Gewöhnliche Soldaten: Desertion und Deserteure im deutschen und britischen Heer 1914-1918 9783666357862, 9783525357866

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Gewöhnliche Soldaten: Desertion und Deserteure im deutschen und britischen Heer 1914-1918
 9783666357862, 9783525357866

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Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft 123

VÖR

Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft Herausgegeben von Helmut Berding, Jürgen Kocka Hans-Peter Ullmann, Hans-Ulrich Wehler

Band 123 Christoph Jahr Gewöhnliche Soldaten

Vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen

Gewöhnliche Soldaten Desertion und Deserteure im deutschen und britischen Heer

1914-1918

von

Christoph Jahr

Vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen

Die Deutsche Bibliothek Jahr,

CIP-Einheitsaufnahme

Christoph:

Gewöhnliche Soldaten: Desertion und Deserteure im deutschen und britischen Heer 1 9 1 4 - 1 9 1 8 / von Christoph Jahr. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht, 1998 (Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft; Bd. 123) Zugl.: Berlin, Humboldt-Univ., Diss., 1996 ISBN 3 - 5 2 5 - 3 5 7 8 6 - 9

Gedruckt mit Unterstützung der Fazit-Stiftung. © 1 9 9 8 , Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen. - Printed in Germany. Alle Rechte vorbehalten. Das Werk einschließlich seiner Teile ist urheberrechdich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Satz: Text & Form, Pohle. Druck und Bindung: Guide-Druck G m b H , Tübingen.

Das Widerstreben gegen den Krieg wird nicht in heroischen Akten dokumentiert, sondern in listigen Geschichten dargestellt, wie man dem Töten und dem Getötet-Werden ausweichen kann, indem man der Autorität militärischer Institutionen ein Schnippchen schlägt. Solche Geschichte gibt es überall, und wenn man sie erst einmal zusammenzählte, bekäme man ein erstaunlich reichhaltiges Archiv der widerborstigen Vernunft. Michael Geyer, Eine Kriegsgeschichte, die vom Tod spricht.

Inhalt

Vorwort

15

Einleitung A. Desertion und »volkstümliches Heer« B. Quellen- und Literaturbasis C.Die Grenzen von Macht und Kontrolle

17 17 23 29

Kapitel I Armee - Gesellschaft - Recht: Skizze eines Beziehungsfeldes A. Der historische Kontext 1. Deutschland a) Die Entwicklung der Militärgerichtsbarkeit b) Die Praxis vor 1914

2. Großbritannien a) Die Entwicklung der Militärgerichtsbarkeit b) Die Praxis vor 1914

B. Der gesellschaftliche Kontext 1. Deutschland a) Das Offizierkorps b) Das Justizpersonal c) Unteroffiziere und Mannschaften

2. Großbritannien a) Das Offizierkorps b) Unteroffiziere und Mannschaften

39 39 39 46

50 50 53

57 57 58 61 63

66 67 69

Kapitel II Die Rahmenbedingungen im Weltkrieg A. Organisationsstruktur und Kriegslage 1. Die deutsche Armee 2. Die britische Armee 3. Der Kriegsverlauf: Krisen und Krisenbewußtsein

71 71 74 77 7

Β. Das Rechtswesen im Krieg: Grundlagen - Entwicklung Probleme 1. Deutschland 2. Großbritannien

79 79 88

C. Der Handlungsrahmen 1. Die Bedingungen des Stellungskrieges 2 . Rollenklischees und Rollenkonflikte

93 93 98

Kapitel III Die Deserteure

A. Formen und Motive der Desertion 1. In der deutschen Armee a) Heeresmißstände und Kriegsfreiwillige

109 109 109

b) Untertauchen und Flucht ins Hinterland

110

c) Gefangennahme und Überlaufen

112

d) Weitere Formen der Dienstentziehung

114

e) Flucht ins Ausland

116

f)

121

Die >Fünfte Kolonne< des Feindes: Desertion und Spionage

2. In der britschen Armee

123

a) Mit dem Rücken zum Meer: Untertauchen im Hinterland und in der Heimat

123

b) Die regulierte Verweigerung: »No Conscription Campaign« und »Conscientious Objectors«

Β.

127

Das Profil der Deserteure 1. In der deutschen Armee

128 128

a) Skizze eines Sozialprofils b) Motivmuster

129 135

c) Sozialdisziplinierung

142

d) Zwischenbilanz

2. In der britischen Armee

144

145

a) Motivmuster

145

b) Zwischenbilanz

148

C. Die Desertion im Krieg: Größenordnung und Trends 1. In der deutschen Armee a) Die Entwicklung 1 9 1 4 - 1 9 1 8 b) Desertion und Dolchstoß

2. In der britischen Armee D . Bilanz I

8

126

3. Zwischenbilanz

149 149 149 161

167 175

Kapitel IV Die Desertion A. Die Gegenmaßnahmen der Militärfuhrung 1. In der deutschen Armee a) Die Versuche der Desertionsprävention b) Die juristischen Sanktionen

2. In der britischen Armee a) Die Versuche der Desertionsprävention b) Die juristischen Sanktionen

3. Zwischenbilanz B. Die Ausübung der Militärjustiz 1. In der deutschen Armee 2. In der britischen Armee C. Bilanz II

177 177 177 183

201 201 204

218 219 219 236 248

Kapitel V Nation und Desertion A. »Stiefkinder des Vaterlandes«: Die Elsaß-Lothringer im deutschen Heer 1. Die Vorgeschichte 2. Der Krieg der Denkschriften 3. Die Maßnahmen gegen die Zivilbevölkerung 4. Desertion und Repression

253 253 255 257 260

a) Die Zensur

260

b) Der Heimaturlaub

261

c) Die Abschiebung an die Ostfront und weitere Sondermaßnahmen

263

d) Die Suche nach der Nadel im Heuhaufen: Elsaß-Lothringer im französischen Heer und in den >Vorzugslagern
Krankheit< nach der Ablösung der mit Söldnern und Gepreßten geführten Kabinettskriege durch die im modernen Nationalstaat erfolgte Emotionalisierung und Ideologisierung des Heeresdienstes überwunden sei. In diesem Sinn schrieb 1889 »Meyers Konversationslexikon« unter dem Stichwort »Desertion«, daß diese heutezutage nur noch selten vorkomme, was »von der kürzern Dienstzeit, vorzüglich aber von der volkstümlichem Bildung der Heere herrührt. Am häufigsten ist sie und in hohem Grade bedenklich im englischen Heer, wo noch Werbung gesetzlich ist.« Die Anschauung, daß eine enge Verbindung zwischen der Modernität einer Armee und dem Delikt bestehe, das jegliche militärische Ordnung verneint, ist signifikant: Loyalität gegenüber einer Gesellschaftsordnung läßt sich auch dort, wo ihr Zwangscharakter am deutlichsten hervortritt, beim Militär, durch äußeren Zwang allein nicht herstellen. Vielmehr bedarf es dazu einer spezifischen »Volkstümlichkeit«, die durch die allgemeine Wehrpflicht erreicht schien. Und doch wurde die Desertion im Ersten Weltkrieg wieder ein verbreitetes Problem, dem die Führungen aller beteiligter Armeen große Aufmerksamkeit widmeten. Sie galt als Gradmesser für das Maß an Desintegration eines Heeres, sei es für Italien nach Caporetto, Rußland 1917, Österreich-Ungarn 1918 oder schließlich beim deutschen Zusammenbruch im Herbst 1918. Das Thema Desertion ist daher keineswegs ausschließlich von militärgeschichtlichem Interesse. Angesichts des hohen Sozialprestiges der Armee im kaiserlichen Deutschland erstaunt es nicht, daß der »Meyer« dem Militär eine derart weitreichende Indikatorfunktion für den Modernitätsgrad einer Gesellschaft zubilligte. Überraschender ist, daß England den Negativmaßstab abgibt, galt doch die englische Gesellschaftsordnung im 19. Jahrhundert in weiten Kreisen des liberalen Bürgertums als am weitesten fortgeschritten und in mancher Hin17

sieht vorbildlich. Mit der zunehmenden Abkehr vom Liberalismus geriet das Vorbild jedoch zum Sinnbild einer zurückbleibenden, überkommenen Ordnung. Auch der Armee wurde unterstellt, auf dem Stand des 18. Jahrhunderts stehen geblieben zu sein. In einem Krieg müßte sich dies besonders auswirken, und tatsächlich vermerkte der »Meyer« von 1908, daß der Burenkrieg die vermutete größere Anfälligkeit der britischen Armee für Desertion erwiesen habe. Taugt das Delikt der Fahnenflucht tatsächlich als Indikator für das Verhältnis von ziviler Gesellschaft und Militär? In dieser Anschauung steckt viel von jener antiliberalen Ideologie, die als die >Ideen von 1914< reüssierte. Doch der Blick auf die harten Zahlen zeigt, daß sich der liberalere Charakter der britischen Gesellschaft: im Vergleich zur deutschen im Bereich der Militärjustiz nicht positiv ausgewirkt hat und die autoritäreren Strukturen des Kaiserreichs, seine verzögerte und deformierte Entwicklung zur Bürgergesellschaft sich nicht unmittelbar in einer rigideren Disziplin des Heeres, in einer härteren Praxis der Militärjustiz niedergeschlagen haben. Vergleicht man die Zahl der 1914 bis 1918 vollstreckten Todesurteile, ergibt sich ein überraschendes Ergebnis: 269 britische Soldaten wurden wegen Desertion hingerichtet, 18 in der mehr als doppelt so großen deutschen Armee. Die weitere Entwicklung in Deutschland und Großbritannien bis zum Zweiten Weltkrieg offenbart einen Chiasmus der Trends: Während in der britischen Armee im Zweiten Weltkrieg kein Todesurteil wegen Fahnenflucht mehr ausgesprochen wurde, fielen der deutschen Wehrmachtjustiz mindestens 10.000 Deserteure zum Opfer. Diese Tatsachen können nicht als zwingende Konsequenz vorangegangener Entwicklungen im Sinne einer vereinfachenden Sonderwegsthese erklärt werden, denn sie sind keine simple Fortschreibung und Radikalisierung der Entwicklungen bis 1918. Um diesen verwirrenden Befund zu erklären, erscheint ein Vergleich der Desertion im deutschen und britischen Heer im Ersten Weltkrieg sinnvoll. Deutschland und Großbritannien unterschieden sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts nicht nur hinsichtlich des staatlich-politischen Systems im engeren und der gesellschaftlich-sozialen Strukturen im weiteren Sinn, sie traten auch mit verschiedenartigen Heeresstrukturen in den Ersten Weltkrieg ein. Die allgemeine Wehrpflicht in Deutschland war ein Teil der politisch-gesellschaftlichen Modernisierung von oben< und eine Antwort auf die Herausforderungen der Französischen Revolution.1 Bei insgesamt 13,5 Millionen Mobilisierten im Ersten Weltkrieg wandelte sich das Wilhelminische Heer in diesen vier Jahren grundlegend, und in den >Ideen von 1914< wurde nicht zuletzt auch die allgemeine Wehrpflicht in Deutschland der >unheldischen Krämergesinnung< der Briten, die sich in deren Berufsarmee manifestiere, gegenübergestellt. 2 In Großbritannien war das öffentliche und soziale Ansehen des Dienstes im Heer, anders als in Deutschland, gering. Die freiwillige 18

Dienstverpflichtung des einfachen Soldaten galt als Tiefpunkt im sozialen Abstieg. Die eigentliche Machtbasis und der militärische Prestigeträger war die Flotte. Der Krim- und vor allem der Burenkrieg rückten dann aber das Landheer stärker ins öffentliche Bewußtsein, so daß auch in Großbritannien der Ruf nach der allgemeinen Wehrpflicht lauter wurde. Trotzdem trat das Vereinigte Königreich 1914 mit einer reinen Berufsarmee in den Weltkrieg ein und entsandte ein lediglich 100.000 Mann starkes Expeditionsheer nach Frankreich. Von August 1914 bis Januar 1916 meldeten sich jedoch 2,5 Millionen Männer als Freiwillige, und bedingt durch die etappenweise Einfuhrung der allgemeinen Wehrpflicht ab Januar 1916 verwandelte sich die britische Armee binnen kurzer Zeit in eine Wehrpflichtigenarmee. Aufgrund dieser Tatsachen wurde der Vergleich zwischen Deutschland und Großbritannien gewählt, da unter allen kriegfuhrenden Mächten Europas allein das Vereinigte Königreich bei Kriegsbeginn keine Wehrpflichtarmee besaß. Nur dort läßt sich beobachten, wie es sich auswirkt, wenn von einer durch militärisches Denken im Alltag wenig berührten Zivilgesellschaft plötzlich zehn Prozent ihrer männlichen Mitglieder in die Armee ziehen. Ein Vergleich mit anderen Ländern, zu denken ist hier primär an Frankreich, hätte diese Perspektive nicht mit derselben Klarheit eröffnet. 3 Vor diesem Hintergrund stellt sich die zentrale Aufgabe dieser Arbeit: Es gilt darzustellen, wie eine Armee als soziales System funktioniert und welchen Einfluß darauf die militärischen Traditionen und Strukturen einerseits sowie die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen andererseits haben. Der Vergleich zwischen England und Deutschland ermöglicht es dabei, zwei in ihren Strukturen, Traditionen und gesellschaftlicher Verankerung sehr unterschiedliche Armeen gegenüberzustellen und auf Gemeinsamkeiten wie Unterschiede hin zu prüfen. So kann dargestellt werden, wie sich die Differenzen zwischen beiden Armeen auf deren »Volkstümlichkeit«, wie »Meyers Konversationslexikon« es nannte, ausgewirkt haben und wie sie durch die Gegebenheiten des Weltkrieges verändert wurden. Das ermöglicht den Blick auf das Verhältnis von ziviler und militärischer Sphäre in beiden Ländern sowie auf den Verlauf der gesellschaftlichen Modernisierungsprozesse, die durch den Weltkrieg wenn nicht ausgelöst, so doch entscheidend forciert wurden. Dabei lassen sich Gleich- und Ungleichzeitigkeit dieses erzwungenen Entwicklungsprozesses beobachten, in dessen Verlauf viele traditionelle Strukturen gerade auch in den Armeen modifiziert wurden. Das Verhältnis zwischen den Entwicklungsstufen einer Gesamtgesellschaft und ihren Subsystemen, so die grundlegende Annahme, war dabei keinesfalls linear, sondern vielmehr durch Verwerfungen, Brüche und Disparitäten gekennzeichnet. Der Armee als einem dieser sozialen Teilsysteme ist die Studie gewidmet, die sich deshalb nicht als Militärgeschichte im engeren Sinne versteht, deren Perspektive aber gegebenermaßen im wesendichen auf das 19

Militär beschränkt bleiben muß. Eine mögliche - und sehr reizvolle - Kulturgeschichte der Desertion< muß dieser Beschränkung zum Opfer fallen. Dieser Primat der Organisation ist dabei zum einen von der Quellenlage vorgegeben, zum anderen von der primären Zielrichtung dieser Studie: die Reaktion der Armeefuhrungen auf die kriegsbedingten Innovationen im kriegstechnischen, kampftaktischen und sozialen Bereich zu ergründen. Doch der dadurch bedingte Blick >von oben nach unten< ist auch mit dem >von unten nach oben< zu kontrastieren, denn es handelt sich hierbei nicht um eine Politikgeschichte im Sinne der >Haupt- und Staatsaktionen«, sondern um eine Sozialgeschichte, die zuerst nach den politisch-gesellschaftlichen Implikationen sozial-, mentalitäts- und alltagsgeschichtlicher Gegebenheiten und Entwicklungen fragt. Im Sinne dieser Fragestellung muß der methodische Ansatzpunkt bei den Akteuren gefunden werden: Staatiiche und militärische Behörden, Militärjustiz, Offiziere und Mannschaften sind in den Blick zu nehmen sowie ihre Wahrnehmungskategorien fiir das Delikt der Desertion bzw. den Deserteur zu ermitteln. Denn die Basishypothese dieser Arbeit ist es, daß das Phänomen Desertion sich in erster Linie als eine Frage der Perspektive darstellt, nicht als eine >objektiver Tatsachen«. Es gilt, die Bedingungen, Formen und Motive der handelnden Protagonisten zu ergründen. Der Bezug zur Gesamtgesellschaft bleibt dabei immer gewährleistet, denn dieses Verfahren geht von der Überlegung aus, daß die gesellschaftlichen Prägungen, Konventionen und Verhaltensregeln auch im >gesellschaftsfernen< Ausnahmegebiet der kämpfenden Armee im wesentiichen weiterbestanden. »The social historians ... must cease to treat the soldier as being somehow different in nature from the civilian«,4 hat der britische Militärhistoriker Fuller diesen Standpunkt pointiert formuliert, der noch nicht konsequent weitergeführt wurde, denn eine Soziologie des Grabenkrieges ist bislang leider nicht geschrieben worden, ebensowenig wie eine Sozialgeschichte der Klassengesellschaft im Krieg, die nicht die Front schlichtweg ignoriert. Diese Arbeit versteht sich als ein Schritt auf dem langen Weg dorthin. Ein alle Facetten des Themas erfassender Gesamtüberblick ist schon aufgrund der Quellenlage nur schwerlich möglich, denn wegen vielfältiger Aktenverluste und quellenkritischer Probleme können einige Fragen nicht umfassend erörtert werde. In den Bereichen, fur die Material vorhanden ist, ist es zum Teil wiederum so reichlich überliefert, daß man ohne eine ganze Reihe von Einschränkungen davor kapitulieren müßte. Daraus ergibt sich die geographische Begrenzung auf die Westfront. Die Quellenlage ist insgesamt besser, das britische Heer stand nur dort in großem Umfang der deutschen Armee gegenüber, und sie war zugleich der entscheidende Kriegsschauplatz, so daß ihr seitens der Militärbehörden, aber auch in den Nachkriegsdebatten stets besondere Aufmerksamkeit geschenkt worden ist. 20

Wiederum durch die Quellenlage vorgegeben hat die Arbeit vor allem für Deutschland viele regionale Bezüge und stellt für beide Länder je zwei Divisionen in den Mittelpunkt. Trotzdem ist sie keine Detailstudie, sondern strebt einen Gesamtüberblick an. Manche Fragen, die nur durch eine Mikrostudie klärbar wären, können deshalb allenfalls gestreift werden, und Ebenensprünge vom Fallbeispiel zur Gesamtschau und zurück sind nicht immer vermeidbar. Daher muß zunächst die Quellenlage kurz dargestellt werden. In Anlehnung an den vorne skizzierten Grundsatz des gesellschaftlichen Bezuges erscheint es darüber hinaus unverzichtbar, an dieser Stelle einige theoretische Vorüberlegungen anzustellen, die im wesendichen methodischer Art sind und auf soziologische Ansätze zurückgreifen. In Kapitel I soll zur allgemeinen thematischen Orientierung die lange Vorgeschichte vorausgeschickt werden. Dem gesellschaftsbezogenen Anliegen vepflichtet ist wiederum die detaillierte Erörterung der juristischen, organisatorischen und soziologisch-sozialgeschichtlichen Rahmenbedingungen im Weltkrieg in Kapitel II. Zentral für den dezidiert dem Komplex Desertion gewidmeten, in drei Großkapitel gegliederten Hauptteil ist der Gedanke, daß es >den< Deserteur nicht gibt, noch weniger das eindeutig kategorisierbare Phänomen Desertion. Kapitel III stellt dementprechend das Delikt selbst in den Mittelpunkt. Es ist der Versuch, die Perspektive der Deserteure bzw. die objektive Grundlage ihrer Taten zu ermitteln, die sich in Fakten und Zahlen ausspricht. Hier bewegt sich die Analyse auch auf der erfahrungs- und mentalitätsgeschichtlichen Ebene, wobei einige Fragen auftauchen, so z.B. wie das Loyalitätsverhältnis der Soldaten zu ihren jeweiligen Armeen aussah und worauf es primär gegründet war. Diese Loyalität hielt bei den meisten trotz der extremen Belastungssituation; doch wenn sie zusammenbrach, wird zu fragen sein, ob dafür Faktoren wie Beruf, Konfession, soziale oder regionale Herkunft benannt werden können. Ein anderer Ansatz, dessen Erklärungswert geprüft wird, ist die Annahme, daß eher >Mikrofaktoren< wie die Stimmung in den jeweiligen Einheiten, das unmittelbare Erleben schwerer Kämpfe, die Probleme mit den Vorgesetzten und Kameraden oder die Sehnsucht nach den Angehörigen in der Heimat auslösend waren, weniger dezidiert politische Erwägungen. Einer der folgenreichsten deutschen Geschichtsmythen, der unmittelbar mit dem hier zu behandelnden Thema zusammenhängt, war die Dolchstoßlegenden Daher wird in einem eigenen Kapitel die Bedeutung der >Auflösungsprozesse< in der Armee für Entstehung und Verlauf des politischen Umbruchs 1918/19 erhellt, wenngleich diese Frage weder der Ausgangs- noch der Mittelpunkt dieser Untersuchung ist. Die Debatte um die >Dolchstoßlegende< muß jedoch schon deshalb betrachtet werden, weil das öffendiche Reden über Desertion in Deutschland unter ihr subsumiert wur21

de, wobei der emotionale und politische Stellenwert dieses Aspektes auf der Hand liegt, denn nicht ohne Bedacht diffamierte Joseph Goebbels die SPD in einer Reichstagsrede 1 9 3 2 als die »Partei der Deserteure«. 5 Noch 1968 stellte sich kein geringerer als Gerhard Ritter die Frage, was geschehen mußte, »um aus dem braven, tapferen, in tausend Gefahren und Nöten bewährten deutschen Frontsoldaten jenes Gesindel zuchtloser Meuterer im roten Halsschal zu machen, das man im November - Dezember 1918 in allen deutschen Großstädten sich herumtreiben sah«. 6 Daraus wird deutlich, wie sehr diese Frage bis weit ins nationale Bürgertum hinein emotionalisiert war. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Frage, wie die Militärführung das Phänomen Desertion wahrnahm bzw. erst konstruierte. Kapitel I V wird zeigen, wie vielfältig die Wahrnehmung dieses Deliktes ist und welche zum Teil konkurrierenden und widersprüchlichen Interessen, Wertungen und Perspektiven hier eine Rolle spielen. Dies gilt, das sei im Vorgriff bereits gesagt, insbesondere für die Militärjustiz, deren Aufgabe es war, eine heterogene, bunte und widersprüchliche Realität in juristische Formeln zu übersetzen, um die Aufrechterhaltung des Systems im Sinne der Militärführung zu gewährleisten. Diese Interferenzen zwischen realer und diskursiver Ebene näher zu bestimmen, ist hier die Aufgabe. Kapitel V will anschließend in konzentrierter Form am Beispiel der jeweiligen nationalen Minderheiten viele der bis dahin erörterten Fragen bündeln. Nationale Minderheiten werdet in Kriegszeiten besonders leicht als potentiell illoyal angesehen. Der elsässische Reichstagsabgeordnete Karl Hauß stellte darüber hinaus im Juni 1918 den Zusammenhang zwischen den in Deutschland und Großbritannien ähnlich gelagerten Problemen mit Elsaß-Lothringen bzw. Irland her: »Es gilt für Elsaß-Lothringen, was der Abgeordnete O'Connor im März 1 9 1 7 im englischen Unterhaus bezüglich Irlands mit folgenden Worten konstatiert hatte: Der Eifer für den Krieg war in den ersten Monaten ein außerordentlicher, die Begeisterung eine große. Die Regierung hat es aber mit ungewöhnlicher Dummheit fertig gebracht, das in das direkte Gegenteil zu verkehren.«7

Zu ermitteln ist, wieweit sich die Konflikte der >großen Politik< auf das Verhalten der Militärbehörden und das Fahnenfluchtverhalten der elsaß-lothringischen bzw. katholisch-irischen Soldaten ausgewirkt haben. In Kapitel VI schließlich wird der Blick auf die Nachkriegszeit ausgedehnt. Zu fragen ist, wie das Phänomen Desertion im politischen Raum thematisiert und gewertet wurde. Hierbei interessieren allein die Debatten in den Parlamenten, da diese sich in beiden Ländern sowohl während des Krieges als auch danach mehrfach mit dem Problem der Desertion bzw. der Handhabung der Militärgerichtsbarkeit auseinandergesetzt haben. Die Einbeziehung der öffentlichen Meinung hätte den Ausblick auf die Nachkriegszeit zu

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sehr ausgedehnt, ebenso die Frage nach der Rezeption dieses Phänomens in der Öffentlichkeit 8 sowie die zeitgenössische Debatte über »Fahnenflucht und Geistesstörung«, 9 auf die sich nicht mehr als ein gelegentlicher Seitenblick werfen läßt. Die Kernfrage dabei ist, wie die beiden Gesellschaften mit dieser Form abweichenden Verhaltens umgegangen sind und welche Lehren man aus den Weltkriegserfahrungen gezogen hat. Mit dieser Ausdehnung auf das politische Echo der Nachkriegszeit ergeben sich die zeitlichen Markierungen der Studie. Obgleich der eigentliche Untersuchungszeitraum die vier Jahre, vier Monate und zehn Tage sind, die der Krieg an der Westfront dauerte, bietet sich als innere Grenze für die als Ausblick zu behandelnde Nachkriegszeit in Deutschland das Jahr 1920 an, da im Rahmen der Beratungen um die neue Reichsverfassung die Militärjustiz abgeschafft wurde, womit sich jedoch die Reichswehr und die politische Rechte nie abgefunden haben. Konsequenterweise wurde die Militärgerichtsbarkeit durch ein Gesetz vom Mai 1933 bereits zum 1. Januar 1934 wieder eingeführt. Dieses Datum markiert den äußeren Rahmen dieser Arbeit. In Großbritannien kann die Aufarbeitung der Kriegserfahrungen mit der Abschaffung der Todesstrafe für Desertion im Jahre 1930 im wesentlichen als beendet gelten. Einige abschließende Erörterungen über die Bedeutung des hier behandelten Themas fur den Verlauf der Modernisierungsprozesse in Deutschland und Großbritannien runden diese Arbeit ab.

B. Quellen- u n d Literaturbasis Für den Ersten Weltkrieg ist in Deutschland quellenbedingt eine süddeutsche Perspektive dominant. 10 Wieweit es zwischen den Kontingenten wesentliche Unterschiede in der Handhabung des Phänomens Desertion gab, läßt sich daher zumindest hinsichtlich Preußens nur indirekt erschließen, und Gesamtstatistiken fur das deutsche Heer sind nicht mehr rekonstruierbar. Die bundesstaatlichen Parallelüberlieferungen bieten jedoch eine hinreichend sichere Grundlage, um die relevanten Verordnungen, Erlasse und Denkschriften der zentralen militärischen Behörden zu erfassen. Als wichtigste dieser militärischen Institutionen und Kommandobehörden wäre zunächst das Preußische Kriegsministerium zu nennen, weil es faktisch das Reichskriegsministerium war.11 Der innerbehördliche Meinungsbildungsprozeß ist wegen der preußischen Aktenverluste jedoch nicht mehr rekonstruierbar. Die Oberste Heeresleitung (OHL) war die Zentrale der deutschen Kriegsführung, weit über den rein operativ-taktischen Bereich hinaus. Verordnungen zur Thematik Desertion wurden aber erst im Laufe des dritten Kriegsjahres häufiger. Die Armeeoberkommandos und seit 1 9 1 6 / 1 7 die 23

Heeresgruppenkommandos schließlich waren die höchsten Befehlsstellen an der Front, sind aber nur relativ selten eigenständig tädg geworden. Für die Problematik der Elsaß-Lothringer hat jedoch der Bestand der Heeresgruppe Herzog Albrecht von Württemberg eine große Eigenbedeutung, da diese das Gebiet des Reichslandes umfaßte. 12 Bei der wichtigsten Quellengattung dieser Untersuchung, den Kriegsgerichtsakten, verengt sich die süddeutsche Perspektive zu einer bayerischen, weil diese Bestände bei den anderen Kontingenten nicht in dem fur eine systematische Auswertung notwendigen Umfang erhalten geblieben sind. Die entscheidende Instanz fur die Militärjustiz waren die (Feld)Kriegsgerichte, wobei zwei Divisionen mit möglichst unterschiedlichen Verurteilungsziffern ausgewählt wurden. Um eine weitgehende Kontinuität der Akteure sicherzustellen, sollten die Divisionen von Beginn des Krieges an bestanden, in der Folgezeit die gleiche Zusammensetzung an Regimentern gehabt haben und ausschließlich an der Westfront eingesetzt worden sein, weil sich die Gesamtstudie ebenfalls auf die Westfront beschränkt. Schließlich sollten die Beispiele aus unterschiedlichen Armeekorpsbezirken stammen, um divergierende Rekrutierungsregionen und verschiedene den Divisionen übergeordnete Generalkommandos zu erfassen. Dadurch kann überprüft werden, wieweit sich regionale Differenzen und die möglicherweise unterschiedliche Politik der den Divisionen vorgesetzten (stv.) Generalkommandos auswirkten. Die Wahl fiel auf die 2. und 4. bayerische Infanterie-Division. Für den Vergleich ist es besonders günstig, daß die 4. bay. Infanterie-Division meistens in Flandern eingesetzt war, also gegenüber dem von den Engländern gehaltenen Frontabschnitt. 13 An gedruckten Quellen wurden vor allem die zeitgenössische juristische Fachliteratur sowie fur die öffentlichen politischen Debatten die Sitzungsprotokolle des Reichstags sowie der Verfassunggebenden Nationalversammlung 1 9 1 9 / 1 9 2 0 einschließlich der Publikationen des parlamentarischen Untersuchungsausschusses über die Ursachen der Kriegsniederlage verwendet. Die anderen öffentlichen Aufarbeitungen des Themas, wie etwa der Münchner >DolchstoßTerritorialFreizeitsoldaten< bestanden; und zwei >KitchenerNerven< ausgedehnt werden, da trotz des anerzogenen Gehorsams und der eingeforderten patriotischen Hingabe die Psyche vieler Soldaten angesichts des industrialisierten Krieges versagte. Das Idealbild des Soldaten vor dem bzw. im Ersten Weltkrieg war also der für König und Vaterland begeisterte, wohldisziplinierte und mit >stählernen Nerven< versehene Kämpfer, sein Gegenbild der aus >WeichlichkeitEigensucht< oder gar politischer Opposition heraus illoyale Deserteur. Trotz dieses rahmensetzenden soziologischen Modells, dem hier weitgehend gefolgt wird: Einer dezidiert historischen Aufarbeitung harren die Deserteure des 19. und frühen 20. Jahrhunderts noch. 21 Die Literatur der zwanziger und dreißiger Jahre war zutiefst geprägt von der polemischen Debatte um den >Dolchstoß< und die Novemberrevolution. Die für den Reichstagsuntersuchungsausschuß erarbeiteten Gutachten22 sind für diese Studie einerseits selbst Gegenstand und Quellenmaterial für die Nachkriegsdiskussionen über Desertion, andererseits stellen sie den Beginn der Forschung dar. Eine ganze Reihe von Überblicksdarstellungen aus der Zwischenkriegszeit befassen sich mit der Militärjustiz.23 Die Publikationen aus der NS-Zeit sind dann endgültig nicht mehr als Forschungsliteratur zu bezeichnen, verraten aber viel über die Verarbeitung der >Lehren des Weltkrieges< auf Seiten der extremen Rechten. 24 Nach 1945 gehörten die Deserteure des Ersten Weltkrieges - wie die des Zweiten - zu den vergessenen Soldaten^ Das Wenige was zu nennen ist, handelt dieses Thema wiederum primär 26

als Teil der Vorgeschichte der Novemberrevolution ab.25 Im Rahmen neuerer mentalitätsgeschichtlicher Arbeiten hat sich die Forschung in letzter Zeit zwar mehr der Perspektive von unten< zugewandt, doch ist der Bereich Fahnenflucht - ebenso wie z.B. Meutereien - auch hier weitgehend eine Terra incognita.26 Besser sieht es hier für den Zweiten Weltkrieg aus, dessen >andere Soldaten< inzwischen intensiv erforscht worden sind.27 So kann es inzwischen nicht mehr ernsthaft bestritten werden, daß die Wehrmachtjustiz keine rechtsstaatliche Nische darstellte, sondern ein integraler Bestandteil des NS-Terrorsystems war. Allerdings entgehen manche dieser Arbeiten nicht immer der Gefahr, aus der notwendigen und berechtigten moralischen Entrüstung über die damalige und heutige Behandlung der Wehrmachtdeserteure eine heroische Gegen- und Widerstandsgeschichte zu schreiben. Diese wird jedoch der komplexen Wirklichkeit ebensowenig gerecht wie die apologetischen Schriften28 der Gegenseite. Deserteure als »Verräter oder Vorbilder«:29 das ist nicht die Alternative, um die es hier geht. Die Rolle der Wehrpsychologie und -psychiatrie im Ersten - und noch stärker im Zweiten - Weltkrieg, für die Sigmund Freud das Bild von den »Maschinengewehren hinter der Front« 30 gebrauchte, hat mittlerweile ebenfalls Beachtung gefunden. 31 Die wehrpsychologischen Untersuchungen der Bundeswehr (und in anderen westlichen Armeen) zeigen das beinahe ungebrochene Denken der militärischen Führung über Deserteure. 32 Als Motive werden überwiegend private bzw. persönliche Beweggründe festgestellt: Ärger mit den Vorgesetzten oder Kameraden, Angst vor Strafe wegen vorausgegangener Verfehlungen, Angst vor persönlicher Gefahr und familiäre Probleme. Die Desertion erscheint dabei als ein Unterschichten- und Randgruppenphänomen, als »eine unüberlegte, durch momentane Schwierigkeiten ausgelöste Handlung«. Solche Urteile, welche die Fahnenflucht pauschal zur »Übertragung einer bereits im Zivilleben praktizierten unsteten Verhaltensweise auf das Verhalten als Soldat«33 erklären, verraten jedoch mehr über das Weltbild des Urteilenden als über den Gegenstand des Urteils. Die DDR-Forschung schließlich hat sich des Themas Desertion nur sehr selektiv angenommen, im gewissen Sinn unter Umkehrung der Vorzeichen der >DolchstoßPolenDänen< gesprochen. Publizierte Literatur gibt es hierzu kaum, sieht man von dem mehrbändigen Elsaß-Werk aus den dreißiger Jahren und einem Aufsatz Alan Kramers ab.35 In beiden wird detailliert 27

die systematische Diskriminierungspolitik der deutschen Armeefuhrung gegenüber den Elsaß-Lothringern dargestellt, jedoch teilweise mit Wertungen, die aus dem Quellenmaterial nicht ohne weiteres ableitbar sind. Aufgrund der ungebrochenen Tradition der Militärgeschichtsschreibung ist die Literatur zu Großbritannien sehr viel reichhaltiger. Außer der klassischen Militärgeschichte gibt es eine breite sozial- und mentalitätsgeschichtliche Forschung. 36 Ein eher traditioneller Ansatz ist die Debatte um discipline and morales die sowohl historisch, als auch soziologisch-empirisch betrachtet wird.37 Die Arbeiten kranken aber sämtlich daran, daß sie die Perspektiven, Begriffe und Wertungen der Militärfuhrung reproduzieren, sie als quasi objektive Gegebenheiten behandeln. Erst die Arbeit von Tony Ashworth sowie die Studien zu den >Weihnachtsverbrüderungen< und den Meutereien in der britischen Armee haben neue Aspekte der Kriegsrealität eröffnet. 38 In ihnen wird der Krieg insofern aus einer veränderten Perspektive beschrieben, als die Armee in den Kategorien eines interaktiven sozialen Systems dargestellt wird; die Soldaten erscheinen nicht nur als Opfer übermächtiger Gewalten, sondern sind selbst handelnde Subjekte. Weiterhin wichtig sind die in letzter Zeit entstandenen Beiträge, welche die Praxis der britischen Kriegsgerichte, besonders bei der Verhängung von Todesurteilen zum Thema haben. 39 Durch diese Forschungen und den öffentlichen Druck, die Urteile des Ersten Weltkrieges einer Revision zu unterziehen, wurde schließlich die ursprüngliche Sperrfrist fiir die Gerichtsakten von 100 auf 75 Jahre gesenkt, so daß sie seit 1990 sukzessive freigegeben wurden. Trotz dieser Vorarbeiten ist Leonard Smiths Urteil noch immer gültig: »the history of power relations within the British army remains largely to be written.« 40 Zu dem speziellen Aspekt der irischen Soldaten gibt es neuerdings ebenfalls Forschungsliteratur,41 wogegen an Arbeiten zur Militärpsychiatrie im Ersten Weltkrieg wenig ermittelt werden konnte. 42 Läßt man die bisherige Forschungsliteratur zum Thema Revue passieren, erscheint die Desertion meist entweder als bloße Störung der eigentlichen Funktion einer Armee oder als Teil einer subversiven >Gegengeschichteandere< Soldat, das positive oder negative Gegenbild des tapferen und gehorsamen Kämpfers. Um dieses schwarz-weiß-Bild zu überwinden, sind zunächst einige theoretische Vorüberlegungen nötig.

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C. Die Grenzen von Macht u n d Kontrolle Strafen Sie doch nicht die Leute für ein witziges und freimütiges Wort! Wer schimpft, macht keine Revolution.43 Der Reichstagsabgeordnete Müller-Meiningen Any order's good enough to show who's master.44 C. E. Montague

Militärgeschichte war und ist stets in besonderer Gefahr, sich ihrem Gegenstand affirmativ zu nähern. Lange im Abseits moderner Theorie- und Methodenkonzepte stehend, verharrte sie in einer unproduktiven Erstarrung, die in letzter Zeit überwunden wurde. »Militärgeschichte von unten«, 45 Alltags- und Sozialgeschichte, zuletzt Mentalitätsgeschichte sind die hier zu nennenden Stichworte des Versuchs einer erneuerten Militärgeschichte.46 Diese Bestrebungen sind ebenso berechtigt wie notwendig und fließen in diese Arbeit ein, stoßen aber auch an Grenzen, denn es ist kaum möglich, aus den zeitgenössischen Quellen etwa das wahre, authentische Bild >des< Kriegserlebnisses zu gewinnen. Viele Detailstudien kommen kaum über die bloße Beschreibung und Aneinanderreihung heterogener Phänomene hinaus, so daß am Ende meist nur die Erkenntnis steht, daß alles mit allem zusammenhängt. Quellen aus vermeintlich erster Hand wie Gefangenenaussagen oder Feldpostbriefe zeichnen keinesfalls ein verläßliches Bild, auch wenn dies immer wieder angenommen wurde. Ein Beispiel aus dem Ersten Weltkrieg mag das illustrieren. Während der Commander-in-Chief der britischen Armee in Frankreich glaubte, im Oktober 1917 auf der Basis zahlreicher Gefangenen- und Überläuferaussagen eine tiefe Krise in der Moral der deutschen Armee konstatieren zu können, 47 widersprach ihm der Chief of Imperial General Staff entschieden: »As regards morale, it is essential not to attach too much importance to the statements of deserters and other prisoners or enemy correspondence ... our own officers and men taken prisoners do not always express confidence in victory, while censored letters show that every man in our Armies is by no means possessed of good morale. This is only natural and to a greater or less extent is common to all armies, and in assessing the enemy's condition it is necessary to approach the task with a perfecdy unbiased and impartial mind.« 48

Bei diesem konkreten Beispiel scheint die Skepsis über die Repräsentativität der Stimmen, die pauschal eine niedrige Moral in der deutschen Armee zu beweisen schienen, angebracht. Schließlich vermochte diese Armee, die nach Meinung mancher bereits kurz vor dem Zusammenbruch stand, in der 29

Märzoffensive 1918 beinahe die alliierte Front zu durchbrechen. So niedrig konnte ihre Moral also noch nicht gewesen sein. Auch Statistiken sind oftmals mehr interpretierte als objektive Wirklichkeit. Zwar ist die Behauptung: »courts martial statistics provide concrete evidence of misbehaviour«49 die implizite oder explizite Annahme vieler Untersuchungen zu >Disziplin und MoralStrafkompanie< haben zu wollen und daher so selten wie möglich und höchst ungern bestraften«. 51 Die Anzahl von Kriegsgerichtsverfahren läßt daher nur bedingt Rückschlüsse auf das Verhalten der Soldaten zu, und bei der Bewertung dieser Zahlen steht man vor einem letztlich unlösbaren Dilemma. Einerseits reflektieren sie reales Verhalten, denn um als Deserteur verurteilt werden zu können, mußte sich ein Soldat tatsächlich von seiner Einheit entfernt haben, was als Anzeichen einer Krise der Kommandoautorität gedeutet werden kann. Andererseits war die Frage, wie dieses Verhalten geahndet wurde, d.h. ob es überhaupt in den Akten auftaucht und wenn ja, in welcher Form, von vielen weiteren Faktoren abhängig. Die Desertionszahlen können daher wichtige Aufschlüsse über das Krisenbewußtsein der Militärfuhrung geben, denn die Vermutung ist naheliegend, daß Kriegsgerichtsverfahren um so schneller eingeleitet wurden, je mehr sich die militärische Situation verschlechterte und nach einen Sündenbock verlangte. Es ist daher immer eine Einzelfallentscheidung, ob eine hohe Desertionsrate primär als Ausdruck einer Krise oder eines Krisen&ewußtseins gedeutet wird. Es ist also sehr schwierig, etwas kaum definierbares wie >Moral< im Sinne unbedingter Dienstwilligkeit eines Soldaten zu messen.52 Außerdem wäre jeder Versuch, ein historisches >Profil des Deserteurs im Ersten Weltkrieg< zu 30

rekonstruieren in großer Gefahr, zur historisierten Militärsoziologie - einer >Soziologie für den Dienstgebrauch - zu werden. Daher soll für diese Studie ein anderer Ansatz entwickelt werden, der von Überlegungen zu den Prinzipien sozialen Handelns ausgeht. Soziales Handeln wird bestimmt durch die Bedürfnisse und Intentionen des Individuums, den Erwartungshaltungen der Umwelt und den Interaktionen mit ihr, sowie dem historisch gewordenen System kultureller Werte innerhalb spezifischer gesellschaftlicher und politischer Rahmenbedingungen. Die Desertion ist zunächst im Zusammenhang mit dem von Gerhard Oestreich in die Forschung eingeführten Konzept der neuzeitlichen >Sozialdisziplinierung< zu sehen. 53 Es wird keine Geschichte der innermilitärischen Sozialdisziplinierung im Ersten Weltkrieg geschrieben, aber trotzdem auf dieses Modell eines säkularen Trends zurückgegriffen, da es einen sinnvollen Interpretationsrahmen bietet. Die Armee ist, neben Kloster, Schule und Arbeitshaus ein Ort der Sozialdisziplinierung. Die Herausbildung des modernen Staates und der modernen Massenarmeen waren aufs engste miteinander verknüpft, so daß die innermilitärische Disziplinierung im 17. und 18. Jahrhundert als Parallelprozeß zur Staatsbildung zu sehen ist. 54 Kaum ein Delikt verweigert sich aber den Disziplinierungsbemühungen des Staates, hier vertreten durch das Militär, so radikal, wie die Desertion. Der Ort der militärischen Sozialdisziplinierung ist zunächst die Kaserne, eine »totale Institution«, 55 die durch die Beschränkung des sozialen Verkehrs mit der Außenwelt und Separierung durch Tore, Mauern und Stacheldraht äußerlich gekennzeichnet ist. Alle Lebensäußerungen sind räumlich eng zusammengefaßt, werden von einer großen Gruppe von Schicksalsgenossen gemeinsam verrichtet und sind streng hierarchisch nach einem rationalen Plan strukturiert. Die Welten der >InsassenAufsichtspersonalsmaximale Belastbarkeit« der Soldaten sowie über den Unterschied zwischen seelischen Krankheiten und simulierten Leiden.« 56

Totale Institutionen inszenieren daher »zwischen zwei konstruierten Personengruppen ... einen Unterschied des sozialen Werts und der charakterlichen Moral, einen Unterschied in der Vorstellung von sich selbst und vom anderen«. 57 31

Dieses Modell der totalen Institution beschreibt in seiner idealtypischen Reinheit nicht die Realität der Kaserne, da das Soldatenleben normalerweise nur eine biographische Episode darstellt und keinen Bruch, wie die Einweisung in die psychiatrische Klinik. Hinzu kommt das hohe Sozialprestige, das dem Militärdienst im 19. Jahrhundert in vielen Ländern zunehmend beigemessen wurde, und in den Schützengräben des Weltkrieges waren darüber hinaus auch die starren Kommunikations- und Hierarchiegrenzen vielfach aufgeweicht. Trotzdem bietet dieser Ansatz einen geeigneten Bezugsrahmen, um die Prinzipien und Transformationen des sozialen Raumes >Armee< zu beschreiben. Aus der Perspektive des Militärs werden die sozialen Beziehungen in der Armee idealtypisch von dem einfachen Mechanismus >Befehl und Gehorsam< bestimmt, den der Generalstabschef im Deutsch-Französischen Krieg, Helmuth v. Moltke, vor dem Reichstag mit den Worten beschrieb: »Autorität von oben und Gehorsam von unten; mit einem Worte, Disciplin ist die ganze Seele der Armee.«58 Ungehorsam wird dadurch ausschließlich zum >Versagen< des Befehlsempfängers erklärt: Befehl ausgeführt oder nicht ausgeführt, das sind in diesem Bild die einzig denkbaren Verhaltensweisen, und diese Blickweise hat auch Folgen fur die historiographische Darstellung des Krieges: »Clausewitz's ideal of an army as an unreflective institutional machine has pervaded our historical understanding of what happened on the WW I battlefield. Conventional military historians have accepted obedience as a given and any form of nonobedience as >frictionBefehl-GehorsaminterpretierenBefehl und Gehorsam< leiten lassen, wäre die Gefahr groß, lediglich die militärische Perspektive zu reproduzieren, zu systematisieren und zu rationalisieren und sei es auch in Umkehrung der Wertung und Perspektive. Daß dieser Ansatz den Realitäten des Krieges Rechnung trägt, mag folgende Überlegung verdeutlichen. Zu Beginn des Weltkrieges war der bedingungslose Angriff und korrespondierend die Verteidigung bis zum letzten Atemzug< die offizielle oder inoffizielle Doktrin aller Armeen. 66 Wäre sie tatsächlich durch starren Befehl und Gehorsam umgesetzt worden, hätte es nach wenigen Monaten keine der beteiligten Armeen mehr gegeben. Statt also diesem Schema blind zu folgen, spielte sich in einem Rückkopplungsprozeß ein Gleichgewicht von Gehorsam und Ungehorsam ein, in dem sich der Selbsterhaltungstrieb des Systems teilweise mit dem der Individuen deckte. 67 Denn jede Armee steht vor einem Dilemma, das sich in dieser Schärfe keinem anderen sozialen System stellt. Zweck einer Armee ist es, dem Kontrahenten durch Gewaltandrohung und -anwendung den eigenen Willen aufzuzwingen, wobei ein Maximum an Verlusten des Gegners mit einem Minimum an eigenen erreicht werden soll. Da ihr im Krieg ein Gegner gegenübersteht, der dasselbe Ziel mit denselben Mitteln verfolgt, kann dieses nur durch Opferung eines kleineren oder größeren Teils ihrer Mitglieder gelingen, was wiederum das System schwächt, im Extremfall sogar die völlige Aufopferung einer Armee bedeut. Das läuft jedoch einer Grundtendenz jeden Systems zuwider, sich selbst zu erhalten. Um ihren Zweck zu erfüllen und sich trotzdem als Organisation nicht selbst zu zerstören, bedarf eine Armee ebenso der sich aufopfernden Kämpfer wie der sich vorsichtig im Hintergrund Haltenden. Tatsächlich kommt auch nur ein kleiner Teil des Systems Armee aktiv seinem Zweck der Aggressionsentfaltung nach, während der größere Teil damit befaßt ist, die Kontinuität der Organisation zu gewährleisten. Im Laufe einer Kampfhandlung geben bei einer durchschnittlichen Einheit nur ca. 15% der Soldaten überhaupt einen Schuß ab, d.h. beteiligen sich aktiv-aggressiv an der Schlacht. Die übrigen sind primär damit beschäftigt, auf die eine oder andere Weise das eigene Überleben zu sichern. 68 Diese Zahlen belegen, daß völlig befehlskonformes Verhalten rein empirisch gesehen eine ähnliche Ausnahme darstellt wie völlig befehlswidriges Handeln. Auf die Frage, was die Soldaten trotz der offensichtlichen Gefahren für Leib und Leben zum Kampf motiviert, gibt es zwei sozialwissenschaftliche Antworten: 69 Dem >primary groupschwarzes Schaf< kann sie sogar zum Motiv werden. Im Kampf ist die Desertion jedoch möglicherweise ein Indiz für die fehlende Gruppenbindung. 72 Für das im Eigeninteresse der Militärführung liegende Ziel, die Einsatzfahigkeit sicherzustellen, kommt es daher hauptsächlich darauf an, diese Gruppenkohärenz zu stärken. Dabei kann sich eine Gruppe genauso gut durch eine straffe Disziplin darstellen, wie durch das Gegenteil, eine zelebrierte >Laxheitobjektiv< unmöglich macht. Jede andere Form der Dienstentziehung stellt dagegen einen individuellen Akt dar, durch den sich der einzelne des Schutzes der Gruppe begibt und für die Militärführung stigmatisier- und angreifbar wird. Auf der individuellen Ebene fällt die Desertion - gemessen an den Kriterien militärischer Funktionalität - in den Bereich des abweichenden Verhaltens^ 74 >Abweichung< kann logischerweise immer nur in bezug auf eine Norm definiert werden, d.h. jedes Reden von Abweichung reproduziert und bestätigt nolens volens das in Frage stehende Normsystem oder doch zumindest die grundsätzliche Annahme, daß sich soziales Verhalten in >Norm< und >Devianz< aufspalten lasse. Wenn im folgenden von >Abweichung< die Rede ist, muß immer berücksichtigt werden, daß dies ein Herrschaftsbegriffist und tendenziell auch dann bleibt, wenn man ihn emanzipa-

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torisch verwendet. Er dient hier deshalb hauptsächlich dazu, den innermilitärischen >Abweichungsdiskurs< zu rationalisieren, was durch den dieser Arbeit zugrunde liegenden Primat der Institution gerechtfertigt ist. Die Soziologie bietet eine breite Palette von Modellen zur Erklärung abweichenden Verhaltens an. 75 Davon sind zwei Ansätze fur das Thema Desertion besonders relevant: 1. Das Anomie-Konzept von Robert K. Merton. Der Anomie-Begriff geht auf Dürkheim zurück und basiert auf dem Gegensatz zwischen kulturellen Zielen< - den gesellschaftlich als erstrebenswert vermittelten Inhalten - und institutionalisierten Mittelnlabeling-approach< darstellt, erscheint angemessener, da in ihm abweichendes Verhalten als ein komplexer Interaktionsprozeß zwischen Individuum und Gesellschaft verstanden wird. Die Reaktion der Gesellschaft auf ein wie auch immer zustande gekommenes und definiertes abweichendes Verhalten eines Individuums, die >primäre Devianzsekundäre DevianzNorm< und >Abweichung< charakterisiert werden sollten, sondern die vielmehr dadurch gekennzeichnet sind, daß sie unterschiedlichen, nur teilweise kompatiblen Handlungslogiken folgen.

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Für die Art, in der Stigmata das soziale Leben prägen, bietet wiederum Goffman einen interessanten Ansatz, der hier teilweise übernommen wird. Demnach schafft eine Gesellschaft »die Mittel zur Kategorisierung von Personen und den kompletten Satz von Attributen, die man für die Mitglieder jeder dieser Kategorien als gewöhnlich und natürlich empfindet«. 78 Was aber ein diskreditierendes Stigma ist, ergibt sich nicht aus den Eigenschaften, sondern aus den Relationen zu Situationen, Personen und Institutionen. 79 Als Stigma-Typen kommen hier vor allem die Zuschreibung individueller Charakterfehler (z.B. Willensschwäche, Leidenschaften, Sucht, radikalpolitisches Verhalten) oder phylogenetischer Attribute (Rasse, Nation, Religion) in Betracht. Der institutionalisierte Normen- und Wertekanon stellt jedoch sehr viele und z.T. sich widersprechende Forderungen an den einzelnen, so daß jeder in zumindest einem Punkt >abweichend< ist. Die Normen evozieren zugleich ihre Negation, erzeugen sowohl Abweichung als auch Konformität. Für dieses Dilemma bieten sich dem Individuum drei Lösungsmöglichkeiten: Es kann die Gültigkeit einer Norm zwar bestätigen, sich aber als nicht persönlich für ihre Einhaltung zuständig erklären; es kann versuchen, die Abweichung zu verhüllen; es kann schließlich die Bindungen an die Gesellschaft unterlassen bzw. auflösen. Der Deserteur verkörpert den letzten Typ in einer extremen Variante, doch sind die Rollenverteilungen zwischen >normal< und >abweichend< letzdich flexibel, oder, pointiert formuliert: »Der Stigmatisierte und der Normale sind Teile voneinander« 80 und: »Der Normale und der Stigmatisierte sind nicht Personen, sondern eher Perspektiven.«81 Der >Etikettierungsansatz< kann die Entstehung abweichenden Verhaltens nur unzureichend erklären. Er bietet aber ein überzeugendes Konzept zur Beschreibung solcher Vorgänge, das für diese Studie tauglich ist, weil sie primär danach fragt, wie die Militärführung auf die Desertion reagiert hat. Einer völligen Beliebigkeit von gesellschaftlichen Normen und Verhaltensweisen des einzelnen soll damit aber nicht das Wort geredet werden. Vor allem bleibt festzuhalten, daß abweichendes Verhalten nicht per se dysfunktional ist. 82 Aus der Perspektive des Individuums wird es im Gegenteil gerade wegen seiner subjektiven Funktionalität gewählt, doch wenn es nicht in zu großem Umfang auftritt, ist es auch systemstabilisierend. Abweichendes Verhalten erzeugt erst den Schwarz-Weiß-Kontrast, durch den konformes Verhalten belobigt und attraktiv gemacht werden kann. Außerdem einigen sich alle anderen Gruppenmitglieder möglicherweise in dem Abscheu gegen den Abweichler. Schließlich ermöglicht die Duldung eines geringen Maßes von Abweichung den alltäglichen Ausgleich zwischen den Handlungen der Individuen und nicht realisierbaren Normen einerseits bzw. mit konfligierenden Normen andererseits. Mit Hilfe dieser theoretischen Vorannahmen wird die Desertion als ein auf

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einen sozialen Raum bezogenes Handeln charakterisiert, wobei >allgemein menschliche^ individuell-kollektive und historisch-soziale Faktoren ermittelt und gewichtet werden können.

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Kapitel I Armee - Gesellschaft - Recht: Skizze eines Beziehungsfeldes Eine zahllose Menge ungebundener Kräfte - denn nirgends ist der Mensch freier als in einem Gefecht, wo es um Leben und Tod geht - üben auf den Gang einer Schlacht ihre Wirkung aus. Deshalb kann dieser Gang auch nie vorausgesehen werden... Wenn wir in den Schilderungen mancher Geschichtsschreiber ... finden, daß sich bei ihnen Kriege und Schlachten immer nach einem vorher festgelegten Plan vollziehen, so ist die einzige Schlußfolgerung, die wir daraus ziehen können, die, daß ihre Schilderungen nicht den Tatsachen entsprechen Leo Tolstoi

A. D e r historische K o n t e x t 1.

Deutschland

a) Die Entwicklung der Militärgerichtsbarkeit Seit es schriftliche Überlieferungen von Kriegen gibt, wird von Menschen berichtet, die sich dem ihnen auferlegten Waffendienst entziehen. 2 Wie die Entwicklung der Staaten und Armeen hat auch das Rechtssystem in der frühen Neuzeit die bis heute prägende Ausgestaltung erfahren. Aus früheren Zeiten ist bemerkenswert, daß bereits im Justinianschen Gesetzescodex die Unterscheidung zwischen unerlaubter Entfernung, »emansio«, und der »desertio« getroffen wurde, wobei für letztere die nachzuweisende Absicht dauernder Dienstentziehung entscheidend war.3 Für die Söldnerheere der frühen Neuzeit galten zunächst die fur den jeweiligen Krieg erlassenen Kriegsartikel. Den Anfang ordendicher, schriftlich kodifizierter Kriegsgerichte stellt eine 1 4 9 9 von Kaiser Maximilian I. erlassene »Feldordnung« dar. Diese in der Folgezeit entstandenen »Schultheißengerichte« waren autonome Institutionen des Regiments und quasi genossenschaftlich organisiert, da die Beisitzer von allen Regimentsangehörigen gewählt wurden.

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Mit der Herausbildung des frühneuzeitlichen Staates änderte sich auch die Struktur der Heere. Daher wurde die autonome Jurisdiktion der Söldnerheere in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts zunehmend staatlicher Regelung unterworfen, und schließlich übernahmen ausgebildete Juristen die Rechtspflege.4 Am Ende dieser Entwicklung stand zu Beginn des 18. Jahrhunderts das »Kriegsgericht«, das die genossenschaftliche Heeresstruktur aufhob und die Befehls- und Justizgewalt des Regimentschefs zugunsten des Landesfürsten verringerte, nicht zuletzt durch die Zentralisierung der Kontrolle der Kriegsgerichtsurteile durch den Generalauditeur. Dadurch wurden auch in diesem Bereich partikulare Bindungen nachhaltig geschwächt und tendenziell eine Gesellschaft gleichen Rechts geschaffen, da den neuen Kriegsgerichtsordnungen alle Heeresangehörigen gleichermaßen unterworfen waren. Unter Friedrich Wilhelm I. wurden in Preußen allerdings sowohl das formale Procedere, als auch die Strafandrohungen wieder nach Offizieren und Mannschaften differenziert. In dieser Zeit nahm die juristische Regelungsdichte stark zu, nicht zuletzt dank der aufkommenden Rezeption des Römischen Rechts.5 Das bedeutete, daß die Unterscheidung zwischen unerlaubter Entfernung und Desertion an Schärfe gewann und auch das Kriterium der persönlichen Schuld des Delinquenten eingeführt wurde. Mildernde Umstände waren jugendliches Alter, fehlende militärische Ausbildung, ungerechte Behandlung durch Vorgesetzte, Trunkenheit und nicht gezahlter Sold. An den harten Strafen - regulär die Todesstrafe - änderte das zunächst wenig. Zum Ende des Ancien regime hin wurden allerdings die harten Strafandrohungen - jedenfalls in Preußen immer weniger in die Tat umgesetzt; an die Stelle der Todesstrafe trat oft das Spießrutenlaufen. Eine Exekution ohne vorangegangenes juristisches Verfahren war jetzt kaum noch vorstellbar, wie überhaupt eine gegenseitige Angleichung von zivilem und militärischem Strafrecht feststellbar ist. Doch trotz der rigiden Strafen hatte der Prozeß der innermilitärischen Disziplinierung seine Grenzen. Einerseits konnte der soldatische Protest vereinzelt werden, denn die Meutereien traten gegenüber der Zeit der Söldnerheere zurück;6 Andererseits war die Desertion im 16. Jahrhundert ein Randphänomen, im 17. Jahrhundert jedoch »zu dem militärisch-sozialen Problem schlechthin«7 geworden, dem die Landesherren durch Strafartikel - auch gegen Zivilisten für die Beherbergung von Deserteuren - und multilaterale Auslieferungskonventionen entgegenzuwirken versuchten. Als Ursachen für den Anstieg der Desertionszahlen kommt eine ganze Reihe von Faktoren in Frage; so wurden im Zivilleben straffällig gewordene Personen zum Soldatendienst >begnadigtFahne< hielten.10 Zum ersten war das der materielle Anreiz, den Handgeld, Sold, freie Unterkunft und Verpflegung zumindest für die sozialen Unterschichten boten, dann zweitens die Religion als Sinnstiftung und Integrationsklammer sowie drittens schließlich die soldatische Standesethik, die allerdings bei den Offizieren und Unteroffizieren sehr viel ausgeprägter war als bei den Mannschaften. Sie vermittelte sich durch Symbole (>die Fahnedes Königs Rock< trugen, um keinen Vorwand für ein Vorgehen gegen die SPD zu liefern. Die scheinbar ernstzunehmende Generalstreikdrohung für den Fall eines europäischen Krieges ließ es den Militärbehörden ratsam erscheinen, die Rekrutenzeit möglichst zu einem gegen die sozialistischen Ideen immunisierendem und statt dessen zur Bejahung der bestehenden Ordnung führenden Lebensabschnitt zu machen. Eine ernsthafte Bedrohung der Einsatzfahigkeit der Armee ging jedenfalls von dem »gehorsamen Antimilitarismus«27 der Sozialdemokraten, die den anarchistischen Antimilitarismus gezielt zurückdrängten, zu keiner Zeit aus. Um das >Problem< Desertion jedoch möglichst ganz zu eliminieren, setzte man auf die damals modernsten Methoden gesellschaftlicher Diagnostik und Beeinflussung: die Statistik und die Psychologie. Gemäß eines Bundesratsbeschlusses vom 5. April 1 9 0 0 wurde für jedes ordentliche Verfahren eine Zählkarte angelegt und das Ergebnis seit 1901 jährlich in der »Kriminalstatistik für das deutsche Heer und die Kaiserliche Marine« veröffentlicht, jedoch nur für die Delikte im Frieden. Die Zahlen über Desertionen im 46

Krieg in Südwestafrika 1 9 0 4 bis 1 9 0 7 sind daher nicht festgehalten, doch es ist mehr als unwahrscheinlich, daß sie dort ein ernsthaftes Problem gewesen sein können. Wohin hätte ein deutscher Soldat in der Wüste fliehen sollen? Die Militärjuristen erhofften sich von den Statistiken neue Erkenntnisse über die Ursachen der Desertion und wie sie bekämpft werden könnte. 28 Die Zahlen der ordentlichen Kriegsgerichtsverhandlungen wegen Desertion und unerlaubter Entfernung waren in allen Vorkriegsjahren durchgehend sehr niedrig und schwankten nur geringfügig, wie die Ziffern für das Gesamtheer 1 9 0 1 - 1 9 1 4 zeigen (vgl. Tabelle 1).

Tabelle 1: Anzahl der rechtskräftigen Urteile im deutschen Heer 1901-19141 Jahr

1901 1902 1903 1904 1905 1906 1907 1908 1909 1910 1911 1912 1913 1914 2 1 2

Unerl. Entfern. Ν % 538 560 664 593 621 628 694 789 742 727 805 816 916 1748

0,091 0,090 0,107 0,096 0,101 0,102 0,113 0,128 0,120 0,118 0,125 0,122 0,113 0,216

Desertion Ν % 728 734 701 609 546 580 561 661 566 564 578 661 649 836

0,123 0,119 0,114 0,099 0,089 0,094 0,091 0,107 0,092 0,091 0,090 0,099 0,080 0,103

Zusammen Ν % 1266 1294 1365 1202 1167 1208 1255 1450 1308 1291 1383 1477 1565 2584

0,214 0,209 0,221 0,195 0,190 0,196 0,204 0,235 0,212 0,209 0,215 0,221 0,193 0,319

Alle Delikte Ν % 6090 6834 6589 6283 5762 5996 6499 5962 5881 6146 6410 6662 6974 7545

1,026 1,108 1,068 1,019 0,934 0,972 1,054 0,967 0,953 0,996 0,998 0,994 0,863 0,934

Anteil an der Gesamtmannschaftsstärke. Ohne die Feldverfahren seit August 1914.

Quelle: Zusammenstellung aus der Kriminalstatistik für das deutsche Heer und die kaiserliche Marine, in: Vierteljahrshefte zur Statistik des Deutschen Reichs 11,1902 bis 24, 1915.

Die Steigerung der Zahlen für 1 9 1 4 dürfte auf die erhöhte Straffälligkeit in der Heimat seit Kriegsbeginn zurückzuführen sein. Sie zeigt, daß es >Widerstand< gegen die Mobilmachung in Form von Desertionen und unerlaubten Entfernungen durchaus gab, er aber letztlich keinen wirklich bedeutenden

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Umfang angenommen hatte. Ein detaillierter Blick auf die Verhältnisse fiir das letzte Friedensjahr in einigen ausgewählten Armeekorps zeigt einige interessante Ergebnisse, da die Verurteilungsziffern regional sehr stark schwankten (vgl. Tabelle 2).

Tabelle 2: Anzahl der rechtskräftigen Urteile wegen Desertion und unerlaubter Entfernung 1913' Bereich

Preußen: I. A.K. II. A.K. IV. A.K. V. A.K. VII. A.K. VIII. A.K. IX. A.K. XIV. A.K. XV. A.K. XVI. A.K. XXI. A.K. Bayern: 1. A.K. 2. A.K. Heer gesamt 1

Unerl. Entfern. Ν %

Desertion Ν %

Alle Delikte Ν

17 27 39 25 118 75 61 63 27 38 22

6,8 13,9 18,4 13,6 24,7 17,1 17,8 14,8 8,8 9,4 6,9

19 9 19 12 42 64 26 46 32 70 10

7,7 4,6 9,0 6,5 8,8 14,6 7,6 10,8 10,4 17,3 3,2

247 195 212 184 477 440 343 425 307 404 317

46 39

17,9 16,2

23 33

9,0 13,7

257 241

916

13,1

649

9,3

6974

Anteil an den Gesamtverfahren des Armeekorps.

Quelle: Kriminalstatistik für das deutsche Heer und die kaiserliche Marine, in: Vierteljahrshefte zur Statistik des Deutschen Reichs 2 4 , 1915, Heft II.

Diese Zahlen sind in Anbetracht der Friedensstärke eines Armeekorps von ungefähr 30.000 Mann ausgesprochen niedrig. Jährlich wurden nur zwischen 0,6 und 1,6% der Mannschaften straffällig, im Heeresdurchschnitt etwas unter 1%. Auffällig ist vor allem die relativ gesehen sehr hohe Zahl von unerlaubten Entfernungen im VII. und VIII. A.K., d.h. im Bereich des rheinisch-westfälischen Industriereviers. Ähnliches gilt aber auch in den anderen Korpsbezirken des Westens: dem XIV., XV. und XVI. A.K. (das XXI. befand 48

sich noch im Aufbau), die ganz oder teilweise Elsaß-Lothringen umfaßten. Da jedoch der Großteil der dort ausgehobenen Rekruten in anderen Teilen des Reichs seinen Dienst ableisten mußte, sagen diese Zahlen nur bedingt etwas über das Verhalten der reichsländischen Soldaten aus. 29 Wie diese Unterschiede zustande kamen, ist kaum eindeutig zu entscheiden. Einerseits lag das sicher an der tatsächlich höheren Zahl dieser Delikte in den westdeutschen Industrierevieren sowie in Elsaß-Lothringen; andererseits dürfte dort aber auch wegen der bereits a priori vermuteten Unzuverlässigkeit der Rekruten die Repressionspraxis schärfer gewesen sein als etwa im ländlichen Ostelbien. Ansonsten sind die Verhältnisse im Reich aber innerhalb einer breiten Spanne sehr ähnlich, und auch die bayerischen Armeekorpsbezirke weichen nicht signifikant vom Gesamtbild ab. 30 Glaubt man einer kurz vor Kriegsbeginn durchgeführten Umfrage unter 6 6 zivilen Verteidigern über ihre Erfahrungen mit den Kriegsgerichtsprozessen, war die Praxis der Justiz weit weniger erschreckend, als es die zahllosen Debatten um die >Blut- und Klassenjustiz< vermuten lassen. So sollen die Gerichte den Angeklagten gegenüber regelmäßig sehr wohlgesonnen gewesen sein, die Verteidigung voll respektiert und meist sehr milde Strafen verhängt haben. 31 Tatsächlich zeigen die Zahlen der Kriminalstatistik fair das deutsche Heer, daß die Strafen, gemessen an den Strafandrohungen, in der Regel nicht sehr hoch waren. Bis zu den Napoleonischen Kriegen waren, wie dargestellt, die Mannschaftsränge durch viele >Kriminelle< oder anderweitig >sozial Auffällige< geprägt, fur die die Armee unter anderem eine Korrekturanstalt darstellte.32 Seit vom Rekruten jedoch patriotischer Enthusiasmus einerseits und selbständiges Umsetzen der Befehle in offener Gefechtsform andererseits verlangt wurden, war die Sozialdisziplinierung nicht mehr nur ein erhofftes Ergebnis der militärischen Ausbildung, sie mußte vielmehr bereits vorausgesetzt werden. Weil die Bereitschaft und die Fähigkeit zum Gehorsam zur Normalität geworden waren, konnten Abweichungen von der Norm als >verrückt< denunziert werden. Es ist diese Logik, die der psychiatrischen Pathologisierung soldatischen Ungehorsams zugrunde liegt. Durch den Aufschwung der Psychologie und Psychiatrie im 19. Jahrhundert wurde der Bekämpfung des Verbrechens in der Armee durch das vermehrte Wissen um die Natur psychischer Phänomene scheinbar eine neue Waffe in die Hand gegeben. Der renommierte Militärpsychiater Ewald Stier sah, sozialdarwinistisch argumentierend, hierin auch die Chance der Verbrechensprävention, da »in der Armee dadurch, daß die sozialen Faktoren der Not und Armut, des Kampfes ums Dasein, der Verpflichtung Nahrung, Wohnung und Kleidung fiir Weib und Kind zu besorgen, für den Soldaten fortfallen, mehr als im bürgerlichen Leben die geistigen Mängel des Einzelnen die Ursache seiner Straftaten sind. Durch Fernhaltung

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und Ausscheidung der geistig Kranken und Minderwertigen verstopfen wir also eine der hauptsächlichsten Quellen für alle Straftaten in der Armee«. 33

Diese Hoffnung der Psychiatrie, durch vorbeugende Aussonderung der >Minderwertigen< das Verbrechen aus der Armee eliminieren zu können, wurde im Krieg schnell >enttäuschtsozialhygienischen< Ziele einzugestehen, war einer der Hauptgründe für die vielfach an eine »modernisierte Folter« erinnernde Praxis der Militärpsychiatrie im Weltkrieg und weist zumindest semantisch bereits auf die >Ausmerzung lebensunwerten Lebens< im nationalsozialistischen Deutschland voraus.34 2.

Großbritannien

a) Die Entwicklung der Militärgerichtsbarkeit Im 18. Jahrhundert hatte auch die britische Armee mit dem Problem der Desertion zu kämpfen.35 Für das Soldatenleben waren unattraktive Lebensbedingungen wie geringer Sold, schlechte Unterkunft, harter Dienst, strenge Disziplin und wenig Urlaub kennzeichnend. Daraus resultierte eine hohe Desertionsrate, der die Armee wiederum mit einer Verschärfung der Restriktionen entgegenwirken wollte. Während des nordamerikanischen Unabhängigkeitskrieges wurde beispielsweise bei 25% der wegen Desertion Verurteilten die Todesstrafe ausgesprochen. Im britisch-französischen Krieg in Nordamerika lag die Desertionsrate 1 7 5 8 / 5 9 bei 3,5 bis 4%, doch wird diese Zahl angesichts eines jährlichen Gesamtverlustes an Soldaten von ca. 20% durch Tod, Krankheit und Invalidität relativiert. Die Untersuchung von 4 5 5 Kriegsgerichtsprozessen zwischen 1 7 5 7 und 1 7 6 2 ergibt eine vielschichtige Motivlage für die Fahnenfluchten. Die Desertion erfolgte meistens nicht direkt an der Front, sondern in ruhiger Umgebung, und in 30% der Fälle wurde die Tat in Trunkenheit begangen. Auslösende Faktoren waren häufig die Furcht vor Strafe und verweigerter Urlaub. Rund 7% der Soldaten gaben an, gefangengenommen worden zu sein, und schließlich war auch der Ärger mit Kameraden und Vorgesetzten ein oftgenanntes Motiv. Die Unzufriedenheit mit den Lebens- und Dienstbedingungen dürfte also der wichtigste Faktor für den Entschluß zur Desertion gewesen sein, wobei sich aus Sicht der Militärführung ein Teufelskreis aufgetan hat: »Paradoxically ... the army actually encouraged desertion because of the ferocious punishments handed out for minor offences and because the common soldier knew he could expect little sympathy from upper-class officers ... In other words, aside from the well known evil aspects of military life ... the army itself made deserters out

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of good soldiers by frightening them out of the service or creating dilemmas where soldiers might desert because of personal difficulties at home.«36 Außerdem waren die Deserteure das Ziel aufgestauter Aggressionen der Offiziere angesichts des täglichen Mannschaftsverlustes ihrer Regimenter. Das Problem der Desertion war für die britische Armee - und alle anderen ebenso - im 18. Jahrhundert nicht lösbar, da die Politik an einer attraktiveren Gestaltung des Soldatenlebens uninteressiert war und die Offiziere der Überzeugung blieben, nur harte Disziplin könne die Soldaten beim Dienst halten. Die Abschreckung durch Todesurteile mag manchmal funktioniert haben, andere brachte sie nur dazu, ihre eigene Desertion besser zu planen. Bilanzierend formuliert Gilbert, was sich auch fur die Deserteure des Ersten Weltkrieges als kennzeichnend erweisen sollte: »Those that were captured, in many cases, seem to have been innocent victims of circumstance, punished because they were legally deserters and because the regiments needed some men to punish as examples in order to make all soldiers think twice before leaving.« 37 Die Anfange der Militärjustiz liegen auch fur Großbritannien im Dunkel.38 Vor dem ersten »Mutiny Act« von 1689 gab es kein umfassendes, kodifiziertes Militärstrafrecht; statt dessen wurden für die aktuellen Kampagnen jeweils »Articles for War« erlassen. Trotzdem sind Militärtribunale und klare rechüiche Regelungen für Soldaten weit zurückverfolgbar. Die Ursprünge des Courts Martial werden als »Court of the High Constable and Earl Marshai« unter Edward I., vielleicht sogar Wilhelm dem Eroberer vermutet. Daraus wurde der »Courts of the Marshai« und schließlich das »Courts-Martial«. Auch nach 1689 galten weiterhin die »Articles for War«, die allerdings den Bestimmungen des Mutiny Acts untergeordnet waren. Die Glorious Revolution schrieb den >englischen Sonderweg< in der Frühen Neuzeit fest, die frühzeitige Überwindung eines noch nicht voll entwikkelten Absolutismus. Um im 17. Jahrhundert gegen die Machtansprüche der Krone auftreten zu können, beriefen sich Gentry und Bürgertum auf ihre althergebrachten Rechteobjektive Gegebenheiten bestimmt. Auf einen weiteren Unterschied zwischen deutschem und britischem Militärrecht machte ein 1 8 7 9 erstelltes Memorandum aufmerksam, in dem die Militärstrafgesetze der USA, Frankreichs, Deutschlands, Österreich-Ungarns, Rußlands, Italiens und der Niederlande verglichen wurden. Über das neu erlassene deutsche Militärstrafgesetzbuch im Vergleich zu den älteren Regelungen hieß es: »The former Military Law insisted on the theory of deterring from crime; and threatened extremely severe punishments for ... repeated desertion, desertions combined with conspiracy, but left the power of mitigating the punishment to the King ... the grave punishments threatened were rarely carried out, and the imprisonment was in fact constandy remitted. The new code ignores the theory of systematic pardoning, and adopts that of a less severe punishment stricdy enforced.«47 Damit ist ein wichtiger und grundlegender Unterschied in der Strafpraxis beider Länder im Frieden charakterisiert: relativ milde, dann aber auch vollstreckte Strafen in Deutschland, dagegen sehr hohe Strafen in Großbritannien, die durch »systematisches Begnadigen« herabgesetzt wurden, worauf aber fur den einzelnen kein Verlaß war. Auch dieser andere Blick auf die Bedeutung von Strafmaßen liegt in der rein als Abschreckung definierten Bestimmung der Justiz begründet. Durch die hohen Strafen wurde dem Abschreckungsgedanken Genüge getan, da jedem Soldaten demonstriert wurde, was ihm als Strafe fur ein Delikt wie Desertion drohte. Da die Strafe jedoch kaum als Sühne für ein Verbrechen betrachtet wurde, brauchte sie keineswegs wirklich vollstreckt zu werden, es sei denn, die >Disziplinlage< erforderte die exemplarische Umsetzung der Drohung in die Tat. Damit war im britischen Militärstrafrecht eine große Rechtsunsicherheit und das Ausgeliefertsein des Soldaten an die Willkür seiner Vorgesetzten festgeschrieben. D e m entsprach das Selbstverständnis der Offiziere, die das Verhältnis zu ihren Untergebenen als eine Form von paternalistischer Fürsorgepflicht verstanden, nicht jedoch als eine rechtlich klar definierte Bindung. Die Tätigkeit der britischen Militärjustiz im Burenkrieg hat bisher noch keine systematische Erforschung erfahren. Insgesamt wurden 4 1 Todesurteile verhängt und sechs vollstreckt, davon vier wegen Mordes und zwei der fünf wegen Desertion ausgesprochenen Urteile. Die üblichen Strafen wegen Desertion lagen jedoch nur zwischen einigen Monaten Haft und bis zu zehn Jahren Zuchthaus, 4 8 d.h. von den harten Strafmöglichkeiten wurde wenig Gebrauch gemacht. Ein Memorandum des War Office zu dem Untersuchungsausschuß, der die Handhabung der Militärjustiz erforschte, hielt es 1 9 0 4 für wünschenswert, den Offizieren die Verhängung von Disziplinarstrafen zu erleichtern, weil die in Großbritannien zu verbüßenden Haftstra-

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fen lediglich zur Folge gehabt hätten, daß die Verurteilten dem Frontdienst entgehen konnten und zu Hause meist begnadigt wurden - ein Problem, das im Weltkrieg ebenfalls relevant werden sollte. Vor diesem Hintergrund kam man zu dem Schluß, daß einzig die Wiedereinführung der Prügelstrafe eine Alternative zum verstärkten Gebrauch der Todesstrafe darstelle, doch befürchtete man, damit auf unüberwindlichen Widerstand im Parlament und in der Öffentlichkeit zu stoßen.49 Zwischen dem Burenkrieg und dem Ersten Weltkrieg lagen für die britische Armee nochmals zehn Jahre ohne große kriegerische Konflikte, in denen die Zahl der Kriegsgerichtsverfahren stark zurückging, z.T. verursacht durch die als Lehre aus den Kämpfen in Südafrika veranlaßte Ausweitung der disziplinarischen Strafbefugnisse im Jahre 1910. Der Anteil der Verfahren wegen Desertion und Absence stieg jedoch trotz eines auch hier zu verzeichnenden Rückgangs der absoluten Zahlen relativ an (vgl. Tabelle 3).

Tabelle 3: Anzahl der Kriegsgerichtsverhandlungen in der britischen Armee 1904-1914 Jahr endend 30. September

1904 1905 1906 1907 1908 1909 1910 1911 1912 1913 1914 1 2

Kriegsgerichtsurteile1 Alle Delikte

Davon entfallen auf Urteile wegen 2 Desertion Absence without leave

Ν

%

Ν

12017 9970 8125 7396 7306 7336 6433 5381 5161 4854 4015

4,5 3,8 3,2 3,1 3,2 3,1 2,7 2,3 2,2

2617 2059 1692 1606 1701 1875 1634 1480 1463 1325 1169

2,1 1,8

% 21,8 20,6 20,8 21,7 23,3 25,6 25,4 27,5 28,4 27,3 29,1

Ν

%

1381 1250 978 799 901 995 964 786 633 758 626

11,5 12,5 12,0 10,8 12,3 13,6 15,0 14,6 12,3 15,6 15,6

Anteil an der Gesamtmannschaftsstärke. Anteil an den Gesamtverfahren.

Quelle: fur 1 9 0 4 - 1 9 1 3 : General Annual Report on the British Army for the Year Ending 30th September 1 9 1 3 , London 1 9 1 3 , S.74f., fur 1 9 1 4 : General Annual Reports on the British Army for the Period from 1st October, 1913, to 30th September, 1919, London 1921, S. 80f.

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Die Strafmaße sind in dieser Statistik nicht genau differenziert; in dem gesamten Zeitraum wurden jedoch nur zweimal Todesurteile (beide 1905) und nur ganz vereinzelt Zuchthausstrafen verhängt. Auch der Anteil an Haftstrafen lag durchgehend bei unter 10%, während über die Hälfte aller Verfahren lediglich mit einer Arreststrafe endeten. Insofern kann festgehalten werden, daß die Kriminalitätsrate im britischen Heer vor dem Krieg zwar deutlich höher lag als im deutschen, jedoch kontinuierlich abnahm und sich damit dem deutschen Wert stark angenähert hatte. Auffällig ist vor allem, daß im britischen Heer doppelt so viele Verurteilungen wegen Desertion wie wegen unerlaubter Entfernung erfolgten, was jedoch in der noch genauer zu erläuternden Gesetzeslage begründet war. Trotz aller Unterschiede in der Rechtstradition, der Rekrutierung und den Einsatzbedingungen beider Armeen war die Vorkriegssituation letztlich gar nicht so unterschiedlich, wie manche Zeitgenossen glauben machen wollten. Denn die Kriminalitätsentwicklung im britischen Heer wurde auch auf deutscher Seite intensiv beobachtet. 50 Für die relativ hohe Kriminalitätsquote bei Desertion schien hauptsächlich die Trunksucht und die relativ niedrigen Strafen verantwortlich, was zu despektierlichen Äußerungen über die geringe >Moralität< reizte; dies war eine Sichtweise, die der empirisch faßbaren Realität nur bedingt standhielt.

B . D e r gesellschaftliche Kontext 1. Deutschland Die Sonderstellung der Armee im kaiserlichen Deutschland ist bekannt und braucht daher nur kurz referiert zu werden. Das Heer, vor allem das Offizierkorps, genoß ein hohes Sozialprestige, nicht zuletzt wegen der Einigungskriege. Ein »doppelter Militarismus« prägte die Regentschaft Wilhelms II.: seine konservativ-etatistische Variante verstand die Armee primär als Garant der bestehenden Gesellschaftsordnung und versuchte, die soziale Geschlossenheit und damit Zuverlässigkeit bei inneren Einsätzen zu wahren; die radikal-rechte, vom nationalistischen Bürgertum getragene Ausprägung forderte dagegen den konsequenten, im Interesse der Entfaltung imperialistischer Politik notwendigen Ausbau der Armee zur modernen Aggressionsmaschine, wofür auch die Beseitigung der Vorrechte der alten Eliten gefordert wurde, soweit sie diesem Ziel entgegenstanden. Insofern stand die auf Tradition und Beharrung fixierte Armee zweifach unter fundamentaler Kritik, wenngleich mit unterschiedlicher Zielrichtung: von Seiten der SPD einerseits, durch das nicht zuletzt in nationalistischen Verbänden organisierte Bürgertum andererseits.51

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Die herausgehobene Position der Armee im politischen Raum blieb in den gesamten 43 Friedensjahren des Kaiserreichs weitgehend unangetastet. Sie war zwar beständiger öffentlicher Kritik und - durch den Etat - der Kontrolle ausgesetzt; der Reichstag hatte aber keine darüber hinausgehenden direkten Eingriffsmöglichkeiten.52 Der Wehrdienst wurde als Ehrendienst ideologisch hoch bewertet, woraus die Verpflichtung erwuchs, offensichtliche Mißstände wie die Soldatenmißhandlungen abzustellen. Das hätte aber tendenziell die gesellschaftlichen bzw. innermilitärischen Strukturen und Machtbeziehungen in Frage gestellt und wurde deshalb nur zögerlich in Angriff genommen. 53 Die extrakonstitutionelle Stellung der Armee war zwar durch den Artikel 63 der Reichsverfassung vorgegeben, doch entscheidend war seine Auslegung und Anwendung. Die Degradierung des Preußischen Kriegsministeriums zu einer reinen Militärverwaltungsbehörde und die zunehmende Kompetenzbeschneidung zugunsten der parlamentarisch nicht kontrollierbaren Instanzen - Militär- und Marinekabinett, Großer Generalstab und Generalkommandos - , war eine politisch gewollte, keine verfassungsrechtlich unausweichliche Entwicklung. Sie wurde vom Kaiser und den maßgeblichen militärischen Stellen forciert, weil durch die Rechtfertigungspflicht des preußischen Kriegsministers vor dem Reichstag ein Ansatz zur parlamentarischen Kontrolle der Armee gegeben war. Nur langsam gelang es daher dem Parlament, in das Arcanum der Kommandogewalt des preußischen Königs und Deutschen Kaisers einzudringen. 54

a) Das Offizierkorps Die soziale Zusammensetzung des deutschen Offizierkorps ist schon mehrfach untersucht worden. 55 Signifikant ist vor allem das Übergewicht der Beamten bzw. des Bürgertums, dessen Söhne 1913 fast 40% stellten, und die hohe Selbstrekrutierungsquote des Offiziernachwuchses, die bei annähernd 25% lag. Entscheidend ist aber die überproportionale Bedeutung des Adels im Offizierkorps, der 1913 noch immer 30% stellte; von den Generalen trugen sogar 60% das »von« im Namen. Etwas anders sah es in Bayern aus.56 Dort stellte das Bildungsbürgertum bzw. die Beamtenschaft weit über die Hälfte des Offiziernachwuchses, nur wenig mehr als 5% stammten dagegen aus alten Offiziersfamilien, und 1914 waren nur noch 15% der aktiven Offiziere adlig. Aber auch hier zählten die Kavallerie und die Stäbe sowie die höheren Ränge weiterhin zu den Adelsbastionen. Trotz einer weit mehr als in Preußen leistungsorientierten Beförderungspraxis waren die Verhältnisse in Bayern daher letztlich nicht wesendich anders als im übrigen Reich. Diesen Eindruck bestätigt der Blick auf die soziale Herkunft der 1913 eingestellten Fahnenjunker. Über 90% des Offiziernachwuchses entstammten den 58

erwünschten Kreisenc Adel, Beamtentum, Bürgertum und Großgrundbesitz. So muß zusammenfassend auch fur Bayern von einer >Pseudoverbürgerlichung< und >geistigen Neuaristokratisierung< des Offizierkorps im Kaiserreich gesprochen werden, denn der Adel blieb das normprägende Element. Die hohe soziale Homogenität des auf zwei Säulen ruhenden Offizierkorps - der Adel und das durch die Armee in seinem Habitus aristokratisierte Bürgertum - wurde im wesentlichen durch drei Kriterien gesichert: Erstens der Herkunft aus einer >guten< Familie, d.h. aus dem Adel oder staatstragenden Bürgertum. Zweitens durch die Bildung, d.h. Abitur für die Fahnenjunkerlaufbahn, das nur durch die frühzeitige Aufnahme in eine Kadettenanstalt oder das Bestehen der Fähnrichprüfiing umgangen werden konnte. Das Institut des Einjährig-Freiwilligen setzte durch den vorgeschriebenen Nachweis wissenschaftlicher Befähigung, der mit dem erfolgreichen Abschluß der Untersekunda als gegeben angesehen wurde, eine Barriere gegen den Aufstieg kleinbürgerlicher Schichten ins Offizierkorps. 57 Das Kriterium Bildung ist allerdings insofern ambivalent, als es durch die adlige Herkunft umgangen werden konnte. Wichtiger als seine Qualifikationsfunktion war daher die soziale Selektionsaufgabe, denn der Bildungsstandard befand sich nicht auf der Höhe der Zeit, um das hier überlegene Bürgertum nicht zu sehr zu bevorteilen. 58 Allein im bayerischen Heer war das Abitur die grundsätzliche Voraussetzung für die Offizierskarriere. Drittens ist schließlich das Vermögen zu nennen, da die Lebenshaltungskosten eines Subalternoffiziers über seinem Gehalt lagen. Das Privileg des Einjährig-Freiwilligen Dienstes wahrnehmen zu können, setzte ebenfalls genügende finanzielle Mittel voraus, weil Unterkunft, Verpflegung und Ausrüstung selbst zu stellen waren. Das Offizierkorps spiegelte recht gut den für das Kaiserreich insgesamt kennzeichnenden >Klassenkompromiß< zwischen Adel und Bürgertum zu Lasten der übrigen Bevölkerung wider, wobei der Wertkodex des Adels mit seinen Begriffen von Treue, Pflicht, Dienst und Gehorsam über die bürgerlichen Werte gesiegt hatte. Gegen den Aufstieg junger Männer aus den kleinbürgerlichen Schichten oder gar aus der Arbeiterschaft waren wirkungsvolle Schranken errichtet worden, ähnlich den Verhältnissen in der Zivilgesellschaft. Die Transformation des Offizierkorps im Weltkrieg ist bislang noch nicht systematisch untersucht worden, doch setzte sich offensichdich die Vorkriegstendenz verstärkt fort. Der Adelsanteil sank bei den Infanterieoffizieren in den Kriegsjahren von 2 3 auf 15%, bei der Artillerie von 25 auf 19%, bei den Pionieren gar von 9% auf 3,5%. In der Kavallerie dagegen stieg er, des vollkommenen Bedeutungsverlustes dieser Waffengattung zum Trotz, von 37 auf knapp 39% und erreichte in den Stäben nach wie vor die 47%-Marke, nur unwesentlich weniger als vor dem Krieg. 59 Auf die gesamte Armee be-

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rechnet sank jedoch der Adelsanteil von 2 5 auf 18%, und wie stark die sozialen Umschichtungsprozesse gewesen sein müssen zeigt ein Blick auf die Zahlen für das preußische Heer. 2 2 . 1 1 2 aktive preußische Offiziere und Fähnriche traten in den Krieg ein, weitere 17.058 wurden im Kriegsverlauf zu aktiven Offizieren ernannt; von ihnen fielen 24%. Doch den Löwenanteil der Offiziere stellte das Reserveoffizierkorps: 1 6 9 . 6 2 5 , von denen 16% Opfer des Krieges wurden. 60 Dadurch könnten die Mentalität und Verhaltensweise der zivilen, bürgerlichen Eliten im Kriegsverlauf einen dominanten Einfluß auf die Armee gewonnen haben und zwar vor allem bei den Subalternoffizieren an der Front, die zugleich als Beisitzer bei den Kriegsgerichtsprozessen an der Ausübung der Justizgewalt mitwirkten. Wie auch immer das aussah und sich im Kriegsverlauf veränderte, es läßt Rückschlüsse auf das Bürgertum zu, dem die Reserveoffiziere ganz überwiegend entstammten. Der vom Offizierkorps vertretene Anspruch, die von ihm eingeforderten Privilegien entsprächen auch der realen Leistungsfähigkeit, hielt der Herausforderung des Weltkriegs nicht stand. Vor allem den aktiven Offizieren fiel es schwer, sich den neuen Gegebenheiten anzupassen, die mit dem überkommenen Kriegsbild so wenig gemein hatten. Das hatte weitreichende Folgen, denn der Stellungskrieg und die Materialschlacht veränderten das Verhältnis zwischen den Dienstgraden, und das neue Kriegsbild offenbarte die überaus starke Abhängigkeit des Führers vom Geführten. 61 Nicht der >ritterliche Einzelkämpfer*, der im Kampf >Mann gegen Mann< seine Bestätigung fand, war der angemessene Typ für den industrialisierten Massenkrieg des 20. Jahrhunderts, sondern der Fachmann und Techniker an der Front sowie der Verwaltungsprofi in den Stäben und der Etappe. Kennzeichnend für die Generation des mythisierten, oft dem Bürgertum entstammenden >Frontoffiziers< war aber auch ein neues, ideologisch überhöhtes soziales Leitbild, denn die >altpreußische< Tradition einer personalen Bindung an den Monarchen und den durch ihn verkörperten sozial-gesellschaftlichen Status quo wurde im Krieg zunehmend delegitimiert. Weil sich der nüchtern Artilleriezieltabellen berechnende Offizier schlecht zur Idealisierung eignete, wurde ein anderer Typus zum Helden des Maschinenkrieges stilisiert. Angesichts der übermächtigen Bedeutung der materiellen Gegebenheiten sollten der >WilIe< und die >besseren Nerven< das Material besiegen. 62 Paul v. Hindenburg fand dafür die griffige Formel vom »Krieg als Nervensache«. Die neue Offiziersgeneration hatte ein Modell von »charismatischem Führertum und freiwilliger Gefolgschaft«, 63 in dem die Führungsrolle des Offiziers nicht mehr als gegeben angesehen war, sondern durch Leistung legitimiert werden mußte; zugleich wurde von den Mannschaften verlangt, dem einmal so auserwählten Führer dann auch in bedingungsloser Treue zu folgen. So konnte die Fahnenflucht von einem Verge-

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hen gegen die Dienstpflichten zu einem Verbrechen gegen die Gefolgschaftspflicht gegenüber dem Führer umdefiniert werden.

b) Das Justizpersonal Die zahlenmäßig sehr kleine Gruppe der Militärjuristen hat in der bisherigen Forschung noch keine Beachtung gefunden, so daß generalisierende Aussagen über sie nicht getroffen werden können. Da die Laufbahn als Kriegsgerichtsrat die Befähigung zum Richteramt voraussetzte, kamen nur ausgebildete Juristen in Frage. Als typisch können daher die Lebensläufe der beiden Kriegsgerichtsräte der 2. bay. Infanterie-Division gelten, die jeweils Juristen waren und dennoch auf unterschiedlichen Wegen in die Stellung eines Kriegsgerichtsrates gelangten. Hans Zahn 64 wurde 1879 als Sohn eines Lehrers geboren. Nach dem Abitur trat er 1898 als Einjährig-Freiwilliger in das Heer ein und erhielt fünf Jahre später das Reserve-Leutnants-Patent. Nach dem Jurastudium in München und Erlangen entschied er sich für die Militärjuristenlaufbahn, wurde 1907 Militärgerichtspraktikant und im Juni 1910 Kriegsgerichtsrat der 2. bay. Infanterie-Division. Im Krieg erhielt er zahlreiche Orden, darunter das Eiserne Kreuz II. Klasse und wurde im Juni 1915 zum Hauptmann der Reserve befördert. Der Qualifikationsbericht des Divisionskommandeurs v. Hetzer vom Oktober 1915 war sehr positiv, und diese günstige Beurteilung teilte auch dessen Nachfolger, v. Hartz, als er die Ende September 1916 beendete Tätigkeit Zahns als Kriegsgerichtsrat der 2. bay. Infanterie-Division bewertete. Besonders lobenswert erschien es ihm, daß der Kriegsgerichtsrat sogar »durchaus soldatisch« denke, d.h., er ging von einem zu überbrückenden Dualismus zwischen den militärischen und juristischen Anforderungen aus. Weiter äußerte er über Zahn: »Äußerst gewissenhaft und arbeitsfreudig. Von tadellosem Charakter und hoher Berufsauffassung. Denkt durchaus soldatisch und ist ein sicherer Rechtsberater. Sehr bescheiden u. zuvorkommend. Angenehmes Mitglied des Stabes, sehr musikalisch. Leider von zarter Gesundheit.«

Dieser »zarten Gesundheit« war es zu verdanken, daß Zahn im Februar 1917 den schonenderen Dienst in der Heimat antrat. Daher erlebte er das Kriegsende als Kriegsgerichtsrat der stv. 4. Infanterie-Brigade in Neu-Ulm. Während Zahn die reguläre Militärjuristenlaufbahn beschritten hatte, kam sein Nachfolger nur auf Umwegen und wegen des enorm gewachsenen Bedarfs an Militärjuristen auf den Posten des Kriegsgerichtsrats. Ferdinand Kussius65 wurde 1876 geboren. Sein Vater war promovierter Mediziner, und so besuchte er standesgemäß das Humanistische Gymnasium in Aschaffen61

burg. An das Jurastudium in München 1894—1898 schloß sich der Militärdienst als Einjährig-Freiwilliger an. Danach trat er als Rechtsanwalt in das Berufsleben ein. 1902 wurde er zum Leutnant der Reserve, neun Jahre später zum Oberleutnant befördert. Mit Kriegsbeginn leistete er, inzwischen Oberleutnant der Landwehr, den Frontdienst und wurde im Februar 1915 zum Rittmeister befördert. Kussius erhielt zahlreiche Orden, so das Eiserne Kreuz. Im April 1916 trat er den Dienst beim Gericht der stv. 1. InfanterieBrigade an, deren Kommandeur neben der fachlichen Qualifikation sein »strenges Ehr- u. Taktgefühl sowie gute gesellschaftliche] Formen« hervorhob. Seit November 1916 war er dann als Kriegsgerichtsrat bei der 2. bay. Infanterie-Division der Nachfolger Zahns, und wiederum wurde er von seinem Vorgesetzten, dem Divisionskommandeur v. Hartz, gelobt: »Sehr günstiger Eindruck. Beherrscht sein Ressort. Hat als Feldzugsteilnehmer im Off. Grad reichliche Kriegserfahrung u. zutreffende Beurteilung aller militärischen Verhältnisse erworben. Angenehmes Mitglied des Stabes. Bescheiden. Sehr gute Formen.« So erstaunt es nicht, daß er im April 1918 das Eiserne Kreuz I. Klasse erhielt. In dieser Position blieb er bis Kriegsende, wurde am 13. Dezember 1918 nach München entlassen und eine Woche später der Stellung als Militärgerichtsrat enthoben. Aufgrund der bereits erwähnten, formalisierten Ausbildung der Militärjuristen muß vermutet werden, daß sie fast durchweg aus dem Bildungsbürgertum stammten, abgesehen vielleicht von einigen Aufsteigern aus dem Kleinbürgertum. In allen eingesehenen Gerichtsakten tauchte jedenfalls kein einziger Kriegsgerichtsrat auf, der ein »von« im Namen getragen hätte. Vor allem aus den zitierten Charakterbeurteilungen der Vorgesetzten wird deutlich, daß die Kriegsgerichtsräte, gemessen an Status, Habitus, Selbstverständnis und Funktion zu den Offizieren zu rechnen sind. Sie gehörten allerdings nicht schon allein wegen dieser Tätigkeit zum Offizierkorps, anders als in der Wehrmacht gegen Ende des Zweiten Weltkrieges. Die Kriegsgerichtsräte waren aber nicht das einzige, juristisch geschulte Personal einer Division. Im Juli 1916 beispielsweise mußte der Kriegsgerichtsrat Zahn für sechs Wochen den Oberkriegsgerichtsrat des 1. A.K. wegen Krankheitsurlaub vertreten. In dieser Zeit übernahm ein Reserveoffizier Zahns Position. 66 Um einen Überblick über die juristisch vorgebildeten Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften zu erhalten, wurden entsprechende Listen für die 2. bay. Infanterie-Division erstellt.67 In den vier Kriegsjahren waren fünf hauptamdiche Kriegsgerichtsräte, elf Offiziere mit Befähigung zum Richteramt als ersatzweise Kriegsgerichtsräte, neun Offiziere mit juristischen Vorkenntnissen als Beisitzer, zwei Kriegsgerichtssekretäre, neun Militärgerichtsschreiber und eine Schreibaushilfe, insgesamt 37 Personen mit der Wahrung der Militärjustiz beschäftigt. Es kann angesichts dieser Zahlen von einem relativ hohen professionellen Niveau bei der Ausübung 62

der Militärjustiz auch im Krieg ausgegangen werden, zumal die Kriegsgerichtsräte nur durch Offiziere mit der Befähigung zum Richteramt ersetzt werden konnten. 68 Ihr Beruf besaß auch ein nicht geringes Sozialprestige, doch gab es trotzdem Anlaß zur Klage. Heinrich Dietz, zu diesem Zeitpunkt Kriegsgerichtsrat in Rastatt, formulierte kurz vor Kriegsbeginn die Unzufriedenheit vieler Militärjustizbeamter darüber, daß sie, verglichen mit den Zivilrichtern, nur geringe Aufstiegschancen hätten, so daß der Anreiz gering sei, sich durch besondere Leistungen zu profilieren. Man habe, so Dietz weiter, die Gefahr »der Versandung und Versimplung« erkannt, und es gebe erste Ansätze, durch Schaffung neuer Titel und Amter bessere Karriereperspektiven zu eröffnen. Das gehe aber noch nicht weit genug, so daß man unter den Militärjuristen den weitverbreiteten Wunsch finden werde, »daß demjenigen, der etwas leistet, zum Ansporn auch die äußere Anerkennung nicht versagt werden sollte«.69 Aus diesen Worten spricht ein untergründig wirkendes Frustrationspotential, das aus der vermeintlich unzureichenden Anerkennung für die Arbeit der Militärrichter gespeist wurde und Folgen fur die Nachkriegszeit haben sollte.

c) Unteroffiziere und Mannschaften Eine Statistik von 1906 ermöglicht einige generalisierende Aussagen über die soziale und regionale Herkunft der Unteroffiziere und Mannschaften. Dabei ist die Bevorzugung weniger »staatstragender Regionen« bei der Rekrutierung des Unteroffizierkorps wie etwa Ostpreußen oder die Provinz Sachsen ganz signifikant. Andere Landstriche wie die hochgradig industrialisierte und urbanisierte Rheinprovinz, das vorwiegend ländlich-katholische Südbayern sowie Baden und vor allem Elsaß-Lothringen wurden dagegen offensichdich als wenig geeignet betrachtet, Unteroffiziere zu stellen.70 Die Grenze zum Offizierkorps war für die Unteroffiziere fast unüberwindlich und wurde beispielsweise durch separate Unteroffizierscasinos und ähnliches noch akzentuiert. Die Belohnung der typischerweise aus dem Kleinbürgertum stammenden Unteroffiziere nach ihrer Dienstzeit war die Übernahme in den Staatsdienst, etwa als Polizeibeamte, und so entsprach ihre offizielle Stellung in der Armee der eines getreuen Gehilfen der Offiziere. Letztere erteilten die Befehle, die Unteroffiziere sorgten dafür, daß sie befolgt wurden. Über die Unteroffiziere als soziale Gruppe im Weltkrieg stehen praktisch keine Informationen zur Verfügung, da sie trotz ihrer großen Bedeutung für die Funktion der Armee bislang im Windschatten des Forschungsinteresses liegen.71 Über die soziale Zusammensetzung der Mannschaftsdienstgrade des deutschen Heeres vor und im Krieg wissen wir ebenfalls relativ wenig. Auf63

grund der allgemeinen Wehrpflicht, die jedoch nicht konsequent das gesamte >Menschenpotential< erschloß, ist davon auszugehen, daß sie ungefähr die Verhältnisse der männlichen Hälfte der Gesamtgesellschaft wiedergab, wenngleich die ländliche Bevölkerung überrepräsentiert war.72 Auffallig ist auch das Übergewicht einiger ostdeutscher Rekrutierungsgebiete: Ostpreußen beispielsweise stellte 40% mehr Rekruten als seinem Bevölkerungsanteil entsprach, die preußischen Rheinlande dagegen 8% weniger. Es paßt auch gut in dieses Bild, daß 22% weniger Rekruten aus Elsaß-Lothringen eingezogen wurden, als seinem Bevölkerungsanteil entsprochen hätte, doch ist unklar, warum z.B. fur Südbayern oder Baden ganz ähnliche Werte ermittelt wurden wie für das Reichsland. Auch die Sozial- bzw. Berufsstruktur der Wehrdienstleistenden war kein exaktes Abbild der gesamtgesellschaftlichen Gegebenheiten. 73 Gemessen am Beruf der Väter waren die im Primärsektor Tätigen zu 20% über-, die Söhne von Arbeitern aber je nach Industriesparte um 10 bis 50% unterrepräsentiert. Ähnlich wie hinsichtlich der regionalen Herkunft wurden die Rekruten, soweit möglich, aus den >erwünschten< Kreisen gezogen, Männer aus potentiell als illoyal verdächtigten Bevölkerungsgruppen dagegen tunlichst von der Armee ferngehalten. Es muß allerdings noch geklärt werden, wieviel von diesen Disparitäten auf das Konto der demographischen Umwälzungen der Epoche gingen. Viele von denen, die auf dem Land als Söhne von Bauern oder Landarbeitern geboren worden waren, lebten später in Städten und arbeiteten in der Industrie. Auch für das noch sehr ländlich geprägte Bayern waren diese Verschiebungen der Bevölkerungsstruktur binnen eines Vierteljahrhunderts deudich meßbar. 74 Ein Blick auf die Herkunft und Beschäftigung der Rekruten in Bayern für das Jahr 1 9 0 7 zeigt ein den reichsweiten Gegebenheiten weitgehend entsprechendes Bild. 75 So wurden die Landgeborenen zu 53,3% eingezogen, hingegen die Stadtgeborenen nur zu 39,7%, und 53,7% der in der Landwirtschaft Tätigen wurden Rekruten, jedoch nur zu 47,2% die anderweitig Beschäftigten. 76 Ähnlich dürftig wie bei den Unteroffizieren ist die Forschungslage für die Entwicklung der sozialen Zusammensetzung der Mannschaftsdienstgrade im Weltkrieg. Es liegt lediglich eine Sozialstrukturanalyse des Alpenkorps vor.77 Dort lag der Anteil der in der Landwirtschaft Beschäftigten und der Handwerker bei jeweils etwa 30-35%, also knapp unter dem Anteil an der gesamten erwerbstätigen Bevölkerung, jener der Beamten und Freiberufler bei gut 10%, jener der Arbeiter bei unter 10%. Aus gehobenen bürgerlichen Schichten stammten dagegen nur 5%, aus den Unterschichten etwa 8%. Die am stärksten vertretenen Geburtsjahrgänge waren 1 8 9 4 mit 7%, 1895 mit 13%, 1 8 9 6 mit 14,6% und 1 8 9 7 mit 8,8%, so daß etwa die Hälfte der Soldaten im Krieg um die 2 0 Jahre alt waren, d.h. noch nicht weit entfernt von den früheren Diszplinierungserfahrungen im Elternhaus und in der Schule.

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Insbesondere bei den Soldaten aus der Arbeiterschaft ist zu vermuten, daß sie sich dank der Disziplinierung in ihrer Arbeitsumwelt vergleichsweise leicht in die Strukturen der Armee einfügen ließen. Andererseits hatten sie aber auch bereits Erfahrungen im Umgang mit hierarchisch strukturierten Großorganisationen und wußten sicher eher als z.B. Landarbeiter oder Bauern, wie man sich in solch einer Umgebung einrichtet, aber auch, wie sich der Alltagswiderstand gegen die Autorität und die Vertretung der eigenen Gruppeninteressen organisieren ließ. Die Sozialstrukturanalyse der Armee hat ergeben, daß diese, entgegen aller zeitgenössischen Ideologie und trotz der allgemeinen Wehrpflicht, kein exaktes Abbild der Gesellschaft war. Das ist beim Offizierkorps wenig erstaunlich, weil es per definitionem zur herrschenden Schicht gehörte und daher sozial exklusiv war. Doch auch bei Unteroffizieren und Mannschaften reproduzierte sich nicht einfach die männliche Gesellschaft in der Armee, sondern vielmehr das von den Eliten bestimmte, in wesentlichen Teilen noch vormoderne Idealbild einer Gesellschaft. Nur soweit es zur Aufrechterhaltung des Umfangs und der Funktionsfähigkeit der Armee unumgänglich war, machte man Konzessionen an die modernen Zeiten. Damit spiegelte sich in der Armee das tiefverwurzelte Mißtrauen der tonangebenden Schichten des Kaiserreichs gegen alles, was regional, sozial oder konfessionell von dem dominanten Ordnungsmuster des Obrigkeitsstaates preußischprotestantischer Prägung abwich. Für die Arbeiter und Stadtbewohner, für Katholiken und Süddeutsche, für regionale und nationale Minderheiten war die preußische Armee kein >Schmelztiegel der Nationstaatstragenden Bürgertum< geprägt wurde, das vor 1 9 1 4 der eigendiche Motor der aggressiven Militarisierung der Gesellschaft gewesen war. Sein Bezugspunkt war nicht primär die Monarchie als solche, sondern als Repräsentantin der Nation.

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2.

Großbritannien

Die soziale Stellung der Armee in Großbritannien war von der in Deutschland deutlich unterschieden, nämlich im Wortsinn peripher, dem Alltagsleben des Großteils der Bevölkerung in die weitzerstreuten Besitzungen Britanniens entrückt, wo das Heer eher die Funktion einer >Empire-Polizei< wahrnahm. Nicht zu unterschätzen ist jedoch der auch in Großbritannien heftig umstrittene Einsatz der Armee im Inneren, besonders zur Unterdrükkung von Streiks, was von seiten der Linken im Unterhaus gelegentlich thematisiert wurde. 78 Anders als in Deutschland genoß der Offizierstand ein zwar hohes, aber keineswegs anderen ehrbaren Berufen überlegenes Ansehen. Auch war sein Einfluß auf Staat, Politik und Gesellschaft mit dem in Deutschland nicht vergleichbar. Der »Curragh-Incident«, bei dem im Frühjahr 1914 eine Reihe hochrangiger Offiziere der politischen Führung mit der Aufkündigung des Gehorsams drohte, war ein in dieser Schärfe singulärer Angriff des Militärs auf den Primat der Politik. 79 Die allgemeine Wehrpflicht, in Großbritannien unbekannt, galt dort nicht als Bestandteil staatsbürgerlicher Rechte und Pflichten, sondern hatte den Beigeschmack der Unfreiheit. Ihr wurde das als überlegen empfundene Konzept der Freiwilligkeit entgegengesetzt, was lyrischer Überschwang im Jahre 1 9 0 0 so ausdrückte: »Go tell the world of conscripts / That Britain's Britain still; / Go tell the world of conscripts / Our watchword's freedom still. / So let aggression's forc'd array / fill those it may with fears, / We'll answer their conscription with / A million volunteers.« 80

Der Armeedienst als einfacher Soldat galt in den unteren Gesellschaftsklassen als Endstation einer Negativkarriere. Der Burenkrieg hatte hier bereits ein gewisses Umdenken bewirkt, das den jetzt als patriotische Tat aufgewerteten Militärdienst in nationalen Notzeiten akzeptabel erscheinen ließ, so daß ein spürbarer Wandel der Attitüde gegenüber der Armee von der victorianischen zur edwardianischen Zeit feststellbar ist.81 Der Motor dieser Militarisierung des öffentlichen Lebens durch einen »popular imperialism« in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren vor Kriegsbeginn waren außer einer spezifisch christlich-anglikanischen Militanz vor allem nationalistische Verbände wie die »Navy League« (gegründet 1 8 9 5 ) oder die »National Service League« (gegründet 1 9 0 1 ) mit zusammen rund 3 0 0 . 0 0 0 Mitgliedern, deren Ziel die Einfuhrung der allgemeinen Wehrpflicht war.82 Auch die Wirkung des paramilitärischen Trainings durch Baden Powells »Boy Scouts« 83 sowie an den Public Schools und Universitäten darf hierbei nicht unterschätzt werden, ebenso wenig wie die weit verbreitete nationalistische Literatur.84 Knapp 3% der männlichen Bevölkerung zwischen 15 und 4 9 waren

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um 1 9 0 3 Mitglieder der »Volunteer Force«. Insgesamt gingen rund 8% der männlichen Bevölkerung durch die eine oder andere Form militärischen Trainings. Allerdings war die britische Variante des rechten Nationalismus nur dann erfolgreich, wenn er die Erhaltung des Status quo bzw. die Verteidigung Großbritanniens zum Ziel hatte, nicht aber, wenn er eine weitere (territoriale) Expansion forderte. Außerdem war er trotz seiner unverkennbaren Nähe zu den Konservativen deutlich weniger unduldsam gegenüber dem liberalen und linken politischen Spektrum. Alles zusammen führte zu einem populären Empire-Nationalismus und einem Militarismus, der im Trend einer »europäischen Militarisierung« der Gesellschaften lag.85 Dieser manifestierte sich auf der Insel zwar weniger als in Deutschland in Äußerlichkeiten - etwa in der ständigen Präsenz von Uniformen im öffentlichen Leben - , aber er legte den Grundstein dafür, daß sich vom August 1914 bis zum Januar 1 9 1 6 zweieinhalb Millionen Männer als Kriegsfreiwillige meldeten. Das konnte zweierlei bedeuteten: Eine verstärkte Überformung der Zivilgesellschaft durch die bislang gesellschaftlich domestizierte Armee, aber auch das Gegenteil, di^ Zivilisierung der Armee.

a) Das Offizierkorps Nicht nur das deutsche Offizierkorps, auch das der britischen Regular Army86 war noch deutlich, wenngleich mit abnehmender Tendenz, vom Adel geprägt, der 1 9 1 4 33% der Obersten und sogar 42% der verschiedenen Generalsränge stellte. Etwa ein Viertel stammte aus alten Offiziersfamilien, der Rest aus der oberen Mittelklasse, während nur 2 bis 3% aus den Mannschaftsrängen aufgestiegen waren. Eine ganz seltene Ausnahme blieb daher die Karriere des als Sohn eines Schneiders geborenen William Robertson, der als einfacher Soldat in die Armee eintrat und es bis zum Fieldmarshal und Chief of Imperial General Staff brachte. Die Unterklassenangehörigen hatten schon allein deshalb kaum die Chance auf eine Offizierskarriere, weil das Gehalt eines Subalternoffiziers fur eine standesgemäße Lebensführung bei weitem nicht ausreichte, also die Unterstützung durch eine wohlhabende Familie unerläßlich war. Rund zwei Drittel der Offiziere kamen aus ländlichen Gebieten und waren oft Grundbesitzer. Weiter homogenisierend wirkte die Sozialisation durch die Public Schools, denen ebenfalls zwei Drittel der Offiziere entstammten, davon allein 11% aus Eaton. Der >Public School Ethos< war geprägt durch die Werte Disziplin, Unterordnung, Mannschaftsgeist sowie einen ausgeprägten Männlichkeitskult und ein christlich-anglikanisches Weltbild. 87 Die vielgepriesenen Führungseigenschaften hatten nach ihrem Selbstverständnis bereits die Public Schools hervorgebracht, so daß die Militärakademien - vor allem Sandhurst und Wool-

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wich - nur noch die Fachausbildung und die offizierstypische Etikette vermitteln mußten. Mit den Mannschaften hatten die Offiziere meist wenig zu tun. So war es z.B. üblich, daß ein einfacher Soldat nicht direkt mit einem Offizier sprach, sondern nur durch einen Unteroffizier. Eine paternalisdsche Fürsorgepflicht für >ihre Männer< mögen viele trotzdem entwickelt haben. Welches Selbstbild das Vorkriegs-Offizierkorps hatte, illustriert stellvertretend in rückblikkender Verklärung folgendes Zitat, in dem der Grundstein des Disziplinarkodex beschrieben wird: »The bed-rock upon which this foundation stone is well and truly laid is our peculiar military family-system of social intercourse between officers and the Other Ranks; a system not only neglected by Foreign Conscript Armies, but even looked on by many of them, in their short-sightedness, as being contrary to all tenets of good military discipline ... the object of this system is to enable officers and Other Ranks to get to know each other so intimately that every soldier develops complete confidence in his officer ... that he will receive from them nothing but absolute fairness, tolerance and justness.«88 Hier werden die Beziehungen innerhalb der Armee nicht als die entsprechend klar definierten und institutionalisierten von Rollenträgern begriffen, sondern als Beziehungen zwischen Individuen, die in Kategorien wie Schutz und Vertrauen zu fassen wären. Dieses vormoderne Denken entspricht jedoch mehr den Gegebenheiten des 18. Jahrhunderts, die in der britischen Armeestruktur auch 1 9 1 4 noch deutlich spürbar waren, als denen des beginnenden 2 0 . Jahrhunderts. Den Aufbruch in die moderne Welt hatten die britische Armee und ihre Führung in vielerlei Hinsicht verpaßt, und so entsteht insgesamt das Bild eines sozial homogenen, von der übrigen Gesellschaft getrennt lebenden Offizierkorps, das versuchte, seine Standesideale in einer sich wandelnden Welt aufrecht zu erhalten. Auch im Weltkrieg blieb das Ideal der Vorkriegsarmee fur das Offizierkorps bestimmend, was sich im Krieg als ein schweres Hemmnis für eine flexible und schnelle Anpassung an die gewandelten Anforderungen im Maschinenkrieg erwies. 89 Wie für das deutsche ist auch für das britische Heer die Forschungslage hinsichtlich der Wandlungen des Offizierkorps im Weltkriege nicht befriedigend. 90 Knapp 1 3 . 0 0 0 Köpfe zählte das Offizierkorps der Regular Army im August 1 9 1 4 . Viereinhalb Jahre später hatten annähernd 2 3 0 . 0 0 0 Männer das Offizierspatent - die meisten nur für die Dauer des Krieges - erhalten; mehr als 3 3 . 0 0 0 von ihnen kamen um. Nicht mehr der grundbesitzende Landadel und die Söhne alter Offiziersfamilien prägten jetzt das Bild, sondern die Mittelschicht: die Vertreter der freien Berufe und der Führungskader aus Handel, Diensdeistung und Industrie. Der alte, semifeudale Wertekodex der Vorkriegsarmee erwies sich lange Zeit als vergleichsweise resistent

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gegenüber den dramatischen Wandlungsprozessen, und so dauerte es bis ins Jahr 1916, bis die Mentalität der zivilen Eliten das Erscheinungsbild des niederen Offizierkorps bestimmte. Dabei wurde neben der alten Trennlinie zwischen Offizieren und Mannschaften eine neue deutlich: die zwischen den (subalternen) Frontoffizieren und den Stabsoffizieren bzw. hohen Offizieren, die weiterhin von dem Vorkriegskorps geprägt waren. Daher stand das Aufeinandertreffen der kriegsfreiwilligen neuen Offiziere und der aus der alten Regular Army stammenden stellvertretend für die Konfrontation zwischen ziviler und militärischer Welt, die vor 1914 so säuberlich getrennt gewesen waren. Aufgrund des juristischen Systems gab es in Großbritannien kein Militärjuristenkorps. Der im War Office mit seinem Stab angesiedelte Judge Advocate General verkörperte im wesentlichen den juristischen Sachverstand der Armee. Vor Ort, in den Divisionen, war die Rechtspflege allein den Offizieren vorbehalten, soweit nicht ein Divisional Judge Advocate General vorhanden war. Zwar erhielt jeder Offizieranwärter eine Ausbildung im Militärstrafrecht, die jedoch sehr oberflächlich war, wie ein Offizier vor dem Oliver-Committee von 1938 berichtete: »I refreshed my memory by reading the letters which I wrote to my father when I was studying military law at Sandhurst in 1 9 0 2 . 1 said then that the only bit o f instruction which I thought was really third class at Sandhurst was military law, the text books were bad and the instruction was rotten.« 9 1

Sowohl diese ungenügende Ausbildung als auch das altertümlich-komplizierte Verfahren sollten sich den Anforderungen des Weltkrieges als nicht angemessen erweisen.

b) Unteroffiziere und Mannschaften Für die Mannschaftsdienstgrade vor 1914 zeichnet sich ebenfalls das Bild sozialer Exklusivität ab, allerdings im negativen Sinn. 92 Sie waren zu 65% Arbeiter und zu 25% Handwerker. 45% hatten keine Berufsausbildung und 90% waren beim Eintritt in die Armee arbeitslos. Da zudem der Sold unter dem Satz lag, den die schlechtestbezahlten Landarbeiter erhielten und das Sozialprestige gegen Null ging, wurde nur Soldat, wer im Zivilleben gescheitert war bzw. nie hatte Fuß fassen können. »Conscription of hunger« wurde das ebenso zynisch wie treffend genannt. So war die Rekrutierungswilligkeit nicht nur sozial definiert, sondern lange Zeit auch regional, da der Anteil der Iren unter den Soldaten bis 1906 überproportional hoch lag. 93 Die Dienstzeit betrug zwölf Jahre, dabei sieben Jahre im aktiven Dienst und fünf Jahre als Reservist. 69

Doch die geringe Attraktivität des Armeedienstes war der Armeefuhrung keineswegs unlieb, eher im Gegenteil. Ganz ähnlich den im deutschen Offizierkorps verbreiteten Vorbehalten gegenüber der Zuverlässigkeit der Arbeiter besonders bei Einsätzen im Inneren, stützte man sich auch im britischen Heer vornehmlich auf Freiwillige aus der Landbevölkerung, bei denen die Bereitschaft zu unbedingter Unterordnung als sicher gegeben angenommen wurde.94 Im Krieg änderte sich das Bild der Mannschaftsränge in der britischen Armee zunächst durch die zweieinhalb Millionen Freiwilligen, die überwiegend aus den Mittelklassen stammten. Während sich 28% der beschäftigten Arbeiter im wehrfähigen Alter bis Februar 1916 meldeten, taten dies annähernd 42% der Freiberufler. Auch waren die städtischen Gebiete mit 150-230 Freiwilligen auf 10.000 Einwohner sehr viel stärker vertreten als das flache Land, wo diese Quote nur bei 8 0 - 9 0 auf 10.000 Einwohner lag.95 Viele eilten allerdings keineswegs allein aus Patriotismus oder Abenteuerlust zu den Fahnen. Oft genug standen sie unter wirtschaftlichem Druck, z.B. kriegsbedingter Arbeitslosigkeit oder sozialer Kontrolle durch Arbeitgeber, lokale Notablen, Kirchenautoritäten oder ihrem privaten Umfeld. Manche meldeten sich auch einfach deswegen freiwillig, weil alle ihre Bekannten es gleichfalls getan hatten.96 Auf die mehr oder weniger freiwillige Rekrutierung der Jahre 1914 und 1915 folgte die Wehrpflicht seit 1916, durch die drei Millionen Männer erfaßt wurden.97 Betroffen waren davon vor allem die in den nicht als kriegswichtig eingestuften Bereichen Tätigen. Daher lag die Rekrutierungsquote im Bereich Handel und Dienstleistung am höchsten; ihm folgte die Industrie und das Handwerk, während Arbeiter aus dem Transportwesen und der Landwirtschaft am schwächsten vertreten waren. In absoluten Zahlen gemessen stellte jedoch die Industriearbeiterschaft über die Hälfte der britischen Soldaten. Die für Großbritannien neue, sozial breit gestreute Rekrutierung hatte Folgen fur das Verhältnis zwischen Offizier und Mann und das Selbstbewußtsein der Mannschaften. In der alten Armee waren strikte Unterordnung und im Idealfall paternalistisches Wohlwollen prägend, doch schwächte die Massenaushebung auf dem Lande die häufig noch quasi-feudale Bindung der Bevölkerung an die lokalen Eliten. Die Aufstellung der lokal rekrutierten »Pals-Battalions« sorgte dafür, daß geschlossene soziale Beziehungsnetze in die Armee übertragen wurden. Dadurch blieb das zivile Denken stark und unterminierte die alte Rigidität der Beziehungen zwischen Offizier und Mannschaften in diesen Einheiten.98 Andererseits war es aber gerade die Übertragung der Disziplin der industriellen Arbeitswelt auf die Armee, die dem britischen Heer jene flexible Festigkeit der Kommandoautorität sicherte, mit der sie die vier Kriegsjahre ohne ernsthafte Erschütterung ihrer Kohäsion durchzustehen vermochte.99

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Kapitel II Die Rahmenbedingungen im Weltkrieg Was der Krieg forderte, erfand die Wissenschaft, verwirklichte die Technik und machte kampfverwendungsfähig die Organisation,1 Max Schwarte World War I may be briefly epitomized as a progress from convention through chaos to cooperation.2 Encyclopaedia Britannica

A. Organisationsstruktur und Kriegslage 1. Die deutsche

Armee

Seit 1820 war Preußen (bzw. das Gebiet des Deutschen Bundes) in Armeekorpsbezirke (AKs) - an deren Spitze jeweils ein Generalkommando stand aufgeteilt. 3 Diese Einteilung wurde 1871 für das Deutsche Reich übernommen u n d später dem Bevölkerungszuwachs u n d der Heeresvermehrung angepaßt. Z u Kriegsbeginn umfaßte der I. bis XI., XVII., XVIII. und XX. Armeekorpsbezirk Preußen sowie die nord- u n d mitteldeutschen Staaten. Ebenfalls zum preußischen Kontingent gehörten das XIV. AK, das aus d e m Großherzogtum Baden und dem Oberelsaß bis einschließlich Colmar gebildet wurde, sowie das XV., XVI. und XXI. AK, die ganz oder teilweise in Elsaß-Lothringen lagen. Das XII. u n d XIX. AK umfaßte das Königreich Sachsen, das XIII. das Königreich Württemberg. Durch die von 1867 bis 1870 geschlossenen Militärkonventionen zwischen Preußen und den anderen Bundesstaaten waren letztere völlig in die preußische Militärstruktur integriert, und es wurde gemäß Artikel 6 3 der Reichsverfassung ein einheitliches Reichsheer gebildet. 4 Lediglich Bayern, Württemberg und - faktisch, nicht formal - Sachsen besaßen hier Reservatrechte, die sich vor allem darin ausdrückten, daß sie eigene Kriegsministerien unterhielten und der jeweilige Landesherr die Kontingentsherrlichkeit ausübte. Der kaiserliche Oberbefehl erstreckte sich im Frieden auch auf Sachsen und Württemberg, n u r Bayern bildete hier eine Ausnahme: Es stellte zu71

nächst zwei, später drei eigene Armeekqrps, die auch nicht in die preußische Numerierung integriert waren. 5 Im Frieden unterstand das bayerische Heer dem Oberbefehl des bayerischen Königs, trat im Krieg aber ebenfalls unter den kaiserlichen Oberbefehl. Die Anordnungen des Preußischen Kriegsministeriums mußten von den drei süddeutschen Kontingenten formal übernommen werden, was auch meistens geschah. Damit übte das Preußische Kriegsministerium faktisch die Funktion eines Reichskriegsministeriums aus. Der preußische Kriegsminister befand sich dabei in einer eigentümlichen verfassungsrechtlichen Position: Obwohl er ein preußischer Ressortminister war, erhielt er sein Gehalt vom Reich und vertrat die alle Kontingente gemeinsam betreffenden Belange vor dem Reichstag. Dies war insbesondere bei den Budgetberatungen von Bedeutung. Wie bereits geschildert, hatte das Preußische Kriegsministerium keine direkte Befehlsgewalt über die Truppen an der Front oder in der Heimat. Unmittelbar weisungsbefugt waren nur die O H L und die anderen, höheren Kommandobehörden, die sich auf die Kommandogewalt des Kaisers stützen konnten. Dies führte im Krieg immer wieder zu Komplikationen, da die Kriegsministerien mit ihren Empfehlungen nicht selten nur wenig ausrichten konnten. 6 Im Preußischen Kriegsministerium sind neben dem Versorgungs- und Justizdepartement unter General-Major Hans Frhr. v. Langermann und Erlencamp7 (seit April 1913) auch das Zentraldepartement unter Oberst Ulrich Hoffmann (März 1915-Dezember 1916) und danach Oberst / General-Major Johannes Waiz, das Allgemeine Kriegsdepartement unter Oberst, später General-Major Ernst August v. Wrisberg (seit März 1915) und das Unterkunfts-Departement 8 für unser Thema von Belang. An der Spitze des Preußischen Kriegsministeriums stand bis 20.1.1915 Erich v. Falkenhayn, bis 28. Oktober 1916 AdolfWild v. Hohenborn, bis 8. Oktober 1918 Hermann v. Stein, bis Januar 1919 dann Heinrich Scheüch. Da sich der Kriegsminister, dem Beispiel von 1 8 7 0 / 7 1 folgend, zunächst im Großen Hauptquartier aufhielt, wurden die Dienstgeschäfte in Berlin vom 14. September 1914 bis zum 27. September 1916 vom stv. Kriegsminister, Franz v. Wandel,9 gefuhrt. Als im Rahmen des großen Revirements 1916 Wild und v. Wandel abgelöst wurden bzw. zurücktraten, übernahm v. Stein die alleinige Leitung des Preußischen Kriegsministeriums in Berlin. Die Zahl und Art der militärischen Kommando- und Verwaltungsbehörden änderte sich im Krieg ständig, je nach den auftretenden militärischen Bedürfnissen. Diese Wandlungen im einzelnen nachzuzeichnen wäre mühsam und verwirrend. Daher ist die folgende Darstellung auf das zum Verständnis des Themas notwendige Maß reduziert. 10 Der Große Generalstab zog mit der Mobilmachung ins Große Hauptquartier, das sich während der meisten Zeit an der Westfront befand. An der Spitze der Obersten Heeresleitung - dieser Begriff setzte sich im Herbst 1914 allgemein durch - stand 72

der »Chef des Generalstabs des Feldheeres«, dem die Gesamtkriegsleitung oblag. Dem ersten Stabschef, Helmuth v. Moltke, folgte am 15. September 1914 (formal bestätigt am 3. November 1914) v. Falkenhayn nach, der seinerseits am 29. August 1916 durch Paul v. Hindenburg ersetzt wurde. Faktisch war der Stabschef der »Oberste Kriegsherr«, obwohl formal der Kaiser diese Stellung innehatte. 11 Die Zurückdrängung des Kaisers wurde noch offensichtlicher mit der Ernennung v. Hindenburgs zum Generalstabschef, dem Ludendorff in dem neugeschaffenen Amt des »Ersten Generalquartiermeisters« zur Seite stand. Es ist bekannt, daß Ludendorff- seinerseits beeinflußt von Oberst Max Bauer, der sogar über seinen Unterschriftenstempel verfugte - der eigendiche >Spiritus rector< der 3. O H L war, der alle militärisch-operativen und auch viele innenpolitische Fäden in Händen hielt. Daher sind auch viele OHL-Erlasse von ihm gezeichnet. Für unseren Gegenstand ist besonders die Abteilung III, die Justizabteilung, wichtig. Sie unterstand dem Generalquartiermeister, d.h. von November 1914 bis November 1916 Wild v. Hohenborn 12 - der in Personalunion zugleich Kriegsminister war - bzw. faktisch seinem Stellvertreter, General-Leutnant Hugo v. Freytag-Loringhoven (Januar 1915 bis Kriegsende). Nach Wild übernahm General-Leutnant Viktor Hahndorff das Amt des Generalquartiermeisters. An weiteren militärischen Kommandobehörden bestanden von Kriegsbeginn an die acht gemäß Mobilmachungsplan aufgestellten Armeen (bzw. Armee-Abteilungen), deren Zahl im Kriegsverlauf weiter erhöht wurde. Die seit 1916 aufgestellten Heeresgruppen faßten mehrere Armeen zusammen. An der Westfront waren das die Heeresgruppen »Kronprinz Rupprecht von Bayern« (Flandern und Nordwestfrankreich bis zur Sambre/Oise), »Deutscher Kronprinz« (Nordfrankreich von der Sambre/Oise bis zur Lothringischen Grenze) und »Herzog Albrecht von Württemberg« (Lothringen und Elsaß), jeweils unter dem nominellen Oberbefehl der namensgebenden Fürsten. Der 1915 installierte »Oberbefehlshaber Ost« ist hier ohne Belang, da er naturgemäß nicht für die Westfront zuständig war. Im weiteren Kriegsverlauf wurden immer wieder neue Kommandobehörden geschaffen und oft nach kurzer Zeit wieder aufgelöst, z.B. die »Maasgruppe-West« oder die »Generalkommandos zur besonderen Verwendung«. Die untergeordneten Kommandobehörden der Armeekorps, Divisionen, Regimenter etc. bestanden schon vor dem Krieg (außer bei den neu aufgestellten Einheiten). Sie hatten jedoch nur eine begrenzte Entscheidungsautonomie und büßten zunehmend Kompetenzen ein, besonders die Armeekorps, die in der zweiten Kriegshälfte eigendich nur noch als >Verwaltungsinstanz< bestanden. Da die Feldkriegsgerichte der Divisionen die erste Instanz in den Verfahren wegen Desertion waren, sind sie und ihre Untergliederungen von besonderer Bedeutung. Im Prinzip blieb die Struktur der Divisionen erhalten, 73

doch kamen zu ihnen noch verschiedene Sondereinheiten hinzu. Die wichtigsten waren MG-Kompanien und Mörser-Batterien. Als später im Krieg die Ersatzlage immer prekärer wurde, reduzierte man die Zahl der Infanterie-Regimenter pro Division von vier auf drei, um nicht etliche Divisionen auflösen zu müssen. In Bayern griff man bereits im Frühjahr 1915 auf diese Maßnahme zurück. Eine Division umfaßte zunächst etwa 12.000, später rund 10.000 Mann, ein Infanterie-Regiment etwa 2500-3000 Mann. Mit der kaiserlichen Erklärung des Kriegszustandes am 31. Juli 1914 und der entsprechenden des Bayerischen Königs13 - übernahmen die höchsten militärischen Kommandanten die vollziehende Gewalt im Reich, in den Armeekorpsbezirken die kommandierenden Generale der stv. Generalkommandos, in den Festungen die Festungskommandanten bzw. Gouverneure. Mit Beginn der Mobilmachung übten die stellvertretenden Generalkommandos dann auch sämtliche militärischen Funktionen der an die Front abrückenden aktiven Generalkommandos aus, vor allem die Gewährung des Mannschafts- und Materialersatzes sowie die Sicherung militärisch wichtiger Anlagen, Kasernen, Fabriken und Verkehrswege vor Spionage und Sabotage.14 Als Regel gilt, daß die Bezeichnung »stv.« vor einer militärischen Organisationsstufe diese Einheit als Teil des Heimatheeres kennzeichnet (vgl. Anhang 4). Das Heimatheer überspringt einige Organisationsstufen. Für die Gerichtsbarkeit heißt das, daß das funktionale Äquivalent der Feldkriegsgerichte der Divisionen an der Front die Kriegsgerichte bei den stv. InfanterieBrigaden in der Heimat sind. Die Oberkriegsgerichte der aktiven Generalkommandos an der Front entsprechen denen der stv. Generalkommandos in der Heimat.15

2. Die britische Armee In England ist vieles anders als auf dem Kontinent. Die Armeestruktur macht dabei keine Ausnahme. Der grundlegende Unterschied ist der, daß England keine Wehrpflichtarmee besaß, als es in den Krieg eintrat und traditionell als Landmacht von weit geringerer Bedeutung war denn als Seemacht. Die geostrategische Lage der Insel ermöglichte diese einseitige Ausrichtung der Rüstungsanstrengungen auf die Flotte, das ausgedehnte Überseereich erzwang sie. Die Grundstrukturen der britischen Armee am Vorabend des Krieges waren immer noch von den Wellingtonschen Heerereformen16 fast ein Jahrhundert davor bestimmt, die erst seit der Jahrhundertwende weiterentwickelt wurden, angeregt einerseits durch den Burenkrieg und andererseits durch die sich langsam abzeichnende Aussicht auf ein im Krisenfalle notwendiges, größeres Engagement auf dem europäischen Kontinent. Den Kern der britischen Armee bildete die »Regular Army«.17 74

Diese Berufsarmee war nach kontinentalen Maßstäben geradezu lächerlich klein. In England befanden sich ganze sechs Divisionen (die 1.-6.), die sogenannten »Regulars«, was ungefähr der Friedenspräsenzstärke des bayerischen Heeres entsprach. Sie allein bildeten die »British Expeditionary Force«,18 die gemäß der britisch-französischen Absprachen sofort nach Kriegsbeginn auf den Kontinent übersetzte. Ergänzt wurden sie im Spätherbst 1914 durch die - ebenfalls planmäßig aufgestellten - 7., 8. und 27.-29. Division, gebildet aus Verbänden, die aus dem Empire abgezogen wurden. Hinzu kamen die ebenfalls planmäßig bei Kriegsbeginn aufgestellte 1.-3. Cavalry-Division und die Guards-Division. Die Notwendigkeit, mit den millionenstarken Kontinentalheeren im Kriegsfalle mithalten zu müssen, wurde aber schon vor dem Krieg gesehen. Die Umstrukturierung ging im wesentlichen auf den von 1905 bis 1911 als Kriegsminister amtierenden Lord Haidane zurück.19 Kernstück war die Heeresreform von 1908, mit der eine Special Reserve bei jedem Regiment eingeführt wurde, d.h. ein Ausbildungskader von Zivilisten, die nach einer sechsmonatigen Grundausbildung nur noch jährlich zu kurzen Übungen herangezogen wurden. Ebenfalls 1908 wurden die seit 1859 bestehenden »Volunteers« durch die »Territorial Force«20 ersetzt, die aus 14 InfanterieDivisionen und 14 Kavallerie-Brigaden, zusammen 302.000 Mann, bestehen sollte. Die Sollstärke wurde jedoch nie erreicht und lag am 1. Juli 1914 bei 268.777 Mann, von denen sich jedoch nur 7% zum Kriegsdienst auch im Ausland verpflichtet hatten, denn die eigentliche Aufgabe der Territoriais war der Schutz der Insel vor der oft beschworenen Invasionsgefahr. Nach Kriegsbeginn sollten sie zunächst reguläre Truppen im Empire ablösen, um diese fur die Verwendung in Frankreich frei zu machen. Kleinere Verbände von ihnen gelangten auch schon im September 1914 an die Westfront, die erste vollständige Division jedoch erst im Februar 1915. Sie sind ganz grob als Äquivalent der preußischen Landwehr zu sehen, wobei es die »FirstLine« und »Second-Line-Territorials« gab. Während das Offizierkorps von den Angehörigen der Mittelklassen dominiert wurde, stammten die Mannschaften meist aus der Arbeiterklasse der großen Industriestädte. Die sogenannten »Kitchener-Divisionen« waren dagegen eine Improvisation der ersten Kriegstage.21 Der am 5. August 1914 zum Secretary of State for War ernannte Lord Kitchener ging von der zutreffenden Annahme aus, daß dieser Krieg viele Jahre dauern und eine umfassende Mobilisierung aller Ressourcen erfordern würde. Sein zwei Tage später in der Presse verkündeter »Call to Arms« fand lauten Widerhall. Grundlage war ein Kabinettsbeschluß, zunächst 100.000 weitere Soldaten einzustellen. Zusätzliche Erweiterungen folgten rasch. Diese völlig neu aufgestellten Einheiten mußten eine etwa sechs- bis zwölfmonatige Aufbauphase durchlaufen, bevor sie seit dem Juni/Juli 1915 nach Frankreich gelangten. Hierbei handelte es sich um 75

die 9.-26., 3 0 . ^ 1 . und die 63. Division. Insgesamt meldeten sich von August 1914 bis zur Einführung der Wehrpflicht zum Januar 1916 2.466.719 Freiwillige, davon 1.342.647 in den ersten fünf Kriegsmonaten mit dem Höhepunkt im September 1914, in dem allein es 462.901 waren.22 Als seit dem Januar 1916 stufenweise die Wehrpflicht eingeführt wurde, durch die nochmals etwa drei Millionen Männer erfaßt wurden, verwischten sich die organisatorischen Unterschiede zwischen den »Regular-«, »Kitchener-« und »Territorial-Divisionen« immer mehr, so daß im letzten Kriegsjahr auch die britische Armee im Kern eine Wehrpflichtigenarmee war. Wie in anderen Armeen bildete das Regiment den zentralen Identifikationspunkt für den >esprit de corpsDisziplin und Moral< in der Armee diskutiert. 25 Eine politische Kontrolle der Armee durch die Regierung fand in diesem Bereich also nicht statt, und auch das Unterhaus war dort nicht sehr aktiv; es ließ der Regierung im wesentlichen freie Hand. 2 6

3. Der Kriegsverlauf: Krisen und

Krisenbewußtsein

Das landläufige und noch in neuerer Literatur reproduzierte Bild27 allgemeiner Kriegsbegeisterung 1914 ist inzwischen stark relativiert worden. 28 Vor allem in der Arbeiterschaft und der bäuerlichen Landbevölkerung überwogen Skepsis und Fatalismus, doch ernsthafte, die Mobilisierung gefährdende Widerstandsaktionen gab es nicht. Der lang erwartete Krieg, der dann kam, verlief an der Westfront in vier Phasen. Die ersten Monate waren vom Bewegungskrieg geprägt, in dem alle Seiten letzdich erfolglos versuchten, ihre Vorkriegsplanungen in die Realität umzusetzen. Wegen der sich täglich ändernden Bedingungen hatten die Soldaten kaum Zeit und Gelegenheit zur Desertion. Die relativ wenigen Fälle, die hier auftraten, resultierten häufig aus der Schockwirkung der Schlachten auf die zumeist völlig kriegsungewohnten Soldaten.

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Die zweite Phase des Krieges war gekennzeichnet durch den Übergang zum Stellungskrieg und die langsame Gewöhnung an die sich dadurch entwickelnden, neuen Gegebenheiten. Dies steigerte zusammen mit der Einsicht in das Scheitern der ursprünglichen Kriegspläne das Krisenbewußtsein der Armeeführungen im Herbst 1914 und Frühjahr 1915 zusätzlich. Die dritte Phase kann als die des voll ausgebildeten Stellungskrieges, der >klassischen Durchbruchsversuche< und der >Materialschlachten< bezeichnet werden. Da die Anpassung an den Stellungs- und Materialkrieg sehr langwierig war, hatten alle Seiten zunächst noch die Hoffnung auf eine baldige Rückkehr zum Bewegungskrieg, wobei allerdings aufgrund der Kräfteverhältnisse an der Westfront und des Zweifrontenkrieges für Deutschland die Entente zunächst in den Frühjahrs- und Herbstschlachten 1915 die Initiative besaß. Das Scheitern dieser Durchbruchsschlachten, ebenso wie das der Sommeschlacht 1916, der französischen Chemin des Dames-Offensive im Frühjahr 1917 und der Dritten Ypern-Schlacht im Sommer/Herbst desselben Jahres, die jedesmal zu einer zähen Ausblutungsschlacht gerieten, machten deutlich, was sich schon vor dem Weltkrieg angedeutet hatte. Unter den gegebenen Bedingungen - eine bereits erreichte, hohe Technisierung der Waffen und damit Potenzierung der Feuerkraft, eine aber noch unzureichend damit schritthaltende Mobilität beim Vormarsch - waren gut ausgebaute Verteidigungspositionen kaum zu überwinden, wie auch die Deutschen vor Verdun erfahren mußten. Zumindest in der nachträglichen Selbstinszenierung zog v. Falkenhayn hier erstmals die Konsequenz aus dem Scheitern der Durchbruchsschlachten, indem er nicht mehr den Geländegewinn als Primärmittel zur Besiegung des Gegners anstrebte, sondern ihn zu zwingen versuchte, seine materiellen und menschlichen Ressourcen aufzubrauchen. Die gedankliche Industrialisierung des Kriegshandwerks war vollzogen. 29 Unter diesen Bedingungen wurde die >Feldherrenkunst< zur quantite negligeable, was die Militärfuhrungen wohl empfanden, sich aber nicht eingestehen mochten. Wenn die materiellen Bedingungen der Kriegführung 95% des Geschehens bestimmten, dann wurden aus dieser Perspektive die verbleibenden 5% um so wichtiger, da sie allein unmittelbar beeinflußbar erschienen: der >Durchhaltewillebesseren Nervenfighting spirit^ die überlegene >willpowerunpraktischAufrechterhaltung der Disziplin< willen ein Exempel statuieren zu müssen, konnte er jederzeit ein Urteil aufheben und den Fall vor einem anderen Gericht erneut verhandeln lassen. Zwar leitete faktisch der Kriegsgerichtsrat der Division die Untersuchungen und verfaßte die Anklageschrift, und fiir die Urteilsbestätigung wurde das Rechtsgutachten eines am Verfahren unbeteiligten Kriegsgerichtsrats herangezogen. Es war jedoch allein ins Ermessen des Gerichtsherrn gestellt, ob er sich den Vorschlägen der Juristen anschloß oder sie umging. Hier war ihm ein enormer Handlungsspielraum eröffnet, denn mit juristischen Kontrollmechanismen war sein Verhalten nicht überprüf- und steuerbar. Das war allein über die militärische Befehlshierarchie möglich, und genau das war auch beabsichtigt. Der Gerichtsherr war auf juristischem Gebiet das, was im politischen Bereich dem Begriff der »Kommandogewalt«41 entsprach: Beide sicherten auf ihre Weise die Autonomie der Armee gegenüber der Gesellschaft und schützten sie weitgehend vor politscher bzw. juristischer Kontrolle. Vor allem hebelte die Machtbefugnis des Gerichtsherrn den § 18 der Militärstrafgerichtsordnung aus, in dem es hieß: »Die erkennenden Gerichte sind unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen.« Durch den Gerichtsherrn war »ein Stück Absolutismus konserviert«42 und ein Raum geschaffen, der anderen rechtlichen Normen gehorchte als die bürgerliche Gesellschaft. Denn was nützte die verbriefte Unabhängigkeit der Gerichte, wenn der Gerichtsherr ihre Urteile mit einem Federstrich für null und nichtig erklären konnte? Die »Militärgerichtsbarkeit hat ein Janusgesicht«,43 formulierte Carl Rissom, ein namhafter zeitgenössischer Militärjurist, die Tatsache, daß sie nach zwei Seiten hin Beziehungen hatte, zum Militärwesen und zur Justiz. Dabei hatte die militärische Seite jedoch eindeutig das Übergewicht, wie Rissom zusammenfassend feststellte: »Das erkennende Gericht ist umklammert und eingeschlossen von der Machtfiille des Gerichtsherrn, des Inhabers der Kommandogewalt. Von ihm geht das Gericht aus. Zu ihm kehrt die Entscheidung durch das Institut der Bestätigung zurück.«44 Das war ein unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten schwer erträglicher Zustand, der damit gerechtfertigt wurde, daß aufgrund der auf Befehl und Gehorsam aufbauenden Struktur der Armee die Kom83

mandoautorität gegenüber den juristischen Bedenken Priorität genieße. Und doch war dies alles keine sich allein aus dem Gesetzestext ergebende, zwangsläufige Entwicklung, sondern das Ergebnis des Zurückweichens der Bürgergesellschaft im Wilhelminischen Deutschland vor den Machtprätentionen des Militärs. Denn die juristische Lehrmeinung hatte sich eine >zivilere< Interpretation der gegebenen Rechtsnormen aus der Hand winden lassen, wie Rissom 1911 mit Blick auf den Ursprung der Militärstrafgerichtsordnung aus den älteren preußischen Regeln feststellte: »Wenn es in den ersten Jahren des Gesetzes [sc. der MStGO von 1898] erwünscht sein konnte, das erreichte Neue und die Annäherungen an den bürgerlichen Prozeß hervorzuheben, so mag es ... als ein Gebot der Gerechtigkeit erscheinen, darauf hinzuweisen, daß die letzten Grundlagen der Militärgerichtsverfassung und des Verfahrens dem schon fast vergessenen preußischen Recht [sc. dem von 1845!] entnommen sind.« 45

Diese Dominanz des militärischen Denkens wurde weitgehend akzeptiert, denn die juristische Literatur beschrieb diesen Zustand, kritisierte ihn aber nur selten und nahm ihn als gegeben und unveränderlich hin. Damit drückte sich erneut die Schwäche der Bürgergesellschaft im Kaiserreich aus. Neben der Stellung des Gerichtsherrn gab es noch weitere Bereiche, die sich von den zivilen Prozeßnormen unterschieden. Da wäre zunächst die Zusammensetzung des Kriegsgerichts zu nennen, das nach dem militärischen Rang des Angeklagten differenziert war. Aus einer rein juristischen Perspektive ist kein Grund vorhanden, weshalb sich die militärische Hierarchie im Richterkollegium widerspiegeln sollte. Diese Regelung entspricht mehr einem ständischen als einem modernen, staatsbürgerlichen Denken. Die Feldkriegsgerichte der höheren Gerichtsbarkeit - die niedere Gerichtsbarkeit war nur fur Delikte zuständig, die mit Arrest bedroht waren - bestanden bei Verfahren gegen Soldaten und Unteroffiziere aus einem Kriegsgerichtsrat und vier Offizieren: einem Major, einem Hauptmann und zwei Oberleutnants sowie dem Kriegsgerichtsrat, der als Verhandlungsführer fungierte (§§ 49, 50, 61 MStGO). Den Verhandlungsvorsitz hatte der rangälteste Offizier inne. Die Unteroffiziers- oder gar Mannschaftsdienstgrade waren nicht als Richter vertreten, so daß das juristische Verfahren eine Teilfunktion der Befehlshierarchie zwischen Offizieren und einfachen Soldaten war. Aufgrund der Zusammensetzung des Richterkollegiums ist darüber hinaus der Charakter einer Laienjustiz unverkennbar; er wurde nur ausbalanciert durch die Kriegsgerichtsräte, die in den Kriegsgerichtsverfahren den juristischen Sachverstand verkörperten. Diese mußten zum Richteramt befähigt sein, also eine vollwertige juristische Ausbildung besitzen (§§ 93, 94 MStGO). Allerdings konnte der Kriegsgerichtsrat notfalls durch zum Rich84

teramt befähigte Offiziere ersetzt werden, im Feld sogar durch Offiziere ohne jegliche juristische Vorbildung (§ 98 MStGO). 46 Die Kriegsgerichtsräte wurden von den jeweiligen Kontingentsherren ernannt, was abermals das Übergewicht der militärischen gegenüber den juristischen Kriterien bestätigt. Sie konnten aber nicht durch den Gerichtsherrn ihres Amtes enthoben werden, waren also insoweit vor direkten Sanktionen geschützt (§ 96 MStGO). Außerdem durfte der Gerichtsherr nicht an Untersuchungshandlungen teilnehmen, was, jedenfalls theoretisch, ebenfalls einen Schutz für die Unabhängigkeit des Kriegsgerichtsrats bedeutete ( § 1 6 7 MStGO). Neben der Anklägerschaft und der Richterschaft war auch die Verteidigung klar geregelt. Bei allen militärischen Verbrechen - d.h. Delikten, die mit mindestens fünf Jahren Haft bedroht wurden (§ 1 MStGB), also z.B. alle Fälle von Desertion im Feld - hatte der Angeklagte das Recht auf einen Verteidiger eigener Wahl; machte er davon keinen Gebrauch, bekam er einen Pflichtverteidiger zugewiesen (§§ 337, 338, 342, 343 MStGO). Als Verteidiger waren normalerweise nur Offiziere, Kriegsgerichtsräte oder von der obersten Militärjustizverwaltung der jeweiligen Kriegsministerien benannte, zivile Rechtsanwälte zugelassen, doch konnten bei Feldverfahren auch Unteroffiziere oder Mannschaftsdienstgrade diese Funktion übernehmen (§§ 341, 348 MStGO). Die Rechte des Verteidigers entsprachen im allgemeinen denen in einem Zivilverfahren; so hatte er beispielsweise das Recht auf Akteneinsicht nach Abschluß des Ermittlungsverfahrens (§ 344 MStGO). In diesem Bereich war die Militärstrafgerichtsordnung den zivilen Prozeßnormen weitgehend angeglichen worden, und ein weiterer großer Erfolg der Reformbemühungen war es, daß die Hauptverhandlung und die Urteilsverkündung normalerweise öffendich waren (§ 282 MStGO), doch schränkte dies der folgende Paragraph gleich wieder ein: »Die Öffentlichkeit kann ... ausgeschlossen werden, wenn sie eine Gefahrdung der öffentlichen Ordnung, insbesondere der Staatssicherheit, oder eine Gefährdung militärdienstlicher Interessen oder eine Gefährdung der Sitdichkeit besorgen läßt.« (§ 283 MStGO) Diese Bestimmung wurde durch eine kaiserliche Verordnung noch weiter präzisiert, da sie den Ausschluß der Öffentlichkeit ermöglichte, sobald die Gefahr bestehe, daß »das Ansehen der Kommandogewalt, der militärischen Einrichtungen, Verordnungen und Gebräuche ..., der Sinn für die unbedingte Unterordnung des Untergebenen unter den Vorgesetzten«47 nicht hinreichend gewahrt blieben. Ähnlich uneinheitlich war das Bild hinsichdich der Rechtsmittel. Diese gab es nur bei den Verfahren in der Heimat, nicht jedoch bei den Feldkriegsgerichtsprozessen (§§ 363-369, 419 MStGO), so daß dem Feldsoldaten auch hier ein wesenüicher Bestandteil ziviler Gerichtsbarkeit vorenthalten blieb. Mit der Mobilmachung trat die »Kaiserliche Verordnung über die Strafrechtspflege bei dem Heere in Kriegszeiten«48 vom 28. Dezember 1899 in 85

Kraft. Darin waren einige Änderungen gegenüber der Militärstrafgerichtsordnung füir die hier interessierenden Bereiche enthalten. So wurde der Kreis der Gerichtsherren der höheren Gerichtsbarkeit unter anderem um die stv. Kommandierenden Generale und Kommandeure der stv. Infanterie-Brigaden im Heimatheer erweitert (§1). Das Bestätigungsrecht fiir Urteile auf Tod, Zuchthaus, Gefängnis oder Festungshaft über einem Jahr stand im Krieg dem Armee-Oberbefehlshaber, Kommandierenden bzw. stv. Kommandierenden General und dem Etappen-Inspekteur zu, bei allen niedrigeren Strafen dem Gerichtsherrn, d.h. hier dem Divisions-Kommandeur (§ 11). In den meisten Fällen von unerlaubter Entfernung und fast allen von Desertion war daher der Kommandierende General des Armeekorps fur die Urteilsbestätigung zuständig, da die verhängten Strafen fur diese Delikte in der Regel über einem Jahr lagen. Die bestätigungsberechtigten Befehlshaber konnten Urteile auch bis auf das gesetzliche Mindestmaß herabsetzen, ebenso Degradierungen und die Versetzung in die 2. Klasse des Soldatenstandes veranlassen, also anders als im Frieden die Strafe auch um Ehrenstrafen erhöhen (§12). Die Aufhebung von Urteilen stand den Armee-Oberbefehlshabern und General-Gouverneuren der besetzten Gebiete zu (§ 13). Die Befehlshaber selbständiger Divisionen schließlich hatten dieselben Kompetenzen wie Kommandierende Generale (§ 18). Die im Laufe des Krieges auftretenden Detailfragen der Militärstrafgerichtsordnung und andere, rein verfahrensrechtliche Fragen sind in unserem Zusammenhang im allgemeinen uninteressant. Zu erwähnen ist allerdings: Wenn ein direkt der O H L unterstellter niederer Verband in die Kriegsgliederung eines höheren eintrat, unterstand er ihm auch im Bereich Militärjustiz; rein operativ-taktische Unterstellungsverhältnisse hatten diese Folge dagegen nicht. 49 Auf diese Weise kommt es zustande, daß z.B. von bayerischen Gerichten mitunter auch Angehörige anderer Kontingente verurteilt wurden und umgekehrt. Dies führte vor allem bei Urteilsbestätigungen und Begnadigungen bzw. Amnestien zu Kompetenzstreitigkeiten zwischen den Kontingenten. Auch aus dem Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich (RStGB)50 waren für unser Thema einige Paragraphen relevant, die das Delikt »Landesverrat« durch Übergehen zum Feind und den Dienst in einer gegnerischen Armee regelten (§§ 88-90, 93 RStGB). Diese Bestimmungen fanden laut § 56 Militärstrafgesetzbuch auch auf Militärangehörige Anwendung, wurden jedoch in den §§ 57-61 Militärstrafgesetzbuch mit noch höheren Strafen belegt. Der § 140 des Reichsstrafgesetzbuches stellte die Entziehung von der Wehrpflicht, gewissermaßen eine >präventive Desertionaus Versehen< die Staatsangehörigkeit verloren gehen konnte. 52 Unklar waren die Verhältnisse insbesondere dann, wenn der entsprechende Deserteur eine ausländische Staatsangehörigkeit angenommen hatte, ohne die deutsche verloren zu haben. Durch ein preußisches Rechtsgutachten 53 wurde festgestellt, daß in solchen Fällen die deutsche Staatsbürgerschaft und damit Wehrpflicht weiterbestehe, es sei denn, der Erwerb der ausländischen Staatsbürgerschaft war nach dem 1. Januar 1914 erfolgt, zu dem das Staatsangehörigkeitsgesetz von 1913 in Kraft getreten war. Die Frage möglicher Ausbürgerung stellte sich auch bei einem trotz eines Gestellungsbefehls nicht aus dem Ausland zurückgekehrten Deutschen. 54 Das wurde besonders relevant, nachdem am 2 6 . Februar 1 9 1 7 eine kaiserliche Verordnung erlassen worden war, die alle im neutralen oder befreundeten Ausland lebenden wehrpflichtigen Deutschen zur Rückkehr aufforderte, soweit dies nicht bereits am 3. August 1914 geschehen war.55 Nach dieser »Aufforderung zur Rückkehr« war es nunmehr gemäß § 27.1 Staatsbürgergesetz möglich, all jene auszubürgern, die ihr nicht folgten. 56 Schließlich konnten auch Maßnahmen gegen die Angehörigen von Deserteuren in der Heimat erlassen werden. Hier wäre zunächst die Drohung mit der Aberkennung der Familienunterstützung für die Angehörigen desertierter oder zu einer Gefängnisstrafe von über sechs Monaten verurteilter Soldaten zu nennen. 57 Weiterhin konnte gemäß §§ 8 9 und 141 Reichsstrafgesetzbuch gegen Zivilisten wegen des Verleitens zur Fahnenflucht oder Begünstigung eines Deserteurs ermittelt werden, ebenso aufgrund von Verordnungen nach § 9 b des Gesetzes über den Belagerungszustand, das die kriegsrechtliche Grundlage der Organisation der Kriegsgesellschaft im Inneren war.58 Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß die rechtlichen Parameter für die Delikte unerlaubte Entfernung und Desertion zweigeteilt waren. Das materielle Strafrecht in Gestalt des Militärstrafgesetzbuches war weitgehend daran orientiert, der individuellen Schuld des Täters durch ein fein differenziertes System abgestufter Strafen gerecht zu werden. Insofern war die Militärjustiz durchaus in erster Linie Justiz, zumal die Strafmaße im

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internationalen Vergleich eher niedrig waren. Das Strafrecht ist damit ein Reflex der partiellen Modernität des Kaiserreichs, das eine lange Tradition als autoritärer Rechtsstaat hatte. Während das Militärstrafgesetzbuch die Rechtsstaatlichkeit betonte, wurde durch das Prozeßrecht, die Militärstrafgerichtsordnung, der autoritäre Charakter des politisch-gesellschaftlichen Systems akzentuiert. Es trug sehr viel mehr dem Primat militärischen Denkens Rechnung. Durch die starke Stellung des Gerichtsherrn war sichergestellt, daß bei Bedarf die Durchsetzung der militärischen Disziplin auch gegen mögliche juristische Bedenken erzwungen werden konnte.

2.

Großbritannien

Das britische Militärstrafrecht, wie es 1914 gültig war, setzte sich aus zwei Quellen zusammen. Der »Army (Annual) Act« (AA) von 1881, der jährlich erneuert werden mußte, stellt das Kernstück dar; die hier wichtigen Bestimmungen stammen aus dem »Army Discipline and Regulation Act« von 1879, der in den Army Act von 1881 eingeflossen ist. Die »King's (bzw. Queen's) Regulations« waren dem Army Act untergeordnet und galten bei Kriegsbeginn in der Fassung von 1912 mit einigen seither erfolgten Änderungen. 59 Für den Alltag der Militärjustiz war das »Manual o f Military Law« ( M M L ) entscheidend, das 1 9 1 4 in einer Neuauflage erschienen war.60 Es enthielt zusammengefaßt und kommentiert bzw. mit Beispielen erläutert die wichtigsten Rechtsbestimmungen. Die entsprechenden Abschnitte des »Army (Annual) Act« waren ebenfalls darin abgedruckt und werden daher künftig aus dem »Manual o f Military Law« zitiert. Seinen exegetischen Aussagen kommt für die Praxis eine große Bedeutung zu, denn obwohl es selbst keinerlei rechtsverbindliche Kraft besaß, war es für die mit der Wahrnehmung der Militärjustiz betrauten Offiziere zweifellos die wichtigste - weil kompakteste - Quelle. Daneben gab es auch noch Handbücher, die in geraffter Form die wichtigsten Punkte des Militärstrafrechts unter dem Aspekt praktischer Anwendung für den Frontoffizier bündelten. 61 Für die Unterscheidung von Desertion und unerlaubter Entfernung spielte die Absicht auch im britischen Recht eine große, jedoch nicht die allein entscheidende Rolle: »The criterion between desertion and absence without leave is intention. The offence o f desertion... implies an intention on the part o f the offender either not to return to His Majesty's Service at all, or to escape some particular important service« ( M M L 111.13, Hervorhebung original). Entscheidend ist der Passus »to escape some particular important service«, der bedeutet, daß derjenige, der z.B. beim Vorgehen seiner Einheit in die Frontlinie zurückbleibt, als Deserteur zu behandeln ist, auch wenn er

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sich nicht fur immer entfernen wollte (MML III.16). Nach deutschem Recht wäre das lediglich unerlaubte Entfernung (oder eventuell Feigheit) gewesen. Wer allerdings seine Einheit verließ, um sich unerlaubterweise einer anderen Einheit anzuschließen, war, anders als nach den deutschen Bestimmungen, nicht der Desertion schuldig (AA 1.12., Note 11). Als eindeutige Beweise der Desertionsabsicht galten unter anderem das Tragen von Zivilkleidung oder Überlaufversuche. Die Länge der Abwesenheit oder die Entfernung von der Truppe, in der der Angeklagte ergriffen wurde, waren dagegen fur sich genommen nicht entscheidend. Auch konnte aus einer erlaubten Abwesenheit, z.B. Urlaub, eine Desertion werden, sobald wiederum die Absicht vorlag, nie mehr zum Dienst zurückzukehren. Die versuchte Desertion war ebenfalls strafbar, nicht allerdings die bloße Absicht, und die Tatsache, daß sich ein Soldat freiwillig stellte, Schloß die Desertionsabsicht keineswegs aus. Bei allen Zweifelsfällen waren die Richter jedoch angehalten, die weniger schwerwiegende Schuld anzunehmen, also in dubio pro reo zu urteilen (MML III.14.-20. und AA 1.12., Note 14). Die geringere Bedeutung, die den Formalia eines Verfahrens im britischen Militärstrafrecht beigemessen wurde, drückt sich schon darin aus, daß die Verfahrensregeln nicht in ein eigenes Gesetz, sondern als Paragraphen 5 0 - 5 6 im Army Act gefaßt waren (im MML, S. 4 3 0 - ^ 3 8 ) . Dem Gerichtsherrn des deutschen Feldkriegsgerichts entsprach hier der »Convening Officer«; bei den Feldkriegsgerichten war dies der Brigade-Kommandeur. Das Bestätigungsrecht stand bei den hohen Strafen, die fur Desertion normalerweise verhängt wurden, dem Army-Kommandeur zu, der auch eine Revision des Urteils veranlassen konnte, die jedoch nicht zu einer Straferhöhung fuhren durfte. Das Gericht konnte zusammen mit dem Urteil eine Gnadenempfehlung aussprechen, an die der bestätigende Offizier aber nicht gebunden war. Bei Todesurteilen und Zuchthausstrafen stand das Bestätigungsrecht allein dem Obersten Befehlshaber der Region zu, d.h. an der Westfront dem Commander-in-Chief der British Expeditionary Force. Die Strafe konnte aber auch gemildert, teilweise erlassen oder in eine andere, leichtere Strafform umgewandelt werden. Auf Betreiben des unter anderem fur die Revision von Kriegsgerichtsurteilen zuständigen Wyndham Childs, Adjutant des ersten Commander-in-Chief, John French, wurde dieses Verfahren geändert, da dem Hauptquartier keine Informationen über den soldatischen Wert des Delinquenten vorlagen und es ohne Kenntnisse des Einzelfalls urteilen mußte. Daher wurde es zur Praxis gemacht, daß ein verhängtes Todesurteil, eventuell mit einer Gnadenempfehlung des Gerichts versehen, nacheinander dem Battalions-, Brigade-, Divisions-, Corps- und ArmyKommandeur vorgelegt wurde, die ihre Kommentare dazu abgaben, bevor schließlich der Commander-in-Chief die endgültige Entscheidung traf.62 Dadurch war sichergestellt, daß sich die vermeintlichen militärischen Not-

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wendigkeiten, z.B. ein Exempel statuieren zu müssen, ungehindert von juristischen Erwägungen durchsetzen konnten. Denn eine juristische Kontrolle fand nur insoweit statt, als die Verfahren auf ihre formale Korrektheit hin geprüft wurden. Eine Besonderheit des britischen Militärprozeßrechts bestand noch darin, daß im Falle einer Verurteilung dem Angeklagten das Votum des Gerichts nicht in der Verhandlung, sondern erst nach der erfolgten Bestätigung durch den Oberbefehlshaber verkündet wurde. Diese Regelung trat erst im Frühjahr 1918 zumindest bei ergangenen Todesurteilen außer Kraft.63 Als letztes Detail ist schließlich zu erwähnen, daß es auch ein Äquivalent zu den deutschen Fahnenfluchterklärungen gab. War ein Soldat 21 Tage unerlaubt abwesend, wurde er von einem »Court of Inquiry« für fahnenflüchtig erklärt und im Regimentsbuch vermerkt. Blieb der Betreffende flüchtig, hatte diese Erklärung die gleichen rechtlichen Folgen wie eine rechtmäßige Verurteilung wegen Desertion (AA I.72). 6 4 So erlosch schon vom ersten Tag einer Abwesenheit an das Anrecht auf Soldzahlungen.65 Die weiteren Regelungen für die Abhaltung der Kriegsgerichtsverhandlungen sind in den Rules of Procedure (RP) 66 enthalten, hier aber meist ohne Belang. Insgesamt gab es vier verschiedene Arten von Kriegsgerichten (AA 1.47-49): 1. Das »Regimental Courts-Martial«: Es war nur für leichtere Vergehen gegen Mannschaften zuständig und durfte keine Todes-, Zuchthaus- oder Haftstrafen aussprechen. Ihm entsprach in etwa die niedere Gerichtsbarkeit im deutschen Militärstrafrecht. 2. Das »District Courts-Martial«: Es kam für alle schwereren Vergehen der Mannschaftsdienstgrade in Betracht, war aber nicht befugt, Todes- oder Zuchthausstrafen zu verhängen. 3. Das »General Courts-Martial«: Es verhandelte alle schwereren Vergehen und war zuständig für Offiziere und Mannschaften im Frieden. Dabei konnten alle Strafen verhängt werden, die Todesstrafe jedoch nur, wenn zwei Drittel der Richter zustimmten. District- und General Courts-Martial entsprachen ungefähr der höheren Gerichtsbarkeit in Deutschland. 4. Das »Field General Courts-Martial« (FGCM): Es war zuständig für die schwereren Vergehen aller Dienstgrade in Übersee und während eines Krieges. Diese entsprechen damit den »Feldkriegsgerichten« des deutschen Strafrechts. Es mußte aus mindestens drei Offizieren bestehen, wobei der Vorsitzende wenigstens den Rang eines Captains bekleiden mußte. Im Notfall genügten auch zwei Offiziere, doch dann durften nur Haftstrafen verhängt werden. Ein reguläres Field General Courts Martial konnte alle Strafarten verhängen, die Todesstrafe jedoch nur einstimmig. Da für diese Untersuchung allein die Field General Courts Martials wichtig sind, beziehen sich alle weiteren Angaben nur noch auf sie. 90

Zu allen Verhandlungen war ein »prisoner's friend« zugelassen, der als Verteidiger fungierte, den Angeklagten in allen Punkten beraten und Zeugen befragen durfte. Ein Rechtsanspruch auf einen Verteidiger bestand jedoch nicht, und dieser mußte selbst dem Militärrecht unterstehen; lediglich bei District- und General Courts-Martials in der Heimat waren auch zivile Rechtsanwälte zugelassen (RP 87-88). Die King's Regulations (KR) handelten im wesentlichen nur davon, was mit einem Deserteur im Vereinigten Königreich verfahrensrechtlich zu geschehen habe. Innerhalb von fünf Tagen nach Verschwinden eines Soldaten war der »Police Gazette« Meldung zu erstatten. Den Fahndungsaufruf erhielten dann alle Truppenteile im Königreich und die entsprechende Polizeistation, in deren Bereich die Desertion erfolgt war. Weiterhin wurde ein freiwillig zurückgekehrter Deserteur dem zuständigen Truppenteil überstellt, die Ermitdungen jedoch bereits von dem zuständigen Offizier des Truppenteils aufgenommen, dem sich der Deserteur stellte (KR 514—515 und 517). Die im Krieg schnell und unerwartet auftauchende Frage, wieweit viele Desertionen in einem durch den »shell shock«, die psychische Schockwirkung des Artilleriefeuers verursachten Zustand bedingter geistiger Zurechnungsfähigkeit begangen worden waren, fand im September 1916 ihren Niederschlag in der Neuaufnahme des § 595 in die King's Regulations, demzufolge es ausdrücklich bei der Vorlage des Urteils an die bestätigenden Instanzen vermerkt werden mußte, daß der Delinquent auf eine mögliche Geistesschwäche hin untersucht worden war.67 Die Strafandrohungen waren insgesamt im britischen Recht sehr viel härter als im deutschen, vor allem aber weniger systematisch nach der Schwere der Tat aufgegliedert. Der Army Act bestimmte, daß jeder im aktiven Dienst Befindliche, der desertiert ist oder desertieren wollte, oder einen Dritten zur Desertion angestiftet hat oder anstiften wollte, zum Tod oder einer geringeren gesetzlich zulässigen Strafe zu verurteilen sei (AA 1.44.a-n). Damit waren grundsätzlich alle Strafmaße von zeitweisem Soldentzug über Gefängnis· und Zuchthausstrafen bis zur Todesstrafe für Desertion im Krieg zulässig. Es gab keinerlei festgelegte Kriterien, die ein Gericht daran hindern konnten, einen Deserteur mit einigen Wochen Arrest >davonkommen< zu lassen, und umgekehrt konnte auch die erste Desertion eines Soldaten bereits mit dem Tod bestraft werden, selbst wenn sie nur wenige Stunden gedauert hatte. In der Praxis der Feldkriegsgerichte sollte unzweifelhaft die Todesstrafe als die Standardstrafe für Desertion verhängt werden. Das zeigt der Blick in eines der vielen im Weltkrieg benutzten Handbücher zum Militärstrafrecht. In der dortigen tabellarischen Darstellung der Delikte und Strafen steht neben »Desertion« im Feld nur die Todesstrafe als Höchststrafe vermerkt. Dagegen fehlte der explizite Hinweis auf die möglichen niedrigeren Strafen. In der Regel dürfte daher der beabsichtigte Effekt eingetreten 91

sein, daß den sämtlich aus juristischen Laien bestehenden Feldkriegsgerichten die Todesstrafe als einzig mögliche Strafe für eine Desertion erschien.68 Außerhalb des aktiven Dienstes lagen die Strafmaße deutlich niedriger. Bei der ersten Desertion war auf Haftstrafe, im Wiederholungsfall auf Zuchthaus zu erkennen (AA I.12.1.a+b). Die Hilfeleistung für Deserteure bzw. das Nichtmelden einer bekannten Desertionsabsicht eines Dritten war ebenfalls unter Strafe gestellt (AA 1.14.1.+2.). Im Januar 1917 wurde die Möglichkeit, erworbene Orden und Auszeichnungen im Falle eines Kriegsgerichtsprozesses abzuerkennen, auch auf die Feldkriegsgerichte ausgedehnt. 69 Zuchthausstrafen schließlich sollten in zivilen Zuchthäusern in Großbritannien vollstreckt werden (AA 1.58). Für die unerlaubte Entfernung, »Absence without leave«, waren, im Unterschied zur Desertion, verschiedene Strafmaße für Offiziere und Mannschaften vorgesehen. Während dem einfachen Soldaten Haftstrafen drohten, hatte der Offizier >nur< die Entlassung aus dem Dienst als Höchststrafe zu gewärtigen (AA 1.15.1-4). Für den Army Act 1912 wurde ein Änderungsvorschlag eingebracht der vorsah, die Unterschiedlichkeit der Strafandrohungen für Offiziere und Mannschaften aufzuheben. Diese Initiative wurde jedoch mit der Begründung zurückgewiesen, daß die Ausstoßung aus dem Offizierskorps eine schwerere Strafe als eine Inhaftierung darstelle.70 Zusammenfassend läßt sich für Großbritannien feststellen, daß die juristische Regelungsdichte deutlich niedriger war als in Deutschland, das Verfahren insgesamt >pragmatischer< im Sinne der Militärführung ablief und einen wesentlich größeren Ermessensspielraum bei der Urteilsfindung und der Strafbemessung eröffnete. Der Primat der Abschreckungsfunktion von Strafen war signifikant, während dagegen die individuelle, juristisch bewertbare Schuld eines Angeklagten eine sehr viel geringere Rolle spielte. Von einer Unabhängigkeit der juristischen Entscheidungsfindung von den militärischen Autoritäten konnte noch weniger als in Deutschland die Rede sein, und der Abstand zu den Regeln der zivilen Justiz war erheblich größer. Die britische Militärjustiz hat den Charakter einer >Laienjustizdes< Kriegserlebnisses zu zeichnen. Da an der Westfront der Stellungskrieg das eigentliche Charakteristikum darstellte, beschränkt sich diese Beschreibung auf den Grabenkrieg.71 Nachdem im Herbst 1914 die ursprünglichen Feldzugsplanungen gescheitert waren, erstarrte die gesamte Front im Stellungskrieg. Die zunächst provisorischen Schützengräben wurden im Laufe der Zeit immer tiefer gegraben und besser befestigt. Darin brachten es besonders die Deutschen zur Meisterschaft, da sie wegen des Zweifrontenkrieges und der alliierten Überlegenheit mit möglichst wenigen Soldaten auskommen mußten. Normalerweise gab es, dem >Feind< am nächsten gelegen, die erste (Front)Linie, von der oft noch in regelmäßigen Abständen piazierte Horchposten wegführten. Der Abstand zwischen den feindlichen ersten Linien betrug meist nur wenige hundert Meter, manchmal deudich weniger, und die vorgeschobenen gegnerischen Horchposten waren bisweilen nur in Rufbzw. Handgranatenwurfweite voneinander entfernt. Nach vorne war die erste Linie mit einem tiefgestaffelten Stacheldrahtzaun gegen feindliche Angriffe geschützt, der zugleich ein ernsthaftes Hindernis bei Überlaufversuchen bildete. Die Unterstände, in denen sich die Mannschafts- und Offiziersunterkünfte sowie die Stuben der Zug- und Kompaniefüihrer befanden, waren mehr oder weniger tief in die Erde eingegraben, so daß sie gegen Artilleriebeschuß leidlich geschützt waren, ebenso wie die meist betonierten MG-Unterstände. Allerdings kam es oft vor, daß solche Unterstände verschüttet wurden, was fur die Insassen den Erstickungstod oder psychische Traumata bedeuten konnte. Auf die erste Linie folgte in ca. 1 0 0 - 2 0 0 m Abstand die zweite Linie und schließlich, ca. einen km dahinter, die Reservestellung (dritte Linie). Alle Linien waren mittels quer dazu verlaufender Transportgräben verbunden, durch die alle Menschen und alles Material von hinten nach vorne und umgekehrt mußte. Weil der Gegenseite das gesamte Grabensystem durch Flieger- und Baiionaufklärung mehr oder weniger bekannt war und deren Artillerie genug Zeit hatte, sich exakt einzuschießen, konnten alle größeren Truppen- und Materialbewegungen nur im Schutz der Dunkelheit erfolgen. Daher fand auch die Ablösung der Truppenteile im vordersten Graben fast immer nachts statt. Schoß aber die gegnerische Artillerie Trommel- und Sperrfeuer, war jegliche Verbindung nach hinten für Stunden, manchmal Tage unterbrochen. Die Tiefe der Front in dem Sinn, daß sie ständig der

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Gefahr feindlichen Beschusses unterlag, betrug etwa 10 km, definiert durch die Reichweite der schweren Feldartillerie. Zwei klar definierte Grenzen markierten auch den >gerichteten RaumStahlgewitter< tatsächlich die dominante Realität gewesen, keine der beteiligten Armeen hätte das Jahr 1915 überlebt. Weil aber kaum etwas schwerer zu ertragen ist, als lange einer Gefährdung ausgesetzt zu sein, ohne den dadurch entstehenden psychischen Druck durch Aktivität in irgendeiner Form abbauen zu können, wie dies während des tagelangen Trommelfeuers der Fall war, prägten sich diese zeitlich relativ kurzen Perioden schwerer Kämpfe psychisch am tiefsten ein. 73 Die fiktionalen wie autobiographischen Berichte über die Hölle der Materialschlachten sind Legion und brauchen hier nicht wiederholt zu werden.

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Die Abweichung von diesem quasi offiziellen Bild ist dagegen viel schwerer systematisier- und darstellbar. Denn neben den spontanen Weihnachtsverbrüderungen 1914 hat sich schon sehr früh die Gewaltbeschränkung durch Ritualisierung ausgeprägt. Bereits Anfang November 1914 berichtete der Oberbefehlshaber der 6. Armee, Kronprinz Rupprecht von Bayern, von der Ypern-Front: »Ich hörte, daß in den letzten Tagen abends zur Essenszeit wie auf ein Zeichen zu beiden Seiten automatisch eine vorübergehende Waffenruhe eingetreten sei.«74 Bisweilen kamen die offensichtlichen Kampfhandlungen auch ganz zum Erliegen, wie Rupprecht im Januar 1915 berichtete, als »die Mannschaften ungehindert vor den Schützengräben Pfähle einschlagen und das Drahthindernis verstärken [konnten]. Auch ging dort ein Generalstabsoffizier des Korps mitten zwischen den beiderseitigen Schützengräben hindurch, ohne daß ein Schuß fiel«.75 Aus britischer Perspektive schilderte ein Offizier der 58. Division ein solches Abkommen im Mai 1917: »The camp was tented and right on top of the downs. You could stand there and watch the german observation balloons across the valley..., so they must have known exacdy where we were. I think there must have been an unwritten agreement not to molest each other's reserve troops for, except for dropping an occasional heavy in the general neighbourhood, they never shelled us although we must have been in range of their fieldguns.«76

Wie es den Soldaten mitunter gelang, ihren kollektiven Wunsch nach Gewaltbegrenzung mit dem ihrer Militärfuhrung nach Gewaltsteigerung auszubalancieren, zeigt die Aussage eines deutschen Überläufers, der bei seiner Vernehmung von einem stillschweigenden Abkommen zwischen den deutschen und britischen Soldaten berichtete, einander so wenig wie möglich zu beschießen. Demnach wurden Soldaten, die trotzdem auf den Gegner feuerten, von ihren Kameraden beschimpft, und wenn von höherer Stelle ein Artillerie angriff befohlen wurde, verschoß man Granaten ohne Zünder, um einen Gegenschlag zu vermeiden.77 In der Regel ist die Gewaltbegrenzung zwar von den einfachen Soldaten ausgegangen, doch auch weiter oben in der Kommandohierarchie wurde sie bisweilen gern gesehen und sogar aktiv gefördert, z.B. wenn dadurch dringend notwendige Ausbesserungsarbeiten am eigenen Grabensystem auch bei Tage möglich wurden. 78 Üblicherweise gingen die Armeefiihrungen allerdings gegen solche Erscheinungen vor. So erblickte die O H L darin bereits Ende November 1914 »eine ausserordentliche Gefahr. Der feste Wille jedes Einzelnen, jederzeit u. überall mit allen Kräften dem Gegner Abbruch zu tun, darf unter keinen Umständen Einbusse erleiden.... Auch der Positionskampf... muss überall der Vernichtung des Gegners gelten!«79 Diese Beispiele zeigen, wie uneinheitlich das Kriegserlebnis von Tag zu Tag, von Ort zu Ort, von Einheit zu Einheit sein konnte. Die Handlungs95

Spielräume der Soldaten waren sicher nicht sehr groß, aber doch groß genug, um den Charakter des Krieges in einem lokalen Umfeld merklich zu beeinflussen. Es gab nicht das eine »Antlitz des Krieges«, sondern »myriad faces of war«, um einen Buchtitel von Trevor Wilson zu zitieren.80 Angesichts dieser Mannigfaltigkeit des Kriegsalltags mußten alle Versuche der Armeeführung, ihre Vorstellungen von Kriegführung durchzusetzen, bald an Grenzen stoßen. Die Annahme, in der Zeit eines sich über eine hunderte Kilometer lange Front und viele Jahre hinziehenden Krieges noch genauso die Kontrolle über das Schlachtfeld wahren zu können, wie das in den zeitlich und räumlich eng begrenzten Schlachten früherer Zeiten zumindest theoretisch möglich war, ging an der Realität des Weltkrieges vorbei. Doch hielten die Militärführungen letztlich an diesem Wunschbild totaler Kontrolle des Kampfgeschehens fest. Das förderte, kann als Hypothese formuliert werden, ihre Bereitschaft, bei einem Scheitern ihrer auf diesem unrealistischen Wunschdenken aufgebauten Pläne nach einem Sündenbock zu suchen. Strukturierend für den Kriegsalltag waren weiterhin die Rhythmen des Einsatzes an verschiedenen Teilen der Front. Für gewöhnlich befand sich von einer Division, die normalerweise knapp 10 km Front hielt, ein Drittel im ersten Graben, ein weiteres Drittel in den zweiten und dritten Gräben, der Rest in Reservestellungen weiter hinten, außerhalb der Reichweite der gegnerischen Artillerie. Das heißt, daß etwa ein Drittel der Einsatzzeit keine unmittelbare Lebensgefahr - außer durch Flieger - bestand. Von einem Regiment waren zwei Bataillone im Graben, jeweils drei Kompanien in erster und zweiter Linie, die vierte in der dritten Reservelinie. Das dritte Bataillon befand sich einige Kilometer hinter der Front in Ruhestellung. Eine Kompanie war gewöhnlich jeweils ca. eine Woche in der ersten, dann in der zweiten und der Reservelinie, dann schließlich ein bis zwei Wochen in Ruhestellung. 81 Dazu kamen noch in unregelmäßigen Abständen längere Ausbildungs- und Ruhephasen weit hinter der Front. Für ein britisches Batallion ist berechnet worden, daß es 42% der Zeit in Frontstellung, 38% in Reservestellungen hinter der Front und 20% der Tage in Ruhequartieren in der Etappe lag.82 Ein Lieutenant war 1916 an 65 Tagen in der Front- und 36 Tagen in der Versorgungslinie, also zusammen 101 Tage direkt >unter FeuerSchützengrabengemeinschaft< wandelte oder das Klassenheer bestehen blieb, ist aufgrund der kaum systematisierbaren Quellenbefunde und der enormen Bandbreite der Kriegserlebnisse nur schwer beantwortbar. Die klassenlose Schützengrabengemeinschaft ist aber zweifellos immer ein Mythos gewesen, denn Unzufriedenheit und Entziehungsstrategien waren weit verbreitetet und vielschichtig.84 Es herrschte ein Klima allgemeiner Unzufriedenheit, die sich verbal bisweilen recht drastisch Luft verschaffte und auch hin und wieder zu Handlungen führte. Will man das aber seiner Bedeutung gemäß gewichten, ist der einzig valide Maßstab die Funktionsfähigkeit des Systems. Dabei ist nicht die Idealvorstellung einer reibungsfrei laufenden Maschinerie sinnvoll, denn kein soziales System läuft in praxi so. Trotz aller heute kaum nachvollziehbaren Belastungen des einzelnen wie der Gesellschaft durch den Krieg stotterte die Kriegsmaschine zwar bisweilen, stand aber im britischen Heer niemals still und auch in der deutschen Armee erst zu dem Zeitpunkt, als der Krieg militärisch verloren war und sich das auch nicht mehr verheimlichen ließ. Die Meutereien und ähnliche Vorgänge sind die Ausnahmen, die die Regel bestätigen. Der enorme kollektive wie individuelle psychische Druck konnte nur deswegen ausgehalten werden, weil es die verschiedensten Ventile gab, die den Überdruck entweichen ließen. Der Offiziershaß gehörte dazu und war daher bis zu seinem systemsprengenden Grenzwert hin stabilisierend.85 Zu den vielen, noch wenig bearbeiteten Kapiteln der Alltagsgeschichte des Weltkrieges gehört ein Bereich, der für die Soldaten geradezu essentiell war: die gegenseitigen Austauschprozesse zwischen Front und Heimat, vor allem durch den Urlaub. 86 Dieser war einerseits zur Reproduktion der Kampfkraft unerläßlich, führte dem Soldaten aber andererseits seine Situation deudich vor Augen, weil er mit der Eisenbahn je nach Lage des Heimatortes in wenigen Stunden aus einer von Kriegsgreueln, Brutalität und Zerstörung geprägten Umwelt in die damit verglichen idyllische Normalität des zivilen Lebens in der Heimat wechselte. Da der Soldat außerdem während dieser Tage dem Disziplinierungsdruck des Systems entzogen war, die totale 97

Institution also die Kontrolle über ihre Mitglieder verlor, blickte die Militärfuhrung sorgenvoll auf diese wenigen Tage, die ihren Argwohn nährten, allerlei schädliche Einflüsse< könnten sich bei dem Soldaten bemerkbar machen. Das Leben im Schützengraben war von einer eigentümlichen Polarität geprägt. Einerseits herrschte eine fast schon an eine Fabrik erinnernde, arbeitsteilige Struktur- und Regelhaftigkeit mit festen Arbeits- und Ruhezeiten; andererseits drohte jederzeit der Einbruch des Unvorhergesehenen und mit ihm Tod und Verwüstung. Die Front war nicht per se das extreme Gegenbild zum Zivilleben, vielmehr prallten Ausnahmesituation und Normalsituation im Graben selbst aufeinander. Diesen Gegebenheiten entsprach das Verhalten der Soldaten, denn es hatte sich ein festes Repertoire an Reaktionsmustern herausgebildet, um dem Grabenalltag gerecht zu werden, und hier gab es sogar einen gewissen Handlungsspielraum. Doch wenn das Extreme z.B. in Form eines gegnerischen Angriffs hereinbrach, mußten daraus auch extreme Handlungen der Soldaten erfolgen. Diese Komplexität war und ist nicht adäquat durch ein juristisches und disziplinarrechtliches Regelwerk steuerbar. Konflikte zwischen Norm und Realität waren nicht nur unvermeidliche Friktionen im Sinne Clausewitz', sondern geradezu konstitutiv für den Alltag des Schützengrabens.

2. Rollenklischees und Rollenkonflikte

Das soziale Handeln von Individuen wird, unabhängig von individuellen Dispositionen, von überindividuellen Rollenschemata geprägt, die prinzipiell in allen Armeen gleichermaßen von Bedeutung sind. Daher muß man sich vor der Betrachtung der tatsächlichen Ereignisse der rahmensetzenden Parameter vergewissern. Denn die bereits kurz skizzierten Gegebenheiten sozialen Handelns in der Armee veränderten sich im Weltkrieg teilweise. Grundlegend blieb zunächst die Unterscheidung von Offizieren, Unteroffizieren und Mannschaften. Die Rolle des Offiziers ist geprägt durch seine Befehls- und Sanktionsgewalt, die den entscheidenden Graben zwischen ihm und den Mannschaften schafft. Er wacht über die Einhaltung des dichten Geflechts von Vorschriften, wobei der einfache Soldat in einer »Normenfalle« gefangen ist: Der Vorgesetzte vermag jederzeit eine Situation herbeizufuhren, die als Normbruch des Untergebenen geahndet werden kann. Dadurch offenbart sich die doppelte Funktion der Vorschriften: Sie dienen einerseits dazu, das Zusammenleben im Sinne der Militärfuhrung rational zu regulieren; andererseits ermöglichen sie es dem Vorgesetzten, seiner Willkür gegenüber dem Untergebenen den Anschein bloßer Durchsetzung objektiv gültiger und allge98

meinverbindlicher Regelungen zu geben. Der einfache Soldat kann darauf nur reagieren indem er versucht, sich möglichst unauffällig zu entziehen. 87 Die soziale Unterscheidung zwischen Offizieren und Mannschaften verstärkt dieses Gefalle noch. Die Klassenstruktur der britischen Armee schilderte ein junger US-Amerikaner, der sich bei Kriegsbeginn aus Abenteuerlust zur Armee meldete mit den Worten: »a private soldier is a socially inferior being from the officer's point view. The officer class and the ranker class are east and west, and never the twain shall meet, except in their respective places on the parade-ground.« 88 Nicht anders war es in der deutschen Armee, doch waren die Machtfülle und die herausgehobene Sozialstellung der Offiziere schon zu Beginn des 2 0 . Jahrhunderts nur noch unter der Annahme zu rechtfertigen, daß sie durch dienstliche Notwendigkeiten bedingt seien. Nicht umsonst wurden daher die »sozialen Heeresmißstände« und die Fälle von Untergebenenmißhandlung in Deutschland in der Öffentlichkeit und im Reichstag immer wieder debattiert. 89 Die meisten Differenzen zwischen Offizier und Mann blieben im Krieg gleich oder verschärften sich sogar, so z.B. die Strafandrohungen und damit die Disziplinargewalt »im Feld«. Wie selbstverständlich wurden die separaten Offiziersquartiere und die unterschiedlichen Essensrationen auch in den Schlammlöchern Flanderns nicht aufgegeben. Die Lebensgefahr war dagegen für alle grundsätzlich gleich hoch, wobei die Quote der getöteten Offiziere in beiden Armeen wohl um rund 3 0 - 5 0 % höher lag als bei den Mannschaften. 90 In dem engen Lebensumfeld >Schützengraben< verkörperte der Offizier einerseits weiterhin die abstrakte, beinahe unbeschränkte Disziplinierungsgewalt des Staates. Andererseits waren die wechselseitigen Kommunikations- und Kontrollprozesse sehr viel intensiver und symbolische Distinktionsrituale schwerer aufrecht zu erhalten als in der Kaserne. Der Offizier mußte die dem Soldaten abverlangten Verhaltensweisen vorbildhaft verkörpern, was voraussetzte, einige Prinzipien des Systems partiell aufzugeben. Dem Beharren auf den >standesgemäßen< Vorrechten des Offiziers stand die nur schwer zurückweisbare Forderung entgegen, daß der Gleichheit des Dienstes und der Gefahr für Leib und Leben auch eine zumindest annähernde Gleichbehandlung aller Heeresangehörigen zu entsprechen habe. Das wurde in dem Runderlaß eines Armee-Oberkommandos vom Juni 1 9 1 6 über die Pflichten des Offiziers deudich ausgesprochen: Gerade der Offizier dürfe »sich den Entbehrungen, die der Krieg in bezug auf Unterkunft und Verpflegung mit sich bringt, nicht entziehen und muß die notwendigen Opfer und Entbehrungen vorbildlich für seine Person in den Kauf nehmen, soll anders sein Verhalten nicht zu Mißstimmungen Veranlassung geben«. 91

Ignorierte ein Offizier diese Forderungen allzu offenkundig, trat der Kontrast zwischen Ideal und Wirklichkeit mit einer Schärfe zu Tage, die negative

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Folgen fur die Stimmung der Mannschaften haben mußte. 92 Entsprach ein Offizier aber tatsächlich dem egalitären Ideal der >SchützengrabengemeinschaftSchützengrabengemeinschaftSöldnerarmee< so charakterisierte, daß sie »für die moderne Kriegführung nicht ausgebildet werden kann, welche ganz auf die Durchdringung jedes einzelnen Mannes mit patriotischer Hingabe an seine Pflicht und auf den moralischen Zusammenhalt der Truppe im zerstreuten Gefecht gebaut ist«. 115

Auch hier fällt, wie bei den Militärs, die Betonung der neuen Bedeutung >moralischer Qualitäten auf. Doch englischerseits war man ebenfalls nicht zimperlich, wenn es darum ging, völkerpsychologische Pauschalurteile im Dienste der Kriegspropaganda zu fällen. So hieß es in einer kurz nach Kriegsbeginn publizierten Schrift über die deutschen Soldaten in bemerkenswertem Kontrast zu den offiziell vertretenen Prinzipien der >AuftragstaktikEtappen-Kommandantur 163< trugen.« 17

Die immer wieder angemahnte bessere Überwachung der Züge und Bahnhöfe war, vor allem in kleineren Orten, so mangelhaft, daß viele Reisende ihre Urlauberfahrscheine wieder mit zur Front brachten, da sie ihnen nicht abgenommen worden waren.18 Solche nicht entwerteten Fahrscheine konnten dann von anderen unberechtigterweise weiterbenutzt werden. Selbst in dem kleinen Gebiet zwischen Gent, Kortrijk und Douai waren manche Soldaten drei Wochen lang von Auskunftsstelle zu Auskunftsstelle unterwegs und wurden dort untergebracht und verpflegt.19 Andere schafften es auch, sich als Mischung aus Schwejk und Felix Krull monatelang der Verhaftung zu entziehen. Das stv. Generalkommando in Münster berichtete von so einem Fall: »Ein fahnenflüchtiger Husar Müller, der als Vizewachtmeister ... auftrat, erschwindelte sich mit Hilfe [gefälschter] Ausweispapiere bei einer Militärbehörde einen Kraftwagen der Heeresverwaltung und ist mit diesem monatelang unbehelligt durch Deutschland gefahren. Die Betriebsstoffe entnahm er, ohne sie zu bezahlen, militärischen Ausgabestellen. Als er ... verhaftet wurde, gelang es ihm durch die Ausweispapiere und sein sicheres Auftreten ..., seine Freilassung zu erwirken. Später ist er dann wieder ergriffen worden.« 20

Der Fall eines anderen Soldaten, der »sich mehrfach unter Vorspiegelung falscher Tatsachen von heimatlichen Kassen Geldbeträge erschwindelt«21 hatte, erschien dem Preußischen Kriegsministerium offenbar so bedrohlich, daß nach diesem Soldaten, entgegen den üblichen Gepflogenheiten, sogar im preußischen Armeeverordnungsblatt gefahndet wurde. Eine interessante Variante der Flucht war es, im deutsch besetzten Bereich 111

unterzutauchen und darauf zu hoffen, daß man gerade dort nicht gesucht werden würde. So ließ ein stv. Generalkommando verlauten, »daß unter den Zivilarbeitern in Belgien und Polen sich eine größere Anzahl deutscher Fahnenflüchtiger mit gefälschten Papieren befänden, die gerade den Aufenthalt im besetzten Gebiet als sicheres Versteck betrachten«. 22 In einer anderen Meldung wurde von einem Deserteur berichtet, der »sich längere Zeit in der Weise in Deutschland verbergen konnte, [indem] er sich unter Angabe eines falschen Namens als russisch-polnischer Staatsangehöriger ausgab, auf diese Weise in ein Gefangenenlager kam und von da auf Arbeit geschickt wurde. Durch die Aufnahme in ein Gefangenenlager und Versendung auf Arbeitskommando war für den Fahnenflüchtigen gewissermaßen ein Ausweis geschaffen worden.« 23

Einem Soldaten schließlich, dem »Umgang mit Damen der Halbwelt in Brüssel«24 nachgesagt wurde, gelang es, sich von Februar bis Oktober 1917 in Belgien versteckt zu halten. Das Geld dafür stammte aus dem Weiterverkauf von 1860 Flaschen Rotwein aus deutschen Heeresbeständen, die er als Kantinenverkäufer unterschlagen hatte. In diesem und in vielen anderen Fällen war eine Desertion mit verschiedenen anderen Straftaten verbunden, die sich aus der Notwendigkeit ergaben, Nahrung, Quartier und Geld furs Überleben beschaffen zu müssen. c) Gefangennahme und Überlaufen Direkt an der Front standen die Soldaten rund um die Uhr unter der Kontrolle ihrer Vorgesetzten und hatten nur wenig Gelegenheit, dem Grabensystem zu entkommen. Gleichzeitig waren die Lebensbedrohung und die Entbehrungen des Soldatenlebens nirgends größer als hier. Diese Diskrepanz zwischen Wunsch und Möglichkeit zum Desertieren war nur aufzuheben durch Überlaufen oder sich Gefangengeben, was beides mit hohen Risiken und einem großen Vertrauen in die Menschlichkeit des Gegners verbunden war. Daher stellt das Überlaufen sicher die extreme Form der Desertion dar, und in der Regel taten dies nur solche Personen, die Beziehungen ins gegnerische Ausland hatten oder zumindest entsprechende Sprachkentnisse besaßen. Während das den Elsaß-Lothringern wie selbstverständlich unterstellt wurde, löste es umfassende, selbst die Kriegsministerien einbeziehende Nachforschungen aus, wenn sich herausstellte, daß ein übergelaufener >Altdeutscher< enge Beziehungen nach Frankreich gehabt hatte.25 Bereits die Gefangennahme, zumal unverwundet, war als »entehrend und schimpflich«26 gebrandmarkt, und jeder Soldat wurde ermahnt, beim Verhör nicht mehr als seinen Namen und Rang preiszugeben. 27 Die Umkehrung der 112

Beweislast, daß jeder in Gefangenschaft geratene zunächst als potentieller Überläufer galt, wurde erst im letzten Kriegsjahr aufgehoben; leider sind die Gründe für diesen Sinneswandel wegen der Aktenverluste nicht mehr rekonstruierbar. Die Gefangenschaft sollte jetzt »an sich keinen Vorwurf für Kriegsgefangene« mehr darstellen, »solange nicht etwa das Gegenteil erwiesen sein sollte«. Diese Regel kannte jedoch eine bezeichnende Ausnahme: »Besondere Aufmerksamkeit ist den Elsaß-Lothringern, Polen und Dänen deutscher Staatsangehörigkeit zu widmen«, 28 denn sie mußten bei der Prüfung der Umstände ihrer Gefangennahme ausdrücklich nachweisen, daß sie sich keiner landesverräterischen oder sonstwie inkriminierenden Handlung schuldig gemacht hatten. Ihnen gegenüber wurde der rechtsstaatliche Grundsatz der Unschuldsvermutung bis zum Beweis des Gegenteils weiterhin mißachtet und zwar allein aufgrund der ihnen wegen ihrer Gruppenzugehörigkeit kollektiv zugeschriebenen Eigenschaften. Das Maß an Rechtsstaatlichkeit und Rechtssicherheit, das dem einzelnen zuteil wurde, war endang ethnisch definierter Grenzen zwischen der Mehrheitsgesellschaft und den nationalen Minderheiten differenziert. Wie gefährlich es war, unmittelbar aus der Frontlinie zum >Feind< überzulaufen, zeigt der Fall eines Musketiers, von dem ein auf Posten stehender Soldat meldete, er habe »durch das Scherenfernrohr einen deutschen Soldaten ohne Mütze am Waldrand [beobachtet], der zuerst von den feindlichen] Posten beschossen, dann aber von ihnen festgenommen und abgeführt wurde«. 29 Diese Tatsache, daß ein Überläufer damit rechnen mußte, nicht nur von der eigenen, sondern auch von der gegnerischen Linie aus beschossen zu werden, geriet manchem zum Verhängnis. Der Landsturmmann Witdinger hatte im Januar 1917 seinen Posten in Richtung des gegnerischen Grabens verlassen. Es wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Überlaufens eingeleitet, da er geäußert hatte: »Mich haben's in der Frühjahrsoffensive nicht mehr; ich mache nicht mehr mit, mir paßt es nicht mehr... Das ist gar nicht möglich, daß man das kontrollieren kann, wer übergelaufen ist oder sich hat gefangennehmen lassen; ihm sei es gleich, o b er deutsch oder französisch sei.« 3 0

Witdinger bezahlte seinen Fluchtversuch mit dem Leben. Drei Wochen später wurde seine Leiche durch eine Patrouille vor dem deutschen Drahtverhau gefunden; offensichdich war aus der französischen Linie auf ihn geschossen worden. Auch ein Gefreiter der 4. bay. Infanterie-Division versuchte im Dezember 1915, über den Drahtverhau zu steigen, war aber von einem Horchposten daran gehindert und festgenommen worden. Am Tag davor hatte er sich nach Lage und Stärke der Sperren erkundigt und auf die Frage eines Postens: »Wo willst Du hin, willst du überlaufen?« geantwortet: »Jawohl, nichts an113

ders.« Dabei ließ er sich auch von der Drohung: »Wenn du hinausgehst, schieße ich dich nieder«31 nicht abhalten. Befragt, warum er zu den Engländern habe überlaufen wollen, antwortete er knapp: »Bei den Engländern habe ich wenigstens meine Ruhe.«32 In beiden letztgenannten Fällen war der Wunsch, dem Krieg zu entkommen stärker als die Angst vor dem Feind, wogegen zwei andere Soldaten ihren ursprünglichen Plan, gemeinsam überzulaufen aufgaben, weil er ihnen zu gefährlich erschien.33 Wer trotz aller Gefahren heil im gegnerischen Graben ankam, wurde in der Regel wie jeder andere Kriegsgefangene behandelt, d.h. zuerst vernommen und dann in ein Kriegsgefangenenlager überwiesen. Ein völlig anderes Schicksal hatten dagegen die Elsaß-Lothringer, da man versuchte, sie zum Eintritt in die französische Armee zu bewegen.34 Aber nicht nur sie, vereinzelt auch die >Altdeutschen< gerieten in die Situation, als deutsche Staatsbürger zwangsweise im französischen Heer dienen zu müssen. So wurde vor dem Oberkriegsgericht des stv. Generalkommandos VII. A.K. im August 1915 der Fall des französischen Kriegsgefangenen Camille Stelar verhandelt, der mit richtigem Namen Karl Staebler hieß.35 Er gab an, eine Woche vor Kriegsbeginn in Frankreich inhaftiert, sechs Wochen lang in Vitry-le-Fran9ois festgehalten und schließlich nach Reims überfuhrt worden zu sein. Dort habe man ihn zunächst zu Arbeiten an Befestigungswerken gezwungen und dauernd zum Eintritt ins französische Heer gedrängt. Er habe schließlich nachgegeben, um bei erster Gelegenheit überzulaufen, was er dann am 25. Dezember 1914 auch tat. In deutscher Kriegsgefangenschaft habe er sich allerdings aus Furcht vor seinen französischen Mitgefangenen erst nach zwei Monaten als Deutscher zu erkennen gegeben. Solche Fälle waren aber seltene Außnahmen.

d) Weitere Formen der Dienstentziehung Immer wieder mußten die Militärbehörden gegen weitere Formen der Dienstentziehung einschreiten. Besonders häufig war die Selbstverstümmelung, da oft »von den Feldtruppenteilen als fahnenflüchtig erklärte Mannschaften ... in irgend einem Lazarett der Heimat mit Finger oder Handverletzungen aufgefunden« 36 worden seien. Als eine besondere Variante ist auch die absichtliche Infizierung mit Geschlechtskrankheiten vorgekommen, um damit die Dienstuntauglichkeit zu erzwingen. 37 Eine zeittypische Haltung war die Psychiatrisierung abweichenden Verhaltens. So wurde festgestellt, daß »wiederholte Fahnenflucht und Entfernung von der Truppe ... zum erheblichen Teil auf Geisteskrankheit zurückzufuhren sind«,38 weshalb genaue Anweisungen ergingen, wie solche Soldaten zu behandeln seien. Bemerkenswert ist die Verschiebung der 114

psychiatrischen Diagnose. Herrschte bei Kriegsbeginn zunächst noch die Ansicht vor, daß die körperliche Erschütterung durch den Granateinschlag die traumatische Neurose auslöse, weshalb man die Betroffenen aus der Front abzog, wurde statt dessen bald die fehlende Willenskraft bei den nun als Simulanten diffamierten Soldaten diagnostiziert, was eine an modernisierte Folter< erinnernde Behandlung zur Brechung des Willens des Opfers zur Folge hatte. Abermals gewann die neuzeitliche Betonung des Willens, der sogar in der Lage seine sollte, physische Widerstände zu überwinden, eine für die betroffenen Soldaten tendenziell bedrohliche Dimension. Diese Entwicklung blieb nicht auf Deutschland beschränkt.39 Die Zahl der Fälle, in denen psychische Störungen vermutet wurden, stieg so stark an, daß sie schließlich auch die Aufmerksamkeit der Militärjustiz erregte. So erbat der Oberkriegsgerichtsrat der Armee-Abteilung C, zu der die 2. bay. InfanterieDivision zu dieser Zeit gehörte, eine Nachweisung darüber, bei wievielen Verfahren zwischen Oktober 1916 und März 1917 der Delinquent auf seinen Geisteszustand untersucht worden war. Das Ergebnis dieser Erhebung ist leider nicht überliefert,40 doch wird aus Initiativen wie dieser deutlich, wie eng miteinander verzahnt Militärjustiz und -psychiatrie bereits im Ersten Weltkrieg arbeiteten. Hier nur am Rande erwähnt sei die >präventive Desertion durch Wehrpflichtentzug. Ein Schreiben des Bayerischen Innenministeriums listete als Möglichkeiten auf, sich als Facharbeiter reklamieren zu lassen oder durch häufiges Umziehen dem Gestellungsbefehl zu entgehen.41 Die Militärbehörden hatten in Fortsetzung der Diskriminierungspolitik der Vorkriegszeit ein besonderes Augenmerk auf die Zigeuner gerichtet, die als Gruppe einer ganzen Reihe von Sonderbestimmungen unterworfen waren, obwohl sie pro forma gleichberechtigte Staatsbürger waren. Ihnen wurden Urkundenfälschungen im großen Stil vorgeworfen, so daß vom Preußischen Innenministerium im August 1916 untersagt wurde, Staatsangehörigkeitsbescheinigungen und Heimatscheine an Zigeuner auszugeben, um deren Mißbrauch zu verhindern. Angeblich seien auch tatsächlich Untaugliche an Stelle des eigendich zu Musternden vorgeschickt worden oder es werde mit Hilfe gefälschter Zuchthauspapiere die eigene >Wehrunwürdigkeit nachgewiesen.42 Die deutschen Zigeuner waren damit neben den nationalen Minderheiten die zweite Bevölkerungsgruppe, die einer kollektiven und diskriminierenden Sonderbehandlung unterlag. Andererseits gab es auch Fälle, in denen zu Musternde, die tatsächlich früher eine Zuchthausstrafe verbüßt hatten, dies verschwiegen und somit zu Unrecht ins Heer eingestellt wurden.43

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e) Flucht ins Ausland Angesichts der Gefährlichkeit des Überlaufens zum Gegner oder der ständigen Gefahr des Entdecktwerdens nach dem Untertauchen versuchten viele Deserteure, ins neutrale Ausland zu gelangen. Dort drohte ihnen nicht die Kriegsgefangenschaft, sondern schlimmstenfalls die Internierung. Von Deutschland aus waren drei neutrale Länder über Land erreichbar: die Schweiz, die Niederlande und Dänemark. 44 Aus geographischen, sprachlichen und familiären Gründen war es fiir Soldaten aus dem Süden des Reiches naheliegend, die Schweiz als Fluchtziel zu wählen. Etwa ein Drittel der dort zentral durch Fragebögen erfaßten 2500 deutschen Deserteure stammte aus Baden, ebensoviele aus dem Elsaß und Lothringen, der Rest aus den übrigen Regionen Deutschlands. 45 Die Beurlaubung Wehrpflichtiger ins neutrale Ausland unterlag daher strenger Reglementierung. 46 Insgesamt ist es abseits der Grenzregionen wohl selten vorgekommen, daß eine Beurlaubung ins neutrale Ausland zur Desertion genutzt wurde, denn beim stv. Generalkommando 2. A.K. war bis Ende 1917 kein einziger derartiger Fall vorgekommen. 47 Die Tatsache, daß sich viele Deserteure in der Schweiz aufhielten, wurde den deutschen Militärbehörden durch vielerlei Quellen bekannt. Dem Preußischen Kriegsministerium wurde die Meldung zugetragen, daß sich in beiden Basler Kantonen eine große Zahl deutscher Deserteure aufhalte, die z.T. mit Hilfe von Schweizern über die Grenze gelangt seien. Als besonders beunruhigend wurde bereits im Oktober 1915 notiert, daß sich nicht mehr nur Elsässer und Badener dorthin geflüchtet hatten, sondern auch zunehmend Norddeutsche. 48 Daneben tat auch die Schweizer Sektion des Alldeutschen Verbandes ihrer vaterländischen Pflicht< Genüge, indem sie dem Preußischen Kriegsministerium von der zunehmenden Zahl deutscher Soldaten dort berichtete.49 Einen bisweilen fast schon wieder komischen Pflichteifer zeigten ebenfalls manche Militärdienststellen. Die Geheime Feldpolizei der 6. Armee sah sich zu folgendem Rundschreiben veranlaßt: »Truppenteile und Kommandobehörden des deutschen Heeres haben Fahndungsausschreiben, Steckbriefe, Bekanntmachungen usw. an Schweizer Polizeibehörden geschickt, im Glauben, diese wären verpflichtet, den deutschen Militärbehörden ihre Unterstützung zu leihen. [Es ist] darauf aufmerksam zu machen, daß ein derartiges Verfahren nicht nur vollkommen nutzlos, sondern unter Umständen sogar schädlich ist.« 50

Offensichüich waren sich viele Militärs des deutschen Einflusses auf die neutrale Schweiz so sicher, daß sie derartige Hilfsleistungen eines souveränen Staates für selbstverständlich oder zumindest möglich hielten. Auch ein falsches Verständnis der vor dem Kriege mit vielen Staaten geschlossenen Kon-

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ventionen zur gegenseitigen Auslieferung von Deserteuren mag hier eine Rolle gespielt haben. Der Militärattache der Deutschen Botschaft in Bern wirkte ebenfalls intensiv an der Ermittlung deutscher Deserteure in der Schweiz mit und schickte regelmäßig Berichte über solche bekanntgewordenen Fälle an das Preußische Kriegsministerium. Ähnliche Meldungen der Deutschen Botschaft in Den Haag ließen sich jedoch nicht nachweisen. Allerdings hat die Niederländische Regierung zumindest einmal eine Liste internierter deutscher Soldaten, die sich selbst als Deserteure bezeichneten haben, an das Preußische Kriegsministerium gesandt.51 Aus den bayerischen Beispieldivisionen sind sechs Soldaten in die Schweiz und einer in die Niederlande gegangen, was einem Anteil von immerhin fast 10% der Desertionsfälle entspricht. Die Schweiz vertrat hierbei eine liberale Politik und wies keinen schutzsuchenden Soldaten zurück. Erst im Mai 1918 griff hier eine restriktivere Praxis, die jedoch wegen des öffentlichen Protests im Oktober wieder aufgegeben wurde. 52 Von vier Desertierten konnte die Spur in der Schweiz weiterverfolgt werden. Zwei erhielten problemlos die Aufenthaltsgenehmigung, weil sie dort Frau und Kinder bzw. Mutter und Geschwister hatten. 53 Da die deutsch-schweizer Grenze intensiv bewacht wurde, war es gar nicht so einfach, sie illegal zu überqueren, trotz der Beihilfe, die manche Schweizer, bereits in der Schweiz lebende andere Deserteure oder vereinzelt auch Schweizer Grenzwachen gewährten. 54 Einige überlebten dagegen ihren Fluchtversuch nicht. Der Ersatz-Infanterist Beiser entfernte sich eines Nachts von der Kaserne in Lindau, da er für den Abtransport zur Front vorgesehen war. Zunächst fand man nur seine abgelegte Uniform am Seeufer in der Nähe der österreichischen Grenze und vermutete daher, daß er sich in die Schweiz abgesetzt hatte, wo seine Frau lebte. Eine telephonische Mitteilung der K.u.K.-Grenzschutzkompagnie in Lustenau bei Bregenz brachte dann Klarheit: »Die österreichischen Grenzschutz-Patrouillen am Rhein [bemerkten] einen Mann, der sich am Ufer zu schaffen machte. Die Patrouillen riefen den Mann an, der aber der Aufforderung, stehen zu bleiben, nicht nachkam, sondern den Rhein zu durchschwimmen versuchte. Die Patrouillen gaben nunmehr 4 Schuss auf ihn ab und hörten ihn laut aufschreien. Eine sofortige Nachfrage ... bei den Schweizer Behörden ergab, dass kein Deserteur in der Schweiz angelangt war. Es besteht daher die Gewissheit, dass der Mann getroffen wurde und ertrunken ist.«55

Mehr Glück hatte der Kanonier Witt, der im August 1916 auf Ersuchen seiner in Zürich wohnenden Eltern nach Konstanz beurlaubt worden war.56 Da er von diesem Urlaub nicht zurückkehrte und seine Ausrüstung nahe der Schweizer Grenze gefunden wurde, leitete die Division ein Untersuchungsverfahren ein. Tatsächlich hatten die Eltern Witts dessen Flucht gut vorbereitet. Sie suchten tagelang den Hochrhein nach einer für die Flucht geeig117

neten Stelle ab und erwarteten ihren Sohn am vereinbarten Tag mit trockenen Kleidern im Schilf. Ebenfalls den Weg über das Wasser wählte im August 1917 ein anderer Soldat. Eine Hotelwirtin aus Konstanz sagte bei der Zeugenbefragung aus: »Vormittags ... kam ein Reisender und erzählte, er habe soeben einen sehr aufregenden Vorfall mit angesehen, nämlich wie ein junger, deutscher Soldat in einer Gondel über den See nach dem Schweizer Ufer gerudert sei und dabei von der Seewache angeblich verfolgt und beschossen worden sei.«57

Daß dieser Fall in die internationale Presse geriet und sowohl das Preußische wie das Bayerische Kriegsministerium in hektische Aktivität stürzte, lag an der Person des Geflüchteten: Rolf Reventlow war der außereheliche Sohn von Franziska Gräfin v. Reventlow, der Schwester jenes Ernst Grafv. Reventlow, der sich als Alldeutscher und fanatischer Englandhasser einen Namen gemacht hatte und später für die NSDAP im Reichstag saß. In einer großen Meldung des Pariser »Excelsior« vom 23. September 1917, die auf einem Interview mit Gräfin Reventlow beruhte, war als Motiv fur Revendows Desertion die unmenschliche Behandlung durch seine Vorgesetzten angegeben worden. Diese Anklage gegen den >preußischen Militarismus< veranlaßte das Bayerische Kriegsministerium zu Nachforschungen bei den Einheiten, in denen Reventlow gedient hatte; deren Ergebnis war jedoch, daß er stets ein >guter< und williger Soldat gewesen und von den Vorgesetzten angemessen behandelt worden sei.58 Wenn also der Sohn nur das verführte Opfer war, mußte eine angebliche psychopathische Veranlagung der Mutter als Erklärung herhalten: »Die Angaben über schlechte Behandlung stammen nicht aus dem Munde des Reventlow selbst, sondern von dessen Mutter, die anscheinend auch die treibende Kraft zur Fahnenflucht des R. gewesen ist. Mutter Reventlow scheint... hysterisch veranlagt zu sein und sich in dem einschlägigen Interview entsprechend dieser Veranlagung ausgesprochen zu haben.«59

Zutreffend ist immerhin, daß Gräfin Reventlow, zu ihrer Zeit eine bekannte Literatin, die vor allem durch ihre lebhaften Beschreibungen des Schwabinger Künsüermilieus hervortrat, sich der Tatsache rühmte, daß ihr Sohn mit ihrer »lebhaftesten Zustimmung und Mitwirkung deutscher Deserteur« 60 geworden war. Warum diesem von den Schweizer Behörden mehrfach die Aufenthaltserlaubnis für bestimmte Kantone entzogen und fur das Tessin, wo seine Mutter lebte, nie erteilt wurde, geht aus den Akten im Bundesarchiv nicht hervor.61 Es ist nicht auszuschließen, daß das unliebsame internationale Aufsehen des Falls Revenüow diese Maßnahmen verursacht hat. Anders als die Grenze zur Schweiz, die über weite Strecken der Bodensee bzw. der Hochrhein bildete, war die nach Holland weitgehend eine gut bewachbare Landgrenze. Ein elektrisch geladener Zaun war das größte Hin118

dernis und so dürften jedes Jahr viele Grenzübertrittsversuche tödlich geendet haben. 62 Ein Landsturmmann hatte bereits den ersten Drahtzaun unbemerkt überwunden, als er feststellen mußte, daß der zweite elektrisch geladen und nur unter Lebensgefahr überwindbar war. Daraufhin kehrte er um, wobei er von einer Grenzwache gefaßt wurde. 63 Zwei Soldaten einer Grenzschutz-Kompanie hatten es durch ihre Ortskenntnis leichter. Sie brachen einfach ein im durchgehenden, ebenfalls elektrisch geladenen Zaun an der belgisch-niederländischen Grenze befindliches Tor auf, das den Spitznamen »Schmuggeltor« trug und durch das, zum Nutzen der Kompanie, ein reger illegaler Handel betrieben wurde. 64 Doch selbst dann, wenn es einem Deserteur gelang, die Grenzsperren nach Holland zu überwinden, war damit sein Leidensweg oft noch nicht zu Ende. Wie die »Times« 1917 berichtete, kamen fast täglich deutsche Deserteure in die Redaktionen niederländischer Zeitungen, um Hilfe zu bekommen und ihre Geschichte in klingende Münze umzuwandeln. Nervös und unsicher seien sie gewesen, da sie ohne Geld und abgeschnitten von der deutschen Kolonie in den Niederlanden leben mußten. 65 Davon ist sicher vieles Propaganda, die jedoch nicht eines wahren Kerns entbehrte. Die beiden bereits erwähnten Soldaten der Grenzschutz-Kompanie, die sich von zwei bayerischen Deserteuren hatten überreden lassen, die das Leben in den Niederlanden in den schönsten Farben gemalt hatten, kehrten bereits nach zwei Wochen zurück, weil sie keine Arbeit gefunden hatten und nicht interniert werden wollten.66 Dieser Unwille, sich internieren zu lassen, war nicht untypisch, denn etwa 200 Deserteure meldeten sich an der Grenze, nachdem durch einen Pfarrer eine Amnestie für freiwillig zurückkehrende Deserteure im Internierungslager Bergen (Nord-Holland) bekannt gemacht worden war.67 Ein deutscher Deserteur erschoß sich sogar, als er nach seiner Flucht aus diesem Lager wieder ergriffen worden war, obwohl ihm ja keinesfalls die Abschiebung nach Deutschland gedroht hatte. 68 Andere Berichte sprechen dagegen von einem recht gut funktionierenden Netz von Unterstützungsleistungen fiir deutsche Deserteure in den Niederlanden. So soll der Arbeiterbildungsverein in Rotterdam in dieser Hinsicht sehr aktiv gewesen sein, und angeblich hat eine Rotterdamer Werft, die in britischem Besitz war, nur deutsche Deserteure beschäftigt.69 Auch erhielten manche Fahnenflüchtige Geldsendungen von ihren Angehörigen aus Deutschland. 70 Für manche Deserteure war das neutrale Ausland indessen nur eine Durchgangsstation. Ein Soldat des 16. Dragoner-Regiments hatte zusammen mit drei anderen einen Leutnant erschlagen, da es zwischen ihnen über einen Befehl fiir Schanzarbeiten zum Streit gekommen war. Nach gemeinschaftlicher Desertion gelangte der Dragoner über die belgisch-niederländische Grenze und arbeitete zunächst bei Bauern, kehrte jedoch im Juni 1917 mit 150 kg Saccharin als Schmuggelware nach Deutschland zurück, wo er sie 119

teuer weiterverkaufte. Mit kleineren Gaunereien hielt er sich noch bis Ende Oktober über Wasser, bevor er im schwäbischen Memmingen festgenommen wurde. 71 Deserteure verdienten sich häufig ihren Lebensunterhalt mit Schmuggeleien an der Schweizerischen oder Niederländischen Grenze. Der Infanterist Tanzmeier entschloß sich im Frühjahr 1915 zur Desertion aus seiner Kaserne in Lindau, weil er Mitwisser und Mittäter solcher Schmuggelaktionen war und von seinen Kumpanen bedroht wurde, an die Militärbehörden verraten zu werden. Mit Hochstapeleien seine Nahrung und Unterkunft erschwindelnd, gelangte er nach drei Wochen Fußmarsch über die Niederländische Grenze. Im Herbst 1917 kehrte er aufgrund einer Amnestie nach Deutschland zurück.72 Einigen diplomatischen Wirbel verursachte im Herbst 1915 ein in die Niederlande gelangter deutsch-polnischer Deserteur, der gegenüber belgischen Agenten Aussagen über die von ihm miterlebten deutschen Kriegsverbrechen in Belgien gemacht hatte. Da er nicht dort bleiben wollte, erwirkte die belgische Botschaft in London seine Einweisung in ein britisches Zivilinternierungslager, um ihn auch nach Kriegsende vor dem Zugriff der deutschen Behörden zu schützen. 73 Ein weiteres Kapitel der deutschen Deserteure in den Niederlanden schrieb schließlich die »Deserteurs-Vereinigung«, von der die »Times« zu berichten wußte, sie wolle dazu beitragen, bei noch zögernden deutschen Soldaten den Entschluß zum Desertieren herbeizufuhren. 74 Es ist überhaupt erstaunlich, wie intensiv man auf britischer Seite die deutschen Deserteure in Holland beachtete, da sie die Hoffnungen zu bestätigen schienen, die dauernden alliierten Großangriffe würden den Durchhaltewillen der deutschen Soldaten unterminieren. Selbst in die Geheimdienstberichte der Fronttruppen fanden solche Meldungen Eingang. 75 Angesichts dieser keineswegs immer einfachen Lebensumstände im neutralen Ausland ist es nicht erstaunlich, daß die in den Niederlanden, der Schweiz und Dänemark versammelten Deserteure und Refraktäre die Revolution im November 1918 begrüßten und entsprechende Telegramme nach Deutschland sandten. Ihre Hauptsorge war, ob sie baldmöglichst unter garantierter Straffreiheit zurückkehren konnten. 76 Dadurch festigte sich jedoch zugleich das Negativbild über die Deserteure, denn gerade diejenigen, die ins Ausland gegangen waren, schienen das Stereotyp vom gewissenlosen Feigling< zu bestätigen. Ließ er doch >das Vaterland in der Stunde größter Not im StichPflichterfullung< gegenüber dem Vaterland, Angst vor Repressalien und mangelnder Gelegenheit die meisten versagten. Doch wer das vorlebt, was 120

sich die Mehrheit insgeheim wünscht, zieht besonders viel Haß auf sich. Das wirkte sich besonders nach der Novemberrevolution im Zusammenhang mit der Dolchstoßlegende aus. War es nicht bewiesen, daß die Revolution von ehrlosen Subjekten angestiftet worden war, als die Deserteure wie die >Ratten aus den Löchern< kamen, sobald die roten Fahnen über Deutschland wehten? So wenig dieses menschenverachtende Denken mit der Realität zu tun hatte: Für breite Kreise des deutschen Volkes gerann es zu dem Sinnbild der nie verarbeiteten Kriegsniederlage.

f) Die >Fünfte Kolonne< des Feindes: Desertion und Spionage Ein eigenes Kapitel stellte der Komplex Desertion und Spionage dar. Der stv. Generalstab verfaßte im Oktober 1917 eine Denkschrift, in der er den Personenschmuggel ins neutrale Ausland beschrieb.77 Allein in den Niederlanden sollten sich demnach Tausende deutsche Soldaten aufhalten, die den dort tätigen gegnerischen Geheimdiensten als willige Auskunftsquelle und der Feindpropaganda als Beweis für den schwindenden Siegeswillen in Deutschland dienten. Oft würden sie von gewerbsmäßigen Schleusern über die Grenze gebracht. Um dagegen besser vorgehen zu können, wurde angeregt, solchen Personenschmuggel von Heeresangehörigen künftig als Landesverrat zu werten, was allerdings juristisch umstritten war. Tatsache ist jedenfalls, daß von Mitte September bis Ende Dezember 1918 etwas über 4000 neue deutsche Deserteure in den Niederlanden registriert waren.78 Von der intensiven gegnerischen, besonders der englischen Spionagetätigkeit in Dänemark, das wegen seiner strategischen Lage zwischen Nord- und Ostsee von besonderer Bedeutung für Großbritannien war, gelangten ebenfalls immer wieder Meldungen nach Deutschland, meist durch zurückgekehrte Deserteure. Ihre Berichte sind jedoch mit Vorsicht zu lesen, da sie ein Interesse daran hatten, mit der Weitergabe spektakulärer >Informationen< eine günstige Stimmung fur sich zu schaffen. Bei seiner Vernehmung berichtete beispielsweise ein Deserteur von zwei gutgekleideten Herren mit 75.000 Mark im Handgepäck, die er als gewerbsmäßige Spione beschrieb, die auch ihn zielsicher als Deserteur erkannt und ausgefragt hatten. 79 Solche wilden Spionagegeschichten tauchen in den Akten jedoch so selten auf, daß sie tatsächlich nur als Einzelfälle anzusehen sind und nicht als Produkt einer systematischen Zusammenarbeit von Spionen mit untergetauchten Deserteuren. Es war das stv. Generalkommando in Münster, in dessen Territorium ein Großteil der deutsch-niederländischen Grenze fiel, das in dieser Frage in akribischer Weise aktiv wurde. Es hatte eine Postüberwachungs-Kartothek über die ins Ausland geflüchteten Deserteure angelegt und bot allen ande121

ren Militärbehörden an, sie über neugewonnene Erkenntnisse zu informieren, die sich aus der angehaltenen Auslandspost ergeben hatten. 80 Das stv. Generalkommando 1. A.K. erhielt eine Liste von immerhin 479 Namen von Deserteuren aus dem Korpsbereich, die im neutralen Ausland lebten. 81 Das wurde als besonders wichtige Kontrollmaßnahme angesehen, weil immer wieder Berichte kursierten, wonach deutsche Deserteure im neutralen Ausland zu feindlichen Agentendiensten angeworben wurden und versuchten, andere deutsche Soldaten ebenfalls zum Desertieren anzureizen. 82 Aus Angst davor, daß aus dem Ausland zurückkehrende Deserteure, die nicht wieder ins Heer eingestellt wurden, von gegnerischen Geheimdiensten mit einem Sabotageauftrag nach Deutschland geschickt worden sein könnten, ordnete das Preußische Kriegsministerium an, keine solchen Personen in Munitionsfabriken einzustellen.83 Hier verschmilzt das Bild des Deserteurs als ehrloses Subjekt mit dem des feindlichen Spions und der >fünften Kolonne< des Feindes in den eigenen Reihen. Dabei darf vermutet werden, daß nur sehr selten tatsächlich deutsche Deserteure im neutralen Ausland fur gegnerische Geheimdienste tätig wurden. Ein im Elsaß geborener und 1916 desertierter Soldat, der in Abstimmung mit dem französischen Konsulat in Zürich deutsche Deserteure nach militärischen Geheimnissen ausgefragt hatte, erhielt nach seiner Festnahme in dem erstinstanzlichen Urteil eine lebenslange Zuchthausstrafe wegen Landesverrats, das sich in zweiter Instanz auf fünfzehn Jahre Zuchthaus ermäßigte. 84 Im Bereich des XIV. A.K. mit seiner langen Grenze zur Schweiz vom Bodensee bis hinter Basel wurde im 1. Quartal 1918 nur ein nachweisbarer Fall feindlicher Agententätigkeit gemeldet. 85 Bei Refraktären hielt man eine solche sogar für praktisch ausgeschlossen. Das XIV. A.K. war gleichzeitig die Zentralstelle für die Sammlung aller über die Schweizer Grenze gelangenden Nachrichten über in der Schweiz lebende Deserteure und Refraktäre. Was für bisweilen groteske Blüten die Furcht trieb, Deserteure könnten als Agenten der Feindmächte auftreten, zeigt abschließend eine Verfügung des stv. Generalkommandos XIV. A.K. Die aus Elsaß-Lothringen oder der Schweiz stammenden Mannschaften sollten demnach nicht in unmittelbarer Nähe zur Schweizer Grenze eingesetzt werden. 86 Auf die Nachfrage einer untergebenen Einheit legte das stv. Generalkommando seine Motive für diese Vorsichtsmaßnahme dar. Wenn jemand seiner Gestellungspflicht nachkomme, dann sei das zwar ein Indiz für reichstreue Gesinnung, doch bestehe die Gefahr, daß >unlautere Individuen< Agentendienste für Deutschlands Gegner leisteten: »Daher ist bei aller Anerkennung der Loyalität der aus der Schweiz zu unseren Fahnen eilenden deutschen Reichsangehörigen die größte Vorsicht am Platze.«87 Dieser Erlaß ist ein Zeichen eines rational kaum noch erklärbaren, paranoid erscheinenden Mißtrauens gegen all jene, die jemals außerhalb Deutschlands gelebt hatten, selbst wenn sie ihren 122

staatsbürgerlichen Pflichten nachkamen. Es zeigt reziprok auch das geringe Selbstvertrauen in die Integrationskraft des Kaiserreichs. Die Militärbehörden hielten es kaum für möglich, daß jemand aus ehrlichem, nationalem Pflichtgefühl aus der sicheren Schweiz zurückkehrte. Wer das tat, an dem mußte etwas >faul< sein. Vaterländische Gesinnung wurde als Tugend beständig eingefordert, doch glaubten die Militärbehörden selbst nicht an deren Integrationskraft; sie entpuppte sich als leeres Schlagwort. Doch wie sah das Verhalten der Deserteure auf der anderen Seite der Front aus?

2. In der britischen

Armee

a) Mit dem Rücken zum Meer: Untertauchen im Hinterland und in der Heimat Aufgrund der Lage der Front und des Einsatzgebietes der »British Expeditionary Force« ( B E F ) in Flandern und Nordwestfrankreich war es für britische Soldaten praktisch unmöglich, ins neutrale Ausland zu gelangen. In der Schweiz etwa hielten sich kaum mehr als einhundert offiziell registrierte britische Deserteure auf, weniger als ein Zwanzigstel der Anzahl aus Deutschland oder Frankreich. 88 Die wenigen französischen Kanalhäfen stellten wiederum ein Nadelöhr für den Versuch dar, nach England zu gelangen. Trotz dieser Schwierigkeiten versuchte genau dies ein großer Teil der von ihrer Einheit entwichenen britischen Soldaten. Der Soldat Briggs beispielsweise hatte sich nach seiner Desertion im Januar 1915 nach Le Havre begeben und dort in einem sich zur Abfahrt nach England bereit machenden Postschiff versteckt, als er aufgegriffen wurde. 89 Auch der Berufssoldat Kershaw hatte nach seiner Desertion im Oktober 1914 ganz offensichtlich die Heimat als Ziel vor Augen. Einmal wurde er am Gare du Nord in Paris festgenommen, konnte aber aus der Haft wieder ausbrechen und wurde knapp zwei Monate später erneut ergriffen, diesmal in Calais, wo er vergeblich auf eine Chance zum Übersetzen gewartet hatte. 90 Der Soldat Turpie stellte sich einige Monate später geschickter an. Er schaffte es erstaunlicherweise, vom britischen Konsulat in Boulogne einen Paß zu erhalten, mit dem er seine Rückfahrt auf die Insel ganz legal antreten konnte. Seine Uniform warf er in die See und übernachtete zweimal in einem Seemannsheim in Dover, bevor er dort verhaftet wurde. 91 Ein anderer Soldat hatte mehr Erfolg. Er konnte über einen Monat unerkannt in England leben, bis er bei einer Paßkontrolle gefaßt wurde. 92 Der Soldat Jones schließlich war ebenfalls - offensichdich ohne ernsthafte Kontrollen - über Boulogne nach Folkstone und von dort nach Bristol gelangt, wo er sich gut zwei Monate später den Behörden stellte. 93 Eine weitere Möglichkeit zum Untertauchen war es, ei123

nen Heimaturlaub dafür zu nutzen. Ein auf diese Weise desertierter Soldat heuerte in London an und wurde erst festgenommen, als das Schiff einen anderen englischen Hafen anlief.94 Der Soldat Bolton hatte seinen Heimaturlaub bereits um zehn Wochen überzogen, als er in Lancashire festgenommen wurde, wo er unter falschem Namen eine Arbeit angenommen hatte. 95 Angesichts dieser Schwierigkeiten hielt sich ein Großteil der britischen Deserteure im französischen oder belgischen Hinterland auf, wo sie sich in einem fremden Umfeld bewegen mußten, in einem Land, dessen Sprache sie zumeist nicht verstanden und dessen Bewohner ihnen nicht immer freundlich gesonnen waren.96 Die Geschützfahrer Bell und Wilkinson etwa waren zwei Monate lang von Dorf zu Dorf gezogen und hatten bei alleinlebenden Frauen um Essen und Quartier gebettelt, bis sie schließlich von einem Gendarm festgenommen und der britischen Armee übergeben wurden. 97 Der desertierte Soldat Walton war von einem Schuhmacher aufgenommen worden, an dessen Haustür er eines nachts frierend und fast verhungert angeklopft hatte. Doch anstatt, wie versprochen, am nächsten Tag weiterzuziehen, blieb Walton einfach da, ohne sich mühevoll zu verstecken. Obwohl sein Gastgeber alle vorbeiziehenden britischen Truppen auf den ungebetenen Gast ansprach, dauerte es über zwei Monate, bis Walton schließlich verhaftet wurde. 98 Aus Fällen wie diesen wird deutlich, daß die Unübersichtlichkeit im Hinterland der viele hundert Kilometer langen Front oftmals das beste Versteck für einen Deserteur war. In einem Krieg, in dem der einzelne nur als Nummer in einer Stärke-, Kranken- oder Verlustmeldung auftauchte, wurde aus der durch die enormen Kriegsverluste eingetretenen Abstumpfung ein Desinteresse am Einzelschicksal, das bisweilen einen Schutz vor dem Zugriff des Systems bot. Deshalb war, aller Kontrollen zum Trotz, die britische Armee selbst oft das sicherste Versteck für einen Deserteur. Ernest Lawrence hatte sich nach seiner Entfernung eines gefälschten Soldbuchs bedient und besaß einen unechten Gestellungsbefehl. Als er nach einer kurzzeitigen Inhaftierung ausbrechen konnte, tauchte er zweieinhalb Monate unter, indem er als Mechaniker in einer Werkstatt des »Royal Flying Corps«, dem Vorläufer der »Royal Air Force«, arbeitete.99 Andere Deserteure gingen das Problem, wie sie in einem fremden Land untertauchen könnten, sehr viel aktiver und manchmal auch aggressiver an. Viele fragten erst gar nicht um Lebensmittel, sondern plünderten die Häuser, deren Bewohner abwesend waren.100 Manche suchten aber auch die Bekanntschaft mit einheimischen Frauen und ein amouröses Abenteuer, wodurch das Untertauchen erleichtert wurde. 101 Dabei entstanden symbiotische Beziehungen zwischen den Schutz suchenden Soldaten und den oft allein einen Hof bewirtschaftenden Frauen, die die Arbeitskraft, aber auch die emotionale Nähe der Männer erstrebten, zumal dann, wenn ihre Ehe124

männer selbst an der Front standen oder gefallen waren. Manchen Briten gelang es dabei, sich beträchtliche Zeit versteckt zu halten. Der Soldat Delargey etwa war im Februar 1917 nach einem Lazarettaufenthalt in ein nahegelegenes Dorf beurlaubt worden. Das nutzte er zur Desertion und wurde ein halbes Jahr später in der Nähe von Arras verhaftet.102 Doch den >Rekord< stellte in der britischen Armee wahrscheinlich der Soldat Frederick Rose auf. Kurz vor Weihnachten 1914 hatte er sich von seiner Truppe entfernt und wurde erst annähernd zwei Jahre später in Hazebrouck von einem Gendarmen festgenommen. Die ganze Zeit hatte er mit einer Frau zusammengelebt, war aber schließlich von einem mißgünstigen Nachbarn denunziert worden. 103 Manche Soldaten, die über genügend Sprachkenntnisse verfugten, gaben sich entweder als französische Zivilisten oder als vor der deutschen Armee geflüchtete Belgier aus.104 Als weitere Form der Dienstentziehung war auch im britischen Heer die Selbstverstümmelung ein die Militärfuhrung immer wieder beschäftigendes Problem.105 Schüsse in die eigenen Arme, Beine oder Hände waren offensichtliche Methoden, sich einen sicheren Lazarettaufenthalt zu verschaffen oder gar völlig dienstuntauglich zu werden. Doch zählten dazu auch verschiedene Geschlechtskrankheiten, die sich manche Soldaten in den Bordellen der Etappenorte gezielt zuzogen, um weiter im Lazarett bleiben zu können.106 Schließlich versuchten auch britische Soldaten, ihrer Armee durch Flucht zum Gegner zu entkommen. Am Morgen des 9. Februar 1916 liefen ein Gefreiter und zwei Mann des 12/Manchester Regiments der 17. Division bei St. Eloi zur 4. bay. Infanterie-Division über. Leider sind in diesem Fall keine Angaben über die Details der Flucht oder die Motivation fur das Überlaufen vermerkt.107 Eine letzte Möglichkeit zum Wehrpflichtentzug bestand darin, nach Irland zu gehen, da dort die Wehrpflicht wegen der befürchteten Unruhen nie eingeführt wurde. Bei der Debatte im Unterhaus um einen Änderungsvorschlag im Army (Annual) Bill 1917, der ein vereinfachtes Gerichtsverfahren gegen sich stellende britische Deserteure in Irland gewährleisten sollte, äußerte der irisch-nationalistische Abgeordnete Dillon Bedenken gegen diesen Änderungsvorschlag. Er sah die Gefahr, daß z.B. Zivilpersonen im wehrpflichtigen Alter als Deserteure festgenommen und des Schutzes der Zivilgerichte beraubt werden könnten, was bereits so geschehen sei, oder daß Wehrpflichtige, die nach Irland >geflohen< waren, dort illegalerweise den Militärbehörden als Deserteure übergeben würden. Auch dies sei schon vorgekommen und von der Regierung als unrechtmäßig anerkannt worden. 108 Die vom War Office im Mai 1917 neu erlassenen Bestimmungen sahen dann vor, solche Wehrdienstflüchtlinge vor ein Zivilgericht in ihrem Heimatbezirk zu stellen und durch eine genauere Kontrolle der Wehrpflichtigen deren >Flucht< nach Irland von vornherein zu verhindern.109 125

b) Die regulierte Verweigerung: »No Conscription Campaign« und »Conscientious Objectors« Bereits im August 1914 hatte sich eine kleine Gruppe von Unterhausabgeordneten, die gegen Großbritanniens Kriegseintritt opponiert hatten, in der »Union of Democratic Control« zusammengeschlossen, die nach kurzer Zeit immerhin 5000 Mitglieder zählte, zu denen unter anderem Bertrand Russell, Norman Angell und Ramsay MacDonald, der spätere erste LabourMinisterpräsident gehörten. 110 Neben den Mitgliedern der Independent Labour Party und der Labour Party waren auch einige Liberale vertreten. Ein Hauptträger der pazifistischen Agitation in Großbritannien war die »No Conscription Fellowship«, die zunächst versuchte, die Wehrpflicht zu verhindern. Nach 1916 stand sie den Gemusterten vor den Tribunalen bei und unterstützte sie auch in ihrer Totalverweigerung. 1540 ihrer Mitglieder wurden im Laufe des Krieges verhaftet, 71 starben im Gefängnis. Der eigentlicher Motor der Antikriegskampagnen war jedoch die Independent Labour Party. Ein ehemaliger Lieutenant sprach auf einer Versammlung in Nottingham am 17. März 1918 über den >british prussianismc Die Gefahr, daß Großbritannien im Kampf um die Überwindung des preußischen Militarismus diesen imitiere, d.h. >verpreuße< und damit die Ideale verrate, um deretwillen es in den Krieg gezogen sei. Danach kam er auf die Todesstrafe zu sprechen: »In the Prussian Army the death sentence has been abolished but not so in the British Army and it is time that it was. An ordinary civilian who was being tried for his life was allowed to be tried before a Jury and with counsel and every other means to ensure his obtaining justice, but not so >Tommy Atkins*. He was tried by a party of men whose surroundings naturally made them brutal, and rendered them not in a fit state of mind to sit and adjusticate on a man who was being tried for his life.«111

An dieser Rede ist einiges bemerkenswert. Zunächst die Tatsache, daß die in England eintreffenden Meldungen über die Änderungen im deutschen Militärstrafgesetzbuch offensichtlich den Eindruck entstehen lassen konnten, als wäre die Todesstrafe abgeschafft worden, was ja tatsächlich nicht der Fall war. Zweitens wird die Hauptstütze des >preußischen Militarismus*, die preußische Armee, in den Augen eines im linken politischen Spektrum angesiedelten Briten plötzlich zum Vorbild, zumindest was die Handhabung der Militärjustiz anbelangt. Die lange Tradition im Umgang mit religiösen Minderheiten wirkte sich auch im Weltkrieg positiv aus, während eine dezidiert politische Verweigerung wesentlich unnachgiebiger behandelt wurde. Im War Cabinet wurde am 22. Mai 1917 ein Memorandum des Secretary of State for War, Lord Milner, beraten. Darin empfahl er, allen Kriegsdienstverweigerern aus Ge126

wissensgründen den Waffendienst zu erlassen. Der Direktor der Personalabteilung nahm zu diesem Vorschlag Stellung. Er unterschied zwischen den »absolutists« und »alternativists«. Letztere lehnten lediglich den Waffendienst ab, konnten aber zu waffenlosem Dienst herangezogen werden. Die »absolutists« verweigerten dagegen jeden militärischen oder zivilen Zwangsdienst. Unter ihnen befänden sich viele, die aktive Propaganda machten und oft mit der »Union of Democratic Control« oder der »No Conscription Fellowship« in Verbindung stünden. Deren Aktivität bezeichnete er als unpatriotisch und gefährlich. Der Staatsekretär des Home Office wurde noch deutlicher: »religious objectors were generally harmless, if abnormal, political objectors were often dangerous propagandists«.112 Insgesamt gab es im Kriegsverlauf 16.500 Kriegsdienstverweigerer, von denen 90% einen waffenlosen Alternativdienst akzeptierten. Obwohl fast 1300 >Totalverweigerer< inhaftiert und oft sehr schlecht behandelt wurden, war die Gewährung einer (teilweisen) Befreiung vom Kriegsdienst aus religiöser Überzeugung und Gewissensgründen doch ein unter allen kriegfiihrenden Staaten Europas einmaliges Entgegenkommen gegenüber religiösen und weltanschaulichen Nonkonformisten. 113 Hier läßt sich ein deutlicher Unterschied zwischen ziviler und militärischer Sphäre konstatieren, denn in der Armee war von Duldsamkeit gegenüber >abweichenden< Soldaten wenig zu spüren.

3.

Zwischenbilanz

Das Bild >des Deserteurs< war in beiden Armeen bunt und widersprüchlich. Mit dem Begriff »Desertion« wurde ein heterogenes Bündel an Formen und Verlaufsmustern von Handlungsweisen zusammengefaßt, die eigentlich nicht viel mehr verband als eben die Tatsache, daß sie unter juristischen Normen subsumiert und mit einem Begriff versehen werden konnten. Auch ist bereits eine große Bandbreite von Motiven erkennbar geworden: viele private Gründe, allgemeine Kriegsmüdigkeit, vielleicht sogar politische Willensäußerungen. Dabei versuchten die Soldaten im wesentlichen auf drei Arten, dem Frontdienst zu entkommen: erstens durch Flucht in die Heimat, was den deutschen Soldaten naturgemäß leichter möglich war als den englischen; zweitens durch das Untertauchen im Hinterland der eigenen Front. Dies dürfte bei den britischen Soldaten eine größere Rolle gespielt haben als bei den deutschen; zum einen, weil der deutsche Deserteur leichter in die Heimat gelangen konnte, zum anderen, weil es ein britischer Soldat als Angehöriger einer alliierten Armee einfacher gehabt haben dürfte, die nötige Unterstützung in der Zivilbevölkerung zu erhalten. Drittens ist schließlich das Untertauchen innerhalb der eigenen Armee zu nennen. 127

Bei allen Formen der Dienstentziehung nutzten die Deserteure jene Freiräume, die das System eröffnete. An den vielfaltigen Formen des Untertauchens von Soldaten in beiden Armeen hat sich gezeigt, wie begrenzt die Möglichkeiten der Militärführung waren, die Kontrolle über das Schlachtfeld und sein Hinterland zu gewinnen und aufrecht zu erhalten. Wo Hunderttausende hin und her verschoben wurden, ständig Soldaten zu ersetzen und neu einzugliedern, zu versetzen, weiter auszubilden waren, sich Urlauberzüge mit Materialtransporten und dem verbliebenen zivilen Reiseverkehr kreuzten, wurde der Krieg so unübersichtlich, daß vielfältige Nischen entstanden, die eine relative Sicherheit vor der Entdeckung gewährten. Und es ist eine allgemeine Erfahrung, daß sich auch stets Menschen finden, die diese kaum kontrollierbaren Ränder eines Systems fur sich ausnutzen. Dieses Verhalten primär individuell zu erklären, hieße jedoch, am Kern des Problems vorbeizugehen und Strukturphänomene unzulässigerweise zu personifizieren. Auch wenn es >den< Deserteur nicht gab, lassen sich, trotz der enormen Kontingenz seines Verhaltens, einige Tendenzen und immer wieder auftretende Reaktionsmuster aus den Kriegsgerichtsakten herauspräparieren.

B. Das Profil der Deserteure 1. In der deutschen

Armee

Was nicht in den Akten steht, ist nicht in der Welt. Diese Prämisse gilt aufgrund des zeitiichen Abstands fast uneingeschränkt für diese Studie. Daher müssen zunächst einige Erläuterungen hinsichtlich des Quellenkorpus erfolgen, um die grundsätzliche Reichweite der überhaupt treffbaren Aussagen bestimmen zu können. Aufgrund der dünnen - aber messerscharfen - juristischen Trennlinie zwischen unerlaubter Entfernung und Desertion mußten beim Ausfindigmachen der Deserteure auch die Fälle von unerlaubter Entfernung mit einbezogen werden. Alle Fälle von unerlaubter Entfernung auszuwerten, hätte jedoch einen nicht vertretbaren Mehraufwand bedeutet, da auf eine Desertion mindestens zehn bis fünfzehn unerlaubte Entfernungen kamen. Daher wurden für die systematische Auswertung alle Fälle ausgewählt, bei denen von den vier Hauptstufen eines Untersuchungsverfahrens - Tatbericht, Ermitdungsverfahren, Anklageschrift sowie Urteilsspruch - wenigstens eine auf Desertion lautete. Besonders interessant sind dabei die Fälle, in denen z.B. wegen unerlaubter Entfernung ermittelt, aber wegen Desertion verurteilt wurde oder umgekehrt. Für die Berücksichtigung eines Falles in dem Erfassungsraster war jedoch nicht maßgeblich, ob ein Delikt 128

bei der 2. oder 4. bay. Infanterie-Division abgeurteilt wurde, sondern ob es von einem diesen Divisionen angehörenden Soldaten begangen worden war. Fälle, die bei einer anderen Einheit vorgekommen, aber von der 2. bzw. 4. bay. Infanterie-Division abgeurteilt worden waren, wurden daher nicht berücksichtigt, wohl aber diejenigen, die sich im Bereich der 2. oder 4. bay. Infanterie-Division ereignet hatten und dann vor einem anderen Gericht verhandelt wurden. Die bayerischen Kriegsgerichtsakten sind weitgehend vollzählig114 und vollständig erhalten geblieben und im allgemeinen sehr umfangreich, selten weniger als vierzig Blatt, manchmal sind es über einhundert. Sie sind standardisierte Massenakten, aber trotzdem individuell genug, um Einzelanalysen zu ermöglichen, da sie zahlreiche Daten über die Persönlichkeit des Angeklagten und seine soziale Herkunft enthalten; auch das gesamte Ermittlungsverfahren ist ausführlich protokolliert. In das zugrundeliegende Erfasssungsraster dieser statistischen Auswertung fallen für die 2. bay. Infanterie-Division 49 Fälle, für die 4. bay. Infanterie-Division 56, zusammen also 105. Die Basis der folgenden Analyse sind die 46 Fälle der 2. bay. InfanterieDivision und die 30 Fälle der 4. bay. Infanterie-Division, deren Gerichtsakten aufgefunden wurden. Von diesen insgesamt 76 Fällen betrafen sechs Fahnenfluchten vor August 1914, soweit sich die Soldaten nach Kriegsbeginn den deutschen Behörden gestellt hatten. Diese Fälle werden nur summarisch berücksichtigt, weil sie nichts mit dem Weltkrieg zu tun haben. Da 24 Verfahren wegen dauernder Abwesenheit des Soldaten im neutralen Ausland nicht weiterverfolgt werden konnten, wegen Unzurechnungsfähigkeit, Tod oder erwiesener Unschuld des Betreffenden eingestellt wurden, oder weil sich die Verfahren über das Kriegsende hinaus verzögert haben und dann durch die allgemeine Amnestie für Bayern vom 22. November 1918 erledigt waren, ergibt sich eine Gesamtzahl von 26 für die 2. bay. InfanterieDivision bzw. 25 für die 4. bay. Infanterie-Division, zusammen 51 während des Krieges rechtskräftig gewordene Urteile wegen Desertionen und unerlaubter Entfernungen, von denen 45 während des Krieges verübt worden waren. Soweit der erste Überblick über die Grundgesamtheit der ausgewerteten Fälle. Welches Bild von den Deserteuren, ihren Tatmotiven und Formen des Desertierens läßt sich aus diesen Kriegsgerichtsakten gewinnen?

a) Skizze eines Sozialprofils >Der< Deserteur war zuerst ein einfacher Soldat, denn obwohl rein juristisch gesehen Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften gleichermaßen der Fahnenflucht schuldig werden konnten, sind unter den 46 Fällen der 2. bay. Infanterie-Division zwei Gefreite, bei der 4. bay. Infanterie-Division sogar 129

nur einer von 3 0 . Den Rest bilden einfache Soldaten: Infanteristen, Kanoniere, Pioniere. Unteroffiziere oder gar Offiziere kommen in den Beispieldivisionen nicht vor. 115 Es ist schwierig, das Sozialprofil der Deserteure mit dem der Gesamtarmee in Beziehung zu setzen, da eine umfassende Untersuchung hierzu bislang nicht vorliegt. So muß für den Vergleich der Sozialstruktur der Deserteure mit der der Gesamtarmee auf die Analyse des Alpenkorps und die Hochrechnung aus der Berufszählung im Deutschen Reich von 1 9 0 7 zurückgegriffen werden. Das Alpenkorps ist insofern keine typische bayerische Einheit, als es überhaupt nur zur Hälfte aus Bayern bestand. Seine Rekrutierungsbezirke waren neben großen Teilen Bayerns auch Baden, das Elsaß und das heutige Niedersachsen. Die Vergleichswerte können also nur mit Zurückhaltung interpretiert werden, nicht zuletzt deshalb, weil die Grundgesamtheit der Desertionsfalle sehr klein ist. Zunächst stellt sich die Frage, ob eher die jüngeren, unerfahrenen und ungebundenen Soldaten desertiert sind oder die älteren (vgl. Tabelle 4 ) .

Tabelle 4: Altersstruktur der Deserteure 1 9 1 4 - 1 9 1 8 Geburtsjahrgänge bis 1880 1881-1883 1884-1886 1887-1889 1890-1892 1893-1895 1896-1898 1899-1901

Desertionsfälle (in %) aus der 2. b.I.D. 4. b.I.D. 2. u. 4. b.I.D. 10,6 6,4 6,4 8,5 21,3 23,4 21,3 2,1

-

-

13,3 20,0 23,3 20,0 23,3 -

6,5 3,9 9,1 13,0 22,1 22,1 22,1 1,3

Alle Soldaten Alpenkorps 3,7 4,8 8,8 11,1 12,9 25,9 27,5 5,4

Quelle: Eigene Berechnung aus den Fallbeispielen 2. und 4. b.I.D. und Hebert, Das Alpenkorps, Tafel 1, S. 44.

Diese Zahlen zeigen insgesamt nur geringe Abweichungen von der Grundgesamtheit. Allenfalls kann eine leichte Überproportionalität der älteren Jahrgänge bei den Deserteuren festgestellt werden. 54,6% von ihnen stammten aus den Jahrgängen bis 1 8 9 2 , im Alpenkorps kamen nur 4 1 , 3 % der Soldaten aus diesen Jahrgängen. Das läßt die Hypothese zu, daß es eher die älteren Soldaten waren, die sich zur Desertion entschlossen. Doch ist dieser Zusammenhang zum einen nicht sehr signifikant, zum anderen ist zu beden130

ken, daß im Alpenkorps aufgrund der dort verlangten überdurchschnitdichen körperlichen Fitness weniger ältere Soldaten dienten als in einer durchschnittlichen Infanterie-Division. Auch die Tatsache, daß in beiden bayerischen Divisionen etwa 85% der wegen Desertion oder unerlaubter Entfernung angeklagten Soldaten ledig waren, dürfte mit dem jugendlichen Durchschnittsalter zusammenhängen, deutet aber auch daraufhin, daß eine eigene Familie einen Soldaten tendenziell davon abhielt, sich in das Abenteuer der Flucht zu stürzen. Denn es war allgemein bekannt, daß die Familienangehörigen durch die Entziehung der Familienunterstützung, auf die viele Ehefrauen dringend angewiesen waren, zur Rechenschaft gezogen wurden. Weiterhin ist nach der Bedeutung der konfessionellen Bindung für das Verhalten der Soldaten zu fragen. Die Gegenüberstellung der Zahlen der Konfessionsstruktur beider Divisionen ergibt das eindeutige Ergebnis, daß die Konfession als erklärender Faktor ausscheidet (vgl. Tabelle 5).

Tabelle 5: Konfession der wegen Desertion/unerlaubter Entfernung einem Untersuchungsverfahren unterzogenen Soldaten1 2. b.I.D. 4. b.I.D. Konfession Soldaten Untersuchungsfälle Soldaten insges. Desertion/Unerl. Entf. insges. katholisch evangelisch

88% 11%

87,2% 10,6%

67% 29%

Untersuchungsfälle Desertion/Unerl. Entf. 70,0% 23,3%

1

Die konfessionelle Zusammensetzung der 2. und 4. b.I.D. wurde hochgerechnet aus der Konfessionsstruktur der Rekrutierungsregionen und dann gewichtet im Verhältnis 2:1 zwischen Schwaben und Oberbayern für die 2. bzw. Unterfranken und Pfalz fur die 4. b.I.D. Quelle: Eigene Berechnung.

Der Vergleich der Sozialstrukturen zwischen den desertierten Soldaten und der Grundgesamtheit zeigt dagegen einen eindeutigen Zusammenhang (vgl. Tabelle 6). Ins Auge springt die Erkennntis: der bayerische Bauer ist nicht desertiert. Ebenfalls deudich ist die Überrepräsentanz der Arbeiter und der subproletarischen Schichten, während die Handwerker im Gesamtbild nur leicht überproportional vertreten sind. Der relativ höhere Anteil der Arbeiter an den Deserteuren der 4. bay. Infanterie-Division erklärt sich aus dem für Bayern recht hohen Anteil an Arbeitern in der Pfalz. Diese Zahlen 131

Tabelle 6: Soziale Herkunft der bayerischen Deserteure Beschäftigung in/als

Anzahl der Fälle (in %) aus der Alle Soldaten Vergleichszahlen (in %) 2. bID 4 . bID 2.+4. bID Alpenkorps (in %) 2. b.I.D. 4. b.I.D.

Landwirtschaft

2,1

6,7

3,9

31,3

Handwerk

53,2

26,7

42,9

35,1

Arbeiter

19,2

33,3

24,7

9,3

Beamte, Kaufleute

6,4

20,0

11,7

10,9

19,2

13,3

16,9

45,1

31,4

• 29,5

33,7

-

-

8,2

-

-

-

-

-

-

1

2

Tagelöhner, Dienstleute Bürgertum (Studenten, Schüler)

-

-

5,3

1 In beiden Spalten ist die Zahl der für tauglich befundenen Rekruten aus den jeweiligen Rekrutierungsregionen für 1 9 0 7 wiedergegeben. 2 In beiden Spalten ist der aus der Berufszählung 1 9 0 7 errechnete Durchschnittswert der in dem jeweiligen Beruf Tätigen an der Gesamtbevölkerung angegeben.

Quelle: Eigene Berechnung nach: Bay. Berufsstatistik 1 9 0 7 , in: Beiträge zur Statistik des Königreichs Bayern, Bd. 8 0 ; ZKBSB 4 0 , 1 9 0 8 , S. 4 9 8 - 5 0 5 ; Hebert, Das Alpenkorps, Tafel 2, S. 4 8 , Berufsgruppen der Gefallenen des Alpenkorps.

zeigen, daß das Mißtrauen der Militärfuhrung gegen die Arbeiterschaft wohl doch nicht völlig unberechtigt war. Sicher wurde auf einen Arbeiter häufig ein größeres Augenmerk gerichtet als auf einen Bauernsohn, doch muß angenommen werden, daß die Konfliktbereitschaft gegenüber den Vorgesetzten und dem System im allgemeinen in der Arbeiterschaft größer war als in anderen Teilen der Bevölkerung. Dieser bei den Offizieren tiefverwurzelte Argwohn wurde durch die Kriegserfahrungen weiter genährt und schien sich, zumindest in der Nachkriegsinterpretation, durch den >Dolchstoß< zu bestätigen. Wie die wehrpsychologische und -psychiatrische Literatur immer wieder behauptet hat, war ein überproportionaler Anteil der wegen Desertion Verurteilten schon im Zivilleben mit dem Gesetz in Konflikt gekommen. Daher überrascht es zunächst wenig, daß dies auch bei der 2. und 4. bay. InfanterieDivision der Fall war (vgl. Tabelle 7). Übereinstimmend kann festgestellt werden, daß rund einem Viertel der Verurteilten von ihren Vorgesetzten 132

Tabelle 7: Anteil ziviler und militärischer Vorstrafen der bayerischen Deserteure (in %) Vorstrafen

Zivil Militärisch Zivil u. militärisch Keine Gesamt

2. b.I.D. Ν = 46

4. b.I.D. Ν = 30

Gesamt Ν = 76

43 24 13 20

10 27 7 56

30 26 10 34

100

100

100

Quelle: Eigene Berechnung.

bescheinigt wurde, daß ihre militärische Führung mäßig oder schlecht war. Umgekehrt heißt das aber, daß drei Viertel der Verurteilten bislang >guteabwichProbleme guter Bürger - guter Soldat< oder schlechter Bürger - schlechter Soldat< ging jedenfalls nicht auf, und manche Soldaten hatten sich einerseits durch ihre Tapferkeit Orden erworben, andererseits aber immer wieder Disziplinarstrafen erhalten. Die hohe Gewaltbereitschaft einer Person beispielsweise führte in der bürgerlichen Umwelt sehr leicht zu Konflikten und tat dies auch in der Armee; dort aber war eine hohe Aggressionsbereitschaft bei Kampfhandlungen gleichzeitig eine Tugend, die offizielle Anerkennung fand. Bürgerwelt und Soldatenwelt, ihr jeweiliger Wertekanon und Beurteilungsmaßstab, waren nur teilweise kongruent. Als nächstes stellt sich die Frage, ob eher die frisch an die Front gekommenen Soldaten oder die schon länger in der Armee Stehenden ihre Truppe verließen. Daher lohnt ein Blick auf die Felddienstzeit der Angeklagten bis zu ihrer Desertion (vgl. Tabelle 8). 133

Tabelle 8: Felddienstzeit der bayerischen Angeklagten (in %) Dauer der Felddienstzeit 0-3 Monate 4-6 Monate 7-12 Monate 13-23 Monate über 24 Monate

2. b.I.D.

4. b.I.D.

Gesamt

26,1 8,6 19,6 26,1 19,6

17,9 10.7 7,2 21,4 42.8

23,2 8,7 14.5 24.6 29,0

Ohne die Fälle vor August 1914. Quelle: Eigene Berechnung.

Diese Zahlen auf die durchschnittliche Felddienstdauer eines deutschen Soldaten zu beziehen, ist leider nicht möglich. Sie zu errechnen, wäre eine eigene Arbeit wert, denn die einzige, relativ leicht zu ermittelnde Zahl ist die der im Krieg Gefallenen: etwa 2 Millionen oder rund 15% aller Mobilisierten. Einige Überlegungen zur Gewichtung dieser Zahlen können aber darüber hinaus angestellt werden. Zunächst ist zu bedenken, daß logischerweise frühestens seit dem Herbst 1916 Soldaten mit einer über zweijährigen Felddienstzeit desertieren konnten. Insofern gewinnen die Werte der langen Felddienstzeiten zusätzlich an Gewicht, das noch durch eine andere Tatsache verstärkt wird: Jeder Soldat mit ein oder zwei Jahren Felddienstzeit hatte auch einmal zu der Gruppe derjenigen mit bis zu drei Monaten Felddienstzeit gehört, in denen er bereits hätte desertieren können. Aber viele von denen, die innerhalb ihres ersten Vierteljahres an der Front desertiert sind, hätten rein statistisch gesehen gar nicht mehr die Möglichkeit gehabt, nach ein oder zwei Jahren zu desertieren, weil sie dann bereits tot gewesen wären. Nach diesen Vorüberlegungen läßt sich aus der Tabelle ablesen, daß es entweder die Neulinge an der Front oder - besonders - die >alten Hasen< waren, die sich dem militärischen Zwangssystem entzogen. Es mag kaum überraschen, daß die Soldaten fahnenflüchtig wurden, die erst kurz an der Front waren und angesichts der Kriegsschrecken >die Nerven verlorene Wer diesen >Primärschock< überstanden hatte, verfugte dann offensichtlich in der Regel über genügend Verarbeitungsstrategien, mit deren Hilfe er den Kriegsalltag überstehen konnte. Doch wie wehrpsychologische Untersuchungen zeigen, addieren sich Streßfaktoren und können durch gewonnene Routine nur eine Zeit lang kompensiert werden. Danach häufen sich A u s fallerscheinungen physischer und psychischer Art. 116 Wenn man sich die Bedingungen des Grabenkrieges vor Augen fuhrt, wird aber auch klar, daß es 134

schon einiger Erfahrung mit den militärischen Institutionen und den Gegebenheiten der Front und Etappe bedurfte, um überhaupt Fluchtpläne entwickeln zu können und den zahlreichen Kontrollen zu entgehen. Die Abwesenheitsdauer war dabei angesichts der vielen Kontrollen teilweise beträchtlich lang (vgl. Tabelle 9). Tabelle 9: Abwesenheitsdauer der wegen Desertion bzw. unerlaubter Entfernung angeklagten Soldaten Dauer der Abwesenheit

2. b.I.D.

4. b.I.D.

Gesamt

gescheiterter Versuch unter 1 Woche unter 2 Wochen unter 3 Wochen unter 4 Wochen über 4 Wochen flüchtig (im Ausland)

1 14 1 3 2 9 9

1 9 6 2 1 7 2

2 23 7 5 3 16 11

Gesamt

39

28

67

Angaben in abs. Zahlen; ohne die Fälle vor August 1 9 1 4 und ein Fall der 2. b.I.D., der irrtümlich als desertiert geführt wurde. Quelle: Eigene Berechnung.

Entweder war eine eigenmächtige Abwesenheit bereits nach ein bis zwei Wochen zu Ende, oder sie dauerte sehr lange, manchmal bis zu einem Jahr.117 Hatte ein Soldat etwas Glück und entwickelte er schnell die notwendigen Techniken, um den Kontrollen zu entgehen, sich Fahrscheine, Quartiere und Nahrung zu verschaffen, dann hatte er gute Chancen, längere Zeit unentdeckt zu bleiben. Gelang ihm das nicht, scheiterte er meist schon nach sehr kurzer Zeit. Einige wählten schließlich den Weg ins neutrale Ausland. Eine eindeutige Korrelation zwischen der Länge der Abwesenheit und der Länge der Felddienstzeit ist dagegen nicht ermittelbar.

b) Motivmuster Auf die Frage, welche Motive die Deserteure zu ihrer Tat veranlaßt haben, ist eine Antwort quellenbedingt nur mit großer Vorsicht möglich. Die 135

Kriegsgerichtsakten sind Herrschaftsakten und erlauben lediglich einen durch die Wahrnehmungsstruktur und Interessenlage der untersuchenden Offiziere, Militärjuristen und Richter gefilterten Blick. Auch die Aussagen der Angeklagten können keineswegs fur bare Münze genommen werden, denn es wird sich kaum jemand etwa mit einer dezidiert politischen Argumentation >um Kopf und Kragen< geredet haben. Vielmehr darf angenommen werden, daß die meisten eher private, persönliche, möglichst >harmlose< und menschlich nachvollziehbare Gründe genannt haben, weil sie damit auf mehr Nachsicht bei ihren Richtern hofften. Man darf auch den allgemeinen Kenntnisstand der Soldaten über die juristischen Gegebenheiten nicht unterschätzen. So war es wohl praktisch jedem bewußt, daß er alles versuchen sollte, um den Eindruck zu vermeiden, er habe sich dauerhaft vom Dienst entfernen wollen. Nur selten konnten Zeugenaussagen - die natürlich auch nicht objektiv sein mußten - oder Briefe der Angeklagten überprüfend herangezogen werden. Daher können die folgenden Ausführungen nur der Versuch einer Annäherung sein; sie erheben nicht den Anspruch, endgültige Antworten zu geben (vgl. Tabelle 10).

Tabelle 10: Motive für Desertion/unerlaubte Entfernung bei den bayerischen Deserteuren Motive (mit Mehrfachnennungen)

2. b.I.D.

4. b.I.D.

Gesamt

Wunsch, zu anderer Einheit zu wechseln

5

12

17

Ärger mit Vorgesetzten

7

5

12

Angst vor Strafe wegen früherer Verfehlungen

5

2

7

Ärger mit Kameraden

3

1

4

Nicht gewährter Urlaub Dienstliche Probleme insgesamt

1

1

2

21

21

42

Heimweh, Sehnsucht nach Familie, Frau, Freundin

7

5

12

Angst vor Gefahr

4

0

4

15

1

16

8

5

13

Sonstiges Nicht ermittelbar / keine Angaben Quelle: Eigene Berechnung.

136

Bei der 2. bay. Infanterie-Division ist es schwierig, ein einheitliches Bild zu zeichnen, während in der 4. bay. Infanterie-Division der Wunsch, bei einer anderen Einheit Dienst zu tun, weil es Ärger mit den Vorgesetzten oder Kameraden gab, das häufigste Motiv für eine unerlaubte Entfernung war. Ein Angeklagter, der dieses Motiv glaubhaft machen konnte, durfte mit einer relativ milden Strafe rechnen, in der Regel ein bis zwei Jahre Haft. Die einzige Ausnahme ist der Fall des Soldaten Steinhart der 4. bay. InfanterieDivision, der zu fünf Jahren und einem Tag Gefängnis verurteilt wurde. Er war bereits einmal wegen unerlaubter Entfernung zu sieben Monaten Haft verurteilt worden, weil er schon damals vom 5. R.I.R. zu seinem alten Regiment zurückgewollt hatte. Das mag erklären, warum in diesem Fall das Urteil so hart ausfiel, obwohl ihm das Gericht zugestanden hatte, nicht aus unlauteren Motiven gehandelt zu haben. 118 Wie wichtig das >Mikroklima< in einer bestimmten Einheit war, zeigt sich an dem Beispiel des Soldaten Burkhardt. Dieser begründete seinen Wunsch, vom 5. R.I.R. weg- und zu seinem >alten< 22.1.R. zurückzukommen damit, daß man auf Postendienst beim 22. LR. immer in der gleichen Gruppe blieb, beim 5. R.I.R. dagegen jedesmal einem anderem Zug zugewiesen wurde. 119 Ähnlich äußerte sich der Infanterist Fischer, der gemeinsam mit Burkhardt desertiert war; er sei beim 5. R.I.R. zwar nicht schlecht behandelt worden, doch empfand er den Dienst bei seiner alten Einheit als »heimlicher«.120 Das waren keine Einzelfälle, denn von den zwölf Soldaten der 4. bay. InfanterieDivision, die den Wunsch, zu einer anderen Einheit zu wechseln, als Grund ihrer Entfernung angaben, stammten bis auf zwei alle vom 5. R.I.R. Der Schütze Peissl hatte erst gar keinen formellen Versetzungsantrag gestellt, da beim 5. R.I.R. schon viele andere vor ihm mit diesem Ansinnen gescheitert seien.121 Bei der 2. bay. Infanterie-Division war es ein Leutnant Meyer, der für manche Soldaten ein >rotes Tuch< darstellte. Die Pioniere Brem und Striegel waren schon mehrfach militärisch vorbestraft und hatten sich gemeinsam unerlaubt entfernt, als sie erfuhren, daß sie wieder unter Meyer dienen sollten, dem sie eine frühere Bestrafung verdankten. Striegel hatte bei einer Vernehmung unter der Zustimmung Brems geäußert, daß sie nicht zu einer Kompanie zurückkehren wollten, von deren Führer sie schon bestraft worden seien.122 Das Urteil war insofern relativ mild, als das Gericht nur auf unerlaubte Entfernung erkannte, während es bei dem Pionier Oswald von der Pionier-Kompanie 2 sehr hart geriet. Dieser war vor seiner Desertion im Januar 1918 bereits viermal disziplinarisch wegen unerlaubter Entfernung, Achtungsverletzung, Meuterei und Ungehorsam, 1917 sogar kriegsgerichtlich wegen unerlaubter Entfernung vorbestraft. Ihm nutzte es nichts, daß er sich in der Hauptverhandlung darauf berief, er sei nur desertiert, um die Nähe des Leutnants Meyer von der 4. Kompanie zu meiden, der ihn früher 137

einmal mit Arrest bestraft hatte.123 Zu unbekümmert hatte er seine wahre Absicht kundgetan: »Ich habs dem Feldwebel... gleich gesagt, er soll mich daheim lassen, da ich doch wieder abschieb.«124 Ein Offizier gab zu Protokoll: »Pion. Oswald war während seiner Haft in zufriedenster Stimmung man hörte ihn in seiner Arrestzelle den ganzen Tag singen u. pfeiffen.«125 Ein anderer Soldat, der sich nur aus Ärger über einen Vorgesetzten unerlaubt entfernt hatte, fand dagegen sehr viel Verständnis vor Gericht. Bei der Minenwerfer-Kompanie 4 der 4. bay. Infanterie-Division war ein Feldwebel nicht nur bei den Soldaten allgemein unbeliebt, auch andere Unteroffiziere gaben zu Protokoll, daß er den Angeklagten unnötig schikaniert hatte. Schließlich beantragte der Kompaniefuhrer die Versetzung dieses Feldwebels, und der angeklagte Soldat, gegen den nur kurzfristig wegen Desertion ermittelt worden war, erhielt lediglich vier Monate Gefängnis.126 Viele Soldaten, die früher bei den Pionieren, der Artillerie oder beim Train gedient hatten, empfanden es als unter ihrer Würde, auf einmal den ungeliebten, öden und gefährlichen Dienst eines Infanteristen versehen zu sollen.127 Diese eigenmächtigen Versetzungen als Desertion zu verfolgen, obwohl die Betreffenden oft in anderen Einheiten klaglos ihren Dienst taten, wurde auch von vielen Offizieren bzw. Richtern zunehmend als ungerecht empfunden, vor allem weil ein Soldat, der sich faktisch der Armee ganz entzog, aber glaubhaft machen konnte, daß er irgendwann wieder zurückgekehrt wäre, nur wegen unerlaubter Entfernung verurteilt werden durfte. Dem Unbehagen an diesem Zustand trugen wohl viele Gerichte insgeheim Rechnung. Trotz der eindeutigen Rechtsprechung des Reichsmilitärgerichts gab das Gericht der 2. bay. Infanterie-Division an, in solchen Fällen von sich aus auf unerlaubte Entfernung zu erkennen.128 Aber auch bei der 4. bay. Infanterie-Division - und vielen Gerichten des Heimatheeres - verfuhr man offensichtlich so, denn der gerade erwähnte Schütze Peissl wurde ebenfalls nur wegen unerlaubter Entfernung verurteilt.129 Dieses Vorgehen der Justiz war das stillschweigende Eingeständnis, daß den Soldaten von ihren Vorgesetzten nicht mehr alles zugemutet werden konnte und die Klagen über ungerechte Behandlung durch Offiziere und Unteroffiziere oft nur allzu berechtigt waren. Der Ärger eines Soldaten mit Vorgesetzten und Kameraden erwuchs häufig aus einem Rückkopplungsprozeß zwischen einem bereits in die Armee mitgebrachten >auffälligen< Verhalten und den abweisenden Reaktionen der Umwelt darauf, die ersteres wiederum weiter verstärkten. Musterbeispiel für eine Karriere als >schwarzes Schaf< ist das Schicksal des Schützen Fersch. Sein Problem war, daß er die regelmäßigen Entlausungsprozeduren verweigerte, weshalb seine Kameraden auf Distanz gingen. Das verstärkte sich, als er eines Tages beim Transport eines Postsacks in die vorderste Linie beschossen wurde und diesen dabei leichtfertig verloren gab, was dazu führte, daß ihn 138

seine Kameraden jetzt als »Drückeberger« verspotteten. Als ihn am Tage darauf ein Feldwebel vor versammelter Mannschaft »einen feigen Tropf« 130 nannte, lief das Faß über und Fersch von seiner Kompanie davon. Als er nach zwei Wochen in Koblenz festgenommen wurde, schrieb er einen Brief an seine Eltern, in dem er den Fehler beging, seine Fluchtabsicht nach Holland zu bekunden, während er in den Verhören die Absicht dauernder Dienstpflichtentziehung bestritten hatte: »Wie Ihr wißt, war ich in letzter Zeit als g[arnisonsdienst]v[erwendungsfahig] geschrieben. Trotzdem mußte ich in Stellung, wenn auch nicht gerade in den Schützengraben, aber doch in den Feuerbereich. Unser Feldwebel erachtete mich überhaupt nicht als g.v. und nannte mich nur immer Drückeberger Pelzbruder etc. Auch die Komp. Kameraden sahen verächtlich auf mich herunter u. keiner wollte von mir etwas wissen. Einen einzigen guten Kollegen hatte ich ... Auch diesen habe ich mir erst am Winterberg richtig gewonnen, da ich ihn im schwersten Feuer, als er nicht mehr laufen konnte, unterstützte u. ihn nicht liegen ließ. Sonst war ich einfach der Drückeberger bei der Komp. Dieses erbitterte mich so, daß der Entschluß in mir reifte, mich von der Truppe zu entfernen. Da kam die Gelegenheit... Mein Ziel war zunächst Remscheid und dann Holland ... Also liebe Eltern so bitte ich nochmals um Verzeihung u. hoffe alles wieder gut machen zu können. Seid herzlich gegrüßt von Eurem Sohn Otto.« 131

Aus diesen Zeilen wird auch deutlich, daß der Aspekt der Schande, die Fersch seinen Eltern durch seine Tat vermeintlich angetan hatte, ein gewichtiges Problem für ihn darstellte. Es ist zu vermuten, daß viele Soldaten von einer Desertion nicht zuletzt durch die Befürchtung abgehalten wurden, vor ihren Verwandten als Versager dazustehen. Der Infanterist Kießhauer hatte ein ähnliches Problem. Wie er in einem Brief an seine Frau geschrieben hatte, traute er sich nicht mehr zu seinem Regiment zurück, da er sich vor dem Krieg die Syphilis zugezogen hatte, was dort allgemein bekannt war und ihn dem Spott seiner Kameraden ausgesetzt hatte.132 Doch auch ohne als Außenseiter gebrandmarkt zu sein, war der alltägliche Umgang mit den Kameraden für diejenigen schwierig, die aus irgend einem Grund >anders< waren. Ein dreißigjähriger Kanonier gab bei der Vernehmung nach seiner Entfernung von der Truppe an: »Ich fühlte mich bei der Batterie, bei der die Mehrzahl der Leute sehr viel jünger sind, sehr unglücklich u. wußte mir nicht zu helfen.«133 Dies war übrigens auch der einzige Fall, daß von Gerichts wegen auf eine Strafverfolgung verzichtet wurde, weil sich der »begründete] Verdacht einer abnormen geistigen Beschaffenheit«134 ergeben hatte. Dem Gefreiten Seufert schließlich wurde das Leben beim 9. LR. dadurch verleidet, daß er sich nicht entsprechend seiner Vorgesetztenrolle verhielt. Sein Kompanie-Führer äußerte sich nach dem Überlaufversuch nicht ohne Wohlwollen über ihn: 139

»Er [sc. Seufert] war ein toller Hitzkopf. Ein hervorstechender Charakterzug war, daß er der Wahrheit gemäß den Vorgesetzten rückhaltlos die Meinung sagte. Es fiel ihm schwer, der Mannschaft gegenüber als Vorgesetzter aufzutreten, weil er keinen Rückhalt bei seinen Vorgesetzten suchte.« 135

Daher war es nicht erstaunlich, daß Seufert selbst als Motiv seiner Desertion angab: »Es hat mir nimmer gefallen ... Man kann mich überhaupt nicht leiden.«136 Dieser Soldat war nicht aufgrund irgend eines >Charakterfehlers< desertiert, sondern deswegen, weil er mit dem ihm zugedachten Rollenverhalten nicht zurechtkam. Ein weiteres, oft genanntes Motiv war die Sehnsucht eines Soldaten nach seinem Zuhause, nach der Freundin, Ehefrau - oder beiden, wie der krasse Fall des Infanteristen Seuffert (er ist nicht mit dem eben genannten Seufert identisch) zeigt. Dieser war nach dem Aufenthalt in einem Feldlazarett nicht zum 9.I.R. zurückgekehrt, sondern hatte sich kurz vor Weihnachten 1916 auf den Weg nach Aschaffenburg gemacht. Was er dort wollte, erzählte er dem Gerichtsoffizier nach seiner Festnahme in dürren Worten: »Ich wollte meiner Frau nachforschen, weil ich begründeten Verdacht gegen sie hatte, daß sie Ehebruch beging, da ich sie schon einmal auf irischer Tat ertappte ... [Ich hielt] mich in der Wohnung meiner Frau einige Tage auf und begab mich hierauf nach Würzburg. Dort verweilte ich auch einige Tage, um ein Maedchen zu besuchen, das von mir schwanger war.« 137

Vielleicht gefielen sich die Richter in stillschweigender Anerkennung dieser vorgeführten bürgerlich-männlichen Doppelmoral, denn trotz der »unwürdige[n] Aufführung während der Entfernungszeit«138 verurteilten sie Seuffert zu vergleichsweise milden acht Monaten Gefängnis wegen unerlaubter Entfernung. Politische Motive sind dagegen kaum nachweisbar, in den 30 Fällen der 4. bay. Infanterie-Division überhaupt nicht. Auch bei der 2. bay. InfanterieDivision ist nur ein Fall aktenkundig. Der Ersatz-Reservist Armbrust war am 16. Dezember 1917 von der 11/15. I.R. desertiert. Am 15. Januar 1918 schrieb er an einen Vorgesetzten aus Ludwigshafen am Rhein: »Noch niemals trat der Unterschied im Volke größer und deutlicher, aber auch wohl nie so rücksichtslos hervor, als gerade in diesem Kriege ... Am schärfsten tritt der Gegensatz zwischen arm u. reich, im feldgrauen Rock zu Tage. Hat dort ein gewöhnlicher Soldat, irgend ein Recht, das zu verteidigen, er im Standte ist? Nein; dort gibt es nur Pflichten und nochmals Pflichten ... Ich nahm mir, die mir zustehende Freiheit und denke auch weiterhin darin zu verbleiben ... werde auch Sorge tragen, daß ich frei bleibe. Bis diese Zeilen an ihre werte Adr[esse] gelangen, bin ich über der holländischen Grenze und werde auch nach dem Kriege darin verbleiben.« 139

Dieser Plan ist ihm geglückt, kein deutsches Gericht wurde seiner habhaft: am 16. Februar 1919 unterzeichnete er in Solingen die Entgegennahme 140

seines Amnestiebescheides. Für wie viele Soldaten politische Motive ein wichtiger oder gar der entscheidende Grund fiir ihre Desertion war, muß offen bleiben. Meckern, Fluchen und Schimpfen gehören zum Soldatenalltag. Der oft berechtigte Unwille über die Vorgesetzten, die verständliche Kriegsmüdigkeit und der Wunsch nach Rückkehr in das Zivilleben wurden oft artikuliert. Es ist nicht die Frage, wie häufig das vorkam - es war alltäglich sondern wie oft es den entscheidenden Impuls zur Tat gab. Und da erscheint Skepsis angebracht, ob dies vor dem Sommer 1918 in wirklich nennenswertem, d.h. die Funktionsfähigkeit der Armee gefährdendem Umfang der Fall war. Ein weiteres, indirektes Indiz für die Motive, die zur Desertion führten, ist der O r t der Flucht. Die Möglichkeit zum Desertieren bestand fast nur, wenn das Regiment in Ruhestellung lag oder ein Soldat Urlaub nach der Etappe bzw. nach Hause hatte oder in einem Lazarett war. Aus der unmittelbaren Frontlinie zum >Feind< überzulaufen haben bei diesen 70 Fällen nur zwei nachweisbar versucht, beide scheiterten damit. Die übrigen, die aus der ersten Linie desertiert sind, versuchten, sich von dort ins Hinterland bzw. die Heimat durchzuschlagen (vgl. Tabelle 11).

Tabelle 11: O r t der Flucht der Deserteure der 2. und 4. bay. InfanterieDivision Ort der Flucht

2. b.I.D.

Einrücken in die 1. Linie aus der Ruhestellung aus der Etappe aus dem Heimaturlaub aus einem Urlaub ins Ausland aus der 1. Linie von der Heimat aus Angabe fehlt

10 8 2 9 6 5 1

Gesamt

41

-

4. b.I.D. 5 6 12 1 2 2

Gesamt

1

15 14 14 10 8 7 1 1

29

70

-

Ohne die Fälle vor August 1914. Quelle: Eigene Berechnung.

Auch hier sind zwischen beiden Divisionen wieder einige Unterschiede zu erkennen. Auffallend ist zunächst, daß ein sehr großer Anteil der Soldaten 141

der 4. bay. Infanterie-Division von der Etappe aus, weit hinter der unmittelbaren Kampffront desertiert sind. Bei der 2. bay. Infanterie-Division ist der Anteil der direkt aus der Heimat bzw. von einem Auslandsurlaub aus desertieren besonders groß. Dies erklärt sich weitgehend daraus, daß viele Wehrpflichtige aus Bayerisch-Schwaben Kontakte bzw. familiäre Bindungen in die Schweiz hatten und sie zur Flucht nutzten bzw. deswegen desertierten. Der ebenfalls recht große Anteil derjenigen, die beim Vorrücken ihrer Einheit aus dem Ruhequartier in die Frontstellung entwichen zeigt, daß die verständliche Furcht um Leib und Leben eine große Rolle spielte. Vor Gericht wurde dieses Motiv möglichst geleugnet, um den sowieso vorhandenen Verdacht der Feigheit nicht noch zu verstärken. c) Sozialdisziplinierung Außer dem Ärger mit Vorgesetzten oder Kameraden, Sehnsucht nach dem Zuhause, >Feigheitohne michDisziplinierungsmaschinerieDressierens< und >Zwikkens< zu entziehen, ein Grund für eine relativ milde Beurteilung darstellen könne. In einer Urteilsbegründung hieß es: 143

»Das Gericht glaubt dem Angeklagten, daß er nicht dauernd von der Truppe fernbleiben wollte. Ihn, der, wie seine Vorstrafen ergeben, schon im Frieden ein recht unregelmäßiges Leben geführt hat, mag der Drang nach ungezügelter Freiheit gefaßt und veranlaßt haben, sich einige Zeit von allem Zwang zu lösen.«148

Dieser Konflikt zwischen staatlichem Disziplinierungsanspruch und individueller Autonomie war auch schon vor dem Krieg ein in den Kriegsgerichtsakten formuliertes Motiv für die Fahnenflucht. 149 Schließlich gab es Fälle, in denen konkurrierende Loyalitätsanforderungen privat-familiärer und staatsbürgerlich-militärischer Art an einen Soldaten herantraten. Einem Pionier der 2. bay. Infanterie-Division war ein Gesuch um Verlängerung seines Urlaubs nach der Schweiz abgelehnt worden, woraufhin er sich entschloß, nicht zurückzukehren. In dem Brief an seine Kompanie aus Zürich begründete er diesen Schritt mit seiner Prioritätensetzung in diesem Loyalitätskonflikt: »Nachdem ich bis Heute vergeblich auf eine Verlängerung meines Urlaubes seitens des G[eneral]kommandos gewartet habe, bin ich gezwungen meinen Abschied von der Komp. zu nehmen. Die Pflicht meiner Familie und meinen alten Eltern gegenüber, hält mich von einer weiteren Dienstausübung zurück.«150

Aus diesen Zeilen spricht abermals keine grundsätzliche Kritik am Militär, wie sich aus der bemerkenswerten Tatsache ergibt, daß dieser Soldat aus dem sicheren Ausland heraus glaubt, seine Desertion schriftlich begründen und entschuldigen zu müssen.

d) Zwischenbilanz Die Detailanalyse der bayerischen Fallbeispiele hat die Annahme bestätigt und differenziert, daß es >den< Deserteur nicht gab. Vielmehr wurde ein Bündel von unterschiedlichen menschlichen Schicksalen, Motiven, Ursachen, Verlaufsformen und juristischen Verfolgungsmaßnahmen unter dieser Bezeichnung zusammengefaßt und suggerierte damit eine nicht vorhandene Einheitiichkeit und Eindeutigkeit. Es ist deutlich geworden, daß der staadich-militärische Zwangs- und Disziplinierungsapparat durch die sich völliger Planung entziehende Mannigfaltigkeit sozialer Interaktionen an Grenzen gestoßen ist, die er nicht überwinden konnte. Die Armee des Ersten Weltkrieges war keine totale Institution, die völlig über ihre Mitglieder bestimmen konnte. Doch genau diese Wunschvorstellung ständiger und unbegrenzter Verfügbarkeit des einzelnen war das prägende Leitbild der Armeefuhrung, was viele jener Konflikte erzeugte, die sich dann in Kriegsgerichtsverfahren niedergeschlagen haben.

144

2. In der britischen Armee Die Basis der folgenden Analyse sind die Gerichtsakten der 1., 4., 16., 17., 19., 47. und 49. Division, bei denen Soldaten dieser Einheiten wegen Desertion verurteilt wurden. Sie sind jedoch ausgesprochen dürftig und umfassen selten mehr als 20 Blatt. Meist ist nur ein Formblatt für die Anklage und das Urteil vorhanden, aus dem man über die Persönlichkeit des Angeklagten oft nicht mehr als die Initialen der Vornamen erfährt. Alter, Beruf, Geburtsund Wohnort, bisherige militärische Laufbahn etc. wurden dagegen meist nicht festgehalten, so daß eine genauere Analyse der sozialen Zusammensetzung unmöglich ist. Auch eine ausfuhrliche Urteilsbegründung fehlt, denn die Aussagen der Zeugen sind oft: nur wenige Zeilen lang und nicht selten mit Bleistift flüchtig notiert, ebenso wie die des Angeklagten. Aus ihnen läßt sich nur ein oberflächliches Bild der Ereignisse und Motive gewinnen. Wichtig sind noch die Stellungnahmen der militärischen Vorgesetzten vom Battalions-Kommandeur bis zum Armee-Kommandeur, ob und warum das verhängte Todesurteil zu vollstrecken sei.

a) Motivmuster Die verurteilten Deserteure waren auch im britischen Heer fast ausnahmslos einfache Soldaten: Nur vier der 39 waren Gefreite, der Rest Infanteristen, Artilleristen, Pioniere. Während des gesamten Krieges hatten sich an der Westfront lediglich 21 Offiziere wegen Desertion vor einem Kriegsgericht zu verantworten. 151 Die Felddienstzeit der Angeklagten bis zu ihrer Desertion läßt, ähnlich wie bei den bayerischen Fällen, eine leichte Häufung bei den langen Dienstzeiten erkennen ( vgl. Tabelle 12). Es waren also auch im britischen Heer eher die >alten Hasenfeiger< gewesen sein sollen als die deutschen, zeigt dies nur einmal mehr, wie sehr das Delikt Desertion von den externen Determinanten abhing und wie wenig von dem Verhalten des Angeklagten.

b) Zwischenbilanz Soweit es die wenig ergiebigen Gerichtsakten erkennen lassen, waren die Formen und Motive der Desertion im allgemeinen sehr ähnlich wie bei den deutschen Deserteuren. Ärger mit den Vorgesetzten bzw. allgemeine Unzufriedenheit mit dem Dienst sowie im weitesten Sinne private Gründe herrschten vor, während von politischen Motiven nicht einmal ansatzweise Spuren zufindensind. Jedoch gilt es, sich erneut den eingeschränkten Quellenwert der Kriegsgerichtsakten vor Augen zu halten: das Vertuschen der wahren Motive einer Desertion gehörte zu den Überlebensstrategien der Angeklagten. Diese Tatsache und die überragende Formungskraft des auf allen Seiten der Front annähernd identischen Kriegsalltags erklären zugleich die weitgehende Kongruenz des Bildes in der deutschen und britischen Armee. Platz für nationale Unterschiede gab es hier nicht. 148

C. Die Desertion im Krieg: Größenordnung und Trends 1. In der deutschen Armee a) Die Entwicklung 1914-1918 Seit 1900 wurden, wie bereits erwähnt, alle kriegsgerichtlichen Verfahren im deutschen Heer statistisch erfaßt, doch waren die Feldkriegsgerichtsverfahren davon zunächst ausdrücklich ausgenommen.153 Im Juni 1915 regte das Preußische Kriegsministerium aber doch an, auch Zählkarten für das Feldheer zu erstellen, »schon um später Anfragen über die Handhabung der Militär-Strafrechtspflege im Kriege sachgemäß beantworten zu können«.154 Aus dieser Begründung wird deudich, daß man sich im Kriegsministerium der Tatsache bewußt war, für die Handhabung der Militärjustiz nach dem Kriege Rechenschaft ablegen zu müssen. Man glaubte sich beobachtet, und es ist daher zu vermuten, daß dieses angenommene Interesse der Öffentlichkeit einen Einfluß auf das eigene Handeln hatte. Man war sich im Preußischen Kriegsministerium darüber im klaren, die Soldaten einer Wehrpflichtigenarmee nicht vollkommen willkürlich behandeln zu können. Die Bearbeitung der schließlich im Oktober 1915 eingeführten Zählkarten oblag dem Reichsmilitärgericht, doch erfolgte die Erstellung der Zählkarten nicht immer pünkdich und gründlich, wie aus zwei entsprechenden Erlassen des Preußischen Kriegsministeriums hervorgeht.155 Außerdem verfügte der stv. Generalstab im November 1916, eine Kartei über alle Fälle von Fahnenflucht, Überlaufen und Kriegsverrat anzulegen; veröffendicht wurden diese Zahlen jedoch nicht.156 Eine auf diesen Zählkarten basierende, das gesamte Heer erfassende Statistik ist wegen des Verlusts der preußischen Akten nicht mehr rekonstruierbar. Deshalb kann hier nur auf die vom Bayerischen Kriegsarchiv für Erich Otto Volkmann als Materialbasis seines Gutachtens über die Ursachen des Zusammenbruchs im Rahmen des Reichstagsuntersuchungsausschusses erstellte Statistik für alle bayerischen Armeekorps, Divisionen und Etappenformationen des Feld- und Heimatheeres zurückgegriffen werden.157 Diese ist in vielen Bereichen nur summarisch, und überdies sind die Zahlen wegen einiger Aktenverluste durch den schnellen Rückzug im November 1918 bzw. die Räumung der Bayerischen Pfalz unvollständig. Außerdem ist sie lediglich nach Jahren, nicht aber nach Monaten differenziert erstellt worden, und die Zahlen der Verurteilungen wegen unerlaubter Entfernung und Desertion sind in der Statistik zusammengefaßt, so daß nur ein grobes Bild rekonstruierbar ist (vgl. Tabelle 16).

149

Tabelle 16:

Überlieferte Anzahl der Kriegsgerichtsverfahren wegen Desertion/unerlaubter Entfernung im bayerischen Heer (Anteil an Gesamtverfahren) 1

Heeresteil

1914

1915

1916

1917

1918

1914-1918

Front absolut in %

85 39,5

331 29,2

513 38,7

1743 48,2

1303 52,9

3975 45,4

Etappe absolut in %

12 26,1

27 24,8

29 19,3

91 21,6

97 27,0

256 23,6

Heimat absolut in %

321 50,1

1635 56,6

1951 49,9

2362 48,8

2191 49,0

8460 50,5

Gesamt absolut in %

418 46,3

1993 48,3

2493 46,3

4196 47,3

3591 49,2

12691 47,7

1 Wegen Aktenverlustes fehlen folgende Angaben (in Klammern Gesamtzahl der bay. Div.): Feldheer 1 9 1 4 = 3 ( 1 1 ) , 1915=5 ( 1 9 ) , 1 9 1 6 = 5 ( 2 2 ) , 1 9 1 7 = 4 ( 2 5 ) , 1 9 1 8 = 2 ( 2 5 ) Divisionen; Heimatheer: 1 9 1 4 - 1 9 1 7 = 1 , bei 2 von insges. 11 stv. I.B. teilw. unvollständig.

Quelle: BKA, HS 2348.

Der Versuch, die aufgrund der Aktenverluste fehlenden Angaben fur das Feldheer hochzurechnen und mit der Ist-Stärke des bayerischen Heeres im Jahresdurchschnitt zu verknüpfen, ergibt folgendes Bild der Gesamtzahlen fur das bayerische Heer (vgl. Tabelle 17). Signifikant ist die Steigerung der Desertionsrate um beinahe das Dreifache zwischen 1 9 1 6 und 1917. Damit bekräftigen diese Zahlen die Annahme, daß um den Jahreswechsel 1 9 1 6 / 1 7 ein Wendepunkt für die deutsche Armee lag. Dabei dürfte die langsam wachsende Erkenntnis, daß dieser Krieg militärisch kaum zu gewinnen sei, den Soldaten die Entscheidung zu offen systemwidrigem Verhalten leichter gemacht haben. Andererseits hat das Krisenjahr 1 9 1 6 auch die Nervosität der Militärführung gesteigert und damit wohl die Bereitschaft, einen Sündenbock für die ausbleibenden Erfolge zu suchen. Das Absinken der Quote für 1918 ist dagegen mit dem Zu-

150

Tabelle 17: Hochgerechnete Anzahl der Verfahren wegen Desertion und unerlaubter Entfernung fur das gesamte bayerische Feldheer (bezogen auf die Ist-Stärke) 1 Verfahren

1914

1915

1916

1917

1918

1914-1918

absolut in %

117 0,06

449 0,13

664 0,14

2075 0,38

1416 0,28

4721 0,20

Diese Hochrechnung wurde gebildet, indem fur die Zahlen der fehlenden Divisionen jeweils der Durchschnittswert der überlieferten Zahlen pro Division angenommen wurde; ausgegangen wird von folgenden Ist-Stärken des bayer. Feldheeres (10,5% des Gesamtheeres), nach Sanitätsstatistik, S. 8: 1 9 1 4 = 1 9 9 . 2 1 9 ; 1 9 1 5 = 351.852; 1916=475.693; 1917=546.631; 1918=514.103. 1

Quelle: Eigene Berechnung, basierend auf BKA, HS 2 3 4 8 .

sammenbruch der Kommandoautorität in den letzten Kriegsmonaten zu erklären, der auch eine Lähmung der Militärjustiz zur Folge hatte. Auf eine Differenzierung dieser Zahlen nach Offizieren und Mannschaften kann getrost verzichtet werden, denn im gesamten bayerischen Heer sind nur 1915 und 1918 jeweils eine Verurteilung wegen Desertion bzw. unerlaubter Entfernung eines Offiziers im Heimatheer aktenkundig geworden. Würde man diesen Zahlen glauben, dann schlösse es die Zugehörigkeit zum Offizierkorps automatisch aus, zum Deserteur zu werden, denn die Militärstrafgesetze galten ja für alle Heeresangehörigen gleichermaßen. Es ist dagegen eher zu vermuten, daß man andere Wege fand, die Desertion eines Offiziers zu ahnden, als ihn vor ein Kriegsgericht zu stellen. Oftmals dürften solche Fälle auch völlig vertuscht worden sein.158 Solche Vorgänge nachzuweisen, ist jedoch sehr schwierig, da sie normalerweise keine schriftlichen Spuren hinterlassen. Die geschätzte Zahl von knapp 5000 Verurteilungen wegen unerlaubter Entfernung bzw. Desertion an der Front stellen dabei nur einen Teil der überhaupt eingeleiteten Verfahren dar. Das Verhältnis von eingeleiteten zu abgeschlossenen Untersuchungen sei zunächst für alle Delikte anhand der beiden Beispieldivisionen und jeweils einer ihrer Ersatzformationen in der Heimat dargestellt (vgl. Tabelle 18). Ein etwas anderes Bild zeigt sich beim Blick auf das Verhältnis der eingeleiteten zu den abgeschlossenen Untersuchungsverfahren wegen Desertion bzw. unerlaubter Entfernung bei den Beispieldivisionen (vgl. Tabelle 19). 151

Tabelle 18:

Anzahl eingeleiteter Untersuchungen bei vier bayerischen Einheiten für alle Delikte und davon mit einer Verurteilung abgeschlossen 1

Untersuchungen 2. b.I.D. Untersuchungsverfahren davon mit Verurteilung (in %) 4. b.I.D. Untersuchungsverfahren davon mit Verurteilung (in %) stv. 3. I.B. Untersuchungsverfahren davon mit Verurteilung (in %) stv. 7. I.B. Untersuchungsverfahren davon mit Verurteilung (in %)

1914

1915

1916

1917

1918

1914-1918

73

279

263

355

210

1180

21,9

19,4

25,9

29,9

11,9

23,0

62

260

281

519

971

2093

45,2

67,3

48,0

33,9

15,7

31,9

176

819

1091

1418

1638

5142

58,0

45,5

46,4

37,6

24,9

37,4

160

887

1235

1877

3154

7313

53,8

29,5

27,1

27,0

11,7

21,3

Hierin sind auch Untersuchungen bzw. Verurteilungen gegen Offiziere enthalten; dies ist wegen der undifferenzierten Quellenangaben nötig, hat aber aufgrund der niedrigen Zahl an Verfahren gegen Offiziere keinen nennenswerten Einfluß auf das Gesamtergebnis; die Abweichungen gegenüber der Statistik in BKA, HS 2 3 4 8 (vgl. Anhang 1) ergibt sich daraus, daß dort die Mehrfacheinträge unter einer Strafprozeßlisten-Nr. nicht berücksichtigt sind, diese für die 2. und 4. b.I.D. hier jedoch eingerechnet sind. 1

Quelle: Wie Tabelle 17.

Diese beiden Tabellen zeigen, daß das Verhältnis von eingeleiteten zu abgeschlossenen Verfahren sehr stark zwischen nur rund 25% und bis zu 70% schwankte. Wenig überraschend ist das Absinken der Q u o t e für 1 9 1 8 , da durch den Verfall der Kommandoautorität in den letzten Kriegswochen und vor allem wegen der Generalamnestie viele der im S o m m e r und Herbst 1 9 1 8 eingeleiteten Verfahren nicht mehr zum Abschluß kamen. Die Verfahren wegen unerlaubter Entfernung bzw. Desertion haben normalerweise zu etwa 1 0 bis 2 0 % häufiger zu einem abgeschlossenen Gerichtsverfahren geführt als beim Durchschnitt aller Delikte. Das liegt zum einen an der großen

152

Tabelle 19: Anzahl eingeleiteter Untersuchungen bei der 2. u n d 4. bay. Infanterie-Division wegen Desertion/unerlaubter Entfernung Untersuchungen 2. b.I.D. Untersuchungsverfahren davon mit Verurteilung (in %) 4. b.I.D. Untersuchungsverfahren davon mit Verurteilung (in %)

1914

1915

1916

1917

1918

1914-1918

13

38

74

122

109

356

7,7

36,8

33,8

27,9

17,4

26,1

17

130

112

177

422

858

70,6

73,9

65,2

58,2

23,9

44,9

Quelle: BKA, HS 2348 und Strafprozeßlisten 2. und 4. b.I.D.

Bedeutung, die diesem Delikt beigemessen wurde, weshalb es hartnäckiger verfolgt wurde als andere; zum anderen an der n u r bei leichten Fällen von unerlaubter Entfernung gegebenen Möglichkeit disziplinarischer Ahndung. Beinahe jeder Fall m u ß t e , wenn sich nicht bereits im Ermittlungsverfahren die Unschuld ergab, zu einem Gerichtsverfahren fuhren. Weitere Gründe dafür, daß viele eingeleitete Untersuchungen nicht bei derselben Einheit abgeschlossen wurden, sind die durch Versetzungen notwendig gewordenen Aktenabgaben an andere Gerichte u n d die bereits erwähnte, offenbar übliche Praxis, >unliebsame< Soldaten in andere Einheiten abzuschieben, die dann auch die bereits eingeleiteten Gerichtsverfahren übernehmen u n d zu Ende fuhren mußten. Davon wird besonders bei der 2. bay. Infanterie-Division noch die Rede sein, doch könnte eine r u n d u m befriedigende Erklärung für die hier so eklatant niedrigere Q u o t e der mit einer rechtskräftigen Verurteilung endenden Verfahren erst durch eine Detailstudie gefunden werden. Ein kurzer Blick auf das württembergische H e e r bestätigt im wesentiichen die bayerischen Ergebnisse. Ergänzend ist zu bemerken, daß die Desertionsrate 1912 bei 0,25% u n d 1913 bei 0,22% der Gesamtmannschaftsstärke gelegen hatte (vgl. Tabelle 20). Diese Zahlen zeigen ein auf den ersten Blick erstaunliches Ergebnis: Gemessen an den Verurteilungen lag die Desertionsrate im Krieg nur unwesentlich höher als davor, und im Heimatheer war sie dabei r u n d viermal höher als im Feldheer. D o c h das läßt sich rasch erklären: In der Heimatgarnison ergab sich viel leichter als an der Front überhaupt die Möglichkeit zur Desertion. Auch war das Untertauchen einfacher, da sich der Deserteur in

153

Tabelle 20: Anzahl der abgeschlossenen Verfahren wegen Desertion/ unerlaubter Entfernung im württembergischen Heer Heeresteil

Aug. 1 9 1 4 Märzl916

Apr. 1 9 1 6 Märzl917

Apr.1917Märzl918

Feldheer absolut Anteil an Mannschaftsstärke

193 0,13%

277 0,13%

406 0,17%

Heimatheer absolut Anteil an Mannschaftsstärke

516 0,61%

491 0,49%

473 0,50%

Heer gesamt absolut Anteil an Mannschaftsstärke

709 0,29%

768 0,25%

879 0,27%

Quelle: Eigene Berechnung aus den Statistiken des WKM, WMA, M l / 7 - 8 4 ; der %Anteil fur 1 9 1 4 / 1 6 ist auf den Einjahresdurchschnitt umgerechnet.

einem vertrauten Umfeld bewegen und auf die Unterstützung von Familienmitgliedern und Freunden zählen konnte. Für 1915/1916 decken sich die Werte für das württembergische Feldheer fast völlig mit den bayerischen, doch fällt der Anstieg im Jahre 1917 sehr viel geringer aus, so daß der Wert nur halb so hoch lag wie bei den bayerischen Truppen. Daher stellte das Württembergische Kriegsministerium zufrieden fest, daß »die Kriminalität der württfembergischen] Truppen ... als eine günstige bezeichnet werden«159 könne. Worauf diese Unterschiede allerdings zurückzuführen sind, ist nur schwer zu beantworten. Den württembergischen Truppen eilte jedenfalls der Ruf besonderer Tapferkeit und Einsatzfreude voraus, was seinen Niederschlag in den Verlustziffern fand; diese waren um über 10% höher als im Durchschnitt des Heeres.160 Der Versuch, die Größenordnung der abgeschlossenen Untersuchungen wegen Desertion und unerlaubter Entfernung im gesamten deutschen Feldheer zu ermitteln, ist von sehr vielen unsicheren Größen bestimmt. Als Basis dienen die Zahlen des bayerischen Kontingents, das im Kriegsverlauf rund 1.360.000 Mann oder etwa 10,5% des gesamten deutschen Heeres mobilisierte.161 Es werden zwei Alternativrechnungen präsentiert. Die erste überträgt die bayerischen Gegebenheiten direkt auf das Gesamtheer. Die zweite setzt die Werte für 1917 und 1918 niedriger an, um den geringeren Zahlen für Württemberg Rechnung zu tragen. Diese könnten ein Indikator dafür sein, daß die Steigerungsrate im bayerischen Heer überproportional hoch 154

war und eine Hochrechnung der bayerischen Werte die Zahlen für das gesamte deutsche Feldheer verzerren würde (vgl. Tabelle 21). Tabelle 21: Hochrechnung der abgeschlossenen Verfahren wegen Desertion/unerlaubter Entfernung für das gesamte deutsche Feldheer 1 Verfahren

1914

1915

1916

1917

1918

Hochrechnung 1 Hochrechnung 2

1138 1138

4356 4356

6343 5890

19783 13015

13709 10772

1914-1918 45329 35171

1 Als Desertionsquote p.a. in %-Anteilen an der Mannschaftsstärke wird für Hochrechnung 1 angenommen: 1 9 1 4 = 0 , 0 6 , 1 0 1 5 = 0 , 1 3 , 1 9 1 6 = 0 , 1 4 , 1 9 1 7 = 0 , 3 8 , 1 9 1 8 = 0 , 2 8 ; fur Hochrechnung 2 abweichend 1 9 1 6 = 0 , 1 3 , 1 9 1 7 = 0 , 2 5 , 1 9 1 8 = 0 , 2 2 .

Quelle: Eigene Berechnung auf der Basis von BKA, HS 2 3 4 8 .

Auch hier ist der Haupteindruck: Angesichts von 13,5 Millionen im Verlauf des Krieges mobilisierter Soldaten stellt die Zahl von maximal 50.000 Urteilen wegen Desertion und unerlaubter Entfernung im Feldheer innerhalb von vier Jahren eine marginale Größe dar. Auf den Kriegsverlauf konnten diese Zahlen keinen nennenswerten Einfluß haben, auch dann, wenn man eine >Dunkelziffer< von 200% annimmt und von insgesamt rund 150.000 Fällen ausgeht.162 Damit stehen die reale Bedeutung des Problems Desertion und die Aufmerksamkeit, die ihm seitens der Militärbehörden gewidmet wurde, in einem krassen Mißverhältnis. Das dürfte seine Ursache zum einen darin haben, daß der Deserteur zu denjenigen gehörte, der für den ausbleibenden militärischen Erfolg verantwortlich gemacht werden konnte; zum anderen aber auch darin, daß sich das Bild vom Krieg bei den Offizieren langsamer änderte als die Kriegsrealität. In einer zeitlich und räumlich begrenzten Schlacht mochte es von entscheidender Bedeutung sein, ob bei einem Angriff zehn Soldaten mehr oder weniger zur Verfügung standen. In den sich monatelang hinziehenden Abnutzungsschlachten wurde das dagegen zur quantite negligeable. Nach diesem Gesamtüberblick stellt sich die Frage, wie die beiden Beispieldivisionen in dieses Bild passen und wie die Zahlen innerhalb eines Jahres gestreut waren. Ein erster Überblick über beide Beispieldivisionen erbringt folgendes Ergebnis (vgl. Tabelle 22 und 23). 155

Tabelle 22:

Eingeleitete Kriegsgerichtsverfahren w e g e n D e s e r t i o n / unerlaubter Entfernung, 2 . bay. Infanterie-Division

Verfahren

1914

Desertion/unerl. Entf. 13 Andere Delikte 60 Alle Delikte 73

1915

1916

1917

1918 1914-1918

38 241 279

74 189 263

122 233 355

109 101 210

356 824 1180

Quelle: Eigene Berechnung auf der Basis der Strafprozeßlisten der 2. b.I.D.

Tabelle 23:

Eingeleitete Kriegsgerichtsverfahren w e g e n D e s e r t i o n / unerlaubter Entfernung, 4. bay. Infanterie-Division

Verfahren

1914

Desertion/unerl. Entf. 17 Andere Delikte 45 Alle Delikte 62

1915

1916

1917

1918 1914-1918

130 130 260

112 169 281

177 342 519

422 549 971

858 1235 2093

Quelle: Eigene Berechnung auf der Basis der Strafprozeßlisten der 4. b.I.D.

Das zufällig herausgegriffene Beispiel der württembergischen 2 6 . ReserveDivision zeigt einen ähnlichen Verlauf wie die bayerischen Divisionen, bestätigt aber erneut den Eindruck, daß die Kriminalitätsrate im württembergischen H e e r unter der im bayerischen lag (vgl. Tabelle 2 4 ) .

Tabelle 24: Anzahl eingeleiteter Untersuchungen w e g e n D e s e r t i o n / unerlaubter Entfernung u n d sonstiger Delikte in der 2 6 . Reserve-Division Verfahren

1915

1916

1917

1918

9 7

28 7

52 7

105 5

113 7

307 33

Zwischensumme

16

35

59

110

120

340

Sonstige Delikte

31

77

72

181

282

643

Gesamt

47

122

131

291

402

993

Unerl. Entfernung Desertion

1914

1914-18

Quelle: Eigene Berechnung auf der Basis des Weglegeverzeichnisses der 26. R.D., WMA, M 4 3 ^ 1 a .

156

Wie nicht anders zu erwarten, spiegelte sich die Gesamtentwicklung der Desertionsziffern in den einzelnen Divisionen wider und kann auf die Formel gebracht werden, daß die Zahl der Fälle von Desertion und unerlaubter Entfernung 1915 bei rund 0,3% der Jahresmannschaftsstärke lag und dann von 1 9 1 6 etwa 0,5% auf 1% für 1 9 1 7 anstieg. Dieser Wert wäre 1918 deutlich übertroffen worden, hätte nicht das Kriegsende die geregelte Ausübung der Militärjustiz unmöglich gemacht. Eine differenzierte Aufschlüsselung der Kriegsgerichtsverfahren in beiden bayerischen Divisionen zeigt, daß die Anzahl der Desertionsfälle nicht gleichmäßig über ein Jahr verteilt war (vgl. Diagramm 1).

Diagramm 1:

Untersuchungen wegen Desertion/unerlaubter Entfernung bei der 2. bay. Infanterie-Division 1 9 1 4 - 1 9 1 8 1

30 , I | I I I I

1

Alle eingeleiteten Verfahren, inclusive spätere Abgaben und Einstellungen.

Quelle: Eigene Berechnung aus den Strafprozeßlisten der 2. b.I.D.

Diese Zahlen bestätigen zunächst abermals die oben für das ganze bayerische Heer getroffenen Feststellungen. Verbindet man die jeweils höchsten Monatszahlen der Jahre von 1915 bis 1918, ergibt sich eine steil ansteigende Linie. Alles scheint mit Folgerichtigkeit auf den inneren Zusammenbruch der deutschen Armee im Herbst 1918 hinauszulaufen. Auch innerhalb der Jahre läßt sich ein Muster erkennen. Die Zahlen liegen jeweils in den Herbst-

monaten am höchsten, sinken im Frühjahr auf den Tiefstwert ab u n d steigen im Sommer wieder langsam an. Auffallend ist jedenfalls die starke monatliche Fluktuation der Werte. Der Blick auf die 4. bay. Infanterie-Division bestätigt im wesentlichen diesen Eindruck, zeigt jedoch, daß es bei manchen Divisionen auch Abweichungen von dem Standardmuster gibt. Für diese Division ist zusätzlich eine Statistik der von den Kompanien beim Kriegsgerichtsrat eingereichten Tatberichte vorhanden, die zuerst betrachtet werden soll. Damit kann geklärt werden, wie groß der Anteil der Tatberichte wegen Desertion bzw. unerlaubter Entfernung - beide Delikte sind in der Statistik zusammengefaßt - an den insgesamt eingegangenen Meldungen über Straftaten sind (vgl. Diagramm 2).

Diagramm 2: Beim Kriegsgerichtsrat der 4. bay. Infanterie-Division eingegangene Tatberichte 1 160 140

120

® 100 3

£ 80 5

60

40

20

0 |
Disziplinlosigkeiten< ist der Betrieb bei den Versprengtensammelstellen. Dort herrschte angesichts des hektischen deutschen Rückzugs ein emsiges Treiben, denn allein die zentrale Sammelstelle der 4. Armee in Gent hatte täglich 2000 bis 3000 Mann zu betreuen, bei den ihr unterstellten Sammelstellen der vier Armeekorps waren es 600-700. 196 Ganz am Schluß brachen aber auch diese Dämme. Drei Tage vor dem Waffenstillstand sollen sich allein in Namur 25.000 Versprengte angesammelt haben.197 Diese großen Zahlen sind jedoch nur in den letzten drei bis vier Wochen vor dem Waffenstillstand anzutreffen; davor wird von solchen exorbitanten Massen an Umherirrenden nicht berichtet. Die vom Reichstagsuntersuchungsausschuß zusammengetragenen Meldungen über die mangelnde Kampfkraft, schlechte Stimmung und Unzuverlässigkeit der deutschen Divisionen im Herbst 1918 liest sich zwar beeindrukkend, doch stammt der früheste dieser Berichte vom 2. Oktober 1918, der Großteil sogar erst aus den letzten zwei Kriegswochen.198 Schließlich sei noch die Einschätzung eines britischen Soldaten angeführt, der in seinen Kriegserinnerungen über den Zustand der deutschen Armee in den letzten Kriegswochen ausführte: »It was never a retreat, for that suggests disorder. Considering the conditions and what it was up against, the German Army's retirement was truly wonderful, and it was not until the very last that the enemy began to show signs of disorder, and that they were being hunted.« 199

Das dürfte auch in der Bilanz die Antwort auf die eingangs gestellte Frage sein: Eine wirklich umfassende Auflösung der Kommandoautorität kann wohl nur für die allerletzten Kriegswochen angenommen werden, wobei das Bild sicher wiederum sehr bunt und widersprüchlich war. Das entscheidende Datum stellte dabei zweifellos die Einleitung der Waffenstillstandsgespräche am 3. Oktober 1918 dar, mit denen sich die Kriegsniederlage endgültig offenbarte. Dieses unfreiwillige Eingeständnis, daß die allgemeine Erkenntnis des verlorenen Krieges dem »Militärstreik« vorausging und nicht umgekehrt, steckt auch in folgendem, abschließend zitierten Brief des Divisionskommandeurs v. Kemnitz an v. Seeckt vom 30. September 1918: »Die Stimmung an der Front ist durch diese Verhältnisse, die auch dem beschränktesten Musketier ins Auge springen, natürlich beeinflußt.«200 Der >Dolchstoß in den Rücken eines unbesiegten Heeres< war immer eine Legende, doch als der Krieg bereits verloren war, ließen sich immer weniger Soldaten durch die militärische Disziplin an ein offensichtlich untergehen166

des Schiff ketten. Damit demonstrierten sie der Militärfuhrung unmißverständlich, daß der unter allen Umständen im >Kadavergehorsam< bis zum Untergang verharrende Soldat der Vergangenheit angehörte. Die Soldaten, an deren Eigeninitiative man hatte appellieren müssen, als es darum ging, im Gefecht eine militärische Lage zu erkennen und selbständig zu handeln, hatten die militärische Gesamdage erkannt und entsprechend vernünftig gehandelt: Sie beendeten den sinnlos gewordenen Krieg und erzwangen damit lediglich das, was seit 29. September die Forderung der O H L an die zivile Reichsleitung gewesen war. Es ist eine bittere Ironie der Geschichte, daß sie es der OHL damit ermöglichten, die Verantwortung fur ihr eigenes Scheitern auf die abzuladen, die das Erbe übernehmen mußten: die neue Regierung unter Friedrich Ebert in Berlin und die einfachen, politisch wach gewordenen Soldaten an der Front.

2. In der britischen Armee Einen ersten Gesamtüberblick über die Feldkriegsgerichtsverhandlungen in der britischen Armee auf sämdichen Kriegsschauplätzen liefern die »Statistics of the Military Effort of the British Empire«. Dort sind die Zahlen der Field General Courts-Martial wegen Desertion und unerlaubter Entfernung (Absence without leave) abgedruckt (vgl. Tabelle 25). Diese Werte liegen fur 1915 und 1916 gut doppelt so hoch wie im bayerischen Heer, 1917 jedoch niedriger, um danach wieder anzusteigen. Auffällig ist die Steigerung vor allem fur 1 9 1 8 / 1 9 , also im wesentlichen nach dem Kriegsende an der Westfront. In diesen Zahlen spiegelt sich die schnelle >Selbstdemobilmachung< der britischen >citizen army< wider, die einsetzte, sobald das weitgehend akzeptierte Kriegsziel, die Niederringung Deutschlands, erreicht war.201 Der Blick auf die Verhältnisse an der Westfront fuhrt jedoch zu einigen Änderungen an diesem Bild. Die Grundlage der folgenden Statistiken sind die regelmäßig beim Judge Advocate General im War Office eingegangenen Meldungen über alle Kriegsgerichtsprozesse in der britischen Armee zu Hause202 und in Übersee. Dabei sind jedoch einige Besonderheiten zu beachten. Die Meldungen gingen erst nach London, wenn ein Verfahren im Feldheer abgeschlossen war. Daher ist nur das Datum des Urteils ablesbar, nicht jedoch das des Untersuchungsbeginns oder der Tat selbst. Aus den näher analysierten Fallbeispielen wurde eine durchschnitdiche Verfahrensdauer von etwa sechs Wochen errechnet. Um gut eineinhalb Monate müßten also die nachfolgenden Kurven >nach links< verschoben werden, um annäherungsweise die Entwicklung geordnet nach dem Tatdatum erfassen zu können. Alle nachfolgenden Tabellen beziehen sich darüber hinaus allein auf die Westfront und die aus 167

Tabelle 25: Field General Courts-Martial gegen Soldaten in Übersee (nur rechtskräftige Urteile) Zeitraum

1.10.14-

1.10.15-

1.10.16-

1.10.17-

1.10.18-

1914-

30.9.14

4.9.14-

30.9.15

30.9.16

30.9.17

30.9.18

30.9.19

1919

1

380

881

1555

2596

1598

7011

12,9%

14,0%

20,4%

19,1%

14,2%

16,8%

0,029%

0,046%

0,055%

0,072%

0,064%

0,053%

2578

5407

6053

10977

9642

34660

0,20%

0,28%

0,22%

0,30%

0,39%

0,28%

2958

6288

7608

13573

11240

41671

0,23%

0,33%

0,27%

0,37%

0,45%

0,33%

Desertion (absolut) Anteil an Gesamtverf. Anteil an Mannschaftsstärke Absence (absolut)

3

Anteil an Mannschaftsstärke Gesamt

4

Anteil an Mannschaftsstärke

Quelle: Statistics of the Military Effort of the British Empire, Tabelle X.g., S. 6 6 4 .

Soldaten des Vereinigten Königreiches gebildeten Truppenteile, ohne die Kontingente der Dominions (Kanada, Australien, Neuseeland, Südafrika) oder der Kolonialtruppen (hauptsächlich Indien). Angesichts der selbst mit diesen Einschränkungen noch mehr als 90.000 Feldkriegsgerichtsverfahren mußte darauf verzichtet werden, die Anklagen wegen unerlaubter Entfernung, etwa 17.000 Fälle, genauer zu erfassen, was den Vergleich mit den deutschen Zahlen erschwert. Die Urteile wegen Abwesenheit wurden immerhin summarisch pro Statistikband erfaßt, die jeweils Meldungen aus einem drei- bis viermonatigen Zeitraum bündeln. So kann wenigstens grob die Zahl der Anklagen wegen Absence mit denen wegen Desertion und diese wiederum mit den Anklagen fiir alle Delikte zusammen verglichen werden (vgl. Diagramm 4). Diese Zahlen zeigen, daß es für den Anteil der Verhandlungen wegen Desertion an den Gesamtverfahren zwei Plateaus gab. Von 1915 bis ins Frühjahr 1917 betrug dieser Anteil normalerweise etwa 6 bis 8%, von da bis Kriegsende etwa 10 bis 12%. Deutlicher ist der Anstieg des Anteils der Verfahren wegen unerlaubter Entfernung. Dieser betrug zunächst im allgemeinen 15 bis 20%, verdoppelte sich aber im Frühjahr und Herbst 1918, so daß 168

zeitweise die Hälfte aller Verfahren überhaupt wegen Abwesenheit oder Desertion stattfanden. Relativ zu den insgesamt stattfindenden Kriegsgerichtsverfahren nahm die Zahl derer wegen Desertion bzw. Absence without leave deudich zu, und dieser Eindruck scheint sich zu bestätigen, wenn man die Entwicklung der absoluten Ziffern betrachtet. Denn die 7 6 0 0 Verfahren wegen Desertion in der britischen Armee an der Westfront verteilten sich ungleich über den Verlauf des Krieges (vgl. Diagramm 5). Die absoluten Zahlen schwankten auch im britischen Heer sehr von Monat zu Monat, stiegen im Kriegsverlauf deudich an und erreichten ihren Höhepunkt in der zweiten Jahreshälfte 1 9 1 8 , wobei allerdings die Zahl der Verurteilungen wegen Desertion weniger stark anstieg, als die der Anklagen. Es scheint so, als wäre auch die britische Armee in eine Krise der Kommandoautorität geraten, je länger der Krieg dauerte. Doch dieser erste Eindruck täuscht, denn beim Blick auf den Anteil der Kriegsgerichtsprozesse bezogen auf die Mannschaftsstärke zeigt sich ein völlig anderes Ergebnis (vgl. Diagramm 6 ) . Der Anteil der Kriegsgerichtsverhandlungen wegen Desertion lag im Winter / Frühjahr 1 9 1 4 / 1 5 mit 0 , 0 3 1 - 0 , 0 4 4 % pro Monat am höchsten. Der Anstieg der absoluten Zahl an Kriegsgerichtsprozessen wurde durch die Versechzehnfachung der Heeresstärke bis zum Sommer 1 9 1 7 mehr als ausgeglichen, so daß sich die Monatsquote auf einen Durchschnittswert um 0 , 0 1 3 % der Mannschaftsstärke einpendelte und dann im weiteren Kriegsverlauf nur allmählich etwas anstieg. Doch die subjektive Wahrnehmung der Militärs war von diesen nüchternen Zahlen, die sich aus den »Statistics o f the Military Effort« 2 0 3 bereits seit 1 9 2 2 ablesen ließen, kaum beeindruckt. Noch in den Memoiren von Childs, dem Adjutanten des Commander-in-Chief, John French, wird das auf fast naive Art deudich: »The old Regular Army was a very highly disciplined body of men - professional soldiers, fully trained and imbued with all the regimental traditions that give that esprit de corps which renders a penal disciplinary code to a certain extent superfluous. As new and hastily trained units began to arrive in the country, so did the difficulties increase. The First Hundred Thousand ... were the pick of armed manhood, but later, especially when the operations of the Military Service Act began to be felt in the form of producing recruits, crime became more prevalent, especially that of desertion.«204 Während sonst vor dem Krieg meistens argumentiert worden war, daß bei einer Berufsarmee ein strengerer Disziplinar-Kodex als in einer Wehrpflichtarmee notwendig sei, drehte Childs hier diese Aussage um. Offensichtlich hinderte ihn seine Sozialisation in der Vorkriegsarmee daran, die im Krieg sich so schnell ändernden Tatsachen unvoreingenommen zu erfassen. Insbe169

Diagramm 4:

Anteil der Anklagen wegen Absence without leave und Desertion an allen Kriegsgerichtsverfahren in der BEF (Westfront)

100% 90% 80% 70%

|

60%

1915

1916

1917

1918

Quelle: Eigene Berechnung aus PRO, WO 213/1-28.

Diagramm 5: Anklagen und Verurteilungen wegen Desertion in der BEF (Westfront) !; 1! i l l ' j j j j Ι Ι j ί j J J j J

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echtskräftige Verurteilungen w e g e n Desertion | j | 1 1 1 1 |

1916

Feb.

Okt.

Dez.

Juni

1918

Aug.

Feb

April

Okt.

Dez.

Juni 1917

Aug.

Feb.

El 1 1 1 1 β Β Β Κ V I β 1 1 !i Β Μ 9 Κ !ΐ ίΐ 1 α I 1 1 April

Okt.

Dez.

Juni

Aug.

Feb.

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Okt.

Dez.

Juni 1916

Quelle: Wie Diagramm 4.

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1 Feb.

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Disziplin und Moral· freigeblieben sei, während alle anderen, die französische, russische, italienische, deutsche und österrei-

Tabelle 26:

Verhandlungen wegen Desertion und Absence without leave, B E F (Westfront) 1

Verhandlungen absolut Anteil an Mannschaftsstärke

1914

1915

1916

1917

1918

1914-1918

627

3357

5621

6055

8578

24238

0,57%

0,60%

0,50%

0,39%

0,56%

0,50%

1 Die Mannschaftsstärke ist berechnet nach Statistics of the Military Effort; fur 1914 fehlen die Angaben; als Jahresdurchschnittsstärke wird angenommen: 1914 = 110.000; 1915 = 564.495; 1916 = 1.122.904; 1917 = 1.545.927; 1918 = 1.544.669.

Quelle: Wie Diagramm 4.

Tabelle 27: Verhandlungen wegen Desertion, B E F (Westfront) Verhandlungen absolut Anteil an Mannschaftsstärke

1914

1915

1916

1917

1918

1914-1918

81

716

1626

2230

2651

7304

0,07%

0,13%

0,15%

0,14%

0,17%

0,15%

Quelle: Wie Diagramm 4.

Tabelle 28: Urteile

Urteile wegen Desertion, B E F (Westfront) 1914

absolut 56 Anteil an Mannschaftsstärke 0,051% Quelle: Wie Diagramm 4. 172

1915

1916

1917

1918

1914-1918

466

921

1273

1353

4069

0,083%

0,082%

0,082%

0,088%

0,084%

chische irgendwann schwer erschüttert wurden?205 Diese Frage läßt sich mit den Statistiken nicht klären, doch ist es wenig wahrscheinlich, daß die Militärführung ausgerechnet in den militärischen Krisenzeiten 1917 und erste Hälfte 1918 davor zurückgeschreckt hätte, die ihr zu Gebote stehenden Disziplinierungsmittel auch anzuwenden. Wenn die Verurteilungsziffern so relativ stabil geblieben sind, dürfte das daher bedeuten, daß die wie auch immer motivierte Duldungs- und Kampfbereitschaft der Soldaten tatsächlich weitgehend erhalten blieb. Die scheinbare Schwäche der britischen Armee, daß sie zu fast 90% aus militärisch unausgebildeten Zivilisten bestand, mag sich dabei längerfristig als Vorteil erwiesen haben, wie Fuller in diesem Zusammenhang feststellt: »the British ... troops in the First World War carried over from civilian life many institutions and attitudes which helped them to adjust to, and to humanize, the new world in which they found themselves.«206 Inwieweit aber auch die verstärkte Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit zu einem abgemilderten Handeln seitens der Militärführung beigetragen haben könnte, wird noch zu erörtern sein. Als nächstes stellt sich die Frage, wie sich die beiden englischen Beispieldivisionen in dieses allgemeine Bild einfugten (vgl. Diagramm 7 und 8). Die Gesamtziffer sowohl bei den Verfahren wegen Desertion als auch bei den rechtskräftig gewordenen Urteilen ist für beide Divisionen sehr ähnlich. Das war nicht unbedingt zu erwarten, da diese Divisionen deshalb ausgewählt worden waren, weil in der 1. Division dreimal soviele Todesurteile vollstreckt wurden wie in der 4. Division. Offensichtlich besteht zwischen beiden Zahlen kein unmittelbarer Zusammenhang. Auch das Grundmuster der Entwicklung in beiden Divisionen entspricht sich. Auf die sich gleichenden Zahlen für 1915 und 1916 folgt eine Halbierung im Jahr 1917, das für beide Divisionen, abgesehen vom April/Mai bzw. Oktober/November, ein eher ruhiges Jahr war. Für 1918 ist wiederum ein Anstieg der Zahlen zu konstatieren, der jedoch bei der 1. Division sehr viel markanter ausfallt und dort im Oktober 1918 seinen Höhepunkt erreichte. Der Anteil der tatsächlichen Verurteilungen wegen Desertion liegt bei beiden ungefähr im Trend der Werte für das gesamte britische Heer. 1918 läßt sich insbesondere für die 1. Division sogar eine deutlich mildere Straftatbeurteilung feststellen, da jetzt nur noch ein Drittel aller Anklagen mit einer Verurteilung wegen Desertion endeten. Auffallend ist schließlich, daß nach Monaten mit schweren Kämpfen im allgemeinen die Verurteilungsziffern anstiegen. Doch ist dies kein fester Zusammenhang. So folgte z.B. auf den dreimonatigen Somme-Einsatz der 1. Division bzw. das zweite Engagement der 4. Division an der Somme 1916 kein signifikanter Anstieg der Verfahrensziffern. Auch gab es sehr heftige Ausschläge in eher ruhigen Zeiten, z.B. im April 1917 bei der 1. Division oder im Frühjahr 1916 bei der 4. Division. Eine einfache Gleichung etwa im Sinn >heftige Kämpfe ergeben eine hohe Desertionsrate< geht nicht 173

Diagramm 7:

Anklagen u n d Urteile wegen Desertion bei der 1. Division 1914-19181

1915

1916

1917

1918

1

Nur Infanterie-Battalions; diese Einschränkung ist notwendig, weil die anderen Divisionstruppen, Artillerie, Pioniere, Train, Sanitätspersonal in der Statistik WO 213 nicht immer einer Division zugeordnet werden können; unterstrichene Monatsnamen bedeuten Teilnahme der Division an größeren Schlachten. Quelle: Wie Diagramm 4.

auf, auch wenn ein gewisser Zusammenhang dieser Art wohl besteht. Selbst Wilson, der mit seiner Analyse der Kriegsgerichtsziffern eine feste Korrelatio n zwischen den Urteilshäufigkeiten u n d der >Moral< herstellen will, m u ß kleinlaut zugeben: »After a battle and transfer to the rear or a quiet sector, formations experienced an increase in crime. The size of this increase depended on the experience in battle, length of time in action and severity of casualties ... However, sometimes crime and spirit were unrelated, as was evidenced by the Advance to Victory.«207 Wenn man zur Erklärung des durch >Moral< Unerklärbaren auf so viele andere Faktoren zurückgreifen m u ß wie Wetter, der Qualität des Offiziersu n d Mannschaftsersatzes, Verpflegung, Krankenstand etc., geht der Erkenntnisgewinn eines solchen Ansatzes gegen Null. Die Einsatzbedingungen einer Division spielten zwar für die Desertionsrate eine Rolle, jedoch sicher nicht die alleinentscheidende.

174

Diagramm 8:

Anklagen und Urteile wegen Desertion bei der 4. Division

1914-1918

| Anklagen wegen Desertion 12

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|davon rechtekr. Verurt. wg. Desertion]

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1915

Quelle: Wie Diagramm 4.

D . Bilanz I Die Detailanalyse in beiden Armeen hat gezeigt, daß die Ähnlichkeiten bei weitem überwogen, denn die Deserteure nutzten die Freiräume, die das System eröffnete, und sie taten damit lediglich in einer radikalisierten Form das, was alle anderen Soldaten auch praktizierten. Die nur mit Vorsicht ablesbaren Motive für die Desertion lagen überwiegend im privaten Bereich und spiegeln somit den Überlappungsbereich von militärischem und zivilem Leben bzw. deren Normen dar, nicht im strengen Sinn >politischen Dissenscitizen army< war, wirkte sich hier als Stärke aus. Die Übernahme des zivilen Denkens und Verhaltens in die Armee verlieh ihr eine flexible Festigkeit, so daß sie ohne fundamentale Erschütterung durch den Krieg kam. Aufgrund des für diese Arbeit gewählten theoretischen Ansatzes, der durch die empirischen Befunde vielfach bestätigt worden ist, wäre es unzulässig, aus diesen Zahlenverhältnissen unmittelbar auf die Entwicklung von > Disziplin und Moral< in der britischen Armee zurückzuschließen. Die hier präsentierten Ergebnisse sprechen jedoch nicht gegen die Annahme, daß die britische Armee, ganz anders als zu Kriegsende das deutsche Heer, eine hohe Integrationskraft hatte und weitgehend behielt.

176

Kapitel IV Die Desertion Die Disziplin hat dann keinen Wert, wenn sie nur auf der Furcht vor Strafe beruht; sie ist aber dann am wertvollsten, wenn sie entspringt aus der Liebe des Mannes zur Sache.1 Der Reichstagsabgeordnete Stücklen A court which inflicted a sentence ofthat sort is a court which was hardly compatible with the causefor which we werefighting, the cause that was going to make the world safe for democracy.2 Der Unterhausabgeordnete Hurst

>Objektive< Faktoren wie Kriegslage und Einsatzbedingungen allein können eine niedrige oder hohe Desertionsrate nicht erklären. Daher wird in Kapitel IV. A. dargestellt, wie die Militärbehörden auf die verschiedenen Formen der Desertion reagiert und mit welchen Mitteln sie versucht haben, sie zu verhindern. Im nächsten Kapitel wird thematisiert, wie die Militärjustiz gegen diejenigen angewendet wurde, denen trotzdem eine Desertion gelungen war, wie hoch die verhängten Strafen waren und ob sich dies im Kriegsverlauf geändert hat. Daraus läßt sich mittelbar auch ablesen, wie sich das Krisenbewußtsein der Militärfuhrungen entwickelt hat.

A. Die G e g e n m a ß n a h m e n der Militärfuhrung 1. In der deutschen

Armee

a) Die Versuche der Desertionsprävention Den mannigfachen Entzugsstrategien der Soldaten versuchten die Militärbehörden, durch ein breites Spektrum an Maßnahmen entgegenzuwirken. Es war nicht vorgesehen, wurde aber anscheinend oft praktiziert, Mannschaften, die »disziplinarisch oder gerichtlich bestraft worden sind, oder ... 177

dienstlich schwer zu behandeln sind« 3 dadurch >loszuwerdenStörenfriede< an andere Einheiten, zumal die Überweisung solcher Soldaten an andere Fronttruppenteile in oben genanntem Erlaß ausdrücklich gebilligt wurde. Die erste und wichtigste Abschreckungsmaßnahme gegen Straftaten allgemein stellte die Drohung mit der Inhaftierung im Falle der rechtskräftigen Verurteilung dar. Doch das war ein zweischneidiges Schwert. Ein Soldat der 2. bay. Infanterie-Division hatte bei der Vernehmung nach seiner Festnahme freimütig ausgesagt, daß er aus Angst desertiert sei und sich von der Strafandrohung nicht hatte abschrecken lassen, im Gegenteil: »Ich wußte wohl, daß ich Bestrafung zu erwarten habe, aber ich dachte mir, da werde ich einige Zeit eingesperrt u. während dieser Zeit brauche ich nicht in Stellung.« 4 Damit sprach er aus, daß sich durch den neuartigen Charakter des Krieges die Bedeutung von Strafen verschoben hatte. In einem Krieg, der nach wenigen Monaten vorbei war, bedeutete eine aus einem Moment der >Feigheit< resultierende Haft eine schwere Strafe, denn während die anderen Soldaten schon längst wieder in das zivile Leben eingegliedert waren, mußte der Verurteilte vielleicht jahrelang weiter im Gefängnis sitzen. In einem sehr lang andauernden Krieg bedeutete eine Inhaftierung jedoch, daß man so dem an der Front bei jahrelangem Dienst sehr wahrscheinlichen Tod oder einer schweren Verwundung entging und damit das von den Militärbehörden unterstellte Hauptziel der Desertion erreichte: Das eigene Überleben zu sichern. Aus diesem Dilemma gab es keinen Ausweg, wenn man auf die Abschreckungswirkung und Sühnefunktion der Haftstrafe nicht ganz verzichten wollte, und so sollten die Militärstrafgefangenenkompanien dieses Manko beheben; es wird später noch von ihnen die Rede sein. Die einzig wirksame Drohung war in dieser Logik die Todesstrafe, da sie genau das als sicheres Schicksal vorausbestimmte, was der Deserteur vermeiden wollte: den Tod. Wenn die Todesstrafe im deutschen Heer vollstreckt wurde, was ja vergleichsweise selten geschah, hinterließ das einen tiefen, irritierenden Eindruck bei den Augenzeugen. Der katholische Feldgeistliche bei der 77. Reserve-Division, Peter Buchholz, mußte im Januar 1916 einen Soldaten auf seinem letzten Weg begleiten, der wegen Desertion und »Verlassen des Postens vor dem Feind« zum Tode verurteilt worden war. Die letzten Minuten des Delinquenten schilderte er in einfachen Worten: »Mit großer Ruhe und gutem Appetit aß er [der Verurteilte] seine Henkersmahlzeit, einen guten Teller Suppe mit Fleisch, trank ein Glas Wein - dann meinte er: Ich habe

178

doch keinen richtigen Appetit mehr (was ich ihm gern glaubte) ... Am Richtplatz stand seine Kompanie, dann die Jäger ..., [die] das Urteil vollstrecken sollten. [Wir] steigen aus, [er] sieht sich sein Grab, die Leute an, hört ruhig der Verlesung des Urteils zu, dann sage ich ihm einige letzte Trostworte, Augen werden ihm verbunden. Legt an! Feuer! Zehn Schüsse, fällt tot hin ... Mit Gruppe links schwenkt! Marsch! Kompanie rollt ab, alles erledigt. - Alle atmen auf.«5

Am nächsten Tag vertraute Buchholz seinem Tagebuch an: »fast den ganzen Tag nichts getan, da körperlich und seelisch müde und abgespannt, von der Arbeit der letzten Zeit, den Eindrücken von gestern und so manchen Enttäuschungen.« Und am übernächsten: »Nicht celebriert, da B. [sc. der Hingerichtete] nicht gerettet.« 6 Urlaubsbeschränkungen gehörten in der Regel nicht zu den präventiven Maßnahmen gegen Desertion. Lediglich in Operations- und Etappengebieten war die Beurlaubung auf Ausnahmen beschränkt und zudem von der Genehmigung der örtlichen Militärbehörden abhängig. 7 Von Bedeutung war diese Regelung vor allem fur Elsaß-Lothringen, während der Rest des Reiches nicht davon betroffen war. Das änderte sich erst im April 1 9 1 7 , als Teile des südlichen Badens ebenfalls zum Operations- und Etappengebiet erklärt wurden. Dabei sei es oft vorgekommen, daß sich Soldaten nach Grenzorten beurlauben ließen, ohne dort beheimatet zu sein, um von dort aus fahnenflüchtig zu werden. Daher wurde angemahnt, nur noch zuverlässige Soldaten in Grenznähe zu beurlauben. 8 Es konnten aber keine Hinweise dafür gefunden werden, daß diese Bestimmungen zu größeren Problemen gefuhrt hätten. Auch eine besondere Benachteiligung der aus den badischen Grenzgebieten zur Schweiz stammenden Soldaten des XIV. A.K. scheint es nicht gegeben zu haben. Kurz vor Kriegsende wurde dann die Beurlaubung von Unteroffizieren und Mannschaften in die badischen Bezirke entlang der Schweizer Grenze für alle nicht dort Beheimateten verboten. 9 Diese einen Tag vor der Inaugurierung des Kabinetts Max von Baden durchgeführte Maßnahme dehnte kollektive Sonderbestimmungen zur Desertionsprävention erstmals auf die >Altdeutschen< aus und zeigt eine Tendenz zur Radikalisierung, die vor den bis dahin respektierten rechtlichen Schranken immer weniger zurückschreckte. Es ist sehr gut möglich - ohne hier beweisbar zu sein - , daß sich dieser Trend fortgesetzt hätte. Das war zumindest in der Logik militärischen Denken angelegt, denn diese Maßnahme zeigte, wie sehr die Militärbehörden mittlerweile den eigenen Soldaten kollektiv mißtrauten und ihnen unterstellten, sie nützten jede Möglichkeit zur Desertion. Ein weiteres Mittel zur Abschreckung vor Desertionsabsichten war die Drohung mit Vermögensbeschlagnahme. 10 Auch dieser Punkt ist vor allem für die Elsaß-Lothringer von Bedeutung gewesen, ebenso wie die Abschiebung aus bestimmten Frontabschnitten. 11 Eine Präventivmaßnahme gegen Fahnenfluchtabsichten war auch die Zensur der Feldpost. Diese konnte an179

gesichts der viele Milliarden im Krieg verschickten Sendungen nur sporadisch sein, es bestand dadurch jedoch fiir jeden Soldaten die Gefahr, daß z.B. Absprachen zwischen Front und Heimat über Fluchtpläne entdeckt wurden. Fanden sich in einem zensierten Brief Hinweise auf Überläufer oder Deserteure im Ausland, war an das Preußische Kriegsministerium und den stv. Generalstab Meldung zu erstatten.12 Um die Zensur zu umgehen, wurden daher Briefe oft Urlaubern in die Heimat mitgegeben, die sie dann dort als normale Post verschickten.13 Es war eine konstante Sorge der Militärbehörden, daß die Soldaten die oft unübersichtlichen Verhältnisse des Frontbereichs und der Etappe zum Untertauchen nutzen könnten. Ein Überläufer berichtete den Briten von allabendlichen Hausdurchsuchungen in den direkt hinter der deutschen Frontlinie liegenden Ortschaften. 14 Eine wichtige Maßnahme gegen das >Drückebergerwesen< und das >Verkrümeln< waren die »Versprengten-Sammelstellen« und energische Patrouillen im unmittelbaren Hinterland der Front, die auch Unterstände und Keller absuchten. 15 Eine feste Einrichtung wurden diese Sammelstellen - bei der Heeresgruppe Rupprecht waren es z w ö l f - erst gegen Kriegsende.16 Außer den regulären Kontrollen des rückwärtigen Raumes fanden aus gegebenem Anlaß auch besonders intensive Fahndungen nach Versprengten und >Drückebergern< statt, und vor allem die Bahnlinien wurden streng kontrolliert, nicht nur durch die reguläre Feldgendarmerie, sondern seit dem Frühjahr 1915 auch durch zivil gekleidete »Eisenbahnüberwachungsreisende«. 17 In diesem Bereich häuften sich die Erlasse seit dem Frühjahr 1918, denn nachdem im Westen wieder der Bewegungskrieg herrschte, geschah es immer wieder, daß das Fehlen von Soldaten längere Zeit unbemerkt blieb.18 Das Oberkommando der 6. Armee griff daher zu drastischen Maßnahmen. Es wurden zwei hinter der Front liegende Sperrlinien eingerichtet, die aus festen Wachen an Straßenkreuzungen und »fliegenden Überwachungspatrouillen« bestanden. Die Bahnhöfe sollten noch besser bewacht und mit Drahtzäunen umgeben, auch Soldatenheime und ähnliche Einrichtungen regelmäßig kontrolliert werden. 19 Die Fahndungsarbeit blieb jedoch erstaunlich lange dezentralisiert. Steckbriefe vermuteter Deserteure waren in den Korps-Verordnungsblättern zur Fahndung abgedruckt, und erst im Mai 1917 wurde die Fahndungsarbeit für die gesamte Westfront beim »Feldpolizeidirektor West« in Charleville-Mezieres zusammengefaßt. 20 Um die Maßnahmen gegen der Desertion verdächtige Soldaten weiter zu vereinheitlichen, gab die O H L am letzten Tag des Jahres 1917 ein Merkblatt heraus.21 Darin wurde vor allem vorgeschrieben, bei jedem vermißten Soldaten mit den Ermittlungen und der Beweissicherung zu beginnen und sofort Meldung an die O H L zu erstatten. Außerdem sollte den Soldaten regelmäßig die ganze Palette der Strafandrohungen verkündet werden. Darüber hinaus wurden auch mit den verbündeten Regierungen 180

Abkommen über die gegenseitige Hilfe bei der Fahndung nach Deserteuren getroffen, was naturgemäß füir Bayern mit seiner langen Grenze zu Österreich von besonderer Bedeutung war.22 Neben all den verschiedenen Formen von Kontrolle und Repression versuchten sich die Militärbehörden auch in >aktiver Immunisierung< der Soldaten mittels Propaganda, die die Kriegsmüdigkeit durch Sinngebung überwinden sollte. Diesem Zweck diente der 1916 inaugurierte »vaterländische Unterricht« bei den Fronttruppenteilen, in dem auch immer wieder das Thema Desertion behandelt wurde. »Wen nicht Pflicht- und Ehrgefühl bei der Fahne hält, den halten unter Umständen von der Fahnenflucht die Furcht vor ihren Folgen ab«,23 hieß es dazu in einem Erlaß der Heeresgruppe Albrecht, der neben den Strafandrohungen vor allem an die >öffendiche Schande< erinnerte, die eine Desertion nach sich ziehe. Es darf jedoch bezweifelt werden, daß der »vaterländische Unterricht« tatsächlich die in ihn gesetzten Erwartungen erfüllt hat. Auch die Zivilbevölkerung in der Heimat war gehalten, sich an der Fahndung nach Deserteuren zu beteiligen. Insbesondere wurde es verboten, Deserteure zu beherbergen und zu unterstützen. Darüber hinaus waren alle Bürger verpflichtet, den Behörden eine bekanntgewordene Fluchtabsicht oder eine erfolgte Fahnenflucht zu melden.24 Ob es sehr häufig vorkam, daß untergetauchte Deserteure von Verwandten oder auch organisierten Gruppen unterstützt und versteckt wurden, kann nicht so einfach festgestellt werden. 25 Wenn die Verordnung eines Militärbefehlshabers vorlag, waren bei verschärftem Kriegszustand die außerordentlichen Kriegsgerichte zuständig. In den Generalakten des Bayerischen Kriegsministeriums finden sich jedenfalls kaum Hinweise dafür, daß die organisierte Hilfe beim Untertauchen ein großes Problem gewesen wäre. Im Sommer 1918 kam allerdings das stv. Generalkommando 1. A.K. zu dem Schluß, daß sich die Fluchthilfe für ausländische Kriegs- und Zivilgefangene, aber auch für deutsche Deserteure »zu einem Gewerbe ausgewachsen«26 habe. Um die in der Heimat untergetauchten Deserteure aufzufinden, wurden von den Fronttruppen Fahndungsersuche an die heimatlichen Polizeibehörden geschickt und auch im »Reichsanzeiger« veröffentlicht. Die Zusammenarbeit von Militär- und Zivilbehörden war ja schon vor dem Krieg geregelt worden, doch blieben die Personenbeschreibungen der Festnahmegesuche im Krieg oft unzulänglich und erschwerten eine effektive Fahndung. 27 Eine weitere Möglichkeit, über die Heimat Druck auf die Deserteure auszuüben, stellte die Entziehung der Familienunterstützung für die Angehörigen dar, was diese oft in soziale Not brachte. Diese im § 11 des »Gesetzes betr. die Unterstützung von Familien in den Dienst getretener Mannschaften« bereits vor dem Krieg vorgesehene Möglichkeit wurde durch zwei kriegsministerielle Erlasse modifiziert.28 Wie sehr die Militärbehörden auf das Stigma sozialer Schande als 181

ein wirksames Hemmnis gegen Desertionsabsichten bauen konnten, zeigt abschließend der Brief eines Vaters an eine Zeitung, die seinen Sohn zu Unrecht als Deserteur bezeichnet hatte: »Es ist doch Ungerecht solche Schandtaten verbreiten und die ganze Familie unwert zu machen durch solche Lügen. Da dises ales auf Unwahrheit rut, können wir doch noch stolz sein drauf, das heute 3 Söhne dem Kaiser dienen und Soldat sind. Ich bitte Sie deßhalb dise sache Riggängig zu machen.«29

Einen Sonderfall stellten jene Sekten dar, die das christliche Tötungsverbot ernst nahmen. Durch das Preußische Innenministerium wurde ein Bericht der Polizeiverwaltung im pommerschen Stolp verteilt, der wiederum Deserteure und die äußeren Kriegsgegner in einem Atemzug nannte. Es ging um eine »aus den Adventisten hervorgegangene, vielleicht durch im Solde Amerikas stehende Mormonen begründete, neue Sekte ..., die gegen die Teilnahme im Krieg agitiert und anscheinend Soldaten zur Fahnenflucht verleitet, auch fahnenflüchtig gewordene Soldaten bei sich aufnimmt und verbirgt«.30

Das Preußische Kriegsministerium gab daher Richtlinien über die Behandlung der Sektenmitglieder heraus, und der stv. Generalstab in Berlin sammelte zentral alle Nachrichten über solche Gruppierungen.31 So mußte die Heeresgruppe Albrecht im Dezember 1917 nach Berlin melden, daß die »Adventistensekte ... im Laufe des Herbstes 1917 u.a. auch in Freiburg und Umgebung eine fanatische antimilitaristische Tätigkeit entfaltet«32 habe. Das Preußische Kriegsministerium machte daher im März 1918 nochmals in scharfen Worten auf die Agitation der Adventisten aufmerksam und forderte, ihre Tätigkeit, ebenso wie die der »Ernsten Bibelforscher«, streng zu überwachen.33 Zumindest das für Teile Ostpreußens zuständige stv. Generalkommando I. A.K. erließ eine Verordnung in diesem Sinn, was die Geheime Feldpolizei der Heeresgruppe Albrecht auch fur ihren Befehlsbereich gerne gesehen hätte.34 Bei den »Ernsten Bibelforschern« konnte der Verdacht, sie betrieben antimilitaristische Propaganda und verleiteten ihre Anhänger zur Desertion, zunächst nicht bestätigt werden. Kurz darauf verbot das Generalkommando in Münster dann aber doch die öffentlichen Veranstaltungen dieser Sekte, da viele Deserteure von ihr zur Tat verleitet worden seien.35

182

b) Die juristischen Sanktionen Ein typischer Verfahrensablauf Wenn sich ein Soldat von seiner Einheit entfernt hatte, wurde zunächst ein Tatbericht durch die Kompanie erstellt und an das zuständige Divisionsgericht geschickt. Gleichzeitig lief durch Fahndungsaufrufe in Korps- und Divisions-Verordnungsblättern und Ermittlungen bei den Heimatbehörden in Deutschland die Fahndung an, seit Mai 1917 auch bei der Fahndungszentrale in Charleville-Mezieres. Das Divisionsgericht entschied über den Haftbefehl, die steckbriefliche Suche und eine eventuelle Fahnenfluchterklärung sowie die Vermögensbeschlagnahme, und es führte auch die Ermittlungen durch, vor allem durch die Vernehmung der Zeugen. Wurde der Deserteur gefaßt oder stellte er sich freiwillig, vernahm ihn der Kriegsgerichtsrat der Division. Dieser formulierte schließlich die Anklageschrift, und der Gerichtsherr, der Divisionskommandeur, berief die Hauptverhandlung ein. Das Gericht bestand aus fünf Offizieren, wobei der Vorsitzende mindestens den Rang eines Majors hatte. Der Verhandlungsführer mußte ein »Offizier mit Befähigung zum Richteramt« sein, also eine juristische Vorbildung besitzen. Ankläger war der Kriegsgerichtsrat der Division, und ein Verteidiger wurde dem Angeklagten zugewiesen. In der Hauptverhandlung kamen nochmals die Zeugen zu Wort, woran sich die Plädoyers des Anklägers und Verteidigers bzw. des Delinquenten anschlossen. Der Urteilsspruch mußte vom Gerichtsherrn bestätigt werden, wozu von einem am Verfahren unbeteiligten Kriegsgerichtsrat ein Rechtsgutachten erstellt wurde. Der für die Bestätigung zuständige Gerichtsherr war bei Urteilen unter einem Jahr Gefängnis der Divisonskommandeur - in der Heimat der Kommandeur der stv. Infanterie-Brigade - , bei allen höheren Strafen der Kommandierende General des übergeordneten Armeekorps bzw. der stv. Kommandierende General in der Heimat. Der Angeklagte hatte bei Verfahren vor Gerichten des Heimatheeres die Möglichkeit, Widerspruch gegen das Urteil einzulegen, nicht jedoch bei Verfahren vor den Feldkriegsgerichten. Kam das Rechtsgutachten in Feldverfahren zu dem Ergebnis, daß ein Urteil nicht aufrecht erhalten werden könne, entschied der zuständige Armee-Oberkommandierende über die Aufhebung. Die Handhabung der Militärjustiz Im wesentlichen waren es drei Fragen, die immer wieder die Kommandobehörden und Militärrichter beschäftigten. Ein erster Schwachpunkt des militärgerichtlichen Verfahrens war aus ihrer Perspektive seine Schwerfälligkeit und Langsamkeit, eine Klage, die nicht ganz unberechtigt war. Ein Soldat der Flieger-Ersatz-Abteilung 2 etwa hatte sich um die Jahreswende 1 9 1 7 / 18 in der Heimat mehrfach unerlaubt entfernt und war dann Mitte Januar 183

1918 festgenommen worden. 36 Aus Gründen, die aus den Untersuchungsakten nicht hervorgehen, wurde erst Anfang September ein Termin fur die Hauptverhandlung angesetzt, später jedoch abgesagt. Der Angeklagte war nämlich zwischenzeitlich zum 15. I.R. versetzt worden, wofür das Gericht der 2. bay. Infanterie-Division zuständig war. Dort kam es wegen der Amnestie vom 22. November zu keiner Verhandlung mehr. Ein anderer Soldat war Ende März 1918 verhaftet worden. 37 Auch hier verzögerte sich das Verfahren, weil die Zuständigkeit des Gerichts wegen der Versetzung des Angeklagten zu einem Heimattruppenteil gewechselt hatte. Zwar kam es am 31. Oktober 1918 noch zur Hauptverhandlung, doch wurde das Urteil nicht mehr rechtskräftig. Am 9. November war der Delinquent aus der Haft entlassen worden und die Bestätigungsorder des Gerichtsherrn - bereits auf den 21. datiert - , konnte wegen der tags drauf in Kraft tretenden bayerischen Amnestie nicht mehr vollzogen worden. Solche Vorkommnisse vor Augen forderte ein Erlaß des Generalquartiermeisters der O H L schon im Juli 1918, die Verfahren zu beschleunigen und auf die Untersuchungshaft wenn möglich zu verzichten.38 Doch je näher das Kriegsende rückte, um so weniger Verfahren kamen noch zum Abschluß. Bei einem desertierten Soldaten, der am 23. September 1918 wieder gefaßt worden war, konnte nicht einmal mehr ein ordnungsgemäßes Untersuchungsverfahren eingeleitet werden. 39 Beklagt wurde zweitens das sinkende professionelle Niveau der mit der Ausübung der Justiz befaßten Offiziere. So war es vielen nicht präsent, daß für die Unterscheidung zwischen unerlaubter Entfernung und Fahnenflucht die Dauer der Abwesenheit völlig unwichtig war. Ein Kompanie-Führer schrieb in seinem Tatbericht an das Divisionsgericht: »Er [der Soldat Sch.] ist sich bewußt, daß er sich der Fahnenflucht schuldig gemacht hat, weil er sich länger als sieben Tage eigenmächtig von der Truppe entfernte.« 40 Der Kriegsgerichtsrat mußte diese irrige Ansicht korrigieren. Die Hauptsorge war aber, daß die gemäß § 98 Militärstrafgerichtsordnung gegebene Möglichkeit, die (Ober)Kriegsgerichtsräte durch zum Richteramt befähigte Offiziere zu ersetzen, so häufig genutzt wurde, daß die Ausnahme zur Regel geworden war.41 Tatsächlich nahm der Geschäftsanfall der Kriegsgerichte im Kriegsverlauf stark zu. Beim Gericht der 4. bay. Infanterie-Division hatte der Kriegsgerichtsrat 1915 und 1916 jeden Monat etwa 30 bis 35 Verfahren zu bearbeiten, 1917 waren es schon 60,1918 schließlich fast 90, d.h. täglich drei neue Fälle.42 Ein Drittel bis die Hälfte davon waren Untersuchungen wegen unerlaubter Entfernung oder Desertion. Dieses Anwachsen der Arbeitslast führte schnell dazu, daß der hohe Ausbildungsstandard des Justizpersonals nicht mehr in vollem Umfang aufrecht zu erhalten war. In der Weisung einer Armee-Abteilung wurde im März 1915 geklagt, daß in letzter Zeit wegen Verstößen gegen die gesetzlichen Bestim184

mungen eine Reihe von Urteilen der Feldkriegsgerichte aufgehoben werden mußte, wobei oft die zwei Kriegsgerichtsräte in Anwendung des § 9 8 der Militärstrafgerichtsordnung durch Offizier-Richter ersetzt worden waren. Es könne jedoch »von diesen Herren [sc. den Offizier-Richtern], die oft zur Verwaltung übergegangen sind oder vielleicht schon längere Zeit nicht mehr in der Strafrechtspflege tätig waren, nicht die zur Leitung der Verhandlung u. Urteilsberatung erforderliche Kenntnis der Einzelheiten u. Besonderheiten der M.St.G.O. und des M.St.G.B. erwartet werden. Es erscheint daher dringend empfehlenswert, von der Erlaubnis des § 98 nicht allzuviel Gebrauch zu machen und, soweit angängig, ... wenigstens einen Kriegsgerichtsrat von einem Nachbargericht heranzuziehen.«43

Die teilweise komplizierten Regeln des Militärstrafgesetzbuchs überforderten manche Gerichte. Obwohl der Kriegsgerichtsrat der 4. bay. Infanterie Division auf dem Vernehmungsprotokoll eines Soldaten der desertiert war, um die Rückversetzung zu seiner früheren Einheit zu erreichen, ausdrücklich vermerkt hatte, daß dies laut Rechtssprechung des Reichsmilitärgerichts als Desertion zu werten sei, kam das mittlerweile zuständig gewordene Gericht der stv. 7. Infanterie-Brigade zu einem anderen Ergebnis. In dessen Urteilsbegründung hieß es: »Eine Fahnenfluchtabsicht hatte der Angeklagte nicht, er wollte sich seiner Dienstverpflichtung nicht dauernd entziehen, wie er heute unwiderlegt vorbrachte, sondern lediglich die ... Versetzung zu seiner früheren Truppe erzielen.« 44 Die Kriegsgerichte kamen auch ihrer Pflicht zur Unparteilichkeit nicht immer nach. So stellte der Kommandeur der 2. bay. Infanterie-Division fest: »In dem Protokoll über eine kriegsgerichdiche Hauptverhandlung wurde einem Zeugen eine diesen erheblich belastende Äusserung in den Mund gelegt, deren Richtigkeit er auf nachträglichen Vorhalt hin ... bestritt. Bei Prüfung des Sachverhalts musste 1.) der Verhandlungsleiter zugeben, dass die Äusserung so lautet, wie sie der Zeuge gemacht zu haben behauptet, und nicht so, wie sie in Protokoll [sie!] niedergelegt ist; 2.) der Vorsitzende zugeben, dass er sich nicht mehr an den Wordaut der Äusserung erinnere.« 45

Doch auf die große Gesamtzahl an Verfahren bezogen, waren alle diese Klagen - zumindest im bayerischen Heer - relativ selten, d.h., das professionelle Niveau konnte wohl trotz einiger Abstriche gewahrt werden. Die dritte, oft zu hörende und wichtigste Klage war die über zu niedrige Strafmaße, da trotz »aller unablässigen Fürsorge fur das Wohl der Mannschaften eine zu weit gehende Milde bei der Beurteilung strafbarer Handlungen ... unangebracht« 46 sei. Hier griffen die Gerichtsherren häufig ein. So monierte der Kommandierende General des 1. A.K., v. Xylander, im April 1 9 1 5 , daß bei Gerichtsurteilen oft eine zu geringe Strafe ausgesprochen 185

werde, weil manche Richter Disziplinverstöße unter den Bedingungen des Stellungskrieges als milder zu beurteilen ansähen: »Ohne mich irgendwie in die Rechtspflege einmischen zu wollen«, widersprach er dieser Ansicht: »Es liegt im Interesse der Disziplin und im eigensten Interesse unserer Mannschaften, dass in keiner Weise der Glaube genährt wird, als befänden wir uns gewissermassen in einem halben Kriegszustand, auf den die Kriegsgesetze in ihrer ganzen Schärfe nicht anwendbar wären.«47 Zwei Jahre später ging v. Xylander mit seiner Einflußnahme auf die Gerichtsverfahren bei den ihm unterstellten Divisionen noch weiter. Da die ausgesprochenen Strafen immer noch zu mild seien und dies der Disziplin schade, müßten die Gerichtsherren »bei der Auswahl der erkennenden Richter zu den Feldkriegsgerichten darauf Bedacht nehmen, daß die vorstehend angedeuteten Interessen bei der Rechtsprechung volle Berücksichtigung finden«.48 Trotz solcher oft geäußerten Kritik an zu milden Urteilen richtete das Preußische Kriegsministerium im Juli 1916 infolge einer entsprechenden Resolution des Reichstages eine Anfrage an alle höheren Kommandobehörden, ob eine Herabsetzung der Mindeststrafen für einige Delikte, unter anderem aus den §§ 66-68 und 71-73 des Militärstrafgesetzbuches, ohne Gefahr fur die >Manneszucht< möglich wäre.49 Die 2. bay. Infanterie-Division sprach sich vehement gegen diese Strafminderung aus, und die 29. Infanterie· Division wollte die Fahnenflucht sowie das Überlaufen zum Gegner grundsätzlich mit dem Tode bestraft wissen, die Strafen fur andere Delikte allerdings eher mildern.50 Diese kritischen Stimmen konnten jedoch nicht verhindern, daß das »Gesetz betr. die Herabsetzung der Mindesstrafen« vom 25. April 1917 verabschiedet wurde; glaubt man einer Studie der Kriegsgeschichtlichen Forschungsanstalt des Heeres, dann wurde diese Novelle an der Front überwiegend begrüßt. 51 Die Frage, ob Milde oder Härte angemessener sei, wurde aber auch danach immer wieder virulent. In einer gemeinschaftlichen Äußerung empfahlen einige Gerichte des XIV. A.K., auch für erschwerte unerlaubte Entfernung die Versetzung in die 2. Klasse des Soldatenstandes möglich zu machen. Die Gefängnisstrafe allein wirke nicht als hinreichende Sühne, denn sie sei oft »erwünscht, wenn der Verurteilte das Gefängnis dem Felddienste vorzieht«.52 Ähnlich umstritten war auch, ob eine teilweise Minderung der Arreststrafen gefährlich für die Aufrechterhaltung der >Manneszucht< sein könne. Die meisten der unter dem Kommando der Heeresgruppe Albrecht stehenden Heimatbehörden verneinten dies im Herbst 1917, während das stv. Generalkommando XIV. A.K. heftig gegen jede Lockerung protestierte, weil »der festgefügte Bau strengster Manneszucht im Heere während des Krieges immer stärkeren Angriffen ausgesetzt ist«.53 Um eine Entscheidungsgrundlage fur spätere Änderungen der Rechtsgrundlagen zu erhalten, verschickte das Preußische Kriegsministerium im 186

Juli 1918 einen umfangreichen Fragebogen zum Militärstrafgesetzbuch und der Militärstrafgerichtsordnung, der bis 15. November 1918 zu beantworten war, die Fragen zu den §§ 69 und 74 aber schon bis zum 1. September 1918, was anzeigt, daß diesem Thema besondere Bedeutung und Eilbedürftigkeit zugemessen wurde. 54 Die Fragen zur unerlaubten Entfernung bzw. Desertion gingen im wesentlichen dahin, ob eine Ausdehnung oder Einengung des Straftatbestandes wünschenswert sei. Erbeten wurden folgende Auskünfte: 1. Ob Desertion künftig bereits dann vorliegen solle, wenn zwar die Absicht einer längeren - etwa sechs Monate oder für die Dauer eines Krieges Abwesenheit vorliege, nicht aber die der dauernden Abwesenheit, die das bisherige Unterscheidungskriterium zwischen unerlaubte Entfernung und Desertion war. 2. Ob von einer Verurteilung wegen Desertion abgesehen werden könne, wenn ein Soldat seine Einheit nur verließ, um bei einer anderen Dienst zu tun. 3. Ob bei einer Verurteilung wegen Desertion von der bisher obligatorischen Versetzung in die 2. Klasse des Soldatenstandes in leichten Fällen abgesehen werden könnte. Zur ersten Frage liegen keine Antworten vor, da sie erst zum 15. November zu beantworten war und dieser Teil trotz Fristverlängerung infolge der Revolutionswirren unbearbeitet blieb.55 Zur zweiten Frage äußerten sich im Württembergischen und Bayerischen Kontingent zwei von drei Stellen dahingehend, daß sie solche Fälle nur noch als unerlaubte Entfernung gewertet wissen wollten, da die momentane Regelung oft zu ungerechtfertigten Härten führe, wobei im Feldheer die Stimmung nur geringfügig kritischer gegen eine Milderung der Gesetze war.56 In diesem Sinne sprachen sich z.B. auch die Gerichte der 2. und 4. bay. Infanterie-Division aus, wobei in der 2. bay. Infanterie-Division bereits jetzt, entgegen der Rechtsprechung des Reichsmilitärgerichtes, in diesen Fällen auf unerlaubte Entfernung erkannt wurde. 57 Damit reagierten die Gerichte aber auch auf die große juristische Unsicherheit in dieser Frage, für die bereits ein Beispiel genannt wurde. Zur dritten Frage kamen im Württembergischen Heer 15 zu einer verneinenden, 10 Stellen zu einer bejahenden Antwort. 58 In Bayern sprachen sich dagegen 36 Stellen unbedingt bejahend aus, 16 bedingt bejahend, 12 verneinend, wobei wiederum die Feldtruppenteile zu ähnlichen Urteilen kamen wie die Heimatverbände. Die Hauptbegründung für die Ansicht, auf die Versetzung in die 2. Klasse des Soldatenstandes verzichten zu können, war die Annahme, daß dies »bei dem heutigen vielfach minderwertigen Menschenmaterial, vor allem für die geistig beschränkten Mannschaften [und] bei den Jugendlichen ein[e] grosse Härte bedeute«. 59 »Minderwertiges Menschenmaterial«, »geistige Beschränktheit«: hier bedeutete es unter Umständen noch 187

einen gewissen Schutz vor harten Verfolgungsmaßnahmen. Im Zweiten Weltkrieg war es dann zu einem >Argument< geworden, das die >Ausmerzung< begründete. Angelegt war dieses Denken also schon zwanzig Jahre früher, doch wurde es hier noch durch rechtsstaatliche und auch humanitäre Überlegungen im Zaume gehalten. Das Hauptargument gegen den Verzicht auf Ehrenstrafen war, daß diese der Ehrlosigkeit des Delikts angemessen seien und abschreckend wirkten. Die 2. bay. Infanterie-Division folgte dieser Argumentation, während die 4. bay. Infanterie-Division eine weichere Linie für vertretbar hielt.60 Diese Antworten sind insbesondere in Hinblick auf die spätere Dolchstoß-Debatte sehr aufschlußreich. Zumindest bei den unteren Kommandobehörden, die direkten Kontakt mit der Kriegswirklichkeit hatten, überwogen selbst zu diesem späten Termin, Herbst 1918, die Befürworter einer Strafmilderung. Die Haltung der O H L zur Frage einer möglichen Gesetzesmilderung war dagegen erwartungsgemäß ablehnend. Mit einem zustimmenden Kommentar ließ Ludendorff den Bericht der Jäger-Division verteilen in dem es hieß: »Aus der Truppe heraus tritt mehr und mehr die Forderung der Todesstrafe hervor für wiederholte Feigheit vor dem Feinde. Zu warnen ist vor weichlicher Behandlung bei Disziplinarvergehen ... Abschaffung des strengen Arrestes ist ebenso schädlich wie der üblich gewordene Strafaufschub bei gerichdichen Strafen ... Letzteres stellt geradezu eine Prämie fur niederträchtiges Verhalten dar«.61

Generalstabschef v. Hindenburg selbst sah sich schließlich veranlaßt, eindringlich vor einer Strafminderung und der daraus resultierenden Schwächung der Disziplin zu warnen.62 Das Preußische Kriegsministerium wies diese generelle Kritik zurück und empfahl statt dessen den Offizieren, »in schweren Fällen der Widersätzlichkeit oder bei Feigheit usw. ihre Waffe zu gebrauchen. Das wirkt ebenso wie eine verhängte Todesstrafe am sichersten.«63 Damit gestand es ein, daß angesichts der sich umfassender Planung entziehenden Realität des modernen Krieges keine einfache, allgemeinverbindliche Formel mehr vorgegeben werden konnte, wie die Disziplin in der Armee aufrecht zu erhalten sei. Die Entscheidung mußten die Frontoffiziere vor Ort je nach Einzelfall neu treffen, wobei es signifikant ist, daß das Preußische Kriegsministerium in der Todesstrafe nach wie vor das wirksamste Mittel zur Erzwingung der Disziplin sah. Die alte Abschreckungsideologie radikalisierte sich zumindest verbal, während es der Militärfuhrung in diesem Bereich immer weniger gelang, die Kontrolle über das Geschehen an der Front aufrecht zu erhalten. Auch die Militärstrafgerichtsordnung bzw. die kaiserliche Verordnung v. 28. Dezember 1899 wurden im Juli 1918 dem oben bereits erwähnten Fragebogen des Preußischen Kriegsministeriums unterzogen. 64 Interessant ist 188

hier nur die Frage, ob die Zulassung von Rechtsmitteln im Feldverfahren allgemein oder zumindest bei schweren Fällen erstrebenswert sei, ob sich das Verfahren als Ganzes und die Praxis der Strafaussetzung im besonderen bewährt habe. Zusätzlich wurden Erfahrungsberichte über die Handhabung und Wirkung der Amnestien erbeten, doch sind wegen des Kriegsendes keine Antworten mehr eingegangen bzw. überliefert. Neben Klagen über zu niedrige Strafen wurde die Urteilspraxis der Gerichte auch aus anderen Gründen bisweilen von den vorgesetzten Dienststellen beanstandet. Eine Prüfung der Urteile einer stv. Infanterie-Brigade ergab im April 1915, daß viele Verfahren wegen unerlaubter Entfernung bzw. Urlaubsüberschreitung disziplinarisch abgehandelt wurden, obwohl bei Abwesenheiten über drei Tagen gemäß § 66 Militärstrafgesetzbuch ein Gerichtsverfahren eingeleitet werden mußte. 65 Hier wird erneut deutlich, daß die tatsächliche Ahndung von Vergehen keineswegs ausschließlich durch die gesetzlichen Vorgaben bestimmt war, selbst wenn diese an sich exakt waren. Neben Verfahrensfehlern aus Unkenntnis oder Unachtsamkeit gab es einen beträchtlichen Ermessensspielraum im Einzelfall. Dies läßt sich abschließend durch einen Erlaß des Oberkommandos der 10. Armee an die untergeordneten Einheiten illustrieren in dem beklagt wurde, daß oft sehr geringe Strafen wegen unerlaubter Entfernung verhängt würden: »Allerdings läßt sich angesichts der Verschiedenheit der in Betracht kommenden Umstände eine allgemein gültige Regel nicht aufstellen; den ... berufenen Richtern muß überlassen bleiben, von Fall zu Fall zu entscheiden, ob unerlaubte Entfernung oder Fahnenflucht oder Feigheit... vorliegt und welche Strafart und welches Maß der Straftat entsprechend erscheint.«66

Schließlich änderte sich im Kriegsverlauf noch die Handhabung der Fahnenfluchterklärungen. Ihre Ausstellung stand ja im Ermessen des Gerichtsherrn, doch empfahl das Preußische Kriegsministerium im Mai 1916, im Regelfall auf sie zu verzichten, da sie für die Strafverfolgung entbehrlich seien.67 Im Januar 1917 brachte es diesen Erlaß nochmals in Erinnerung und verwies zusätzlich darauf, daß es auch für die Aberkennung der Familienunterstützung fahnenflüchtiger Mannschaften nicht der Fahnenfluchterklärung bedürfe. Der Entzug der Familienunterstützung war allerdings während der Untersuchungshaft noch nicht zulässig.68 Interessant ist auch, wie der Verzicht auf Veröffentlichung der Fahnenfluchterklärungen begründet wurde: »In politischer Beziehung, namentlich was die Wirkung auf das Ausland anbetrifft, sind die zahlreichen Veröffentlichungen von Fahnenfluchtserklärungen nur schädlich.«69 Damit war eingestanden, daß die eigentlich wünschenswerte Abschreckungswirkung der Fahnenfluchterklärung, allzu häufig angewandt den Nachteil hatte, der gegnerischen Propaganda Agitationsmaterial dafür zu liefern, daß die Siegesstimmung in Deutschland im 189

Schwinden begriffen sei. Pointiert gesagt: Die deutschen Deserteure besaßen in der Auslandspresse eine Lobby. Trotz dieses Dilemmas sollten aber die Fahnenfluchterklärungen ausnahmsweise doch ergehen, wenn der Betreffende Vermögen besaß, das nur nach dieser Erklärung beschlagnahmt werden konnte. 7 0 Das zeigt, daß letztlich die erhoffte Abschreckungswirkung doch als wichtiger angesehen wurde, als eine mögliche negative Wirkung im Ausland. U m sicherzustellen, daß diejenigen, bei denen der Verdacht auf Überlaufen bzw. freiwillige Gefangengabe bestand, auch nach dem Krieg strafrechtlich verfolgt werden konnten, wies die O H L ausdrücklich daraufhin, daß bei entsprechendem Verdacht ein Verfahren in Abwesenheit eingeleitet werden sollte. 71 Die Handhabung der Militärjustiz war von vielerlei Faktoren und sich teilweise widersprechenden Parametern beeinflußt. Die Gesetzgebung, unterschiedliche Rechtsauslegung durch die Beteiligten, Streit über den richtigen juristischen Weg zu dem gewünschten Ziel und die nicht intendierten Handlungsfolgen einer zu strengen Anwendung der Gesetze erzeugten immer wieder Dilemmata, für die es keine >Richtig-oder-falschdas System< daher folgerichtig zwischen die Fronten von rechts und links. Die einen warfen ihm vor, daß es seine rechtsstaatlichen Prinzipien nicht völlig über Bord geworfen und damit die Niederlage mitverschuldet habe; die anderen, daß es sich zum Scharfrichter habe degradieren lassen. Doch beide Sichtweisen werden der komplexen Realität der Kriegsjahre nicht gerecht. »Gemeingefährlichkeit« und »Ehrlosigkeit«: Die Bewertung der Fahnenflucht Alle Formen zeitweiser oder dauernder Dienstentziehung wurden von den Kommandobehörden mit dem Makel der Ehrlosigkeit und Schande versehen. Als etwa das Oberkommando der 10. Armee wieder einmal die oft zu milden Strafen fur unerlaubte Entfernung beklagte, wurde zugleich vermutet, »daß für Leute mit wenig entwickeltem Ehrgefühl, die Verbüßung einer, Schutz vor Anstrengungen, Unbilden der Witterung und Gefahr gewährleistenden, verhältnismäßig kurzen Gefängnisstrafe als wünschenswerter erscheint, wie der Aufenthalt bei der fechtenden Truppe«.

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Daher sei den Soldaten immer wieder die »Gemeingefahrlichkeit und Ehrlosigkeit«72 solchen Verhaltens sowie die schweren Strafandrohungen und Folgen fur sie und ihre Familien einzuschärfen. Proklamationen diesen Inhalts ergingen immer wieder. Am radikalsten war die Wortwahl bei der Fahnenflucht durch Überlaufen, die als »das ehrloseste Verbrechen, dessen sich der Soldat im Felde schuldig machen kann« gekennzeichnet wurde, zumal auch »der Feind ... dem Ueberläufer mit Verachtung« begegne. Um die Drohung zu verstärken, wurde besonders hervorgehoben, daß es auch nach Friedensschluß eine Rückkehr »ohne Sühne ... in das bürgerliche Leben«73 nicht geben werde. Entscheidend ist hier, daß immer wieder eine individuelle Handlung auf ihre vermeintliche Wirkung für die Gesamtheit bezogen wurde. Damit aber wurde sie zu einer letztlich politischen Tat aufgewertet, zu einem Illoyalitätsbeweis. Der ehrlose Deserteur geriet zum Antipoden des freudig seinen ehrenvollen Wehrdienst erfüllenden Staatsbürgers, der sich damit selbst aus der Gemeinschaft ausschloß und, wenn überhaupt, nur nach einem langen und ernsthaften Leuterungs- und Sühneprozeß wieder aufgenommen werden konnte. Bei der Frage, wie es zu dieser politisch-ideologischen Aufladung der Desertion gekommen ist, muß man sich nochmals vor Augen halten, daß im industrialisierten Krieg der Erfolg von Faktoren bestimmt war, die von dem einzelnen Soldaten, aber auch der militärischen Führung kaum mehr unmittelbar beeinflußt werden konnten. Das waren zum einen die technologisch gesetzten Parameter der Kriegswerkzeuge, zum anderen die nicht unbegrenzt vermehrbaren wirtschaftlich-materiellen Ressourcen. Doch je mehr das erkannt wurde, um so größeres Gewicht wurde auf den scheinbar einzigen, vor Ort direkt beeinflußbaren Faktor gelegt: die >MoralVersagenEhrlosigkeit< und >niederer Gesinnungdie Nation< und >das Reichehrlose Subjekte< steht dagegen ein paternalistisch-wohlwollendes Bild, das in einem Rundschreiben des Preußischen an die anderen Kriegsministerien, die O H L und das Reichs-Marineamt deudich wird. Darin schlug das Preußische Kriegsministerium vor zu prüfen, unter welchen Bedingungen den sich im neutralen Ausland aufhaltenden Deserteuren die Rückkehr ermöglicht werden könnte, da oftmals »nicht schlechte Gesinnung, sondern starke seelische Eindrücke, vielleicht im Zusammentreffen mit günstiger Gelegenheit... und äußerer Beeinflussung, zur Fahnenflucht gefuhrt haben«. 76 Hier erscheinen die Deserteure als >verlorene Söhne Schwarz-Weiß-Schema< einzuordnen, zutiefst verunsicherte. Manche konnten sich diese Unsicherheit eingestehen, andere schoben sie durch um so radikalere Stellungnahmen beiseite. 192

»Steuermänner auf dem Panzerkreuzer Justitia«: Das Selbstverständnis der Militärjuristen Die Rolle, die der Militärjustiz zugewiesen wurde und welche die Militärjuristen für sich selbst in Anspruch nahmen, hatte zwei deutlich unterscheidbare Ausprägungen. Für die eine steht folgende Klage des Kriegsgerichtsrates Eisner v. Gronow: »Das Kommando, der Befehl,... muß notgedrungen hie und da mit dem Freiheitsideal einer wahrhaft gesunden Justiz in Widerspruch kommen. Die dem Kommando auf Gnade oder Ungnade unterworfene Rechtspflege oder gar Rechtsprechung wird zur Tätigkeit des Scharfrichters herabgesetzt, sie wird überflüssig, denn sie ist keine Rechtspflege, keine Rechtsprechung mehr, und es entsteht... eine Erschütterung der Grundlage, auf der das Gemeinwesen ruht. Denn iustitia est fundamentum regnorum ... Es besteht auf der einen Seite die Möglichkeit, daß der uniformierte ... Jurist aus leicht verständlichen Gründen das Segel der Justiz einzieht vor dem Träger der Kommandogewalt, und auf der anderen Seite, daß der getreue Steuermann auf dem Panzerkreuzer Justitia sich in den Augen des ... militärischen Befehlshabers zu einer unbequemen ... Persönlichkeit macht. ... Der Krieg ... zwingt die Justiz, ihr Innerstes zu revidieren, von Gesetz und Recht eine gangbare Brücke zur Zweckmäßigkeit zu schlagen.«78

Aus diesen Worten spricht, wie der resignative Unterton erkennen läßt, die Bereitschaft, den vermeintlichen Erfordernissen des militärischen Denkens weit entgegenzukommen und einen einseitigen Kompromiß zwischen Militär- und Zivildenken zu Lasten des letzteren zu schließen. Doch ist das Unbehagen an dem Gedanken, daß die Justiz nur Mittel zum Zweck sein solle, unüberhörbar formuliert. Diese Zurücknahme der eigenen, als eigentlich richtig und unverändert gültig erkannten Normen geschieht aus einer defensiven Grundhaltung heraus. Der Krieg erst erzwingt die Aufgabe der eigenen Ideale, die dadurch aber nicht entwertet sind, sondern nur gegenüber den als stärker erkannten Erfordernissen der nationalen Notzeit zurückgestellt werden müssen. Eisners Kollege Heinrich Dietz war eine Generation jünger als jener und ebenfalls ein bekannter Jurist, dessen Rechtskommentare vom Preußischen Kriegsministerium als maßgebend empfohlen wurden. In der Weimarer Zeit aktiv, war er auch im Zweiten Weltkrieg wieder ein führender Militärjurist und damit ein Musterbeispiel für die Kontinuität der Justiz vom Kaiserreich zum Nationalsozialismus. Dietz hatte schon vor dem Krieg eine ganz andere Position vertreten als Gronow und als Herausgeber des »Archivs fiir Militärrecht« die Aufgabe der Militärjustiz formuliert: sie solle »der bewaffneten Macht dienen«, da diese den »wichtigsten staatserhaltenden Faktor« darstelle und folglich »das Grundprinzip alles Militärrechts in der Zweckbestimmung der bewaffneten Macht wurzelt, den Staat gegen äußere und innere Feinde zu schützen und zu erhal-

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ten. Kriegsbereitschaft und Kriegstüchtigkeit haben unbedingte Mannszucht zur Vorbedingung. Erhaltung der Disziplin ist die ratio legis aller militärischen Gesetze ...; es ist dabei die Disziplin ein Rechtsgut der Nation, nicht des Heeres«. 79

Damit definierte er das Wesen und die Aufgaben der Militärjustiz nicht von ihrer juristischen, sondern von der militärischen Seite her, wobei das Militär seinerseits nur als Ausdruck der Nation begriffen wurde, die damit zum Archimedischen Punkt seines Denkens avancierte. Aus dieser Perspektive verletzte der Deserteur, indem er sich an dieser Disziplin als Rechtsgut der Nation verging, nicht nur seine Dienstpflichten als Heeresangehöriger. Er stellte sich auch außerhalb der Nation, was in dem zu >völkischer Verengung< neigendem deutschen Nationsbegriff schnell heißen konnte: Der Deserteur verriet sein Volk und seine Volksgemeinschaft. In dieser letzten Konsequenz wurde das 1914—1918 noch nicht formuliert; zwanzig Jahre später jedoch wurde das zu Ende gedacht, was hier bereits angelegt war. Mit dem Gedanken, daß sich die Militärjustiz völlig den Bedürfnissen der Disziplinwahrung unterzuordnen habe, stand Dietz nicht allein. Der Kriegsgerichtsrat der 2. bay. Infanterie-Division gab folgende Definition über die Funktion der Militärjustiz: »Die ... Strafen sind u. sollen m.E. ihrem Wesen nach nicht nur Vergeltungs-, sondern vornehmlich Abschreckungsstrafen sein. Ihr Zweck ist... vor allem den Willensschwachen vor Verfehlungen zu bewahren, um ihn so auch unter den schwierigsten Verhältnissen zu militärischen] Leistungen zu zwingen. Die Strafe ... muß Verbrechensvorbeuge sein, weil schon das Handeln eines Einzelnen ... noch viel mehr... das gemeinsame strafbare Handeln Mehrerer - verabredete Fahnenflucht, Meuterei - ... unabsehbare Folgen für die Disziplin ... und damit auch für den militärischen] Erfolg unfehlbar mit sich bringen muß«. 80

Damit wurde die Militärjustiz primär zum Mittel der Verbrechensprävention, letztlich zum gesellschaftlichen Steuerungsmittel fur die Armee erklärt. Angesichts dieser hohen, selbstgesetzten Erwartungen wird die Verbitterung um so erklärlicher, die nach dem Scheiterns dieses Konzepts um sich griff. Untersucht man die Urteilsbegründungen nach Werturteilen der Richter über den Angeklagten, finden sich bei etwa 10% der Akten Verdikte wie dieses, in dem »die große Verwerflichkeit u[nd] Gemeinheit seiner [sc. des Angeklagten] Handlungsweise ... in der gegenwärtig ernsten Zeit, wo jedermann dem Vaterlande gegenüber seine Pflicht aufs äußerste erfüllen sollte«81 betont wurde. Immer dann, wenn eine verhältnismäßig hohe Haft- bzw. Zuchthausstrafe verhängt wurde, tauchen diese vernichtenden moralischen Werturteile auf: »Ehrlose Gesinnung« 82 im Umgang mit den Kameraden wurde dem einen vorgeworfen, einem anderen, daß er »durch seine Handlungsweise eine niedrige ehrlose Gesinnung an den Tag gelegt«83 habe; ei194

nem weiteren, daß er »nicht mehr die moralische Stärke besaß, die Erfüllung der soldatischen Pflicht in erste Linie zu stellen«; 84 einem anderen schließlich, der im Stab fernab der Frontgefahren gedient hatte, daß seine Desertion nicht nur »eine aussergewöhnlich gröbliche Pflichtverletzung, sondern auch ... eine krasse Undankbarkeit gegen die ihm zuteil gewordene Vergünstigung« 85 gewesen sei. Besonders drastisch waren diese Ausdrücke, wenn es um das Überlaufen zum Feind ging: Von der »unglaublichen Gemeinheit u[nd] Ehrlosigkeit der Gesinnung, die S. durch Überlaufen zum Feind bekundete«, 8 6 war bei einem Soldaten die Rede sowie davon, daß Gründe für eine milde Beurteilung zweier Angeklagter, deren »Gesinnungsgemeinheit groß genug war, um kaltblütig zum Feinde überzulaufen ... überhaupt nicht zu finden [seien] in einem Zeitpunkt, wo das Vaterland, im gewaltigsten Existenzkampf liegend, jeden einzelnen Mann dringend braucht«. 8 7 Diese Vorstellung, daß jeder Deserteur durch seine Flucht das Vaterland um den trotz der alliierten Überlegenheit ansonsten sicheren Sieg bringe, radikalisierte sich, je mehr die Heeresstärke im Sommer 1 9 1 8 wegen der enormen Verluste und des fehlenden Ersatzes aus der Heimat zusammenschmolz: »im Interesse der Erhaltung der Zucht u[nd] Ordnung, des Beispiels wegen u[nd] endlich im Hinblick auf die schwache Kopfstärke der Kampftruppen« 88 wurde ein Soldat im Juni 1 9 1 8 zu sechs Jahren Zuchthaus und dreijährigem Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte verurteilt. Die Gerichtsurteile, in denen die Urteilsbegründung primär auf die vermeintlichen Erfordernisse der >Aufrechterhaltung der Manneszucht< rekurrierte, sich also die Militärjustiz im Sinne Dietz' als Werkzeug der Disziplinwahrung verstand, waren im Ersten Weltkrieg noch eindeutig in der Minderheit. Sie zeigen aber bereits die Richtung an, in die sich die Wehrmachtjustiz 2 5 Jahre später entwickeln sollte.

Das Dilemma der

Strafrollstreckung

Grundsätzlich gab es zwei Formen der Strafvollstreckung. Zuchthausstrafen wurden in den zivilen Zuchthäusern vollstreckt, wo die Haftbedingungen offensichtlich sehr schlecht waren. Denn die meisten Verurteilten stellten schon nach wenigen Monaten den ersten Antrag auf Strafunterbrechung und >FrontbewährungManneszucht< erfordere, zumindest einen Teil der Strafe verbüßen zu lassen. Das zentrale Dilemma der Militärjustiz war jedoch der Konflikt zwischen der Forderung nach Strafvollstreckung als Sühne bzw. Abschreckung einerseits und der Befürchtung andererseits, eine Strafe könnte als Schutz vor den Frontgefahren und damit als erstrebenswert angesehen werden. Zunächst war dem Preußischen Kriegsministerium daran gelegen, straffällig gewordene Soldaten nicht vor dem Abschluß des laufenden Gerichtsverfahrens ins Feld zu schicken.92 Im Dezember 1916 wies es dann jedoch daraufhin, daß die Gerichtsherren des Heimatheers befugt seien, Soldaten an die Front zu senden, die ihr Verfahren absichdich in die Länge zögen, um die Hinaussendung ins Feld zu verhindern oder hinauszuschieben. Ähnliches gelte auch, wenn die Straftat vermutlich nur begangen wurde, um in der Heimat inhaftiert zu werden und deshalb nicht ins Feld zu müssen. 93 Seit Herbst 1916 wurden daher zur Strafverbüßung Militärgefangenenkompanien zunächst im Heimatheer eingerichtet. 94 In ihnen sollten die Haftstrafen überwiegend durch harte, militärische Arbeit vollstreckt werden, um sowohl Strafe als auch Abschreckung zu sein. Im Oktober 1917 wurden sie auf das Frontheer ausgedehnt, wobei auf den Einsatz in unmittelbarer Nähe der Kampflinie geachtet werden sollte. Trotzdem mußte das Preußische Kriegsministerium Ende August 1918 nochmals ausdrücklich darauf drängen, daß die Militärgefangenen-Kompanien nur in unmittelbarer Frontnähe und nicht etwa im Etappengebiet eingesetzt wurden, um tatsächlich eine Bestrafung und nicht etwa eine Belohnung für Straffälligkeit zu sein.95 Für Bayern wurden erst im Januar 1918 sechs Gefangenenkompanien der 6. Armee in Frankreich dem Feldheer zugewiesen; bis dahin hatte es sie nur in der Heimat gegeben. 96 Doch das Problem, daß der Strafvollzug vor den Frontgefahren schützte, blieb bestehen und spiegelte sich auch in einem Erlaß des Preußischen Kriegsministeriums vom April 1918 wider. In ihm wurde ein Vorschlag aus dem Feldheer abgelehnt, in der Heimat mit Arrest bestrafte Mannschaften erst nach der Strafverbüßung ins Feldheer zu überweisen, da der Vollzug der Arreststrafen das Feldheer stark belaste, der Ersatzmangel das nicht zulasse und weil das Bekanntwerden einer solchen Verordnung »schlechte Elemente zu dem Versuch veranlassen könnte, durch Strafbarmachung ihre Zuweisung zum Feldheer hinauszuschieben«. 97 Den radikalen Vorschlag, »die Untersuchungshaft durch abschreckende Maßnahmen weniger begehrenswert zu machen«, 98 lehnte das Preußische Kriegsministerium allerdings zunächst mit dem Hinweis darauf ab, daß die Untersuchungshaft keine Strafe darstelle. Im Sommer 1918, angesichts der 196

sich zuspitzenden militärischen Lage, wurde dann aber doch angeordnet, auch Untersuchungshäftlinge zu Dienstleistungen heranzuziehen, um ihre Arbeitskraft auszunutzen. Ein weiteres Motiv war die Abschreckung, »damit die Untersuchungsgefangenen es nicht angenehmer und bequemer haben als ihre freien Kameraden«. 99 Die Tendenz, daß die gegen eine Behandlung der Untersuchungshäftlinge als Strafgefangene »obwaltenden juristischen Bedenken ... zurücktreten« 100 müßten, radikalisierte sich soweit, daß die Untersuchungshäftlinge schließlich grundsätzlich in Arbeitskompanien eingesetzt werden sollten. Ein Generalkommando richtete daher eine Untersuchungs-Gefangenen-Kompanie nach dem Muster der Militär-GefangenenKompanien ein. 101 Aus dem Dilemma, daß eine Strafvollstreckung zugleich Schutz vor den Frontgefahren bedeutete, ein Verzicht auf den Strafvollzug aber wie eine stillschweigende Amnestie wirken könnte, gab es keinen Ausweg, zumal immer weniger Soldaten zur Verfugung standen. Die JägerDivision gewährte grundsätzlich keinen Strafaufschub, da dieser »geradezu eine Prämie für niederträchtiges Verhalten« 102 darstelle. Der Kommandeur der 3. bay. Infanterie-Division antwortete darauf mit der Feststellung, daß bei sofortiger Vollstreckung der Haftstrafen »einige Leute ... mit zynischer Offenheit dem Kriegsgerichtsrat [erklärten], sie legten es förmlich darauf an, sich eines wenn möglich leichteren Vergehens gegen die Mannszucht schuldig zu machen, damit sie für einige Zeit von der Front wegkämen. Nicht aus Weichlichkeit, sondern nur notgedrungen und in der bestimmten Erkenntnis, daß es gilt, zwischen zwei Übeln das kleinere zu wählen, bin ich zu dem entgegengesetzten Verfahren übergegangen ... [Es] besteht die Gefahr, daß bei rücksichtsloser Vollstreckung aller Strafen die Gefechtskraft der Truppe sehr wesendich geschwächt wird.« 103

Das grundlegende Dilemma der Strafvollstreckung blieb unlösbar, und je verzweifelter die militärische Lage 1918 wurde, desto lauter wurde die Forderung, diesen Gordischen Knoten auf die einzig möglich scheinende Weise zu zerschlagen: durch den hemmungslosen Einsatz der Todesstrafe. Doch Taten folgten dieser verbalen Radikalität (noch) nicht. Eine mögliche Strafaussetzung mußte vom Gerichtsherrn zusammen mit der Urteilsbestätigung ausgesprochen werden, ansonsten waren rechtskräftig verhängte Strafen grundsätzlich sofort zu vollstrecken, auch bei eingereichten Begnadigungen. Lediglich bei Todesurteilen war die »Allerhöchste Entscheidung« abzuwarten. Gemäß der kaiserlichen Verordnung vom 28. Dezember 1 8 9 9 mußte eine Strafe sofort vollstreckt werden, wenn der Aufschub das Staatsinteresse oder die >Manneszucht< gefährden würde. Ein Begnadigungsgesuch konnte, mußte aber nicht durch den Gerichtsherrn zur »Allerhöchsten Entscheidung« vorgelegt werden. Speziell zur Todesstrafe wurde in einem Erlaß einer Armee-Abteilung vom Juli 1915 bemerkt: 197

»Da das Militärstrafgesetzbuch die Todesstrafe meistens nur für die Fälle vorsieht, in denen das allgemeine Staatsinteresse oder die Manneszucht bedroht ist, so kommt ein Aufschub der Strafvollstreckung nur ganz ausnahmsweise in Frage (z.B. bei beschränkter Verantwortungsfähigkeit des Täters)«. 104

U m die Praxis der gnadenweisen Strafaussetzung zu vereinheitlichen, erließ das Preußische Kriegsministerium entsprechende Richtlinien fur die Armeeoberkommandos. Insbesondere sei zu berücksichtigen, ob sich der Betreffende an der Front >bewährt< hatte, darüber hinaus aber auch die persönlichen Verhältnisse des Betroffenen und der allgemeine Stand der Disziplin.105 Kurz vor Kriegsende wurde durch eine kaiserliche Order den Gerichtsherren sogar das Recht eingeräumt, eine durch allerhöchsten Gnadenakt erlassene Strafaussetzung bzw. einen Strafaufschub zu widerrufen, d.h. tief in die ureigenen königlichen Rechte einzugreifen. 106 Hierin drückt sich deutlich der Ansehens- und Kompetenzverlust der Monarchie aus, weil es nunmehr den höchsten Offizieren der Armee gestattet wurde, ihren »Obersten Kriegsherren« zu korrigieren, der doch sonst so akribisch auf die zumindest formale Wahrung seiner Rechte achtete. Das Kaisertum hatte dadurch ein weiteres Mal symbolisch seine schwindende Integrations- und Führungsfähigkeit demonstriert. In der Praxis wurde das Dilemma zwischen Strafvollstreckung und Strafaufschub ganz eindeutig zugunsten des letzteren gelöst. Eine Auszählung der ganz oder teilweise erlassenen Strafen bei einigen bayerischen Divisionen ergibt, daß nur etwa 6 bis 16% der Strafen tatsächlich in vollem Umfang verbüßt werden mußten. 107 Insofern obsiegte die Forderung, die Arbeitsund Kampfkraft verurteilter Soldaten zu erhalten bzw. der Wunsch, eine Strafe nicht zum Schutz vor Strafe werden zu lassen, vor der juristischen Prinzipientreue, die eine stärkere Betonung der Sühnefunktion nahegelegt hätte. Dieser Kurs wurde aber nicht aus humanitären Erwägungen heraus verfolgt, sondern weil er damals als der angemessene Kompromiß zwischen lauter unbefriedigenden Alternativen erschien. Es blieb der Nachkriegsdeutung vorbehalten, diese Tatsache als unangemessene Weichheit der Militärjustiz zu diffamieren und bedingungslose Härte als den einzig erfolgversprechenden Weg zu postulieren. Die Belohnung für Reue: Amnestien und Begnadigungen Für Preußen trat die erste allgemeine Amnestie für die Dienstränge vom Feldwebel abwärts sofort mit der Mobilmachung in Kraft. 108 Alle rein militärischen Haftstrafen bis zu fünf Jahren wurden erlassen, sofern nicht eine Ehrenstrafe ausgesprochen oder für das Delikt angedroht war. Somit waren Verurteilungen wegen Desertion von dieser Amnestie ausgenommen, da in §§ 7 4 und 75 Militärstrafgesetzbuch die Versetzung in die zweite Klasse des 198

Soldatenstandes zwingend vorgeschrieben war, außer, der Deserteur stellte sich binnen sechs Wochen freiwillig. Eine Begnadigung aller der unerlaubten Entfernung und Fahnenflucht schuldigen Unteroffiziere und Gemeinen, die sich binnen dreier Monate stellten, wurde dann jedoch am 29. August 1914 gewährt. 109 Alle Freiheits- und Ehrenstrafendrohungen sollten erlassen werden, nicht jedoch Degradierungen. Ausgenommen waren nur die über 45jährigen, die Dienstunfähigen und solche, die die deutsche Staatsangehörigkeit verloren hatten. Ein ähnlicher Erlaß sicherte auch Straffreiheit bei Verstößen gegen die Wehrpflicht bzw. unerlaubter Auswanderung zu.110 Mit dem Gnadenerlaß vom 27. Januar 1915111 - dem Geburtstag des Königs von Preußen und Deutschen Kaisers - wurde der Reigen der aufgrund des Geburtstags oder Thronjubiläums des jeweiligen Kontingentsherrn erlassenen Amnestien eröffnet. Diese erfaßte nur Strafen bis sechs Monate Haft und Schloß Ehrenstrafen erneut aus. Am selben Tag wurde die Niederschlagung noch nicht eingeleiteter Verfahren aus Delikten vor dem Eintritt in die Armee angeordnet 112 und durch eine Order des Königs von Preußen v. 24. April 1915 auf bereits eingeleitete, aber noch nicht abgeschlossene Gerichtsverfahren erweitert. In den Jahren 1916, 1917 und 1918 erfolgten weitere, im Prinzip ähnliche Amnestien bzw. Niederschlagungen von Verfahren, nicht nur für Preußen, sondern auch fur die anderen Kontingente. 113 Durch die vielen Gnadenerlasse wurde allerdings die Gefahr heraufbeschworen, den Eindruck zu erwecken, daß auch Überläufer nach dem Krieg begnadigt würden. Dem versuchte das Preußische Kriegsministerium entgegenzuwirken, indem es anregte, in den Feldzeitungen und der zivilen Heimatpresse eine entsprechende Klarstellung zu veröffentlichen. 114 Um den ins neutrale Ausland geflüchteten Deserteuren »unter nicht zu schweren Bedingungen« 115 die Rückkehr nach Deutschand zu ermöglichen, wurde auch ihnen, soweit sie nicht »Überläufer zum Feind« waren, Ende Mai 1917 eine Amnestie angeboten, die durch eine Pressenotiz in den deutschen Zeitungen bekannt gemacht werden sollte. Kehrten die Deserteure binnen sechs Wochen zurück, war ihnen Strafaufschub und, bei >Bewährung vor dem FeindGroßzügigkeit< und >Milde< bekommend, daß diese Amnestie die Erwartung erregen könnte, auch nach dem Krieg würden Überläufer begnadigt, was die Neigung zum Frontwechsel, besonders bei den Elsaß-Lothringern, Dänen und Polen weiter fördere. Daher wurde ausdrücklich betont, daß Überläufer auf jeden Fall von allen Amnestien ausgeschlossen seien.120 Ursprünglich hatten die zurückkehrenden Deserteure nicht als verhaftet zu gelten. Im Juni 1918 empfahl das Preußische Kriegsministerium dann doch, sie als vorläufig festgenommen zu betrachten. Der Grund dafür war, daß sonst bei erneuter Flucht nicht sofort auf sie geschossen werden durfte. 121 Die Resonanz auf diese Amnestie ist schwer feststellbar. Als sie unter den in den Niederlanden internierten deutschen Deserteuren bekannt wurde bis dahin waren wohl viele davon ausgegangen, daß ihnen bei der Rückkehr die Todesstrafe drohe - meldeten sich beim stv. Generalkommando VII. A.K. immerhin zweihundert Leute. Bei der Sammelstelle des stv. Generalkommandos 1. A.K. hatte sich dagegen bis Juni 1918 nur ein einziger Deserteur aus der Schweiz zurückgemeldet. 122 Ganz anders wurde dagegen einen Monat nach Ablauf dieser Amnestie die Behandlung der aus dem neutralen Ausland zurückkehrenden »unsicheren Heerespflichtigen« geregelt. Alles hing davon ab, ob ein Zurückkehrender als »unsicher«, d.h. unzuverlässig eingestuft wurde oder nicht. Wenn ja, und wenn er bereits ausgehoben worden war, sollte er wie ein Deserteur behandelt werden. Diejenigen, die noch nicht gemustert waren, wurden als grundsätzlich verdächtig eingestuft und mußten eine ausfuhrliche Untersuchung ihrer Identität über sich ergehen lassen.123 Mit der Revolution wurden zunächst von den Kontingenten Amnestien erlassen. Die bayerische vom 22. November 1918 schloß allerdings die Fälle aus, in denen die Fahnenflucht aus einer nicht näher definierten »ehrlosen Gesinnung« erfolgt war.124 Die bayerischen Sonderbestimmungen wirkten sich letztlich jedoch nicht mehr aus, weil die Reichsamnestie vom 7. Dezember 1918 diese Beschränkung nicht kannte. 125 Sie verlangte in § 3 lediglich, daß sich ein Deserteur binnen eines Monats bei seinem zuständigen Bezirkskommando in der Heimat meldete. Trotzdem gestaltete sich die ordnungsgemäße Dienstendassung der Deserteure sehr umständlich und unterlag zahlreichen Verzögerungen, so daß sich auch der Rat der Volksbeauftragten Ende Januar 1919 damit befassen mußte. 126 Schwierigkeiten gab es insbesondere bei der Rückkehr von Deserteuren aus der Schweiz und den Niederlanden, weil einige Dienststellen versuchten, ihnen die Rückkehr unrechtmäßigerweise zu verweigern.127 Ein weiterer, Verwirrung stiftender Punkt war die Frage, ob Verletzungen der Wehrpflicht ebenfalls in der Amnestie 200

Inbegriffen waren, was dem Auswärtigen Amt vom Preußischen Kriegsministerium auf Anfrage bestätigt wurde. 128 Ein Deserteur hätte als Paradebeispiel für Gerhard Ritters Klage über die »Meuterer im roten Halsschal« dienen können. Er meldete sich Mitte November 1 9 1 8 beim Bayerischen Kriegsministerium und gab an, »daß er am 3.1.18 eigenmächtig den Heeresdienst verlassen hat, und ... sich unter der jetzigen Volksregierung zu jeder Dienstleistung wieder zur Verfügung« 129 stelle. Einen Monat später trat er an das Ministerium für Militärische Angelegenheiten heran mit dem »Ersuchen um Mitteilung ob Fahnenflucht vor der Revolution] in der erlassenen Amnestie mit einbegriffen ist«; die gewünschte Auskunft wurde ihm vom Ministerium auch geduldig erteilt. 130 Mit dem Waffenstillstand war die soziale Stigmatisierung der Deserteure nicht zu Ende. 1 9 2 0 bat ein kriegsgerichdich verurteilter Soldat um eine gnadenweise Löschung des Strafeintrags, damit »nicht der [Straf]Vermerk mir während meines ganzen künftigen Lebens hemmend im Wege steht«, da er sich eine neue Arbeit suchen müsse: »Die Arbeitgeber, besonders größere Geschäftsinhaber würden aber bei einer evtl. Einstellung Anstoß an meine Militärpapieren nehmen in denen die Strafe (Fahnenflucht) vermerkt ist, und mir eine evtl. Einstellung verweigern.« 131 Wieweit es eine soziale und gesellschaftliche Stigmatisierung der >Kriegsunfreiwilligen< in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus gegeben hat, wäre eine interessante Frage, die hier jedoch unbeantwortet bleiben muß. Bei Anträgen ehemaliger Soldaten auf Invalidenrenten beispielsweise nahmen die zuständigen Behörden Einblick in die gegebenenfalls vorhandenen Gerichtsakten. 132

2. In der britischen

Armee

a) Die Versuche der Desertionsprävention Die Aufrechterhaltung der guten >Disziplin und Moral< war eine Hauptsorge der Militärführung, und auch das Kriegskabinett ließ sich gelegentlich darüber berichten. 133 Sehr früh schon finden sich daher Verordnungen, in denen den Soldaten drastisch vor Augen geführt wurde, daß Deserteure mit der Todesstrafe zu rechnen hatten. Der Kommandeur der Second Army, Smith-Dorrien, ließ seinen Soldaten verkünden, daß Strafen, die im Frieden milde geahndet werden, im Krieg als schwere Verbrechen zu betrachten seien. Zusätzlich bezeichnete er es als ein Gebot der Fairness, die Soldaten wissen zu lassen, für welche Delikte die Todesstrafe verhängt worden war, worauf zahlreiche Beispiele hingerichteter Soldaten folgten. Smith-Dorrien ließ insbesondere keinen Zweifel daran, daß jedes Entweichen vor einer be201

stimmten Dienstpflicht bereits als Desertion galt, nicht erst eine dauernde Abwesenheit.134 Tatsächlich wurden während des ganzen Krieges hohe Strafen regelmäßig in den Routine Orders der Armies verkündet, wie Ende November 1915 beispielsweise folgende Meldung in der First Army an alle unterstellten Truppenteile: »No. 7798, Private F. McCall, 1st Battalion Scottish Rifles, was tried by Field General Courts Martial for Desertion and sentenced to five years Penal Servitude, which sentence was suspended on 2nd August 1915. Between that date and 28th October, 1915, he continued to misbehave and was awarded several minor punishments. On the 28th October, 1915, he was again tried by Field General Courts Martial for insubordination and sentenced to eight years Penal Servitude. Both sentences have been put into execution by the General Officer Commanding 1st Army, and Private McCall has been committed to prison for the full period of these sentences.«135

Vor dem Abmarsch in die Frontlinie wurde oft vor versammelter Mannschaft noch einmal eindringlich an die fur Desertion drohenden Strafen erinnert.136 Darüber hinaus wurden alle Kriegsgerichtsurteile verlesen, um die Abschrekkungswirkung zu erhöhen, doch scheint zumindest bei Todesstrafen auch ein unerwünschter Effekt eingetreten zu sein, wie ein Soldat in seinen Kriegserinnerungen festhielt: »We had the order to stand to arms at 2.45 a.m., parade at 3.a.m. We formed up on parade ... The Cfommanding] Offficer] then came and read out to us the Sentence of the court martial and the cause of the sentence of death. I must say it had a very depressing effect on the whole battalion.«137 Die Todesstrafe betraf im gewissen Sinn nicht nur den Verurteilten, denn auch alle anderen Soldaten wurden in dieses >Reinigungsritual< einbezogen. Als höchste Steigerung der Abschreckungswirkung konnte ein Todesurteil im Beisein des Delinquenten bekannt gegeben werden.138 Trotzdem mußte das War Office wegen der erheblichen Anzahl der Desertionen im Mai und August 1915 die höheren Kommandostellen um einen Erfahrungsbericht und Vorschläge über mögliche und bereits eingeleitete Gegenmaßnahmen bitten.139 Das ist ein deutliches Anzeichen dafür, daß die hohe Zahl der Deserteure von der Militärfuhrung zunehmend als ernsthaftes Problem angesehen wurde und die Todesstrafe als Abschreckungsmittel offensichtlich nur von begrenzter Wirkung war. Hohe Aufmerksamkeit wurde, wie auf der deutschen, so auch auf der britischen Seite der Front, der Überwachung der Verkehrswege, besonders der Bahnhöfe und Kanalhäfen gewidmet. Die britische Militärpolizei patrouillierte dort ständig und kontrollierte verdächtig wirkende Soldaten. Zahlreiche Deserteure wurden dadurch aufgespürt.140 Das war, neben der Überwachung des Verkehrs von und zur Front sowie der Aufrechterhaltung 202

der logistischen Infrastruktur, die Hauptaufgabe der Militärpolizisten - ihre Zahl wuchs von anfänglich kaum mehr als 400 auf über 13.000 die bei den Soldaten im allgemeinen ausgesprochen verhaßt waren.141 Schon im September 1914 wurden auch erste Maßnahmen gegen das häufige »straggling« erlassen142, das, anders als das deutsche Wort »Versprengte«, stärker ein aktives Handeln ausdrückt. Im August 1917 richtete man im britischen Heer eine Versprengtensammelstelle beim Hauptquartier ein, einen sogenannten »central collecting place for unidentified absentees«.143 Um den offenbar häufigen Mißbrauch der Soldzahlstellen durch Deserteure zu verhindern, wurden die Feld-Kassen mit aktuellen Listen vermißter Soldaten versorgt.144 Die Zahl der »straggler« wuchs, ungeachtet aller Gegenmaßnahmen, phasenweise so stark an, daß immer wieder besondere Suchaktionen gestartet werden mußten. Während einer solchen Aktion Mitte bis Ende April 1918 wurden 3875 Versprengte aufgegriffen, die im Laufe der deutschen Märzoffensive abhanden gekommen waren und es offenbar nicht eilig hatten, zu ihren Einheiten zurückzufinden. 145 Bei der Fahndung nach Deserteuren erwies es sich als Nachteil, daß immer wieder unklar war, welche Angaben über abgängige Soldaten gemacht werden sollten.146 Bereits in den ersten Kriegsmonaten trafen darüber hinaus die britsche, französische und belgische Regierung bilaterale Abmachungen, in denen die gegenseitige Auslieferung aufgegriffener Deserteure geregelt wurde. 147 Nach anfänglichen Koordinationsschwierigkeiten scheint sich eine gute Zusammenarbeit zwischen der französischen Gendarmerie und der britischen Militärpolizei herausgearbeitet zu haben.148 Britischerseits ging man bei der Verfolgung auch über die Grenzen der eigenen Gesetze hinaus, indem beispielsweise belgische Deserteure, die sich in Großbritannien aufhielten, auf der Grundlage der Fremdengesetzgebung festgenommen wurden, weil ansonsten keine rechtliche Handhabe gegen sie bestand.149 Doch auf solche eher reaktive Maßnahmen wollte sich auch die britische Militärführung nicht beschränken, und so verstärkte man zunehmend die aktive Propaganda. Es begannen zunächst einige Army-Kommandeure, für ihren Befehlsbereich eine dem »Vaterländischen Unterricht« in der deutschen Armee vergleichbare Propaganda über den Sinn und Zweck des Krieges einzurichten, die vor allem die Geistlichen der Anglikanischen Kirche, aber auch die der anderen Konfessionen trugen. Doch dauerte es bis zum Herbst 1918, bis diese Maßnahme zentral in der gesamten BEF durchgeführt wurde. 150 Die Angehörigen in der Heimat machte man auch in Großbritannien fur die Vergehen der Frontsoldaten verantwortlich. Das schärfste Instrument waren dabei die Rechtsvorschriften, die das Unterstützen von Deserteuren verboten. 151 Die »Times« etwa berichtete 1917, daß eine Frau sich wegen der Beherbergung eines Deserteurs vor Gericht verantworten 203

mußte. Ihr Sohn war am Vorabend des Abtransports seiner Einheit nach Frankreich verschwunden und wurde drei Wochen später in einem Mansardenkämmerchen seines elterlichen Hauses bei einer Polizeikontrolle gefunden.152 Manche machten sich sogar noch nach Kriegsende ungewollt straffällig. Ein Unterhausabgeordneter berichtete von dem Fall eines Soldaten, der am 11. November 1918, dem Tag des Waffenstillstands, auf Urlaub in Großbritannien war und dort blieb, weil er glaubte, gleich dort demobilisiert zu werden. Er wurde deshalb als Absentee gefuhrt und bekam daher seine »war gratuity« in Höhe von £ 21 nicht ausbezahlt.153 Auch nach Kriegsende gab es Fälle von Deserteuren aus der Kriegszeit, die noch immer nicht wieder aufgetaucht waren; man entließ sie üblicherweise ohne weitere Folgen gegen eine »confession of desertion« aus der Armee.154 Hatte sie dagegen ein »Court of Enquiry« zu Deserteuren erklärt, verloren sie das Anrecht auf eine Pension.155

b) Die juristischen Sanktionen Die Ermittlung von Deserteuren in der Heimat oblag zunächst der Militärpolizei, doch waren auch hier die Heimatbehörden zur Mithilfe verpflichtet. 156 Die lokalen Rekrutierungsbüros führten aktuelle Listen der Deserteure und unerlaubt Entfernten, die sie den Polizeistationen weiterleiteten, die wiederum die »Police Gazette« an die Rekrutierungsbüros lieferten.157 Soldaten, die zu spät von einem Heimaturlaub zurückkamen, wurden zentral über Folkestone oder Southampton nach Frankreich zurückgebracht und ihre Einheiten erhielten telegraphisch Kenntnis von deren Ankunft.158 Vorschriften fur eine effektive Fahndung nach Deserteuren ergingen im Juli 1915 an die Heimatbehörden, wobei besonderer Wert darauf gelegt wurde, in der Presse bekannt zu machen, was für ein schwerwiegendes Delikt die Desertion war. Daher sollten auch die Angehörigen von Deserteuren angeschrieben und ihnen empfohlen werden, den Abwesenden zur Rückkehr zu überreden.159 Für die Koordinierung all dieser Maßnahmen wurden kurz darauf spezielle Offiziere bei den Heimattruppenteilen ernannt.160 Im November 1915 führte das War Office versuchsweise eine dahingehende Verschärfung ein, die Angehörigen der seit Kriegsbeginn registrierten Deserteuren nach deren Verbleib zu befragen.161 Ein Anreiz für die Fahndung war auch die Gewährung einer Belohnung für die Ablieferung eines Deserteurs.162 Dadurch wurde dieser wie ein gewöhnlicher Krimineller behandelt; seine Verfolgung galt nicht als staatsbürgerliche Pflicht, denn für deren Erfüllung hätte man keine finanzielle Belohnung gewährt. Das entsprach der in der Vorkriegszeit üblichen Bewertung des Soldatenberufs: er war kein 204

staatsbürgerlicher Ehrendienst^ sondern eine Sackgasse fur die im Zivilleben Gescheiterten. Ein typischer Verfahrensablauf Wurde ein Deserteur ergriffen oder stellte er sich selbst, nahm man ihn in Haft, überstellte ihn so schnell wie möglich seinem Battalion und führte ihn zunächst dem Kompaniefuhrer vor. Dieser konnte gegebenenfalls das Verfahren wegen erwiesener Unschuld sofort beenden, sonst gab er den Fall über das Battalion an die Brigade weiter. Es liegt in der Natur der Sache, daß hier ein nicht kontrollierbarer Ermessensspielraum eröffnet war, der mit den heutzutage zugänglichen Quellen nicht zu fassen ist. Die Vernehmungen nahm später im Krieg der Divisional Judge Advocate General vor. 163 Dieser fehlte jedoch in der Mehrzahl der Fälle, so daß lediglich ein in der Regel juristisch nicht speziell ausgebildeter, von der Division benannter »CourtsMarrial-Officer« diese Aufgabe übernehmen mußte. Für die Anklage und Festsetzung des Verhandlungstermins war der »Convening Officer«, in diesem Fall der Brigade-General, zuständig. Das Gericht bestand aus drei bis vier Offizieren unter dem Vorsitz eines Oberst. Ein vom Divisionsstab benannter Offizier führte die Anklage, ein weiterer agierte als Verteidiger, der sogenannte »prisoner's friend«. Letzterer fehlte jedoch sehr häufig, bei den 3 4 9 vollstreckten Todesurteilen nachweisbar in 31 Fällen. 164 Selbst wenn ein Verteidiger vorhanden war, besaß er meist keine juristische Ausbildung und hatte in der Regel nur wenig Gelegenheit, sich intensiv vorzubereiten, da er oft erst kurz vor dem Verhandlungstermin die Akten und seinen Klienten zu Gesicht bekam. In der Verhandlung wurden zunächst die Zeugen vernommen. Danach erhielt der Angeklagte bzw. sein Verteidiger die Gelegenheit, die Zeugen ins Kreuzverhör zu nehmen, eigene Zeugen aufzufuhren oder sonst eine Aussage zu seinen Gunsten zu machen. Nachdem das Gericht entschieden hatte - ein Todesurteil erforderte ein einstimmiges Votum - , wurde das Urteil verkündet. Genauer gesagt: Ein Freispruch erging sofort, bei einem Schuldspruch dagegen teilte der Vorsitzende des Gerichts nur mit, daß er keinen Spruch zu verkünden habe und Erkundigungen über den Charakter des Angeklagten einholen werde. Der Grund fur diese seltsame Regelung war, daß Schuldspruch und Urteil erst nach der Bestätigung durch die zuständige militärische Stelle Gültigkeit erlangten, und so wurde abschließend dem Angeklagten bzw. seinem Verteidiger die Möglichkeit zu einer Bitte um Strafmilderung eingeräumt. Während der Angeklagte wieder in Haft kam und nur wußte, daß er schuldig gesprochen war, aber nicht wofür und zu welcher Strafe, entschied sich innerhalb der nächsten zehn bis vierzehn Tage sein Schicksal. Diese Prozedur änderte sich erst durch eine Ergänzung des Army Acts im Frühjahr 1 9 1 8 , derzufolge bei Delikten, auf die die Todesstrafe stand, der Urteilsspruch noch in der Verhandlung be-

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kanntgegeben wurde. Denn das Gericht leitete, eventuell mit einer eigenen Empfehlung für Strafmilderung versehen, die Gerichtsakten an die militärischen Vorgesetzten des Angeklagten weiter, die ihren Kommentar zu der Frage abzugeben hatten, ob die Strafe unverändert zu vollstrecken oder abzumildern sei. Danach prüfte die »Judge Advocate's Branch« des Hauptquartiers die formale Korrektheit des Verfahrens, wobei immerhin zwei bis drei Prozent der Urteile wegen festgestellter Verfahrensfehler aufgehoben wurden. Die Akten gelangten schließlich zu dem letztentscheidenden Offizier; bei allen Zuchthaus- und der Todesstrafe war dies der Commander-inChief der BEF. Erst nach dessen irreversibler Entscheidung wurde dem Verurteilten der Spruch des Gerichts und das Strafmaß mitgeteilt, aus Abschreckungsgründen häufig »on parade«, also vor versammelter Mannschaft. Dieses archaische Verfahren hatte die Konsequenz, daß ein wegen Desertion angeklagter Soldat nach dem Gerichtstermin etwa zwei Wochen unter einem Damoklesschwert leben mußte und im Falle eines bestätigten Todesurteils meist erst sechs bis zwölf Stunden vor dem Hinrichtungstermin Gewißheit über sein Schicksal erhielt, noch dazu häufig in einer Art und Weise, die an eine Zurschaustellung am Pranger erinnert. Während man die Todesurteile grundsätzlich im Morgengrauen vollstreckte, war es bei Haftstrafen gängige Praxis, sie in eine mildere Strafform umzuwandeln - z.B. von Zuchthaus- in normale Haftstrafen - oder einen Teil der Strafe zu erlassen. Zusätzlich eröffnete der »Suspension of Sentences Act« vom Frühjahr 1915 die Möglichkeit, Strafen >auf Bewährung< auszusetzen, wobei sie dann nach drei Monaten erneut geprüft und gegebenenfalls teilweise erlassen wurden. Die Handhabung

der Militärjustiz

Zu Kriegsbeginn ergingen mehrfach Verordnungen wie diese vom Oktober 1914, die erhebliche Unterschiede der Anklagen und verhängten Strafen für ähnliche Delikte konstatierte und riet, man möge sich auf das »Field Service Pocket Book« stützen, wenn das Manual of Military Law unklar sein sollte. 165 Wenige Tage später sah sich der Kommandeur der 1. Division veranlaßt, wegen der häufig aufgrund von Verfahrensfehlern aufgehobenen Urteile nochmals die Grundregeln der Kriegsgerichtsprozedur in Erinnerung zu rufen.166 Allerdings wurden diese Maßregelungen durch vorgesetzte Instanzen von den Betroffenen nicht immer klaglos hingenommen. Der Stab einer Brigade der 4. Division protestierte beispielsweise gegen ein Schreiben des Divisional Judge Advocate General, der ihm mangelnde Sorgfalt bei den Kriegsgerichtsprozessen vorgeworfen hatte.167 Doch die vereinheitlichenden Tendenzen waren stärker als die Autonomiebestrebungen der Divisionen, denn im Januar 1915 mahnte auch das 206

War Office selbst in einem allgemeinen Erlaß die Einhaltung des korrekten Verfahrenswegs an. 168 Diese Maßnahmen reichten offensichtlich nicht aus, denn im September 1916 wurde die Möglichkeit geschaffen, allen Divisionen oder anderen großen Verbänden bestimmte, im Militärstrafrecht erfahrene Offiziere zuzuteilen, die sogenannten »Courts-Martial-Officers«. Deren Aufgaben beschrieb das War Office wie folgt: »The duties o f this officer, who should be a barrister or solicitor, and well acquainted with military law, will be to assist and devise the commander o f the formation, to which he is attached, on all matters in connection with courts martial, including the reviewing o f the proceedings, as also any other question o f military law which may arise. When a court martial is being convened in a case which appears to present unusual difficulty, the officer attached for court martial duties may, if available, be detailed as a member o f the court.« 1 6 9

Da es in der britischen Armee bis dahin kein professionelles Militärjuristenkorps gegeben hatte, nahmen viele Offiziere diese Hilfe sicher dankbar in Anspruch so wie der Kommandeur des Australischen Armeekorps, John Monash, der dieses Amt als eine unabdingbare Notwendigkeit bezeichnete. 170 Neben Unsicherheiten über das formale Procedere scheint aber auch hinsichdich des materiellen Strafrechts oft Unklarheit geherrscht zu haben. In einem Rundschreiben, angelehnt an eine Verordnung des War Office, legte Haig, zu dieser Zeit Kommandeur der First Army, dar, worauf es bei den Kriegsgerichtsprozessen ankomme. Zu beachten seien die äußeren Umstände der Entfernung, die Dauer der Abwesenheit und ob sich ein Soldat damit einem konkreten militärischen Auftrag entzogen hatte. Daraus ergaben sich weitreichende Konsequenzen, entgegen dem Wordaut des Army Act: » P r o o f that the absence did in fact lead to the avoidance o f any such duty raises a presumption that the accused absented himself with that object in view; and the Court is entitled to act on that presumption unless the accused can prove that it is not well founded ... if a soldier is charged with desertion, it will depend upon the evidence adduced by the accused whether the Court find him guilty o f that graver charge, or o f the less serious one o f absence only.« 171

Damit war die Beweislast umgekehrt: Der Angeklagte hatte seine Unschuld zu beweisen, nicht das Gericht ihm die konkrete Schuld. Auch durfte er sich nicht dem Kreuzverhör mit dem Hinweis darauf entziehen, daß ihn dieses belasten könnte, so daß zwei Grundregeln der zivilen Gerichtsverfahren außer Kraft gesetzt waren. 172 Dabei entstand ein immens großer Ermessensspielraum, der kaum durch objektive Kriterien definiert war. So formulierte ein Battalions-Kommandeur in einer Stellungnahme zu dem Fall eines zum Tode verurteilten Soldaten seine eigene Logik, nach der aus einem spontanen Davonrennen eine willentliche Desertion wurde: »The impulse to de207

sert may have been sudden: but continued absence constitutes deliberation.«173 Und ein ehemaliger 2 nd Lieutenant der Coldstream Guards stellte rückblickend fest: »The destinction between the two [sc. desertion und absence without leave] is not always readily appreciated, as it involves the consideration of evidence of intention, the implication of which is not fully grasped by the untrained mind. The result is that an accused person may be found guilty of desertion, whereas the finding should have been of absence without leave, or, as may sometimes happen, if found guilty of absence without leave, the sentence imposed may be one more appropriate, not to that finding, but to one of desertion.« 174

Diese Tatsache wog besonders schwer vor dem Hintergrund der mangelhaften juristischen Ausbildung der Offiziere, für die bereits ein Beispiel genannt worden ist.175 Denjenigen, die erst im Krieg Offizier wurden, erging es nicht besser. Ein junger Lieutenant beschrieb ungeschönt seinen juristischen Kenntnisstand vor dem ersten Prozeß, in dem er als Richter zu fungieren hatte: »I had never attended a Court Martial, let alone set as a member of the Court. I suppose that during my examinations I may have read something about the subject, but I knew virtually nothing.« 176 Doch dieser geringe Kenntnisstand betraf nicht nur die Mehrzahl der als Richter fungierenden Offiziere, sondern bisweilen auch den »prisoner's friend«, der die Rolle des Verteidigers übernahm. In folgendem Fall mußte der Ankläger erst dem Verteidiger erklären, wie er dem Angeklagten eine Verurteilung wegen Desertion ersparen könnte: »I was prosecutor and Marsden was prisoner's friend. I could see that the latter was rather at a loss as to his line of defence and he even failed to see it when the prisoner made a very good point for himself in his evidence by saying that he did not intend to desert but was merely trying to make his way to the 6th Lan:Fus: where he had a brother serving and in which he had himself served ... Still Marsden showed no glimmer of consciousness as to the chance he had; so I leant across to him and pointed out that this amounted to a plea of Not Guilty of Desertion but Guilty of Absence without Leave, and that he had better sieze such a golden opportunity of giving the Court a means of escape of an otherwise almost inevitable finding of Guilty on the graver charge. So the prisoner's friend accepted the line of defence suggested by the prosecutor and Connolly was only found guilty of Absence without Leave«.177

Ein weiteres Problem war, daß es kein verbrieftes Anrecht des Angeklagten auf einen Verteidiger gab und selbst diese Möglichkeit vielen Soldaten unbekannt blieb. Bei einem Soldaten der 17. Division erfuhr der Verteidiger erst am Abend vor der Verhandlung, daß er diesen Fall zu übernehmen hatte, und den Angeklagten bekam er erst 30 Minuten vor der Verhandlung zu Gesicht.178 Unter solchen Umständen war eine qualifizierte Verteidigungsstrategie nicht zu entwickeln, und das war oftmals keine unbeabsichtigte Nebenerscheinung einer unter widrigen Umständen auszuübenden Justiz, 208

sondern durchaus beabsichtigt oder es wurde zumindest billigend in Kauf genommen, wie unten noch zu zeigen ist. Auch mit der Unabhängigkeit der urteilenden Offiziere stand es oftmals nicht zum besten, da sich hier die Machtverhältnisse der militärischen Hierarchie voll auswirkten und das Zustandekommen von Urteilen extrem stark beeinflußten. Der im Stab des Commander-in-Chief der BEF, French, unter anderem fiir die Bearbeitung und Überprüfung der eingehenden Kriegsgerichtsurteile zuständige Sir Wyndham Childs berichtete vor dem OliverCommittee von folgendem Fall: »A young subaltern was doing his first court-martial. He had been told by the Adjutant that the Confirming Officer was a peppery old man, that he liked the Court to pass a very heavy sentence, as he loved remitting them himself, and when this young subaltern was asked his opinion of a simple case of absence, the President said: >What, in your opinion, should be the sentences he said straight off >Deathwehrunwürdigen< Schwagers im Land umher, wobei die beiden ihren Lebensunterhalt mit Korbflechten verdienten. Erst nach zehn Monaten konnte er gefaßt werden, und es dauerte abermals ein halbes Jahr, bis es schließlich zur Hauptverhandlung vor dem Gericht der stv. 4. Infanterie-Brigade kam. Inzwischen hatte ein anderer Soldat des 15. I.R., der auf Heimaturlaub mit Lang im Münchner Gasthof »Zum Schwan« gezecht hatte, zu Protokoll gegeben: »Dem Gefr. Lachner äußerte sich Lang gegenüber, daß er doch nicht mehr so dumm sein und wieder zu seiner Truppe zurückkehren solle; er selbst [sc. Lang] werde dies nie mehr tun.«229 Dagegen standen lediglich die Aussagen des Angeklagten, der diese Äußerungen und überhaupt jegliche Fahnenfluchtabsicht bestritt sowie die gleichlautende Aussage seines Onkels. Eigendich also ein klarer Fall: Das Gericht hätte, gestützt auf die Aussagen zweier Polizisten und eines Gefreiten die Fahnenfluchtabsicht als erwiesen ansehen können, aber dennoch suchte und fand das Gericht einen Ausweg, dem Angeklagten eine Verurteilung wegen Desertion zu ersparen. Mit der Verwendung des Heimatscheines seines inhaftierten Schwagers habe Lang, so die Urteilsbegründung, nur verhindern wollen, daß seine unerlaubte Entfernung sofort entdeckt werde, die Absicht der Fahnenflucht liege dagegen nicht vor. Die Tatsache, daß er Zivilkleider trug, sei zwar ein starkes Indiz für eine Desertionsabsicht: »Aber ein strikter Beweis dafür, dass diese Absicht bei dem Angeklagten tatsächlich vorhanden war, ist aus all diesen Verdachtsgründen nicht zu entnehmen«. Die in seiner Heimatgemeinde verbreiteten Anschauungen, er sei desertiert, wurden als »einesteils unkontrollierbare Gerüchte« entwertet und auch Langs Äußerung, daß er nicht mehr zum Militär zurückwolle, »kann den Nachweis ... hierfür nicht erbringen«.230 Schließlich mochte sich auch die hochbetagte Mutter getäuscht haben, ob ihr Sohn tatsächlich in Zivil fortging oder nicht doch die Militärkleidung erst später zu ihr geschickt hatte, wie Lang zu seiner Verteidigung angab. Die vermeindiche Äußerung gegenüber seiner Mutter, er wolle nicht mehr einrücken, sei ebenfalls nicht bezeugt. Warum das Gericht diesen minimalen Zweifeln an der Schuld des Angeklagten mehr Gewicht beimaß als den eigendich eindeutigen Beweisen 225

seiner Desertionsabsicht, kann nicht schlüssig geklärt werden. Sicher spielte es eine Rolle, daß sich Lang als Soldat sehr gut gefuhrt und einem Orden erworben hatte. Auf jeden Fall zeigt sich wieder einmal, wie wenig es selbst im Herbst 1 9 1 8 eine allgemein verbreitete Ansicht war, daß man zur Sicherung einer wankenden Disziplin und Abwehr von »Zersetzungserscheinungen im Heer« alle Strafmittel hemmungslos zur Geltung bringen müsse. Wäre dies so gewesen, hätte sich das Gericht sicher nicht seinen sehr ehrenwerten, aus Sicht einer um die Disziplin besorgten Militärführung aber dysfunktionalen Skrupeln ergeben, sondern die vorhandenen Schuldbeweise als ausreichend fur eine Verurteilung wegen Fahnenflucht anerkannt. Vielleicht wollten sich die Militärrichter so kurz vor dem absehbaren Kriegsende auch nicht mehr als harte Parteigänger eines bankrotten Systems profilieren; der Kontrast zum >Amoklauf< der Militärjustiz am Ende des Zweiten Weltkrieges ist jedenfalls überdeutlich. Das tatsächliche und juristisch klar faßbare Verhalten eines Angeklagten allein war es also offenbar nicht, das zu einer Verurteilung wegen Desertion führte bzw. die Strafhöhe bestimmte. Andere Faktoren spielten ebenfalls eine große Rolle, die aber mitunter schwer bestimmbar ist. Die Feldrekrutenkompanie 6 der 2. bay. Infanterie-Division hatte im August 1 9 1 7 einen Tatbericht gegen den Infanteristen Heinle wegen des Verdachts der Fahnenflucht erstellt. Einige Tage zuvor hatte er, nachdem er eine Arreststrafe wegen Urlaubsüberschreitung absitzen mußte, in einem Brief an seine Geliebte geschrieben: »Auch muß ich Dir noch mitteilen das mein Arest vorüber ist. Dort habe ich mich richtig erholt. ... Mir hat es im Arest in St. Juvian ganz gut gefallen, daß ich gleich wieder hinein möcht.« 231 Obwohl er damit dieses die Militärfuhrung schmerzende Dilemma genüßiich formuliert hatte, daß eine als Strafe gedachte Inhaftierung zugleich Erholung vom Soldatenleben und Sicherheit vor den Gefahren des Frontdienstes bedeutete, wurde er wegen »erschwerter unerlaubter Entfernung im Feld über 7 Tage« zu lediglich sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Strafmildernd wirkte seine Jugend - er war erst 2 0 - und seine freiwillige Gestellung, die gezeigt habe, daß »er immerhin noch einen guten Kern« 232 besitze. Bereitwillig ging das Gericht darauf ein, daß Heinle hier in die Rolle des >reuigen Sünders< schlüpfte. Doch er dachte offensichtlich gar nicht daran, dieses Spiel zu Ende zu spielen. Zwei Wochen nach dem Urteil tauchte er erneut unter, und als er sich im Juni 1918 wiederum vor Gericht verantworten mußte, kam er abermals mit zwei Jahren und einem Monat Gefängnis vergleichsweise glimpflich davon, wenn man bedenkt, daß er wegen zweifacher Feigheit, zweifacher unerlaubter Entfernung und einiger weiterer Delikte verurteilt und zudem massiv vorbestraft war. Warum das Gericht soviel Milde zeigte, ist nicht mehr rekonstruierbar, da die Akte im November 1918 vernichtet worden war.233 In

226

einem anderen Fall wurde es erstaunlicherweise zugunsten des Angeklagten berücksichtigt, daß er »eine sittlich minderwertige, etwas ängstliche Persönlichkeit ist«. 234 Großen Einfluß auf die Strafhöhe hatte die tätige oder zur Schau gestellte Reue eines Soldaten. Seine im allgemeinen gute Führung war ein wichtiger Grund dafür, daß der Geschützfahrer Lass mit einem Jahr und einem Monat Gefängnis davonkam. Ihm wurde schließlich die zunächst ausgesetzte Reststrafe völlig erlassen, da er sich laut Urteil seines Batterie-Führers »die ihm auferlegte Strafe sehr zu Herzen genommen [hat] und ... zweifellos ernstlich bestrebt gewesen [ist,] das Vergehen durch doppelten Eifer zu sühnen«. 235 Der Landwehrmann Miller machte dem Gericht der Kommandantur Lille »den Eindruck eines aufrichtigen und ehrlichen Soldaten«, 236 so daß es ihn trotz erwiesener Gehorsamsverweigerung und einer vorausgegangenen Verurteilung wegen Desertion zu nur einem Jahr Gefängnis verurteilte. Offensichtlich hatte sich Miller in der Hauptverhandlung >gut verkaufte und damit eine ungewöhnlich milde Behandlung erreicht. Einem Irrtum, was die juristische Bewertung seiner Handlungsweise anbelangt, unterlag allerdings der Infanterist Klingler. Bei der Vernehmung nach seiner Verhaftung gab er selbstsicher an: »Ich möchte noch bemerken, daß ich als Deserteur nicht in Frage komme, weil ich den Fahneneid noch nicht geleistet habe.« 237 Das Gericht ließ sich davon nicht beeindrucken und verhängte immerhin zwei Jahre und vier Monate Gefängnis. Die Annahme, daß man vor der Vereidigung nicht als Deserteur verurteilt werden könne, spukte allerdings in vielen Köpfen herum. Deutlicher werden die außerjuristischen Beurteilungskriterien bei den Fällen, in denen das Gericht seinen Ermessensspielraum zuungunsten des Angeklagten nutzte. Der Infanterist Jörg hatte seinem Gestellungsbefehl Folge geleistet und war aus Zürich zurückgekehrt. Ende Mai 1 9 1 6 hatte er sich beim Vormarsch des 2 0 . I.R. bei Verdun entfernt und zwar in der Absicht, in die Schweiz zurückzukehren, wie er nach anfänglichem Leugnen schließlich zugeben mußte. Seine ursprüngliche Schilderung, er sei durch einen Granateinschlag bewußtlos und »ganz damisch« 238 geworden, wodurch er den Kontakt zu seiner Truppe verloren habe, hatte sich durch mehrere Zeugenaussagen als unrichtig erwiesen. Eine Desertionsabsicht leugnete er jedoch standhaft. Ausschlaggebend war die Stellungnahme des Regimentskommandeurs, der zu diesem Fall bemerkte: »Sowohl Obit. d. R. Wagner wie der Komp. Offz. Lt. d. R. Stammen, die den Beschuldigten] kennen, halten ihn fur dringend verdächtig, daß er bei nächster Gelegenheit wieder die Flucht ergreifen würde, u. trauen ihm zu, daß er ... zum Feinde überlaufen würde.... Jörg spreche geläufig Französisch u. habe sich während seines bürgerlichen Lebens wiederholt im Auslande aufgehalten.« 239

227

Nachteilig wirkte sich hier die bloße Tatsache aus, daß Jörg im Ausland gelebt hatte und Französisch sprach, wodurch seine Schuld schon so gut wie bewiesen war, denn beide Faktoren prädestinierten ihn in den Augen des Regimentskommandeurs geradezu zum Deserteur. Auch der Umstand, daß sein bisheriges Benehmen als Soldat tadellos war, konnte ihm daher die Verurteilung wegen Desertion und Feigheit nicht ersparen. Es sei erwiesen, daß ihn »bei dem Vormarsch am 27. Mai der Mut verließ und daß er den Entschluß fasste, sich durch die Flucht sowohl der momentanen Gefahr, wie überhaupt dem Dienst im deutschen Heere zu entziehen«. 240 Wie in diesem Fall entschied die charakterliche Beurteilung eines Soldaten durch die Vorgesetzten oft über den weiteren Fortgang der Ermittlungen. Bei dem Infanteristen Brechtl, der ein Verfahren wegen Gehorsamsverweigerung zu erwarten hatte, genügte die Aussage eines Gefreiten, der von ihm angeblich folgendes gehört hatte: »Wenn ich gerichtlich verhandelt werde, dann siehst mich nimmer.« 241 Als er beim Vormarsch in die Stellung verschwand, war er sofort des Überlaufens verdächtig und seine Fahnenfluchterklärung wurde veröffentlicht, obwohl andere Zeugen inzwischen erklärt hatten, daß Brechtl die ihm zur Last gelegte Äußerung nicht gemacht hatte. Erst mit der allgemeinen Amnestie 1918 wurde das Verfahren niedergeschlagen; es hatte sich inzwischen herausgestellt, daß er in Kriegsgefangenschaft geraten war. Noch schlimmer traf es den Infanteristen Seiler, der Anfang April 1915 von seinem nächtlichen Postendienst in der vordersten Linie nicht zurückgekehrt war. Zwar kamen einige Wochen später Postkarten aus einem französischen Gefangenenlager in der Heimat an, auf denen Seiler berichtete, er sei in Kriegsgefangenschaft geraten. Trotzdem wurde eine Fahnenfluchterklärung erlassen und veröffendicht, da er früher einmal geäußert hatte, »es sei ihm gleich, ob er in franz. Gefangenschaft gerate oder nicht«. 242 Diese vage Vermutung ohne nähere Anhaltspunkte genügte fur so einen weitreichenden Schritt wie eine Fahnenfluchterklärung, die in diesem Fall erst 1 9 2 0 wieder aufgehoben wurde. Das Ministerium für Militärische Angelegenheiten hatte sich nämlich den Bedenken des Gerichts der 2. bay. Infanterie-Division angeschlossen, das wegen »der unglaublichen Gemeinheit u. Ehrlosigkeit der Gesinnung, die S. durch Überlaufen zum Feind bekundete« 243 das Verfahren 1 9 1 9 nicht, wie sonst üblich, aufgrund der Amnestie niederschlug, sondern Seiler erst noch nach Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft vernehmen wollte. Aus dem Verdacht des Überlaufens war fur das Gericht eine feste Gewißheit geworden, ohne daß sich neue Beweise ergeben hätten. Ähnlich erging es dem Landsturmmann Wittlinger, bei dem aufgrund eines früheren Fluchtversuchs nach seinem Verschwinden wohl nicht zu Unrecht vermutet wurde, daß er übergelaufen sei. Eine Rolle spielten aber auch die Vorurteile gegen ihn, denn die Vorgesetzten und Kameraden

228

beschrieben ihn als »ganz mindere[n] Charakter«, der »unwahr, heuchlerisch und schöntuerisch« 244 gewesen sei. Bei gemeinschaftlicher Fahnenflucht mehrerer Soldaten war es für die Strafzumessung von erheblicher Bedeutung, ob das Gericht einen > Rädelsführer verantwortlich machen konnte. Die Soldaten Rosenberger, Antoni und Breunig hatten sich beim Rückmarsch von einem Arbeitskommando verirrt und waren so von ihrer Einheit abgekommen. Laut der Aussage des nach wenigen Tagen zurückgekehrten Breunig setzte Rosenberger, als sie erst einmal einige Tage von ihrem Regiment entfernt waren, »alle Hebel in Bewegung uns zur eigenmächtigen Entfernung von der Truppe zu überreden und gebrauchte folgende Äußerungen >Geht, laßt Euch am Arsch lecken, die können uns gern haben, zu freßen kriegen wir überall was, wir kommen schon durchbefehlsgemäß< urteilte. Was sich fiir den einen Angeklagten positiv auswirkte, konnte für einen anderen entsprechend negative Folgen haben, wie im Fall des Infanteristen Schweitzer des 7/5. R.I.R. der 4. bay. Infanterie-Division, der in der ersten Hauptverhandlung vom Verdacht der unerlaubten Entfernung freigesprochen worden war, in der zweiten, nach der Aufhebung des Urteils aufgrund eines Rechtsgutachtens notwendig gewordenen Verhandlung jedoch verurteilt wurde, wenngleich zu moderaten vierzehn Tagen Arrest. 256 Die Frage muß darüber hinaus unbeantwortet bleiben, wie oft die Gerichtsherren der 2. und 4. bay. Infanterie-Division auf die Verfahren eingewirkt haben, ohne daß es aktenkundig geworden ist. Vom Kommandierenden General des 1. A.K., v. Xylander, in dessen Befehlsbereich die 2. bay. Infanterie-Division zeitweise fiel, war allgemein bekannt, daß er sich häufiger in die Rechtsprechung einmischte. Immer wieder machte er seinem Unmut über die vermeintlich zu milden Urteile Luft. Es sei schließlich die »Aufgabe der Feldkriegsgerichte ... bei Aburteilung von Verbrechen gegen die Pflichten der militärischen Unterordnung den Geist der militärischen Disziplin unnachsichtig zur Geltung zu bringen. Allzugroße Rücksichtnahme auf die Interessen der Angeklagten, oder die Scheu vor Verhängung der >fiir das Feld< angedrohten höheren Strafen fuhren zu einer dem Sinne des Gesetzes und den Forderungen der Disziplin nicht entsprechenden Beurteilung der Sachlage.« 257

Damit verfocht v. Xylander, aus seiner Perspektive als General sogar verständlich, den Primat militärischen Nützlichkeitsdenkens gegenüber juristischen Bedenken. Wenn ein Soldat lange Zeit untergetaucht blieb, wurde er in der Regel in Abwesenheit zu einem immobilen Heimattruppenteil versetzt und das Untersuchungsverfahren an das jeweilige Heimatgericht abgegeben. Daher verhandelten die Gerichte der stv. Infanterie-Brigaden immer wieder auch Fälle, 231

die sich an der Front zugetragen hatten. Zwar blieben dabei die erhöhten Strafandrohungen des Militärstrafgesetzbuches für »im Feld« begangene Delikte bestehen, doch folgte das Verfahrensrecht den günstigeren Bestimmungen für immobile Truppenteile. Der Angeklagte konnte dann, anders als bei den Feldkriegsgerichten, in die Berufung gehen. Angesichts der zumeist moderaten Strafmaße verzichteten jedoch die Soldaten in der Regel auf diese Möglichkeit. Die einzige Ausnahme ist der Reservist Kießhauer vom 5. R.I.R., der im März 1915 desertiert war und erst nach elf Monaten gefaßt werden konnte. Er war zusammen mit einem anderen flüchtigen Soldaten von der Westfront bis nach Serbien und Budapest herumgekommen. Das Gericht der stv. 11. Infanterie-Brigade verurteilte ihn zu stattlichen sieben Jahren Gefängnis - sein Kompagnon erhielt vom Kommandanturgericht Metz sogar zehn Jahre da es der Erzählung Kießhauers, er sei nur desertiert, weil er sich für seine beim Regiment bekanntgewordene Syphiliserkrankung schämte, nicht glaubte. Gegen dieses Urteil legte Kießhauer Berufung ein, die vom stv. Kommandierenden General 3. A.K. zugelassen wurde, da er jetzt einen Brief präsentierte, den er seiner Frau aus Serbien geschrieben und in dem er ihr seine Erkrankung gebeichtet hatte. Die erneute Verhandlung vor dem zuständigen Oberkriegsgericht, bei der ein Rechtsanwalt aus Nürnberg zugegen war, erbrachte immerhin eine Strafermäßigung auf fünf Jahre Gefängnis.258 Nach dieser allgemeinen Darstellung ist als nächstes von Interesse, wie hoch die verhängten Strafen im Durchschnitt waren. Dabei bestätigt sich der Eindruck, daß diese angesichts der hohen Strafandrohungen eher moderat waren, denn die Mindeststrafe für Fahnenflucht im Felde betrug ja bis April 1917 fünf Jahre Gefängnis; erst danach konnte in minder schweren Fällen auf mindestens ein Jahr Haft erkannt werden (vgl. Tabelle 31 und 32). Die Zahlen in Klammern schließen zwei erstinstanzliche Urteile auf sechs Jahre Zuchthaus wegen gemeinschaftlicher Fahnenflucht ein, die in der zweiten Instanz auf zwei Jahre bzw. ein Jahr und neun Monate Gefängnis wegen unerlaubter Entfernung abgeändert wurden. Die Strafmaße sind in beiden Divisionen von ähnlicher Größenordnung. Allerdings ist auffällig, daß bei der 2. bay. Infanterie-Division ein deutlich geringerer Anteil der Verfahren mit einem Urteil endete, weil dort sehr viel mehr in die Schweiz geflüchtet sind und sich dadurch der Militärjustiz ganz entzogen haben. Wie repräsentativ diese relativ milden Urteile sind, ist schwer zu beantworten. Eine Stichprobe259 der 28. Infanterie-Division des XIV. A.K. aus dem preußischen Kontingent ergibt bei elf Verurteilungen wegen Desertion im Weltkrieg ein etwas anderes Bild (vgl. Tabelle 33). Das niedrigste Strafmaß betrug fünf Monate Gefängnis, das höchste zehn Jahre und sechs Monate Zuchthaus, sechs Strafen lagen zwischen fünf und sieben Jahren Zucht232

Tabelle 31:

Strafhöhen (alle Urteile), 2. und 4. bay. Infanterie-Division

Höhe der Gefängisstrafe Disziplinarstrafe Haft unter 6 Monate unter 12 Monate unter 5 Jahre über 5 Jahre Gesamt

2. b.I.D.

4. b.I.D.

Gesamt

2 9 3 11 3(5)'

0 3 4 16 2

2 12 7 27 5(7)

28 (30)

25

53 (55)

1 Die Zahlen in Klammern beinhalten zwei Fälle, deren erstes Urteil aufgehoben wurde.

Ohne die Fälle vor August 1914. Quelle: Eigene Berechnung.

Tabelle 32:

Strafhöhen (nur Urteile wegen Desertion), 2. und 4 . bay. Infanterie - Division

Höhe der Gefängisstrafe Disziplinarstrafe Haft unter 6 Monate unter 12 Monate unter 5 Jahre über 5 Jahre Gesamt

2. b.I.D.

4. b.I.D.

Gesamt

3 2(4)'

9 2

12 4(6)

5(7)

11

16(18)

Die Zahlen in Klammern beinhalten zwei Fälle, deren erstes Urteil aufgehoben wurde. 1

Ohne die Fälle vor August 1914. Quelle: Eigene Berechnung.

233

haus. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, daß die Strafmaße in der preußischen Armee im Durchschnitt höher lagen als in der bayerischen, doch ist dies allein auf diese kleine Stichprobe gestützt nicht eindeutig entscheidbar. Als letzte Frage ist in diesem Zusammenhang zu klären, ob sich die Strafhöhen im Verlauf des Krieges geändert haben. Die Quellenlage ist hierfür jedoch unbefriedigend,260 so daß auf die bereits mehrfach verwendete Statistik des Bayerischen Kriegsarchivs von 1929 zurückgegriffen werden muß. Sie enthält jedoch keine umfassenden Nachweise der verhängten Strafmaße. Diese wurden lediglich für sechs bayerische Formationen ermittelt, darunter drei Felddivisionen, jedoch nicht nach Delikten differenziert (vgl. Tabelle 34). Diese Tabelle zeigt anschaulich, daß der Anteil der Zuchthausstrafen kontinuierlich zunahm, ebenso der Anteil der Haftstrafen über ein Jahr. Lediglich 1918 bildet hier eine Ausnahme, über die nur spekuliert werden kann. Wahrscheinlich ist, daß das enorme Anwachsen der kurzen Gefängnisstrafen auf den sprunghaften Anstieg der leichten Fälle von unerlaubter Entfernung ab Sommer 1918 zurückzufuhren ist. Die Strafhöhen bei den rechtskräftigen Verurteilungen wegen Desertion bzw. unerlaubter Entfernung bei der 2. und 4. bay. Infanterie-Division weichen von diesem Trend deutlich ab (vgl. Tabelle 35). Wenig überraschend ist, daß die verhängten Strafen für diese Delikte deutlich über dem Durchschnitt der Strafen für alle Delikte zusammen lagen, gehörte doch die Desertion zu den mit den schärfsten Strafen bedrohten Verbrechen. Das rapide Absinken des Anteils der Zuchthausstrafen 1917 dürfte mit dem »Gesetz betr. die Herabsetzung von Mindeststrafen« vom April 1917 zusammenhängen, durch das die Möglichkeit eröffnet wurde, in minder schweren Fällen von Desertion und unerlaubter Entfernung auf deutlich niedrigere Strafen zu erkennen als zuvor. Aufschlußreich ist aber, daß 1918 der Anteil der Zuchthausstrafen wieder ansteigt. Es macht den Eindruck, als habe sich ein Trend zur Radikalisierung, der von 1915 auf 1916 beobachtbar ist, von 1917 auf 1918 fortgesetzt, lediglich von einem durch die Gesetzesänderung bedingt niedrigerem Niveau aus. Diese Tendenz zur Verschärfung der Strafen war aber, das muß ausdrücklich betont werden, moderat. Von der Todesstrafe wurde im bayerischen Heer wenig Gebrauch gemacht, denn lediglich siebenmal wurde sie insgesamt verhängt, davon zweimal wegen Desertion; keines der Todesurteile wurde auch tatsächlich vollstreckt.261 Damit liegen die Zahlen der Todesurteile in Bayern sogar noch unter dem Durchschnitt des gesamten Heeres, in dem 150 Todesurteile verhängt und davon 48 vollstreckt wurden. Dabei wurden 49 Todesurteile wegen Desertion verhängt und davon 18 vollstreckt.262 Die Detailanalyse der bayerischen Fallbeispiele hat gezeigt, daß die Handhabung der Militärjustiz, gemessen an den Zeitumständen und den rechdichen Gegebenheiten, insgesamt relativ fair und rechtsstaadich war. Die Un-

234

Tabelle 33:

Verurteilungen wegen Desertion, 2 8 . Infanterie-Division

Strafhöhe

Anzahl der Urteile

bis 3 Jahre Zuchthaus 3 - 6 Jahre Zuchthaus über 6 Jahre Zuchthaus

4 3 4

Quelle: Gerichtsakten 28. I.D., GLA 456F10-250.

Tabelle 34:

Strafhöhen bei der 1., 5. und 11. bay. Infanterie-Division fur alle Delikte (in %)

Jahr

Zuchthaus

Strafmaß Gefängnis über 1 Jahr

Gefängnis unter 1 Jahr

1914 1915 1916 1917 1918

0,0 0,6 1,4 3,0 7,4

26,5 25,6 29,6 38,3 18,8

73,5 76,8 69,0 58,7 73,8

Quelle: Eigene Berechnung auf der Basis von BKA, HS 2348.

Tabelle 35:

Jahr

Strafhöhen bei den rechtskräftigen Verurteilungen wegen Desertion bzw. unerlaubter Entfernung in der 2. und 4 . bay. Infanterie-Division (in %)

unter 1 Jahr

Strafhöhe unter 3 Jahre

über 3 Jahre

50,0 20,0 38.0 31,1

17,0 40,0 54,0 50,0

33,0 40,0 8,0 18,7

1915 1916 1917 1918 Quelle: Wie Tabelle 34.

235

tersuchungen wurden gründlich durchgeführt, und der Ausgang des Verfahrens war offen fur Umbewertungen des Straftatbestandes. In dubio pro reo galt als juristischer Grundsatz auch bei den Kriegsgerichtsverfahren in der bayerischen Armee, zumal sich die Strafmaße überwiegend im unteren Bereich des Möglichen bewegten. Und doch ist immer wieder hervorgetreten, daß viele Faktoren in den Verfahrensablauf hineinwirkten, die mit der strafrechtlichen Würdigung einer Tat wenig oder nichts zu tun hatten. Ein starkes Element von Willkür ist daher nicht zu übersehen. Auch wenn die >rechtsstaatliche Sicherung< meist funktionierte und Soldaten oft bei den leisesten Zweifeln an ihrer Schuld nur wegen unerlaubter Entfernung anstatt wegen Desertion verurteilt wurden, konnte die negative Charakterbeurteilung durch einen Vorgesetzten fur den Angeklagten bedeuten, daß er trotz dieser juristischen >Spitzfindigkeiten< eine vergleichsweise hohe Strafe erhielt. Es bestand fur die Angeklagten zwar eine gute Chance auf ein faires Verfahren, garantiert war es aber nicht. Das ist unter dem Maßstab der Rechtsstaatlichkeit ein entscheidender Unterschied, dessen Bedeutung ebensowenig unterbewertet werden sollte, wie die Zurückweisung des pauschalierenden Bildes einer reinen >Blutjustizniedrige, ehrlose Gesinnung< attestiert wurde, zielten die Verdikte in den britischen Urteilen nicht nur auf den Wert des Verurteilten als Soldat, sondern dadurch auch auf seine vermeindichen moralischen Qualitäten. So hieß es über einen Soldaten, sein Verhalten sei »entirely unsatisfactory«268 und über einen anderen Verurteilten: »[He is] of an indifferent character and from a fighting point of view [he] is of no value.«269 Das schärfste Verdikt stellte normalerweise die Qualifizierung des Charakters eines Soldaten als »bad« dar,270 während allerdings Begriffe, die direkt den deutschen >Ehrlosigkeit, >Gemeinheit< oder >niedrige Gesinnung< entsprechen würden, in keinem der Fallbeispiele gefunden wurden. >Moralische Degeneriertheit< tauchte als Qualifizierung eines Soldaten auf, um zum Ausdruck zu bringen, daß der Betreffende geistig unzurechnungsfähig sei. Dem funktionalen Verständnis von Strafjustiz, daß sie primär abschrecken solle und nur sekundär leuternde Sühne sei, entsprach die stärker funktionale Bewertung der Persönlichkeit eines Deserteurs. Es zählte primär, ob er als Soldat taugte, denn das wurde von ihm erwartet. Aus was für Gründen 237

heraus er dies tat - oder eben nicht ob aus patriotischer Begeisterung, Pflichtgefühl oder aus Angst vor seinen Vorgesetzten, interessierte kaum. Diese funktionale Logik war für sich genommen weder human noch inhuman, sondern in dieser Hinsicht indifferent. 269 britische Deserteure wurden aufgrund dieses schematischen Denkens hingerichtet, so wie man die defekten Zahnräder aus einem Uhrwerk entfernt. Eine nähere Beschäftigung mit dem Einzelfall hätte in diesem Denken nur unnötigen Zeitverlust bedeutet und war daher die Ausnahme. Von den 39 Fällen wurde lediglich bei vieren eine psychiatrische Untersuchung angeordnet. Einmal war der Battalions-Kommandeur zu folgendem Urteil über einen wegen Desertion zum Tode Verurteilten gekommen: Er sei immer »a dirty untidy soldier, useless and good for nothing« gewesen. Da er jedoch zugleich >moralisch degeneriert^ also nicht voll für seine Taten verantwortlich sei und in eine Irrenanstalt gehöre, empfahl er, ihn nicht hinzurichten.271 Der Brigadekommandeur widersprach ihm, und so kam es zu einer psychiatrischen Untersuchung, die ihn für voll zurechnungsfähig erklärte, so daß das Todesurteil schließlich doch vollstreckt wurde. Das Verdikt moralischer Degeneriertheit hätte diesem Soldaten beinahe das Leben gerettet, da es zumindest dem Battalions-Kommandeur quasi als Entschuldigung für jene negativen Eigenschaften - »dirty, untidy, useless, good for nothing« - galt, die sonst starke >Argumente< dafür waren, ein Todesurteil auch zu vollstrekken. Noch klarer waren die Verhältnisse bei einem anderen Soldaten, der bereits wegen »shell shock« im Lazarett gelegen hatte und bei dem sich nach seiner erneuten Desertion alle Instanzen aufgrund dieser Tatsache für eine Strafumwandlung in eine Zuchthausstrafe aussprachen. Erst der Kommandeur der Third Army, Allenby, empfahl dann auf der Basis des inzwischen vorliegenden ärztlichen Gutachtens, das keinerlei geistige Abnormität festgestellt hatte, die Hinrichtung.272 Auch bei einem Sergeant der 1. Division lag der dringende Verdacht auf eine psychische Störung vor.273 Da jedoch die angeordnete medizinische Beobachtung, die nur einen Tag dauerte, seine angebliche Gesundheit ergeben hatte, wurde er trotzdem hingerichtet. Die Oberflächlichkeit solcher Untersuchungen auf die geistige Zurechnungsfahigkeit war keine Ausnahme. Ein Soldat der 17. Division, der bereits einmal wegen Desertion zum Tode verurteilt und dann begnadigt worden war, wurde nach einem neuerlichen Verfahren hingerichtet, obwohl Zweifel an seiner psychischen Gesundheit bestanden. Der Armeearzt, der ihn untersucht hatte, hielt ihn zwar für zurechnungsfähig, gab jedoch ausdrücklich zu Protokoll, daß erst eine genauere, fachärztliche Untersuchung Klarheit bringen könne. Darauf wollten jedoch die für die Urteilsbestätigung zuständigen Offiziere nicht warten. Sie gaben sich mit der vorläufigen Diagnose zufrieden und empfahlen die Hinrichtung.274 Ebenfalls kein Grund, Milde walten zu lassen, war die Jugend und Uner238

fahrenheit eines Angeklagten. Der Soldat Irvine war im August 1914 als Kriegsfreiwilliger in die Armee eingetreten, sieben Wochen später bereits Gefreiter - eine ungewöhnlich schnelle Karriere - und hatte sich bei seinem ersten Kampfeinsatz gut geführt, weshalb sein Battalions-Kommandeur auch empfahl, die Todesstrafe nicht zu vollstrecken. Der Kommandeur der 12. Brigade äußerte dagegen rundweg: »I am of opinion he did so [sc. desertieren] to avoid further fighting«.275 Er hatte offensichdich keine Probleme damit, einen gerade 18jährigen kriegsfreiwilligen Soldaten, der sich noch dazu selbst gestellt hatte, dem Exekutionskommando zu überantworten. Noch krasser war der Fall des Soldaten Hunter, der als löjähriger in die Armee gegangen war, bei seiner Desertion 17 war und seinen 18. Geburtstag nur um acht Wochen überlebte, obwohl das Gericht wegen seiner Jugend dringend die Begnadigung empfohlen hatte. 276 Auch einem anderen Soldaten half weder die Gnadenempfehlung des Gerichts aufgrund seiner Jugend - er war erst 20 - , noch daß betont wurde, er werde sicher ein guter Soldat werden: er wurde von den Kameraden seines eigenen Battalions hingerichtet.277 Diese Fälle zeigen, mit welcher verbissenen Härte bisweilen die Militärgerichtsbarkeit als bloßes Instrument einer Disziplin durch Abschrekkung eingesetzt wurde. Die »Theorie des systematischen Begnadigens« erwies sich angesichts des von einer Krise in die nächste geratenden Kriegsverlaufs als bloße Chimäre. Eine wichtige Rolle für die Höhe der Strafe spielte eine mögliche militärische Vorstrafe. Nur knapp 30% der hingerichteten Soldaten waren vor ihrer Tat nicht mit den Militärstrafgesetzen in Konflikt geraten, doch 42% von ihnen hatte bereits ein anderes Kriegsgericht wegen Desertion verurteilt, 26% sogar zu einer dann aufgehobenen Todesstrafe. Mit so einem Vorleben sanken, kaum überraschend, die Chancen auf eine milde Beurteilung dramatisch. Doch auch bislang unbescholtene Soldaten - und das war immerhin ein Drittel - konnten sich nicht darauf verlassen, daß ihnen die Todesstrafe erspart blieb. Selbst wenn sich jemand als Soldat gut bewährt hatte, war dies keine Garantie für eine faire Behandlung. Zudem wurden die Ermittlungen immer wieder mit einer frappierend geringen Sorgfalt gefuhrt. Als Illustration dafür kann abschließend folgender Fall dienen. Der Soldat Jones wurde nach seiner Rückkehr aus dem Lazarett mit den Worten empfangen, er sei ein Deserteur, was ihn, nach seiner eigenen Aussage, zutiefst erregt hatte. Dieser Vorfall war dabei aber nur das letzte Glied in einer langen Kette von Demütigungen durch diesen Vorgesetzten, denn als eigentlichen Grund zur Desertion gab Jones an, daß er es nicht mehr habe ertagen können, unter seinem Sergeant zu dienen.278 Der betreffende Unteroffizier wurde zu diesen Vorwürfen nicht vom Gericht vernommen. Dabei war es erst seine Qualifizierung des Soldaten Jones als Deserteur, die diesem den letzten Anstoß dazu gab, sich auch tatsächlich wie ein Deserteur zu verhalten. 239

Mit welchem Bild über Desertion und Deserteure die höheren Offiziere der britischen Armee in den Weltkrieg gingen, verdeutlicht exemplarisch der Kommentar, mit dem der Brigade-General H. C. Lowther, Kommandeur der 1. Guards-Brigade, die Exekution eines verurteilten Soldaten Anfang 1915 empfahl: »I should be glad to see the extreme penalty carried out. To paraphrase a famous juridical saying >Not to punish the man for having deserted, but in order that men may not desert. < Every infantry officer of experience will confirm my opinion that there comes a point when men will seek any imprisonment or P[enal] Servitude] rather than carry on with their ordinary duty. They know that long sentences inflicted in war are whittled down as they pass up the military hierarchy, + that if the sentence is not ended before the end of the war (which does not suit them) they may look forward hopefully to an amnesty at the end of the hostilities (which suits them well). The execution of a man within their knowledge for an offence to which they are tempted has a most salutary effect on the bad + weak characters. The number of men likely to desert in the face of the enemy is very small, + is composed of a few bad + weak characters, unaffected in their immediate fear, fatigue, or discomfort by thoughts of pay or gratuity. But if these few are able by their crime to obtain the safety + relative comfort of a prison their numbers will soon be swelled by others of only slightly less weak characters.«279

Lowthers Äußerung zeigt die Denkhaltung des hohen Offizierkorps in fast schon idealtypischer Reinheit. Systematisiert lassen sich seine Behauptungen so zusammenfassen: 1. Das Ziel der Militärjustiz ist es nicht, Gerechtigkeit auszuüben, auch nicht primär, ein vergangenes Fehlverhalten zu sanktionieren, sondern zukünftiges zu verhindern. Prävention durch Abschreckung ist ihr Hauptzweck. 2. Die Hauptträger dieser rigiden Strategie sind die >men on the spotnach Aktenlage< entscheiden mußten, konnten sie ihren Vorurteilen freien Lauf lassen. Es gab keine logisch nachvollziehbaren, klar umrissenenen Bedingungen, unter denen eine verhängte Todesstrafe vollstreckt oder in eine Haftstrafe umgewandelt wurde. Hier herrschte die reine, durch keine >einklagbaren< Rechtsgrundsätze kontrollierte Willkür. Das war der Pferdefuß jener »Theorie des systematischen Begnadigens«: kein Soldat konnte sich darauf verlassen, daß sie bei ihm angewendet wurde; mehr noch, keiner durfte sich darauf verlassen können, um die gewünschte Abschreckungswirkung der Strafe voll zu entfalten. Das mehr an pragmatischen Erfordernissen als an juristischer Systematik und Logik orientierte britische Rechtssystem war ein weiterer Grund dafür, daß die Rechtssicherheit für »Tommy Atkins« geringer war, als für sein deutsches Gegenüber. Dieses Denken war zwar während des gesamten Krieges vorherrschend; dennoch läßt sich in der Handhabung der Militärjustiz eine deutliche Wandlung erkennen, was zunächst anhand des Verhältnisses zwischen den Verurteilungen wegen Desertion bzw. unerlaubter Entfernung gezeigt werden kann. Das ist deswegen ein valider Indikator, weil die rechdichen Bestimmungen extrem dehnbar und damit gleichermaßen offen für eine harte wie eine milde Interpretation des Geschehens waren (vgl. Diagramm 9).

243

Diagramm 9:

Anteil der Verurteilungen an den Anklagen wegen Desertion, BEF (Westfront) (in %)

Quelle: Eigene Berechnung aus PRO, WO 2 1 3 / 1 - 2 8 .

Diagramm

10: Strafhöhen bei Urteilen wegen Desertion vor der Bestäti-

gung durch den Commander-in-Chief, BEF (Westfront) (in %) 100%

Quelle: Wie Diagramm 9. 244

Aus Diagramm 9 geht hervor, daß im Winter und Frühjahr 1 9 1 4 / 1 5 über 70% der Anklagen wegen Desertion auch mit einer Verurteilung endeten, während dieser Wert dann bis zum Sommer 1917 zwischen etwa 45% und 65 % pendelte. Dabei lassen sich viele der hohen Ausschläge der Kurve mit großen Schlachten in Verbindung bringen, z.B. der Herbstschlacht 1915 im Artois, der Somme-Offensive im Sommer 1 9 1 6 oder der Dritten Ypernschlacht im Sommer 1917. Mit dem Herbst 1917 beginnt ein deutliches Abflachen der Kurve, das von der deutschen Frühjahrsoffensive 1918 unterbrochen wird. Die Werte erreichen jedoch trotz der Krisensituation im Frühjahr und Frühsommer 1918 nicht mehr die Extreme der Jahre davor. Mit dem Herbst 1918 sinkt die Kurve dann merklich, so daß sich als Gesamttrend ein langsames Abnehmen der Quote rechtskräftiger Verurteilungen wegen Desertion erkennen läßt. Sehr viel deudichere Veränderungen im Kriegsverlauf können an den verhängten Strafen wegen Desertion abgelesen werden. Bei der Strafhöhe war dem Gericht ja eine enorme Bandbreite von Strafen von Arrest oder Soldentzug bis hin zur Todesstrafe freigestellt. Besonders relevant ist die Todesstrafe, weil sie bereits während des Krieges der wichtigste Ansatzpunkt für das öffendiche Interesse an der Handhabung der Militärjustiz war. Daher lohnt sich ein genauerer Blick auf die Höhe der verhängten Strafen wegen Desertion (vgl. Diagramm 10). Dieses Diagramm zeigt zum einen, eindeutiger als die Gesamtzahl der Field General Courts-Martial wegen Desertion, einen zeitlichen Zusammenhang zwischen intensiven Kampfhandlungen und dem Anteil der verhängten Todesurteile an den insgesamt verhängten Strafen wegen Desertion. Während der britischen Frühjahrs- und Herbstoffensiven 1915 schnellte diese Quote jedesmal von 40% auf 6 0 bis 70% empor, ebenso während des monatelangen Großeinsatzes an der Somme von Juli bis November 1916. Auch die britischen Angriffe bei Arras im April 1 9 1 7 und rund um Ypern von Juni bis November desselben Jahres ließen die Quote abermals anwachsen, doch stieg sie nur noch aufWerte bis 50%. Daß dies eine langsame Trendwende markierte, zeigt der Blick auf das letzte Kriegsjahr. Denn selbst im April 1918, nach der am britischen Frontabschnitt beinahe erfolgreichen deutschen Märzoffensive, stieg die Quote zwar schlagartig an, aber nur noch auf 36%, den halben Wert wie bei der Frühjahrsoffensive 1915. Die Relation zwischen Strafhöhe und Krisenbewußtsein bei der Armeeführung bestand also weiterhin, doch die Zeiten, da zum Zwecke der Abschreckung zwei Drittel aller Deserteure zum Tode verurteilt wurden, waren vorbei. Warum diese Änderung eingetreten ist, läßt sich mit dem statistischen Material nicht klären. Da sich die Feldkriegsgerichte zum großen Teil aus Subalternoffizieren zusammensetzten, spricht sehr viel dafür, daß diese Entwicklung die sich rasch wandelnde Zusammensetzung des Offizierkorps die-

245

ser Ebene widerspiegelte. Denn mit der freiwilligen Massenrekrutierung ab dem Herbst 1914 traten auch viele Menschen aus der Mittel- und Oberschicht in die Armee ein, die nie zuvor in ihrem Leben eine Verbindung mit dem Militär gehabt hatten. Damit nahmen zivile Denk- und Verhaltensweisen einen immer größeren Raum ein, je mehr diese »temporary gentlemen« - nach Kriegsende verloren sie ihren Offizierstatus wieder, anders als in Deutschland ein Reserveoffizier290 - das alte, in den Vorkriegstraditionen der Freiwilligenarmee gefangene Offizierkorps ergänzten und schließlich ersetzten. Doch es dauerte lange, bis sich diese Wandlung bemerkbar machte: Ein Freiwilliger aus der >offiziersfähigen< Ober- und Mittelschicht, der im Herbst 1914 in die Armee eintrat, wurde im Frühjahr 1915 Offizier; erst ein Jahr danach durfte er als Richter an einem Feldkriegsgericht teilnehmen. Als jüngstes bzw. rangniedrigstes Mitglied hatte er jedoch naturgemäß relativ wenig Einfluß auf den Ausgang eines Verfahrens, da es eines großen Maßes an Selbstbewußtsein bedurfte, um gegebenenfalls trotz des Drängens der ranghöheren Offiziere an einem milden Strafmaß festzuhalten. Erst zu dem Zeitpunkt, als auch der Rang des Captain zunehmend von Vorkriegszivilisten besetzt war, konnte sich dieses neue Denken durchsetzen. Leider erlauben es die dürftigen Kriegsgerichtsakten nicht, diese These zu überprüfen, da die Beratungen des Richterkollegiums nicht protokolliert wurden, sondern nur das Ergebnis. Und da nur die Akten der durchgeführten Hinrichtungen erhalten sind, mußten in allen überlieferten Fällen die Richter einstimmig zu dem Urteil gekommen sein, daß die Todesstrafe angemessen sei. Die sicher zahlreichen Fälle, in denen einzelne Mitglieder des Gerichts standhaft die Verhängung der Todesstrafe verhinderten, sind heute nicht mehr rekonstruierbar. Als ein weiteres Indiz für die dargestellte These mag jedoch die Tatsache dienen, daß die vielen, ebenfalls bereits dargestellten kritischen Stimmen aus dem Offizierkorps, die die Praxis der Militärjustiz bemängelten, ausnahmslos von Offizieren stammten, die erst während des Krieges Soldaten geworden waren. Diese langsame Milderungstendenz setzte sich abgeschwächt auch an der Spitze der Hierarchie, beim Commander-in-Chief, durch. Hier spielen viele persönliche Faktoren hinein, denn wie dargestellt, war es allein in das Ermessen des Oberkommandierenden gestellt, ob er ein ihm vorgelegtes Todesurteil bestätigte oder abmilderte. Beide Chefs der BEF, French und Haig, waren zutiefst geprägt von dem Ethos der Vorkriegsarmee, demzufolge die Einsatzfähigkeit einer Armee nur durch die Aufrechterhaltung schärfster Disziplin gesichert werden konnte. Entsprechend deutlich läßt sich an der Quote der bestätigten Todesurteile ablesen, wie stark das Krisenbewußtsein bei ihnen ausgeprägt war, wie sehr sie die Notwendigkeit empfanden, ein Exempel zu statuieren (vgl. Diagramm 11). Es ist wenig erstaunlich, daß sich hier die >Zivilisierung< in der Zusam246

Diagramm 11: Anteil der vollstreckten an der Gesamtzahl der verhängten Todesurteile wegen Desertion, B E F (Westfront) (in %)

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5

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1916

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1918

Quelle: Wie Diagramm 9.

mensetzung des ΟίβζίεΓΐίθφ8 kaum ausgewirkt hat, denn der Oberkommandierende stützte sich bei seiner Entscheidung auf die ihm vorgelegten Stellungnahmen der Brigade-, Divisions-, Corps- und Army-Kommandeure, die sämtlich aus der Vorkriegsarmee stammten und denselben sozialen und kulturellen Hintergrund hatten wie Haig oder French. Dieselbe Milderungstendenz wie bei den Strafmaßen und dem Anteil der verhängten Todesurteile findet sich auch in folgender Tabelle, die die Zahl der vollstreckten Todesurteile wegen Desertion in den vier Kriegsjahren bei den sechs Regular-Divisions darstellt (vgl. Tabelle 37).

Tabelle 37:

Anzahl vollstrecktet Todesurteile wegen Desertion, 1.-6. Division nach Kriegsjahren (jeweils August-Juli)

1914—15

1915-16

1916-17

1917-18

1918-19

1914-1919

30

21

13

6

2

72

Quelle: Eigene Berechnung.

Was auch immer zu den hohen Todesurteilsziffern zu Kriegsbeginn gefuhrt haben mag: mit fortschreitender Kriegsdauer ist eine immer stärker werdende Milderungstendenz unübersehbar. Offensichtlich hat ein langsamer Lernprozeß stattgefunden, an dessen Ende die Erkenntnis stand, daß es der Todesurteile gar nicht bedurfte, um die Funktionsfahigkeit der Armee sicherzustellen. Dieser langsame Kurswechsel blieb auch bei den Soldaten nicht unbemerkt. Einer der wenigen Soldaten aus der Arbeiterklasse, der seine Kriegserinnerungen veröffentlicht hat, schrieb dazu: »I believe that an important modification of the death sentence also took place in 1917. It appeared that the military authorities were compelled to take heed of the clamour against the death sentences imposed by courts martial. There had been too many of them.«·291

Dieser »Aufschrei gegen die Todesstrafe« ist noch darzustellen, denn neben den innermilitärischen Faktoren war es sicher auch die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit, wie sie an den Unterhausdebatten ablesbar ist, die zu diesem Wandlungsprozeß beigetragen hat. Diese Entwicklung ist nicht nur in der britischen Armee feststellbar, sondern auch in der französischen. 292 Dort sank die Zahl der vollstreckten Todesurteile im Kriegsverlauf beständig, sieht man einmal von den Exekutionen nach der Meuterei 1917 ab. Ähnlich war die Situation bei der Quote der vollstreckten an den verhängten Todesurteilen, die von etwa 70% im Herbst 1914 auf unter 15% 1917 zurückging. In beiden Ländern wurde eine zu Kriegsbeginn exzessive Handhabung der Militärjustiz später in kontrolliertere Bahnen gelenkt. Offensichtlich gab es sowohl in Großbritannien als auch in Frankreich gewisse gesellschaftliche >KorrekturmechanismenStrategie< für einen Angeklagten war es, die Rolle des >reuigen Sünders< zu 248

spielen, worauf sich die Gerichte meist bereitwillig einließen. Die Handhabung der Militärjustiz spiegelte zugleich den veränderten Charakter des Krieges wider: Die Gesetzesgrundlage, das bei Kriegsbeginn bereits 4 2 Jahre alte Militärstrafgesetzbuch, konnte der Realität des modernen Maschinenund Stellungskrieges nicht gerecht werden. Zum einen ging es mit seinen auch für kleine Vergehen z.T. drastischen Strafen von einem kurzen Krieg aus, in dem sich zumindest theoretisch die strikte Kasernenhofdisziplin einigermaßen aufrechterhalten ließ. Das konnte jedoch in dem sich jahrelang dahinschleppenden Krieg nicht mehr gelingen, der für die Soldaten überhaupt nur aushaltbar war, wenn die harte, formale Disziplin durch eine informelle ergänzt und teilweise ersetzt wurde. Zum anderen war das Kaiserreich bei all seinen Defiziten doch schon zu weit auf dem Weg einer liberalen Gesellschaft vorangeschritten, als daß die Forderungen nach staatsbürgerlicher Gleichbehandlung aller Soldaten und Einhaltung der geltenden Rechtsnormen hätten völlig ignoriert werden können. Wie die Milderung der Strafgesetze mitten im Krieg zeigte, war das Kaiserreich sogar erstaunlich flexibel, wenn es darum ging, den veränderten Gegebenheiten des Krieges durch einen formalen Akt Rechnung zu tragen. Das Denken in zivilen juristischen Kategorien (die trotzdem die eines Klassenstaates waren) war auch stark genug, um sehr oft der rein militärischen Logik der Abschreckung standzuhalten. Das lag einerseits an dem relativ hohen Ausbildungsniveau der meist dem Bürgertum entstammenden Militärjuristen, doch haben sich andererseits auch die Militärs im großen und ganzen wohl nicht allzu massiv in die Rechtspflege eingemischt. Unter diesem Aspekt war die >Zivilisierung< der Armee sehr weit gediehen, was sicher nicht zuletzt in der langen Tradition als Wehrpflichtarmee begründet lag. Auch die Ausdifferenzierung zwischen militärischer Kommandogewalt und der Justizausübung war weiter vorangeschritten, als es die konservativen Bestimmungen der Militärstrafgerichtsordnung hatten erwarten lassen. Die militärische >Abschreckungsmentalität< war trotzdem weit verbreitet, denn nicht wenige Juristen empfanden sich lediglich als Instrument zur Durchsetzung der militärischen Disziplin. Doch das wirkte sich 1914—1918 noch nicht sehr aus, da es genug rechtsstaatliche Sicherungen gab, die eine dramatische Radikalisierung der Rechtspflege auch gegen Kriegsende verhinderten. Denn im ideologischen Bereich war sehr wohl schon ein Radikalisierungspotential erkennbar, da der Deserteur oftmals nicht nur zum >feigeneigennützigenunbrauchbaren< Soldaten, sondern zu einem moralisch verächdichen Subjekt gestempelt wurde. Eine Frage kann hier jedoch nur hypothetisch beantwortet werden: Wie sah die Handhabung der Militärjustiz bei anderen Delikten - Feigheit, Ungehorsam, Meuterei - und gegenüber der Zivilbevölkerung der besetzten Gebiete aus? Der aus den Gerichtsakten für diese Delikte gewonnene Ein-

249

druck legt die Vermutung nahe, daß in diesen Fällen die Rigidität der Justizausübung sehr viel deutlicher zutage trat als bei den Verhandlungen wegen Desertion gegen deutsche Soldaten, ebenso bei der Praxis der Besatzungspolitik gegenüber den belgischen und französischen Zivilisten.293 Die Handhabung der Militärjustiz im britischen Heer war dagegen sehr viel härter als in der deutschen Armee und mehr von Willkür geprägt. Die kurzen Kriegsgerichtsverfahren gaben dem Angeklagten nur eine geringe Rechtssicherheit, so daß ein faires Verfahren eine Frage des Zufalls blieb. Anders als in Deutschland spielte darüber hinaus das Kriterium der persönlichen Schuld des Angeklagten eine viel geringere Rolle. Das militärische Nützlichkeitsdenken, das eine Strafe primär als ein abschreckendes Warnsignal an die anderen Soldaten begriff, konnte sich beinahe ungehindert von juristischen Bedenken durchsetzen. Der englische Deserteur war in den Augen seiner Vorgesetzten ein unbrauchbarer Soldat, dessen schlechtes Vorbild die Gefahr in sich barg, andere vom rechten Weg des Gehorsams wegzufuhren. Aber ihn mit moralischen Urteilen zu verdammen, dazu hatte die Mehrzahl der hohen Offiziere wenig Anlaß. Sie blieben in ihrer Vorstellungswelt gefangen, daß der einfache Soldat, der »Abschaum der Erde«, solcher Erwägungen überhaupt nicht wert sei. In diesem Bereich war die Armee aufgrund ihrer Struktur, Zusammensetzung und ihres Einsatzes weit hinter der Zivilgesellschaft zurückgeblieben. >Out of sight - out of mindvon untenfreiwillig< fur die Überführung nach Frankreich gemeldet haben. Selbst in japanischen Kriegsgefangenenlagern wurde versucht, deutsche Soldaten - zumeist Matrosen oder Schutztruppenangehörige - für den französischen Heeresdienst anzuwerben, wie die Armee-Abteilung Falkenhausen im März 1916 dem Reichs-Marine-Amt meldete.155 Wurde ein Gefangener in einem Vorzugslager untergebracht, sah das Preußische Kriegsministerium allein durch diese Tatsache den Straftatbestand des Landesverrats als erwiesen; ähnliches galt für die aus russischer oder englischer Kriegsgefangenschaft nach Frankreich Überführten. 156 Das stieß aber auf den Widerspruch des Ministeriums für Elsaß-Lothringen, das in diesen Fällen zwar den Verdacht, aber noch nicht den Beweis landesverräterischer Handlungen erblicken wollte.157 Die harte Haltung des Preußischen Kriegsministeriums ist um so erstaunlicher angesichts der vielen Hinweise darauf, daß die französische Propaganda in den Vorzugslagern nur begrenzt wirksam war und sich viele Elsaß-Lothringer >reichstreu< verhielten, sicher nicht zuletzt, um die sichere Kriegsgefangenschaft nicht gegen den gefahrlichen Waffendienst auf französischer Seite einzutauschen. Der Delegierte bei der Badischen Gefangenenfürsorge des Roten Kreuzes, Jo273

seph Partsch, ordentlicher Professor für Römisches Recht an der Universität Freiburg, hatte auf Anforderung des Preußischen Kriegsministeriums im Frühjahr 1917 ein längeres Memorandum erstellt, in dem er zu dem Schluß gekommen war: »Die Behauptungen, die im Anfang des Krieges über die Unsicherheit der elsässischen Bevölkerung allgemein aufgestellt worden sind, haben sich im Verlauf des Krieges nicht in vollem Umfange aufrecht erhalten lassen.« 158 Partsch schätzte die Lage vielmehr so ein, »daß die Erfolge der Propaganda militärisch nicht sehr erheblich sind« 159 und viele ElsaßLothringer gegen ihren Willen in Vorzugslagern seien, jedoch von der französischen Propaganda gegen Deutschland benützt würden. Daher machte er einen drastischen Vorschlag: »Wie wäre es, wenn das pr. Kriegsministerium als Gegenmaßregel erwöge, daß die Leute, z.B. die in Paris geboren sind, solange von uns als deutsche Reichsangehörige zu betrachten sind, welche im franz. Heere durch irgend ein Mißverständnis der Geschichte dienten. Wie wäre es, wenn man [sie] in ein Konzentrationslager steckte, ihnen die franz. Uniformen auszöge, sie deutsch drillen ließe und ihnen die Unsinnigkeit, solcher Zwangsumkrempelung ... am eigenen Leibe fühlen ließe.« 160

Dieses für einen Jura-Professor erschreckende Abgleiten in ein »Auge-umAuge«-Denken wollte die völkerrechtlich geschützten Kriegsgefangenen zu Geiseln im diplomatischen Krieg zwischen Deutschland und Frankreich machen. Da Partsch sonst ein eher besonnen urteilender Mensch war, zeigt diese Äußerung, wie weit verbreitet das Gefühl der Hilflosigkeit gegenüber den vermeintlichen Winkelzügen der Entente-Propaganda in der deutschen Elite war, auch wenn man wußte, daß diese Frage für den militärischen Ausgang des Krieges ohne Belang war. Obwohl die Position des Preußischen Kriegsministeriums durch Partsch höchstens teilweise gestützt wurde, gab es trotzdem den Hinweis, daß die Sold- und Familienunterstützungszahlungen einzustellen seien, wenn sich ein Elsaß-Lothringer in einem Vorzugslager befinde. 161 Diese Maßnahme sollte wegen der erzieherischen Wirkung ausdrücklich mit dem Aufenthalt in einem Vorzugslager begründet werden. 162 Die Sichtweise von Partsch, der in einer weiteren Denkschrift für die O H L die vielen Beispiele >reichstreuen< Verhaltens der Elsaß-Lothringer betont hatte, war aber auch von der Heeresgruppe Albrecht übernommen worden. 163 Das Preußische Kriegsministerium stellte dagegen fest, daß »Deutschland nach hiesiger Auffassung kein Interesse an der Rückkehr der Landesverräter« 164 besitze. Die Heeresgruppe stellte daraufhin ihre Position klar: »Es besteht ... ein wesentliches Interesse an der Erhaltung des Volkstums sowie an der Erhaltung derjenigen Leute, die nicht des Landesverrats für schuldig zu befinden sind.« Würden, so die weitere Argumentation, die 10.000 Elsaß-Lothringer in den Vorzugslagern dazu gezwungen, nach dem Krieg in Frankreich zu bleiben, wären auch 10.000 neue Familienbindungen 274

geschaffen. Der »Kampf um immerhin wertvolles Volkstum« dürfe nicht verlorengegeben, sondern die durch eine falsche Politik dem Deutschtum Entfremdeten müßten zurückgewonnen und es müsse gezeigt werden, »daß das deutsche Reich die Elsaß-Lothringer nicht aufgegeben hat... Keine Weichheit will die Heeresgruppe, sondern Gerechtigkeit, eine klare Scheidung der noch unverdorbenen Elemente von den notorisch schlechten und strengste Ahndung landesverräterischer Gesinnung.« 165

Hieraus spricht ein patriarchalisches Fürsorgedenken, das die Elsaß-Lothringer weniger als schwarze Schafe, sondern mehr als verlorene Söhne ansah, ganz ähnlich wie auch die >altdeutschen< Deserteure. Doch auch aus dieser Perspektive waren sie nicht Subjekte, sondern Objekte des Handelns. Das Preußische Kriegsministerium ließ sich von der Heeresgruppe Albrecht aber nicht überzeugen und verharrte auf seiner Position, ebenso wie die Heeresgruppe, die kurz vor Kriegsende zwei Artikel über »Die Wahrheit über die Vorzugslager« an die untergeordneten Militärbehörden mit der Maßgabe verschickte, deren Veröffendichung in der lokalen Presse zu erwirken.166 Durch ihre rigide Repressionspolitik im Reichsland hatte die Heeresgruppe tatsächlich zur Genüge demonstriert, daß ihr >Weichheit< fern lag. Und doch scheint man dort in Straßburg noch offener fur eine differenzierte Betrachtung gewesen zu sein als im fernen Berlin, wo sich die Welt nach dem schlichten »Wer nicht für uns ist, ist wider uns«-Schema ordnete. 167

e) Die Wirkung auf die Betroffenen Über die Wirkung der zahllosen Sonderbestimmungen bei den einfachen Soldaten bestehen kaum Zweifel. Denn obwohl genaue statistische Aussagen wegen der Aktenverluste nicht getroffen werden können, läßt sich genug anderes Material für ein differenziertes Urteil zusammentragen. So klagte ein elsässischer Soldat 1917 in einem Brief in die Heimat über die rigide Briefzensur: »Ich schreibe nicht so oft, denn wenn man jeden Brief und Karte muß persönlich an den Feldwebel abgeben,... da vergeht einem die Lust zum Schreiben. Wir sind halt als Sündpökke angesehen, wir armen Elsaß-Lothringer, Pflichten haben wir gerade soviel wie alle anderen Soldaten ... Es ist aber traurig, wenn man 4 7 Jahre zum deutschen Reiche gehört und hat sowenig Vertrauen und wir die wir jetzt schon in den vierzigerjahren stehen wissen doch nichts anders, als von Deutschland und würden gar keinen Franzosen kennen, wenn man sie nicht schon während des Kriegs gesehen hätte.«168

Hier klaffen die von außen herangetragene Charakterisierung als ElsaßLothringer und das Selbstbild als eines normalen deutschen Staatsbürgers 275

weit auseinander. Denn nur, wer sich als Teil der Nation empfindet, fordert auch die Gleichbehandlung mit allen anderen. Wenn diese verweigert wurde, provozierte das bisweilen eine Streikmentalität, wie in diesem Fall verweigerten Urlaubs, der eine der härtesten Sanktionen der Militärfiihrung darstellte: »Zuerst verlange ich nur meinen Urlaub, hernach bin ich zu allem bereit, was man mir befiehlt. Ich verlange nur das, was jedem anderen Soldaten auch zusteht, also keine Extravakanzen.« 169 Ein anderer Soldat berichtete im März 1918 ungeschminkt über die entehrende Behandlung durch seinen Vorgesetzten nach Hause: » [ W ] o wir aus der Stellung gekommen sind, hat unser Herr Hauptmann eine Rede gehalten, dass ich noch nichts so gehört habe. Er hat keine andern Worte gebraucht für uns Elsässer als Schweinehund, Lumpenpack, giftige Leut, ja wir seien nicht mal wert, dass wir angespuckt werden. Das ist eine grosse Ehre für uns Elsässer, wo grösstenteils schon seit Anfang vom Krieg mitmachen. ... die Wut war bei allen so gross, dass alle am liebsten alles gleich hingeworfen hätten, wenn wir nicht mal wert sind, angespuckt zu werden, warum behalten sie solche Leute, sie sollen uns doch nach Hause schicken«. 1 7 0

In all diesen Briefen wird immer wieder formuliert, daß Loyalität zu einer Gesellschaftsordnung nicht erwartet werden kann, wenn der Gleichheit an Pflichten keine Gleichheit der Rechte entspricht. Die Wirkung all dieser Sondermaßnahmen läßt sich in den Kriegserinnerungen des Elsässers Dominik Richert gut verfolgen; ihn führten sie schließlich zu dem Entschluß überzulaufen. Wieweit das verallgemeinerbar ist, bleibt aber schwer zu beantworten, und kennzeichnend ist allemal, daß es auch bei ihm vier Jahre dauerte, bis aus Gedankenspielen die Tat wurde. Der Stimmungsumschwung bei den Elsaß-Lothringern läß sich aber immerhin grob datieren. Es spricht einiges dafür, daß, wie in der gesamten deutschen Bevölkerung und im Heer, die Kriegsmüdigkeit um die Wende 1 9 1 6 / 1 7 herum eine neue Qualität annahm. In einer Lagebeurteilung für das Preußische Kriegsministerium äußerte sich etwa das stv. Generalkommando XXI. A.K. im April 1917 dahin, »daß das Verhalten eines großen Teils der elsaß-lothringischen Bevölkerung seit etwa Jahresfrist eine gegenüber dem Deutschtum immer ungünstigere Gestaltung angenommen hat«. 171 Die 83. Infanterie-Division berichtete von ihrem Einsatz an der Ostfront, daß vom 1. Oktober 1915 bis 1. April 1917, also innerhalb von achtzehn Monaten fünfzehn ihrer 450 Elsaß-Lothringer übergelaufen seien, in den folgenden sieben Monaten aber bereits neun. 172 Im Sommer 1918, noch vor dem Beginn der alliierten Siegesoffensive, hatten die deutschen Militärs den »Kampf um die Herzen« wohl endgültig verloren. Die Postüberwachungsstelle Mülhausen nannte im April 1918 »deutschfeindliche Gesinnung und Sympathien mit Frankreich« als häufigste Motive für die Desertion, wie sie aus der Zensur angehaltener Briefe 276

erfahren haben wollte, 173 und die 81. Reserve-Division meldete Mitte Juni 1918: »Jetzt, wo der Krieg sich immer mehr zur Krisis zugespitzt hat, und das Durchhalten des Mannes immer schwieriger erscheint, wird ein Wechsel des bisherigen Verfahrens [sc. die Aufhebung der Sonderbestimmungen] eine Gesinnungsänderung der Elsässer nicht mehr herbeifuhren.« 174

Das differenzierteste Bild ergibt die Analyse der von der Heeresgruppe Rupprecht bei ihren unerstellten Einheiten im Juni 1918 angeforderten Berichte über das Verhalten der Elsaß-Lothringer, bei denen zugleich eine Stellungnahme erbeten wurde, ob die Sonderbestimmungen aufgehoben werden sollten. 175 Von den 23 eingegangenen Berichten sprachen sich 16 fur die völlige Abschaffung aller Sonderbestimmungen aus; sechs hatten zwar teilweise schlechte Erfahrungen gemacht, plädierten aber trotzdem für eine weitgehende Aufhebung der Sondermaßnahmen bzw. deren Anwendung nur in begründeten Verdachtsfällen. Lediglich eine Einheit wollte alle Sonderbestimmungen in Kraft lassen. Einige Beispiele: die 50. Reserve-Division meldete: »In der Division sind schlechte Erfahrungen mit E[lsaß-]L[othringern] nur in einzelnen Fällen gemacht. Die Sonderbestimmungen gegen die E L dürften mehr Schaden wie Nutzen bringen, da sie der Agitation als willkommener Stoff zur Verhetzung dienen. ... Die Division hält daher die Aufhebung der Sonderbestimmungen fur wünschenswert«. 176

Die 107. Infanterie-Division betonte, daß diejenigen, die überlaufen wollten, auch durch die Sondermaßnahmen nicht davon abzubringen seien; für die übrigen stellten sie dagegen eine Demütigung dar. Auch leide das »Anhänglichkeitsgefühl« zu einer Einheit unter den dauernden Zwangsversetzungen. 177 Aufschlußreich ist der Bericht der 31. Infanterie-Division, der ausführte, daß die Elsaß-Lothringer in der Ruhestellung bzw. Etappe doppelt so häufig, bei Einsatz in der ersten Frontlinie aber nur noch knapp über dem Maß, das ihrem Gesamtanteil entsprach, für die Fälle von unerlaubter Entfernung und Desertion verantwortlich seien, was allerdings auch für die Wirksamkeit der Präventionsmaßnahmen spricht. Daneben wurde mit einer biologistischen Metaphorik die vermeintliche Verhetzung der Frontsoldaten durch die Heimat beklagt: »Die Heimat ist der Seuchenherd, an dem sich ein schwankender Charakter, der an der Front ... deutsch zu fühlen und deutsch zu denken angefangen hat, immer wieder ansteckt.« 178 Der Kommandeur der 4. bay. Infanterie-Division erklärte dagegen kategorisch: »Die bei der Division befindlichen Elsaß-Lothringer haben zu keinen Klagen Anlaß gegeben.« 179 Allein die 34. Infanterie-Division vermochte aufgrund ihrer Erfahrungen kein günstiges Urteil über die Elsaß-Lothringer zu fällen. 180

277

Diesen Eindruck, daß es die Elsaß-Lothringer nicht pauschal mehr an Loyalität gegenüber der deutschen Armee fehlen ließen als die übrigen deutschen Soldaten, bestätigt eine Zusammenstellung der Fahnenfluchtfälle bei der Heeresgruppe Albrecht von Dezember 1917 bis September 1918. Der wenig überraschende steile Anstieg der Desertionsrate gegen Kriegsende ging nämlich nicht primär auf die Elsaß-Lothringer zurück (vgl. Diagramm 12).

Diagramm 12: Anzahl der Desertionen bei der Heeresgruppe Albrecht, Dezember 1917 bis September 1918

I s

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Fünfte Kolonne< des Feindes in den eigenen Reihen wieder. D o c h gab es auch Stimmen, die zwischen Ursache und Wirkung zu unterscheiden wußten. Die Armee-Abteilung Woyrsch beklagte, daß nach Einfuhrung der Briefkontrolle die Zahl der Überläufer stark gestiegen sei und kommentierte das sehr klarsichtig: »[W]enn von einem Menschen verlangt wird, daß er sein Leben für ein Land hergeben soll, so muß er das Gefühl haben, dieses größte Opfer ... für ein >Vaterland< zu leisten. Wird ihm aber durch alle möglichen Maßnahmen zu verstehen gegeben, daß er eigentlich ein Stiefkind dieses Vaterlandes ist, dann muß notwendigerweise bei ihm die Empfindung entstehen, daß es sich überhaupt nicht um ein Vaterland handelt. ... Der weitere Schritt zum Überlaufen ist dann nur ein sehr geringer. Die Briefzensur hat nichts geliefert, was als ein Vorteil angesehen werden könnte, ihre demoralisierende Wirkung steht dagegen außer Zweifel. Daß in Feldpostbriefen vieles geschrieben wird, was besser nicht geschrieben würde, ist richtig, trifft aber für alle Heeresangehörige ohne Unterschied des Stammes zu, verhindern kann man

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dieses doch nicht. ... Der Geist einer Truppe ist ihr Wert; ihn zu verderben, wird es kein sichereres Mittel geben, als dem Manne das Gefühl der Selbstachtung zu nehmen. Die ... Ausnahmeregeln gegen die Elsaß-Lothringer scheinen dies Letztere erreicht zu haben.«182 Hier ist die Einsicht formuliert, daß sich das Verhalten der Elsaß-Lothringer nicht grundsätzlich von dem der übrigen deutschen Soldaten unterschied, die Reaktion seitens der Militärbehörden jedoch sehr wohl. In welcher selbstgebauten Zwickmühle von Repression und Integration die deutschen Militärbehörden steckten, zeigt auch ein Bericht der Heeresgruppe Albrecht an die OHL: »Jeder Soldat elsaß-lothringischer Herkunft wird heutzutage mit vollem Recht als zweifelhaftes Element angesehen. ... Das Oberkommando ist sich wohl bewußt, daß die Behandlung der elsaß-lothringischen Wehrpflichtigen ein Problem darstellt, das generell befriedigend überhaupt nicht zu lösen ist. Die Forderung der Notwehr gegen Überläufertum und Kriegsverrat lassen sich schwer vereinigen mit dem Bestreben, Soldaten, die durch die Schwachheit der Regierung dem Deutschtum entglitten sind, zu einem lebendigen deutschen Nationalgefühl zurückzuführen.« 183 Das ist das Eingeständnis des Scheiterns der eigenen Politik, da die verschiedenen Anforderungen an die Militärbehörden zu einem ausweglosen Dilemma führten. Entsprechend widersprüchlich war auch die Politik, die selbst das Problem wesentlich erst geschaffen hat, das zu lösen sie vorgab. Das wurde von einer Division offen zugegeben: »Verfügung über Verfügung betreffend Behandlung der E. L. erschien; ... Sie alle aber hatten das eine gemeinsam, daß dem E. L., ob er durch und durch ein deutscher, und das sind sie fast alle, ob er in seinem Denken und Fühlen französisch, das Kainsmal auf die Stirne drückten. Sie warfen ... alle in einen Topf und machten dadurch die E. L. Frage im Heere überhaupt erst zu einer Gefahr.«184 Diese verfahrene Situation sollten schließlich die Frontoffiziere lösen, nicht etwa diejenigen, die sie zu verantworten hatten. In einer Verordnung des Generalkommandos XIII. A.K. hieß es dazu: »Unter Vorsicht gegen Verstellung muß ein Urteil über die Gesinnung der einzelnen gewonnen werden.... Zweifelhafte Elemente sind in der Furcht der Kriegsgesetze bei ihrer Pflicht zu halten.... Diese Richtlinien ohne Schwäche gegen Zweifelhafte, aber auch ohne Ungerechtigkeit gegen bewährte E.-L.-Soldaten durchzufuhren, ist eine schwierige und ernste Aufgabe des Offiziers, insbesondere des Kompagnieführers.«185 Nur wenige hohe Militärs konnten sich einen objektiveren Blick bewahren. Ende September 1917 hatte der frühere Kommandierende General des XV. Α. Κ., Berthold v. Deimling, in der »Straßburger Post« vom 2. Oktober 1917 eine Ehrenerklärung für die elsässischen Soldaten abgegeben. Generalstabs280

chef v. Hindenburg widersprach ihm und stellte fest, »daß gründlich Wandel geschaffen werden muß, um die nach ihrer Abstammung so kerndeutsche Bevölkerung dem Deutschtum zurückzugewinnen«. 186 Deimling wies v. Hindenburgs ethnozentrische Argumentation entschieden zurück: Man könne sich der Erkenntnis nicht verschließen, daß an der deutschfeindlichen Haltung vieler Elsässer »die Fehler mit schuld sind, die wir in der Kriegszeit in der Behandlung der Elsässer gemacht haben. Der hauptsächlichste dieser Fehler ist die Neigung, aus einzelnen Vorkommnissen Schlüsse auf das Ganze zu ziehen und die Schuld Einzelner der Gesamtheit zur Last zu legen. Daraus entstehen Mißtrauen und Vorurteile«.187

Dieses klarsichtige Urteil aus dem Munde v. Deimlings ist um so erstaunlicher, wenn man bedenkt, daß v. Deimling der fur die Zabern-Affaire verantwortliche Kommandierende General in Straßburg gewesen war und damals wenig Sensibilität fur die Situation im Reichsland gezeigt hatte. 188 Versucht man, die Behandlung der Elsaß-Lothringer durch die Militärfuhrung zu periodisieren, lassen sich zwei Phasen unterscheiden. Sofort mit der Mobilmachung traten zahllose Sonderbestimmungen in Kraft, die dann immer weiter verschärft wurden. Als man die Elsaß-Lothringer nach der Bezwingung Rußlands wieder an der Westfront benötigte, im Spätsommer 1917, begann man vorsichtig, wenigstens die schlimmsten Auswüchse dieser Diskriminierungspolitik zu korrigieren. Das Preußische Kriegsministerium mahnte jetzt an, »für eine vorurteilslose Behandlung der Elsaß-Lothringer Sorge zu tragen, die dem Gerechtigkeits-Gefühl der Leute und ihrem Empfinden Rechnung trägt«, da besonders »über die unteren Dienstgrade geklagt [werde], die ehrverletzende Ausdrücke gebrauchen und die betr. Mannschaften auch stärker zu Arbeitsdiensten usw. heranziehen sollen«.189 Die vorgebrachten Klagen sollten, wie es wiederholt hieß, »unauffällig« geprüft und offensichtliche Mißstände abgestellt werden.190 Man war sich also der Peinlichkeit der Situation bewußt, sah sich aber außerstande, sie offensiv zu verändern. Die den Elsaß-Lothringern gegenüber etwas verständnisvollere Politik war deshalb nur ein Intermezzo. Da »die Fahnenflucht der Reichsländer ... in der Armee eher zu- als abgenommen« 191 habe, wurde folgende Drohung der Truppe bekanntgegeben: »Jeder Überläufer zum Feinde wird bei der Rückkehr nach Deutschland mit dem Tode bestraft. Sein gesamtes inländisches Vermögen unterliegt der Beschlagnahme. Auf Begnadigung oder Verjährung ist nicht zu rechnen.«192 Hieran ist nicht so sehr der martialische Ton bemerkenswert, der sich auch in anderen Erlassen dieser Art findet. Entscheidend ist, daß es sich, wie sich aus seiner Entstehungsgeschichte ergibt, faktisch um einen als allgemeiner Erlaß getarnten Sondererlaß gegen die Elsaß-Lothringer handelte, denn die dazu notwendigen Gesetzesver281

schärfungen waren noch gar nicht in Kraft getreten, wie das Preußische in oben genanntem Telegramm an das Württembergische Kriegsministerium konzedieren mußte. Auch die O H L raisonierte wiederholt über die Gründe für das Überlaufen: diese seien »nicht in erster Linie in unsoldatischer Feigheit, in Charakter-Zerrüttung oder in Unzufriedenheit mit den dienstlichen Verhältnissen zu suchen. Vielmehr bildet die Haupttriebfeder der Gedanke, daß Elsaß-Lothringen wieder französisch werden wird«. 193

Unabhängig davon, wie zutreffend diese Aussage ist, zeigt sie, wie sehr die deutsche Militärfuhrung die Desertion von Elsaß-Lothringern als politische und vor allem nationale Willensäußerung begriff, was bei den übrigen deutschen Soldaten kaum so gesehen wurde. Auch der Statthalter in Straßburg berichtete im Frühjahr 1918 von den sich ausbreitenden Gerüchten, daß das Elsaß wieder in der einen oder anderen Form an Frankreich komme, zumindest aber alle Delikte wie Überlaufen, Fahnenflucht oder Landesverrat amnestiert werden würden. 194 Ab Sommer 1918 überwogen daher wieder die repressiven Tendenzen. Aufgrund eines Befehls des IX. A.K. etwa wurden im Mai 1918 sämdiche Elsaß-Lothringer im Befehlsbereich aus der Front gezogen. Bei einem Artillerie-Regiment mußten sie dabei unter Bewachung zeitweise in einem alten, noch mit Stacheldraht umzäunten englischen Kriegsgefangenenlager übernachten, das die deutschen Truppen im Zuge der Frühjahrsoffensive überrannt hatten. Geradezu bildhaft wurden hier die Elsaß-Lothringer als >Kriegsgefangene< in der eigenen Armee behandelt. Der Regimentskommandeur erreichte zwar die Rücknahme des Befehls, 195 doch war das zerschlagene Porzellan dadurch nicht mehr zu kitten, wie einer der betroffenen Soldaten seinen Angehörigen berichtete: »Wir Elsässer wurden ... aus dem Regt., und von der Front zurück gezogen. Kamen alle zurück in ein Waldlager, jetzt kommt das gemeinste, wir bekamen Begleitmannschaften mit, waren also unter Bewachung. Mir kam es vor als wenn ich in einem Gefangenenlager wäre. Unser Regt. Kommandeur hat sich inzwischen fur uns wieder verwandt, hat es nur fertig gebracht, daß wir wieder zum Regiment kamen. Es war ja sehr schön und gut von unserem Regimentskommandeur, doch wäre es uns allen viel lieber gewesen, wenn wir nun, da man uns einmal diese Schmach und Schande angetan hat, zurückgelassen hätt, wenn auch als Gefangene! Dies ist der Dank, daß man schon bald 6 Jahre Soldat, und bald seine Pflicht 4 Jahre gewissenhaft ausgeführt hat. ... Ob die Herren da oben wohl glauben, daß wir Elsässer keinen Funken Ehrgefühl im Leibe hätten, denn sonst könnte man mit uns nicht so verfahren.« 196

Angesichts solch ungeheuerlicher Vorgänge, die gegenüber anderen deutschen Soldaten undenkbar gewesen wären, ist es eigendich nicht erstaunlich, daß Desertionen vorkamen, sondern daß die Mehrzahl der Elsaß-Lothringer nicht desertierte. Doch eine Tatsache ist schwer erklärbar: Obwohl man den

282

reichsländischen Soldaten beständig so viel Aufmerksamkeit widmete, wurde erst im Juni 1918 eine Zentralstelle fur alle die Elsaß-Lothringer betreffenden Fragen beim Oberkommando der Heeresgruppe Albrecht geschaffen.197 Alle Truppenteile, Austauschstationen, Postüberwachungsstationen hatten nun über das, was die Elsaß-Lothringer betraf, dorthin Meldung zu erstatten und auch das bisher angefallene Material abzugeben. Eine weitere Funktion der Zentralstelle bei der Heeresgruppe Albrecht erfaßten manchen Behörden ungewollt, indem sie sie als »Propaganda-Abteilung« adressierten, womit sie gar nicht so fern von der Wahrheit lagen. Das Heeresgruppenkommando aber verbat sich diese Bezeichnung: Es sei »nicht notwendig und auch nicht ratsam, von einer besonderen Propaganda-Abteilung für Elsaß-Lothringen öffentlich zu reden«. Diese Zentralabteilung, hieß es lakonisch, »fuhrt die Bezeichnung III Z«.198

5.

Zwischenbilanz

Die Politik der deutschen Militärfuhrung gegenüber den Elsaß-Lothringern war schwankend und widersprüchlich. Das grundlegende Dilemma war dabei, daß das tiefe Mißtrauen hinsichtlich ihrer nationalen Zuverlässigkeit dazu führte, daß sie als gesonderte Gruppe behandelt und insbesondere an der Westfront scharf überwacht wurden. Im Sinne der >guten Moral der Truppe< hätten dagegen alle diskriminierenden und Verbitterung erzeugenden Sondermaßnahmen vermieden werden müssen, auch um die Stimmung bei den Angehörigen in Elsaß-Lothringen nicht zusätzlich zu belasten. Dann aber sah man sich mit der Gefahr konfrontiert, daß die Elsaß-Lothringer massenweise überlaufen könnten. Das Paradox war, daß man die Partizipation der Elsaß-Lothringer am Krieg erzwingen wollte, sie zugleich aber als >Fünfte Kolonne< des Feindes sah. Die deutsche Militärfuhrung starrte in geradezu paranoider Fixierung auf die Elsaß-Lothringer. Ein Drittel aller Verordnungen zu den Themen Desertion, Überlaufen, Disziplin handelten überwiegend oder ausschließlich von ihnen. Hier kamen langfristige ideologische und mentale Dispositionen zum Tragen: zunächst ein militanter Antikatholizismus; des weiteren die Verachtung für das französische Staats- und Gesellschaftsmodell bei dem gleichzeitigem Eingeständnis, daß es eine große Anziehungskraft besaß; schließlich auch rassistisches Denken, denn die Elsaß-Lothringer waren die >geborenen< Verräter. Eine allgemeine Tendenz ist wohl auch, daß die Sondermaßnahmen gegen die Elsaß-Lothringer um so energischer gefordert und durchgesetzt wurden, je höher man in der Militärhierarchie steigt. Spätestens nach einer Lernphase zu Kriegsbeginn waren die Frontoffiziere eher in der Lage, ein differenzierteres und damit ange283

messeneres Bild vom Verhalten der Elsaß-Lothringer zu zeichnen als die hohen Kommandostellen. Die zahlreichen Beispiele, in denen sie gegen die Pauschaldiskriminierung protestierten oder sie zumindest abzumildern versuchten, belegen das. 199 Als seit dem Spätsommer 1 9 1 7 langsam die Erkenntnis heranreifte, daß die Sonderbehandlung der Elsaß-Lothringer sie notwendig von Deutschland entfremden mußte, war es bereits zu spät. Der Hauptauslöser der verspätet und uneinheitlich eingeleiteten Milderung und schließlich Abschaffung der Sonderbestimmungen dürfte letztlich aber nicht diese Einsicht gewesen sein, sondern die Bezwingung Rußlands, weshalb man die Elsaß-Lothringer wieder an der Westfront benötigte. Noch vor der offensichtlich gewordenen Niederlage im Herbst 1918, sogar weitgehend unbeeinflußt von den letzten großen Siegen im Frühjahr 1918 hatten sich viele, vielleicht die Mehrheit der reichsländischen Soldaten von Deutschland abgewandt. Damit hatte sich eine schon vor 1 9 1 4 deutlich gewordene Tendenz verstärkt fortgesetzt. Ähnlich wie es Hiery 200 im Hinblick auf die Behandlung der elsaß-lothringischen Zivilbevölkerung festgestellt hat, kann man auch für die Soldaten konstatieren, daß diese keine bedingungslose Loyalität gegenüber dem deutschen Nationalstaat hatten genau das wurde aber von ihnen verlangt - und sich, getrieben von einer systematischen Diskriminierungspolitik, zunehmend von ihm abwendeten. Entscheidend ist aber, daß der deutsche Nationalstaat - hier repräsentiert durch die Militärbehörden - die Integration der Elsaß-Lothringer zurückwies, weil sie als >geborene< und damit unverbesserliche Verräter behandelt wurden und kein anderes Integrationsmodell zur Verfügung stand als ein verengtes preußisch-national-konservatives. Weil das Kaiserreich selbst seiner Integrationskraft mißtraute, setzte es so stark auf Repressionen. Und wer sich selbst nicht traut, in den kann man auch kein Vertrauen setzen. Es war diese Lektion, die die elsaß-lothringischen Soldaten im Krieg schmerzhaft lernen mußten. Die Nationalismen Deutschlands und Frankreichs postulierten beide auf ihre Art nationale Eindeutigkeiten, die der schwierigen Position der ElsaßLothringer zwischen den >Erbfeinden< nicht gerecht werden konnten und sie zu >Gefangenen des Nationalismus< machten. Gelegentlich waren sie >verlorene Söhneirische Frage< endlich eine befriedigende Antwort zu finden, sollte Irland die innere Autonomie gewährt werden, doch waren zwei Anläufe 1 8 8 6 und 1893 am Widerstand der Protestanten in Ulster gescheitert. 205 Der »Home Rule Act« von 1 9 1 4 hätte Irland eine eigene Verwaltung beschert, denn nur noch die Fragen der Außen-, Sicherheits- und Steuerpolitik wären weiterhin in London entschieden worden. Doch schon die Beratungen dieses Autonomiegesetzes seit 1 9 1 0 / 1 2 offenbarten den tiefen Spalt zwischen dem katholischen Süden und dem überwiegend protestantischen Norden. Er war auch eine der Determinanten der britischen Innenpolitik, des Verfassungskonflikts zwischen Liberalen und Unionisten, wobei letztere sogar Pläne verfolgten, durch eine Blockade des jährlichen Army Act Neuwahlen zu erzwingen. 206 Während die katholischen Iren im Unterhaus im allgemeinen zur liberalen Regierungspartei standen, sahen die Protestanten aus Ulster ihre Interessenvertreter in den Konservativen. Eine schleichende Militarisierung der Innenpolitik in Irland war die Folge dieses schwelenden Konflikts. 207 Im Januar 1913 wurde die protestantisch-unionistische »Ulster Volunteer Force« unter Sir Edward Carson gegründet, die aus 8 5 . 0 0 0 gut ausgerüsteten und trainierten Mitgliedern bestand. Im Gegenzug entstand im November desselben Jahres unter Leitung des Führers der Irish Parliamentary Party im Unterhaus, John Redmond, das katholisch-nationalistische Pendant, die »Irish Volunteers«. Diese hatten zwar sehr viel mehr Mitglieder, rund 1 8 0 . 0 0 0 , standen aber hinsichdich Bewaffnung und Aus-

285

bildung hinter der Ulster Volunteer Force zurück. Beide Seiten vergrößerten ihr Waffenarsenal im Frühjahr 1914 übrigens durch illegale Lieferungen aus Deutschland. Wie nahe am Rand des Bürgerkriegs Irland schon im Frühling 1914 stand, zeigte der »Curragh-Incident«. Im März 1914 verfaßte eine Reihe hochrangiger britischer Offiziere eine Resolution, in der sie ankündigten, eher den Dienst quittieren zu wollen, als die Durchsetzung des Home-Rule-Act gegen den Willen der Protestanten in Ulster mit Hilfe der Armee zu erzwingen. Vor dieser >Meuterei< wich die zivile Politik zurück, und so geriet dieser Vorfall zu einer der wenigen Situationen der neueren Geschichte, in denen die Armee in Friedenszeiten offen den Primat der Politik herausgefordert hat.208 Ein Anfang April 1914 verfaßtes Memorandum des War Office über die Situation in Irland enthielt unter anderem eine Statistik über die konfessionelle Zusammensetzung einiger in Irland rekrutierter und stationierter Einheiten. Selbst in den Battalions, deren Mannschaften zu 75 bis 90% aus Katholiken bestanden, gab es höchstens zwei oder drei katholische Offiziere, in den meisten aber überhaupt keine.209 Diese Zahlen allein zeigen schon sehr deutlich, daß auch bei der Armee in Irland die Frage der Konfession zugleich die des sozialen Status war und daß man sich in London der Loyalität der katholischen Iren nicht sicher war. Obwohl das Home Rule Bill am 25. Mai 1914 in dritter Lesung verabschiedet wurde, rüsteten beide Seiten weiter zum Bürgerkrieg, den wohl nur der Beginn des Großen Krieges verhinderte. Ein Hauch von Burgfrieden lag auch in Irland in der Luft, wobei freilich alle Seiten weiterhin versuchten, aus der britischen Zwangslage, insbesondere dem Rekrutierungsbedarf, politisches Kapital für ihre divergierenden Ziele zu schlagen.210 Das Home Rule Bill erhielt am 18. September den »royal assent«, sein Vollzug wurde aber einvernehmlich bis zum Kriegsende ausgesetzt. Denn es hatte sich nicht nur, wie zu erwarten war, die Ulster Volunteer Force in den Dienst der Landesverteidigung gestellt; auch John Redmond garantierte der Regierung die völlige Loyalität der katholischen Iren, und er warb unter ihnen für die freiwillige Meldung zur Armee, wohl nicht ganz ohne Erfolg. Redmond hoffte, durch diesen Loyalitätsbeweis für die Zeit nach dem Krieg eine einvernehmliche Autonomieregelung für ganz Irland erreichen und vielleicht sogar den Graben zwischen Ulster und dem Süden zuschütten zu können. 211 Doch fürs erste entzweite er die katholischen Iren. Die Abspaltung, die weiterhin »Irish Volunteers« hieß, während Redmonds Gruppe sich jetzt »Irish National Volunteers« nannte, kam allerdings vor dem Osteraufstand 1916 über den Status einer Splittergruppe nicht hinaus. Die radikalnationalistische Sinn Fein verstärkte ihre schon vor dem Krieg geführte Kampagne gegen den als Vaterlandsverrat gebrandmarkten Dienst in der britischen Armee. Angesichts der langen Unterdrückungsgeschichte meldeten sich zwar auch relativ 286

viele Südiren, doch blieb die Quote weit hinter der des Nordens zurück, der allein vergleichbare Werte wie das restliche Königreich erreichte. Waren es z.B. in den nordirischen Grafschaften Antrim, Armagh und Down über 20% der Männer im wehrfähigen Alter, die sich bis Ende April 1915 freiwillig gemeldet hatten, lag dieser Prozentsatz in einigen ländlichen Grafschaften des Südens, Clare, Mayo und Leitrim, bei 4%. In Cork waren es immerhin 9%, in Dublin sogar 17%. Der Hauptgrund für diese Unterschiede zwischen Ulster und dem Rest Irlands war aber nicht die Konfession oder die politische Orientierung schlechthin, da die Rekrutierungsquote unter den Katholiken Ulsters ähnlich hoch wie bei den Protestanten lag.212 Entscheidend war vielmehr der höhere Industrialisierungs- und Urbanisierungsgrad des Nordens - die Industriearbeiterschaft stellte im ganzen Vereinigten Königreich den Großteil der Freiwilligen - und die militaristische Vorprägung durch die jeweiligen paramilitärischen Verbände sowie der durch diese und das weitere soziale Umfeld ausgeübte Konformitätsdruck. Die irische Landbevölkerung ließ sich dagegen noch weniger als diejenige Englands, Schottlands oder Wales' zum Waffendienst bewegen. Obwohl die Rekrutierungsquote in ganz Irland, auch in Ulster, im Kriegsverlauf drastisch abnahm, wagte es die Regierung in London nicht, die Wehrpflicht einzuführen, weil sie, wohl zu Recht, fiir diesen Fall mit politischen Unruhen rechnete. 213 Doch auch andere Argumente schienen dagegen zu sprechen. General Maxwell, Commander-in-Chief in Irland, sah eine große Gefahr darin, die kriegsunwilligen Iren zwangsweise einzuziehen: »If they were drafted into the existing Irish reserve battalions which are at the moment contented and loyal, they would probably poison the minds of these, and it would be a matter for grave consideration wether they could be trusted and armed while in Ireland.«214

Daher war die Frage der kollektiven Kriegsteilnahme fur Irland vom Kriegsbeginn bis zu seinem Ende eine in höchstem Maße sensible und politisierte Angelegenheit. Die inneririschen Differenzen spiegelten sich in den 1914 aus den Freiwilligen neu gebildeten Einheiten wider, deren Aufstellung ebenfalls eine hochpolitische Aktion war, galt doch das War Office als Hochburg der konservativen Unionisten. Zunächst hatte es Lord Kitchener zwar abgelehnt, geschlossene irische Verbände aufzustellen, wurde aber zum Einlenken gezwungen, als es sich Mitte September offenbarte, daß der Krieg noch sehr lange dauern würde und alle Hemnisse für eine möglichst umfassende freiwillige Rekrutierung beseitigt werden mußten. Daher wurden drei irische Divisionen errichtet: die 10. und 16. für die katholischen Südiren, die 36. für Ulster. Die Aufstellung dezidiert >nationaler< Divisionen blieb dabei nicht auf Irland beschränkt; auch Wales und Schottland erhielten mit der 38. (Welsh)Division und der 51. (Highland)Division solche Verbände. 287

Trotz der schleppenden Rekrutierung gelang es, den Anteil der Iren in den >irischen< Regimentern bis 1916 auf 75% und darüber zu halten, während danach zunehmend englische Wehrpflichtige herangezogen werden mußten, um sie auf Sollstärke zu halten. Doch auch 1918 waren sie immerhin noch zu rund 55% tatsächlich aus Iren gebildet.215 Die 16. Division diente ausschließlich an der Westfront und wird daher ausfuhrlicher betrachtet. Ihre 47. Brigade wurde dafür bestimmt, Redmonds Irish National Volunteers aufzunehmen und erreichte daher auch als erste die volle Mannschaftsstärke, während dies bei der 48. und 49. Brigade sehr viel länger dauerte. Daß die konfessionelle Differenzierung der irischen Gesellschaft zugleich eine soziale war, bestätigt der Blick auf die Verteilung von Offizieren und Mannschaften: 98% der Mannschaften waren katholisch, die Offiziere jedoch zu 85% protestantisch. Während die Offiziere der unionistischen Ulster Volunteer Force umstandslos in die 36. (Ulster)Division übernommen wurden, mußten die Offiziersaspiranten aus den Reihen der katholischen Irish National Volunteers sich als einfache Soldaten in die 16. Division einschreiben und erst eine langwierige Ausbildung durchlaufen. Bis 1916 hatte sich dann jedoch der Anteil katholischer Offiziere auf 95% erhöht. Im September 1915 wurde die 16. Division zur weiteren Ausbildung nach England und schließlich im Dezember desselben Jahres nach Frankreich verlegt. An Stelle des Protestanten Lawrence Parsons übernahm jetzt der katholische General W. B. Hickie das Kommando. Das war nicht zuletzt eine an die Adresse der katholischen Iren gerichtete symbolische Geste des Entgegenkommens, die aber die geschilderten strukturellen Probleme nicht lösen konnte.

2. Die Diskriminierung

und ihre Auswirkung

auf die Betroffenen

Das britische Bild der Iren im allgemeinen und der irischen Soldaten im besonderen war stark von religiösen, sozialen und rassischen Vorurteilen geprägt.216 Sie galten als roh, triebhaft, undiszipliniert, unsauber und dem Alkohol verfallen. Im Laufe des 19. Jahrhunderts änderte sich dieses Bild graduell. Die katholischen Iren, erst seit den 1790er Jahren wieder in der Armee zugelassen, stellten lange Zeit ein weit über ihrem Bevölkerungsanteil liegendes Kontingent der Soldaten in der britischen Armee, da die Armut der grünen Insel vielen ihrer Bewohner keine andere Wahl ließ. Hier fiel die >soziale< mit einer >regionalen< Wehrpflicht zusammen. Die Iren erwarben sich schnell den Ruf, besonders zähe und angriffslustige Soldaten zu sein. Durch den Weltkrieg festigte sich das auch gegenüber den Kolonialbzw. Dominiontruppen vorherrschende Bild, sie seien wegen ihrer Diszi288

plinlosigkeit jedoch wenig leistungsfähig in der Verteidigung - d.h. zugleich unfähig zur Selbstverwaltung. 217 Und so kamen die untergründig weiterwirkenden Vorurteile wieder verstärkt zum Vorschein. Schon im Januar 1915 klagte ein katholisch-irischer Offizier über seine britischen Kollegen: »[T]he Irish soldiers are regarded with dislike and contempt by their British officers ... Irishmen are treated with contempt, addressed as if the name o f Irishman and rogue were synonymous terms.« 218 Manche britische Offiziere ließen sich sogar dazu hinreißen, das Gälische gegenüber irischen Soldaten, die es benutzten, als »Hottentottensprache« zu bezeichnen. 219 Wie selbstverständlich die antikatholischen Vorurteile waren, zeigt auch ein Tagebucheintrag Haigs, in dem er die seiner Ansicht widersprechende Lagebeurteilung eines Generals im War Office damit erklärte, daß dieser Katholik sei und seine Informationen aus zweifelhaften Quellen bezogen habe. 220 Die Frage, wie sich die politischen Unruhen in und um Irland sowie die diskriminierende Behandlung durch die Militärbehörden auf die Stimmung der Iren auswirkten, ist ähnlich schwer zu beantworten wie bei den ElsaßLothringern. Ein Blick auf die Zahl der Anklagen wegen Desertion in den Infanterie-Battalions der 16. Division von Mai 1 9 1 6 bis März 1 9 1 8 - erst im Mai 1 9 1 6 kam sie an der Front zum Einsatz, im April 1918 wurde sie nach der deutschen Offensive aufgelöst und später völlig neu formiert - zeigt keine höheren Werte als bei der 1. bzw. 4. Division, eher niedrigere. Die 4 7 . Brigade, in der ja im wesentlichen Redmonds Irish National Volunteers inkorporiert worden war, hatte dabei in diesem Zeitraum 2 0 Anklagen wegen Desertion zu verzeichnen, die beiden anderen Brigaden 31 bzw. 30. Das zeigt, wie stark die soziale Kohäsion und Kontrolle durch die paramilitärischen Verbände war (vgl. Diagramm 13). In dem Kriegstagebuch der 16. Division finden sich keinerlei Einträge aus der Zeit des Osteraufstandes oder später, die darauf schließen lassen, daß die Divisionsfuhrung Grund gehabt hätte, der Loyalität ihrer Soldaten zu mißtrauen, ebenso, wie auch keine besonderen Maßnahmen gegen die irischen Soldaten verzeichnet sind. 221 Denman und Lemisko kommen in ihren ausfuhrlichen Studien über die 16. Division ebenfalls übereinstimmend zu dem Ergebnis, daß sich das in Irland wachsende Desinteresse am Krieg und die Antikriegs- bzw. Antirekrutierungskampagne Sinn Feins zunächst nicht auf die Stimmung und Kampfkraft der irischen Soldaten ausgewirkt haben. 222 Diese Annahme wird gestützt durch die Aussagen von vier kurz vor dem Osteraufstand gefangengenommenen Soldaten der 9/Royal Munster Fusiliers aus der 16. Division: »Die Stimmung [unter den irischen Soldaten] ist durchweg schlecht. Der Hauptgrund der Unzufriedenheit liegt darin, dass das >Home RuleBlutjustiz< gestempelt hatten.

2. »Not consonant

with the ordinary principles

Die Debatten im House of

of English

justice«:

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Die bürgerlichen Freiheiten wurden durch den Krieg auch in Großbritannien eingeschränkt. Maßgebend hierfür war der »Defence o f the Realm Act«, welcher der Regierung die Möglichkeit zur Pressezensur und Versammlungsverboten, aber auch zur Verhaftung und Deportation von >Unruhestiftern< ohne Gerichtsbeschluß gab. 5 6 Die Kontroll- und Gesetzgebungsfunktionen des Parlaments blieben davon jedoch unberührt, wobei vor allem die jährlichen Debatten über den Etat und das Army (Annual) Bill ein willkommener Anlaß waren, die Zustände im Heer offen zu debattieren.

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a) Die Debatten im Krieg Der wichtigste Ansatzpunkt für parlamentarische Nachfragen waren die Nachrichten über die vollstreckten Todesurteile an Soldaten. Zweifellos war diese Form der Publizität den Militärbehörden lästig. Die Anfragen über die Zahlen der Desertionsfälle, Haftstrafen und vollstreckten Todesurteile blieben deshalb grundsätzlich unbeantwortet. 57 Daß einmal sogar gefragt wurde, wieviele Hinrichtungen es ohne Kriegsgerichtsverfahren gegeben habe, zeigt auf, was für Exzesse manche Unterhausabgeordnete fur möglich hielten. Die Regierung dementierte derartige Vorgänge natürlich.58 Um solch unerwünschte Anfragen künftig zu unterbinden, stellte das War Office kurz darauf klar, daß die Armeeangehörigen ihre Beschwerden gegen die Militärbehörden und ihre Maßnahmen nur über die vorgesehenen Kanäle vorzubringen hätten, nicht aber durch Parlamentsabgeordnete, Anwälte oder die Presse. Trotzdem griffen viele Abgeordnete spektakuläre Einzelfälle auf, die meist von Bürgern aus ihrem Wahlkreis an sie herangetragen worden waren. Darin bündelte sich anhand individueller Fälle alle Kritik an der Militärjustiz.59 Der nächste wichtige Punkt war die Frage nach der Fairness und Gerechtigkeit des Kriegsgerichtsverfahrens. Dabei wurde vor allem nachgefragt, ob ein verurteilter Soldat einen Verteidiger hatte bzw. die Forderung erhoben, gesetzlich sicherzustellen, daß in Zukunft jeder einen haben würde. 60 Auch die Möglichkeit, gegen ein Urteil Berufung einzulegen, sollte gewährt werden. 61 Als besonders ungerecht erschien es dabei, daß die Freiwilligen, die ja allein wegen ihrer Meldung nicht rundweg Feiglinge sein könnten, keine Berufungsmöglichkeit hätten, die doch jedem Kriminellen zugestanden werde.62 Aus diesen Vorwürfen wurde bisweilen die einzig logische Konsequenz gefordert, die rechtlichen Standards der Militärjustiz denen der Ziviljustiz anzugleichen und für eine professionellere juristische Bildung der Richter zu sorgen. 63 Ende 1917 formulierte der Labour-Abgeordnete Snowden erstmals öffendich im Unterhaus die Forderung nach Abschaffung der Todesstrafe in der britischen Armee.64 Wenige Monate vor Kriegsende gab der Konservative Abgeordnete Hume-Williams die Parole aus, die flir die Nachkriegsdebatten bestimmend werden sollte. Das militärgerichüiche Verfahren erschien ihm als nicht übereinstimmend mit den Grundprinzipien der englischen Justiz, weil einem angeklagten Soldaten viele der Rechte im Verfahren nicht zustanden, die jeder andere Bürger fur sich beanspruchen konnte.65 Ein spezielles Problem fehlender Transparenz der Kriegsgerichtsprozesse war es, daß die Akten über exekutierte Soldaten auch den engsten Angehörigen nicht zur Einsicht frei gegeben wurden, obwohl die Verfahren eigentlich öffendich waren.66 308

Weiterhin ließ die Vorstellung, es könnten minderjährige Soldaten hingerichtet worden sein, die Emotionen hochgehen. Als der unabhängige Liberale Outhwaite, der auch in der No-Conscription-Campaign aktiv war, im März 1 9 1 6 nachfragte, wieviele Soldaten im Alter unter 2 0 in Frankreich hingerichtet worden seien - es waren zu diesem Zeitpunkt mindestens e l f antwortete Unterstaatssekretär Tennant vom War Office scharf: »Just as it is not in the public interest that a question like this should be asked, so it is not in the public interest that it should be answered.«67 Es wurde auch verlangt sicherzustellen, daß keine Minderjährigen exekutiert werden 68 bzw. solche Soldaten, die möglicherweise unter dem »shell shock« litten, 69 was ebenfalls fiir starke Erregung sorgte. Als der Liberale Whitehouse wissen wollte, warum trotz der angeblich stattfindenden medizinisch-psychologischen Untersuchung in mindestens einem Fall trotz nachweisbaren »shell shocks« ein Todesurteil vollstreckt worden war, reagierte der neue Unterstaatssekretär im War Office, McPherson, sehr gereizt und verweigerte die Antwort, solange diese ungeheuerliche Behauptung nicht zurückgenommen sei. 70 Diese Frage war offensichtlich hochsensitiv und emotional aufgeladen: Sie rührte an den Grundfesten des Selbstverständnisses der militärischen Elite. Ein weiterer wichtiger Aspekt waren die befürchteten negativen Auswirkungen auf die Stimmung in der Bevölkerung. Der liberale Abgeordnete King berichtete über den Fall eines Soldaten seines Wahlkreises, der nach einem »shell shock« desertiert war und jetzt eine Strafe von 10 Jahren Zuchthaus verbüßte: »I call that a scandal and I would say that the doctor would deserve the ten years penal servitude much more than did the young man.... A case like that... becomes known to the people, and it weakens them in their power of endurance«.71 Die positive Wirkung eines zukünftig milderen Vorgehens faßte Outhwaite so zusammen: »I think it will make for discipline, because it will remove a feeling o f wrong, and injustice, and inhumanity which certainly has been aroused as regards these executions that have taken place.« 72 Vielsagend ist wiederum die Begründung seiner Forderung nach einer milderen und mehr am Einzelfall orientierten zukünftigen Umgangsweise mit den Opfern des »shell shock«: »it will make for discipline«! Das Denken in Nützlichkeitskategorien war so selbstverständlich, daß ihm auch die Kritiker des gegenwärtigen Zustands verhaftet blieben. Es wurde keine grundsätzliche Systemkritik geübt, sondern nur beklagt, daß die bisherige Praxis den Durchhaltewillen schwächen und daher kontraproduktiv sein könnte. Gelegentlich wurde auch eine gleiche Behandlung von Offizieren und Mannschaften angemahnt 73 und der Abgeordnete Hogge von den Liberalen brachte zur Sprache, wie sehr die Verurteilung wegen Desertion ein Phänomen von »Klassenjustiz« war: »How is it that young lads o f tender years who

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fail to do their duty are shot, while generals are promoted?« 74 Konkrete gesetzgeberische Schritte wurden jedoch nicht unternommen; die Unterschiede in den angedrohten Strafen für Offiziere und Mannschaften blieben bestehen. Zu tief war das Denken in Klassenkategorien verwurzelt, als daß hier eine grundsätzliche Kritik angesetzt hätte. Die Reaktion der im Unterhaus angesprochenen Politiker auf die zahlreich vorgetragenen Fragen war im wesentlichen immer dieselbe und wurde vom War Office vorgegeben. 75 Die Gerichtsverfahren seien im Prinzip fair. Ein Recht auf Berufung sei unnötig, da die juristische Prüfung durch den Commander-in-Chief und andere Stellen erfolge. Außerdem werde die Strafe durch eine Verzögerung des Vollzugs viel von ihrer abschreckenden Wirkung verlieren. Die Richter seien angemessen auf ihre Aufgabe vorbereitet und den Angeklagten gegenüber wohlwollend. Was schließlich die Vorschläge zur Einschränkung bzw. Abschaffung der Todesstrafe anbetrifft, hatte das War Office immer nur die eine stereotype Antwort parat, daß sie als letztes Mittel zur Aufrechterhaltung der Disziplin unentbehrlich sei.76 Daher kam es während des Krieges, anders als in Deutschland, zu keinen substantiellen Änderungen im Militärstrafrecht. Die Debatten nach dem Krieg zeigten bald, daß dieses positive Bild der Militärjustiz nur sehr bedingt mit der Wirklichkeit übereinstimmte.

b) Die Debatten der Nachkriegszeit Der für Großbritannien siegreiche Ausgang des Krieges war eine bedeutend schwächere Zäsur, als das beim Kriegsverlierer und von inneren Unruhen erschütterten Deutschland der Fall war. Daher ähnelten sich die Argumentationsmuster während und nach dem Krieg sehr, wobei vor allem einzelne Abgeordnete der Labour und der Independent Labour Party die schärfste Kritik an den herrschenden Verhältnissen in der Militärjustiz formulierten. Im konservativen Lager überwogen nach wie vor die Stimmen, welche die Praxis der Militärjustiz im Krieg als grundsätzlich befriedigend ansahen und Kritik nur in bedauerlichen, zahlenmäßig aber unbedeutenden Ausnahmefällen fur berechtigt hielten; doch auch viele Liberale vertraten diesen Standpunkt. 77 Major O'Neill, ein Ulster-Unionist, der 1918 Rechtsberater des Oberkommandierenden an der Palästina-Front war, betonte in diesem Sinn: »There have been so many thousands of trials in this War that there must be cases where complaint has been justified. But, taking courts-martial as a whole, I do not think that any fair-minded man will admit that the administration of military laws in the Armies in this War has not failed.«78

Ein anderer konservativer Abgeordneter war in seinem Urteil schon diffe310

renzierter, als er feststellte, daß manche Kriegsgerichte sehr gut gearbeitet hätten, andere dagegen völlig inkompetent gewesen seien. 79 Um die im Feuereifer der Gefechte vorgekommenen Ungerechtigkeiten bei Kriegsgerichtsprozessen aufzuklären, kündigte der neue Secretary o f State for War, Winston Churchill, die Einsetzung eines Untersuchungskomitees an, von dem noch die Rede sein wird. 80 Im liberalen und linken Lager, aber auch bei einigen Konservativen, machte sich dagegen ein gewisses Unbehagen breit. Der liberale Abgeordnete Bottomley 81 beispielsweise forderte die Überprüfung des Militärrechts durch ein Komitee und seine grundlegende Reform. 82 Major Christopher Lowther vom linken Flügel der Tories war im Krieg stellvertretender Chef der Militärpolizei gewesen und verteidigte zunächst die Kriegsgerichtspraxis mit der kategorischen Feststellung, er habe keine Fälle von Ungerechtigkeit erlebt. Danach jedoch gestand er ein, daß das rechtliche Verfahren kompliziert und bisweilen problematisch sei. Daraufhin stellte er einen interessanten Zusammenhang her: »The procedure is old-fashioned and out of date. It does not compare with civil procedure the least bit in the world. It seems a very curious thing that our Army, which is perhaps the most modern, the most up-to-date, and certainly the best disciplined among the finest fighting forces in the world, should be so much behindhand in the administration o f its justice.« 83

Hier wird klar formuliert, was im Laufe des Krieges immer deutlicher geworden war: Die überkommenen, an den Verhältnissen einer kleinen Berufsarmee orientierten Strukturen der britischen Armee und ihre rechtlichen Verfahren waren ungeeignet fur die Verhältnisse des 2 0 . Jahrhunderts und eine durch die Massenmobilisierung in ihrer sozialen Zusammensetzung dramatisch veränderte Armee. Selbst wer, wie der konservative Abgeordnete Hurst, an Gesetzeskodex und praktischer Durchführung im Krieg wenig zu bemängeln hatte, kam zu dem Schluß, daß die Unzufriedenheit aus der veränderten, sozial weit gestreuten Rekrutierung der Armee erwachse und die neuen Soldaten, gewöhnliche Zivilisten, sich mit dem Disziplinarkodex der Vorkriegsarmee nicht mehr abfinden wollten. 84 Aus dieser Einsicht erwuchs für Hurst die Forderung, daß in einer Art >nachholender Modernisierung< diejenigen Prinzipien auch in der Armee durchgesetzt werden müßten, die fur den zivilen Bereich in Jahrhunderten erkämpft worden waren. Ausgehend von seinen eigenen Kriegserfahrungen bezeichnete er die Unabhängigkeit der Gerichte als »the sort of thing for which this House fought in the seventeenth century with regard to the civil Courts, and I submit that that sort of thing, carried on in the military Courts to-day, is contrary to the main currents of public opinion, which it is very important indeed to conciliate if the Army is to be a success«.85

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Diese Forderung lief darauf hinaus, den Soldaten tatsächlich als einen Staatsbürger zu begreifen, dessen Grundrechte auch in Uniform weitergalten. Das formulierte der Labour-Abgeordnete Palmer in eindrücklichen Worten: »[T]he less we demand that any one who comes into the army shall surrender his fundamental citizen rights ... the more we shall make the army popular and the more we shall ensure that if once again we have to face a foe we shall face it with an army even better disciplined and with a higher moral than the glorious army which from the year 1914 down to 1918 fought for us.«86

Es war wiederum Hurst, der es jetzt auch offen aussprach: Die Handhabung der Militärjustiz im Krieg sei kaum vereinbar gewesen mit dem Kampf Englands um die Sicherung der Demokratie in der Welt. Und als Grund für das Auseinanderfallen der zivilen und militärischen Standards nannte er die Tatsache, daß die hohen Offiziere der Vorkriegsarmee meist aus Klassen stammten, die sich kaum in das Denken der breiten Bevölkerung hineinfinden könnten und der Demokratie reserviert gegenüberstünden. 87 Er sprach für die langsam wachsende Zahl der Abgeordneten, die nicht mehr bereit waren, dieses Auseinanderklaffen zwischen ziviler und militärischer Sphäre hinzunehmen. Die Armee dürfe sich, so die Forderung, nicht länger von der Zivilgesellschaft und der demokratischen Kontrolle abschotten. Dabei mischten sich grundsätzliche Erwägungen mit der rein pragmatischen Überlegung, daß eine breit in der Gesellschaft verankerte Armee in einem Krieg erfolgreicher sein würde, als eine der Zivilgesellschaft entfremdete. Außer dieser grundsätzlichen Kritik wurden drei konkrete Reformforderungen hinsichtlich des Militärstrafrechts aufgestellt.88 Jeder Angeklagte sollte ein verbrieftes Anrecht auf einen Verteidiger haben, die z.T. übermäßig harten Strafmaße sollten gemildert bzw. eine Vereinheitlichung der sehr unterschiedlichen Strafmaße für identische Delikte erreicht werden. Ebenfalls wenig umstritten war die Einsicht, daß eine »Professionalisierung« des Justizpersonals und eine Verbesserung der Ausbildung nötig sei.89 Dabei stellte sich aber auch heraus, daß selbst nach vier Jahren Krieg und - noch dazu partiell umstrittener - Kriegsgerichtsbarkeit in einer Millionenarmee die Grundsätze fairer Justiz noch immer nicht selbstverständlich waren. Ein nach dem Waffenstillstand wegen Urlaubsüberschreitung verurteilter Soldat hatte in der Verhandlung keinen Verteidiger gehabt, was den Secretary of State for War, Churchill, nur zu der Bemerkung veranlaßte, er habe sich auch nicht darüber beschwert.90 Eine sarkastische Antwort, denn wahrscheinlich wurde diesem Soldaten, wie vielen anderen im Krieg auch, nie bekanntgegeben, daß er überhaupt die Möglichkeit hatte, einen Verteidiger heranzuziehen. 312

Als erster Schritt auf dem Weg der Modernisierung der Militärgerichtsbarkeit wurde sehr bald die Forderung nach einer allgemeinen Amnestie für alle Fälle oder zumindest die Desertionen seit dem Waffenstillstand erhoben, was die Regierung jedoch mit dem Hinweis auf die Schwere dieses Delikts und die dadurch gegebene Gefährdung der Disziplin kategorisch ablehnte.91 Selbst der Verweis auf die in Frankreich, Italien und den Dominions erlassenen Amnestien fur Verstöße gegen die militärische Disziplin und die schweren Belastungen für die Familien von inhaftierten Deserteuren vermochte keinen Sinneswandel zu bewirken.92 Die Zahlen derjenigen, die 1920 noch Haftstrafen aus der Kriegszeit verbüßten, war aber nicht besonders hoch, da nach Auskunft: der Regierung die meisten Reststrafen erlassen oder in leichtere Strafen umgewandelt worden waren.93 Faktisch mußten also nur ganz wenige Soldaten die ursprünglich verhängten, sehr langen Haftstrafen von teilweise über fünfzehn Jahren voll verbüßen. Eine formelle königliche Amnestie hat es jedoch nie gegeben, 94 denn in dieser Frage konnten sich die Vertreter einer harten Linie weitgehend durchsetzen. Der bereits bekannte Wyndham Childs nahm zu einer Initiative des India Office zugunsten einer allgemeinen Amnestie im Frühsommer 1919 wie folgt Stellung: »A general amnesty for all soldiers who committed military offences would be illogical and inequitable. ... in fact, it is safe to say that the type of man in the military prisons in the field is very largely of the most undesirable character. A general amnesty might flood France with hundreds of men who would at once resume their acts of robbery, pillage, and intimidation«. 95

Dieser Ansicht Schloß sich auch der neue Oberbefehlshaber der britischen Truppen in Frankreich an96 und machte damit abermals deudich, daß trotz millionenfacher Freiwilligenmeldungen und drei Jahre allgemeiner Wehrpflicht das Bild vom inferioren, häufig einer eigenen >Kriminellenklasse< angehörenden Mannschaftssoldaten bei vielen hohen Offizieren den Weltkrieg mit seinen Umwälzungen unbeschadet überstanden hatte. Bis es soweit war, daß auch die Parameter der Militärjustiz grundlegend neu definiert wurden, sollte es daher noch einige Jahre dauern. Der Ansatzpunkt dafür war die auch nach dem Krieg zentrale Frage der Handhabung der Todesstrafe, die in Montagues Erzählung »Rough Justice« auch ihren literarischen Ausdruck fand. 97 Anfänglich weigerte sich die Regierung wie gehabt, auch nur die Zahlen der verhängten und vollstreckten Todesurteile bekanntzugeben. 98 Das geschah erst, als sie in den »Statistics of the Military Effort of the British Empire« jedermann selbst nachlesen konnte. 99 Es ist im wesentlichen das Verdienst Ernest Thurtles, daß die LabourFraktion die Abschaffung der Todesstrafe für fast alle militärischen Delikte auf ihre Agenda setzte. Seine Einsichten in die Strukturprinzipien und Feh313

ler des militärischen Systems, die er aus seinem eigenen Kriegsdienst an der Front und im War Office 100 gewonnen hatte, publizierte er schon bald nach Kriegsende. Seine Kernthesen lauteten: »[MJilitary law as it exists throughout the civilised world to-day is contrary to the common conception of justice, and is the complete negation of all that is best in democracy. In consequence, it is the urgent and imperative duty of the civilised peoples to make drastic alterations in this law. ... since it is the penal powers of Military Law - particulary the Death Sentence and Penal Servitude - which keep armies together on the battlefield, the taking away of these penal powers would make it impossible to maintain armies in the field. As a result, war ... would become an impossibility.«101 Wenn die Soldaten aller Nationen trotz bald einsetzender Kriegsmüdigkeit vier Jahre lang kämpften, so nur deswegen, weil sie fest im Griff des Militärrechts gewesen seien. Thurtle sah, wie seine Gegner, in der Militärjustiz das zentrale, unverzichtbare Mittel zur Erzwingung soldatischen Gehorsams und damit eine Voraussetzung für die Kriegführung. 102 Während Thurde jedoch hoffte, durch Entschärfung dieses Instruments die Kriegführung künftig unmöglich zu machen, war es genau das, was die Armee befürchtete und General Nevil Macready in die Worte kleidete: » I f you abolish the Death penalty you might as well abolish the Army.« 103 Ein erster Antrag auf Einschränkung der Todesstrafe war 1 9 2 4 unter der neuen Labour-Regierung in das Parlament eingebracht worden. Der neue Secretary o f State for War, Stephen Walsh, seinerzeit Mitunterzeichner des kritischeren Minderheitsgutachtens zum offiziellen Report des »DarlingCommittees«, von dem noch die Rede sein wird, hatte vor dem Army Council seinen grundsätzlichen Willen zur Abschaffung der Todesstrafe bekanntgegeben und dabei seine Lehren aus dem Weltkrieg, insbesondere angesichts der neuen Waffen, Gas und Flugzeuge, formuliert: »The nervous system of the soldier is affected, and apparent lack of courage and endurance is due to the soldiers' physical, not moral, condition. While the Army Act applies today to a voluntary enlisted Army, the members of which may be held to have accepted the risks of their calling, in the event of war on a large scale there is the possibility of conscription, which brings in the Army a large number of persons who are totally unfitted for war, and the penalty is liable to be exacted on persons who have failed through no fault of their own.«104 Entscheidend ist hier die Behauptung Walshs, das >Versagen< eines Soldaten angesichts der neuartigen Qualität der Kriegsschrecken sei kein psychisches, sondern allein ein physisches Problem. Damit argumentierte er gegen die bereits vor 1 9 1 4 deutlich ausgeprägte Tendenz, die Qualität eines Soldaten als Parameter seines moralischen Werts (oder Unwerts) wahrzunehmen; statt dessen führte er sie wieder auf physische Gegebenheiten zurück, entla314

stete sie also von der enormen moralischen Aufladung, die das Verdikt, soldatisch ein >Versager< zu sein, für die Betroffenen derartig bedrohlich gemacht hatte. In einer Wehrpflichtarmee, so machte Walsh weiter deutlich, konnten die Maßstäbe der Vorkriegsarmee keine Gültigkeit mehr beanspruchen. Wegen des Widerstands der militärischen Mitglieder des Army Council legte die Labour-Regierung trotzdem kein allzu großes Engagement an den Tag, denn in einem Memorandum vor den Beratungen des Army Bill 1 9 2 4 notierte Staatssekretär Walsh, daß man in dieser Frage nicht weiter aktiv werden und zunächst einen Ausschuß einberufen wolle. 105 In dem beratenden parlamentarischen »Committee on Disciplinary Amendments to the Army and Air Force Act« hatte der zum Antrag Thurtles hinzugezogene Sachverständige Meyler erneut die soziale Dimension der Desertion betont, da nur die Einfältigen gefaßt worden seien, die Schlaueren jedoch mit ihrer Desertion erfolgreich gewesen seien und das Kriegsende ohne Bestrafung überstanden hätten. 106 In einer späteren Auschußsitzung verwies er zusätzlich auf den immanenten Widerspruch in der Logik der Todesstrafe: »[Y]ou train your troops to be careless o f death and at the same time threaten them with death«. 107 Die Empfehlungen des Ausschusses gelangten schließlich im Frühjahr 1925 vor das Unterhaus, und der Army Act wurde dahingehend ergänzt, daß die Todesstrafe im Frieden fur alle Delikte außer Meuterei und im Krieg für einige nebensächliche Vergehen abgeschafft wurde, obwohl die politischen Machtverhältnisse bereits wieder zugunsten der Tories gekippt waren. 108 Damit gaben sich Thurtle und seine Gesinnungsfreunde jedoch nicht zufrieden. In einer Grundsatzrede begründete er 1 9 2 6 bei den Beratungen des Army Annual Act den Labour-Antrag auf Abschaffung der Todesstrafe für fast alle Delikte außer Überlaufen zum Feind und Kriegsverrat. In ihr wurden die Argumentationsmuster für die weiteren Debatten der nächsten Jahre vorgegeben und indirekt das Verhältnis von Armee und Zivilgesellschaft neu definiert. Thurtle setzte zunächst die Prämisse, daß Feigheit und Desertion nicht eigentlich als Verbrechen bezeichnet werden könnten, da sie aus menschlicher Schwäche geboren seien, nicht aus Boshaftigkeit. Was ein Verbrechen ist, stellte er damit klar, sei eine interessengeleitete Setzung, kein unveränderliches Faktum. Es könne, so Thurtle weiter, in einer Demokratie jedoch nicht zugelassen werden, daß in dieser Frage allein die Interessen einer kleinen Gruppe hoher Offiziere maßgeblich seien, deren Standpunkt sich von dem der Masse des Volkes entfremdet habe. Entscheidend müsse vielmehr die Perspektive der betroffenen einfachen Soldaten sein. Danach kam Thurrie zum Kernproblem: »I believe that the [military justice] code as it stands was administered with reasonable care and reasonable fairness during the war, but my contention is that the code itself, as it stands, is monstrously unjust.«'09

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Und dieses alte Rechtssystem, das in der Zeit der Freiwilligenarmee angemessen gewesen sein mochte, sei es heute nicht mehr. Es unterstelle den britischen Soldaten, daß nicht Patriotismus sie zum Kampf motiviere, sondern allein die Drohung mit der Todesstrafe. Thurtles Fraktionskollege Attlee bezeichnete sie in diesem Sinn als einen billigen Ersatz für wahre, d.h. freiwillig erbrachte Disziplin, fur die die Offiziere durch eine gute Führung der Soldaten verantwortlich seien.110 Das seit dem Weltkrieg gewandelte Verhältnis zwischen der Armeeführung und den Soldaten verlange, so ein weiterer Labour-Abgeordneter, endlich ein Umdenken in der Armee, denn jetzt müsse immer wieder damit gerechnet werden, daß normale Bürger zu Soldaten werden könnten. 111 Die Armee war zu einer Angelegenheit geworden, die jeden männlichen Bürger unmittelbar betraf; deshalb konnte es nicht mehr wie früher der kleinen Gruppe hoher Offiziere vorbehalten bleiben, über ihre Geschicke zu bestimmen. Weil die Armee immer weiter in die Gesellschaft ausgriff, mußte sie politisch kontrolliert werden, um nicht unangemessenen Einfluß zu usurpieren. Die konsequente Zivilisierung der Armee wurde hier zum Programm erhoben. Der Finanz-Sekretär im War Office, Captain Douglas King, hatte dagegen nur das alte Standardargument der Tories anzuführen, daß die Todesstrafe als Abschreckungsinstrument benötigt werde und beantragte daher, den Labour-Antrag zurückzuweisen.112 Kings Fraktionskollege, Colonel Applin, faßte schließlich die Gegenargumente noch einmal zusammen: »[Y]ou cannot ask men to go to certain death unless they know that, if any man, to save his own skin, is prepared to stay behind and and let others go to what he thinks is certain death, he in turn will suffer death for his cowardice. That is the real reason why we impose the death penalty. It is not done to punish the unfortunate man whose nerve goes.«113

Diese Argumente verfehlten ihre Wirkung auf die Mehrheit der Abgeordneten nicht. Der Labour-Antrag wurde mit 269 gegen 123 Stimmen abgelehnt. Auch der nächste Versuch im Jahr darauf scheiterte mit 259 gegen 134 Stimmen, wenig überraschend angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Unterhaus. 1928 dagegen gab die Regierung teilweise nach. Sie brachte den Antrag ein, die Todesstrafe für die meisten Delikte abzuschaffen. Ausgenommen blieben jedoch Meuterei, Kriegsverrat und Desertion. 114 Doch Thurde gab nicht auf und gelangte bei den Beratungen des Army Annual Bill 1930 endlich an sein Ziel, nachdem die Labour-Party bei den Wahlen von 1929 die stärkste Partei geworden war und, unter Duldung der Liberalen, die Regierung stellte. Zwar hatte das War Office, diesen neuerlichen Vorstoß voraussehend, in ausfuhrlichen Memoranden noch einmal alle Gegenargumente zusammengetragen. 115 Mit dem spitzfindigen Argument, daß die Todesstra316

fe für Feigheit bereits abgeschafft; sei und Desertion im Grunde nichts anderes sei, konnte Thurtle jedoch den Standpunkt des Staatssekretärs des War Office, Thomas Shaw, für die Mehrheit der Abgeordneten entkräften. Mit 219 zu 135 Stimmen wurde die Todesstrafe für Desertion aus dem Army Act gestrichen,116 in einem Ergänzungsantrag jedoch festgehalten, daß sie für Kriegsverrat und Meuterei weiterhin bestand.117 Ein letzter Versuch des Oberhauses, den Gang der Ereignisse doch noch aufzuhalten, wurde knapp zwei Wochen später vom Unterhaus abgewiesen.118 Das war der Sieg einer kleinen, engagierten Gruppe von Abgeordneten um Thurtle, kein Sieg der öffentlichen Meinung, denn in ihr spielte diese scheinbare Randfrage aus dem lang zurückliegenden Krieg keine Rolle mehr.

3. Zwischenbilanz: Evolution oder Revolution Die Debatte im und vor allem nach dem Krieg verlief in Deutschland und England sehr unterschiedlich, kaum überraschend, bedenkt man die Gegebenheiten in beiden Ländern. Vergleichbar ist zunächst noch, daß dieses Thema in beiden Parlamenten bisweilen die Emotionen hochsteigen ließ. Doch während in Deutschland die Beurteilung des Wirkens der Militärjustiz im Krieg noch vergleichsweise konsensual debattiert worden war, entschied sich der Standpunkt zum zukünftigen Schicksal der Militärgerichtsbarkeit streng entlang der Scheidelinie zwischen Weimarer Koalition (sowie der USPD) und der Rechten, DVP und DNVP. Im britischen Unterhaus war eine verglichen damit deutlich weniger scharf entlang der Parteigrenzen definierte Auseinandersetzung mit diesem Thema festzustellen. Nicht wenige konservative Abgeordnete formulierten ihr Unbehagen über das, was sich zwischen 1914 und 1918 in den Schützengräben und Kriegsgerichtsprozessen abgespielt hatte. Vor allem wurde es zunehmend weniger hingenommen, daß es im Zeitalter der Massenarmeen, in dem auch jeder britische, männliche Bürger damit rechnen mußte, Soldat zu werden, zweierlei Rechtssysteme innerhalb der Gesellschaft gab. Doch die Mehrheit der Tories wollte die Verhältnisse so belassen, wie sie waren und lehnte in einem konservativen Abwehrreflex jede grundlegende Neuerung ab. Daher bedurfte es erst des politischen Umschwungs zugunsten der Labour-Party, um die entscheidende Konsequenz aus den Kriegsereignissen zu ziehen: die Todesstrafe für Desertion abzuschaffen. Bezeichnend für das britische politische System ist jedoch einmal mehr der pragmatische Ansatz, der den Inhalt änderte, die Form jedoch beibehielt: Eine gesonderte Militärgerichtsbarkeit besteht bis heute. Auch in Deutschland gehörte es zu den emanzipatorischen Forderungen 317

der Novemberrevolution, daß verschiedene Rechtsstatuten fur einen Staatsbürger, je nachdem, ob er Uniform oder Zivil trug, nicht mehr geduldet wurden. Doch die Polarisierung durch diese Forderung war enorm, denn die Frage nach der Zukunft der Militärjustiz geriet völlig in den Strudel der hektischen und oft polemischen Auseinandersetzungen um die grundsätzliche Richtung, in die die politisch-gesellschaftliche Zukunft Deutschlands fuhren sollte. Während auf der verfassungsrechtlich-gesetzgeberischen Ebene ein radikaler Bruch mit der Vergangenheit vollzogen wurde, spiegelte diese Debatte die Transformation der DNVP - und zumindest für diese Zeit auch der DVP - von einer konservativen zu einer reaktionären Partei wider. Die Entscheidung über die Abschaffung der Militärjustiz wurde nie akzeptiert und bildete einen der vielen Ansatzpunkte fur die fundamentaloppositionelle Systemkritik der Rechten. Damit war die deutsche Debatte um die Deserteure des Weltkrieges eines der Medien, durch das die Deutschen dazu gebracht wurden, zwanzig Jahre später die britische Armee in jene erneute Bewährungsprobe zu zwingen, die der Labour-Abgeordnete Palmer bereits 1920 antizipiert hatte. Der Umsetzung der selbst proklamierten Ideale sollte sie dabei ein gutes Stück näher kommen als von 1914 bis 1918 und damit die hohe Integrationskraft des politisch-gesellschaftlichen Systems in Großbritannien unter Beweis stellen.

B. Zweierlei Lernprozesse: Die Lehren für den nächsten Krieg 1. Deutschland:

Desertion,

Dolchstoß

und totaler

Krieg

a) Der Untersuchungsausschuß des Reichstags Um die traumatisch erlebte Kriegsniederlage parlamentarisch aufzuarbeiten, wurde im August 1919 von der Nationalversammlung ein Untersuchungsausschuß eingerichtet, in dem geklärt werden sollte, wie es zum Krieg gekommen und warum er verloren gegangen sei.119 Das zielte nicht zuletzt auf die Frage, ob es einen >Dolchstoß< der Heimat gegen das Feldheer gegeben habe, während eine eigenständige Bewertung der Militärjustiz, unabhängig von der Frage nach der Schuld an der Niederlage, nicht vorgesehen war, ganz im Gegensatz zu Großbritannien. Umstritten war in der Nationalversammlung zwar nicht die Notwendigkeit dieses Untersuchungsausschusses, wohl aber seine Zusammensetzung. Der MSPD-Abgeordnete Sinzheimer begründete die Mehrheitsentscheidung, nicht einen »Expertenausschuß«, sondern ein allein aus Parlamentariern bestehendes Gremium zu bilden: 318

»Wir wissen, daß auch die Geisteswissenschaft, insbesondere die Geschichte und die Jurisprudenz von bestimmten Voraussetzungen der Weltanschauung ausgeht,... und daß es unmöglich ist, diese ... auszuschalten. ... Deswegen können wir nach allen Erfahrungen, die mit Historikern erster Klasse und mit hervorragenden Juristen in der Kriegszeit auf Grund ihrer kriegsliterarischen Erzeugnisse gemacht worden sind, nicht das Vertrauen haben, daß wir diese Männer, diese unbefangenen Historiker und Juristen irgendwie finden können.« 120

Damit reagierte er auf jene nationalliberalen und konservativen Stimmen, die in bester deutscher Geistestradition meinten, allein ein über dem Parteiengezänk stehendes Expertengremium könne die hochemotionalisierende Frage nach den Ursachen von Krieg und Kriegsniederlage sachlich klären.121 Mit der damals noch großen Mehrheit aus Weimarer Koalition sowie USPD wurden der Ausschuß-Antrag angenommen und die 28 Mitglieder entsprechend den Fraktionsstärken benannt. In der ersten Sitzungsperiode des Ausschusses wurde unter anderem intensiv über den militärischen Aspekt der Kriegsniederlage debattiert. 122 Als Sachverständiger fiir die Bewertung der Frühjahrsoffensiven von 1918 trat General v. Kühl, der ehemalige Stabschef der Heeresgruppe Rupprecht auf. Er argumentierte sehr geschickt, indem er zunächst das Scheitern dieser Anstrengungen mit strategischen und taktischen Fehlern, der materiellen Überlegenheit der Gegner und fehlendem Kriegsglück begründete. Doch dann brachte er mit einer eleganten Wendung zum Ausdruck, daß er den Dolchstoß fur eine erwiesene Tatsache hielt: »Es soll keineswegs behauptet werden, der Krieg sei lediglich durch die Unterwühlung des Heeres verloren worden. Vieles mußte zusammenkommen, um Deutschland ... zu Fall zu bringen. Daß aber den pazifistischen, internationalen, antimilitaristischen Bestrebungen und der von der Heimat ausgehenden revolutionären Unterwühlung des Heeres ein beträchtliches Maß von Schuld an unserem Zusammenbruch zufällt, ist erwiesen.« 123

Oberst Schwertfeger sekundierte ihm im wesentlichen in diesen Ansichten, während Hans Delbrück in seinen Korreferaten die Überspannung der deutschen Kräfte durch Ludendorffs Maßlosigkeit schärfer akzentuierte und die fehlende Koordination des militärischen und (außen politisch-diplomatischen Vorgehens bemängelte. 124 Der Skandal dieser Sitzungsperiode des Ausschusses war jedoch, daß die bürgerliche Mehrheit die Veröffentlichung des Berichts des SPD-Abgeordneten Simon Katzenstein zu den »Sozialen und sittlichen Heeresmißständen« zunächst verhinderte. Darin hatte er nicht der >Wühlarbeit< die Hauptschuld an der Niederlage zugewiesen, sondern den sozialen Mißständen in der Armee. Es wurde später als Kurzgutachten unter dem Titel »Die sogenannte Dolchstoß-Frage« dann doch noch veröffendicht. 125 319

In der nächsten Sitzungsperiode des Ausschusses, in der es primär um die »Heimatpolitik und Umsturzbewegung« ging, war v. Kühl abermals einer der Gutachter. Dabei stellte er erneut fest, daß der Dolchstoß nicht die Alleinursache der Niederlage, wohl aber für die Plötzlichkeit und Heftigkeit der Revolution verantwordich gewesen sei. Obwohl er kleinlaut zugeben mußte, daß er »bestimmte Angaben über die Zahl dieser Drückeberger«126 nicht habe ermitteln können, faßte er seine Ansicht plakativ in der Formel zusammen: »Das Wort vom Dolchstoß ist eine klare Bezeichnung für eine der traurigsten und beschämendsten Tatsachen.«127 Oberst Schwertfeger wies dagegen eine vereinfachende Fassung der Dolchstoßlegende zurück, und Hans Delbrück widersprach im wesentlichen v. Kuhls Ansichten. Ludwig Herz machte ebenfalls nicht einen ominösen Dolchstoß, sondern die Strukturdefizite des Kaiserreichs für die Kriegsniederlage verantwordich. Erich Volkmann schließlich differenzierte bei der Bewertung der Bedeutung von >Unterwühlungsbestrebungen< zwischen MSPD und dem radikalen Flügel der USPD. Damit bewegte er sich auf der Linie, die in der am 3. November 1927 verabschiedeten Resolution des Untersuchungsausschusses zur »Heimatpolitik und Umsturzbewegung« markiert worden war und einen Formelkompromiß darstellte.128 Die MSPD wurde vom Dolchstoßvorwurf ausgenommen, um der Gruppe um Karl Liebknecht und der USPD um so mehr Verantwortung aufbürden zu können. Die Haltung des Untersuchungsausschusses zur Dolchstoßlegende reflektierte die Zerrissenheit des Weimarer Konsenses. Die Konfliktlinien verliefen nicht nur zwischen rechts und links, sondern innerhalb der Lager, und selbst die weimartreuen Parteien distanzierten sich nicht eindeutig vom Kaiserreich.129 Die Diskussion um den Dolchstoß überwölbte die Ausschußdebatten dabei so sehr, daß eine sachliche Auseinandersetzung um die Rolle der Militärjustiz keine Chance gehabt hätte, selbst wenn sie gewollt worden wäre. Diese tendenziöse Grundhaltung läßt sich auch sehr gut an dem Kommentar ablesen, mit dem das Bayerische Kriegsarchiv seine Zusammenstellung der Zahlen über die bayerischen Kriegsgerichtsverfahren an Volkmann gesandt hatte. Darin hieß es, daß das Militärstrafgesetzbuch »nicht in dem durch die besonderen Umstände des Krieges gebotenen Maße für die Aufrechterhaltung der Disziplin eingesetzt... und durch oft unangebrachte und übertriebene Milde gelähmt«130 worden sei. Diese eindimensionale Sichtweise ließ manche schon damals bekannte Tatsachen - wie man vermuten darf: bewußt - außer acht. Denn die in vielen Ländern feststellbare Tendenz, daß die Handhabung der Kriegsgesetze im Kriegsverlauf abgemildert wurde, wäre 1930 am Beispiel des britischen Heeres auch in Deutschland für jeden Interessierten aus den »Statistics of the Military Effort of the British Empire« ablesbar gewesen. Das hätte jedoch das Eingeständnis bedeutet, daß die vergleichsweise gelinde Handhabung der Militärjustiz in der deut320

sehen Armee nicht ausschlaggebend für die Kriegsniederlage gewesen war. Dazu fand man sich aus ideologischer Verhärtung heraus mehrheitlich nicht bereit, und so spiegelt sich an diesem Punkt ein grundsätzliches Charakteristikum der politischen Kultur der Weimarer Republik wider. Durch die extreme Polarisierung der öffendichen Meinung war eine rationale Auseinandersetzung um die Formen, Inhalte und Ziele politischer Willensbildung und Entscheidungsfindung kaum möglich, und der ersten deutschen Demokratie fehlte daher jener gesellschaftliche Konsens, ohne den eine Zivilgesellschaft nicht zu bestehen vermag.131 In der revolutionären Umbruchsituation der Jahre 1918/19 konnte sich eine parlamentarische Demokratie etablieren und trotz aller Widerstände zunächst auch konsolidieren. Doch blieb dieses Fundament in den 14 Jahren der Republik so brüchig, daß jede wirtschaftliche oder politische Krisensituation schnell zur Staatskrise eskalierte. Vor diesem Hintergrund erwies sich die Abschaffung der Militärjustiz als ein Pyrrhussieg. Damit korrespondiert die Tatsache, daß auch in dem Großteil der militärkritischen Literatur der Weimarer Jahre das Thema Verweigerung letzdich marginal blieb und nur bei wenigen Autoren wie Edlef Koppen, Arnold Zweig, Alfred Döblin oder Erich Maria Remarque manifest wurde, ohne jedoch eine explizit politische Bedeutung zu erlangen.132 Das gilt ebenso fiir Wilhelm Lehmanns Ende der Zwanziger geschriebenen und erst 1962 veröffendichten Roman »Der Überläufer«, in dem das »Prinzip Desertion ... so sehr ins Metaphysische hinein überdehnt [wird], daß als seine Kehrseite hilfloser Antimilitarismus erscheint, der letztendlich alles beläßt, wie es ist«.133 Einzig einige Dramen um die Marinemeutereien 1917 und 1918 nahmen direkt auf die tagespolitischen Auseinandersetzungen bezug, dann jedoch aus eindeutig kommunistischer Parteiperspektive.134 Eine dezidiert republikanisch-demokratisch orientierte Beschäftigung mit den >Kriegsunfreiwilligen< fehlte dagegen weitgehend.

b) Der Weg in den NS-Unrechtsstaat Die Agitation von rechts in der Weimarer Republik bürdete nicht zuletzt den >Drückebergern< und Deserteuren die Schuld an der Kriegsniederlage auf. Die vermeindich viel zu milden und noch dazu im Kriegsverlauf weiter entschärften Gesetze, so der allgemeine Tenor, hätten den >Zersetzungserscheinungen< im Heer Vorschub geleistet. Der Militärjustiz wurde hauptsächlich der Vorwurf gemacht, selbst die gegebenen Strafverfolgungsmittel nicht konsequent angewendet und den Gedanken der Abschreckung zugunsten eines Gerechtigkeitsdenkens gegenüber dem Einzelfall vernachlässigt 321

zu haben.135 Mit der Machtübertragung an die Nationalsozialisten war dann die Anschauung zur Staatsdoktrin geworden, »daß der Ausgang des großen Völkerringens höchstwahrscheinlich ein anderer gewesen wäre, wenn das Umsichgreifen gewisser Zersetzungserscheinungen der Jahre 1 9 1 7 und 1918 durch den Gesetzgeber und die Kriegsgerichtsbarkeit ebenso energisch bekämpft worden wäre, wie in anderen Ländern«. 136

Bereits am 12. Mai 1933 wurde daher das »Gesetz über Wiedereinführung der Militärgerichtsbarkeit«137 erlassen. Es trat zum 1. Januar 1934 in Kraft, lehnte sich jedoch zunächst weitgehend an die Bestimmungen des alten Militärstrafgesetzbuches von 1872 an, was bald von den Militärjuristen selbst kritisiert wurde. Bemängelt wurde vor allem, daß immer noch die Absicht dauernder Dienstpflichtentziehung - oder doch zumindest für die gesamte Dauer eines Krieges - nachzuweisen war. Weiterhin insistierte man darauf, daß allein die obligatorische Todesstrafe eine adäquate Abschrekkungswirkung verspreche.138 Dafür verwies z.B. der Rostocker Jura-Professor Mayer gerne auf das Beispiel Frankreichs und Großbritanniens, die durch die rücksichtslose Anwendung der Todesstrafe den Zusammenbruch ihrer Armeen in Krisenzeiten verhindert hätten: »Das französische und englische Beispiel lehren zum mindesten, daß man in diesen Armeen die Strenge für nötig und förderlich hielt, ferner, daß es auch in einem modernen Volksheer möglich ist, mit Strenge vorzugehen.«139 Dabei blieb freilich unerwähnt, daß die Meutereien von 1917 im französischen Heer gerade nicht mit dem Exekutionskommando niedergeschlagen, sondern letzdich politisch befriedet worden waren und von 1933 bis 1935 ein vom Parlament einberufenes Sondergericht achtundsechzig umstrittene Kriegsgerichtsurteile aus dem Weltkrieg einer Revision unterzog.140 Ebenso wurde nie erwähnt, daß man in England nach dem Krieg in einem langwierigen Meinungsbildungsprozeß zu dem entgegengesetzten Schluß gekommen war, auf die Todesstrafe künftig zu verzichten. Man nahm sich also die westeuropäischen Länder zum Vorbild für die eigene Vorbereitung auf den nächsten Krieg, jedoch in einem verengten, enthumanisierenden Sinn zweckrational. Der Ausgleich mit den Anforderungen der Humanität, der auf der Insel und westlich des Rheins mühsam hergestellt worden war, blieb dabei auf der Strecke. Diese >deutsche Modernisierung< war eine halbierte, sogar eine pervertierte, denn sie übersteigerte einzelne Aspekte so radikal, daß dadurch ein qualitativer Sprung auftrat. Denn eine bloße Verschärfung der Strafnormen genügte manchen Militärjuristen noch nicht. Erich Schwinge lag es besonders am Herzen, die »gegen den Lebensnerv der Wehrmacht gerichteten Straftaten unter Ausnahmerecht [zu] stellen«.141 Dieser Wunsch wurde ihm mit der »Kriegssonderstrafrechtsverordnung« (KSSVO) 142 vom 17. August 1938 und der »Kriegsstrafverfahrensordnung«143 vom selben Datum, die zum 26. 322

August 1939 in Kraft traten, erfüllt. Das Feldkriegsgerichtsverfahren wurde weiter vereinfacht und der § 70 des Militärstrafgesetzbuchs so verschärft, daß bereits bei der ersten Fahnenflucht im Feld die Todesstrafe möglich oder eine zeitliche oder lebenslange Zuchthausstrafe als Mindeststrafe obligatorisch wurde. Besonders verhängnisvoll war der § 5 der KSSVO, nach dem jegliche Äußerung von Dienstunwilligkeit als »Zersetzung der Wehrkraft« mit dem Tode bestraft werden konnte. So stellte der nach dem Zweiten Weltkrieg unbeirrt als Apologet der NS-Militärjustiz auftretende Schwinge 1940 triumphierend fest, »daß die Erfahrungen des Weltkrieges bis auf das letzte ausgewertet worden sind. Auch auf diesem Gebiet war die Kriegsvorbereitung eine vollkommene!«144 Dieser Teil der Lehren aus dem Krieg war jedoch noch nicht spezifisch nationalsozialistisch, denn das fanatische Streben, einen November 1918 kein zweitesmal zuzulassen und daher das Abschreckungsdenken grotesk zu übersteigern, war bis weit in national-konservative Schichten hinein verbreitet, wobei aber zumindest noch Reste juristischen Denkens übrigblieben. So hieß es in einem Überblickswerk über das Militärstrafrecht von 1936 einerseits martialisch im Stil der >neuen Zeitc »Es gilt die Disziplin zu schützen, die Unerbittlichkeit soldatischer Pflichten zu bewähren, den militärischen Organismus rein zu halten von Elementen, die ihm schädlich sind«. Andererseits wurde doch daran festgehalten, daß »auch das Militärstrafrecht nichts anderes als ein Schuldstrafrecht sein kann und darf«, wobei nicht immer »der Schluß von äußerer Tatschwere auf persönliche soldatische Minderwertigkeit gerechtfertigt«145 sei. Selbst im Zweiten Weltkrieg waren noch vergleichsweise moderate Stimmen zu hören. In einer 1940 für die Kriegsgeschichtliche Forschungsanstalt des Heeres erstellten Studie über die »Strafrechtspflege und Mannszucht in der zweiten Hälfte des Weltkrieges« wurde mit Blick auf die relativ niedrigen Strafmaße in Friedenszeiten festgestellt: »Es läßt sich nicht nachweisen, daß die milde Handhabung des Militärstrafrechts die Aufrechterhaltung der Mannszucht in der deutschen Wehrmacht ungünstig beeinflußt hat; eher dürfte das Gegenteil der Fall sein.« 146

Auch die Zustimmung der Militärbehörden zu der vom Reichstag geforderten Senkung der Mindeststrafen, die im April 1917 zum Gesetz geworden war, wurde mit dem Hinweis auf die veränderten und vielschichtigen Gegebenheiten des Krieges gerechtfertigt. Besonders bemerkenswert sind jedoch folgende Zeilen über die Ursachen des Verfalls der Kommandoautorität im Jahre 1918, die keineswegs den 1940 herrschenden nationalsozialistischen Vorstellungen über die Lehren des Krieges entsprachen: »Man wird gewiß zugeben müssen, daß jene disziplinschädigenden Vergehen ... in erster Linie Symptome der zunehmenden Kriegsmüdigkeit gewesen sind, die in Wehr-

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macht und Volk immer weiter um sich griff. Sie hatte ihre Ursache, [sie!] weniger in moralischen Defekten als in physischer Erschöpfung infolge Hunger, Überanstrengung, Überspannung der Nerven usw. Es mag daher immerhin fraglich erscheinen, ob es möglich gewesen wäre, durch Verschärfung der militärischen Zwangs- und Strafgewalt, etwa durch Schaffung eines scharfen militärischen Ausnahmerechts die genannten Symptome einzudämmen oder zu beseitigen.«147

Als verhängnisvoll wurde demgegenüber die neuerliche Strafmilderung im Juli 1918, die Amnestie- und Begnadigungspraxis der Kontingentsherren sowie die schädliche Praxis der Strafaussetzung bezeichnet. Daß die »Aufrechterhaltung des Mannszucht« gegen Kriegsende mißlungen sei, »ist nicht nur eine Folge der schwächlichen Handhabung des Strafrechts gewesen und hat noch mancherlei andere Gründe gehabt. U.a. erschwerte die große Ausdehnung des Kriegsgebietes bei dem ständigen Kräftemangel die polizeiliche Überwachung ganz außerordenüich«. 148

Obwohl auch diese Perspektive keineswegs leidenschaftslos und objektiv zu nennen ist, zeugt sie doch von einem vergleichsweise undogmatischen Blick auf gesellschaftliche Strukturen und Interaktionen. Die zusätzliche Qualität, die dagegen das rassische und biologistisch-sozialdarwinistische Denken des Nationalsozialismus in die Militärjustiz einbrachte, wird programmatisch in einer juristischen Dissertation von 1940 deutlich. Darin galt der Deserteur als »entartete[r] Volksgenosse«, dessen Ehrlosigkeit »durch den Verrat des eigenen Blutes«149 gekennzeichnet sei. Die Tatsache, daß als Ursachen der Desertion zumeist »Geisteskrankheit, Hysterie, Epilepsie, Alkoholismus [und] allgemeine psychische Degeneration« festgestellt worden seien, sollte nicht die Annahme der Schuldunfähigkeit des Täters nahelegen, sondern die »Aussonderung krankhaft veranlagter, entarteter Menschen aus der Gemeinschaft«150 zur Folge haben. Der Gedanke, die rassisch definierte > Volksgemeinschaft^ durch >Ausmerzung< aller derjenigen zu stabilisieren, die sich, aus was für Gründen auch immer, nicht einfügen wollten, konnten oder durften oder die, wie die Juden, per definitionem ausgeschlossen waren, wurde auch auf die Deserteure angewendet. Die Umsetzung dieser Vorstellungen war mörderisch und sprengte bei weitem die Dimension dessen, was zumindest in West- und Mitteleuropa jemals unter dem Titel >Militärjustiz< praktiziert worden war: Mindestens 15.000 Todesurteile gegen Wehrmachtangehörige wurden vollstreckt, wenigstens die Hälfte davon wegen Desertion und zwei Drittel allein im letzten Kriegsjahr.151 Funktional haben sich dabei die alte, radikalisierte Abschrekkungsideologie und das neue Denken in der sozialdarwinistischen Kategorie der >Ausmerze< ergänzt. Kein Wehrmachtrichter mußte überzeugter Nationalsozialist sein, um im Sinne der Machthaber zu funktionieren. Es genügte, daß er bereit war, die lange Tradition deutscher Rechtsstaatlichkeit dem 324

Primat des Nützlichkeitsdenkens zu opfern. Denn diese Tradition erwies sich als wertlos, weil sie nicht fest mit einem liberalen und demokratischen Gedankengut verknüpft war. Der Rechtsstaat war ein Außenskelett, dem das Rückgrat humanistischer Gesinnung fehlte. Recht und Rechtsstaatlichkeit sind aber keine Alternativen, sondern die zwei Seiten derselben Medaille.

2. Großbritannien: Versagen, Wertewandel und die Lernfähigkeit der Demokratie a) Die Untersuchungsausschüsse Das von Churchill im März 1919 angekündigte Komitee des Army Council wurde am 10. April 1919 eingesetzt und hatte die Aufgabe, die Regeln der Kriegsgerichtsprozesse im Frieden und Krieg im Lichte der Weltkriegserfahrungen zu bewerten sowie Empfehlungen für Änderungen zu machen. Das Motiv für seine Einberufung dürfte die keineswegs als angenehm empfundene Einsicht gewesen sein, daß durch den Weltkrieg irreversible Demokratisierungsprozesse auch in der Armee angestoßen wurden, die eine Revision der bisherigen Praxis der Militärjustiz notwendig machten.152 An 22 Tagen trat das allgemein nach seinem Vorsitzenden, dem Richter Charles Darling, »Darling-Committee« genannte Gremium zusammen, um die Aussagen vieler mit den Kriegsgerichtsverfahren befaßter Personen und Instanzen zu sammeln und auszuwerten. Als Mitglieder fungierten einige Unterhausabgeordnete sowie hochrangige Offiziere, die während des Krieges oft an entscheidenden Stellen der Militärjustz gearbeitet hatten; der Ausschußbericht vom 29. Juli 1919 wurde kurz darauf veröffentlicht.153 Eine grundsätzliche Kritik an dem System der Militärjustiz war von diesem Gremium schon aufgrund des Auftraggebers und seiner Zusammensetzung nicht zu erwarten und so wurde festgestellt, daß das bestehende Rechtssystem alles in allem zufriedenstellend funktioniert habe. Daher blieb die Kritik der Mehrheit im Abschlußbericht moderat. Da das Ganze nicht in Frage gestellt wurde, kamen lediglich einzelne Mißgriffe in der Ausführung zur Sprache. Die Verbesserungsvorschläge beschränkten sich darauf, das Militärstrafrecht zu vereinfachen und zu systematisieren. Außerdem sollten die in verschiedenen Funktionen an den Kriegsgerichtsverfahren teilnehmenden Offiziere eine umfassende juristische Ausbildung erhalten und ein Mindestalter von 25 Jahren haben. Das Recht des Angeklagten auf einen Rechtsbeistand müsse festgeschrieben werden und die Unabhängigkeit des Gerichts sollte gesichert werden. Allerdings wurde dem bestätigenden Offizier zugestanden, allgemein die Verhängung sehr hoher Strafen zu empfeh-

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len, wenn die Disziplinlage das erfordere. Die Verurteilten bzw. die Angehörigen der Hingerichteten schließlich sollten das Recht erhalten, die Gerichtsakten einzusehen. Gemessen an der Bedeutung, die der Handhabung der Militärjustiz im Unterhaus während des Krieges und unmittelbar danach beigemessen worden war, kam das Komitee seiner Aufgabe, ihre Praxis im Krieg aufzuarbeiten, nicht nach, denn trotz der völlig veränderten Rekrutierungsbasis der Armee hatte noch einmal eine Vorstellung von Disziplin triumphiert, die mehr dem 18. und frühen 19. Jahrhundert angemessen war, als dem beginnenden 20. Jahrhundert. Seinen Willen, grundsätzliche Kritik am System der Rechtspflege in der britischen Armee zurückzuweisen, brachte der Mehrheitsbericht dadurch drastisch zum Ausdruck, daß er es für angebracht hielt, mit dem bekannten Zitat des Duke of Wellington von 1813 zu schließen, das auch im Weltkrieg vielen Offizieren als Motto gedient hatte: »I consider all punishments to be for the sake of example.«154 Darüber hinaus wurde im offiziellen Abschlußbericht festgestellt, daß die Grundprinzipien der Militärgerichtsbarkeit 1919 dieselben seien, wie über einhundert Jahre davor. Das Komitee konnte oder wollte nicht begreifen, daß sich in den vier Jahren des Weltkrieges die britische Armee stärker verändert hatte, als in den hundert Jahren davor; die Maßstäbe des Napoleonischen Weltkrieges waren angesichts des ersten totalen Weltkrieges obsolet geworden. Auch das Minderheitsvotum der Abgeordneten Bottomley, Lowther und Walsh ändert an diesem Befund wenig. Ihre wichtigsten Zusatzvorschläge waren, die Todesstrafe auf wenige Delikte zu begrenzen - auf welche genau, teilten sie nicht mit - , ein formalisiertes Appellationsgericht bei Todesurteilen auch im Feld einzuführen und die Bestätigungsprozedur für ergangene Urteile entfallen zu lassen. Die moderaten Änderungsvorschläge des Darling-Committee wurden weitgehend umgesetzt. Mit einer Ausnahme allerdings: Auch weiterhin wurde dem Verurteilten das Strafmaß nicht in der Verhandlung selbst bekannt gegeben, sondern erst, wenn es rechtskräftig geworden war, außer bei den Delikten, auf die die Todesstrafe stand. Der Minderheitsforderung nach einem Appellationsgericht und Einschränkung der Todesstrafe wurde ebenfalls nicht entsprochen. 155 Die verschiedenen militärischen Kommandostellen stimmten dem Darling-Committee-Report im allgemeinen zu, beispielsweise der Forderung nach besserer juristischer Ausbildung der Offiziere, wobei jedoch eine längere Fronterfahrung häufig für wichtiger gehalten wurde als vertiefte Kenntnisse im Militärstrafrecht. Ein Oberkommandierender war allerdings dezidiert anderer Meinung: »The Commander-inChief, India, does not think that Legal Advisers should ever sit as Members of Courts Martial.«156 Auch die Ansicht, daß der Angeklagte grundsätzlich einen sachkundigen Rechtsbeistand haben sollte, war nicht unumstritten, 326

wohl aber der Vorschlag, das Militärstrafrecht zu systematisieren und zu vereinfachen. Außer dem »Darling-Committee« und dem bereits erwähnten »Committee on Disciplinary Amendments to the Army and Air Force Acts«, von dem unten noch die Rede ist, gab es noch einen zweiten Versuch, eine im Krieg sehr kontrovers debattierte Erscheinung durch ein Komitee abschließend zu bewerten. Das »Shell Shock-Committee« von 1922 reflektierte einen kulturellen Wertewechsel der Nachkriegsgesellschaft. Als Problem wurde gesehen, eine Neurose von Feigheit zu unterscheiden, da Furcht in beiden Fällen die wichtigste Ursache sei.157 Daher blieb einerseits die alte Sicht weiter virulent, daß die Opfer psychischer Störungen nichts anderes seien als Feiglinge, die einen einfachen und respektablen Ausweg aus dem Krieg suchten.158 Die Anfälligkeit dafür wurde von manchen Gutachtern klassenspezifisch (Unterschicht) bzw. national (Iren) oder rassisch (Juden) differenziert. Andererseits zeigte man doch auch Verständnis für die psychischen Belastungen eines modernen Krieges und kam zu dem Eingeständnis, daß die Vorkriegsideologie mit ihrer Betonung von >willpower< und quasi angeborener Führungsqualität der Oberschicht in Frage gestellt werden müsse.159 Denn der Abschlußreport kam zu dem Ergebnis, daß die Anfälligkeit für psychische Störungen nicht mit der Erziehung oder Klassenzugehörigkeit zusammenhing. Wie konnte dann aber die alte Oberschicht ihre Führungsrolle in einer geänderten Welt weiterhin legitimieren, und darüber hinaus: konnten die alten Werte noch gültig bleiben? Dieser Lernprozeß war langwierig und wurde, speziell unter den hohen Militärs, nur von einer Minderheit getragen.

b) Die Haltung der Militärführung Als vier Tage vor dem Inkrafttreten des Waffenstillstandes an der Westfront der Oberkommandierende der britischen Armee in Griechenland beim War Office anfragte, ob die Vollstreckung von Todesurteilen angesichts des nahen Kriegsendes nicht ausgesetzt werden sollte, antwortete ihm der Advocate General, Childs, daß allein die Rücksicht auf die Öffentlichkeit, die weitere Hinrichtungen nicht mehr hinnehmen würde, diesen Verzicht ratsam erscheinen ließen. Abgesehen davon zeigte er sich jedoch zuversichtlich: »Hitherto we have successfully resisted this demand [sc. nach Abschaffung der Todesstrafe] which came from a very small minority of the House [of Commons] of the usual type - Philip Snowden etc. - and I do not doubt that we shall be able to maintain the provisions of the Army Act in the future as they now stand.«160

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Daß es anders kam, war tatsächlich nicht einem Lernprozeß innerhalb der Militärführung zu verdanken, denn diese zeigte sich von den Umwälzungen des Weltkrieges auch nach dessen Ende unbeeindruckt, wie eine Umfrage des War Office im Sommer 1919 zeigt. Die dort gestellte Frage, ob das Field Punishment Nr. 1 beibehalten, oder, wie in der Öffentiichkeit vielfach gefordert, abgeschafft werden sollte, gab den Militärbehörden Gelegenheit, ihre Interpretation der Kriegserfahrungen zu formulieren. Es ist kaum überraschend, daß man sich überwiegend für eine Beibehaltung dieser Strafform aussprach, weil sie zum einen schnell wirksam und abschreckend, d.h. fur die Aufrechterhaltung der Disziplin unverzichtbar sei; zum anderen gebe es keine praktikable Alternative und man müsse ohne sie verstärkt auf Kriegsgerichtsverfahren, ja sogar die Todesstrafe zurückgreifen.161 Der ehemalige Oberkommandierende an der Westfront, Douglas Haig, vertrat dabei, wie gewohnt, den kompromißlosen Standpunkt, daß ohne härteste Strafen die Disziplin nicht hätte aufrecht erhalten werden könne. Als abschreckendes Gegenbeispiel erschien ihm die hohe Desertionsrate bei den australischen Truppen, die er unmittelbar auf die fehlende Todesstrafe für Desertion zurückführte.162 Weil sich die australische Regierung trotz des Drängens von Haig hartnäckig geweigert hatte, die Todesstrafe fur Desertion einzuführen, stand dieses Disziplinierungsmittel bei ihnen nicht zur Verfügung. Damit wiederholte Haig seine auf eine frühere Anfrage des War Office hinsichdich einer möglichen Abschaffung des Field Punishment Nr.l gemachte Aussage von Ende 1916, daß diese Strafe zur Aufrechterhaltung der Disziplin beigetragen habe und zwar mit einem Anteil an Todesstrafen, der im Vergleich mit anderen Armeen sehr niedrig gelegen habe.163 In dem »Committee on Disciplinary Amendments to the Army and Air Force Acts« sprachen sich die als Sachverständige befragten hohen Offiziere, unter ihnen die Field Marshals Haig und Plumer, massiv gegen die Abschaffung der Todesstrafe aus. Diese Position wurde sogar von den dort zu Worte kommenden einfachen Soldaten vertreten. Ein Gefreiter bezeichnete die drohende Abschaffung der Todesstrafe schlicht als ein »national disaster for the British Army«.164 Differenziertere Stimmen waren innerhalb der Armee selten und stammten eher von Subalternoffizieren, die ihre Kriegserlebnisse anders bewerteten als die Angehörigen des Vorkriegsoffizierkorps. Der bereits zitierte, erst bei Kriegsbeginn in die Armee eingetretene und später häufig als Verteidiger fungierende McEllwaine etwa hielt selbst Freisprüche eines Schuldigen in den meisten Fällen für »not subversive of discipline, quite the reverse. As nothing is so apt to undermine discipline as a feeling of grievance that one has not had a fair play, so nothing supports it so much as a feeling that one has had an absolutely fair trial and that the accused has been given the benefit of every technicality and doubt. It is propably very very sel-

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dom that a guilty man who had been acquitted thinks that he has been clever enough to fool the court.« 165

Für einen wenigstens partiellen Lernprozeß innerhalb der Militärführung lassen sich dagegen kaum Beispiele anführen. Als der Adjutant General im War Office im Oktober 1926 sein Amt niederlegte, erstellte er ein als »very secret« gekennzeichnetes Memorandum, in dem er zur aktuellen Frage der Beibehaltung oder Abschaffung der Todesstrafe Position bezog. Weil letzteres sowieso nur eine Frage der Zeit sei und genügend andere Mittel zur Sicherung der Disziplin bereitstünden, hatte er keine grundsätzlichen Bedenken dagegen und wollte diese Strafform nur noch für Meuterei und Verrat beibehalten wissen.166 Begründet wurde der mögliche Verzicht auf die Abschreckungswirkung der Todesstrafe jedoch wiederum rassistisch: »[I]s the character of the British race so feeble that even if now and then a weakling may be found who cannot face the ordeal of battle, it needs his death to stiffen the resolution of all the rest? Is not the real >deterrent< the fear of showing fear?«167

Abgesehen von diesen wenigen Ausnahmen fand jedoch kein interner Lernprozeß der Armee statt. Die Anpassung des Militärstrafrechts an die veränderten Verhältnisse war von außen veranlaßt worden und zeigt im Vergleich mit Deutschland zweierlei: Einerseits die in beiden Ländern durch starre Lernunwilligkeit verblüffende Inflexibilität der militärischen Elite, die sich unfähig zeigte, ihre Wertvorstellungen aufgrund von Erfahrungen zu modifizieren; Andererseits die Stärke der politischen Kontrolle der Armee durch Regierung und Parlament, die in Großbritannien die Durchsetzung ihres Willens erzwingen konnten, während in Deutschland der Triumph des Parlaments nur scheinbar von Dauer war. Die Fähigkeit, die eigenen Werte und Verhaltensweisen im Lichte der Erfahrungen zu prüfen und, wenngleich nur zögerlich, neu zu definieren, war jedoch auch in Großbritannien keineswegs unproblematisch und widerspruchsfrei. Trotzdem führte sie letztlich zur weiteren Durchsetzung demokratischen Denkens und kontrastiert sehr deudich mit der deutschen Entwicklung. Dort führten die Lehren aus dem Krieg zu einer ideologiegeleiteten Verhärtung gegensätzlicher Standpunkte, von denen sich derjenige der extremen Rechten am Ende durchsetzte.

c) Der dauerhafte Wandel Die im April 1930 erfolgte Abschaffung der Todesstrafe für Feigheit und Desertion erwies sich in Großbritannien trotz aller Kritik als eine irreversible Entscheidung, die offensichdich einem breiten gesellschaftlichen Konsens entsprach. Deutlich wird das z.B. an dem Oliver-Committee von 1938. In 329

seiner Stellungnahme dort führte Air Vice-Marshal A. S. Barratt die Funktionen der Militärjustiz auf und nannte dabei nacheinander: »[J]ustice must not only be done but must manifestly appear to be done. ... To determine the guilt or innocence of the accused. To assess the penalty for the crime. ... the purpose of the penalty is: - (a) Reformative. In peace this is the main function of punishment, (b) Deterrent. This, in peace, is a partial function of punishment. In war it is the main function.« 168

Die alte Justiz der Abschreckung galt zwar noch immer und wurde sogar nach wie vor als die Hauptfunktion benannt. Dennoch ist es sehr aufschlußreich, daß sie jetzt erst an fünfter Stelle genannt wurde, beschränkt und relativiert durch andere, in ihrer Summe gewichtigere Faktoren. Viele andere konnten sich jedoch nicht mit dem Gedanken anfreunden, auf die Todesstrafe als Disziplinierungsmittel künftig verzichten zu müssen. Die Überzeugung, allein mit einem Disziplinarkodcx, der sich um zivile und politische Begrenzungen nicht zu kümmern brauche, könne eine Armee auch in Krisenzeiten zusammengehalten werden, war auch hier weit verbreitet. Ebenfalls vor dem Oliver- Committee beschrieb ein aktiver LieutenantColonel, was er für die Lehre des Krieges hielt: »Germany, that proud nation, was forced to sue for peace owing to the internal collapse of discipline in her Army and Navy. In her Army, the most disgraceful scenes of in-discipline occurred, of a nature that could not be contemplated in ours, until all military cohesion and will to fight disappeared. ... Field Marshal Von Hindenburgh and his Quartermaster General, General Von Ludendorf, attributed a major part of the disaster to the fact that the German Government introduced civil restrictions into the Military law and used this as a wedge to finally remove or restrict the powers o f punishment previously held by Military Commanders.« 169

Mit dieser Position, die versuchte, politische Einflußnahme auf die militärische Sphäre als unberechtigt und verderblich abzuwehren, stand er nicht allein. Der ehemalige Adjutatant von French, Childs, formulierte in seinen Memoiren die Befürchtung: »It is... impossible to say what the results would be if the British Army was to take the field again with death penalty abolished ... but I do not think a conscript army could exist for any length of time as an efficient body of men.« 170 Bekanntlich irrte Childs. Die britische Wehrpflichtarmee bestand die sechs Jahre des Zweiten Weltkrieges trotz aller Rückschläge und Niederlagen, ohne auf das Mittel der Todesstrafe zurückgreifen zu müssen. Aber die immer wieder verblüffende Trägheit von Verwaltungsapparaten bei der Umsetzung politischer Beschlüsse wirkte sich auch hier aus. Am 14. August 1939 fragte das Ministry of Pensions beim War Office an, wie die Benachrichtigungsschreiben für die Angehörigen wegen Feigheit und »other crimes in the field«171 hingerichteter Soldaten zu gestalten seien - obwohl doch für Feigheit und fast alle anderen Delikte die Todes-

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strafe abgeschafft worden war. Wie selbstverständlich gehörte zu den auf britischer Seite getroffenen Vorbereitungen auch die Vorsorge um die zukünftigen Opfer von Hinrichtungskommandos in einem noch nicht einmal begonnenen Krieg, und es dauerte einige Monate, bis der anfängliche Irrtum geklärt werden konnte. Diese Verzögerung lag aber nicht allein in der Trägheit der Militärverwaltung begründet, denn nach dem Weltkrieg hatte sich die britische Armee aus der Gesellschaft zurückgezogen, wieder an die Vorkriegstraditionen angeknüpft und versucht, ihre Autonomie gegenüber der politischen Sphäre zurückzugewinnen sowie die 1930 getroffenen Entscheidungen zu revidieren. Während der Vorbereitungen für das Army Bill 1940, also nach Kriegsbeginn, aber vor dem deutschen Überfall auf die Beneluxstaaten und Frankreich, verfaßte der Adjutant-General im War Office ein Memorandum fiir den Secretary of State for War, Oliver Stanley, in dem er ultimativ die Wiedereinführung der Todesstrafe fiir Desertion und möglichst auch Feigheit, Verlassen des Postens sowie grobe Widersätzlichkeit gegen Vorgesetzte verlangte, weil diese Frage von ausschlaggebender Bedeutung für die Zukunft Großbritanniens sei: »It is now suggested that, when nations in these modern times are reduced to the barbarism of war, a reversion in some degree to those sentences found necessary by our forefathers over hundreds of years, becomes essential for the safety of the Empire. One small slip and all we live for may be lost.«172

Die zu diesem Zeitpunkt vier Desertionsfalle in der BEF auf dem Kontinent, zusammen mit »many other cases of absence« sowie 114 Verfahren wegen Ungehorsams ließen bei dem Commander-in-Chief der BEF und den militärischen Mitgliedern des Army Council bereits Schlimmstes für die Aufrechterhaltung der Disziplin im Falle ernsthafter Kampfhandlungen, an denen die britische Armee zu diesem Zeitpunkt ja noch nicht teilgenommen hatte, befurchten, sollte die Todesstrafe als Abschreckungsmittel nicht bereitstehen. Die Argumentation war dabei dieselbe wie von 1914 bis 1918, doch konnten sich die Militärs mit ihrer Forderung nicht durchsetzen, denn in den Beratungen des Army Act im April 1940 spielte sie keine Rolle. Im Gegenteil, es entzündete sich ein kurzer Disput an dem Wunsch einiger liberaler Abgeordneter, den Report des Oliver-Committees von 1938 endlich zu veröffendichen. Aufschlußreich ist die Begründung, die der Abgeordnete Sir Percy Harris anführte: »Even in war-time we think that the report ... should be made available to hon. Members. This is not a matter of giving information to the enemy or of undermining discipline in the Forces. The whole nation is now subject to being embodied in the Army, and I think it is of vital importance to the nation that hon. Members should not be deprived of the very latest information«.173

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Der Kontrast zu den Verhältnissen in Deutschland - und zwar nicht erst seit 1933 - ist überdeutlich, doch mußte auch in Großbritannien die politische Kontrollfunktion des Parlaments immer wieder aktualisiert werden. Sie war keine Selbstverständlichkeit. Trotz der in der Folgezeit häufig äußerst prekären militärischen Lage blieb das Militärstrafrecht unverändert und im Zweiten Weltkrieg wurde kein einziger Soldat mehr wegen Desertion hingerichtet, lediglich vier Exekutionen wegen Meuterei bzw. Kriegsverrats fanden statt. Vergleicht man die Quote der Kriegsgerichtsverhandlungen wegen Desertion auf 1000 Soldaten in den fünf bzw. sechs Kriegsjahren des Ersten und Zweiten Weltkrieges zeigt sich, daß diese Rate zwar in den Krisenjahren des Zweiten Weltkriegs (1940-1942) höher lag als in der zweiten Hälfte des Ersten Weltkrieges, jedoch nie das Ausmaß des ersten Kriegsjahres 1914-15 erreichte.174 Als auf einem der letzten Höhepunkte deutscher Erfolge, im nordafrikanischen Wüstenkrieg 1942, einige Generale wegen der scheinbar aussichtslosen Lage die Wiedereinführung der Todesstrafe forderten, um die wankende Front zu stabilisieren, wurde dieses Ansinnen aus politischen Gründen als nicht durchsetzbar erklärt.175 Gründe für die Endgültigkeit der 1930 getroffenen Entscheidung, auf die Todesstrafe für Desertion künftig zu verzichten, gab es viele. Sicher war man 1939 besser auf die psychologischen Erfordernisse in einem modernen Krieg vorbereitet, 176 doch das war es nicht allein, was den Unterschied zu 1914—1918 und zum nationalsozialistischen Deutschland ausmachte. Entscheidend war die Erkenntnis, daß die britische Gesellschaft über genügend flexible Integrationsmechanismen verfügte, so daß es offensichtlich gar nicht der Abschreckung durch die Todesstrafe bedurfte, um die Kohäsion der britischen Armee über alle Krisen und Rückschläge hinweg aufrecht zu erhalten. Denn auch für den Umgang mit denjenigen Soldaten, deren psychische Stabilität durch die Schrecken des Kampfeinsatzes erschüttert wurde, erwiesen sich die in den Zwanziger Jahren eingeleiteten Wandlungsprozesse als dauerhaft. 177 Anders sah es allerdings in der Navy aus, deren Disziplin im Zweiten Weltkrieg rigider war als im Ersten, wohl wegen der sehr viel härteren Kampfbedingungen in der für Großbritannien überlebenswichtigen Nordatlantikschlacht, 178 was abermals deutlich macht, daß das Maß und die Art und Weise, in dem abweichendes Verhalten von Soldaten geahndet wird, ein aufschlußreicher Indikator für das Krisenbewußtsein der Militärfuhrung ist.

332

Zusammenfassung und Ausblick Das Vergangene ist nicht tot. Es ist nicht einmal vergangen. Wir trennen es von uns ab und stellen uns fremde Christa Wolf

Der Erste Weltkrieg hat alle beteiligten Gesellschaften vor eine Vielzahl neuer Herausforderungen gestellt, fur die in kürzester Zeit Lösungen gefunden werden mußten. Der Begriff einer erzwungenen Modernisierung< mag dafür eine stark verkürzte Nominaldefinition sein, scheint aber zur Kennzeichnung dieses Prozesses durchaus angemessen. Das betraf zunächst die jeweiligen Armeen, die sich mit dem ersten >totalen Krieg< konfrontiert sahen. Er wurde zum Gradmesser für die Bereitschaft und Fähigkeit der Militärführungen zur Veränderung der bestehenden Normen und Verhaltensweisen. Trotz ihrer unterschiedlichen Ausgangspunkte hinsichdich der Traditionen und Strukturen wogen in diesem Anpassungsprozeß die Ähnlichkeiten bei beiden Armeen schwerer als die Unterschiede. Das gilt zunächst für die substantiellen Hemmnisse, die dieser erzwungenen Modernisierung< entgegenstanden. Denn wie jedes soziale System haben auch die Armeen ein enormes Maß an Beharrungsvermögen bewiesen. Es äußerte sich vor allem darin, daß das Kriegsbild der Militärführung nur zögernd mit den neuen Realitäten in Einklang gebracht wurde. Eine dieser Idealvorstellungen war die der völligen Kontrolle über die Front, ihr Hinterland und vor allem die Soldaten. Doch das tatsächlich durchzusetzen, erwies sich im Ersten Weltkrieg für alle Seiten als ein fast unlösbares Problem, weil der moderne Krieg durch eine enorme Komplexitätssteigerung und weitreichende Ausdifferenzierungsprozesse geprägt war. Die sich aus der Unübersichtlichkeit des jahrelang andauernden und große Teile Europas erfassenden Krieges ergebenden Hohlräume und Nischen des Systems wurden von allen Soldaten in der einen oder anderen Weise genutzt. Weil der Soldatenalltag von vielen >kleinen Fluchten< geprägt war, stellte die >große Flucht< gar nicht jenes extreme Ausnahmeverhalten dar, als das es zumeist gesehen wird. Die äußere Kontrolle war nur noch begrenzt herstellbar, weshalb neue Strategien in den Vordergrund rückten, um den einzelnen an das System zu binden. An die Stelle der Ausübung äußeren Zwanges sollte primär die Evozierung jener inneren Überzeugung treten, daß die >eigene Sache< den persönlichen Einsatz bis zur Selbstaufgabe wert sei. 333

Dadurch ergab sich u.a. die Notwendigkeit, die Formen der Kommandoautorität neu zu definieren. Auch hier erwies sich die aus der Vorkriegszeit überlieferte Vorstellung einer beinahe mechanisch auf Befehl und Gehorsam aufgebauten Hierarchie als nicht mehr in dieser Form mit den Gegebenheiten der Gesellschaft vereinbar. Zu diesen gesellschaftlichen Modernisierungsprozessen traten auch solche militärtechnischer und taktischer Art, die ebenfalls eine Wandlung der Kommandoautorität erzwangen, da der Angriff in geschlossener Formation obsolet geworden war. Er mußte durch eine neue Kampfweise ersetzt werden, die stärker als bisher auf die Eigeninitiative und Eigenverantwortung auch des einfachen Soldaten zu bauen hatte. Im Schützengraben wirkten alle diese Faktoren zusammen: Anders als in der Kaserne war die Armee hier keine totale Institution, denn eines ihrer Hauptmerkmale, die soziale und räumliche Separierung von Offizieren und Mannschaften, konnte nicht mehr in vollem Umfang aufrecht erhalten werden. Vor allem die für die Beziehungen innerhalb der Truppe kennzeichnende extreme soziale Ungleichheit ließ sich im Zeitalter der Massenrekrutierung nicht mehr ohne weiteres rechtfertigen. Da sie gleichwohl gängige Praxis blieb, traten Ideal und Wirklichkeit oft weit auseinander, was zu einem Legitimitätsverlust der Militärfuhrung beitrug, der nicht mehr durch eine Erhöhung des Disziplinierungsdruckes allein kompensierbar war. Aus all diesen Faktoren ergaben sich für die Militärfuhrungen permanente Dilemma-Situationen. Die Energien des Individuums mußten freigesetzt und zugleich domestiziert werden. Konkret hieß das: Der Soldat sollte selbständig denken und handeln, wenn es darum ging, einen Befehl seiner Vorgesetzten umzusetzen. Doch nach Sinn und Zweck seines Soldatenlebens als solchem zu fragen, sollte ihm nach Möglichkeit ausgetrieben werden. Die hierarchische und entindividualisierende Kommandostruktur mußte gewahrt und dennoch mit den veränderten Anforderungen der Staatsbürger in Uniform< koordiniert werden, denen nicht mehr ohne weiteres jene menschenunwürdige Behandlung zugemutet werden konnte, wie sie in den Zeiten vor der Einfuhrung der allgemeinen Wehrpflicht üblich war. Zugleich verstanden sich beide Armeen jedoch als Garanten des gesellschaftlichen Status quo. Wie sich am Beispiel der Desertion gezeigt hat, sind solche Emanzipationsprozesse freilich nicht steuerbar, denn sie gewinnen eine Eigendynamik mit nicht intendierten Folgen. Viele Soldaten nahmen sich einfach das, was ihnen als ihr Recht erschien. Eine zentrale Funktion für die Regulierung der sozialen Beziehungen hatte schließlich die Justiz. Auch hier läßt sich zunächst in beiden Armeen eine ähnliche Reaktion auf die Herausforderungen des Krieges feststellen. Die überkommenen Rechtsgrundsätze erwiesen sich als nicht mehr anwendbar und wurden daher modifiziert und zwar im Sinn einer Flexibilisierung der starren Vorschriften. Deutlich geworden ist das z.B. an dem Problem der

334

Haftstrafen, die in dem langen Krieg dazu führten, daß ein Deserteur immer sein Ziel erreichte, dem Krieg zu entkommen. Entweder gelang seine Flucht, oder er saß im sicheren Gefängnis fernab der Front. In beiden Armeen führte diese Erkennntis dazu, daß man in vielen Fällen auf den Strafvollzug verzichtete und damit sowohl seine Abschreckungs- wie Sühnefünktion preisgab. Dadurch aber war für die Soldaten geradezu ein Ansporn gegeben, die Grenzen des Systems immer weiter auszureizen. Die zunehmend schwierigere Aufgabe der Justiz war es, Recht, Gerechtigkeit und Disziplinerhaltung miteinander in Einklang zu bringen. Die Desertion stellt zwar ein individuelles Verhalten dar, ihre juristische Kategorisierung kann aber nur vor dem Hintergrund der vom Militärsystem entworfenen Koordinaten erfaßt werden. Die Deserteure waren Grenzgänger, doch nicht von ihnen aus läßt sich die Scheidelinie zwischen Norm und Normverletzung definieren, sondern nur vom Apparat aus. Denn rein militärisch gesehen war die Desertion in der britischen wie in der deutschen Armee für den Kriegsverlauf unerheblich; sie blieb zahlenmäßig ein marginales Verhalten. Wenn ihm soviel Aufmerksamkeit gewidmet wurde, dann nicht trotz dieser weitgehenden Bedeutungslosigkeit, sondern gerade deswegen. Weil der Stellungskrieg aufgrund des Übergewichts der materiellen Faktoren selbst von den Hauptquartieren kaum noch beeinflußbar war, wurde nicht zuletzt der Deserteur zum Schuldigen an der militärischen Ausweglosigkeit der Lage. Fragt man danach, wie die vom Krieg hervorgerufenen Wandlungsprozesse Gestalt annahmen, steht sofort das Verhältnis zwischen der Gesamtgesellschaft und ihrer Armee zur Debatte. In diesem Bereich lassen sich deutiiche Unterschiede zwischen Deutschland und Großbritannien erkennen. Das gilt zunächst für die Form und den Inhalt der Anpassung an die neuen Gegebenheiten. In Deutschland verlief dieser Prozeß vor allem auf der staatlich-bürokratischen Ebene und fand seinen deutlichsten Ausdruck in den mehrfach im Krieg vorgenommenen Gesetzesänderungen. Dabei hat das politische System eine angesichts der sonst feststellbaren Autarkie der Armee als monarchischer Machtbasis erstaunliche Flexibilität bewiesen. Das ist zugleich ein Beweis der wechselseitigen starken Durchdringung von Armee und Gesellschaft, denn faktisch war dem Reichstag ein weitgehendes Mitbestimmungsrecht im beinahe sakrosankten Bereich der kaiserlichen Kommandogewalt zugebilligt worden. Insofern muß das Bild einer von politischer Beeinflussung abgeschotteten Armee neu gezeichnet werden, denn in den letzten Kriegsjahren war die parlamentarische Kontrolle der Armee zumindest für den hier zur Debatte stehenden Bereich gelebte Praxis und im Kern weder zwischen den Parteien im Reichstag noch dem Preußischen Kriegsministerium umstritten. Von Flexibilität und Demokratisierungsbereitschaft war jedoch hinsicht335

lieh des Umgangs mit den nationalen Minderheiten keine Rede. Die Behandlung der Elsaß-Lothringer im deutschen Heer war von einer systematischen Diskriminierungspolitik gekennzeichnet, welche die sonst weitgehend eingehaltenen Rechtsnormen völlig ignorierte und schon Elemente des nationalsozialistischen >Doppelstaates< erkennen läßt. Dadurch wird zugleich deutlich, daß die Defizite der Integrationsfähigkeit des Kaiserreichs in seinem Machtzentrum begründet lagen, während die Integrationswilligkeit bei den Minderheiten durchaus vorhanden war. Insofern läßt sich vermuten, daß die in einigen Bereichen bewiesene Reformfähigkeit nicht von einer grundsätzlichen Reformwilligkeit induziert wurde, sondern primär an Nützlichkeitserwägungen gebunden war. Die Konzessionen, die man zu machen bereit war, fanden ihre Beschränkung bezeichnenderweise entlang national bzw. ethnisch definierter Grenzen. Dem deutschen Soldaten wurden weitreichende Integrationsangebote gemacht, doch definierte man zugleich rigide, wer in diesem Sinne kein deutscher Soldat war: die Elsässer und Lothringer, die Polen, die Dänen und, auf andere Weise, die Juden. In den Nachkriegsjahren erfolgte in Deutschland äußerlich ein radikaler Bruch mit dem alten System, was auf längere Sicht paradoxerweise fatale Konsequenzen hatte. Die Debatte um die Abschaffung der Militärgerichtsbarkeit polarisierte die öffentliche Meinung deswegen so sehr, weil sie genau an der alten Bruchlinie zwischen partieller Modernität und partieller Rückständigkeit des Kaiserreiches ansetzte. Im Militärstrafrecht war man auch auf der Rechten zu weitgehenden Zugeständnissen bereit. Das Süzfprozeßrecht hatte jedoch die grundsätzliche Sonder- und Vorrangstellung der Armee in der Gesellschaft ausgedrückt. Daran hielt man auch nach dem Kriege verbissen fest, um schließlich das Rad der Entwicklung zurückzudrehen, sobald sich 1933 die Gelegenheit dazu bot. Die lange, zwar autoritäre, aber doch rechtsstaatliche Tradition Deutschlands geriet so ins Kreuzfeuer der fundamentaloppositionellen Systemkritik von rechts und erschien nur noch als Hemmschuh eines im Sinne möglichst großer militärischer Machtentfaltung effizienten Gesellschaftsumbaus nach nationalsozialistischen Vorstellungen Die britische Entwicklung war von grundsätzlich unterschiedlichen Determinanten geprägt. Anders als in Deutschland eignete sich die Zivilgesellschaft die bis dahin relativ autarke Armee an, weil die neu in das Heer strömenden Offiziere und Soldaten ihre zivile Identität weitgehend behielten. Darin drückt sich die Stärke und Solidität der britischen Gesellschaft jener Zeit aus, die deshalb zwar nicht vor Fehlentwicklungen gefeit, wohl aber zur Selbstkorrektur fähig war. Das zeigte sich besonders eindrücklich in der Nachkriegszeit, als die Armee domestiziert und in das politisch-gesellschaftliche Gesamtsystem eingebunden wurde. Den Beweis, daß das geglückt war, erbrachten die Jahre seit 1939. Die Armee hatte sich zwar wieder in sich selbst zurückgezogen, doch die ihr von außen aufgenötigten Wandlungen

336

erwiesen sich als dauerhaft. Die Auseinandersetzung zwischen fortschrittlichen und rückständigen Strukturen bzw. Tendenzen spielte sich folglich weniger innerhalb der Armee als zwischen ihr und der Zivilgesellschaft ab. Was 1914 bis 1918 in den Kriegsgerichtsverfahren geschehen war, erwies sich daher gewissermaßen als ein Betriebsunfall·, der geschehen konnte, weil sich in der britischen Armee Strukturen erhalten hatten, die in der übrigen Gesellschaft längst der Vergangenheit angehörten. Die Gesellschaft war jedoch nicht länger bereit, diesen Zustand zu konservieren. Ist die Armee ein Indikator fiir den Modernitätsgrad der Gesamtgesellschaft? Sie ist es nicht, wenn man annimmt, es gebe eine Eins-zu-eins-Entsprechung zwischen beiden. Läßt man sich dagegen auf ein komplexes Erklärungsmodell ein, in dem Ungleichzeitigkeiten und Kontinuitätsbrüche ihren Platz finden, ist diese Frage zu bejahen. Insofern ist der detaillierte Blick auf einen Gesellschaftsausschnitt immer voller Überraschungen, die dazu zwingen, Klischees zu revidieren. In diesem konkreten Fall hat sich durch die Korrektur der Ausnahmeposition der britischen Armee in der Gesellschaft nach 1918 zwar ihre grundsätzliche Solidität erwiesen, aber auch herausgestellt, daß direkt nebeneinander gesellschaftliche Teilbereiche mit inkompatiblen Strukturprinzipien existieren können, wenngleich sie schwerwiegende Belastungsproben - wie einen Krieg - wohl kaum zu überstehen vermögen. In Deutschland dagegen wurde die außerordendich enge Verzahnung von Armee und Zivilgesellschaft deutlich, was dazu geführt hat, daß letztere schließlich den vormodernen Traditionen erlag. Doch wäre es falsch, deswegen anzunehmen, daß diese Entwicklung unvermeidlich war. Es gab Alternativen, die jedoch nicht genutzt wurden. Insofern sind diese Ergebnisse auch ein Plädoyer zugunsten der Offenheit historischer Perspektiven und gegen die Vorstellung unausweichlicher Langzeittrends. Damit sind die Grenzen dieser Studie angesprochen. Wenn die Unterschiede in den Entwicklungen Deutschlands und Englands in diesem konkreten Beispiel nicht durch die realen Ereignisse zwingend ableitbar sind, muß vermutet werden, daß die eigentliche Scheidemarke in den Lernprozessen nach dem Weltkrieg zu suchen ist. Für Deutschland war kennzeichnend, daß ein breiter gesellschaftlicher Konsens über die Grundlagen der Gesellschaft nicht vorhanden war und eine sachliche Aufarbeitung der Weltkriegserfahrungen nicht stattfand. Vielmehr wurde die Desertion allein unter dem Blickwinkel der Dolchstoßlegende betrachtet. Die Debatte um die Aufhebung der Militärgerichtsbarkeit geriet so zu einem der Ansatzpunkte für die fundamentaloppositionelle Systemkritik der Rechten. Im Nationalsozialismus bekam diese Frage dann eine neue Qualität, weil sie in das Konzept eines totalitären Gesellschaftsumbaus eingefugt wurde. Der Gedanke der Generalprävention wurde mit einer Radikalität übersteigert, die in anderen 337

Ländern Mittel- und Westeuropas nicht ihresgleichen hatte. Bei dieser Anpassung an die vermeindichen Notwendigkeiten des nächsten Krieges erschien das harte Durchgreifen der Engländer als Schlüssel zum Erfolg. Den dort vollzogenen Lernprozeß ignorierte man dagegen völlig. Vor Fehlentwicklungen war trotz der langen parlamentarischen Tradition auch Großbritannien nicht gefeit, die dort eingespielten Kontrollmechanismen erwiesen sich jedoch als effektiv genug, um eine Korrektur zu bewirken. Daher scheint es ratsam, bei aller notwendigen Betonung struktur- und mentalitätsgeschichtlicher Perspektiven die Bedeutung der Politikgeschichte wieder mehr zu akzentuieren, ohne jedoch in den verengenden Primat der >Haupt- und Staatsaktionen< zurückzufallen. Von diesen Erkenntnissen ausgehend stellen sich neue Fragen zu Deutschlands Weg im 20. Jahrhundert. Während man in Großbritannien vergleichsweise pragmatisch mit den Weltkriegserfahrungen umgegangen war, gab es in Deutschland eine deutliche Tendenz, einzelne Aspekte komplexer Probleme herauszugreifen, eine Lösungsformel zu suchen und diese schließlich zu radikalisieren. Dabei kam als Ergebnis eine verengte und dehumanisierte Anpassung an die vermeintlichen Erfordernisse der Moderne heraus, weil es für die auch in anderen Ländern angelegten totalitären und inhumanen Tendenzen nur unzureichende politisch-gesellschaftliche Kontrollmechanismen gab. Die lange rechtsstaatliche Tradition hatte eine exzessive Handhabung der Militärjustiz im Kaiserreich verhindert, zugleich aber auch den Grundstein dafür gelegt, in der Nachkriegsdiskussion den Rechtsstaat als Mitschuldigen an der Kriegsniederlage delegitimieren zu können. Damit erschien dieser Teil der deutschen Staatstradition nur noch als Hemmschuh der möglichst effizienten Organisierung einer totalen Gesellschaft. Die Formen der parlamentarisch-demokratischen Willensbildung waren so wenig akzeptiert, daß ihre Ergebnisse von maßgeblichen Teilen der gesellschaftlichen Eliten ignoriert und aktiv bekämpft wurden. Der Rechtsstaat in einer unzureichend entwickelten Zivilgesellschaft erwies sich als zu schwach, um dem NS-Regime Widerstand entgegensetzen zu können. Kein gesellschaftlicher Grundkonsens hatte den Rechtsstaat mit Leben und Inhalt erfüllt. Der Ausgleich zwischen Modernisierung und Demokratisierung der Gesellschaft war mißlungen.

338

Anhang

Deutsch-englisches Glossar der militärischen Fachausdrücke Kurznotation der Truppenteile1 3 / 2 . I.R, 5 / 1 1 3 . I.R. 7 / 5 . RI.R. I I / 2 . I.R. E / 2 . I.R.

= = = = =

3. Kompanie des 2. Infanterie-Regiments (Bayern) 5. Kompanie des Inf.-Reg. 113 (Preußen) 7. Kompanie des Reserve-Inf.-Reg. Nr. 5 (Bayern) 2. Bataillon des 2. Inf.-Reg. Ersatz-Bataillon des 2. Inf.-Reg. (Heimatheer, Bayern)

2/DLI 6. Division X. Corps Second Army

= = = =

2. Battalion Durham Light Infantry 6. (Infantry)Division X. (Army)Corps 2. Armee

Konkordanz der Truppenteile und militärischen Ränge Deutschland

Großbritannien

Zug Kompanie Bataillon Regiment Division Armeekorps/Korps Armee Gefreiter Feldwebel Leutnant Hauptmann Major Oberst-Leutnant Oberst Generalmajor

Platoon Company Battalion Regiment Division Armycorps/Corps Army Lance Corporal Sergeant Lieutenant Captain Major Lieutenant-Colonel Colonel Brigadier-General

1

Die hier verwendete Notation weicht teilweise von der zeitgenössischen Schreibweise ab.

339

Anhang 1: Einsatzorte und Verurteilungsziffern der 2 . und 4 . bayerischen Infanterie-Division 2. bay. I.D.

4. bay. I.D.

Einsatzorte:

1914: Vogesen, Lothringen; 1914: Lothringen, Somme, 1915: Somme; 1916: Verdun, Flandern Somme; 1917: Somme, 1915: Flandern, Somme Verdun; Artois; 1916: Somme; 1917: Flandern 1918: Somme, Champagne 1918: Ypern, Somme

Regimenter:

12., 15., 20.1.R.

5., 9.1.R; 5. R.I.R. (bis 16.9.1918)

Armeekorps:

1. bay. A.K.

2. bay. A.K.

Rekrutierungsregionen:

1. Bayer. Schwaben 2. wesri. Oberbayern

1. Unterfranken 2. Bayer. Pfalz

eingeleitete Verfahren wg. wg. Unerl. Entf. bzw. Desertion: (in Klammern Gesamtzahl d. Verfahren)

1914 = 1915= 1916= 1917= 1918 =

1( 16) 14(54) 25( 68) 34(106) 19( 25)

1914 1915 1916 1917 1918

Ges. =

93 (269)

Quelle: BKA, HS 2348.

340

= = = = =

Ges. =

12 ( 28) 96(171) 57(135) 94(176) 102(152)

361 (662)

Anhang 2:

Einsatzorte und Verurteilungsziffern der 1. und 4. (britischen) Division

Einsatzorte:

Battalions:

1. Division

4. Division

1914: Marne, Aisne, Ypern 1915: Flandern 1916: Somme 1917: Flandr. Küste, Passchendaele 1918: Nordwestfrankreich

1914: 1915: 1916: 1917:

1/BW, 1/CamH, 10/Glouc, 8/Berks, 2/RS, 1/LNL, 1/N'hpt, 2/KRRC 1/SWB, 1/Glouc, 2/Welsh, 2/RMF

1/RWar, 2/SeaH, 1/RIrF, 2/RDF, 1/SLI, 1/Elancs, 1 /Hants, 1/RB, 1/KO, 2/IF, 2/RInF, 2/Essex

vollstreckte Todesurteile:

16

Anklagen wegen Desertion 1914-1918:

215

Marne, Aisne, Ypern Ypern, Flandern Somme Passchendaele

1918: Somme, Nordwestfrankr.

181

Quelle: PRO, WO 71 und WO 213.

341

Anhang 3: Anklagen und Verurteilungen wegen Desertion bei der 1. und 4. Division (*Stammbattalions, die während des gesamten Krieges bei der Division verblieben sind) 1. Division

Anklagen/U rteile /Todesurteile/ davon vollstreckt

1. Brigade davon: 1 /Black Watch 1/Cameronian Highlanders 10/Gloucestershire Regiment 1 /Coldstream Guards 1 /Scottish Guards 8/Royal Berkshire Regiment 1 /Loyal North Lancashire Regt. 14/London Regiment

42/25/5/1

2. Brigade davon: 1 /Loyal North Lancashire Regiment 1/Northamptonshire Regiment 2/Royal Sussex Regiment 2/King's Royal Rifles Corps 2/King's Regiment

16/8/1/0 13/10/4/1 4/1/0/0 3/3/0/0 3/2/0/0

2/1/0/0

1/0/0/0 (vgl. 2. Brig. 0/0/0/0 85/46/30/9 36/22/14/4 28/14/8/3 11/5/4/1 10/5/4/1 0/0/0/0 88/36/19/4

3. Brigade davon: 2/Welch Regiment 1 /South Wales Borderers 1 /Gloucestershire Regiment 2/Royal Munster Fusiliers

40/13/9/2 23/11/4/1 17/5/2/0 8/7/4/1

1. Division gesamt:1

215/107/54/14

1

(vgl. 1. Brig.;

Zwei vollstreckte Todesurteile gegen Soldaten der Lahore-Div. wurden von Gerichten der

1. Division verhängt, sind hier aber nicht berücksichtigt.

342

4. Division

Anklagen/Urteile /Todesurteile/ davon vollstreckt

10. Brigade davon: 2/Royai Dublin Fusiliers 1/Royal Irish Fusiliers 1 /Royal Welch Regiment 2/Seaforth Highlanders

78/43/15/0

11. Brigade davon: 1 /Royal Border Regiment 1 /Hampshire Regiment 1/East Lancashire Regiment 2/Royal Irish Rifles 1/Somerset Light Infantry

32/13/4/0 28/19/5/0 15/9/6/0 3/2/0/0 50/20/11/0 17/6/2/0 16/6/4/0 8/3/3/0 5/3/2/0 4/2/0/0

12. Brigade davon: 1 /King's Own Royal Lancashire Reg. 2/Essex Regiment 2/Lancashire Fusiliers 2/Royal Irish Fusiliers 2/Duke of Wellington Regiment

53/34/17/5

4. Division gesamt:

181/97/43/5

18/13/8/2 17/9/3/1 14/8/5/1 3/3/0/0 1/1/1/1

343

Anhang 4

Feldheer

Oberster Kriegsherr (Kaiser Wilhelm II.)

Heimatheer

Preußischer Kriegsminister

stv. Preuß.Kriegsminister

ChGFH (OHL)

stv. Generalstab (Berlin)

Heeresgruppen Armeen / Armee-Abteilungen

Armeekorps

stv. Generalkommandos

Divisionen Infanterie-Brigaden

stv. Infanterie-Brigaden

Infanterie-Regimenter Bataillon

344

Ersatz-Bataillon

Anhang 5 Royal Sussex-Rgt.

King's Own (Royal Lancashire)-Rgt. Stand Juli 1914

Battn. Einsatzort 1. 2. 3.

Stärke

Peshawar, Punjab seit November 1902 Woking, England seit Januar 1912 Chichester, England Ausbildungskader, formiert Juni 1908

Battn. Einsatzort Dover seit Januar 1913 Lebong, Bengal seit Dezember 1912 Lancaster, England Ausbildungskader, formiert Juli 1908

1028 712 127

Gesamtmannschaftsstärke

Stärke 655 1067 126

1867

1848

Stand August 1917 Battn. Einsatzort

Stärke

Battn. Einsatzort

1. 2. 3.

Peshawar, Punjab 1348 Frankreich seit Aug. 1914 1452 Newhaven seit Mai 1915 1606

1. 2. 3. 6.

7. 8. 9. 11. 12. 13.

Frankreich seit Mai 1915 dito, seit Juli 1915 dito, seit Aug. 1915 Frankreich seit März 1916 dito dito

7. 8. 9. 11.

Basis-Depot, Frankreich

Depot, Chichester seit Aug. 1914 Gesamtmannschaftsstärke

1065 1143 1221 1106 1128 1133 520

961 12683

Stärke

Frankreich seit Aug. 1914 Saloniki seit Okt. 1915 Plymouth, seit Aug. 1914 Mesopotamien seit Februar 1916 Frankreich seit Juli 1915 dito, seit Sept. 1915 Saloniki seit Sept. 1915 Frankreich seit Jan. 1916

1217 1357 1522 1626 1055 1168 1365 1137

Basis-Depot, Frankreich

504

Basis-Depot, Indien

397

Depot, Lancaster seit Aug. 1914 1147 12495

Quelle: General Monthly return of the regimental strength of the British Army, Juli 1914, S. 46f und 52f, bzw. ebd., August 1917, S. 218f und 256f.

345

Anhang 6: Auszug aus dem Militärstrafgesetzbuch des Deutschen Reiches von 1872 Sft bieftaublungim gelbe begangen, fo tritt ftatt bed dritter Slbfcfjnitt. (SJefängniffed 3«Φ^αυί oon gleicher Sauer, gegen beit SHäbeldUnetloubte Entfernung unb 3üljnenflu$t. fübrer unb gegen ben Mnftifter Sobedftrafe ein. § 78. §64. gafynetif^t üont ^often »or bent geinbe ober aud SBer oon feiner Sruppe ober öon feiner Stenftfleflung einerSie bel a gerten geftung roirb mit bent Sobe beftraft. ΡΦ eigenmöt^tig entfernt ober borffifefid) fern bleibt, ober Siefelbe Strafe trifft ben gatynenf^tigcn,roeldjerjum »er ben iljm erteilten Urlaub eigenmddjtig überfdjreitet, geinbe übergeht. wirbroegenunerlaubter Entfernung mit greiljeitdftrafe bid § 74. ju ίίφέ SRonaten beftraft. sJJeben bemroegengafynenflt^t oerroirften ©efängni^ §65. ift auf Serfetjung in bie jroeiteftlaffebed ©olbatenftanbed Ser unerlaubten Entfernung wirb ed gleich geartet, AU erfeunen. wenn eine $erfon bed Solbatenftanbed im gelbe ed unterlägt, § 75. Stellt ί»φ ein ga^nenfli^tiger innerhalb fed)ö 2ΰοφεη 1. ber Sruppe, oon melier fie abgefommen ift, ober ber ηαφ erfolgter gabnenfluφt, fo fann,roennbicfelbe ηίφι int ηάφββη Sruppe Γιφroieberanjufdjliefeen, ober 2. ηαφ beenbigter Äriegdgefangeni^aft Γιφ unöerjfig^ gelbe begangen ift, bie an fid) öerroirfte 3^tl)gute< Territorial, die 19. als gute Kitchener-Division erwähnt, während die 17. Division nur durchschnittlich gewesen sei. 18 Die Liddle-Collection an der Universität Leeds wurde nicht herangezogen, da eine Stichprobe ergeben hat, daß die dortige Sammlung keine substantiell differierenden Erkenntnisse erwarten läßt. 19 Vgl. Sikora, Disziplin. 2 0 Vgl. Bröckling, Disziplin. 21 Diesem Defizit hilft jetzt Bröckling u. Sikora ab. 22 Vgl. Die Ursachen des deutschen Zusammenbruchs. 23 Vgl. z.B. Dietz, Militärstrafrechtswesen. 24 Vgl. z.B. Mayer; Schwinge, Militärgerichtsbarkeit; Oers., Entwicklung der Mannszucht. 25 Vgl. Deist, Zusammenbruch, sowie im Anschluß daran Kruse, Krieg und Klassenheer; speziell zur Militärjustiz Schwind, Kriegsgerichtsbarkeit. 26 Programmatisch hierzu Ulrich, »Militärgeschichte von unten«; vgl. auch z.B. Wette, Krieg des kleinen Mannes; Hirschfeld u. Krumeich, und Hirschfeld; als Quellensammlung Ulrich u. Ziemann; lediglich Fakten mit geringer analytischer Tiefenschärfe aneinanderreihend Ziemann, Verweigerungsformen, sowie Ders., Fahnenflucht. 27 Vgl. zuletzt Haase, Gefahr fur die Manneszucht, und Ders. u. Paul; dort auch die weitere Literatur zu diesem Thema. 28 Ein abschreckendes aktuelles Beispiel dafür ist Seidler, der auf bisweilen unerträgliche Art und Weise die militärische Perspektive in apologetischer Absicht reproduziert, anstatt sie kritisch zu analysieren. 29 Vgl. Ausländer; die Debatte um die Opfer der Wehrmachtjustiz zeichnet Wette, Deserteure, nach. 30 Zitiert nach Riedesser u. Verderber, S. 34.

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Anmerkungen zu S. 27-30 31 Vgl. zuletzt Bröckling, Disziplin, sowie Riedesser u. Verderber·, weiterhin Ulrich, Nerven und Krieg; wenig überzeugend ist dagegen Komo. 32 Z.B. Feser; Flach; Colas; weiterhin Feser u. Schenk, bes. S. 7 6 - 8 5 ; Bruce Watson, When Soldies Quit: Studies in Military Disintegration. Westport 1997, konnte nicht mehr berücksichtigt werden. 33 Beide Zitate H. van Bergh, S. 169; dagegen z.B. McPherson, der aufgrund einer Untersuchung von 2 0 0 0 Deserteuren der britischen Rheinarmee nach 1945 zu dem Ergebnis kommt, diese seien »not necessarily criminal types by civilian standards« (S. 50). 34 Vgl. z.B. Kästner. 35 Vgl. Das Eisass, S. 2 9 3 - 3 2 4 , das allerdings nicht als objektiv gelten kann, vgl. Wahl u. Richez: »Dediee ä l'ancien chef effectif de l'autonomisme catholique, l'Abbe Haegy, eile developpait, sous couvert d'objectivite, l'histoire d'une Alsace qui ne serait ni allemande ni fran^aise, mais alsacienne et catholique avant tout« (S. 280f.); jetzt Kramer; Georg Wolfram (Hg.), Das Reichsland Elsaß-Lothringen, 4 Bde., Berlin 1 9 3 1 - 1 9 3 8 wurde nicht verwendet, da es nicht nur äußerst tendenziös, sondern auch empirisch unergiebig ist. 36 Vgl. Simkins, Everyman at War; Gooch, The Armed Services; Cecil u. Liddle bietet zwar einen Überblick über die verschiedenen Kriegserfahrungen in den beteiligten Ländern, die Beiträge haben jedoch bis auf wenige Ausnahmen ein enttäuschendes analytisches Niveau. 37 Klassisch hierzu Baynes; Pugsley; Sheffield, Officer-Man Relations. 38 Vgl. Ashworth; Brown u. Seaton; Gill u. Dallas; Putkowski, Mutineers. 39 Vgl. Hare. Entscheidende Impulse gingen von Moores journalistischer Arbeit aus, der durch Babington, Example, 1983 eine systematische Grundlagenklärung folgte. Babington war der erste, der die damals noch fur 100 Jahre gesperrten Akten einsehen durfte, jedoch auf die Nennung der Namen sowie auf Quellenbelege verzichten mußte. Dies holten Putkowski u. Sykes nach, indem sie alle möglichen Quellen, Kriegstagebücher, Zeitungsmeldungen, Memoiren etc. zusammentrugen und damit, einem Handbuch ähnlich, ein komplettes Verzeichnis aller vollstreckten Todesurteile im britischen Heer sowie jeweils kurze Einzelfallbeschreibungen bieten, die allerdings nicht immer fehlerfrei sind; eine komplette Auflistung aller verhängten Todesurteile jetzt bei Oram. 4 0 L. Smith, S. 250; hier darf auf die in Arbeit befindliche Dissertation von Julian Putkowski, Discipline and Dissent in the British Army 1 9 1 4 - 1 9 2 0 , University o f Essex, verwiesen werden. 41 Vgl. Denman, Catholic Irish Soldier, und Ders., Ireland's unknown Soldiers; Lemisko; Fitzpatrick, Logic; Jeffery u. Bartlett. 4 2 Vgl. Bogacz; Lynch; zur Vorgeschichte Oppenheim. 4 3 VdR, Bd. 313, S. 5 4 7 9 , 1 3 . 6 . 1 9 1 8 . 4 4 Montague, S. 67. 4 5 Wie Ulrich, Perspektive »von unten«, zeigt, ist auch dieser Blickwinkel keineswegs davor gefeit, fur nationalistische und kriegsapologetische Agitation mißbraucht zu werden. Vgl. dazu jetzt auch Ders., Augenzeugen, sowie bereits Moser. 4 6 Vgl. Opitz; Wette, Militärgeschichte von unten. 4 7 Vgl. C-in-C France an CIGS, 16.10.1917, PRO, WO 158/24, Bl. 1 2 5 - 1 3 0 . 48 CIGS an C-in-C France, 18.10.1917, ebd., Bl. 123f.; diese Skepsis zeigte schon früher das War Office in einer Mitteilung an das Foreign Office bezüglich der Aussagen eines deutschen Deserteurs, in dem es empfahl: »the statements o f enemy deserters should be regarded with scepticism unless corroborated from other sources«, WO, 31.5.1915, PRO, FO 383/42. 4 9 Lemisko, S. 62.

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Anmerkungen zu S. 30-35 50 Maasgruppe Ost, 1.11.1916, BKA, 4. I.D., Bd. 86. 51 M. van den Bergh, S. 91. 52 Dies zeigt sich an den unbefriedigenden Versuchen von Historikern oder Soziologen, das ideologicbeladene Begriffspaar >Disziplin und Moral< fur empirische Zwecke nutzbar zu machen. Ein Beispiel für die nichtssagende Beliebigkeit solcher Definitionsversuche ist Marshall: »Morale is the thinking of an army. It is the whole complex body of an army's thought« (S. 158). Auch J. Β. Wilson, der versucht, >Discipline and Morale< zu messen, kommt zu dem Schluß: »On the whole, courts martial figures were unreliable as indicators of morale and discipline« (S. 261); eine präzise Rekonstruktion dieses Ideologiekomplexes fur die britische Armee bei Englander, wobei aber unklar bleibt, wie weit Englanders Ideologiekritik tatsächlich reicht. 53 Vgl. Burschel; schon Max Weber hatte die Disziplin des Heeres als den »Mutterschoß der Disziplin überhaupt« bezeichnet (zitiert nach ebd., S. 965), und Karl Mannheim nannte das Heerdes absolutistischen Staates die erste Institution, die »ein einheitliches Massenverhalten« geschaffen hat (zitiert nach ebd., S. 965). Foucault begreift, anders als Weber oder Oestreich, Disziplinierung nicht so sehr als die Formierung und Schematisierung der Gesellschaft durch ein Makro-Subjekt oder eine Zentralinstanz, sondern als das Ergebnis von anonymen, dezentralen Vorgängen, vgl. Breuer, bes. S. 65, und Schulze; eine konzise Zusammenfassung dieser Debatten bei Bröckling, Disziplin, S. 11-25. 54 Ebd., S. 967. 55 Vgl. im folgenden Goffman, Asyle, S. 13-123; Treiber überträgt Goffmans Ansatz mit mäßigem Erfolg auf die Kasernen der Bundeswehr. 56 Goffman, Asyle, S. 90. 57 Ebd., S. 112. 58 VdR, Bd. 25, S. 814, 7.6.1872; als Einführung in das Problemfeld von Herrschaft als sozialer Praxis vgl. Lüdtke. 59 L. Smith, S. 1 lf.; zu dem in diesem Zusammenhang durch Clausewitz aus der Naturwissenschaft übernommenen Begriff der Friktion vgl. T. Baumann. 60 Vgl. Canetti; den Befehl bezeichnet er als »domestiziertes Todesurteil«. 61 Ebd., S. 362. 62 Foucault nennt dies »the recalcitrance of the will and the intransigence of freedom« (S. 221f.); vgl. auch Simons, bes. S. 81-87; dem Urteil »resistance is drastically undertheorized in his work« (S. 83), ist wohl zuzustimmen. 63 Vgl. aus kulturgeschichtlicher Perspektive Blessing; aus ethnologischer Perspektive Scott, Weapons of the Weak, und Oers., Domination and the Art of Resistance; zum Ersten Weltkrieg Fuller: »[The soldiers] kicked out at the system by myriad minor offences« (S. 177). 64 Vgl. Ashworth, S. 226. 65 Vgl. Geyer, Kriegsgeschichte. 66 Vgl. Howard. 67 Für die 5. französische Infanterie-Division hat dies L. Smith überzeugend herausgearbeitet. 68 Vgl. Marshall, S. 50-63, der diese Schätzung aus Beobachtungen im Zweiten Weltkrieg gewonnen hat; selbst in Eliteeinheiten liegt die Quote aktiver Kämpfer bei höchstens 25%. 69 Vgl. Fuller, S. 21, und Wesbrook. 70 Vgl. Hauser. 71 Vgl. Fuller, S. 23; fur den Gesamtzusammenhang Kellett; skeptisch hinsichtlich des primary group-Ansatzes ist Schössler, S. 152f. 72 Vgl. Chodoff.

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Anmerkungen zu S. 35-43 73 Vgl. Dinter, S. 9 6 - 1 0 5 . 74 Zur historischen Konstruktion des >Abweichlers< und >Verbrechers< vgl. die diskursanalytische Arbeit von Leps. 75 Als Überblick Lamnek; speziell Flach, S. 1 1 - 1 4 . 76 Vgl. H. S. Becker, S. 8. 77 Ebd., S. 22. 78 Goffman, Stigma, S. 9f.; zum Gesamtwerk und seiner theoretischen Einordnung vgl. Hettlage u. Lenz. 79 Dazu Goffman, Stigma: »Ein und dieselbe Eigenschaft vermag den einen Typus zu stigmatisieren, während sie die Normalität eines anderen bestätigt, und ist daher als ein Ding an sich weder kreditierend noch diskreditierend« (S. 11). 80 Goffman, Stigma, S. 167. 81 Ebd., S. 170. 82 Vgl. Lamnek, S. 4 0 ^ 3 .

Kapitel I Armee - Gesellschaft - Recht: Skizze eines Beziehungsfeldes 1 Tolstoi, S. 1358. 2 Vgl. Wierschowski sowie Sagmeister, Fahnenflucht im römischen und altdeutschen Kriegsrecht. 3 Vgl. im folgenden Müller, hier S. 177ff., der sich stützt auf Sagmeister, Delikt der Fahnenflucht, hier S. 1 - 8 ; weiterhin Schwind, S. 4ff., und als Überblick Janda, S. 5 - 2 5 ; zur Landsknechtszeit R. Baumann, S. 7 9 - 8 6 und 1 0 3 - 1 0 8 . 4 Vgl. im folgenden Burschel, S. 971ff.; zu Brandenburg-Preußen Meyfarth, Geschichte des Militärstrafrechts ... Vom Kurfürsten Friedrich Wilhelm bis zu Friedrich II. 5 Müller, S. 1 8 0 - 1 8 3 . 6 Diesen Aspekt betont Sikora, Disziplin, S. 374. 7 Burschel, S. 977. 8 Prove relativiert allerdings das Bild, daß Zwangsrekrutierung die Regel gewesen sei und die Rekruten fast ausschließlich vom Rand der Gesellschaft stammten. 9 Burschel, S. 981; daraus leitet er die Forderung ab, in das Modell >Sozialdisziplinierung< die Grenzen und nichtintendierten Folgen dieses Prozesses stärker zu integrieren, was auch Gegenstand der Dissertation von Sikora ist. 10 Vgl. im folgenden Sikora, Verzweiflung oder »Leichtsinn«, sowie Oers., Disziplin. 11 Diesen Aspekt betont besonders Sikora, Disziplin. 12 Vgl. Meyfarth, Geschichte des Militärstrafrechts ... Von Tode Friedrich II. bis zur Reformzeit. 13 Vgl. Müller, S. 183ff., sowie Messerschmidt, »Zur Aufrechterhaltung der Manneszucht«; dort auch die ältere Literatur. 14 Zu Österreich-Ungarn, auf das hier der Übersichtlichkeit halber verzichtet wird, vgl. Tepperberg. 15 Vgl. Sagmeister, Delikt der Fahnenflucht, S. 2 0 - 3 2 . 16 Vgl. hier Kapitel I I . B . l . 17 Vgl. die Begründung des Entwurfs eines neuen MStGB v. 8.4.1872, VdR, Bd. 26, Anlage 6, S. 35.

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Anmerkungen zu S. 43-54 18 Ebd. 19 Vgl. hierzu grundlegend Anker, dort die umfangreiche juristische Literatur; vgl. auch Philipp. 20 VdR, Bd. 159, S. 293, 16.12.1897; vgl. auch Berndt. 21 VdR, Bd. 159, S. 296; allein die SPD sprach sich massiv gegen die neue MStGO aus, und der spätere Reichskanzler, Graf Herding, verwies vergeblich auf die vorbildlichen bayerischen Regelungen. 22 Anonymus, Der Militär-Strafgesetz-Entwurf, S. 5, Hervorhebung im Original. 23 Eigene Aufstellung nach Ehrl; die Bedeutung der MStGO und vor allem des Gerichtsherrn werden in Kapitel II.B.l noch detailliert dargestellt. 24 Vgl. Deist, Armee in Staat und Gesellschaft, hier S. 313ff. 25 VdR, Bd. 162, S. 146, Begründung des Regierungsentwurfs einer MStGO. 2 6 Vgl. PKM, Az. unbekannt, 14.10.1909, GLA, 4 5 6 F 5 - 3 0 2 , Bl. 133. 27 Vgl. Bröckling, Disziplin, S. 1 6 9 - 1 9 6 , und Ders., »Krieg dem Krieg!«, sowie Kruse, Antikriegsstreik. 28 Vgl. Dietz, Kriminalstatistik. 29 Das hinderte Dietz, Kriminalstatistik, S. 130, nicht daran, für die relativ hohe Desertionsrate in den wesdichen Korpsbezirken neben der Nähe zum Ausland auch den >Volkscharakter< verantwortlich zu machen, womit ohne Zweifel vor allem die Elsaß-Lothringer gemeint waren. Zum Wehrdienstentzug in Frankreich vgl. Boulanger. 30 Die beiden sächsischen Armeekorps bilden allerdings eine Ausnahme: ihre Verurteilungsziffern für Desertion und unerlaubte Entfernung lagen nur halb so hoch wie der Durchschnitt des Gesamtheeres. 31 Vgl. Ehrl, S. 253; dagegen z.B. Kuttner, S. 1 1 7 - 1 3 5 . 32 Vgl. im folgenden Bröckling, Psychopathische Minderwertigkeit. 33 Stier, Bekämpfung des Verbrechens, Zitat S. 86. 34 Vgl. Κ. H. Roth, S. 1 1 - 3 3 , sowie Riedesser u. Verderber, S. 11-20; zur Vorgeschichte Radkau. 35 Vgl. im folgenden Gilbert. Als Beispiel für die auch in England verbreiteten Traktate gegen die >Desertionsseuche< vgl. A short Method; einige illustrative Gerichtsakten für die Friedenszeit in »Besides, he was very Drunk at the Time...«. 36 Gilbert, S. 564f.; Gilbert kann diesen Befund nur deshalb für »paradox« halten, weil er von den Begriffen »discipline and morale< ausgeht, sie aber nicht als Teil des innermilitärischen Selbstvergewisserungsdiskurses hinterfragt, sondern als wissenschaftlichen Erklärungsansatz benutzen will. 37 Ebd., S. 566. Dieselbe Denkweise, die hier für das britische Militär charakterisiert worden ist, wirkte auch in der Armee der Vereinigten Staaten bis in das 20. Jahrhundert weiter, vgl. Nicholson. 38 Vgl. im folgenden Stuart-Smith, Military Law, bes. S. 478-^490; Ders., Without Partiality, Favour or Affection, bes. S. 2 2 3 - 2 3 3 , und Dean, hier S. 6 1 4 - 6 2 1 ; Scouller nennt das Militärrecht ein »surprisingly poorly documented field« (S. 42). 39 Vgl. Caenegem, Common Law, und Ders., The »Rechtsstaat«. 40 Vgl. Bennien, Abbildung S. 152. 41 Vgl. Clode. 42 Autor und Adressat unbekannt, 1.1.1869, PRO, WO 3 2 / 6 2 4 8 . 43 Brief Modrington an Secretary ofState for War, 20.4.1881, PRO, WO 3 2 / 6 0 4 5 , S. 2. 4 4 Ebd., S. 8. 45 Brief Ltn.-Gen. Molseley an den Secretary ofState for War, 29.4.1881, ebd., S. 2 - 5 .

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Anmerkungen zu S. 54r-63 4 6 Vgl. Hansard, Bd. 36, Sp. 1 2 8 4 - 1 2 8 8 , 10.4.1912; sein Antrag auf Milderung der hohen Strafen scheiterte. 47 Memorandum on the various Methods of Punishment adopted in Foreign Armies for Soldiers in the Field, S. 6, PRO, WO 3 2 / 6 0 4 5 , Hervorhebung vom Verfasser; diesen Wandlungsprozeß betont auch Janda, S. 79. 4 8 Vgl. den Report o f the Committee on Punishment on Active Service, 5.1.1904, Appendix III, S. 126, PRO, WO 3 2 / 4 5 1 2 , sowie Babington, Example, S. 2f., und Denton; darüber hinaus befaßte sich von April bis Juni 1906 das »Committee on Military Punishments, and the Method o f recording them« mit der Neugestaltung des Militärstrafrechts, vgl. PRO, WO 3 2 / 8 6 9 9 . 4 9 Vgl. Memorandum on the Report o f Committee on Punishments on Active Service, 16.2.1904, PRO, WO 3 2 / 4 5 1 3 ; der Chef des militärischen Geheimdienstes befürchtete: »Objection o f a sentimental nature will be raised in Parliament and elsewhere«, ebd., S. 3. 50 Vgl. Kolshorn. 51 Vgl. Förster, Der doppelte Militarismus. 52 Vgl. Hasenbein. 53 Vgl. dazu bilanzierend Wiedner·. »Jeder Versuch der Realisierung von Verbesserungsund Reformvorschlägen durch die [ReichstagsJAbgeordneten fand seine natürliche Grenze letztlich an einer überhöhten Vorstellung von militärischer Disziplin als Seele der Funktionsfähigkeit der Armee« (S. 196). 54 Vgl. Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. 4, S. 5 1 5 - 5 2 3 ; vgl. auch hier Kapitel II.A.l. 55 Zuletzt von Ostertag, der die ältere Literatur hierzu umfassend berücksichtigt; fur Sachsen Fritsch-Seerhausen; für Württemberg Fischer. 56 Vgl. Rumschöttel, S. 6 1 - 9 7 . 57 Vgl. John, S. 5 4 - 8 5 , und Mertens, S. 5 9 - 6 6 . 58 Vgl. demente. 59 Vgl. Ostertag, Tabelle 17, S. 87, der diese Zahlen aus der Rangliste 1914 und der Ehrenrangliste 1 9 1 4 - 1 9 1 8 für das XIV. A.K. für repräsentativ fur das gesamte Weltkriegsheer hält. 60 Vgl. Deist, Geschichte des preußischen Offizierkorps, Zahlen S. 54; ähnlich waren die Verhältnisse in Bayern, wo von den 5900 aktiven Offizieren 22%, von den 30.200 Reserveoffizieren 11% nicht aus dem Krieg zurückkehrten, vgl. Rumschöttel, S. 282. 61 Vgl. Ostertag, S. 298f. 62 Vgl. hierzu Echevarria, der am Beispiel der militärtheoretischen Schriften von Colmar von der Goltz, Friedrich v. Bernhardt, Alfred Graf Schlieffen, und v.a. Hugo v. FreytagLoringhoven zeigt, daß vor 1914 angesichts der hohen Feuerkraft ein militärischer >Kulturpessimismus< um sich griff, weil Kriege kaum noch fuhrbar schienen. Der Ausweg wurde, ähnlich wie bei britischen und französischen Militärtheoretikern, in der Betonung des >Willens< gefunden, der das >Material< besiegen sollte. 63 Vgl. Kroener, bes. S. 230ff. 64 Alle Angaben und Zitate aus der Personalakte, BKA, OP 3185. 65 Alle Angaben und Zitate aus der Personalakte, BKA, OP 10764. 6 6 Vgl. G.K. 1. A . K , 5.7.1916, BKA, MilGer 3666. 67 Eigene Zusammenstellung aus den Listen des Justizpersonals der 2. b.I.D. bzw. Division v. Hartz, BKA, 2. I.D., Bd. 118; Liste der Offiziere mit Befähigung zum Richteramt, in: ebd., MilGer 3666; Liste der Offiziere mit juristischer Vorbildung, ebd., MilGer 3665. 68 Zur Ausnahme im Feld nach § 98 MStGO vgl. Kapitel I I . B . l .

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Anmerkungen zu S. 63-69 69 Dietz, Richterliche Unabhängigkeit, beide Zitate S. 193. 70 Vgl. Evert, S. IX; Ostpreußen war um 79%, die preuß. Provinz Sachsen um 116% überrepräsentiert, Westfalen dagegen um 52%, Bayern um 29%, Baden um 46% und ElsaßLothringen gar um 64% unterrepräsentiert. 71 Zu nennen wäre hier nur der zeitbedingt tendenziöse Ledebur, sowie Beyer. 72 Evert, S. VIII; zugrunde liegend sind die Zahlen der Volkszählung von 1885, dem Geburtsjahrgang des Rekrutenjahrgangs 1906; als Herkunftsorte der Rekruten waren die Gemeinden mit unter 2 0 0 0 Einwohnern zu 14% überrepräsentiert, die Städte mit über 100.000 Einwohnern zu 35% unterrepräsentiert. 73 Vgl. ebd., Die Herkunft der deutschen Unteroffiziere und Soldaten, Tabelle h), S. XXVI-XXVII. 74 Der Anteil der im Primärsektor Tätigen sank von 50,9% im Jahre 1882 auf 40,3% im Jahre 1907. Entsprechend stieg die Zahl der in Gewerbe und Industrie Beschäftigten im gleichen Zeitraum von 28,3% auf 33,3%, die der im weitesten Sinne im Diensdeistungsbereich ihr Auskommen Findenden von 20,9% auf 26,4%; alle Zahlen nach Hauptergebnisse der Berufszahlung. 75 Vgl. Ergebnisse des Heeresergänzungsgeschäfts, hier S. 4 7 7 - 4 8 9 . 76 Haigus, S. 44—49, bestreitet jedoch für Bayern und das übrige Reich, daß es überhaupt politische Rekrutierungsvorgaben gegeben habe, weil die Rekrutierungsquote in vielen städtischen Bereichen sogar über der auf dem Land gelegen habe; hier ist noch weitere Forschungsarbeit zu leisten, um diese Widersprüche zu klären. 77 Vgl. Hebert, S. 4 2 - 5 0 , bes. Tafel 2, S. 48; ausfuhrlicher hier Kapitel IV.A.2. 78 Vgl. die Debatten um das Army Bill 1912, Hansard, Bd. 36, S. 1 3 0 5 - 1 3 4 9 . 79 Vgl. Kapitel V.B. 1. 80 Vgl. dazu Reader, S. 2 - 1 6 ; das Zitat stammt aus dem Punch, zitiert nach ebd., S. 7. 81 Vgl. Summers, Militarism in Britain; hinsichdich der Reichweite dieser Militarisierung in der Arbeiterschaft ist Bourne, British Working Man, skeptisch, während MacKenzie, Propaganda and Empire, ihre über die Ober- und Mittelschicht hinausgehende Breitenwirkung betont. 82 Vgl. MacKenzie, Introduction; Reader, S. 1 7 - 1 0 0 ; Summers, Character of Edwardian Nationalism; Stein, S. 1 5 4 - 1 6 3 ; wegen seines tendenziellen und emphatischen Duktus wenig überzeugend ist die Mischung aus psychoanalytischem und Gender-Ansatz bei M. Adams. 83 Vgl. Warren, der betont, daß Baden-Powell keine Erziehung zum Militarismus zum Ziel gehabt und alle Versuche, die Boy Scouts zu einer paramilitärischen Trainingsinstitution zu machen, verhindert habe; dagegen Summers, Scouts, Guides and VADs. 84 Vgl. Richards und Wilkinson. 85 Bei dieser von Gerhard Ritter postulierten Erscheinung muß aber m.E. stärker als bei Vogel, Militärfeiern, die Besonderheit Großbritanniens betont werden: wenn eine Waffengattung als Symbol nationaler Macht und Größe stand, dann war es die Flotte, nicht die Armee. 86 Vgl. Spiers, Army and Society, S. 1 - 3 4 ; Oers., Regular Army in 1914, und Simpson, Officers, bes. S. 6 4 - 6 8 . 87 Grundlegend hierzu Parker; zur Rolle des Mannschaftssports Fußball vgl. Veitch. 88 Stellungnahme Ltn.-Col. H. G. Hendum vor dem Oliver-Committee, 10.5.1938, PRO, WO 2 2 5 / 2 , S. 216f., Hervorhebung im Original. 89 Grundlegend hierzu Travers; vgl. auch Sheffield, Officer-Man Relations, S. 161f. 9 0 Den Forschungsstand repräsentiert Simpson, Officers, S. 7 1 - 9 2 . 91 Aussage Sir Arnold Wilson, 17.5.1938, PRO, WO 2 2 5 / 5 , S. 9. 92 Vgl. Spiers, Army and Society, S. 3 5 - 7 1 , und Ders., Regular Army, S. 44ff.

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Anmerkungen zu S. 69-74 93 Vgl. Oers., Army Organisation and Society, bes. S. 335-341. 94 Vgl. Gill u. Dallas, S. 12-21. 95 Vgl. Simkins, Kitchener's Army, Tabelle 1, S. 109 und S. 112. 96 Vgl. ebd., S. 165-175; die durch lokale Notable, nicht etwa das War Office aufgestellten »Pals-Battalions« nennt er »a reflection of Edwardian civil pride«, ebd., S. 82; fur das flache Land vgl. Grieves, »Lowther's Lambs«. Drei Gefangene des 9/Royal Munster Fusiliers sagten aus, daß sie sich »mit mehr oder weniger Zwang von Seiten ihrer Dienstherren >freiwillig< stellten«. N O - A O K 6 , B.Nr.4486, 29.3.1916, BKA, 4. I.D., Bd. 35. 97 Vgl. im folgenden Dewey; Beckett, Real unknown Army; Bourne, British Working Man, bzw. Ders., Britain and the Great War, S. 199-224; eine umfassende Darstellung der Wehrpflichtarmee wird zur Zeit von Gary D. Sheffield erarbeitet: »Haig's Army: an Operational, Organizational and Social Study«. 98 Vgl. Grieves, »Lowther's Lambs«, S. 69. 99 Vgl. Sheffield, Officer-Man Relations, S. 162-170; Bourne, British Working Man; vgl. auch Simkins, Everyman at War: »British military historians are in broad agreement that the nature of British society in 1914-18 provided a bedrock of social cohesion which prevented the BEF from total collapse« (S. 301).

Kapitel II Die Rahmenbedingungen im Weltkrieg 1 Schwarte, S.VI. 2 Encyclopaedia Britannica 1964, Stichwort »World War I«. 3 Vgl. im folgenden Sicken, S. 4-26, 82-86, 112f., und Deist, Militär und Innenpolitik, Bd. 1, S. XL-XLI. Das Gardekorps Berlin hatte keinen eigenen Territorialbereich. 4 Vgl. im folgenden Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. 3, S. 807ff. und S. 9 9 2 1002, sowie Bd. 4, S. 521-530; Sicken, S. 135-146, sowie »Die Einteilung des Deutschen Reichsheeres im Frieden und im Kriege«, BA-MA, RH 6 1 / 1 6 . 5 Im folgenden werden das I.-XI., XIV.-XVIII., XX. und XXI. A.K. als preußisch bezeichnet, das XII. und XIX. als sächsisch, das XIII. als württembergisch und die bayerischen A.K.S mit arabischen Ziffern numeriert. 6 Zusätzlich kompliziert wird die Sachlage noch durch die föderale Heeresstruktur: das BKM war, anders als das PKM, wenigstens gegenüber seinen Heimatformationen weisungsbefugt, nicht aber gegenüber den bayerischen Feldtruppenteilen. 7 Alle Angaben zur Stellenbesetzung nach Wegner, Bd. 1. 8 Keine Angabe hierzu bei Wegner. 9 Zur Person v. Wandels vgl. Granier, bes. S. 130-135, und Feldman, S. 50ff. 10 Als Überblick vgl. Matuschka, Bd. 5. 11 Das persönliche Versagen Wilhelms, der aufgrund der verfassungsrechtlichen Lage allein in seiner Person die Koordination von zivil-politischer und militärischer Sphäre gewährleisten konnte, betont Deist, Kaiser Wilhelm II. als Oberster Kriegsherr. Den Eindruck völliger Bedeutungslosigkeit Wilhelms relativiert dagegen Afflerbach. 12 Zur Person Wild v. Hohenborns vgl. Wild v. Hohenborn. 13 Abgedruckt bei Huber, Dokumente, Bd. 3, Dok. 70 und 71, S. 126f.; aufgehoben

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Anmerkungen zu S. 74-81 wurde der Belagerungszustand durch den Rat der Volksbeauftragten am 12.11.1918, in Bayern erst am 4.11.1919 durch das bayer. Gesamtministerium, ebd., Bd. 3, Dok. 7, S. 6. 14 Zusammenfassend Deist, Militär, S. XL-XLI; sehr ausfuhrlich - speziell bezüglich Mannschafts- und Materialersatz - Dreetz, Funktion des Heimatheeres, S. 3 7 - 4 2 , 5 0 - 5 9 , 78-82. 15 Die im folgenden verwendete standardisierte Notation fur die Kennzeichnung der jeweiligen Einheiten, die teilweise von den zeitgenössischen bayerischen bzw. preußischen Schreibweisen abweicht, ist im Anhang als Glossar vermerkt; die Kennzeichnung der britischen Truppenteile bedient sich der unterschiedlichen Schreibweisen in beiden Sprachen. 16 Vgl. Strachan. 17 Vgl. Spiers, Army and Society, S. 1 - 3 4 ; Ders., Regular Army. 18 In dieser Form wurde die BEF 1906 von Kriegsminister Haidane eingerichtet, zu diesem Zeitpunkt jedoch noch nicht mit der klar umrissenen Aufgabe, Frankreich gegen einen deutschen Angriff zu unterstützen, vgl. Gooch, Mr. Haldane's Army. 19 Vgl. Spiers, Regular Army, und Ders., Haidane. 20 Vgl. Beckett, Territorial Force, und Cunningham, S. 1 2 7 - 1 4 9 . 21 Vgl. Simkins, Kitchener's Army, und Hughes. 22 Alle Zahlen nach Beckett, Nation in Arms, Tabelle 1.1, S. 8, der sich auf die »Statistics of the Military Effort of the British Empire« bezieht; etwas abweichende Angaben bei Winter, S. 28, dessen Basis der »General Annual Report on the British Army 1 9 1 3 - 1 9 1 9 « ist. 23 Vgl. hierzu Samuels, S. 5 3 - 5 8 , der die Nachteile dieses Systems betont, das fur die Kolonialkriege angemessen gewesen sein mag, fiir den kontinentaleuropäischen Krieg jedoch ein Effizienzdefizit der britischen Armee bedeutete. 24 Vgl. im folgenden Turner, Cabinetts, und French. 25 Z.B. Bericht WO an Kabinett, 18.12.1917 (PRO, CAB 2 4 / 3 6 ) zu den Auswirkungen des italienischen Debakels bei Caporetto und der russischen Oktoberrevolution auf die Stimmung der Armee. 26 Vgl. Turner, House o f Commons. 27 Z.B. bei Mai, S. 9 - 3 0 . 28 Vgl. hierzu Ziemann, Front und Heimat; Kruse, Krieg und nationale Integration; Stöcker; relativierend Geinitz und Raithel. 29 Wie authentisch Falkenhayns »Weihnachtsdenkschrift« von 1915 ist, in der das Konzept fiir das >Weißbluten< des französischen Heeres entwickelt wurde, oder ob sie nicht vielmehr eine nachträgliche Selbststilisierung darstellt, ist immer wieder Gegenstand der Diskussion gewesen; zuletzt und letztgenannter Position zuneigend Afflerbach, S. 543ff., ebenso Krumeich. 30 Vgl. Englander, bes. S. 1 2 5 - 1 2 8 . 31 Im folgenden zitiert nach dem Militärstrafgesetzbuch; ein Abdruck der relevanten Paragraphen findet sich im Anhang 6. 32 Militärstrafgesetzbuch, S. 267. 33 Vgl. hier Kapitel I.A.l.a). 34 Vgl. das »Gesetz, betr. Änderung der § 66, 70 usw. des Militärstrafgesetzbuchs« vom 14.7.1914, pr. AVoBl. 1914, S. 2 8 2 (im RGBl. 1914, S. 247), und PKM 28.1.1915, GLA, 4 5 6 F 1 0 - 2 6 , Bl. 31. 35 Pr. AVoBl. 1917, S. 281ff. (im RGBl. 1917, S. 3 8 1 - 3 8 4 ) ; vgl. auch hier Kapitel VLA.l.a). 36 PKM, 19.5.1917, BKA, MilGer 3671. 37 PKM, 20.12.1917, pr. AVoBl. 1917, S. 633f.

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Anmerkungen zu S. 81-90 38 Vgl. das »Gesetz, betreffend Milderung im MStGB«, 25.7.1918 und Ausfuhrungsbest. PKM, 2.8.1918, pr. AVoBl. 1918, S. 439f. 39 Vgl. im folgenden Sagmeister, Delikt der Fahnenflucht, S. 40ff. und 80-88, sowie Finger, S. 5f. und 29-32. 40 Vgl. im folgenden Militärstrafgerichtsordnung. 41 Zu diesem Begriff aus verfassungsrechtlicher Perspektive vgl. Hasenbein, S. 8-15. 42 Ebd., S. 166. 43 Rissom, 1909, Zitat S. 168. 44 Oers., 1911, ZitatS. 61. 45 Ebd., S. 66. 46 Für die Vermittlung juristischer Grundkenntnisse erschienen vielfältige Handbücher, z.B. Ε Isner v. Gronow, Leitfaden fiir Gerichtsoffiziere; Junk; Finger. 47 »Voraussetzungen über Ausschluß der Oeffendichkeit im militärgerichdichen Verfahren wegen Gefährdung der Disziplin (§ 283 Militärstrafgerichtsordnung)«, in: pr. AVoBl. 34, 1900, S. 360. 48 Erneut zur Kenntnis gebracht durch PKM, 2.8.1914, pr. AVoBl. 1914, S. 283-287. 49 Nachdem hier Verwirrung entstanden war, wurde das durch ChGFH, 21.11.1915 (WMA, Μ 1 / 7 - 2 1 ) endgültig geregelt; diese Lösung hielt allerdings z.B. Eisner v. Gronow, Militärjustiz im Felde, fiir ungünstig weil unpraktikabel. 50 Vgl. Strafgesetzbuch. 51 Vgl. Gerhard, bes. S. 254-261; SIM, 17.9.1917, SKA, 24179, Bl. 122f.; BMI, 8.10.1917, WMA, M 3 0 / 1 - 1 0 6 . 52 Vgl. AA, 31.12.1913, BA-K, R 8 5 / 2 6 1 9 , und PKM, 12.10.1917, BKA, MKr 11065. 53 Zur Kenntnis gebracht durch BMI/BKM, 28.8.1915, BKA, MKr 11090. 54 Vgl. z.B. BMI, 27.8.1918, BKA, Gericht stv. 4. I.B., Weglegeverzeichnis 1900-1920. 55 Vgl. die kaiserliche »Verordnung betreffend die Endassung aus der Reichs- und Staatsbürgerangehörigkeit und die Rückkehr der Deutschen im Ausland«, 3.8.1914, RGBl. 1914, S. 323, und die kaiserliche »Verordnung betreffend die Rückkehr der Deutschen im Ausland«, 26.2.1917, RGBl. 1917, S. 211f. 56 Vgl. die kaiserliche »Verordnung betreffend die Rückkehr der Deutschen im Ausland«, 1.11.1916, RGBl. 1916, S. 83, und BMI, 8.10.1917, sowie BMI, 27.8.1918, beide BKA, Gericht stv. 4.1.B., Weglegeverzeichnis 1900-1920. 57 Vgl. den § 11 des Gesetzes betr. die Unterstützung von Familien in den Dienst getretener Mannschaften, 28.2.1888, RGBl. 1888, S. 59ff.; vgl. dazu auch Kundrus, S. 3 2 220, die allerdings die Tatsache der Disziplinierung von Soldaten durch die Androhung sozialer Sanktionen gegen die Familien völlig ignoriert. 58 Vgl. z.B. s.G.K. XIV. A.K., 21.3.1917, BA-MA, RW 11 1/2, S. 12, und PKM, 2.4.1917, GLA, 456F10-26. 59 Vgl. King's Regulations. 60 Vgl. Manual of Military Law. 61 Z.B. Banning. 62 Vgl. Childs, S. 140ff. 63 Vgl. ACI Nr. 570, 22.5.1918, mit der Paragraph 52, Note 1 des Army Act geändert wurde, PRO, WO 3 2 / 3 9 8 9 und 3991. Der Kommandeur der 54. Div. sprach sich gegen diese Neuerung aus und brachte als Beispiel den Fall eines Soldaten, der angesichts eines ausgesprochenen Todesurteils Selbstmord an dem Tag begangen hatte, an dem dieses Urteil aufgehoben wurde, GOC 54. Div., 25.9.1918, ebd., / 3 9 9 0 . 64 Durch eine Änderung der KR 673 (bzw. MML 72.1.) wurde darauf verzichtet, wenn

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Anmerkungen zu S. 90-102 sich ein Soldat freiwillig stellte, vgl. AO 2 8 1 / 1 9 1 7 und 2 8 3 / 1 9 1 7 (AO Sept. 1917, S. 14ff.), PRO, WO 123/59. 65 Vgl. King's Regulations 9 7 8 - 9 7 9 ; abgeändert durch AO 2 2 4 / 1 9 1 8 , 5.7.1918 (AO Aug. 1918, S. 10f.), PRO, WO 123/60. 6 6 Rules of Procedure, 1 0 5 - 1 2 3 , ebenfalls zitiert nach dem Abdruck im MML. 67 Vgl. AO Nr. 340/1916, 24.9.1916 (AO, Oct. 1916, S. 22), PRO, WO 123/58. 68 Vgl. Anonymus (A Military Lawyer), zitiert nach Putkowski u. Sykes, S. 348. 69 Königliche O r d e r / A O 1 3 / 1 9 1 7 , 2 . 1 2 . 1 9 1 6 (AO Jan. 1917, S. 13), PRO, WO 1 2 3 / 59; die entsprechende Änderung des MML erfolgte durch AO 33/1917, ebd., S. 22. 70 WO-Dossier zu den Beratungen des AA 1912, undatiert [1912], PRO, WO 3 2 / 14485, und die Beratungen des Army (Annual) Bill 1912, Hansard, Bd. 36, Sp. 1 2 9 0 - 1 3 0 4 , 10.4.1912. 71 Vgl. im folgenden das enzyklopädische Werk von Seeßelberg, bes. S. 1 0 6 - 2 3 0 , sowie /. Meyer, Ellis, S. 2 6 - 4 2 , und S. 1 7 4 - 1 8 8 , Ashworth, S. 1 - 2 3 . 72 G.K. 1. A.K., 9.4.1915, BKA, 2. I.D., Bd. 119; zum folgenden allgemein Ashworth. 73 Vgl. Dinter, S. 9 1 - 9 5 . 74 Rupprecht von Bayern, Bd. 1, Eintrag 9.11.1914, S. 246. 75 Ebd., Eintrag 24.1.1915, S. 292. 76 Kriegserinnerungen, S. 40, IWM, Ε. Ε. H. Bate-Papers, 90/37/1. 77 Vgl. Second Army Intelligence Report, 26.4.1917, S. 2, PRO, WO 157/112. 78 Vgl. Kriegserinnerungen, S. 108, IWM, H. G. R Williams-Papers, PP/MCR/86. 79 ChGFH, M.J. Nr. 10406, 28.11.1914, BKA, 2. I.D., Bd. 119, Akt 6. 80 Vgl. T. Wilson. 81 Aussage eines Überläufers, vgl. Second Army Intelligence Report, 2.7.1916, S. 1, PRO, WO 157/103. 82 Vgl. Fuller, S. 5 8 - 7 1 . 83 Vgl. Edmonds, S. 120. 84 Zahlreiche Beispiele dafür bei Ulrich u. Ziemann, Kruse, Krieg und Klassenheer, sowie Ziemann, Verweigerungsformen. 85 Dieser Aspekt wird bei Kruse, Krieg und Klassenheer, praktisch völlig ignoriert. 86 Empirisch gesättigt, analytisch jedoch enttäuschend Ziemann, Front und Heimat. 87 Vgl. Treiber, S. 72. 88 Hall, S. 14. 89 Vgl. hier Kapitel I.B.1. 9 0 Vgl. Altrock, S. 69, und Winter, S. 8 3 - 9 2 ; exakte Zahlen sind nur sehr schwer zu ermitteln. 91 AA-Strantz, 8.6.1916, in Hobohm, Dok. 2, S. 16, Hervorhebung im Original. 92 Vgl. Thoß, bes. S. 118ff. 93 Ludendorff, S. 309. 9 4 Hall, S. 14; fur die deutsche Armee vgl. dazu Kruse, Krieg und Klassenheer. 9 5 Phillips, S. 101, Brief R N. Gray an seine Familie, 6.8.1917. 9 6 Kriegstagebuch, S. 9, IWM, R S. Cockburn-Papers, RSC 1/1. 9 7 Maasgruppe West, 19.7.1917, BA-MA, Ν 2 7 4 / 1 6 . 98 In den Histories of Two Hundred and Fifty-One Divisions, S. 384, ist der Vorfall nicht erwähnt; die Verschlechterung der Kampfqualität der 29. I.D. wurde dort mit ihren schweren Verlusten und ungenügendem Ersatz begründet. 99 Rissom, 1909, S. 183. 100 Kriegserinnerungen L. Michel (von 1929), Eintrag 3.7.1918, BKA, HS 2 9 0 7 .

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Anmerkungen zu S. 102-109 101 Vgl. im folgenden Bald, S. 49-58. 102 1914 bis 1918 wurden im preußischen Heer ganze 150, im sehr viel kleineren bayerischen immerhin 91 Unteroffiziere zu Offizieren befördert, vgl. Ledebur, S. 493f. 103 Vgl. Kruse, Krieg und Klassenheer, S. 540; deutsche Unteroffiziere konnten zwar Feldwebelleutnants werden, hatten damit jedoch keinen Anspruch auf das Reserveoffizierspatent erlangt. 104 Vgl. Howard; Travers, S. 37-61, sowie, speziell fur den Vergleich der Reaktionen der deutschen bzw. britischen Armeeführung auf die technologische Herausforderung an das taktische Denken, Samuels, S. 61-123. Gegen das Bild der sich im Weltkrieg fortsetzenden Unflexibilität der britischen Militärführung argumentiert Griffith. 105 Vgl. Creveld, S. 35ff. 106 »La solidarite n'a plus la sanction d'une surveillance mutuelle«, formulierte der einflußreiche französische Militärtheoretiker du Picq diese Befürchtung schon vor 1870, zitiert nach Howard, S. 513; vgl. auch Gat. 107 Freytag-Loringhoven, S. 203. 108 Ebd., S. 202. 109 VdR, Bd. 290, S. 5528, 13.6.1913, Rede Gradnauer. 110 ChGFH, 1.8.1918, BKA, 4. I.D., Bd. 89, Akt 1; abgedruckt bei Hobofim, Dok. 39a, S. 387f. 111 Vgl. hier Kapitel IVA.l.b). 112 Ludendorff, S. 306f. 113 Vgl. Geyer, German Strategy, bes. S. 545. 114 Vgl. Travers, S. 85-123, Zitat S. 262. 115 E. Meyer, S. 31f.; zum deutschen England-Feindbild allgemein vgl. Jahr, Krämervolk. 116 George H. Doran, The German Army from Within by a British Officer Who Has Served in It, New York 1914, zitiert nach Clemente, S. 215. 117 Kriegstagebuch, S. 24, IWM, R. S. Cockburn-Papers, RSC 1 / 1 . 118 Vgl. Bröckling, Disziplin, S. 89-128. 119 Einer Meuterei in Flandern sollte durch andere Truppen ein Ende gemacht werden; ein beteiligter Kanonier erinnerte sich: »On arrival we were ordered to fire on them but not a man would do so. This was truly a case of non-violent resistance«, Kriegserinnerungen, S. 1, IWM, C. H. Cox-Papers, 8 8 / 1 1 / 1 . 120 Aussage Η. Surrey vor dem Oliver-Committee, undatiert, PRO, WO 2 2 5 / 3 , S. 650f.

Kapitel III Die Deserteure 1 VdR, Bd. 328, S. 1485,10.7.1919. 2 Hansard, Bd. 113, Sp. 117, 3.3.1919. 3 Knippschild, S. 125. 4 Vgl. Kapitel I.B.I. 5 Vgl. PKM, 28.5.1914, BKA, MKr 11164. 6 BKM, 2.9.1914, BKA, HS 2348 1.2, Bl. 3: vgl. auch Ulrich, Desillusionierung. 7 Z.B. BKM, 7.9.1915; BKM, 20.4.1916; BKM, 31.12.1917, alle ebd., Bl. 4f., sowie PKM, 3.12.1917, ebd., 2. I.D., Bd. 119, Akt 1. 8 HGrKrpz, 3.9.1916, BKA, HS 2348.

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Anmerkungen zu S. 109-116 9 ChGFH, 18.9.1916, ebd. 10 So noch ChGFH, 22.10.1918, ebd. 11 Vgl. Kantorowicz. 12 Memorandum des Deutschen Werkmeister-Verbands Düsseldorf, 12.8.1918, verteilt durch ChGFH, 25.8.1918, BKA, HGrRuppr, Bd. 17. Lakonischer Kommentar der Heeresgruppe dazu: »Nichts zu veranlassen. Zum Akt« (ebd). 13 Urteilsbegründung v. 9.3.1915, BKA, Gericht stv. 3. I.B., Buchst. B-D 1915, Bl. 48. 14 Erneut ist hier ein Desiderat zu beklagen: >die Etappe< harrt noch der Erforschung; für das landläufige Bild von der Etappe als Ort der Ausschweifung, Inkompetenz und Korruption vgl. Wandt; seine Namen nennende Darstellung vom Treiben rund um das Hauptquartier der 4. Armee des Herzogs Albrecht von Württemberg brachte Wandt einen Prozeß und die Inhaftierung ein. 15 Vgl. s.G.K. VII. A.K., 7.11.1915, WMA, M l / 7 - 2 1 , Bl. 313. 16 Vgl. PKM, 26.7.1917, BKA, 2. I.D., Bd. 119. 17 A.O.K. 4, 27.4.1918, BKA, 4. I.D., Bd. 89, Akt 1, eine OHL-Meldung zitierend, die von der Heeresgruppe Rupprecht verteilt wurde. 18 Vgl. Bay. Artillerie-Kommandeur 4, 8.6.1918, BKA, 4. I.D., Bd. 89. 19 Vgl. A.O.K. 4, 22.7.1918, ebd. 20 S.G.K. VII. A.K., 7.11.1915, WMA, M l / 7 - 2 1 , Bl. 313. 21 PKM, 12.10.1916, pr. AVoBl. 1916, S. 434. 22 S.G.K. VII. A.K., 7.11.1915, WMA, M l / 7 - 2 1 , Bl. 313f. 23 OLEF, 22.9.1917, BKA, MKr 11065. 24 Tatbericht 2/9.1.R., 8.2.1917, BKA, Gericht 4. I.D., Buchst. Η 1918/19. 25 Vgl. den Fall eines Landsturmmannes, der mit einer Französin verheiratet war und im Februar 1916 an der elsässischen Front übergelaufen war, Schriftwechsel BKM, s.G.K. 1. A.K. u.a., Februar bis Juni 1916, BKA, MKr 11065. 26 G.K. XIV. A.K., 27.12.1914, GLA, 456F8-62, Bl. 147. 27 Ähnlich auch ChGFH, 4.1.1915, und PKM, 10.6.1915, ebd., Bl. 151 bzw. 179. 28 Beide Zitate PKM, 16.5.1918, WMA, M34-108. 29 Meldung AA-B, 7.8.1917, WMA, M 3 0 / 1 - 1 0 6 . 30 BKA, MilGer 6479, Zeugenaussage Bl. 2; W. stammte aus einem Dorf bei Neu-Ulm. 31 Zeugenaussage v. 19.12.1915, BKA, Gericht 4. I.D., Buchst. S 1915-1919, Bl. 6. 32 Zeugenaussage undatiert, ca. 19.12.1915, ebd. 33 BKA, MilGer 6426. 34 Vgl. hier Kapitel V.A.4.d). 35 BA-K,R 85/4741. 36 BKM, 29.1.1915, BKA, MKr 11065 37 Davon berichtet z.B. His, S. 133. 38 Ohne Titel oder Anschreiben, Richtlinien für die Behandlung geisteskranker Soldaten, ca. Juli 1916, GLA, 456F10-26; allgemein vgl. Riedesser u. Verderber, S. 23-74, und Bröckling, Disziplin, S. 199-240. 39 Vgl. Κ. H. Roth, und Rousseau. 40 Vgl. AA-C, 24.4.1917, BKA, MilGer 3666. 41 Vgl. BMI, 26.4.1916, BKA, MKr 13424. 42 Vgl. PKM, 4.3.1916, WMA, M l / 7 - 1 0 , Bl. 115-118, und Hehemann, S. 336ff. 43 Vgl. PKM, 23.10.1916, BKA, 4. I.D., Bd. 89. 44 Bis Mai 1915 bestand auch noch die Möglichkeit, über Österreich nach Italien zu gelangen, was jedoch in den Beispielfällen nicht vorgekommen ist

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Anmerkungen zu S. 116-119 45 Eigene Schätzung auf Basis der in SBA, Ε 27 13949, überlieferten Deserteur- und Refraktär-Fragebögen; die Zahl der französischen Deserteure dort dürfte ähnlich groß gewesen sein. Die Gesamtzahl der deutschen Deserteure und Refraktäre - zwischen beiden wird leider häufig nicht unterschieden - ist nur schwer zu ermitteln, da die schweizer Quellen fragmentarisch und teilweise widersprüchlich sind. Laut einem Bericht des Justiz- und Polizeidepartements vom 26.9.1917 hielten sich zu diesem Zeitpunkt 4 3 6 4 deutsche Deserteure und Refraktäre in der Schweiz auf (SBA, Ε 27 13947), wozu bis Ende Juni 1918 6 8 6 hinzukamen (vgl. Statistik der Nachrichtensektion des Armeestabs vom 20.8.1918, ebd.), zusammen also 5050; vor diesem Hintergrund erscheinen die Angaben bei Ziemann, Fahnenflucht, S. 114 ebenso überhöht wie seine Rechenspiele fur das gesamte Heer. 4 6 Vgl. PKM, 4.11.1916, und 16.10.1917 PKM, pr. AVoBl., S. 524. 4 7 Vgl. s.G.K. 2. A.K., 5.12.1917, BKA, MKr 11066. 48 Vgl. Meldung Durchgangslager-Truppenübungsplatz Darmstadt, 2 0 . 1 0 . 1 9 1 5 , ebd., 11065. 4 9 Vgl. Meldung des Alldeutschen Verbandes, 9 . 1 0 . 1 9 1 5 , verteilt durch PKM, 31.10.1915, ebd. 50 A.O.K. 6, 7.11.1915, BKA, 2. I.D., Bd. 119. 51 Vgl. PKM, 8.6.1918, BKA, MKr 11065. 52 Vgl. Kurz, S. lOOff., sowie Gast, S. 25f. und 5 2 - 5 6 . 53 SBA, Ε 27 1 3 9 4 9 - 3 0 und - 3 2 . 54 Vgl. s.G.K. XIV. A.K., 1.5.1918, zu s.G.K. XIV. A.K., 19.3.1918, GLA, 4 5 6 F 8 - 2 3 1 . 55 Meldung I.E/20.1.R. an Β KM, 4.9.1916, BKA, MKr 11065. 56 BKA, MilGer 6477, und SBA, Ε 27 1 3 9 4 9 ^ 2 . 57 BKA, MilGer 6402, Bl. 5. 58 Vgl. die Stellungnahmen der Kompaniefuhrer 7/15. LR. und 2.MG-Kp./15. I.R., Januar 1918, BKA, MKr 11066. 59 Stellungnahme 4. I.B. an 2. I.D., 29.1.1918, ebd. 6 0 Brief Franziska v. Reventlow, Datum und Adressat unbekannt, vermutlich an die Redaktion einer schweizer Zeitung; eine vom BKM am 16.3.1918 übersandte Abschrift befindet sich im Gerichtsakt. 61 Vgl. SBA, Ε 27 1 3 9 4 9 - 3 1 , Dossier Reventlow. 62 Ltn. Douglas Stewart war im April 1917 aus deutscher Kriegsgefangenschaft nach Venlo entwichen und sagte nach seiner Rückkehr aus, was ihm ein niederländischer Grenzposten erzählt hatte: jährlich würden 4 0 0 Personen an der Grenze erschossen; Vernehmungsprotokoll, 17.4.1917, PRO, WO 161/96, S. 553. 63 BKA, Gericht 4. I.D., Buchst. S 1 9 1 5 - 1 9 1 9 . 64 Befragung zweier zurückgekehrter Deserteure durch die Abwehrstelle s.G.K. VII. A.K., 18.2.1918, SKA, 2 2 6 9 4 , Bl. 6ff. und 30f. 65 Vgl. »The Times« Nr. 4 1 3 8 4 , 24.1.1917, S. 5. 66 Befragung zweier zurückgekehrter Deserteure durch die Abwehrstelle s.G.K. VII. A.K., 18.2.1918, SKA, 22694, Bl. 6ff. und 30f. 67 Vgl. s.G.K. VII. A.K., 26.1.1918, BA-K, R 8 5 / 1 7 1 8 ; laut s.G.K. VII. A.K. Abw. VII, 20.3.1918, BKA, MKr 11066, befanden sich in der Sammelstelle in Münster etwa 2 5 0 aus den Niederlanden zurückgekehrte Deserteure. 68 Vgl. Bericht Deutsches Generalkonulat Amsterdam, 24.11.1917, an den stv. Generalstab Illb, BA-K, R85/1721. 69 Vgl. stv. Generalstab, 17.9.1918, einen Bericht des s.G.K. VII. A.K. v. 13.9.1918 zitierend, BA-K, R 85/1718.

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Anmerkungen zu S. 119-124 70 Vgl. Chef stv. Generalstab, 5.10.1918, Tagesordnung einer Postüberwachungsbesprechung am 18./19.10.1918, WMA, M 3 0 / 1 - 2 0 . 71 Vgl. den Bericht der Polizeistation Memmingen an s.G.K. 1. A.K., 3.11.1917, BKA, s.G.K. 1. A.K. 1347. 72 BKA, Gericht stv. 7.1.B., Buchst. Τ 1918, und ebd., Μ Kr 11066. 73 Vgl. den Schriftwechsel Belgische Botschaft, War Office und Foreign Office, Oktober bis Dezember 1915, PRO, FO 3 1 2 / 6 8 0 ; immer wieder dienten Deserteure in den Niederlanden als Augenzeugen deutscher Kriegsverbrechen der britischen Propaganda, so etwa ein Soldat des bayerischen 22. I.R., der die Erschießung von 24 britischen Kriegsgefangenen in der Nähe Antwerpens im Dezember 1914 bezeugte, vgl. ebd., 383/14. 74 Vgl. »The Times« Nr. 41384, 24.1.1917, S. 5. 75 Vgl. z.B. Second Army Intelligence Report, 25.4.1917, S. 3, PRO, W O 157/112. 76 Vgl. z.B. Telegramme Dr. Holmard/Dr. Goldberg, s'Gravenhage, 8.11.1918 an den Arbeiter und Soldatenrat München; Friedrich Barthel, Zürch 13.11.1918, im Namen einer »Versammlung deutscher Refraktäre und Deserteure«; Franz Thelen, Amsterdam 15.11.1918, alle BA-K, R85/1761. 77 Vgl. Chef stv. Generalstab, 3.10.1917, WMA, M l / 7 - 2 8 . 78 Vgl. Herz, S. 171. 79 Vgl. den Bericht der Polizeistation Memmingen, 3.11.1917, an s.G.K. 1. A.K., BKA, s.G.K. 1. A.K., 1347. 80 Vgl. s.G.K. VII. A.K., 12.5.1917, ebd., 1582. 81 Vgl. s.G.K. I.A.K., 2.6.1917, ebd. 82 Vgl. Chef stv. Generalstab, 30.1.1917, ebd., und PKM, 29.11.1917, WMA, M 3 0 / 1 114. 83 Vgl. PKM, 10.2.1918, BKA, s.G.K. 1. A.K., 1347. 84 GLA, 456 F9-335. 85 Vgl. s.G.K. XIV. A.K., 19.3. 1918, GLA 456F8-231, sowie Erfahrungsbericht s.G.K. XIV. A.K., 1.5.1918, ebd., und PKM, 3.8.1918, WMA, M 3 0 / 1 - 1 1 7 . 86 Vgl. s.G.K. XIV. A.K., 10.5.1916, GLA, 456F8-65. 87 S.G.K. XIV. A.K., 25.5.1916, ebd. 88 Eigene Schätzung auf Basis der überlieferten Deserteur- und Refraktär-Fragebögen (SBA, Ε 27 13949). 89 Vgl. Putkowski u. Sykes, S. 36f., und PRO, WO 9 3 / 4 9 , Bl. 54. 90 PRO, WO 7 1 / 4 1 0 . 91 Putkowski u. Sykes, Shot at Dawn, S. 45f. 92 Ebd., S. 73f. 93 PRO, WO 7 1 / 6 0 8 . 94 PRO, WO 7 1 / 4 6 3 . 95 Vgl. Putkowski u. Sykes, S. 75. 96 Zu dem bisher noch wenig erforschten Thema der BEF als Besatzungsarmee in Frankreich und Belgien entsteht an der Universität Leeds eine Dissertation von Craig Gibson, »Soldiers amongst Civilians: The British Expeditionary Force in France and Flanders, 19141918«; ein positives Bild dieser entente cordiale im Alltagsleben zeichnet Simkins, Soldiers and Civilians. 97 PRO, WO 7 1 / 4 1 2 . 98 E b d . , / 4 0 6 . 99 Vgl. Putkowski u. Sykes, S. 220. 100 PRO, W O 7 1 / 3 9 0 .

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Anmerkungen zu S. 124r-138 101 E b d . , / 4 4 7 u n d / 3 9 3 . 102 Vgl. Putkowski u. Sykes, S. 190f. 103 Vgl. ebd., S. 163f., und Babington, Example, S. 12f. 104 Vgl. Putkowski u. Sykes, S. 29, und 212f. 105 Vgl. GRO Nr. 2 3 1 1 , 20.5.1917 und Nr. 2 6 8 1 , 9.10.1917, in: Extracts from GROs Part I, S. 69. 106 Vgl. Putkowski u. Sykes, S. 239f. 107 Vgl. A.O.K. 6, 10.2.1916, BKA, 4. I.D., Bd. 35. 108 Vgl. Hansard, Bd. 9 2 , Sp. 158ff., 26.3.1917, Änderungsvorschlag im Annual Army Bill, Sect. 154 und 163; die Kritik daran, ebd., Sp. 167ff., 26.3.1917, Rede Dillon. 109 Vgl. ACI Nr. 817, 19.5.1917, PRO, WO 2 9 3 / 6 , S. 58f. 110 Vgl. im folgenden Carsten. 111 Nottingham City Police Report, 18.3.1918, S. 3, durch WO, 2.4.1918 an das Home Office gesandt, PRO, HO 4 5 / 1 0 7 4 4 . 112 Extract from War Cabinet 142, 26.5.1917 Sitzungsprotokoll fur den 22.5.1917, PRO, WO 3 2 / 1 8 7 6 5 . 113 Zu den conscientious objectors vgl. Rae; Ceadel, S. 3 7 - 5 6 , und Robbins. 114 Teilweise wurden allerdings Gerichtsakten auch entgegen einschlägiger Verordnungen vernichtet. Eine Papierfabrik erhielt im September 1920 1130 kg Gerichtsakten der stv. 4. I.B. (Neu-Ulm) zum Einstampfen geliefert, obwohl das durch eine Verordnung des Ministeriums für Militärische Angelegenheiten untersagt worden war, vgl. den Vermerk im Weglegeverzeichnis der 4. I.B., 25.9.1920, BKA, Weglegeverzeichnis 4. I.B. Die 4. b.I.D. ist wegen der Räumung der Pfalz von größeren Aktenverlusten betroffen, vgl. Vermerk im Weglegeverzeichnis der stv. 6.1.B., 18.11.1920, BKA, Weglegeverzeichnis stv. 6. I.B. Manche Akten schließlich gingen im Verlauf der Novemberrevolution verloren, vgl. Meldung des Gerichts s.G.K. 1. A.K., daß der Akt »bei den Unruhen in München am 7. November 1918 von unbekannten, in das Gerichtsgebäude eingedrungenen Personen vernichtet« worden war, BKA, MilGer 6299, Bl. 1. 115 Das Bezirkskommando Kempten leitete allerdings im Frühjahr 1918 ein Verfahren wegen Nichtgestellung eines in der Schweiz bei seiner Familie wohnenden Reserve-Leutnants ein, der mit Hilfe zahlreicher ärztlicher Gutachten nachweisen konnte, daß er nicht mehr diensttauglich war. Er schaltete sogar einen Rechtsanwalt ein, was nicht verhinderte, daß er für fahnenflüchtig erklärt wurde, BKA, Gericht stv. 3.1.B., Buchst. H17-J 1918. 116 Vgl. Dinter, S. 118; zu diesem Schluß kommt auch Sikora, Disziplin, S. 2 0 3 , der sich allerdings widerspricht und zwar die jüngeren Soldaten für >desertionsgefährdeter< hält (S. 276f.), andererseits aber zu Recht darauf hinweist, daß erst eine ausreichende Erfahrung mit den Schwächen der Armee die Flucht aussichtsreich macht (S. 280). 117 BKA, MilGer 6243. 118 BKA, Gericht 4. I.D., Buchst. St 1 9 1 5 - 1 9 1 9 . 119 Vernehmung Burkhardts, 4.11.1917, ebd., Buchst. F 1 9 1 4 - 1 9 1 9 , Bl. 9f. 120 Vernehmung Fischers, 4.11.1917, ebd., Bl. 8. 121 Vernehmung, 1.4.1918, ebd., Buchst. O-P 1 9 1 5 - 1 9 1 9 , Bl. l l f . ; für das schlechte Klima im 5. R.I.R. spricht auch, daß dort im Mai 1918 eine Untersuchung wegen Meuterei gegen 180 Soldaten eingeleitet wurde, vgl. BKA, Gericht 4. I.D., Strafprozeßliste 1918. 122 Begründung der Arreststrafe, 7.10.1917, BKA, MilGer 6224, Bl. 7. 123 Urteilsbegründung, 25.1.1918, ebd., 6 3 7 9 , Bl. 30. 124 Zeugenaussage des Offiziers Eichsteller, undatiert, ebd., Bl. 15. 125 Zeugenaussage des Offiziers Peez, 2 2 . 1 2 . 1 9 1 7 , ebd., Bl. 14.

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Anmerkungen zu S. 138-151 126 BKA, Gericht 4. I.D., Buchst. Β 1918/19. 127 Z.B. Gericht stv. 4.1.B., Buchst. A-B 1918; ebd., Buchst. Η 1918/19; ebd., Buchst. Μ 1914-1919. 128 2. I.D., 30.8.1918, BKA, Μ Kr 11040. 129 Ähnlich auch, BKA, Gericht stv. 3.1.B., Buchst. B-D 1915. 130 Vernehmung Ferschs, 16.10.1917, BKA, Gericht stv. 4.1.B., Buchst. F-G 1918, Bl. 4; diese Darstellung wurde durch Zeugenaussagen bestätigt. 131 Abschrift des Briefe, 29.8.1917, ebd., Bl. 11. 132 Brief 4.10.1915, BKA, Gericht stv. 11. I.B., Buchst. K25-57 1916, Bl. 98c. 133 Vernehmung Schümanns, 26.1.1916, BKA, MilGer 6424, Bl. 16. 134 Gutachten Stabsarzt Prof. Kleist, 5.2.1916, ebd., Bl. 15. 135 Aussage Leutnant Focke, 19.12.1915, BKA, Gericht 4. I.D., Buchst. S 1915-1919, Bl. 6.

136 Aussage Seuferts v. 19.12.1915, ebd., Bl. 5. 137 Vernehmung v. 25.1.1917, BKA, Gericht stv. 7. I.B., Buchst. S 1917, Bl. 16. 138 Urteilsbegründnung v. 14.1.1917, ebd., Bl. 62. 139 Originalbrief Armbrusts, BKA, MilGer 6201; dieser ist auch abgedruckt bei Ulrich u. Ziemann, Dok. 42a, S. 161ff. 140 Tatbericht der MG-Kp. 8. R.I.R., 20.10.1914, BKA, Gericht 4. I.D., Buchst. A 19151919, Bl. 1. 141 Urteilsbegründung v. 19.12.1914, ebd., Bl. 13. 142 Vernehmung Ströbels v. 23.11.1916, BKA, Gericht stv. 7.1.B., Buchst. St-U 1917, Bl. 11. 143 Beide Zitate psychiatrisches Gutachten Dr. Körte, 15.1.1918, BKA, Gericht stv. 4. I.B., Buchst. A-B 1918, Bl. 70. 144 Ebd., Bl. 72. 145 Urteilsbegründung v. 18.5.1916, BKA, Gericht stv. 4.1.B., Buchst. U-Z 1916, Bl. 40. 146 Urteilsbegründung v. 30.10.1917, BKA, MilGer 6224, Bl. 40. 147 Kriegsstammrollenauszug Striegel, ebd., Bl. 8. 148 Urteilsbegründung, 23.6.1916, ebd., 6445, Bl. 30f. 149 Vgl. Theil. 150 Brief Dreher v. 24.2.1916, BKA, MilGer 6237, Bl. 18. 151 PRO, WO 9 0 / 6 und 8. 152 PRO, WO 7 1 / 4 4 3 bzw. / 4 3 8 . 153 Vgl. PKM, 5.9.1914, pr. AVoBl. 1914, S. 334. 154 PKM, 2.7.1915, BKA, MKr 11167. 155 PKM, 28.10.1915, pr. AVoBl. 1915, S. 495f., wobei rückwirkend alle Urteile seit Kriegsbeginn zu melden waren; PKM, 16.6.1916, ebd. 1916, S. 253, und PKM, 8.11.16, BKA, MKr 11167. 156 Stv. Generalstab, 10.11.1916, erwähnt bei AA-B, 18.7.1918, WMA, M 3 0 / 1 - 1 1 7 ; vgl. auch hier Kapitel VI.A.l.a). 157 In Arbeit ist die Dissertation über die bayerische Militärjustiz im Ersten Weltkrieg von Hans-Christoph Scheuer, die es auf der Basis von 8800 ausgewerteten Straiprozeßlisteneinträgen ermöglichen wird, differenzierte Aussagen über die Handhabung der Militärjustiz zu treffen. 158 Daß Offiziere und Mannschaften mit unterschiedlichen Maßstäben zu messen seien, war den Zeitgenossen im Bereich psychischer Störungen völlig selbstverständlich, vgl. vor dem Krieg Stier, Über psychiatrische Gutachten, und nach 1918 His über die extremen psychischen

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Anmerkungen zu S. 151-165 Belastungen vor Verdun: »Doch sind Fälle von Fahnenflucht bei Ofifzieren [sie!] nicht vorgekommen; die Schwächung der Widerstandskraft äußerte sich bei ihnen in anderer Form« (S. 118f.). 159 Statistik für 1917/1918, Vermerk im Anschreiben an den Kriegsminister, 17.6.1918, WMA, Μ 1 / 7 - 8 4 . 160 Vgl. Altrock, S. 234, der allerdings die Unterschiede zwischen den Kontingenten nicht für statistisch signifikant hält. 161 Vgl. ebd., S. 54. 162 Die Zahlenspiele bei Ziemann, Fahnenflucht, sind hoch spekulativ; das Ordnungsraster der Militärbehörden erscheint hier letztlich als Spiegelbild der Wirklichkeit und die Zahlenangaben aus den unterschiedlichsten Quellen werden hemmungslos zusammengezogen, aber keiner wirklichen Kritik unterworfen; es ist sinnlos, >objektiven< Zahlen bei einem Delikt hinterherzujagen, das erst durch die Perspektive des Betrachters konstruiert wird. 163 Rede Lenins v. 28.8.1918, zitiert nach Petzold, S. 19. 164 »Rote Fahne«, 12.11.1925, zitiert nach ebd., S. 80. 165 Vgl. Deist, Zusammenbruch des Kaiserreichs, bes. S. 2 2 9 - 2 3 3 . 166 Vgl. Bessel; die lange Vorgeschichte dieser >Revolutionierung< betont Kruse, Krieg und Klassenheer. 167 Vgl. ChGFH, 19.11.1917, in: Kästner, Dok. 5, S. 27f. 168 Eintrag v. 26.5.1918, Rupprecht von Bayern, Bd. 2, S. 4 0 2 169 Vgl. Β KM, 25.6.1918, BKA, Mil. Bev., Bd. 70. 170 Β KM, 7.7.1918, BKA, 4. I.D., Bd. 89, Akt 1. 171 Vgl. PKM, 22.7.1918, in: Kästner, Dok. 28, S. 6 0 - 6 3 ; ChGFH, 9.8.1918, BKA, 4. I.D., Bd. 89, Akt 1; PKM, 15.8.1918, ebd., 2. I.D., Bd. 119, Akt 3; PKM, 21.8.1918, SKA, 2 3 4 9 2 , Bl. 50; PKM, 28.8.1918, ebd., Bl. 75; PKM, 8.9.1918, ebd., Bl. 90; 242. I.D., 16.10.1918, WMA, M l / 7 - 2 8 . 172 Vgl. PKM, 24.9.1918, SKA, 23492, Bl. 93. 173 Etlnsp 10, 9.7.1917, BA-MA, Ν 2 3 4 / 6 , Bl. 12. 174 GQM-OHL, 25.7.1917, BA-MA, Ν 2 3 4 / 6 , Bl. 11; ähnlich z.B. A.O.K. 5, BKA, 2. I.D., Bd. 119, Akt 3. 175 Chef stv. Generalstab Illb, 24.8.1917, WMA, M 3 0 / 1 - 2 0 (Protokoll einer Besprechung der Leiter der PÜW-Stellen 2 . - 3 . Juli 1917). 176 Β KM an 2. b.I.D., 21.5.1917, BKA, Mkr 11065. 177 ChGFH, 12.3.1918, BKA, 4. I.D., Bd. 96, Akt 6. 178 Vgl. ChGFH, 23.8.1918, BKA, HGrRuppr, Bd. 17; vgl. auch Kapitel IVA.l.a). 179 Vgl. stv. Generalstab, 5.6.1917, BKA, MKr 11484. 180 Vgl. s.G.K. XIV. A.K., 29.8.1918, GLA 4 5 6 F 8 - 6 2 ; vgl. auch ChGFH, 3.9.1918, WMA, M 3 0 / 1 - 1 0 6 . 181 ChGFH, 16.1.1918, SKA, 9 6 5 8 , Bl. 1; noch schärfer PKM, 19.3.1918, ebd., Bl. 91; identische Regelungen für die aus rumänischer Gefangenschaft Zurückkehrenden traf PKM, 28.5.1918, ebd., Bl. 126. 182 Vgl. PKM, 6.4.1918, WMA, M 3 0 / 1 - 2 2 . 183 Vgl. ChGFH, 21.7.1918, in: Kästner, Dok. 27, S. 59f. 184 Bibliothek für Zeitgeschichte, Kriegsflugblätter, Mappe 46, Nr. 3. 185 Ebd., Mappe 12, Nr. 2. 186 Vgl. Aussage eines Überläufers, Second Army Intelligence Report, 2.7.1916, S. 2, PRO, WO 157/103. 187 Im Heer verbreitet durch ChGFH, 2.9.1918, WMA, M 7 7 / 1 ^ 5 2 ; diese Proklamati-

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Anmerkungen zu S. 165-179 on, die ein unfreiwilliges Lob der britischen Propaganda darstellte, wurde von den dafür Verantwortlichen wiederum selbst als Propagandamaterial eingesetzt, vgl. Brief v. 13.9.1918, Absender und Adressat unbekannt, PRO, WO 32/5141. 188 Absender und Adressat unbekannt, 29.6.1918, ebd. 189 Vgl. British balloon propaganda, 2nd report, 16.8.-10.9.1918, ebd., / 5 1 4 3 . 190 Grundlegend zu diesem Thema Sanders u. Taylor, hier S. 177f. 191 Vgl. PKM, 3.9.1918, GLA456F8-62. 192 Vgl. Summary of Reports received on effect of balloon propaganda, 1 3 . 5 17.10.1918, PRO, WO 3 2 / 5 1 4 1 . 193 Vgl. Sanders u. Taylor, S. 208 unter Einbeziehung der im Zweiten Weltkrieg gemachten Erfahrungen. 194 Vgl. ebd., S. 170f. 195 Vgl. PKM, 22.7.1918, in: Kästner, Dok. 29, S. 63f.; ChGFH, 24.8.1918, BKA, 4. I.D., Bd. 89, Akt 1. 196 Vgl. den Bericht des Verbindungsoffiziers der HGrRuppr beim A.O.K. 4,15.10.1918, BKA, HgrRuppr, Bd. 175. 197 Telegramm ChGFH, 8.11.1918, ebd. 198 Meldungen über abgekämpfte und nicht mehr zuverlässige Divisionen, vgl. Beweismaterial aus den Kriegsakten. 199 Dolden, S. 179. 200 Brief v. Kemnitz an v. Seeckt v. 30.9.1918, BA-MA, Ν 2 4 7 / 1 7 0 , Bl. 21. 201 Vgl. Rothstein, Gill u. Dallas, S. 89-140, und Putkowski, Kinmel Park. 202 Für das Heimatheer ergingen seit 1915 zusätzlich monatliche Meldungen über Soldaten, die wegen Verwundung, Krankheit etc. nach Großbritannien zurückgeschickt worden waren und sich nicht bei der zuständigen Heimatdienststelle gemeldet hatten, vgl. WOI Nr. 33, 5.4.1915 und Nr. 265,25.6.1915, PRO, WO 2 9 3 / 2 , S. 18 und S. 82. 203 Beckett, Real unknown Army, S. 349f., kommt auf dieser Basis (vgl. hier Tabelle 25), ohne die Statistiken aus PRO, WO 213 ausgewertet zu haben, zu dieser Vermutung. 204 Childs, S. 139, Hervorhebung im Original. 205 Vgl. Fuller, S. lf. 206 Ebd., S. 175. 207 /. B. Wilson, S. 311. 208 Hobohm, S. 185.

Kapitel IV Die Desertion 1 2 3 4 5 6 7 8 9

VdR, Bd. 311, S. 4097,23.2.1918. Hansard, Bd. 113, Sp. 117, 3.3.1919. PKM, 10.6.1917, SKA, 30861, Bl. 51. Vernehmung, 7.7.1916, BKA, MilGer 6412, Bl. 7. Tagebucheintrag, 2.1.1916, zit. nach Oleschinski, S. 38. Tagebucheinträge, 3. und 4.1.1916, ebd. Vgl. PKM, 25.5.1915, pr. AVoBl. 1915, S. 239. Vgl. GQM-OHL, 19.1.1916, BKA, 2. I.D., Bd. 119, Akt 3. Vgl. PKM, 2.10.1918, pr. AVoBl. 1918, S. 569.

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Anmerkungen zu S. 179-182 10 Das Reichsjustizamt erbat im August 1917 Statistiken über die Handhabung der Vermögensbeschlagnahme, ebenso das PKM einen Monat später, vgl. RJA, 24.8.1917, WMA, M l / 7 - 8 4 , Bd. 5, Bl. 153, und PKM, 9.9.1917, BKA, HGrRuppr, Bd. 62, Akt 12; die Antwort bzw. Statistiken sind leider nicht überliefert. 11 Einzige Ausnahme bildete die Verwendung in Großbritannien naturalisierter deutscher Soldaten an der West- oder Balkanfront. Weil die britische Regierung die Ansicht vertrat, daß sie die britische Staatsangehörigkeit durch den Dienst in der deutschen Armee nicht verlieren, sah man die Gefahr, daß sie im Falle der Kriegsgefangenschaft als Hochverräter behandelt würden, weshalb sie ausschließlich an der Ostfront verwendet werden sollten, vgl. BKM, 24.1.1916, BKA, s.G.K. 1. A.K., 2052; zur Vermögensbeschlagnahme vgl. hier Kapitel II.B.l. 12 Vgl. PKM, 22.6.1918, WMA, M 3 0 / 1 - 1 1 7 . 13 Vgl. AA-Strantz, 28.1.1916, BKA, MilGer 3666. 14 Aussage eines Überläufers, Second Army Intelligence Report, 26.4.1917, S. 2, PRO, WO 157/112. 15 Vgl. z.B. Angriffsgruppe Mudra, 3.4.1916, und G.K. III. A.K., 10.4.1916, BA-MA, Ν 8 0 / 9 , Bl. 10 bzw. 16. 16 Vgl. HGrRuppr, 7.10.1918, Liste der Sammelstellen, BKA, HGrRuppr, Bd. 175; vgl. auch Boeckle. 17 Vgl. PKM, 4.7.1915, zu PKM, 16.3.1915, BKA, MKr 11484; Gardekorps, 1.10.1915, BKA, 2. I.D., Bd. 5 / 8 , sowie Chef stv. Generalstab, 1.10.1917, BKA, Mkr 11484. 18 Z.B. A.O.K. 17,21.4.1918, GLA, 456F7-19; A.O.K. 4,16.6.1918, BKA, 4. I.D., Bd. 89, Akt 1; A.O.K. 6,24.6.1918, BKA, HGrRuppr, Bd. 62, Akt 12; ChGFH, 20.7.1918, BKA, 4. I.D., Bd. 89, Akt 1. 19 Vgl. A.O.K. 6, 18.10.1918, und A.O.K. 6, 29.10.1918, BKA, HGrRuppr, Bd. 175. 20 Vgl. GQM-OHL, 18.4.1917, BKA, 4. I.D., Bd. 86, Akt 3. 21 Vgl. ChGFH, 31.12.1917, BKA, s.G.K. 1. A.K., 1347; ähnlich PKM, 16.4.1918, ebd., MKr 11066. 22 Vgl. Reichskanzler/RdI, 29.6.1916, BKA, MKr 13424; PKM/PIM, 14.8.1916, ebd.; PKM/Mdl, 18.12.1917, ebd. 23 HGrAlbr, 8.8.1918, BA-MA, PH 5 1/75. 24 Z.B. s.G.K. XIV. A.K., 21.3.1917, GLA, 456F8-229. 25 Carsten, S. 122, erwähnt solche systematische Unterstützung von Deserteuren durch die USPD in Braunschweig. 26 S.G.K. 1. A.K., 26.6.1918, BKA, s.G.K. 1. A.K., 2168. 27 Vgl. z.B. PKM, 13.12.1916, BKA, MKr 11065; das BKM sah allerdings keinen Grund zum Eingreifen, da »Klagen über ungenaue Fassung der Fahndungsersuchen nicht eingegangen« seien (Aktenvermerk, 30.12.1916, ebd.). 28 Vgl. PKM, 11.2.1916, pr. AVoBl. 1916, S. 63, und PKM, 15.1.1917, pr. AVoBl. 1917, 5. 24. 29 Brief des Vaters, 5.11.1914 an die »Schwäbische Donauzeitung« Dillingen, BKA, Gericht stv. 4.1.B., Buchst. L14-0 1915. 30 Polizeiverwaltung Stolp, 18.8.1917, verteilt durch PIM, 4.10.1917, BKA, MKr 11065. 31 Vgl. PKM, 8.10.1917, und stv. Generalstab, 30.11.1917, WMA, M 3 0 / 1 - 3 2 3 . 32 HGrAlbr, 5.12.1917, WMA, M30/1-323. 33 Vgl. PKM, 19.3.1918, ebd.; dieser Geheimerlaß wurde den Adventisten bekannt, was das PKM dazu veranlaßte, beim Geschäftszimmerpersonal nach der undichten Stelle zu suchen (PKM, 7.6.1918, ebd.). 34 Vgl. GFP HGrAlbr, 26.5.1918, ebd.

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Anmerkungen zu S. 182-188 35 Vgl. s.G.K. VII. A.K., 27.5.1918 und Abschrift einer Verordnung des s.G.K. VII. A.K. durch Feldpolizeistelle Freiburg, 28.8.1918, beide ebd. 36 BKA, MilGer 6228. 37 BKA, Gericht stv. 4 . 1 . B . , Buchst. I-L 1919. 38 Vgl. GQM-OHL, 18.7.1918, WMA, M 3 0 / 1 - 1 1 4 . 39 BKA, Gericht stv. 2.1.B., Buchst. Sch 1918. 4 0 Tatbericht der Kompanie, 18.1.1918, BKA, Gericht 4. I.D., Buchst. Sch 1 9 1 7 - 1 9 1 8 , Bl. 1. 41 Vgl. Eisner v. Gronow, Militärjustiz im Felde, S. 118. 42 Eigene Berechnung aus den Angaben des Kriegstagebuchs des Feldgerichts 4. I.D., Aug. 1914 - Dez. 1918, eingegangene Untersuchungen (nur die Untersuchungen gegen deutsche Heeresangehörige), BKA, 4. I.D., Bd. 102, Akt 2; vgl. hier Kapitel IH.C.l.a), Diagramm 2. 43 A.O.K. AA-v. Strantz, 12.3.1915, an G.K. 3. A.K., BKA, MilGer 3666, empfängerseitige Unterstreichung hervorgehoben. 4 4 Urteilsbegründung, 4.7.1917, BKA, Gericht stv. 7. I.B., Buchst. St-U 1917. 45 2. I.D., 22.9.1917, BKA, MilGer 3666. 4 6 AA-Strantz, 5.12.1915, ebd.; ähnl. A.O.K. 10, 18.7.1915, BA-MA, PH 5 11/79. 47 G.K. 1. A.K., 9.4.1915, BKA, 2. I.D., Bd. 119; ähnlich auch G.K. 1. A.K., 7.3.1917, ebd. 48 G.K. 1. A.K., 7.3.1917, BKA, 2. I.D., Bd. 119. 4 9 Vgl. PKM, 13.7.1916, ebd., sowie hier Kapitel VI.A.l.a). 50 Vgl. 2. I.D., 5.8.1916, BKA, 2. I.D., Bd. 119; und 29. I.D., 8.8.1916, GLA, 4 5 6 F 1 0 257. 51 »Bemerkungen zu Caprivi, Disziplin und Strafen im Weltkriege«, S. 5, undatiert [ca. 1940], unsigniert, BA-MA, W - 1 0 / 5 0 6 0 6 . 52 Gemeinschaftliche Äußerung LWI Karlsruhe, stv. 55.1.B., IKL XIV. A.K., [ca. 1917], GLA 4 5 6 F 1 0 - 2 6 . 53 Zitat s.G.K. XIV. A.K., 27.11.1917, aufAnfrage PKM, 26.10.1917; vgl. auch HGrAlbr, 11.12.1917, alle WMA, M 3 0 / 1 - 1 1 4 . 54 Vgl. PKM, 22.7.1918, BKA, Μ Kr 11040. 55 Vgl. PKM, 18.9.1918 (pr.AVoBl. 1918, S. 536), und PKM, 1 8 . 1 2 . 1 9 1 8 (ebd., S. 755). 56 Vgl. WKM, 15.10.1918 und den Entwurf des Antwortschreibens des BKM, undatiert [Ende Sept./Anfang Okt. 1918], beide BKA, Μ Kr 11040. 57 Vgl. 2. I.D., 30.8.1918, und 4. I.D., undat. [Ende August 1918], ebd.; auch Juristen sprachen sich in diesem Sinn aus, vgl. Sonntag, der die Auffassung des Reichsmilitärgerichtes fur unangemessen hielt, da in solchen Fällen »noch nicht notwendig das wesentliche Tatbestandsmerkmal der Fahnenflucht, nämlich die ehrlose Gesinnung und Abneigung, in diesem Heere zu fechten, enthalten sein muß« (S. 68, Hervorhebung im Original). 58 Vgl. WKM, 15.10.1918, BKA, Μ Kr 11040. 59 Entwurf des Antwortschreibens des BKM, undatiert [Ende Sept./Anfang Okt. 1918], ebd. 60 Vgl. 2. I.D., 30.8.1918, und 4. I.D., undatiert [Ende August 1918], ebd. 61 ChGFH, 1.8.1918, BKA, 4. I.D., Bd. 89, Akt 1; abgedruckt bei Hobohm, Dok. 39a, S. 387f. 62 Vgl. ChGFH, 16.8.1918, abgedruckt bei Volkmann, Marxismus und Heer, S. 314f. 63 Undatiertes Schreiben des PKM, zitiert in ChGFH, 30.8.1918, BKA, HGrRuppr, Bd. 17.

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Anmerkungen zu S. 188-197 6 4 Vgl. PKM, 22.7.1918, BKA, HS 2348. 65 Vgl. stv. 55. I.B., 21.4.1915, angeregt durch s.G.K. XIV. A.K., 23.1.1915, GLA 4 5 6 F 1 0 - 2 6 , Bl. 45f. 6 6 Alle Zitate A.O.K. 10, 18.7.1915, BA-MA, PH 5 11/79. 67 Vgl. PKM, 3.5.1916, GLA, 4 5 6 F 1 0 - 2 6 . 68 Vgl. PKM, 1.7.1918, pr. AVoBl. 1918, S. 390. 69 PKM, 30.1.1917, BKA, MKr 11065. 70 Vgl. PKM, 14.6.1918, ebd., 11066. 71 Entsprechend § 135, Absatz 2 MStGB, vgl. GQM-OHL, 8.1.1917, WMA, M 3 0 / 1 107. 72 Beide Zitate A.O.K. 10, 18.7.1915, BA-MA, PH 5 11/79. 73 Alle Zitate G.K. VII. R.K., 31.1.1917, SKA, 30861, Bl. 2. 74 Sikora, Disziplin, S. 236; allerdings wurde schon zu dieser Zeit die Desertion auch als ein primär charakterliches Defizit angesehen, vgl. ebd., S. 233f. 75 Diese Entwertung der Monarchie auf politischer Ebene zeichnet Sösemann nach. 76 PKM, 16.2.1917, BKA, MKr 11065. 77 PKM, 6.9.1915, WMA, M l / 7 - 2 1 , Bl. 298. 78 Eisner v. Gronow, Militärjustiz im Felde, S. 114f. 79 Dietz, Aufgaben und Ziele, Zitat S. 3. 80 2. I.D., 5.8.1916, BKA, 2. I.D., Bd. 119. 81 Urteilsbegründung, 18.5.1916, BKA, Gericht stv. 4.1.B., Buchst. U - Z 1916, Bl. 40. 82 Urteilsbegründung, 19.6.1915, Gericht 39. I.D., WMA, M 3 9 ^ 4 / 3 7 . 83 Urteilsbegründung, 31.1.1916, BKA, Gericht 4. I.D., Buchst. S 1 9 1 5 - 1 9 1 9 , Bl. 50. 84 Urteilsbegründung, 6.7.1916, BKA, Gericht stv. 3.1.B., Buchst. H-I 1916, Bl. 33. 85 Urteilsbegründung, 26.2.1918, BKA, MilGer 6242, Bl. 68. 86 Stellungnahme des Untersuchungsführers gegen eine Niederschlagung nach der Amnestie v. 22.11.1918, ebd., 6410, Bl. 3. 87 Urteilsbegründung, 16.3.1916, ebd., 6 4 2 6 , Bl. 41f.; die beiden Soldaten hatten dann doch von dem Plan zum Überlaufen Abstand genommen, weil er ihnen zu gefährlich erschien. 88 Urteilsbegründung, 3.6.1918, WMA, M 4 3 ^ 1 c . 89 Kabinetts-Ordre Wilhelms II., 8.4.1915, pr. AVoBl. 1915, S. 160f. 9 0 Vgl. z.B. A.O.K. 6, 23.4.1916, BKA, 2. I.D., Bd. 119. 91 Ebd. 92 Vgl. PKM, 17.5.1915, BKA, HGrRuppr, Bd. 62, Akt 12. 93 Vgl. PKM, 17.4.1918, BKA, 2. I.D., Bd. 119; ähnlich schon PKM, 29.12.1916, ebd., HGrRuppr, Bd. 62, Akt 12, und l . E / 1 3 4 . I.R., 9.7.1918, stv. 89. I.B., 12.7.1918, SKA, 2 3 4 9 2 , Bl. 26f. 9 4 Vgl. im folgenden Dreetz, Bildung von Militärgefangenen-Kompanien, und PKM, 10.2.1917, BKA, 4. I.D., Bd. 89, Akt 1, PKM, 3.10.1917, BKA, MKr 14160, und GQMO H L , 18.7.1918, WMA, M 3 0 / 1 - 1 1 4 . 95 Vgl. PKM, 21.8.1918, BKA, Mkr 14160. 9 6 Vgl. Β KM, 10.1.1918, BKA, 2. I.D., Bd. 119, Akt 1. 9 7 PKM, 3.4.1918, ebd. 98 PKM, 30.10.1917, ebd., Akt 7. 9 9 GQM-OHL, 18.7.1918, WMA, M 3 0 / 1 - 1 1 4 . 100 ChGFH, 23.7.1918, BKA, Mkr 14160. 101 Vgl. Korps Schmettow (G.K. zbV 65), 6.10.1918, ebd.

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Anmerkungen zu S. 197-201 102 ChGFH, 1.8.1918, BKA, 4. I.D., Bd. 89, Akt 1; auch abgedruckt bei Hobohm, Dok. 39a, S. 387f. 103 3. I.D., 18.8.1918, in: Hobohm, Dok. 39b, S. 388f.; der Kommandeur des vorgesetzten XVIII. R.K. Schloß sich dieser Sicht an, ebd., Dok. 39c, S. 389. 104 AA-Strantz, 14.7.1915, BKA, MilGer 3666. 105 Vgl. PKM, 15.1.1917, BKA, 2. I.D., Bd. 119. 106 Vgl. Kabinetts-Ordre Wilhelms II., 17.9.1918, pr. AVoBl. 1918, S. 565. 107 Vgl. Verurteilungen bei sechs bayer. Einheiten, Zusammenstellung des Bayer. Kriegsarchivs von 1929, BKA, HS 2348. 108 Vgl. den Allerhöchsten Gnadenerlaß und die Ausfuhrungsbestimmungen PKM, 1.8.1914, pr. AVoBl. 1914, S. 271ff. 109 Vgl. den Allerhöchsten Erlaß, betr. Begnadigung zurückkehrender Fahnenflüchtiger und die Ausfuhrungsbestimmungen PKM, 29.8.1914, ebd., S. 319f. 110 Vgl. den Allerhöchsten Erlaß, betr. Begnadigung der wegen Wehrpflichtentziehung Verurteilten, 29.8.1914, ebd., S. 320f. 111 Vgl. den Allerhöchsten Gnadenerlaß und die Ausfuhrungsbestimmungen PKM, 27.1.1915, ebd. 1915, S. 29f. 112 Vgl. den Allerhöchsten Erlaß über die Niederschlagung von Strafverfahren gegen Kriegsteilnehmer und die Ausfuhrungsbestimmungen PKM, 27.1.1915, ebd., S. 30ff. 113 Diese »Allerhöchsten Gnadenerlasse« und die Ausfiihrungsbestimmungen des PKM in ebd. 1916, S. 23ff., ebd. 1917, S. 3 5 - 3 8 , ebd. 1918, S. 3 9 ^ 2 ; dort auch ähnlich lautende Amnestien der anderen Kontingentsherren. 114 Vgl. PKM, 4.7.1917, BKA, MKr 11965. 115 PKM, 16.2.1917, ebd., 11065. 116 Vgl. PKM, 29.5.1917, pr. AVoBl. 1917, S. 307f. Diese Amnestie galt nicht für die, die erst nach ihrer Verkündung desertierten, vgl. PKM, 24.5.1918, BKA, MKr 11066. Das BKM beklagte in einem Aktenvermerk vom 11.6.1917, daß bisher seitens des PKM noch keine solche Presseerklärung herausgegeben worden war. Daher wurde angeregt, die bayerische Gesandtschaft in Bern von der Amnestie zu unterrichten und sie dadurch bekannt zu machen. 117 Vgl. PKM, 22.8.1917, BKA, s.G.K. 1. A.K., 1347, und PKM, 16.9.1917, pr. AVoBl. 1917, S. 457. 118 Vgl. PKM, 8.6.1917, und s.G.K. 1. A.K., 4.12.1917, BKA, MKr 11066. 119 PKM, 8.6.1917, S. 3, ebd., 11065. 120 Vgl. PKM, 4.7.1917, ebd. 121 Vgl. PKM, 18.6.1917, ebd., und PKM, 7.6.1918, ebd. 122 Vgl. s.G.K. VII. A.K., 26.1.1918, BA-K, R 8 5 / 1 7 1 8 und eine Aktennotiz des BKM v. 21.6.1918 zu PKM, 7.6.1918, BKA, MKr 11066. 123 Vgl. PKM, 14.8.1917, WMA, M l / 7 - 1 0 , Bd. 2, Bl. 58. 124 Vgl. Punkt II.A.b)2. der »Verordnung über die Niederschlagung von Strafverfahren und den Erlaß von Strafen«, 22.11.1918, pr. AVoBl. 1918, S. 7 3 1 - 7 3 5 . 125 Vgl. die »Verordnung über eine militärische Amnestie«, 7.12.1918, ebd., S. 7 1 7 - 7 2 4 . 126 Kabinettssitzung v. 28.1.1919, in: Miller, Bd. 2, Dok. 121, S. 331. 127 Vgl. Deutsches Generalkonsulat Zürich, 5.12.1918, an das BKM, BKA, MKr 11066; Deutsche Paßstelle Kreuzlingen, 7.12.1918, an BKM, ebd.; AA v. 31.12.1918, an das Generalkonsulat Zürich, BA-K, R 85/1718; Generalkonsulat Amsterdam, 4.1.1919, an AA, ebd. 128 Vgl. PKM, 31.1.1919, BA-K, R 85/1761. 129 BKM, 21.11.1918, BKA, MKr 11066.

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Anmerkungen zu S. 201-204 130 Anfrage Johann Kren, München, 23.12.1918 und Antwort Ministerium fur Milit. Angelegenheiten, 8.1.1919, ebd. 131 Beide Zitate aus einem Antrag Fischers an die Abwicklungsstelle 17.1.R. v. 18.3.1920, BKA, Gericht 4. I.D., Buchst. F 1914-1919, Bl. 64; die Löschung des Strafeintrags wurde gewährt. 132 Dies geht aus den Aktennotizen in den Gerichtsakten hervor, da die Ausgaben an andere Behörden akkurat notiert sind; üblich waren solche Anfragen auch in vielen anderen Bereichen des öffendichen Lebens, v.a. in der NS-Zeit. 133 Z.B. Bericht W. R. Robertson, WO an War Cabinet, 18.12.1917, PRO, CAB 2 4 / 3 6 , Bl. 150. 134 Vgl. SRO Second Army, 11.2.1915, PRO, WO 9 5 / 6 4 6 . 135 RO First Army Nr. 70, 26.11.1915, darin Order Nr. 211, ebd., / 1 8 1 . 136 Vgl. z.B. die Schilderung bei Coppard, S. 19. 137 Tagebuch, zitiert nach Abdruck im »Edles Journal«, 9.11.1978, IWM, A. H. Roberts-Papers, 8 1 / 2 3 / 1 . 138 Dies schildert Major Schweder, Abschrift eines Briefe an seine Frau, 22.3.1916, IWM, R. P. Schweder-Papers, 8 6 / 6 5 / 1 , S. 47f. 139 Vgl. WOI Nr. 223, 26.5.1915, PRO, WO 2 9 3 / 2 , S. 98, und WOI Nr. 170, 15.8.1915, e b d . , / 3 , S . 57. 140 Drei der 39 Deserteure aus den Fallbeispielen wurden durch solche Kontrollen gefaßt. 141 Vgl. Sheffield, Operational Role, und Ders., Red Caps, S. 49-96. 142 Vgl. GRO Nr. 59, 4.9.1914, und Nr. 61, 6.9.1914, in: Extracts from GROs Part I, S. 71 f. 143 Vgl. War Diary Assistant Provost Marshal IX. Corps, Eintrag 31.8.1917, PRO, WO 154/8. 144 Vgl. ebd., Eintrag 3.10.1917. 145 Vgl. ebd., Eintrag 24.4.1918. 146 Vgl. ebd., Eintrag 16.12.1917. 147 Für Belgien vgl. PRO, FO 371/1910, Bl. 434, Bl. 435, Bl. 438 und Bl. 440f.; fur Frankreich vgl. PRO, FO 371/1984, Bl. 370, sowie ebd., / 2 3 6 0 , Bl. 68-123, und Bl. 372, ebd., / 3 0 9 8 . 148 Vgl. C-in-C British Armies in France, 16.9.1916, FO 371/2821. 149 Vgl. dazu den Schriftwechsel zwischen der Belgischen Botschaft, dem Foreign- und dem Home-Office Anfang 1915, PRO, FO 371/2288, Bl. 242-259. 150 Vgl. S. P. MacKenzie, Morale and the Cause, und Ders., Politics and Military Morale, S. 3-39. 151 Diese z.T. tief in die Persönlichkeitsrechte des einzelnen eingreifenden Maßnahmen stützten sich auf den »Defence of the Realm Act«, vgl. hier Kapitel V1.A.2. 152 Vgl. »The Times« Nr. 41423, 10.3.17, S. 3. 153 Hansard, Bd. 151, Sp. 1990f., 14.3.1922. 154 Vgl. ebd., Bd. 152, Sp. 471f., 22.3.1922, und Bd. 166, Sp. 1189, 20.7.1923. 155 Vgl. ebd., Bd. 157, Sp. 1688, 3.8.1922. 156 Vgl. Sheffield, Red Caps, S. 49-96. 157 Vgl. AO 2 0 4 / 1 9 1 5 , 14.5.1915 (AO June 1915, S. 10f.), PRO, WO 1 2 3 / 5 7 bzw. ACI Nr. 109, 14.5.1915, PRO, WO 2 9 3 / 2 , S. 44f. 158 Vgl. ACI Nr. 60,8.12.1915, PRO, WO 2 9 3 / 3 , S. 18; weitere Regelungen durch Nr. 883, 26.4.1916, ebd., / 4 , S. 103, und Nr. 1665, 9.11.1917, ebd., / 7 , S. 20. 159 Vgl. ACI Nr. 73,9.7.1915, ebd., / 3 , S. 31f.

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Anmerkungen zu S. 204r-214 160 Vgl. ACI Nr. 192, 17.8.1915, ebd., S. 64f. 161 Vgl. ACI Nr. 213, 19.11.1915, ebd., S. 89. 162 Vgl. ACI Nr. 276, 23.8.1915, ebd., S. 89f. 163 Vgl. im folgenden Babington, Example, S. 12-22, und Messenger. 164 Vgl. Putkowski u. Sykes, S. 243. 165 Vgl. DAA/QMG I.Corps, 5.10.1914, War Diary 1. Div., PRO, WO 9 5 / 1 2 3 5 . 166 Vgl. RO 1. Div., Nr. 13, 8.10.1914, ebd. 167 Vgl. War Diary Adj./QMG 4. Div., Eintrag 24.12.1914, PRO, WO 154/25. 168 Vgl. ACI Nr. 4, 1.1.1915, PRO, WO 2 9 3 / 2 , S. 8. 169 ACI Nr. 1852, 24.9.1916, ebd., / 4 , S. 99. 170 Vgl. Cutlack, BriefMonash an seine Frau v. 11.9.1918, S. 267; auch Major Cockburn bezeichnete einen solchen Court Martial Officer als sehr hilfreich fur seine Arbeit, vgl. Kriegstagebuch, Eintrag 6.5.1917, S. 64, IWM, R. S. Cockburn-Papers, RSC 1 / 1 . 171 GRO Nr. 585, 31.1.1915, zu ACI, 27.1.1915, in: Extracts from General Routine Orders, S. 59; vgl. auch hier Kap. II. B.2., S. 89. 172 Vgl. GRO Nr. 2858, 25.11.1917, in: Extracts from GROs Part I, S. 59. 173 PRO, WO 71/475. 174 Memorandum J. H. Bowman, April 1938, fur das Oliver-Committee, PRO, WO 225/5. 175 Vgl. hier Kapitel I.B.2.a). 176 Lawson, S. 5. 177 Kriegserinnerungen, S. 47f., IWM, J. C. Utter-Papers, Ρ 113. 178 PRO, WO 7 1 / 4 7 5 . 179 Aussage Childs, 16.5.1938, S. 18, PRO, WO 2 2 5 / 5 . 180 Kriegstagebuch, S. 115, IWM, R. S. Cockburn-Papers, RSC 1 / 1 . 181 Lawson, S. 5. 182 Ebd. 183 Beide Zitate Hansard, Bd. 113, Sp. 118f., 3.3.1919. 184 Summary of Evidence des Committees on Disciplinary Amendments to the Army and Air Force Acts, 23.1.1925, PRO, WO 32/15492. 185 Beide Zitate Rede des Unterhausabgeordneten Wood vom 11.4.1921, Hansard, Bd. 150, Sp. 863. 186 Ebd., Bd. 113, Sp. 117, 3.3.1919. 187 WOI Nr. 197 19.6.1915, PRO, WO 2 9 3 / 2 , S. 63; vgl. auch Nr. 204, ebd., / 3 , S. 69. 188 Vgl. Graves, S. 213. 189 Ltn. -Col. Frank Maxwell, Brief an seine Frau v. 26.7.1916, zitiert nach Simkins, War Experience, S. 305. 190 Kriegserinnerungen, S. 85, IWM, P. McEUwaine-Papers, 9 2 / 3 5 / 1 . 191 Aussage Ltn. Α. B. Smith, 13.7.1938, PRO, WO 2 2 5 / 7 , S. 7f. 192 Vgl. Thurtle, Military Discipline, S. 13, und Putkowski u. Sykes, S. 156-159, sowie Babington, Example, S. 90f. 193 Zitiert nach Babington, Example, S. 91. 194 Dunn, Eintrag 14.10.1917, S. 410. 195 Vgl. Travers, S. 85-100. 196 War Diary D. Haig, Eintrag 3.3.1915, S. 133, PRO, WO 2 5 6 / 3 . 197 Childs, S. 135. 198 Vgl. hier Kapitel IV.B.2., Diagramm 11. 199 Stellungnahme vor dem Oliver-Committee H.R. Smith, 29.4.1938, PRO, WO 2 2 5 / 1 .

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Anmerkungen zu S. 214-226 200 Vgl. Kriegserinnerungen, S. 82f., IWM, P. McEllwaine-Papers, 9 2 / 3 5 / 1 ; McEllwaine nennt Davidsons Namen nicht, dieser ließ sich aber in PRO, WO 9 0 / 8 ermitteln. 2 0 1 Vgl. Putkowski u. Sykes, S. 1 5 0 - 1 5 5 ; Babington, Example, S. 9 5 - 1 0 6 , und Moore, S. 8 6 - 9 5 ; vgl. auch hier Kapitel VI.A.2. 2 0 2 Th. Macmillan-Papers, Kriegserinnerungen, S. 169, IWM. 203 Crozier, Brass Hat, S. 81. 2 0 4 Vgl. Crozier, Men I killed, S. 52, wobei Crozier für den Offizier und den Soldaten Pseudonyme verwendet; wie Putkowski u. Sykes, S. 67ff., festgestellt haben, handelte es sich bei dem Offizier um den 2 nd Ltn. A. J. Annandale - er taucht konsequenterweise auch nicht in der Liste der Feldkriegsgerichtsverfahren gegen Offiziere in PRO, WO 9 0 / 8 a u f - , bei dem Soldaten um James Crozier, der am 27.2.1916 hingerichtet wurde. 205 Vgl. Military Prisons in the Field, B.E.F. France, in: Statistics of the Military Effort, Anhang. 2 0 6 Childs, S. 137. 207 Vgl. WOI Nr. 160, 18.9.1915, PRO, WO 2 9 3 / 3 , S. 54. 208 Vgl. Sheffield, Officer-Man Relations, S. 155, und Babington, Example, S. 88f. 209 Kriegserinnerungen, S. 19, IWM, A. R. Brennan-Papers. 2 1 0 Kriegserinnerungen, S. 74f., IWM, M. S. Esler-Papers, 7 4 / 1 0 2 / 1 . 211 Kriegserinnerungen, Bd. 2, unpaginiert, IWM, W. A. Quinton-Papers, 7 9 / 3 5 / 1 , Hervorhebung im Original. 212 Vgl. Hansard, Bd. 2 0 4 , Sp. 1103, 29.3.1927, Rede Cpt. Gunston. 213 WOI Nr. 144, 14.2.1915, PRO, WO 2 9 3 / 2 , S. 62. 2 1 4 Vgl. Abschrift des Kriegstagebuchs, Eintrag 14.4.1916, IWM, Τ. H. WestmacottPapers, 8 7 / 1 3 / 1 . 215 Vgl. AO 2 9 7 / 1 9 1 4 , 7.8.1914 (AO, Sept.1914, S. 16), PRO, WO 1 2 3 / 5 6 . 2 1 6 Wenn z.B. ein Soldat der 2. b.I.D. von einem anderen Gericht verurteilt worden war, wurden die Akten in der Regel danach wieder zurückgegeben, konnten also ausgewertet werden; in den Statistiken der 2. b.I.D. in BKA, HS 2 3 4 8 tauchen solche Fälle jedoch nicht als Urteile im Bereich der 2. b.I.D. auf, was zu diesen Verzerrungen fuhrt. 2 1 7 BKA, MilGer 6337, Urteilsbegründung, 20.2.1918, Bl. 46f. 218 Ebd., 6 2 4 2 , Bl. 67. 219 Ebd. 2 2 0 Ebd., Bl. 68. 221 Ebd. 222 BKA, Gericht stv. 4. I.B., Buchst. M33-Ende 1916, Vernehmung Zeuge Kiermayer, 1.8.1916, Bl. 20. 223 Aussagen Müllers bei Vernehmungen am 16.8.1916, 6.9.1916, 6.10.1916, ebd., Bl. 4 4 , 52, 54. 2 2 4 Vernehmung am 17.8.1916, ebd., Bl. 46f. 225 Urteilsbegründung v. 26.10.1916, ebd., Bl. 66. 2 2 6 Ebd., Bl. 66f. 2 2 7 BKA, MilGer 6243, beide Zitate Bl. 58. 228 BKA, Gericht stv. 4. I.B., Buchst. I-L 1919, Bericht Oberwachtmeister Vornehm, 1.6.1917, Bl. 3 und Wachtmeister Steinbügl, 17.7.1917, Bl. 24. 2 2 9 Vernehmung des Gefreiten Lachner, 29.12.1917, ebd., Bl. 47. 2 3 0 Alle Zitate aus der Urteilsbegründung, ebd., Bl. 80. 2 3 1 Abgefangener Brief Heinles, 28.7.1917, BKA, MilGer 6 2 9 9 , Bl. 1. 2 3 2 Urteilsbegründung, 24.8.1917, ebd., Bl. 15.

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Anmerkungen zu S. 226-236 233 Ebd., Gericht stv. 3. I.B., Buchst. H 2 5 - 5 1 ; die Angaben zu diesem Prozeß entstammen der Abschrift aus der Strafprozeßliste, die den vernichteten Gerichtsakt ersetzt. 234 Urteilsbegründung, 18.5.1916, BKA, Gericht stv. 4 . 1 . B . , Buchst. U-Z 1916, Bl. 40. 235 Antrag des OLtn. Hein auf Straferlaß für Lass, 3.6.1918, BKA, MilGer 6338. 2 3 6 Urteilsbegründung, 17.8.1918, BKA, Gericht 4. I.D., Buchst. Μ 1 9 1 4 - 1 9 1 9 ; leider ist der eigenüiche Gerichtsakt vernichtet, es ist nur eine zusammenfassende Abschrift der Strafprozeßliste erhalten. 237 Vernehmung, 8.2.1918, BKA, Gericht 4. I.D., Buchst. Κ 1 9 1 7 - 1 9 1 8 , Bl. 1. 238 BKA, Gericht stv. 3. I.B., Buchst. H-I 1916, Aussage Jörgs bei seiner Vernehmung durch Kriegsgerichtsrat Zahn, 7.6.1916, Bl. 4. 239 Undatiert, ca. 12.6.1916, ebd., Bl. 9. 240 Urteilsbegründung, 6.7.1916, ebd., Bl. 33. 241 Tatbericht der 6 / 1 5 . I.R., 10.8.1915, BKA, MilGer 6 2 1 1 , Bl. 1. 242 Vermerk in einem Auszug aus der Strafprozeßliste über den Tathergang, undatiert, ca. Februar 1919, ebd., 6 4 1 0 , Bl. 3. 243 Vermerk in einem Auszug aus der Strafprozeßliste, undatiert, ca. Februar 1919, ebd., Bl. 3. 2 4 4 Ebd., 6479, alle Zeugenaussagen Bl. 2. 245 Vernehmung Breunigs, 31.8.1917, BKA, Gericht stv. 4.1.B., Buchst. A-B 1918, Bl. lf. 2 4 6 Urteilsbegründung, 24.5.1918, ebd., Bl. 1,09. 247 Ebd., Bl. 6 7 - 7 2 . 248 Tatbericht MG-Kp./8. R.I.R., 20.10.1914, BKA, Gericht 4. I.D., Buchst. A 1 9 1 5 1919, Bl. 1. 249 Urteilsbegründung, 9.3.1915, BKA, Gericht stv. 3.1.B., Buchst. B-D 1915, Bl. 49. 2 5 0 Alle BKA, Gericht 4. I.D., Buchst. Η 1 9 1 8 / 1 9 . 251 Meldung des Kompaniefiihrers, 17.12.1915, ebd., Buchst. S 1 9 1 5 - 1 9 1 9 , Bl. 1. 252 Gutachten Prof. Knauer, 18.1.1918, ebd., Bl. 24ff. 253 Urteilsbegründung, 31.1.1916, ebd., Bl. 50. 254 2. I.D., 15.9.1918, BKA, 2. I.D., Bd. 119, Bd. 1. 255 Rechtsgutachten, 30.3.1916, BKA, MilGer 6426, Bl. 45. 2 5 6 Vgl. BKA, Gericht 4. I.D., Strafprozeßliste Nr. 7 8 / 1 9 1 7 . 257 G.K. I.A.K., 7.3.1917, BKA, 2. I.D., Bd. 119; ähnlich schon G.K. 1. A.K., 9.4.1915, ebd. 258 BKA, Gericht stv. 11.1.B., Buchst. K 2 5 - 5 7 1916. 259 Wegen der Kassationen sind von dieser Division nur 6 6 Gerichtsakten erhalten geblieben, von denen 35 Anklagen und 41 Verurteilungen wegen unerlaubter Entfernung erfolgten, während 16 Anklagen wegen Desertion zu 14 Verurteilungen deswegen führten. 2 6 0 Vgl. Kapitel I I I . C . l . , Anm. 157. 261 Vgl. die vom Bayerischen Kriegsarchiv erstellte Nachweisung von 1929, BKA, HS 2 3 4 8 , Mappe 1.3, die allerdings laut Schreiben des BKA vom 23.5.1997 einen Fehler enthält: ein im preußischen Heer vollstrecktes Todesurteil wurde irrtümlich dem bayerischen Kontingent zugewiesen; daher ist die bei Ziemann, Front und Heimat, S. 119, Anm. 353 weitergegebene Zahl zu korrigieren. 262 Vgl. Volkmann, Soziale Heeresmißstände, S. 63. Ob diese Zahlen wirklich alle Todesurteile umfassen, insbesondere diejenigen, die ohne formgerechtes Verfahren vollstreckt wurden, kann bezweifelt werden; dieser Einwand läßt sich jedoch mit gleichem Recht gegen die offiziellen britischen Zahlen erheben. 263 Vgl. die genaue Auflistung in Anhang 3.

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Anmerkungen zu S. 237-250 264 PRO, W O 7 1 / 4 1 2 . 265 Gnadenempfehlung des Gerichts, 16.4.1915, ebd. 266 Kommentar des Kommandeurs des Indian-Corps, 19.4.1915, ebd. 267 Ebd. 268 Kommentar des Company-Kommandeurs, 15.12.1915, ebd., / 4 4 0 . 269 Kommentar des Battalion-Kommandeurs, 28.3.1918, ebd., / 6 3 8 . 270 Z.B. in den Fällen in ebd., / 4 7 6 oder / 4 6 2 ; vgl. dazu auch demnächst Piet Chielens u. Julian Putkowski, Worthless Soldiers - British Army Executions carried out in the Vicinity of Poperinge, Belgium 1915-1919. 271 Kommentar Ltn.-Col. Villiers, Kommandeur 2/Royal Sussex, 7.5.1916, ebd., / 4 6 9 . 272 E b d . , / 5 3 0 . 273 E b d . , / 4 0 6 . 274 E b d . , / 4 7 5 . 275 Kommentar Brig.Gen. Angley, 12. I.B., 9.4.1915, ebd., / 4 1 1 . 276 E b d . , / 4 4 5 . 277 Kommentar des Gerichts 2.1.B., 10.2.1916, ebd., / 4 4 7 . 278 Aussage des Angeklagten vor Gericht, 10.2.1916, ebd.; leider sind keine anderen Zeugenaussagen überliefert, die Jones' Aussage bestätigen; der Regimentsfeldwebel gab jedoch ausdrücklich zu Protokoll, daß er ein guter Soldat gewesen sei. 279 PRO, WO 7 1 / 4 0 5 . 280 Stellungnahme W. E. Lovett vordem Oliver-Committee, 11.5.1938, PRO, W O 2 2 5 / 2, Bl. 205. 281 Vgl. z.B. Stellungnahme Croom-Johnson vor dem Oliver-Committee, ebd., / 1 6 . 282 PRO, WO 7 1 / 4 4 5 . 283 E b d . , / 5 0 0 . 284 Kommentar Ltn.-Col. Sanderson, Kommandeur 1/Loyal North Lancashire, 6.6.1916, e b d . , / 4 7 6 . 285 Kommentar Sgt. Kelly, ebd., / 4 1 0 . 286 Kommentar des Battalion-Kommandeurs Aitson, 16.4.1915, ebd., Hervorhebung vom Verfasser. 287 Kommentar Smith-Dorrien, 21.4.1915, ebd. 288 Ebd., / 4 8 5 ; vgl. auch Babington, For the Sake of Example, S. 80f., Putkowski u. Sykes, S. 93f., »The Independent« v. 16.8.1993. 289 PRO, W O 7 1 / 4 8 5 ; Babington, Example, S. 81; »The Independent« 16.8.1993. 290 Vgl. Petter. 291 Coppard, S. 76f. 292 Vgl. Suard. 293 Laut der Kriminalstatistik der GFP der 6. Armee (Flandern) wurden 1917 gegen 5419 Personen insgesamt 17 Todesstrafen, zweimal lebenslängliches Zuchthaus, 836 Jahre und 4 Monate Zuchthaus, 1038 Jahre, zwei Monate und 24 Tage Gefängnis sowie 546.603 Mk. Geldstrafen verhängt; außerdem wurden Vermögenswerte in Höhe von 21.870.450 Mk. eingezogen (GFP A.O.K. 6, Nr. 19149, 1.4.1918, BKA, HS 2348).

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Anmerkungen zu S. 252-256

Kapitel V Nation und Desertion 1 Richert, S. 228. 2 Hansard, Bd. 91, S. 4 2 9 ^ 3 3 , 7.3.1917. 3 Der Einfachheit halber wird zukünftig nur von Elsaß-Lothringen bzw. Elsaß-Lothringern gesprochen ohne damit nahelegen zu wollen, dieses erst mit der Annexion die historische Bühne betretende Territorium sei als Einheit zu sehen; die zahlreichen Differenzen zwischen dem Elsaß und Lothringen, aber auch z.B. zwischen den deutsch- bzw. französischsprachigen Gebieten beider Teile können hier nicht weiter thematisiert werden. 4 Vgl. Vogel, Nationen im Gleichschritt. 5 Vgl. hierzu Jeffery. 6 Gegen das Axiom, daß damit ein deutsch-französischer Dauerkonflikt unvermeidlich war, argumentiert Kolb, Weg aus dem Krieg. 7 Wehler, Reichsland, S. 52. 8 Vgl. G.K. XIV. A.K., 27.2.1901, und 29. I.D., 20.2.1901, GLA, 4 5 6 F 5 - 3 0 3 ; die Jahresdurchschnittszahlen sanken für die 28. und 29. I.D. von 39 bzw. 179 im Zeitraum 1 8 8 8 - 1 8 9 0 auf 27 bzw. 117 von 1 8 9 8 - 1 9 0 0 . 9 Vgl. G.K. XIV. A.K., 6.4.1911, ebd. 10 Vgl. MEL, 23.11.1907, ebd., - 3 0 4 , Bl. 38. 11 Vgl. StEL 3.8.1907, ebd., Bl. 34; der Begriff »Deserteur« ist hier allerdings nicht juristisch sauber gefaßt, gemeint sind wohl Fälle von Wehrpflichtentzug aller Art. 12 Vgl. zuletzt Wehler, Deutsche Gesellschaftsgeschichte, S. 1 1 2 1 - 1 1 2 5 ; Kramer schließt sich Wehler an. 13 Vgl. Hiery, Reichtagswahlen im Reichsland, zusammenfassend S. 4 3 5 - 4 4 5 ; vgl. auch Baechler, P. Smith, Recherche, und Kolb, Alsazia-Lorena. 14 Vgl. Silverman; zu Zabern vgl. Wehler, Fall Zabern, sowie Schoenbaum. 15 G.K. XIV. A.K., 26.11.1913, GLA, 4 5 6 F 5 - 5 9 . Der auf Ausgleich und Integration bedachte Statthalter, Fürst Wedel, hatte erfolgreich dessen Versetzung nach Straßburg hintertrieben, da er »unabsehbaren Schaden verursachen und den Kaiser ungünstig beeinflussen« werde, vgl. Hiery, Scylla, Zitat Anm. 83, S. 324. 16 Telegramm v. Gallwitz an Bethmann Hollweg v. 3.8.1914, in: Biehl, S. 124. 17 Vgl. die Denkschrift v. 22.2.1915 von Hptm. Derichsweiler, auf Anfrage des PKM erstellt, WMA, M 3 0 / 1 - 8 9 . 18 Brief an Bethmann Hollweg, 25.6.1915, in: Biehl, S. 125. 19 Lebenserinnerungen Falkenhausen, BA-MA, Ν 21/1, S. 50. 20 Kriegserinnerungen Siegfried Grafv. Roedern, BA-K, Kl. Erw. 3 1 7 - 2 , Bl. 71. 21 Regierteder Kaiser?, Eintrag 23.9.1915, S. 133. 22 Elsaß-Lothringen im Kriege. Erfahrungen und Vorschläge der Armee-Abteilung-Falkenhausen, Berlin 1916, BA-MA, PH 5 IV/13, S. 15. 23 Ebd., S. 101. 2 4 Vgl. Elsaß-Lothringen im Kriege. Erfahrungen und Vorschläge der AA-Falkenhausen, Berlin 1916, BA-MA, PH 5 IV/13, S. 10; denselben Tenor hatte auch ein Bericht der ArmeeAbteilung Gaede vom Juni 1916, in dem behauptet wurde, daß allein im Oberelsaß von Colmar bis zur Schweizer Grenze über 3000 Desertionsfalle gerichdich festgestellt seien, etwa 700 Elsässer sollen in die französische Armee übergetreten sein (KPA/OZSt, Bericht der Zensurstelle beim A.O.K. Gaede am 20. Juni 1916, BA-MA, PH 5 IV/18).

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Anmerkungen zu S. 256-260 25 Von so einer Aktion berichtet das Kriegstagebuch des Kommandeurs der nach ihm benannten Armee-Abteilung im Oberelsaß, Hans Gaede, Eintrag v. 12.1.1915, S. 5, BA-MA, Ν 4 / 6 ; vgl. auch Das Eisass, S. 2 6 1 - 2 6 5 . 2 6 Alle Zitate aus dem Vorwort der Denkschrift »Das Verhalten der Elsaß-Lothringer in drei Kriegsjahren, zusammengestellt vom Generalquartiermeister«, Berlin [1.8.] 1917, BAMA, PHD 7 / 6 0 . 27 Vgl. Schmidt; bereits vor dem Krieg wurden in dieser Frage Denkschriften produziert, so etwa von der »Konservativen Reform-Vereinigung« in Straßburg, vgl. Stoll; vgl. auch Wehler, Reichsland, S. 6 2 - 6 6 . 28 Alle Zitate aus der Denkschrift, BA-MA, PHD 7 / 6 0 , Vorwort. 29 Ebd., S. 55f. und Anm. 2, S. 56. 30 Vgl. Das Eisass, S. 316f. 31 Vgl. ZensurstellebeimA.O.K. AA-Gaede,20.6.1916-KPA/OZ,BA-MA,PH5 I V / 1 8 . 32 Vgl. Das Eisass, S. 302. 33 Beispiele hierfür z.B. bei Carre; zu Carre siehe unten. 34 Das Eisass, S. 318. 35 Zum Überblick vgl. ebd., S. 2 2 8 - 2 6 5 und S. 3 3 5 - 3 9 0 . 36 Vgl. AA Gaede, 1.12.1914, GLA, 4 5 6 F 1 0 - 2 6 , Bl. 14. 37 Vgl. Zivilkommissar XV. R.K., Hauptmann Derichsweiler, 14.11.1915, WMA, M 3 0 / 1-89. 38 VdR, Bd. 308, S. 1885, 28.10.1916, Rede Karl Hauß. 39 Nach Das Eisass, S. 244; vgl. auch ebd., S. 259, Anm. 2. 4 0 Eigene Berechnung aus den Straf- und Schutzhaftakten des außerordentl. Kriegsgerichts s.G.K. XIV. A.K., 1 9 1 4 - 1 9 1 8 , GLA 4 5 6 F 9 - 1 bis 413; vgl. auch GFP HgrAlbr beim A.O.K. 19, 10.4.1918, WMA, M 3 0 / 1 - 2 2 , S. 6, und Listen der Schutzhaftfälle in ElsaßLothringen, Frühjahr 1917, WMA, M 3 0 / 1 - 3 0 9 . 4 1 ChGFH, 3.11.1916, BA-K, R 8 5 / 4 1 3 2 . 4 2 Vgl. Wieoiorka. Die Internierung der »Feindstaatenausländer« in Deutschland gehört zu den vielen noch unbearbeiteten Aspekten des Weltkriegs. 43 Vgl. StEL, 18.11.1916, und Reichskanzler Bethmann Hollweg, 14.12.1916, R 8 5 / 4132. 4 4 Vgl. BKM, 5.10.1915, BKA, 2. I.D., Bd. 119. 45 Vgl. Bezirkskommando Mülhausen I, 19.6.1917, und dito, 28.6.1917, und s.G.K. XIV. A.K., 5.7.1917, alle GLA, 4 5 6 F 8 - 6 5 . 4 6 Beide Zitate PKM, 31.8.1915, ebd. 4 7 Vgl. AA-Falkenhausen, 25.8.1915, und MEL, 1.12.1917, WMA, M 3 0 / 1 - 1 0 7 . 48 Allein bis Mitte April 1917 waren bereits über 5000 Personen wegen Wehrpflichtentzug ausgebürgert worden, vgl. s.G.K. XV. A.K., 1 4 . / 1 5 . 4 . 1 9 1 7 , WMA, M 3 0 / 1 - 5 0 ; zur Gesamtzahl Das Eisass, S. 261 und Anm. 4. 49 S.G.K. XV. A.K., 21.12.1917, WMA, M 3 0 / 1 - 1 0 7 . 50 PKM, 14.4.1917, WMA, M l / 7 - 1 0 , Bd. 2, Bl. 53ff.; PIM, 15.5.1917, ebd., Bl. 55 51 S.G.K. XIV. A.K., 14.12.1915, GLA, 4 5 6 F 1 0 - 2 6 , Bl. 105. 52 Vgl. PKM, 9.9.1917, BKA, HGrRuppr, Bd. 62, Akt 12, und ChGFH, 7.9.1918, BA-P, RK 169, Bl. 209. 53 Vgl. PKM, 2.4.1917, BKA, MKr 11065; ähnlich GQM-OHL, 20.4.1917, WMA, M30/1-107. 54 Aktennotiz v. Speidel, Rechtsabteilung des BKM, zu dem PKM-Erlaß v. 2.4.1917, BKA, MKr 11065.

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Anmerkungen zu S. 260-263 55 Vgl. das Ermittlungsersuchen des Gerichts 30. I.D., 21.1.1916, an Militärpolizeimeister Straßburg, WMA, M 3 0 / 1 - 2 2 . 56 Das Durchlaßamt Mülhausen i.E. führte z.B. seit 1915 eine Kartei über Personen, denen wegen politischer Unzuverlässigkeit< keine Reisegenehmigungen erteilt werden durften, vgl. Durchlaßamt Mülhausen, 28.7.1918, WMA, M 3 0 / 1 - 1 1 7 . 57 Vgl. Ulrich, Feldpostbriefe und Zensur; zum Überblick vgl. Das Eisass, S. 2 9 3 - 3 2 4 . 58 Vgl. GQM-OHL, 3.2.1915, BKA, s.G.K. 1. A.K., 1576, und PKM, 29.3.1916, ebd., 1582. 59 Vgl. PKM, 27.9.1916, ebd., 1576. 60 HGrAlbr, 18.9.1918, WMA, M 3 0 / 1 - 1 0 6 . 61 Beide Zitate s.G.K. XIII. A.K., 21.10.1916, WMA, M 3 3 / 2 - 6 8 1 . 62 Vgl. PKM, 20.3.1917, WMA, M 3 0 / 1 - 7 3 . Das galt auch für Briefe an Offiziere, wie PKM, 7.1.1918, ebd., M 3 0 / 1 - 2 0 ausdrücklich bemerkte. 63 Vgl. AA-C, 30.3.1917, BKA, 2. I.D., Bd. 119,undAA-A, 1 1 . 4 . 1 9 1 7 , W M A , M 3 0 / l - 2 0 . 64 Vgl. HGrAlbr (Entwurf), 6.7.1917, WMA, M 3 0 / 1 - 2 0 ; s.G.K. XV. A.K., 12.7.1917, ebd.,-73. 65 Vgl. PKM, 16.8.1917, BA-MA, PH 2 / 9 2 . 66 Vgl. AA-Woyrsch, 6.8.1917, WMA, M 3 0 / 1 - 7 3 . 67 Vgl. HGrAlbr, 15.9.1917, ebd. 68 PKM, 20.10.1917, ebd. 69 Vgl. Bürgermeisteramt Mülhausen, 14.5.1907, an G.K. XIV. A.K., GLA, 4 5 6 F 5 - 3 0 2 . 70 Vgl. s.G.K. XIV. A.K., 27.10.1914, GLA, 4 5 6 F 8 - 3 5 6 , Bl. 1, und PKM, 28.3.1915, BKA, 4. I.D., Bd. 9 6 , Akt 6. 71 Vgl. GQM-OHL, 6.12.1914, GLA, 4 5 6 F 8 - 3 5 6 , Bl. 3; PKM, 25.5.1915, pr. AVoBl. 1915, S. 239; diese Regelung war notwendig geworden, weil z.B. die AA Gaede tatsächlich alle Urlaubsgesuche abgelehnt hatte, was im M E L für Verstimmung gesorgt hatte, vgl. s.G.K. XIV. A.K., 27.1.1915, GLA, 4 5 6 F 8 - 3 5 6 , Bl. 9. 72 Vgl. PKM, 1.7.1915, pr. AVoBl. 1915, S. 298f., und PKM, 2 . 1 2 . 1 9 1 6 , BKA, HGrRuppr, Bd. 62; PKM, 27.1.1916, pr. AVoBl. 1916, S. 38. 73 ChGFH, 8.3.1917, WMA, M 3 3 / 2 - 6 8 1 . 74 Vgl. PKM, 9.5.1917, pr. AVoBl. 1917, S. 272f. 75 Vgl. Gendarmerie-Korps Rastatt, 2.1.1915, GLA, 4 5 6 F 8 - 3 5 6 , Bl. 4 , PKM, 17.1.1915, ebd., Bl. 8, und Etlnspl6, 12.6.1918, WMA, M 3 0 / 1 - 1 0 6 . 76 Vgl. AA-A, 21.7.1917, WMA, M 3 0 / 1 - 1 0 6 . 77 Beispielsweise während der Vorbereitung der Märzoffensive 1918, vgl. Telegramm ChGFH, 28.2.1918, ebd. 78 HGrAlbr., 10.6.1918, ebd. 79 PKM, 26.6.1918, ebd.; vgl. auch ChGFH, undatiert; der Sicherungsoffizier der Heeresgruppe gab dagegen seine Bedenken zu Protokoll. 80 Vgl. PKM, 17.7.1918, pr. AVoBl. 1918, S. 4 0 6 , und ChGFH, 9.9.1918, ebd. 81 Vgl. PKM, 13.3.1915, abgedr. in: Das Eisass, S. 305 (dort fälschlich auf den 15.3. datiert); schon im Januar 1915 wurde angeordnet, die »unzuverlässigen« elsaß-lothringischen Ersatz-Rekruten nach einem festen Schema zur Ausbildung an die stv. Generalkommandos im Osten zu schicken, vgl. PKM, 11.1.1915, PKM, 14.1.1915 PKM, 16.2.1915 (GLA, 4 5 6 F 8 - 6 5 ) , PKM, 9.10.1915, BKA, Gericht 4. I.D., unverzeichnet. 82 PKM, 11.1.1916, abgedruckt in: Das Eisass, S. 305. 83 Vgl. Angress und Hoffmann. 84 Vgl. PKM, 2.2.1916, GLA, 4 5 6 F 8 - 6 5 .

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Anmerkungen zu S. 263-268 85 Vgl. s.G.K. 1. A.K., 10.5.1916 (zu Β KM Nr. 45480, 1.5.1916), BKA, s.G.K. 1. A.K., 618.

86 Vgl. 26. I.D., 17.10.1916, und 27. I.D., 17.10.1916 (zu G.K. XIII. A.K., 10.10.1916), WMA, M 3 3 / 2 - 6 8 2 . 87 PKM, 2.6.1917, ebd.,-681. 88 Vgl. HGrAlbr, 28.12.1917, ebd., und Telegramm ChGFH, 29.1.1918, WMA, M 3 0 / 1-106.

89 Vgl. Telegramm ChGFH, 26.1.1918, ebd. 90 Vgl. AA-B, 11.2.1918, ebd., -330. 91 Vgl. AA-C, 7.5.1917, ebd., -107; AA-C, 14.8.1917, ebd., -106; Telegramm ChGFH, 17.6.1917, ebd.,-107; AA-A, 22.6.1917, ebd.,-330, und HGrAlbr, 5.9.1918, ebd.,-106 zu einem Antrag der HGr Gallwitz. 92 Vgl. AA-A, 28.4.1917, ebd., -107. 93 Vgl. 3. R.D., 21.5.1917, WMA, M 3 3 / 2 - 6 8 2 . 94 81. R.D., 17.6.1918, WMA, M 3 0 / 1 - 1 1 7 . 95 Telegramm ChGFH, ca. 28.8.1917, WMA, M 3 3 / 2 - 6 8 1 . 96 Ähnlich z.B. auch A.O.K. 2, 29.10.1917, ebd. 97 G.K. Garde, 18.8.1918, WMA, M 3 0 / 1 - 1 1 7 ; auch war es Praxis - man beachte die Parallelisierung »Elsaß-Lothringer und schwer vorbestrafte Leute ... in die Feldrekrutendepots zum dauernden Verbleib ab[zu]geben«, was von der O H L untersagt wurde, Telegramm ChGFH, 7.5.1918, ebd., - 1 0 6 . 98 ChGFH, 2.12.1917, ebd.,-107. 99 Vgl. PKM, 12.1.1918, GLA, 456F8-65. 100 Vgl. A.O.K. 2, 29.10.1917, WMA, M 3 3 / 2 - 6 8 1 . 101 Vgl. HGrAlbr, 1.3.1918, GLA,456F8-65, und HGrRuppr, 26.3.1918, WMA, M 3 3 / 2-681. 102 Beide Zitate HGrAlbr, 3.9.1918, WMA, M 3 0 / 1 - 1 0 6 , und ChGFH, 18.9.1918, ebd. 103 10. L.W.D., 9.4.1918, ebd., -117. 104 AA-C, 28.4.1918, ebd. 105 AA-B, 15.1.1918, WMA, M 3 0 / 1 - 1 0 6 ; dieses Problem benennt bereits A.O.K. 2, 30.5.1917, WMA, M 3 3 / 2 - 6 8 1 . 106 Die Akten zu Beverloo finden sich in WMA, M 3 0 / 1 - 1 0 6 . 107 Vgl. s.G.K. XIV. A.K., 10.5.1916, GLA, 456F8-65. 108 AA-A, 26.12.1917, WMA, M 3 0 / 1 - 1 0 6 . 109 G.K. XIII. A.K., 28.1.1918, WMA, M 3 3 / 2 - 6 8 2 . 110 Vgl. G.K. XIII. A.K., 27.2.1918, ebd.; dies sollte »in unauffälliger Weise, so daß ihr Ehrgefühl nicht verletzt wird« erfolgen: Repression ja, aber bitte so, daß es die Betroffenen nicht merken, war hier das (unrealistische) Motto. 111 Vgl. 84. I.D., 24.4.1918, und A.O.K. 5,29.4.1918, WMA, M 3 0 / 1 - 1 1 7 ; das A.O.K. 5 verurteilte diese Maßnahme als zu weitgehend. 112 Vgl. PKM, 25.4.1918, WMA, M 3 0 / 1 - 1 0 6 . 113 Vgl. die kaiserliche »Verordnung betr. die Rückkehr der Deutschen im Ausland«, 15.8.1914, RGBl. 1914, S. 385. 114 Vgl. den Bericht des Gerichts stv. 30. I.B. an den stv. Generalstab, 15.12.1917, ebd., - 1 1 4 ; zum Überblick vgl. Das Eisass, S. 228-265 und 325-334. 115 Meldung 1. bay. L.W.D., 7.9.1915 an das Β KM, BKA, MKr 11065. 116 Brief eines eis. Kriegsgefangenen, 23.2.1918, gemeldet von der Überwachungsstelle für Kriegsgefangenensendungen an das s.G.K. XIV. A.K., 9.4.1918, WMA, M 3 0 / 1 - 2 2 .

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Anmerkungen zu S. 268-271 117 Undatierte Meldung von OberOst, wiedergegeben bei G.K. XIII. A.K., 30.6.1915, ebd., M 3 3 / 2 - 6 8 1 . 118 Vgl. Meldung KGL, 24.10.1917, ebd., M 3 0 / 1 - 1 0 7 . 119 Vgl. PKM, 2 0 . 1 2 . 1 9 1 4 , BKA, Μ Kr 11065; erstmals am 26.8.1915 kam der Einsatz kriegsgefangener Elsaß-Lothringer im französischen Heer bzw. der Fremdenlegion auch im Hauptausschuß des Reichstags ins Gespräch, vgl. Schiffers u. Koch, Bd. I, Dok. Nr. 27, S. 1 9 3 197. 120 Vgl. für Bulgarien PKM, 12.1.1916; laut Antwort der Gesandtschaft in Sofia v. 7.2.1916 waren ganze drei derartige Fälle zu verzeichnen, beide BA-K, R 8 5 / 4 1 3 2 . 121 Listen von Verdachtsfällen, die an die Reichskanzlei gingen, finden sich ebd. 122 Vgl. PKM, 27.8.1915, BKA, MKr 11065; für die Dänen und Polen waren das IX. bzw. V. A.K. zuständig. 123 Vgl. PKM, 28.9.1916, BKA, MKr 11065. Mit dem Waffenstillstand war die Tätigkeit von OLEF noch nicht sofort beendet. Vielmehr sollte weiterhin Material über die tatsächlichen oder vermeintlichen Völkerrechtswidrigkeiten der Franzosen zur Ausübung völkerrechtlichen Drucks gegen Frankreich weitergesammelt werden (HGrAlbr, 17.11.1918, WMA, M 7 7 / 1 - 9 2 3 , Bl. 100). In seinem letzten Rundschreiben bedankte sich OLEF-Leiter Pohlmann für die »eifrige, erfolgreiche und wertvolle Mitarbeit« (OLEF, 6.12.1918, SKA, 2 4 0 1 3 , Bl. 171). OLEF wurde zum Jahresende aufgelöst. 124 Ende November 1916 fand in Hannover eine Schulung der Ermittlungsoffiziere statt, vgl. PKM, 22.11.1916, und PKM, 23.12.1916, BKA, MKr 11065. 125 S.G.K. 3. A.K., 14.10.1916, ebd. 126 Vgl. Kriegsgefangenenlager Stuttgart-I, 2 2 . 1 . 1 9 1 7 , WMA, M 7 7 / 1 - 9 2 4 , Bl. 4; OLEF, 18.6.1917, SKA, 2 4 0 1 3 , Bl. 9 4 - 9 9 . 127 Vgl. OLEF, 18.1.1918, SKA, 10930, Bl. 13, und Bericht über den Unterrichtskursus in Hannover am 29. und 30.11.1916, BKA, s. G.K. I.A.K., 1424. 128 Vgl. Das Eisass, S. 255ff. 129 Vgl. PKM, 25.4.1918, WMA, M 7 7 / 1 - 9 2 4 , Bl. 17. 130 Vgl. Delegierter Partsch, 11.5.1918, WMA, M 3 0 / 1 - 1 0 6 . 131 Vgl. Heeresbefehl v. 5.6.1918, übersetzt und weitergeleitet vom A.O.K. 7, 30.6. 1918, ebd. 132 Vgl. PKM, 19.8.1918, ebd., - 1 0 5 ; in einem zensierten Brief eines Vaters an seinen Sohn in französischer Kriegsgefangenschaft schrieb dieser: »Du hast vielleicht so eine Idee, daß Du ausgetauscht werden kannst, ... ich meine, es ist besser, Du bleibst wo Du bist, sonst könntest Du vielleicht noch einmal gefangen werden oder zuletzt Dein junges Leben einbüssen.« (HGrAlbr, 22.8.1918, ebd., - 2 0 ) . 133 Vgl. PKM, 8.12.1916, BA-K, R 8 5 / 4 1 3 2 . 134 Alle Zahlen nach F. Roth, S. 626f., und Das Eisass, S. 325; gegen 1943 elsaßlothringische Soldaten wurden bis 1. August 1917 Kriegsgerichtsverfahren wegen Landesverrat eingeleitet, ebd., S. 326; vgl. auch Carre. 135 WMA M 3 0 / 1 - 2 4 1 . 136 Vgl. s.G.K. XV. A.K., ohne Αζ., [1917], ebd., - 5 0 . 137 Vgl. s.G.K. XIV. A.K., 10.1.1917, ebd. 138 Die bereits vor 1914 in Frankreich lebenden Elsaß-Lothringer, die noch deutsche Staatsbürger waren, wurden nach nationaler Abstammung< und politischer Zuverlässigkeit< differenziert interniert, vgl. Farcy, S. 5 0 - 6 2 , und P. Smith, Kiss ofFrance, bes. S. 31ff., dort v.a. zu der schwierigen staats- und völkerrechüichen Frage der Verwendung deutscher Staatsbürger in der französischen Armee.

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Anmerkungen

zu S.

271-275

139 Vgl. O L E F , 2 2 . 9 . 1 9 1 7 , BKA, MKr 1 1 0 6 5 ; O L E F , 1 2 . 1 1 . 1 9 1 7 , SKA, 2 4 0 1 3 , Bl. 119; PKM, 1 . 6 . 1 9 1 8 , BKA, MKr 1 1 0 6 6 . 140 Vgl. O L E F , 1 6 . 7 . 1 9 1 8 , SKA, 1 0 9 3 0 , Bl. 8 9 . 141 O L E F , 1 8 . 1 . 1 9 1 8 , ebd., Bl. 13 und 16. 142 S.G.K. X I I I . A.K., 2 4 . 9 . 1 9 1 8 , WMA, M 7 7 / 1 - 9 2 4 , Bl. 2 4 . 1 4 3 Vgl. P Ü W Metz, 2 5 . 4 . 1 9 1 8 , WMA, M 3 0 / 1 - 2 0 . 144 Vgl. s.G.K. XIV. A.K., 1 1 . 6 . 1 9 1 8 , ebd., - 1 0 6 bzw. P Ü W Saargemünd, 1 9 . 9 . 1 9 1 8 , ebd., - 2 0 . 145 Vgl. C h G F H , WMA, M 7 7 / 1 - 4 5 2 . 1 4 6 BKA, Gericht stv. 6 . 1 . B . , Buchst. A-D 1 9 1 9 , Bl. 2. 147 Aussage Paul Ritzer, 1 1 . 2 . 1 9 1 9 , ebd., Bl. 12. 148 Vgl. Auswärtiges Amt I l l b , 1 0 . 7 . 1 9 1 8 , BA-K, R 8 5 / 4 1 3 2 , Verbalnote an die Schweizerische Gesandtschaft mit der Bitte um Vermittlung und Antwort des französischen Außenministeriums v. 2 8 . 8 . 1 9 1 8 , ebd., / 4 1 3 3 . 1 4 9 Z.B. »Die Behandlung der els.-lothr. Kriegsgefangenen in Frankreich«, Abschrift der Aussage des Unteroffiziers Welter, undatiert [April 1918 oder später], ebd., / 4 1 3 2 ; Brief des aus französischer Gefangenschaft nach der Schweiz ausgetauschten Soldaten Perolla, 3 . 1 1 . 1 9 1 6 , ebd. 1 5 0 Vgl. F. Roth, S. 626f., und S. 6 2 7 , Anm. 2 3 5 ; diese Zahlen decken sich ungefähr mit den Angaben Welters und Carres. 151 Vgl. z.B. GFP HgrAlbr beim A.O.K. 19, 1 0 . 4 . 1 9 1 8 , WMA, M 3 0 / 1 - 2 2 . 152 Vgl. War Diary Assistant Provost Marshal IX. Corps, Eintrag 1 4 . 2 . 1 9 1 7 , P R O , W O 1 5 4 / 8 , und PKM, 5 . 4 . 1 9 1 8 , WMA, M 3 0 / 1 - 1 0 7 ; später wurden noch weitere Vorzugslager von den deutschen Militärbehörden identifiziert; vgl. auch Bericht Deutsche Botschaft Den Haag, 3 0 . 1 . 1 9 1 8 , BKA, MKr 1 1 0 6 6 ; O L E F , 3 . 9 . 1 9 1 8 , SKA, 2 4 0 1 3 , Bl. 1 6 6 - 1 6 9 . 1 5 3 O L E F , 1 6 . 7 . 1 9 1 8 , SKA, 1 0 9 3 0 , Bl. 89. 1 5 4 Gouvernement Metz, 9 . 4 . 1 9 1 8 , WMA, M 3 0 / 1 - 2 2 . 155 Vgl. AA-Falkenhausen, 2 9 . 3 . 1 9 1 6 , BA-K, R 8 5 / 4 1 3 2 . 156 Vgl. PKM, 2 . 1 0 . 1 9 1 7 , WMA, M 3 0 / 1 - 1 0 7 . 157 Vgl. M E L , 1 2 . 1 1 . 1 9 1 7 ; s.G.K. XXI. A.K., 2 3 . 1 1 . 1 9 1 7 , ebd., Schloß sich dagegen der Ansicht des PKM an. 1 5 8 »Äußerung über die ganze Elsässerfrage«, Abschrift undatiert, ohne Anschreiben, hs. Aktenvermerk IIIz [des A.O.K. HGrAlbr], 7 . 6 . [ 1 9 1 7 ] , ebd., - 1 0 6 . 159 Ebd., S. 2 4 . 1 6 0 Ebd., S. 17. 161 Vgl. PKM, 5 . 4 . 1 9 1 8 , WMA, M 3 0 / 1 - 1 0 7 . 162 Vgl. HGrAlbr, 1 . 8 . 1 9 1 8 , erw. in P Ü W Colmar II Nr. 3 3 1 2 2 , 2 3 . 9 . 1 9 1 8 , die bemängelte, daß diese Maßnahme nicht durch einen PKM-Erlaß gedeckt sei, ebd., - 1 0 5 . 163 Vgl. Prof. Partsch, Februar 1918, ebd., - 1 0 7 , und Telegramm HGrAlbr, 7.6. 1 9 1 8 , ebd. 1 6 4 PKM, 2 . 7 . 1 9 1 8 , ebd. 1 6 5 Alle Zitate HGrAlbr, 1 6 . 7 . 1 9 1 8 ; ähnlich HGrAlbr, 3 0 . 7 . 1 9 1 8 , ebd. 1 6 6 Vgl. HGrAlbr, 1 9 . 9 . 1 9 1 8 , ebd. 167 Vgl. PKM, 1 9 . 8 . 1 9 1 8 , ebd.; HGrAlbr, 6 . 9 . 1 9 1 8 , ebd., - 1 0 6 . 1 6 8 Meldung der P Ü W Hagenau/Eis. an das s.G.K. XXI. A.K. v. 2 6 . 9 . 1 9 1 7 über beanstandete Feldpostbriefe, ebd., - 7 3 . Die Armee-Abteilung Woyrsch meldete im August 1 9 1 7 von der Ostfront, wie sich die Briefzensur auf die Stimmung der Elsaß-Lothringer auswirkte: »Die Zahl der Überläufer elsaß-lothringischer Staatsangehörigkeit betrug im Januar 1917 = 1,

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Anmerkungen zu S. 275-282 Februar = 1, März = 0, April = 6 (Einfuhrungd. Briefkontrolle.), Mai = 3, Juni = 4, Juli = 11.« (AA-Woyrsch, 6.8.1917, ebd.). 169 Abgefangener Brief eines später desertierten elsäss. Soldaten an seine Verwandten v. 1.4.1918, ebd.,-22. Ein anderer Soldat äußerte ähnlich verbittert: »Ich hätte 14 Tage Urlaub bekommen, wenn ich nicht Elsässer wäre, denn ohne Bescheinigung bekommen wir keinen. Es ist doch traurig, daß man im eigenen Lande noch eine Bescheinigung braucht. Jetzt war ich 3 Jahre im Schützengraben, da habe ich keine Bescheinigung gebraucht für den Kopf hinzuhalten und sich totschießen zu lassen.« (Meldung der PÜW Hagenau/Eis. an das s.G.K. XXI. A.K. v. 26.9.1917 über beanstandete Feldpostbriefe, ebd., - 7 3 ) . 170 Brief Franz Bach, Feld-Rekrutendepot der 4/81. R.D. an seine Eltern in Brunstatt/ Eis. v. 29.3.1918, abgefangen von der PÜW Mülhausen[?], 4.4.1918, ebd., - 2 2 . 171 S.G.K. XXI. A.K., 7.4.1917, ebd., - 5 0 . 172 Vgl. 83. I.D., 16.6.1918, ebd., - 1 1 7 . 173 Vgl. PÜW Mülhausen, 13.4.1918, e b d . , - 1 0 7 . 174 8 1 . R J D . , 17.6.1918, e b d . , - 1 1 7 . 175 Der entsprechende Erlaß, HGrRuppr, 8.6.1918, konnte nicht gefunden werden, doch wird in den Antwortschreiben auf ihn Bezug genommen; zu ähnlichen Rundfragen der O H L für die West- und Ostfront im Frühsommer 1917 vgl. Das Eisass, S. 308ff. 176 50. R.D., 15.6.1918, WMA, M 3 0 / 1 - 1 1 7 . 177 Vgl. 107. I.D., 15.6.1918, ebd. 178 31. I.D., 18.6.1918, ebd. 179 4. I.D., 18.6.1918, ebd. 180 Vgl. 34. I.D., 19.7.1918, ebd. 181 4 0 3 . 1 . R . , 19.12.1917, ebd., - 1 0 6 . 182 AA-Woyrsch, 6.8.1917, ebd., - 7 3 . 183 HGrAlbr, 31.3.1918, e b d . , - 1 0 6 . 184 31. I.D., 18.6.1918, e b d . , - 1 1 7 . 185 G.K. XIII. A.K., 30.6.1915, WMA, M 3 3 / 2 - 6 8 1 . 186 Schreiben v. Hindenburgs v. 8.10.1917, BA-MA, Ν 559/29; diese Antwort war ihm von Oberst Wilhelm Heye, damals Stabschef der Heeresgruppe Albrecht, in den Mund gelegt worden, als er den Vorfall der O H L meldete und dazu schrieb: »Auslassungen wie die vorliegende müssen ... als unerwünscht bezeichnet werden, [da] die darin enthaltenen Angaben den tatsächlichen Verhältnissen in keiner Weise gerecht werden« (WMA, M 3 0 / 1-107). 187 Brief an v. Hindenburg v. 2.11.1917, BA-MA, Ν 559/29, Hervorhebung im Original. 188 Vgl. Jahr, Berthold v. Deimling; weitere Beispiele von Versuchen einer gerechten Beurteilung der Elsaß-Lothringer in Das Eisass, S. 3 1 7 - 3 2 0 . 189 PKM, 23.8.1917, WMA, M 3 3 / 2 - 6 8 1 . 190 Vgl. PKM, 22.11.1917, WMA, M 3 4 - 1 0 8 ; ähnlich PKM, 26.2.1918, ebd., M 3 3 / 2 681. 191 Telegramm PKM, 2.1.1918 an WKM, WMA, M l / 7 - 1 0 , Bl. 63. 192 PKM, 21.1.1918, ebd., Bl. 74. 193 ChGFH, 1.2.1918, e b d . , - 1 0 7 . 194 Vgl. StEL, 7.3.1918, ebd. 195 Vgl. G.K. IX. A.K., 18.5.1918, und Bericht 11/67. F.A.R., 6.8. 1918, an 67. F.A.R, ebd., - 3 3 0 . 196 Briefeines ungenannten Soldaten v. 25.5.1918, per HGrAlbr, 15.7.1918 an die Politische Abteilung der O H L gesandt, ebd., Hervorhebungen im Original.

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Anmerkungen zu S. 283-290 197 Vgl. PKM, 21.6.1918, ebd., -117. 198 HGrAlbr, 9.8.1918, ebd.; PKM, 31.8.1918, ebd., brachte diese Klarstellung zur allgemeinen Kenntnis. 199 Vgl. auch Das Eisass, S. 31 lf. 200 Hiery, Reichstagswahlen im Reichsland, S. 444f. 201 P. Smith, Kiss of France, S. 35, kommt fur Frankreich zu einem ähnlichen Ergebnis, allerdings bei umgekehrter Gewichtung. 202 Vgl. Lustick. 203 Vgl. Garvin, Nationalist Revolutionaries, und Oers., Evolution of Irish Nationalist Politics; Clifford datiert die Ursprünge eines katholischen Nationalismus der »Catholicism with nationalism, republicanism, democracy and social egalitarianism« (S. 5) verbunden habe, auf die ersten beiden Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts. 204 Vgl. Kiernan. 205 Vgl. im folgenden Bew, und Mansergh, S. 7-112. 206 Vgl. Boyce, S. 44-71, und /. Smith. 207 Vgl. als Überblick Fitzpatrick, Militarism in Ireland, und Vaughan, S. 123-239; speziell auch Denman, Ireland's unknown Soldiers, S. 19-37, und Lemisko, S. 8^10. 208 Vgl. dazu Muenger, S. 164-204, und Beckett, Army and the Curragh Incident. 209 Vgl. WO, April 1914, an C-in-C Ireland, PRO, WO 1 4 1 / 4 . 210 Vgl. Howie. 211 Ein katholisch-irischer Soldat beschrieb seine Gefühle angesichts der protestantischen Ulster-Soldaten, die er mit Verpflegung zu versorgen hatte, so: »It was rather ironical in a way, for an old National Volunteer to be thus helping to feed his late enemies of the Ulster Volunteers. Any qualms I might have had on the matter were adequately eased by occasional pilferings of the Ulstermen's >Plum DuffVertrag< zwischen Casement und der deutschen Regierung über die Aufstellung der Irischen Brigade, 28.12.1914, S. 31; ausfuhrlich zur Biographie Casements Sawyer, zur Deutschland-Mission S. 109-124. 237 Vgl. »Reports on Sir Roger Casement's visits to Limburg Camp, Germany, from evidence collected by interviews with returned Prisoners o f War«, WO, undatiert, PRO, WO 1 4 1 / 1 5 , und den Bericht des »Committee on the treatment by the enemy o f British Prisoners ofWar« über das Lager Limburg, 1920, ebd., / 4 9 . 238 Aussage 0 . 1 1 2 , Cpt. Ph. Godsal, 3/Oxford&Buckinghamshire Light Infantry, 12.4.1917, PRO, WO 1 6 1 / 9 6 , S. 594. 239 Aussage LCpl. Joseph Mahoney, 2/Royal Irish Fusiliers, PRO, WO 1 4 1 / 1 5 . 2 4 0 Vernehmungsprotokoll Nr. 4 4 2 , LCpl. David James Ballantyne, 27.5.1916, PRO, WO 1 6 1 / 9 8 , Bl. 533. 241 Aussage Cpt. Thomas Westropp, der im April 1917 aus deutscher Kriegsgefangenschaft nach Holland entwichen war: »Although I am Irish I never heard anything definite about the Irish Brigade; I imagine the enterprise had been abandoned as a failure«, 14.4.1917, PRO, WO 1 6 1 / 9 6 , S. 619. Weiteres Material über die »Casement-Brigade«, M.I.5.-Listen der »Uberläufer« sowie zusätzliche Vernehmungsprotokolle irischer Kriegsgefangener in deutschen Lagern finden sich in PRO, WO 1 4 1 / 9 . Der Doppelcharakter Irlands als Kolonie einerseits und integraler Bestandteil des Empires andererseits drückt sich auch darin aus, daß nicht nur das War Office, sondern auch das Colonial Office Material über die »CasementBrigade« sammelte, vgl. PRO, CO 9 0 4 / 1 9 5 . 242 Vgl. den Schriftwechsel im War Office, Februar bis Mai 1919, PRO, WO 1 4 1 / 3 6 . 243 Vgl. den Schriftwechsel War Office - Colonial Office, Mai bis August 1922, PRO, WO 1 4 1 / 6 7 ; dazu auch Babington, Devil to Pay, S. 1 2 1 - 1 2 4 und 133. 244 Vgl. Campbell. 245 Fraenkel, S. 13.

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Anmerkungen zu S. 296-301

Kapitel VI Das politische Echo 1 VdR, Bd. 344, S. 205, 3.7.1920. 2 Hansard, Bd. 127, Sp. 1984, 15.4.1920. 3 Vgl. Schudnagies. 4 Vgl. VdR, Bd. 306, S. 115f., 20.3.1915. 5 Z.B. am 28.5. und 24.8.1915 durch die SPD-Abgeordneten Stücklen und Noske, vgl. Schiffers u. Koch, Der Hauptausschuß des Deutschen Reichstags 1915-1918, Bd. 1, Dok. 17, S. 131 und Dok. 24, S. 177 sowie Bd. 3, Dok. 141, S. 1297-1303. 6 Vgl. VdR, Bd. 310, S. 3114f., 7.5.1917. 7 VdR, Bd. 311, S. 4117, 23.2.1918. 8 Vgl. ebd., S. 4118. 9 Vgl. ebd., S. 4135. 10 Vgl. die Rede Rießers, VdR, Bd. 312, S. 5276, 7.6.1918 und die Rede Haas', ebd., 11.6.1918, S. 5408. 11 VdR, Bd. 313, S. 5457, 13.6.1918. 12 Ebd., S. 5472. 13 Vgl. Mommsen. 14 VdR, Bd. 306, S. 353, 26.8.1915. 15 Vgl. VdR, Bd. 306, S. 513,11.1.1916; Bd. 307, S. 9 1 1 , 9 1 9 , 7.4.191«, und Bd. 317, Resolution Nr. 262, S. 393; Bd. 311, S. 4097, 23.2.1918, sowie Bd. 323, Antrag Nr. 1294, 19.2.1918, S. 2027. 16 Aktennotiz BKM, 26.2.1918, BKA, MKr 11167; zu Langermanns Stellungnahme vgl. VdR, Bd. 311, S. 4103 und S. 4136, 23.2.1918. 17 VdR, Bd. 307, S. 931, 8.4.1916 und ebd., Bd. 317, Drucksache Nr. 265, S. 395. 18 VdR, Bd. 309, S. 2688,24.3.1917 und den Entwurf bzw. die Begründung der Novelle in Bd. 320, Nr. 673, S. 1277. 19 VdR, Bd. 309, S. 2688-2691, 24.3.1917. 20 »Bemerkungen zu Caprivi, Disziplin und Strafen im Weltkriege«, S. 5, undatiert [ca. 1940], unsigniert, BA-MA, W - 1 0 / 5 0 6 0 6 ; vgl. auch hier Kapitel IV.A.l.b). 21 Vgl. VdR, Bd. 309, S. 3048, S. 3071, S. 3076, 4.5.1917 und Bd. 321, mündlicher Bericht des Hauptausschusses, S. 1440 und VdR, Bd. 310, S. 3498, 16.5.1917; vgl. dazu Bd. 321, Drucksache 766, S. 1439-1442, mündlicher Bericht des Hauptausschusses; VdR, Bd. 311, S. 3999, S. 4097f., S. 4105ff. und S. 4135, 23.2.1918. 22 VdR, Bd. 312, S. 5385, 11.6.1918. Nach dem Krieg äußerte v. Stein dagegen kategorisch: »Je länger ein Krieg dauert, desto strenger muß die Manneszucht gehandhabt werden.« (H.Stein, S. 116). 23 Vgl. ebd., S. 5388-5401, und Bd. 313, S. 5412-5505, 12. und 14.6.1918, sowie S. 5799-5824, S. 5843, 5.7.1918. 24 Bericht d. 35. Ausschusses über den Entwurf eines Gesetzes, betreffend Milderung im MStGB, 4.7.1918, VdR, Bd. 325, S. 2498. 25 Vgl. VdR, Bd. 308, S. 2017, 3.11.1916, S. 2145,4.11.1916 und Bd. 319, Anfrage Nr. 499, S. 978; der MSPD-Abgeordnete Hasenzahl brachte die Bestrafung der Familienangehörigen durch den Entzug der Familienunterstützung nochmals zur Sprache, vgl. Bd. 312, S. 5345f., 10.6.1918. 26 Vgl. VdR, Bd. 309, S. 2651f., 23.3.1917; das Reichsjustizamt antwortete darauf, das

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Anmerkungen zu S. 301-308 dieser erwägenswerte Gedanke bereits geprüft werde, doch wurden diese Pläne nicht weiterverfolgt. 27 VdR, Bd. 313, S. 5807, 5.7.1918, Hervorhebungen im Original. 28 VdR, Bd. 307, S. 9 2 3 , 7.4.1916. 29 Vgl. Scheidemann, S. 46. Vor dem Krieg hatte nur die SPD die völlige Abschaffung der Militärgerichtsbarkeit gefordert, während die Linksliberalen sie auf die rein militärischen Straftaten begrenzen wollten, vgl. VdR, Bd. 303, Drucksachen Nr. 1302 und 1309, S. 2562f. u. 2580. 30 Dies hatte Kriegsminister Reinhardt am 19.2.1919 angekündigt, vgl. VdN, Bd. 326, S. 177. 31 Vgl. die Rede Zietz', VdN, Bd. 326, S. 2 3 4 , 20.2.1919. 32 So Rudolf Hilferdings eindrückliche Formel, zitiert nach Winkler, S. 599. 33 Vgl. VdN, Bd. 327, S. 894, 29.3.1919; vgl. auch Noste, S. 77f.; vgl. dazu auch Wette, Geburtsstunden der Weimarer Republik, Eintrag 9.12.1918, S. 56: »Es gibt jetzt mehrere Gruppen Bewaffneter ... Spartakusleute ..., Liebknecht-Parteigänger und vielleicht 10000 Deserteure und Drückeberger - , alles Leute, die nicht viel zu verlieren haben, die gefährliche Hyänen werden, wenn sie die Macht haben, aber ein feiges Gesindel, wenn ihnen die Zähne gezeigt werden« (S. 56); im Duktus ähnlich ein Bericht Scheidemanns v. 28.12.1918, in: Miller, Bd. 2 , Dok. 77, S. 106: »Wir werden uns ... wieder mit der Frage zu beschäftigen haben, wie wir uns zu den Deserteuren zu verhalten haben, die uns die Pistole auf die Brust ketzen [sie!] und 4 0 0 0 0 Μ von uns verlangen. Wenn wir so behandelt werden, wie sas [sie!] hier geschehen ist, daran knüpfe ich das Wort: Räuberbanden.« 34 Vgl. hierzu Kruse, Krieg und nationale Integration. 35 Vgl. VdN, Bd. 328, S. 1463, 10.7.1919. 36 Ebd., S. 1465. 37 Vgl. ebd., S. 1479. 38 Ebd., S. 1483. 39 Ebd., S. 1480. 4 0 Beide Zitate ebd., S. 1478f. 4 1 Abstimmung ebd., S. 1487f.; der usprüngliche MSPD-Antrag Nr. 4 1 9 , Ziff. 2, wurde von der USPD neu gestellt, aber abgewiesen. 42 VdN, Bd. 328, S. 2 1 2 0 , 30.7.1919. 43 VdN, Bd. 342, Drucksache Nr. 2 5 2 5 , S. 2 8 0 8 - 2 8 1 4 . 4 4 VdN, Bd. 333, S. 5 1 5 7 - 5 1 6 0 , 15.4.1920. 45 Ebd., S. 5163. 4 6 RJM I 6 9 2 5 , 18.11.1919, BA-K, R 4 3 1 / 7 0 1 , Bl. 127. 4 7 Vgl. VdN, Bd. 333, S. 5662, 19.5.1920. 48 Ebd., S. 5670. 4 9 Vgl. ebd., S. 5680ff. 50 Vgl. VdR, Bd. 344, S. 1 9 8 - 2 0 3 , 3.7.1920. 51 Ebd., S. 207. 52 Vgl. ebd., S. 213. 53 Vgl. ebd., S. 3 7 5 - 3 7 8 . 54 Vgl. ebd., S. 459f. 55 Dietz, Annahme des Gesetzentwurfs, S. 2 5 , Hervorhebung im Original. 56 Vgl. hierzu Rubin, S. 2 3 - 3 7 , A. W. B. Simpson, und Townshend, Military Force; zur passiven Rolle des Unterhauses vgl. Turner, House o f Commons. 57 Vgl. Hansard, Bd. 72, Sp. 2 7 2 , 9 . 6 . 1 9 1 5 ; ebd., Sp. 1 9 3 5 , 1 . 7 . 1 9 1 5 ; Bd. 77, Sp. 1276,

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Anmerkungen zu S. 308-312 10.1.1916; Bd. 78, Sp. 1230, 26.1.1916; Bd. 81, Sp. 1206f., 5.4.1916; Bd. 82, Sp. 1129f., 15.5.1916; Bd. 88, Sp. 1286f., 19.12. 1916; Bd. 97, Sp. 401, 8.8.1917; Bd. 98, Sp. 1643f., 1.11.1917. 58 Hansard, Bd. 82, Sp. 2099f., 24.5.1916, mündliche Anfrage des Labour-Abgeordneten Jowett. 59 Vgl. ACI Nr. 8 9 7 , 2 8 . 4 . 1 9 1 6 , PRO, WO 2 9 3 / 4 Sp. 111, und z.B. Hansard, Bd. 77, Sp. 1578f., 12.1.1916, ebd., Bd. 82, Sp. 128f., 4.5.1916; ebd., Bd. 98, Sp. 1954, 6.11.1917. 6 0 Vgl. ebd., Bd. 78, Sp. 906, 24.1.1916; Bd. 98, Sp. 1468, 31.10.1917; Bd. 100, Sp. 67f., 3.12.1917; Bd. 100, Sp. 222ff., 4.12.1917; Bd. 100, Sp. 1498f., 14.12.1917. 61 Vgl. ebd., Bd. 72, Sp. 785f., 17.6.1915; Bd. 80, Sp. 815, 24.2.1916; Bd. 98, Sp. 1643f., 1.11.1917; Bd. 103, Sp. 8 4 6 - 8 5 0 , 20.2.1918; Bd. 103, Sp. 865f., 20.2.1918; Bd. 105, Sp. 4 3 1 ^ 9 1 , 17.4.1918. 62 Vgl. ebd., Bd. 103, Sp. 865f., 20.2.1918, Anfrage Thomas (Labour); ähnlich die Anfrage Major Davies (Liberale), Bd. 105, Sp. 487ff., 17.4.1918. 63 Vgl. ebd., Bd. 80, Sp. 815, 24.2.1916; Bd. 88, Sp. 1286f., 19.12.1916; Bd. 90, Sp. 2201f. und 2 2 3 3 , 1.3.1917. 6 4 Vgl. ebd., Bd. 98, Sp. 1 4 2 4 - 1 4 2 7 , 31.10.1917. 65 Vgl. ebd., Bd. 105, Sp. 824, 22.4.1918. 6 6 Vgl. ebd., Bd. 104, Sp. 5 6 2 - 5 7 3 , 14.3.1918. 67 Ebd., Bd. 81, Sp. 30, 21.3.1916. 68 Vgl. ebd., Sp. 2204f., 18.4.1916, Anfrage Outhwaite. 69 Vgl. ebd., Bd. 73, Sp. 2 0 1 6 , 26.7.1915; Bd. 100, Sp. 1498f., 14.12.1917; ebd., Sp. 1789ff., 18.12.1917; ebd., Sp. 2 1 6 1 , 20.12.1917; Bd. 101, Sp. 298ff., 16.1.1918; Bd. 103, Sp. 589f., 19.2.1918. 70 Vgl. ebd., Bd. 103, Sp. 590, 19.2.1918; dieser Kotau genügte dem Brigade-General Croft von den Tories nicht, denn er forderte Whitehouse in einem Zwischenruf auf: »And withdraw yourself!«. 71 Ebd., Bd. 98, Sp. 1755f., 1.11.1917. 72 Ebd., Bd. 103, Sp. 696, 19.2.1918. 73 Vgl. ebd., Bd. 81, Sp. 1206f., 5.4.1916 74 Ebd., Bd. 98, Sp. 1427, 31.10.1917. 75 Die Stellungnahmen des WO zu den vorgeschlagenen Änderungen des Army Act finden sich fur 1915 in PRO, WO 32/14487, für 1916 ebd., / 1 4 4 8 8 , für 1917 ebd., / 1 4 4 8 9 . 76 Vgl. die Stellungnahme des WO zum AA, 29.3.1916, PRO, WO 32/14488. 77 Vgl. z.B. die Rede von Major Hayward, Hansard, Bd. 114, Sp. 1008f., 31.3.1919. 78 Ebd., Bd. 113, Sp. 128, 3.3.1919. 79 Vgl. Rede Major M. Wood, Sitzung 11.4.1921, ebd., Bd. 150, Sp. 863. 8 0 Vgl. ebd., Bd. 113, Sp. 178f., 3.3.1919. 81 Bottomley war ein Aufsteiger aus der Arbeiterklasse, der es im Zeitungswesen zu Geld und Einfluß gebracht hatte, vgl. Messinger, S. 2 0 0 - 2 1 2 . 82 Vgl. Hansard, Bd. 113, Sp. lOOff., 3.3.1919. 83 Ebd., Sp. 110. 84 Vgl. ebd., Sp. 116, Rede Major Hurst. 85 Ebd., Sp. 119. 86 Ebd., Bd. 127, Sp. 1984, 15.4.1920. 87 Vgl. ebd., Bd. 113, Sp. 117, 3.3.1919, Rede Major Hurst. 88 Vgl. ebd., Sp. 1 1 6 - 1 1 9 , Rede Hurst; Bd. 114, Sp. 1013f., 31.3.19, Rede Col. Ashley (Tories).

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Anmerkungen zu S. 312-319 89 Vgl. ebd., Bd. 127, Sp. 1629f., Lesung des Army Bill, 13.4.1920. 9 0 Vgl. ebd., Bd. 128, Sp. 1054f., 27.4.1920. 91 Vgl. ebd., Bd. 125, Sp. 9 0 8 , 1 8 . 2 . 1 9 2 0 ; Bd. 126, Sp. 2 3 7 , 2 . 3 . 1 9 2 0 ; Bd. 126, Sp. 9 2 7 , 8.3.1920; Bd. 131,Sp. 1665f., 8.7.1920; Bd. 131,Sp. 2124ff., 13.7.1920;Bd. 166, Sp. 1189, 20.7.1923; Bd. 174, Sp. 1475f., 5.6.1924. 92 Vgl. ebd., Bd. 127, Sp. 108f., 22.3.1920. 93 Vgl. ebd., Bd. 131, Sp. 1665f., 8.7.1920; nach dem Juni 1922 verbüßten nur noch sechs Soldaten im Krieg verhängte Zuchthausstrafen. 9 4 Vgl. ebd., Bd. 2 1 7 , Sp. 1664, 22.5.1928. 95 WO D.A.G., 1.6.1919, PRO, WO 3 2 / 3 4 9 8 . 96 GOC British Armies in France and Belgium, Ltn.-Gen. J. J. Asser, 3.6.1919, ebd. 97 Vgl. Montague. 98 Vgl. ebd., Bd. 115, Sp. 1935, 16.5.1919. 99 Vgl. ebd., Bd. 162, Sp. 1309, 12.4.1923; Bd. 2 3 6 , Sp. 1922, 18.3.1930; ein Regierungssprecher hatte die Zahlen allerdings außerhalb des Unterhauses erstmals im April 1920 bekanntgegeben, vgl. Moore, S. 181. 100 Vgl. Thurtle, Time's Winged Chariot. 101 Thurtle, Military Discipline, S. XIII. 102 Vgl. ebd., S. 5 4 - 8 2 . 103 Summary of Evidence des Committees on Disciplinary Amendments to the Army and Air Force Acts, 23.1.1925, PRO, WO 3 2 / 1 5 4 9 2 . 104 Precis for the Army Council Nr. 1171, März 1924, zusammengestellt vom Secretary o f the War Office, H. J. Creedy, PRO, WO 3 2 / 1 5 4 9 2 , Hervorhebung vom Verfasser. 105 Memorandum S. Walsh, 1.4.1924, PRO, WO 3 2 / 1 5 4 9 2 106 Vgl. das Protokoll der Aussage von Ltn.-Col. Η. Μ. Meyler von den Liberalen, 22.5.1924, PRO, WO 9 3 / 4 9 , Bl. 45. 107 Summary of Evidence des Komitees, 23.1.1925, PRO, WO 3 2 / 1 5 4 9 2 . 108 Vgl. Abstracts o f the Recommandations o f the Principal Commissions, Committees and Conferences relating to Army Affairs, London 1925, PRO, WO 2 3 7 / 1 6 , und Abstimmung über das Army (Annual) Bill 1925, Hansard, Bd. 182, Sp. 1465, 1.4.1925. 109 Hansard, Bd. 195, Sp. 1229, 21.4.1926, Hervorhebungen vom Verfasser. 110 Vgl. ebd., Sp. 1248. 111 Vgl. ebd., Sp. 1264, Rede Palin (Labour). 112 Vgl. ebd., Sp. 1 2 4 2 - 1 2 4 6 . 113 Ebd., Sp. 1252. 114 Vgl. ebd., Bd. 2 1 6 , Sp. 3 1 - 8 0 , 17.4.1928. 115 Vgl. PRO, WO 9 3 / 4 9 , Bl. 8 1 - 8 7 und lOlff. 116 Vgl. Hansard, Bd. 2 3 7 , Sp. 1 5 9 8 - 1 6 3 0 , 3.4.1930. 117 Vgl. ebd., Sp. 1 9 1 8 - 1 9 2 3 , 7.4.1930; zur mit den Minimalforderungen der Militärs identischen Position Shaws vgl. PRO, WO 3 2 / 1 5 4 9 5 . 118 Vgl. Hansard, Bd. 2 3 7 , Sp. 3 0 5 1 - 3 0 5 8 , 16.4.1930. Als man im Air Ministry im Vorfeld der Beratungen des Army Act 1931 nochmals beriet, ob man sich mit diesem Ergebnis zufriedengeben wolle, kam man diesbezüglich zu einer bejahenden Antwort, vgl. Air Ministry 7.3.1931 an Shaw, PRO, WO 3 2 / 1 5 4 9 5 . Folgerichtig tauchte diese Frage in den Beratungen des Army Act nicht mehr auf, vgl. Hansard, Bd. 250, Sp. 1 1 1 5 - 1 1 3 1 , 1.4.1931. 119 Mündlicher Bericht des 8. Ausschusses v. 18.8.1919, VdN, Bd. 338, Drucksache Nr. 946, S. 943. 120 VdN, Bd. 329, S. 2699, 20.8.1919.

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Anmerkungen zu S. 319-325 121 Vgl. die Reden Warmuth und Graf Dohna, ebd., S. 2 7 0 0 - 2 7 0 5 . 122 Vgl. Heinemann, S. 1 7 7 - 1 9 1 . 123 Kühl, Entstehung, Durchführung und Zusammenbruch, S. 212. 124 Vgl. Schwertfeger und Delbrück. 125 Vgl. Katzenstein. 126 Kühl, Dolchstoß, S. 5. 127 Ebd., S. 27. 128 Vgl. Die Ursachen des deutschen Zusammenbruchs, Bd. 4 , S. l - 2 b . 129 Vgl. Heinemann, S. 1 8 5 - 1 9 1 ; vgl. auch Petzold, S. 9 8 - 1 0 1 , und Moses. 130 »Zur Entwicklung der disziplinaren Frage während des Weltkrieges«, zusammengestellt fiir E. O. Volkmann, Zitat aus dem Anschreiben, 29.1.1930, BKA, HS 2348. 131 Zum Konzept »Zivilgesellschaft« vgl. Almond u. Verba. 132 Vgl. Kraft, S. 3 3 - ^ 4 . 133 Mecklenburg, S. 150; vgl. dazu auch T. Becker. 134 Vgl. Gill u. Schneider. 135 Vgl. z.B. Dietz, Militärstrafrechtswesen im Kriege. 136 Schwinge, Entwicklung der Mannszucht, S. 33. 137 RGBl. 1933 I, S. 264; Basis war die MStGO von 1898. 138 Vgl. Mayer, S. 3 4 5 - 3 5 3 . 139 Ebd., S. 345. 140 Vgl. hierzu Pedroncini, sowie jetzt L. Smith und Taufflieb; zum letztgenannten Offenstadt. 141 Schwinge, Militärgerichtsbarkeit im Kriege, Zitat S. 248, Hervorhebung im Original. 142 RGBl. Nr. 1 4 7 , 1 9 3 9 , S. 1455ff. 143 RGBl. 1938, S. 1 4 5 7 - 1 4 7 6 . 144 Schwinge, Entwicklung der Mannszucht, S. 55, Hervorhebung im Original; vgl. auch Thomas. 145 Alle Zitate E. Schmidt, S. 27. 146 »Strafrechtspflege und Mannszucht in der zweiten Hälfte des Weltkrieges« MS, unsigniert [Oberst v. Caprivi?], undatiert [ca. 1940], S. 2 , BA-MA, W - 1 0 / 5 0 6 0 6 . 147 Ebd., S. 10f., Hervorhebung im Original. 148 Ebd., S. 14, Hervorhebung im Original. In dem »Beitrag zur Vorarbeit des Oberst v. Caprivi: »Disziplin und Strafen im Weltkriege, 11.4.1942, ebd., das ausfuhrlich die Handhabung der Gerichtsbarkeit im französischen und britischen Heer untersucht, wurde sogar die beliebte Argumentation, diese beiden Länder hätten wegen ihres harten Durchgreifens den Krieg gewonnen, nicht übernommen. 149 Pietzner, S. 56. 150 Ebd., S. 75. 151 Vgl. Messerschmidt u. Wüllner, S. 91; vgl. auch Bröckling, Disziplin, S. 2 4 1 - 2 8 7 , sowie Haase, Gefahr für die Manneszucht; zur gleichfalls unrühmlichen Rolle der Militärpsychiatrie vgl Riedesser u. Verderber, S. 1 0 1 - 1 9 5 . 152 In einem Privatbrief an Churchill v. 2.3.1919 vertrat Col. H. L. King die Auffassung: »It is an unquestionable fact that the future Army will be democratic to an extent never before anticipated and far better educated, and it is to be feared that the maintenance o f discipline will be rendered much more difficult« (PRO, WO 3 2 / 5 4 7 5 ) . 153 Vgl. Report of the Committee; die Sitzungsprotokolle, Zeugenaussagen etc. des Komitees sind dagegen im PRO nicht zugänglich, entweder vernichtet worden oder für die Benutzung gesperrt.

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Anmerkungen zu S. 326-333 154 Report of the Committee, S. 173; vgl. auch Moore, S. 177ff 155 Vgl. Abstracts o f the Recommandations of the Principal Commissions, Committees and Conferences relating to Army Affairs, London 1919, S. 1 5 5 - 1 6 2 , PRO, WQ 2 3 7 / 1 3 ; zur unumstritten als notwendig anerkannten Verbesserung und Professionalisierung der Justizausbildung vgl. die Denkschriften in PRO, WO 32/3949 und 3950. 156 Vgl. PRO WO 32/5478, S. 2. 157 Vgl. Abstracts o f the Recommandations o f the Principal Commissions, Committees and Conferences relating to Army Affairs, London 1922, S. 108, PRO, WO 237/14. 158 Zur Haltung des als Zeugen vor dem Komitee aussagenden Battalionsarztes der 2 / RWF vgl. K. Simpson, Dr. James Dunn. 159 Vgl. hierzu Bogacz und Leese. 160 Aktennotiz Β. W. Childs, 11.11.1918 auf die Anfrage des GOC Saloniki v. 7.11.1918, PRO, WO 32/5479; dem C-in-C an der Westfront, Haig, mußte das War Office noch im März 1919 dringend empfehlen, in dieser Angelegenheit gemäß seiner Anordnung vom 15.11.1918 zu handeln, ebd. 161 Vgl. Oberkommandierender der BEF, Asser, an das WO, 26.6.1919, PRO, WO 3 2 / 5461. 162 Brief an das WO, 2.6.1919, ebd. 163 Vgl. Brief Haigs an das WO, 4.12.1916, S. 2, ebd., /5460. 164 Aussage F. L. Horton, Summary of Evidence des Committees on Disciplinary Amendments to the Army and Air Force Acts, 23.1.1925, PRO, WO 32/15492 165 Kriegserinnerungen, S. 85, IWM, P. McEllwaine-Papers, 92/35/1. 166 Memorandum by the Adjutant General on Application of the death penalty for those offences under the Army Act which are not offences under the civil code, 12.10.1926, PRO, WO 32/15494. 167 Ebd., S. 3. 168 PRO, WO 225/6. 169 Stellungnahme Ltn.-Col. H. G. Hendum vor dem Oliver-Committee, 10.5.1938, ebd., /2, Bl. 218, Hervorhebung im Original. 170 Childs, S. 144. 171 Brief Ministry of Pensions an WO v. 14.8.1939, PRO, WO 32/4676; vgl. auch Putkowski u. Sykes, S. 273. 172 Geheimmemorandum des Adjutant-General fur Staatssekretär Stanley, undatiert [ca. März 1940], PRO, WO 32/15496, S. 1. 173 Hansard, Bd. 359, Sp. 616, 10.4.1940. 174 Absolute Zahlen bei McPherson, S. 49, relative Werte bei Ahrenfeldt, S. 273, Kriegsjahre jeweils von Oktober bis September. 175 Vgl. McPherson, S. 54, Ahrenfeldt, S. 272, und Moore, S. 2 2 3 - 2 3 6 . 176 Vgl. Ahrenfeldt. 177 Vgl. Messenger. 178 Vgl. Sears.

Zusammenfassung und Ausblick 1 C.WolfS.

9.

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Quellen und Literatur

I. Archivalien Bundesarchiv Militärarchiv Freiburg (BA-MA) Ν 4 / 6 (Nachlaß v. Gaede) Ν 2 1 / 1 (Nachlaß v. Falkenhausen) Ν 8 0 / 9 (Nachlaß v. Mudra) Ν 2 3 4 / 6 (Nachlaß v. Trotta gen. Treyden) Ν 2 7 4 / 1 6 , 170 (Nachlaß v. Seeckt) Ν 5 5 9 / 1 3 , 29 (Nachlaß v. Deimling) PH 2 / 9 2 PH 5 1/75 P H 5 11/79 P H 5 I V / 1 3 , 18 PHD 7/60 RH 61/16 RW 11 1 / 2 W-10/50606 Abteilung Koblenz (BA-K) 1 Kl. Erw. 317 (Nachlaß v. Roedern) R 4 3 1/701 R 8 5 / 1 7 1 8 , 1721, 1 7 6 1 , 2 6 1 9 , 4 1 3 2 , 4133,4741,4940 Abteilung Potsdam RK 169

Sächsisches Hauptstaatsarchiv-Kriegsarchiv, Dresden (SKA) 9658, 10930, 22694, 23492, 24013, 24179, 30861

1

Badisches Generallandesarchiv, Karlsruhe (GLA) 456 F 5 - 59, 302, 303, 304 456 F 7 - 19 4 5 6 F 8 - 62, 65, 229, 231, 356 456 F 9 - 1-413 456 F 1 0 - 2 6

Bayerisches Hauptstaatsarchiv-Kriegsarchiv, München (BKA) H S 2348, 2907 2. Infanterie-Division, Bd. 5, 118, 119 4. Infanterie-Division, Bd. 35, 86, 89, 96 Gericht stv. 2. Infanterie-Brigade, Gerichtsakten Gericht stv. 3. Infanterie-Brigade, Gerichtsakten Gericht stv. 4. Infanterie-Brigade, Gerichts akten Gericht 4. Infanterie-Division, Bd. 102, Gerichtsakten Gericht stv. 6. Infanterie-Brigade, Gerichtsakten Gericht stv. 7. Infanterie-Brigade, Gerichtsakten Gericht stv. 11. Infanterie-Brigade, Gerichtsakten Heeresgruppe Rupprecht, Bd. 17, 62, 175 Militärgericht (MilGer) 3 6 6 5 , 3 6 6 6 , 3671, 3675, 6201, 6204, 6211, 6224, 6225, 6228, 6234, 6237, 6241, 6242, 6243, 6259, 6280, 6291, 6299, 6306,

Die staadichen Provenienzen wurden noch in Koblenz bzw. Potsdam eingesehen, sind aber inzwischen nach Berlin transferriert.

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6337, 6338, 6350, 6364, 6379, 6381, 6 4 0 2 , 6410, 6 4 1 2 , 6415, 6 4 2 4 , 6 4 2 6 , 6442, 6 4 4 5 , 6467, 6 4 7 7 , 6 4 7 9 , 6 4 8 4 Militärbevollmächtigter (Mil. Bev.), 70 Μ Kr 1 1 0 4 0 , 1 1 0 6 5 , 1 1 0 6 6 , 1 1 0 9 0 , 11164, 11167, 11484, 11965, 13424, 14160 OP 3 1 8 5 , 1 0 7 6 4 stv. Generalkommando I. A.K., 6 1 8 , 1 3 4 7 , 1424, 1540, 1576, 1582, 2 0 5 2 , 2 1 6 8 Weglegeverzeichnis 4. Infanterie-Brigade Weglegeverzeichnis stv. 4. Infanterie-Brigade Weglegeverzeichnis stv. 6. Infanterie-Brigade Hauptstaatsarchiv Stuttgart-Militärarchiv (WMA) Μ 1 / 7 - 1 0 , 2 1 , 2 8 , 84 Μ 3 0 / 1 - 2 0 , 22, 50, 73, 89, 1 0 5 - 1 0 7 , 1 1 4 , 1 1 7 , 2 4 1 , 3 0 9 , 323, 330 Μ 3 3 / 2 - 6 8 1 , 682 Μ 34-108 M43^1a Μ 77/1—452, 9 2 3 , 9 2 4

H O (Home Office) 45/10744 WO (War Office) 32/3498,3949,3950,3989-3991,4512, 4 5 1 3 , 5141, 5143, 5460, 5461, 5475, 5478, 5479, 6 0 4 5 , 6 2 4 8 , 8699, 9 5 7 4 , 14485, 14487, 14489, 15492, 1 5 4 9 4 15496, 18765 71/390, 393, 405, 406, 410, 411, 412, 438, 4 4 0 , 4 4 3 , 445, 447, 4 6 2 , 463, 4 6 8 , 469, 474, 4 7 5 , 476, 481, 4 8 5 , 500, 521, 530, 545, 546, 563, 569, 578, 581, 584, 604, 608, 638, 650, 658, 666, 667, 672 90/6, 8 93/49 9 5 / 2 6 , 181, 646, 1235, 1957 123/56-60 1 4 1 / 4 , 9 , 15, 3 6 , 4 9 , 6 7 154/8,25 157/103,112 158/24 161/96, 98 213/1-28 2 2 5 / 2 , 3,5, 7, 16 2 3 7 / 1 3 , 14, 16 256/3 293/2, 3 , 4 , 6

Bibliothek für Zeitgeschichte, Stuttgart Kriegsflugblätter Mappe 1 2 , 4 6 Schweizerisches Bundesarchiv, Bern (SBA) Ε 27 13947 Ε 27 1 3 9 4 9 - 3 0 , 3 1 , 3 2 , 4 2 Public Record Office, London (PRO) CAB (Cabinet) 24/36 CO (Colonial Office) 904/195 FO (Foreign Office) 312/680 371/1910, 1984, 2288, 2360, 2821, 3098 383/14,42

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Personenregister

Allenby, Sir Edmund 238 Angell, Norman 126 Applin, Reginald Vincent Kempenfeit 316 Ardant du Picq, Charles-Jean-Jacques-Joseph 362 Ashley, Wilfrid William 390 Ashworth, Tony 28, 33 Attlee, Clement Richard 316 Babington, Anthony 352 Baden Powell, Sir Robert 357 Barratt, Sir Arthur Sheridan 330 Bauer, Max 73 Bergh, Max van den 30 Bernhard!, Friedrich v. 356 Böhle, Bernhard 298f. Bottomley, Horatio 311, 326, 390 Bröckling, Ulrich 26 Buchholz, Peter 178f. Byrne, Alfred 386 Canetti, Elias 32 Carre, Albert 270 Carson, Sir Edward 285 Casement, Sir Roger 292 Childs, Sir Wyndham 89, 169, 209, 214, 216, 313, 327, 330 Churchill, Sir Winston 293, 31 If., 325 Clausewitz, Carl v. 353 Croft, Sir Henry Page 390 Crozier, James 376 Dallwitz, Johann v. 256 Darling, Sir Charles 325 Davidsohn, Georg 297 Davies, Sir William Howell 390 Deimling, Berthold v. 280f., 350 Deist, Wilhelm 161 Delbrück, Clemens v. 256 Delbrück, Hans 319f. Denman, Terence 289, 291, 387 Dietz, Heinrich 63,193ff., 307 Dillon, John 125, 366

Döblin, Alfred 321 Dohna, Alexander Graf v. 303f., 392 Dowling, Joseph 293 Dürkheim, Emile 36 Eisner v. Gronow, Kurt 193 Falk, Bernhard 303 Falkenhausen, Ludwig v. 256 Falkenhayn, Erich v. 72f., 78, 359 Feilding, Rowland 291 Foch, Ferdinand 77 Foucault, Michel 353 Fraenkel, Ernst 293 Fran£ois, Hermann v. 100 French, Sir John 76f., 89, 169, 209, 214, 237, 246f., 330 Freud, Sigmund 27 Freytag-Loringhoven, Hugo v. 73, 356 Friedrich Wilhelm I. 40 Fuller, J. G. 20, 173 Gaede, Hans v. 380 Geyer, Michael 104 Gilbert, Arthur N. 51 Goebbels, Joseph 22 Goffman, Erving 37 Goltz, Colmar von der 356 Gough, Sir Hubert 291 Gradnauer, Georg 362 Graefe, Albrecht v. 303, 305 Graves, Robert 211 Gröber, Adolf 44 Haas, Ludwig 388 Haegy, Franz Xaver 298, 352 Hahndorff, Viktor 73 Haig, Sir Douglas 76f„ 207, 213, 237, 243, 246f., 289, 291, 328, 393 Haidane, Richard B. 75, 359 Harris, Sir Percy 331 Hartz, Bernhard v. 61f., 230 Hasenzahl, Ludwig 388

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Hauß, Karl 22, 298 Hayward, Evan 390 Hendum, H. G. 357 Henke, Alfred 303 Herding, Georg Graf v. 355 Herz, Ludwig 320 Heye, Wilhelm 385 Hickie, Sir William Bernard 288 Hiery, Hermann 255, 284 Hindenburg, Paul v. 60, 73, 109, 165,188, 280f. Hobohm, Martin 176 Hoffmann, Ulrich 72 Hogge, James Myles 309f. Hohenlohe-Schillingsfurst, Chlodwig v. 44 Hoiningen gen. Huene, Ernst v. 255 Holzschuh, Pankraz lOlf. Hume-Williams, Sir Ellis William 308 Hurst, Sir Gerald Berkeley 210, 311f., 390 Jowett, Frederick William 390 Kantorowicz, Hermann 109 Katzenstein, Simon 319 Kemnitz, v. 166 King, Douglas 316 King, Joseph 54, 309 Kitchener, Horatio Η. 75, 287 Knauer, Albin 230 Koppen, Edlef 321 Kramer, Alan 27 Kühl, Hermann v. 319f. Kussius, Ferdinand 61f. Langermann und Erlencamp, Hans v. 72, 298f., 388 Lehmann, Wilhelm 321 Lemisko, Lynn Speer 289, 387 Lenin, Wladimir Jlljitsch 161 Lewald, Theodor 299 Liebknecht, Karl 299, 306, 320 Lloyd George, David 77 Lowther, Christopher 311, 326 Lowther, Henry Cecil 240f. Ludendorff, Erich 73, 100, 104,165, 188, 319 Luxemburg, Rosa 306 MacDonald, Ramsay 126 Macready, Sir Nevil 314 McEUwaine, Sir Percy 214, 328

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McPherson, Sir James Ian 309, 386 Mannheim, Karl 353 Maximilian I. 39 Maxwell, Sir John Grenfell 287, 291 Mayer, Hellmuth 322 Merton, Robert K. 36 Meyer, Eduard 105 Meyler, Hugh Mowbray 210, 315 Milner, Sir Alfred 126 Modrington 355 Molseley 355 Moltke, Helmuth v. (d. Ä.) 32 Moltke, Helmuth v. (d. J.) 73 Monash, Sir John 207 Montague, Charles Edward S. 313 Müller, Georg Alexander v. 256 Müller-Meiningen, Ernst 301 Noske, Gustav 302, 304, 388 Oestreich, Gerhard 31, 353 O'Neill, Sir Robert William Hugh 310 Outhwaite, Robert Leonard 309 Paasche, Hans 306 Palin, John Henry 391 Palmer, Charles Frederick 312, 318 Parsons, Sir Lawrence 288 Partsch, Joseph 273f. Petain, Henri Philippe 270 Plumer, Sir Hubert 328 Redmond, John 285f., 295 Reinhardt, Walther 389 Remarque, Erich Maria 321 Revendow, Ernst v. 118 Revendow, Franziska v. 118 Revendow, Rolf 118 Richert, Dominik 276 Rießer, Jakob 388 Rissom, Carl 83f., 101 Ritter, Gerhard 22, 201, 357 Robertson, Sir William 67, 77 Roedern, Siegfried Graf v. 256 Rosenfeld, Kurt 306 Rupprecht von Bayern 95, 162, 231 Rüssel, Bertrand 126 Scheidemann, Philipp 389 Scheüch, Heinrich 72

Schlieffen, Alfred Graf v. 356 Schöpflin, Georg Johann 306 Schücking, Walther 305 Schwertfeger, Bernhard 319f. Schwinge, Erich 322f. Seeckt, Hans v. 166 Seger, Friedrich Johann 305 Shaw, Thomas 317, 391 Sikora, Michael 26, 354 Sinzheimer, Hugo 318f. Smith, Leonard 28, 33, 353 Smith-Dorrien, Sir Horace 201, 242 Snowden, Philipp 308 Spahn, Peter 303 Stadthagen, Arthur 302 Stanley, Oliver 331 Stein, Hermann v. 72, 299f., 388 Stewart, Douglas 364 Stier, Ewald 49 Stücklen, Daniel 304, 388

Volkmann, Erich Otto 149, 320

Tennant, Harold John 309 Thomas, James Henry 390 Thurtle, Ernest 212, 313-317 Travers, Tim 104

Xylander, Oskar v. 185f., 231

Waiz, Johannes 72 Walsh, Stephen 314f., 326 Wandel, Franz v. 72, 299 Wandt, Heinrich 363 Warmuth, Fritz 392 Weber, Max 353 Wedel, Karl Fürst v. 379 Wehler, Hans-Ulrich 255 Wellington, Duke of 218, 326 Whitehouse, John Howard 309 Wild v. Hohenborn, Adolf 72f. Wilhelm II. 45, 256, 358 Wilhelm, Kronprinz 256 Wilson, Arnold 357 Wilson, Brent 174 Wilson, Trevor 96 Wood, Sir Murdoch McKenzie 390 Wrisberg, Ernst August v. 72, 298

Zahn, Hans 61 f. Zweig, Arnold 321

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Sachregister

Abweichendes Verhalten 23, 35ff.,49f., 107, 110, 114, 138f., 332 Adventisten 182 Amnestie s. a. Begnadigung 42, 86, 119f., 129, 141, 152, 184, 189, 197-201, 218, 228, 240, 282, 292f., 313, 324 Army (Annual) Act / Bill 52ff., 88-92, 125, 205, 210, 242, 285, 307, 314-317, 327, 331 Army Discipline and Regulation Act 52, 88

Bayerisches Kriegsministerium 46, 71, 85, 87,109, 112, 118, 162f., 181, 192, 201, 259, 297, 299 Begnadigung s. a. Amnestie 40, 55f., 86, 197-200, 210, 214, 218, 237, 239, 243, 281, 302, 324 Berner Vereinbarung 269f. Burenkrieg 18f., 55f., 66, 74, 213 Chef des Generalstabs des Feldheeres s. Oberste Heeresleitung Chief of Imperial General Staff 29, 67 Commander-in-Chief der British Expeditionary Force 29, 76, 89, 169, 206, 209, 214, 237, 240f., 243f., 246, 310, 331 Committee on Disciplinary Amendments to the Army and Air Force Act 25,315,327f. Committee on Military Punishments 356 Committee on Punishment on Active Service 356 Conscription s. Wehrpflicht Conservative Party 285, 287, 295, 308, 310f., 315ff. Convening Officer s. a. Gerichtsherr 89, 205,210,236 Courts Martial s. a. Kriegsgerichte - allgemein 167, 326f. - Entwicklung 51 - Verfahren 90f., 205f. Curragh - Incident 66, 253, 286,291

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Dänen 27, 113, 200, 259, 263, 271, 297, 336 Darling-Committee 25, 314, 325ff. Defence of the Realm Act 290, 307 Desertion - Motive 40ff., 50f., 77, 109f., 118f., 131142, 145-148, 175, 178, 190-192, 220, 262, 274-277, 282 - Rechtsbestimmungen 39f., 42f., 79-82, 88f., 183, 187f., 200-206 - Strafen 42f., 49, 53-57, 80ff., 86ff., 8992,178ff., 181,183,201-206,232-237, 243-248, 259f. - Zahlenangaben 18, 46-50, 55ff., 149161, 167-176, 219f., 254, 257, 270f., 278, 289f., 324, 332 Deutsche Demokratische Partei (DDP) 303, 305,317,319 Deutsche Volkspartei (DVP) 303, 305f., 317f. Deutsch-Französischer Krieg 1870/71 32, 72, 253 Deutschnationale Volkspartei (DNVP) 303, 305f., 317f. Disziplin s. a. Moral/Morale - allgemein 28, 30ff., 35, 45, 67f., 70, 97ff., 101-107,198,249, 313, 316, 323, 326, 328-332, 334, 353, 355 - Aufrechterhaltung 40-43, 50f., 53ff., 77, 83, 88, 109, 142ff., 186, 188, 192-195, 201,211,239,241,246,296,300f., 305, 31 Of. - Krise 171ff., 161-167, 169, 171ff., 176, 196, 226, 263f., 288f., 320 Dolchstoß-Legende s. a. Novemberrevolution 21f., 24, 26f., 104, 121, 132, 161167, 176, 188, 226, 300, 318-321, 323f., 337

Ehrenstrafen 187f., 198f. Elsaß-Lothringen s. a. Kriegsgefangenschaft 22, 24, 27f., 48f., 63f., 71, 73, 112ff.,

116, 122, 130, 179, 200, 2 5 2 - 2 8 4 , 293ff., 297ff., 336, 350ff„ 355, 379 Ernste Bibelforscher s. Zeugen Jehovas Fahnenflucht s. Desertion Fahnenfluchterklärung 86f., 90, 183, 189f., 228,259 Field Punishment Nr. 1 216, 328 Freiheitliche Volkspartei 298ff., 389 Gerichtsherr s. a. Convening Officer 44f., 82-89, 101, 183-186, 189, 195-198, 230f., 260, 305 Gesetz betr. Aufhebung der Militärgerichtsbarkeit von 1920 302-307 Gesetz betr. Herabsetzung der Mindeststrafen von 1917 81, 186, 230, 234, 299f., 323 Gesetz betr. Reichs- und Staatsangehörigkeit von 1913 259 Gesetz über den Belagerungszustand von 1851 74, 87, 181,258, 297 Gesetz über den Kriegszustand von 1912 74, 181,297 Gesetz über Wiedereinführung der Militärgerichtsbarkeit 322 Glorious Revolution 51 Hinrichtung s. Todesstrafe Home Office 127 Home Rule 285f., 289ff. Independent Labour Party 126, 310 Irische Brigade 292f. Irish National Volunteers 285f., 288f., 295 Irish Parliamentary Party 285 Irish Volunteers 285f. Irland 22, 24, 28, 125,253, 285-295 Juden 2 6 3 , 2 9 7 , 324, 327, 336 King's Regulations 52, 88, 91 Kitchener-Divisionen 25, 75f., 193, 249 Kommandogewalt 45, 58, 72, 83ff., 305, 335 Kriegsdienstverweigerung 116, 126f., 163ff., 182 Kriegsgefangenschaft - allgemein 29, 35, 112ff., 228, 267 - Elsaß-Lothringer 112ff., 257f., 267-275, 282 - Iren 292f.

Kriegsgerichte s. a. Courts Martial - allgemein 24, 28, 73f., 89f., 231f., 308, 323, 325ff. - Entstehung 39f. - Zusammensetzung 84f., 183,245f., 311f. Kriegsgerichtsrat s. Militärjuristen Kriegssonderstrafrechtsverordnung 322f. Krimkrieg 19, 5 3 , 2 1 3 Labour-Party 126, 212, 308, 310, 312-318 Liberal Party 54,126, 285, 309ff., 316, 331 Live & Let Live-System 28, 33, 94ff. Manual of Military Law 52, 88, 206 Meuterei 22, 27f., 35, 40ff., 81, 97, 106, 137, 161, 194, 201, 248f„ 266f., 286, 291, 293, 315ff., 321f., 329, 332 Militärbefehlshaber 181, 297 Militärjuristen - allgemein 205ff., 220f., 249, 307, 322, 324f. - Ausbildung 40, 53, 61ff., 69 - Selbstverständnis 47, 62, 82-85, 101f., 136, 193ff. - soziale Herkunft 6Iff. Militärjustiz 299, 301-332 - allgemein 20, 22-27, 51-55, 73, 76f., 86ff., 92, 334f. - Ausübung 18, 49, 83f., 101f., 105, 115, 138,151,157, 183-190,195-198, 2 0 6 215,219-251 - Debatten über 45f., 126, 149, 186ff., 193ff. Militärpsychiatrie s. a. Shell Shock 23, 27f., 49f., 91, 114f., 132, 134, 143, 229f., 238f., 309, 324, 332 Militärstrafgefangenenkompanien 178, 196f., 216 Militärstrafgerichtsordnung - allgemein 82-88, 184f., 249 - Änderungen 187ff. - Entwicklung 4 0 , 4 2 - 4 6 , 84 - Parlamentsdebatten über 44 Militärstrafgesetzbuch - allgemein 55, 79f., 82, 86, 189, 198f., 223f., 232, 249, 304, 320, 322 - Änderungen 81, 126, 186ff., 230,299ff. - Entwicklung 42f. Militarismus 57f., 65ff., 118, 126, 250f., 255, 287, 302, 321 Moral/Morale s. a. Disziplin 28ff., 7 7 , 1 0 3 -

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106, 171-176, 191f., 201, 213f., 241, 283, 353, 355 MSPD s. Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) Mutiny Act 5If. Napoleonische Kriege 42, 49, 326 Nationale Minderheiten s. Dänen, ElsaßLothringen, Irland, Polen Nationalliberale Partei 44, 298, 301 No Conscription Fellowship 126f. Novemberrevolution s. a. Dolchstoßlegende 21f., 26f., 120f., 187, 200f., 318, 323 NSDAP 118 Oberste Heeresleitung (OHL) 23, 72f., 79, 86, 95, 109, 111, 163ff., 167, 180, 184, 188, 190, 192, 256-260, 262-267, 272, 274, 280ff., 298 Offizierkorps 42, 57-61, 65, 67ff., 92, 97, 151, 245ff., 327ff. Oliver Committee 25, 69, 209, 212, 329ff. Osteraufstand 253, 286, 289f., 292, 295 Pals Battalions 70, 358 Parlament / Parlamentsdebatten 2 2 - 2 5 , 51f., 56, 58, 66, 77, 99, 296-318 Parlamentsausschüsse 149, 318-321, 325ff. Polen 27, 113, 120, 200, 259, 263, 271, 297, 336 Preußisches Kriegsministerium 23, 42, 46, 58, 71f., 81, 85, 111, 116f., 122, 149, 163, 180, 182, 186, 188f., 192f., 196, 198-201, 255, 258-263, 265, 268, 270, 273ff.,281f., 297-301, 335 Primärgruppenbindung 21, 34f., 41, 137 Prisoner's Friend s. a. Verteidigung, Verteidiger 91, 205, 208 Propaganda 41, 105, 119, 121, 127, 161165, 181f., 189f., 203, 257, 268, 270f., 273f., 283, 291 Rechtsstaat, Rechtsstaatlichkeit 27, 43, 51, 80, 83f., 87f., 113, 188, 190, 224, 236, 248-251,259ff., 267,293ff., 324f., 334338 Regular Army 67ff., 74ff., 169, 218, 247 Reichsmilitärgericht 8 2 , 1 3 8 , 1 4 9 , 1 8 5 , 1 8 7 , 230 Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz 87, 115,199, 2 5 4 , 2 5 9

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Reichstagsuntersuchungsausschuß 24, 26, 149,318-321 Reichswehrministerium 302, 304f. Rekrutierung s. a. Wehrpflicht 24, 40f., 46, 53ff., 57, 63ff., 69f., 2 4 6 , 2 8 6 - 2 9 0 , 311, 326, 334 Rules of Procedure 90f. Sächsisches Kriegsministerium 46, 71, 85, 192,297 Secretary of State for War 52f., 75ff., 126, 293, 309, 311f., 314f., 317, 331, 359 Selbstverstümmelung 106, 114, 125 Shell Shock - allgemein 91, 211, 238, 309 - Shell Shock-Committee 25, 327 Sinn Fein 285f., 289ff., 293 Soldatenmißhandlungen 58, 99, 109f. Sonderwegsthese 18, 51, 254f., 335ff. Sozialdemokratische Arbeitsgemeinschaft (SAG) s. Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) 22, 46, 57, 103, 163, 297-302, 304, 306, 317-320, 355, 389 Sozialdisziplinierung 26, 31, 40ff., 49, 64f., 106f., 142ff., 353f. Spionage 74, 121ff., 270 Staatsangehörigkeit s. Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich (RStGB) 86£, 143 Strafvollstreckung / Strafvollzug 195-198, 206, 215ff. Territorial Force 25, 75f., 210 Todesstrafe / Todesurteile - allgemein 23, 25, 40,42f., 50f., 80f., 86, 89-92, 162, 166, 188, 200ff., 205f., 209-215, 219, 230, 236-248, 269, 281, 296 - Debatten über 28,53ff., 126,186,308ff., 313-317, 322ff., 326-332 - Exekution 178f., 197f., 215ff. - Zahlenangaben 18, 55, 214, 234, 244f., 247, 324, 332, 377 Tories s. Conservative Party Ulster Volunteer Force 285£, 288 Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD) 163, 2 9 9 - 3 0 3 , 305f., 317, 319f.

Unionists (Partei) s. Conservative Party Union of Democratic Control 126f. Verfassunggebende Nationalversammlung 24,302-306,318 Verordnung über die Strafrechtspflege in Kriegszeiten 85f., 188 Verteidigung, Verteidiger (juristisch) s. a. prisoner's friend 4 5 , 4 9 , 84f., 9 1 , 183, 2 0 5 , 2 0 8 , 2 1 2 , 308, 312, 325f. War Office 24, 53, 55, 69, 76f., 125, 167, 2 0 2 , 2 0 4 , 206f., 211, 216f., 286f., 2 8 9 , 291f., 2 9 5 , 308ff., 314, 316f., 3 2 7 - 3 3 1 , 352 Wehrmachtjustiz 18, 27, 195, 324f. Wehφflicht s. a. Rekrutierung 17ff., 5 4 , 6 3 -

66, 69f., 74ff., 149, 169, 199ff., 2 1 1 , 249f., 2 5 4 , 2 5 8 f „ 2 7 0 , 2 8 7 f . , 2 9 5 , 313f., 330 Wehrpflichtentzug s. a. Kriegsdienstverweigerung 39, 82, 86f., 1 1 5 , 1 2 5 Weltkrieg, Zweiter 1 8 , 2 7 , 6 2 , 7 9 , 1 0 8 , 1 8 8 , 193, 226, 293, 323ff., 330ff., 336ff. Württembergisches Kriegsministerium 4 6 , 7 1 , 8 5 , 154, 1 9 2 , 2 8 2 , 2 9 7 Zabern-Affaire 2 5 4 f . , 2 8 1 , 2 9 7 , 179f., 253ff. Zensur 179f., 260f., 2 6 7 , 275ff., 279, 2 9 7 , 307 Zentrum (Partei) 4 4 , 3 1 7 , 3 1 9 , 2 9 9 f f . , 303f. Zeugen Jehovas 182 Zigeuner 115

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Geschichte der Desertion als Teil der Militärgeschichte

Für den Anspruch politischer Herrschaft auf die Ausübung legitimer Gewalt werden Menschen in Dienst genommen und erheblichen Gefahren ausgesetzt. Deserteure stellen diesen Anspruch in Frage. Die Beiträge dieses Bandes behandeln Desertion und Deserteure von den Söldnerheeren des 16. Jahrhunderts bis hin zur Gegenwart. Wie wurde der Militärdienst gerechtfertigt? Wie wirkten sich Behandlung und Versorgung der Soldaten auf die Desertion aus? Was bestimmte Motivation, Loyalität und Einsatzbereitschaft der Soldaten? Wie wurde Desertion bewertet, verfolgt und bestraft? Es zeigt sich, daß die Geschichte der Desertion nicht von der Geschichte des Militärs zu trennen ist und auch ein Licht auf das moderne Staatswesen von seiner ersten Ausformung als Fürstenstaat bis zum modernen Verfassungsstaat wirft.

Bröckling/Sikora (Hg.)

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Armeen und ihre Deserteure

Sammlung Vandenhoeck

Ulrich Bröckling / Michael Sikora (Hg.)

Armeen und ihre Deserteure Vernachlässigte Kapitel in einer Militärgeschichte der Neuzeit Sammlung Vandenhoeck. 1998. 322 Seiten, Paperback ISBN 3 - 5 2 5 - 0 1 3 6 5 - 5

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Vandenhoeck Ruprecht