonders schwerwiegenden Belastung“ oder der Zweckrichtung des staatlichen Handelns abhängig. Tettinger, NJW 1998, 3473 [3474] sieht die Beschränkung auf die Freiheit der Berufswahl kritisch, vgl. auch Faßbender, Kurt, NJW 2004, 816 [817] mit Kritik an der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zur Berufsfreiheit. Historisch sei kurz erwähnt, dass bereits 1828 Jordan, Versuche über allgemeines Staatsrecht, S. 417 die staatliche Wirtschaftstätigkeit unter dem Gesichtspunkt der Freiheit des Gewerbes für unzulässig hielt. 209  Vgl. Helm, Rechtspflicht zur Privatisierung, S. 137; Kirchhof, Paul, DVBl. 1982, 933 [937]; Scholz, Öffentliche und Privatversicherung unter der grundgesetz­ lichen Wirtschafts- und Solidarverfassung, in: Baumann / Schirmer / Schmidt (Hrsg.), Festschrift Sieg, S. 507 [521 f.].



C. Ergebnis

185

C.  Ergebnis: Grundrechtsschutz vor öffentlicher Konkurrenz durch die Berufsfreiheit Greift staatliches Handeln in den durch Grundrechte gewährleisteten Frei­ heitsbereich ein, so betrifft das die ursprüngliche Funktion der Grundrechte als Abwehrrechte.211 Sie vermitteln den Betroffenen einen Abwehranspruch, wenn es keine überwiegenden Rechtfertigungsgründe für die Beeinträchti­ gung staatlicherseits gibt. Grundrechte vermitteln dem Bürger Freiheit. Diesen Freiheitsraum zu schützen und staatliche Beeinträchtigungen fernzu­ halten ist die Grundaufgabe derselben.212 210

Legt man den Schutzbereich eines Grundrechts dahin gehend aus, dass es gegen eine bestimmte Form staatlichen Handelns keinen Schutz vermittelt, so werden die Umstände des Einzelfalls ausgeblendet. Auch wenn in der Folge gewichtige Beeinträchtigungen der Bürger eintreten, sind diese für die zuvor getroffene grundrechtliche Bewertung ohne Belang. Denn die Ableh­ nung des Schutzbereichs des Grundrechts erfolgte anhand von abstrakten Kriterien, für die der Einzelfall unerheblich ist. Für den Fall der öffentlichen Konkurrenz bedeutet das, dass es nach den Vertretern der engen Gewährleistung der Berufsfreiheit gegen dieses staatli­ che Handeln keinen grundrechtlichen Schutz in Form eines Abwehrrechtes geben kann.213 Sie müssten in Folge annehmen, dass es auch im Fall der stärkeren Konkurrenzformen – Monopol, Verdrängungswettbewerb, Unmög­ lichkeit der Berufsausübung – einen Schutz durch die Berufsfreiheit nicht geben kann: Denn diese Auslegung ist bereits auf Schutzbereichsebene er­ folgt, die Auswirkungen des Einzelfalls sind dafür unerheblich. Diese so fortgeführte Konsequenz der engen Auslegung der Berufsfreiheit wäre in sich schlüssig. Denn zur freien wirtschaftlichen Tätigkeit gehört es auch, dass Konkurrenten im Wettbewerb unterliegen und verdrängt wer­ den.214 Die praktische Auswirkung wäre allerdings, dass der Staat die Pri­ 210  Emmerich, AG 1985, 293 [295]; v.  Maydell / Scholz, Grenzen der Eigenwirt­ schaft gesetzlicher Krankenversicherungsträger, S. 124 f. Vgl. auch Helm, Rechts­ pflicht zur Privatisierung, S. 153. 211  Zu der Konzeption der Abwehrrechte allgemein Sachs, Abwehrrechte, in: Merten / Papier (Hrsg.), HdGR  II, § 39. Vgl. ebenso BVerfGE 7, 198 [204 ff.]. 212  Dazu und zum Folgenden Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 278 ff. Vgl. Höfling, Kopernikanische Wende Rückwärts?, in: Muckel (Hrsg.), Festschrift Rüfner, S. 329 [337]. 213  Vgl. Weiß, Privatisierung und Staatsaufgaben, S. 260 unter Bezugnahme auf Kluth, Grenzen kommunaler Wettbewerbsteilnahme, S. 65. 214  Krölls, GewArch 1992, 281 [283]; Scharpf, GewArch 2005, 1 [5]; Schmidt, WM 1992, 1 [4 f.]. Vgl. Hösch, Die kommunale Wirtschaftstätigkeit, S. 57.

186

6. Kap.: Grundrechtlicher Schutz vor öffentlicher Konkurrenz

vaten von einer Markttätigkeit dem Grunde nach ausschließen könnte, indem er sie durch Konkurrenzwirtschaft vom Markt verdrängt. Dieses Ergebnis tragen weder die Vertreter des engen Gewährleistungsgehalts noch die Rechtsprechung mit. Sie nehmen an, zumindest Monopolstellungen und unzumutbare Beeinträchtigungen der Berufsfreiheit seien rechtfertigungsbe­ dürftig.215 Es wird eine tatbestandliche Rückausnahme eingeführt, um ein untragbares Ergebnis zu vermeiden. Aus dieser Rückausnahme müssen zwei Dinge geschlossen werden: Zum einen legen in diesem Fall auch die ablehnenden Stimmen die Berufsfreiheit dahin gehend aus, dass sie Schutz vor öffentlicher Konkurrenz bietet. Der Konkurrenzschutz vor öffentlicher Wirtschaftstätigkeit wird demnach auch von der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung und den diesbezüglich zustimmenden Meinungen der Rechtslehre anerkannt.216 Zum anderen wird deutlich, dass eine solche als notwendig erachtete Rückausnahme die Folge des Tatbestandsausschlusses anhand abstrakter Kriterien ist. Daraus folgt, dass die Richtigkeit eines solchen abstrakten Tatbestandsausschlusses maß­ geblich davon abhängt, ob das aus ihm folgende Ergebnis auch das solche einer Abwägung des Einzelfalls sein kann.217 Eine solche Abwägung kann jedoch nur erfolgen, wenn der Schutzbereich weit verstanden wird. Das bereits legt nahe, dass Tatbestandsausschlüsse nicht geeignet sind, grund­ rechtlich gewährleistete Freiheit abgewogen zu bestimmen beziehungsweise zu begrenzen. Das jedoch bestimmende Argument für einen grundrechtlichen Schutz vor öffentlicher Konkurrenzwirtschaft folgt aus der Auslegung der Berufsfrei­ heit. Art. 12 Abs. 1 GG schützt sowohl die Berufswahl wie auch die Berufs­ ausübung. Eine Abstufung zwischen diesen Gewährleistungsbereichen ist 215  Siehe

oben, 6. Kapitel, B. II. die Rechtsprechung und die ablehnende Rechtslehre kritisierend Weiß, Privatisierung und Staatsaufgaben, S. 258; Emmerich, AG 1985, 293 [296]; Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht. Allgemeiner Teil, S. 524 f.; Schmidt, WM 1992, 1 [4 f.]; Schmittat, ZHR 148 (1984), 428 [449 f.]; Faßbender, Karl-Josef, DÖV 2005, 89 [98]; Krölls, GewArch 1992, 281 [283]; Löwer, Der Staat als Wirtschaftssubjekt und Auftraggeber, in: VVDStRL 60 (2000), S. 416 [445]; Scharpf, GewArch 2005, 1 [5]. Vgl. Battis, GewArch 1982, 145 [150]; Scholz, Öffentliche und Privatversi­ cherung unter der grundgesetzlichen Wirtschafts- und Solidarverfassung, in: Bau­ mann / Schirmer / Schmidt (Hrsg.), Festschrift Sieg, S. 507 [520]; Isensee, Subsidiari­ tätsprinzip und Verfassungsrecht, S. 287, Fn. 242; Heintzen, Rechtliche Grenzen und Vorgaben für eine wirtschaftliche Betätigung von Kommunen im Bereich der ge­ werblichen Gebäudereinigung, S. 25; Selmer, Wirtschaftliche Betätigung der öffent­ lichen Hand und Unternehmergrundrechte, in: Stober / Vogel (Hrsg.), Wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand, S. 75 [82 f.]; Dietlein, Berufs-, Arbeitsplatz- und Ausbildungsfreiheit, in: Stern, Staatsrecht IV / 1, § 111 IV 5, S. 1862. 217  Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 290. 216  So



C. Ergebnis187

bei der Bestimmung des Schutzbereichs bedeutungslos. Weder dem Wortlaut noch der Konzeption als einheitliches Grundrecht nach ist eine Abstufung von Berufswahl und Berufsausübung auf Schutzbereichsebene vorgese­ hen.218 Erst wenn sich die Prüfung auf die Ebene der Rechtfertigung begibt, werden der Dreistufentheorie nach verschiedene Rechtfertigungsanforderun­ gen an die beiden Gewährleistungselemente gestellt. Die Gegner des Schutzes vor öffentlicher Konkurrenz decken mit der eingeführten Rückausnahme nur die Gewährleistung der Berufswahl ab. Die Berufsausübung bleibt bei ihnen unberücksichtigt.219 Das jedoch wider­ spricht der Auslegung der Berufsfreiheit mit den beiden genannten Teilge­ währleistungen. Öffentliche Konkurrenzwirtschaft kann jedenfalls die Be­ rufsausübung der Konkurrenten berühren, weshalb die Eröffnung des Schutzbereiches in Fällen staatlicher Konkurrenz auch unterhalb einer Mo­ nopolschwelle geboten ist.

218  Zu der Bedeutung der Freiheit der Berufsausübung mahnend Hufen, NJW 1994, 2913 [2917 f.]. 219  Vgl. statt vieler Hoffmann-Becking, Die Begrenzung der wirtschaftlichen Be­ tätigung der öffentlichen Hand durch Subsidiaritätsprinzip und Übermaßverbot, in: Menger (Hrsg.), Festschrift Wolff, S. 445 [459]; Gleske, Wettbewerb öffentlicher und privater Kreditinstitute in Deutschland, S. 173.

7. Kapitel

Eingriff durch Konkurrenz Nachdem sich herausgestellt hat, dass die Berufsfreiheit vor öffentlicher Konkurrenz schützt, stellt sich die Frage, wann ein grundrechtlicher Ab­ wehranspruch besteht. Das setzt einen Grundrechtseingriff voraus. Die Diskussion um die Eingriffsqualität der öffentlichen Konkurrenz wird häufig unter dem Begriff „Eingriff durch Konkurrenz“1 geführt. Zwar wird in der Regel zutreffend erkannt, dass öffentliche Konkurrenz ein nichtrechtsförmiger Eingriff sein kann.2 Welche Voraussetzungen dazu erfüllt sein müssen, wird jedoch häufig nicht geklärt.3 Das ist bemerkens­ wert, sind doch die Voraussetzungen für nichtrechtsförmige Grundrechtsein­ griffe keineswegs unumstritten. Im Gegenteil, es werden nicht nur verschie­ dene, sondern auch nahezu gegenteilige Eingriffsmerkmale vertreten. Dieses Kapitel behandelt somit die Frage, welche Voraussetzungen an die Annahme eines Grundrechtseingriffs zu stellen sind. Dazu werden zunächst die Eingriffskriterien behandelt, die klassischerweise einen Grundrechtsein­ griff ausmachen. Der wesentliche Teil dieses Kapitels besteht jedoch aus der Klärung der Bedingungen eines nichtrechtsförmigen Eingriffs. Dabei wird sich zeigen, dass für die widerspruchsfreie Bestimmung von Eingriffsmerk­ malen das zugrunde liegende Freiheitsverständnis wesentlich ist.

Formulierung geht zurück auf Scholz, AöR 97 (1972), 301 [306]. Bettermann, Gewerbefreiheit der öffentlichen Hand, in: Berliner Festschrift Hirsch, S. 1 [18]; Tettinger / Wank / Ennuschat, Gewerbeordnung, Einlei­ tung, Rdnr.  58. Eher ablehnend auch Emmerich, Das Wirtschaftsrecht der öffent­ lichen Unternehmen, S. 112. 3  So etwa bei Ossenbühl, Bestand und Erweiterung des Wirkungskreises der Deutschen Bundespost, S. 118; Scholz, AöR 97 (1972), 301 [306]; Scholz, Gemeind­ liche Gebietsreform und regionale Energieversorgung, S. 72 f.; Hoffmann-Becking, Die Begrenzung der wirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand durch Subsi­ diaritätsprinzip und Übermaßverbot, in: Menger (Hrsg.), Festschrift Wolff, S. 445 [458 ff.]; Grupp, Klaus, ZHR 140 (1976), 367 [380, 389]. Auch Püttner, Die öffent­ lichen Unternehmen, S. 91 ff. unterstellt die Möglichkeit des Eingriffs, ohne konkre­ te Kriterien zu beschreiben. 1  Diese

2  Gegenteilig



A. Öffentliche Konkurrenz anhand des rechtsförmigen Eingriffsbegriffs189

A.  Öffentliche Konkurrenz anhand des rechtsförmigen Eingriffsbegriffs I.  Rechtsförmiger Eingriffsbegriff Die grundlegende Vorstellung eines Eingriffs in grundrechtlich geschützte Räume orientierte sich an der Über- und Unterordnung von Staat und Ge­ sellschaft.4 Ein Eingriff sollte das Staatshandeln sein, das befehlend, rechts­ förmig, zielgerichtet und unmittelbar das grundrechtliche Schutzgut beein­ trächtigt.5 Das zentrale Merkmal dieser Eingriffsvorstellung ist, dass die Beeinträch­ tigung auf staatlichem Befehl beruht. Ein Gebot oder Verbot ist die einseitig verbindliche Verhaltensanordnung gegenüber dem jeweiligen Adressaten6. Die Grundlage für ein solches Gebot oder Verbot ist das demokratisch legi­ timierte Gewaltmonopol des Staates. Auf dieser Basis entfalten die Verhal­ tensanordnungen direkte Rechtswirkung gegenüber dem Adressaten: Seine rechtliche Freiheit ist durch den Befehl unmittelbar verkürzt. Die Rechtsfol­ ge des staatlichen Handelns – das Verbot oder Gebot – und die Beeinträch­ tigung der rechtlichen Freiheit sind insoweit identisch.7 Es bedarf daher keines zusätzlichen Einsatzes von Zwang, denn dieser soll nur die tatsäch­ liche Bereitschaft zum Befolgen der Rechtsordnung erhöhen. Die Verbindlichkeit der Verhaltensanordnung folgt dabei aus der der Rechtsförmigkeit des staatlichen Handelns. Nur rechtsförmiges Handeln kann die verbindliche Rechtsfolge einer Verhaltensanordnung enthalten. 4  Vgl. Weber-Dürler, Der Grundrechtseingriff, in: VVDStRL 57 (1997), S. 57 [74]. 5  BVerfGE 105, 279 [299 f.]. Peine, Der Grundrechtseingriff, in: Merten / Papier (Hrsg.), HdGR III, § 57, Rdnr. 20 ff.; Albers, DVBl. 1996, 233 [234]; Bethge, Mittel­ bare Grundrechtsbeeinträchtigungen, in: Merten / Papier (Hrsg.), HdGR  III, § 58, Rdnr.  14; Isensee, Das Grundrecht als Abwehrrecht und als staatliche Schutzpflicht, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR V, 1. Auflage, § 111, Rdnr. 61; Bleckmann / Eckhoff, DVBl. 1988, 373 [373 f.]; Ibler, Grundrechtseingriff und Gesetzesvorbehalt bei Warnungen durch Bundesorgane, in: Geis / Lorenz (Hrsg.), Festschrift Maurer, S. 145 [150]; Dreier, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Vorb. vor Art. 1, Rdnr. 124; Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 167 f.; Eckhoff, Der Grundrechtseingriff, S. 175 ff.; Sachs, JuS 1995, 303 [303 f.]; Roth, Wolfgang, Faktische Eingriffe in Frei­ heit und Eigentum, S. 7 f. 6  Sachs, Grundrechtseingriff und Grundrechtsbetroffenheit, in: Stern, Staatsrecht III / 2, § 78 II 3, S. 104. 7  Ramsauer, VerwArch 72 (1981), 89 [89]; Gallwas, Faktische Beeinträchtigun­ gen im Bereich der Grundrechte, S. 12. Zu der Wirkung von Befehl und Zwang Sachs, Grundrechtseingriff und Grundrechtsbetroffenheit, in: Stern, Staatsrecht III / 2, § 78 II 3, S. 110 ff.

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7. Kap.: Eingriff durch Konkurrenz

Imperativität und Rechtsförmigkeit sind somit untrennbar miteinander ver­ bunden und bedingen einander. Dem Merkmal der Rechtsförmigkeit kommt somit keine eigenständige Bedeutung zu.8 Ebenso verhält es sich mit der Zielgerichtetheit der Anordnung. Dieses Merkmal verlangt, dass das staatliche Handeln auf den eingetretenen Hand­ lungserfolg ausgerichtet war und dieses nicht nur eine unbezweckte, tatsäch­ liche Beeinträchtigung ist. Das rechtsförmige staatliche Handeln ist immer auf die Herbeiführung einer Rechtsfolge gerichtet. Weil die Rechtsfolge mit der Beeinträchtigung der grundrechtlich geschützten Freiheit identisch ist, er­ gibt sich hieraus keine weitere Anforderung an die Eingriffsqualität.9 Schließlich bringt auch das Merkmal der Unmittelbarkeit keine weiteren Anforderungen mit sich. Aus der Imperativität des Handelns folgt schon, dass der Befehl einem Adressaten gegenüber ausgesprochen wird. Dass das in nur mittelbarer Weise geschieht, ist nicht denkbar, sondern die Unmittel­ barkeit ist gerade ein Merkmal der Verhaltensanordnung selbst.10 Bestimmend für die rechtsförmige Eingriffsvorstellung ist demnach das Merkmal der Imperativität. Die grundrechtlich geschützte Freiheit wird durch die Anordnung einer bestimmten Verhaltensweise beeinträchtigt. Rechtsförmigkeit, Zielgerichtetheit und Unmittelbarkeit sind damit zwin­ gend verbunden. Sie sind keine eigenständigen Merkmale, sondern Elemen­ te des Gebots oder Verbots.11

II.  Anwendung auf die öffentliche Konkurrenz Öffentliche Monopole sind in der Regel rechtliche Monopole. Sie weisen die alleinige Ausübungsbefugnis einer bestimmten Tätigkeit dem Staat zu. Den Berufstätigen wird die Ausübung verboten. Das grundsätzliche Verbot der Berufsausübung kann durch die Vergabe von Konzessionen und Geneh­ migungen gelockert sein. Doch auch wenn damit eine Möglichkeit der Be­ rufsausübung besteht, bleibt es zunächst bei einem Verbot derselben durch das Monopol. Öffentliche Monopole werden durch Gesetz eingerichtet. Das Verbot der Tätigkeitsausübung wird damit rechtsförmig gefasst und ist sowohl zielge­ 8  Peine, Der Grundrechtseingriff, in: Merten / Papier (Hrsg.), HdGR  III, § 57, Rdnr.  27. 9  Peine, Der Grundrechtseingriff, in: Merten / Papier (Hrsg.), HdGR  III, § 57, Rdnr.  25. 10  Peine, Der Grundrechtseingriff, in: Merten / Papier (Hrsg.), HdGR  III, § 57, Rdnr.  26. 11  Weber-Dürler, Der Grundrechtseingriff, in: VVDStRL 57 (1997), S. 57 [60 f.].

B. Öffentliche Konkurrenz anhand des nichtrechtsförmigen Eingriffsbegriffs191

richtet wie auch unmittelbar. Diese Form der Beeinträchtigung weist damit die oben genannten Merkmale eines Eingriffs auf und kann somit leicht mit dem rechtsförmigen Eingriffsbegriff erfasst werden. Im weitaus häufigeren Fall wird jedoch die Berufsausübung nicht durch Gesetz verboten und durch staatliche Wirtschaftstätigkeit ersetzt. Vielmehr findet das staatliche Wirtschaftshandeln im Markt statt und führt zu einer staatlichen Konkurrenz neben den Privaten. Dieses Handeln ist nicht mit dem rechtsförmigen Verbot an die Berufstätigen verbunden, ihre berufliche Tätigkeit aufzugeben.12 So verhält es sich auch im gegebenen Fall. Durch die Einführung des Güterichters ist es den Mediatoren nicht verboten worden, Mediationen anzubieten. Bei den bereits genannten Normen handelt es sich um die Re­ gelung von innergerichtlichen Abläufen. Die Mediatoren werden durch die Vorschriften rechtlich nicht beeinträchtigt. Mit den genannten Voraussetzun­ gen lässt sich ein Eingriff in diesem Fall nicht begründen.

B.  Öffentliche Konkurrenz anhand des nichtrechtsförmigen Eingriffsbegriffs I.  Nichtrechtsförmiger Eingriffsbegriff Indem sich der dargestellte rechtsförmige Eingriffsbegriff auf befehlendes Handeln des Staates beschränkt, werden Beeinträchtigungen durch andere Handlungsformen von der grundrechtlichen Bewertung nicht erfasst.13 Kon­ krete Freiheitsbeeinträchtigungen können jedoch auch durch nichtrechtsför­ miges Staatshandeln eintreten. Solche Beeinträchtigungen werden in der Regel entweder der Gruppe der faktischen oder der der mittelbaren Eingrif­ fe zugeordnet. Zu den faktischen Eingriffen zählen solche Beeinträchtigun­ gen der Grundrechtsträger, denen keine Regelung, sondern tatsächliches staatliches Handeln zugrunde liegt. Zu den mittelbaren Eingriffen gehören die Fälle, in denen eine Regelung so auf eine Adressatengruppe einwirkt, dass es dadurch zu einer Beeinträchtigung einer weiteren Gruppe kommt.14 12  Vgl. Gleske, Wettbewerb öffentlicher und privater Kreditinstitute in Deutsch­ land, S. 176. 13  Vgl. insoweit Bettermann, Gewerbefreiheit der öffentlichen Hand, in: Berliner Festschrift Hirsch, S. 1 [18], der die Betroffenheit der Berufsfreiheit anerkennt, den Eingriffscharakter der öffentlichen Konkurrenz hingegen nicht, vgl. Hoffmann-Becking, Die Begrenzung der wirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand durch Subsidi­ aritätsprinzip und Übermaßverbot, in: Menger (Hrsg.), Festschrift Wolff, S. 445 [458]. 14  Albers, DVBl. 1996, 233 [233]; Peine, Der Grundrechtseingriff, in: Merten / Pa­ pier (Hrsg.), HdGR  III, § 57, Rdnr.  29; Ramsauer, VerwArch 72 (1981), 89 [89 f.].

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7. Kap.: Eingriff durch Konkurrenz

Die beiden Eingriffsarten können sich jedoch deutlich überschneiden. Fak­ tische Beeinträchtigungen können durch Private oder Zwischenschritte ver­ mittelt und damit zu mittelbaren Eingriffen werden. Wie auch die Beeinträch­ tigung einer Gruppe, die wegen der Regelung einer anderen Gruppe eintritt, für diese als faktische und nicht als mittelbare Beeinträchtigung erscheinen kann. Insoweit ist besser von nichtrechtsförmigen Eingriffen zu sprechen. Die Form der Handlung kann nicht dafür ausschlaggebend sein, ob ein Eingriff vorliegt oder nicht. Anderenfalls könnte es zu Beeinträchtigungen kommen, die keinerlei Schranken unterlägen. Die Vorgaben an staatliches Handeln könnten so unterlaufen werden. Ebenso wenig wie der Staat aus der öffentlich-rechtlichen Bindung fliehen kann,15 kann er durch die For­ menwahl seiner Handlungen aus der grundrechtlichen Bindung entlassen werden.16 Die Beschränkung auf befehlendes Handeln und das Außeracht­ lassen von nichtrechtsförmigen Eingriffen bewirkt jedoch genau das. Die Erkenntnis, dass auch nichtrechtsförmige Beeinträchtigungen grund­ rechtlich relevant sind, ist unbestritten. Es kommt alleine auf die Wirkung einer staatlichen Maßnahme auf die grundrechtlich geschützte Freiheit an.17 An diese Erkenntnis musste sich auch das Eingriffsverständnis anpassen. 15  Fleiner,

Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts, S. 326. DVBl. 1971, 674 [681]; Lerche, JurA 1970, 821 [845]; Krölls, Gew­ Arch 1992, 281 [284]; Weber-Dürler, Der Grundrechtseingriff, in: VVDStRL 57 (1997), S. 57 [75 f.]; Stern, Staatsrecht III / 1, § 72 III 4, S. 1207. Das Bundesverfas­ sungsgericht, DVBl. 2009, 1440 [1441], spricht insoweit von einem „funktionalen Äquivalent“. 17  BVerfGE 38, 281 [303 f.]; BVerfGE 105, 279 [300 f.]. Peine, Der Grundrecht­ seingriff, in: Merten / Papier (Hrsg.), HdGR  III, § 57, Rdnr.  29 ff.; Helm, Rechts­ pflicht zur Privatisierung, S. 147; Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 101; Ossenbühl, Bestand und Erweiterung des Wirkungskreises der Deutschen Bundes­ post, S. 118; Isensee, Umverteilung durch Sozialversicherungsbeiträge, S. 71 f.; ­Hösch, DÖV 2000, 393 [397]; Krölls, GewArch 1992, 281 [283]; Hoffmann-Becking, Die Begrenzung der wirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand durch Subsi­ diaritätsprinzip und Übermaßverbot, in: Menger (Hrsg.), Festschrift Wolff, S. 445 [457]; Hösch, Die kommunale Wirtschaftstätigkeit, S. 53; Grupp, Klaus, ZHR 140 (1976), 367 [380]; Gleske, Wettbewerb öffentlicher und privater Kreditinstitute in Deutschland, S. 176; Albers, DVBl. 1996, 233 [234]; Friauf, DVBl. 1971, 674 [681]; Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 141; Scholz, Öffentliche und Pri­ vatversicherung unter der grundgesetzlichen Wirtschafts- und Solidarverfassung, in: Baumann / Schirmer / Schmidt (Hrsg.), Festschrift Sieg, S. 507 [519]; Lerche, JurA 1970, 821 [846 f.]; Sodan, DÖV 1987, 858 [863]; Grabitz, Freiheit und Verfassungs­ recht, S. 32 ff.; Roth, Andreas, Verwaltungshandeln mit Drittbetroffenheit und Geset­ zesvorbehalt, S. 138 ff., 160, 290 ff.; Ramsauer, Die faktischen Beeinträchtigungen des Eigentums, S. 126 f. Vgl. Gallwas, Faktische Beeinträchtigungen im Bereich der Grundrechte, S. 108 f.; Murswiek, NVwZ 2003, 1 [3 f.]; Discher, JuS 1993, 463 [464]; Roth, Wolfgang, Faktische Eingriffe in Freiheit und Eigentum, S. 33 f., 225 ff. 16  Friauf,

B. Öffentliche Konkurrenz anhand des nichtrechtsförmigen Eingriffsbegriffs193

Nach mittlerweile vorherrschendem Verständnis stellt jedes dem Staat zurechenbare Handeln einen Eingriff dar, das die grundrechtliche geschütz­ te Freiheit verkürzt.18 In Rechtsprechung19 und Rechtslehre20 ist dieser Ansatz auch für die Berufsfreiheit grundsätzlich anerkannt. Der erweiterte Eingriffsbegriff enthält zwei Elemente:21 Zum einen muss es eine grundrechtlich relevante Beeinträchtigung geben, zum anderen muss diese dem Staat zugerechnet werden können.22 Welche Anforderungen an beide Merkmale zu stellen sind, ist indes umstritten. Im Folgenden wird bezogen auf die Gruppe der nichtrechtsförmigen Beeinträchtigungen zu­ Klein, Die Teilnahme des Staates am wirtschaftlichen Wettbewerb, S. 177 hält hingegen nur Rechtsmöglichkeiten, nicht die tatsächliche Betätigungsmöglichkeit für geschützt, vgl. Schmittat, ZHR 148 (1984), 428 [448 f.]. 18  BVerfGE 110, 177 [191]. Pieroth / Schlink / Kingreen / Poscher, Grundrechte, Rdnr.  253; Bleckmann / Eckhoff, DVBl. 1988, 373 [380]; Lübbe-Wolff, Die Grund­ rechte als Eingriffsabwehrrechte, S. 70 ff.; Bethge, Mittelbare Grundrechtsbeeinträch­ tigungen, in: Merten / Papier (Hrsg.), HdGR  III, § 58, Rdnr.  16; Peine, Der Grund­ rechtseingriff, in: Merten / Papier (Hrsg.), HdGR III, § 57, Rdnr. 29 ff.; Stern, Staats­ recht III / 1, § 72 III 4, S. 1207. 19  BVerfGE 13, 181 [186]; BVerfGE 22, 380 [384]; BVerfGE 46, 120 [137]; BVerfGE 81, 108 [121 f.]; BVerfGE 95, 267 [302]; BVerfGE 116, 202 [222]; BVerfGE 123, 90 [110]. Vgl. Badura, Die Wirtschaftstätigkeit der öffentlichen Hand und die neue Sicht des Gesetzesvorbehalts, in: Baur / Hopt / Mailänder (Hrsg.), Fest­ schrift Steindorff, S. 835 [846 ff.]. 20  Wenn auch die Voraussetzungen im Einzelnen umstritten sind, erkennen die grundsätzliche Eingriffsmöglichkeit an Manssen, in: v. Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 12 Abs. 1, Rdnr.  73; Nolte, in: Stern / Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, Art. 12, Rdnr.  78; Kämmerer, in: v.  Münch /  Kunig (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 12, Rdnr. 46; Jarass / Pieroth, Grundge­ setz Kommentar, Art. 12, Rdnr. 15 ff.; Mann, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommen­ tar, Art. 12, Rdnr.  94; Scholz, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz Kommentar, Band 2, Art. 12, Rdnr. 300 ff.; Ruffert, in: Epping / Hillgruber (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 12, Rdnr.  51 ff.; Ruffert, in: Epping / Hillgruber (Hrsg.), BeckOK GG, Art. 12, Rdnr. 58 ff.; Wieland, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 12, Rdnr. 71 ff.; Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 100 ff.; Kirchhof, Paul, Verwalten durch „mittelbares“ Einwirken, S. 369 f.; Kluth, Grenzen kommunaler Wettbewerbsteilnah­ me, S. 65 f.; Krölls, GewArch 1992, 281 [283 f.]; Schmidt, Öffent­liches Wirtschafts­ recht. Allgemeiner Teil, S. 523; Kluth, Jura 2001, 371 [373]; Langer, JuS 1993, 203 [208 f.]; Jarass, DÖV 2002, 489 [493]; Tettinger / Wank / Ennuschat, Gewerbeordnung, Einleitung, Rdnr.  26, 57; Huber, Peter M., Die unternehmerische Betätigung der öf­ fentlichen Hand, in: Brenner / Huber / Möstl (Hrsg.), Festschrift Badura, S. 897 [910]. 21  Vgl. Bethge, Mittelbare Grundrechtsbeeinträchtigungen, in: Merten / Papier (Hrsg.), HdGR  III, § 58, Rdnr.  5; Ibler, Grundrechtseingriff und Gesetzesvorbehalt bei Warnungen durch Bundesorgane, in: Geis / Lorenz (Hrsg.), Festschrift Maurer, S. 145 [154]. 22  Vgl. Bethge, Mittelbare Grundrechtsbeeinträchtigungen, in: Merten / Papier (Hrsg.), HdGR III, § 58, Rdnr. 5; Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 175, 181. Vgl. auch BVerfGE 66, 39 [60].

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7. Kap.: Eingriff durch Konkurrenz

nächst untersucht werden, wann eine grundrechtliche Beeinträchtigung dem Staat zugerechnet werden kann. Daraufhin stellt sich die Frage, ob weitere Anforderungen an die Beeinträchtigung zu stellen sind.

II.  Zurechnungskriterien 1.  Kausalität Das zentrale Merkmal des modernen Eingriffsverständnisses ist die Ver­ antwortung des Staates für eine Beeinträchtigung. Eine solche Verantwor­ tung kann nur begründet werden, wenn das staatliche Verhalten als kausal für die Beeinträchtigung eingeordnet werden kann.23 Die Kausalität von Handlung und Beeinträchtigung wird im Rahmen des rechtsförmigen Ein­ griffsverständnisses schon durch das Merkmal der Verhaltensregelung un­ ausgesprochen vorausgesetzt. Bei einer nichtrechtsförmigen Beeinträchti­ gung gibt es ein solches an den Betroffenen gerichtetes Gebot oder Verbot gerade nicht. Alleine das tatsächliche Handeln des Staates beeinträchtigt diesen. Aus diesem Grund ist Kausalität eine notwendige Voraussetzung für die Qualifikation als Eingriff.24 Kausalität könnte sodann im Sinn von Unmittelbarkeit verstanden wer­ den. Staatliches Handeln müsste dann ohne weitere Zwischenschritte zu der Beeinträchtigung führen. Dieses Verständnis wäre weiter als das des rechts­ förmigen Eingriffs, der nicht nur Unmittelbarkeit voraussetzt, sondern zu­ gleich auch Anforderungen an die Handlungsform stellt. Mit so einem Be­ griffsverständnis könnten auch tatsächliche Handlungen erfasst werden, je­ doch müssten diese direkt zu einer Beeinträchtigung führen. Bei einem solchen Ansatz besteht die Gefahr, dass der Staat über die Beeinflussung von Dritten grundrechtliche Freiheit beschränken könnte. Solches drittvermittelte staatliche Handeln würde vom Merkmal der Unmit­ telbarkeit nicht erfasst.25 Ebenso lassen sich bei jeder Beeinträchtigung na­ 23  Ramsauer, VerwArch 72 (1981), 89 [99]; Roth, Andreas, Verwaltungshandeln mit Drittbetroffenheit und Gesetzesvorbehalt, S. 288 ff.; Sodan, Kollegiale Funkti­ onsträger als Verfassungsproblem, S. 518 f.; Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 181. Vgl. Bleckmann / Eckhoff, DVBl. 1988, 373 [380]. Auch BVerfGE 66, 39 [60]. Russel, Proceedings Vol. 13, S. 1 legte bereits Anfang des vergangenen Jahrhun­ derts dar, dass es große Zweifel an der Begründung von Kausalität gibt. Möglicher­ weise kann sich die Rechtswissenschaft dieser Diskussion mit der Begründung ent­ ziehen, Kausalität sei ein Rechtsbegriff. 24  BVerfGE 66, 39 [60 ff.]. Ramsauer, VerwArch 72 (1981), 89 [99]; Ibler, Grundrechtseingriff und Gesetzesvorbehalt bei Warnungen durch Bundesorgane, in: Geis / Lorenz (Hrsg.), Festschrift Maurer, S. 145 [153]. 25  Vgl. Bethge, Mittelbare Grundrechtsbeeinträchtigungen, in: Merten / Papier (Hrsg.), HdGR  III, § 58, Rdnr.  14; Ibler, Grundrechtseingriff und Gesetzesvorbehalt

B. Öffentliche Konkurrenz anhand des nichtrechtsförmigen Eingriffsbegriffs 195

hezu beliebig viele Zwischenursachen beschreiben. Welche davon die Un­ mittelbarkeit entfallen lassen sollen, ist eine Wertungsfrage, die sich nicht vorab bestimmen lässt.26 Um die daraus folgende Schutzlücke nicht entstehen zu lassen, muss Kausalität im Sinn der Äquivalenzkausalität verstanden werden. Jeder Um­ stand, der bestimmend oder auch nur mitbestimmend ist, genügt, um einen Ursachenzusammenhang zu begründen.27 Es kann nicht bestritten werden, dass die so verstandene Kausalität zu langen Ursache-Wirkungsketten führen kann.28 Nicht unbegründet erscheint auch der Einwand, dieser Ansatz erzwinge einen Totalvorbehalt,29 wenn jedes durch Kausalität vermittelte Staatshandeln einen Grundrechtseingriff darstellt30.

bei Warnungen durch Bundesorgane, in: Geis / Lorenz (Hrsg.), Festschrift Maurer, S. 145 [150 f.]; Lerche, DÖV 1961, 486 [490]; Lerche, Werbung und Verfassung, S. 108. Vgl. auch Ramsauer, VerwArch 72 (1981), 89 [94 ff.]; Friauf, DVBl. 1971, 674 [680]; Huber, Peter M., Konkurrenzschutz im Verwaltungsrecht, S. 326 f. Anders bewerten das Emmerich / Steiner, Möglichkeiten und Grenzen der wirt­ schaftlichen Betätigung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 75, nach denen die Unmittelbarkeit nicht durch die Entscheidung der Marktteilnehmer unter­ brochen werde. 26  Roth, Wolfgang, Faktische Eingriffe in Freiheit und Eigentum, S. 35 f. Vgl. BVerwG, NVwZ 1991, 980 [981]. 27  BVerfGE 66, 39 [61]. Erichsen, Allgemeine Handlungsfreiheit, in: Isen­ see / Kirchhof (Hrsg.), HdStR  VI, 1. Auflage, § 152, Rdnr.  76; Gleske, Wettbewerb öffentlicher und privater Kreditinstitute in Deutschland, S. 177; Eckhoff, Der Grund­ rechtseingriff, S. 208 ff., 212 f. Vgl. Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 171; Sachs, Grundrechtseingriff und Grundrechtsbetroffenheit, in: Stern, Staatsrecht III / 2, § 78 III 1, S. 145 mit weiteren Nachweisen. Anders hingegen Di Fabio, Risikoentscheidungen im Rechtsstaat, S. 429, der die Unmittelbarkeit im Fall einer fehlenden Zielgerichtetheit der Maßnahme fordert. 28  Vgl. Krebs, Rechtliche und reale Freiheit, in: Merten / Papier (Hrsg.), HdGR II, § 31, Rdnr.  52. 29  Emmerich, Das Wirtschaftsrecht der öffentlichen Unternehmen, S. 131 f.; ähn­ lich auch Hoffmann-Riem, Enge oder weite Gewährleistungsgehalte der Grundrech­ te?, in: Bäuerle / Hanebeck / Hausotter / Mayer / Mohr / Mors / Preedy / Wallrabenstein (Hrsg.), Haben wir wirklich Recht?, S. 53 [70]. Dagegen hält Schliesky, DVBl. 1999, 78 [82] das Argument, dass sich erst im Fall einer Grundrechtsverletzung konkrete Rechtsfolgen ergeben. Discher, JuS 1993, 463 [466] hält dem entgegen, dass mit diesem Argument ebenso klassische Eingriffe ausgeklammert werden könn­ ten. Vgl. auch Gleske, Wettbewerb öffentlicher und privater Kreditinstitute in Deutschland, S. 178. Gegen einen allumfassenden Parlamentsvorbehalt BVerfGE 49, 89 [125]; BVerfGE 68, 1 [87]. 30  Jarass, DÖV 2002, 489 [493]. Vgl. auch Bethge, Mittelbare Grundrechtsbeein­ trächtigungen, in: Merten / Papier (Hrsg.), HdGR  III, § 58, Rdnr.  21.

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7. Kap.: Eingriff durch Konkurrenz

Zugleich muss aber bedacht werden, dass in der Rechtspraxis das Kausa­ litätserfordernis eine Tatsachenfrage ist. Sie wird häufig – zulasten des Anspruchstellers – nicht eindeutig zu beantworten sein. Damit stellt sie bereits einen gewissen Filter dar.31 Das gilt umso mehr, wenn es sich um Beeinträchtigungen im wirtschaftlichen Bereich handelt. Dieser ist gerade durch eine besondere Vielschichtigkeit geprägt. Auch allgemeine Marktfak­ toren können die Veränderung hervorgerufen haben. Es ist schwierig zu beweisen, dass die Veränderung durch die angegriffene Maßnahme bedingt worden ist.32 Um jedoch die theoretische Weite der Kausalität33 einzu­ schränken, werden weitere Eingriffsanforderungen diskutiert. Sie werden im Folgenden dargestellt. 2.  Zielgerichtetheit Das Merkmal der Zielgerichtetheit wurde im Rahmen des rechtsförmigen Eingriffbegriffs unausgesprochen vom Merkmal der Verhaltensanordnung vorausgesetzt. Im Rahmen des nichtrechtsförmigen Eingriffsbegriffs könnte es jedoch eine eigenständige Bedeutung erlangen. Wäre die Anerkennung eines Grundrechtseingriffs von der Zielgerichtetheit des staatlichen Han­ delns abhängig, so würde das die Abgrenzungsproblematik von Eingriff zu Nichteingriff trennscharf lösen. Dementsprechend wird vertreten, dass die Zielgerichtetheit nicht nur ein hinreichendes34, sondern ein notwendiges35 Eingriffsmerkmal sei. 31  Vgl. insoweit Forster, Die Klagebefugnis Dritter gegenüber begünstigenden Maßnahmen im Wirtschaftsverwaltungsrecht, S. 332; Storr, Der Staat als Unterneh­ mer, S. 181. 32  Roth, Andreas, Verwaltungshandeln mit Drittbetroffenheit und Gesetzesvorbe­ halt, S. 289. Vgl. Brohm, Die Konkurrentenklage, in: Erichsen / Hoppe / v.  Mutius (Hrsg.), Festschrift Menger, S. 235 [246 f.]; Sodan, DÖV 1987, 858 [864]; Haverkate, Rechtsfragen des Leistungsstaats, S. 163. Vgl. auch BVerfGE 66, 39 [60 ff.]. 33  Vgl. Bodenheim, Der Zweck der Steuer, S. 273. 34  Gleske, Wettbewerb öffentlicher und privater Kreditinstitute in Deutschland, S. 184; Discher, JuS 1993, 463 [465]; Bleckmann / Eckhoff, DVBl. 1988, 373 [377]; Eckhoff, Der Grundrechtseingriff, S. 191 ff., 196; Weber-Dürler, Der Grundrechtsein­ griff, in: VVDStRL 57 (1997), S. 57 [89 f.]; Sachs, JuS 1995, 303 [304]. Auch Di Fabio, Risikoentscheidungen im Rechtsstaat, S. 429 f., der die Finalität bereits an­ nimmt, „wenn die Grundrechtsauswirkung das planvoll eingesetzte Mittel ist, um einen öffentlichen Zweck zu erreichen“. 35  Friauf, DVBl. 1971, 674 [681]; Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, S. 347, 359. Forsthoff, Über Mittel und Methoden moderner Planung, in: Kaiser (Hrsg.), Pla­ nung III, S. 21 [33], der zugleich den mittelbaren Beeinträchtigungen den Eingriffs­ charakter abspricht. In diese Richtung auch Murswiek, Der Staat 45 (2006), 473

B. Öffentliche Konkurrenz anhand des nichtrechtsförmigen Eingriffsbegriffs197

Der Anknüpfungspunkt für die grundrechtliche Schutzwirkung ist in die­ sem Fall nicht eine beliebige Auswirkung des staatlichen Handelns, sondern seine lenkende Wirkung.36 Die Vorannahme dieses Ansatzes ist, das verhal­ tenslenkende Element sei weiterhin ausschlaggebend für eine Beeinträchti­ gung durch den Staat. Es komme insoweit auf eine funktionale Vergleichbar­ keit von mittelbarer oder faktischer Beeinträchtigung mit dem engen Ein­ griffsverständnis an, nicht auf eine faktische Vergleichbarkeit. Alle über diese hinausgehenden Auswirkungen mögen nach dieser Ansicht zwar entschädi­ gungspflichtig, nicht aber abwehrfähig sein.37 Damit wird dem staatlichen Handeln ein weiter Spielraum eingeräumt, der abwehrrechtlich nicht ange­ griffen werden kann. Der damit verfolgte Zweck ist, die sozialgestalterische Aktivität des Staates nicht in „verhängnisvoller Weise“ zu beschränken.38 Auf den wirtschaftlichen Bereich bezogen wird zum Teil angenommen, der Staat habe erst für Beeinträchtigungen einzustehen, wenn er auf Wett­ bewerbsbedingungen eingewirke.39 Konkret wird auf eine berufsregelnde Tendenz abgestellt, die gegeben sein soll, wenn durch das Staatshandeln Lenkungs- oder Gestaltungszwecke verfolgt werden. Das wiederum zeige sich beispielhaft an einer Unterschreitung des Marktpreises oder einer Ver­ bindung mit anderen hoheitlichen Leistungen.40 Die so vorausgesetzte be­ rufsregelnde Tendenz ist nicht gleichzusetzen mit der noch zu diskutierenden objektiv berufsregelnden Tendenz.41 Ausweislich der angenommenen Len­ kungs- oder Gestaltungszwecke handelt es sich um eine Form der Zielge­ richtetheit.42 Gegenteilig geht folgende Argumentation mit dem Merkmal der Zielge­ richtetheit um: Sie nimmt an, die Wettbewerbsteilnahme der öffentlichen Hand sei immer darauf gerichtet, die Erwerbschancen der Konkurrenten zu verkürzen. Dem staatlichen Wirtschaftshandeln liege immer das Ziel des Absatzes einer bestimmten Leistung zugrunde. Das Angebot richte sich zwar an die Abnehmer als Dritte, doch die Kehrseite dieses Absatzes sei die Beeinträchtigung der privaten Konkurrenten. Mit dem Ziel des Wirtschafts­ [493]. Vgl. Roth, Andreas, Verwaltungshandeln mit Drittbetroffenheit und Gesetzes­ vorbehalt, S. 290 f., wie auch BVerwGE 71, 183 [194]. 36  Friauf, DVBl. 1971, 674 [681]; Gleske, Wettbewerb öffentlicher und privater Kreditinstitute in Deutschland, S. 184. 37  Friauf, DVBl. 1971, 674 [681]. 38  Friauf, DVBl. 1971, 674 [682]. 39  Kluth, WiVerw 2000, 184 [200]. 40  Kluth, WiVerw 2000, 184 [200]. 41  Dazu unten, 7. Kapitel, B. II. 7. 42  Vgl. Dietlein, Berufs-, Arbeitsplatz- und Ausbildungsfreiheit, in: Stern, Staats­ recht IV / 1, § 111 IV 5, S. 1859.

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7. Kap.: Eingriff durch Konkurrenz

handelns werde die Beeinträchtigung der Konkurrenz immer in Kauf ge­ nommen. Damit sei immer ein zielgerichteter Eingriff gegeben.43 Zunächst könnte diesen Ansätzen entgegengehalten werden, dass wenn geringfügige, zweckgerichtete Gebote oder Verbote zweifelsohne einen Eingriff darstellten, das auch für intensive Belastungen im Einzelfall gelten müsse.44 Das Argument kann jedoch nicht überzeugen, denn es geht von der – wenn auch zutreffenden – Vorannahme aus, dass es auf die Auswir­ kungen einer Maßnahme ankomme. Das jedoch teilt das Erfordernis der Zielgerichtetheit gerade nicht und kann ihr somit nicht entgegengehalten werden. Allerdings ist das Erfordernis der Zielgerichtetheit nicht mit dem Zweck der Grundrechte zu vereinbaren. Diese bieten einen geschützten Rahmen, in dem die Grundrechtsträger nach ihrer Vorstellung von ihrer Freiheit Ge­ brauch machen können. Für diese ist es unerheblich, ob eine eingetretene Freiheitsverkürzung bezweckt ist oder nur tatsächlich eintritt. Der Frei­ heitsraum ist in diesen Fällen belastet. Außerdem hinge die Bestimmung der Zielgerichtetheit in hohem Maße von der Sorgfalt und Vorsicht des Handelnden ab.45 Ein möglichst kurzsichtiges Handeln würde damit be­ günstigt. Legt man die Grundrechte im Zweifel ihrer stärksten Wirkungs­ kraft nach aus,46 so kann es auf die Zielgerichtetheit der Beeinträchtigung nicht ankommen47. Bedeutsam sind nur die Auswirkungen des staatlichen Handelns.48

43  Weiß, Privatisierung und Staatsaufgaben, S. 261 f. Vgl. hierzu Stober, ZHR 145 (1981), 565 [578], der in eine ähnliche Richtung denkt. Dagegen hält Gleske, Wett­ bewerb öffentlicher und privater Kreditinstitute in Deutschland, S. 184 f., es fehle in diesem Fall an der „spezifisch staatliche Gefährdung“. 44  Roth, Andreas, Verwaltungshandeln mit Drittbetroffenheit und Gesetzesvorbe­ halt, S. 291 f. 45  Kirchhof, Paul, Verwalten durch „mittelbares“ Einwirken, S. 96. 46  BVerfGE 32, 54 [71]; BVerfGE 39, 1, [38]; jeweils in Anschluss an BVerfGE 6, 55 [72]. Vgl. Roth, Andreas, Verwaltungshandeln mit Drittbetroffenheit und Ge­ setzesvorbehalt, S. 291; Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 168 f. 47  Albers, DVBl. 1996, 233 [235]; Kirchhof, Paul, Verwalten durch „mittelbares“ Einwirken, S. 95 f.; Battis, GewArch 1982, 145 [150]; Roth, Andreas, Verwaltungs­ handeln mit Drittbetroffenheit und Gesetzesvorbehalt, S. 291 f.; Sodan, DÖV 1987, 858 [864]; Papier, Der Staat 11 (1972), 483 [494 f.]; Schulte, DVBl. 1988, 512 [517]; Discher, JuS 1993, 463 [465]. Ähnlich Heintzen, VerwArch 81 (1990), 532 [546]; Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 172 f. Vgl. BVerwGE 87, 37 [43 f], das – unter Bezugnahme auf BVerwGE 82, 76 [79] – zugleich eine „schwerwiegende Beeinträchtigung“ fordert. 48  Siehe oben, 7. Kapitel, B. I.

B. Öffentliche Konkurrenz anhand des nichtrechtsförmigen Eingriffsbegriffs199

3.  Lehre vom Handlungsunrecht und Beschränkung auf Vorhersehbarkeit Die Lehre vom Handlungsunrecht ist ein weiteres mögliches Element, die Zurechnung einer grundrechtlichen Beeinträchtigung zu staatlichem Han­ deln durch die Kausalität zu beschränken.49 Sie geht davon aus, dass An­ knüpfungspunkt einer Rechtsnorm immer nur ein Verhalten, nicht aber ein verhaltensunabhängiger Erfolg sein könne.50 Demnach lege das Staatsrecht primär Verhaltensregeln51 fest, die nur „erfolgsmittelbar“52 wirkten.53 Ein Abwehranspruch bestünde nur dann, wenn durch das Handeln eine recht­ liche Verhaltensnorm des Staatsrechts verletzt worden sei.54 Der Inhalt dieser Verhaltensnorm wird über das Merkmal der Vorherseh­ barkeit gefüllt:55 Staatliche Akteure könnten kaum alle Wirkungen ihres Handelns überblicken. Ebenso könne der vom Staat gewollte Erfolg nicht von vornherein detailliert festgelegt werden.56 Für unvorhergesehene Beein­ trächtigungen – also staatliche Handlungserfolge – gelte damit, dass sie nicht grundsätzlich rechtswidrig, sondern möglicherweise hinzunehmen seien. Es bestehe dann kein Abwehranspruch, sondern abhängig von dem Grad der Betroffenheit nur ein Kompensationsanspruch.57 Die Lehre vom Handlungsunrecht schränkt die Verantwortlichkeit des Staates demnach dahin gehend ein, dass dieser eine Verhaltensregel verlet­ zen muss, um in Verantwortung genommen werden zu können. Sie führt zu 49  Vgl. zum Aufkommen dieser Theorie im Bereich des Öffentlichen Rechts Ramsauer, Die faktischen Beeinträchtigungen des Eigentums, S. 111 f. 50  Vgl. Sachs, Grundrechtseingriff und Grundrechtsbetroffenheit, in: Stern, Staats­ recht III / 2, § 78 III 1, S. 150 f.; Baur, AcP 160 (1961), 465 [469]; Roth, Andreas, Verwaltungshandeln mit Drittbetroffenheit und Gesetzesvorbehalt, S. 296 ff.; Wagner, Öffentlich-rechtliche Genehmigung und zivilrechtliche Rechtswidrigkeit, S. 55 f. 51  Kirchhof, Paul, Verwalten durch „mittelbares“ Einwirken, S. 77. Vgl. Münzberg, Verhalten und Erfolg als Grundlagen der Rechtswidrigkeit und Haftung, S. 53 ff.; Ramsauer, Die faktischen Beeinträchtigungen des Eigentums, S. 112. 52  Kirchhof, Paul, Verwalten durch „mittelbares“ Einwirken, S. 80. 53  Vgl. Münzberg, Verhalten und Erfolg als Grundlagen der Rechtswidrigkeit und Haftung, S. 61. Vgl. auch Ramsauer, VerwArch 72 (1981), 89 [98]. 54  Kirchhof, Paul, Verwalten durch „mittelbares“ Einwirken, S. 92 f. Vgl. Ram­ sauer, VerwArch 72 (1981), 89 [98 f.]; Ramsauer, Die faktischen Beeinträchtigungen des Eigentums, S. 110 ff.; Battis, Erwerbsschutz durch Aufopferungsentschädigung, S. 77 f. 55  Münzberg, Verhalten und Erfolg als Grundlagen der Rechtswidrigkeit und Haf­ tung, S. 64 f., 109. Vgl. Discher, JuS 1993, 463 [465]; Ramsauer, Die faktischen Beeinträchtigungen des Eigentums, S. 110, 114. 56  Kirchhof, Paul, Verwalten durch „mittelbares“ Einwirken, S. 80. 57  Kirchhof, Paul, Verwalten durch „mittelbares“ Einwirken, S. 77.

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7. Kap.: Eingriff durch Konkurrenz

einer Beschränkung der grundrechtlichen Abwehr auf nur vorherzusehenden Beeinträchtigungen. Für den Staat unvorhersehbare Erfolge seines Handelns könnten demnach nicht abgewehrt, sondern nur kompensiert werden. Doch gerade die Unvorhersehbarkeit der Auswirkungen staatlichen Han­ delns kann den Staat nicht privilegieren. Ist es ihm nicht möglich, die Auswirkungen seines Handelns zu überblicken, so gebietet das besondere Zurückhaltung und Vorsicht. Eine Bevorzugung gegenüber vorherzusehen­ den Handlungserfolgen ist unangebracht.58 Die vorausgehende Erkennbar­ keit des Handlungserfolges ist zudem kein notwendiges Merkmal einer Rechtsnorm.59 Vielmehr kann ein Verhalten gerade nur wegen seines Erfol­ ges missbilligt sein.60 Zudem kann die Beschränkung auf Handlungsunrecht mit Blick auf die Funktion der Grundrechte als Abwehrrechte nicht überzeugen.61 Diese ge­ währleisten gerade einen konkreten Erfolg, nämlich die Integrität ihrer Schutzgegenstände.62 Für die Annahme eines Eingriffs sind einzig die Aus­ wirkungen staatlichen Handelns bedeutsam. Machte man Abwehransprüche von einem vorherzusehenden Erfolgseintritt abhängig, so würde gerade diese Erkenntnis verkannt. Grundrechte gewährleisten Freiheit vor jeder Form der Beeinträchtigung, auch vor unvorhersehbaren oder nicht vorwerf­ baren Auswirkungen.63 Weder die Beschränkung auf das Handlungsunrecht 58  Cornils, Von Eingriffen, Beeinträchtigungen und Reflexen, in: Detterbeck / Ro­ zek / v.  Coelln (Hrsg.), Festschrift Bethge, S. 137 [146]. Vgl. auch Klement, DÖV 2005, 507 [512]; Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 173, die damit die Gefahr der Subjektivierung der Grundrechtstheorie verbunden sehen. Kirchhof, Paul, Verwalten durch „mittelbares“ Einwirken, S. 82 sieht hingegen die Gefahr der Lähmung bis zur Untätigkeit. Vgl. Ibler, Grundrechtseingriff und Geset­ zesvorbehalt bei Warnungen durch Bundesorgane, in: Geis / Lorenz (Hrsg.), Fest­ schrift Maurer, S. 145 [153]. 59  Sachs, Grundrechtseingriff und Grundrechtsbetroffenheit, in: Stern, Staatsrecht III / 2, § 78 III 1, S. 151. 60  Ramsauer, VerwArch 72 (1981), 89 [99]; Ramsauer, Die faktischen Beein­ trächtigungen des Eigentums, S. 116; Battis, Erwerbsschutz durch Aufopferungsent­ schädigung, S. 77 f.; Bodenheim, Der Zweck der Steuer, S. 276. Vgl. Baur, AcP 160 (1961), 465 [483]. 61  Sachs, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Vor Art. 1, Rdnr.  84. Vgl. auch Olivet, Erfolgsunrechtslehre und Handlungsunrechtslehre aus der Sicht des öffentlichen Rechts, S. 60 f.; Roth, Andreas, Verwaltungshandeln mit Drittbetroffen­ heit und Gesetzesvorbehalt, S. 296 ff. 62  Sachs, Grundrechtseingriff und Grundrechtsbetroffenheit, in: Stern, Staatsrecht III / 2, § 78 III 1, S. 152 f.; Roth, Andreas, Verwaltungshandeln mit Drittbetroffenheit und Gesetzesvorbehalt, S. 297. Vgl. Eckhoff, Der Grundrechtseingriff, S. 209; Roth, Wolfgang, Faktische Eingriffe in Freiheit und Eigentum, S. 199 ff. 63  Vgl. Sachs, Grundrechtseingriff und Grundrechtsbetroffenheit, in: Stern, Staats­ recht III / 2, § 78 III 1, S. 152 f.; Gallwas, Faktische Beeinträchtigungen im Bereich

B. Öffentliche Konkurrenz anhand des nichtrechtsförmigen Eingriffsbegriffs201

noch auf die Vorhersehbarkeit sind demnach geeignet, Zurechnungsmerk­ male zu sein. 4.  Normzwecktheorie Ob der Staat für eine grundrechtliche Beeinträchtigung einzustehen hat, ist aus seiner Sicht eine Frage nach der Zurechnung von Beeinträchtigungen zu seiner Verantwortlichkeit. Aus der Sicht des Betroffenen handelt es sich um die Frage, ob die Grundrechte vor den aufgetretenen Auswirkungen staatlichen Handelns schützen.64 Die Normzwecktheorie nimmt die letzte Sichtweise als Ausgangspunkt und bestimmt die Zurechnung ausgehend vom Schutzbereich der Norm. Dieser soll Antwort darauf geben, welche Beeinträchtigungen als Eingriff zuzurechnen sind. In Fällen, in denen die Zurechnung nicht vom Schutzbereich beantwortet wird – was die Regel sein dürfte –, stellt diese Lehre auf den durch Auslegung ermittelten Normzweck ab.65 Sie überträgt damit einen Gedanken der haftungsausfüllenden Kausa­ lität aus dem zivilen Deliktsrecht auf den Bereich des öffentlichen Rechts.66 Die Vorannahme der Normzwecktheorie ist, dass sich der Schutz der Grundrechte nur gegen bestimmte Gefahren und Beeinträchtigungen richten könne.67 So habe etwa das allgemeine Lebensrisiko außer Betracht zu blei­ ben.68 Ein Versuch, die Normzwecktheorie auf den wirtschaftlichen Bereich anzuwenden, beginnt mit der Auslegung der Grundrechte dahin, welche Wettbewerbsordnung diese bezwecken. Die Bestimmung des Eingriffs baut der Grundrechte, S. 94 ff. Vgl. auch Olivet, Erfolgsunrechtslehre und Handlungsun­ rechtslehre aus der Sicht des öffentlichen Rechts, S. 60 f. 64  Vgl. Weber-Dürler, Der Grundrechtseingriff, in: VVDStRL 57 (1997), S. 57 [76]. 65  BVerwGE 71, 183 [192 f.]; BVerwGE 87, 37 [42]. Ramsauer, VerwArch 72 (1981), 89 [99 f.]; Lübbe-Wolff, NJW 1987, 2705 [2710 f.]; Schwerdtfeger, Ver­ brauchslenkung durch Information, in: Wilke (Hrsg.), Festschrift Juristische Gesell­ schaft zu Berlin, S. 715 [722]. Vgl. Gleske, Wettbewerb öffentlicher und privater Kreditinstitute in Deutschland, S. 178 f. 66  Vgl. Teichmann, in: Jauernig (Hrsg.), Bürgerliches Gesetzbuch, Vorbemerkun­ gen zu den §§ 249–253, Rdnr.  31; Ramsauer, VerwArch 72 (1981), 89 [100]; Ramsauer, Die faktischen Beeinträchtigungen des Eigentums, S. 161; Schulte, DVBl. 1988, 512 [517 f.]; Roth, Andreas, Verwaltungshandeln mit Drittbetroffenheit und Gesetzesvorbehalt, S. 312 f. Zurückgeführt wird das Merkmal auf v. Caemmerer, Das Problem des Kausalzusammenhangs im Privatrecht, S. 12. 67  Ramsauer, VerwArch 72 (1981), 89 [102]. 68  Ramsauer, Die faktischen Beeinträchtigungen des Eigentums, S. 164; Ramsauer, VerwArch 72 (1981), 89 [97, 100, 101]. Vgl. Gleske, Wettbewerb öffentlicher und privater Kreditinstitute in Deutschland, S. 179 f.

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7. Kap.: Eingriff durch Konkurrenz

dann darauf auf. Eine staatliche Maßnahme wird diesem Ansatz nach als Eingriff eingestuft, wenn sie der erkannten Wettbewerbsordnung zuwider­ läuft.69 Konkret wird beispielsweise angenommen, entscheidungsrelevante Informationen seien Voraussetzungen für einen funktionierenden Markt, weshalb Transparenz – und damit die Verbreitung solcher Informationen durch staatliche Stellen – grundrechtlich unbedenklich wäre, mithin keinen Eingriff darstellte.70 Dieser Versuch der Übertragung der Normzwecktheorie auf den wirt­ schaftlichen Bereich baut darauf auf, dem Grundgesetz eine bestimmte Wettbewerbsordnung, jedenfalls aber bestimmte Wettbewerbsregeln zu ent­ nehmen. Überzeugend könnte das nur begründet werden, wenn die Ausle­ gung aller bedeutsamen Grundrechtsregelungen diesbezüglich zu dem glei­ chen Ergebnis führte71. Der Versuch, den Grundrechten eine bestimmte Wettbewerbsordnung oder Wettbewerbsregeln zu entnehmen, ähnelt im Übrigen stark der Diskussion um die Wirtschaftsverfassung. Dem Grund­ gesetz kann jedoch eine solche Wettbewerbsordnung nicht entnommen werden.72 Ein anderer Ansatz versucht, die Normzwecktheorie mittels eines Drei­ schritts für die Eingriffsdiskussion nutzbar zu machen: Bestimmend für den Normzweck und damit für die Bestimmung eines Eingriffs seien die Merk­ male der Dichte der Erfolgsbeziehung, der Intensität der Beeinträchtigung oder Gefährdung und die Grundrechtsbezogenheit.73 Die Dichte der Erfolgs­ beziehung werde durch zwei Faktoren bedingt: zum einen durch den Wir­ kungsfaktor, d. h. die Länge der Kausalkette. Zum anderen durch den Handlungsfaktor, das ist die Zielgerichtetheit der Maßnahme. Das Merkmal der Intensität der Beeinträchtigung solle unwesentliche oder unerheblich faktische Beeinträchtigungen herausfiltern, die in der Regel dem allgemei­ nen Lebensrisiko zuzuordnen seien.74 Schließlich folgt mit dem Merkmal der Grundrechtsbezogenheit eine Wertungsebene, die feststellt, ob das kon­ 69  Lübbe-Wolff,

NJW 1987, 2705 [2711]. NJW 1987, 2705 [2711]. Vgl. auch BGHZ 65, 325 [333 ff.]. 71  Sachs, Grundrechtseingriff und Grundrechtsbetroffenheit, in: Stern, Staatsrecht III / 2, § 78 III 1, S. 156. 72  Siehe oben, 6. Kapitel, A. I. 73  Ramsauer, Die faktischen Beeinträchtigungen des Eigentums, S. 173 ff.; Ramsauer, VerwArch 72 (1981), 89 [103 ff.], dort jeweils auch zu den einzelnen Merk­ malen. Vgl. Roth, Andreas, Verwaltungshandeln mit Drittbetroffenheit und Gesetzes­ vorbehalt, S. 313; Sodan, Kollegiale Funktionsträger als Verfassungsproblem, S. 507 ff. 74  Bei Ramsauer, Die faktischen Beeinträchtigungen des Eigentums, S. 175 ist es nicht eindeutig, ob bereits eine hohe Beeinträchtigungintensität zur Annahme eines Eingriffs führen kann. Wäre dem so, ist unklar, wie diese zugerechnet werden soll. 70  Lübbe-Wolff,

B. Öffentliche Konkurrenz anhand des nichtrechtsförmigen Eingriffsbegriffs203

krete Grundrecht seinem Wertgehalt nach Schutz gegen die zu prüfende Beeinträchtigung bietet.75 Gerade die Wertungsebene erinnert an die Diskussion des Gewährleis­ tungsgehalts der Grundrechte.76 Diesem Gedanken ist entgegenzuhalten, dass wenn der Schutzbereich bestimmt worden ist, das grundrechtliche Schutzgut und seine Grenzen feststehen. Eine weitere Einengung des Schutzgutes auf Ebene des Eingriffs widerspricht dieser vorangegangenen Bestimmung. Teile des Schutzbereiches, die von vornherein von einer mög­ lichen Beeinträchtigung durch einen Eingriff ausgenommen werden, vermit­ teln praktisch keine Freiheit. Die abwehrrechtliche Funktion, die dem Schutzbereich innewohnt, wird damit verneint. Der Normzwecktheorie ist zudem Folgendes grundsätzlich entgegen­ zuhalten:77 Die Frage, ob der Normzweck eines Grundrechts vor einer be­ stimmten Beeinträchtigung schützt, ist eine Frage nach dem Schutzbereich desselben. Mit dem Versuch, Eingriffszurechnung durch die Bestimmung des Normzwecks zu beschränken, wird ein Schutzbereichselement auf die Eingriffsbestimmung übertragen. Wurden Schutzgut und Schutzbereich je­ doch bereits bestimmt, so kann diese Frage nicht nochmals im Rahmen der Eingriffsbestimmung aufgeworfen werden. Nahezu unerklärlich ist es, wenn in diesem Zusammenhang ein anderer, engerer Normzweck beschrieben wird. Diese grundsätzliche Schwierigkeit der Normzwecktheorie beruht auf der Übertragung aus dem Zivilrecht. Im Zivilrecht hat die Normzwecktheorie ihren Platz in der haftungsausfüllenden Kausalität.78 Die haftungsausfüllen­ de Kausalität ist dort ein Merkmal der Rechtsfolge einer Norm, die eben­ diese einschränken soll. Wird der Gedanke des Normzwecks auf den Bereich der Grundrechte übertragen, so erlangt er bei der Eingriffsbestimmung Be­ deutung. Schutzbereich und Eingriff sind jedoch beides Merkmale der Be­ stimmung einer Grundrechtsverletzung, mithin Teile des Tatbestandes. Wendet man die Normzwecktheorie auf die Grundrechte an, so behandelt man zweimal die gleiche Frage. Auch der Ansatzpunkt, das allgemeine Lebensrisiko von der grundrechtli­ chen Beeinträchtigungszurechnung auszunehmen, folgt aus der Übertragung aus dem Zivilrecht. Dort beruht dieser Haftungsausschluss auf der Einbin­ 75  Vgl. Sodan, Kollegiale Funktionsträger als Verfassungsproblem, S. 508 f. Vgl. zu diesem Gedanken auch BVerwGE 71, 183 [192 f.]. 76  Vgl. Ramsauer, Die faktischen Beeinträchtigungen des Eigentums, S. 172, 176. 77  Eckhoff, Der Grundrechtseingriff, S. 266 ff. Vgl. ähnlich Sodan, Kollegiale Funktionsträger als Verfassungsproblem, S. 509 f. 78  Teichmann, in: Jauernig (Hrsg.), Bürgerliches Gesetzbuch, Vorbemerkungen zu den §§ 249–253, Rdnr.  31.

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7. Kap.: Eingriff durch Konkurrenz

dung des Einzelnen in die Gemeinschaft. Denn mit der Zugehörigkeit zur Gesellschaft ist das Risiko verbunden, nicht zuvermeidende Schäden zu erlei­ den. Diese müssen dann hingenommen werden, wie auch der Haftungsaus­ schluss dem Geschädigten von Vorteil sein würde, würde dieser der Schädi­ ger sein.79 Die Freistellung von Haftungsansprüchen wegen des allgemeinen Lebensrisikos beruht auf der Gleichheit der Betroffenen. Auf das Verhältnis von Staat und Bürger lässt sich dieser Gedanke nicht übertragen.80 Letztlich ist die Normzwecktheorie nur ein weiterer Ansatz der Grund­ rechtsauslegung. Ist diese bereits im Schutzbereich geleistet, so kann sie bei der Bestimmung des Eingriffs keine neuen Erkenntnisse liefern. Sie ist da­ her als Eingriffsmerkmal ungeeignet.81 5.  Schutzbereichslösung Einen ähnlichen Ansatz wie die Normzwecktheorie verfolgt die Schutz­ bereichslösung. Sie versucht nicht, den erweiterten Eingriffsbegriff, sondern bereits den Schutzbereich der Grundrechte zu beschränken. Dafür bestimmt sie den Schutzgehalt eines Grundrechts in Abhängigkeit von den Umständen des Einzelfalls.82 Bisher sei die Grundrechtsauslegung in Bezug auf den klaren rechtsför­ migen Eingriffsbegriff hin erfolgt. Dort sei es keine Schwierigkeit gewesen, ein weites Freiheitsverständnis zu formulieren, welches individualistisch und kontextunabhängig gewesen ist. Dieses habe in den klaren Merkmalen des rechtsförmigen Eingriffes seine Schranken gefunden. Werde nun der Eingriffsbegriff ausgeweitet, so müsse die Freiheitsgewährleistung an Be­ stimmtheit gewinnen. Die Auslegung müsse eine überindividuelle und kon­ textbezogene Perspektive einnehmen, die den Bezug zu den konkreten Umständen miteinschließt.83 Methodisch handelt es sich bei diesem Ansatz um eine Verschiebung ei­ ner grundsätzlichen Schwierigkeit auf die Ebene der Schutzbereichsbestim­ mung. Ob dort einzelne Gewährleistungen ausgeschlossen oder einzelne Handlungen nicht als Eingriff qualifiziert werden, ist dieselbe Frage an die Auslegung des Grundrechts beziehungsweise an die Weite des Eingriffsver­ ständnisses und führt nicht weiter. 79  Roth,

Wolfgang, Faktische Eingriffe in Freiheit und Eigentum, S. 45. Wolfgang, Faktische Eingriffe in Freiheit und Eigentum, S. 45. 81  Vgl. Sachs, Grundrechtseingriff und Grundrechtsbetroffenheit, in: Stern, Staats­ recht III / 2, § 78 III 1, S. 156. 82  Dazu und zum Folgenden Albers, DVBl. 1996, 233 [237 ff.]. 83  Albers, DVBl. 1996, 233 [238]. Vgl. Ramsauer, Die faktischen Beeinträchti­ gungen des Eigentums, S. 172. 80  Roth,

B. Öffentliche Konkurrenz anhand des nichtrechtsförmigen Eingriffsbegriffs 205

Legte man den Schutzbereich eines Grundrechts kontextbezogen aus, so findet eine einzelfallbezogene Bestimmung des Schutzgegenstandes statt. Dass dieser sich in Abhängigkeit der Umstände wandeln soll, bringt Rechts­ unsicherheit mit sich. Vielmehr ist es so, dass der Schutzbereich der Grund­ rechte nicht kontextabhängig, sondern alleine mithilfe der anerkannten Auslegungsmethoden zu bestimmen ist.84 Ist das geschehen, stellt sich al­ leine die Frage nach der Verkürzung der grundrechtlich geschützten Freiheit, nach dem Eingriff. Zu dieser Frage kann die Schutzbereichslösung keine weiteren Erkenntnisse liefern. 6.  Verstoß gegen einfaches Recht Zuweilen wird vertreten, dass der Verstoß gegen einfaches Recht aus­ schlaggebend für die Annahme einer rechtswidrigen Grundrechtsverletzung sei.85 Das ist in dieser Kürze nicht zutreffend. Das einfache Recht wird relevant, so es um die Ausformung und Einhaltung des Vorbehalts des Ge­ setzes auf der Rechtfertigungsebene geht. Kann sich ein Eingriff nicht auf eine gesetzliche Grundlage stützen, so ist das eine rechtswidrige Grund­ rechtsverletzung. Die Bestimmung eines Eingriffs geht dieser Feststellung jedoch voraus. Sie erfolgt nicht anhand des einfachen Rechts, sondern nur anhand des grundgesetzlichen Schutzgegenstands und der grundgesetzlichen Eingriffsvorstellung.86 Kann ein Eingriff auf dieser Grundlage nicht festge­ stellt werden, ist das Fehlen eines Gesetzes zur Rechtfertigung unbedeutend. Ein Grundrechtsverstoß ohne zuvor festgestellten Eingriff ist nicht denk­ bar.87 Möglicherweise ist der Verstoß gegen eine einfache Rechtsnorm ein star­ kes Indiz auch für das Bestehen eines grundrechtlichen Eingriffs. So legt der einfache Gesetzgeber in eine Befugnisnorm seine Vorstellung vom zu­ lässigen Handeln des Staates hinein. Wird dieser Rahmen überschritten, so wird häufig auf grundrechtlicher Ebene ein nicht zu rechtfertigender Grund­ rechtsverstoß – und diesem vorgelagert ein Eingriff – gegeben sein. Doch auch wenn sich das staatliche Handeln in diesen Grenzen hält, so bedeutet das nicht, dass damit ein Grundrechtseingriff ausgeschlossen wäre. Vielmehr kann es einen Grundrechtseingriff geben, der aber durch andere Rechtsgüter Sachs, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Vor Art. 1, Rdnr.  85. GewArch 1982, 145 [150]. Pieroth / Hartmann, DVBl. 2002, 421 [426 f.] schlagen ebendas für die Feststellung eines Eingriffs durch öffentliche Konkurrenz vor. 86  Dietlein, Berufs-, Arbeitsplatz- und Ausbildungsfreiheit, in: Stern, Staatsrecht IV / 1, § 111 IV 5, S. 1862 f. 87  Deshalb in der Kürze fehlgehend Battis, GewArch 1982, 145 [150]. 84  Vgl.

85  Battis,

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7. Kap.: Eingriff durch Konkurrenz

gerechtfertigt ist. Der Verstoß gegen einfaches Recht kann aus diesem Grund nicht für die Bestimmung eines Eingriffs herangezogen werden. Er ist vielmehr verfassungsrechtlich zu bestimmen. 7.  Objektiv berufsregelnde Tendenz Bei der Bestimmung eines nichtrechtsförmigen Eingriffs in die Berufs­ freiheit erlangt nach der weit überwiegenden verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung das Merkmal der objektiv berufsregelnden Tendenz88 zent­ rale Bedeutung. Demnach könne ein nichtrechtsförmiger Eingriff nur be­ gründet werden, wenn die berufsregelnde Tendenz der Maßnahme objektiv zu erkennen sei.89 Das sei jedenfalls dann der Fall, wenn die Maßnahme nach Entstehungsgeschichte und Inhalt im Schwerpunkt Tätigkeiten betref­ fe, die typischerweise beruflich ausgeübt würden,90 sie also in Folge ihrer Gestaltung in einem engen Zusammenhang mit der Berufsausübung stehe91. Der – sprachlich betrachtet – Gegenbegriff der subjektiv berufsregelnden Tendenz hingegen erfasst solche Beeinträchtigungen, die gerade die Rege­ lung der Berufsfreiheit zum Gegenstand haben.92 Damit werden Maßnahmen erfasst, die zielgerichtet nach der Vorstellung des Handelnden die Berufs­ freiheit beeinträchtigen.93 Das begriffliche Gegeneinanderstehen von „subjektiv“ und „objektiv“ berufsregelnder Tendenz entspricht nicht der inhaltlichen Bedeutung. Bei der „subjektiv berufsregelnden Tendenz“ handelt es sich um den Fall der Zielgerichtetheit der Maßnahme. Die „objektiv berufsregelnde Tendenz“ ist 88  BVerfGE 13, 181 [186]; BVerfGE 16, 147 [162]; BVerfGE 37, 1 [17]; BVerfGE 38, 61 [79]; BVerfGE 42, 374 [384]; BVerfGE 47, 1 [21]; BVerfGE 49, 24 [47 f.]; BVerfGE 70, 191 [214]; BVerfGE 81, 108 [121]; BVerfGE 82, 209 [223 f.]; BVerfGE 95, 267 [302]; BVerfGE 97, 228 [253 f.]; BVerfGE 110, 274 [288]; BVerfGE 110, 370 [393 f.]; BVerfGE 111, 191 [213]; BVerfGE 113, 29 [48]; BVerfGE 113, 128 [145]; BVerfGE 123, 90 [110]. Vgl. auch BVerfGE 14, 76 [100 f.]; BVerfGE 21, 73 [85]; BVerfGE 116, 202 [222]. So auch das Sondervotum Gaier, BVerfGE 118, 1 [33]. Ebenso BVerfGK 11, 445 [451]. Bei BVerfGE 15, 235 [239] „berufspolitische Tendenz“ genannt. 89  Schneider, Jens-Peter, DVBl. 2000, 1250 [1255]. 90  BVerfGE 97, 228 [254]. 91  BVerfGE 37, 1 [17]. 92  Manssen, in: v. Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 12 Abs. 1, Rdnr.  74; Schneider, Hans-Peter, Berufsfreiheit, in: Merten / Papier (Hrsg.), HdGR V, § 113, Rdnr.  109. Vgl. BVerfGE 13, 181 [185]; BVerfGE 82, 209 [223 f.]; BVerfGE 113, 29 [48]; Ruffert, in: Epping / Hillgruber (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 12, Rdnr.  56. 93  Manssen, in: v. Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 12 Abs. 1, Rdnr.  74.

B. Öffentliche Konkurrenz anhand des nichtrechtsförmigen Eingriffsbegriffs207

ebenfalls eine Art der Zielgerichtetheit,94 einzig wird versucht, sie anhand äußerer Umstände zu bestimmen. Das Merkmal der objektiv berufsregelnden Tendenz wird vom Bundes­ verfassungsgericht bei der Bestimmung von nichtrechtsförmigen Eingriffen in der Regel, jedoch nicht durchgängig angewandt. So stellte es auch fest, die Berufsfreiheit könne ohne berufsregelnde Zielrichtung berührt werden, wenn die tatsächlichen Auswirkungen einer Regelung geeignet seien, die Berufsfreiheit zu beeinträchtigen.95 Damit stellt sich die Frage, ob die be­ rufsregelnde Tendenz nur in bestimmten Fällen zu fordern ist oder ihr nicht mehr die zentrale Bedeutung zukommt, die sie einmal innehatte.96 Eine Systematisierung dieser Rechtsprechung ist bisher nicht gelungen und auch nicht zu erwarten. Daraus ergibt sich eines der wichtigsten Ablehnungsar­ gumente: Eine verlässliche Grundlage, wann eine objektiv berufsregelnde Tendenz anzunehmen ist, ist nicht auszumachen.97 Mit dem Erfordernis der subjektiv oder objektiv berufsregelnden Tendenz einer Maßnahme weicht die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung von der allgemeinen Grundrechtstheorie ab.98 Diese diskutiert zwar im Rahmen der Zurechnung von mittelbaren Eingriffen zusätzliche Eingriffsmerkmale. Die Zurechnungskriterien werden jedoch nicht von einzelnen Grundrechten abhängig gemacht. Es handelt sich um allgemeine Merkmale. Anhaltspunk­ te für eine objektiv berufsregelnde Tendenz lassen sich dem Verfassungstext nicht entnehmen. 94  Pieroth / Hartmann, DVBl. 2002, 421 [424]; Hösch, DÖV 2000, 393 [397]; Cornils, Von Eingriffen, Beeinträchtigungen und Reflexen, in: Detterbeck / Rozek /  v.  Coelln (Hrsg.), Festschrift Bethge, S. 137 [151]; Gleske, Wettbewerb öffentlicher und privater Kreditinstitute in Deutschland, S. 181. Vgl. auch Manssen, in: v.  Man­ goldt / Klein / Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 12 Abs. 1, Rdnr. 77. 95  BVerfGE 61, 291 [308]; BVerfGE 86, 28 [37]; BVerfGE 105, 252 [273]; BVerfGE 109, 64 [85]; BVerfGE 110, 370 [393 f.]. Vgl. auch BVerfGE 13, 181 [185 f.]; BVerfGE 81, 108 [121 f.]. Vgl. ebenso Papier, DVBl. 1984, 801 [805]. 96  Vgl. Cremer, DÖV 2003, 921 [928]. 97  Manssen, in: v. Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 12 Abs. 1, Rdnr.  76; Manssen, Staatsrecht II, Rdnr.  607. Vgl. Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 174 f. Vgl. aber Kämmerer, in: v.  Münch / Kunig (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 12, Rdnr.  46, der diesem Maßstab zustimmend eine hinreichende Flexibilität zuspricht. 98  Angemerkt sei, dass das Merkmal der objektiv berufsregelnden Tendenz zur Zeit seiner Begründung eine Erweiterung der Eingriffsvorstellung darstellte. Die vorherrschende Auffassung ging vom rechtsförmigen Eingriff aus. Damit war eine Voraussetzung des Grundrechtseingriffs die Zielgerichtetheit der Maßnahme. Wurde nun auch eine objektiv erkannte berufsregelnde Tendenz als ausreichend erachtet, so erweiterte das diese Eingriffsvorstellung, vgl. Dietlein, Berufs-, Arbeitsplatz- und Ausbildungsfreiheit, in: Stern, Staatsrecht IV / 1, § 111 IV 1, S. 1842 f.

208

7. Kap.: Eingriff durch Konkurrenz

Die zuweilen angeführte Begründung, die Berufsfreiheit sei ohne das einschränkende Merkmal der berufsregelnden Tendenz durch nahezu jede Maßnahme betroffen,99 ist bemerkenswert. Es erkennt die besondere Trag­ weite der Berufsfreiheit an, möchte sich mit dieser in der Rechtspraxis je­ doch nicht auseinandersetzen.100 An dieser Stelle ist die grundrechtliche Gewährleistung ernst zu nehmen. Betreffen viele Maßnahmen die Berufs­ freiheit, so sind sie auch daran zu messen. Für das Ausnehmen von ein­ schlägigen Fallgestaltungen gibt es weder Anlass noch Begründung.101 Gegen die objektiv berufsregelnde Tendenz wird auch gehalten, dass sie im Zusammenspiel mit der allgemeinen Handlungsfreiheit zu einem Wer­ tungswiderspruch führen könne.102 Denn denkbar wäre es, wenn ein Ein­ griff in die Berufsfreiheit mangels berufsregelnder Tendenz abgelehnt, der Schutz der allgemeinen Handlungsfreiheit wegen der Eröffnung des Schutz­ bereichs der Berufsfreiheit verneint werden würde. In diesem Fall würde die Betroffenheit der Berufsfreiheit – die dem Grunde nach einen stärkeren Schutz als die allgemeine Handlungsfreiheit bietet – zu einem Grund­ rechtsausschluss führen.103 Zwar wird die allgemeine Handlungsfreiheit durch die Schutzbereichseröffnung eines anderen Grundrechts grundsätz­ lich verdrängt. In einem solchen speziellen Fall geht aber auch das Bun­ desverfassungsgericht als stärkster Vertreter der objektiv berufsregelnden 99  Kämmerer, in: v.  Münch / Kunig (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 12, Rdnr.  46; Jarass / Pieroth, Grundgesetz Kommentar, Art. 12, Rdnr.  15; Jarass, DÖV 2002, 489 [492]. Ausdrücklich BVerfGE 97, 228 [253 f.]. 100  Vgl. Schulte, DVBl. 1988, 512 [517] unter Bezugnahme auf Sodan, Kolle­ giale Funktionsträger als Verfassungsproblem, S. 523 f., der sich wiederum auf Grabitz, Freiheit und Verfassungsrecht, S. 37 bezieht. 101  Cremer, DÖV 2003, 921 [928]; Hösch, DÖV 2000, 393 [397]; Papier, DVBl. 1984, 801 [805]; Manssen, in: v.  Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 12 Abs. 1, Rdnr. 75, 77; Manssen, Staatsrecht II, Rdnr. 608; Breuer, Staatliche Berufsregelung und Wirtschaftslenkung, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR VIII, § 171, Rdnr. 44; Papier, DVBl. 1984, 801 [805]; Weber / Crezelius, Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Verhältnis von Art. 12 GG und Besteuerung, in: Wilke / Weber (Hrsg.), Gedächtnisschrift Klein, S. 542 [549 f.]; Nolte, in: Stern / Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, Art. 12, Rdnr.  81; Dietlein, Berufs-, Arbeitsplatz- und Ausbildungsfreiheit, in: Stern, Staatsrecht IV / 1, § 111 IV 2, S. 1844; Kannengießer, WiVerw 1998, 182 [187]; Scharpf, GewArch 2005, 1 [6]. Vgl. Papier, Der Staat 11 (1972), 483 [494 f.]; Rixen, Sozialrecht als öffentliches Wirtschaftsrecht, S. 258. Vgl. auch Friauf, Verfassungsrechtliche Grenzen der Wirt­ schaftslenkung und Sozialgestaltung durch Steuergesetze, S. 39 ff. Kluth, WiVerw 2000, 184 [198] geht davon aus, es handle sich bei diesem Merkmal einzig um ei­ nen Hinweis auf den Schutzzweck der Berufsfreiheit. 102  Cremer, DÖV 2003, 921 [928]. 103  Vgl. zu einer ähnlichen Problematik der Theorie des Gewährleistungsgehalts Kahl, Der Staat 43 (2004), 167 [185 ff.].

B. Öffentliche Konkurrenz anhand des nichtrechtsförmigen Eingriffsbegriffs209

Tendenz von Art. 2 Abs. 1 GG als Prüfungsmaßstab aus.104 Damit ist die­ ser Einwand unbegründet. Geht man davon aus, dass die Grundrechte einen Freiheitsraum sichern und Schutz gegen Beeinträchtigungen desselben bieten, so müssen alleine die Auswirkungen einer Maßnahme in Form der tatsächlichen Betroffenheit zu der Begründung eines Eingriffes genügen. Von diesen alleine hängt es ab, ob ein Eingriff vorliegt. Anderenfalls ließen sich über das Merkmal der objektiv berufsregelnden Tendenz belastende Maßnahmen ausschließen, die – nach dem Verständnis des Bundesverfassungsgerichts105 – keine hinrei­ chende Nähe zu der Berufsfreiheit aufwiesen. Das jedoch kann auch mit Hinblick auf die vielfältigen Möglichkeiten des Gesetzgebers, im wirtschaft­ lichen Bereich nur mittelbar zu lenken,106 nicht überzeugen. Anderenfalls bestünde die reale Gefahr, dass sich der Staat durch die Wahl einer entspre­ chenden Handlungsform einer grundrechtlichen Rechtfertigung entzieht. Eine Einschränkung durch das Merkmal der objektiv berufsregelnden Ten­ denz ist daher abzulehnen.107 8.  Zusammenfassende Bewertung der Zurechnungskriterien Den Ausgangspunkt für die Zurechnung einer Beeinträchtigung zur Ver­ antwortung des Staates bildet die Kausalität. Diese ist im Sinn der Äquiva­ lenzkausalität zu verstehen. Daraus ergibt sich eine theoretische Weite, die durch verschiedene weitere Merkmale eingeschränkt werden soll. Das Zurechnungskriterium der Zielgerichtetheit ist sicher eine hinreichen­ de Bedingung für einen Eingriff, nicht aber eine notwendige. Das gilt ins­ besondere dann, wenn die Zielgerichtetheit auf die genannten Lenkungsoder Gestaltungszwecke beschränkt wird. Jede Form von Zielgerichtetheit muss sich dem grundsätzlichen Einwand stellen, dass es mit der grundrecht­ lichen Freiheit unvereinbar ist, wenn erlittene, aber nicht bezweckte staat­ liche Beeinträchtigungen nicht abgewehrt werden könnten. 104  BVerfG (Kammer), NJW 1992, 2143 [2144]. Vgl. aber gegenteilig BVerwG, NVwZ 1984, 514 [515]. 105  Vgl. insoweit die Fallübersicht bei etwa Manssen, in: v. Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 12 Abs. 1, Rdnr.  74, die offenlegt, dass die Rechtsprechung Einzelfallcharakter und keine klare Theorie aufweist. 106  So auch BVerwGE 71, 183 [192] unter Hinweis auf BVerfGE 46, 120 [137 f.]; vgl. BVerwGE 87, 37 [42]. 107  So auch Hösch, Die kommunale Wirtschaftstätigkeit, S. 54; Grawert, Zustän­ digkeitsgrenzen der Kommunalwirtschaft, in: Grupp / Ronellenfitsch (Hrsg.), Fest­ schrift Blümel, S. 119 [134 f.]. Vgl. Schneider, Hans-Peter, Berufsfreiheit, in: Mer­ ten / Papier (Hrsg.), HdGR  V, § 113, Rdnr.  110.

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7. Kap.: Eingriff durch Konkurrenz

Möglicherweise auf diesen Einwand reagierend werden sodann Kriterien aufgestellt, um eine solche Zielgerichtetheit annehmen zu können. Die ge­ nannten besonderen Marktsituationen der Preisunterbietung und der Ver­ knüpfung mit hoheitlichen Aufgaben sind dazu durchaus geeignet. Aller­ dings berücksichtigen sie im Übrigen nicht die besonderen Marktvorteile der öffentlichen Hand.108 Der daran anknüpfende gegenteilige Ansatz, der jedem wirtschaftlichen Handeln der öffentlichen Hand eine zielgerichtete Beeinträchtigung privater Konkurrenten unterstellt, scheint genau das zu berücksichtigen. Und doch ist auch diese Annahme fernliegend, denn staatliches Wirtschaftshandeln verfolgt regelmäßig andere, sozialgestalterische Zwecke. Es wird ein im Ergebnis zutreffendes Argument einem Eingriffsmerkmal zugeordnet, das dafür nicht geeignet ist. Zielgerichtetheit lässt sich nur anhand ausdrück­ licher Zielsetzungen oder zwingender Anhaltspunkte annehmen. Doch auch in diesen Fällen kann der grundsätzliche Einwand gegen die Zielgerichtet­ heit als bestimmendes Zurechnungsmerkmal nicht entkräftet werden, wes­ halb diese Ansätze grundsätzlich abzulehnen sind. Nimmt man die Lehre vom Handlungsunrecht als Ausgangspunkt, dann könnte ein Eingriff durch öffentliche Konkurrenz nur angenommen werden, wenn der Berufsfreiheit eine Verhaltensanordnung an den Staat entnommen werden könnte, nicht wirtschaftlich tätig zu werden. Doch weder dem Grundgesetz noch der Berufsfreiheit kann ein Verbot der wirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand entnommen werden. Vielmehr ist auch diese Handlungsform wegen der wirtschaftspolitischen Neutralität des Grundgesetzes grundsätzlich zulässig.109 Stellt man hingegen auf die Vorhersehbarkeit des Handlungserfolges ab, dann lässt sich ein Eingriff durch öffentliche Konkurrenz gut begründen, denn die Vorhersehbarkeit der Beeinträchtigung kann bei wirtschaftlicher Betätigung häufig angenommen werden.110 Werden öffentliche Unternehmen gegründet, so führt die Marktteilnahme in aller Regel zu einer Beeinträch­ tigung der Konkurrenten. Allerdings muss die Lehre vom Handlungsunrecht grundsätzlich verwor­ fen werden. Die mit ihr einhergehende Beschränkung des Einstehens für grundrechtliche Beeinträchtigungen wird zum einen dem Abwehranspruch der Grundrechte nicht gerecht. Grundrechte beschränken sich nicht nur auf eine Verhaltensanordnung an staatliches Handeln, grundrechtliche Freiheit 108  Siehe

oben, 6. Kapitel, B. IV. oben, 6. Kapitel, A. IV. 110  Ehlers, DVBl. 1998, 497 [502, Fn. 43]. 109  Siehe

B. Öffentliche Konkurrenz anhand des nichtrechtsförmigen Eingriffsbegriffs211

möglichst zu gewährleisten. Sondern sie gewährleisten einen konkreten Erfolg, nämlich den Schutz der individuellen Freiheit. Zum anderen würde eine Beschränkung der Zurechnung auf vorherzusehende Beeinträchtigun­ gen unvorsichtiges Staatshandeln begünstigen. Versucht man, mit der auf die Wirtschaft angewendete Normzwecktheo­ rie eine Zurechnung zu begründen, dann kommt man nicht umher, dem Grundgesetz Wettbewerbsregeln zu entnehmen. Die öffentliche Konkurrenz lässt sich jedoch nicht einer grundrechtlich oder grundgesetzlich vorgese­ henen Wirtschaftsordnung zuordnen111. Denn es handelt sich gerade nicht um eine grundrechtliche Betätigung, sondern um staatliche Kompetenzaus­ übung. Selbst die Stimmen, die einen grundrechtlichen Konkurrenzschutz ablehnen, beschreiben sie als „Fremdkörper“.112 Das wiederum spricht für die Annahme eines Eingriffs in allen Fällen der öffentlichen Wirtschaftstä­ tigkeit. Aber auch der Normzwecktheorie ist ein grundsätzlicher Einwand ent­ gegenzuhalten, der ihre Eignung als Zurechnungskriterium ausschließt. Bei der Bestimmung des Normzwecks handelt es sich dem Grunde nach um die Bestimmung des Schutzbereichs. Ist diese erfolgt, können abweichen­ de, einschränkende Normzwecke nicht mehr begründet werden. So er­ kannte Normbeschränkungen könnten allenfalls den Schutzbereich be­ schränken. Das wiederum versucht die Schutzbereichslösung, die die Be­ stimmung des Schutzbereichs in die Aufmerksamkeit rückt. Die kontext­ bezogene Auslegung vermag jedoch mit Blick auf die Rechtssicherheit nicht überzeugen. Ebenso konnten keine überzeugenden Argumente gefunden werden, um die vom Bundesverfassungsgericht häufig geforderte berufsregelnde Ten­ denz der belastenden Maßnahme zu begründen. Weder gibt es Anhaltspunk­ te, dass das Grundgesetz im Fall der Berufsfreiheit ein solches Merkmal voraussetzt oder anerkennt. Noch gibt es überzeugende Gründe, ein solches 111  Gleske, Wettbewerb öffentlicher und privater Kreditinstitute in Deutschland, S. 179. Siehe oben, 6. Kapitel, A. I. 112  Badura, Die Wirtschaftstätigkeit der öffentlichen Hand und die neue Sicht des Gesetzesvorbehalts, in: Baur / Hopt / Mailänder (Hrsg.), Festschrift Steindorff, S. 835 [854]; Papier, DVBl. 1984, 801 [809]; Papier, Grundgesetz und Wirt­ schaftsordnung, in: Benda / Maihofer / Vogel (Hrsg.), Handbuch des Verfassungsrecht der Bundesrepublik Deutschland, § 18, Rdnr.  44; Emmerich, Das Wirtschaftsrecht der öffentlichen Unternehmen, S. 107 f. Vgl. BVerfGE 21, 245 [249]. Vgl. ebenso Berg, GewArch 1990, 225 [233]; v.  Maydell / Scholz, Grenzen der Eigenwirtschaft gesetzlicher Krankenversicherungsträger, S. 107; Pielow, NWVBl. 1999, 369 [375]; Selmer, Wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand und Unternehmergrund­ rechte, in: Stober / Vogel (Hrsg.), Wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand, S. 75 [77].

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7. Kap.: Eingriff durch Konkurrenz

Merkmal für nur ein Grundrecht einzuführen. Schließlich ist unklar geblie­ ben, wann überhaupt eine objektiv berufsregelnde Tendenz anzunehmen oder abzulehnen ist. Zusammenfassend muss festgehalten werden, dass keines der vertretenen Eingriffsmerkmale in der Lage ist, die Zurechnung von kausalen Beein­ trächtigungen zu beschränken. Jeder Ansatz ist mit grundlegenden Bedenken verbunden, weshalb es auf der Seite der Zurechnung nur bei der Äquiva­ lenzkausalität als Voraussetzung bleibt.

III.  Intensität der Beeinträchtigung Neben der Zurechnung ist die Beeinträchtigung das zweite Merkmal eines Grundrechtseingriffs. Sie ist das Anknüpfungsobjekt der Zurechnung. Eine Beeinträchtigung ist gegeben, wenn die grundrechtlich geschützte Freiheit verkürzt worden ist. Ob die Beeinträchtigung eine besondere Intensität er­ reichen muss, damit ein Grundrechtseingriff angenommen werden kann, ist allgemein umstritten. Es findet sich kein Zurechnungskriterium, das überzeugend die staatliche Verantwortung über die Kausalität hinausgehend einschränken kann. Das führt jedoch dazu, dass sich Kausalketten über viele Ebenen und Wechsel­ wirkungen hinweg verfolgen lassen. Das wiederum kann zur Folge haben, dass es nahezu keine staatliche Maßnahme gibt, die sich nicht an den Grundrechten messen lassen muss.113 Entsprechend liegt es nahe, wenn die Seite der Zurechnung weit gefasst wird, auf der zweiten Seite des Eingriffs ein einschränkendes Merkmal zu entwickeln. Und tatsächlich nehmen Rechtsprechung und Rechtslehre in der Regel an, dass ein Grundrechtseingriff nur anzunehmen sei, wenn die Beeinträchtigung eine gewisse Schwelle überschreite.114 Die Höhe dieser Intensitätsschwelle ist allerdings umstritten. Die Bandbreite bewegt sich  – allgemein bezogen auf nichtrechtsförmige Grundrechtseingriffe – zwischen 113  Eine ganz ähnliche Schwierigkeit ergibt sich mit der etatistischen Konver­ genztheorie (bei Vosgerau, Grenzen der Liberalen Gewährleistungstheorie, in: Schar­ rer / Dalibor / Rodi / Fröhlich / Schächterle (Hrsg.), Risiko im Recht – Recht im Risiko, S. 135 [135 ff.] „liberale Gewährleistungstheorie“ genannt), die dazu führt, dass der Staat für jede private Beeinträchtigung einzustehen hat, vgl. Isensee, Das Grundrecht als Abwehrrecht und als staatliche Schutzpflicht, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), ­HdStR  V, 1. Auflage, § 111, Rdnr.  118 f. 114  Nachweise bei Sachs, Grundrechtseingriff und Grundrechtsbetroffenheit, in: Stern, Staatsrecht III / 2, § 78 III 1, S. 157; Roth, Andreas, Verwaltungshandeln mit Drittbetroffenheit und Gesetzesvorbehalt, S. 298 ff.

B. Öffentliche Konkurrenz anhand des nichtrechtsförmigen Eingriffsbegriffs213

Beeinträchtigungen „gewisser Intensität“115, einer erhöhten Intensität116 und der – bezogen auf den Fall der öffentlichen Konkurrenz – vornehm­ lich vom Bundesverwaltungsgericht und Teilen der Rechtslehre vertretenen Einschränkung der privaten Unternehmer in „unerträglichem Maße“ oder einer „unzumutbaren“ Schädigung derselben117. Die Intensitätsschwellen werden in ihrer Höhe und zudem in Abhängig­ keit vom jeweiligen Grundrecht und Sachbereich unterschiedlich vertreten. Möglicherweise können die Nachbarschaftsklagen als Beispiel118 für nicht­ rechtsförmige Beeinträchtigungen dienen, denen allgemeine Anforderungen an nichtrechtsförmige Eingriffe zu entnehmen sind. Gleiches soll mit den sogenannten Konkurrentenklagen versucht werden. Es muss jedoch geklärt werden, ob die so gewonnenen Erkenntnisse überhaupt im gegebenen Fall Bedeutung haben können. Weil die Intensitätsschwellen in Abhängigkeit von sowohl dem Grund­ recht wie auch dem Sachbereich vertreten werden, wird im Weiteren ver­ sucht, eine Intensitätsschwelle bezogen auf die Berufsfreiheit zu bestimmen. Gleiches wird dann bezogen auf den Sachbereich der Beeinträchtigung durch öffentliche Konkurrenz unternommen.

115  Stern, Staatsrecht III / 1, § 72 III 4, S. 1207; Stober, Allgemeines Wirtschafts­ verwaltungsrecht, § 24 V 4, S. 182, der eine „fühlbare“ Einschränkung fordert. 116  Erichsen, Allgemeine Handlungsfreiheit, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), ­HdStR VI, 1. Auflage, § 152, Rdnr.  80; Di Fabio, Risikoentscheidungen im Rechts­ staat, S. 429 ff. Ramsauer, VerwArch 72 (1981), 89 [104 f.] nimmt ein von der Nähe der staatli­ chen Handlung zu der Beeinträchtigung abhängiges Intensitätserfordernis an. Jeden­ falls aber sei eine höhere Intensität erforderlich als für die Relevanz von Regelungs­ beeinträchtigungen. Scherzberg, DVBl. 1989, 1128 [1136] geht von einem Intensitätserfordernis aus, dessen Höhe er vom „objektivrechtlichen“ Steuerungsgehalt der Grundrechte abhän­ gig macht. Vgl. Albers, DVBl. 1996, 233 [235]. 117  BVerwG, NJW 1995, 2938 [2939]. Oftmals wird auch unspezifisch von der „für eine Grundrechtsverletzung erforderliche[n] Intensität“ gesprochen, BVerwG, NVwZ 1984, 514 [515]. Gleske, Wettbewerb öffentlicher und privater Kreditinstitu­ te in Deutschland, S. 183 fordert ganz ähnlich eine „besonders schwerwiegende Belastung“. Siehe oben, 6. Kapitel, B. I. 118  Hierzu Roth, Andreas, Verwaltungshandeln mit Drittbetroffenheit und Geset­ zesvorbehalt, S. 276 ff.

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7. Kap.: Eingriff durch Konkurrenz

1.  Nachbarschafts- und Konkurrentenklage In dem hier bedeutsamen Fall der Nachbarschaftsklagen geht es um dritt­ belastende Verwaltungsakte, häufig im Bereich des Bau- oder Umweltrechts. Der Kläger befürchtet eine eigene Beeinträchtigung, wenn sein Nachbar von einer erteilten Genehmigung Gebrauch macht. Häufig geht es um Wertmin­ derungen eines Grundstücks wegen drohender Einwirkungen von dem ge­ planten Betrieb des Nachbarn. Das Bundesverwaltungsgericht geht überwie­ gend davon aus, dass der Erfolg einer solchen auf das Eigentumsrecht nach Art. 14 Abs. 1 GG gestützten Nachbarschaftsklage eine schwere und uner­ trägliche Beeinträchtigung voraussetze. Diese müsse zudem durch eine nachhaltig veränderte Grundstückssituation eingetreten sein.119 Die gleiche Intensitätsschwelle wird vorausgesetzt, wenn in vergleichbaren Fällen das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb betroffen ist.120 Neben der grundsätzlichen Kritik an den Nachbarschaftsklagen121 finden sich in der Rechtslehre auch Stimmen, die dieser hohen Intensitätsschwelle zustimmen122. Ähnlich verhält es sich mit dem Bereich der Konkurrentenklagen. Kon­ kurrentenklagen werden häufig nach dem Rechtsschutzziel zu drei Gruppen zusammengefasst.123 Zur Gruppe der positiven Konkurrentenklage werden die Klagen gefasst, mit denen die einem Mitbewerber gewährte Vergünsti­ gung für den Kläger selbst verlangt wird. Mit einer defensiven Konkurren­ tenklage soll die einem Mitbewerber gewährte Vergünstigung beseitigt und der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt werden. Und schließlich wird mit der Mitbewerberklage versucht, die Zulassung zu einer zahlenmäßig beschränkten Vergünstigung bei Verdrängung der Mitbewerber zu erreichen. Im Fall der defensiven Konkurrentenklage fordert das Bundesverwal­ tungsgericht eine Beeinträchtigung der Wettbewerbsfreiheit nach Art. 2 119  So etwa BVerwGE 32, 173 [179]; BVerwGE 36, 248 [251]; BVerwGE 44, 244 [246 f.]; BVerwGE 50, 282 [287]; BVerwGE 52, 122 [125]. Vgl. Roth, Andreas, Verwaltungshandeln mit Drittbetroffenheit und Gesetzesvorbehalt, S. 300 ff. 120  BVerwGE 36, 248 [251] bezogen auf Art. 14 Abs. 1 GG. 121  Evers, DVBl. 1970, 12 [15]; ähnlich auch Ortloff, NVwZ 1987, 374 [381] mit Verweis auf BVerfGE 72, 66. Weitere Nachweise bei Roth, Andreas, Verwaltungs­ handeln mit Drittbetroffenheit und Gesetzesvorbehalt, S. 292. 122  Breuer, Grundrechte als Anspruchsnormen, in: Bachof / Heigl / Redeker (Hrsg.), Festgabe 25 Jahre Bundesverwaltungsgericht, S. 89 [108, 110]: „schwerer und uner­ träglicher Eingriff“. Vgl. Roth, Andreas, Verwaltungshandeln mit Drittbetroffenheit und Gesetzesvorbehalt, S. 305 ff. 123  Pietzcker, in: Schoch / Schneider / Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung, § 42 Abs. 1 VwGO, Rdnr.  141; Schmidt-Kötters, in: Posser / Wolff (Hrsg.), BeckOK VwGO, § 42, Rdnr.  93 ff.

B. Öffentliche Konkurrenz anhand des nichtrechtsförmigen Eingriffsbegriffs 215

Abs. 1 GG in „unerträglichem Maße“124 oder eine unzumutbare Schädi­ gung125 durch die dem Mitbewerber gewährte Vergünstigung.126 Ein Eingriff bestünde jedoch erst dann, wenn durch die Beeinträchtigung die Fähigkeit zur Teilnahme am Wettbewerb so eingeschränkt sei, dass die wirtschaftliche Betätigung als verantwortlicher Unternehmer beeinträchtigt sei.127 Dem ist ebenfalls in der Rechtslehre zugestimmt worden.128 Zunächst ist festzuhalten, dass das Bundesverwaltungsgericht sowohl bei den Nachbarschafts- wie auch den Konkurrentenklagen eine hohe Eingriffs­ intensität zur Voraussetzung macht. Die so aufgestellte Intensitätsschwelle wurde auch auf andere Grundrechte übertragen.129 Die Rechtsprechung und Diskussion zu Nachbarschafts- und Konkurren­ tenklagen muss hier jedoch nicht weiter vertieft werden. Denn es handelt sich ausschließlich um Fallgestaltungen, bei denen Grundrechtsträger ge­ geneinanderstehen. Vor diesem Hintergrund ist es nachzuvollziehen, weshalb höhere Anforderungen an einen Abwehranspruch gestellt werden. Denn die erfolgreiche Abwehr einer Begünstigung bedeutet dem Nachbarn oder Kon­ kurrenten gegenüber häufig die Versagung seiner Grundrechtsausübung. Die vertretenen Ansätze und Entscheidungen lassen sich somit nicht auf den Bereich der öffentlichen Konkurrenz übertragen. Denn dort bedeutet die erfolgreiche Abwehr der öffentlichen Konkurrenz keine Grundrechtsein­ schränkung, sondern gerade eine Grundrechtserweiterung – oder im Fall hoher Eingriffsintensität erst eine Grundrechtsermöglichung. 2.  Beeinträchtigung der Berufsfreiheit Versucht man, die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu nichtrechtsförmigen Eingriffen in die Berufsfreiheit zu systematisieren, stößt man an nicht zu überwindende Grenzen. In einem Fall, in dem ein Eingriff 124  BVerwGE

30, 191 [198]. 30, 191 [199]. 126  Vgl. Hubmann, WiVerw 1982, 41 [45 f.]; Mössner, JuS 1971, 131 [136]. 127  BVerwGE 65, 167 [174]. 128  Brohm, Die Konkurrentenklage, in: Erichsen / Hoppe / v.  Mutius (Hrsg.), Fest­ schrift Menger, S. 235 [240, 244]: Beeinträchtigung muss „schwer und unerträglich“ oder „willkürlich“ sein. Breuer, Grundrechte als Anspruchsnormen, in: Bachof /  Heigl / Redeker (Hrsg.), Festgabe 25 Jahre Bundesverwaltungsgericht, S. 89 [111]: Abwehr einer „ruinösen Verzerrung der Wettbewerbslage“. Knuth, JuS 1986, 523 [529]: Beeinträchtigungen müssen „Zwangswirkung entfalten, die faktisch ähnlich intensiv ist wie ein rechtlich verbindliches Verhaltensge- oder Verhaltensverbot“. 129  BVerwGE 54, 211 [222 f.] bezogen auf die höchstpersönlichen Rechtsgüter des 2 Abs. 2 GG. Vgl. auch Schulte, DVBl. 1988, 512 [516]. 125  BVerwGE

216

7. Kap.: Eingriff durch Konkurrenz

in die Berufsfreiheit durch nichtrechtsförmiges Staatshandeln vor Gericht geltend gemacht worden ist, stellte das Bundesverwaltungsgericht nur eine Geringfügigkeitsschwelle auf.130 Begründet wurde diese mit der Sozialbin­ dung des Einzelnen.131 Dabei wurde Bezug genommen auf die Grundsätze der Nachbarschaftsklagen, obwohl sich der angegriffene Verwaltungsakt für den Adressaten und den Kläger belastend auswirkte und nicht – wie in den Nachbarschaftsfällen üblich – den Adressaten einseitig begünstigte. Über eine Geringfügigkeitsschwelle hinaus gingen die Intensitätsanforde­ rungen, die das Bundesverwaltungsgericht in Bezug auf staatliche Informa­ tionstätigkeit aufgestellt hat. Ein Eingriff in die Berufsfreiheit wurde zu­ nächst davon abhängig gemacht, dass die Beeinträchtigung durch staatliche Information eindeutig auf einen aufseiten der Unternehmer eintretenden nachteiligen Effekt abzielen müsse. Eine Beeinträchtigung lediglich als Begleiterscheinung genüge nicht.132 Abgestellt wurde demnach auf die Ziel­ gerichtetheit der Maßnahme. Daran anschließend wurde angenommen, der Grundrechtsschutz könne gerade nicht von einer solchen berufsregelnden Tendenz abhängig gemacht werden. Vielmehr müsse er sich auch auf voraussehbare und in Kauf ge­ nommene Nebenfolgen erstrecken. Neben der Vorhersehbarkeit sei aber auch Voraussetzung, dass es zu einer schwerwiegenden Beeinträchtigung gekommen sei.133 Die so aufgestellte hohe Intensitätsschwelle wurde in der Folge nochmals bestätigt.134 Es kommen noch weitere Intensitätsabstufun­ gen hinzu, wenn man die staatliche Informationstätigkeit in Bereiche wie Warnungen, Empfehlungen, Aufklärung und andere unterteilt.135 Bereits mit dieser kurzen Darstellung wird deutlich, dass das Bundesver­ waltungsgericht unterschiedliche Intensitätsschwellen in unterschiedlichen Situationen anlegt. Ähnlich uneinheitlich ist die Rechtslehre. So soll eine nichtrechtsförmige Beeinträchtigung eine „einigermaßen erhebliche“136 In­ tensität haben, um einen Eingriff annehmen zu können. Zum Teil ist auch von einer „vorhersehbaren […] schwerwiegenden Beeinträchtigung“137, von Interpretation teilt auch Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 103. NVwZ 1984, 514 [515]. Ähnlich auch Kirchhof, Paul, Verwalten durch „mittelbares“ Einwirken, S. 49. 132  BVerwGE 71, 183 [194]. 133  BVerwGE 87, 37 [43 f.]. Auch BVerwGE 89, 281 [283]. 134  BVerwG, NJW 1996, 3161 [3161]. 135  Hierzu Schoch, NJW 2012, 2844 [2845]. 136  Manssen, in: v.  Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grundge­ setz, Art. 12 Abs. 1, Rdnr.  79. 137  Mann, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 12, Rdnr.  95. 130  Diese

131  BVerwG,

B. Öffentliche Konkurrenz anhand des nichtrechtsförmigen Eingriffsbegriffs217

„Auswirkungen […] von einigem Gewicht“138 oder wieder von „erheblichen Belastungen“139 die Rede. Zusammenfassen lassen sich diese Ansichten nur dahin gehend, dass es bei der Beeinträchtigung der Berufsfreiheit derzeit keine anerkannte oder gefestigte Auffassung in Bezug auf die Beeinträchti­ gungsintensität gibt. 3.  Bagatellgrenze Bereits der Ausgangspunkt der Normzwecktheorie war es, Beeinträchti­ gungen, die dem allgemeinen Lebensrisiko zuzurechnen seien, von der grundrechtlichen Rechtfertigung auszuschließen. Das ist vergleichbar mit dem Bestreben, zumindest Bagatellbeeinträchtigungen als Grundrechtsein­ griff auszuschließen.140 Zur Begründung kann auf die Sozialbindung des Einzelnen abgestellt werden.141 Demnach könnten geringfügige Einschrän­ kungen, die aus der Zugehörigkeit des Einzelnen zu einer sozialen Gemein­ schaft resultierten, nicht abgewehrt werden. Zunächst ist jedoch zu klären, welche Möglichkeiten vertreten werden, den Ausschluss von Bagatellbeeinträchtigungen grundrechtstheoretisch zu be­ gründen.142 Einerseits ließe sich annehmen, Bagatellbeeinträchtigungen er­ reichten nicht die notwendige Intensität, um als Grundrechtseingriff bewertet 138  Wieland, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 12, Rdnr.  73 mit der objektiv berufsregelnden Tendenz als Zurechnungsmerkmal. 139  Jarass / Pieroth, Grundgesetz Kommentar, Art. 12, Rdnr.  18 mit der berufsre­ gelnden Tendenz als Zurechnungsmerkmal. 140  Selmer, Wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand und Unternehmer­ grundrechte, in: Stober / Vogel (Hrsg.), Wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand, S. 75 [83]; Stober, Allgemeines Wirtschaftsverwaltungsrecht, § 24 V 4, S. 182; Manssen, in: v.  Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 12 Abs. 1, Rdnr. 79; Gleske, Wettbewerb öffentlicher und privater Kreditinstitu­ te in Deutschland, S. 182; Sodan, DÖV 1987, 858 [863 f.]; Ramsauer, Die faktischen Beeinträchtigungen des Eigentums, S. 127; Bethge, Jura 2003, 327 [332]; Nolte, in: Stern / Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, Art. 12, Rdnr.  78; Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 176. Vgl. Weiß, Privatisierung und Staatsaufgaben, S. 262; Dietlein, Berufs-, Arbeitsplatz- und Ausbildungsfreiheit, in: Stern, Staatsrecht IV / 1, § 111 IV 5, S. 1864; Eckhoff, Der Grundrechtseingriff, S. 255 ff. mit Nachweisen zur Rechtsprechung. Vgl. dazu auch, allerdings für den Bereich des Prozessrechts, Art. 35 Abs. 3b der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK). Nach diesem kann eine Individualbeschwerde für unzulässig erklärt werden, wenn dem Beschwerdeführer durch den angegriffenen Akt kein erheblicher Nachteil entstanden ist. 141  BVerwG, NVwZ 1984, 514 [515]. Bethge, Jura 2003, 327 [332]. 142  Vgl. Roth, Wolfgang, Faktische Eingriffe in Freiheit und Eigentum, S. 267 ff.

218

7. Kap.: Eingriff durch Konkurrenz

werden zu können.143 Anders verhält es sich mit dem auch durch das Bundes­ verfassungsgericht anerkannten Bagatellvorbehalt.144 Er wird im Rahmen der echten tatbestandlichen Rückwirkung einer Norm als Rechtfertigungsgrund anerkannt. Er schließt dort demnach nicht den Grundrechtseingriff aus, son­ dern rechtfertigt diesen nur.145 Nur vereinzelt wird auch diese Bagatellgrenze entweder grundsätzlich146 oder als zu unbestimmt147 abgelehnt. 4.  Beeinträchtigung durch öffentliche Konkurrenz Das Bundesverwaltungsgericht hat sich einzig in den bereits genannten Entscheidungen zur Konkurrenz des Staates im Verhältnis zu Privaten geäu­ ßert.148 Dort wurde die Eröffnung des Schutzbereichs von einer unerlaubten Monopolstellung, einer unerträgliche Einschränkung der privaten Unterneh­ mer oder eine unzumutbare Schädigung derselben abhängig gemacht.149 Sind diese Fälle gegeben, so soll das zum Grundrechtsschutz der privaten Mitbewerber führen. Die Eröffnung des Schutzbereichs und die Bestimmung des Eingriffs werden damit zusammengezogen beziehungsweise von den gleichen Voraussetzungen abhängig gemacht. Wenn auch die Ausführungen zum Schutzbereich nicht zutreffend sind,150 so ist es doch schlüssig, dass der Eingriff von den gleichen Voraussetzun­ gen abhängig gemacht wird wie die Schutzbereichseröffnung. Denn nimmt man an, die Berufsfreiheit schütze weder vor privater noch vor öffentlicher Konkurrenz, versagt man also den Schutzbereich und erkennt ihn erst in den genannten Fällen als eröffnet an, so müssen diese Voraussetzungen auch im Rahmen der Eingriffsbestimmung gelten. Eingriff und Schutzbe­ reich sind insoweit aufeinander bezogen.151 Im Ergebnis werden damit ho­ he Anforderungen an die Beeinträchtigungsintensität gestellt. Diese hohe Beeinträchtigungsschwelle wird von den Stimmen unterstützt, die ebenso Roth, Wolfgang, Faktische Eingriffe in Freiheit und Eigentum, S. 269 f. 72, 200 [258 f.] unter Verweis auf BVerfGE 30, 367 [389]. Ebenso BVerfGE 95, 64, [86 f.]. 145  Vgl. Roth, Wolfgang, Faktische Eingriffe in Freiheit und Eigentum, S. 270 ff. 146  Weiß, Privatisierung und Staatsaufgaben, S. 262. 147  Roth, Wolfgang, Faktische Eingriffe in Freiheit und Eigentum, S. 270. 148  Siehe oben, 6. Kapitel, B. I. 149  BVerwG, NJW 1995, 2938 [2939]. Vgl. für die private Konkurrenz BVerwGE 30, 191 [198]. 150  Siehe oben, 6. Kapitel, B. VI. 151  Albers, DVBl. 1996, 233 [236]; Cornils, Von Eingriffen, Beeinträchtigungen und Reflexen, in: Detterbeck / Rozek / v.  Coelln (Hrsg.), Festschrift Bethge, S. 137 [138]. Vgl. Murswiek, Der Staat 45 (2006), 473 [476]; Weber-Dürler, Der Grund­ rechtseingriff, in: VVDStRL 57 (1997), S. 57 [82]. 143  Vgl.

144  BVerfGE

B. Öffentliche Konkurrenz anhand des nichtrechtsförmigen Eingriffsbegriffs219

die Eröffnung des Schutzbereichs der Berufsfreiheit auf die genannten Fallgruppen verengen. Wird erkannt, dass die Berufsfreiheit vor öffentlicher Konkurrenz auch unterhalb dieser Intensitätsschwelle schützt, werden verschiedene Vorausset­ zungen an die Beeinträchtigungsintensität gestellt: Angelehnt an die bundes­ verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung ist die Ansicht, die jedenfalls eine erhebliche Marktrelevanz der öffentlichen Konkurrenz152 fordert, um einen Eingriff annehmen zu können. Noch weiter einschränkend ist die Forderung, dass die Möglichkeit, sich als verantwortlicher Unternehmer zu betätigen, erheblich eingeschränkt sein müsse153 oder es auf einen Verdrängungswett­ bewerb ohne legitimierenden öffentlichen Zweck ankomme154.155 Demgegenüber werden die geringsten Anforderungen gestellt, wenn das bloße Hinzutreten des öffentlichen Konkurrenten als Eingriff gewertet wird.156 Auch die bereits erwähnte Bagatellgrenze wird aufgegriffen und als Voraussetzung angeführt, damit eine für einen Eingriff ausreichende Beein­ trächtigungsintensität erreicht sei.157 Fließend und kaum zu fassen ist die Ansicht, die Höhe der Intensitätsschwelle hänge von der Vorhersehbarkeit der Beeinträchtigung ab. Sei diese nicht vorherzusehen, so müsse der priva­ te Konkurrent nachhaltig, schwer und unerträglich betroffen sein. Könne dagegen die Beeinträchtigung vorausgesehen werden, genüge eine messbare Beeinträchtigung.158 Ähnlich unklar ist die Annahme, es bedürfe einer „hin­ reichend intensiven“159 Einwirkung. 152  Erdmann,

[579].

DVBl. 1998, 13 [15]. Ähnlich auch Stober, ZHR 145 (1981), 565

153  Ehlers, JZ 1990, 1089 [1096]; Ehlers, DVBl. 1998, 497 [502]; Ehlers, Kom­ munale Wirtschaftsförderung und kommunale Selbstverwaltung, in: Ehlers (Hrsg.), Kommunale Wirtschaftsförderung, S. 103 [125]; Ehlers, Möglichkeiten und Grenzen kommunaler Wirtschaftsbetätigung, in: Ipsen (Hrsg.), Kommunalwirtschaft im Um­ bruch, S. 10 [25]. 154  Ossenbühl, AöR 115 (1990), 1 [13]. 155  Huber, Peter M., Konkurrenzschutz im Verwaltungsrecht, S. 321 stellt auf das Einräumen von Privilegien ab, wegen derer die privaten Konkurrenten auf Dauern nicht mehr konkurrenzfähig seien. 156  Hösch, DÖV 2000, 393 [398 f.]; Heintzen, Rechtliche Grenzen und Vorgaben für eine wirtschaftliche Betätigung von Kommunen im Bereich der gewerblichen Gebäudereinigung, S. 23, 27; Scharpf, GewArch 2005, 1 [5]; Schmidt, WM 1992, 1 [2]. Ähnlich Rixen, Sozialrecht als öffentliches Wirtschaftsrecht, S. 272. 157  Selmer, Wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand und Unternehmer­ grundrechte, in: Stober / Vogel (Hrsg.), Wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand, S. 75 [83]; Schliesky, DVBl. 1999, 78 [82]. 158  Huber, Peter M., Konkurrenzschutz im Verwaltungsrecht, S. 327 f.; Huber, Peter M., Die unternehmerische Betätigung der öffentlichen Hand, in: Brenner / Hu­ ber / Möstl (Hrsg.), Festschrift Badura, S. 897 [918].

220

7. Kap.: Eingriff durch Konkurrenz

5.  Zusammenfassende Bewertung der Intensitätsschwellen Bemerkenswert ist, dass die Frage der für einen Grundrechtseingriff er­ forderlichen Beeinträchtigungsintensität in Abhängigkeit von verschiedenen Umständen diskutiert wird. So werden bei verschiedenen Grundrechten und verschiedenen Situationen unterschiedliche Intensitätsschwellen vertreten. Den hier zuerst dargestellten Bereich der Nachbarschafts- und Konkurren­ tenklagen von den anderen Fallgestaltungen zu unterscheiden ist angemes­ sen, denn dort führt jede erfolgreiche Abwehr einer Beeinträchtigung zu einer Beeinträchtigung des ursprünglichen Adressaten der Begünstigung. Weil Grundrechtsbeeinträchtigung und Grundrechtsausübung in diesen Fäl­ len miteinander verbunden sind, erscheint es auch sachgerecht, höhere An­ forderungen an die Beeinträchtigungsintensität zu stellen, wenn das auch nicht zwingend ist. Ebenso könnte der Ausgleich auf der Ebene der Recht­ fertigung gesucht werden. 159

Für die sonst vergleichbaren Fälle der nichtrechtsförmigen Beeinträchti­ gungen durch staatliches Handeln, insbesondere der öffentlichen Konkur­ renz, werden ganz unterschiedliche Intensitätsschwellen vertreten. Das macht es zunächst schwierig, eine für alle Fälle und auch Grundrechte zu­ treffende Schwelle festzulegen. Bezeichnend ist jedoch, dass die Vertreter für ihre Ansichten keine belastbaren Argumente ins Feld führen können. Vielmehr wird argumentiert, eine Schwelle erscheine als zu einschränkend, eine andere als zu umfassend.160 Auf den Text des Grundgesetzes lassen sich die genannten Intensitätsschwellen jedenfalls nicht zurückführen. Einzig die vom Bundesverwaltungsgericht und den zustimmenden An­ sichten aufgestellten hohen Intensitätsanforderungen finden eine Begrün­ dung in der – wenn auch unzutreffenden – Gleichsetzung von öffentlicher und privater Konkurrenz. Für die anderen dargestellten Intensitätsschwel­ len, insbesondere den hohen, lassen sich keine Argumente finden. Die na­ hezu fehlende Möglichkeit der Begründung ist ein Kritikpunkt einer jeden Schwelle: Weshalb sollen „mittlere“ Beeinträchtigungen grundrechtlich un­ bedeutend sein, „schwere“ Beeinträchtigungen aber Grundrechtsschutz aus­ lösen können? Damit verbunden ist eine weitere grundsätzliche Schwierig­ keit der Intensitätsschwellen offengelegt, nämlich ihre weitgehende Unbe­ stimmtheit.161 Was „leichte“, „mittlere“ und „schwere“ Beeinträchtigungen 159  Storr,

Der Staat als Unternehmer, S. 176, 178. etwa Jarass / Pieroth, Grundgesetz Kommentar, Art. 12, Rdnr.  23, bezogen auf die öffentliche Konkurrenz. 161  Schulte, DVBl. 1988, 512 [517]; Discher, JuS 1993, 463 [466]; Scharpf, Gew­Arch 2005, 1 [5]; Philipp, Staatliche Verbraucherinformationen im Umwelt- und Gesundheitsrecht, S. 139 ff. Vgl. Lindner, DÖV 2003, 185 [186]; Roth, Wolfgang, 160  So



C. Ergebnis221

sind und wie sie voneinander abzugrenzen sind, ist unklar und damit rechtsunsicher.

C.  Ergebnis: Tatsächliche Freiheitsverkürzung Sowohl die Frage nach Zurechnungsmerkmalen wie auch nach einer In­ tensitätsschwelle stellt sich vor allem bei nichtrechtsförmigen Beeinträchti­ gungen. Ausgehend vom rechtsförmigen Eingriffsbegriff gibt es diese Dis­ kussionen im Grunde nicht. Eine rechtlich wirksame Verhaltensanordnung verkürzt die grundrechtliche Freiheit unmittelbar.162 Auch wenn daraus keine tatsächliche Belastung des Adressaten folgt, ist ein Grundrechtsein­ griff gegeben. Der Vorstellung, es komme einzig auf rechtliche Betätigungsmöglichkei­ ten beziehungsweise für den Grundrechtseingriff auf rechtliche Beeinträch­ tigungen an, beruht auf der Vorstellung von rechtlicher Freiheit.163 Freiheit besteht diesem Verständnis nach nicht im faktischen Handeln-Können, sondern im rechtlichen Handeln-Dürfen. Letzteres ist die notwendige Vor­ bedingung für tatsächliches Handeln-Können. Wird sie durch rechtliche Gebote oder Verbote verkürzt, bedeutet das eine unmittelbare Beeinträchti­ gung der Freiheit. Mit der grundsätzlichen Anerkennung der nichtrechtsförmigen Eingriffe hat sich auch das Freiheitsverständnis gewandelt.164 Sind die Auswirkungen einer Maßnahme eingriffsbestimmend, so liegt darin die Anerkenntnis tat­ sächlicher Freiheit. Tatsächliche Freiheit ist durch einen zuvor unbestimmten Raum von Handlungsmöglichkeiten gekennzeichnet, der von dem Handeln­ den nach seinen Vorstellungen genutzt und geprägt wird.165 Die rechtlichen Handlungsmöglichkeiten sind für diese Vorstellung zunächst unbedeutend. Faktische Eingriffe in Freiheit und Eigentum, S. 270. Vgl. gegenteilig Eckhoff, Der Grundrechtseingriff, S. 253 ff. Vgl. insoweit die Annahme von Spannowsky, ZGR 1996, 400 [405], ein grund­ rechtlicher Abwehranspruch bestünde bei einer „unangemessenen“ Beeinträchtigung. 162  Siehe oben, 7. Kapitel, A. I. 163  Krebs, Rechtliche und reale Freiheit, in: Merten / Papier (Hrsg.), HdGR  II, § 31, Rdnr.  2 ff.; Bäumerich, DÖV 2015, 374 [377 f.]. Von dieser Vorstellung geht Klein, Die Teilnahme des Staates am wirtschaftlichen Wettbewerb, S. 177 aus, wenn er nur Rechtsmöglichkeiten, nicht die tatsächliche Be­ tätigungsmöglichkeit für geschützt hält, vgl. Schmittat, ZHR 148 (1984), 428 [448 f.]. 164  Krebs, Rechtliche und reale Freiheit, in: Merten / Papier (Hrsg.), HdGR  II, § 31, Rdnr.  54. Vgl. Roth, Wolfgang, Faktische Eingriffe in Freiheit und Eigentum, S. 161 ff. 165  Krebs, Rechtliche und reale Freiheit, in: Merten / Papier (Hrsg.), HdGR  II, § 31, Rdnr.  1.

222

7. Kap.: Eingriff durch Konkurrenz

Der – häufig unausgesprochene166 – Wechsel der Freiheitsvorstellung führt dazu, dass es zu einer großen Unbestimmtheit der grundrechtlichen Gewährleistungen kommt.167 Wird die grundrechtliche geschützte Freiheit nicht als rechtliche, sondern tatsächliche Freiheit verstanden, so wirkt sich das auf die Bestimmung nicht nur des Schutzguts, sondern auch des Ein­ griffs aus. So wie es bei der Bestimmung des Schutzbereichs maßgeblich auf die individuellen Freiheitsvorstellungen ankommt, so gilt das nun auch für den Grundrechtseingriff.168 Die Diskussion um die Eingriffsmerkmale lässt sich einerseits, wie es häufig der Fall ist, anhand einzelner Zurechnungsmerkmale und Intensitäts­ schwellen führen. Das aber kann zu keinem überzeugenden Ergebnis führen, wenn nicht das grundrechtliche Freiheitsverständnis dabei folgerichtige ­beachtet wird. Vor allem die dargestellten Zurechnungsmerkmale sind nur Erweiterungen der Voraussetzungen, die für einen rechtsförmigen Eingriff als bestimmend angesehen worden sind. Wenn auch die Rechtsförmigkeit nicht mehr als zwingend angesehen wird, beruhen doch Merkmale wie die Zielgerichtetheit und die objektiv berufsregelnde Tendenz noch auf einer Vorstellung von Über- und Unterordnung, wie es für die rechtliche Freiheit Voraussetzung war. Wenn aber nun stillschweigend von einer Vorstellung von tatsächlicher Freiheit ausgegangen wird, dann führen alle diese Ein­ griffsmerkmale dazu, dass tatsächliche Freiheitsverkürzungen als grund­ rechtlich unbedeutend eingeordnet werden. Bei der Entscheidung, ob ein Eingriff in den Schutzbereich eines Grund­ rechts vorliegt oder nicht, handelt es sich um eine „Alles-oder-NichtsEntscheidung“169. Wird der Eingriff abgelehnt, besteht kein grundrechtlicher Schutz. Versuchte man, tatsächliche Beeinträchtigungen in unerhebliche und beachtliche Eingriffe zu unterteilen, dann gäbe es einen Freiheitsbereich, der zwar grundsätzlich anerkannt, aber keine tatsächliche Freiheit gewähr­ leisten würde. Ausgehend von rechtlicher Freiheit war es unbestritten, dass jede Beein­ trächtigung grundrechtsrelevant ist.170 Eine rechtliche Beeinträchtigung war 166  Vgl.

jedoch BVerfGE 33, 303 [331]. Rechtliche und reale Freiheit, in: Merten / Papier (Hrsg.), HdGR  II, § 31, Rdnr.  59 ff. 168  Vgl. Albers, DVBl. 1996, 233 [236]. 169  Cornils, Von Eingriffen, Beeinträchtigungen und Reflexen, in: Detterbeck / Ro­ zek / v.  Coelln (Hrsg.), Festschrift Bethge, S. 137 [141]. So auch Höfling, Koperni­ kanische Wende Rückwärts?, in: Muckel (Hrsg.), Festschrift Rüfner, S. 329 [339]; Albers, DVBl. 1996, 233 [236]. 170  Roth, Wolfgang, Faktische Eingriffe in Freiheit und Eigentum, S. 274; WeberDürler, Der Grundrechtseingriff, in: VVDStRL 57 (1997), S. 57 [87]. 167  Krebs,



C. Ergebnis223

zugleich eine Freiheitsbeschränkung und ein Grundrechtseingriff. Gleiches muss auch für die tatsächliche Freiheit und damit für nichtrechtsförmige Beeinträchtigungen gelten. Denn Grundrechte gewährleisten nicht nur einen Teilbereich der im Schutzbereich bestimmten Freiheit, sondern schützen diese umfassend. Wie jede rechtliche Beeinträchtigung ein Eingriff in die rechtliche Freiheit ist, ist jede tatsächliche Beeinträchtigung ein Eingriff in die tatsächliche Freiheit.171 Aus diesem Freiheitsverständnis lässt sich nicht ableiten, dass Eingriffe in tatsächliche Freiheit eine besondere Absicht oder eine bestimmte Beein­ trächtigungsintensität voraussetzen. Auch für eine Bagatellgrenze gibt es insoweit keine Begründung,172 außer man verstände die Bagatellgrenze im Sinn einer Grenze der Fühlbarkeit. Denn nur bei Fühlbarkeit liegt eine Be­ einträchtigung vor, die überhaupt ein Grundrechtseingriff sein kann.173 Bereits der Ablehnung einzelner beschränkender Eingriffsmerkmale, be­ sonders aber dem Ergebnis, dass nur Kausalität einerseits und Fühlbarkeit der Beeinträchtigung andererseits die ausschlaggebenden Eingriffsmerkmale sind, könnte man eine schwindende beziehungsweise fehlende Berechenbar­ keit des Eingriffsbegriffs entgegenhalten.174 Auch „tiefgreifende Lähmungs­ effekte“175 könnte man befürchten.176 Diese Kritik greift jedoch zu kurz. Denn die Weite dieses Eingriffsverständnisses folgt zwingend aus der Aner­ kennung einer weiten grundrechtlichen Gewährleistung.177 Das muss bei der Einordnung der Ansätze berücksichtigt werden, die versuchen, die weite Schutzbereichsbestimmung durch einen engeren Gewährleistungsgehalt zu ersetzen oder zu ergänzen.178 171  Bäumerich,

DÖV 2015, 374 [377 f.]. Grundrechtseingriff und Grundrechtsbetroffenheit, in: Stern, Staatsrecht III / 2, § 78 IV 1, S. 205 ff. 173  Roth, Wolfgang, Faktische Eingriffe in Freiheit und Eigentum, S. 268. 174  Bethge, Der Grundrechtseingriff, in: VVDStRL 57 (1997), S. 7 [40 f.]; Di Fabio, Risikoentscheidungen im Rechtsstaat, S. 429. 175  Gallwas, Faktische Beeinträchtigungen im Bereich der Grundrechte, S. 75. 176  Weber-Dürler, Der Grundrechtseingriff, in: VVDStRL 57 (1997), S. 57 [76]; Stern, Staatsrecht III / 1, § 72 III 4, S. 1207. Vgl. ähnlich Eckhoff, Der Grundrechts­ eingriff, S. 236 f.; Roth, Andreas, Verwaltungshandeln mit Drittbetroffenheit und Gesetzesvorbehalt, S. 161, 167 f. Vgl. auch Roth, Wolfgang, Faktische Eingriffe in Freiheit und Eigentum, S. 33, Fn. 2 mit weiteren Nachweisen. 177  Vgl. Sachs, Grundrechtseingriff und Grundrechtsbetroffenheit, in: Stern, Staatsrecht III / 2, § 78 IV 1, S. 207 f.; Cornils, Von Eingriffen, Beeinträchtigungen und Reflexen, in: Detterbeck / Rozek / v.  Coelln (Hrsg.), Festschrift Bethge, S. 137 [154]; Nolte, in: Stern / Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, Art. 12, Rdnr.  81. 178  Zur Beibehaltung der weiten Schutzbereichsbestimmung vgl. beispielsweise Höfling, Kopernikanische Wende Rückwärts?, in: Muckel (Hrsg.), Festschrift Rüf­ 172  Sachs,

224

7. Kap.: Eingriff durch Konkurrenz

Eine solche Schutzbereichsbegrenzung ist im Fall der öffentlichen Kon­ kurrenz jedoch unangebracht.179 Damit ergibt sich, dass ein Eingriff in die Berufsfreiheit durch öffentliche Konkurrenz dann angenommen werden muss, wenn diese zu einer kausalen, fühlbaren Beeinträchtigung führt.180 Bezogen auf den Fall des Güterichters ist das im Einzelfall zu prüfen. Aus­ gehend jedoch von dem dargelegten Bestreben, die Dienstleistung möglichst umfassend anzubieten, besteht jedenfalls eine ernst zu nehmende Gefähr­ dung181 der Mediatoren, weshalb sich diese Konkurrenztätigkeit an der Berufsfreiheit messen lassen muss.

ner, S. 329 [336 f.]; Kahl, Der Staat 43 (2004), 167 [188 f.]; Kahl, AöR 131 (2006), 579 [610 f., 617]. Für den engeren Gewährleistungsgehalt vgl. beispielsweise Böckenförde, Der Staat 42 (2003), 165 [174 f.]; Hoffmann-Riem, Der Staat 43 (2004), 203 [229]. Vgl. Murswiek, Der Staat 45 (2006), 473 [478], der den Gegensatz von „weiter“ oder „enger“ Schutzbereichsauslegung ablehnt. Stattdessen mahnt er eine präzise Bestimmung der Schutzbereiche der speziellen Freiheitsrechte in Abgrenzung zum allgemeinen Freiheitsrecht an, S. 495. Vgl. Cornils, Von Eingriffen, Beeinträchtigun­ gen und Reflexen, in: Detterbeck / Rozek / v.  Coelln (Hrsg.), Festschrift Bethge, S. 137 [137]. Vgl. weiter Hillgruber, Selbstbestimmung und Fremdbestimmung, in: Depenheuer / Heintzen / Jestaedt / Axer (Hrsg.), Festschrift Isensee, S. 561. Vgl. auch Achatz, DVBl. 2009, 1443 [1443 f.], der nach einer Tendenz der bun­ desverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zu einer engen Tatbestandsauslegung nun wieder ein weites Schutzbereichsverständnis bestätigt sieht. 179  Siehe oben, 6. Kapitel, C. 180  In diese Richtung auch Mann, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 12, Rdnr.  95; Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht. Allgemeiner Teil, S. 523, 526. Vgl. Bäumerich, DÖV 2015, 374 [379 ff.]. 181  Zur grundrechtlichen Gefährdung vgl. BVerfGE 49, 89 [141 f.]; BVerfGE 51, 324 [346 f.]; BVerfGE 53, 30 [51 ff.]; BVerfGE 66, 39 [57 ff.].

8. Kapitel

Verfassungsrechtliche Grenzen des Güterichters Die Ergebnisse der vorangegangenen Kapitel lassen sich wie folgt zusam­ menfassen: Weil die Tätigkeiten von Güterichtern und Mediatoren sehr ähnlich sind, stehen sie in einem Konkurrenzverhältnis zueinander. Weiter handelt es sich bei Mediation nicht um eine grundgesetzliche Aufgabe der rechtsprechenden Gewalt, weshalb die Berufsfreiheit auch den Mediatoren Schutz vor der Konkurrenz durch die Güterichter vermittelt. Schließlich wurde festgestellt, dass ein Grundrechtseingriff durch öffentliche Konkur­ renz dann angenommen werden muss, wenn sie kausal zu spürbaren Beein­ trächtigungen der privaten Konkurrenten führt. Nach diesem Zwischenergebnis stellt sich nun die Frage, welchen grund­ rechtlichen Rechtfertigungsanforderungen die Tätigkeit des Güterichters unterliegt. Die Beurteilung auf der Rechtfertigungsebene, ob eine Grund­ rechtsverletzung gegeben ist, ist jedoch nicht unumstritten. Gegen sie wird im Allgemeinen angeführt, sie sei unbestimmt und lasse damit Rechtssicher­ heit vermissen.1 Im Besonderen – bezogen auf die öffentliche Konkurrenz – wird argumentiert, sie sei dem staatlichen Handeln gegenüber zu streng.2 Unzweifelhaft fließen auf der Ebene der Rechtfertigung Wertungen mit ein. Jedoch müssen die gewonnenen Ergebnisse entsprechend begründet werden,3 um rechtsstaatlichen Anforderungen zu genügen. Bloße Behaup­ tungen haben insoweit keinen Bestand.4 Zudem beruht grundsätzlich jede Entscheidung und Begründung auf Wertungen. Auch der vertretene Gewähr­ leistungsausschluss, die Berufsfreiheit schütze nicht vor öffentlicher Kon­ 1  Volkmann, Uwe, JZ 2005, 261 [264]; Murswiek, Der Staat 45 (2006), 473 [477 f.]. 2  Pieroth / Hartmann, DVBl. 2002, 421 [424]. 3  Kahl, Der Staat 43 (2004), 167 [189]. 4  Ob dahingegen die Theorie des Gewährleistungsgehalts an einem solchen Be­ gründungs- und Rationalitätsdefizit leidet – so Kahl, Der Staat 43 (2004), 167 [190 f.] – ist jedenfalls nicht zwingend. Schließlich können auch Gewährleistungs­ ausschlüsse begründet werden. Geschieht das nicht, so handelt es sich kaum um einen strukturellen Mangel dieser Theorie, sondern um eine wenig überzeugende Darstellung der Anwendung.

226

8. Kap.: Verfassungsrechtliche Grenzen des Güterichters

kurrenz, beruht auf einer Wertung.5 Nämlich der, es handle sich um eine der privaten Konkurrenz gleichen Beeinträchtigung, weshalb sie nicht abgewehrt werden könne. Insoweit kann der Rechtfertigungsdiskussion nicht vorge­ worfen werden, sie arbeite mit Entscheidungen und Wertungen – das ist juristische Methode. Der Vorteil dieses Ansatzes ist es, zwischen Schutzbe­ reich, Eingriff und Rechtsfertigung klar zu trennen, anstelle Rechtferti­ gungswertungen in den Schutzbereich einzuführen.6 Das ebenso gegen die Rechtsfertigungslösung vorgebrachte Argument, sie sei dem staatlichen Handeln gegenüber zu streng, stützt sich auf die Voran­ nahme, staatliche Konkurrenz sei in der Regel unverhältnismäßig, weil sich immer milder Mittel finden ließen.7 Zum einen wird damit verkannt, dass staatliche Maßnahmen, die in den Schutzbereich eines Grundrechts eingrei­ fen, gerechtfertigt werden können.8 Es gelten insoweit die allgemeinen Anforderungen, wie etwa ein legitimer Zweck und die Angemessenheit der Beeinträchtigung in Verhältnis zum verfolgten Zweck. Dabei können auch die bei der Diskussion der Eingriffsmerkmale angesprochenen Umstände berücksichtigt werden, wie etwa die Dichte der Erfolgsbeziehung, die Inten­ sität der Beeinträchtigung oder Gefährdung oder die Grundrechtsbezogen­ heit.9 Diese Merkmale lassen sich jedoch nicht soweit abstrahieren, dass sie schematisch als Eingriffsbeschränkungen herangezogen werden können. Eine umfassende Würdigung der Umstände ist nur auf Ebene der Rechtfer­ tigung möglich.10 Im Folgenden wird daher zunächst geprüft, ob die rechtlichen Regelun­ gen des Güterichters dem Vorbehalt des Gesetzes genügen. Dazu wird zu klären sein, welche Anforderungen dieser rechtsstaatliche Grundsatz auf­ stellt. Danach stellt sich die Frage, ob mit der Einführung des Güterichters insoweit Kahl, Der Staat 43 (2004), 167 [192]. Rixen, Sozialrecht als öffentliches Wirtschaftsrecht, S. 236, 248; Ehlers, Möglichkeiten und Grenzen kommunaler Wirtschaftsbetätigung, in: Ipsen (Hrsg.), Kommunalwirtschaft im Umbruch, S. 10 [25]. 7  Pieroth / Hartmann, DVBl. 2002, 421 [424 f.], deren Feststellung überrascht: Denn wird festgestellt, staatliche Konkurrenz sei in Regel unverhältnismäßig, ist das Ablehnen der Betroffenheit der Berufsfreiheit im Fall öffentlicher Konkurrenz unter­ halb der Monopolschwelle – wie von denselben vertreten, S. 426 – kaum schlüssig. 8  Scharpf, GewArch 2005, 1 [6]; Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 103, Faßbender, Karl-Josef, DÖV 2005, 89 [99]; Gusy, JA 1995, 166 [168]; Emmerich / Steiner, Möglichkeiten und Grenzen der wirtschaftlichen Betätigung der öffent­ lich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 79; Jarass, DÖV 2002, 489 [495]; v. Arnim, Rechtsfragen der Privatisierung, S. 73; Huber, Peter M., Die unternehmerische Be­ tätigung der öffentlichen Hand, in: Brenner / Huber / Möstl (Hrsg.), Festschrift Badu­ ra, S. 897 [920]. 9  Vgl. oben, 7. Kapitel, B. II. 4. zur Normzwecktheorie. 10  Vgl. Battis, GewArch 1982, 145 [150]. 5  Vgl. 6  Vgl.



A. Vorbehalt des Gesetzes227

ein verfassungsrechtlich legitimes Ziel verfolgt worden ist. Das wirft zu­ gleich die Frage auf, ob sich das Gemeinwohl – rechtlich – näher bestim­ men lässt. Nach dieser Klärung wird gefragt, ob ein verfassungsrechtlich bedeutsa­ mer, allgemeiner Vorrang des gesellschaftlichen Handelns vor dem Staat besteht. Einen ähnlichen Gedanken greift darauf folgend die Prüfung des Übermaßverbots auf. In diesem Rahmen stellt sich zudem die Frage, welche Bedeutung der Dreistufentheorie zukommt. Nach dieser Beurteilung wird damit abgeschlossen, ob die Regelungen des Güterichters diesen Anforde­ rungen genügen.

A.  Vorbehalt des Gesetzes Die Merkmale des rechtsförmigen Eingriffs spiegeln die Merkmale des Verwaltungsaktes wider.11 Sie sind auf diesen bezogen, denn er ist die klas­ sische Handlungsform – abgesehen vom Gesetz –, durch die rechtliche Freiheit eingeschränkt werden kann. Handelt der Staat in Form eines Ver­ waltungsaktes, dann ergibt sich das Erfordernis einer gesetzlichen Hand­ lungsgrundlage aus der Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht durch Art. 20 Abs. 3 GG.12 In diesem Zusammenhang bedeutet der Vorbehalt des Gesetzes, dass die Verwaltung nicht ohne gesetzliche Grundlage in Grund­ rechte eingreifen darf. Der rechtsförmige Grundrechtseingriff muss sich zu seiner Rechtfertigung auf eine gesetzliche Grundlage stützen, anderenfalls ist er bereits aus diesem Grund verfassungswidrig.13 Ob sich der Vorbehalt des Gesetzes über den Bereich der Eingriffsverwal­ tung hinaus erstreckt, ist umstritten.14 Das Bundesverfassungsgericht hat 11  Bleckmann, Staatsrecht II, § 12, Rdnr.  39 f.; Eckhoff, Der Grundrechtseingriff, S. 175; Roth, Andreas, Verwaltungshandeln mit Drittbetroffenheit und Gesetzesvor­ behalt, S. 134 ff.; Sachs, JuS 1995, 303 [303 f.]. 12  BVerfGE 40, 237 [249]; BVerfGE 49, 89 [126]. Vgl. Sachs, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 20, Rdnr. 113; Stern, Staatsrecht I, § 20 IV 4, S. 801 f. 13  Bethge, Mittelbare Grundrechtsbeeinträchtigungen, in: Merten / Papier (Hrsg.), HdGR  III, § 58, Rdnr.  103; Stern, Staatsrecht I, § 20 IV 4, S. 805. Der Vorbehalt des Gesetzes hat nicht nur Bedeutung für grundrechtliche Eingriffe, sondern auch für die Kompetenzverteilung innerhalb der Staatsorganisation, vgl. dazu v. Arnim, Rechtsfragen der Privatisierung, S. 37 ff. 14  Schmidt-Aßmann, Der Rechtsstaat, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR  II, § 26, Rdnr. 63 ff.; Ossenbühl, Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, in: Isensee / Kirch­ hof (Hrsg.), HdStR  V, § 101, Rdnr.  41 ff.; Wehr, JuS 1997, 419 [421 f.]; SchulzeFielitz, Theorie und Praxis parlamentarischer Gesetzgebung, S. 156 ff. Vgl. Stern, Staatsrecht I, § 20 IV 4, S. 808 f.; Sachs, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 20, Rdnr.  116.

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8. Kap.: Verfassungsrechtliche Grenzen des Güterichters

insoweit die Wesentlichkeitstheorie entwickelt,15 nach der der Gesetzgeber verpflichtet sei, wesentliche Entscheidungen selbst zu treffen und sie nicht der Verwaltung zu überlassen.16 Das geht ausdrücklich über die Eingriffs­ verwaltung hinaus.17 Zur Bestimmung dieser Wesentlichkeit stellt das Bun­ desverfassungsgericht besonders auf die Grundrechtsrelevanz der Maßnahme ab.18 Diese Ausdehnung des Vorbehalts des Gesetzes lässt sich nicht alleine auf Art. 20 Abs. 3 GG stützen19 und wird deshalb – ergänzend – auf das Demokratieprinzip zurückgeführt20. Wie weit diese Ausdehnung reicht,21 und nach welchen Kriterien sich die Wesentlichkeit einer Maßnahme ab­ grenzen lässt,22 ist umstritten. Für die gegebene Frage der öffentlichen Konkurrenz ist diese Unklarheit jedoch ohne Bedeutung, geht es doch ge­ rade um einen Grundrechtseingriff. Der Vorbehalt des Gesetzes wird in der Regel auf das Handeln der Verwal­ tung bezogen. Damit könnten Zweifel bestehen, dass dieses Erfordernis auch im Fall des Güterichters Bedeutung hat. Denn es handelt sich dabei um ein­ greifendes Handeln durch die rechtsprechende Gewalt. Doch auch für die Rechtsprechung gilt nach Art. 20 Abs. 3 GG der Vorbehalt des Gesetzes, der in Art. 97 Abs. 1, 2. Alt. GG nochmals aufgegriffen wird23. Damit müssen auch Grundrechtseingriffe dieser Gewalt dem Vorbehalt des Gesetzes genügen. 15  BVerfGE 40, 237 [248 ff.]; BVerfGE 41, 251 [259 f.]; BVerfGE 45, 400 [417 ff.]; BVerfGE 47, 46 [78 ff.]; BVerfGE 48, 210 [221]; BVerfGE 49, 89 [126 f.]; BVerfGE 51, 268 [290]; BVerfGE 53, 185 [204]; BVerfGE 58, 257 [268 ff.]; BVerfGE 83, 130 [142]; BVerfGE 95, 267 [307 f.]; BVerfGE 98, 218 [251 f.]; BVerfGE 101, 1 [34]. Vgl. bereits BVerfGE 33, 125 [158]; BVerfGE 33, 303 [345 f.]. Vgl. Stern, Staatsrecht I, § 20 IV 4, S. 803; Schmidt-Aßmann, Der Rechtsstaat, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR  II, § 26, Rdnr.  64 ff. 16  So ausdrücklich BVerfGE 45, 400 [417 f.]. BVerfGE 83, 130 [152]; BVerfGE 95, 267 [307 f.]; BVerfGE 98, 218 [251]. 17  BVerfGE 49, 89 [126 f.]. 18  BVerfGE 47, 46 [79 f.]; BVerfGE 49, 89 [126]; BVerfGE 58, 257 [268 f.]. Vgl. Schulze-Fielitz, Theorie und Praxis parlamentarischer Gesetzgebung, S. 163 ff. 19  Vgl. BVerfGE 40, 237 [249].Vgl. Sachs, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kom­ mentar, Art. 20, Rdnr.  116; Schmidt-Aßmann, Der Rechtsstaat, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR  II, § 26, Rdnr.  63. 20  Ossenbühl, Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR V, § 101, Rdnr. 41 f.; Discher, JuS 1993, 463 [467]; Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 122 f. 21  Vgl. zur nicht durchgesetzten Lehre vom Totalvorbehalt Ossenbühl, Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR V, § 101, Rdnr. 23 ff. 22  Dazu Ossenbühl, Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR  V, § 101, Rdnr.  52 ff. 23  Sachs, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 20, Rdnr. 119. Vgl. Detterbeck, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 97, Rdnr.  11, 12; SchmidtAßmann, Der Rechtsstaat, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR II, § 26, Rdnr. 66 f.



A. Vorbehalt des Gesetzes229

Weitaus größere Zweifel bestehen jedoch dahin, ob sich der Vorbehalt des Gesetzes auch auf nichtrechtsförmige Grundrechtseingriffe erstreckt. Denn ein solcher Grundrechtseingriff wird in einigen Fällen nicht oder nur schwer vorherzusehen sein. Es könnte dann an einem formellen Gesetz als Grund­ lage der Maßnahme fehlen, weil belastende Auswirkungen nicht vorherge­ sehen worden sind beziehungsweise nicht vorhergesehen werden konnte.24 In diesem Fall wäre die Maßnahme bereits aus diesem Grund verfassungs­ widrig, obwohl vielleicht keine Möglichkeit bestand, die Auswirkungen zu überblicken. Entsprechend ließe sich annehmen, nicht vorherzusehende Grundrechtseingriffe bedürften keiner gesetzlichen Grundlage.25 Andererseits lässt sich dem entgegenhalten, dass die Unberechenbarkeit von Auswirkungen diese gerade nicht vom Vorbehalt des Gesetzes freistel­ len kann.26 Zur Lösung dieser Schwierigkeit könnte man die Anforderungen an das formelle Gesetz absenken, dass etwa eine allgemein gehaltene Grundlage genügt.27 Allerdings wird diese Unschärfe wiederum durch das Bestimmtheitsgebot begrenzt.28 Ein anderer Weg könnte sein, atypische Nebenfolgen einfach vom Vorbehalt des Gesetzes auszunehmen.29 Zurückgeführt auf die konkrete Fragestellung der öffentlichen Konkurrenz bekommt die Frage nach der Reichweite des Vorbehalts des Gesetzes eine besondere Bedeutung, denn die wirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand bringt in der Regel eine Belastung der Konkurrenten mit sich. Eine nicht vorauszusehende oder atypische Beeinträchtigung ist das gerade nicht.30 24  Bethge, Jura 2003, 327 [332] nennt es ein „Dilemma der Unnormierbarkeit“. Vgl. auch Bleckmann / Eckhoff, DVBl. 1988, 373 [380]; Murswiek, Die staatliche Verantwortung für die Risiken der Technik, S. 134 f.; Bethge, Mittelbare Grund­ rechtsbeeinträchtigungen, in: Merten / Papier (Hrsg.), HdGR  III, § 58, Rdnr.  106. 25  BVerfGE 105, 279 [304 f.]; BVerfG (Kammer), NJW 1989, 2369 [3270]. Vgl. Klement, DÖV 2005, 507 [510 f.]. 26  Cornils, Von Eingriffen, Beeinträchtigungen und Reflexen, in: Detterbeck / Ro­ zek / v.  Coelln (Hrsg.), Festschrift Bethge, S. 137 [146]. Vgl. auch Ehlers, JZ 1990, 1089 [1097]. Vgl. auch Klement, DÖV 2005, 507 [512]. 27  BVerfGE 105, 279 [303 ff.]. Schliesky, DVBl. 1999, 78 [83]; Püttner, Die öf­ fentlichen Unternehmen, S. 125. Vgl. Klement, DÖV 2005, 507 [513 f.]; Roth, An­ dreas, Verwaltungshandeln mit Drittbetroffenheit und Gesetzesvorbehalt, S. 359 ff. 28  Vgl. Ossenbühl, Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR  V, § 101, Rdnr.  30; Bethge, Mittelbare Grundrechtsbeeinträchtigun­ gen, in: Merten / Papier (Hrsg.), HdGR  III, § 58, Rdnr.  103. 29  Roth, Andreas, Verwaltungshandeln mit Drittbetroffenheit und Gesetzesvorbe­ halt, S. 353 ff.; 366 ff. 30  Beispielhaft sei auf die Argumentation BVerwGE 39, 329 [337] verwiesen: „Sie [die öffentliche Hand, Anm. d. Verf.] vermindert durch ihre Teilnahme am Wettbewerb – als eine natürliche Folge jeden Wettbewerbs – lediglich die Erwerbs­ chancen anderer Unternehmen.“

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8. Kap.: Verfassungsrechtliche Grenzen des Güterichters

Die Schwierigkeit der gesetzlichen Regelung von unvorhergesehenen oder nicht vorherzusehenden Auswirkungen staatlichen Handelns besteht allerdings nur dann, wenn man davon ausgeht, der Vorbehalt des Gesetzes erstrecke sich auf die Auswirkungen staatlichen Handelns.31 Das jedoch ist nicht zwingend der Fall. Der Grundfall des Vorbehalts des Gesetzes ist das Handeln der Verwaltung, das sich in den wesentlichen Fällen auf eine ge­ setzliche Grundlage stützen muss.32 Entsprechend ist der Anknüpfungspunkt das staatliche Handeln und nicht die Auswirkung desselben.33 Im Fall nicht­ rechtsförmiger Eingriffe muss somit die gesetzliche Grundlage nur das staatliche Handeln erfassen, die Auswirkungen – vorherzusehen oder nicht vorherzusehen – werden gleichsam miterfasst. Dementsprechend muss sich die Konkurrenzwirtschaft des Staates auf eine gesetzliche Grundlage stützen können,34 die zu der bestimmten Tätigkeit ermächtigt, nicht aber deren denkbare Auswirkungen beschreibt. 31  Von dieser Vorannahme ausgehend Grzeszick, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz Kommentar, Band 3, Art. 20, Abschnitt VI, Rdnr. 113 f.; Peine, Der Grundrechtsein­ griff, in: Merten / Papier (Hrsg.), HdGR  III, § 57, Rdnr.  52. 32  Grzeszick, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz Kommentar, Band 3, Art. 20, Ab­ schnitt VI, Rdnr.  75. 33  Klement, DÖV 2005, 507 [511]; Klement, Die Verwaltung 37 (2004), 73 [83, Fn. 56]. Vgl. BVerwGE 82, 76 [81].Vgl. ganz ähnlich Murswiek, Die staatliche Ver­ antwortung für die Risiken der Technik, S. 135 f., der annimmt, das Gesetz müsse nicht die Verursachung unbeabsichtigter Folgen, sondern das Erzeugen von Risiken erfassen. Die Risiken entsprechen im Grunde der bestimmten Handlung des Staates. Vgl. auch Schliesky, DVBl. 1999, 78 [83], der die Regelungsdichte auch von der Vorhersehbarkeit der Beeinträchtigung abhängig macht. Vgl. insoweit BVerfGE 105, 279 [303 f.] und diesbezüglich zustimmend Achatz, DVBl. 2009, 1443 [1444 f.]. Vgl. gegenteilig Roth, Andreas, Verwaltungshandeln mit Drittbetroffenheit und Gesetzesvorbehalt, S. 364 ff., der annimmt, die Berechenbarkeit für den Bürger kön­ ne so nicht gewährleistet werden. Die von ihm vorgeschlagene Lösung, atypische Nebenfolgen vom Vorbehalt des Gesetzes auszunehmen, kann das jedoch ebenfalls nicht leisten. 34  Emmerich, AG 1985, 293 [295 f.]; Helm, Rechtspflicht zur Privatisierung, S. 153 f.; Krölls, GewArch 1992, 281 [284]; Kluth, Grenzen kommunaler Wettbe­ werbsteilnahme, S. 66 ff.; Ehlers, JZ 1990, 1089 [1097]; Selmer, Wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand und Unternehmergrundrechte, in: Stober / Vogel (Hrsg.), Wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand, S. 75 [85]; Schmidt, Öf­ fentliches Wirtschaftsrecht. Allgemeiner Teil, S. 528 f.; Grupp, Klaus, ZHR 140 (1976), 367 [380 f.]; Isensee, DB 1979, 145 [147]; Bleckmann / Eckhoff, DVBl. 1988, 373 [380 f.]; Löwer, Der Staat als Wirtschaftssubjekt und Auftraggeber, in: VVD­ StRL 60 (2000), S. 416 [432]; Lerche / v.  Pestalozza, Die Deutsche Bundespost als Wettbewerber, S. 96 ff. Vgl. Badura, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben und die Unternehmenszwecke bei der wirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand, in: v. Münch (Hrsg.), Festschrift Schlochauer, S. 3 [22 f.]; Kannengießer, WiVerw 1998, 182 [189]; Huber, Peter M., JZ 2003, 290 [294 f.]; Tsiliotis, Der verfassungsrechtli­ che Schutz der Wettbewerbsfreiheit und seine Einwirkung auf die privatrechtlichen Beziehungen, S. 265 ff.



A. Vorbehalt des Gesetzes231

Welche Anforderungen an ein solches Gesetz zu stellen sind, ist indes umstritten. So wird vertreten, dass auch eine allgemein gehaltene gesetzli­ che Grundlage genüge. Besonders die Haushalts- und Kommunalordnungen seien in aller Regel ausreichend.35 Eine andere Beurteilung wird vorgenom­ men, wenn das Erfordernis der Bestimmtheit der gesetzlichen Grundlage vom jeweiligen Wirtschaftsbereich abhängig gemacht wird: Werde die öf­ fentliche Hand im Bereich der Daseinsvorsorge tätig, so genüge eine allge­ mein gehaltene gesetzliche Grundlage. Darüber hinaus bedürfe es einer klaren und bestimmten Ermächtigung.36 Begründet wird diese Bereichsaus­ nahme mit der Verfassungsaufgabe der sozialpolitischen Krisenbewältigung und Krisenvermeidung. Nahezu entgegengesetzt wird angenommen, gerade die für das Gemeinwesen wichtigen Bereiche, etwa der öffentlichen Versor­ gung, müssten sich auf eine konkrete und nicht bloß allgemeine Gesetzes­ grundlage stützen.37 Beispielhaft lässt sich diese Diskussion an § 65 BHO oder § 107 GO NRW verdeutlichen. Beide Vorschriften haben einen Teil der wirtschaftli­ chen Betätigung des Bundes beziehungsweise der Gemeinden zum Rege­ lungsgegenstand. Es ergeben sich jedoch Zweifel, ob sie als gesetzliche Grundlagen für einen Grundrechtseingriff dienen können. § 65 BHO hat seinem Wortlaut nach nur Bedeutung für die staatsinterne Entscheidung, ob sich der Bund an einem privaten Unternehmen beteiligen oder ein solches Gründen kann.38 Die Zulässigkeit einer solchen Beteiligung wird dabei von einem wichtigen Interesse und dem Umstand abhängig gemacht, dass sich der Zweck nicht auf andere Weise erreichen lässt. Allerdings lassen sich die denkbaren Ziele der Unternehmen in keiner Weise eingrenzen. Damit stellt § 65 BHO keine taugliche Eingriffsgrundlage dar.39 Vgl. auch Badura, Die Wirtschaftstätigkeit der öffentlichen Hand und die neue Sicht des Gesetzesvorbehalts, in: Baur / Hopt / Mailänder (Hrsg.), Festschrift Stein­ dorff, S. 835 [842 ff.]; Badura, Das Berufsrecht in der Rechtsprechung des Bundes­ verwaltungsgerichts, in: Schmidt-Aßmann / Sellner / Hirsch / Kemper / Lehmann-Grube (Hrsg.), Festgabe 50 Jahre Bundesverwaltungsgericht, S. 785 [797 f.]. Anders sieht das Jarass, DÖV 2002, 489 [494], weil er die öffentliche Konkur­ renz nur unter bestimmten Voraussetzungen für einen Grundrechtseingriff hält. 35  Ehlers, JZ 1990, 1089 [1097]. 36  Selmer, Wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand und Unternehmer­ grundrechte, in: Stober / Vogel (Hrsg.), Wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand, S. 75 [85]. 37  Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht. Allgemeiner Teil, S. 530. 38  Vgl. Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 116 f. 39  Emmerich, AG 1985, 293 [295]; Krölls, GewArch 1992, 281 [284]. Dagegen halten Huber, Peter M., Konkurrenzschutz im Verwaltungsrecht, S. 324 f.; Ossenbühl, Bestand und Erweiterung des Wirkungskreises der Deutschen Bundes­ post, S. 134 f. die Norm für ausreichend, vgl. Huber, Peter M., Die unternehmerische

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8. Kap.: Verfassungsrechtliche Grenzen des Güterichters

Auch die Normen der Kommunalordnungen haben eher einen solchen Erlaubnischarakter den Gemeinden gegenüber. Nur wenn sie die gemeindli­ che Tätigkeit vom Gleichrang oder Vorrang der Privatwirtschaft abhängig machen, kann angenommen werden, dass die Konfliktlage zu Privaten zu­ mindest bedacht worden ist.40 Doch auch hier ist mit Blick auf das Be­ stimmtheitsgebot zweifelhaft, ob eine gesetzliche Grundlage, die nur einen öffentlichen Zweck fordert, ohne diesen näher zu bestimmen, als Eingriffs­ grundlage dienen kann. Denn sieht man im Vorbehalt des Gesetzes den Sinn, die Wirtschaftstätigkeit parlamentarisch zu kontrollieren41 und einen gerichtlich durchsetzbaren Grundrechtsschutz der Privaten zu gewährleis­ ten42, muss jedenfalls der genaue verfolgte Zweck genannt werden.43 Im­ merhin könnte man im Fall der Gemeinden sagen, dass sich der Zweck der Betätigung der öffentlichen Hand, in: Brenner / Huber / Möstl (Hrsg.), Festschrift Badura, S. 897 [922]. Vgl. zur alten Reichshaushaltsordnung Forsthoff, Über Mittel und Methoden mo­ derner Planung, in: Kaiser (Hrsg.), Planung III, S. 21 [23]. Helm, Rechtspflicht zur Privatisierung, S. 153 lehnt § 65 BHO nicht wegen Unanwendbarkeit, sondern we­ gen fehlender Nennung des öffentlichen Zwecks ab. 40  Kluth, Öffentlich-rechtliche Zulässigkeit gewinnorientierter staatlicher kommu­ naler Tätigkeit, in: Stober / Vogel (Hrsg.), Wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand, S. 23 [33] hält die Ableitung von Drittschutz jedenfalls möglich, ebenso Badura, Staatsrecht, Abschnitt D, Rdnr.  97, S. 420. Vgl. auch Krölls, GewArch 1992, 281 [284 f.], der jedoch auf eine praktische Bedeutungslosigkeit verweist, vgl. dazu wiederum Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht. Allgemeiner Teil, S. 531 ff. Ehlers, DVBl. 1998, 497 [501] erkennt keinen drittschützenden Charakter dieser Norm, ebenso Otting, SächsVbl. 1998, 93 [94]; Stober, NJW 2002, 2357 [2365]. Moraing, NWVBl. 1997, 355 [356] hält die Interpretation als Subsidiaritätvorschrift als unvereinbar mit dem kommunalen Selbstverwaltungsrecht. Vgl. in diese Richtung auch BGHZ 150, 343 [348 ff.], der zwar nicht den grund­ sätzlichen Drittschutz der Norm, aber den Schutz des lauteren Wettbewerbs durch § 107 GO NRW ablehnt. In Abgrenzung zu dieser Entscheidung nimmt der Verga­ besenat des OLG Düsseldorfs einen zu beachtenden Drittschutz des § 107 GO NRW jedenfalls im Vergaberecht, NZBau 2002, 626 [630 f.]; IR 2009, 19 [19], und wohl auch im Wettbewerbsrecht an, NZBau 2012, 252 [254]. Vgl. dazu auch Dolde, ZHR 166 (2002), 515 [519 ff.]. 41  Helm, Rechtspflicht zur Privatisierung, S. 154. Vgl. Berg, GewArch 1990, 225 [230]; Spannowsky, ZGR 1996, 400 [407]; Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 117. 42  Emmerich, AG 1985, 293 [295]. 43  Helm, Rechtspflicht zur Privatisierung, S. 154; Spannowsky, ZGR 1996, 400 [407]; Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 124. Vgl. Löwer, Der Staat als Wirtschaftssubjekt und Auftraggeber, in: VVDStRL 60 (2000), S. 416 [432 f.]; Henneke, NdsVBl. 1999, 1 [5]; Kannengießer, WiVerw 1998, 182 [189]. Weiß, Privati­ sierung und Staatsaufgaben, S. 255 merkt an, dass sich der Unternehmenszweck auch aus nichtgesetzlichen Grundlagen, etwa einer Gesellschaftssatzung ergeben könne, mit Verweis auf König, DÖV 1999, 322 [326].



B. Erfordernis des öffentlichen Zwecks233

wirtschaftlichen Tätigkeit unter Rückgriff auf die Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft bestimmen ließe. Zurückgeführt auf den Fall des Güterichters kommen als gesetzliche Grundlagen nur die Vorschriften der Prozessordnungen in Betracht, insbe­ sondere § 278 Abs. 5 ZPO. Mit ihnen stellt sich jedoch die Schwierigkeit, dass es sich um bloßes Prozessrecht handelt. Aus der reinen prozessrechtli­ chen Regelung wird deutlich, dass eine wirtschaftliche Tätigkeit nicht be­ zweckt worden ist. Anders als bei der Beteiligung an oder der Gründung von Unternehmen durch die Verwaltung ist die Konkurrenz durch den Gü­ terichter weder Zweck noch Mittel zum Erreichen des verfolgten Ziels der Konfliktbeilegung. Dem Selbstverständnis der Regelungen nach handelt es sich nur um ein gerichtsinternes Angebot. Die Konkurrenzauswirkungen dieser Tätigkeit sind jedoch eine tatsächli­ che Nebenfolge, die als Grundrechtseingriff wirken. Entsprechend müssen die Tätigkeit des Güterichters und das verfolgte Ziel in der gesetzlichen Grundlage benannt werden, um dem Vorbehalt des Gesetzes zu genügen. § 278 Abs. 5 ZPO beschreibt, dass die Tätigkeit des Güterichters einem Güteversuch dient. Dazu kann er alle Methoden der Konfliktbeilegung ein­ schließlich der Mediation verwenden. Ebenso ergibt sich, dass die Tätig­ keit grundsätzlich alle Methoden der Konfliktbeilegung nutzen kann. So­ wohl das Ziel als auch die Ausgestaltung der Tätigkeit des Güterichters werden somit deutlich beschrieben. Der Vorbehalt des Gesetzes ist damit eingehalten.

B.  Erfordernis des öffentlichen Zwecks Aus staatstheoretischer Sicht ist das Gemeinwohl die Legitimationsquelle des Staates.44 Das gilt nicht nur für seinen Bestand, sondern auch für sein Handeln. Die Begründung dafür liegt in der Unterscheidung von Staat und Gesellschaft. Entsprechend muss jedes staatliche Handeln dem Gemeinwohl dienen. Das Gemeinwohl nimmt in diesem Zusammenhang die Gestalt des öffent­ lichen Zwecks an.45 Staatliche Maßnahmen und besonders Grundrechts­ eingriffe müssen einem solchen dienen, andernfalls sind sie nicht gerecht­ fertigt. 44  Isensee, Gemeinwohl im Verfassungsstaat, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), ­HdStR  IV, § 71, Rdnr.  2. 45  Mann, JZ 2002, 819 [820]; Berg, GewArch 1990, 225 [228], jeweils hergelei­ tet aus dem Rechtsstaatsprinzip.

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8. Kap.: Verfassungsrechtliche Grenzen des Güterichters

Weit überwiegend wird auch die Zulässigkeit der wirtschaftlichen Kon­ kurrenz der öffentlichen Hand vom Verfolgen eines öffentlichen Zwecks abhängig gemacht.46 Eine Begründung dafür möchte zum einen die Privat­ wirtschaft vor willkürlichen Eingriffen, zum anderen den Staat vor unnöti­ gen ökonomischen Wagnissen schützen.47 Überzeugender ist es jedoch, den Sinn des öffentlichen Zwecks in der Staatsbegründung, dem Gemeinwohl, selbst zu finden. Damit können auch die Stimmen, die die Berufsfreiheit als nicht durch die öffentliche Konkurrenz betroffen ansehen, diesem Erforder­ nis zustimmen. Denn die Begründung, das Zweckerfordernis wolle die Privatwirtschaft schützen, knüpft an den oben dargestellten Streit der Reich­ weite der Berufsfreiheit an. Die Zweckbestimmung der öffentlichen Wirtschaftstätigkeit könnte nun weiter unterschieden werden. Denkbar ist die Unterscheidung nach sozial­ wirtschaftlicher oder erwerbswirtschaftlicher Zielsetzung.48 In ähnliche Richtung geht auch die Abgrenzung von wirtschaftsverwaltender und eigen­ wirtschaftlicher Tätigkeit.49 Jedoch handelt es sich bei der Tätigkeit des Güterichters um keine wirtschaftliche Tätigkeit, sondern nur um eine wirt­ schaftliche Konkurrenz. Insoweit können diese Kategorien nicht angewendet werden. 46  Ossenbühl, Bestand und Erweiterung des Wirkungskreises der Deutschen Bun­ despost, S. 105 f.; Emmerich, AG 1985, 293 [295]; Faßbender, Karl-Josef, DÖV 2005, 89 [99]; Mann, JZ 2002, 819 [820]; Krölls, GewArch 1992, 281 [286]; Erdmann, DVBl. 1998, 13 [16 f.]; Ehlers, JZ 1990, 1089 [1091]; Grawert, Zuständig­ keitsgrenzen der Kommunalwirtschaft, in: Grupp / Ronellenfitsch (Hrsg.), Festschrift Blümel, S. 119 [125]; Badura, ZHR 146 (1982), 448 [451 f., 459]; Selmer, Wirt­ schaftliche Betätigung der öffentlichen Hand und Unternehmergrundrechte, in: Sto­ ber / Vogel (Hrsg.), Wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand, S. 75 [87]; Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 128 ff.; Henneke, NdsVBl. 1999, 1 [2]; Pieroth / Hartmann, DVBl. 2002, 421 [427]; Löwer, Der Staat als Wirtschaftssubjekt und Auftraggeber, in: VVDStRL 60 (2000), S. 416 [418 f.]. Ebenso Moraing, Wi­ Verw 1998, 233 [251 f.]; Ehlers, DVBl. 1998, 497 [498 f.], die sich allerdings auf die Kommunalordnungen beziehen. 47  Ossenbühl, Bestand und Erweiterung des Wirkungskreises der Deutschen Bun­ despost, S. 106. 48  Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 90 ff.; v.  Maydell / Scholz, Grenzen der Eigenwirtschaft gesetzlicher Krankenversicherungsträger, S. 106 ff.; Scholz, Öf­ fentliche und Privatversicherung unter der grundgesetzlichen Wirtschafts- und Soli­ darverfassung, in: Baumann / Schirmer / Schmidt (Hrsg.), Festschrift Sieg, S. 507 [516]; Grupp, Klaus, ZHR 140 (1976), 367 [370 ff.]; Badura, Die Erfüllung öffent­ licher Aufgaben und die Unternehmenszwecke bei der wirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand, in: v.  Münch (Hrsg.), Festschrift Schlochauer, S. 3 [6 f.]; Ossenbühl, Bestand und Erweiterung des Wirkungskreises der Deutschen Bundes­ post, S. 97 f. Vgl.  auch Gusy, JA 1995, 166 [167]. 49  Ehlers, JZ 1990, 1089 [1090].



B. Erfordernis des öffentlichen Zwecks

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Die Bestimmung des öffentlichen Zwecks teilt unterdessen die Schwierig­ keit des Ausgangspunktes, des Gemeinwohls: seine Unbestimmtheit.50 Was ein legitimer öffentlicher Zweck ist und wie sich ebendieses bestimmen lässt, ist kaum mit abstrakten Begriffen zu beschreiben. Deshalb neigen auch einige Stimmen dazu, das Erfordernis des öffentlichen Zwecks als so unbestimmt einzuordnen, dass sich praktisch immer ein solcher findet.51 Noch weiter geht die Einschätzung, die Forderung nach einem öffentlichen Zweck sei wegen ihrer Konturlosigkeit juristisch wertlos.52 Insoweit bietet es sich an, zunächst die Bereiche zu untersuchen, die auch von dem weiten Begriff des öffentlichen Zwecks nicht mehr gedeckt sind.53 Die Tätigkeit des Güterichters ist keine Wirtschaftstätigkeit. Die Auswirkun­ gen sind mit der wirtschaftlichen Konkurrenz jedoch identisch, sodass zu­ nächst die öffentliche Wirtschaftstätigkeit als Ausgangspunkt genommen wird und die Schranken derselben beschrieben werden.

I.  Vorrang der Gesellschaft vor dem Staat Eine allgemeine Grenze staatlichen Handelns, die nicht nur für den Be­ reich der Wirtschaftstätigkeit gelten würde, könnte sich aus einem Vorrang der Gesellschaft vor dem Staat ergeben. Nimmt man einen solchen an, dann wäre es dem Staat verwehrt Aufgaben zu übernehmen, die ebenso gut von Privaten erfüllt werden können. Erst wenn es daran Zweifel gäbe, könnte der Staat die Aufgabe selbst erfüllen. Würde staatliches Handeln gegen ei­ nen so verstandenen Vorrang der Gesellschaft vor dem Staat verstoßen, dann würde dieses Handeln keinem öffentlichen Zweck dienen, denn die Erfüllung dieser Aufgabe würde in den gesellschaftlichen Bereich gehören. 50  Vgl. Isensee, Gemeinwohl im Verfassungsstaat, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR  IV, § 71, Rdnr.  3; Wilke / Schachel, WiVerw 1978, 95 [106 f.]. 51  Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 97. Ähnlich auch Manssen, in: v.  Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 12, Rdnr.  83; Dickersbach, WiVerw 1983, 187 [200]; Löwer, Der Staat als Wirtschaftssubjekt und Auftraggeber, in: VVDStRL 60 (2000), S. 416 [428]. So auch Kämmerer, Privatisie­ rung, S. 221, der den öffentlichen Zweck als nicht vom Grundgesetz gefordert sieht, wobei der Verweis auf Ronellenfitsch, Wirtschaftliche Betätigung des Staates, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR  III, 1. Auflage, § 84, Rdnr.  4 fehl geht. 52  Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht. Allgemeiner Teil, S. 506; Schmidt, WM 1992, 1 [1]. Ähnlich auch Berg, GewArch 1990, 225 [229]; Henneke, NdsVBl. 1999, 1 [5]; Schoch, DÖV 1993, 377 [380]. Vgl. Huber, Peter M., Konkurrenzschutz im Verwaltungsrecht, S. 313, der nur „irgendein[en] öffentliche[n] Zweck im weites­ ten Sinne“ voraussetzt. 53  Vgl. insoweit den methodischen Ansatz der negativen Abgrenzung von Ehlers, DVBl. 1998, 497 [499]; Gusy, JA 1995, 166 [168]. Vgl. auch Larenz, Richtiges Recht, S. 129 f.

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8. Kap.: Verfassungsrechtliche Grenzen des Güterichters

Im Grundgesetz finden sich einige Vorschriften, die den Gedanken der Subsidiarität54 aufgreifen. Die Gliederung in Bundesstaaten55 und die mittel­ bare Staatsverwaltung56 können als Beispiele dafür aufgezählt werden. Aller­ dings handelt es sich bei diesen Beispielen um zum einen auf ausdrücklichen Bestimmungen beruhenden Ausgestaltungen, die sich zum anderen nur auf den innerstaatlichen Bereich beziehen. Für das Verhältnis von Staat zu Ge­ sellschaft gibt es keine ausdrücklichen grundgesetzlichen Regelungen. Subsidiarität im Verhältnis von Staat zu Gesellschaft könnte nur dann an­ genommen werden, wenn man es als ein ungeschriebenes Verfassungsprin­ zip57 einordnete. Häufig wird der grundsätzliche Gedanke des Vorrangs der unteren vor der oberen Ebene auf die katholische Soziallehre zurückgeführt,58 wenn er sich auch bereits in antiken Vorstellungen wiederfindet59. Der katho­ lischen Vorstellung nach besäßen die kleineren Gemeinschaften das Recht, eigene Aufgaben mit eigenen Kräften zu verwirklichen. Erst wenn das nicht gelänge, müssten die größeren Gemeinschaften in die Aufgabenerfüllung durch Unterstützung und Förderung eintreten.60 Nur vereinzelt wird angenommen, dass das Grundgesetz ein durchgängi­ ges, auch das Verhältnis von Staat zu Gesellschaft erfassendes Subsidiari­ tätsprinzip anerkennt.61 Auch wegen der Herleitung aus der Sozialethik wird 54  Erdmann, DVBl. 1998, 13 [14] nimmt nachvollziehbar an, dass sich der Be­ griff der Subsidiarität nur auf den Bereich des Staates, also im Verhältnis von staat­ lichen Organen zueinander bezieht. Weil die Diskussion um den Vorrang der Priva­ ten vor dem Staat jedoch unter diesem Begriff geführt wird, wird er im Folgenden beibehalten. Oppermann, JuS 1996, 569 [571] hingegen bezieht sich sowohl auf den Bereich der Staatsorganisation, wie auch auf das Verhältnis von Staat zu Bürgern. 55  Vgl. hierzu Isensee, Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, S. 224 ff. 56  Vgl. hierzu Isensee, Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, S. 240 ff. 57  Vgl. Wolff, Ungeschriebenes Verfassungsrecht unter dem Grundgesetz, S. 4. Zum ungeschriebenen Verfassungsrecht vgl. Grzeszick, Ungeschriebenes Verfas­ sungsrecht, in: Depenheuer / Grabenwarter (Hrsg.), Verfassungstheorie, § 12, Rdnr. 6 f. 58  Vgl. Hoffmann-Becking, Die Begrenzung der wirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand durch Subsidiaritätsprinzip und Übermaßverbot, in: Menger (Hrsg.), Festschrift Wolff, S. 445 [445]; Schmidt-Jortzig, Subsidiaritätsprinzip und Grundgesetz, in: Schmidt-Jortzig / Schink, Subsidiaritätsprinzip und Kommunalord­ nung, S. 1 [5]; Hellermann, Örtliche Daseinsvorsorge und gemeindliche Selbstver­ waltung, S. 162 f. Ausführlich auch zum Folgenden Helm, Rechtspflicht zur Privati­ sierung, S. 163 ff. 59  Vgl. Oppermann, JuS 1996, 569 [570]; Höffe, Subsidiarität, nicht Föderalis­ mus, in: Riklin / Batliner (Hrsg.), Subsidiarität, S. 21 [31 ff.]. Vgl. ebenso Herzog, Der Staat 2 (1963), 399 [399]; Sodan, DÖV 2000, 361 [368]. 60  Rauscher, in: Görres-Gesellschaft (Hrsg.), Staatslexikon in 5 Bänden, 5. Band, Eintrag „Subsidiarität“, S. 386 f. 61  Greger, NJW 2007, 3258 [3259, 3262]; Isensee, DB 1979, 145 [150]; Brenner, Staatsaufgaben, in: Depenheuer / Grabenwarter (Hrsg.), Verfassungstheorie, § 12,



B. Erfordernis des öffentlichen Zwecks237

das Prinzip der Subsidiarität als philosophisch – und damit staatsethisch –, nicht aber als rechtlich bedeutsam eingeordnet.62 Davon nur wenig abwei­ chend ist die Auffassung, auf beispielsweise dem Sozialstaatsprinzip be­ gründete staatliche Kompetenzen seien gegenüber den gesellschaftlichen Aktivitäten nicht nachrangig,63 wenn auch kein absoluter Vorrang staatlicher Kompetenz bestünde64. Im Ergebnis wird weit überwiegend ein Subsidiari­ tätsprinzip als Beschränkung staatlichen Handelns – und damit beispielswei­ se der staatlichen Konkurrenz – abgelehnt.65 Rdnr.  65; Oppermann, JuS 1996, 569 [570]; v. Münch, JZ 1960, 303 [305 f.]; Ipsen, Hans Peter, NJW 1963, 2102 [2106 f.]; Dürig, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz Kom­ mentar, Band 1, Art. 1 Abs. 1, Erstbearbeitung November 1958, Rdnr.  54; Sodan, DÖV 2000, 361 [368 f.]; Isensee, Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, S. 264 ff. Die einzelnen Ausprägungen, etwa als unmittelbarer Verfassungssatz, Interpretati­ onsprinzip oder allgemeiner Rechtsgrundsatz werden hier nicht weiter unterschieden. Diesbezüglich weiterführend Helm, Rechtspflicht zur Privatisierung, S. 168. Vgl. auch Korte, VerwArch 61 (1970), 3 [12 ff.], der aber vornehmlich die Gemeinden und damit den innerstaatlichen Bereich in Blick hat. 62  Lerche, JurA 1970, 821 [843]. 63  v.  Maydell / Scholz, Grenzen der Eigenwirtschaft gesetzlicher Krankenversiche­ rungsträger, S. 108. 64  BVerfGE 22, 180 [204]; BVerfGE 29, 221 [236]. v.  Maydell / Scholz, Grenzen der Eigenwirtschaft gesetzlicher Krankenversicherungsträger, S. 109; Scholz, Öf­ fentliche und Privatversicherung unter der grundgesetzlichen Wirtschafts- und So­ lidarverfassung, in: Baumann / Schirmer / Schmidt (Hrsg.), Festschrift Sieg, S. 507 [511]. 65  Moraing, WiVerw 1998, 233 [242 f.]; Britz, NVwZ 2001, 380 [381]; Otting, DVBl. 1997, 1258 [1260]; Hellermann, Örtliche Daseinsvorsorge und gemeindliche Selbstverwaltung, S. 162 ff.; Koehler, VR 2000, 44 [46]; Schneider, Jens-Peter, DVBl. 2000, 1250 [1255]; Spindler, ZKM 2007, 79 [80]; Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 98 f.; Ossenbühl, Bestand und Erweiterung des Wirkungskreises der Deutschen Bundespost, S. 102 f.; v. Maydell / Scholz, Grenzen der Eigenwirtschaft gesetzlicher Krankenversicherungsträger, S. 108; Krölls, GewArch 1992, 281 [282]; Ehlers, JZ 1990, 1089 [1096]; Scholz, Öffentliche und Privatversicherung unter der grundgesetzlichen Wirtschafts- und Solidarverfassung, in: Baumann / Schir­ mer / Schmidt (Hrsg.), Festschrift Sieg, S. 507 [513]; Badura, Die Wirtschaftstätig­ keit der öffentlichen Hand und die neue Sicht des Gesetzesvorbehalts, in: Baur / Hopt / Mailänder (Hrsg.), Festschrift Steindorff, S. 835 [838]; Badura, Die Er­ füllung öffentlicher Aufgaben und die Unternehmenszwecke bei der wirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand, in: v. Münch (Hrsg.), Festschrift Schlochauer, S. 3 [19]; Kirchhof, Ferdinand, Tätigkeitsfelder der Deutschen Bundespost, S. 111 f. Schroeder, Kooperation zwischen Rundfunkanstalten und Privaten bei Schallplatten­ herstellung und ‑vertrieb, in: Jagenburg / Maier-Reimer / Verhoeven (Hrsg.), Fest­ schrift Oppenhoff, S. 385 [388]; Stober, ZHR 145 (1981), 565 [576 ff.]; Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht. Allgemeiner Teil, S. 520; Erichsen, Gemeinde und Private im wirtschaftlichen Wettbewerb, S. 31 f.; Reidt, Eigenwirtschaftliche Betäti­ gung der öffentlichen Hand, in: Jarass, Wirtschaftsverwaltungsrecht, § 12, Rdnr.  30; Otting, Neues Steuerungsmodell und rechtliche Betätigungsräume der Kommunen,

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8. Kap.: Verfassungsrechtliche Grenzen des Güterichters

In der Tat kann man dem Grundgesetz keinen umfassenden und vor allem rechtlich geltenden Vorrang der Gesellschaft vor dem Staat entneh­ men.66 Allerdings finden sich durchaus Rechtssätze, die den grundlegenden Gedanken aufgreifen und zudem rechtlich verbindlich sind. Dazu gehören das sogleich behandelte Steuerstaatsprinzip und insbesondere das Über­ maßverbot67.

II.  Gewinnerzielung durch wirtschaftliche Tätigkeit Es stellt sich die Frage, ob die ausschließliche Absicht, mit einem öf­ fentlichen Unternehmen Gewinn zu erzielen, dem Gemeinwohlerfordernis entspricht. Gerade die Städte und Gemeinden befinden sich mit ihrer Haushaltssituation immer wieder in einer stark angespannten Lage.68 Die Folge sind Haushaltssicherungskonzepte69, weil sich Einnahmen und Aus­ gaben nicht decken. Die Ursachen dafür sind vielfältig und für die ge­ gebene Fragestellung ohne weitere Bedeutung.70 Vor diesem Hintergrund ist es nicht fernliegend, dass gerade die Städte und Gemeinden neue Ein­ nahmenquellen suchen, um jedenfalls ihre Aufgaben der Daseinsvorsor­ ge  erfüllen zu können.71 Insoweit könnte man annehmen, die Gewinnerzie­ lung diene mittelbar einem öffentlichen Zweck, denn auf diesem Weg S. 143 ff.; Schricker, Wirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand und unlauterer Wettbewerb, S. 41; Backhaus, Öffentliche Unternehmen, S. 147. Vgl. Hoffmann-Becking, Die Begrenzung der wirtschaftlichen Betätigung der öf­ fentlichen Hand durch Subsidiaritätsprinzip und Übermaßverbot, in: Menger (Hrsg.), Festschrift Wolff, S. 445 [445 f.]; Erdmann, DVBl. 1998, 13 [15]; Lerche, JurA 1970, 821 [842 f.]; Klein, Die Teilnahme des Staates am wirtschaftlichen Wettbe­ werb, S. 161 ff.; Herzog, Der Staat 2 (1963), 399 [411 ff.]; Lerche, Werbung und Verfassung, S. 140; Henneke, NdsVBl. 1998, 273 [277]; Pieroth / Hartmann, DVBl. 2002, 421 [427]; Gusy, JA 1995, 166 [170]; Piper, GRUR 1986, 574 [575]; Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 25 ff. So auch BVerwGE 23, 304 [306 f.], ablehnend bezogen auf die Staatsorganisation BVerwGE 67, 321 [324 f.], anerkennend bezogen auf sozialrechtliche Hilfeleistungen BVerwGE 20, 113 [114 f.]. Offengelassen von BVerfGE 10, 59 [83]; BVerfGE 58, 233 [253]. Vgl. Butzer, Fremdlasten in der Sozialversicherung, S. 471, Fn. 461. 66  Ergänzend sei erwähnt, dass auch die Vertreter, die den Vorrang der Gesell­ schaft vor dem Staat annehmen, eine Rechtfertigung der Aufgabenwahrnehmung zulassen, so etwa Kannengießer, WiVerw 1998, 182 [185]. Vgl. v. Arnim, Rechts­ fragen der Privatisierung, S. 53, 66 f. 67  Siehe unten, 8. Kapitel, C. 68  Vgl. Otting, DVBl. 1997, 1258 [1258]. 69  Aktuelle Übersicht bei www.haushaltssteuerung.de. 70  Vgl. dazu Schmidt-Leithoff, Gemeindewirtschaft im Wettbewerb, S. 36 ff. 71  Badura, DÖV 1998, 818 [819]; Faßbender, Karl-Josef, DÖV 2005, 89 [89]; Otting, DVBl. 1997, 1258 [1259 f.; 1262]; Henneke, NdsVBl. 1998, 273 [274 f.].



B. Erfordernis des öffentlichen Zwecks239

würden die finanziellen Mittel für die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben gewonnen.72 Wie sich aus der Finanzverfassung der Art. 104a ff. GG ergibt, erkennt das Grundgesetz den Finanzbedarf des Staats zur Erfüllung seiner Aufga­ ben an.73 Ein freiheitlicher Staat ohne Finanzausstattung ist undenkbar. In diesem Zusammenhang muss bedacht werden, dass das Grundgesetz eine klare Vorstellung von der Art hat, wie der Staat seine finanzielle Grundla­ ge schaffen soll: durch Steuern. Diese Grundentscheidung des Grundgeset­ zes zugunsten eines Steuerstaats74 wird nur vereinzelt bestritten: Durch die grundsätzliche Anerkenntnis seines Finanzinteresses sei der Staat nicht auf Steuern beschränkt, sondern andere Einnahmeformen seien dem Grunde nach zulässig.75 In der Tat findet sich keine ausdrückliche Regelung, die die Einnahmen des Staates auf solche durch die Erhebung von Steuern beschränkt. Jedoch spricht schon das ausdifferenzierte System der Verteilung in der Finanzver­ fassung dafür, dass es nicht durch weitere Einnahmequellen umgangen werden soll.76 Die Beschränkung auf Steuern ist zugleich für den Staat von Vorteil. Er muss gerade nicht seine finanzielle Grundlage durch eine Markt­ tätigkeit erwirtschaften, sondern erhält diese durch eine voraussetzungslose Abgabe77 unabhängig von den Unsicherheiten des Marktgeschehens78. Da­ mit hängt die staatliche Leistungsfähigkeit nicht von einzelnen Marktseg­ menten, sondern von der grundsätzlichen Wirtschaftsleistung ab. 72  Dickersbach, WiVerw 1983, 187 [199]; Hellermann, Örtliche Daseinsvorsorge und gemeindliche Selbstverwaltung, S. 153 ff.; Britz, NVwZ 2001, 380 [382]; Moraing, WiVerw 1998, 233 [258 f.]; Gusy, JA 1995, 166 [170]; Klein, Die Teilnahme des Staates am wirtschaftlichen Wettbewerb, S. 141 ff.; Jarass, DÖV 2002, 489 [491]; Reidt, Eigenwirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand, in: Jarass, Wirt­ schaftsverwaltungsrecht, § 12, Rdnr.  30; Otting, Neues Steuerungsmodell und recht­ liche Betätigungsräume der Kommunen, S. 121 ff., 129, 142 f.; Schricker, Wirtschaft­ liche Tätigkeit der öffentlichen Hand und unlauterer Wettbewerb, S. 42 f. Ebenso Gersdorf, AfP 1998, 470 [471 f.], jedoch ohne Begründung. Vgl. auch Lange, DVBl. 1977, 873 [877]; Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 121 ff.; Backhaus, Öffentliche Unternehmen, S. 176 f. 73  Cremer, DÖV 2003, 921 [922]. 74  Dazu und zum folgenden Isensee, Steuerstaat als Staatsform, in: Stödter / Thie­ me (Hrsg.), Festschrift Ipsen, S. 409. 75  Cremer, DÖV 2003, 921 [922, 929]. Im Ergebnis auch Jarass, DÖV 2002, 489 [490]; Sacksofsky, Umweltschutz durch nicht-steuerliche Abgaben, S. 126 ff., 189 ff.; Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 127 ff. 76  BVerfGE 78, 249 [266 f.]; BVerfGE 82, 159 [178 f.]; BVerfGE 93, 319 [342 f.]. Vgl.  Henneke, NdsVBl. 1998, 273 [282]. 77  Vogel / Waldhoff, in: Kahl / Waldhoff / Walter (Hrsg.), BK Grundgesetz, Vorb. Art. 104a–115, Rdnr.  37.; Stober, BB 1989, 716 [719 f.]. 78  Isensee, DB 1979, 145 [149]; Stober, NJW 2002, 2357 [2362].

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8. Kap.: Verfassungsrechtliche Grenzen des Güterichters

Mit der Anerkennung des Steuerstaats wird zum einen die Unterschei­ dung von Staat und Gesellschaft anerkannt. Zum anderen handelt es sich dabei um eine Ausprägung des Subsidiaritätsgedankens. Indem der Staat durch die Steuereinnahmen an der Wirtschaftstätigkeit der Privaten beteiligt wird, muss diese dem staatlichen Wirtschaftshandeln vorgehen. Die Erhebung von Steuern stellt zudem sicher, dass die Belastung der Bürger zum einen parlamentarisch, d. h. demokratisch legitimiert ist und zum anderen, dass nicht einzelne Gruppen übermäßig belastet werden79 – namentlich die Unternehmer in dem durch die Wirtschaftstätigkeit betroffe­ nen Marktsegment. Im Ergebnis sind neben der Erhebung von Steuern an­ dere Haupteinnahmequellen nicht vorgesehen.80 Die Erhebung von Steuern ist den Steuerpflichtigen gegenüber ein Grund­ rechtseingriff. Dieser ist regelmäßig an Art. 2 Abs. 1,81 möglicherweise auch an Art. 12 Abs. 1 oder Art. 14 Abs. 1 GG82 zu messen. Daraus könnte ge­ folgert werden, dass wenn die staatliche Befugnis der Steuererhebung als legitimer Zweck eines Grundrechtseingriffs in Betracht kommt, das auch für die Einnahmenerzielung durch andere Mittel – namentlich der öffentlichen Wirtschaftstätigkeit – gelten müsse.83 Dieser Schluss ist jedoch bei genauer Betrachtung nicht zu halten. Er scheitert schon an den verschiedenen Be­ fugnissen. So ist die Erhebung von Steuern zum Zweck der Staatsfinanzie­ rung ausdrücklich in der Finanzverfassung vorgesehen. Für die öffentliche Wirtschaftstätigkeit ist das gerade nicht der Fall. Die Legitimation dieses Handelns kann sich nur aus der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe erge­ 79  BVerfGE 55, 274 [303]; BVerfGE 82, 159 [179]. Isensee, Steuerstaat als Staatsform, in: Stödter / Thieme (Hrsg.), Festschrift Ipsen, S. 409 [431 f.]; v. Arnim, Rechtsfragen der Privatisierung, S. 66. 80  Ehlers, JZ 1990, 1089 [1091]; Stober, BB 1989, 716 [719 f.]; Ehlers, DVBl. 1998, 497 [499]; Hösch, DÖV 2000, 393 [397]; Helm, Rechtspflicht zur Privatisie­ rung, S. 158; Krölls, GewArch 1992, 281 [286]; Bull, Die Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, S. 279; Berg, GewArch 1990, 225 [229 f.]; Pieroth / Hartmann, DVBl. 2002, 421 [428]; Löwer, Der Staat als Wirtschaftssubjekt und Auftraggeber, in: VVDStRL 60 (2000), S. 416 [423]; Kluth, Öffentlich-rechtliche Zulässigkeit gewin­ norientierter staatlicher kommunaler Tätigkeit, in: Stober / Vogel (Hrsg.), Wirtschaft­ liche Betätigung der öffentlichen Hand, S. 23 [26 f.]; Isensee, Steuerstaat als Staats­ form, in: Stödter / Thieme (Hrsg.), Festschrift Ipsen, S. 409 [409]. Vgl. Mann, JZ 2002, 819 [820]; Stober, NJW 2002, 2357 [2362]. Vgl. auch Dickersbach, WiVerw 1983, 187 [202], der daneben jedoch eine Finanzierung über unternehmerische Be­ tätigung der öffentlichen Hand „in einem beschränkten Umfang“ für möglich hält. 81  BVerfGE 9, 3 [11]; BVerfGE 19, 253 [257], BVerfGE 87, 153 [169]; BVerfGE 105, 17 [32]. 82  Vgl. insoweit die angenommene Schutzverstärkung durch dieselben bei BVerfGE 87, 153 [169]; BVerfGE 93, 121 [137] unter Verweis auf BVerfGE 42, 263 [295] und BVerfGE 50, 290 [341]. 83  So Cremer, DÖV 2003, 921 [929].



B. Erfordernis des öffentlichen Zwecks241

ben. Die Erhebung von Steuern ist eine direkte öffentliche Aufgabe, die öffentliche Wirtschaftstätigkeit nur eine mittelbare, die als Mittel der Erfül­ lung einer öffentlichen Aufgabe dient. Zudem würde sich durch die Anerkennung der Gewinnerzielung als aus­ schließlicher Zweck folgende begriffliche Schwierigkeit ergeben: Die Ge­ winnerzielung dient nach der oben dargestellten Ansicht einem öffentlichen Zweck, wenn die erwirtschafteten Gewinne für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben eingesetzt werden. Damit kann auch die unternehmerische, d. h. marktwirtschaftliche Führung eines öffentlichen Unternehmens dem öffent­ lichen Interesse dienen.84 Werden Leistungen des öffentlichen Unterneh­ mens, die zunächst nur der Daseinsvorsorge oder der innerverwaltlichen Versorgung dienten, erweitert und am Markt angeboten,85 so erhöht das die Profitabilität des Unternehmens. Damit steigt der erzielte Gewinn und die Gemeinschaft wird weniger belastet, möglicherweise sogar entlastet. Bei diesem weiten Begriffsverständnis dient jedes, auch ein privatrechtli­ ches Unternehmen einem öffentlichen Zweck und sei es nur, dass durch dieses Arbeitsplätze geschaffen werden.86 Damit wiederum ließe sich über diesen Begriff abermals ein freiheitsgleicher Staatsraum beschreiben.87 Die öffentliche Hand könnte nahezu jedes Handeln mit beliebigen positiven Gemeinwohlauswirkungen aufgreifen und sich zu eigen machen. Die Unter­ scheidung von Staat und Gesellschaft würde verwischt werden. Vor diesem Hintergrund ist nachzuvollziehen, weshalb weit überwiegend die Einnahmen- oder Gewinnerzielung als ausschließlicher Zweck staatli­ 84  Vgl. Badura, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben und die Unternehmenszwe­ cke bei der wirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand, in: v. Münch (Hrsg.), Festschrift Schlochauer, S. 3 [8]. 85  Als Beispiel OLG Hamm, NJW 1998, 3504 [Gartenpflege], besprochen von Tettinger, NJW 1998, 3473; Ennuschat, BB 1999, 494. Vor den Gerichten angegrif­ fene, weitere kommunale Betätigungen: OLG Düsseldorf, NJW-RR 1997, 1470 [Nachhilfeunterricht]; BGHZ 150, 343 [Elektroarbeiten]; OVG NRW, NVwZ 1986, 1045 [Saunabetrieb]. Vgl. Dickersbach, WiVerw 1983, 187 [198 ff.]; Henneke, Nds­ VBl. 1998, 273 [273] mit weiteren Beispielen. 86  Berg, GewArch 1990, 225 [228]; Badura, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben und die Unternehmenszwecke bei der wirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand, in: v.  Münch (Hrsg.), Festschrift Schlochauer, S. 3 [8 f.]. Vgl. Dickersbach, WiVerw 1983, 187 [198 f.], der die alleinige Gewinnerzielung öffentlicher Unterneh­ men unter anderem wegen der Arbeitsplatzsicherung als zulässig anerkennt. 87  Ossenbühl, Bestand und Erweiterung des Wirkungskreises der Deutschen Bun­ despost, S. 107 ff.; Löwer, Der Staat als Wirtschaftssubjekt und Auftraggeber, in: VVDStRL 60 (2000), S. 416 [418 ff.]. Vgl. Ehlers, DVBl. 1998, 497 [499]; Schink, NVwZ 2002, 129 [134]; Ehlers, Möglichkeiten und Grenzen kommunaler Wirt­ schaftsbetätigung, in: Ipsen (Hrsg.), Kommunalwirtschaft im Umbruch, S. 10 [16]. Vgl.  Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, S. 200.

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8. Kap.: Verfassungsrechtliche Grenzen des Güterichters

chen Wirtschaftshandelns abgelehnt wird.88 Die finanzielle Entlastung der öffentlichen Hand durch Erwirtschaftung von Einnahmen ist kein legitimer Zweck. Etwas anderes ergibt sich auch nicht für kommunale Wirtschaftstätigkeit aus der Garantie der gemeindlichen Selbstverwaltung, Art. 28 Abs. 2 GG. Auch wenn Art. 28 Abs. 2 S. 3 GG ausdrücklich die finanzielle Eigenver­ antwortung der Gemeinden garantiert, kann daraus nicht gefolgert werden, dass der oben beschriebene Grundsatz des Ausschlusses alleinigen Gewinn­ erzielung als öffentlicher Zweck in diesem Rahmen nicht gelte.89 Die Ge­ 88  Ossenbühl, Bestand und Erweiterung des Wirkungskreises der Deutschen Bun­ despost, S. 107 f.; Bull, Die Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, S. 279 f.; Isensee, DB 1979, 145 [149]; Mann, JZ 2002, 819 [820 f.]; Ehlers, Verwaltung in Privat­ rechtsform, S. 93; Ehlers, JZ 1990, 1089 [1091]; Manssen, in: v.  Man­ goldt / Klein / Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 12, Rdnr.  83; Emmerich, AG 1985, 293 [294]; Mann, JZ 2002, 819 [821]; Helm, Rechtspflicht zur Privatisierung, S. 158; Krölls, GewArch 1992, 281 [286]; Erdmann, DVBl. 1998, 13 [17]; Stober, NJW 1984, 449 [452]; Grupp, Klaus, ZHR 140 (1976), 367 [381]; Löwer, Der Staat als Wirtschaftssubjekt und Auftraggeber, in: VVDStRL 60 (2000), S. 416 [418]; Ehlers, DVBl. 1998, 497 [499]; Kannengießer, WiVerw 1998, 182 [190]; Kluth, Öffentlich-rechtliche Zulässigkeit gewinnorientierter staatlicher kom­ munaler Tätigkeit, in: Stober / Vogel (Hrsg.), Wirtschaftliche Betätigung der öffentli­ chen Hand, S. 23 [26]; Huber, Peter M., Konkurrenzschutz im Verwaltungsrecht, S. 314; Scholz, Gemeindliche Gebietsreform und regionale Energieversorgung, S. 77; Koehler, VR 2000, 44 [44]; Heintzen, Rechtliche Grenzen und Vorgaben für eine wirtschaftliche Betätigung von Kommunen im Bereich der gewerblichen Gebäuder­ einigung, S. 33 f.; Ehlers, DVBl. 1997, 137 [142]; Schink, NVwZ 2002, 129 [133 f.]; Ehlers, Möglichkeiten und Grenzen kommunaler Wirtschaftsbetätigung, in: Ipsen (Hrsg.), Kommunalwirtschaft im Umbruch, S. 10 [16]. In diese Richtung auch Ipsen, Hans Peter, NJW 1963, 2102 [2105 f.]; v. Arnim, Rechtsfragen der Privatisierung, S. 66, 73; Schmidt-Leithoff, Gemeindewirtschaft im Wettbewerb, S. 273 f. Ebenso Selmer, Wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand und Unterneh­ mergrundrechte, in: Stober / Vogel (Hrsg.), Wirtschaftliche Betätigung der öffentli­ chen Hand, S. 75 [89], der sich zur Begründung auf die nach Art. 3 Abs. 1 GG ga­ rantierte Lastengleichheit beruft. Vgl. auch BVerfGE 61, 82 [107], allerdings in der Wiedergabe der einfachrecht­ lichen Bestimmungen mit diesem Regelungsinhalt, wie auch Ehlers, Möglichkeiten und Grenzen kommunaler Wirtschaftsbetätigung, in: Ipsen (Hrsg.), Kommunalwirt­ schaft im Umbruch, S. 10 [17]; Cremer, DÖV 2003, 921 [922]; Britz, NVwZ 2001, 380 [382] zutreffend feststellen. Vgl. weiter Stober, Allgemeines Wirtschaftsverwaltungsrecht, § 24 V 3, S. 181; Badura, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben und die Unternehmenszwecke bei der wirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand, in: v.  Münch (Hrsg.), Festschrift Schlochauer, S. 3 [6, 20], der zugleich relativierend annimmt, die unternehmerische und wirtschaftliche Führung eines öffentlichen Unternehmens sei ein solcher öffent­ licher Zweck, [8]. 89  So jedoch Otting, DVBl. 1997, 1258 [1260], der im Folgenden, S. 1263, von dem Fall der Unterfinanzierung ausgeht. In eine ganz ähnliche Richtung auch Mo-



B. Erfordernis des öffentlichen Zwecks243

meinden sind als Teil des Staates nicht gegenüber anderen staatlichen Ein­ richtungen privilegiert. Die Grenze der Erwerbswirtschaftlichkeit gilt auch für diese.90 Zudem können die Gemeinden auch nur in ihrem gegebenen Aufgabenkreis tätig werden, der sich wiederum an einem öffentlichen Zweck orientiert.91 Schließlich ermächtigt die Selbstverwaltungsgarantie nicht zu Eingriffen in die Rechte der Bürger, namentlich in die durch die Wirtschaftstätigkeit betroffene Berufsfreiheit.92 Es handelt sich um eine ausschließlich staatsorganisatorische Vorschrift. Damit ist eine Grenze der öffentlichen Wirtschaftstätigkeit bestimmt, die ohne Zweifel auch für die öffentliche Konkurrenz gelten muss. Der Staat muss mit all seinem Handeln einen öffentlichen Zweck verfolgen,93 der über die ausschließliche Gewinnerzielungsabsicht hinausgeht.

III.  Auslastung von bestehenden öffentlichen Unternehmen In eine ähnliche Richtung geht die Frage, ob etwa freibleibende Kapazi­ täten eines öffentlichen Unternehmens, welches im Übrigen einen – noch zu raing, NWVBl. 1997, 355 [356]; Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 123 f.; Backhaus, Öffentliche Unternehmen, S. 176 f. Vgl. wie hier RhPfVerfGH, NVwZ 2000, 801 [801 f.]; kritisch dazu Ruffert, NVwZ 2000, 763. 90  Löwer, Der Staat als Wirtschaftssubjekt und Auftraggeber, in: VVDStRL 60 (2000), S. 416 [434 f.]. 91  Mann, JZ 2002, 819 [821]; Ehlers, DVBl. 1998, 497 [504]; Klein, Die Teil­ nahme des Staates am wirtschaftlichen Wettbewerb, S. 81 f.; Püttner, Die öffentli­ chen Unternehmen, S. 131; Ehlers, DVBl. 1997, 137 [142]. Vgl. Stober, Allgemei­ nes Wirtschaftsverwaltungsrecht, § 24 V 3, S. 181; Henneke, NdsVBl. 1998, 273 [279 f.]. 92  Stober, Allgemeines Wirtschaftsverwaltungsrecht, § 24 V 3, S. 181; Löwer, DVBl. 1991, 132 [140]; Gleske, Wettbewerb öffentlicher und privater Kreditinstitu­ te in Deutschland, S. 172 f.; Scharpf, GewArch 2005, 1 [2]; Heintzen, Rechtliche Grenzen und Vorgaben für eine wirtschaftliche Betätigung von Kommunen im Be­ reich der gewerblichen Gebäudereinigung, S. 37; Schink, NVwZ 2002, 129 [133]. Vgl. Ehlers, Möglichkeiten und Grenzen kommunaler Wirtschaftsbetätigung, in: Ipsen (Hrsg.), Kommunalwirtschaft im Umbruch, S. 10 [14 f.]. Kluth, WiVerw 2000, 184 [203] hingegen folgert aus der Selbstverwaltungsgaran­ tie, dass die Anforderungen an die Bestimmtheit des Gesetzes „auch grundrechtsre­ levanten Bereich weniger weit gehen als bei sonstigen Verwaltungsträgern“. Nach Erichsen, Gemeinde und Private im wirtschaftlichen Wettbewerb, S. 30 f. sei „nicht einseitig zu Lasten des Rechts der Gemeinden auf wirtschaftliche Betätigung“ zu entscheiden, sondern Selbstverwaltungsrecht und Grundrechte müssten als kollidie­ rende Verfassungsgüter Ausgleich finden. 93  Badura, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben und die Unternehmenszwecke bei der wirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand, in: v.  Münch (Hrsg.), Fest­ schrift Schlochauer, S. 3 [6]; Bull, Die Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, S. 279; Britz, NVwZ 2001, 380 [382].

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8. Kap.: Verfassungsrechtliche Grenzen des Güterichters

bestimmenden – öffentlichen Zweck verfolgt, zu erwerbswirtschaftlichen Zwecken ausgelastet werden dürfen. Das wird zuweilen dann für zulässig erachtet, wenn im Übrigen die sachgerechte Aufgabenerledigung nicht be­ einträchtigt wird und die Tätigkeit nicht über den Funktionsbereich des Verwaltungsträgers hinausgeht.94 Die Zulässigkeit der Randnutzung wird mit dem Wirtschaftlichkeitsprinzip begründet, das die Verwaltung zur Aus­ nutzung ihres Wirtschaftspotenzials verpflichte.95 Zudem nehme die Rand­ nutzung des öffentlichen Unternehmens an der öffentlichen Hauptaufgabe teil,96 sie sei demnach von dieser rechtfertigend gedeckt. Das jedoch überzeugt nicht. Zum einen kann die grundsätzliche Erfüllung eines öffentlichen Zwecks sich nicht dahin gehend auswirken, andere Tätig­ keiten der öffentlichen Hand ebenfalls zu rechtfertigen. Vielmehr erstreckt sich das Rechtfertigungserfordernis auf jede wahrgenommene Tätigkeit.97 Anderenfalls wäre eine rechtfertigungslose Tätigkeit der öffentlichen Hand doch möglich,98 wenn sie innerhalb einer gerechtfertigten Organisation statt­ fände. Weiter ergibt sich aus der obenstehenden Auffassung eine weitere Schwie­ rigkeit. Ließe man die erwerbswirtschaftliche Auslastung öffentlicher Unter­ nehmen zu, so stünde es im Belieben des Betreibers, etwa durch eine Überdimensionierung des Unternehmens den legitimierenden Zweck zu schaffen.99 Es könnte leicht zu einer Fortentwicklung vom Grunderfordernis des öffentlichen Handelns, der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben, kom­ men100 – etwa in Gestalt der Erwerbswirtschaft. Somit wird deutlich, dass die erwerbswirtschaftliche Auslastung ebenfalls keinem öffentlichen Zweck dient und eine weitere Grenze der Wirtschaftstätigkeit beschreibt.

82, 29 [33 f.]. Moraing, WiVerw 1998, 233 [253]. 82, 29 [34]. Köhler, BayVBl. 2000, 1 [6]; Schulz, BayVBl. 1998, 449 [452]; Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 124 f. Ähnlich Britz, NVwZ 2001, 380 [384]. Vgl. auch Schmidt, WM 1992, 1 [4]. 96  Moraing, WiVerw 1998, 233 [253]; Stober, BB 1989, 716 [717]; Gusy, JA 1995, 166 [169]. 97  Krölls, GewArch 1992, 281 [288]; Otting, SächsVbl. 1998, 93 [95]; Emmerich, AG 1985, 293 [300]. 98  Ehlers, DVBl. 1998, 497 [500] hält die Nutzung von sonst brachliegenden Wirtschaftspotenzialen – ohne diese Schwierigkeit zu benennen und somit ohne Begründung – für zulässig. 99  Zutreffend OLG Hamm, NJW 1998, 3504 [3505]; Badura, DÖV 1998, 818 [821]. Eher ablehnend und zugleich zweifelnd Britz, NVwZ 2001, 380 [384 f.]. 100  Vgl. auch Zacharias, VR 2000, 271 [275]. 94  BVerwGE 95  BVerwGE



B. Erfordernis des öffentlichen Zwecks

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IV.  Öffentliche Aufgaben Mit der Untersuchung der erwerbswirtschaftlichen Betätigung eines öf­ fentlichen Unternehmens wurden zwei Grenzen deutlich, die nicht mehr von dem Erfordernis des öffentlichen Zwecks gedeckt werden. Es muss aber ebenso deutlich festgehalten werden, dass der zulässige öffentliche Zweck nicht weiter bestimmt werden konnte. Vielmehr zeigte sich, dass wegen der Weite dieses Begriffs nahezu jedes Handeln mit auch nur weitläufigem Gemeinwohlbezug als zulässig eingeordnet werden könnte.101 Möglicherweise lässt sich der Begriff des öffentlichen Zwecks schärfen, indem an seiner Stelle die öffentlichen Aufgaben näher gefasst werden. Der Begriff der öffentlichen Aufgabe102 wiederum knüpft an die Kompe­ tenzen staatlichen Handelns an.103 Macht der Staat von einer solchen Kompetenz Gebrauch, dann erfüllt er in aller Regel damit auch eine öf­ fentliche Aufgabe.104 Für das Grundgesetz finden sich mit dem in Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 S. 1 verankerten Sozialstaatsprinzip, der in Art. 109 Abs. 2 zur Sprache kommenden Verantwortung für das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht und in einzelnen Grundrechtsbestimmungen, wie der in Art. 5 Abs. 1 S. 2 gewährleisteten Rundfunkfreiheit oder allgemein den Schutzpflichten, die wichtigsten Aufgabennormen.105 Rein sprachlich findet sich der Begriff der öffentlichen Aufgabe in Art. 30 GG wieder, der die Wahrnehmung derselben dem Grundsatz nach den Bun­ desländern zuweist. Erst wenn dem Bund eine Wahrnehmungskompetenz durch das Grundgesetz verliehen worden ist, ist dieser berechtigt, die ent­ sprechende Aufgabe zu erfüllen. Art. 30 GG umfasst in seiner Weite jede staatliche Tätigkeit, gleichgültig, ob sie in der Ausführung von Gesetzen oder gesetzesfreiem Handeln besteht.106 Art. 30 GG unterscheidet zwischen Befugnissen und Aufgaben, wobei dieser sprachlichen Trennung keine Un­ terscheidung der Staatsgewalten zugrunde liegt.107 Vielmehr handelt es sich 101  Vgl. Ossenbühl, Bestand und Erweiterung des Wirkungskreises der Deutschen Bundespost, S. 109; Helm, Rechtspflicht zur Privatisierung, S. 155. 102  Vgl. Helm, Rechtspflicht zur Privatisierung, S. 159 f. 103  Brohm, NJW 1994, 281 [282]. 104  Isensee, Staatsaufgaben, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR  IV, § 73, Rdnr.  14. 105  Brohm, NJW 1994, 281 [282]. 106  BVerfGE 12, 205 [244, 246]; BVerfGE 39, 96 [109]; Gubelt, in: v. Münch / Ku­ nig (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 30, Rdnr.  7. 107  Vgl. die Entstehungsgeschichte in Leibholz / v.  Mangoldt (Hrsg.), JöR n. F. 1 (1951), S. 295 ff.

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8. Kap.: Verfassungsrechtliche Grenzen des Güterichters

bei den Befugnissen um Eingriffsberechtigungen und bei den Aufgaben um die übrigen Tätigkeitsbereiche, die vom Staat entweder wahrgenommen werden müssen oder können.108 Doch wie sich aus der Formulierung „wahrgenommen werden müssen oder können“ ergibt, wird der Begriff der öffentlichen Aufgabe in Art. 30 GG nicht als Beschränkung staatlichen Handelns verstanden. Vielmehr gibt er nur eine Kompetenzordnung in vertikaler Richtung vor, die im Übrigen – was man jedoch kritisch hinterfragen kann – für einige Teilbereiche nicht gelten soll: So sollen etwa Tätigkeiten, die andere staatliche Träger zum Tätigwerden auf einem Gebiet nur „anregen“ sollen, nicht der Kompetenz­ verteilung unterfallen109. Art. 30 GG setzt insoweit eine öffentliche Aufgabe voraus, ohne sie – einschränkend – zu beschreiben. Damit bleibt die grund­ sätzliche Frage, wann der Staat handeln darf, zunächst ungeklärt. Dieser Frage lässt sich annähern, indem zunächst die Aufgaben umrissen werden, die der Staat wahrzunehmen hat. In Betracht kommen zunächst grundrechtliche Schutzpflichten. Neben der Funktion als Abwehrrechte kommt den Grundrechten die Funktion der Schutzverpflichtung des Staates zu. Ihr objektiv-rechtlicher Gehalt bedingt, dass sie den Staat dazu ver­ pflichten, nicht nur den durch sie beschriebenen Freiheitsraum nicht zu beeinträchtigen, sondern auch andere Beeinträchtigungen, etwa vonseiten der Grundrechtsträger, zu unterbinden.110 Die sich daraus ergebende Schutz­ verpflichtung führt unstreitig dazu, dass der Staat nicht nur handeln kann, sondern muss. Sie beschreiben damit einen Teilbereich, in dem staatliches Handeln zulässig – weil geboten – ist. Entsprechendes lässt sich auch für die öffentliche Daseinsvorsorge fest­ stellen.111 Die Versorgung mit lebenswichtigen Gütern ist zweifellos eine öffentliche Aufgabe. Wasser, Energie und andere Güter können nicht von dem Einzelnen hergestellt werden, erst eine Solidargemeinschaft112 kann das leisten. Das bedeutet jedoch nicht zugleich, dass die konkrete Ausgestaltung Privaten nicht überlassen werden könnte.113 Vielmehr können diese konkre­ te Versorgungsaufträge übernehmen, wie es bei der Energieversorgung die Regel ist. Vonseiten des Staates aus genügt es, die Versorger durch recht­ 108  Gubelt, in: v.  Münch / Kunig (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 30, Rdnr.  6. 109  BVerfGE 22, 180 [216]. Gubelt, in: v.  Münch / Kunig (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 30, Rdnr.  7. 110  BVerfGE 39, 1 [41 ff.]; BVerfGE 46, 160 [164]; BVerfGE 49, 89 [142]; BVerfGE 53, 30 [57]; BVerfGE 56, 54 [73]. Canaris, AcP 184 (1984), 201 [225 ff.]. 111  Vgl. Pieroth / Hartmann, DVBl. 2002, 421 [428]. 112  Zu dieser Depenheuer, Solidarität im Verfassungsstaat, S. 241 ff. 113  Berg, GewArch 1990, 225 [230].



B. Erfordernis des öffentlichen Zwecks247

liche Vorgaben daran zu binden, ihrem Versorgungsauftrag nachzukommen. Praktisch wird das durch einen Kontrahierungszwang erreicht. Die gemein­ wohlorientierten Kontrahierungszwänge finden sich in der Regel in Spezialgesetzen:114 § 22 PBefG für die Personenbeförderung, § 36 EnWG für die Energieversorgung, um nur zwei zu nennen. Zuweilen kann auch über die allgemeinen Ansprüche des BGB – genannt sei etwa die culpa in contrahendo, §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB, oder die vorsätzliche sittenwidrige Schädigung, § 826 BGB, – ein solcher Abschluss­ zwang begründet werden. Dafür muss es zu einer Pflichtverletzung oder Schädigung im Einzelfall kommen.115 Auch über das Deliktsrecht können neben individuellen Interessen des Einzelnen auch gemeinwohlorientierte Wertungen zur Geltung gelangen. Es kann zuweilen einen Abschlusszwang begründen.116 Mit dem Mittel des Abschlusszwanges erscheint es jedoch bereits fraglich, ob die staatliche Ausführung dieser öffentlichen Aufgaben zulässig ist. Immerhin erscheint die bloße rechtliche Regelung als milderes Mittel und eröffnet den privaten Unternehmen einen entsprechenden Markt­ zugang. Noch schwieriger zu fassen sind die Handlungsbefugnisse, die sich aus den schon genannten Zielbestimmungen oder Grundentscheidungen des Grundgesetzes, wie dem Sozialstaat und dem gesamtwirtschaftlichen Gleich­ gewicht, ergeben. Beide unbestimmte Rechtsbegriffe bieten dem Gesetzge­ ber einen weiten Einschätzungsspielraum, den dieser mit eigenen Vorstel­ lungen ausfüllen kann.117 Wenn auch die beiden Ausschlusskriterien der alleinigen Gewinnerzielung und der unternehmerischen Auslastung hier gelten, so lässt sich dieser Bereich nun nicht mehr vorab bestimmen. Eine nähere Bestimmung von öffentlichen Aufgaben lässt sich möglicher­ weise erreichen, indem verschiedene Erfüllungsstufen unterschieden wer­ den.118 Aufgaben, die zwar im öffentlichen Interesse liegen, aber von Priva­ ten erfüllt werden, ohne dass der Staat verwaltend eingreift, lassen sich einer ersten Stufe zuordnen. Auf der zweiten Stufe folgen die Aufgaben, deren Erfüllung der Staat überwacht. Werden zusätzlich Regelungen hin­ sichtlich des Trägers und der Art und Weise der Aufgabenerfüllung getrof­ fen, so handelt es sich um Aufgaben der dritten Stufe. Werden die Aufgaben 114  Busche, Privatautonomie und Kontrahierungszwang, S. 299 ff., dort auch mit vielen Beispielen. 115  Vgl. Busche, Privatautonomie und Kontrahierungszwang, S. 142 ff. 116  Busche, Privatautonomie und Kontrahierungszwang, S. 297 f. 117  Vgl. Pieroth / Schlink / Kingreen / Poscher, Grundrechte, Rdnr.  290 ff. 118  Peters, Öffentliche und staatliche Aufgaben, in: Dietz / Hübner (Hrsg.), Fest­ schrift Nipperdey, Band II, S. 877 [878 f.]. Vgl. Gallwas, Faktische Beeinträchtigun­ gen im Bereich der Grundrechte, S. 107 ff.

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8. Kap.: Verfassungsrechtliche Grenzen des Güterichters

durch staatliche Behörden erfüllt, so sind sie auf der vierten Stufe angesie­ delt und zu Staatsaufgaben geworden.119 Entsprechendes gilt für die Aufga­ ben, die durch einen abhängigen Rechtsträger erledigt werden und damit zur fünften Stufe gehören. Mithilfe dieser Einteilung gelingt es jedoch nicht, die hier gestellte Frage nach den öffentlichen Aufgaben zu beantworten. Zum einen ist es nicht das Ziel dieser Unterscheidung, öffentliche Aufgaben zu beschreiben. Sie wer­ den vielmehr vorausgesetzt.120 Bezweckt wird vielmehr eine Unterscheidung innerhalb dieser bestehenden Staatsaufgaben. Dabei besteht jedoch die Schwierigkeit, dass die dargestellte Abstufung zunächst nur einen beschrei­ benden Mehrwert liefert. Folgerte man aus ihr auch einen Maßstab für die Zulässigkeit staatlichen Handelns, so würde etwa eine Beschränkung auf die jeweils niedrig möglichste Stufe einen Vorrang der Gesellschaft – und damit der Aufgabenerledigung durch Private – vor dem Staat voraussetzen121. Ein solcher Vorrang der Gesellschaft vor dem Staat lässt sich jedoch nicht all­ gemein begründen.122 Festzuhalten ist, dass sich auch der Begriff der öffentlichen Aufgabe nicht hinreichend deutlich fassen lässt. Bereits bei den Bereichen, die als ur­ sprüngliche Staatsaufgaben verstanden werden können, zeigen sich schnell Argumente für eine staatliche Aufgabenwahrnehmung wie auch dagegen. Abstrakte Aufgabenbeschreibungen scheinen somit unmöglich zu sein. Dem­ entsprechend verwundert es nicht, dass es keinen anerkannten, umfassenden Begriff der Staatsaufgaben gibt.123 Die Konsequenz dieses Ergebnisses ist, dass dem Gesetzgeber ein weitgehender Einschätzungsvorrang zusteht,124 119  Peters, Öffentliche und staatliche Aufgaben, in: Dietz / Hübner (Hrsg.), Fest­ schrift Nipperdey, Band II, S. 877 [879]. 120  Vgl. Peters, Öffentliche und staatliche Aufgaben, in: Dietz / Hübner (Hrsg.), Festschrift Nipperdey, Band II, S. 877 [879]. 121  Vgl. Peters, Öffentliche und staatliche Aufgaben, in: Dietz / Hübner (Hrsg.), Festschrift Nipperdey, Band II, S. 877 [878, 893]. 122  Siehe oben, 8. Kapitel, B. I. 123  Vgl. Isensee, Staatsaufgaben, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR  IV, § 73, Rdnr. 1; Löwer, Der Staat als Wirtschaftssubjekt und Auftraggeber, in: VVDStRL 60 (2000), S. 416 [427]; Brenner, Staatsaufgaben, in: Depenheuer / Grabenwarter (Hrsg.), Verfassungstheorie, § 12, Rdnr.  40; Gusy, JA 1995, 166 [168]. 124  BVerfGE 50, 290 [332 f.]. Ossenbühl, Bestand und Erweiterung des Wir­ kungskreises der Deutschen Bundespost, S. 109 f.; v.  Maydell / Scholz, Grenzen der Eigenwirtschaft gesetzlicher Krankenversicherungsträger, S. 105; Pieroth / Hartmann, DVBl. 2002, 421 [427]. Vgl. auch Pielow, Grundstrukturen öffentlicher Versorgung, S. 288 ff. Vgl. bezogen auf die gemeindliche Wirtschaftstätigkeit Selmer, Wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand und Unternehmergrundrechte, in: Stober / Vogel (Hrsg.), Wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand, S. 75 [86 f.]; Ehlers, JZ



B. Erfordernis des öffentlichen Zwecks249

mithin sich das Gemeinwohl erst im demokratischen Prozess verdichtet125. Für eine grundrechtliche Prüfung bedeutet das, dass eine Regelung nur dann als nicht mehr von einem öffentlichen Zweck eingeordnet werden kann, wenn die vereinzelten Grenzen desselben überschritten worden sind oder – wie bei einigen Grundrechten126 – ausdrückliche verfassungsrechtli­ che Verbote entgegenstehen.127 Im Übrigen sind Einschätzungen des Gesetz­ gebers anzuerkennen.

V.  Einvernehmliche Konfliktbeilegung als öffentliche Aufgabe Auf Basis des Vorstehenden ist somit zu prüfen, ob mit der Einführung des Güterichters ein aus verfassungsrechtlicher Sicht legitimes Ziel verfolgt worden ist. Bei der Güterichtertätigkeit handelt es sich nicht um eine wirt­ schaftliche Tätigkeit, sondern um das Bemühen um eine einvernehmliche Konfliktlösung. Insoweit lässt sich festhalten, dass die aufgezeigten Grenzen der ausschließlichen Gewinnerzielung oder der Auslastung öffentlicher Un­ ternehmen nicht berührt sind. Auch stehen diesem Vorhaben keine Grund­ rechte oder Staatsprinzipien entgegen. In diesem Zusammenhang ist besonders auf einen Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts128 einzugehen, der im Schrifttum einige Beach­ tung gefunden hat129. Der Ausgangspunkt war eine Zivilrechtsklage des 1990, 1089 [1091]; Henneke, NdsVBl. 1999, 1 [3]; Ehlers, DVBl. 1998, 497 [498]; Scharpf, GewArch 2005, 1 [2]; Moraing, NWVBl. 1997, 355 [357]; Hill, BB 1997, 425 [429]; Otting, SächsVbl. 1998, 93 [95]; Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 118. 125  Löwer, Der Staat als Wirtschaftssubjekt und Auftraggeber, in: VVDStRL 60 (2000), S. 416 [427]; Jarass, DÖV 2002, 489 [490]; Martens, Grundrechte im Leis­ tungsstaat, in: VVDStRL 30 (1971), S. 7 [17]. Ergänzend kann hinzugefügt werden, dass auch der Souveränitätsanspruch des Staates einer Staatsaufgabenbestimmung entgegensteht, so Kelsen, Das Problem der Souveränität und die Theorie des Völkerrechts, in: Jestaedt, (Hrsg.), Hans Kelsen Werke. 4. Band, S. 235 [350]. 126  Verbot der Zensur, Art. 5 Abs. 1 S. 3 GG, Verbot der Todesstrafe, Art. 102 GG, vgl. Pieroth / Schlink / Kingreen / Poscher, Grundrechte, Rdnr.  291. 127  Vgl. Pieroth / Hartmann, DVBl. 2002, 421 [428]; Löwer, Der Staat als Wirt­ schaftssubjekt und Auftraggeber, in: VVDStRL 60 (2000), S. 416 [427]. 128  BVerfGK 10, 275. 129  Bei beispielsweise Carl, ZKM 2012, 16 [16]; Greger, NJW 2007, 3258 [3261 f.]; Greger, NJW 2011, 1478 [1481]; Hess, ZZP 124 (2011), 137 [149]; Hess, Gutachten F zum 67. Deutschen Juristentag, S. 22; Trenczek, SchiedsVZ 2008, 135 [141]; Battis, DÖV 2011, 340 [342]; Bloch, BayVBl. 2010, 136 [137]; Graf-Schlicker,

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8. Kap.: Verfassungsrechtliche Grenzen des Güterichters

Beschwerdeführers der Verfassungsbeschwerde. Mit der Klage verlangte er Schadensersatz wegen einer Körperverletzung. Das zuständige Amtsgericht wies die Klage als unzulässig ab, denn es wurde versäumt, den nach § 10 GüSchlG NRW130 zwingenden Versuch der außergerichtlichen Streitschlich­ tung zu unternehmen.131 Die dagegen gerichtete Berufung wurde wegen Nichterreichen der Berufungssumme als ebenfalls unzulässig verworfen. Der Beschwerdeführer rügte mit seiner Verfassungsbeschwerde eine Verlet­ zung des Rechts auf effektiven Rechtsschutz. Durch die Ausgestaltung der außergerichtlichen Streitschlichtung als Zulässigkeitserfordernis werde der Zugang zu den Zivilgerichten wesentlich und unzumutbar erschwert. § 10 GüSchlG NRW war eine Ausgestaltung der den Landesgesetzgebern nach § 15a EGZPO zustehenden Möglichkeit, die Zulässigkeit von Klagen in den dort genannten Fällen von dem Versuch einer außergerichtlichen Streitschlichtung abhängig zu machen. Damit wurde maßgeblich bezweckt, die Justiz durch die außergerichtliche Erledigung von Streitigkeiten zu ent­ lasten.132 Mit dem Kammerbeschluss wurde festgestellt, dass der zwingende Ver­ such der außergerichtlichen Streitschlichtung als Zulässigkeitsvoraussetzung einer Zivilrechtsklage eine verfassungsgemäße Ausgestaltung des allgemei­ nen Justizgewährleistungsanspruchs133 darstelle.134 Der allgemeine Justizge­ währleistungsanspruch garantiere grundsätzlich einen Rechtsweg, wie auch die Effektivität des Rechtsschutzes. Es sei allerdings unbedenklich, mit dem zwingenden Streitschlichtungsversuch Anreize für eine einverständliche Konfliktlösung zu schaffen, wenn der Weg zu einer Streitentscheidung durch die staatlichen Gerichte eröffnet bliebe.135 ZKM 2009, 83 [84]; v. Bargen, Jan Malte, Gesetzliche Grundlagen gerichtsinterner Mediation, in: Gläßer / Schroeter (Hrsg.), Gerichtliche Mediation, S. 29 [39, Fn. 37]; Prütting, JZ 2008, 847 [847]; Spindler, DVBl. 2008, 1016 [1022]; Guckelberger, NVwZ 2011, 390 [390]; Dürschke, NZS 2013, 41 [45]. Anmerkungen zu dem Be­ schluss von Greger, ZKM 2007, 130; Väth, SchAZtg 2007, 121. 130  Das Gütestellen- und Schlichtungsgesetz ist zum 1.  Januar 2011 aufgehoben worden. Die derzeitige, zum Kammerbeschluss nicht inhaltsgleiche Norm ist § 53 JustG NRW. 131  Vgl. hierzu den ähnlichen Fall BGHZ 161, 145 [147 ff.]. 132  BT-Drs. 14 / 980, S. 5. Vgl. Becker / Nicht, ZZP 120 (2007), 159 [165]; Gruber, in: Rauscher / Wax / Wenzel (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung, § 15a EGZPO, Rdnr.  1. Zu § 15a EGZPO auch Zietsch / Roschmann, NJW-Beilage 51 / 2001. 133  Siehe oben, 4. Kapitel, B. II. 134  BVerfGK 10, 275 [278]. Vgl. hierzu und zum Folgenden die nahezu bedeu­ tungsgleiche Entscheidung des EuGH, Urteil vom 18.03.2010 – C-317 / 08 bis C-320 / 08 – Slg. 2010, I-2231 [2253 ff., Rdnr.  50 ff.; 2255 f., Rdnr.  64 f.]. 135  BVerfGK 10, 275 [278 f.].



B. Erfordernis des öffentlichen Zwecks

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Der mit diesem Erfordernis verfolgte Zweck, die Entlastung der Ziviljus­ tiz, sei verfassungsrechtliche unbedenklich. Ebenso könne das Ziel, durch eine einvernehmliche Konfliktbeilegung zu schnelleren und kostengünstige­ ren Lösungen zu gelangen, wie auch einen dauerhaften Rechtsfrieden zu erreichen, nicht beanstandet werden.136 Mehr noch, die einverständliche Lösung sei auch in einem Rechtsstaat gegenüber einer richterlichen Streit­ entscheidung vorzugswürdig137 – gerade dieser Punkt wurde und wird im Schrifttum besonders hervorgehoben138. Schließlich sei es nicht erforderlich, dass die Tätigkeit einer solchen Gütestelle nur von Angehörigen der rechts­ beratenden Berufe ausgeübt werde. Denn bei einer solchen Streitschlichtung stünden häufig nicht rechtliche Aspekte im Vordergrund, sondern sozialpsy­ chologische.139 Die mit der Einführung des Güterichters verfolgten Ziele entsprechen in weiten Teilen denen der Öffnungsklausel § 15a EGZPO. Zum einen wird der Zweck verfolgt, die durch Gerichtsverfahren entstehenden Kosten zu senken. Das zeigt sich darin, dass das Güterichterverfahren das Ziel einer einvernehmlichen Lösung verfolgt. Denn durch eine einvernehmliche Lö­ sung entfällt die Befassung des Prozessgerichts mit dem anhängigen Fall, auch sich anschließende Gerichtsverfahren werden damit unwahrscheinlich. Anders als bei den Verfahren, die auf der Öffnungsklausel des § 15a EGZPO beruhten und vor einem Gerichtsprozess durchzuführen waren, ist das Güterichterverfahren freiwillig. Damit liegt auch größeres Gewicht auf dem Ziel, den Konflikt zu befrieden. Hätte man das Güterichterverfahren einem Gerichtsprozess zwingend vorgeschaltet, würden damit auch die Par­ teien zur Teilnahme gezwungen, die kein Interesse an einer einvernehmli­ chen Konfliktlösung haben. In diesem Fall stünde nicht die Befriedung, sondern der Versuch der Kosteneinsparung im Vordergrund.140 Neben der Entlastung der Gerichte ist damit die Befriedung des Konflikts durch eine schnelle und kostengünstige Lösung ein Ziel dieser Regelung.141 Die Einordnungen des dargestellten Kammerbeschlusses können auf das Güterichterverfahren übertragen werden. Das Anliegen der Konfliktbefrie­ 136  BVerfGK

10, 275 [279]. 10, 275 [280]. 138  Väth, SchAZtg 2007, 121 [127]; Greger, ZKM 2007, 130 [130]; Battis, DÖV 2011, 340 [342]; Bloch, BayVBl. 2010, 136 [137]; Graf-Schlicker, ZKM 2009, 83 [84]; Carl, ZKM 2012, 16 [16]; Greger, NJW 2007, 3258 [3261 f.]; Greger, NJW 2011, 1478 [1481]; Hess, ZZP 124 (2011), 137 [149]; Trenczek, SchiedsVZ 2008, 135 [141]. 139  BVerfGK 10, 275 [281]. 140  Vgl. Becker / Nicht, ZZP 120 (2007), 159 [165 f.]. 141  Vgl. BT-Drs. 17 / 8058, S. 17 und später BT-Drs. 17 / 8680, S. 1 f. 137  BVerfGK

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8. Kap.: Verfassungsrechtliche Grenzen des Güterichters

dung steht keinen verfassungsrechtlichen Zweifeln gegenüber, wenn es sich auch am allgemeinen Justizgewährleistungsanspruch und dem damit verbun­ denen Anspruch auf Zugang zu Gerichten messen lassen muss. Doch anders als die Streitschlichtung nach § 15a EGZPO, die – durch Landesrecht aus­ gestaltet – eine Zulässigkeitsvoraussetzung für Zivilrechtsklagen ist, handelt es sich bei dem Güterichterverfahren um ein freiwilliges Verfahren. Aus diesem Grund kann es nicht zu einer Beschränkung des Rechtswegs oder der Effektivität des Rechtsschutzes kommen. Für die Konfliktparteien be­ deutet die Einführung des Güterichterverfahrens die Schaffung einer weite­ ren Wahlmöglichkeit im Bereich der Justiz.142 Der Aspekt der Kosteneinsparung könnte allerdings vor dem Hintergrund der Grenze der ausschließlichen Gewinnerzielung143 kritisch beurteilt wer­ den. Wenn man die ausschließliche Gewinnerzielung als legitimen Zweck ablehnt, dann muss das spiegelbildlich auch für Kosteneinsparung gelten. Das genau ist jedoch ein Zweck des Güterichterverfahrens: Durch die Ein­ führung soll es zu einer Entlastung der Justiz und damit verbunden zu einer Kosteneinsparung kommen. Das jedoch ist nur eines der verfolgten Ziele. Es ist nicht das ausschließliche Ziel, sondern die einvernehmliche Konflikt­ beilegung steht daneben. Insoweit handelt es sich nicht nur um das Ziel der Kosteneinsparung – als Spiegelbild zur Gewinnerzielung. Im Ergebnis sind die mit dem Güterichterverfahren verfolgten Ziele verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

C.  Übermaßverbot I.  Anwendbarkeit des Übermaßverbots Eine Grenze des staatlichen Handelns ist das Übermaßverbot. Dabei han­ delt es sich um einen allgemein anerkannten Rechtssatz, der auf dem Ge­ danken des Vorrangs der Gesellschaft vor dem Staat beruht144. Denn über­ mäßig belastend können die Maßnahmen sein, die Private ohne entsprechen­ de Rechtfertigung von einer Aufgabenerledigung verdrängen. 142  Vgl. zum Gedanken des justiziellen Wettbewerbs Hoffmann-Riem, Moderni­ sierung von Recht und Justiz, S. 58 f.; Ritter, NJW 2001, 3440 [3446 f.]. 143  Siehe oben, 8. Kapitel, B. II. 144  Schmidt, WM 1992, 1 [2]. Vgl. Hoffmann-Becking, Die Begrenzung der wirt­ schaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand durch Subsidiaritätsprinzip und Über­ maßverbot, in: Menger (Hrsg.), Festschrift Wolff, S. 445 [449]; v. Arnim, Rechts­ fragen der Privatisierung, S. 66 f. Nach Scholz, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz Kommentar, Band 2, Art. 12, Rdnr.  223 lässt sie die Unterscheidung von Subsidia­ ritätsprinzip und Übermaßverbot folgendermaßen leisten: Erstes beziehe sich auf das Verhältnis Staat und Gesellschaft generell, letztes auf den Einzelfall.



C. Übermaßverbot

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Wegen dieser Konsequenz wird die Anwendbarkeit des Übermaßverbotes auf die öffentliche Konkurrenz bestritten. Das Übermaßverbot sei dem staat­ lichen Handeln gegenüber zu streng. Es schränke den Handlungsspielraum des Staates zu sehr ein.145 Entsprechend wird die Anwendung dieses Verfas­ sungsgrundsatzes teilweise abgelehnt.146 Eine wenig andere Ansicht geht davon aus, dass insbesondere das Erforderlichkeitsprinzip zu streng sei. Entsprechend soll das Übermaßverbot im Grundsatz angewandt werden können. Es müsse jedoch auf ein Verbot des Unangemessenen verkürzt werden.147 Entsprechend ergibt sich eine schwächere Verhältnismäßigkeits­ prüfung.148 Die Argumentation, das Übermaßverbot sei im Ganzen oder in Teilberei­ chen dem staatlichen Handeln gegenüber zu streng, geht fehl. Als Verfas­ sungsgrundsatz erfasst es jedes staatliche Handeln dem Bürger gegenüber ohne Anschauung des konkreten Bereiches. Besonders deutlich wird das, wenn man als Ausgangspunkt die festgestellte Grundrechtsbetroffenheit der Konkurrenten nimmt. Ein Grundrechtseingriff, der sich nicht am Übermaß­ verbot messen lassen muss, ist undenkbar. Dabei ist es unerheblich, ob man diese Erkenntnis dem Rechtsstaat oder den Grundrechten zuordnet. Ginge man davon aus, das Übermaßverbot sei überhaupt nicht oder bloß einge­ schränkt anzuwenden, entstünden Räume mit einem nur eingeschränkt wirksamen grundrechtlichen Schutz. Entsprechend unterliegt auch die Ein­ führung des Güterrichters dem uneingeschränkten Übermaßverbot. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wird das Übermaß­ verbot vereinzelt als allgemeiner Verfassungsgrundsatz ohne genaue Herlei­ tung angewendet.149 Weitaus häufiger wird es aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitet.150 Es sei insoweit zwingender Teil eines Rechtsstaats.151 Ergän­ 145  Stober, BB 1989, 716 [718]; Lerche / v.  Pestalozza, Die Deutsche Bundespost als Wettbewerber, S. 109. In eine ähnliche Richtung auch Zeidler, Schranken nicht­ hoheitlicher Verwaltung, in: VVDStRL 19 (1960), S. 208 [214]. Eine ähnliche Argumentation, die zu große Strenge gegenüber dem Staat, richtete sich bereits gegen die hier gewählte Beurteilung der Grundrechtsverletzung auf Rechtfertigungsebene, vgl. oben, 8. Kapitel, Einleitung vor A. 146  Stober, BB 1989, 716 [718]. 147  Lerche / v.  Pestalozza, Die Deutsche Bundespost als Wettbewerber, S. 109. Vgl. ähnlich Scholz, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz Kommentar, Band 2, Art. 12, Rdnr.  416. 148  Vgl. Krölls, GewArch 1992, 281 [288 f.]. 149  BVerfGE 6, 389 [439]. Zu weiteren, ganz ähnlichen Einordnungen vgl. Merten, Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, in: Merten / Papier (Hrsg.), HdGR  III, § 68, Rdnr.  25. 150  BVerfGE 6, 389 [439]; 17, 306 [313 f.]; 19, 342 [348 f.]; BVerfGE 22, 180 [220]; BVerfGE 23, 127 [133]; BVerfGE 25, 69 [78]; BVerfGE 27, 1 [8]; 28, 264 [280]; 29, 312 [316]; BVerfGE 30, 1 [20]; BVerfGE 34, 261 [267]; BVerfGE 35,

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8. Kap.: Verfassungsrechtliche Grenzen des Güterichters

zend, zum Teil auch ersetzend, wird auf die freiheitssichernde Funktion der Grundrechte an sich abgestellt:152 Aus dem allgemeinen Freiheitsanspruch des Bürgers gegen den Staat ergebe sich, dass derselbe nur so weit beschränkt werden dürfe, wie es zum Schutz öffentlicher Interessen unerlässlich sei.153 Daraus ergebe sich das Übermaßverbot. Wenn auch das Übermaßverbot in verschiedener Art und Weise hergeleitet wird, so ist es in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts als Verfassungsgrundsatz anerkannt. Entspre­ chend verhält es sich mit seiner Reichweite: Es erfasse alles staatliche Han­ deln.154 Und so messen auch die weit überwiegenden Ansichten der Rechts­ lehre die öffentliche Konkurrenz am Übermaßverbot.155 151

Das Übermaßverbot wird durch die Anforderungen der Geeignetheit, der Erforderlichkeit und der Angemessenheit der Maßnahme strukturiert.156 Der 382 [400]; BVerfGE 37, 167 [185]; BVerfGE 39, 1 [47]; 45, 187 [259 f.]; BVerfGE 45, 272 [289]; BVerfGE 46, 17 [29]; BVerfGE 52, 214 [221]; BVerfGE 57, 250 [270]; BVerfGE 61, 126 [134]; BVerfGE 69, 1 [35]; BVerfGE 75, 1 [16]; BVerfGE 76, 1 [50 f.]; BVerfGE 76, 256 [347, 359]; BVerfGE 108, 129 [136]; BVerfGE 113, 154 [162]. Ähnlich auch 16, 194 [201 f.]; 17, 108 [117 f.]; 20, 45 [49 f.]. Vgl. Merten, Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, in: Merten / Papier (Hrsg.), HdGR  III, § 68, Rdnr.  30, dort auch Kritik zu dieser Herleitung. 151  BVerfGE 76, 1 [50 f.]. 152  BVerfGE 61, 126 [134]; BVerfGE 65, 1 [44]; BVerfGE 76, 1 [50 f.]. Ähnlich auch BVerfGE 81, 310 [338]; BVerfGE 105, 17 [32]. Vgl. Merten, Verhältnismäßig­ keitsgrundsatz, in: Merten / Papier (Hrsg.), HdGR III, § 68, Rdnr. 35 ff.; Schnapp, in: v.  Münch / Kunig (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 20, Rdnr.  44. 153  BVerfGE 19, 342 [348 f.]; BVerfGE 65, 1 [44]. Vgl. Schlink, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, in: Badura / Dreier (Hrsg.), Festschrift 50 Jahre Bundesver­ fassungsgericht, S. 445 [447 ff.]. 154  BVerfGE 23, 127 [133]; BVerfGE 76, 1 [50 f.]. 155  Kluth, Grenzen kommunaler Wettbewerbsteilnahme, S. 73 ff.; Grupp, Klaus, ZHR 140 (1976), 367 [388]; Gleske, Wettbewerb öffentlicher und privater Kredit­ institute in Deutschland, S. 193 ff.; Selmer, Wirtschaftliche Betätigung der öffentli­ chen Hand und Unternehmergrundrechte, in: Stober / Vogel (Hrsg.), Wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand, S. 75 [92 f.]; Kannengießer, WiVerw 1998, 182 [193]; Cremer, DÖV 2003, 921 [930 f.]; Emmerich, AG 1985, 293 [295]; Löwer, Der Staat als Wirtschaftssubjekt und Auftraggeber, in: VVDStRL 60 (2000), S. 416 [439 f.]; Ossenbühl, Bestand und Erweiterung des Wirkungskreises der Deutschen Bundespost, S. 110 f., 121 f.; Scholz, Öffentliche und Privatversicherung unter der grundgesetzlichen Wirtschafts- und Solidarverfassung, in: Baumann / Schirmer /  Schmidt (Hrsg.), Festschrift Sieg, S. 507 [524]; Scholz, Gemeindliche Gebietsreform und regionale Energieversorgung, S. 78 ff. Vgl. auch Brenner, Staatsaufgaben, in: Depenheuer / Grabenwarter (Hrsg.), Verfassungstheorie, § 12, Rdnr.  71. 156  BVerfGE 30, 292 [316 f., 326 f.]; BVerfGE 36, 47 [59]; BVerfGE 59, 336 [355 f.]; BVerfGE 65, 1 [54]; BVerfGE 65, 116 [125 f.]; BVerfGE 70, 278 [286]; BVerfGE 72, 26 [31]; BVerfGE 92, 262 [273]; BVerfGE 109, 279 [335]; BVerfGE 110, 141 [157]; BVerfGE 115, 320 [345]; BVerfGE 118, 168 [193]; BVerfGE 120, 274 [318 f.]. Vgl. BVerfGE 19, 330 [337].



C. Übermaßverbot

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Grundrechtseingriff muss zunächst geeignet sein, das mit ihm verfolgte Ziel zumindest zu fördern.157 Die Erforderlichkeit setzt voraus, dass es kein anderes Mittel gibt, das zumindest gleich wirksam, aber weniger belastend ist.158 Schließlich müssen die durch die Maßnahme beabsichtigten Wirkun­ gen in einem angemessenen Verhältnis zum erfolgten Grundrechtseingriff stehen.159 Darüber hinaus wird teilweise das Merkmal der Zumutbarkeit als weiteres Element des Übermaßverbots genannt.160 Welche Anforderungen mit diesem Begriff an die Rechtmäßigkeit des Grundrechtseingriffs gestellt werden und ob ihm überhaupt eigenständige Bedeutung zukommt, lässt sich der bundes­ verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung nicht entnehmen.161 Eine Abgrenzung zur angesprochenen Angemessenheit der Maßnahme könnte dahin gehend getroffen werden, dass sich diese nur auf das ZweckMittel-Verhältnis bezieht, die Zumutbarkeit aber die Bedeutung des Grund­ 157  BVerfGE 30, 292 [316]; BVerfGE 39, 210 [230]; BVerfGE 40, 196 [222]; BVerfGE 63, 88 [115]; BVerfGE 67, 157 [173, 175]; BVerfGE 70, 278 [286]; BVerfGE 77, 84 [108]; BVerfGE 90, 145 [172]; BVerfGE 92, 262 [273]; BVerfGE 96, 10 [23]; BVerfGE 100, 313 [373]; BVerfGE 103, 293 [307]; BVerfGE 109, 279 [336]; BVerfGE 115, 320 [345]; BVerfGE 116, 202 [224]; BVerfGE 117, 163 [188 f.]. Vgl. BVerfGE 25, 1 [17 f.]. Vgl. Hillgruber, Grundrechtsschranken, in: Isen­ see / Kirchhof (Hrsg.), HdStR  IX, § 201, Rdnr.  61 f.; Merten, Verhältnismäßigkeits­ grundsatz, in: Merten / Papier (Hrsg.), HdGR  III, § 68, Rdnr.  65. 158  BVerfGE 25, 1 [18]; BVerfGE 30, 292 [316]; BVerfGE 39, 210 [230]; BVerfGE 40, 196 [223]; BVerfGE 63, 88 [115]; BVerfGE 67, 157 [173, 176]; BVerfGE 68, 193 [218 f.]; BVerfGE 70, 278 [286]; BVerfGE 77, 84 [109]; BVerfGE 81, 70 [90]; BVerfGE 83, 1 [18]; BVerfGE 90, 145 [172]; BVerfGE 92, 262 [273]; BVerfGE 100, 313 [375]; BVerfGE 109, 279 [340]; BVerfGE 115, 320 [345]; BVerfGE 117, 163 [189]; BVerfGE 125, 260 [317 f.]. Vgl. BVerfGE 96, 10 [23 f.]; BVerfGE 103, 293 [308]; BVerfGE 116, 202 [225]. Vgl. Hillgruber, Grund­ rechtsschranken, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR  IX, § 201, Rdnr.  61, 63; Merten, Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, in: Merten / Papier (Hrsg.), HdGR  III, § 68, Rdnr.  66 f. 159  BVerfGE 11, 30 [42 f.]; BVerfGE 13, 97 [104 f.]; BVerfGE 17, 232 [242]; BVerfGE 23, 50 [56]; BVerfGE 25, 1 [22]; BVerfGE 30, 292 [316]; BVerfGE 67, 157 [173, 178]; BVerfGE 68, 193 [219]; BVerfGE 70, 278 [286]; BVerfGE 77, 84 [111]; BVerfGE 81, 70 [92]; BVerfGE 83, 1 [19]; BVerfGE 90, 145 [173]; BVerfGE 92, 277 [327]; BVerfGE 100, 313 [375 f.]; BVerfGE 115, 320 [345 f.]; BVerfGE 117, 163 [192 f.]. Vgl. BVerfGE 76, 1 [51]; BVerfGE 109, 279 [349 f.]. Vgl. Hillgruber, Grundrechtsschranken, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR  IX, § 201, Rdnr.  72 ff.; Merten, Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, in: Merten / Papier (Hrsg.), HdGR  III, § 68, Rdnr.  71 ff. 160  BVerfGE 32, 54 [72]; BVerfGE 64, 72 [82]; BVerfGE 69, 209 [218]; BVerfGE 77, 1 [44]; BVerfGE 119, 394 [417]. 161  Merten, Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, in: Merten / Papier (Hrsg.), HdGR  III, § 68, Rdnr.  75.

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8. Kap.: Verfassungsrechtliche Grenzen des Güterichters

rechtseingriffs auf individueller Ebene erfasst.162 Im Ergebnis lässt sich je­ doch festhalten, dass im Übermaßverbot beide Elemente, das Verhältnis von Mittel zu Zweck wie auch die Auswirkungen im Einzelfall, Beachtung finden.163 1.  Übermaßverbot oder Dreistufentheorie a)  Dreistufentheorie des Bundesverfassungsgerichts Ist die Berufsfreiheit betroffen, so stellt sich die Frage, ob das Übermaß­ verbot durch eine besondere Form desselben, nämlich die Dreistufentheorie, verdrängt wird. Die Dreistufentheorie wurde durch das Bundesverfassungs­ gericht in einer Leitentscheidung zur Berufsfreiheit164 entwickelt. Sie dient der abgestuften Beurteilung, ob eine staatliche Maßnahme, die in die Be­ rufsfreiheit eingreift, verhältnismäßig ist. Nach der Dreistufentheorie sind drei Eingriffsstufen zu unterscheiden, die jeweils ansteigenden Rechtferti­ gungsanforderungen gerecht werden müssen.165 Die niedrigste Stufe erfasse solche Eingriffe, die alleine die Berufsaus­ übung beträfen. Diese zeichneten sich dadurch aus, dass sie nur die Art und Weise der Berufsausübung regelten. Ist dementsprechend die Berufswahl nicht betroffen, so sei der Gesetzgeber in seiner Gestaltungsfreiheit am freiesten. Entsprechend beschränke sich der Grundrechtsschutz auf die Ab­ wehr übermäßig belastender und unzumutbarer gesetzlicher Auflagen.166 Zusammengefasst müssten Berufsausübungsregelungen nur vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls genügen.167 Von der darauf folgenden zweiten und dritten Stufe seien gleichermaßen Regelungen erfasst, die die Berufswahl beträfen. Solche Regelungen mach­ ten bereits die Aufnahme einer Berufstätigkeit von bestimmten Vorausset­ zungen abhängig.168 Für die Stufenzuordnung ist es nun bedeutsam zu un­ 162  Merten, Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, in: Merten / Papier (Hrsg.), HdGR  III, § 68, Rdnr.  76; Ossenbühl, Zumutbarkeit als Verfassungsmaßstab, in: Rüthers / Stern (Hrsg.), Festgabe Gesellschaft für Rechtspolitik, S. 315 [318 ff.]; Lücke, DÖV 1974, 769 [770 f.]. 163  Schlink, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, in: Badura / Dreier (Hrsg.), Festschrift 50 Jahre Bundesverfassungsgericht, S. 445 [451 ff.]. Vgl. Hillgruber, Grundrechtsschranken, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR  IX, § 201, Rdnr.  72 ff. 164  BVerfGE 7, 377. 165  BVerfGE 7, 377 [405 ff.]. Zur Dreistufentheorie auch Schlink, Abwägung im Verfassungsrecht, S. 49 ff. 166  BVerfGE 7, 377 [405 f.]. 167  BVerfGE 7, 377 [405; 378, Ls. 6a]. 168  BVerfGE 7, 377 [406].



C. Übermaßverbot

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terscheiden, wie die Zulassungsvoraussetzungen ausgestaltet sind. Ist die Aufnahme eines Berufs von subjektiven Voraussetzungen des Bewerbers abhängig, so handle es sich um Berufseingriffe der zweiten Stufe. Dazu gehörten etwa Anforderungen an eine Vor- oder Ausbildung. Werde die Berufswahl von der Erfüllung subjektiver Voraussetzungen abhängig ge­ macht, so diene das in der Regel der Abwehr von Gefahren für die Allge­ meinheit. Viele Berufe könnten nur nach dem Erwerb von Kenntnissen und Fähigkeiten ausgeübt werden. Entsprechend sei die rechtliche Fassung der subjektiven Voraussetzungen nur eine Konkretisierung der sich aus der Na­ tur der Sache ergebenden Anforderungen.169 Solche subjektiven Vorausset­ zungen seien dann zulässig, wenn sie dem Schutz eines überragenden Ge­ meinschaftsgutes dienten und zum angestrebten Zweck der ordnungsgemä­ ßen Erfüllung der Berufstätigkeit nicht außer Verhältnis stünden.170 Stehe die Erfüllung der aufgestellten Voraussetzungen nicht im Einfluss des Bewerbers, so handle es sich um Berufseingriffe der dritten Stufe.171 Beispielhaft für solche objektiven Zulassungsvoraussetzungen können Zu­ lassungskontingente genannt werden, die auch fachkundige Bewerber von der Berufsaufnahme abhalten. Sie wirkten einerseits dem Sinn der Berufs­ freiheit entgegen, andererseits dem Prinzip der Gleichheit von zugelassenen und abgewiesenen Bewerbern. Dementsprechend müsse in einem solchen Fall deutlich gemacht werden, welche Nachteile der Allgemeinheit entstün­ den, ließe man diese fachlich qualifizierten Bewerber zu.172 Eingriffe der dritten Stufe müssten – zusammenfassend – der Abwehr nachweisbarer oder höchstwahrscheinlicher schwerer Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut dienen.173 Weil mit jeder höheren Stufe eine größere Eingriffsintensität verbunden sei, sei der Gesetzgeber schließlich daran gebunden, eine Maßnahme auf der jeweils niedrigsten Stufe vorzunehmen. Erst wenn die befürchteten Gefah­ ren mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht durch Maßnahmen einer niedrigeren Stufe zu bekämpfen zu seien, könne eine höhere Stufe betreten werden.174 In der weiteren Rechtsprechung wurde die erste Stufe der Berufsausübung weiter unterteilt.175 Denn es zeigte sich, dass einige Fallgestaltungen nicht angemessen erfasst werden konnten. So unterlägen Berufsausübungsrege­ 169  BVerfGE

7, 377 [406 f.]. 7, 377 [406 f.; 378, Ls. 6b, 6c]. 171  BVerfGE 7, 377 [406 f.]. 172  BVerfGE 7, 377 [407 f.]. 173  BVerfGE 7, 377 [408; 378, Ls. 6b, 6c]. 174  BVerfGE 7, 377 [408; 378 f., Ls. 6d]. 175  Dazu und zum Folgenden ausführlich Schlink, Abwägung im Verfassungs­ recht, S. 57 ff. 170  BVerfGE

258

8. Kap.: Verfassungsrechtliche Grenzen des Güterichters

lungen, die die rechtliche Möglichkeit der Berufswahl nicht einschränkten,176 wirtschaftlich gesehen jedoch wie objektive Zulassungsvoraussetzungen wirkten, höheren Rechtfertigungsanforderungen. Es bedürfe zur Rechtferti­ gung besonders wichtige Interessen der Allgemeinheit, die nicht anders geschützt werden könnten. Zudem dürfe die Beschränkung nicht übermäßig – weil nicht notwendig – belastend sein.177 Nach dieser Unterscheidung verbleiben neben den Berufsausübungsrege­ lungen, die wie objektive Zulassungsvoraussetzungen wirken, die einfachen Berufsausübungsregelungen. Nach der Dreistufentheorie könnten diese durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt werden.178 Doch das Bundesverfassungsgericht stellte fest, dass es auch in diesem Bereich Berufsausübungsregelungen geben könne,179 die in die Freiheit der Berufsausübung generell und empfindlich eingriffen. Solche Eingriffe könn­ ten gerade nicht mit jeder vernünftigen Erwägung des Gemeinwohls ge­ rechtfertigt werden. Es bedürfe zur Rechtfertigung vielmehr solche Interes­ sen des Gemeinwohls, die so schwer wiegten, dass sie den Vorrang vor der Berufsbehinderung verdienten.180 Nach der zweiten Unterscheidung der Berufsausübungsregelungen enthält die Dreistufentheorie insgesamt fünf Stufen. Geschuldet ist diese weitere Unterteilung dem Umstand, dass die ursprünglichen drei Stufen nicht alle Fälle angemessen erfassen können.181 Mit der weiteren Unterteilung auf der Seite der Eingriffe sind weitere Unterscheidungen auf der Seite der Recht­ fertigung verbunden. Denn jede beschriebene Stufe stellt unterschiedliche Rechtfertigungsanforderungen auf. Damit tritt die Schwierigkeit auf, die vom Gesetzgeber für eine Regelung angeführten Gemeinschaftsgüter in diese Kategorien einzuordnen: Die Abgrenzung überragend wichtiger Ge­ meinschaftsgüter182 von besonders wichtigen Interessen der Allgemeinheit183 ist verfassungsrechtlich kaum zu leisten.184 Die verfassungsgerichtliche Reaktion auf die Schwierigkeit der Interes­ senabstufung war es, dem Gesetzgeber die Einschätzung zu überlassen, ob 176  BVerfGE

11, 30 [42]. 11, 30 [45]. 178  BVerfGE 7, 377 [405; 378, Ls. 6a]. 179  BVerfGE 16, 147 [165]. 180  BVerfGE 16, 147 [167]. 181  Schlink, Abwägung im Verfassungsrecht, S. 59. 182  Objektive Zulassungsvoraussetzungen – BVerfGE 7, 377 [408; 378, Ls. 6b, 6c]. 183  Berufsausübungsregelungen, die wie objektive Zulassungsvoraussetzungen wirken – BVerfGE 11, 30 [45]. 184  Schlink, Abwägung im Verfassungsrecht, S. 59 ff. 177  BVerfGE



C. Übermaßverbot

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es sich um ein wichtiges Gemeinschaftsinteresse handelt.185 Das geschah allerdings um den Preis, die Einordnung des Gesetzgebers nur noch auf offensichtliche Fehlerhaftigkeit oder Unvereinbarkeit mit der Wertordnung des Grundgesetzes prüfen zu können.186 Entsprechend dieses Befundes wird ein Teil der darauf folgenden Rechtsprechung des Bundesverfassungs­ gerichts dahin gehend eingeordnet, sie beschränke sich auf eine Geeignet­ heits- und Notwendigkeitsprüfung, orientiert an der gesetzgeberischen Wer­ tung.187 Auch weil zum Zeitpunkt der Begründung der Dreistufentheorie das Übermaßverbot in seiner Tragweite nicht bekannt war,188 wurde dieser ein­ geschränkte Prüfungsmaßstab in der Folge erweitert.189 Nach und nach wurden einzelne Teilbereiche des Übermaßverbots mit der Dreistufentheorie verbunden:190 Eine Beschränkung der Berufswahl müsse nicht nur der Ab­ wehr einer durch den Gesetzgeber befürchteten Gefahr für ein besonders wichtiges Gemeinschaftsgut dienen. Sie müsse auch geeignet und erforder­ lich sein.191 Ebenso müssten objektive Berufszulassungsvoraussetzungen nicht nur der Abwehr nachweisbarer oder höchstwahrscheinlicher schwerer Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut dienen, sondern auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen. Zudem dürften be­ denkliche Nebenfolgen nicht außer Acht gelassen werden.192 Die Bindung an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und an das Übermaßverbot gelte auch für Berufsausübungsregelungen.193 In der jüngeren Rechtsprechung finden sich Entscheidungen, die im Gan­ zen auf eine ausdrückliche Bezugnahme zur Dreistufentheorie oder ihren 185  Vgl. Schneider, Hans-Peter, Artikel 12 GG – Freiheit des Berufs und Grund­ recht der Arbeit, in: VVDStRL 43 (1984), S. 7 [37]. 186  BVerfGE 13, 97 [107]. Vgl. Schlink, Abwägung im Verfassungsrecht, S. 59 f.; Ossenbühl, AöR 115 (1990), 1 [11]. 187  Schlink, Abwägung im Verfassungsrecht, S. 64 ff., dort auch mit einigen Bei­ spielen. Vgl. Tettinger, AöR 108 (1983), 92 [118 f.]. 188  Gusy, JA 1992, 257 [260], der – korrigiert man die fehlerhafte Fußnotenzäh­ lung um einen Wert – auf BVerfGE 13, 97 [104] verweist. Vgl. insoweit Rupp, AöR 92 (1967), 212 [213 ff.], der an die Notwendigkeit der Schaffung einer Grundrechts­ theorie zu Beginn der Bundesrepublik erinnert. 189  Vgl. Mann, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 12, Rdnr.  138. 190  Vgl. beispielhaft BVerfGE 30, 292 [315 f.]; BVerfGE 76, 196 [207 ff.]; BVerfGE 80, 1 [29 f.]; BVerfGE 87, 287 [321]. Vgl. Rupp, AöR 92 (1967), 212 [235 ff.]; Tettinger, AöR 108 (1983), 92 [117 ff., 122 ff.]; Mann, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 12, Rdnr.  142; Stern, Staatsrecht III / 2, § 84 III 5, S. 801 ff. 191  BVerfGE 25, 1 [17]. 192  BVerfGE 33, 303 [338]. 193  BVerfGE 30, 292 [315 f.].

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8. Kap.: Verfassungsrechtliche Grenzen des Güterichters

Rechtfertigungsanforderungen verzichten.194 Stattdessen wird der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geprüft. In anderen Entscheidungen wiederum wird die Dreistufentheorie aufgegriffen, indem zur Rechtfertigung des Eingriffs die der Stufenzuordnung entsprechenden Gemeinwohlbelange vorausgesetzt werden. Ergänzend wird auch in diesen Fällen der Grundsatz der Verhält­ nismäßigkeit ausdrücklich erwähnt und angewendet.195 Nach der zunächst weiteren Unterteilung der ersten Eingriffsstufe und der damit verbundenen weiteren Formalisierung führt das Hinzuziehen des Übermaßverbots zu ei­ ner Entformalisierung der Rechtfertigungsprüfung:196 Die durch eine Maß­ nahme verursachten Auswirkungen können genauer beurteilt werden, als es mit festen Stufen der Fall wäre.197 b)  Kritik der Dreistufentheorie Mit der Dreistufentheorie ist die Schwierigkeit verbunden, die einzelnen Gemeinschaftsgüter voneinander abzugrenzen und damit zusammenhängend eine nur eingeschränkte gerichtliche Überprüfung. Der Dreistufentheorie lässt sich somit entgegenhalten, durch die fehlende Abgrenzungsmöglichkeit der Rechtfertigungsanforderungen sei sie inhaltlich zu unbestimmt.198 Eben­ falls kritisch kann der damit verbundene Einschätzungsspielraum des einfa­ 194  BVerfGE 95, 193 [214]; BVerfGE 102, 197 [213]; BVerfGE 115, 205 [229 ff.]; BVerfGE 116, 202 [223 ff.]; BVerfGE 118, 1 [22 ff.]. Auch BVerfG (Kammer), NJW 2000, 2734 [2734]; BVerfG (Kammer), NJW 2001, 1926 [1927]; BVerfG (Kammer), NJW 2002, 3091 [3092]. 195  BVerfGE 102, 197 [214 f., 217]; BVerfGE 104, 357 [364]; BVerfGE 115, 276 [303 f.]; BVerfGE 117, 163 [182]; BVerfGE 121, 317 [346]; BVerfGE 123, 186 [238 f.]; BVerfGE 126, 112 [139 ff.]. BVerfGK 10, 416 [419]. Unklar insoweit BVerfGE 103, 1 [10]. 196  Vgl. Kämmerer, in: v.  Münch / Kunig (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 12, Rdnr.  67. 197  Vgl. Depenheuer, Freiheit des Berufs und Grundfreiheiten der Arbeit, in: Ba­ dura / Dreier (Hrsg.), Festschrift 50 Jahre Bundesverfassungsgericht, S. 241 [262], nach dem die Zuordnung „als Berufswahl- oder Berufsausübungsregelung nur noch vorstrukturierende Bedeutung“ habe. Nach Langer, JuS 1993, 203 [209], der die Stufentheorie der Prüfung des Übermaßverbots vorschalten möchte, bestimmt nicht die Stufe „die Eingriffsintensität, sondern die Eingriffsintensität die Stufe.“ Beide Ansätze lassen allerdings die Frage offen, welcher Mehrwert sich durch eine solche zusätzliche Stufenbestimmung oder ‑prüfung ergibt. Vgl. auch Schneider, Hans-Pe­ ter, Artikel 12 GG – Freiheit des Berufs und Grundrecht der Arbeit, in: VVDStRL 43 (1984), S. 7 [37]. 198  Gusy, JA 1992, 257 [263]; Scholz, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz Kommen­ tar, Band 2, Art. 12, Rdnr.  336; Schwabe, DÖV 1969, 734 [736]. Vgl. Czybulka, NVwZ 1991, 145 [147]; Rupp, AöR 92 (1967), 212 [233, 237]; Ziekow, Befähi­ gungsnachweise im Gewerberecht als Verfassungsproblem, in: Peter / Rhein (Hrsg.), Wirtschaft und Recht, S. 99 [103]. Zum grundsätzlichen Spannungsverhältnis von



C. Übermaßverbot261

chen Gesetzgebers gesehen werden, über wichtige Gemeinschaftsgüter zu bestimmen. Ihm werde damit zu einem bestimmten Teil die Kompetenz der Verfassungsinterpretation überlassen.199 Weiter wurde kritisiert, die Zuordnung zu bestimmten Stufen könne den Einzelfall nur unzureichend erfassen.200 So könnten sich Maßnahmen nicht nur als Beschränkung der Berufsausübung, sondern zugleich auch der Be­ rufswahl auswirken.201 Solche vermischten Berufsregelungen seien mit den beschriebenen Stufen nur unzureichend zu erfassen. Gleiches gelte auch für gespaltene Berufsregelungen. Das sind solche Regelungen, die einen Teil der Betroffenen in ihrer Berufswahl, einen anderen Teil in der Berufsaus­ übung betreffen.202 Eine verfassungsgerichtlich getroffene Zuordnung zu entweder der Berufswahl oder der Berufsausübung sei häufig nicht nachzu­ vollziehen und willkürlich.203 Ebenso sei es unmöglich, mit der Stufenzuordnung Fälle zu erfassen, die durch eine konkurrierende Grundrechtsausübung geprägt seien. Gehe es nicht um die Abwehr staatlicher Eingriffe, sondern die Regelung der Grund­ rechtsausübung zwischen Privaten, versage sie. Gerade die Schwierigkeiten widerstreitender Grundrechtsausübung seien durch Abwägung aufzulösen.204 Und schließlich wird angeführt, es sei widersprüchlich, die im Rahmen des Schutzbereichs angenommene Einheitlichkeit der Berufsfreiheit205 auf der Ebene der Rechtfertigung in Stufen zu trennen. Die insoweit angenommene Untrennbarkeit von Berufswahl und Berufsausübung sei damit widerlegt.206 gesetzgeberischem Einschätzungsvorrang und gerichtlicher Überprüfung Stettner, NVwZ 1989, 806 [807 ff.]. 199  Vgl. Gubelt, in: v. Münch / Kunig (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 5. Auf­lage, Art. 12, Rdnr. 102, der bei der Bestimmung der Gemeinschaftsgüter auf die Mehrheit der Bevölkerung beziehungsweise Sachverständigenkreise abstellen möchte. Kritisch zu dieser gerichtlichen Beschränkung auch Häberle, AöR 95 (1970), 86 [98 ff.]. 200  Ossenbühl, AöR 115 (1990), 1 [10 f.]; Ipsen, Jörn, JuS 1990, 634 [635 f.]; Rupp, AöR 92 (1967), 212 [235]; Gusy, JA 1992, 257 [264]; Schlink, Abwägung im Verfassungsrecht, S. 58 f.; Schwabe, JA 1981, 318 [319]; Leisner, DVBl. 1989, 1025 [1029]. Ipsen, Jörn, JuS 1990, 634 [635] weist darauf hin, dass die Stufenzuordnung durch die Schaffung von Berufsbildern manipuliert werden kann. 201  Vgl. Lücke, Die Berufsfreiheit, S. 20 ff. Vgl. dazu BVerfGE 11, 30 [42 ff.]; BVerfGE 61, 291 [311]; BVerfGE 77, 84 [106]. 202  Vgl. Lücke, Die Berufsfreiheit, S. 25. Vgl. dazu BVerfGE 65, 116 [127]. 203  Hesse, Hans Albrecht, AöR 95 (1970), 449 [460 f.]. 204  Rittstieg, in: Denninger / Hoffmann-Riem / Schneider / Stein (Hrsg.), Alternativ­ kommentar GG, Art. 12, Rdnr.  53 unter Verweis auf Schuppert, Funktionell-recht­ liche Grenzen der Verfassungsinterpretation, S. 40. 205  Siehe oben, 6. Kapitel, B. VI. 206  Gusy, JA 1992, 257 [260]; Scholz, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz Kommen­ tar, Band 2, Art. 12, Rdnr.  336.

262

8. Kap.: Verfassungsrechtliche Grenzen des Güterichters

Ein Teil der Kritik beruht auf der Einschätzung, die Verfassungsgerichts­ rechtsprechung wende die Dreistufentheorie in ihrer ursprünglichen Form ohne Weiterentwicklung an. Die Dreistufentheorie ist jedoch erweitert und durch Elemente des Übermaßverbots ergänzt worden ist. Die Dreistufenthe­ orie wurde auch durch das Bundesverfassungsgericht selbst als Ergebnis strikter Anwendung des Prinzips der Verhältnismäßigkeit beurteilt.207 Ent­ sprechend kann das Argument, man könne häufig weder den Einzelfall noch bestimmte Fallgestaltungen erfassen, durchaus der ursprünglichen Dreistuf­ entheorie entgegengehalten werden. Die Verfassungsgerichtsrechtsprechung ist jedoch durch den zugrunde liegenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz weitaus anpassungsfähiger, sodass sie sich diese Kritik nicht entgegenhalten lassen muss. Damit schwächt sich auch die Kritik am Einschätzungsvorrang des Ge­ setzgebers ab. Wird nämlich nicht mehr auf begrifflich feststehende Recht­ fertigungsanforderungen, sondern inhaltlich abwägende Rechtfertigungs­ gründe abgestellt, eröffnet das eine erweiterte gerichtliche Kontrollkompe­ tenz. Im Übrigen handelt es sich bei dem gesetzgeberischen Einschätzungs­ vorrang um eine allgemeine Schwierigkeit, die bereits bei der Bestimmung des öffentlichen Zwecks anerkannt worden ist.208 Die nur eingeschränkte gerichtliche Nachprüfungsmöglichkeit wird durch die grundsätzliche demo­ kratische Legitimation ausgeglichen. Grundsätzlich überzeugend ist jedoch die Kritik an der Widersprüchlich­ keit von angenommener Einheitlichkeit des Schutzbereiches zur Trennung der einzelnen Rechtfertigungsstufen. Geht man aber davon aus, dass die Dreistufentheorie nur noch eingeschränkt richtunggebend ist, kann auch dieser Einwand nur noch bedingt aufrechterhalten werden. Denn die Ein­ heitlichkeit des Schutzbereichs lässt sich mit einem an der Verhältnismäßig­ keit orientierten Rechtfertigungsmaßstab gut vereinbaren. Indes könnte der Kritik auch mit der oben dargestellten Wortlautauslegung der Berufsfreiheit begegnet werden.209 In diesem Fall ergäben sich die hohen Rechtfertigungs­ anforderungen bei Einschränkungen der Berufswahl aus kollidierendem Verfassungsrecht. Einschränkungen der Berufsausübung stünden hingegen unter einem einfachen Gesetzesvorbehalt.

207  BVerfGE

13, 97 [104]; BVerfGE 25, 1 [12]; BVerfGE 46, 120 [138]. oben, 8. Kapitel, B. 209  6. Kapitel, B. VI. Ebenso Gusy, JA 1992, 257 [260]. 208  Siehe



C. Übermaßverbot263

2.  Zusammenfassung Die Dreistufentheorie hat in der derzeitigen Rechtsprechung des Bundes­ verfassungsgerichts nur noch eingeschränkte Bedeutung. Als eine Ausprä­ gung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit kommt ihr in eben diesem Bereich die Funktion einer sprachlichen Argumentationsfigur zu.210 Sie kann bei typischen Fallgestaltungen eine Entscheidungsrichtung weisen und so die sprachlichen Begründungsanforderungen herabsetzten. Sie entbindet allerdings nicht von einer umfassenden Beurteilung des Einzelfalls. Einschränkungen der Berufsausübung können ebenso belastend sein wie Berufswahlregelungen. Berufswahlregelungen können hingegen wenig belastend und dann leicht zu rechtfertigen sein. Diese Einzelfallprü­ fung kann nur innerhalb einer Prüfung des Übermaßverbots stattfinden. Eingriffe in die Berufsfreiheit müssen damit dem Übermaßverbot genügen.

II.  Alternativen zur Einführung des Güterichters Die Beurteilung, ob die Einführung des Güterichters dem Übermaßverbot genügt, hängt zum einen von einer Abwägung der beabsichtigten Wirkungen mit dem Grundrechtseingriff, zum anderen von vorhandenen Alternativen ab. Anhand von Alternativen lässt sich jedenfalls feststellen, ob die Maß­ nahme erforderlich gewesen ist. Dabei muss beachtet werden, dass dem Gesetzgeber ein Einschätzungsvorrang zusteht, der nur begrenzt überprüft werden kann.211 Erst wenn die getroffene Einschätzung als deutlich fehler­ haft erscheint, kann die Verfassungswidrigkeit der Entscheidung für das 210  Ossenbühl, AöR 115 (1990), 1 [12]: „Die Dreistufentheorie ist nicht mehr als ein Argumentationsschema.“ Depenheuer, Freiheit des Berufs und Grundfreiheiten der Arbeit, in: Badura / Dreier (Hrsg.), Festschrift 50 Jahre Bundesverfassungsge­ richt, S. 241 [262]: „Freilich hat die Qualifizierung einer Norm als Berufswahl- oder Berufsausübungsregelung nur noch vorstrukturierende Bedeutung; die definitive Entscheidung über die Verfassungskonformität einer Regelung fällt im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung im konkreten Fall.“ Volkmann, Uwe, JZ 2005, 261 [262] deutet die Dreistufentheorie dahingehend, dass sie die normative Differenz von unbeschränkter Berufswahl und einschränkbarer Berufsausübung, ergänzt um Überlegungen zur Verhältnismäßigkeit, ordnungsbildend zum Ausdruck bringe. Vgl. auch Manssen, Staatsrecht II, Rdnr.  642; Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 184; Merten, Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, in: Merten / Papier (Hrsg.), HdGR  III, § 68, Rdnr.  77. 211  BVerfGE 30, 292 [317]; BVerfGE 37, 1 [20]; BVerfGE 50, 290 [332 f.]; BVerfGE 51, 193 [208]; BVerfGE 77, 84 [106]; BVerfGE 77, 170 [214 f.]; BVerfGE 88, 203 [262]; BVerfGE 90, 145 [173]; BVerfGE 110, 141 [157]; BVerfGE 117, 163 [183].

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8. Kap.: Verfassungsrechtliche Grenzen des Güterichters

Mittel angenommen werden.212 Im Ergebnis reduziert das den Prüfungsum­ fang der Geeignetheit und Erforderlichkeit auf eine Willkürkontrolle.213 1.  Einbindung außergerichtlicher Mediation Um das Ziel der einvernehmlichen Konfliktbeilegung und der Entlastung der Justiz zu erreichen, ist zunächst denkbar, dafür bereits bestehende Ver­ fahren außerhalb des staatlichen Bereichs zu nutzen. Das hätte den Vorteil, dass der rechtsprechenden Gewalt nicht weitere Aufgaben übertragen wür­ den. Denn auch wenn das Güterichterverfahren zur Entlastung der Justiz beitragen soll, bindet es doch Mittel und Personen innerhalb der Gerichts­ organisation, die für andere Aufgaben nicht zur Verfügung stehen.214 Entsprechend liegt es nahe, Mediatoren zur Entlastung der Justiz einzubin­ den. Das könnte zunächst dadurch geschehen, dass die Gerichte den Prozess­ parteien Mediatoren empfehlen.215 Der Aufwand für die Gerichte würde sich auf die Zusammenstellung einer Empfehlungsliste beschränken. Zudem müssten die Richter nicht mehr in Konfliktlösungsverfahren geschult werden, sondern nur noch im Erkennen von mediationsgeeigneten Fällen. Wenn man diesen Ansatz grundsätzlich teilt, dann lässt sich auch ergänzend diskutieren, ob man diese Informationsaufgabe den Gerichten überantwortet. Denn häufig sind die Rechtsanwälte zeitlich früher beteiligt und könnten deshalb zur In­ formation ihrer Mandanten in die Pflicht genommen werden.216 Ein anderer Weg der Einbindung ist, dass die Gerichte in geeigneten Fällen ein verpflichtendes Informationsgespräch über außergerichtliche Konfliktlösung anordnen können.217 Eine solche Regelung gibt es seit Sep­ tember 2009 mit § 135 FamFG218 bereits in Scheidungs- und Folgesachen. Wegen der persönlichen Beziehung der Parteien zueinander soll dadurch die 212  BVerfGE 30, 292 [317]; BVerfGE 37, 1 [20]; BVerfGE 39, 210 [230 f.]; BVerfGE 40, 196 [223]; BVerfGE 47, 109 [117]; BVerfGE 50, 290 [332 f.]; BVerfGE 61, 291 [313 f.]; BVerfGE 77, 84 [106]; BVerfGE 110, 141 [157 f.]; BVerfGE 117, 163 [183]. Vgl. BVerfGE 77, 170 [215]. 213  Vgl. Hillgruber, Grundrechtsschranken, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR IX, § 201, Rdnr. 69 ff. 214  Vgl. Trossen, Integrierte Mediation, in: Haft / v.  Schlieffen (Hrsg.), Handbuch Mediation, § 40, Rdnr.  9. 215  Bercher / Engel, JZ 2010, 226 [229]; Engel / Hornuf, ZZP 124 (2011), 505 [516 f.]. 216  Vgl. Greger, NJW 2007, 3258 [3261]. 217  Greger, NJW 2007, 3258 [3261]; Greger, AnwBl 2008, 570 [573 f.]. 218  Eingeführt durch das Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17.  Dezember 2008, BGBl. I 2008, S. 2586 ff.



C. Übermaßverbot

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einvernehmliche Konfliktlösung gefördert werden.219 In eine ähnliche Rich­ tung geht auch § 278a Abs. 1 ZPO220, nach dem das Gericht eine außerge­ richtliche Konfliktbeilegung vorschlagen kann. Der Vorschlag nach § 278a Abs. 1 ZPO ist jedoch anders als die Anordnung nach § 135 FamFG unver­ bindlich. Möglich ist auch, über die verbindliche Information hinauszugehen und zu einem Konfliktlösungsversuch zu verpflichten. Das könnte in geeigneten Fällen als Anordnung durch das Gericht geschehen221. Auch die Ausgestal­ tung als grundsätzliche Prozessvoraussetzung erscheint möglich. Das wiede­ rum erinnert an die Öffnungsklausel des § 15a EGZPO, nach der das Lan­ desrecht bestimmen kann, dass die Zulässigkeit einer Klage in den dort genannten Fällen von einem Einigungsversuch vor einer Gütestelle abhängig ist.222 Eine solche Verbindlichkeit eines Lösungsversuchs scheint auf den ersten Blick dem Mediationsgrundsatz der Freiwilligkeit entgegen zu laufen. Die­ sem nach soll eine Mediation nicht unter dem Einfluss von Zwang durch­ geführt werden.223 Eine Verhandlung, die ohne inneren oder äußeren Zwang stattfindet, ist jedoch kaum denkbar: Es lässt sich immer eine emotionale, wirtschaftliche oder andersartige Notwendigkeit annehmen, eine Konfliktlö­ sung zu beginnen. Der Grundsatz der Freiwilligkeit wird dadurch verwirk­ licht, dass wenn auch das Verfahren nicht freiwillig beginnt, es jeder Betei­ ligte ohne negative Konsequenzen beenden kann.224 Solange das gewahrt ist, bestehen gegenüber einem verbindlichen Konfliktlösungsversuch von diesem Standpunkt aus keine Bedenken. 2.  Förderung durch Kostenübernahme Bei den zuvor genannten möglichen Alternativen stellt sich die Frage, wer die Kosten für die außergerichtliche Konfliktlösung zu tragen hat. Be­ sonders wenn man den Weg einer verpflichtenden Anordnung oder Prozess­ zulässigkeitsvoraussetzung wählt, können die zusätzlich auftretenden Kosten der Mediatoren zu einer auch verfassungsrechtlichen Schwierigkeit führen. 219  Weber, in: Keidel, FamFG, § 135 FamFG, Rdnr.  1; Fest, in: Haußleiter (Hrsg.), FamFG, § 135 FamFG, Rdnr.  1. Vgl. BT-Drs. 16 / 6308, S. 229. 220  Entspricht dem vorangegangenen § 278 Abs. 5 S. 2 ZPO a. F. 221  Greger, AnwBl 2008, 570 [573 f.]; Dürschke, SGb 2001, 532 [533]. Vgl. Greger, NJW 2007, 3258 [3261]. 222  Vgl. 8. Kapitel, B. V. 223  1. Kapitel, A. III. 224  Greger, AnwBl 2008, 570 [573]. Vgl. Gottwald, Gerichtsnahe Mediation, in: Haft / v.  Schlieffen (Hrsg.), Handbuch Mediation, 1. Auflage, § 17, Rdnr.  63 f.

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8. Kap.: Verfassungsrechtliche Grenzen des Güterichters

Wenn man die Parteien in der Pflicht sieht, die Kosten des Konfliktlösungs­ versuchs zu begleichen, kann das auf der einen Seite zu einem möglichst schnellen Abbruch führen, um Kosten einzusparen. Der gesamte Ansatz der einvernehmlichen Konfliktlösung wäre dann gescheitert. Andererseits stellt sich zumindest im Fall der Ausgestaltung als Zulässigkeitsvoraussetzung die Frage, ob damit der Justizgewährleistungsanspruch ausreichend beachtet wird. Zumindest die letzte Frage kann auf Grundlage der Bundesverfas­ sungsgerichtsentscheidung zu § 15a EGZPO225 als rechtspraktisch unproble­ matisch eingeordnet werden.226 Die sich aus einer Kostentragungspflicht ergebenden Schwierigkeit könn­ ten dadurch beseitigt werden, indem nicht die Parteien, sondern eine andere Stelle die Kosten für den Konfliktlösungsversuch zu tragen hat. Die Medi­ atoren zu einem kostenlosen Erbringen ihrer Dienstleistung zu verpflichten wäre mit ihrer Berufsfreiheit nicht zu vereinbaren. Entsprechend bleibt nur, dass der Staat die Kosten dafür übernimmt. Eine solche „Mediationskostenhilfe“ ist auch im Gesetzgebungsverfahren zum Mediationsgesetz – wenn auch ohne Ergebnis – angesprochen wor­ den.227 Sie könnte beispielsweise in der Form umgesetzt werden, dass die Prozesskostenhilfe eines bei Gericht anhängigen Prozesses auf den Bereich der außergerichtlichen Konfliktlösung erstreckt wird. Oder aber man führte eine allgemeine „Verhandlungskostenhilfe“ ein,228 die sich nicht nur auf bei Gericht anhängige Fälle bezieht.229 Eine Mediationskostenhilfe entspräche spiegelbildlich der derzeitigen Gebührenlosigkeit des Güterichterverfahrens. 3.  Integrierte Mediation Bei den zuvor beschriebenen Alternativen wird der Versuch der einver­ nehmlichen Konfliktlösung in einem vom Gerichtsprozess getrennten Ver­ fahren unternommen. Die Mediation ist nicht mit dem Gerichtsprozess verbunden, wie auch das Güterichterverfahren davon getrennt ist. Der Ge­ danke der Verfahrenstrennung ist charakteristisch für die Distributionsansät­ ze und die Diversionsansätze. Bei Distributionsansätzen stehen mehrere Konfliktlösungsverfahren ne­ beneinander, beispielsweise der Gerichtsprozess neben Mediation und 225  BVerfGK

10, 275. Kapitel, B. V. 227  BT-Plenarprotokoll 17 / 105, S. 12055, 12057 f., 12059; BT-Plenarprotokoll 17 / 149, S. 17840, 17842, 17844, 17845. 228  Vgl. Engel / Hornuf, ZZP 124 (2011), 505 [509]. 229  Wie bei einigen Modellversuchen erfolgt, Greger, NJW 2007, 3258 [3260]. 226  8.



C. Übermaßverbot267

Schiedsverfahren. Der zu lösende Konflikt wird dann direkt an das Verfah­ ren weitergeleitet, das die besten Erfolgsaussichten bietet.230 Es kommt also beispielsweise nicht erst zu einer Rechtshängigkeit bei Gericht, sondern direkt zu einer Mediation, wenn sie das aussichtsreichste Verfahren ist. Bei Diversionsansätzen geht es darum, ein Konflikt von einem begonne­ nen Verfahren in ein anderes überzuleiten. Ist ein Konflikt beispielsweise bei Gericht rechtshängig, kann versucht werden, den Konflikt in eine Me­ diation zu überführen, wenn sich zeigt, dass diese passender ist.231 Der Gerichtsprozess wird dann nur als Durchgangsverfahren genutzt, um die Mediation zu erreichen. Dieser Ansatz ist auch der des Güterichterverfah­ rens, bei dem die Rechtshängigkeit den Ausgangspunkt bildet, es aber dann zu einer Verweisung aus dem Gerichtsprozess an den Güterichter kommt.232 Einen anderen Gedanken verfolgen Integrationsansätze und als ein Bei­ spiel von diesen die integrierte Mediation. Dabei wird nicht ein getrenntes, neues Verfahren für die Konfliktlösung geschaffen, sondern ein bestehendes Verfahren wird um – aus Sicht der Mediation – fehlende Elemente er­ gänzt.233 Dieser Gedanke lässt sich am Beispiel des Gerichtsverfahrens verdeutli­ chen: Stellt man dem Ablauf des Gerichtsprozesses die Phasen einer Medi­ ation gegenüber, dann kann man dem schriftlichen Vorverfahren – und in der Regel auch einem frühen ersten Termin – einige Elemente der ersten zwei oder drei Mediationsphasen234 zuordnen. Es geht darum, das Verfahren zu beginnen und die mit dem Verfahren verbundenen Absichten und Erwar­ tungen zu klären und die einzelnen Konfliktpunkte zu sammeln. Wenn in der darauf folgenden Güteverhandlung und der mündlichen Verhandlung 230  Greger, ZKM 2003, 240 [240 f.]; Kilian / Wielgosz, ZZP Int 9 (2004), 355 [357]; v. Bargen, Jan Malte, Gerichtsinterne Mediation, S. 61 f. 231  Greger, ZKM 2003, 240 [241 f.]; Greger, NJW 2007, 3258 [3260]; Kilian /  Wielgosz, ZZP Int 9 (2004), 355 [357]; v. Bargen, Jan Malte, Gerichtsinterne Medi­ ation, S. 63 f. Zu den Fällen, die für eine Mediation ungeeignet sind Hager, Konflikt und Kon­ sens, S. 56 ff. 232  Greger / Weber, MDR-Beilage 18 / 2012, S. 3 f. nehmen an, das Güterichterver­ fahren sei ein Fall des Integrationsansatzes. Das überzeugt jedoch nicht, denn das Verfahren ist vom Gerichtsprozess getrennt und nur organisatorisch im Gericht an­ gesiedelt. Es werden keine Mediationselemente in den Gerichtsprozess integriert. Damit handelt es sich vielmehr um einen Fall des Diversionsansatzes. 233  Trossen, Integrierte Mediation, in: Haft / v.  Schlieffen (Hrsg.), Handbuch Me­ diation, 1. Auflage, § 18, Rdnr.  74 ff.; Trossen / Käppele, ZRP 2006, 97 [97]. Vgl. Bamberger, Andere Wege der Streitbewältigung, in: Roth (Hrsg.), 125 Jahre Amts­ gerichte im heutigen Rheinland-Pfalz, S. 173 [189]. 234  Die genaue Zuordnung hängt vom verwendeten Phasenmodell ab, siehe oben, 1. Kapitel, A. II.

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8. Kap.: Verfassungsrechtliche Grenzen des Güterichters

versucht wird, auf Grundlage der dargestellten Positionen einen Kompro­ miss zu finden, dann entspricht das der eine Mediation abschließenden Lösungsfindungs- und Verhandlungsphase.235 Mit dieser kurzen Gegenüberstellung lässt sich zeigen, dass Gerichtspro­ zess und Mediation durchaus Gemeinsamkeiten in ihrer Struktur teilen. Aus Sicht der Mediation fehlt dem Gerichtsprozess jedoch der wichtigste Ver­ fahrensschritt zur einvernehmlichen Konfliktlösung, nämlich die Interessen­ klärung. Wenn man die Güteverhandlung und die mündliche Verhandlung als rechtlich orientiertes Gespräch versteht,236 dann haben die dahinter ste­ henden Anliegen und Motivationen dort keinen Platz. Auf der Grundlage eines solchen Strukturvergleichs ist der Ansatzpunkt der integrierten Mediation, bereits bestehende Verfahrensschritte um die fehlenden Mediationselemente zu ergänzen oder dafür neue Abschnitte ein­ zuführen. Der Gerichtsprozess muss nicht um einen neuen Verfahrensab­ schnitt erweitert werden. Denn für ein Gespräch über Anliegen und Moti­ vationen bietet sich die Güteverhandlung an.237 Wenn man die Güteverhandlung nicht nur als ein rechtlich geleitetes Ver­ gleichsgespräch, sondern als Möglichkeit zum Aufklären der Interessen ver­ steht, dann wird damit das wichtigste Mediationselement in den Gerichtspro­ zess integriert. Im Ergebnis handelt es sich damit noch nicht um eine Media­ tion, denn der Richter bleibt entscheidungsbefugt238 und auch die übrigen Verfahrensgrundsätze239 sind nur sehr eingeschränkt gültig. Es ist aber auch nicht der Ansatzpunkt der integrierten Mediation, andere Verfahren zu voll­ ständigen Mediationen umzugestalten. Vielmehr geht es darum, innerhalb eines bestehenden Verfahrens Nutzen aus den Mediationsansätzen zu ziehen. 4.  Zusammenfassende Bewertung der Alternativansätze In einem kurzen Zwischenergebnis wird bereits deutlich, dass die Mög­ lichkeiten vielfältig sind, einvernehmliche Konfliktlösung zu fördern. Gegen die bloße gerichtliche Empfehlung einer Mediation als Alternative zum Güterichter könnten jedoch die Erfahrungen sprechen, die mit dieser Mög­ lichkeit nach § 278 Abs. 5 S. 2 ZPO a. F. gemacht worden sind: Nur in rund 235  Vgl. Trossen, Integrierte Mediation, in: Haft / v.  Schlieffen (Hrsg.), Handbuch Mediation, § 40, Rdnr.  44. 236  Siehe oben, 1. Kapitel, B. I. 1. und 2. 237  Vgl. Trossen, Integrierte Mediation, in: Haft / v.  Schlieffen (Hrsg.), Handbuch Mediation, 1. Auflage, § 18, Rdnr.  97 ff.; Löer, ZZP 119 (2006), 199 [202]; v. Bargen, Jan Malte, Gerichtsinterne Mediation, S. 67; Greger, AnwBl 2008, 570 [572 f.]. 238  Vgl. v. Bargen, Jan Malte, Gerichtsinterne Mediation, S. 66 f. 239  1. Kapitel, A. III.



C. Übermaßverbot269

zwei Prozent der Gerichtsverfahren wurde eine außergerichtliche Konflikt­ lösung vorgeschlagen, mehr als 80 Prozent der Richter haben davon nie Gebrauch gemacht.240 Ähnlich verhält es sich mit der zwingenden außerge­ richtlichen Streitschlichtung nach § 15a EGZPO: Obwohl es sich dabei – wenn durch Landesrecht eingeführt – um eine Zulässigkeitsvoraussetzung handelt, ging so ein Schlichtungsversuch weniger als ein Prozent der Amts­ gerichtsfälle voraus.241 Ebenso kann man gegen die Erweiterung der Güteverhandlung anführen, dass sie in der Praxis nur bedingt erfolgreich gewesen ist. Nur etwa ein Drittel der Güteverhandlungen führen zu einer Beendigung durch Vergleich, wobei sich nicht erfassen lässt, ob es auch ohne Güteverhandlung zu diesem gekommen wäre.242 Richter und Anwälte stehen ihr zudem eher kritisch gegenüber, weil sie die Vergleichsbereitschaft nicht erhöhe.243 Ob man aus diesen Erfahrungen die grundsätzliche Unwirksamkeit der verfolgten Ansätze schließen muss,244 ist jedoch fraglich. So gibt es keine bundeseinheitliche Umsetzung von § 15a EGZPO, auch ist der Anwen­ dungsbereich auf die Klageerhebung beschränkt. Wegen der Beschränkung auf die Klageerhebung lässt sich die Regelung beispielsweise mit einem vorgeschalteten Mahnverfahren umgehen.245 Zudem kann man die Anknüp­ fung an den Wert einer Streitigkeit von bis 750 Euro kritisch hinterfragen.246 Denn Schlichtungsfähigkeit ist zumindest keine grundsätzliche Eigenheit von Bagatellstreitigkeiten. Ebenso lässt sich nachfragen, ob die Gütever­ handlung wegen des dahinter stehenden Gedankens oder nicht wegen der Umsetzung nur wenig Erfolg hat. Die Diskussion der aufgezeigten Alternativansätze muss jedoch nicht weiter vertieft werden. Denn wenn sie auch als Alternativen zur Förderung 240  Hommerich / Prütting / Ebers / Lang / Traut, Rechtstatsächliche Untersuchung zu den Auswirkungen der Reform des Zivilprozessrechts auf die gerichtliche Praxis, S. 84. 241  Hommerich / Prütting / Ebers / Lang / Traut, Rechtstatsächliche Untersuchung zu den Auswirkungen der Reform des Zivilprozessrechts auf die gerichtliche Praxis, S. 90 f.; Prütting, ZKM 2006, 100 [100]. 242  Hommerich / Prütting / Ebers / Lang / Traut, Rechtstatsächliche Untersuchung zu den Auswirkungen der Reform des Zivilprozessrechts auf die gerichtliche Praxis, S. 75 f. 243  Hommerich / Prütting / Ebers / Lang / Traut, Rechtstatsächliche Untersuchung zu den Auswirkungen der Reform des Zivilprozessrechts auf die gerichtliche Praxis, S. 73 f. 244  Rüstow, NJ 2008, 385 [387]. 245  Vgl. Hommerich / Prütting / Ebers / Lang / Traut, Rechtstatsächliche Untersu­ chung zu den Auswirkungen der Reform des Zivilprozessrechts auf die gerichtliche Praxis, S. 91. 246  Vgl. Prütting, ZKM 2006, 100 [100].

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8. Kap.: Verfassungsrechtliche Grenzen des Güterichters

von einvernehmlicher Konfliktlösung erscheinen, so ist hier nur die Beur­ teilung zu leisten, ob die Einführung des Güterichters verfassungsrechtlich fehlerhaft war. Für eine solche Fehleinschätzung gibt es jedoch keine An­ haltspunkte. Vielmehr hat der Gesetzgeber den Versuch unternommen, nach den Erfahrungen mit zum Beispiel § 278 Abs. 5 S. 2 ZPO a. F. und § 15a EGZPO einen anderen Ansatz zu verfolgen. Die gesetzgeberische Entschei­ dung für den Diversionsansatz kann deshalb nur sehr eingeschränkt mit den Alternativen verglichen werden, denn diese beruhen auf dem Distributionsoder dem Integrationsansatz. Insbesondere muss die Entscheidung für den Grundgedanken der Diversion akzeptiert werden. Zudem ist der Gesetzgeber nicht verpflichtet, einen einmal unternomme­ nen Versuch – wie den der Güteverhandlung – weiterzuverfolgen. Das schließt auch eine Verpflichtung aus, Ansätze wie die integrierte Mediation zu versuchen. Schließlich entspricht auch eine staatliche Kostenübernahme für außerge­ richtliche Streitbeilegung nicht dem gesetzgeberischen Interesse. Denn ne­ ben der Förderung einvernehmlicher Streitbeilegung gehört die Kostensen­ kung durch die Entlastung der Justiz dazu. Eine Kostenübernahme könnte zwar langfristig zu einer Senkung der bei Gericht anhängigen Fälle führen, doch weder ist das mit Sicherheit noch kurzfristig zu erwarten. Im Ergebnis kann die Entscheidung für den Güterichter aus verfassungs­ rechtlicher Sicht nicht als ungeeignet oder nicht erforderlich bewertet wer­ den. Die Konzepte sind zu unterschiedlich, als dass man eine eindeutige Fehleinschätzung des Gesetzgebers annehmen könnte. Vielmehr erscheint es auf Grundlage der gemachten Erfahrungen naheliegend zu sein, einen ande­ ren Ansatz zu versuchen. Das ist verfassungsrechtlich zunächst nicht zu beanstanden.

III.  Angemessenheit des Grundrechtseingriffs Somit bleibt als letzte Frage zu klären, ob der Grundrechtseingriff durch die öffentliche Konkurrenz angemessen ist. Das macht eine Abwägung der mit dem Güterichter verfolgten Zielen mit den Beeinträchtigungen der Me­ diatoren erforderlich. Dazu werden zunächst die Ziele des Gesetzgebers und die Interessen der Mediatoren zusammengefasst. Im Anschluss daran ist zu klären, ob es Möglichkeiten beispielsweise der Auslegung gibt, die die Stärke des Grundrechtseingriffs abschwächen würden. Wäre das der Fall, müssten diese bei der abschließenden Abwägung Berücksichtigung finden.



C. Übermaßverbot271

1.  Gesetzgeberische Ziele und Interessen der Mediatoren Die Erfahrungen in den Modellprojekten der gerichtsinternen Mediati­ on247 haben gezeigt, dass die Auslagerung des Konfliktlösungsversuchs in ein getrenntes Verfahren im Vergleich zu den anderen unternommenen Ver­ suchen – Empfehlung von außergerichtlicher Streitbeilegung, § 278 Abs. 5 S. 2 ZPO a. F., und zwingende Streitschlichtung, § 15a EGZPO – erfolgrei­ cher gewesen ist. Die Gründe dafür sind sicherlich vielfältig: Einerseits gehört es zu den Erfahrungen mit Mediation, dass die Leitung durch einen nicht entscheidungsbefugten Dritten eher zu einer einvernehmlichen und andauernden Konfliktlösung führen kann, als es durch einen entscheidungs­ befugten Dritten der Fall ist. Es kommt hinzu, dass die bei den Modellpro­ jekten als Mediatoren tätigen Richter und auch die Güterichter besonders in Konfliktlösung mit dem mediativen Ansatz geschult worden sind bezie­ hungsweise werden. Ihre Konfliktlösungskompetenz ist jedenfalls in dieser Richtung stärker ausgebildet. Auch das führt zu einem größeren Erfolg der Konfliktlösungsversuche. Das Ziel, durch den Güterichter einerseits die einvernehmliche Konflikt­ lösung zu fördern und andererseits dadurch die Gerichte zu entlasten, hat in zwei Richtungen gesellschaftliche Bedeutung. Zum einen können über ein­ vernehmliche Verhandlungen die beteiligten Personen zu nachhaltigeren und kostengünstigeren Lösungen gelangen. Die vorhandenen Mittel werden nicht für streitige Verfahren eingesetzt, sondern für eine weiterführende Lösung. Doch neben der Wirtschaftlichkeit sind im einzelnen Konfliktfall das Gerechtigkeitsempfinden und die allgemeine Zufriedenheit mit dem Ablauf und dem Ergebnis des Verfahrens ausschlaggebend. Auch diesbezüg­ lich kann die einvernehmliche Konfliktlösung im Vorteil sein – wenn der Konfliktfall zu ihr passt. Zudem können, wenn es gelingt, die Bedeutung von einvernehmlicher Konfliktbeilegung in der Gesellschaft zu verankern, die entsprechenden Verfahren tatsächlich zu einer Entlastung der Justiz führen. Auf diesem Weg lassen sich Kosten senken und die in der Justiz arbeitenden Personen und die ihr zugewiesenen Mittel können sich auf die Konflikte konzentrieren, die durch die dort organisierten Verfahren zu lösen sind. Indem sich die Konflikte auf die Verfahren verteilen, die besonders für sie geeignet sind, führt das zu einer höheren Wirtschaftlichkeit der eingesetzten Mittel. Das wiederum ist ein Vorteil für die Gesellschaft als Ganzes.

247  2.

Kapitel, B. I.

272

8. Kap.: Verfassungsrechtliche Grenzen des Güterichters

Auch wenn die Idee der Mediation in der Regel als einem streitigen Verfahren vorzugswürdig bewertet wird,248 ist diese Form der Konfliktlö­ sung noch keineswegs eine Selbstverständlichkeit. Bisher hat sich kein funktionierender Markt aufgebaut.249 Dem Angebot der Mediatoren steht eine nicht deckende Nachfrage gegenüber.250 In dieser Situation hat die Einführung des Güterichters eine hervorzuhebende Wirkung auf die Markt­ lage: Zu dem die Nachfrage übersteigenden Angebot von Mediation kommt mit dem Güterichterverfahren ein vergleichbares Angebot hinzu. Dabei hat der Güterichter mehr rechtliche Befugnisse als die Mediatoren, die bei­ spielsweise ein Mediationsergebnis nicht vollstreckbar machen können. Vor allem aber lässt er sich nicht finanziell im Markt abbilden, denn es gibt keine Gebühr für seine Leistung. 2.  Möglichkeiten der Abschwächung des Grundrechtseingriffs An den zuletzt genannten Punkt knüpfen die folgenden Überlegungen an: Für den Markt ist die finanzielle Abbildung einer Leistung besonders wich­ tig. Der Preis ist der erste und zunächst wichtigste Orientierungspunkt. Wenn man bestehende Rechtsnormen dahin gehend auslegen könnte, dass im Ergebnis der Eindruck der Kostenlosigkeit der Leistung des Güterichters beseitigen werden würde, führte das zu einer Abschwächung des Grund­ rechtseingriffs. Ob es solche Auslegungsmöglichkeiten gibt, wird im Fol­ genden untersucht. a)  Gebührentatbestand für das Güterichterverfahren Einen ausdrücklichen Gebührentatbestand gibt es für das Güterichterver­ fahren nicht. Darum stellt sich die Frage, ob andere Gebührentatbestände diese Leistung – zumindest nach Auslegung – erfassen. Doch selbst wenn man eine vergleichbare Leistung innerhalb der Gerichtsorganisation benen­ nen könnte, würde das dem Interesse des Gesetzgebers zuwiderlaufen. Denn im Gesetzgebungsverfahren wurde eine Kostenregelung ausdrücklich ange­ sprochen und im Ergebnis abgelehnt.251 Das dort vorgebrachte Argument, 248  Vgl. Breidenbach / Gläßer / Hammes / Kirchhoff / Nestler, in: Pricewaterhouse­ Coopers / Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) (Hrsg.), Commercial Dispute Resolution, S. 16 ff. 249  v.  Schlieffen, Perspektiven der Mediation, in: Haft / v.  Schlieffen (Hrsg.), Handbuch Mediation, § 9, Rdnr.  14. Vgl. auch Klowait / Hill, SchiedsVZ 2007, 83 [83 f.]; Trossen, Integrierte Mediation, in: Haft / v. Schlieffen (Hrsg.), Handbuch Me­ diation, 1. Auflage, § 18, Rdnr.  3, 39 ff. 250  Rüstow, NJ 2008, 385 [386]. 251  3. Kapitel, B. III.



C. Übermaßverbot273

ein Gebührentatbestand sei zu bürokratisch, kann zwar nicht überzeugen, denn auch andere Gerichtsleistungen unterfallen Gebührentatbeständen. Allerdings muss man auch in diesem Punkt die Einschätzung des Gesetz­ gebers anerkennen, dass er keinen Gebührentatbestand schaffen wollte und davon ausging, das Güterichterverfahren unterfalle auch keiner anderen Kostenregelung. Aus diesem Grund gibt es keinen Raum, bestehende Ge­ bührentatbestände dahin auszulegen, dass sie das Güterichterverfahren er­ fassten. b)  Auslegung von § 69b GKG, § 61a FamGKG Nach § 69b GKG, § 61a FamGKG ist es möglich, dass die Länder durch Verordnung bestimmen, dass bestimmte Gerichtsgebühren entfallen oder ermäßigt werden, wenn das Gerichtsverfahren nach einer Mediation oder einer außergerichtlichen Konfliktbeilegung durch Zurücknahme der Klage oder des Antrags endet. Ob ein solcher Ermäßigungstatbestand auch die Erledigung durch eine Einigung mithilfe des Güterichters erfasst, hängt maßgeblich von der Auslegung des Begriffs „außergerichtliche Konfliktbei­ legung“ ab.252 Damit könnte einerseits auf die außergerichtliche Organisati­ on des Verfahrens abgestellt werden, was das Güterichterverfahren aus­ schließen würde. Andererseits könnte damit die prozessgerichtliche Organi­ sation gemeint sein, was das Güterichterverfahren als ein vom Prozessgericht getrenntes Verfahren erfassen würde. Das wiederum hätte zur Folge, dass die bereits durch die einvernehmliche Beendigung des Gerichtsprozesses ermäßigten Gerichtsgebühren weiter ermäßigt werden oder sogar ganz ent­ fallen könnten. Vor dem Hintergrund der bereits gewonnenen Ergebnisse ist die letzte Auslegung nicht mit der Berufsfreiheit der Mediatoren zu vereinbaren.253 Denn wenn auch die letzte bestehende Gerichtsgebühr entfällt, gibt es in keinem Fall mehr finanzielle Anreize, eine außergerichtliche Mediation zu beginnen. Das entspricht im Übrigen auch nicht dem Vorhaben der Entlas­ tung der Gerichte, dass diese zu einer gänzlich gebührenlosen Konfliktlö­ sungsstelle werden. Insoweit richten sich die bei dem Güterichterverfahren anfallenden Gerichtsgebühren nach den allgemeinen Tatbeständen. Nur im Fall einer erfolgreichen Erledigung durch eine außerhalb des Gerichts durchgeführten Mediation kann es zu einer weiteren Ermäßigung nach § 69b GKG, § 61a FamGKG kommen. 252  Vgl.

3. Kapitel, B. III. allerdings mit anderer Begründung, Fritz, in: Fritz / Pielsticker (Hrsg.), Mediationsgesetz, § 69b GKG, Rdnr.  30. 253  Vgl.,

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8. Kap.: Verfassungsrechtliche Grenzen des Güterichters

3.  Abwägungsfehler Bei der abschließenden Abwägung der dargestellten Interessen muss be­ rücksichtigt werden, dass das Grundgesetz eine Rahmenordnung ist.254 Das bedeutet, dass die Verfassung nur vereinzelt Bereiche umfassend regelt und im Übrigen den Verfassungsorganen eine Konkretisierung überlässt. Diese können in einem durch die Verfassung zuvor bestimmten, „verfassten“ Rah­ men politisch gestalten.255 Dieser Rahmen ist der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers. Wie es seine Aufgabe ist, das Erfordernis des Gemeinwohls zu bestimmen,256 liegt es auch bei ihm, eine Abwägung der betroffenen Interessen zu treffen. Aus verfassungsrechtlicher Sicht können nur Abwägungsfehler zum Urteil der Verfassungswidrigkeit führen.257 Alle anderen Einschätzungen sind hinzu­ nehmen. Das kommt auch begrifflich dadurch zum Ausdruck, dass das „Übermaßverbot“ keine Verhältnismäßigkeit gebietet, sondern nur eine Unverhältnismäßigkeit verbietet.258 Eine solche Unverhältnismäßigkeit des Grundrechtseingriffs kann im ge­ gebenen Fall jedoch nicht festgestellt werden. Aufseiten der Mediatoren muss festgestellt werden, dass die Strukturkrise259 eines Überangebots be­ reits vor Einführung des Güterichters bestand. Diese kann damit nicht zum Anlass genommen werden, die Entscheidung für den Güterichter als abwä­ gungsfehlerhaft zu bewerten. 254  Böckenförde, NJW 1976, 2089 [2091, 2099]; Böckenförde, Die Eigenart des Staatsrechts und der Staatsrechtswissenschaft, in: Achterberg / Krawietz / Wyduckel (Hrsg.), Festschrift Scupin, S. 317 [322 f., ]; Isensee, Verfassungsrecht als „politi­ sches Recht“, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdStR VII, 1. Auflage, § 162, Rdnr. 43 ff. Dazu kritisch Ruffert, Vorrang der Verfassung und Eigenständigkeit des Privatrechts, S. 40 f. Ausführlich auch Jestaedt, Grundrechtsentfaltung im Gesetz, S. 72 ff.; Alexy, Verfassungsrecht und einfaches Recht – Verfassungsgerichtsbarkeit und Fachge­ richtsbarkeit, in: VVDStRL 61 (2001), S. 7 [14 f.]. 255  Unruh, Der Verfassungsbegriff des Grundgesetzes, S. 408 f.; Aulehner, Grund­ rechte und Gesetzgebung, S. 284 f. Vgl. Wolff, Ungeschriebenes Verfassungsrecht unter dem Grundgesetz, S. 164 f. 256  8. Kapitel, B. 257  Vgl. Alexy, Verfassungsrecht und einfaches Recht – Verfassungsgerichtsbar­ keit und Fachgerichtsbarkeit, in: VVDStRL 61 (2001), S. 7 [18 ff.]. 258  Merten, Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, in: Merten / Papier (Hrsg.), HdGR  III, § 68, Rdnr.  50. Vgl. Larenz, Richtiges Recht, S. 130 f. Vgl. dazu den gleichen Ansatz bei der Bestimmung der Grenzen – nicht des In­ halts – des Gemeinwohls beziehungsweise des öffentlichen Zwecks, 8. Kapitel, Einleitung zu B. 259  v.  Schlieffen, Perspektiven der Mediation, in: Haft / v.  Schlieffen (Hrsg.), Handbuch Mediation, § 9, Rdnr.  14.



D. Ergebnis

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Der Gesetzgeber ging davon aus, mit dem Begriff „Güterichter“ eine ausreichende Abgrenzung zu Mediatoren geschaffen zu haben. Das kann von den Mediatoren zum Anlass genommen werden, ihre Dienstleistung in abgrenzender Art und Weise zu bewerben. Beispielsweise kann der Güte­ richter aus den Umständen heraus nicht jede gewünschte Mediationsausrich­ tung anbieten.260 Das lässt den Mediatoren – wenn auch eingeschränkt – Raum für ihre Dienstleistung. Wenn sich keine deutlichen Anhaltspunkte dafür zeigen, dass die Ein­ schätzung des Gesetzgebers fehlerhaft gewesen ist, dann ist sie als verfas­ sungskonform beziehungsweise verfassungskonkretisierend hinzunehmen – so ist es auch hier.

D.  Ergebnis: Keine Grenzüberschreitung durch die Einführung des Güterichters In diesem Kapitel wurden die Rechtsfertigungsanforderungen untersucht, die zugleich aus grundrechtlicher Sicht die Grenzen des Güterichters be­ schreiben. Es hat sich gezeigt, dass keine dieser Grenzen überschritten worden ist. Die Regelungen halten sich im durch den Gesetzgeber auszufül­ lenden Rahmen der Verfassung. Der Anknüpfungspunkt des Vorbehalts des Gesetzes sind nicht die Aus­ wirkungen des staatlichen Handelns, sondern das Handeln direkt. Das Ziel des Güterichters und seine Befugnisse ergeben sich aus den prozessrechtli­ chen Regelungen. Sie genügen damit dem Vorbehalt des Gesetzes. Das Gemeinwohl als Ziel staatlichen Handelns lässt sich aus verfassungs­ rechtlicher Sicht nicht weiter bestimmen. Es lassen sich nur die Grenzen ausmachen, innerhalb derer der Gesetzgeber seine politischen Gestaltungs­ möglichkeiten wahrnehmen kann. Die im Fall von öffentlicher Konkurrenz diskutierten Grenzen, wie beispielsweise der Ausschluss der alleinigen Ge­ winnerzielung als Handlungsziel, sind durch die Einführung des Güterich­ ters nicht berührt worden. Einvernehmliche Konfliktlösung zu fördern und dadurch die Justiz zu entlasten ist ein verfassungsrechtlich nicht zu bean­ standendes Ziel staatlichen Handelns. Dem Grundgesetz lässt sich kein umfassender Vorrang des gesellschaftli­ chen Handelns vor dem staatlichen Eingreifen entnehmen. Auch wenn man ein solches Subsidiaritätsprinzip annähme, wären staatliche Eingriffe nicht ausgeschlossen, sondern ließen sich rechtfertigen. 260  Vgl.

3. Kapitel, A. III.

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8. Kap.: Verfassungsrechtliche Grenzen des Güterichters

Schließlich war zu untersuchen, ob das Übermaßverbot oder die Dreistu­ fentheorie anzuwenden war. Es hat sich dabei gezeigt, dass die Dreistufen­ theorie nicht mehr die ausschließlich rechtfertigende Wirkung bei Eingriffen in die Berufsfreiheit hat – wenn sie es überhaupt einmal hatte. Vielmehr müssen sich die Eingriffe in die Berufsfreiheit am Übermaßverbot messen lassen. Die Prüfung des Übermaßverbots hat ergeben, dass es zwar alternative Ansätze zur Förderung der einvernehmlichen Konfliktbeilegung gibt. Diese sind aber weder eindeutig der gesetzgeberischen Lösung überlegen noch entsprechen sie der durch den Gesetzgeber gewählten Verfahrensgestaltung. Damit konnte die Einführung des Güterichters jedenfalls aus verfassungs­ rechtlicher Sicht nicht als ungeeignet oder nicht erforderlich bewertet wer­ den. Schließlich haben sich auch bei der Abwägung der Interessen durch den Gesetzgeber keine Fehler gezeigt, die das Urteil der Verfassungswidrig­ keit tragen könnten. Damit war im Ergebnis festzustellen, dass die Einfüh­ rung des Güterichters in der gegebenen Form nicht verfassungswidrig ist.

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Sachverzeichnis Access-to-Justice-Projekt  68 Allgemeiner Justizgewährleistungs­ anspruch  106 Allparteilichkeit des Mediators  30 Angemessenheit  254, 270, 274 Anwaltsvergleich  36, 83 Auslastung von bestehenden Unter­ nehmen  243 Bagatellgrenze  217 Berufsfreiheit –– Beeinträchtigungsintensität  215 –– Beruf  141 –– Berufsausübung  179, 256 –– Berufswahl  179, 256 –– Beschränkung auf Vorhersehbarkeit siehe Vorhersehbarkeit –– Einheitliches Grundrecht  180 –– Enger Gewährleistungsgehalt  160 –– Kritik des einheitlichen Schutz­ bereichs  181, 182 –– Objektiv berufsregelnde Tendenz  206 –– Persönliche Schutzvoraussetzungen  139 –– Schutzbereichsbeschränkung  156 –– Schutz vor öffentlicher Konkurrenz siehe Konkurrenzschutz –– Unterscheidung von Berufswahl und Berufsausübung  181 Dreistufentheorie  256 Eigentumsgarantie –– Begriff  132 –– Betriebseigentum  134 Eingriff –– Intensität der Beeinträchtigung  212 –– Kritik der Eingriffsmerkmale  222

–– Nichtrechtsförmiger Eingriffsbegriff  191, siehe auch Vorbehalt des Gesetzes –– Rechtsförmiger Eingriffsbegriff  189 –– Zurechnungskriterien  194 Erforderlichkeit  254 Ewigkeitsgarantie  111 Freiheit  221 Freiwilligkeit der Mediation  26 Geeignetheit  254 Gemeindliche Selbstverwaltungsgarantie  169, 242 Gemeinwohl  245 Gerichtsinterne Mediation  55 Gerichtsprozess  35, 71 Gewährleistungsgehalt  160 Gewaltenteilung –– Grundgesetz  102 –– Ursprünge  97 Gewaltmonopol  107 Gewinnerzielungsabsicht der öffent­ lichen Hand  238 Gleichheitssatz  137 Grundrechtliche Freiheit siehe Freiheit Güterichterverfahren –– Akteneinsicht  80 –– Gesetzgebungsverfahren  59 –– Kosten  85, 272 –– Kostenermäßigung  87, 273 –– Methodenwahl  79 –– Protokollierung und Vollstreckbarkeit  82 –– Rechtliche Grundlagen  55 –– Rechtsrat  81 –– Überblick  38

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Sachverzeichnis

–– Vergleich mit Mediation siehe Vergleich von Mediation und Güterichterverfahren –– Zweck  76, 271 Gütestelle  84, 250, 269 Güteverhandlung  37, 269 Handlungsunrecht siehe Lehre vom Handlungsunrecht Individual-Autonomy-Projekt  67 Informiertheit in der Mediation  27 Inkompatibilität siehe Gewaltenteilung: Grundgesetz Insolvenz öffentlicher Unternehmen  171 Integrierte Mediation  266 Justizgewährleistungsanspruch  250 Kausalität  194 Klassischer Eingriff siehe Eingriff: Rechtsförmiger Eingriffsbegriff Konkurrenz siehe Öffentliche Konkur­ renz Konkurrenzschutz –– vor Handeln der öffentlichen Hand  156, 163, 178, 183, 191, 218 –– vor öffentlichen Monopolen  156, 157, 158, 164, 175, 178, 182, 218 –– vor Privaten  158, 163, 173, 174 Kontrahierungszwang  247 Lehre vom Handlungsunrecht  199 Mediation –– Abgrenzung zu anderen Verfahren  35, 72 –– Ablauf siehe Mediation: Verfahrens­ struktur –– Aktive Mediation  29 –– Anwendungsbereiche  30 –– Begriff  22 –– Beruf  141 –– Berufsverbände  33

–– Integrierte Mediation siehe Integrierte Mediation –– Kosten  86, 265 –– Mediationstheorien  31 –– Passive Mediation  29 –– Projekt-Modell siehe Projekt-Modell –– Rechtliche Grundlagen siehe Mediati­ onsgesetz –– Selbstbestimmungsgradient siehe Selbstbestimmungsgradient –– Verbreitung  32 –– Verfahrensgrundsätze  26 –– Verfahrensstruktur  23 –– Vergleich mit Güterichterverfahren siehe Vergleich von Mediation und Güterichterverfahren Mediationsgesetz  50 Mediationsrichtlinie siehe Richtlinie 2008 / 52 / EG Mischverfassung siehe Gewaltenteilung: Ursprünge Modellprojekte siehe Gerichtsinterne Mediation Moderation  72 Moderner Eingriff siehe Eingriff: Nichtrechtsförmiger Eingriffsbegriff Monopole  190 Nachbarschafts- und Konkurrentenklage  214 Neutralität des Mediators  30 Nichtbeteiligung des Mediators  28 Normzwecktheorie  201 Objektiv berufsregelnde Tendenz  206 Öffentliche Aufgaben  245 siehe Vorbehalt des Gesetzes Öffentliche Daseinsvorsorge  246 Öffentliche Konkurrenz siehe Konkur­ renzschutz –– Bundesunternehmen  153 –– Sozialisierung  151 –– Wirtschaftspolitische Offenheit  146 –– Zulässigkeit  145 Öffentlicher Zweck  233



Sachverzeichnis

Projekt-Modell  64 Prozess siehe Gerichtsprozess; siehe auch Güteverhandlung Prozessvergleich siehe Vergleich (Konfliktbeendigung) Rahmenordnung  274 Rechtsprechung –– Begriff siehe Rechtsprechungsbegriff –– Kernbereich  111 –– Monopol siehe Rechtsprechungs­ monopol –– Verhältnis zur privaten Streitbeilegung  105 Rechtsprechungsbegriff  116 –– Formeller Rechtsprechungsbegriff  116 –– Funktioneller Rechtsprechungsbegriff  120 –– Kritik des funktionellen Recht­ sprechungsbegriffs  122 –– Materielle Annäherung der Rechts­ lehre  121 –– Materielle Annäherung des Bundes­ verfassungsgerichts  118 –– Traditioneller Kernbereich der Rechtsprechung  120 Rechtsprechungsmonopol –– Begründung  104 –– Bindung des einfachen Gesetzgebers  114 –– Bindung des verfassungsändernden Gesetzgebers  109 Reconciliation-Projekt  69 Richtlinie 2008 / 52 / EG  48 Schiedsverfahren  40, 71 Schlichtung  44, 72 Schutzbereichsbestimmung  161 Schutzbereichslösung  204 Schutz vor öffentlicher Konkurrenz siehe Konkurrenzschutz Selbstbestimmungsgradient  71

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Selbstverantwortlichkeit in der Media­ tion  26 Service-Delivery-Projekt  65 Social-Transformation-Projekt  70 Soziale Marktwirtschaft  147 Sozialisierung  151 Staat und Gesellschaft siehe Unterschei­ dung von Staat und Gesellschaft Steuerstaatsprinzip  239 Subsidaritätsprinzip siehe Vorrang der Gesellschaft vor dem Staat Übermaßverbot  252, siehe auch Vorrang der Gesellschaft vor dem Staat Unterscheidung von Staat und Gesell­ schaft  165, 233, 240 Vergleich (Konfliktbeendigung)  45 Vergleich von Mediation und Güte­ richterverfahren –– Befugnisvergleich  79 –– Kostenvergleich  85 –– Tätigkeitsvergleich  64 –– Überblick  46 Verstoß gegen einfaches Recht  205 Vertraulichkeit in der Mediation  28 Vorbehalt des Gesetzes  205, 227 Vorhersehbarkeit  199 Vorrang der Gesellschaft vor dem Staat  146, 235, 252 Wesensgehalt der Grundrechte  113 Willkür  167, 241 Wirtschaftsfreiheit  129 Wirtschaftskraft der öffentlichen Hand  171 Wirtschaftspolitische Offenheit des Grundgesetzes  146 Wirtschaftsverfassung  146 Zielgerichtetheit  196