Grenzfragen der strafrechtlichen Beihilfe: unter besonderer Berücksichtigung der sogenannten psychischen Beihilfe [1 ed.] 9783428496518, 9783428096510

In der vorliegenden Arbeit befaßt sich Martina Baunack mit bislang nicht erschöpfend geklärten dogmatischen Grundlagen d

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Grenzfragen der strafrechtlichen Beihilfe: unter besonderer Berücksichtigung der sogenannten psychischen Beihilfe [1 ed.]
 9783428496518, 9783428096510

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MARTINA BAUNACK

Grenzfragen der strafrechtlichen Beihilfe

Schriften zum Strafrecht Heft 117

Grenzfragen der strafrechtlichen Beihilfe unter besonderer Berücksichtigung der sogenannten psychischen Beihilfe

Von

Martina Baunack

Duncker & Humblot . Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Baunack, Martina: Grenzfragen der strafrechtlichen Beihilfe: unter besonderer Berücksichtigung der sogenannten psychischen Beihilfe I von Martina Baunack. - Berlin : Duncker und Humblot, 1999 (Schriften zum Strafrecht; H. 117) Zug!.: Mainz, Univ., Diss., 1998 ISBN 3-428-09651-7

Alle Rechte vorbehalten

© 1999 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0558-9126 ISBN 3-428-09651-7 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

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Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Frühjahr 1998 vom Fachbereich Rechtsund Wirtschaftswissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz als Dissertation angenommen. Mein besonderer Dank gilt Herrn Professor Dr. Justus Krümpelmann, der das Thema der Arbeit angeregt und ihre Fertigstellung mit viel Verständnis, Geduld und Umsicht gefördert hat. Ohne seine weiterführende Kritik und wohlmeinenden Ratschläge wäre die Arbeit in dieser Form nicht zustandegekommen. Herzlich danken möchte ich auch Herrn Professor Dr. Ernst-Walter Hanack für die Erstellung des Zweitgutachtens und seine wertvollen Hinweise, die mich während der Entstehungszeit der Arbeit immer wieder ermutigt haben. Meinem Bruder Sebastian und Frau Ursula Streng danke ich für ihre unschätzbare Hilfe bei der Textverarbeitung. Schließlich sei der Lang-Hinrichsen-Stiftung für die großzügige finanzielle Unterstützung gedankt. Martina Baunack

Inhaltsverzeichnis Erster Abschnitt: Einleitung ....................................................................................... 13 Zweiter Abschnitt: Allgemeine Vorfragen der Teilnahme........................................ 18 A. Das Verhältnis von Täterschaft und Teilnahme ................................................... 18 I. Die subjektiven Teilnahmetheorien ............................................................... 18 11. Die objektiven Teilnahmetheorien ................................................................ 20 III. Die Tatherrschaftslehre ................................................................................. 21 IV. Zur Abgrenzung Mittäterschaft - Beihilfe .................................................... 22 B. Die Akzessorietätssystematik............................................................................... 24 I. Die akzessorietätsorientierte Verursachungstheorie ...................................... 24 11. Anstiftung und Beihilfe als selbständige Teilnehmerdelikte ......................... 26 I. Die reine Verursachungstheorie ................................................................ 26 2. Die Schuldteilnahmetheorie ...................................................................... 29 3. Kritik ......................................................................................................... 29 III. Zwischenergebnis ......................................................................................... 33

Dritter Abschnitt: Die objektive Beziehung zwischen Hilfeleistung und Haupttat. 34 A. Die Kausalität ...................................................................................................... 34 I. Der Begriff der Kausalität ............................................................................. 34 11. Die Feststellung der Kausalität ..................................................................... 36 III. Erscheinungsformen und Reichweite der Kausalität bei der Beihilfe ........... 38 I. Erfolgsdefinition der Hilfeleistung ........................................................... 38 2. Das Problem der Konkretisierung ............................................................. 39 IV. Die Kausalität der Beihilfe in Rechtsprechung und Literatur ....................... 42 B. Die nichtkausale Beihilfe ..................................................................................... 46 I. Die Lösungsvorschläge von Schaffstein und Salamon .................................. 46 1. Das Prinzip der objektiven Bezweckbarkeit von Honig ............................ 51 2. Das Risikoerhöhungsprinzip Roxins ......................................................... 54 a) Darstellung .......................................................................................... 54 b) Allgemeine Begriffsbestimmung der abstrakten und konkreten Gefahr.................................................................................................. 54 c) Der Gefahrbegriff der Risikoerhöhungslehre ...................................... 56 d) Folgerungen für die Anwendung des Risikoerhöhungsprinzips auf die Beihilfe .......................................................................................... 58

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Inhaltsverzeichnis 3. Der Gefahrbegriff bei Schaffstein und Salamon ....................................... 59 11. Der Lösungsvorschlag von Vogler.. .............................................................. 63 I. Begriff und Funktion des "Rechtsguts" in Voglers Lösung ...................... 66 2. Das Gefahrurteil Voglers .......................................................................... 67 III. Der Lösungsvorschlag von Herzberg ............................................................ 68 C. Zwischenbilanz .................................................. .................................................. 70 D. Strafgrund der Beihilfe .......................................................................... :............. 72 I. Rechtfertigung der Gehilfenbestrafung über den Solidarisierungsgedanken. 72 11. Rechtfertigung der Gehilfenbestrafung über das Intensivierungsprinzip (Samson) ....................................................................................................... 77 III. Rechtfertigung der Gehilfenbestrafung über den Risikoerhöhungsgedanken (Roxin) ......................................................................................................... 79 E. Die Problematik des untauglichen Versuchs .............................. .. ..... ........ ..... ...... 81 I. Die Eindruckstheorie ..................................................................................... 83 11. Der Versuch mit untauglichen Mitteln .......... ................................................ 83 III. Der Versuch am untauglichen Objekt.. ......................................................... 84 IV. Konsequenzen für die Beihilfe ..................................................................... 85 F. Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse ...................................................... 90 G. Erprobung der Lösung an einigen Beispielsfällen .......... .. .... .. ............................. 90 I. Revolverfall ................................................................................................... 90 11. Der wachestehende Gehilfe ........................................................................... 91 IlI. Taschendiebfall. ............................................................................................ 92 IV. Arsenfall ....................................................................................................... 93 V. Staubhemdfall; RG, Urt. v. 10.5.1883 - Rep. 799/83 ................................... 95

Vierter Abschnitt: Die besondere Problematik der psychischen Beihilfe ................ 97 A. Psychische Beihilfe durch technische Rathilfe .................................................... 97 B. Psychische Beihilfe durch Bestärken des Tatentschlusses ................................... 98 I. Problemstellung ............................................................................................... 98 I. Das Problem der psychisch vermittelten Kausalität .................................... 99 2. Bedenkliche Entscheidungen der Rechtsprechung zur psychischen Beihilfe ..................................................................................................... 102 a) Psychische Beihilfe durch Anwesenheit am Tatort; BGH, Urt. v. 10.2.1982 - 3 StR 398/81 .................................................................... 102 b) Psychische Beihilfe durch Zurufe ...................................................... 104 aa) BGH, Urt. v. 15.6.1962 - 4 StR 125/62 ....................................... 104 bb) BGH, Urt. v. 26.6.1980 - 4 StR 129/80 ...................................... 104 c) Schlußfolgerung ................................................................................. 105 11. Der Tatentschluß .......................................................................................... 105 I. Der Tatentschluß als subjektiv unbedingtes Wollen ............................... 106 2. Der Tatentschluß als Hinarbeiten auf die Rechtsgutsverletzung (Arzt) .. 107 3. Die Tat als konstitutives Element des Tatentschlusses (Puppe) .............. 109

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4. Der Tatentschluß als überwiegender Verwirklichungswille (Roxin) ...... I11 5. Das Modell der Handlungskontrolle von Kuhi ....................................... 115 a) "Absicht" und "Entschluß" ............................................................... 115 b) Die voluntionalen Vermittlungsprozesse .......................................... 119 aa) Die Aufmerksamkeitskontrolle .................................................. 119 bb) Die Umweltkontrolle ................................................................. 120 cc) Die Sparsamkeit der Informationsverarbeitung .......... ..... ... ....... 120 dd) Die Motivationsaufschaukelung ................................................ 121 ee) Die Enkodierungskontrolle ........................................................ 121 ff) Die Emotionskontrolle ................................................................ 122 III. Zusammenfassung ...................................................................................... 122 IV. Konsequenzen für die psychische Beihilfe ................................................. 123 1. Zum Nachweis des Entstehungszeitpunktes des Tatentschlusses ........ .... 123 2. Die Möglichkeit einer "bestärkenden" Einflußnahme durch den Gehilfen .................................................................................................. 124 V. Die Ansicht von Samson zur psychischen Unterstützung .......................... 125 VI. Voraussetzungen der Strafbarkeit wegen psychischer Beihilfe durch Bestärken des Tatentschlusses ................................................................... 127 1. Die Kausalität ........................................................................................ 127 2. Die Risikoerhöhung ............................................................................... 130 VII. Abgrenzung Anstiftung - psychische Beihilfe im Hinblick auf die Fälle, in denen die Tatbegehung von einer psychischen Unterstützung abhängig ist... ............................................................................................ 132 1. Die Voraussetzungen der Anstiftung ............................................ ........ 134 a) Zu den Anforderungen an die Anstiftungshandlung ........................ 134 aa) Überschreiten des erlaubten Risikos ......................................... 135 bb) Eigenverantwortungsprinzip .................................................... 137 b) Strafgrund der Anstiftung ............................................................... 140 aa) Der Korruptionsgedanke .............................. ........ ..................... 140 bb) Anstiftung als Planherrschaft (Schulz) ..................................... 142 cc) Anstiftung als Unrechtspakt (puppe) ........................................ 142 dd) Eigene Beurteilung ................................................................... 144 2. Zusammenfassung ................................................................................ 147 VIII. Auswirkungen der Lösung auf § 30 Ir StGB ............................................ 148 IX. Anwendung der hier vertretenen Beihilfekonzeption auf Fälle aus der Praxis ....................................................................................................... 151 I. Psychische Beihilfe durch Mitverabredung des Tatplans ? ................... 151 a) Polizistenmorde; BGH, Urt. v. 15.1.1991 - 5 StR 492/90 ............... 151 b) Asylbewerberheim, jüdischer Friedhof; BGH, Urt. v. 18.1.1994I StR 769/93 ................................................................................... 153 c) Mittäterschaftlich geplanter Banküberfall; BGH, Urt. v. 13.3.1979I StR 739/78 ................................................................................... 154

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2. Psychische Beihilfe durch Anwesenheit am Tatort? ............................... 155 a) Widerspruchslose Duldung einer verkehrs gefährdenden Fahrweise; BayObLG, Urt. v. 20.5.1959 - I St 243/59 ....................................... 155 b) Beobachtung des Tatgeschehens; BGH, v. 25.10.1966 1 StR 345/66 ..................................................................................... 157 c) Mord mit Baseballschläger; BGH, Beschl. v. 3.5.1996 2 StR 641/95 .................................................................................... 157 3. Psychische Beihilfe durch Zusage eines physischen Gehilfenbeitrags? . 158 a) Zusage einer Kuriertätigkeit; BGH, Beschl. v. 5.7.1984I StR 318/84 .................................................................................... 158 b) Zusage einer Fluchthilfe; BGH, Urt. v. 21.7.1993 - 2 StR 282/93 ... 159 4. Psychische Beihilfe durch Zurufe? ........................................................ 160 a) Beihilfe zu einem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr; BGH, Urt. v. 26.6.1980 - 4 StR 129/80 ............................................ 160 b) Beihilfe zur Unfallflucht; BGH, Urt. v. 15.6.1962 - 4 StR 125/62 .. 161 Exkurs .......................................................................................................... 162 1. Psychische Beihilfe durch "vorgeleistete Strafvereitelung"? .................. 162 2. Der wachestehende Gehilfe ..................................................................... 163 3. Übergabe eines untauglichen Tatwerkzeugs im Falle einer nur versuchten Haupttat ................................................................................ 163 4. Übergabe eines untauglichen Tatwerkzeugs im Falle einer auf andere Weise vollendeten Haupttat .................................................................... 164

Fünfter Abschnitt: Schlußbetrachtung..................................................................... 165 Literaturverzeichnis ................................................................................................... 167 Sachregister ................................................................................................................ 176

Abkürzungsverzeichnis a. A. a. F. Alt. Anh. Anm. ARSP AT Aufl. BayObLG BayObLGE Bd. BGB!. Begr. Besch!. BGH BGHSt BT-Drucks. BVerfGE bzw. d. h. DR f. ff. Fn. FG FS GA gern. grds. GS h.M. Hrsg. insb. i. S. JA JR Jura JuS JW JZ

andere Ansicht alte Fassung Alternati ve Anhang Anmerkung Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie Allgemeiner Teil Auflage Bayrisches Oberstes Landesgericht Entscheidung des Bayrischen Obersten Landesgerichts Band Bundesgesetzblatt Begründung Beschlur.. Bundesgl~richtshof Bundesg,~richtshof Entscheidungen in Strafsachen Bundestagsdrucksache Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts beziehungsweise das heißt Deutsches Recht folgende Seite fortfolgellde Fußnote Festgabe Festschrift Goltdammer's Archiv für Strafrecht gemäß grundsätzlich Gedächtnisschrift / Der Gerichtssaal herrschende Meinung Herausgeber insbesondere im Sinne Juristische Arbeitsblätter Juristische Rundschau Juristische Ausbildung Juristische Schulung Juristische Wochenschrift Juristenzeitung

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Abkürzungsverzeichnis

LK LG MDR NJW Nr. NStZ NZWehrR

Leipziger Kommentar zum Strafgesetzbuch Landgericht Monatsschrift für Deutsches Recht Neue Juristische Wochenschrift Nummer Neue Zeitschrift für Strafrecht Neue Zeitschrift für Wehrrecht oben oder ähnliches Oberlandesgericht Randnummer Reichsgericht Reichsgesetzblau Reichsgericht Entscheidungen in Strafsachen Rechtsprechung Seite Schönke I Schröder Systematischer Kommentar sogenannt Strafrechtsänderungsgesetz Strafgesetzbuch Strafverteidiger Teilband unten unter anderem Urteil unter Umständen von I vom vergleiche Verordnung Vorbemerkung Verkehrsrechts-Sammlung Zeitschrift für Wirtschaft, Steuer, Strafrecht zum Beispiel zitiert Zeitschrift für die gesamte Strafrechts wissenschaft zustimmend

o. o. ä. OLG Rdn. RG RGB\. RGSt Rspr.

S. Sch-Sch SK sog. StÄG StGB StV Tb.

u. u. a. Urt. u. U.

v. vg\. VO Vorbem. VRS wistra z. B. zit. ZStW zust.

Erster Abschnitt: Einleitung Die Arbeit befaßt sich mit einigen Grundproblemen der Beihilfe, über die trotz vielfältiger Diskussionen keine Einigkeit erzielt worden ist. Einen Schwerpunkt der Betrachtung bildet die Unterscheidung zwischen versuchter und vollendeter Beihilfe. Da die versuchte Beihilfe nach einhelliger Ansicht von § 27 StGB nicht erfaßt wird, ist mit den Anforderungen, die an eine erfolgreiche Beihilfe gestellt werden, zugleich eine Abgrenzung der strafbaren Teilnahme gegenüber einem grundsätzlich l straffreien Raum verbunden. Welche Voraussetzungen eine vollendete Beihilfe erfüllen muß, läßt sich nicht ohne weiteres dem Gesetz entnehmen, weil § 27 StGB die Beihilfe lapidar als geleistete Hilfe umschreibt. Die vorsätzliche Vornahme lediglich einer Hilfeleistung kennzeichnet jedenfalls strukturell eine Versuchssituation, so daß darüber hinaus ein objektiver Bezug zwischen Hilfeleistung und Haupttat verlangt wird. Mit dem Erfordernis eines Kausalzusammenhangs im Sinne der Äquivalenztheorie könnte diese objektive Verbindung hergestellt werden. Die Kausalität der Beihilfe bereitet jedoch in manchen Fallkonstellationen Schwierigkeiten. Evidenzfälle vollendeter Beihilfe sind solche, in denen der Gehilfe einen Beitrag erbringt, der die erfolgreiche Durchführung der Haupttat überhaupt erst ermöglicht. Übergibt beispielsweise der Gehilfe dem Täter Arsen, mit dem dieser das Opfer vergiftet, so wird niemand am Vorliegen eines Kausalzusammenhangs zwischen der Gehilfenhandlung und dem Erfolg der Haupttat zweifeln. Daneben bestehen aber Grenzfälle, in denen die kausale Verbindung mindestens zweifelhaft ist. Hierzu gehören solche Gehilfenbeiträge, die sich bei Begehung der Tat als unbrauchbar erweisen, so daß der Täter die Tat auf andere Weise vollendet. Der Gehilfe verschafft beispielsweise dem zu einem Mord entschlossenen Täter einen Revolver, der während der Tatdurchführung den Dienst versagt. Daraufhin erwürgt der Täter das Opfer. Kausalität zwischen der (erfolglosen) Verwendung des Revolvers und dem Todeseintritt liegt nicht vor2 , so daß jedenfalls eine auf den Gebrauch der Waffe gestützte Zurechnung der vollendeten Tat unter Zugrundelegung des Kausaldogmas ausscheiden muß. Problematisch sind 1 Eine Ausnahme bildet § 30 11 StGB, der nach hier vertretener Ansicht unter bestimmten Voraussetzungen eine versuchte psychische Beihilfe pönalisiert. Vgl. u., S. 148 ff. 2 Es sei denn, man folgt der Lehre Mezgers, dazu u., S. 39 f.

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außerdem die Beiträge, die sich nach Begehung der Tat als überflüssig herausstellen. Ob etwa der wachestehende Gehilfe, der mangels potentieller Störer keine über das Wachehalten hinausgehenden Aktivitäten entfalten muß, den Erfolg der Haupttat mitverursacht, ist durchaus fraglich. Schließlich können die Fälle Schwierigkeiten bereiten, in denen ein Dritter einen von vornherein für die Tatbestandserfüllung überflüssigen, aber das Tatbild modifizierenden Beitrag erbringt. Ein "Gehilfe" reicht z. B. dem Einbrecher während der Tatbegehung ein Glas Coca-Cola zur Erfrischung. Zur Umgehung oder erleichterten Handhabung der Kausalitätsproblematik bei der Beihilfe bieten sich verschiedene Strategien an. Die Rechtsprechung vertritt mit Hilfe ihrer sog. Förderungsformel den Standpunkt, daß eine Zurechnung der vollendeten Haupttat auf den Gehilfen keine Kausalität zwischen der Hilfeleistung und dem Erfolg der Haupttat voraussetzt. Ausreichend sei vielmehr, daß der Gehilfe die Tat zu irgendeinem Zeitpunkt tatsächlich gefördert hat. 3 Diese Ansicht schafft zwar das Kausalitätsproblem nicht aus der WeIt, denn immerhin muß eine kausale Beeinflussung der Tatausführung nachgewiesen werden. Diese genügt aber, so daß es etwa im Fall des wachestehenden Gehilfen in Bezug auf die Zurechnung der vollendeten Haupttat nicht darauf ankommt, ob das Wachestehen auch für den Erfolg der Tat ursächlich geworden ist. Eine Zurechnung der vollendeten Tat auf den Gehilfen ist nach dieser Auffassung prinzipiell auch dann möglich, wenn der Täter das Delikt nicht mit Hilfe des vom Gehilfen übergebenen, untauglichen Tatwerkzeugs, sondern auf andere Weise vollendet. 4 Einen anderen Weg, der die mit dem Kausalitätserfordernis verbundenen Schwierigkeiten beseitigt, gehen die Autoren, die den Kausalzusammenhang durch das ursprünglich für die Fahrlässigkeitsdelikte entwikkelte Risikoerhöhungsprinzip ersetzen. Die Hilfeleistung muß danach weder die Durchführung noch den Erfolg der Tat mitverursachen. Eine Haftung des Gehilfen für das vollendete Delikt kommt bereits dann in Betracht, wenn sein Beitrag das Risiko einer erfolgreichen Durchführung der Tat geschaffen oder erhöht hat. 5 Ob der Verzicht auf das Kausaldogma bei der Beihilfe ein gangbarer Weg ist, wird einer näheren Untersuchung bedürfen. Das Ausweichen auf die psychische6 Beihilfe durch Bestärken des Tatentschlusses, die einen weiteren Schwerpunkt der Arbeit darstellt, kann ebenfalls Vgl. u., S. 43. Vgl. dazu den sog. Nachschlüsselfall, RGSt 6, 169 f., u., S. 44. 5 Vgl. u., S. 46 ff. 6 Zum Bereich des "Psychischen" gehören prinzipiell alle subjektiven Vorgänge, die sich im Inneren eines Menschen abspielen. Der Begriff des "Psychischen" bei der psychischen Beihilfe ist jedoch nicht auf die seelischen Vorgänge des Gehilfen, sondern auf den Tatentschluß des Täters bezogen. Aus Sicht des Gehilfen gehört die Psyche des Täters als fremdpsychische Erscheinung der Außenwelt, also dem Bereich des Objekti3

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1. Abschnitt: Einleitung

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als Umgehungsstrategie bezeichnet werden. So besteht in den oben genannten Grenzfällen prinzipiell die Möglichkeit, die Zurechnung der vollendeten Tat darauf zu stützen, daß der Gehilfe die Tatbestandsverwirklichung jedenfalls über eine Bestärkung des Täterwillens mitverursacht hat. Eine psychisch wirkende Unterstützung ist aber nicht nur als eventuelle Begleiterscheinung einer physischen Hilfeleistung von Bedeutung. Eigenständige Funktion bewahrt die psychische Beihilfe, wenn die Tätigkeit des Gehilfen ausschließlich auf eine Bestärkung des Tatentschlusses gerichtet ist. 7 Der Nachweis eines psychisch vermittelten Kausalzusammenhangs ist jedoch mit Schwierigkeiten verbunden, da eine erfolgreiche Beeinflussung der Täterpsyche der unmittelbar sinnlichen Wahrnehmung verschlossen ist und allenfalls mittelbar - insbesondere über die Aussagen des Beeinflußten - aufgeklärt werden kann. Aus diesem Grund ist die Grenze zwischen einer folgenlosen Meinungs- oder Solidarisierungsbekundung und einer wirksamen Hilfeleistung schwer erkennbar, so daß die psychische Beihilfe durch Bestärken des Tatentschlusses in besonderem Maße der Gefahr einer "Solidarhaftung" ausgesetzt ist. Nährboden für den Gedanken einer Solidarhaftung ist die Schuldteilnahmetheorie, wonach der Teilnehmer bestraft wird, weil er seinen Willen mit dem schuldhaften Täterwillen vereinigt hat. 8 Anknüpfungspunkt für die Strafbarkeit des Teilnehmers ist hiernach nicht die Mitbewirkung der Tat, sondern der betätigte rechtsfeindliche Wille. Kraft seiner Willenseinigung mit dem Täter, die auch eine einseitige sein könne, übernehme der Teilnehmer die volle Mitverantwortung für das Haupttatunrecht. 9 Zwar ist die Schuldteilnahmetheorie in der von Hellmuth Mayer vertretenen Form heute überwunden. Dennoch vermitteln einige Entscheidungen aus der Rechtsprechung des BGH den Eindruck, daß jemand nicht wegen einer Mitwirkung an der Gefährdung oder Verletzung des Tatobjekts als Gehilfe bestraft wird, sondern weil er sich mit dem Täter und dessen Tat solidarisch gezeigt hat. 10 Der Gefahr, daß die psychische Beihilfe in die Funktion eines bloßen ,,Auffangtatbestandes" gedrängt wird, leistet die Rechtsprechung Vorschub, wenn sie die Voraussetzungen eines "bestärkten" Tatentschlusses großzügig handhabt, etwa indem sie aus dem Umstand, daß der Täter einen motivierenden Zuruf zur Kenntnis genommen hat, ohne weiteres auf eine bestärkende Wirkung schließt. I I Ein besonderes Anliegen dieser Arbeit besteht deshalb darin, die ven an. Auch die psychische Beihilfe ist deshalb ein nach außen hin wirkender, objektiv zu beurteilender Beitrag. 7 Z. B. durch Ausreden von Bedenken oder Skrupeln, die den Täter vor der Tatbegehung noch plagen. H H. Mayer, FS für Rittler, S. 243 ff. (254 f.). 9 H. Mayer, FS für Rittler, S. 243 ff. (255,261). 10 Vgl. BGH VRS 23 (1962), 207 ff.; BGH VRS 59 (1980), 185 ff.; BGH StV 82, 517 f.; dazu u., S. 102 ff. II Vgl. BGH VRS 23 (1962), 207 ff.; BGH VRS 59 (1980), 185 ff.

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I. Abschnitt: Einleitung

Wirkungsweise der psychischen Beihilfe im einzelnen zu untersuchen, um einer gezieIten und gründlicheren Aufklärung des Kausalzusammenhangs den Weg zu ebnen. Die psychische Beihilfe durch Bestärken des Tatentschlusses ist auf das voluntative Vorsatzelement bezogen, indem der Gehilfe den schon bestehenden Täterwillen festigt. Nun ist das herkömmliche Verständnis vom Vorsatz als Wissen und Wollen der objektiven Tatbestandsverwirklichung in den letzten Jahren zum Gegenstand einer lebhaften Diskussion geworden, in der - mit unterschiedlichen Akzentuierungen - die Auffassung vertreten wird, daß der Vorsatz allein über das Wissenselement zu definieren sei. 12 Der Verzicht auf die voluntative Vorsatzkomponente wird u. a. damit begründet, daß das alltagspsychologische Verständnis vom Wollen im Sinne einer auf ein erwünschtes Ziel gerichteten Intentionalität weder den dolus eventualis noch den dolus directus 2. Grades erfassen könne. 13 Daneben betont Puppe, daß der Wille ein ungeeignetes Vorsatzkriterium sei, weil die innere Beziehung des Täters zum Erfolg als reines Internum dem forensischen Beweis prinzipiell unzugänglich sei. 14 Puppe verzichtet deshalb auf jegliche psychologische Beurteilung des Vorsatzes und differenziert zwischen Vorsatz und bewußter Fahrlässigkeit nach der Qualität der vom Täter wissentlich gesetzten Gefahr. Vorsätzliches Handeln liege vor, wenn jemand, mit welcher Einstellung auch immer, ein Verhalten an den Tag legt, das eine taugliche Methode zur Herbeiführung des Erfolges darstellt. 15 Die mit einem solchen Vorsatzverständnis verbundenen Fragen, insbesondere bezüglich der auf das voluntative Vorsatzelement bezogenen psychischen Beihilfe, sollen nicht zum Gegenstand dieser Arbeit gemacht werden, weil eine Auseinandersetzung mit der Vorsatzlehre den Rahmen der Untersuchung überschreiten würde. Den folgenden Ausführungen liegt der traditionelle Begriff des Vorsatzes als Wissen und Wollen zugrunde. Der Wille wird hier im Sinne eines Verwirklichenwollens verstanden. Verwirklichenwollen bedeutet, daß der Täter eine Entscheidung für die Vornahme einer tatbestandsmäßigen Handlung getroffen hat. 16 Das Entstehen einer Entscheidungssituation, in der der Täter vor der Wahl steht, auf die Vornahme einer Handlung zu verzichten oder nicht,

12 Frisch, Vorsatz und Risiko; Herzberg, JuS 86, 249 ff. (252 ff.); Jakobs, Strafrecht AT, 8/5 ff., S. 258 ff.; Kindhäuser, ZStW 96 (1984), I ff. (27 f.); Puppe, Nomos, § 15, Rdn. 17 ff.; Puppe, ZStW \03 (1991), I ff. (19 ff.); Rudolphi, SK, § 16, Rdn. 43; Schumann, JZ 89, 427 ff. (433 f.); Struensee, JZ 87, 53 ff. (60, Fn. 89). 13 Kindhäuser, ZStW 96 (1984),1 ff. (22); Puppe, Nomos, § 15, Rdn. 26 ff.; Jakobs, Strafrecht AT, 8/18, S. 262. 14 Puppe, Nomos, § 15, Rdn. 49, 60. 15 Puppe, Nomos, § 15, Rdn. 90; Puppe, ZStW \03 (1991), I ff. (21 f.). 16 Vgl. im einzelnen zum Begriff der "Entscheidung": Ziegert, Vorsatz, Schuld und Vorverschulden, S. 142 ff.

I. Abschnitt: Einleitung

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setzt voraus, daß die erkannte Möglichkeit des Erfolgseintritts Eingang in den Motivationsprozeß findet. Gelingt es dem Täter nämlich, die wahrgenommene Gefahr durch bestimmte psychologische Strategien 17 zu verdrängen oder zu leugnen, so bleibt die für den Vorsatz charakteristische Entscheidungssituation aus. Berücksichtigung im Willensbildungsprozeß finden nur solche Informationen, die erkannt und ernst genommen werden. Wer sich unter diesen Umständen für die Verwirklichung einer riskanten Verhaltensweise entscheidet, handelt vorsätzlich. Die Entscheidung des Täters zugunsten eines Normverstoßes ist deshalb als vorsatzbegründendes Element nach der hier vertretenen Auffassung eine unverzichtbare Voraussetzung für die Möglichkeit strafbarer Teilnahme. Der folgende zweite Abschnitt der Arbeit, der zur Vorbereitung und Einführung in das Schwerpunktthema dient, ist den für Anstiftung und Beihilfe gemeinsam geltenden Grundsätzen gewidmet, nämlich dem Verhältnis von Täterschaft und Teilnahme und der Akzessorietätssystematik. Anschließend wendet sich die Darstellung im dritten Abschnitt den objektiven Voraussetzungen einer Beihilfe zu. Im Zentrum der Betrachtung steht hier zunächst die Frage, ob die Kausalität ein unverzichtbares Element vollendeter Beihilfe ist oder durch das Risikoprinzip ersetzt werden kann. Im Ergebnis wird sich die Kausalität als notwendige, wenngleich nicht ausreichende Haftungsvoraussetzung herausstellen. Damit entsteht die Frage, ob das Risikoprinzip als kausalitätseinschränkendes Zurechnungskriterium fruchtbar gemacht werden kann. Wie die Erörterung zeigen wird, ergeben sich in diesem Zusammenhang besondere Konsequenzen für die Beihilfe zum untauglichen Haupttatversuch. Die spezielle Problematik einer psychischen Beihilfe durch Bestärken des Tatentschlusses wird im vierten Abschnitt der Arbeit behandelt, wobei versucht werden soll, die Wirkungsweise einer psychischen Unterstützung mit Hilfe neuerer Erkenntnisse aus der Motivationspsychologie zu durchleuchten. Schließlich erfolgen nähere Ausführungen zu den Auswirkungen des Risikoprinzips auf diese Form der Beihilfe.

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Vgl. dazu bei Ziegert, Vorsatz, Schuld und Vorverschulden, S. 153 f.

2 Baunack

Zweiter Abschnitt: Allgemeine Vorfragen der Teilnahme A. Das Verhältnis von Täterschaft und Teilnahme Die Unterscheidung zwischen Täterschaft und Teilnahme, die zu den umstrittensten Problemen der Strafrechtswissenschaft gehörte, war lange Zeit durch die konträren Standpunkte der objektiven und subjektiven Teilnahmetheorien geprägt. Inzwischen hat das Gewicht dieses Meinungsstreits an praktischer Bedeutung verloren, da einseitig objektiv oder subjektiv orientierte Ansichten zugunsten einer Annäherung der Sichtweisen aufgegeben wurden. Eine eingehende Erörterung der dogmatisch unterschiedlich begründeten Standpunkte ist im Rahmen der hier gestellten Thematik nicht erforderlich. Die folgenden Ausführungen beschränken sich daher auf einen kurzen Überblick über die Abgrenzungsmethoden der Rechtsprechung und der herrschenden Lehre, womit zugleich die allgemeinen Grenzen für das Betätigungsfeld eines Gehilfen abgesteckt werden. Während die Rechtsprechung bis heute prinzipiell von einer subjektiven Teilnahmetheorie ausgeht, hat sich in der Wissenschaft weitgehend die Tatherrschaftslehre durchgesetzt. I. Die subjektiven Teilnahmetheorien

Subjektive Theorien sind vor allem in Form der Dolustheorie und der Interessentheorie bekannt geworden. Beiden ist gemeinsam, daß sie die Unterscheidung zwischen Täterschaft und Teilnahme von der Willensrichtung des Handelnden abhängig machen. Täter sei, wer die Tat als eigene will und mit Täterwillen (animus auctoris) handelt. Teilnehmer sei, wer die Tat nur als fremde will und mit entsprechendem Teilnehmerwillen (animus socii) handelt. 18 Ent18 RGSt 2, 160 ff. (163); RGSt 31, 80 ff. (82); RGSt 37, 55 ff. (58); RGSt 39, 193 ff. (196); RGSt 40,21 ff. (25); RGSt 41,61 ff. (64 f.); RGSt 42, 151 ff. (156); RGSt 52, 152 f. (153); RGSt 53, 138 f.; RGSt 54, 152 ff. (153); RGSt 57,274 f. (274); RGSt 57, 307 ff. (308); RGSt 62, 369 ff. (390); RGSt 66, 236 ff. (240); RGSt 66, 298 ff. (305); RGSt 74, 84 ff. (85); BGHSt 6, 226 ff. (228); BGHSt 8, 390 ff. (391); BGHSt 9, 370 ff. (380); BGHSt 11, 268 ff. (272); BGHSt 13, 162 ff. (166); BGHSt 14, 123 ff. (129); BGHSt 16, 12 ff. (13); BGHSt 18, 87 ff. (90); BGHSt 27, 205 ff. (206 f.); BGHSt 28,346 ff. (348); BGHSt 37, 289 ff. (293); vgl. auch Baumann/Weber/Mitsch, Strafrecht AT, S. 610, Rdn. 59.

A. Das Verhältnis von Täterschaft und Teilnahme

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scheidendes Kriterium zur Bestimmung des animus socii ist nach der Dolustheorie die Abhängigkeit des Teilnehmerswillens. Während sich der Täter durch einen selbständigen, unabhängigen Willen auszeichne, ordne sich der Teilnehmer dem Willen des Täters unter, so daß die Entscheidung über das "Ob" der Tatdurchführung seinem Einfluß entzogen ist. Der Teilnehmer stelle dem Täter die Tatbegehung anheim. Er wolle sie nur, wenn auch der Täter will. Demgegenüber erkenne der Täter keinen übergeordneten Willen an. 19 Nach der Interessentheorie bildet der Grad des eigenen Interesses an der Tatdurchführung ein Indiz für den Täter- bzw. Teilnehmerwillen. Wer nur ein geringes Interesse am Taterfolg hat, wolle die Tat regelmäßig nicht als eigene und sei deshalb Teilnehmer. 2o Die Rechtsprechung beruhte ursprünglich auf einer wenig differenzierten Handhabung der sogenannten Animus-Formeln. Insbesondere das Reichsgericht stellte einseitig auf die innere Willensrichtung ab, so daß einerseits Mittäterschaft ohne Beteiligung an der Tatbestandsverwirklichung möglich war21 , andererseits die vollständige Verwirklichung des Tatbestandes in eigener Person Gehilfenschaft begründen konnte. 22 Wenngleich der BGH die subjektiv orientierte Abgrenzungsmethode des Reichsgerichts übernommen und fortgeführt hat, so versucht er doch mittlerweile, die Feststellung der inneren Willensrichtung anhand äußerer Kriterien wie dem Umfang der Tatbeteihgung oder der Tatherrschaft im Rahmen einer "wertenden Gesamtbetrachtung" zu objektivieren. 23 Damit trägt die Rechtsprechung des BGH der Vorschrift des § 25 I, 1. Alt. StGB Rechnung, wonach die eigenhändige Tatbestandsverwirkhchung unabhängig von der inneren Willensrichtung des Beteiligten regelmäßig 24 Täterschaft begründet. 19 v. Buri, Die Causalität und ihre strafrechtlichen Beziehungen, S. 41; Bockelmann, Strafrechtliche Untersuchungen, S. 76; RGSt 3, 181 ff. (182 f.); RGSt 55, 282 f. (283); BGHSt 2,150 ff. (156); BGHSt 9,370 ff. (380); BGH NJW 51,120 f. (121); BGH VRS 23 (1962), 207 ff. (209); BGH wistra 89, 356; BGH wistra 92,181 f. (182). 20 RGSt 42, 151 ff. (156); RGSt 52, 152 f. (153); RGSt 74, 84 ff. (85); BGHSt 16, 12 ff. (13 f.); BGHSt 18, 87 ff. (95); BGHSt 28,346 ff. (349); BGHSt 37,289 ff. (293); BGH VRS 23 (1962),207 ff. (209); BGH GA 77,306; BGH StV 83, 461; BGH StV 84, 286 f. (287); BGH wistra 89, 346; BGH wistra 92, 181 f. (182); BGH NStZ 93, 137 f. (138); vgl. auch v. Buri, Die Causalität und ihre strafrechtlichen Beziehungen, S. 64, der davon spricht, daß der Gehilfe kein "selbständiges Interesse" an der Tatbegehung haben dürfe. 21 RGSt 2, 160 ff. (163); RGSt 63, 101 ff. (102 f.); RGSt 66, 236 ff. (240); RGSt 74, 21 ff. (23). 22 Vgl. RGSt 74, 84 ff. (85); aber auch BGHSt 18, 87 ff. (90); BGH VRS 23 (1962), 207 ff. (208 f.). 23 BGHSt 28, 346 ff. (349); BGHSt 37, 289 ff. (291); BGH GA 77, 306; BGH StV 85, 14; BGH StV 85, 106 f. (107); BGH wistra 89,346; BGH wistra 92, 181 f. (182); BGH NStZ 93, 137 f. (138); BGH StV 94, 241 f.; kritisch gegenüber der subjektiven Teilnahmetheorie BGHSt 8, 393 ff. (396); BGHSt 14, 123 ff. (129).

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2. Abschnitt: Allgemeine Vorfragen der Teilnahme

Die Wurzeln der subjektiven Teilnahmetheorie entspringen einer Zeit, in der die Verbrechenslehre das RechtswidrigkeitsUTteil allein auf die Geschehnisse in der Außenwelt bezog, während alle subjektiven Merkmale, die die innere Beziehung des Täters zu seiner Tat betreffen, der Schuld zugerechnet wurden. Die klassische Verbrechensdogmatik stellte die Interessen des Verletzten in den Mittelpunkt ihrer Betrachtung und verstand unter Unrecht "die Herbeiführung eines rechtlich mißbilligten Zustandes".2s Die Grundlage dieses Systems bildete ein naturalistisch aufgefaßter Handlungsbegriff, der die Handlung als willkürliche Verursachung einer Veränderung in der Außenwelt verstand. 26 Der Wille war nach dieser Auffassung nur in seiner die Handlung auslösenden Funktion bedeutsam, auf den Willensinhalt kam es dagegen nicht an. Aus der Reduzierung des deliktischen Geschehens auf einen Verursachungsvorgang folgte, sofern man - wie schon das Reichsgericht unter dem Einfluß v. Buris27 - von der Gleichwertigkeit aller Erfolgsbedingungen ausging, zwangsläufig die Unmöglichkeit, Täterschaft und Teilnahme nach objektiven Gesichtspunkten zu unterscheiden. 11. Die objektiven Teilnahmetheorien

Demgegenüber hielt sich die formal-objektive Theorie an den Wortlaut der tatbestandsmäßigen Handlungsbeschreibungen und sah nur denjenigen als Täter an, der die Tatbestandsmerkmale ganz oder teilweise in eigener Person verwirklichte. Jeder andere kausale Tatbeitrag konnte nur Teilnahme sein?8 Die materiell-objektiven Theorien unterschieden nach der Art oder Intensität der Kausalität. So differenzierte Frank zwischen physisch und psychisch wirkender Kausalität: "Die Thäterschaft ist mit dem Erfolge durch das Band der physischen, die Anstiftung und die Beihilfe sind mit ihm durch das Band der psychischen Kausalität verknüpft. ,,29 Feuerbach unterteilte in Haupt- und Nebenursachen. Urheber, also Täter sei, wer eine zur Verbrechensentstehung hin24 Ausnahmen, in denen trotz eigenhändiger Tatbestandsverwirklichung nur Teilnahme vorliegt, sind allenfalls in Extremfällen denkbar. Vgl. Lackner, StGB, § 25, Rdn. 1. 2S Mezger, GS 89 (1924), 207 ff. (246). 26 V. Liszt, Lehrbuch des Deutschen Strafrechts, S. 126 ff.; v. Hippel, Deutsches Strafrecht, Bd. 2, S. 126 ff. 27 v. Buri, ZStW 2 (1882), 232 ff. (251); v. Buri, Die Causalität und ihre strafrechtlichen Beziehungen, S. 41 f. 2M Beling, Die Lehre vom Verbrechen, S. 397, 408; Bemer, Lehrbuch des Deutschen Strafrechtes, S. 161, 166; Grünhut, JW 32, 366 f.; v. Hippel, Deutsches Strafrecht, Bd. 2, S. 453 f.; Liszt/Schmidt, Lehrbuch des Deutschen Strafrechts, S. 334, 340; Mezger, Strafrecht, Ein Lehrbuch, S. 444; Zimmerl, ZStW 49 (1929), 39 ff. (46); weitere Nachweise bei Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 34. 29 Frank, Das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich, Vor § 47 V.

A. Das Verhältnis von Täterschaft und Teilnahme

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reichende Ursache setzt, Gehülfe, wer nur die Wirksamkeit der Hauptursache unterstützt. 30 Eine rein objektive, d. h. ausschließlich das äußere Geschehen beurteilende Teilnahmelehre, vermag ebensowenig wie eine rein subjektiv orientierte Abgrenzungsmethode 31 eine befriedigende Lösung zu begründen. Einer streng auf die Tatbestandsvoraussetzungen bezogenen formal-objektiven Theorie ist mit der Figur der mittelbaren Täterschaft der Boden entzogen, weil diese in § 25 I, 2. Alt. StGB gesetzlich anerkannte Form der Täterschaft gerade keine eigenhändige Verwirklichung der Tatbestandsmerkmale verlangt. 32 Die materiell-objektiven Theorien, die die Einteilung von Täterschaft und Teilnahme auf Kausalitätsunterschiede zurückführen wollen, sind mit dem Prinzip der Gleichwertigkeit aller Bedingungen unvereinbar." Eine Synthese aus objektiven und subjektiven Kriterien bildet die in der Literatur ganz überwiegend vertretene Tatherrschaftslehre, die in der Lage ist, auch solche Beteiligungsformen, welche sich durch das Fehlen einer unmittelbaren Mitwirkung an der Tatbestandsverwirklichung auszeichnen, als Täterschaft zu erfassen.

III. Die Tatherrschaftslehre Die Tatherrschaftslehre, die von Lobe begründet34 , durch WeIzel und Gallas wesentlich gefördere 5 und von Roxin inhaltlich ausgearbeitet wurde'6, knüpft im Ausgangspunkt an die formal-objektive Theorie an, wonach derjenige Täter ist, der den Tatbestand in eigener Person verwirklicht. Die starre Verknüpfung der Täterschaft mit dem Erfordernis einer "eigenhändigen" Tatbestandserfüllung überwindet die Tatherrschaftslehre, indem sie denjenigen als Täter betrachtet, der den zum Erfolg führenden Geschehensverlauf beherrscht oder mitbeherrscht, so daß die Tat als Werk seines zielstrebig lenkenden oder mitgestaltenden Willens erscheint.'7 Wer die Tat ohne Tatherrschaft veranlaßt oder 30 Feuerbach, Lehrbuch des Peinlichen Rechts, §§ 44, 45, S. 80 ff.; näher zu den materiell-objektiven Theorien Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 38 ff. 31 Vgl. 0., S. 18 f. 32 Vgl. zur Kritik der formal-objektiven Theorie Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft,

S. 36 f.

33 Vgl. zur Kritik der materiell-objektiven Theorien Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 38 ff.; JescheckIWeigend, Lehrbuch des Strafrechts AT, S. 649. 34 Lobe, LK, 5. Aufl., Einleitung S. 123. 35 Welzel, ZStW 58 (1939), 491 ff. (539 ff.); Gallas, Beiträge zur Verbrechens lehre, S. 89 f. 36 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 107 ff. 37 Blei, Strafrecht I AT, S. 253 f.; Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 192 ff.; Jakobs, Strafrecht AT, 21/35 f., S. 613 f.; JescheckIWeigend. Lehrbuch des Strafrechts AT, S. 651 ff.; Kühl. Strafrecht AT, S. 625 f.. Rdn. 29; Lack-

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2. Abschnitt: Allgemeine Vorfragen der Teilnahme

fördert, kann folglich nur Teilnehmer sein. Die Herrschaft über das tatbestandsmäßige Geschehen setzt voraus, daß der Täter nach der Art und dem Umfang seines objektiven Tatbeitrags eine (mit-) beherrschende Rolle innehat und diese von einem entsprechenden Steuerungswillen getragen wird. Der Begriff der Tatherrschaft läßt sich danach als "objektiv-subjektive Sinneinheit" interpretieren. 38 Einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung der Tatherrschaftslehre leistete Welzel, indem er die Finalstruktur der Handlung herausarbeitete und den Begriff der "finalen Tatherrschaft" in seine Verbrechenslehre einfügte. 39 Wenn man die Handlung nicht nur als ein "rein blind kausales,,4o Geschehen, sondern als Verwirklichung eines zielgerichteten Willens versteht, dann läßt die zweckhaft ausgewählte Art der Vorgehensweise Sinnunterschiede im Handeln zu. Der systematische Ausgangspunkt der subjektiven Teilnahmelehre, der im Hinblick auf die Gleichwertigkeit aller kausalen Tatbeiträge die Möglichkeit einer objektiven Differenzierung zwischen Täterschaft und Teilnahme ausschloß, war damit überwunden. IV. Zur Abgrenzung Mittäterschaft - Beihilfe

Trotz weitgehender Übereinstimmung der Literatur im Tatherrschaftsgedanken bzw. seiner Anerkennung als ein entscheidungsrelevantes Kriterium neben anderen im Rahmen einer "wertenden Gesamtbetrachtung" durch die Rechtsprechung41 , erfährt seine Ausgestaltung im einzelnen unterschiedliche Akzentuierungen, die sich insbesondere bei der Unterscheidung zwischen Mittäterschaft und Beihilfe auswirken. Der Streit dreht sich vor allem um die Frage, ob mittäterschaftliches Verhalten auf eine Beteiligung im Ausführungsstadium beschränkt ist oder auch durch eine bloß vorbereitende Tätigkeit begründet werden kann. Teilweise wird die Auffassung vertreten, daß eine Vorbereitungshandlung zur Annahme von Mittäterschaft genügt, wenn sie im Ausführungssta-

ner, StGB, Vor § 25, Rdn.6; Maurach/Gössel/Zipf, Strafrecht AT, Tb. 2, S. 246 ff., Rdn. 84 ff.; Otto, Grundkurs Strafrecht, S. 269, Rdn. 22 ff.; Roxin, LK, § 25, Rdn. 34 ff.; Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 107 ff.; Rudolphi, FS für BockeImann, S. 369 ff. (370); Samson, SK, § 25, Rdn. 31 f.; Stratenwerth, Strafrecht AT I, S. 217, Rdn.750; Welzel, Das Deutsche Strafrecht, S. 98 ff.; Wesseis, Strafrecht AT, S. 143 f., Rdn. 521. 38 JeschecklWeigend, Lehrbuch des Strafrechts AT, S.652; vgl. auch Roxin, LK, § 25, Rdn. 35; Welzel, ZStW 58 (1939),491 ff. (542 f.); Gallas, Beiträge zur Verbrechenslehre, S. 90. 39 Welzel, ZStW 51 (1931),703 ff. (708 ff.); Wetzei, ZStW 58 (1939),491 ff. 40 Welzel, ZStW 58 (1939), 491 ff. (502). 41 BGHSt 28, 346 ff. (348); BGH NStZ 82, 27; BGH NStZ 84, 413 f. (413); BGH StV 85, 106 mit Anm. Roxin, StV 85, 278 f.; BGH NStZ 87,224 f.; BGH NStZ 87,233; BGH NStZ 87,364; BGH NStZ 88,507.

A. Das Verhältnis von Täterschaft und Teilnahme

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dium fortwirkt und sich als wesentliches Teilstück der Verwirklichung des Gesamtplanes darstellt. 42 Diese Voraussetzungen seien insbesondere beim Bandenchef gegeben, der das Tatgeschehen vom Schreibtisch aus lenkt und organisiert. 43 Nach der Rechtsprechung des BGH, der die Mittäterschaft zwar noch immer nach der subjektiven Teilnahmetheorie zu bestimmen versucht, aber zunehmend Argumente der Tatherrschaftslehre in Anspruch nimmt, kann selbst eine rein geistige Mitwirkung im Vorbereitungsstadium, die den Entschluß des tatausführenden Genossen bestärkt, Mittäterschaft begründen. 44 So bestätigt der BGH in einem Urteil vom 15.1.1991 45 die Verurteilung eines Angeklagten wegen mittäterschaftlich begangenen Mordes und Mordversuchs in jeweils zwei Fällen, wobei sich dessen Tatbeitrag auf die konkludente Verabredung eines eventuellen Waffengebrauchs und die zeitweilige Anwesenheit am Tatort beschränkte. 46 In einer anderen Entscheidung47 erwägt der BGH eine mittäterschaftliche Haftung zweier Täterpaare für die jeweils von der anderen Gruppe ausgeführten Tat, da diese die Inbrandsetzung einer Asylbewerberunterkunft bzw. die Verwüstung eines jüdischen Friedhofs gemeinsam verabredet hatten. Nimmt man den Gedanken der Tatherrschaft ernst, so erscheint eine Vorbereitungshandlung zur Annahme von Mittäterschaft als unzureichend. Die Tatherrschaft kennzeichnet ein Beherrschungsvermögen des Täters in Bezug auf die Tatbestandsverwirklichung. Die Tatbestandsverwirklichung beginnt mit dem Eintritt in das Versuchsstadium. Entscheidend muß deshalb ein beherrschender Einfluß zum Zeitpunkt der Tatausjührung sein. Ein im Vorbereitungsstadium geleisteter Beitrag, der die Tatausführung durch bloße Fortwirkung beeinflußt, eröffnet während der Tatbegehung keine aktuelle Einwirkungsmöglichkeit. Von einer "Tatbeherrschung" kann hier nicht die Rede sein. Zu Recht weist Roxin

42 Beulke, JR 80, 423 ff. (424); JescheckIWeigend, Lehrbuch des Strafrechts AT, S. 674,680; Maurach/GössellZipf, Strafrecht AT, Tb. 2, S. 293, Rdn. 29; Seelmann, JuS 80,571 ff. (573); Stratenwerth, Strafrecht AT I, S. 233, Rdn. 823 f.; Wesseis, Strafrecht AT, S. 145, Rdn. 528. 43 Jakobs, Strafrecht AT, 21/52, S. 623; JescheckIWeigend, Lehrbuch des Strafrechts AT, S. 680; Maurach/GössellZipf, Strafrecht AT, Tb. 2, S. 295, Rdn. 36; Stratenwerth, Strafrecht AT I, S. 233, Rdn. 824; Wesseis, Strafrecht AT, S. 146, Rdn. 529. 44 Vgl. BGHSt 11,268 ff. (271); BGHSt 16, 12 ff. (14); BGHSt 37, 289 ff. (292); BGH StV 86, 384. 4S BGHSt 37, 289 ff. 46 Der Umstand, daß der Angeklagte bereits nach dem ersten Schuß die Arme zum Zeichen der Aufgabe erhob und nach dem zweiten Schuß weglief, ist nach Ansicht des BGH irrelevant, weil der tatausführende Genosse dies nicht zur Kenntnis nahm. So hätte der Angeklagte wohl - wie Puppe bemerkt - einer lebenslangen Freiheitsstrafe nur durch "Wegbeamen" entgehen können. Puppe, NStZ 91, 571 ff. (572); kritisch auch Roxin, JR 91,206 ff.; Herzberg, JZ 91,856 ff.; Erb, JuS 92, 197 ff. 47 BGH NStZ 95, 122.

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2. Abschnitt: Allgemeine Vorfragen der Teilnahme

darauf hin, daß die Durchführung von der Tatgestaltung des unmittelbar Handelnden abhängig ist, dessen freies und selbständiges Tätigwerden dem nur Vorbereitenden den Zugang zur Tatherrschaft versperrt. 48 Dem Tatherrschaftsgedanken wird man daher nur gerecht, wenn man ihn konsequent auf die Tatausführung bezieht und Vorbereitungshandlungen generell der Teilnahme zuordnet. 49 Da die Angeklagten in den oben genannten Entscheidungen während der Tatausführung gar nicht bzw. nicht aktiv beteiligt waren, ist nach den Kriterien der Tatherrschaftslehre eine mittäterschaftliche Haftung abzulehnen. Eine andere Frage ist, ob eine Strafbarkeit wegen psychischer Beihilfe durch Bestärken des Tatentschlusses vorliegt, die jedenfalls - soll die psychische Beihilfe nicht der Mißbrauchsgefahr als "Auffangtatbestand" ausgesetzt werden - nicht ohne weiteres bejaht werden kann.50

B. Die Akzessorietätssystematik Die vollendete Teilnahme setzt das Verhalten eines anderen Menschen voraus, auf das die Teilnahmehandlung bezogen ist. Damit stellt sich die Frage, welche Eigenschaften dieses Verhalten aufweisen muß, um geeigneter Anknüpfungspunkt für die Verantwortlichkeit des Teilnehmers zu sein. I. Die akzessorietätsorientierte Verursachungstheorie

Die herrschende akzessorietätsorientierte Verursachungstheorie geht davon aus, daß der Teilnehmer an der Normverletzung des Täters mitwirkt, indem er fremdes Unrecht veranlaßt oder fördert. 51 Der Teilnehmer handele zwar rechts48 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 294; ebenso Rudolphi, FS für BockeImann, S. 369 ff. (374). 49 Ebenso Roxin, LK, § 25, Rdn. 181 f.; Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 294; Samson, SK, § 25, Rdn. 122; Rudolphi, FS für Bockelmann, S. 369 ff. (374 0; Herzberg, J2 91, 856 ff. (860); vgl. zur Abgrenzung Vorbereitung - Ausführung: Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 302 ff. 50 So aber Roxin, JR 91, 206 ff. (208) zu BGHSt 37, 289 ff. und der BGH in der Entscheidung NStZ 95, 122. Vgl. u., S. 151 ff. zur Frage einer psychischen Beihilfe. 51 Baumann, JuS 63, 125 ff. (\36); BaumannIWeberlMitsch, Strafrecht AT, S. 664, Rdn. 3; eramer, Sch-Sch, Vorbem. §§ 25 ff., Rdn. 17; JescheckIWeigend, Lehrbuch des Strafrechts AT, S. 685 f.; Lackner, StGB, Vor § 25, Rdn.8; MaurachJGösselJZipf, Strafrecht AT, Tb. 2, S. 325, Rdn. 57; Roxin, LK, Vor § 26, Rdn. 1 ff.; Roxin, FS für Stree und WesseIs, S. 365 ff. (369 ff.); Rudolphi, GA 70, 353 ff. (365); Wesseis, Strafrecht AT, S.154, Rdn.551; ähnlich Jakobs, Strafrecht AT, 22/6 ff., S. 659 ff. (erfolgsbezogene Unrechtsteilnahmetheorie); OUo, Grundkurs Strafrecht, S. 296, Rdn. 7 f.; OUo, JuS 82, 557 ff. (558); Samson, SK, Vor § 26, Rdn. 14 ff.; Stratenwerth, Strafrecht AT I, S. 241, Rdn. 858 (Unrechtsteilnahmetheorie).

B. Die Akzessorietätssystematik

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widrig, da er ebenso wie der Täter gegen eine Norm verstoße, aber nicht tatbestandsmäßig im Sinne einer eigenen Deliktsverwirklichung, weil tatbestandsmäßiges Unrecht nur durch das im Strafgesetz bezeichnete Tatsubjekt - den Täter - verwirklicht werden könne. 52 Die Strafbarkeit des Teilnehmers ergibt sich nach dieser Ansicht nicht aus den gesetzlichen Beschreibungen des Besonderen Teils, sondern über die Regelungen der §§ 26, 27 StGB, die die Straffolgen eines tatbestandsmäßigen Verhaltens in gewissem Umfang auf den Teilnehmer ausdehnen. 53 Das bedeutet, daß das Unrecht der Teilnahme aus dem Unrecht der Haupttat abgeleitet ist. 54 Die Teilnahme ist von der Existenz einer Haupttat abhängig. Das Maß der Akzessorietät, d. h. die Frage, welche Anforderungen an die Haupttat zu stellen sind, ist nicht seinsnotwendig vorgegeben, sondern steht zur Disposition des Gesetzgebers. Bis 1943 galt der Grundsatz der strengen Akzessorietät. Danach mußte der Haupttäter eine tatbestandsmäßige, rechtswidrige und schuldhafte Tat begangen haben. Die VO vom 29.5.1943 55 führte die limitierte Akzessorietät ein, wonach die Strafbarkeit der Teilnahme nur von dem Bestehen einer vorsätzlichen und rechtswidrigen Haupttat abhängig ist. Gern. § 29 StGB wird aber jeder Beteiligte ohne Rücksicht auf die Schuld des anderen nach seiner eigenen Schuld bestraft. Der Sinn der Akzessorietätsbindung soll in der rechtsstaatlichen Konturierung der Teilnahmehandlung liegen. 56 Da die Teilnahme auf eine Haupttat bezogen ist, würden nämlich nicht alle nichttäterschaftlichen Rechtsgutsverletzungen bestraft, sondern nur solche, die über die Verbindung mit einer vorsätzlichen und rechtswidrigen Täterhandlung erfolgen. Ob das Unrecht der Teilnahme ausschließlich aus dem Akzessorietätsprinzip abgeleitet ist oder auch einen eigenen Unrechtsgehalt aufweist, ist umstritten. Während MaurachlGössel/Zipf das Teilnahmeunrecht allein aus der Abhängigkeit von einer tatbestandlichen Täterstraftat begründen57 , geht eine im Vordringen befindliche Auffassung davon aus, daß die Teilnahme auch selbständige Unrechtselemente enthalte. Ein nicht-akzessorisches Unrechtselement der Teilnahme wird insbesondere darin gesehen, daß der Teilnehmer einen Angriff gegen ein auch ihm gegenüber geschütztes Rechtsgut führen müsse. Die fehlende Geschütztheit des

52 MaurachJGössel/Zipf, Strafrecht AT, Th. 2, S. 230, Rdn. 31; Roxin, LK, Vor § 26, Rdn. 1; Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 252. 53 eramer, Sch-Sch, Vorbem. §§ 25 ff., Rdn. 7. 54 MaurachJGössel/Zipf, Strafrecht AT, Th. 2, S. 230, Rdn. 31; Roxin, LK, Vor § 26, Rdn. 4; Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts AT, S. 685 f. 55 RGB!. I, S. 339 ff. (339, 341 f.). 56 Roxin, LK, Vor § 26, Rdn. 5; Samson, SK, Vor § 26, Rdn. 14; M.-K. Meyer, GA 79,252 ff. (254). 57 MaurachJGössel/Zipf, Strafrecht AT, Th. 2, S. 230, Rdn. 31.

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2. Abschnitt: Allgemeine Vorfragen der Teilnahme

verletzten Rechtsguts gegenüber dem Teilnehmer schließe trotz akzessorischer Verursachung einer strafbaren Haupttat das Teilnahmeunrecht aus. 58 11. Anstiftung und Beihilfe als selbständige Teilnehmerdelikte 1. Die reine Verursachungstheorie

Während die Vertreter der akzessorietätsorientierten Verursachungstheorie davon ausgehen, daß die Teilnahme ihr Unrecht jedenfalls im wesentlichen aus dem Unrecht der Haupttat ableitet, betonen andere Lehrmeinungen die Selbständigkeit des Teilnahmeunrechts. 59 Der Teilnehmer habe ebenso wie der Täter seine Straftat "für sich".60 Er wirke nicht nur an dem vom Täter geführten Rechtsgutsangriff mit, sondern verletze den Rechtsgutsanspruch in eigener Person. 61 Unterschiede innerhalb dieser als "reine Verursachungstheorie,,62 bezeichneten Lehre bestehen sowohl in der theoretischen Herleitung der Selbständigkeit des Teilnahmeunrechts als auch in der inhaltlichen Bestimmung der Akzessorietätsbindung. Lüderssen hat die Lehre vom eigenständigen Teilnehmerdelikt wohl in ihrer weitestgehenden Form entwickelt. Nach seiner Auffassung hat die Teilnahme einen gänzlich selbständigen Unrechtsgehalt. Auch der Teilnehmer verwirkliche tatbestandliches Unrecht, denn nur aus den Tatbeständen des Besonderen Teils ergäbe sich, ob strafrechtliches Unrecht vorliegt. 63 Es genüge nicht, daß der

58 Den eigenen Unrechtsgehalt der Teilnahme betonen insb. Roxin, PS für Stree und Wesseis, S. 365 ff. (370 ff.); Roxin, LK, Vor § 26, Rdn. 2 f.; eramer, Sch-Sch, Vorbem. §§ 25 ff., Rdn. 17 a; Lackner, StGB, Vor § 25, Rdn. 9; Stratenwerth, Strafrecht AT I, S. 241 f., Rdn. 860; Wessels, Strafrecht AT, S. 154, Rdn. 551; vgl. auch Samson, SK, Vor § 26, Rdn. 17 f. Roxin nennt als weiteres nicht-akzessorisches Element der Teilnahme den Vorsatz des Teilnehmers. Es genüge nicht, daß der Gehilfe den Vorsatz des Täters kennt, vielmehr müsse er selbst vorsätzlich handeln. Daneben müsse der Teilnehmer auch die Verwirklichung rechtsgutsbezogener Absichten in seinen Vorsatz aufnehmen. Diese seien - entgegen der h. M. - ebenfalls als nicht-akzessorische Merkmale zu behandeln. Vgl. Roxin, PS für Stree und Wesseis, S. 365 ff. (372 ff., 374 ff.). 59 Lüderssen, Zum Strafgrund der Teilnahme; Lüderssen, PS für Miyazawa, S. 449 ff.; Schmidhäuser, Strafrecht AT, 2. Aufl., S. 532 ff., Rdn. 56 ff.; M.-K. Meyer, GA 79, 252 ff.; Sax, ZStW 90 (1978),927 ff. (931); Herzberg, GA 71, 1 ff. 60 Schmidhäuser, Strafrecht AT, 2. Aufl., S. 532, Rdn. 57. 61 Lüderssen, Zum Strafgrund der Teilnahme, S. 25. 62 Vgl. Roxin, LK, Vor § 26, Rdn. 12. 63 Lüderssen, Zum Strafgrund der Teilnahme, S. 25, 28, 119.

B. Die Akzessorietätssystematik

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Täter tatbestandsmäßig handelt, entscheidend sei, ob die Rechtsgutsverletzung auch in der Person des Teilnehmers tatbestandsmäßig ist. Daran fehle es beispielsweise, wenn jemand die Wegnahme seiner eigenen Sache veranlaßt, denn hier erfülle nur der Täter den Tatbestand. 64 Lüderssen geht davon aus, daß die Tatbestände des Besonderen Teils nicht nur täterschaftliche Verhaltensweisen umschrieben, sondern in ihrem Kern auch die Mitwirkung an der Tat in Form der Teilnahme. 65 Da die Deliktsbeschreibungen im Besonderen Teil durchweg auf den Täter zugeschnitten seien, müsse das hierin außerdem enthaltene Teilnahrneunrecht durch Auslegung ermittelt werden. 66 Wesentlich sei hierbei die Interpretation der einzelnen Tatbestände im Hinblick darauf, ob das Rechtsgut auch gegenüber dem Teilnehmer geschützt ist. 67 Manchmal sei das Rechtsgut dem Täter gegenüber stärker geschützt als gegenüber dem Teilnehmer. 68 In anderen Fällen umschreibe der Tatbestand verschiedene Rechtsgüter, von denen eines gegenüber dem Teilnehmer geschützt sei, das andere nicht. 69 Das dargestellte Teilnahmesystem ist mit einer Preisgabe des Akzessorietätsprinzips verbunden. So stellt Lüderssen fest, daß die Abhängigkeit der Teilnahme vom Vorliegen einer Haupttat rein faktischer Natur sei, d. h. es müsse lediglich eine bestimmte Handlung vorhanden sein, an der teilgenommen wird. 7o Es kommt danach aber nicht darauf an, ob die "Täter"handlung überhaupt mit Strafe bedroht ist. Nach Lüderssen ist die Teilnahme am Selbstmord jedenfalls nicht deshalb straffrei, weil keine vorsätzliche und rechtswidrige Haupttat vorliegt. Die Straflosigkeit des Teilnehmers könne auch nicht mit dem Fehlen eines geschützten Rechtsguts begründet werden, denn das Leben des Suizidenten sei gegenüber jedermann - also auch gegenüber dem Teilnehmer unantastbar. 71 Wenn gleichwohl allgemein die Straflosigkeit des Teilnehmers

64 Lüderssen, Zum Strafgrund der Teilnahme, S. 25 f. Der Täter kann hier aufgrund der tatbestandsausschließenden Einverständnisses des Gewahrsamsinhabers allerdings nur einen versuchten Diebstahl begehen. 65 Lüderssen, Zum Strafgrund der Teilnahme, S. 29. M Lüderssen, Zum Strafgrund der Teilnahme, S. 97 f. 67 Lüderssen, Zum Strafgrund der Teilnahme, S. 161. 68 Etwa bei §§ 246, 266 StGB: Bei § 246 StGB schaffe der Gewahrsam, bei § 266 StGB das Treueverhältnis eine besonders nahe Beziehung zum Rechtsgut. Zwar seien die Rechtsgüter Eigentum bzw. fremde Vermögensinteressen auch denjenigen Personen gegenüber geschützt, die diese Beziehung nicht aufweisen, der Schutz sei hier aber schwächer, so daß nur Teilnahme in Betracht komme. Vgl. Lüderssen, Zum Strafgrund der Teilnahme, S. 194 f. 69 Beispielsweise bei der Teilnahme an der Kuppelei, § 180 StGB a. F., durch den Verkuppelten. V gl. Lüderssen, Zum Strafgrund der Teilnahme, S. 195 f. 70 Lüderssen, Zum Strafgrund der Teilnahme, S. 25, 119. 7\ Lüderssen, Zum Strafgrund der Teilnahme, S. 168; Lüderssen, FS für Miyazawa, S. 449 ff. (459).

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2. Abschnitt: Allgemeine Vorfragen der Teilnahme

angenommen werde, so müsse dafür ein anderer Grund namhaft gemacht werden. 72 Wer dem Täter einer unterlassenen Hilfeleistung (§ 323 c StGB) den Rat gibt, den Verunglückten liegen zu lassen, wird nach Lüderssens Konzeption sofern die übrigen Voraussetzungen gegeben sind - wegen eines Tötungsdelikts nach §§ 212, 211 StGB bestraft. 73 Gerade umgekehrt zu Lüderssen sind für Herzberg die Teilnahmeparagraphen echte Deliktstatbestände, die durch die Vorschriften des Besonderen Teils lediglich ergänzt würden. 74 Die Teilnahmevorschriften hätten im Unterschied zu § 25 StGB, der bloß als Interpretationshilfe verstanden werden könne, eine strafbegründende Wirkung. 75 Gegen den Tatbestandscharakter der Teilnahmeregelungen dürfe nicht eingewendet werden, daß diese die Verwirklichung einer anderen Tat verlangten. Auch die Begünstigung setze das Vorliegen einer Straftat voraus und werde dennoch als eigenständiges Delikt anerkannt. 76 Herzberg betont ausdrücklich, daß seine Lehre im Unterschied zu derjenigen von Lüderssen am Akzessorietätsprinzip festhalte. Das Erfordernis einer strafbaren Haupttat sei unverzichtbar. 77 Eine dritte Position im Rahmen der Lehre vom eigenständigen Teilnehmerdelikt vertreten Schmidhäuser und Maria-Katharina Meyer. 78 Auch sie gehen davon aus, daß die Teilnahme in ihrem Unwert von Unrecht und Schuld genauso Straftat sei, wie das Täterdelikt. 79 Die tatbestandliche Besonderheit der Teilnahme bestehe in der gesetzestechnisch bedingten Kombination der Teilnahmevorschriften mit den Strafvorschriften des Besonderen Teils. Das Teilnahmeverhalten sei gleichsam "vor die Klammer" gezogen worden, weil eine tatbestandliche Umschreibung jedes strafbaren Anstiftens oder Hilfeleistens 80 viel zu schwerfällig gewesen wäre. 8 I Die grundsätzliche Abhängigkeit der Teilnahme von einer zumindest versuchten Haupttat erkläre sich aus einer gesetzgeberi72 Lüderssen, Zum Strafgrund der Teilnahme, S. 168. Der Grund liege - wie Lüderssen in einem neueren Beitrag ausführt, FS für Miyazawa, S. 449 ff. (460) - im

Selbstverantwortungsprinzip, das aus den verfassungsrechtlich verankerten Freiheitsrechten ableitbar sei. 73 Lüderssen, Zum Strafgrund der Teilnahme, S. 192. 74 Herzberg, GA 71, I ff. (2,12). 75 Herzberg, GA 71,1 ff. (l f.). 76 Herzberg, GA 71,1 ff. (2). 77 Herzberg, GA 71, 1 ff. (3). 78 Schmidhäuser, Strafrecht AT, 2. Aufl., S. 532 ff., Rdn. 56 ff.; M.-K. Meyer, GA 79, 252 ff. 79 Schmidhäuser, Strafrecht AT, 2. Aufl., S.532, Rdn.56; M.-K. Meyer, GA 79, 252 ff. (253 f.). so Wie etwa in § 120 StGB. 81 Schmidhäuser, Strafrecht AT, 2. Aufl., S.532, Rdn.56; M.-K. Meyer, GA 79, 252 ff. (257).

B. Die Akzessorietätssystematik

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sehen Entscheidung, mit der die Strafausdehnung auf den Teilnehmer unter Strafwürdigkeitsgesichtspunkten begrenzt werden sol1.82 Das bestätige § 30 StGB, der besonders strafwürdig erscheinende Verhaltensweisen als versuchte Teilnahme bestraft, obwohl hier noch keine Tat begangen wurde. 83 Das Akzessorietätsprinzip erfüllt also nach dieser Ansicht in erster Linie eine strafbegrenzende Aufgabe.

2. Die Schuldteilnahmetheorie Von einem selbständigen Teilnahmeunrecht geht auch die ältere Schuldteilnahmetheorie aus, wonach der Teilnehmer bestraft wird, weil er seinen Willen mit dem schuldhaften Täterwillen vereinigt und diesen Entschluß auch hinreichend betätigt. 84 In der Regel werde der Teilnehmer in der Weise schuldig, daß er den Täter in Schuld und Strafe verstrickt und außerdem bei der Tat mitwirkt. 85 Trechsel hat den Begriff der Schuldverstrickung durch denjenigen der sozialen Desintegration ersetzt. Ein wesentliches Merkmal der Anstiftung sei die Absicht, den Täter der sozialen Desintegration auszusetzen. Die Tätigkeit des Anstifters sei deshalb stets auch gegen den Täter gerichtet. 86 Für die Beihilfe soll dies jedoch nicht gelten. Der Gehilfe werde nur für die kausale Mitbewirkung der Haupttat bestraft, da der Beihilfe ein Angriff gegen den Haupttäter fremd sei. 87

3. Kritik Die ältere Schuldteilnahmetheorie ist de lege lata nicht mehr vertretbar, weil gern. § 29 StGB jeder Beteiligte ohne Rücksicht auf die Schuld der anderen nach seiner eigenen Schuld bestraft wird. Wenngleich die von Trechsel modifizierte Schuldteilnahmetheorie88 den Widerspruch zur geltenden Gesetzeslage vermeidet, so vermag doch auch diese Theorie nicht zu überzeugen. Der DesH2 Schmidhäuser, Strafrecht AT, 2. Aufl., S. 532, Rdn. 57; S. 542, Rdn. 76 f.; M.-K. Meyer, GA 79, 252 ff. (2540. Daneben werde über die Bindung der Teilnahme an eine tatbestandsmäßige und rechtswidrige Haupttat der rechtsstaatlichen Forderung nach der Bestimmtheit der Strafgesetze entsprochen. 83 Schmidhäuser, Strafrecht AT, 2. Aufl., S.532, Rdn.57; M.-K. Meyer, GA 79, 252 ff. (255). R4 H. Mayer, FS für Rittler, S. 243 ff. (254). H5 H. Mayer, FS für Rittler, S. 243 ff. (255); vgl. auch H. Mayer, Strafrecht AT, S. 319 f. H. Mayer weist allerdings darauf hin, daß der Gedanke der Schuldverstrickung nicht in allen Fällen der Beihilfe Geltung beanspruchen könne. 86 Trechsel, Der Strafgrund der Teilnahme, S. 55, 107 f. H7 Trechsel, Der Strafgrund der Teilnahme, S. 107 f.

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2. Abschnitt: Allgemeine Vorfragen der Teilnahme

integrationsgedanke ist nicht in der Lage, den Strafgrund der Teilnahme einheitlich zu erfassen, da ein gegen die soziale Integrität des Täters gerichteter Angriff nur im Falle einer Anstiftung, nicht aber bei der Beihilfe vorliegen soll. Vor allem aber beruht die Gefahr der sozialen Desintegration auf einer eigenverantwortlichen Entscheidung des Täters, so daß er die Folgen seiner Tat selbst zu verantworten hat. 89 Einen Schutz des Täters vor dem Teilnehmer, d. h. vor dessen negativer Beeinflussung, ist unserer Strafrechtsordnung fremd. Nicht der Täter, sondern bestimmte Rechtsgüter sollen vor Beeinträchtigungen bewahrt werden. 90 Kann demzufolge die Annahme eines eigenständigen Unrechts der Teilnahme nicht auf den Gedanken der Schuldverstrickung bzw. der sozialen Desintegration zurückgeführt werden, so geraten auch die Lehrmeinungen in Schwierigkeiten, die die Selbständigkeit des Teilnahmeunrechts auf die These stützen, daß der Teilnehmer den Rechtsgutsanspruch in eigener Person verletze. Eine vollständige Preisgabe der Akzessorietätsbindung, wie sie mit der Lehre Lüderssens verbunden ist, läßt sich mit den Vorschriften der §§ 26, 27 StGB, die die Teilnehmerbestrafung ausdrücklich von der Existenz einer vorsätzlichen und rechtswidrigen Haupttat abhängig machen, nicht in Einklang bringen. 91 Die Bestrafung des Teilnehmers ohne entsprechende Haupttat widerspricht der geltenden Gesetzeslage. Zudem wären die für alle Delikte des Besonderen Teils geltenden §§ 26, 27 StGB der Sache nach überflüssig, wenn sich die Teilnehmerstrafbarkeit bereits aus den gesetzlich beschriebenen Merkmalen der einzelnen Deliktstatbestände ergeben würde. 92 Diese Konsequenzen werden zwar nach den Auffassungen von Herzberg, Schmidhäuser und M.-K. Meyer vermieden, dennoch entsteht auch hier ein Widerspruch zu den Teilnahmeregelungen, weil die §§ 26, 27 StGB die Mitwirkung des Teilnehmers an Rechtsgutsverletzungen anderer Personen beschreiben und nicht einen eigenen Rechtsgutsverstoß des Teilnehmers. 93 Wären die Teilnahmeparagraphen tatsächlich eigenständige Deliktstatbestände, dann müßten sie den Schutz eines eigenen Rechtsguts beinhalten. Das ist aber gerade nicht der Fall, weil sie explizit die Mitwirkung an fremden Rechtsgutsbeeinträchtigungen beschreiben. Zwar ist Herzberg zuzugeben, daß eine Vorschrift 88 Die auch Unrechtsteilnahmetheorie, Korrumpierungs- oder Desintegrationstheorie genannt wird; vgl. Roxin, FS für Stree und WesseIs, S. 365 ff. (366). 89 Roxin, LK, Vor § 26, Rdn. 11; Keller, Rechtliche Grenzen der Provokation von Straftaten, S. 164 f. 90 Vgl. Roxin, LK, Vor § 26, Rdn. 11; Samson, SK, Vor § 26, Rdn. 6. 91 Vgl. Roxin, LK, Vor § 26, Rdn. 14; Roxin, FS für Stree und WesseIs, S. 365 ff. (365). 92 Vgl. Maurach/GösselJZipj, Strafrecht AT, Tb. 2, S. 227, Rdn. 21. 93 Vgl. Maurach/GösselJZipj, Strafrecht AT, Tb. 2, S. 228, Rdn. 23,25.

B. Die Akzessorietätssystematik

31

Tatbestandscharakter haben kann, obwohl sie von der Begehung einer anderen Tat abhängig ist, wie z. B. die Begünstigung. Doch während die Begünstigung ein eigenes, von der Vortat unabhängiges Schutzgut enthält - nämlich die staatliche Rechtspflege - , ist das geschützte Rechtsgut bei der Teilnahme allein über die Angriffsrichtung der Haupttat bestimmbar. Schmidhäuser und M.-K. Meyer versuchen, die Selbständigkeit des Teilnahmeunrechts aus § 30 StGB abzuleiten. Die Strafbarkeit der versuchten Anstiftung zum Verbrechen bringe zum Ausdruck, daß der rechtsgutsverletzende Charakter der Teilnahme letztlich doch unabhängig von der Existenz einer Haupttat bestehen könne. 94 Hiergegen hat Roxin treffend eingewandt, daß aus § 30 StGB keine Rückschlüsse auf ein selbständiges Teilnehmerdelikt gezogen werden können, weil die versuchte Teilnahme eben keine Teilnahme, sondern nur der Versuch einer solchen sei. 95 Da der Versuch regelmäßig keine Rechtsgutsverletzung beinhaltet, ist die Vorschrift des § 30 StGB kein Indiz für eine prinzipielle Unabhängigkeit des Teilnahmeunrechts. In besondere Schwierigkeiten gerät die These von der Selbständigkeit des Teilnahmeunrechts bei der Teilnahme am echten Sonderdelikt. Wenn nämlich die Verletzung einer Sonderpflicht für den Unrechtstatbestand bestimmend ist, dann müßte der Teilnehmer, den diese Pflicht nicht trifft, an sich straflos bleiben. 96 Lüderssen bejaht dennoch die Strafbarkeit, sofern der Teilnehmer das Rechtsgut unter der Voraussetzung verletzt, daß auch eine qualifizierte Person in Aktion tritt. Diese Unterschiede zwischen Qualifizierten und Nichtqualifizierten seien aber rein faktischer Natur. 97 Tatsächlich macht das Zugeständnis Lüderssens 98 an die gesetzgeberischen Vorstellungen deutlich, daß das Teilnahmeunrecht eben doch nicht völlig unab-

94 Schmidhäuser, Strafrecht AT, 2. Aufl., S.532, Rdn.57; M.-K. Meyer, GA 79, 252 ff. (255). 95 Roxin, FS für Stree und Wesseis, S. 365 ff. (366). 96 So in der Tat noch Schmidhäuser, Strafrecht AT, 1. Aufl., S. 438, Rdn. 98; inzwischen, Strafrecht AT, 2. Aufl., S. 546, Rdn. 85 räumt er die Strafbarkeit des Extranen ein, obwohl er sie nach wie vor für sachwidrig hält; sachgerechter erscheint ihm die Einführung einer gesonderten strafgesetzlichen Regelung, wenn eine besondere Strafwürdigkeit des Teilnehmers zu bejahen ist. 97 Lüderssen, Zum Strafgrund der Teilnahme, S. 135 ff. (137). Der Begriff "faktische Natur" bedeutet folgendes: Lüderssen geht davon aus, daß etwa der Beamte das Rechtsgut der Reinheit der Amtsführung nicht nur besonders leicht erreichen könne, sondern daß ein Verstoß dagegen ohne ihn überhaupt nicht möglich sei. Wer nicht Beamter ist, könne deshalb - mittelbar - das Rechtsgut nur unter der tatsächlichen Voraussetzung beeinträchtigen, daß auch ein Beamter in Aktion tritt. Aus der tatsächlichen Verschiedenheit der Ausführungshandlungen folge dann ohne weiteres die rechtlich unterschiedliche Wertung, wonach derjenige, der das Rechtsgut selbst angreifen kann, prinzipiell schärfer hafte als derjenige, der dazu eines anderen bedarf. 98 Und auch Schmidhäusers, vgl. 0., Fn. 96.

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2. Abschnitt: Allgemeine Vorfragen der Teilnahme

hängig vom Unrecht der Haupttat begründet werden kann, sondern zumindest teilweise daraus abgeleitet ist. 99 Nur wenn man davon ausgeht, daß der Teilnehmer die im Deliktstatbestand liegende Norm nicht selbst verletzt, ist die Strafbarkeit der Teilnahme am echten Sonderdelikt zu erklären. Zu Recht geht deshalb die herrschende akzessorietätsorientierte Verursachungstheorie davon aus, daß der Teilnehmer an der Normverletzung des Täters mitwirkt. Die Abhängigkeit der Teilnahme ist nicht, wie Lüderssen annimmt, faktischer, sondern rechtlicher Natur. HX) Sie ist nach Grund und Maß vom Unrecht der Haupttat abhängig. IOl So setzt die Teilnahme eine wenigstens versuchte Haupttat voraus, ein Umstand, der bei völliger Selbständigkeit des Teilnahmeunrechts nicht zwingend wäre. Auch orientiert sich der Strafrahmen an der Strafdrohung für den Täter, was als weiterer Beleg für die Unselbständigkeit der Teilnahme gelten kann. Eine ausschließlich am Akzessorietätsprinzip orientierte Verursachungstheorie ist jedoch nicht in der Lage, die Straflosigkeit des Teilnehmers zu erklären, der als notwendig Beteiligter in rollenüberschreitender Weise die Haupttat unterstützt. Nach einhelliger Ansicht kann der notwendig Beteiligte nicht bestraft werden, wenn die verletzte Strafvorschrift seinen Schutz bezweckt. 102 Beispielsweise bliebe ein Schüler straffrei, der seine Lehrerin zu sexuellen Handlungen (§ 174 I Nr.1 StGB) anstiftet. Würde man den Strafgrund der Teilnahme allein aus der akzessorischen Verwirklichung des Tatbestandes ableiten, dann müßte man auch in diesen Fällen strafbares Teilnahmeunrecht bejahen, weil einer Übertragung des vom Täter verwirklichten Unrechts auf den notwendig Beteiligten, der anstiftet oder Hilfe leistet, nichts im Wege stünde. Gleiches würde in den Fällen gelten, in denen sich jemand an einer gegen ihn selbst gerichteten Verletzungs- oder Tötungshandlung beteiligt. Dennoch bleibt der (überlebende) Beteiligte straflos. 103 Der Grund für die Straflosigkeit des Teilnehmers in den genannten Fällen folgt aus der fehlenden Geschütztheit des Rechtsguts gegenüber dem Teilnehmer. Insoweit ist ein selbständiges, nicht-akzessorisches Unrechtselement an zuVgl. Roxin, LK, Vor § 26, Rdn. 15 f. Roxin, LK, Vor § 26, Rdn. 4; Samson, SK, Vor § 26, Rdn. 15. 101 JescheckIWeigend, Lehrbuch des Strafrechts AT, S. 685 f. 102 JescheckIWeigend, Lehrbuch des Strafrechts AT, S. 698 f. mit Nachweisen. 103 Anders Otto, FS für Lange, S. 197 ff. (212 0, der grundsätzlich für die Strafbarkeit des Beteiligten plädiert, da der Betroffene - wie sich aus §§ 216, 226 a (§ 228 n. F.) StOB ergäbe - in seiner Verfügungsmacht beschränkt sei. Wer an einer gegen sich selbst gerichteten, sittenwidrigen Körperverletzung teilnimmt, mache sich strafbar. Den Teilnehmer eines gegen sich gerichteten Tötungsversuchs will Otto im Hinblick auf dessen außergewöhnliche psychische Situation straffrei lassen. Kritisch dazu Roxin, FS für Stree und WesseIs, S. 365 ff. (371 f.). 99

((XI

B. Die Akzessorietätssystematik

33

erkennen. Der Teilnehmer führt auch einen eigenen Rechtsgutsangriff in dem Sinne, daß das Rechtsgut ihm gegenüber geschützt sein muß. 104 IH. Zwischenergebnis

Die bisherigen Ausführungen haben ergeben, daß die Teilnahme ein im wesentlichen unselbständiger Bezugsbegriff ist. Erst über ihre Bindung an eine tatbestandsmäßige Haupttat ist sie als strafrechtliches Phänomen faßbar. Steht damit fest, daß Teilnahme und Haupttat miteinander verbunden sind, so soll im folgenden die für die Beihilfe zentrale Frage erörtert werden, durch welche objektiven Merkmale der akzessorischen Verknüpfung im Einzelfall Genüge getan wird.

\04

Vgl. dazu

3 Baunack

0.,

S. 26 die in Fn. 58 Genannten.

Dritter Abschnitt: Die objektive Beziehung zwischen Hilfeleistung und Haupttat Nach einhelliger Ansicht erfaßt § 27 StGB nur die vollendete Beihilfe, da die im Jahre 1943 eingeführte Strafbarkeit des Beihilfeversuchs zu Verbrechen (§ 49 a III StGB a. F.) durch das 3. StÄG von 1953 wieder aufgehoben wurde. IOS Somit verlangt § 27 StGB mehr als die vom Vorsatz getragene Vornahme einer Hilfeleistung. Voraussetzung ist vielmehr eine objektive Beziehung zwischen der auf die Haupttat bezogenen, vorsätzlich erbrachten Hilfeleistung und der Haupttat selbst. Wodurch diese objektive Beziehung zustande kommt, ist umstritten. Während die überwiegende Ansicht Kausalität zwischen Gehilfenhandlung und Haupttat fordert, versuchen einige Autoren die objektive Verbindung nach anderen Kriterien zu bestimmen. Im folgenden soll zunächst untersucht werden, welche Schwierigkeiten und Konsequenzen mit einer kausalen Betrachtungsweise der Beihilfe verbunden sind.

A. Die Kausalität Da die Kausalität einen Schwerpunkt der Beihilfediskussionen bildet, soll sie einer eingehenderen Erörterung unterzogen werden. Die Darstellung ihrer besonderen Problematik im Rahmen der Beihilfe setzt zunächst allgemeine Ausführungen zum Begriff und zu den Feststellungsmethoden der Kausalität voraus.

I. Der Begriff der Kausalität Unser Strafrecht hat die Aufgabe, bestimmte für schutzwürdig und schutzbedürftig erkannte Interessen vor Beeinträchtigungen oder Gefährdungen durch menschliche Verhaltensweisen zu schützen. Dem liegt die Vorstellung zugrunde, daß Veränderungen in der Außenwelt nicht zufällig oder grundlos eintreten, sondern durch ein vorangegangenes Ereignis - etwa eine Handlung naturgesetzlieh bedingt sind.!06 Strafrechtliche Handlungsver- oder gebote wä!05 BGBI. I, S. 735 ff. (739); zur Begr. BT-Drucks., I. Wahlperiode 1949, Nr. 3713, S.31.

!06 Jedenfalls im Bereich der physischen Kausalität; vgl. zur psychischen Kausalität

u., S. 99 f.

A. Die Kausalität

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ren sinnlos, könnte der Mensch das zeitliche Nacheinander bestimmter Ereignisse nicht im voraus beurteilen. Die Kenntnis der Kausalgesetze beruht auf empirischer Beobachtung. Da die Kausalität als solche, d. h. als verbindendes Mittelglied zweier Ereignisse, nicht wahrnehmbar ist, kann nur aus der Wiederholbarkeit einer bestimmten Aufeinanderfolge von Ereignissen auf die gesetzmäßige Verbindung geschlossen werden. Ursachen annahmen sind daher empirisch nie singulär, sondern gehen über den Einzelfall hinaus. 107 Will man feststellen, ob im Einzelfall ein Kausalzusammenhang besteht, so muß man den in Frage stehenden konkreten Geschehensverlauf auf seine Übereinstimmung mit solchen Vorgängen untersuchen, die nach unserem allgemeinen Erfahrungswissen regelmäßig kausal miteinander verknüpft sind. Stimmen die verglichenen Abläufe im wesentlichen überein, so kann daraus gefolgert werden, daß das überprüfte Kausalgesetz auch im konkreten Einzelfall wirksam geworden iSt. 108 Auf dem Boden der Empirie ist eine Unterscheidung zwischen mehr oder weniger gewichtigen Bedingungen nicht möglich. Ursächlich sind vielmehr alle Bedingungen im Vorfeld eines Ereignisses. Von diesem ontologischen Kausalbegriff geht grundsätzlich auch die im Strafrecht herrschende Äquivalenztheorie aus, die durch den österreichischen Prozessualisten Julius Glaser eingeführt worden ist. 109 Sie besagt, daß unter allen Bedingungen, die zusammen den Erfolg herbeigeführt haben, keine Auswahl - etwa nach der Adäquanz - getroffen werden soll. Vielmehr sei jede Bedingung eines Erfolges gleich notwendig und daher kausal gleichwertig. 110 Die Kausalität in diesem Sinne ist eine Kategorie des realen Seins und kein juristischer Kausalbegriff. 111 Die Funktion der Äquivalenztheorie besteht allein darin, daß ontologisch gegebene Material retrospektiv zu betrachten und auf seine naturgesetzlichen Zusammenhänge hin zu untersuchen. Eine abschließende Aussage darüber, ob jemand für die Herbeiführung eines Erfolges zur Verantwortung gezogen werden kann, trifft sie nicht. Mit ihrer Hilfe wird jedoch der Grundstein für die Zurechnung eines Erfolges gelegt, da die Frage nach der rechtlichen Relevanz eines Kausalverlaufs erst

107 Maiwald, Kausalität und Strafrecht, S. 70. Besonderheiten gelten allerdings im Bereich der psychischen Kausalität, da hier allgemein gültige Kausalgesetze nur in Ausnahmefällen aufgestellt werden können. Vgl. u., S. 99 f. ws JeschecklWeigend, Lehrbuch des Strafrechts AT, S.283; Erb, JuS 94, 449 ff. (449 f.). 11)9 Glaser, Abhandlungen aus dem österreichischen Strafrecht, S. 297 f. Weite Verbreitung fand die Äquivalenztheorie erst durch die Abhandlungen v. Buris, vgl. z. B. v. Buri, Die Causalität und ihre strafrechtlichen Beziehungen. Dazu Ling, Die Unterbrechung des Kausalzusammenhanges durch willentliches Dazwischentreten eines Dritten, S. 22 ff. 110 v. Buri, Die Causalität und ihre strafrechtlichen Beziehungen, S. 5. 111 Welzel, Das Deutsche Strafrecht, S. 43.

3"

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3. Abschnitt: Die objektive Beziehung zwischen Hilfeleistung und Haupttat

gestellt werden kann, wenn feststeht, daß zwischen zwei Ereignissen ein gesetzmäßiger Zusammenhang besteht. 11. Die Feststellung der Kausalität

Ein methodisches Hilfsmittel zur Feststellung kausaler Zusammenhänge ist die Conditio-sine-qua-non-Formel. Ursächlich ist danach jeder Umstand, der nicht hinweggedacht werden kann, ohne daß der Erfolg entfiele. ll2 Die Ermittlung der Kausalrelation beruht auf einem hypothetischen Eliminationsverfahren, indem man fragt, was geschehen wäre, wenn der Täter nicht gehandelt hätte. 113 Diese Wegdenkmethode besticht zwar auf den ersten Blick durch ihre einfache Handhabung, man gibt sich heute jedoch hinsichtlich ihrer Brauchbarkeit und Zuverlässigkeit keinen Illusionen mehr hin. Die Formel kann nämlich nur solche Kausalzusammenhänge feststellen, deren Kenntnis sie ohnehin bereits voraussetzt. Nur wenn man weiß, daß ein Verhalten bestimmte Folgen hat, läßt sich sagen, daß diese Folgen ohne das Verhalten ausgeblieben wären. 1l4 Ist die Conditio-Formel daher einerseits entbehrlich, weil sie auf einem Zirkel schluß beruht, so führt sie andererseits in den Fällen in die Irre, in denen der Erfolg anstelle der weggedachten Handlung durch bereitstehende Ersatzursachen herbeigeführt worden wäre. 115 Gelingt es etwa dem Vater des ermordeten Kindes, sich in die Nähe des Schafotts zu schleichen, wo er im entscheidenden Augenblick an Stelle des Scharfrichters das Fallbeil auslöst, so läßt sich das Verhalten des Vaters hinwegdenken, ohne daß der Erfolg entfiele. 1l6 Dennoch wird niemand leugnen, daß zwischen der Handlung des Vaters und dem Tod des Delinquenten ein naturgesetzlicher Zusammenhang besteht. Die Conditio-Formelläßt sich in dieser Fallkonstellation auch nicht durch den Hinweis retten, daß es auf den ,,Erfolg in seiner konkreten Gestalt"l17 bzw. auf die konkreten Zwischenglieder der Kausalreihe ankomme, da sich der wirkliche und der hypothetische Sachverhalt in allen auf das wegzudenkende Verhalten hin folgenden Einzelheiten gleichen. I 18 Der methodisch verfehlte Ansatz der Conditio-Formel stiftet auch bei der Beihilfe Verwirrung, da hier häufig Konstellationen denkbar sind, in denen der Glaser, Abhandlungen aus dem österreichischen Strafrecht, S. 298. Lenckner, Sch-Sch, Vorbem. §§ 13 ff., Rdn. 73. 114 Engisch, Die Kausalität, S. 16; Erb, JuS 94, 449 ff. (450); Jakobs, Strafrecht AT, 7/9, S. 187; JescheckIWeigend, Lehrbuch des Strafrechts AT, S. 281; Lenckner, SchSch, Vorbem. §§ 13 ff., Rdn. 74. 115 Vgl. Arthur Kaufmann, FS für Eb. Schmidt, S. 200 ff. (208 f.). 116 Beispiel von Engisch, Die Kausalität, S. 15 f. 117 Schlüchter, JuS 76, 378 ff. (380 L). IIH Vgl. Lenckner, Sch-Sch, Vorbem. §§ 13 ff., Rdn. 74. 112 113

A. Die Kausalität

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Gehilfe eine Leistung erbringt, die anderenfalls der Täter selbst oder ein Dritter hätte vornehmen können. lI9 Das Wegdenken des Gehilfenbeitrages führt z. B. dann nicht zum Wegfall des konkreten Erfolges, wenn der Gehilfe dem Täter einen Revolver verschafft, den dieser sich notfalls selbst besorgt hätte. Spendel hat versucht, die Schwierigkeiten der Conditio-Formel durch das Verbot des Hinzudenkens hypothetischer Ersatzursachen zu beheben. 12o Doch auch diese Vorgehensweise hilft nicht weiter. Der Unterschied zwischen tatsächlichen Bedingungen und Ersatzursachen besteht darin, daß erstere den Erfolg herbeigeführt haben, während letztere ihn herbeigeführt hätten, sofern der real eingetretene Umstand ausgeblieben wäre. 12I Wenn man aber - wie es die "verbesserte" Formel voraussetzt - schon weiß, welche Bedingungen realiter gewirkt haben und welche nicht, dann führt das Wegdenken einer Bedingung zu keinen neuen Erkenntnissen. Fataler ist noch, daß das Verbot, Ersatzursachen hinzuzudenken, an sich auch solche hypothetischen Wirkungen erfaßt, die den Erfolg verhindert hätten (sog. rettende Kausalverläufe). Für den oben genannten Beispielsfall würde dies bedeuten, daß die Übergabe des Revolvers für den Tod des Opfers nicht kausal wäre, weil das vom Täter erschossene Opfer nur dann als lebendig gedacht werden könnte, wenn man die Funktionsfähigkeit seiner Organe, die tatsächlich infolge des Schusses zerstört war, hypothetisch "hinzudenkt". Da dies aber - nimmt man das Verbot, hypothetische Verläufe hinzuzudenken, ernst - unzulässig wäre, würde allein das Wegdenken der Revolverübergabe am Tod des Opfers nichts ändern. 122 Infolge dieser Einwände gegen die Conditio-Formel hat sich in der Literatur weitgehend die auf Engisch zurückgehende Formel von der gesetzmäßigen Bedingung durchgesetzt, die dem ontologischen Kausalbegriff der Äquivalenztheorie am ehesten gerecht wird. 123 Um die Kausalität zu erfassen, fragt Engisch nicht nach dem, was ohne das in Betracht stehende Verhalten geschehen wäre. Stattdessen subsumiert er den konkreten Vorgang unter die Naturgesetze. Ein Verhalten erweist sich danach als ursächlich für einen nach einem strafgesetzlichen Tatbestand abgegrenzten Erfolg, wenn sich an jenes Verhalten zeitlich nachfolgende Veränderungen in der Außenwelt angeschlossen haben, 119 Vgl. Class, FS für Stock, S. 115 ff. (125 f.), der das Versagen der ConditioFormel bei der Beihilfe zum Anlaß genommen hat, eine besondere "Zufluß- oder Verstärkerkausalität" zu entwickeln. Indessen erfordert die besondere Struktur der Beihilfe nicht - wie Class meint - eine modifizierte Kausalitätsbetrachtung, vielmehr offenbart sich auch bei der Beihilfe nur die prinzipielle Unbrauchbarkeit der Conditio-Formel. 12n Spendet, FS für Engisch, S. 509 ff. (515). 121 Vgl. Erb, Rechtmäßiges Alternativverhalten, S. 45. 122 Vgl. Jakobs, Strafrecht AT, 7/10, S. 187. 123 Engisch, Die Kausalität, S. 21 ff.; Erb, JuS 94, 449 ff. (450); Jakobs, Strafrecht AT, 7/12, S. 188; Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts AT, S. 283; Lenckner, Sch-Sch, Vorbem. §§ 13 ff., Rdn. 75; Rudotphi, SK, Vor § I, Rdn. 41.

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3. Abschnitt: Die objektive Beziehung zwischen Hilfeleistung und Haupttat

die mit dem Verhalten und untereinander in ihrer Aufeinanderfolge gesetzmäßig verbunden sind. 124 Der bedeutende Fortschritt dieser Formel besteht - wie Erb betont - darin, "daß bei ihr die naturgesetzliche Verbundenheit über eine lükkenlose Kette tatsächlich gegebener Zwischenschritte in den Mittelpunkt der Betrachtung gestellt wird.,,125 Indem nach Engischs Formel der Geschehensverlauf in lauter Einzelereignisse aufgespaltet werden muß, ergibt sich hier ohne weiteres die Notwendigkeit einer ganz konkreten Betrachtungsweise des Kausalverlaufs und des Erfolges. 126 Daß ein Verhalten mit einem bestimmten Erfolg gesetzmäßig verknüpft ist, läßt sich nämlich nur feststellen, wenn man die wirklich eingetretenen Zwischenglieder auf ihre innere Verbundenheit hin untersucht. Da jedes Ereignis auf ein vorangegangenes zurückführbar ist, führt die Äquivalenztheorie zu einer grenzenlosen Erfassung aller im Vorfeld eines Erfolges liegenden Bedingungen. Auch solche Umstände, die - wie die Zeugung des späteren Mörders - vernünftigerweise keine strafrechtliche Verantwortlichkeit begründen, sind kausal. Das Ausufern der Kausalität kann jedoch hingenommen werden, da mit Hilfe eines ontologischen, wertfreien Kausalbegriffs nur die Grundlagen strafrechtlicher Haftung gelegt werden sollen. Die Beurteilung der strafrechtlichen Relevanz eines kausalen Umstandes bleibt dagegen einer späteren Zurechnungsstufe vorbehalten. III. Erscheinungsformen und Reichweite der Kausalität bei der Beihilfe

1. Eifolgsdefinition der Hilfeleistung

Der Erfolg eines täterschaftlich begangenen Verletzungsdelikts besteht in der Herbeiführung eines tatbestandsmäßig umschriebenen Schadens. Auch die Hilfeleistung ist auf die Bewirkung des Haupttaterfolges gerichtet. Da aber der Gehilfe den Schaden nicht selbst, sondern durch Einschaltung des Täters verursachen will, kann die Hilfeleistung nur mittelbar, nämlich durch eine Beeinflussung der Ausführungshandlung, im Enderfolg wirksam werden. Die Beihilfe weist daher die Besonderheit auf, daß sie auf zwei verschiedene Erfolgssachverhalte bezogen ist: einerseits auf die Ausführungssituation, andererseits auf den Schadenseintritt. Da eine strafbare Beihilfe prinzipiell auch zur versuchten Haupttat geleistet werden kann, muß eine kausale Bewirkung der Ausführungssituation den Mindestanforderungen einer vollendeten Beihilfe genügen. Eine andere Frage ist, ob man die Haftung des Gehilfen für einen eingetretenen Haupttaterfolg darüber hinaus von einer Mitverursachung auch dieses Erfolges Engisch, Die Kausalität, S. 21. Erb, Rechtmäßiges Alternativverhalten, S. 46 f. 126 Vgl. Erb, JuS 94,449 ff. (450).

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abhängig macht oder - so die Rechtsprechung l27 - eine Beihilfe zur vollendeten Tat annehmen kann, wenn der Gehilfe zwar die Tatausführung, nicht aber den Enderfolg mitbewirkt hat. 2. Das Problem der Konkretisierung

Das Kausalitätserfordernis bei der Beihilfe wirft zudem die Frage auf, welche Sachverhaltsumstände in die Erfolgsbetrachtung bzw. in die Beschreibung des Kausalverlaufs einzubeziehen sind. Da der Gehilfe den Erfolg nicht allein, sondern über eine Einwirkung auf die Tatausführung des Täters verursacht, stellt die Hilfeleistung prinzipiell eine nur mitwirkende Bedingung dar. Von besonderer Bedeutung ist deshalb bei der Beihilfe eine sachgerechte Konkretisierung des Kausalverlaufs. Unproblematisch sind die Fälle, in denen der Gehilfe die erfolgsverursachende Täterhandlung ermöglicht hat. Übergibt z. B. der Gehilfe einen Revolver an den Täter, mit dem dieser das Opfer erschießt, so kann die Übergabe des Revolvers ohne weiteres als notwendiger Zwischenschritt für den Tod des Opfers und damit als kausal beurteilt werden. Komplizierter ist die Beurteilung solcher Sachverhalte, in denen die Mitwirkung des Gehilfen auf eine Modifizierung der die Tatbestandshandlung begleitenden Umstände beschränkt ist. Ein in diesem Zusammenhang häufig zitiertes Beispiel ist der Fall des wachestehenden Gehilfen: Der Gehilfe hält während eines Einbruchsdiebstahls Wache, braucht aber nicht einzugreifen, weil sich kein potentieller Entdecker nähert. Der Täter hätte die Tat auch ohne Wachposten gewagt. Oder: Der Gehilfe übergibt dem Einbrecher Handschuhe, damit dieser nicht zu frieren braucht oder am Tatort keine Fingerabdrücke hinterläßt. 128 Ob in Fällen dieser Art Kausalität zwischen der Hilfeleistung und der Durchführung bzw. dem Erfolg der Tat vorliegt, hängt davon ab, unter Berücksichtigung welcher Umstände der Kausalzusammenhang ermittelt wird. Die Annahme einer Beihilfe zur vollendeten Tat unter Zugrundelegung des Kausaldogmas würde keine Schwierigkeiten bereiten, wenn man der Lehre Mezgers folgt. 129 Mezger beurteilt die Kausalität einer täterschaftlich gesetzten B~dingung nach anderen Maßstäben als die des Gehilfen. Während er die Kausalität im Hinblick auf den Täter danach bestimmt, ob dieser den Erfolg in seinem tatbestandsmäßig entscheidenden Teil verursacht hat, soll für den Gehilfen die bloße Modifizierung des Tatbildes, auch soweit sie kein wesentliches Tatbestandsmerkmal betrifft, genügen. So nimmt Mezger eine Beihilfe zum vollendeten Diebstahl an, wenn der Gehilfe dem Dieb einen falschen Schlüssel übergeben hat, den dieser nicht benutzt und dessen Besitz ihn auch in seinem Tatentschluß nicht bestärkt. VgJ. u., S. 43 f. Beispiel von Class, PS für Stock, S. 115 ff. (116). 129 Mezger, LK, 8. Aufl., § 49, Anm. 2.

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3. Abschnitt: Die objektive Beziehung zwischen Hilfeleistung und Haupttat

Es reiche aus, daß die Tatsache der Möglichkeit der Verwendung des Schlüssels das Bild der konkreten Tat modifiziert hat. Auf dieser Grundlage könnte auch in den oben genannten Beispielsfällen ohne weiteres Kausalität hinsichtlich des Erfolges bejaht werden, weil das Tatbild durch den wachestehenden Gehilfen bzw. das Tragen der Handschuhe verändert wird. Nun ist die Lehre Mezgers zu Recht kritisiert worden. Eine Kausalität, die sich auch auf tatbestandsirrelevante Nebenumstände erstreckt, verliert jegliche Begrenzungsfunktion, da jede Handlung irgend welche Folgen hat und insoweit immer ursächlich wäre. 130 Sinnvoll ist nur eine Kausallehre, die die Kausalitätsprüfung in Beziehung zu einem tatbestandsmäßig umschriebenen Erfolg setzt. Die von Mezger zu weit getriebene Konkretisierung des Kausalverlaufs auf alle Begleitumstände läßt sich aus dem Bestreben erklären, jeden in die Tatausführung eingegangenen Beitrag eines Dritten als Beihilfe zur vollendeten Tat zu bestrafen, ohne das Kausaldogma preiszugeben. Mit dem Zweck der Konkretisierung ist diese Vorgehensweise indessen nicht vereinbar. Das Erfordernis einer konkreten Betrachtung des Erfolges bzw. des Kausalverlaufs dient der Unterscheidung zwischen realen und hypothetischen Bedingungen. Diese setzt voraus, daß der Erfolg - etwa der Tod eines Menschen - mit Zeit- und Ortsangaben versehen wird. 131 Legt man der Kausalitätsprüfung einen solchermaßen konkretisierten Erfolg zugrunde, so lassen sich all jene Umstände als Reserveursachen erkennen, die zwar den Erfolg als abstraktes Ereignis hätten herbeiführen können, ihn aber nicht zu dem bestimmten Zeitpunkt und an dem bestimmten Ort herbeigeführt haben. Eine weitergehende Konkretisierung des tatbestands mäßigen Erfolges - etwa im Hinblick darauf, daß der Täter zum Zeitpunkt des Diebstahlserfolges einen Schlüssel in der Tasche trug - ist dagegen nicht erforderlich und deshalb bei der Beschreibung des Erfolges unbeachtlich. Entsprechendes gilt für die Konkretisierung des Kausalverlaufs. Berücksichtigung finden nur solche Umstände, die wirklich eingetreten sind und als mögliche Zwischenglieder einer naturgesetzlichen Verbindung mit dem nach Zeit- und Orts angaben konkretisierten Erfolg in Betracht kommen. 132 Die Übergabe der Handschuhe scheidet danach als irrelevanter Begleitumstand von vornherein aus der Kausalitätsprüfung aus, da das Tragen von Handschuhen regelmäßig l33 keinen notwendigen Zwischenschritt für die Herbeiführung des Diebstahlserfolges darstellt. Eine andere Frage ist, ob die Übergabe der Handschuhe, soweit sie der Verhinderung

1311 Vgl. Samson, Hypothetische Kausalverläufe im Strafrecht, S. 62 f.; Schaffstein, FS für Honig, S. 169 ff. (176 f.). 131 Vgl. Erb, Rechtmäßiges Alternativverhalten, S. 48. 132 Vgl. Erb, Rechtmäßiges Alternativverhalten, S. 50. 133 Etwas anderes würde gelten, wenn die Wegnahme aufgrund der besonderen Beschaffenheit des Gegenstandes (z. B. glühende Kohlen) durch das Tragen von Handschuhen erleichtert oder ermöglicht wird.

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von Fingerabdrücken dienen soll, als sog. vorgeleistete Strafvereitelung eine Strafbarkeit wegen psychischer Beihilfe begründet. 134 Das Wachestehen weist dagegen einen Bezug zum tatbestandsmäßigen Erfolg auf, weil die Möglichkeit einer rechtzeitigen Warnung des Täters das Gelingen des Diebstahls bewirken kann. Das Wachestehen kommt danach als mögliche Zwischenursache in Betracht. Dennoch bleibt fraglich, ob ein Kausalzusammenhang besteht. Während Roxin J35 hier ohne weiteres Kausalität zwischen dem Wachestehen und dem Diebstahlserfolg annimmt, weil es einen Unterschied mache, ob die Tat durch einen oder durch zwei Beteiligte ausgeführt wird, lehnt Samson eine Bestrafung des Gehilfen mangels Kausalität ab, sofern der Täter - was hier unterstellt werden soll - die Tat ohne Wächter nicht auf beschwerlichere Weise hätte durchführen müssen. 136 Beide Auffassungen - entweder Strafbarkeit des wachestehenden Gehilfen wegen physischer Beihilfe zur vollendeten Tat oder Straflosigkeit - enthalten einen jeweils zutreffenden Gedanken. Bei der Beihilfe besteht - wie dargestellt l37 - die Besonderheit, daß die Gehilfenhandlung auf zwei verschiedene Erfolge bezogen ist, nämlich einerseits auf die Tatausführung und andererseits auf den Haupttaterfolg. Sofern die Ausführungssituation, d. h. der erfolgsverursachende Geschehensverlauf betrachtet wird, erlangen alle Umstände eine tatbestandsrelevante Bedeutung, die zu diesem Zeitpunkt eine Beziehung zu dem noch nicht eingetretenen Erfolg aufweisen. So hat der Umstand, daß der Täter bei Tatdurchführung Handschuhe trägt, keinen Bezug zum Enderfolg, weil die Handschuhe mit dem Erfolg in keiner gesetzmäßigen Beziehung stehen. Die Übergabe der Handschuhe hat die Tatdurchführung daher nicht mitverursacht. Anders sind jedoch solche Umstände zu beurteilen, die wie das Wachestehen die Tathandlung absichern. In Bezug auf die Ausführungssituation sind solche Umstände rechtlich bedeutsam, weil sie eine Tendenz zur Erfolgsherbeiführung enthalten. Eine eventuelle Abwehr von Störern könnte der Tat zum Erfolg verhelfen. Der wachestehende Gehilfe modifiziert daher im Hinblick auf das Stadium des Haupttatversuchs nicht nur einen unwesentlichen Umstand der Tatbegehung, sondern leistet hierzu einen kausalen Beitrag. Insoweit ist Roxin zuzustimmen, daß es einen Unterschied mache, ob an der Tatdurchführung eine oder zwei Personen beteiligt sind. Da aber der Gehilfe nicht unmittelbar auf die erfolgsbegründende Täterhandlung einwirkt, wird der Kausalzusammenhang Vgl. dazu u., S. 162. Roxin, LK, § 27, Rdn. 8; Roxin, FS für Miyazawa, S. SOl ff. (511). 136 Samson, Hypothetische Kausalverläufe im Strafrecht, S. 52 f., 196. Auch Engisch, Die Kausalität, S. 76, kann hier keine gesetzmäßige Beziehung erkennen. Spendel, FS für Dreher, S. 167 ff. (180), lehnt ebenfalls Kausalität ab, bejaht aber eine Strafbarkeit wegen versuchter Strafvereitelung. 137 Vgl. 0., S. 38. 134

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3. Abschnitt: Die objektive Beziehung zwischen Hilfeleistung und Haupttat

zwischen Hilfeleistung und Enderfolg hier nicht über diese vermittelt. Eine über das Ausführungsstadium bis zum Erfolgseintritt fortwirkende Kausalität setzt deshalb die Herstellung einer aus der Beeinflussung der Nebenumstände resultierenden eigenen Beziehung zum Taterfolg voraus. Diese kommt nach der Kausalitätsformel von Engisch 138 nur zustande, wenn sich an das Wachestehen eine lückenlose Kette von naturgesetzlich verbundenen Ereignissen anschließt, die schließlich in den Erfolgseintritt einmünden. Zwischen dem Wachestehen als solchem und der erfolgsbegründenden Täterhandlung besteht eine solche Verbundenheit nicht, weil die Wegnahme der Sachen auf eine unabhängig neben dem Wachestehen ablaufende Ereigniskette zurückzuführen ist. Eine gesetzmäßige Beziehung könnte nur dann bejaht werden, wenn der Wächter Veränderungen hervorgerufen hätte, die sich als Ausschaltung sonst vorhandener negativer Momente dargestellt hätten, weil der Erfolg mit dem Nichtvorhandensein solcher Bedingungen, die den Erfolg nach allgemeiner Erfahrung ausschließen, gesetzmäßig verknüpft ist. 139 Das heißt, daß Kausalität hinsichtlich des Haupttaterfolges vorliegt, wenn der Gehilfe einen Störer ausschaltet, der den Erfolg sonst verhindert hätte. Im Fall des wachestehenden Gehilfen, der tatsächlich nicht einzugreifen braucht, kommt dagegen zwischen der Hilfeleistung und dem Schadenseintritt keine kausale Verknüpfung zustande, so daß eine Zurechnung des Enderfolges ausscheidet. Der Gehilfe könnte hier nur, sofern auch die übrigen Voraussetzungen vorliegen, wegen Beihilfe zum Versuch bestraft werden. 140 Das Kausalitätserfordernis bei der Beihilfe schließt daher in Fällen dieser Art, in denen der Gehilfe einen Beitrag erbringt, der sich nachträglich als überflüssig herausstellt, eine Haftung für das vollendete Delikt aus. 141 Beiträge, die wie die Übergabe der Handschuhe eine spätere Aufklärung und Strafverfolgung der Tat erschweren sollen, werden als physische Beihilfe überhaupt nicht erfaßt. 142 IV. Die Kausalität der Beihilfe in Rechtsprechung und Literatur

Die überwiegend vertretene Auffassung der Literatur l43 hält ebenso wie die Rechtsprechung an einer kausalen Betrachtungsweise der Beihilfe fest. Die Vgl. 0., S. 37 f. Vgl. Engisch, Die Kausalität, S. 28. 140 Vgl. zur abschließenden Würdigung dieses Falls u., S. 91 und zur Frage einer psychischen Beihilfe u., S. 163. 141 Nicht zuletzt, um dieses Ergebnis zu vermeiden und auch hier eine Zurechnung der vollendeten Tat zu begründen, wurde der Versuch unternommen, die objektiven Voraussetzungen der Beihilfe nach anderen Kriterien zu bestimmen. Dazu u., S. 46 ff. 142 Vgl. dazu den Staubhemdfall, RGSt 8, 267 ff., u., S. 95 f. 138

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Ansichten gehen auseinander, soweit es um die Frage geht, ob der Gehilfenbeitrag für den Erfolg der Haupttat kausal werden muß. Die Rechtsprechung verlangt für die Annahme einer strafbaren vollendeten Beihilfe keine Kausalität zwischen Gehilfenbeitrag und dem Erfolg der Haupttat. 144 Es genüge vielmehr, daß "der Gehilfe die Tat zu irgendeinem Zeitpunkt mit dem Willen, die Haupttat zu fördern, tatsächlich gefördert hat.,,145 Eine einmal erbrachte Hilfeleistung werde auch nicht dadurch beseitigt, daß der Gehilfenbeitrag keinerlei Einfluß auf den mit ihr bezweckten und tatsächlich eingetretenen Erfolg hatte. 146 So könne sich die Herbeiführung des Erfolges unabhängig vom Willen des Gehilfen vollziehen. Seine Kenntnis vom Verlauf der Haupttat sei nicht erforderlich. 147 Die bloße auf die Förderung der Haupttat gerichtete Absicht des Gehilfen soll zur Annahme einer strafbaren Beihilfe allerdings nicht ausreichen. 148 Die Rechtsprechung begnügt sich demnach mit einer kausalen Wirkung des Gehilfenbeitrags im Hinblick auf die Ausführungshandlung des Täters. Eine Mitverursachung des Haupttaterfolges ist zur Annahme einer vollendeten Beihilfe nicht erforderlich. Die in der Literatur vertretene Ansicht bezeichnet dagegen teilweise die Kausalbeziehung zwischen Gehilfenhandlung und Haupttaterfolg als eine unverzichtbare Strafbarkeitsvoraussetzung. 149 Doch ist diese Formulierung mißverständlich, denn auch nach dieser Ansicht ist die Annahme einer vollendeten 143 Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 289; Bockelmann, DR 41, 987 ff. (988); BockelmannIVolk, Strafrecht AT, S. 197; Class, FS für Stock, S. 115 ff. (115); Cramer, Sch-Sch, § 27, Rdn. 10; Dreher, MDR 72, 553 ff. (555 f.); Jakobs, Strafrecht AT, 22/34, S. 672; JescheckIWeigend, Lehrbuch des Strafrechts AT, S. 694; Letzgus, Vorstufen der Beteiligung, S. 72 f.; Merkel, FG für v. Frank, Bd. 2, S. 134 ff. (156); Roxin, LK, § 27, Rdn. 2; Roxin, FS für Miyazawa, S. 501 ff. (501); Samson, SK, § 27, Rdn. 9; Samson, Hypothetische Kausalverläufe im Strafrecht, S. 160 ff.; Samson, FS für Peters, S. 121 ff. (130 ff.); Schumann, Strafrechtliches Handlungsunrecht, S. 44 ff.; Spendel, FS für Dreher, S. 167 ff. (169); Welzel, Das Deutsche Strafrecht, S. 119. 144 RGSt 58, 1I3ff. (114); BGH VRS 8 (1955), 199 ff. (20 I); BGH VRS 61 (1981), 213 ff. (214); BGH NJW 75, 49 ff. (51); BGH NStZ 83, 462; BGH MDR 85, 284 f. (284); OLG Stuttgart NJW 50, 118 f. (118); OLG Freiburg, JZ 51, 85 f. (85); OLG Hamburg, JR 53,27. 145 RGSt 8, 267 ff. (268); RGSt 16, 25 ff. (27); RGSt 27, 157 ff. (158); RGSt 51, 136 ff. (141); RGSt 60,6 ff. (8); RGSt 67, 191 ff. (193); RG DR 41, 987; BGHSt 2, 129 ff. (131); BGHSt 20,89 f. (90); BGHSt 23,308 ff. (310); BGH NStZ 85, 318 f. (318); BGH MDR 85, 284 f. (284); OLG Karlsruhe, NStZ 85,78 f. (78). 146 RGSt 6, 169 f. (170); RG Rspr. 9, 149 f. (150); RGSt 58, 113 ff. (115). 147 RGSt 4,95 ff. (96); RGSt 58, 113 ff. (115). 148 RGSt 58, 113 ff. (115); OLG Freiburg, JZ 51, 85 f. (85). 149 Samson, SK, § 27, Rdn. 9; Letzgus, Vorstufen der Beteiligung, S. 72 f.; Class, FS für Stock, S. 115 ff. (115).

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3. Abschnitt: Die objektive Beziehung zwischen Hilfeleistung und Haupttat

Beihilfe nicht von der Mitverursachung des Haupttaterfolges abhängig. Vielmehr genügt - entsprechend der Förderungsformel der Rechtsprechung - eine kausale Einwirkung des Gehilfenbeitrags auf die Ausführungshandlung des Täters. Würde nämlich die Strafbarkeit des Gehilfen von der Mitverursachung des Haupttaterfolges abhängen, wäre eine Beihilfe zum versuchten Delikt generell ausgeschlossen, da sich der Versuch gerade durch das Ausbleiben des Erfolges auszeichnet. Rechtsprechung und Literatur sind sich deshalb darin einig, daß eine vollendete Beihilfe bereits bei kausaler Beeinflussung der Tatausführung vorliegen kann. Umstritten ist lediglich die Frage, unter welchen Voraussetzungen der Gehilfe auch für den eingetretenen Haupttaterfolg haften soll. Hier will die Rechtsprechung im Unterschied zur Literatur eine Beihilfe zur vollendeten Tat auch dann bejahen, wenn der die Ausführungshandlung fördernde Beitrag keinen Einfluß auf den Erfolgseintritt hatte. Der Streitstand hat keine praktische Relevanz, wenn diejenige Ausführungshandlung, die der Gehilfe tatsächlich gefördert hat, den Erfolg verursacht. Dann nämlich setzt sich die kausale Einflußnahme zwangsläufig bis zum Erfolgseintritt fort. 150 Ein Unterschied zwischen bloßer Förderung der Täterhandlung und Mitverursachung des Erfolges ist hier nicht feststell bar. Abweichungen ergeben sich aber z. B. in folgendem Fall: Im sog. Nachschlüsselfall des RG I51 händigte der Gehilfe den Tätern zur Begehung eines Einbruchsdiebstahls einen Schlüssel aus. Die Täter versuchten vergeblich, damit das Türschloß zu öffnen. Schließlich brachen sie es auf andere Weise auf und führten den geplanten Diebstahl durch. Während die Literatur überwiegend eine Beihilfe zum Versuch befürwortet I 52, nimmt das RG eine Beihilfe zur vollendeten Tat an, da die Täter das von dem Gehilfen übergebene Werkzeug benutzt hatten. Der "Tatbestand" der Beihilfe sei nämlich erfüllt, wenn die geplante Tat verübt und dem Täter dazu Hilfe geleistet worden ist. Auf den Erfolg brauche der Gehilfenbeitrag keinen Einfluß zu nehmen. 153 Hier entsteht der Verdacht, daß die Förderungsformel dazu diente, eine Beihilfe zum Versuch in eine Beihilfe zum vollendeten Diebstahl umzudeuten. Doch bei genauerer Betrachtung zeigt sich, daß die Ansicht des RG auch auf dem Boden der Förderungsformel nicht haltbar ist. Nach der Rechtsprechung genügt zur Annahme einer vollendeten Beihilfe, daß der Gehilfenbeitrag die 150 Vgl. Dreher, MDR 72, 553 ff. (556); Bockelmann, DR 41,987 ff. (988); Samson, Hypothetische Kausalverläufe im Strafrecht, S. 56. 151 RGSt 6, 169 f. 152 Roxin, LK, § 27, Rdn. 25; Roxin, FS für Miyazawa, S. 501 ff. (503 f.); Class, FS für Stock, S. 115 ff. (119); Dreher, Bemühungen um das Recht, S. 251; WesseIs, Strafrecht AT, S. 164, Rdn. 585; a. A. MaurachlGössel/Zipj, Strafrecht AT, Tb. 2, S. 360 f., Rdn. 27, die dem RG im Ergebnis zustimmen. 153 RGSt 6, 169 f. (170).

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Ausführungshandlung tatsächlich gefördert hat. Der Aussagegehalt der Förderungsformel beschränkt sich auf eine Grenzziehung zwischen versuchter und vollendeter Beihilfe. Die davon zu unterscheidende Frage, wann eine Beihilfe zur vollendeten Tat vorliegt, läßt sich erst bei einer Weiterentwicklung des Förderungsgedankens beantworten. Wenn eine vollendete Beihilfe die Förderung der Ausführungshandlung verlangt, so folgt daraus, daß dem Gehilfen der eingetretene Haupttaterfolg nur zur Last gelegt werden kann, wenn gerade die Unterstützung der Ausführungshandlung den Erfolg mitverursacht hat. Im Nachschlüsselfall wurde aber die zum Erfolg führende Ausführungshandlung nicht gefördert, denn der Schlüssel erwies sich als untauglich zum Öffnen der Tür. Das RG hätte deshalb bei einer sachgerechten Anwendung der Förderungsformel nur eine Beihilfe zum versuchten Einbruchsdiebstahl annehmen dürfen. Die Bestrafung wegen Beihilfe zur vollendeten Tat ist keine Folge der Förderungsformel. Tatsächlich liegt der Entscheidung des RG ein Gedankengang zugrunde, der im Zusammenspiel mit einer anderen Entscheidung lS4 deutlich wird. Die Gehilfen hatten hier einer Schwangeren taugliche Abtreibungsmittel besorgt. Die Täterin nahm die Hilfeleistungen an, getraute sich aber nicht, davon Gebrauch zu machen. Schließlich ließ sie ihre Schwangerschaft von einer Lohnabtreiberin beseitigen. Das RG betont wieder, daß Voraussetzung einer strafbaren Beihilfe nicht ihr tatsächlicher Einfluß auf den Erfolg der Tat sei. 155 Lediglich die den Tatbestand verwirklichende Handlung müsse gefördert werden. Anschließend weist das Gericht darauf hin, daß eine versuchte Beihilfe vorläge, wenn die Schwangere die angebotenen Abtreibungsmittel sofort abgelehnt und sie gänzlich außerhalb ihrer auf Abtreibung gerichteten Tätigkeit gelassen hätte. Vorliegend habe aber die zur Abtreibung Entschlossene die von den Gehilfen besorgten Mittel angenommen und ihren Gebrauch zunächst in ihren Vorsatz aufgenommen. Trotzdem geht das RG von einer versuchten Beihilfe aus. Die gesamte auf Abtreibung zielende Tätigkeit der Schwangeren stelle sich nicht als eine einheitliche Handlung im natürlichen Sinne dar. IS6 Es ließe sich nicht nachweisen, daß die Gehilfen durch ihre Beiträge auch die später in anderer Weise erfolgte und als selbständige Abtreibungshandlung zu beurteilende Tätigkeit fördern wollten. Dagegen ist im Nachschlüsselfall von einer Tat die Rede, die sich "als eine und dieselbe" darstelle. 157 Offenbar verwendete das RG die Förderungsformel, um eine Beihilfe zur vollendeten Tat zu bejahen, wenn die unterstützte Versuchshandlung und die davon unabhängige erfolgsbegründende Handlung des Täters eine natürliche Handlungseinheit bilden. Der wahre Grund für die Annahme einer Beihilfe zur vollendeten Tat im Nachschlüsselfallliegt danach in der irrigen Vorstellung des Gerichts, daß die RGSt 58, 113 ff. RGSt 58, 113 ff. (115). 156 RGSt 58, 113 ff. (116). 154 155

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3. Abschnitt: Die objektive Beziehung zwischen Hilfeleistung und Haupttat

für den Haupttäter geltenden Konkurrenzverhältnisse, der letztlich nur wegen eines vollendeten Diebstahls bestraft wird, auch auf den Gehilfen durchschlagen würden. Die Strafbarkeit des Gehilfen darf sich indessen nur nach den Folgen seiner eigenen Beteiligung richten. 158 Wenn das RG in seiner Entscheidung im 58. Band zur Straflosigkeit des Gehilfen gelangt, dann ist diesem Ergebnis durchaus zuzustimmen. Eine versuchte Beihilfe liegt nämlich vor, weil die geplante Abtreibung, soweit sie mit den von den Gehilfen übergebenen Mitteln durchgeführt werden sollte, über das Vorbereitungsstadium nicht hinauskam. Die Hilfeleistungen haben hier im Unterschied zu RGSt 6, 169 f. noch nicht einmal die strafbare Versuchshandlung beeinflußt. Die Ausführungen haben gezeigt, daß der von der Rechtsprechung verwendeten Förderungsformel gegenüber der in der Literatur überwiegend vertretenen Ansicht keine eigenständige Bedeutung zukommt. Nach beiden Auffassungen genügt zur Annahme einer vollendeten Beihilfe die kausale Beeinflussung der Ausführungshandlung. Bei richtiger Anwendung der Förderungsformel kommt auch hiernach eine Haftung des Gehilfen für den eingetretenen Haupttaterfolg nur in Betracht, wenn sich gerade die Unterstützung der Tathandlung erfolgsverursachend auswirkt. In diesem Fall ist das von der Literatur geforderte Kausalverhältnis zwischen Gehilfenhandlung und Erfolgseintritt gegeben. Im folgenden soll der Frage nachgegangen werden, ob auch unter Preisgabe eines Kausalverhältnisses der erforderliche Bezug zwischen Beihilfe und Haupttat hergestellt werden kann, und ob auf dieser Grundlage eine sinnvolle Unterscheidung zwischen der von § 27 StGB nicht erfaßten versuchten und einer strafbaren vollendeten Beihilfe möglich ist.

B. Die nichtkausale Beihilfe I. Die Lösungsvorschläge von Schaffstein und Salamon Schaffstein und Salamon vertreten eine Beihilfekonzeption, die auf das Erfordernis eines Kausalzusammenhangs verzichtet. 159 Die Autoren sind der Auffassung, daß das Kausaldogma bei der Beihilfe keine sinnvolle Haftungsgrundlage darstelle. So führt Salamon aus, daß gerade bei solchen Verhaltensweisen, die - wie das Wachestehen - typischerweise als vollendete Beihilfe bestraft würden, in vielen Fällen kein physischer Kausalzusammenhang zwischen der Hilfeleistung und der Haupttat bzw. dem Erfolg der Haupttat bestehe. 160 Auch RGSt 6, 169 f. (170). Vgl. auch Samson, Hypothetische Kausalverläufe im Strafrecht, S. 57, der von einer Konsequenz der vom RG "überstrapazierten Akzessorietät der Teilnahme" spricht. 159 Schaffstein, PS für Honig, S. 169 ff.; Salamon, Vollendete und versuchte Beihilfe. 157 158

B. Die nichtkausale Beihilfe

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ein Rückgriff auf die psychische Kausalität könne in Fällen dieser Art nicht weiterhelfen, da jedenfalls der erfolgreiche Nachweis eines psychisch vermittelten Zusammenhangs nahezu aussichtslos sei. 161 Die Persönlichkeit des Menschen, die das Einwirkungsobjekt des psychischen Gehilfen darstelle, sei so ,,reich an verborgenen Tiefen und an unbegreitbaren, unfaßbaren Lebensäußerungen", daß selbst der gutwillige Täter nicht sagen könne, ob ihn eine seelische Unterstützung tatsächlich in seinem Tatentschluß bestärkt habe. 162 Erweise sich aber das Kausalitätserfordernis bei der Beihilfe als undurchführbar, so müsse die Strafbarkeit des Gehilfen von einer kausalen Mitbewirkung des Erfolges gelöst werden. Daß die Kausalität keine Grundvoraussetzung strafrechtlicher Haftung sein müsse, glaubt Salamon aus den Erscheinungsformen der Straftaten ableiten zu können. Das geltende Recht stelle nämlich auch solche Verhaltensweisen unter Strafe, die keinen Erfolg verursacht haben. So erforderten die abstrakten Gefahrdungsdelikte, der untaugliche Versuch und die schlichten Tätigkeitsdelikte keinen Erfolg als Außenweltsveränderung. 163 Selbst im Bereich der fahrlässigen Erfolgsdelikte gäbe es Autoren, die die Kausalität zur Ermittlung strafrechtlicher Haftung als ungeeignet ansähen. Honig und Roxin hätten für den Fahrlässigkeitsbereich unter Außerachtlassung einer kausalen Betrachtungsweise eine eigene Zurechnungs lehre entwickelt. l64 Nach Honig hafte jemand für einen Erfolg dann, "wenn eine Willensbetätigung nach der Erfahrung als geeignetes Mittel zur Herbeiführung dieses Erfolges angesehen werden kann." Roxin stelle darauf ab, "ob der Täter durch sein Verhalten eine Risikoerhöhung herbeigeführt und dadurch die Gefahr des Erfolgseintritts vergrößert hat.,,165 Demgegenüber macht Schaffstein deutlich, daß Honig und Roxin die Prinzipien der objektiven Bezweckbarkeit bzw. der Risikoerhöhung nicht als ein kausalitätsersetzendes, sondern als ein zur Kausalität hinzutretendes objektives Zurechnungsurteil verstehen, das über die rechtliche Relevanz eines eingetretenen Kausalverlaufs Auskunft geben sol1. 166 Er meint jedoch, daß diese Prinzipien auch als alleinige Grundlage für die objektive Zurechnung eines Erfolges eine bedeutsame Aufgabe erfüllen können, wenn der Kausalzusammenhang wie bei der Beihilfe - keinen geeigneten Haftungsgrund darstelle. 167

160 Salamon,

Vollendete und versuchte Beihilfe, S. 95 ff. Salamon, Vollendete und versuchte Beihilfe, S. 114; vgl. auch Schaffstein, FS für Honig, S. 169 ff. (178). 162 Salamon, Vollendete und versuchte Beihilfe, S. 114 f.; vgl. dazu auch u., S. 101. 163 Salamon, Vollendete und versuchte Beihilfe, S. 130 f. 164 Salamon, Vollendete und versuchte Beihilfe, S. 131 f. 165 Salamon, Vollendete und versuchte Beihilfe, S. 132. 166 Schaffstein, PS für Honig, S. 169 ff. (169,172). 167 Schaffstein, FS für Honig, S. 169 ff. (170). 161

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3. Abschnitt: Die objektive Beziehung zwischen Hilfeleistung und Haupttat

Die Frage, ob eine vollendete Beihilfe vorliegt, sei jedenfalls - darin stimmen Schaffstein und Salamon überein - kein Problem der Kausalität. 168 Das Wesen der Beihilfe ergäbe sich vielmehr aus einer richtigen Erfassung des Begriffs der Hilfeleistung, mit dem der Gesetzgeber die Beihilfe umschrieben habe. 169 Einerseits stehe fest, daß die Hilfeleistung erfolgreich sein müsse, da sich der Gesetzgeber mit der Aufhebung der Vorschrift des § 49 a III StGB a. F. für die Straflosigkeit der versuchten Beihilfe entschieden habe. Andererseits könne der Erfolg der Beihilfe nicht in der Herbeiführung des Haupttaterfolges gesehen werden, weil der Gehilfe im Unterschied zum Täter während der Durchführung der Tat keine Tatherrschaft ausübe und folglich auf den Erfolgseintritt keinen Einfluß habe. 17o Der Erfolg der Hilfeleistung müsse deshalb in dem Bereich angesiedelt werden, in dem der Gehilfe mit Tatherrschaft handelt. Bei der psychischen Beihilfe oder der mit Kenntnis des Täters geleisteten physischen Beihilfe habe der Gehilfe das in seinem Einflußbereich liegende Ziel erreicht, wenn der Täter seinen Tatbeitrag - beispielsweise einen Ratschlag oder das angebotene Tatwerkzeug - annimmt. 171 Da die Beihilfe als unselbständige Erscheinungsform des Verbrechens von der Existenz einer Haupttat abhängig sei, müsse außerdem hinzukommen, daß der Täter zumindest in das strafbare Versuchsstadium eintritt. 172 Aus einer Übertragung der von Honig und Roxin entwickelten Zurechnungskriterien auf die Beihilfe folge nun, daß der Gehilfe dann für die Durchführung der Haupttat strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden könne, wenn sein erfolgreich geleisteter Tatbeitrag für das geschützte Rechtsgut gefährlich geworden iSt. 173 Ein im Sinne Honigs objektiv für eine Tatbestandsverwirklichung zweckhaftes Verhalten des Gehilfen mache nämlich die Gefahr der Erfolgsverwirklichung wahrscheinlicher, es stelle eine Risikoerhöhung im Sinne der Zurechnungslehre von Roxin dar. 174 Eine größere Gefährdung des Rechtsguts trete dann ein, wenn ein Vergleich der realen Sachlage mit derjenigen, die ohne den Gehilfenbeitrag bestanden hätte, ergibt, daß "die Gefahr der Verwirklichung des Deliktstatbestandes durch den Haupttäter nunmehr wahrscheinlicher ist, weil die Chance der Erfolgsherbeiführung sich vergrößert hat. " 175 Trage die 168 Schaffstein, FS für Honig, S. 169 ff. (178 f.); Salamon, Vollendete und versuchte Beihilfe, S. 134. 169 Salamon, Vollendete und versuchte Beihilfe, S. 135. 17() Salamon, Vollendete und versuchte Beihilfe, S. 135 f. 171 Salamon, Vollendete und versuchte Beihilfe, S. 137. 172 Salamon, Vollendete und versuchte Beihilfe, S. 137 ff. 173 Salamon, Vollendete und versuchte Beihilfe, S. 140; Schaffstein, FS für Honig, S. 169 ff. (179). 174 Salamon, Vollendete und versuchte Beihilfe, S. 141 f.; vgl. auch Schaffstein, FS für Honig, S. 169 ff. (170,174). 175 Salamon, Vollendete und versuchte Beihilfe, S. 140 f.

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Gehilfenhandlung hingegen nicht zu einer erhöhten Gefährdung des Rechtsguts bei, so handele es sich nur um einen straflosen Beihilfeversuch. 176 Das Urteil darüber, ob der Gehilfe den Eintritt einer Rechtsgutsverletzung wahrscheinlicher gemacht hat, sei im Wege einer objektiven ex-ante-Betrachtung zu ermitteln. 177 Zur Begründung der ex-ante-Perspektive verweist Salarnon auf die Eigenart des Gefahrurteils, das sich, da es über die Entwicklungsmöglichkeiten einer Verhaltensweise Auskunft geben soll, nur auf einen bevorstehenden Kausalverlauf beziehen könne. Einem Möglichkeitsurteil liege zwingend eine exante-Beurteilung zugrunde. 178 Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prognose sei derjenige, in dem der Täter von der Beihilfe Kenntnis erlangt, denn die Gefahr der Erfolgsverwirklichung werde dann wahrscheinlicher, wenn der Haupttäter die Möglichkeit hat, den Gehilfenbeitrag in seine Tatplanungen einzubeziehen. Weist er das Hilfsangebot hingegen sofort zurück, so sei ausgeschlossen, daß der Gehilfe die Gefahr für das Rechtsgut erhöht hat. 179 Auf den Zeitpunkt der Vornahme der Gehilfenhandlung müsse dann abgestellt werden, wenn die Hilfeleistung ohne Kenntnis des Täters erbracht wird. 180 Die Gefahrprognose - so führt Salarnon weiter aus - sei eine konkrete, weil es um die Frage ginge, ob die Gehilfenhandlung in ihrer individuellen Besonderheit die Verwirklichung der Haupttat wahrscheinlicher gemacht hat. Nicht entscheidend sei hingegen, ob Handlungen dieser Art generell geeignet sind, die Gelingenschance der Tat zu vergrößern. Zu abstrahieren sei aber von der konkreten Form, die die Haupttat schließlich gefunden hat. Da ein ex-ante-Urteil zu fallen sei, komme es nur darauf an, ob die. konkrete Gehilfenhandlung die Durchführung der Tat, so wie sie in dem für die Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt geplant war, wahrscheinlicher gemacht hat. 181 Der Gefahrprognose zugrunde zu legen seien alle zur Zeit der Annahme des Gehilfenbeitrags durch den Täter l82 erkennbaren sowie die dem Gehilfen und Haupttäter bekannten Tatsachen. 183 Schaffstein und Salamon berufen sich insoweit auf v. Hippel, der

176 Salamon, Vollendete und versuchte Beihilfe, S. 142; Schaffstein, FS für Honig, S. 169 ff. (174). 177 Salamon, Vollendete und versuchte Beihilfe, S. 147; Schaffstein, FS für Honig, S. 169 ff. (180). 178 Salamon, Vollendete und versuchte Beihilfe, S. 147. 179 Salamon, Vollendete und versuchte Beihilfe, S. 148 f. IXO Salamon, Vollendete und versuchte Beihilfe, S. 149; Schaffstein, FS für Honig, S. 169 ff. (180). 181 Salamon, Vollendete und versuchte Beihilfe, S. 150. 182 Bzw. bei der ohne Wissen des Täters geleisteten Beihilfe zum Zeitpunkt der Vornahme der Gehilfenhandlung. 183 Salamon, Vollendete und versuchte Beihilfe, S. 151 f.; Schaffstein, FS für Honig, S. 169 ff. (180).

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seinerzeit glaubte, mit Hilfe dieser Grundsätze ein Urteil über die konkrete Gefährlichkeit des Versuchs abzugeben. 184 Der dargestellte Lösungsvorschlag führt gegenüber der herrschenden Ansicht, die am Kausalitätserfordernis festhält, zu abweichenden Ergebnissen. So soll wegen Beihilfe zum vollendeten Einbruchsdiebstahl strafbar sein, wer dem Dieb einen Nachschlüssel übergibt, dessen Untauglichkeit sich erst bei Tatbegehung herausstellt, so daß der Täter auf andere Weise in das Gebäude eindringen muß. 185 Daß der Schlüssel nicht paßte, habe sich erst später - also nach Entgegennahme des Schlüssels durch den Täter - herausgestellt und bleibe daher bei der ex-ante-Beurteilung außer Betracht. Wenn es sich bei dem Türschloß allerdings um ein kompliziertes Sicherheitsschloß handelt, dann begründe die Übergabe eines einfachen Dietrichs keine erhöhte Gefahr, sofern dieser Umstand für einen objektiven Betrachter in der Lage des Täters erkennbar war. 186 Im Fall des wachestehenden Gehilfen soll eine Beihilfe zur vollendeten Tat vorliegen, da die Möglichkeit einer rechtzeitigen Warnung des Täters die erfolgreiche Deliktsverwirklichung wahrscheinlicher mache. Ob der Gehilfe im Verlaufe der Tat einzugreifen braucht oder nicht, sei unerheblich, da auch dieser Umstand dem für die Prognose maßgeblichen Zeitpunkt nachfolge. 187 In seinem viel zitierten Leiterfall kommt Schaffstein zu dem Ergebnis, daß die Mitwirkung des Gehilfen, der dem Einbrecher die Leiter zum Tatort trägt, als bloße Solidarisierung mit dem Haupttäter straflos sei, wenn dieser die Leiter erkennbar auch selbst hätte tragen können. Entsprechendes gelte für denjenigen, der den Täter zum Tatort fährt. Hätte der Täter den Tatort auch zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichen können, so liege mangels Risikoerhöhung keine strafbare Beihilfe vor. 188

IR4 Tatsächlich trifft die Gefahrprognose v. Hippels, Deutsches Strafrecht, Bd. 2, S. 425 ff., keine Aussage über den Eintritt eines konkreten Gefahrenzustands, sondern über die Gefährlichkeit der Versuchshandlung. Vgl. zu den Begriffen der abstrakten und konkreten Gefahr, u., S. 54 ff. 185 Salamon, Vollendete und versuchte Beihilfe, S. 154 f. Schaffstein, FS für Honig, S. 169 ff. (181), differenziert zwischen Beihilfe zum versuchten bzw. vollendeten Diebstahl. Wird die Haupttat nicht mit dem von dem Gehilfen übergebenen, sondern mit einem anderen Nachschlüssel begangen, so soll Beihilfe zum vollendeten Diebstahl vorliegen, wenn zwischen dem ersten vergeblichen und dem zweiten erfolgreichen Versuch zur Öffnung der Tür natürliche oder juristische Handlungseinheit besteht. Dagegen liege eine Beihilfe zum versuchten Diebstahl vor, wenn der Haupttäter die Tür, nachdem sich die Untauglichkeit des Nachschlüssels herausgestellt hat, aufgebrochen hat. IR6 Salamon, Vollendete und versuchte Beihilfe, S. 155 f.; Schaffstein, FS für Honig, S. 169 ff. (181). IR7 Salamon, Vollendete und versuchte Beihilfe, S. 159. IHH Schaffstein. FS für Honig. S. 169 ff. (182).

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Schaffstein und Salarnon berufen sich zur Begründung ihrer Lösungsvorschläge auf die Zurechnungsprinzipien der objektiven Bezweckbarkeit von Honig und der Risikoerhöhung im Sinne Roxins. Im folgenden soIl untersucht werden, ob es den Autoren gelungen ist, die genannten Prinzipien zur Entwicklung ihrer Beihilfekonzeption fruchtbar zu machen. 1. Das Prinzip der objektiven Bezweckbarkeit von Honig

Honig ging es in seinem Beitrag 189 um eine Klärung des zwischen den Vertretern der Bedingungstheorie und der Adäquanztheorie geführten Streits um die "richtige" Kausalitätslehre. Er steIlte klar, daß die Adäquanztheorie, die nur solchen Bedingungen Ursachenqualität zuerkennen woIlte, die generell geeignet sind, einen Erfolg herbeizuführen l90 , eine wertende Betrachtungsweise beinhaltet, indem sie auf der Grundlage der Erfahrung eine Auswahl zwischen rechtlich relevanten und irrelevanten Bedingungen trifft. Eine wertende Betrachtungsweise liege jedoch außerhalb eines ontologischen Kausalbegriffs, so daß die Adäquanztheorie kein Urteil über die Kausalität, sondern über die objektive Zurechnung eines Umstandes gemessen an den Anforderungen der Rechtsordnung abgebe. 191 Die Adäquanztheorie trage damit der Erkenntnis Rechnung, daß nicht jeder Kausalverlauf auch rechtlich bedeutsam ist. Zur Feststellung der Kausalität müsse deshalb ein weiteres selbständiges Urteil über die Frage der · ktlven . Z urec hnung h'mzutreten. 192 ob~e Honig läßt keinen Zweifel daran, daß er die Kausalität im Sinne der Bedingungstheorie als notwendige Mindestvoraussetzung jeder strafrechtlichen Haftung anerkennt, so daß er nicht - wie Salamon meint l93 - eine Zurechnungs lehre unter ,,Außerachtlassung einer kausalen Betrachtungsweise" entwickelt hat. Honig stellt lediglich klar, daß der durch die Kausalität gesteckte Haftungsrahmen einer normativen Einschränkung bedürfe. Den Inhalt des Zurechnungsurteils leitet Honig aus der Eigenart menschlicher Verhaltensweisen ab. 194 Der Mensch besitze die Fähigkeit, das äußere Kausalgeschehen seinen Zielen entsprechend zu steuern. Deshalb könne sein Verhalten auch objektiv als zweckhafte Willensäußerung angesehen werden. Soweit der Mensch in der Lage ist, seine Zwecke durch Eingreifen in die Naturvorgänge zu verwirklichen, soweit IX9 Honig, FG für v. Frank, Bd. I, S. 174 ff. 1911 Vgl. Traeger, Der Kausalbegriff in Straf- und Zivilrecht, S. 159; Sauer, Grundlagen des Strafrechts, S. 427 ff. (443). Inzwischen ist allgemein anerkannt, daß die Adäquanztheorie keine Kausalitätslehre ist. Vgl. Wolter, GA 77,257 ff. (257, Fn. I). 191 Honig, FG für v. Frank, Bd. 1. S. 174 ff. (178 f.). 192Honig,FGfürv.Frank,Bd.I,S.174ff.(179). 193 Salamon, Vollendete und versuchte Beihilfe, S. 131 f. 194 Honig, FG für v. Frank, Bd. I, S. 174 ff. (183 f.). 4"

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reiche die Möglichkeit seiner strafrechtlichen Verantwortung. Zurechenbar sei demnach derjenige Erfolg, welcher als objektiv zweckhaft gesetzt gedacht werden kann. 195 Maßgebend für das Urteil der objektiven Zweckhaftigkeit sei allein die objektiv zu beurteilende Möglichkeit über die Erreichbarkeit oder Abwendbarkeit des Erfolges für jemanden in der Situation des Täters. Dagegen treffe das Urteil keine Aussage über die psychischen Beziehungen des Täters zum Erfolg, ob er diesen also beabsichtigte, billigte oder voraussah. 196 Honig verfolgt demnach ebenso wie die Vertreter der Adäquanztheorie das Ziel, solche Kausalverläufe auszuscheiden, die atypisch und infolgedessen unbeherrschbar sind. Er betont in diesem Zusammenhang, daß die Beurteilung der objektiven Zweckhaftigkeit eines Verhaltens jedes Moment des Sachverhalts als wesentlich erscheinen lasse, so daß kein Umstand des konkreten Sachverhalts, und sei er noch so ungewöhnlich, entbehrlich sei. 197 Hier wird deutlich, daß Honig nicht die Vorhersehbarkeit einer Entwicklung, die ex ante zu bestimmen wäre, sondern die Beherrschbarkeit eines eingetretenen Geschehensverlaufs beurteilen will. Wird aber der tatsächliche Verlauf zugrunde gelegt, so handelt es sich um eine ex-post-Betrachtung. 198 An dieser Stelle erscheint eine kurze Erläuterung der "ex-ante"- bzw. "expost"-Beurteilung angebracht. 199 Die Begriffe ex ante und ex post betreUen die richterliche Perspektive bei der Beurteilung eines Sachverhalts. Um eine Betrachtung ex post handelt es sich, wenn der Richter einen abgeschlossenen Geschehensverlauf beurteilt. Der Erkenntnisvorgang stützt sich hier auf alle releHonig, FG für v. Frank, Bd. 1, S. 174 ff. (184). Honig, FG für v. Frank, Bd. 1, S. 174 ff. (185). 197 Honig, FG für v. Frank, Bd. 1, S. 174 ff. (185 f.). 198 Anderes scheint es mit dem Adäquanzurteil auf sich zu haben, das - so eine vielfach vertretene Ansicht - ex ante auf der Grundlage einer objektiv nachträglichen Prognose zu fallen sei. Vgl. JescheckIWeigend, Lehrbuch des Strafrechts AT, S.286; Lenckner, Sch-Sch, Vorbem. §§ 13 ff., Rdn. 87; Roxin, Strafrecht AT, Bd. I, S.296, Rdn. 32; Sauer, Grundlagen des Strafrechts, S. 434; Wetzel, Das Deutsche Strafrecht, S.46. Um ein ex-ante-Urteil ginge es indessen nur, wenn die Vorhersehbarkeit oder Berechenbarkeit der Herbeiführung eines Erfolges bestimmter Art zur Beurteilung anstünde. Kernpunkt des Adäquanzurteils ist jedoch - wie bei Honig - die Beherrschbarkeit eines Kausalverlaufs und nicht die Möglichkeit seines Eintritts. So lehrt gerade die allgemeine Lebenserfahrung, daß auch ungewöhnliche Sachverhaltsgestaltungen eintreten können, also durchaus möglich sind. Zur Ausschaltung atypischer Kausalveriäufe ist es deshalb notwendig, den konkreten Sachverhalt - so wie er sich tatsächlich abgespielt hat - zu betrachten, um rückblickend zu entscheiden, ob dieser Verlauf von erfahrungsgemäß auftretenden Abläufen erheblich abweicht oder nicht. Auch das Adäquanzurteil beruht daher - ebenso wie das Urteil Honigs über die objektive Zweckhaftigkeit - auf einer ex-post-Betrachtung. Ebenso Triffterer, Österreichisches Strafrecht AT, S. 149, Rdn. 119; Krümpelmann, FS für Triffterer, S. 137 ff. (141). IW Vgl. dazu auch Krümpelmann, FS für Triffterer, S. 137 ff. (137 f.). 195

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vanten Sachverhaltsumstände. Bei der Beurteilung ex ante versetzt sich der Richter an einen Punkt zurück, in dem sich das Geschehen noch in der Entwicklung befand, um von diesem vorgelagerten Standpunkt aus eine Aussage über den voraussichtlichen Fortgang der Ereignisse zu treffen. Die Prognose eines erfahrungsgemäß eintretenden Ablaufs setzt notwendig voraus, daß der Richter allein auf der Grundlage der bis zum fraglichen Zeitpunkt verwirklichten Tatsachen urteilt. Alle Umstände, die erst danach eingetreten sind, müssen dagegen außer Betracht bleiben. Auf die ex-ante-Perspektive greift der Richter demnach zurück, wenn er die Entwicklungsmöglichkeiten einer bestimmten Situation nach dem damaligen Stand der Dinge beurteilen will. Setzt aber ein Erkenntnisvorgang - wie die Ermittlung der Atypizität eines eingetretenen Kausalverlaufs oder die Feststellung der kausalen Verknüpfung zweier in der Vergangenheit liegender Ereignisse - den vollständigen Ablauf aller Sachverhaltsdeterminanten voraus, so ist der Richter auf eine Rückschau, d. h. auf eine expost-Betrachtung angewiesen. Im Unterschied zu Honig stellen Schaffstein und Salamon auf die Vorhersehbarkeit einer Entwicklung ab, da sie aus der ex-ante-Perspektive beurteilen wollen, ob der Gehilfenbeitrag die Durchführung der Haupttat wahrscheinlicher macht. Mit dem Prinzip der objektiven Zweckhaftigkeit im Sinne Honigs stimmt diese Beurteilung nicht überein. Bei Honig geht es um die Ausschaltung solcher Kausalverläufe, die auf einer ungewöhnlichen Verkettung abnormer Umstände beruhen. Die von Schaffstein und Salamon aufgeführten Beispielsfälle zur Beihilfe betreffen indessen ganz andere Fallkonstellationen. 200 Wenn Schaffstein etwa im Leiterfa1l201 eine vollendete Beihilfe ablehnt, weil der Täter die Leiter ohne weiteres hätte selbst tragen können, so stellt das Tragen der Leiter durchaus ein im Sinne Honigs objektiv zweckhaft zu denkendes Verhalten dar. Zur Straflosigkeit des Gehilfen kommt Schaffstein nur, weil er den Eintritt einer Risikoerhöhung verneint. Läßt sich die Beihilfekonzeption von Schaffstein und Salamon danach zwar nicht auf die Zurechnungslehre Honigs zurückführen, so bleibt zu prüfen, ob den Autoren eine Übertragung des Risikoerhöhungsprinzips Roxins auf die Beihilfe gelungen ist.

Z(X) Zwar versucht Honig, sein Prinzip auch auf die Teilnahme anzuwenden. Dabei geht es aber nicht um die Kennzeichnung einer erfolgreichen Hilfeleistung, sondern um die Grenzziehung zwischen Mittäterschaft und Beihilfe. Vgl. Honig, FG für v. Frank, Bd. I, S. 174 ff. (198 ff.). ZOI Vgl. 0., S. 50.

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2. Das Risikoerhöhungsprinzip Roxins a) Darstellung Roxin hat das Zurechnungskriterium der Risikoerhöhung entwickelt, um in den Fällen sachgerechte Ergebnisse zu erzielen, in denen ein Erfolg durch fahrlässiges Verhalten des Täters verursacht wurde, möglicherweise aber auch bei rechtmäßigem Verhalten unvermeidbar gewesen wäre?02 Nach der Rechtsprechung muß der Täter freigesprochen werden, wenn nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststeht, daß der Erfolg bei pflichtgemäßem Verhalten ausgeblieben wäre. Insbesondere bei Verhaltensweisen, die mit einem hohen erlaubten Risiko verbunden sind, wie etwa riskante Operationen, ist der Nachweis, daß ein pflichtgemäßes Handeln den Erfolg verhindert hätte, praktisch ausgeschlossen. Um kriminalpolitisch unangemessene Freisprüche zu verhindern, will Roxin den Erfolg bereits dann zurechnen, wenn das sachwidrige Verhalten die Chance des Erfolgseintritts erhöht hat. Zur Feststellung einer durch das pflichtwidrige Verhalten bewirkten Risikoerhöhung wird das reale Geschehen mit einem gedachten Verlauf bei hypothetisch pflichtmäßigem Verhalten verglichen. 203 Die kausale Verknüpfung zwischen Handlung und Erfolg ist auch bei Roxin entgegen der Ansicht Salamons204- notwendige Mindestvoraussetzung der Zurechnung eines Erfolges?05 Erst wenn feststeht, daß das pflichtwidrige Verhalten den Erfolg verursacht hat, stellt sich anschließend die Frage nach dem Eintritt einer Risikoerhöhung. WeIche Konsequenzen die entsprechende Anwendung des Risikoerhöhungsprinzips auf die Beihilfe hat, läßt sich erst dann beurteilen, wenn geklärt ist, über weIches Risiko geurteilt wird. Um begrifflichen Unklarheiten vorzubeugen, soll zunächst eine allgemeine Bestimmung der möglichen Gefahrurteile vorangestellt werden. b) Allgemeine Begriffsbestimmung der abstrakten und konkreten Gefahr Grundsätzlich kann das Urteil über eine Gefahrenlage auf den Augenblick der Vornahme einer Handlung oder auf denjenigen Zeitpunkt bezogen sein, in dem ein konkretes Rechtsgutsobjekt in den Einwirkungsbereich der Handlung gerät. Die Gefährlichkeit im Augenblick der Handlung hat einen anderen Inhalt als die Gefahr, der sich ein bestimmter Rechtsgutsträger ausgesetzt sieht. Mit 2112 Vgl. Roxin, ZStW 74 (1962), 41 I ff. (430 ff.); Roxin, Strafrecht AT, Bd. I, S. 314 ff., Rdn. 72 ff. 2113 Roxin, ZStW 74 (1962), 411 ff. (43 I f.). 2114 Salamon, Vollendete und versuchte Beihilfe, S. 131 f. 2115 Vgl. Roxin, ZStW 74 (1962), 411 ff. (431).

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dem jeweiligen Gegenstand des Gefahrurteils ist der Unterschied zwischen abstrakter und konkreter Gefährdung umschrieben. Die konkrete Gefahr kennzeichnet eine Situation, in der einem bestimmten Rechtsgutsobjekt die naheliegende Möglichkeit einer Verletzung droht. 206 Der Eintritt einer konkreten Gefahrensituation ist ein von der Handlung zu unterscheidender Sachverhaltskomplex und in diesem Sinne ein (Gefahr-) Erfolg?07 Wird demgegenüber die Vornahme einer Handlung als Gefahrsachverhalt ins Auge gefaßt, dann stellt sich die Frage, ob die Verhaltensweise generell geeignet ist, eine Verletzung von Rechtsgütern bestimmter Art herbeizuführen. 208 Im Unterschied zur konkreten Gefahr setzt die abstrakte Gefahr nicht voraus, daß ein bestimmter Rechtsgutsträger auf der Bildfläche erschienen ist. In der bloßen Möglichkeit einer Schädigung stimmen abstrakte und konkrete Gefährdung überein. Das Urteil über die Möglichkeit einer Schädigung ist jedoch bei der konkreten Gefahr aus dem Blickwinkel des bedrohten Tatobjekts, also aus der Opferperspektive zu fällen, während es bei der abstrakten Gefahr auf den Standort des Handelnden ankommt. 209 Betrachtet man die zeitliche Struktur eines schadenstiftenden Geschehensverlaufs, so stellt die abstrakte Gefahr einer Handlung die erste Stufe einer sich bis zum Erfolgseintritt immer stärker verdichtenden Gefahrenkette dar. Aus der abstrakten Gefährlichkeit einer Handlung wird eine konkrete Gefahrenlage, wenn ein bestimmtes Tatobjekt in den Wirkungsbereich der bedrohlichen Situation eintritt. Der konkrete Gefahrenzustand wiederum ist eine Vorstufe des Verletzungserfolges, der sich von jenem dadurch unterscheidet, daß er die Schädigung des Rechtsgutsobjekts nicht als tatsächlich eingetretenes, sondern nur als mögliches Ereignis beinhaltet. 210 Da das Gefahrurteil - das abstrakte ebenso wie das konkrete - eine Aussage über die weitere Entwicklung einer vergangenen Situation treffen soll, ist es auf die Prognose angewiesen. Die Prognose setzt eine ex-ante-Betrachtung211 voraus, da die Vorhersage eines erfahrungsgemäß eintretenden Ablaufs nur auf der

206 Gallas, FS für Heinitz, S. 171 ff. (175); Hirsch, Problemy Odpowiedzialnosci Kamej, S. 151 ff. (152); Cmmer, Sch-Sch, Vorbem. §§ 306 ff., Rdn. 2, 3; Roxin, Strafrecht AT, Bd. I, S. 337, Rdn. 114; Jakobs, Strafrecht AT, 6179, S. 169. 207 Gallas, FS für Heinitz, S. 171 ff. (176); Roxin, Strafrecht AT, Bd. I, S.337, Rdn. 114; Horn, Konkrete Gefahrdungsdelikte, S. 12 f.; Ostendorf, JuS 82, 426 ff. (428); Wolter, JuS 78, 748 ff. (750). 208 Gallas, FS für Heinitz, S. 171 ff. (180); Hirsch, Problemy Odpowiedzialnosci Kamej, S. 151 ff. (154); Roxin, Strafrecht AT, Bd. I, S. 340, Rdn. 119; Cmmer, SchSch, Vorbem. §§ 306 ff., Rdn. 3. 21)9 Krümpelmann, FS für Triffterer, S. 137 ff. (145); Hirsch, Problemy Odpowiedzialnosci Kamej, S. 151 ff. (154). 210 Vgl. Gallas, FS für Heinitz, S. 171 ff. (176). 211 Vgl. zu dem Begriff, 0., S. 52 f.

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3. Abschnitt: Die objektive Beziehung zwischen Hilfeleistung und Haupttat

Grundlage eines noch ungewissen Fortgangs möglich ist. 212 Der Richter hat sich also in den zur Beurteilung anstehenden Zeitpunkt zurückzuversetzen, um aus dieser Perspektive die künftige Entwicklung zu prognostizieren. Die Eigenart der nachträglichen (also im Prozeß zu treffenden) Prognose besteht darin, daß der Richter einen Blick in die bereits zur Vergangenheit gewordene Zukunft wirft, indem er den Sachverhalt unter den damals gegebenen Umständen und Zeitverhältnissen rekonstruiert. Mit dem jeweiligen Beurteilungszeitpunkt des Gefahrurteils ist zugleich der Tatsachenkreis umschrieben, der der Prognose zugrunde zu legen ist. Geht es um die abstrakte Gefährlichkeit einer Handlung, dann darf die Prognose nur auf solche Umstände gestützt werden, die zu diesem Zeitpunkt - also zum Zeitpunkt der Handlungsvornahme - bereits verwirklicht waren. Da etwa das Erscheinen oder Nicht-Erscheinen eines Rechtsgutsobjekts der Handlung zeitlich nachfolgt, bleibt dieser Umstand bei der Gefährlichkeitsbeurteilung einer Verhaltensweise außer Betracht. Anders sieht es bei der Beurteilung eines konkreten Gefahrenzustandes aus. Da dieses Gefahrurteil auf die Situation des Opfers bezogen ist, muß das die konkrete Gefahr auslösende Sachverhaltsmoment des Auftauchens eines Rechtsgutsträgers in der Datenbasis dieser Prognose Berücksichtigung finden. 213 Die ex-ante-Perspektive der Prognose wird damit nicht verlassen, denn auch hier gilt, daß alle dem zur Beurteilung anstehenden Zeitpunkt nachfolgenden Umstände - wie etwa das Eintreten oder Ausbleiben des Verletzungserfolges - als ungewiß vorausgesetzt werden. Die Ausführungen dürften die "faktisch-prognostische Doppelstruktur,,214 des Gefahrurteils deutlich gemacht haben. Mit der Auswahl einer Situation, über deren Entwicklungsmöglichkeiten - entweder im Hinblick auf die Herbeiführung von Erfolgen bestimmter Art (abstrakte Gefahr) oder im Hinblick auf die Verletzung eines bestimmten Rechtsgutsobjekts (konkrete Gefahr) - eine Prognose abgegeben werden soll, geht die Umgrenzung des zugrunde zu legenden Tatsachenrahmens einher, der sich auf die bis zum Beurteilungszeitpunkt verwirklichten Fakten beschränkt. c) Der Gefahrbegriff der Risikoerhöhungslehre Ein Einwand Ulsenheimers gegen die Risikoerhöhungslehre besagte, daß jedes pflichtwidrige Verhalten mit einer Gefahrerhöhung verbunden sei, weil in einem am Rechtsgüterschutz orientierten Strafrecht nur solche Handlungen verboten seien, die generell die Gefahr einer Rechtsgutsverletzung in sich bergen. 215 Dieser Einwand wäre richtig, wenn die Risikoerhöhungslehre ein ris-

212

(137). 213 214

Gallas, FS für Heinitz, S. 171 ff. (177); Krümpelmann, FS für Triffterer, S. 137 ff.

Vgl. Gallas, FS für Heinitz, S. 171 ff. (\77). Krümpelmann, FS für Triffterer, S. 137 ff. (\42).

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kantes und verbotenes Verhalten mit einem rechtmäßigen Verhalten vergleichen würde. Käme es auf einen Risikovergleich zum Zeitpunkt der Handlungsvornahme an, so müßte in der Tat jeder durch ein pflichtwidriges Verhalten verursachte Erfolg zugerechnet werden, weil die sorgfaltswidrige Handlung gegenüber einem sorgfaltsgerechten Verhalten grundsätzlich mit einer erhöhten Gefahr in Bezug auf die Herbeiführung von - zu diesem Zeitpunkt noch unkonkretisierten - Erfolgen bestimmter Art einhergeht. Unterläuft beispielsweise einem Arzt während der Durchführung einer Operation ein Kunstfehler, der zum Tode des Patienten führt, so würde ein Vergleich zwischen dem fehlerhaften und einem hypothetisch kunstgerechten Eingriff zu dem Ergebnis gelangen, daß die sorgfalts widrige Handlung nach allgemeiner Erfahrung die Wahrscheinlichkeit für einen tödlichen Ausgang der Operation erhöht hat. Der Erfolg müßte auch dann zugerechnet werden, wenn nachträglich festgestellt wird, daß der Patient aufgrund einer abnormen Konstitution ohnehin gestorben wäre, da das Urteil über die Vorhersehbarkeit einer Entwicklung aus der Täterperspektive allein auf die zum Zeitpunkt der Handlung bekannten und erkennbaren Tatumstände gestützt werden dürfte. Daß die Handlungssituation nicht der entscheidende Anknüpfungspunkt des Risikoprinzips ist, stellte Roxin klar, indem er betonte, daß die Gefahr zwar eine ex-ante-Beurteilung erfordere, hierbei jedoch der wirkliche Sachverhalt zugrunde zu legen sei. 216 Der Hinweis auf die Berücksichtigung des wirklichen Sachverhalts sollte verdeutlichen, daß auch solche Tatumstände in die Grundlage des Risikovergleichs Eingang finden, die der Tathandlung zeitlich nachfolgen oder erst nachträglich festgestellt werden. Das ist die notwendige Folge aus dem auf die Opferperspektive bezogenen Beurteilungszeitpunkt. Die zentrale Frage nach dem Eintritt einer Risikoerhöhung bezieht sich nicht auf die Handlungssituation, sondern auf diejenige, in der sich das Tatobjekt vor Eintritt des Erfolges befunden hat. Die Risikoerhöhungslehre trifft daher keine Aussage über den Unwert des Täterverhaltens, sondern beurteilt die Lage des bedrohten Rechtsgutsobjekts. Der ihr zugrunde liegende Gefahrbegriff ist deshalb ein konkreter. 217 Daraus folgt, daß alle zum Zeitpunkt der bedrohlichen Situation verwirklichten Daten, auch solche, die - wie etwa die abnorme Konstitution des Patienten - erst nachträglich bekannt werden, Berücksichtigung finden. Eine Beschränkung auf die zum Beurteilungszeitpunkt erkennbaren Umstände ist hier nicht geboten, weil das Risikoprinzip - wie dargestellt - nicht die Entwicklungsmöglichkeiten einer Handlung aus der Sicht des Täters prognostiziert, sondern den tatsächlich eingetretenen konkreten Gefahrenzustand

Ulsenheimer, 1Z 69,364 ff. (366). Roxin, ZStW 78 (1966), 214 ff. (221). 217 Vgl. zum Gefahrbegriff der Risikoerhöhungslehre: Roxin, FS für Honig, S. 133 ff. (138 f., Fn. 18); Krümpelmann, FS für Bockelmann, S. 443 ff. (449); Stratenwerth, FS für Gallas, S. 227 ff. (229 f.). 215

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3. Abschnitt: Die objektive Beziehung zwischen Hilfeleistung und Haupttat

eines Rechtsgutsträgers mit einer gedachten Situation bei hypothetisch pflichtmäßigem Verhalten vergleicht. Eine solche objektive Lagebeurteilung setzt die Berücksichtigung aller zu diesem Zeitpunkt verwirklichten Fakten voraus.218 Nach der Risikoerhöhungslehre wird demzufolge ein durch ein pflichtwidriges Verhalten verursachter Erfolg zugerechnet, wenn die Situation des geschützten Tatobjekts, d. h. der konkrete Gefahrenzustand, bei hypothetisch pflichtmäßigem Verhalten weniger bedrohlich gewesen wäre. d) Folgerungen für die Anwendung des Risikoerhöhungsprinzips auf die Beihilfe Die Besonderheit der fahrlässigen Erfolgsdelikte gegenüber der Situation einer strafbaren Beihilfe besteht darin, daß jedem fahrlässigen Verletzungsdelikt ein Sachverhalt zugrunde liegt, der sich aus den kausal verknüpften Elementen einer Handlung und eines Erfolges zusammensetzt. Im Unterschied dazu ist der Eintritt eines Schadens keine notwendige Voraussetzung einer strafbaren Beihilfe, da anderenfalls eine Beihilfe zur versuchten Haupttat generell straflos bliebe. Für die Fahrlässigkeitsdelikte bedeutet das Erfordernis eines Schadenseintritts, daß der Täter in den zur Beurteilung anstehenden Fällen immer auch einen konkreten Gefahrenzustand herbeigeführt hat, denn jeder Verletzung geht zwangsläufig ein Moment konkreter Opfergefährdung voraus. Aufgabe des Risikoerhöhungsprinzips ist es daher nicht, den Eintritt eines konkreten Gefahrenzustandes festzustellen. Vielmehr knüpft das Prinzip an einen Gefahrenzustand an, an dessen Existenz aufgrund des nachfolgenden Erfolgseintritts kein Zweifel besteht. Diesem real existenten Gefahrsachverhalt stellt die Risikoerhöhungslehre eine hypothetische Gefahrensituation gegenüber, die sich aus einem sorgfaltsgerechten Täterverhalten entwickelt hätte. Bei der Beihilfe ist dagegen in den Fällen, in denen ein Erfolg letztlich ausgeblieben, die Haupttat also nicht über das Versuchsstadium hinausgekommen ist, das Vorliegen einer konkreten Gefahr kein selbstverständlich gegebenes Element des zugrunde liegenden Sachverhalts. Hier müßte - soll das Risikoprinzip nach den für die Fahrlässigkeitsdelikte entwickelten Maßstäben übertragen werden - zunächst der Eintritt eines konkreten Gefahrenzustandes ermittelt werden, bevor gefragt werden kann, ob der Gehilfe das Risiko einer bestehenden Gefahrenlage erhöht hat. Damit stellt sich die Frage nach der Ausgestaltung des hypothetischen Vergleichssachverhalts, der dem realen Geschehensverlauf zur Feststellung einer Risikoerhöhung gegenüber gestellt werden muß. Bei den Fahrlässigkeitsdelikten vergleicht man die tatsächlich eingetretene Situation des bedrohten Tatobjekts mit derjenigen, die im Falle einer rechtmäßigen Verhaltensweise bestanden

218

Vgl. Gallas, FS für Heinitz, S. 171 ff. (178).

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hätte. An die Stelle des pflichtwidrigen Täterverhaltens wird also ein hypothetisch pflichtgemäßes Täterhandeln gesetzt. Bei der Beihilfe ist dagegen ein pflichtgemäßes Tun des Gehilfen ausgeschlossen. Der Gehilfe hätte sich nur dann pflichtgemäß verhalten, wenn er die Hilfeleistung unterlassen hätte. Vergleichsmaßstab zur Ermittlung einer Risikoerhöhung bei der Beihilfe kann daher nicht die Situation sein, die sich aus einem rechtmäßigen Gehilfenhandeln entwickelt hätte, sondern diejenige, die auf der Grundlage des Täterverhaltens ohne Beihilfe bestanden hätte. 3. Der Gejahrbegrijf bei Schaffstein und Salamon Ob der Gehilfe nach den Lösungsvorschlägen von Schaffstein und Salamon für die Herbeiführung oder Erhöhung einer konkreten Gefahr bestraft wird, hängt entscheidend von dem Zustandekommen des Gefahrurteils ab, durch das der Eintritt einer Risikoerhöhung festgestellt werden soll. Schaffstein und Salamon wollen den Eintritt der Risikoerhöhung in dem Augenblick beurteilen, in dem der Täter den Gehilfenbeitrag annimmt. Salamon begründet diesen Zeitpunkt mit der Erwägung, daß sich "das Möglichkeitsurteil über die Frage, ob eine Handlung eine Gefahrerhöhung für ein Rechtsgut herbeigeführt hat, nur auf einen bevorstehenden Kausalverlauf und dessen mögliche Bedeutung für eine Rechtsgutsverletzung, nicht aber auf einen abgelaufenen Kausalverlauf beziehen" könne. 219 An dieser Überlegung ist richtig, daß ein Urteil über die möglichen Auswirkungen einer Situation auf das Tatobjekt dann nicht mehr gefällt werden kann, wenn alle Determinanten bis zum Eintritt oder Ausbleiben des Erfolges feststehen. Wird ein feststehender Kausalverlauf im Nachhinein betrachtet, so kann nur beurteilt werden, was hätte geschehen müssen, um den Erfolg zu verhindern oder herbeizuführen. Aus dem Umstand, daß das Gefahrurteil ein Möglichkeitsurteil ist, lassen sich jedoch keine Rückschlüsse auf den zugrunde zu legenden Beurteilungszeitpunkt ziehen. Ein Möglichkeitsurteil über die Auswirkungen einer Situation auf ein Tatobjekt kann auch noch zu einem der Handlung nachfolgenden Zeitpunkt gefällt werden, sofern es sich um einen Zeitpunkt handelt, der vor dem Eintritt oder Ausbleiben der Rechtsgutsverletzung liegt. Der von Salamon gewählte Beurteilungszeitpunkt beruht offensichtlich auf der Fehlvorstellung, daß ein ex ante zu fällendes Gefahrurteil spätestens zum Zeitpunkt der Vornahme der Täterhandlung abgegeben werden müsse. Besonders deutlich wird die Verkennung des konkreten Gefahrbegriffs an folgenden Ausführungen Salamons: "Geht es aber darum, ob ein Rechtsgut in Gefahr geraten ist, so ist der Zeitpunkt entscheidend, in dem das Rechtsgut220 219 220

Salamon, Vollendete und versuchte Beihilfe, S. 147.

Gemeint ist nicht das Rechtsgut im Sinne eines ideellen Sozialwertes, sondern das

Rechtsgutsobjekt, da nur dieses in den Gefahrenkreis einer Handlung eintreten kann.

60

3. Abschnitt: Die objektive Beziehung zwischen Hilfeleistung und Haupttat

in den Wirkungsbereich der gefährlichen Situation eingetreten ist. Dann wäre auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem der Haupttäter zur Ausführungshandlung schreitet. ,,221 Obwohl Salamon erkennt, daß es entscheidend auf den Eintritt des Rechtsgutsobjekts in den Gefahrenkreis ankommt, will er dem Gefahrurteil dennoch einen Beurteilungszeitpunkt zugrunde legen, der vor diesem Ereignis liegt. Dieser an sich offenkundige Widerspruch läßt sich auf das Mißverständnis zurückführen, daß die ex-ante-Perspektive verlassen werde, wenn ein der Tathandlung nachfolgender Umstand zur Grundlage des Gefahrurteils gemacht wird. Demselben Irrtum unterliegend wandte U1senheimer gegen Roxins Risikoerhöhungsprinzip ein, daß es ein sachlicher Widerspruch sei, wenn ein ex ante zu fällendes Gefahrurteil aufgrund der wirklich eingetretenen Situation abgegeben wird, weil hier ein ex-post-Gesichtspunkt fälschlich zur Grundlage der ex-ante-Begutachtung der Gefahr gemacht werde. 222 Salamon und U1senheimer erkennen nicht, daß die Berücksichtigung eines der Tathandlung nachfolgenden Umstandes eine Folge des bei einem konkreten Gefahrurteil hinausgeschobenen Beurteilungszeitpunktes ist. Es findet kein Wechsel der zeitlichen Perspektive statt, sondern lediglich ein Wechsel der Perspektive vom Täter auf die Situation des Opfers. 223 Salamon ist jedoch in der Vorstellung verhaftet, daß ein Gefahrurteil ausschließlich aus der Sicht des Handelnden gefällt werden könne. Vor diesem Hintergrund wird verständlich, warum die der Tathandlung nachfolgenden Umstände, wie etwa das Auftauchen des Rechtsgutsträgers, als reale Fakten keine Berücksichtigung finden. Damit ist zugleich der Punkt berührt, der die Frage nach der dem Gefahrurteil zugrunde zu legenden Datenbasis betrifft. Salamon und Schaffstein wollen nur diejenigen Tatumstände berücksichtigen, die zur Zeit der Annahme des Gehilfenbeitrags durch den Haupttäter einem sachkundigen Beobachter erkennbar oder dem Gehilfen oder Haupttäter tatsächlich bekannt waren?24 Die solchermaßen beschränkte Datenbasis scheint für Salamon die notwendige Konsequenz aus dem weit nach vorn verlegten Beurteilungszeitpunkt zu sein. Wenn das auf die Annahme des Beitrags bezogene Gefahrurteil ex ante gefällt werden soll, dann müßten - so glaubt er - all jene Umstände, die nach diesem Zeitpunkt eintreten oder aufgeklärt werden, außer Betracht bleiben. Wird etwa die Untauglichkeit des übergebenen Tatmittels erst bei Ausführung der Tat offenkundig, so könne dieser "ex-postGesichtspunkt" keinen Eingang in die Grundlage der Gefahrprognose finden. Terminologische Unklarheiten in Bezug auf den Begriff des "Rechtsguts" treten auch bei Vogler auf, vgl. u., S. 66. 221 Salamon, Vollendete und versuchte Beihilfe, S. 148. 222 Ulsenheimer, JZ 69, 364 ff. (366). 223 KrÜlnpelmann, PS für Bockelmann, S. 443 ff. (449). 224 Salamon, Vollendete und versuchte Beihilfe, S. 152.

B. Die nichtkausale Beihilfe

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Die Beschränkung der Tatsachenbasis auf erkennbare und bekannte Umstände ist jedoch keine notwendige Folge des frühen Beurteilungszeitpunktes. Auch solche Umstände, die zur Zeit der Annahme des Beitrags zwar vorlagen, aber erst später erkannt wurden, könnten der Gefahrprognose zugrunde gelegt werden, ohne daß die ex-ante-Perspektive verlassen würde. Die auf einen bestimmten Zeitpunkt bezogene ex-ante-Perspektive wird erst dann verlassen, wenn nachfolgende ontologische Veränderungen Berücksichtigung finden, weil dann der zu prognostizierende Kausalverlauf nicht mehr als ungewiß vorausgesetzt wäre. 225 Tatsächlich bedeutet die beschränkte Datenbasis bei Schaffstein und Salamon, daß ihre Gefahrprognose eine Aussage über den Handlungsunwert des Gehilfenbeitrags macht. Die Prognose hat hier den Sinn eines Verhaltens maßstabes, nicht aber den einer Lagebeurteilung. Geht es nämlich darum, ob der Gehilfe eine Verhaltensnorm verletzt hat, dann kann Gefahr nur als Schädigungsaussicht verstanden werden, die für den Gehilfen erkennbar war. Dann aber kann als Basis der Prognose nur ein dem Gehilfen zugängliches, d. h. ex ante erkennbares Material in Betracht kommen. 226 Da Schaffstein und Salarnon den Blickwinkel auf die Perspektive des Gehilfen bzw. Täters beschränken und die Opferperspektive vollständig ausblenden, hängt die Strafbarkeit wegen Beihilfe nicht vom Eintritt einer auf das Opfer bezogenen Risikoerhöhung ab. Eine sinngemäße Anwendung des Risikoerhöhungsprinzips auf die Beihilfe gelingt den Autoren nicht, weil ihrer Lösung ein anderes Verständnis von dem Begriff des "Konkreten" zugrunde liegt. 227 Während das Gefahrurteil im Rahmen der Risikoerhöhungslehre als konkret bezeichnet wird, weil es auf die Situation des Tatobjekts bezogen ist, stellt das Gefahrurteil nach Schaffstein und Salarnon ein konkretes dar, weil es die individuellen Besonderheiten der jeweiligen Gehilfenhandlung berücksichtigt. Dieses Begriffsverständnis ist mit demjenigen vergleichbar, das die Vorschrift des § 224 StGB (§ 223 a StGB a. F.) voraussetzt, soweit es .um die Frage geht, ob das Qualifikationsmerkmal "gefährliches Werkzeug" erfüllt ist. Ein gefährliches Werkzeug soll vorliegen, wenn es nach seiner objektiven Beschaffenheit und nach der Art seiner Benutzung im Einzelfall geeignet ist, erhebliche Körperverletzungen zuzufügen. 228 Diese Eignung wird zum Zeitpunkt der Benutzung des Werkzeugs ermittelt, also bei Vornahme der Handlung. Damit geht es - wie bei Schaffstein und Salamon - um die Beurteilung der auf die Umstände des Einzelfalls konkretisier-

225

S. 18.

Vgl. dazu auch Lackner, Das konkrete Gefahrdungsdelikt im Verkehrsstrafrecht,

V gl. Gallas, FS für Heinitz, S. 171 ff. (178). Diese Diskrepanz dürfte Schaffstein und Salamon allerdings nicht bewußt gewesen sein. 228 Stree, Sch-Sch, § 223 a, Rdn. 4. 226

227

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3. Abschnitt: Die objektive Beziehung zwischen Hilfeleistung und Haupttat

ten Handlungssituation, nicht aber um die Feststellung einer konkreten Gefährdung des Tatobjekts. 229 Auf dieser Basis ist das dargestellte Lösungskonzept nicht in der Lage, eine objektive Verbindung zwischen Gehilfenhandlung und Haupttat herzustellen. Eine Beihilfe, die ohne Kenntnis des Täters erbracht wird, erschöpft sich in der Vornahme einer aus Sicht des Gehilfen zur Förderung der Haupttat geeigneten Hilfeleistung. Insoweit setzt sich die Beihilfe aus einer Kombination von Versuchs- und abstrakten Gefährdungselementen zusammen. Der Gehilfe muß einen Beitrag erbringen, der nach seiner Vorstellung die Haupttat - zumindest möglicherweise - objektiv fördert. Ob die Hilfeleistung tatsächlich eine unterstützende Wirkung entfaltet, ist dagegen unerheblich. Damit gleichen diese Fälle strukturell dem Versuch, der entsprechend dadurch gekennzeichnet ist, daß die subjektive Tatseite über die objektive hinausreicht. Daneben tauchen Elemente des abstrakten Gefährdungsdelikts auf, da zum Zeitpunkt der Vornahme der Hilfeleistung eine Prognose über die Entwicklungsmöglichkeiten der Handlungssituation abgegeben wird. 230 Eine sinnvolle Abgrenzung zwischen versuchter und vollendeter Beihilfe ist auf dieser Grundlage ausgeschlossen, weil die Beihilfe zum Zeitpunkt der Gehilfenhandlung bereits vollendet ist. Auf den Eintritt eines davon getrennt zu beurteilenden Erfolges kommt es nicht an. Versuch und Vollendung sind hier gleichgestellt. Ein Erfolgsmoment kommt bei Schaffstein und Salamon nur insoweit ins Spiel, als sie für den Fall, daß die Beihilfe mit Kenntnis des Täters erbracht wird, nicht ausschließlich auf die bei Vornahme der Gehilfenhandlung erkennbaren Umstände abstellen, sondern die Annahme oder Ablehnung des Beitrags durch den Täter in die Datenbasis der Gefährlichkeitsprognose einbeziehen. Lehnt der Täter die Hilfeleistung ab, liegt eine versuchte Beihilfe vor; nimmt er sie an, kommt vollendete Beihilfe in Betracht. Da die Annahme oder Ablehnung des Gehilfenbeitrags durch den Täter ein von der Gehilfenhandlung zu trennender Sachverhaltskomplex ist, fallen Versuch und Vollendung hier nicht zusammen. Dennoch ändert auch dieses Erfolgsmoment nichts an der Feststellung, daß Gehilfenhandlung und Haupttat in objektiver Hinsicht unverbunden nebeneinander stehen. Das Erfolgsmoment, Entsprechendes gilt für die Gefahrprognose v. Hippels, vgl. 0., S. 50, Fn. 184. Allerdings steht die Beihilfe einem abstrakten Gefährdungsdelikt nicht in jeder Hinsicht gleich, weil die Gefährlichkeit der Handlungssituation nicht anhand aller zu diesem Zeitpunkt objektiv bereits gegebenen Umstände ermittelt wird, sondern die Datenbasis der Gefährlichkeitsprognose auf die einem sachkundigen Beobachter erkennbaren bzw. dem Gehilfen bekannten Tatsachen beschränkt ist. So wäre die Erbringung einer unerkennbar untauglichen Unterstützung nach Schaffsteins und Salamons Lösung eine vollendete Beihilfe, da der Beitrag aus Sicht des Gehilfen generell geeignet ist, ein Rechtsgutsobjekt zu verletzen. Objektiv müßte aber die abstrakte Gefährlichkeit abgelehnt werden, weil unter Berücksichtigung der zu diesem Zeitpunkt bereits gegebenen Untauglichkeit der Hilfeleistung eine Schädigung des Tatobjekts ausgeschlossen ist. 229

230

B. Die nichtkausale Beihilfe

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das hier in der Annahme des Gehilfenbeitrags durch den Täter liegt, tritt nämlich unabhängig davon ein, ob der Täter den angenommenen Beitrag während der Tatdurchführung überhaupt oder erfolgreich einsetzt. Dies wird im Nachschlüsselfall deutlich. 231 Die Übergabe eines untauglichen Nachschlüssels begründet nach Salarnon eine Beihilfe zur vollendeten Tat, obwohl der Täter den unbrauchbaren Schlüssel nicht erfolgreich verwendet hat. 232 Gleiches müßte gelten, wenn der Täter den Schlüssel zunächst annimmt, ihn dann aber zu Hause liegen läßt, weil er beschlossen hat, einen Dietrich zu benutzen. Da die auf den Zeitpunkt der Annahme des Gehilfenbeitrags bezogene Gefahrprognose alle nachfolgenden Umstände unberücksichtigt lassen muß, wird der Gehilfe hier bestraft, obwohl sein Beitrag keinerlei Auswirkungen auf die Durchführung der Tat bzw. den Erfolgseintritt hatte. 233 Daß auf dieser Grundlage die Grenzen zwischen versuchter und vollendeter Beihilfe verschwimmen, dürfte einleuchten, denn für die Abgrenzung ist gerade die Verbindung zur Tat wesentlich. Jetzt wird auch verständlich, warum Schaffstein und Salamon das Risihoerhöhungsprinzip an die Stelle der Kausalbeziehung zwischen Gehilfenhandlung und Haupttat setzen können. Da die vollendete Beihilfe in der Verwirklichung eines Handlungsunwertes besteht bzw. einen der Tat vorgelagerten Erfolgseintritt genügen läßt, ist die Kausalität als Verbindungslinie zwischen Hilfeleistung und Haupttat entbehrlich. 11. Der Lösungsvorschlag von Vogler

Nach Voglers Theorie soll sich die Beihilfe aus einem konkreten und einem abstrakten Gefährdungselement zusammensetzen,z34 Ebenso wie Schaffstein und Salamon greift Vogler unter Verzicht auf eine Kausalbeziehung auf das Risikoprinzip als objektives Zurechnungskriterium zurück. Seine Ausführungen beruhen auf der Überlegung, daß die Kausalität im Rahmen der Beihilfe eine weder geeignete noch erforderliche Haftungsvoraussetzung darstelle. 23S Die Schwäche des Kausaldogmas offenbare sich in häufig auftretenden Beweisschwierigkeiten. Insbesondere bei einer Beihilfe durch Unterlassen sei der Nachweis, daß der Gehilfe den Erfolg hätte verhindern können, vielfach nicht zu führen. 236 Aber auch bei tätigen Unterstützungshandlungen gerate man in Schwierigkeiten, weil die Hilfeleistung lediglich neben der Haupttat wirksam werde, so daß die Conditio-Formel, die auf der Vollwirksamkeit einer Ursache

RGSt 6, 169 f. Vgl. 0., S. 50. 233 Zum Leiterfall Schaffsteins u., S. 68. 234 Vogler, FS für Heinitz, S. 295 ff. 235 Vogler, FS für Heinitz, S. 295 ff. (296 ff., 304 ff.). 236 Vogler, FS für Heinitz, S. 295 ff. (296). 231

232

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3. Abschnitt: Die objektive Beziehung zwischen Hilfeleistung und Haupttat

basiere, notwendig ins Leere stoße. 237 Daß die Kausalität keine zwingende Strafbarkeitsvoraussetzung einer vollendeten Beihilfe sei, schließt Vogler aus der außerhalb des Tatbestandes angesiedelten Stellung des Teilnehmers. Zwar könne in einem am Rechtsgüterschutz orientierten Strafrecht auf die Kausalität im täterschaftlichen Bereich nicht verzichtet werden, da der Erfolg dem Täter als seine Tat zugerechnet werde. Doch gelte dies nicht für den Teilnehmer, dem der Erfolg gerade nicht als eigenes Werk zur Last gelegt werde. Auch die Möglichkeit einer nach Vollendung geleisteten Beihilfe zeige, daß die Kausalität zwischen Gehilfenhandlung und Erfolgseintritt das Wesen der Beihilfe nicht erfasse?38 Strafgrund der Beihilfe sei deshalb nicht die Verursachung der Tat bzw. des Erfolges, sondern die in der Hilfeleistung zum Ausdruck kommende Solidarisierung mit dem Täter. Erst die Willensübereinstimmung mache die Beihilfe rechtlich mißbilligenswert. 239 Aus der Straflosigkeit der versuchten Beihilfe folge jedoch, daß über die Solidarisierung hinaus eine objektive Beziehung zwischen Gehilfenhandlung und Haupttat bestehen müsse. Die nähere Ausgestaltung dieser objektiven Verbindung leitet Vogler aus der Natur der Beihilfe als unselbständige Erscheinungsform des Verbrechens ab. Der Teilnehmer führe den Rechtsgutsangriff nicht selbst, sondern über den Täter, indem er dessen Tun unterstützt. 240 Dem entspreche als objektives Kriterium der Beihilfe "die Schaffung eines rechtlich relevanten Risikos i. S. einer objektiven Bezweckbarkeit des Rechtsgutsangriffs durch den Täter.,,241 Grundlage der Risikobeurteilung bildeten alle zum Zeitpunkt der Vornahme des Gehilfenbeitrags bzw. seiner Annahme durch den Täter einem objektiv sachkundigen Beobachter sowie die dem Täter bekannten Tatsachen. Insoweit handele es sich um eine konkrete Betrachtungsweise. Ein Gehilfenbeitrag müsse danach als gefährlich angesehen werden, wenn er die Ausführung der Tat nach allgemeiner Lebenserfahrung wahrscheinlicher macht. 242 Da der Rechtsgutsangriff als Gegenstand der konkreten Betrachtungsweise erst im Hinblick auf das vom Täter angestrebte Handlungsziel seine spezifische Bedeutung erlange, könne der Erfolg der Haupttat nicht vollständig ausgeblendet werden. Wegen der fehlenden Tatherrschaft des Teilnehmers in Bezug auf das rechtsgutsverletzende Geschehen genüge insoweit eine generelle Eignung des Gehilfenbeitrags zur Herbeiführung des Erfolges. 243

237 Vogler, FS für Heinitz, S. 295 ff. (296 f.). 238 Vogler, FS für Heinitz, S. 295 ff. (305 f.). Vogler, FS für Heinitz, S. 295 ff. (309). Vogler, FS für Heinitz, S. 295 ff. (301, 309). 241 Vogler, FS für Heinitz, S. 295 ff. (309). 242 Vogler, FS für Heinitz, S. 295 ff. (310). 243 Vogler, FS für Heinitz, S. 295 ff. (311). 239

240

B. Die nichtkausale Beihilfe

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Vogler ist der Ansicht, daß ein Gefahrurteil, das in der dargestellten Weise zwischen dem Rechtsgutsangriff und der Rechtsgutsverletzung differenziert, die bei Schaffsteins Theorie auftretenden Strafbarkeitslücken vermeide. Wenn Schaffstein in den Fällen, in denen der Erfolg auch ohne den Gehilfenbeitrag eingetreten wäre, weil der Täter selbst oder ein Dritter die Leistung hätte vornehmen können, eine vollendete Beihilfe ablehnt, so beruhe dies darauf, daß er als Beziehungsgegenstand des "konkreten Gefahrurteils" das Rechtsgut gewählt habe?44 Die kriminalpolitisch bedenkliche und dem Rechtsempfinden zuwiderlaufende Ablehnung einer vollendeten Beihilfe in diesen Fällen lasse sich dagegen vermeiden, wenn man die Frage nach dem Eintritt einer Risikoerhöhung auf den Täterangriff bezieht. So bejaht Vogler im Leiterfall Schaffsteins245 eine vollendete Beihilfe, weil der Transport der Leiter zum Tatort nach allgemeiner Erfahrung die Ausführung eines Einsteigediebstahls auf solche Weise objektiv bezwecke und in concreto gefährlich sei. Hinsichtlich des Haupttaterfolges genüge die generelle Eignung des Gehilfenbeitrags. 246 Auch im Nachschlüsselfall nimmt Vogler - insoweit den Ausführungen Schaffsteins und Salamons entsprechend - eine vollendete Beihilfe an, weil die Hingabe des Schlüssels in Bezug auf den geplanten Rechtsgutsangriff auch dann gefährlich sei, wenn der Schlüssel nicht paßt oder die Tür nicht verschlossen ist. 247 Vogler begründet die Ablehnung des Kausalitätserfordernisses und der Risikoerhöhung im Sinne Schaffsteins u. a. damit, daß Beihilfe noch nach Vollendung bis zur endgültigen Beendigung der Haupttat möglich sein müsse. Nach Vollendung könne der Eintritt des Erfolges aber weder verursacht noch chancenreicher gestaltet werden. 248 Wie Vogler dieses Problem mit seiner Lösung in den Griff bekommen will, bleibt allerdings fraglich. Er verlangt nämlich, daß der Gehilfe die Tatausführung wahrscheinlicher macht. Wenn der Täter glaubt, alles zur Erfolgsherbeiführung Erforderliche getan zu haben, ist keine weitere Tatausführung mehr zu erwarten. Eine Beihilfe ist deshalb nach Voglers Lösung spätestens ab dem Zeitpunkt des beendeten Versuchs ausgeschlossen, weil der Gehilfe einen schon abgeschlossenen Angriff nicht mehr wahrscheinlicher machen kann. 249 Darüber hinaus unterliegt Voglers Lösungsvorschlag selbst erheblichen Bedenken.

Vogler, FS für Heinitz, S. 295 ff. (310). 0., S. 50. 246 Vogler, FS für Heinitz, S. 295 ff. (312). 247 Vogler, FS für Heinitz, S. 295 ff. (312). 248 Vogler, FS für Heinitz, S. 295 ff. (306, 308). 249 Ebenso Samson, FS für Peters, S. 121 ff. (128). 244

245 Vgl.

5 Baunack

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3. Abschnitt: Die objektive Beziehung zwischen Hilfeleistung und Haupttat

1. Begriff und Funktion des "Rechtsguts" in Voglers Lösung Vorweggenommen sei ein Einwand, der sich gegen den von Vogler verwendeten Begriff des "Rechtsguts" richtet. Das "Rechtsgut" bezeichnet nach heute einigermaßen feststehendem Sprachgebrauch einen ideellen Sozialwert. Rechtsgüter sind rechtlich geschützte menschliche Lebensinteressen. 250 Wenn Vogler von einer Gefahrprognose spricht, deren unmittelbarer Beziehungsgegenstand nicht das durch die Haupttat angegriffene "Rechtsgut", sondern der Angriff durch den Täter sei 25I , meint er aber offensichtlich nicht den abstrakten Sozialwert, sondern den realen Gegenstand, an dem sich eine tatbestandsmäßige Handlung vollzieht, also das Rechtsguts- oder Handlungsobjekt. Anderenfalls verlöre nämlich seine Differenzierung hinsichtlich des Gegenstandes des Gefahrurteils - Angriff oder "Rechtsgut" - an Bedeutung, da das Rechtsgut als Institution bereits durch jeden Angriff beeinträchtigt wird. Vogler will demnach das Verletzungsobjekt als Träger des Rechtsguts aus seiner "konkreten" Gefahrprognose ausblenden. Ob ein Gehilfenbeitrag gefährlich ist, hänge davon ab, ob er die Durchführung des Angriffs, nicht aber den Eintritt des Erfolges, wahrscheinlicher macht. Daneben verlangt Vogler, daß der Gehilfenbeitrag zur Herbeiführung des Erfolges generell geeignet sein müsse. Wie er das Merkmal der "generellen Eignung" bestimmen will, führt er nicht näher aus. 252 Offenbar dient es zur Konkretisierung des Angriffs, da - wie Vogler ausführt - "der Rechtsgutsangriff als Beziehungsgegenstand des Gefahrurteils ... seine spezifische Bedeutung erst mit der gedanklichen Vorwegnahme des Handlungsziels" erhalte. 253 Die Prognose, ob der Beitrag die Durchführung der Tat wahrscheinlicher macht, soll über das Merkmal der generellen Eignung des Gehilfenhandelns auf den nach der Zielrichtung näher bestimmten Angriff bezogen werden. So käme es beispielsweise nicht darauf an, ob die Übergabe eines Nachschlüssels die Durchführung irgendeines Angriffs wahrscheinlicher macht, sondern darauf, ob der Beitrag die Wahrscheinlichkeit erhöht, daß die im konkreten Fall nach der Angriffsrichtung bestimmte Täterhandlung ausgeführt wird. Die Übergabe des Schlüssels wäre zwar generell geeignet, einen gegen Eigentum gerichteten Angiff wahrscheinlicher zu machen, nicht jedoch einen gegen menschliches Leben gerichteten Angriff. Bei der Frage nach der generellen Eignung des Gehilfenbeitrages kommt daher das Rechtsgut in seiner Eigenschaft als abstrakter Sozialwert zum Tragen. JescheckIWeigend, Lehrbuch des Strafrechts AT, S. 257 ff. Vogler, FS für Heinitz, S. 295 ff. (308). 252 Vgl. Samson, FS für Peters, S. 121 ff. (131), der die Frage aufwirft, ob Vogler mit dem Merkmal der "generellen Eignung" doch wieder das zuvor abgelehnte Risikoerhöhungsprinzip Schaffsteins einführt oder bei der Beurteilung der generellen Eignung des Beitrags von bestimmten ex ante erkennbaren Umständen absehen will. 253 Vogler, FS für Heinitz, S. 295 ff. (311). 250 251

B. Die nichtkausale Beihilfe

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2. Das Gefahrurteil Voglers Da Vogler die Handlung des Täters zum Beziehungsgegenstand seines Gefahrurteils bestimmt, ist der von ihm gewählte Beurteilungszeitpunkt, der vor der Ausführung der Handlung liegt, folgerichtig. Wenn die Prognose die Durchführung des Angriffs zum Gegenstand hat, dann muß sie von einem dem Angriff zeitlich vorgelagerten Standpunkt aus gefällt werden, da eine Prognose nur im Hinblick auf ein noch ungewisses Kausalgeschehen sinnvoll ist. Trotz des geänderten Beziehungsgegenstandes im Gefahrurteil ergeben sich jedoch gegenüber der Lösung von Schaffstein und Salamon keine prinzipiellen Unterschiede. Auch Schaffstein und Salamon beurteilen nämlich entgegen ihrer aus dem Risikoerhöhungsprinzip an sich vorgegebenen Zielsetzung nicht die Situation des Rechtsgutsobjekts, sondern wie Vogler die konkretisierte Handlungssituation 254 zum Zeitpunkt der Annahme des Beitrags durch den Täter. 255 Alle der Annahme nachfolgenden Umstände müssen bei Vogler aufgrund des frühen Beurteilungszeitpunktes ebenso wie bei Schaffstein und Salamon außer Betracht bleiben, so daß es auf eine tatsächliche Wirksamkeit des Beitrags im Ausführungsstadium nicht ankommt. Auch Vogler beschränkt damit das Erfolgsmoment der Beihilfe auf die Annahme der Hilfeleistung durch den Täter. Auf diese Weise gelingt es ihm nicht, über die Anwendung des Risikoerhöhungsgedankens eine objektive Beziehung zwischen Gehilfenbeitrag und Haupttaterfolg herzustellen, und die mit Schaffsteins und Salamons Lösung verbundenen Nachteile zu überwinden. Wie bei diesen läuft sein Konzept de facto darauf hinaus, denjenigen Beteiligten wegen vollendeter Beihilfe zu bestrafen, der tatsächlich keinerlei Einfluß auf die Tatbegehung genommen hat, d. h., die versuchte Beihilfe in eine vollendete umzudeuten. Abweichungen zwischen den Lösungen ergeben sich nur, wenn der Gehilfe die Untauglichkeit seines Tatbeitrags kennt, der Täter aber nicht. Schaffstein und Salamon würden hier bereits eine Risikoerhöhung ablehnen, da das dem Gehilfen bekannte Sonderwissen der Gefahrprognose zugrunde gelegt wird. Vogler hingegen müßte die Gefährlichkeit des Gehilfenbeitrags bejahen, weil die Übergabe eines Tatmittels, dessen Untauglichkeit dem Täter verborgen bleibt, durchaus geeignet ist, den Angriff wahrscheinlicher zu machen. Scheitern würde die Strafbarkeit wegen Beihilfe hier erst am fehlenden Gehilfenvorsatz. 256

Vgl. 0., S. 61 f. Bzw. zum Zeitpunkt der Vornahme der Gehilfenhandlung. 256 Vogler, FS für Heinitz, S. 295 ff. (314): "Die bewußte Hingabe eines untauglichen Mittels ist mangels Gehilfenvorsatzes nicht strafbar." Vgl. hierzu Samsan, FS für Peters, S. 121 ff. (131 f.), der an diesem Fall aufzeigt, daß bei Voglers Lösung - entgegen dessen Ansicht (S. 314, Fn. 97) - keine Kongruenz zwischen objektivem und subjektivem Tatbestand besteht. 254

255



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3. Abschnitt: Die objektive Beziehung zwischen Hilfeleistung und Haupttat

Zwar kommt Vogler auch im Leiterfall Schaffsteins zu einem abweichenden Ergebnis. Während Schaffstein hier eine Risikoerhöhung ablehnt, wenn der Täter die Leiter erkennbar auch hätte selbst tragen können 257 , bejaht Vogler eine strafbare Beihilfe, weil das Tragen der Leiter die Ausführung eines Einsteigediebstahls auf solche Weise objektiv bezwecke. 258 Doch beruht diese Abweichung nicht darauf, daß Vogler die Gefahrprognose statt auf das Rechtsgutsobjekt auf den Täterangriff bezieht, sondern auf der Besonderheit, daß Schaffstein auch hypothetisches Ersatzverhalten Dritter, nämlich des Täters, berücksichtigt, was an sich den Grundsätzen des Risikoerhöhungsprinzips widerspricht. Vergleichsmaßstab im Sinne der Risikoerhöhungslehre Roxins ist nämlich bei den Fahrlässigkeitsdelikten ein gedachtes Geschehen, das an die Stelle des pflichtwidrigen Handeins des Täters ein hypothetisch rechtmäßiges Handeln des Täters setzt, den realen Sachverhalt aber im übrigen unverändert übernimmt. Dementsprechend müßte bei der Beihilfe der tatsächliche Verlauf mit einem nur um den Gehilfenbeitrag reduzierten Geschehen verglichen werden. 259 Ein Ersatzverhalten des Täters, der hier ein "Dritter" ist, dürfte nicht berücksichtigt werden. 260 Würde Schaffstein diese Grundsätze einhalten, müßte er im Leiterfall wie Vogler eine Risikoerhöhung bejahen, da der Umstand, daß der Täter die Leiter ohne den Gehilfenbeitrag selbst getragen hätte, nicht hinzugedacht werden dürfte. III. Der Lösungsvorschlag von Herzberg

Herzberg bezeichnet die Beihilfe ausdrücklich als abstraktes Gefährdungsdelikt. 261 Er versteht die Teilnahmeparagraphen als eigenständige Deliktstatbestände, die lediglich durch die Vorschriften des Besonderen Teils ergänzt würden,z62 Die Beihilfe sei zwar als Erfolgsdelikt konzipiert, doch beschränke sich ihr Erfolg allein auf die mit Tatherrschaft verursachte Hilfe. 263 Wer dem Täter bei Begehung der Tat eine Flasche Coca-Cola reicht, sei selbst dann wegen Beihilfe strafbar, wenn dadurch der Erfolg der Haupttat verzögert wird. Entscheidend sei allein, daß der Täter bei Durchführung der Tat Beistand erhalten hat. 264 Es müsse hingenommen werden, daß dann auch überflüssige und folVgl. 0., S. 50. Vogler, FS für Heinitz, S. 295 ff. (312). 259 Vgl. 0., S. 59. 260 Vgl. Puppe, ZStW 95 (1983), 287 ff. (292). Eine abweichende Vorgehensweise, die auch Ersatzhandlungen des Täters berücksichtigt, bedürfte zumindest einer Begründung, die Schaffstein aber nicht gibt. So auch Samson, Hypothetische Kausalverläufe im Strafrecht, S. 78 f. 261 Herzberg, GA 71, 1 ff. (7). 262 Herzberg, GA 71,1 ff. (2, 12); vgl. dazu die Kritik, 0., S. 30 f. 263 Herzberg, GA 71, 1 ff. (5). 257 258

B. Die nichtkausale Beihilfe

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genlose Hilfeleistungen strafbar sind?65 Ein strafloser Beihilfeversuch soll aber vorliegen, wenn der Täter eine angebotene Hilfeleistung zurückweist, weil es dann an einer wirklichen "Hilfe" fehle. 266 Herzbergs Lösungsvorschlag leidet an Widersprüchen. Er bezeichnet die Beihilfe als abstraktes Gefährdungsdelikt. Demzufolge müßte er unter einer Hilfeleistung eine Handlung verstehen, die zum Zeitpunkt der Vornahme nach allgemeiner Erfahrung geeignet ist, ein Rechtsgutsobjekt zu gefährden. Herzberg will jedoch auch das Anreichen von Coca-Cola als strafbare Beihilfe erfassen, selbst wenn von vornherein erkennbar ist, daß der Beitrag keinerlei Auswirkungen auf die Durchführung der Tat haben wird. Dann aber geht es nicht um die Bestrafung eines abstrakt gefährlichen Verhaltens?67 Offenbar will Herzberg jede Modifizierung der Tat ausreichen lassen, sofern sie nicht auf die Vereitelung des Erfolges gerichtet ist. Seine Lösung weist damit Ähnlichkeiten zu der von Coenders vertretenen Beeinflussungstheorie auf. 268 Coenders sah jeden als Gehilfen an, der "irgend wie in einem Verbrechensvorgang mitwirksam ist mit dem Willen zu helfen, der willentlich irgendwie mitwirkt in dem konkreten Entstehungsvorgange eines Verbrechens .. :.269 Der Grund, der eine Bestrafung des Gehilfen nach Herzbergs Lösung rechtfertigt, wird an seinen Ausführungen zum agent provocateur deutlich?70 Herzberg tritt für die Straflosigkeit des agent provocateur ein und begründet dies mit dem fehlenden Vorsatz bezüglich des Erfolgseintritts. Darauf dürfte es aber nicht ankommen, denn wenn der Gehilfenbeitrag in objektiver Hinsicht keinen Einfluß auf den Erfolgseintritt zu nehmen braucht, dann darf - sollen objektiver und subjektiver Tatbestand kongruent sein - auch subjektiv kein Erfolgsverursachungsvorsatz verlangt werden. Nur unter dieser Voraussetzung ist die von Herzberg angenommene Strafbarkeit des Gehilfen im Coca-Cola-Fall verständlich, denn das erkennbar für die Tatbestandsverwirklichung bedeutungslose Reichen des Getränks ist nicht von einem auf die Herbeiführung des Erfolges gerichteten Vorsatz getragen. 271 Tatsächlich müßte Herzberg die Straflosigkeit des agent provocateur über den Solidarisierungsgedanken begründen. Der Gehilfe wird nämlich nach seiner GA 71, 1 ff. (6). Herzberg, GA 71, 1 ff. (7). 266 Herzberg, GA 71, I ff. (6 und Fn. 26). 267 Auch Roxin, FS für Miyazawa, S. 501 ff. (504 f.), fragt sich, was an dieser Hand264 Herzberg,

265

lungsweise abstrakt gefährlich sein soll. 268 Coenders, ZStW 46 (1925), I ff. Ähnlich auch die Lehre Mezgers, der über eine zu weit gehende Konkretisierung des Kausalverlaufs jeden in die Tat eingegangenen Beitrag als vollendete Beihilfe bestrafen will. Vgl. 0., S. 39 f. 269 Coenders, ZStW 46 (1925), I ff. (5). 270 Herzberg, GA 71, I ff. (12).

70

3. Abschnitt: Die objektive Beziehung zwischen Hilfeleistung und Haupttat

Lösung bestraft, weil er durch den Beitrag seine Billigung bzw. Solidarisierung mit der Tat zum Ausdruck bringt. 272 Dementsprechend muß die erbrachte Gehilfenhandlung von einem Solidarisierungsvorsatz getragen sein. Wer dem Täter bei Begehung der Tat eine Flasche Coca-Cola reicht, ist stratbar, weil er dadurch sein Einverständnis mit der Deliktsverwirklichung deutlich macht. Der agent provocateur hingegen leistet seinen Beitrag nicht in dem Bewußtsein einer Solidarisierung mit der Tat, sondern um die strafrechtliche Verfolgung des Täters zu ermöglichen. Seine Straflosigkeit ergibt sich deshalb aus dem fehlenden Solidarisierungsvorsatz. Vor diesem Hintergrund kann der Strafgrund der Teilnahme nicht - wie Herzberg annimmt273 - in der Mitwirkung an der Rechtsgutsverletzung liegen, denn die Bestrafung wegen vollendeter Beihilfe setzt keine kausalen Beziehungen zur tatbestandsmäßigen Handlung bzw. zum Erfolgseintritt voraus. Erst unter Berücksichtigung des Solidarisierungselements in Herzbergs Lösungsvorschlag wird deutlich, was er unter dem Begriff der "Hilfeleistung" versteht. 274 Die "Hilfeleistung" besteht in der bekundeten positiven Bewertung der Tat durch den Gehilfen. Darin liegt der von Herzberg für ausreichend befundene "Beistand", den etwa der Täter im Coca-Cola-Fall erhalten hat. Die Beihilfe ist danach kein abstraktes Gefährdungsdelikt, sondern die zum Ausdruck gebrachte, bewußte Solidarisierung mit fremdem Unrecht. Herzbergs Lösung führt gegenüber derjenigen von Schaffstein zu einer weiteren Ausdehnung der Stratbarkeit. Nach Schaffstein muß der Gehilfe zumindest subjektiv eine für das potentielle Opfer gefährliche Handlung vornehmen wollen. Herzberg verzichtet demgegenüber auf jeglichen Bezug zwischen Gehilfenhandlung und Haupttaterfolg, so daß jeder "Freundschaftsdienst" als strafbare Beihilfe erfaßt wird. Dem Erfolgscharakter der Beihilfe, den Herzberg ausdrücklich anerkennt275 , wird diese Lösung nicht gerecht.

c. Zwischenbilanz Den dargestellten Lösungsvorschlägen zur nichtkausalen Beihilfe gelingt es nicht, eine objektive Verbindung zwischen Beihilfe und Haupttat herzustellen. Ohne eine solche ist aber der Weg zu einer sinnvollen Unterscheidung zwischen versuchter und vollendeter Beihilfe verschlossen. Der Versuch, den Kausalzu271 Vgl. auch Samson, Hypothetische Kausalverläufe im Strafrecht, S.84, der sich fragt, wie Herzberg den agent provocateur von dem Gehilfen, der ein abstraktes Gefährdungsdelikt begeht, unterscheiden will. 272 Vgl. auch Rogat, Die Zurechnung bei der Beihilfe, S. 34. 273 Herzberg, GA 71, 1 ff. (12). 274 Samson, Hypothetische Kausalverläufe im Strafrecht, S. 82 f., wirft Herzberg insoweit begriffliche Unklarheiten vor. 275 Herzberg, GA 71, 1 ff. (5).

C. Zwischenbilanz

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sammenhang durch das Risikoerhöhungsprinzip zu ersetzen, muß als gescheitert gelten. Soll zwischen verschiedenen Sachverhaltskomplexen wie hier der Gehilfenhandlung und der Haupttat bzw. dem Haupttaterfolg eine objektiv bestehende Beziehung hergestellt werden, so ist die Kausalität als Verbindungslinie eine unverzichtbare Voraussetzung. Nach § 27 StGB wird der Gehilfe bestraft, wenn er zu einer fremden Tat Hilfe geleistet hat. Die Annahme einer vollendeten Beihilfe setzt deshalb einen kausalen Beitrag zur Ausführungshandlung des Täters voraus. Soll dem Gehilfen nicht nur die versuchte, sondern die vollendete Tat zugerechnet werden, so ist eine Kausalbeziehung zwischen Gehilfenhandlung und Haupttaterfolg unabdingbar. Der Eintritt des Haupttaterfolges ist aber keine Voraussetzung einer vollendeten Beihilfe. Der Unrechtsgehalt der Beihilfe ist vielmehr erschöpft, bevor der Schaden verursacht worden ist. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, warum eine Beihilfe zum vollendeten Delikt regelmäßig schärfer geahndet wird als eine Beihilfe zum Versuch. Die unterschiedliche Höhe des Strafmaßes ist eine Folge des Akzessorietätsprinzips. Wie bereits dargestellt wurde, leitet die Beihilfe ihr Unrecht im wesentlichen aus dem Unrecht der Haupttat ab. 276 Das Ausmaß des Haupttatunrechts schlägt sich deshalb auch in der Bestrafung des Gehilfen nieder. Der Eintritt des Erfolges bewirkt eine Steigerung des Unrechtsgehaltes der Haupttat. Wie die einzelnen Strafandrohungen im StGB zeigen, haben sowohl das Stadium der Verwirklichung des Geschehens (Versuch, Gefährdungs-, Verletzungsdelikte) als auch der Wert des betroffenen Rechtsguts Einfluß auf das Gewicht des verwirklichten Unrechts. Nach dem Willen des Gesetzgebers kommt dem Erfolg die Bedeutung eines Maßprinzips zu. 277 Dem bei Erfolgseintritt gesteigertem Haupttatunrecht entspricht dann die höhere Bestrafung des Gehilfen. Voraussetzung ist aber, daß der Haupttaterfolg auch auf den Gehilfenbeitrag zurückgeführt werden kann. Die Art und Weise der Einwirkung durch den Gehilfen auf die Haupttat ist im Gesetz nicht festgelegt. Damit sind sowohl der Zeitpunkt als auch die Mittel der Beeinflussung keiner Beschränkung unterworfen. Der Gehilfe kann seinen Beitrag im Vorbereitungsstadium278 , während der Tatdurchführung oder nach Vollendung bis zur materiellen Beendigung der Tat 279 erbringen. Keine Rolle spielt, ob er seinen Beitrag ohne Vermittlung des Täters in die Tatausführung einflieVgl. 0., S. 32. Vgl. Krümpelmann, Die Bagatelldelikte, S. 93. 278 Eine strafbare physische Beihilfe kommt grundSätzlich auch dann in Betracht, wenn die Hilfeleistung erbracht wird, bevor der Täter den Entschluß zur Begehung der Tat gefaßt hat. Voraussetzung zur Annahme des Gehilfenvorsatzes ist allerdings, daß dem Gehilfen die Haupttat, die der Täter eventuell durchführen will, hinreichend konkret vor Augen steht. Vgl. BGHSt 42, 135 ff. mit Anm. Kindhäuser, NStZ 97, 273 ff. 279 Streitig, vgl. zum Meinungsstand Roxin. LK, § 27. Rdn. 32 ff. 276

277

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3. Abschnitt: Die objektive Beziehung zwischen Hilfeleistung und Haupttat

ßen läßt, wie z. B. in den Fällen der sog. heimlichen Beihilfe, oder ob er die Person des Täters dazwischenschaltet, etwa indem er technische Ratschläge erteilt. Entscheidend ist in all diesen Fällen nur, daß sich die Hilfeleistung zumindest im Ausführungsstadium tatsächlich niederschlägt. Ein kausaler Einfluß auf die Tatbestandsverwirklichung ist unentbehrlich. Wenn damit zwar die Mindestvoraussetzungen einer vollendeten Beihilfe beschrieben sind, so ist doch die Frage nach dem Strafgrund der Beihilfe noch nicht beantwortet. Die Mitursächlichkeit des Gehilfenbeitrages für die Tatbegehung ist ein wertneutraler Sachverhalt, der keine Aussage über die Strafwürdigkeit eines Verhaltens macht. Daß ein als kausal beurteilter Erfolgssachverhalt Unrecht darstellt, bedarf einer besonderen Rechtfertigung.

D. Strafgrund der Beihilfe I. Rechtfertigung der Gehilfenbestrafung über den Solidarisierungsgedanken Teilweise wird der Strafgrund der Teilnahme auf die Solidarisierung zwischen Gehilfen und Täter zurückgeführt?80 In neuerer Zeit hat Grace Marie Luise Schild Trappe den Solidarisierungsgedanken in konsequenter Weise weiterentwickelt. 281 Nach ihrer Auffassung ist der Haupttäter das "Handlungsobjekt" des Gehilfen?82 Das ausschlaggebende Moment der Gehilfenschaft liege deshalb in der wechselseitigen Solidarisierung mit dem Täter. 283 Voraussetzung dafür sei eine psychische Einwirkung durch den Gehilfen im affektiven, d. h. voluntativen Bereich, wobei sich der Täter der Solidarisierung bewußt werden und diese akzeptieren müsse. 284 Da Schild Trappe am Akzessorietätsprinzip festhält, muß zur Solidarisierung mit dem Täter die Ausführung der Tat hinzukommen. 285 Die Konsequenzen dieser Ansicht führen teilweise zu einer erheblichen Ausweitung, teilweise aber auch zu erheblichen Einschränkungen einer strafbaren Beihilfe. So bleiben die Fälle der heimlichen Beihilfe ebenso straflos wie die rein physischen oder intellektuellen Tatbeiträge, die vom Täter lediglich als

280 Vogler, FS für Heinitz, S. 295 ff. (309); Schild Trappe, Harmlose Gehilfenschaft?; H. Mayer, FS für RitUer, S. 243 ff. (254 ff.); Schumann, Strafrechtliches Handlungsunrecht, S. 42 ff. 281 Schild Trappe, Harmlose Gehilfenschaft? 282 Schild Trappe, Harmlose Gehilfenschaft?, S. 92. 283 Schild Trappe, Harmlose Gehilfenschaft?, S. 97, 12l. 284 Schild Trappe, Harmlose Gehilfenschaft?, S. 96 f. 285 Schild Trappe, Harmlose Gehilfenschaft?, S. 101.

D. Strafgrund der Beihilfe

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zufällig zustandegekommene tatbegünstigende Faktoren aufgefaßt, nicht aber als Zustimmungs- und Solidarisierungsbekundungen wahrgenommen und akzeptiert werden?86 Allerdings betont Schild Trappe, daß es vielfach möglich sei, in physischen Beiträgen auch eine konkludente Solidarisierung zwischen Gehilfen und Täter zu sehen?87 Auf der anderen Seite sind bloße Zustimmungsund Solidarisierungsbekundungen selbst dann strafbar, wenn sie den Tatentschluß des Täters in seiner Festigkeit und Intensität in keiner Weise beeinflussen. 288 Die Ansicht Schild Trappes weist starke Anklänge zu der seinerzeit von Hellmuth Mayer vertretenen Schuldteilnahmetheorie auf. 289 H. Mayer sieht den Strafgrund der Teilnahme darin, daß der Teilnehmer seinen Willen erkennbar mit dem schuldhaften Täterwillen vereinigt und die Tat wirklich ausgeführt wird. 290 Während Schild Trappe eine wechselseitige Solidarisierung verlangt, kann die Willenseinigung des Teilnehmers mit dem Willen des Täters nach H. Mayer auch eine einseitige sein. 291 Kraft seiner Willenseinigung übernehme der Teilnehmer die volle Mitverantwortung für das vom Täter gesetzte Unrecht. 292 Es ist Schild Trappe zuzugeben, daß der Begriff einer "einseitigen Willenseinigung" einen inneren Widerspruch enthält. 293 Eine Solidarisierung oder Willenseinigung ist eine zwischenmenschliche Angelegenheit, die - soll es sich um eine gelungene Solidarisierung handeln - die zustimmende Beteiligung beider Seiten voraussetzt. Sieht man das Wesen der Beihilfe in der Solidarisierung mit dem Täter, dann ist die von Schild Trappe geforderte wechselseitige Übereinstimmung durchaus konsequent. Bedenklich erscheint jedoch, in der Person des Täters das "Handlungsobjekt" des Gehilfen zu sehen. Schutzobjekte der Teilnahmevorschriften sind die durch die Deliktsbeschreibungen des Besonderen Teils geschützten Rechtsgüter. Das Teilnehmerverhalten richtet sich gegen das vom Haupttäter angegriffene Rechtsgut. Sieht man in der Einwirkung auf den Täter das Wesen der Gehilfenschaft, dann verschiebt sich der Blickwinkel vom Schutz bestimmter Rechtsgüter auf die Solidarisierung zwischen Täter und Gehilfen. Ein solches Verständnis der Teilnehmerstrafbarkeit ist mit einem am Rechtsgüterschutz orientierten Strafrecht unvereinbar. Auf dem Boden unseres

Schild Trappe, Harmlose Gehilfenschaft?, S. 99 f. Schild Trappe, Harmlose Gehilfenschaft?, S. 98. 288 Schild Trappe, Harmlose Gehilfenschaft?, S. 98; so auch v. Weber, JZ 51,86, der eine psychische Beihilfe nicht von der Feststellung eines "bestärkten" Tatentschlusses abhängig machen will. 289 H. Mayer, FS für Rittler, S. 243 ff. 29() H. Mayer, FS für Rittler, S. 243 ff. (254). 291 H. Mayer, FS für Rittler, S. 243 ff. (255). 292 H. Mayer, FS für Rittler,. S. 243 ff. (261). 293 Schild Trappe, Harmlose Gehilfenschaft?, S. 113. 286

287

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3. Abschnitt: Die objektive Beziehung zwischen Hilfeleistung und Haupttat

geltenden Tatstrafrechts kann Anlaß zur strafrechtlichen Beurteilung eines Verhaltens grundsätzlich 294 nur die Begehung oder Beteiligung an einer Tat sein. Erst von diesem Blickwinkel aus dürfen auch psychische Momente, wie etwa der Vorsatz oder die Gesinnung, der Beurteilung zugrunde gelegt werden. Will man aber wie Schild Trappe auch folgenlose Willensübereinstimmungen bestrafen, dann ist die Grenze zu einem Gesinnungsstrafrecht überschritten?95 Nun könnte man einwenden, daß die Solidarisierungsbetätigung sich nicht in der Kundgabe einer Gesinnung erschöpft, sondern darüber hinaus auch Gemeinschaftsinteressen beeinträchtigt, weil die kundgegebene rechtsfeindliche Gesinnung das Vertrauen der Allgemeinheit auf die Geltung der Rechtsordnung erschüttert. In dieser Weise argumentiert Schumann. 296 Er untersucht die Strafbarkeit der Teilnahme vor dem Hintergrund des Selbstverantwortungsprinzips. Ausgangspunkt ist die Überlegung, daß grundsätzlich nur das unmittelbar rechtsgutsgefährdende Handeln Gegenstand strafrechtlicher Normen sei. 297 Die Teilnahmevorschriften würden dieses Selbstverantwortungsprinzip durchbrechen und bedürften folglich einer eigenen Strafbarkeitsbegründung. 298 Schumann hält zwar an der herrschenden Unrechtsteilnahmetheorie fest, wonach der Gehilfe bestraft wird, weil er die Haupttat mitverursacht. Doch beschränke sich der Aussagegehalt der Unrechtsteilnahmetheorie auf die Beschreibung des Kausalitätserfordernisses und des Akzessorietätsprinzips, so daß der Unwertgehalt der Beihilfe einer zusätzlichen Begründung bedürfe?99 Schumann sieht nun in der Teilnahmehandlung als solcher einen besonderen Handlungs- und Sachverhaltsunwert, wenn sich in ihr eine Solidarisierung mit fremdem Unrecht offenbart. 300 Die mit der Handlung verbundene Solidarisierung bilde als "betätigter Abfall von den Grundwerten rechtlicher Gesinnung,aO\ eine sozialpsychologische Gefahr für die Geltungskraft des Rechts. 302 Dadurch würden Gemeinschaftsinteressen verletzt und die Handlung enthalte ein Moment der Sozialschädlichkeit. 303 Erst über diesen besonderen Handlungsunwert ist nach Schumanns Ansicht die Strafbarkeit des Gehilfen zu rechtfertigen. Der besondere

294 Eine systemwidrige Ausnahme bildet § 30 StGB, der bestimmte Verhaltensweisen im Vorfeld der Tat kriminalisiert. Vgl. zur "Kriminalisierung im Vorfeld einer Rechtsgutsverletzung": Jakobs, ZStW 97 (1985), 751 ff. 295 V gl. Roxin, JZ 96, 29 f. (29); Rudolphi, PS für Maurach, S. 51 ff. (66). 296 Schumann, Strafrechtliches Handlungsunrecht, S. 42 ff. 297 Schumann, Strafrechtliches Handlungsunrecht, S. 42. 298 Schumann, Strafrechtliches Handlungsunrecht, S. 43. 299 Schumann, Strafrechtliches Handlungsunrecht, S. 46. 31Xl Schumann, Strafrechtliches Handlungsunrecht, S. 50 f. 301 Welzel, Das Deutsche Strafrecht, S. 2. 302 Schumann, Strafrechtliches Handlungsunrecht, S. 50. 303 Schumann, Strafrechtliches Handlungsunrecht, S. 49.

D. Strafgrund der Beihilfe

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Unwert der Teilnahme entspreche demjenigen, in dem die sog. Eindruckstheorie das strafbare Handlungsunrecht des untauglichen Versuchs sieht.]04 Ob dem Solidarisierungselement tatsächlich dieser unrechts- und stratbarkeitsbegründende Charakter zukommen kann, bedarf näherer Prüfung. Ein bestimmtes Verhalten kann nur dann Unrecht begründen, wenn ihm eine - wie auch immer geartete - Tendenz zur Herbeiführung des Erfolges innewohnt. 305 Das Erfordernis eines konkreten Sinnbezugs zwischen Handlung und Rechtsgutsobjektsverletzung ergibt sich unter Berücksichtigung des den Normen zugrunde liegenden Wertungssystems. Nach Armin Kaufmanns Normentheorie liegt den Normen ein dreistufiges Wertungssystem zugrunde.]()6 Auf der ersten Wertungsstufe werden Rechtsgüter positiv bewertet.]07 Daraus folgt auf der zweiten Wertungs stufe eine negative Beurteilung von solchen Ereignissen, die die Rechtsgutsträger in ihrer Integrität beeinträchtigen. Auf dieser Stufe können auch "störende" Naturereignisse eine negative Bewertung erfahren.]08 Auf der dritten Wertungsstufe werden schließlich menschliche Verhaltensweisen negativ bewertet, die bewußt oder unbeabsichtigt mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auf die Herbeiführung solcher negativ bewerteten Ereignisse gerichtet sind. 309 Erst auf dieser dritten Stufe ist der Übergang vom Werturteil zum Soll urteil und damit zur Norm möglich. Der "betätigte Abfall von den Gesinnungswerten" kann danach nur dann ein unrechtsbegründender Normverstoß sein, wenn mit der Betätigung eine Tendenz zum Erfolgseintritt gegeben ist. Hierbei geht es um die Interpretation des konkreten Verhaltens. Die kundgegebene SoIidarisierung mit fremdem Unrecht erschöpft sich in einem Verstoß gegen die positive Bewertung eines Rechtsguts auf der ersten Wertungsstufe. Das Verhalten läuft abstrakt der positiven Bewertung eines Rechtsguts zuwider. Mit der bloßen Solidarisierung ist jedoch kein Normverstoß verbunden, da ihr die konkrete Tendenz zur Herbeiführung eines negativ bewerteten Ereignisses fehlt. Schumann vergleicht den besonderen Handlungsunwert der Teilnahme mit demjenigen beim untauglichen und damit objektiv ungefährlichen Versuch. Hier jedoch stellt sich die Situation anders dar. Aus Sicht des Täters besteht eine konkrete Tendenz zur Herbeiführung eines Schadens, denn er will durch sein Verhalten ein bestimmtes Rechtsgutsobjekt verletzen. Wenn die Verhaltensnormen objektiv gefährliche Verhaltensweisen verhindern wollen, dann folgt aus ihrem Wirkungsmechanismus, daß sie auch dann gelten müssen, wenn der Täter ein tatsächlich harmloses Verhalten für gefährlich hält. 3lO Der bloßen Schumann, Strafrechtliches Handlungsunrecht, S. 50. Krümpelmann, Die Bagatelldelikte, S. 91. 306 Armin Kaufmann, Lebendiges und Totes in Bindings Normentheorie. 307 Armin Kaufmann, Lebendiges und Totes in Bindings Normentheorie, S. 69. 308 Armin Kaufmann, Lebendiges und Totes in Bindings Normentheorie, S. 70. 309 Armin Kaufmann, Lebendiges und Totes in Bindings Normentheorie, S. 71. 3U4 3US

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3. Abschnitt: Die objektive Beziehung zwischen Hilfeleistung und Haupttat

Solidarisierung kommt aber weder eine objektive noch eine subjektive Tendenz zur Herbeiführung schädlicher Erfolge zu. Wenn Schumann in der mit der Solidarisierung verbundenen sozialpsychologischen Gefahr für die Allgemeinheit das strafbarkeitsbegründende Merkmal der Beihilfe sehen will, dann begründet er das Unrecht allein mit einem generalpräventiven Gesichtspunkt, der zwar einen bestimmten Strafzweck darstellt, aber über den Normverstoß als Gegenstand des Rechtswidrigkeitsurteils hinausgeht. 311 In der Solidarisierung kann deshalb entgegen Schumann kein besonderer Handlungsunwert der Beihilfe gesehen werden. 312 Wenn grundsätzlich nur eine vollendete Beihilfe das Eingreifen des Strafrechts rechtfertigt, so liegt die Annahme nahe, daß der Strafwürdigkeitsgehalt der Beihilfe durch ein mit dem Erfolg der Hilfeleistung (= Mitverursachung der Haupttat) verbundenes spezielles Zurechnungskriterium begründet wird. Läge nämlich der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit, wie Schumann meint, in einem bestimmten Handlungsunwert, dann müßte man die versuchte Beihilfe generell für strafwürdig erklären, da sich der besondere Aktunwert im Versuch ebenso entfaltet wie in der Vollendung. Die Zurechnung einer kausal beeinflußten Haupttat könnte darauf gestützt werden, daß der Gehilfe die Chancen des Gelingens tatsächlich erhöht hat. Damit taucht erneut der Risikoerhöhungsgedanke auf, der im Zusammenhang mit den Lösungsvorschlägen Schaffsteins, Salamons und Voglers untersucht und insoweit abgelehnt worden ist. Das Risikoprinzip gewinnt aber eine andere Bedeutung, wenn man es als allgemeines Zurechnungskriterium auf die Situation der tatsächlich begonnenen Ausführungshandlung bezieht und nicht wie die genannten Autoren auf einen dem Beginn der Haupttat vorgelagerten Zeitpunkt. Einen Weg in diese Richtung hat Samson beschritten.

3IOYgl. Erb, Rechtmäßiges Altemativverhalten, S. 164 311 Ygl. auch Krümpelmann, Die Bagatelldelikte, S. 72 f. 312 Eine andere Frage, die hier nicht näher erörtert werden soll, wäre, ob man dem Solidarisierungselement einen strafbarkeitsbegrenzenden Charakter zuweisen kann, um die sog. neutralen Yerhaltensweisen (Ein Taxifahrer fahrt seinen Kunden zum Tatort, obwohl er es für möglich hält, daß dieser dort einen Einbruchsdiebstahl begeht.) aus dem strafbaren Beihilfebereich herauszunehmen. Ygl. zur Beihilfe durch neutrale Handlungen: Jakobs, Strafrecht AT, 24/13 ff., S. 696 ff.; Jakobs, ZStW 89 (1977), I ff. (20); Löwe-Krahl, wistra 95, 201 ff.; Meyer-Arndt, wistra 89, 281 ff.; Roxin, FS für Stree und Wesseis, S. 365 ff. (378 ff.); Roxin, FS für Miyazawa, S. 501 ff. (512 ff.); Schumann, Strafrechtliches Handlungsunrecht, S. 54 ff.; Wohlleben, Beihilfe durch äußerlich neutrale Handlungen.

D. Strafgrund der Beihilfe

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11. Rechtfertigung der Gehilfenbestrafung über das Intensivierungsprinzip (Samson)313 Samson sieht in der Kausalität zwischen Gehilfenbeitrag und Haupttat eine notwendige, wenngleich nicht ausreichende Strafbarkeitsvoraussetzung der Beihilfe. 314 Eine strafbare Hilfeleistung soll nur dann vorliegen, wenn sie die durch die Haupttat verursachte Rechtsgutsverletzung "ermöglicht oder verstärkt oder dem Haupttäter die Durchführung der Haupttat erleichtert hat. ,,315 Das hiermit umschriebene Intensivierungsprinzip, das gleichermaßen für die Alleintäterschaft wie für die Beihilfe gilt, leitet Samson aus der Funktion der Normen ab, die von vornherein nur solche Fälle erfassen würden, in denen zumindest nach der Vorstellung des Handelnden - eine Verschlechterung der Situation des Tatobjekts droht. 316 Da jedes Rechtsgut - etwa das Leben - früher oder später untergehen muß, könne das Recht den Untergang nicht im ganzen, sondern lediglich verhindern, daß dieser Zeitpunkt vorverlegt wird. 317 Der Erfolg der Tötungsdelikte sei deshalb als Lebensverkürzung zu definieren. Bei anderen Tatbeständen, die nicht nur die Vernichtung, sondern auch geringere Beeinträchtigungen des Schutzobjekts erfassen, genüge, daß der Täter den Schaden vergrößert. 318 Das Verständnis des Erfolges als Verschlechterung der Bestandschance des Rechtsguts impliziert die Berücksichtigung von hypothetischen Ersatzursachen, da das Handlungsverbot keinen wirksamen Schutz des Tatobjekts mehr ermöglichen kann, wenn der Erfolg durch Ersatzursachen auch ohne die Täter- bzw. Gehilfenhandlung zum gleichen Zeitpunkt und in der selben Intensität eingetreten wäre. 319 Das Intensivierungsprinzip hätte daher eine generelle Straflosigkeit des Gehilfen zur Folge, wenn der Erfolg durch eine hypothetische Ersatzhandlung des Täters oder eines Dritten in gleicher Intensität eingetreten wäre (wie etwa im Leiterfall Schaffsteins). Hier nun greift korrigierend das auch für die Alleintäterschaft geltende Übernahmeprinzip ein. Dem Übernahmeprinzip liegt folgender Gedankengang zugrunde: Wenn die Ersatzursache in einem Ersatztäterplan und nicht in einer angelegten Naturkausalität besteht, dann treffe den Täter bzw. Gehilfen selbst dann ein Handlungsverbot, wenn das Schicksal des Rechtsgutsobjekts durch den Ersatztäterplan ohnehin besiegelt ist. 32o Das Recht brauche 313 Samson, Hypothetische Kausalverläufe im Strafrecht; Samson, PS für Peters, S. 121 ff. 314 Samson, Hypothetische Kausalverläufe im Strafrecht, S. 160 ff. 315 Samson, PS für Peters, S. 121 ff. (134 f.). 316 Samson, Hypothetische Kausalverläufe im Strafrecht, S. 102. 317 Samson, Hypothetische Kausalverläufe im Strafrecht, S. 98 ff. 318 Samson, Hypothetische Kausalverläufe im Strafrecht, S. 100. 319 Samson, Hypothetische Kausalverläufe im Strafrecht, S. 115. 320 Samson, Hypothetische Kausalverläufe im Strafrecht, S. 137 f.

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3. Abschnitt: Die objektive Beziehung zwischen Hilfeleistung und Haupttat

nämlich nicht zu resignieren, wenn es mit seinen Mitteln, d. h. Normen, noch versuchen kann, das Tatobjekt zu retten. Deshalb habe der Täter oder Gehilfe die Lage des Rechtsguts nicht erst verschlechtert, wenn diese Lage ohne die Handlung eine bessere gewesen wäre, sondern bereits dann, wenn es für den Fall gerettet worden wäre, daß er und alle anderen zum Schutz Verpflichteten sich normgemäß verhalten hätten. 321 Das trotz bereitstehender Ersatztäterpläne an den Täter oder Gehilfen gerichtete Handlungsverbot erhalte seine Rechtfertigung daraus, daß auch die vom Ersatztäter geplanten Handlungen verboten sind. 322 Übernimmt nun der Gehilfe eine Leistung, die dem Täter zu erbringen verboten ist, so liege auch dann eine strafbare Beihilfe vor, wenn der Erfolg aufgrund einer hypothetischen Ersatzhandlung des Täters in der gleichen Weise eingetreten wäre. 323 Die Schwäche des Übernahmeprinzips zeigt sich in Samsons Höllenmaschinenfal1. 324 Der informierte Gehilfe nimmt dem ahnungslosen Postboten ein Paket ab, in dem sich eine Höllenmaschine befindet und trägt es die letzten Meter vom Gartentor bis zur Haustür. Samson lehnt eine Beihilfe ab, weil der Helfende in Bezug auf den rechtmäßig handelnden Postboten keinen rechtswidrigen Beitrag übernommen habe. Etwas anderes würde gelten, wenn der Gehilfe den Attentäter selbst entlastet hätte. Dieses Ergebnis überzeugt nicht. 325 Die Strafbarkeit des Gehilfen darf nicht davon abhängen, ob er dem Täter oder einem gutgläubigen Werkzeug eine Leistung abnimmt. Samson geht davon aus, daß die Übernahme einer Leistung nicht bestraft werden kann, wenn der Ersatztäter wie im Höllenmaschinenfall bereits alle Leistungen erbracht hat, die für den Erfolgseintritt erforderlich sind. Die Auswirkungen der Täterhandlung seien dann naturgesetzlich vorprogrammiert, so daß diese Fallkonstellation mit derjenigen vergleichbar sei, in der jemand in einen von vornherein naturgesetzlich angelegten Kausalverlauf eingreift. 326 Die Gleichstellung dieser Fallgruppen erscheint jedenfalls dann zweifelhaft, wenn der Haupttäter den erfolgreichen Fortgang des Kausalgeschehens nach Abschluß seiner eigenen Tatbeiträge vom Eingreifen gutgläubiger Dritter abhängig gemacht hat. Unabhängig von der Frage, ob ein menschliches Werkzeug einer blinden Naturgesetzlichkeit gleichgestellt werden kann, so werden doch die Beiträge des gutgläubig handelnden Tatmittlers dem Hintermann wie eigenes Handeln zugerechnet. Dann aber muß die Entlastung des Werkzeugs einer

Hypothetische Kausalverläufe im Strafrecht, S. Hypothetische Kausalverläufe im Strafrecht, S. Hypothetische Kausalverläufe im Strafrecht, S. Hypothetische Kausalverläufe im Strafrecht, S. 325 Vgl. auch Roxin, FS für Miyazawa, S. 501 ff. (512). 326 Samson, Hypothetische Kausalverläufe im Strafrecht, S. Samson, Samson, 323 Samson, 324 Samson,

321

322

139. 142. 180. 171. 144.

D. Strafgrund der Beihilfe

79

Entlastung des Hintermannes gleichstehen. Im Höllenmaschinenfall muß man deshalb annehmen, daß der Gehilfe einen rechtswidrigen Beitrag übernimmt, weil das Tragen des Pakets im Hinblick auf die Person des den Kausalverlauf steuernden Attentäters eine verbotene Handlung darstellt. Die Berücksichtigung hypothetischer Ersatzursachen stößt jedoch auf prinzipielle Bedenken. Nach geltendem Recht besteht der Erfolg eines Verletzungsdelikts in der Vernichtung oder Beschädigung des Rechtsgutsobjekts selbst und nicht in der Verschlechterung einer Bestandschance. 327 Auch das Rechtsgutsobjekt, dessen Schicksal zum Zeitpunkt der Tat durch eine angelegte Naturkausalität bereits besiegelt ist, steht unter dem uneingeschränkten Schutz der Rechtsordnung, so daß jeder Eingriff, auch ein solcher, der die Situation des Tatobjekts nicht verschlechtert, verboten sein muß. Hypothetische Kausalverläufe können deshalb die strafrechtliche Relevanz eines tatsächlich verwirklichten Risikos grundsätzlich nicht in Frage stellen.328 III. Rechtfertigung der Gehilfenbestrafung über den Risikoerhöhungsgedanken (Roxin)

Roxin versteht die Beihilfe als akzessorischen Rechtsgutsangriff durch kausale Risikoerhöhung. 329 Entsprechend der Ansicht Samsons könnten nur solche Handlungen als Beihilfe beurteilt werden, die den Erfolg ermöglichen, erleichtern, intensivieren oder sein Gelingen absichern. Voraussetzung sei jedenfalls, daß die Lage des Täters verbessert wird. 330 Ob die Chancen für eine erfolgreiche Durchführung der Tat erhöht worden sind, richte sich nach dem konkreten Sachverhalt, so daß - abweichend vom Intensivierungsprinzip Samsons - die Berücksichtigung hypothetischer Ersatzursachen unzulässig sei. 331 Im Unterschied zu Schaffstein, Salarnon und Vogler will Roxin den Eintritt einer Risikoerhöhung nicht schon vor Beginn der Tatausführung feststellen. Auf diese Weise verhilft er dem tatbezogenen Erfolgscharakter der Beihilfe zur Geltung. Er macht jedoch keine näheren Ausführungen zu der Frage, wodurch der Eintritt einer Risikoerhöhung im einzelnen gekennzeichnet ist. Legt man die von ihm für die Fahrlässigkeitsdelikte entwickelte Risikoerhöhungstheorie zugrunde, dann müßte man die Risikoerhöhung im Sinne einer konkreten Gefährdung des Tatobjekts verstehen. 332 Eine vollendete Beihilfe läge danach vor, wenn der Gehilfenbeitrag die Situation des Rechtsgutsobjekts tatsächlich verschlechtert 327

Vgl. Puppe, Nomos, Vor § 13, Rdn. 82; Jakobs, Strafrecht AT, 7174, S. 223.

m Vgl. Puppe, Nomos, Vor § 13, Rdn. 141; Jakobs, Strafrecht AT, 7175, S. 223 f.

Roxin, LK, § 27, Rdn. 5; Roxin, FS für Miyazawa, S. 501 ff. (509 ff.). Roxin, LK, § 27, Rdn. 4. 33\ Roxin, LK, § 27, Rdn. 6. 332 V gl. 0., S. 56 ff. 329

330

80

3. Abschnitt: Die objektive Beziehung zwischen Hilfeleistung und Haupttat

hat. Roxin versteht die Risikoerhöhung hier jedoch nicht im Sinne einer konkreten Gefährdung des Tatobjekts, da er auch solche Gehilfenbeiträge für strafbar erklärt, die sich nachträglich als überflüssig herausstellen. Wer dem Täter für alle Fälle eine Waffe mitgibt, die dieser dann mangels Entdeckung nicht benötigt, macht sich nach seiner Ansicht wegen Beihilfe zur vollendeten Tat strafbar. Gleiches gilt im Fall des wachestehenden Gehilfen, der mangels Störung nicht einzugreifen braucht. 333 In Sachverhaltsgestaltungen dieser Art hat der Gehilfe aber einen Beitrag erbracht, der auf die Situation des Tatobjekts keinen Einfluß hatte. Offenbar bezieht Roxin den Eintritt einer Risikoerhöhung auf die Handlungssituation des Täters. Fällt man nämlich das Gefahrurteil zum Zeitpunkt der Ausführungshandlung, dann bewirkt die Übergabe der Waffe ebenso wie das Wachestehen eine Risikoerhöhung, weil aus dieser Perspektive dem Gelingen der Tat nach allgemeiner Erfahrung größere Chancen beigemessen werden müssen. Der Umstand, daß der Beitrag letztlich nicht benötigt wurde, folgt dem Beginn der Ausführungshandlung zeitlich nach und darf deshalb in die Datenbasis des auf den Eintritt in das Versuchsstadium abstellenden Gefahrurteils keinen Eingang finden. 334 Eine Risikoerhöhung, die auf die Ausführungshandlung bezogen ist, stellt sich als Erhöhung der abstrakten Gefährlichkeit des Täterhandelns durch den Gehilfenbeitrag dar. Um eine abstrakte Gefährlichkeit geht es, weil das Gefahrurteil auf die Handlungssituation des Täters bezogen ist. Die Situation des konkreten Tatobjekts spielt hier nur als Prognosefaktor eine Rolle, weil eine Handlung dann gefährlicher wird, wenn nach den zu diesem Zeitpunkt gegebenen Umständen eine Verletzung des Tatobjekts als möglich erscheint. Ob die Situation des Tatobjekts tatsächlich verschlechtert wurde, ist dagegen unerheblich. Nun nimmt Roxin allerdings auch in den Fällen eine vollendete Beihilfe an, in denen der Gehilfe dem Täter ein untaugliches Mittel übergibt. So soll nach seiner Ansicht im Nachschlüsselfall des RG m eine vollendete Beihilfe zum Diebstahlsversuch vorliegen. 336 Die Übergabe eines untauglichen Tatmittels ist jedoch nicht geeignet, die abstrakte Gefahrlichkeit des Täterhandelns zu erhöhen. Da nämlich das Gefahrurteil zum Zeitpunkt des Beginns der Ausführungshandlung gefällt wird, müssen alle zu diesem Zeitpunkt gegebenen Umstände berücksichtigt werden, und zwar unabhängig davon, ob sie dem Gehilfen bzw. Täter bekannt waren oder nicht. Auf dieser Grundlage bewirkt die Übergabe eines untauglichen Mittels keine erhöhte Gefährlichkeit des Täterhandeins, denn

333

334 335 336

Roxin, LK, § 27, Rdn. 8. So auch Roxin, LK, § 27, Rdn. 8.

RGSt 6, 169 f.; vgl. 0., S. 44.

Roxin, LK, § 27, Rdn. 25,7; Roxin, FS für Miyazawa, S. 501 ff. (503 f.).

E. Die Problematik des untauglichen Versuchs

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eine Verletzung des Tatobjekts mit diesem Mittel ist nach allgemeiner Lebenserfahrung von vornherein ausgeschlossen. Hier stellt sich die Frage, ob das Risikoprinzip die Zurechnung der Haupttat auf den Gehilfen auch dann zu tragen vermag, wenn die Ausführungshandlung in objektiver Hinsicht nicht gefährlicher geworden ist. Bezeichnet sind damit die Fälle des sog. untauglichen (Haupttat-) Versuchs.

E. Die Problematik des untauglichen Versuchs Ein untauglicher Versuch liegt vor, wenn er wegen der Untauglichkeit des Mittels, des Objekts oder des Subjekts unter keinen Umständen zur Vollendung hätte kommen können. 337 Zwar steht auch beim tauglichen Versuch im Nachhinein fest, daß die realen Tatumstände zur Erfolgsherbeiführung ungeeignet waren, der Unterschied zum untauglichen Versuch liegt jedoch darin, daß bei Vornahme der Ausführungshandlung nach den zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Umständen ein Erfolgseintritt möglich gewesen wäre. Der (beendete) taugliche Versuch zeichnet sich dadurch aus, daß er eine konkrete Gefährdung des Handlungsobjekts herbeigeführt hat. 338 Wenn etwa der Mordanschlag mißlingt, weil das Opfer den mit einer gerade eben ausreichenden Menge Gift angereicherten Tee nur zur Hälfte austrinkt, dann läßt sich immerhin feststellen, daß der Täter einen Zustand geschaffen hat, durch weIchen das Leben des Rechtsgutsträgers tatsächlich bedroht war. Beim untauglichen Versuch aber bleibt eine konkrete Gefährdung des Handlungsobjekts aus. Ausgehend von einem zweispurigen Unrechtsbegriff, der sich aus Handlungs- und Erfolgsunrecht zusammensetzt, drängt sich hier die Frage auf, wie das Unrecht und damit die Strafbarkeit des untauglichen Versuchs begründet werden kann. In einem geschlossenen System der Unrechtsbegründung läge es nahe, das Versuchsunrecht in Parallelität zum Unrecht der vollendeten Tat zu beurteilen. Das würde bedeuten, daß der Versuch eines Erfolgsdelikts nur dann strafbares Unrecht begründet, wenn er neben dem Handlungsunrecht auch ein Erfolgsunrecht im Sinne einer konkreten Gefährdung des Rechtsgutsobjekts aufweist. Diesen Voraussetzungen genügt nur der taugliche Versuch, so daß der untaugliche Versuch generell straflos bleiben müßte. Eine Straflosigkeit des untauglichen Versuchs ist jedoch mit der gesetzlichen Regelung der §§ 22, 23 III StGB unvereinbar. § 22 StGB macht die Versuchsstrafbarkeit nicht vom Eintritt einer konkreten Gefahr abhängig, sondern stellt darauf ab, ob der Täter nach seiner Vorstellung unmittelbar zur Tatbegehung angesetzt hat. Einer rein objektiven Versuchstheorie ist damit eine klare Absage erteilt worden. 339 337 Eser, Sch-Sch, § 22, Rdn. 60; Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts AT, S.529. 338 Ebenso Sax, JZ 76, 429 ff. (433).

6 Baunack

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3. Abschnitt: Die objektive Beziehung zwischen Hilfeleistung und Haupttat

Der geltenden gesetzlichen Regelung liegt ein subjektivistischer Versuchsansatz zugrunde. Entscheidend ist, ob der Täter ein Verhalten an den Tag legt, daß nach seiner Vorstellung auf die Herbeiführung einer Objektsverletzung gerichtet ist. Strafgrund des Versuchs ist danach die hinreichende Betätigung eines rechtsfeindlichen Willens. 34o Die Pönalisierung des in irgendeiner Weise betätigten rechtsfeindlichen Willens liefe jedoch auf ein Gesinnungsstrafrecht hinaus und würde die Versuchsstrafbarkeit auf Kosten der straflosen Vorbereitungshandlungen stark ausweiten. Ein krimineller Wille kann nämlich schon sehr früh in Erscheinung treten, etwa dann, wenn der Täter den Tatort auskundschaftet oder die Tatwaffe besorgt. Um diesen bedenklichen Tendenzen vorzubeugen, verlangt § 22 StGB, daß der Täter nach seiner Vorstellung unmittelbar zur Deliktsverwirklichung ansetzen muß. Eine rein subjektive Versuchstheorie, die allein den betätigten rechtsfeindlichen Willen in das Zentrum ihrer Betrachtung stellt, steht daher ebensowenig wie eine rein objektive Versuchstheorie mit der geltenden Gesetzeslage in Einklang. Die herrschende Lehre versucht deshalb, das Versuchsunrecht aus einer Kombination von objektiven und subjektiven Merkmalen herzuleiten. Nach der sog. Eindruckstheorie ist Strafgrund des Versuchs der betätigte rechtsfeindliche Wille, dessen Strafwürdigkeit aber erst dann bejaht werden könne, wenn seine Betätigung das Vertrauen der Allgemeinheit auf die Geltung der Rechtsordnung erschüttert hat. 341 Das strafbare Versuchsunrecht erschöpfe sich nicht in einer Gesinnungsbekundung, sondern weise den erforderlichen Rechtsgutsbezug auf, weil das geschützte Rechtsgut (also der ideelle Sozialwert) durch den im Versuch manifestierten Geltungsangriff gefährdet werde. 342 Die Geltung eines geschützten Rechtsguts wird auch durch einen untauglichen Versuch in Frage gestellt. Von dieser Überlegung ausgehend könnte man der Anwendung des Risikoerhöhungsprinzip auf die Beihilfe als objektives Zurechnungskriterium im Hinblick auf einen untauglichen Haupttatversuch zum Durchbruch verhelfen, indem man sagt, daß der Gehilfe in diesen Fällen das geschützte Rechtsgut durch seinen Beitrag in erhöhtem Maße gefährdet und das Vertrauen der Allgemeinheit auf die Geltung der Rechtsordnung in stärkerem Maße erschüttert hat. Die Tragfähigkeit dieser Aussage läßt sich jedoch erst nach einer näheren Analyse der Eindruckstheorie beurteilen. 339 Befürworter einer objektiven Versuchstheorie de lege ferenda: Spendel, NJW 65, 1881 ff.; Spendel, FS für Stock, S. 89 ff.; lakobs, ZStW 97 (1985), 751 ff. (764); Weigend, Strafrecht und Kriminalpolitik in Japan und Deutschland, S. 113 ff. (126 ff.). 340 SO Z. B. RGSt 1,439 ff. (441); RGSt 8, 198 ff. (203). 341 SO Z. B. Bockelmann, Niederschriften über die Sitzungen der Großen Strafrechtskommission, 2. Bd. AT, S. 174; Eser, Sch-Sch, Vorbem. § 22, Rdn. 22; leschecklWeigend, Lehrbuch des Strafrechts AT, S. 514 f.; Roxin, JuS 79, I ff. (I); Vogler, LK, Vor § 22, Rdn. 52.

E. Die Problematik des untauglichen Versuchs

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I. Die Eindruckstheorie

Die Eindruckstheorie stellt darauf ab, ob das Verhalten des Täters geeignet ist, das Gefühl gesicherten Rechtsfriedens zu stören. Die Rechtsordnung wird insbesondere dann nicht ernsthaft beeinträchtigt, wenn der Täter eine Handlung vornimmt, die noch nicht in die Tatbestandsverwirklichung einmünden soll (also bei bloßen Vorbereitungshandlungen), oder wenn er den Erfolg mit abergläubischen Mitteln herbeiführen will (Totbeten des Opfers).343 Die Eindruckstheorie verweist zur Begründung der Versuchsstrafbarkeit auf den allgemeinen Strafzweck der positiven Generalprävention. Da das Strafrecht als aktueller Rechtsgüterschutz immer zu spät kommt, dient nicht die Bestrafung selbst, sondern die damit verbundene Einwirkung auf die Rechtstreue der Allgemeinheit der Verhinderung künftiger Straftaten?44 Auf die entscheidende Frage, warum ein bestimmtes Versuchsverhalten die Geltung der Rechtsordnung erschüttert, gibt die Eindruckstheorie jedoch keine Antwort. Die Argumentation, daß die Geltungskraft der Rechtsordnung beeinträchtigt werde, weil der Täter durch seinen Angriff bestimmte Rechtsgüter gefährdet, hilft nicht weiter. Ein geschütztes Lebensinteresse wird nämlich durch jedes Verhalten beeinträchtigt, das sich erkennbar gegen dessen positive Bewertung richtet, also etwa auch durch eine bloße Vorbereitungshandlung. Das Urteil darüber, ob eine Handlung strafbares Unrecht darstellt, darf nicht mit einem Rechtsgüterbezug begründet werden, der durch die jede Norm motivierende Funktion des Rechtsguts hergestellt wird. Erforderlich ist vielmehr, daß dem konkreten Verhalten eine bestimmte Tendenz zur Objektsverletzung innewohnt. 345 Die Rechtsgüter sind ja als abstrakte Werte nicht um ihrer selbst willen geschützt, sondern weil sie Ausdruck rechtlich anerkannter Interessen einzelner Rechtsgutsträger sind, die vor realen Beeinträchtigungen bewahrt werden sollen. Vor diesem Hintergrund kann der rechtserschütternde Eindruck des Versuchs nur aus der objektiven Gefährlichkeit eines Verhaltens und/oder aus der subjektiven Gefährlichkeit des Täterwillens hergeleitet werden. 346 11. Der Versuch mit untauglichen Mitteln

Der Versuch mit untauglichen Mitteln ist objektiv ungefährlich. Wer das Opfer mit einem harmlosen Pulver zu vergiften versucht, nimmt eine Handlung vor, die unter keinen Umständen geeignet ist, das konkrete Tatobjekt zu verlet342 Sax,

JZ 76, 429 ff. (433); Eser, Sch-Sch, Vorbem. § 22, Rdn. 22.

343 Vgl. JescheckIWeigend, Lehrbuch des Strafrechts AT, S. 523, 532. 344 Vgl. Welzel, Das Deutsche Strafrecht, S. 3. 345 Vgl. dazu 0., S. 75. 346 Vgl. Roxin, JuS 79, I ff. (I). 6'

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3. Abschnitt: Die objektive Beziehung zwischen Hilfeleistung und Haupttat

zen. Einziger Anknüpfungspunkt zur Begründung einer Versuchsstratbarkeit ist hier der auf die Tatbestandsverwirklichung gerichtete Wille des Täters. Damit liegt der Verdacht nahe, daß der Täter in diesen Fällen nicht wegen der Begehung einer Tat, sondern allein für die Betätigung eines rechtsfeindlichen Willens bestraft wird. Der Vorwurf eines "Gesinnungsstrafrechts" ist dennoch unbegründet. 347 Der Wille muß nach der Regelung des § 22 StGB eine bestimmte Qualität aufweisen. Erforderlich ist, daß der Täter nach seinem Gesamtplan unmittelbar zur Deliktsbegehung ansetzt. Der Wille muß einen solchen Intensitätsgrad erreicht haben, daß die von ihm getragene objektiv ungefährliche Handlung den Erfolg herbeigeführt hätte, wenn die Vorstellungen des Täters den tatsächlichen Gegebenheiten entsprochen hätten. In diesem Fall liegt eine Normverletzung vor, weil das konkrete Täterverhalten nicht nur abstrakt die Geltung der Rechtsgüter in Frage stellt, sondern in subjektiver Hinsicht auf die Verletzung eines bestimmten Tatobjekts bezogen ist. Wenn die Verhaltensnorm den Einzelnen zur Normbefolgung motiviert, indem sie erkennbar gefährliche Verhaltensweisen verbietet, muß sie umgekehrt auch dann gelten, wenn der Täter irrtümlich annimmt, eine taugliche Verwirklichungshandlung vorzunehmen. 348 Der Versuch mit untauglichen Mitteln rechtfertigt danach ein Unrechtsurteil, weil die vorgenommene Handlung aus der Sicht des Täters einen Gefährlichkeitsgrad erreicht hat, der von der Rechtsordnung nicht mehr hingenommen wird. 349 Der rechtserschütternde Eindruck, den die Eindruckstheorie zur Strafbarkeitsbegründung verlangt, läßt sich hier ausschließlich aus der bekundeten Willensintensität ableiten. Dem vermeintlichen objektiven Element, das in der Gefährdung der Rechtsgüter liegen soll, kommt daneben keine unrechtsbegründende Wirkung zu. 350 III. Der Versuch am untauglichen Objekt

Der Versuch am untauglichen Objekt wird zwar ebenfalls zu den Fällen des untauglichen Versuchs gerechnet, weil auch hier der Erfolgseintritt ausgeschlossen ist, dennoch weicht er in einem wesentlichen Punkt von der mit unVgl. aber Spendet, NJW 65, 1881 ff. (1882). Erb, Rechtmäßiges Alternativverhalten, S. 164, und 0., S. 75. 349 Anders Dicke, JuS 68, 157 ff. (161), der den Versuch als abstraktes Geflihrdungsdelikt einstuft und daraus folgert, daß der Versuch mit untauglichen Mitteln generell straflos bleiben müßte. Diese Ansicht widerspricht der auf die Tätervorstellung abstellenden Versuchsregelung des § 22 StGB. 3S0 Vgl. Weigend, Strafrecht und Kriminalpolitik in Japan und Deutschland, S. 113 ff. (123); Harzer, StV 96, 336 ff. (339), die den materialen Gehalt der Eindruckstheorie mit der Verletzungsmacht des Willens begründet. 347

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E. Die Problematik des untauglichen Versuchs

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tauglichen Mitteln begangenen Versuchstat ab. Beim Versuch mit untauglichen Mitteln ist die Vollendung schon deshalb ausgeschlossen, weil die Täterhandlung zur Herbeiführung des Erfolges objektiv ungeeignet ist. Der erfolgsausschließende Mangel liegt hier in der Tätersphäre begründet. Beim Versuch am untauglichen Objekt ist die Täterhandlung dagegen an sich geeignet, den Erfolg herbeizuführen. Beispiel: Der zum Mord entschlossene Täter schießt und trifft ein Wildschwein, das er versehentlich mit seinem Opfer verwechselt hat. Der erfolgsausschließende Mangel fällt allein in die Sphäre des Opfers, so daß die Täterhandlung hier - im Unterschied zum Versuch mit untauglichen Mitteln ein abstraktes Gefährdungselement aufweist. IV. Konsequenzen für die Beihilfe

Die Strafbarkeit des Versuchs mit untauglichen Mitteln beruht auf einer bestimmten subjektiven Tendenz des Täters zum Erfolgseintritt. Hat nun der Gehilfe das untaugliche Mittel geliefert, so ist eine Risikoerhöhung im Hinblick auf die objektive Gefährlichkeit der Tathandlung ausgeschlossen. Auch eine Steigerung des rechtserschütternden Eindrucks der Tathandlung bietet kein objektives Gefährdungselement, da der Eindruck - wie festgestellt wurde - ausschließlich auf der bekundeten, subjektiven Willenstendenz des Täters beruht. Eine Risikoerhöhung könnte daher nur in einer gesteigerten subjektiven Gefährlichkeit des Täters gesehen werden. Der Gehilfe macht dann zwar nicht die Tat, wohl aber den Täter (subjektiv) gefährlicher. Die bloße Steigerung der Willensintensität vermag jedoch eine Zurechnung der kausal beeinflußten Versuchstat nicht zu tragen. Tatsächlich liegt in diesen Fällen keine vollendete Beihilfe zum Versuch vor, sondern eine versuchte Beihilfe. Das Risikoprinzip ist ein allgemeines Zurechnungskriterium, das sich aus den Verhaltensnormen ableiten läßt. Die Normen verbieten nicht die Herbeiführung von Erfolgen (ein Verursachungsverbot an sich wäre sinnlos), sondern die Schaffung vermeidbarer Risiken, die mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit schädliche Erfolge nach sich ziehen. 35I Nach § 27 StGB sind Hilfeleistungen verboten, weil ihnen die Gefahr innewohnt, über die Einwirkung auf die Ausführungshandlung des Täters die Herbeiführung des Erfolges zu erleichtern. Diese Gefahr verwirklicht sich nur dann, wenn der Gehilfenbeitrag die Haupttat tatsächlich dem Erfolgseintritt näher bringt. Eine vollendete Beihilfe - wie sie § 27 StGB verlangt - setzt demnach zweierlei voraus: Die Begründung einer Gefahr (durch Vornahme einer Hilfeleistung) und die Verwirklichung der Gefahr im Ausführungsstadium. Bei einer Beihilfe zum Haupttatversuch mit untauglichen Mitteln fehlt es regelmäßig an beiden Voraussetzungen, sofern der Gehilfe das untaugliche Mittel geliefert hat. 352 Wer dem Haupttäter zur Begehung eines Mordes einen 351

Armin Kaufmann, Lebendiges und Totes in Bindings Normentheorie, S. 106 f.

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3. Abschnitt: Die objektive Beziehung zwischen Hilfeleistung und Haupttat

untauglichen Revolver übergibt, begründet schon im Hinblick auf die Tötung des Opfers keine Gefahr. Kennt der Gehilfe die Untauglichkeit des Revolvers nicht, dann handelt er zwar bezüglich seiner Unterstützungshandlung mit Vorsatz. Sein Vorsatz findet aber in objektiver Hinsicht keine Entsprechung. Damit liegt konstruktiv eine Versuchssituation vor. Wenn die ganz überwiegende Meinung dennoch eine vollendete Beihilfe annimmt, so beruht dies zum einen wohl darauf, daß der Gehilfe immerhin ein Element der konkreten Versuchshandlung mitverursacht hat und dieser Umstand die Annahme einer vollendeten Beihilfe nahelegt. Zum anderen dürften die Auswirkungen des Risikogedankens im Hinblick auf den untauglichen Versuch wenig mitbedacht worden sein. Die geforderte Gefahrverwirklichung darf jedenfalls nicht in der erhöhten subjektiven Gefährlichkeit des Täters gesehen werden, da die Gefahr, deren Entstehung und Verwirklichung § 27 StGB verhindern will, nicht auf den Täter, sondern auf die Tat bezogen ist. Zwar kann der Gehilfe auch über den Willen des Täters auf die Tat einwirken, der gefährliche Wille ist aber immer nur ein Zwischenstadium, das die gesteigerte Tatgefährlichkeit mit dem Gehilfenbeitrag verbindet. Im Nachschlüsselfall des RG 353 liegt deshalb auch nur ein strafloser physischer Beihilfeversuch VOr. 354 Genau genommen handelt es sich hier um einen untauglichen Beihilfeversuch. Die Übergabe des Schlüssels war nämlich von vornherein zur Erleichterung der Deliktsverwirklichung ungeeignet. Ein tauglicher Beihilfeversuch läge vor, wenn der Gehilfe einen geeigneten Nachschlüssel übergeben, die Täter aber auf seine Verwendung verzichtet hätten. Küper wendet gegen die Annahme eines Beihilfeversuchs in den beschriebenen Fällen ein, daß dann für die Strafbarkeit der Beihilfe eine Gefährlichkeit verlangt würde, die beim Täter des untauglichen Versuchs gerade nicht erforderlich sei. 355 Der Einwand ist jedoch unbegründet. Das versuchte Delikt ist dadurch gekennzeichnet, daß der Täter kein volles Unrecht verwirklicht. Die fehlende objektive Unrechtskomponente steht einer Strafbarkeit nicht entgegen, 352 Leistet der Gehilfe dagegen einen tauglichen Beitrag zu einem Versuch mit untauglichen Mitteln, dann kommt grundsätzlich eine Strafbarkeit wegen vollendeter Beihilfe in Betracht. Beispiel: Der Gehilfe weist den Täter auf die Adresse des Mordopfers hin. Die Tat mißlingt jedoch, weil die in der Wohnung des Opfers deponierte Bombe nicht zündet. Durch die zutreffende Benennung der Adresse hat der Gehilfe hier eine Gefahr geschaffen, die sich mit Eintritt in das Versuchsstadium, also mit Eindringen des Täters in die Wohnung, verwirklicht. In Fällen dieser Art erfolgt eine Bestrafung des Gehilfen nach den Grundsätzen, die für die Beihilfe zum Versuch am untauglichen Objekt gelten. Vgl. u., S. 87. 353 RGSt 6, 169 f.: Übergabe eines untauglichen Schlüssels zur Begehung eines Einbruchsdiebstahls; vgl. 0., S. 44. 354 Zur Frage einer psychischen Beihilfe u., S. 164. 355 Küper, JuS 86, 862 ff. (865); ebenso Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, S. 283.

E. Die Problematik des untauglichen Versuchs

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wenn ihre Merkmale zumindest nach der Tätervorstellung erfüllt worden wären. Für die Beihilfe ist nun aber die Verwirklichung des vollen Unrechts erforderlich, da sie nach § 27 StGB nur im Falle ihrer Vollendung strafbar ist. Der volle Unrechtsgehalt der Beihilfe ist nicht schon bei einem vorsätzlichen Normverstoß gegeben - das allein begründet nur eine Versuchssituation -, sondern erst mit dem tatsächlichen Eintritt der vorgestellten Umstände. Dazu gehört die aus der Hilfeleistung resultierende objektive Gefahrverwirklichung in der Tatausführung. Die Straflosigkeit des Gehilfen, der an einem Versuch mit untauglichen Mitteln mitwirkt, stellt keinen Widerspruch zur Versuchsstrafbarkeit des Haupttäters dar, sondern ist eine Konsequenz aus der Entscheidung des Gesetzgebers, die versuchte Beihilfe aus dem Strafbarkeitsbereich des § 27 StGB herauszunehmen. 356 Beim Versuch am untauglichen Objekt könnte der aus der Opfersphäre resultierende Erfolgsausschluß eine gegenüber der Hilfeleistung zum Versuch mit untauglichen Mitteln abweichende Behandlung der Beihilfe erfordern. Bisher war festgestellt worden, daß eine vollendete Beihilfe vorliegt, wenn der Gehilfe durch seinen Beitrag eine Gefahr geschaffen und sich diese Gefahr mit Eingang in die Tatausführung verwirklicht hat. Der Gehilfe wirkt nicht unmittelbar auf den Eintritt des Haupttaterfolges ein, sondern nur mittelbar über die Beeinflussung der Tatausführung. Anknüpfungspunkt für die Beurteilung der Risikoerhöhung ist deshalb die Täterhandlung. Die Täterhandlung kann nun aber durch den Gehilfenbeitrag zum Versuch am untauglichen Objekt durchaus gefährlicher werden. Da die Gefahrbeurteilung auf die Handlungssituation des Täters bezogen ist, geht es hierbei um die Feststellung einer abstrakten Gefahr, die eine Gefährdung des konkreten Handlungsobjekts nicht voraussetzt. Die Opfersituation wird nur als Prognosefaktor berücksichtigt. Wenn also der Gehilfe einen tauglichen Revolver übergibt, mit dem der Täter auf ein untaugliches Objekt schießt, dann muß gefragt werden, ob der Gehilfe die Gefährlichkeit der Tathandlung erhöht bzw. überhaupt erst begründet hat. Die Abgabe eines Schusses ist unter der hypothetischen Bedingung des Erscheinens und der Tauglichkeit des Opfers geeignet, eine Rechtsgutsobjektsverletzung herbeizuführen. Im Vergleich zu einer Tathandlung ohne den übergebenen Revolver läßt sich hier die Feststellung treffen, daß der Gehilfe die (abstrakte) Gefährlichkeit der Tathandlung geschaffen hat. Eine Zurechnung der Haupttat ist deshalb begründet, weil das Risikoprinzip auf das Einwirkungsobjekt der Hilfeleistung nämlich die Ausführungshandlung - und nicht auf die Situation des Tatobjekts bezogen ist. Daher steht der Annahme einer vollendeten Beihilfe nicht entgegen, daß der Gehilfe die Lage des Rechtsgutsträgers nicht verschlechtert hat. 356 Ebenfalls für die Straflosigkeit des Gehilfen in diesen Fällen: Otto, Grundkurs Strafrecht, S. 307, Rdn. 65; Stein, Die strafrechtliche Beteiligungsformenlehre, S. 280 f.; Otto, FS für Lange, S. 197 ff. (216); Harzer, StV 96, 336 ff. (339).

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3. Abschnitt: Die objektive Beziehung zwischen Hilfeleistung und Haupttat

Entscheidend ist vielmehr die Erhöhung oder Begründung der (abstrakten) Handlungsgefährlichkeit. Zu beachten ist, daß dieser Lösungsvorschlag nicht wie die Lösungen Schaffsteins und Voglers darauf hinausläuft, die Beihilfe einem abstrakten Gefährdungsdelikt anzunähern. Beurteilt wird nämlich nicht die Gefährlichkeit der Gehilfenhandlung, sondern diejenige der Täterhandlung. Aus der Sicht des Gehilfen ist die Ausführungshandlung ein von seinem Beitrag räumlich und zeitlich zu unterscheidendes Ereignis und in diesem Sinne ein Erfolgssachverhalt. Ein vergleichbares Resultat, d. h. eine differenzierende Behandlung der Beihilfe im Hinblick auf den untauglichen Haupttatversuch, erzielt Regina Harzer. 357 Sie geht davon aus, daß die Versuchsstratbarkeit des Täters durch den "tatmächtigen Inhalt des Willens" begründet werde. Die Innenseite des Willens könne im Hinblick auf die Struktur der Willensmacht einer objektiven Betrachtung unterzogen werden. Dabei zeige sich, daß dem abergläubischen im Unterschied zum untauglichen Versuch kein verletzungsmächtiger Wille zugrunde liegt, weil die Annahme von Zauberei dafür eben nicht ausreiche. Die Verletzungsmacht des Täterwillens beim untauglichen Versuch sei hingegen unabhängig davon zu bejahen, ob das den Erfolg ausschließende Ereignis vor dem Anfang der Ausführung liegt (wie beim Versuch mit einem untauglichen Tatmitte!) oder nachher eintritt (ein Auto fährt in die Schußlinie). Für eine erfolgreiche Beihilfe komme es nun darauf an, ob der Gehilfe an dem Teil mitwirkt, der dem Täter in der Verwirklichung des tatmächtigen Willens den Erfolg hätte näher bringen können, oder anders gesagt, ob er die Willensverwirklichung des Täters besser stellt. Dies müsse verneint werden, wenn der Gehilfe an der den Erfolg ausschließenden Zufallsseite mitwirkt, wie etwa bei der Lieferung eines untauglichen Tatmittels. Hier nimmt Harzer einen straflosen Beihilfeversuch an. Anders sei jedoch der Fall zu beurteilen, in dem der Gehilfe die Gefahrmomente des verletzungsmächtigen Willens steigert. Die Willensverwirklichung des Täters werde besser gestellt, wenn der Gehilfe scharfe Munition liefert, der Täter aber das Opfer mit einem nicht gleichwertigen Gegenstand verwechselt. Wenngleich das Ergebnis überzeugt, so erscheint doch die Begründung zweifelhaft. Für die Verletzungsmacht des Täterwillens spielt es nach Harzer keine Rolle, zu welchem Zeitpunkt sich die Untauglichkeit des Versuchs erweist. Dem ist zuzustimmen, weil die Verletzungsmacht an hand der Vorstellungen des Täters bestimmt wird. Wenn Harzer darauf hinweist, daß die Struktur der Willensmacht einer objektiven Betrachtung unterzogen werden könne, so ist damit nur gemeint, daß die Tätervorstellungen auf ihre Vereinbarkeit mit den nachweisbaren Gegebenheiten der äußeren Welt hin überprüft werden. Wer glaubt, 357

Harzer, StV 96, 336 ff. (339).

E. Die Problematik des untauglichen Versuchs

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er könne jemanden totbeten, nimmt objektiv nicht anerkannte Kausalzusammenhänge an, so daß die Verletzungsmächtigkeit des Tötungswillens abgelehnt werden muß. Der Wille weist aber einen tatmächtigen Inhalt auf, wenn die subjektiven Vorstellungen mit den allgemeinen Erfahrungen in der Außenwelt übereinstimmen. Diese objektive Überprüfung des Täterwillens ändert jedoch nichts an der Tatsache, daß die Annahme eines verletzungsmächtigen Willens einen ausschließlich subjektiven Ursprung hat. Da Harzer die erfolgreiche Beihilfe mit den Gefahrmomenten des Täterwillens verknüpft, muß die Steigerung dieser Gefahr durch den Gehilfen ebenfalls auf subjektiver Grundlage beurteilt werden. Dann aber ist die Lieferung eines untauglichen Tatmittels durchaus geeignet, dem Täter in der Verwirklichung seines Willens den Erfolg näher zu bringen, weil er sich durch die Übergabe des Tatmittels in die Lage versetzt glaubt, die Tat erfolgreich durchführen zu können. Warum hier nur eine versuchte Beihilfe vorliegen soll, leuchtet nach Harzers Konzeption nicht ein. Die Annahme eines Beihilfeversuchs in diesen Fällen läßt sich nur dann überzeugend begründen, wenn man die Gehilfenhandlung nicht auf die (subjektiv zu beurteilenden) Gefahrmomente des Täterwillens bezieht, sondern auf die aus der Willensverwirklichung resultierenden objektiven Gefährlichkeit der Täterhandlung. Die Täterhandlung wird durch die Übergabe eines untauglichen Tatmittels nicht gefährlicher, so daß aus diesem Grund nur eine versuchte Beihilfe vorliegt. Küper, der sich ebenfalls mit dem Problem einer Beihilfe zum untauglichen Versuch auseinandergesetzt hat, will die "risikosteigernde Qualität des Gehilfenbeitrages" dadurch ermitteln, daß er die untaugliche Haupttat hypothetisch durch eine taugliche ersetzt und prüft, ob der Gehilfenbeitrag die Chancen des Gelingens unter dieser Voraussetzung erhöht hat. 358 Auf diesem Weg gelingt es Küper jedoch nur, das Problem zu umgehen, an statt es zu bewältigen. Die mit dieser Methode festgestellte Risikoerhöhung ist rein fiktiv, da ihr eine reale Tatsachengrundlage fehlt. Küper begründet seine Vorgehensweise damit, daß anderenfalls "höchst zweckmäßige und evident verbotswidrige Tatbeiträge den Charakter einer Hilfeleistung verlören." Weil der Gehilfe zur Haupttat lediglich Gefährdungsfaktoren beitrage, könne Beurteilungsgrundlage der Risikosteigerung nur der Gehilfenbeitrag und dessen Risikogehalt sein. Damit aber kennzeichnet Küper die Situation der versuchten Beihilfe. Die Vornahme einer zweckmäßigen und verbotswidrigen Hilfeleistung besagt nämlich nichts über den dadurch vermittelten Erfolg. Küpers Lösung wird deshalb den Anforderungen, die an eine vollendete Beihilfe gestellt werden müssen, nicht gerecht.

35K

Küper,

JuS 86, 862 ff. (866).

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3. Abschnitt: Die objektive Beziehung zwischen Hilfeleistung und Haupttat

F. Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse Das Risikoprinzip kann für die Beihilfe als kausalitätseinschränkendes Zurechnungskriterium fruchtbar gemacht werden. Beurteilungsgrundlage der Risikoerhöhung ist die Ausführungshandlung des Täters, da der Gehilfe über die Einwirkung auf die Tat (= Ausführungsstadium) an fremdem Unrecht teilnirnrnt. Eine Risikoerhöhung liegt vor, wenn der Gehilfe die Tat im Ausführungsstadium gefährlicher gemacht hat. Bei der auf die Handlungssituation des Täters bezogenen Risikosteigerung handelt es sich um die Feststellung einer erhöhten abstrakten Gefährlichkeit, die nicht voraussetzt, daß die Situation des Handlungsobjekts verschlechtert wird. Die physische Beihilfe zum Versuch mit untauglichen Mitteln ist nach geltender Gesetzeslage straflos, da der Eintritt einer Risikosteigerung im Hinblick auf die Tathandlung ausgeschlossen ist. Tatsächlich handelt es sich hier um eine versuchte Beihilfe. Beruht die Untauglichkeit des Haupttatversuchs dagegen auf einem Mangel in der Opfersphäre, so ist eine vollendete Beihilfe möglich. Die Steigerung der Handlungsgefährlichkeit setzt nämlich keine reale Gefährdung des Tatobjekts voraus. Eine Hilfeleistung zum Versuch am untauglichen Objekt mit untauglichen Mitteln stellt wiederum nur eine versuchte Beihilfe dar. 359

G. Erprobung der Lösung an einigen Beispielsfällen I. Revolverfall

Der Gehilfe übergibt dem Täter zur Begehung eines Mordes einen tauglichen Revolver. Der Täter schießt damit auf sein Opfer, verfehlt es aber und erwürgt es anschließend. Der Gehilfe ist wegen Beihilfe zum Mordversuch strafbar. Er hat durch die Übergabe der Waffe die Tatausführung mitverursacht und eine erhöhte Handlungsgefährlichkeit herbeigeführt. Daß hier außerdem eine auf den Gehilfenbeitrag zurückführbare konkrete Opfergefährdung eingetreten ist, spielt für die Annahme einer vollendeten Beihilfe keine Rolle. Im Hinblick auf den Haupttaterfolg fehlt der erforderliche Kausalzusarnrnenhang, da der erfolglose Gebrauch der Waffe mit dem Tod durch Erwürgen in keiner gesetzmäßigen Beziehung steht. Eine solche käme zwar zustande, wenn der Täter ohne die Übergabe des Revolvers überhaupt nicht oder aber nicht zu diesem Zeitpunkt zur Tat 359 Wer den Versuch eines untauglichen Täters fördern will, begeht ebenfalls einen straflosen Beihilfeversuch, da der erfolgsausschließende Mangel - dem Versuch mit untauglichen Mitteln entsprechend - in der Tätersphäre begründet ist. Der Eintritt einer auf die Ausführungssituation bezogenen Gefahrerhöhung ist hier ausgeschlossen.

G. Erprobung der Lösung an einigen Beispielsfällen

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geschritten wäre. In diesem Fall würde die Verschaffung des Tatwerkzeugs einen notwendigen Zwischenschritt für den zu einem bestimmten Zeitpunkt eingetretenen Erfolg darstellen. Dennoch rechtfertigte auch dieser Umstand keine Haftung des Gehilfen für die vollendete Tat, weil der Erfolg nur zugerechnet werden kann, wenn die spezifische Gefährlichkeit des Gehilfenbeitrages bis zum Erfolgseintritt fortwirkt. 360 Die mit der Revolverübergabe verbundene Gefahr eines Erschießungstodes bricht jedoch ab, wenn sich der Täter entschließt, das Opfer zu erwürgen. Abwandlung: Der Gehilfe übergibt dem Täter einen unbrauchbaren Revolver. Nachdem der Täter vergeblich versucht hat, sein Opfer damit zu erschießen, erwürgt er es.

Hier liegt ein strafloser Beihilfeversuch vor. Zwar hat der Gehilfe den Mordversuch mit der Waffe mitverursacht, eine Zurechnung des Versuchs scheidet jedoch mangels Eintritts einer auf die Ausführung bezogenen Risikoerhöhung aus. 11. Der wachestehende Gehilfe Der Gehilfe hält während eines Einbruchsdiebstahls Wache. Da sich kein Störer nähert, gelingt der Diebstahl auch ohne Warnung des Täters. Der Täter hätte die Tat auch ohne Wachposten durchgeführt. Der Gehilfe ist wegen Beihilfe zum versuchten Diebstahl strafbar. Eine Zurechnung der vollendeten Tat scheidet aus, da zwischen dem Wachestehen und dem Erfolg des Diebstahls kein Kausalzusammenhang besteht. In Bezug auf die Tatausführung läßt sich dagegen Kausalität bejahen, weil das der Absicherung der Tathandlung dienende Wachehalten einen tatbestandsrelevanten Begleitumstand der Ausführungssituation darstellt. 361 Eine Zurechnung der versuchten Haupttat setzt neben der Kausalität voraus, daß der Gehilfe die Tatausführung gefährlicher gemacht hat. Das Gefahrurteil ist zum Zeitpunkt der Vornahme der Täterhandlung zu fällen. Danach begründet das Wachestehen eine erhöhte Gefährlichkeit der Handlungssituation, weil die Gelingenschancen des Diebstahls nach allgemeiner Erfahrung steigen, wenn ein Dritter den Täter gegebenenfalls rechtzeitig warnt oder einen Störer unschädlich macht. Daß der Gehilfe letztlich nicht einzugreifen brauchte, ist insoweit unerheblich, weil eine rechtzeitige Warnung des Täters nur als Prognosefaktor, nicht aber als realer Tatumstand für die Annahme einer auf die Ausführungssituation bezogenen Gefahrerhöhung von Bedeutung ist.

360 361

Vgl. Roxin, LK, § 27, Rdn. 7. Vgl. dazu 0., S. 41.

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3. Abschnitt: Die objektive Beziehung zwischen Hilfeleistung und Haupttat

Eine andere Lösung erfordert eine scheinbar ähnlich gelagerte Fallkonstellation: Der Gehilfe übergibt dem Täter zur Begehung eines Diebstahls sicherheitshalber eine Schußwaffe mit, die dieser dann mangels Entdeckung nicht benötigt. Dem Fall des wachestehenden Gehilfen entsprechend könnte man zunächst annehmen, daß der Umstand des bloßen Waffenbesitzes in keiner gesetzmäßigen Beziehung zum Diebstahlserfolg steht. Dennoch zeigt sich, daß hier eine andere rechtliche Beurteilung angezeigt ist. Der Gesetzgeber hat das bloße Beisichführen einer Waffe als Qualifikationsmerkmal ausgestaltet (§ 244 I Nr. I a) StGB n. F.). Die Absicherung der erfolgsverursachenden Täterhandlung durch eine Waffe hat anders als das Absichern durch einen Wachposten eine qualifizierende Wirkung. Der gesetzlich umschriebene Erfolg des § 244 I Nr. I a) StGB n. F. besteht deshalb nicht nur in der Wegnahme von Sachen, sondern in der Wegnahme mit einer bei sich geführten Schußwaffe. In diesem Fall ist der Waffenbesitz daher eine gesetzmäßige Voraussetzung der den konkreten Erfolg mitbegründenden Elemente. Aus diesem Grund ist der Gehilfe hier wegen Beihilfe zum vollendeten Diebstahl mit Waffen strafbar. 362 III. Taschendiebfall

Während ein Taschendieb einem Passanten die Brieftasche stiehlt, stellt sich ein Kollege, von dessen Anwesenheit der Dieb nichts weiß, in der Nähe auf, um notfalls zur erleichterten Begehung der Tat ein künstliches Gedränge hervorzurufen. Der Diebstahl gelingt auch ohne das Eingreifen des Kollegen. Die Behandlung dieses Falls ist problematisch und umstritten. Während MaurachlGössellZipf eine Beihilfe zum vollendeten Diebstahl annehmen, weil der Diebstahl ohne die Hilfeleistung mit einer verringerten Chance für sein Gelingen unternommen worden wäre 363 , lehnt Roxin eine strafbare Beihilfe ab. 364 Er bejaht zwar den Eintritt einer Chancensteigerung, will den Gehilfen aber straffrei lassen, weil die Pönalisierung einer "innerlich gebliebenen reinen Hilfsbereitschaft" einem Gesinnungsstrafrecht bedenklich nahe käme. Eine strafbare physische Beihilfe soll aber vorliegen, wenn der Kollege sein Verhalten vorher mit dem Täter abgesprochen hat. Die Ansicht Roxins verdient Zustimmung. Die Bestrafung des Kollegen wegen Beihilfe scheitert hier bereits am Nichtvorhandensein einer Hilfeleistung. Auf Gedanken, Wünsche oder Absichten, die sich

Ebenso Roxin, LK, § 27, Rdn. 8. Maurach/GössellZipf, Strafrecht AT, Tb. 2, S. 357, Rdn. 8; wohl zust. Baumann, JuS 63,125 ff. (137, Fn. 188). 364 Roxin, LK, § 27, Rdn. 9; Roxin, FS für Miyazawa, S. 501 ff. (511 0; ebenso Dreher, Bemühungen um das Recht, S. 257. 362

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G. Erprobung der Lösung an einigen Beispielsfällen

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ausschließlich im Innenleben eines Menschen abspielen, darf die Strafbarkeit nicht gegründet werden. 365 Etwas anderes würde gelten, wenn die passive Präsenz am Tatort erkennbar auf die Unterstützung der Tat gerichtet ist, wie das der Fall wäre, wenn die Anwesenheit eines Beteiligten im Rahmen der Tatplanung zur gezielten Einschüchterung des Opfers oder als finales SichBereithalten im Bedarfsfalle eingesetzt werden sol1.366 Sagt der Gehilfe dem Täter zu, der Tatbegehung beizuwohnen, um eventuell helfend einzugreifen, so tritt die Hilfsbereitschaft nach außen und gibt der nachfolgenden Anwesenheit am Tatort ein erkennbar tatbezogenes Gepräge. Eine Bestrafung wegen Beihilfe 367 erscheint dann berechtigt.

IV. Arsenfall Der Täter hat sich zur Tötung des Opfers 2 Gramm Arsen bereitgelegt. Der Gehilfe tauscht das Gift gegen anderes Arsen in gleicher Menge aus, weil er das vorgefundene Arsen irrtümlich für Puderzucker hält. In diesem Fall ist der Gehilfe wegen Beihilfe zum vollendeten Mord strafbar. Kausalität zwischen der Hilfeleistung und dem Tod des Opfers besteht, weil der Täter das durch den Gehilfen besorgte Arsen tatsächlich verwendet hat und dieses im Erfolgseintritt wirksam geworden ist. Ein Vergleich mit der Situation, wie sie sich ohne den Gehilfenbeitrag dargestellt hätte, ergibt außerdem, daß der Gehilfe das Risiko einer erfolgreichen Durchführung des Mordes erhöht hat, da dem Täter ohne die Beihilfe im Tatzeitpunkt kein taugliches Tötungsmittel zur Verfügung gestanden hätte. Der Eintritt einer Risikoerhöhung darf hier nicht deshalb abgelehnt werden, weil der Täter ohne den Gehilfenbeitrag das ursprünglich bereit gelegte Arsen verwendet hätte. Vergleichsmaßstab zur Beurteilung einer Risikoerhöhung ist der Sachverhalt, der ohne Beihilfe eingetreten wäre, im übrigen aber der tatsächlich verwirklichten Situation entspricht. 368 Deshalb ist es unzulässig, hypothetische Ersatzursachen - wie etwa den Umstand, daß der Täter ohne den Austausch des Giftes das andere Arsen verwendet hätte - hinzuzudenken. 369

365 Im Fall des wachestehenden Gehilfen muß man deshalb konsequenterweise eine Strafbarkeit ablehnen, wenn der Gehilfe den Tatort ohne Kenntnis des Täters bewacht, denn auch hier bleibt die Absicht, den Täter notfalls zu warnen, rein innerlich. 366 Hier käme auch Mittäterschaft in Betracht, vgI. Erb, JuS 92, 197 ff. (199). 367 Jedenfalls zum Versuch. 368 VgI. 0., S. 59. 369 Aus diesem Grund liegt auch im Leiterfall Schaffsteins eine auf den Gehilfen zurückführbare Risikoerhöhung vor, da der Umstand, daß der Täter die Leiter notfalls selbst getragen hätte, nicht hinzugedacht werden darf. VgI. 0., S. 68.

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3. Abschnitt: Die objektive Beziehung zwischen Hilfeleistung und Haupttat

Roxin ist der Auffassung, daß die Annahme einer Beihilfe nicht sinnvoll sei, wenn jemand ein Tatmittel heimlich gegen ein anderes völlig gleichwertiges austauscht. 370 Auf der Grundlage des Risikoprinzips ist diese Ansicht nicht haltbar. Roxin betont selbst ausdrücklich, daß bei der Beurteilung einer Chancenerhöhung auf den konkreten Sachverhalt abzustellen sei und kein hypothetischer Sachverhalt hinzugedacht werden dürfe, da ein strafbares Verhalten nicht dadurch irrelevant werde, daß gegebenenfalls ein anderer eingesprungen wäre. 371 Unter Anwendung dieser Grundsätze ist die Beschaffung des Arsens auch dann eine strafbare Beihilfe, wenn sie nicht notwendig war, weil der Täter bereits über Gift verfügte. Entscheidend ist allein, daß der Tod des Opfers auf dasjenige Mittel zurückzuführen ist, das der Gehilfe für den Täter besorgt hat. Ersatzursachen, die zwar ebenfalls den Erfolg hätten herbeiführen können, tatsächlich aber nicht wirksam geworden sind, haben auf die strafrechtliche Beurteilung dieses Sachverhalts keinen Einfluß. Samson lehnt auf der Grundlage des von ihm entwickelten Intensivierungsund Übernahmeprinzips eine strafbare Beihilfe ab, wenn der Gehilfe das Arsen in einem Handlungsakt austauscht. 372 Nach dem Intensivierungsprinzip, das als Relationsbegriff die Berücksichtigung vorhandener Ersatzursachen beinhaltee 73 , ist dieses Ergebnis folgerichtig. 374 Ersetzt der Gehilfe einen vorhandenen Umstand durch einen ebenso wirksamen anderen Umstand, so wäre der Erfolg mit der gleichen Intensität auch ohne die Beihilfe eingetreten, denn im Unterschied zum Risikoprinzip findet hier die hypothetische Ersatzhandlung des Täters Eingang in den Vergleichssachverhalt. Etwas anderes gilt aber, wenn der Gehilfe den Austausch in zwei Handlungsakten vornirnrnt. 375 Beseitigt er zunächst das vorhandene Gift, bevor er zu einem späteren Zeitpunkt anderes Arsen bereitlegt, dann folgt aus der Anwendung des Intensivierungsprinzips, daß der Gehilfe eine Lebensverkürzung und damit eine Intensivierung des Erfolges verursacht hat. Nach Beseitigung des Gifts ist nämlich eine neue, veränderte Sachlage eingetreten, in der das Tatobjekt durch ein Verbot des zweiten Aktes gerettet werden könnte. Das Ergebnis ist - wie 370 Roxin, LK, § 27, Rdn. 4. Auch Rogat, Die Zurechnung bei der Beihilfe, S. 245, lehnt hier mangels Chancenerhöhung eine Strafbarkeit des Gehilfen ab. 371 Roxin, LK, § 27, Rdn. 6. 372 Samson, Hypothetische Kausalverläufe im Strafrecht, S. 166 f. 373 Samson, Hypothetische Kausalverläufe im Strafrecht, S. 108 ff.; vgl. auch 0.,

S.77. 374 Auch nach dem Übernahmeprinzip kommt eine Haftung nicht in Betracht, da der Gehilfe keinen Beitrag erbringt, den sonst der Täter noch hätte erbringen müssen, sondern einen bereits vorhandenen Umstand gegen einen anderen austauscht. Vgl. Samson, Hypothetische Kausalverläufe im Strafrecht, S. 167. 375 Samson, Hypothetische Kausalverläufe im Strafrecht, S. 169.

G. Erprobung der Lösung an einigen Beispielsfällen

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Samson selbst bemerkt376 - seltsam, da die Reihenfolge, in der der Gehilfe den Austausch vornimmt, über die Strafbarkeit entscheidet. Auf dem Boden des Intensivierungsprinzips ist es jedoch konsequent, spiegelt aber gleichzeitig die Bedenken wider, die prinzipiell gegenüber der Berücksichtigung von Ersatzursachen geltend gemacht wurden.'77 Das Risikoprinzip vermeidet solche Ungereimtheiten, da hypothetische Kausalverläufe auf die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Gehilfen keinen Einfluß haben. Der Gehilfe würde auch dann haften, wenn er das bereitgelegte Arsen durch anderes Gift ersetzt, das zwar langsamer, letzten Endes aber ebenfalls tödlich wirkt. 378 Auch hier kommt es nur auf einen Vergleich mit der Tatsituation an, die ohne Beihilfe bestanden hätte, während der Umstand, daß der Täter anderenfalls schneller wirkendes Gift verwendet hätte, unbeachtlich ist. 379

V. Staubhemdfall; RG, Urt. v. 10.5.1883· Rep.799/83 380 Der Gehilfe übergibt dem zur Körperverletzung entschlossenen Täter ein Staubhemd, damit dieser sich bei Begehung der Tat unkenntlich machen kann. 38 \ Eine Strafbarkeit wegen physischer Beihilfe ist ausgeschlossen. Die Übergabe des Staub hemdes hat keine kausalen Auswirkungen auf die Tathandlung und den Erfolgseintritt, weil die Kleidung, die der Täter während der Tatbegehung trägt, in Bezug auf den herbeizuführenden Körperverletzungserfolg tatbestandlich irrelevant ist. 382 Der Beitrag soll eine spätere Aufklärung und Strafverfolgung der Tat erschweren, so daß man hier auch von einer "vorgeleisteten Straf-

Samson, Hypothetische Kausalverläufe im Strafrecht, S. 169. Vgl. 0., S. 79. 378 Voraussetzung für die Strafbarkeit ist ein entsprechender Gehilfenvorsatz, der z. B. fehlen würde, wenn jemand ein langsamer wirkendes Gift bereitlegt, um noch rechtzeitig Hilfe für das Opfer zu holen. 379 Um einen Fall der Risikoverringerung, der eine Zurechnung der Haupttat ausschließt, handelte es sich dagegen, wenn die Chance einer erfolgreichen Tatdurchführung ohne die Hilfeleistung besser gewesen wäre und die Feststellung einer erhöhten Erfolgschance nicht auf der Berücksichtigung von Ersatzursachen, sondern allein auf einem Vergleich mit der Situation, die ohne Beihilfe bestanden hätte, beruht. Wenn etwa der Gehilfe, der während eines Einbruchsdiebstahls Wache hält, die Polizei durch sein auffalliges Benehmen auf die Tat aufmerksam macht, dann liegt eine Risikoverringerung vor, weil die Chance für eine erfolgreiche Durchführung der Tat ohne den Wachposten besser gewesen wäre. 380 RGSt 8, 267 ff. 3K1 Das RG sah hierin eine strafbare psychische Beihilfe. Dazu u., S. 162. 3K2 Vgl. 0., S. 40. 376

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3. Abschnitt: Die objektive Beziehung zwischen Hilfeleistung und Haupttat

vereitelung" spricht. 383 Läßt man die Rechtsfigur der psychischen Beihilfe außer Betracht, dann sind Fälle dieser Art generell straflos, weil sie auch von § 258 StOB, der eine auf die Vortat bezogene Vereitelungshandlung verlangt, nicht erfaßt werden.

383 Vgl. Class, FS für Stock, S. 115 ff. (117 f.); Roxin, LK, § 27, Rdn. 12; Schaffstein, FS für Honig, S. 169 ff. (182 ff.).

Vierter Abschnitt: Die besondere Problematik der psychischen Beihilfe Die Formen der Beihilfe werden im geltenden Recht nicht unterschieden. Eine frühere gesetzliche Nennung der Beihilfemittel als Rat oder Tae 84 ist aber auch heute noch von Bedeutung. Neben der physischen Beihilfe (durch "Tat") ist allgemein die psychische Beihilfe (durch "Rat") anerkannt. Während der Beitrag des physischen Gehilfen unmittelbar auf die Beeinflussung der Tatausführung abzielt, bedeutet psychische Beihilfe jede über die "Täterpsyche", d. h. über den Tatentschluß vermittelte Förderung der Haupttat. Einwirkungsobjekt des physischen Gehilfen ist die Tat, dasjenige des psychischen Gehilfen der Tatentschluß des Täters. Der Erfolg der psychischen Beihilfe muß aber ebenso wie bei der physischen Beihilfe in der Tatausführung eintreten. Die geistige Unterstützung der Haupttat ist grundSätzlich in zwei Formen denkbar: Zum einen kann der Gehilfe die Tat durch "technische Rathilfe", zum anderen durch "Bestärken des Tatentschlusses" fördern.

A. Psychische Beihilfe durch technische Rathilfe Technische Rathilfe liegt vor, wenn dem Täter Ratschläge oder Hinweise erteilt werden, die die konkrete Art der Tatdurchführung betreffen. 385 Die Förderung der Haupttat erfolgt hier über eine Einwirkung auf die kognitive Seite des Tatentschlusses, indem der Gehilfe das Wissen des Täters hinsichtlich der Tatplangestaltung verbessert. Psychische Beihilfe in Form der technischen Rathilfe bereitet keine besonderen Schwierigkeiten. 386 Sie findet nämlich - der physischen Beihilfe entsprechend - einen sichtbaren Niederschlag in der äußeren Tatbegehung. Befolgt der Täter einen Ratschlag oder nutzt er die durch den Gehilfen vermittelten Erkenntnisse aus, so läßt sich der Nachweis über den Kausalzusammenhang zwischen Gehilfenhandlung und Haupttat in der Regel unproblematisch führen. Gleiches gilt für den Eintritt einer Risikoerhöhung , die 384 So z. B in § 49 des StGB für das Deutsche Reich vom 15.5.1871 (Schwarze, Commentar zum StGB für das Deutsche Reich, S. 235). 385 Vgl. Z. B. RGSt 13,265 ff.: Ein Ehrengericht entschied die unter den Duellanten streitige Frage der Art der zu benutzenden Waffen. 386 Vgl. Roxin, LK, § 27, Rdn. 11; Roxin. FS für Miyazawa, S. 501 ff. (SOS); Samson, SK. § 27, Rdn. 13.

7 Baunack

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4. Abschnitt: Die besondere Problematik der psychischen Beihilfe

immer dann vorliegt, wenn sich der Täter einen brauchbaren Ratschlag bei der Tatdurchführung zunutze macht.

B. Psychische Beihilfe durch Bestärken des Tatentschlusses Wesentlich größere Schwierigkeiten bereitet die Beihilfe durch Bestärken des Tatentschlusses. Trotz ihrer Problematik erfreut sich diese Rechtsfigur überwiegender Anerkennung durch Rechtsprechung und Literatur. 387 Auf welche Weise der Gehilfe den Tatentschluß bestärkt, ist unerheblich. Er könnte etwa dem Tatentschlossenen Bedenken ausreden, letzte Zweifel und Skrupel beseitigen oder weitere Gründe für die Tatbegehung liefern. 388 Möglich wäre auch eine Bestärkung durch anfeuernde Zurufe 389 oder eine Verhaltensweise, die dem Täter ein Gefühl erhöhter Sicherheit verschafft?9